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Full text of "Geschichte der römischen Literatur"

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GESCHICHTE 


DER 


RÖMISCHEN  LITERATUR 


VON 


W.  S.  TEUFFEL. 


LEIPZIG. 

DRUCK  UND   VERLAG   VON  B,  0.  TEUBNER. 

1870. 


Das  Recht  der  Üebersetzung  in  fremde  Sprachen  wird  vorbehalten. 


VORWORT. 


Durch  Zweierlei  hauptsächKch  unterscheidet  sich  die  vor- 
liegende Bearbeitung  der  römischen  Literaturgeschichte  schon 
äusserlich  von  ihren  Vorgängern :  dem  Umfange  nach  durch  ihre 
gleichmässige  Berücksichtigung  der  christlichen  Literatur,  der 
Art  nach  durch  ihre  chronologische  Anlage.  Das  Eine  wie  das 
Andere  ist  der  Ausfluss  davon  dass  vpr  Allem  mein  Bestreben 
war  eine  wirkliche  Geschichte  der  römischen  Literatur  zu 
geben,  eine  Darstellung  ihrer  Erscheinungsweisen  während  der 
Jahrhunderte  ihres  Daseins. 

Von  diesem  leitenden  Gesichtspunkte  aus  musste  es  als  ganz 
unmöglich  erscheinen  die  christliche  Literatur  auszuschliessen 
oder  auch  nur  zu  verkürzen;  denn  vom  Ende  des  zweiten  Jahrh. 
n.  Chr.  an  ist  sie  nun  einmal  ein  Bestandtheil  der  römischen 
Literatur,  und  zwar  einer  von  immer  zunehmender  Wichtigkeit. 
Sie  trotzdem  hintanzusetzen  wäre  nur  dann  zulässig  wenn  man 
überhaupt  sich,  mit  Weglassung  aller  technischen  Fächer,  auf 
die  sog.  schöne  Literatur  beschränken  wollte.  Behandelt  man 
aber  die  Literatur  der  Jurisprudenz,  Naturwissenschaften  u.  s.  f., 
so  darf  man  auch  gegen  die  der  Theologie  sich  nicht  verschliessen. 
Abhalten  könnte  davon  nur  etwa  ihr  grosser  Umfang.  Aber  es 
versteht  sich  dass  sie  Gegenstand  der  Literaturgeschichte  nur 
in  der  Ausdehnung  werden  kann  in  der  es  auch  die  übrigen 
technischen  Fächer  sind;  was  aber  die  Art  der  Behandlung  be- 
tritt, so  war  mein  Bemühen"  sie  mit  historischem  Sinne  anzu- 
fassen, also  ohne  Einmischung  in  die  dogmatischen  Zänkereien, 
aber  auch  ohne  Geringschätzung. 


a* 


IV  VORWORT. 

Das  andere  Unterscheidungsmerkmal  ist  die  Anlage  nach  der 
Zeitordnung.  Sie  ist  eine  so  unmittelbare  Folge  des  historischen 
Grundcharakters  und  hat  sich  mir  in  mehr  als  zwanzigjährigem 
akademischem  Vortrage  so  vollständig  bewährt  dass  ich  hoffe 
es  werde  auch  in  Zukunft  dabei  sein  Bewenden  haben. 

Eine  weitere  Folge  der  historischen  Haltung  welche  meine 
Arbeit  erstrebt  war  dass  für  mich  der  zufällige  Umstand  ob 
von  den  Schriften  eines  Mannes  viel  oder  wenig  oder  vielleicht 
auch  gar  nichts  auf  uns  gekommen  ist  nur  von  untergeordneter 
Bedeutung  war.  Ich  habe  die  einzelnen  Gestalten  der  Literatur 
nach  ihrem  innem  Werthe,  an  sich  und  für  ihre  Zeit,  zu  wür- 
digen gesucht  und  konnte  mich  dadurch  dass  vielfach  der  Zufall 
gerade  gegen  die  gehaltvollsten  und  selbständigsten  sich  .miss- 
günstig erwiesen  hat  nicht  bestimmen  lassen  nun  auch  meiner- 
seits sie  in  Schatten  zu  drängen. 

Sonst  war  mein  Bestreben  auf  Zuverlässigkeit  gerichtet,  wie 
auf  Unparteilichkeit.  Ich  habe  mich  fem  zu  halten  gesucht 
gleich  sehr  von  blinder  Bewunderung  alles  Geschriebenen  wie 
von  Parteinahme  für  oder  wider.  Aber  den  unwandelbaren 
Gesetzen  nach  denen  sich  eines  Mannes  Tüchtigkeit  und  eines 
Schriftstellers  Werth  bemisst  musste  unverkürzt  ihr  Recht  werden. 

Die  Grenze  für  die  Darstellung  war  dadurch  gegeben  dass 
mein  Werk  eine  römische  Literaturgeschichte  ist,  eine  Ge- 
schichte der  Literatur  des  römischen  Volkes  und  des  römischen 
Reiches.  Wäre  mein  Ziel  eine  lateinische  Literaturgeschichte 
gewesen,  d.  h.  eine  Geschichte  der  in  lateinischer  Sprache  ab- 
gefassten  Literatur,  so  hätte  ich  kein  Ende  zu  finden  gewusst. 
So  aber  war  dieses  mit  dem  Ende  des  römischen  Volkes  und 
Reiches  von  selbst  geboten.  Nur  durfte  hier  nicht  mit  Pedanterie 
verfahren  werden.  Mit  der  Absetzung  des  Augustulus  war  weder 
das  Reich  noch  vollends  gar  das  Volk  vernichtet;  es  waren  daher 
auch  die  Haupterscheinungen  der  Literatur  im  sechsten  Jahr- 
hundert mit  in  Betracht  zu  ziehen,  und  um  ihnen  ihre  richtige 
Beleuchtung  zukommen  zu  lassen  musste  auch  manches  schein- 
bar Fremdartige  und  Unbedeutende  noch  Aufnahme  finden. 

Ich  darf  dieses  Vorwort  nicht  schliessen  ohne  meinen 
nächsten  Vorgängern  den  schuldigen  Zoll  der  Dankbarkeit  zu 
entrichten.  Bähr's  umfassende  Bücherkenntniss  hat  mir  manche 
Notiz  geliefert  die  mir  selbst  entgangen  war.  Wenn  es  ver- 
hältnissmässig  selten  vorkam,  so  hat  diess  seinen  Grund  theils 
darin   dass  ich  vom  ersten  Beginn  meiner  Studien  an   mir  die 


VORWORT.  V 

griechische  und  römische  Literaturgeschichte  zur  Lebensaufgabe 
gemacht  und  daher  von  Anfang  an  dafür  gesammelt  habe^  theils 
in  dem  umstände  dass  ich  grundsätzlich  darauf  verzichtete  alle 
jemals  ausgesprochenen  Ansichten^  mögen  sie  irgend  welchen 
Grund  für  sich  haben  oder  nicht,  zu  verzeichnen.  Bernhardy's 
schönem  Werke  aber  verdanke  ich  seit  einer  langen  Reihe  von 
Jahren  unendlich  viele  Anregung,  und  es  ist  für  mich  ebenso 
Bedürfniss  wie  Pflicht  diess  hier  öffentlich  auszusprechen. 

Tübingen,  31.  October  1870. 

WUh.  Sigm.  Teuffei. 


Inhaltslibersicht. 


A.    Allgemeiner  und  sachlicher  Theil. 

1.   Komischer  Volkscharakter.    S.   1.  2.  Stellung   der   Kömer    zur 

Literatur.  S.  2. 

3.  Dramatische  Begabung  der  Römer.  S.  2.  4.  Volksmässige  Auffüh- 
rungen. S.  3.  5.  Die  Fescenninen.  S.  3.  6.  Die  saturae.  S.  5.  7.  Der 
raimus.  Begriff  und  ältere  Geschichte.  Plnnipes.  S.  6.  8.  Der  mimus 
am  Ende  der  Republik  und  in  der  Kaiserzeit.  S.  8.  9.  Die  Atellanen  als 
Volksposse.  8.  12.  10    Die  Atellanen  als  Literaturzweig.   S.  13.  11. 

Volkspoesie  der  Römer.  S.  14.  12.  Das  Kunstdrama.  Uebersicht.  S.  15. 
13.  Die  Tragödie.  S.  16.  14.  Die  praetexU.  S.  18.  15.  Die  palliata. 
Uebersicht  ihrer  Geschichte.  S.  19.  16.  Nähere  Charakteristik  der  pal- 
liata. S.  20.  17.  Die  togata  (taberuaria,  trabeata).  S.  24.  18.  Die 
Rhinthonica.  S.  26. 

19.  Das  Epos.  Geschichtliche  und  nationale  Stoffe.  S.  27.  20.  Das 
heroische  Epos.  Christliche  Epiker.  S.  28.  21.  Das  Lehrgedicht.  S.  29. 
.  22.  Der  poetische  Brief.  S.  30.  23.  Die  Fabel.  S.  31.  24.  Die  Satire 
als  Literaturzweig.  S.  31.        25.  Das  Idyll.  S.  33. 

26.  Lyrische  Arten:  a)  das  Epigramm.  S.  34.  .  27.  b]  die  lambik. 
S.  36.        28.  c)  die  Melik.  S.  87.         29.  d)  die  Elegie.  S.  38. 

30.  Die  Prosa  bei  den  Römern.  S.  40.  31.  Die  Geschichtschreibung 
bei   den   Römern  im  Allgemeinen.    S.  40.  32.   Die   Annalisten.    S.  42. 

33.  Die  Historiker.  S.  44.  34.  Die  Altertfaumsforschung,  Polyhistorie  und 
Grammatik.  S.  49. 

35.  Die  Beredtsamkeit  bei  den  Römern.  S.  51.  36.  Die  Bercdtsam- 
keit  in  der  Republik.  S.  52.  37.  Die  Beredtsamkeit  in  der  augusteischen 
und  der  Kaiserzeit.    Rhetorik.  S.  56. 

38.  Die  Jurisprudenz  in  der  Republik.  S.  59.  39.  Die  Jurisprudenz 
in  der  augusteischen  und  der  Kaiserzeit.  S.  61. 

40.  Die  Philosophie  bei  den  Römern  in  der  Zeit  der  Republik.  S.  64. 
41.  Die  Philosophie  in  der  Kaiserzeit.  S.  67. 

42.  Mathematik  und  Astronomie.  S.  69.  43.  Die  Naturwissenschaften. 
S.  70.  44.  Die  Land-  und  Haus- Wirtschaft.  S.  71.  45.  Die  Heilkunde. 
S.  72.  46.  Die  Kriegswissenschaft.  S.  73.  47.  Die  Architektur.  S.  74. 
48.  Die  Feldmcsskunst.  S.  74.  49.  Die  scriptores  metrolog^ci.   S.  74. 

50.  Die  Geographie.  S.  75. 


Inhnltsübersicht.  VII 

B.    Besonderer  und  persönlicher  Theil. 

L    Vorgeiehiehte  der  rönÜBoheii  literatnr,  bis  nim  J.  614  d.  8t 

51.  Formeller  Charakter  der  ältesten  Aufzeichnungen.  Carmen.  6.  77. 
52.  Der  Satnrnins.  S.  77.  53.  Materieller  Charakter  der  ältesten  Auf- 

zeichnungen.   Uebersicht.    S.  79.  54.   a)   Gottosdienstliches.     Carmen 

5«Uare.  8.  79.      55.  Carmen  fratrum  anralium.  8.  80.      56.  Weissagungen. 
S.  80.  57.  Tabulae  Iguvinae.   8.  81.  58.  b)  Politisch-historisches. 

Foedera  regum.  8.  81.  59.  Bundesverträge  aus  der   ältesten  Zeit  der 

Republik.  8.  82.        60.  Leges  regiae.  8.  82.        61.  lus  Papirianum.  8.  83. 
62.  Commentarii  regum.  8.  83.  63.  Libri  und  commentarii  pontificum. 

8.  83.  64.  Fasti  als  Kalender.  8.  84.  65.  Fast!  als  Magistrats  Ver- 

zeichnisse. 8.  87.        66.  Annales  pontificum.  8.  88.        67.  Aufzeichnungen 
anderer  prieiterlicher  Collegien.  8.  90.  68.  Aufzeichnungen  weltlicher 

Behörden.  8.  90.  69.  Libri  magistratuum.  8.  91.  70.  c)  Monumenta 

privata.    Haus-  und  Familien  Chroniken.  8.  91.  71.  Lobreden  auf  Ge- 

storbene. 8.  91.  72.  Loblieder  auf  Gestorbene.    Neniae.    Tafellieder. 

S.  92.         73.  Inschriften  der  fünf  ersten  Jahrhunderte.  8.  93.  74.  Car- 

mina  trinmphalia.  8.  94.  75.  Andere  carmina  popularia.  8.  95.  76. 

d)  Rechtsquellen  und  Rechtsliteratnr.     Die   zwölf  Tafeln.    8.  95.  77. 

Legis  actiones.  8.  96.  78    Cn.  Flavius  (ius  Flavianum).  8.  97.    .       79. 

Aelteste  Kechtsgel ehrte.     P.  Sempronius.    Ti.  Cornncanius.  8.  97.  80. 

Appius  Claadius.  8.  97. 

n.  Snte  Periode.  Von  Andronikas  bis  in  die  lullanisohe  Zeit  J.  614—670  d.  8t. 

81.  Allgemeine  Charakteristik  der  beiden  Jahrhunderte.  8.  99. 

A.    Sechstes  Jahrh.undert. 

1.  Dichter. 

82.  Andronicus.  8.  107.  83.  Cn.  Naevius.  8.  109.  84.  Plantus. 
Leben  und  schriftstellerische  Thätigkeit.  8.  111.  85.  Die  erhaltenen 
zwanzig  Btücke  in  der  überlieferten  (alphabetischen)  Reihenfolge.  8.  113. 
86.  Ihre  Gesammtgeschichte  und  Literatur.  8.  119.  87.  Dichterische 
Eigenthümlichkeit  des  Plautus.  8.  120.  88.  Fortleben  des  Plautus.  Pro- 
loge. Alte  Commentatoren.  8.  122.  89.  Q.  Enniui.  8ein  Leben.  8.  123. 
90.  8eine  Annales.  8.  124.  91.  8eine  Tragödien  und  praetexta.  8.  126. 
92.  Seine  8aiurae.  8cipio,  Epicharmus,  Euemerus  u.  A.  8.  127.  93. 
Dichterische  Eigenthümlichkeit  des  Enniui.*  8.  128.  94.  M.  Pacuvius. 
8.  129.  95.  Statins  Caecilius.  8.  130.  96.  Andere  Palliatendichter. 
Trabea,  Luscius  o.  A.  8.  131.  97.  P.  Terentius.  Sein  Leben.  8.  132. 
98.  Seine  schriftstellerische  Thätigkeit.  Handschriften.  Commentatoren. 
Didaskalien.  8.  134.  99.  Seine  sechs  Stücke  in  der  herkömmlichen 
Ordnung.  S.  186.  100.  Dichterische  Eigenthümlichkeit  des  Terenz.  8. 
140.  101.  Der  Togatendichter  Titinius.  8.  142.  102.  Der  Palliaten- 
dichter TnrpiHus.  8.  142.  103.  Andere  Dichter  des  sechsten  Jahrb.  d. 
81.  8.  142.  104.  Metrische  Inschriften  aus  dem  sechsten  Jahrh.  d.  St. 
8.  143. 


VIII  Inbaltsübersicht. 

II.  Prosaisten. 

106.  Aelteste  Geschichtsclireiber:  Q.  Fablus  Pictor.  S.  143.  106.  L. 
Cincius  Alimentus.  8. 145.  107.  M.  PorciusCato.  Leben  und  Charakter. 
S.  147.  108.  Cato  als  Redner.  8.  148.  109.  Cato  als  Geschichtschrei- 
ber. 8.  149.  110.  Cato^s  praecepta  ad  tilium  und  andere  Schriften.  8. 
151.  111.  Gato*8  8chrift  de  re  rustica.  8.  153.  112.  Andere  gleich- 
zeitige Redner.  8.  154.  113.  C.  8ulpiciu8  Gallus  und  C.  Titius.  3.  155. 
114.  Gleichzeitige  Juristen:  P.  und  8ez.  Aelins  u.  A.  8.  156.  115.  M. 
Fulvius  Nobilior  und  sein  8ohn  Q.  8.  157.  116.  Andere  gleichzeitige 
Geschichtschreiber.  8.  158.  117.  Sp.  Carvilius.  8.  159.  118.  Prosaische 
Inschriften  des  sechsten  Jahrb.  d.  8t.  8.  160. 

B.    Siebentes  Jahrhundert  d.  8t. 

I.  Dichter. 

119.  L.  Attius.  8.  160.  120.  T.  Quintius  Atta.  8.  162.  121.  L. 

Afrauius.  8.  163.  122.  C.  Lucilius.  8.  164.  123.  Epigrammatisten : 

Poropilius,  Valerius  Aedituus,  Porcius  Licinus,  Q.  Catulus.  —  A.  Furius. 
8.  167.  124.  Didaktiker:  Q.  Valerius,  Terentius  Libo,  Volcatius  Sedi- 

gitus.  8.  168.  125.  L.  Pomponius  und  Novius.  8. «169.  126.  Metrische 
Inschriften  aus  J.  600—670.  8.  170. 

II.    Prosaisten. 

127.  Redner  J.  600 — 620:  der  jüngere  Africauus,  seine  Freunde  und 
Gegner.  8.  171.  128.  Geschichtschreiber  dieser  Zeit,  besonders  Cassius 
Hemina  und  Piso  Frugi.  8.  173.  129.  Juristen  dieser  zwei  Jahrzehnte» 

besonders  M\  Manilius,  M.  Brutus  und  P.  Mncius  Scaevola.  8.  175.  130. 
Die  Zeit  der  Gracchen  (620—635).  Ti.  und  C.  Gracchus.  8,  177.  131. 
Die  andern  Redner  der  g^acchischen  Zeit,  besonders  C.  Garbo,  C.  Fannius 
C.  F.,  M.  Scaurus,  C.  Curio.  8.  180.  132.  Geschichtschreibcr  aus  dieser 
Zeit,  bes.  C.  Fannius  M.  F.,  Antipater  und  Asellio.  8.  182.  133.  Alter- 
thumsforscher  und  Gelehrte  der  gracchischen  Zeit,  bes.  Tuditanus  und 
Junius  Gracchanus.  8.  185.  134.  Stoiker  und  Juristen  dieser  Zeit:   C. 

Blossius  und  Q.  Tubero,  Q.  Soaevola  Aug^.  8. 186.  135.  Die  Zeit  nach 
den  Gracchen,  Jahr  635  —  650.  Redner  darin:  T.  Albucius,  C.  Fimbria 
u.  A.  8.  188.  136.  P.  Rutilius  Rufus  und  Q.  Lutatius  Catulus.  6.  189. 

137.  L.  Aelius  Stilo  und  andere  Literatoren.  8.  191. 

138.    Die   Jahre   650—670.     Cn.  Matius,    Laevius,    Hostius.    8.    193. 

139.  Die  Hauptredner  dieser  Zeit:  M.   Antonius  und  L.  Crassus.  8.   195. 

140.  Redner  zweiten  Ranges,  bes.  L.  Philippus,  Caesar  Strabo,  C.  Cotta, 
P.  Sulpicius,  C.  Curio.  8.  197.  141.  Die  Rechtsgelehrten  dieser  Zeit: 
Q.  Scaevola  Pontifez  und  seine  Schüler  und  Fachgenossen.  8.  199.  142. 
Die  Annalisten  dieser  Zeit:  Aufidius,  Quadrigarius,  Valerius  Antias.  8.  201. 
143.  Sisenna  und  Licinius  Macer.  8.  204.  144.  Sulla  und  LucuUus. 
C.  Piso.  8.  207.  145.  Andere  Geschichtschreiber  aus  der  sullanischen 
Zeit:  L.  Manlius,  Voltacilius.  8.  208.  146.  Gelehrte,  Lehrer  und  Litera- 
toren, bes.  Plotins  Gallus,  Nicanor,  Opilius,  Gnipho,  Cosoonius,  8er.  Clodins. 
8.  209.  147.  Schriftsteller  über  Land-  und  Hauswirtschaft:  Saserna, 
Scrofa  u.  A.  8.  211.        148.  Anhänger  der  Philosophie.  8.  212.        149.  Die 


Inhaltsübersicht.  IX 

Rhetorik  ad   Herennium.   S.  213.  150.  Prosaische  Inschriften  aus   den 

Jahren  600—700.  S.  216. 

in.  Zweite  Periode.  Das  goldene  Zeitalter  der  rdmiiehen  Literatnr,  J.  671—770. 

A.    Die  Ciceronische  Zeit,  J.  671—711  d.  St. 

151.  Allgemeine  Charakteristik  und  Uebersicht  der  ciceronischen  Zeit. 
S.  216. 

I.    Erste  Hälfte  der  ciceronischen  Zeit,  J.  671  —  691  d.  St. 

152.  M.  Terentius  Yarro.  Sein  Leben  und  Charakter.  8.  226.  153. 
Seine  Schriftstellerei.  Ueberblick  und  Poetisches.  S.  228.  154.  Die 
prosaischen  Schriften  yarro*s.  S.  231.  155.  Varro*8  Werk  de  lingua 
latina.  S.  237.  156.  Yarro^s  Bücher  rerum  rusticarum.  S.  238.  157. 
Erhaltung  der  varronischen  Schriften.  Die  sog.  sententiae  Yarronis.  S.  239. 
158.  Q.  Hortensins  und  andere  Redner,  bes.  der  Optimaten.  S.  241.  159. 
Atticns  und  andere  Geschichtschreiber.  S.  244.  160.  Ucbersetzer  philo- 
sophischer Schriften,  Amafinius  u.  A.  S.  246.  161.  Aquilius  Gallus, 
Sulpicius  Rufus  und  andere  Juristen.  S.  247.  162.  M.  TuUius  Cicero. 
Sein  äusseres  Leben.  S.  250.  163.  Cicero  als  Mensch  und  Staatsmann. 
8.  251.  164.  Cicero  als  Schriftsteller.  S.  252.  165.  Cicero  als  Redner. 
S.  254.  166.  Die  erhaltenen  Reden  Cicero's.  S.  256.  167.  Sonstige 
Reste  von  Cicero's  rednerischer  Thätigkeit.  S.  268.  168.  Cicero  als 
Schriftsteller  über  Rhetorik.  S.  269.  169.  Cicero's  rhetorische  Schriften. 
S.  270.  170.  Die  Sammlungen  ciceronischer  Briefe  im  Ganzen.  S.  273. 
171.  Die  erhaltenen  Sammlungen  dieser  Briefe.  S.  276.  172.  Cicero  als 
Philosoph.  S.  280.  173.  Cicero*8  philosophische  Schriften.  S.  281.  174. 
Cicero  als  Jurist.  S.  293.  175.  Cicero  als  Historiker.  S.  294.  176. 
Cicero's  Schriften  in  gebundener  Form.  S.  296.  177.  Q.  Cicero.  S.  297. 
17&  M.  Tullius  Tiro.  S.  298.  179.  Dichter  dieser  Zeit:  Albucius,  Egiia- 
tius,  D.  Laberius,  M.  Furius  Bibaculus.  S.  300. 

IL    Zweite  Hälfte  der  ciceronischen  Zeit,  J.  691  —  711  d.  St. 

180.  Die  ältere  Generation.     Uebersicht.    S.  302.  181.   C.  Inlins 

Caesar.     Sein  äusseres  Leben.  S.  303.  182.  Caesar^s  Charakter  und 

Schriftstellerei.  S.  804.  183.  Die  erhaltenen  commentarii  des  Caesar.  S. 
306.  184.  Fortsetzung  seiner  commentarii  durch  Hirtius  u.  A.  S.  310. 

185.  Cornelius  Nepos.    S.  312.  186.  P.  Nigidius  Figulus  und  andere 

Auguralschriftsteller.  S.  317.  187.  Yalerius  Cato,  Orbilins  und  andere 

Grammatiker.  S.  320.  188.  M.  Porcius  Cato  der  Jüngere.  S.  322.  189. 
Die  Juristen  Ofilius,  Trebatius,  A.  Cascellius  n.  A.    S.  323.  190.  Die 

Redner  M.  Calidius,  C.  Memmius  u.  A.  S.  325.  191.  T.  Lucretins  Carus. 
S.  326. 

192.  Die  jünger«  Generation.  Uebersicht.  S.  330.  193.  C.  Sallustius 
Crispus.    Leben  und  Schriften.   S.  332.  194.  Sein  schriftstellerischer 

Charakter.  S.  336.  195.  Q.  Tubero,  Alfenus  Yarus,  C.  Matius.  S.  340. 

196.  Andere  Caesariauer  (bes.  Redner),  wie  Q.  Cornificius,  M.  Antonius,  L. 
Balbns.    Caellns  Rufus,  Munatius  Plauens  u.  A.  S.  342.  197.  Gelehrte 

mid  Lehrer:  Ateins  Philologus  u.  A.  S.  346.        198.  Dichter  ohne  Partei- 


iA^ii 


X  Inhaltsübersiüht. 

färbe:    Varro    Atacinns,    Publilins   Sjrus   u.    A.    S.   348.  199.    Anti- 

caesarische  Redner  und  Schriftsteller:  M.  und  D.  Bmtas^  C.  Cassius,  Cas- 
sius  Parmensis,  Trebonins,  Ampins,  Pitholaus  u.  A.  S.  351.  200.  Ticidas, 
Helvius  Cinna  und  Licinins  Calvus.   S.  354.  201.   Catullus.   S.  357. 

202.  Politische  Tagesliteratar.  S.  362.  203.  Acta  senatus.  Acta  popnli. 
S.  363.  i      204.  Briefe.  S.  365. 

205.  Inschriften  aus  den  Jahren  670—710  d.  St.  S.  365. 

B.    Die  augusteische  Zeit,  J.  711-767  d.  St. 

206.  Allgemeine  Charakteristik  und  Uebersicht.  S.  367.  207.  Die 
leitenden  Männer:  August,  Maecenas  und  Agrippa.  S.  376.  208.  Asinius 
Pollio  und  M.  Messala.  S.  381. 

209.  Die  Dichter.    L.  Varius  und  Aemilius  Macer.  S.  386.  210. 

P.   Yergilius   Maro.    Leben  und   äussere  Verhältnisse.  S.  388.  211. 

Vergils  Charakter  als  Mensch  und  Dichter.  S.  391.  212.  Vergils  Ge- 

dichte:  die  BucoUca.   S.  393.  213.  Vergils  Georgica.    S.   395.  214. 

Vergils  Aeneis.   S.  397.  215.  Die  kleineren  vergilischen  Gedichte.  S. 

402.  216.  Fortleben  von  Vergils  Person  und  Gedichten.  S.  409.  217. 
Cornelius    Gallus.    S.  413.  218.    Q.   Horatius   Flaccus.     Leben  und 

äussere   Verhältnisse.   S.  413.  219.   Die   Satiren  des  Horatius.  S.  416. 

220.  Die  Epoden  des  Horatius.  8.  418.  221.  Seine  Oden.  S.  419.  222. 
Seine   Briefe.  S.   426.  223.   Schicksale   seiner  Werke.  8.  428.  224. 

Charakter  des  Horaz   als  Mensch   und  Schriftsteller.  S.   434.  225.  C. 

Valgius    Rnfns.    8.    437.  226.    Andere    Freunde    des   Horaz:   Aristius 

Fuscus,  Fundanilis,  Servius  Sulpicius,  Titius  u.  A.  S.  438.  227.  Domi- 

tius  Marsus.  S.  439.  228.  Anser.  Codrus.  Bavius  und  Maevius.  Pupius. 
MelissuB.   Lynceus.   8.   440.  229.  Albins  TibuUns.    Snlpicia  und  Lyg- 

damns.  S.  442.  230.    Sex.  Propertius.   8.  446.  231.  P.   Ovidius 

Naso.  Leben  und  Charakter.  S.  450.  232.  Ovids  erotische  Dichtungen. 
8.  454.  233.  Ovids  Metamorphosen  und  Fasti.  S.  457.  234.  Ovids 

Gedichte  aus  der  Verbannung.  S.  459.  235.  Pseudo-Ovidisches.    Allge- 

meine Ovid-Literatur.  8.  460.  236.  Ovids  dichterische  Freunde:  Ponti- 

cus,  Tuticanus,  Macer  d.  J.,  Sabinus,  Cornelius  Severus,  Pedo  Albinovanus 
und  andere  Epiker  aus  der  letzten  Zeit  des  Augustus  (Rabirius,  Julius 
Montanus  u.  A.).  8.  462.  237.  Didaktiker:  Gratius  Faliscus  und  Manilius. 
(Carmen  de  figuris.).  8.  466.  238.  Elegiker,  Lyriker,  Dramatiker  u.  dergl. : 
Bassus,  Proculus,  Alfius  Flavus,  Gracchus,  Philistio  u.  A.  S.  470. 

239.  Die  Prosaiker  der  augusteischen  Zeit.  Die  Geschichtschreiber 
Galba,  Octavius,  Volnmnius,  Bibulus,  Dellius  und  die  Autobiographen. 
Cincius.  S.  471.  240.  T.  Livius.  Leben  und  Schriften.  S.  472.  241. 
Charakteristik  des  Livius  und  seines  Geschichtswerkes.    8.  477.  242. 

Pompeius  Trogus.  (Justinus.).  S.  483.  243.  Fenestella,  Arrnntius  u.  A. 
Geschichtschreiber  der  spätem  augusteischen  Zeit.  S.  486.  244.  Die 

Grammatiker    Santra   und  Sinnius  Capito.   S.  489.  245.  M.  Verrius 

Flaccus.  (Festus.  Paulus.)    S.  490.  246.  C.  lulius  Hyginus.    S.  493. 

247.  Andere  Grammatiker,  Gelehrte  und  Forscher  der  Zeit.  8.  498.  248. 
Vitruvius  Pollio.  S.  500.  249.  Juristen  der  Zeit:  Aelius  Gallus,  Antistius 
Labeo,  Ateius  Capito,  Fabius  Mela.  S.  503.  250.  Die  Philosophie  in 

der  augusteischen  Zeit.    Q.  Sextius  Niger.  Papirins  Fabianns  u.  A.  8.  507. 


Inhaltsübersicht.  XX 

251.  Die  Redner  der  aagosteischen  Zeit.  Q.  Haterius,  Messalinus  und 
Cotta,  Aeserninns,  T.  Labienas«  Cassius  Sevems  u.  A.  S.  511.  252.  Die 
Rhetoren:  Porcius  Latro,  Arellius  Fuscus,  Albncius  Silus  u.  A.  S.  515. 
253.  Seneea  der  Vater.  S.  521.        254.  Rutilius  Lupus.  S.  524. 


IV.   Dritte  Periode.    Die  römifche  Xaiseneit. 

255.  Allgemeine  Uebersicht  der  Kaiserzeit.  S.  525. 

A.    Das  silberne  Zeitalter  der  römischen  Literatur. 
Erstes  christliches  Jahrhundert,  J.  14 — 117  u.  Chr. 

256.  Charakteristik  und  Uebersicht.  S.  526. 

1.  Die  Zeit  der  julischen  Dynastie,  J.  14 — 68  n.  Chr. 

257.  Uebersicht  und  Reihenfolge.  8.  531. 

a.    Die  Regierungszeit  des  Tiberius. 

258.  Literatur  und  Schriftsteller  in  dieser  Zeit.  8.  531.  259.  Mitglie- 
der des  kaiserlichen  Hauses:  Tiberius.  Germanicus.  8.533.  260.  Redner 
find  Rhetoren:  Votienus  Montanus,  Mam.  Scaurus,  Domitius  Afer  u.  A.  8. 
535.  261.  Geschichtschreiber:  Crerautius  Cordus,  Aufidius  Bassns  u.  A. 
8.  538.  262.  Vellejus  Patercalus.  8.  540.  263.  Valerius  Maximus. 
S.  543.  264.  A.  Cornelius  Celsns.  8.  547.  265.  Juristen:  Masurius 
Sabinus,  Coccejus  Nerva,  Cassius  Longinus,  Proculus  u.  A.  8.  550.  266. 
Grammatiker:  Inlins  Modestus,  Pomponius  Marcellus,  Remmius  Palaemon, 
Qavius  Bassus.  8.  552.  267.  Caepio.  Antonius  Castor.  Apicius.  lulius 
AtUcus  und  Graecinus.  8.  553.        268.  Phaedrns.  8.  555. 

b.    Die  Regierungszeit  des  Caligula,  Claudius  und  Nero, 

J.  37  —  68  n.  Chr. 

269.  Literatur  und  Schriftsteller  in  dieser  Zeit.  8.  557.  270.  Mit- 

glieder des  kaiserlichen  Hauses:  Claudius.  Agrippina.  Nero.  8.558.  271. 
L.  Annaeus  Seneca.  Sein  Leben  und  Charakter.  8.  561.  272.  Schrift- 
stellerische Eigenthümlichkeit  des  Seneca.  8.  563.  273.  Seneca's  pro- 
saische Schriften.  8.  565.  274.  Seneca's  poetische  Schriften,  bes. 
Tragödien.  8.  569.  275.  Goschichtschreiber:  Gaetulicus,  Nonianns,  Cor- 
bulo,  Bocchus.  8.  573.  276.  Curtius  Rufus.  8.  574.  277.  Columella. 
8.  576.  278.  Asconius.  8.  579.  279.  Pomponius  Mela.  581.  280. 
Redner  und  Rhetoren:  Vibius  Crispus,  Eprius  Marcellus,  Galerius  Tracha- 
lus,  lulius  Africanus,  Verginius  Flavus  u.  A.  8.  582.  281.  Juristen: 
Caelius  Sabinns,  Nerva  filius,  Urseins  Fcrox,  Sex.  Pedius  u.  A.  8.  585. 
282.  Lehrer  und  Anhänger  der  Philosophie:  Comutus,  Musonius,  Thrasea 
Paetus,  Helvidius  Priscus  u.  A.  8.  586.  283.  Valerius  Probus.  8.  589. 
284.  Panegyricus  in  Pisonem.  8.  593.  285.  Persius  Flaccus.  8.  595. 
286.  Lucanns.  8.  598.  287.  Caesius  Bassus  u.  a.  Dichter.  8.  602.  288. 
Petrontas.  8.  603.  289.  Calpurnius  Siculus.  (Nemesianus.)  8.  607.  290. 
Dae  Lehrgedicht  Aetna.  Lucilius  Junior.  8.  609.  291.  Homerus  latinus. 
8.  61 L 


XII  Inhaltsübersicht. 

2.  Die  Zeit  der  flavischeu  Dynastie,  J.  69 — 96  n.  Chr. 

292.  Uebersicht.  S.  613. 

a.    Vespasianas  und  Titus.  *• 

293.  Literatur  und  Schriftsteller  unter  ihnen.  S.  613.  294.  Plinius 
der  ältere.  Leben  und  Schriftstellerei.  S.  614.  295.  Seine  naturalis 
historia.  S.  617.  296.  Andere  Historiker:  Mucianus,  Cluvius  Rufns, 
Vipstanus  Messala,  Fabius  Rusticus.  S.  621.  297.  Die  Rhetoren  Gabini- 
anus, Aper,  lulius  Secundus.  S.  623.  298.  Die  Juristen  Pegasus,  luventius 
Celsus  und  Plautius.  S.  624.  299.  Valerius  Flaccus.  S.  625.  300. 
Andere  Dichter:  Curlatius  Matemns,  Saleius  Bassus.  S.  627. 

b.    Domitianns. 

301.   Literatur  und   Schriftsteller  unter  ihm.   8.  628.  302.   Silius 

Italiens.  S.  630.  303.  Statins.  S.  633.  304.  Martialis.  S.  638.  305. 
Arruntius  Stella,  Turnus,  Scaevus,  Vestricius  Spurinna,  Sulpicia.  S.  642. 
306.  Andere  Dichterlinge  der  Zeit.  S.  646.  307.  Quintilianus.  S.  647. 

308.  Sonstige  Rhetoren  und  Redner:  Aquilius  Regulus,  yictorius  Marcellus, 
Septimius  Severus  u.  A.  S.  653.  309.  Sex.  lulius  Frontinus.  S.  656. 

310.  Juristen  (Autidius  Chius  und  Palfurius  Sura)  und  Grammatiker  (Aemillus 
Asper  u.  A.).   S.  660.  311.  Sonstige  Schriftsteller  in  Prosa,  bes.  Aru- 

leuus  Rusticus.  S.  661. 

3.  Die  Zeit  des  Nerva  und  Trajan,  J.  96  —  117  n.  Chr. 

312.  Uebersicht.    Nerva.    Traianus.  S.  662.  313.  Juvenalis.  S.  664. 

314.  Sonstige  Dichter  der  Zeit:  Titinius  Capito,  Passennus  Paulus  u.  A. 
S.  668.  315.  Cornelius  Tacitus.  Leben  und  Charakter.  S.  670.  316. 
Seine  Schriften.  S.  678.  317.  Der  jüngere  Plinius.  S.  692.  318.  Sonstige 
Redner  und  Geschichtschreiber  unter  Trajan.  Annius  Florus  u.  A.  S.  698. 
319.  Juristen:  Neratius  Priscus,  luventius  Celsus,  lavolenus.  Aristo  u.  A. 
S.  701.  320.  Die  Grammatiker  Flavius  Caper,  Urbanus,  Velins  Longus, 
Caesellius  Vindex  u.  A.  S.  704.  321.  Die  Gromatiker  Hyginus,  Baibus 

und  Siculus  Flaccus.  S.  707. 

B.    Zweites  Jahrhundert,  J.  117—211  n.  Chr. 

322.  Uebersicht.  S.  709. 

1.  Die  Zeit  Hadrians,  J.  117—138  n.  Chr. 

323.  Uadrianus.  S.  712.  324.  Suetonius  Tranquillus.  S.  714.  325. 
Julius  Florus.  S.  719.  326.  Andere  Historiker  der  Zeit.  S.  721.  327. 
Die  Juristen  lulianus,  Valens,  Pomponius.  S.  721.  328.  Rhetoren:  Cal- 
purnius  Flaccus  u.  A.  S.  724.  329.  Grammatiker:  Terentius  Scaurus 
u.  A.  S.  726.  330.  Sonstige  Prosaiker:  Caelius  Aurelianus.  S.  727. 
331.  Dichterisches  aus  der  Zeit:  Annianns  u.  A.  S.  728. 

2.  Die  Zeit  der  Antonine,  J.  138—180  n.  Chr. 
a.  Antoninus  Pius,  J.  138  - 161  n.  Chr. 

332.  Antoninus  Pius.  Uebersicht.  S.  729.  333.  M.  Cornelius  Fronte. 
S.  730.  334.  Sonstige  Redner,  Rhetoren  und  Sophisten:  Antonius  Juli- 


Inlialtsübersiclit.  XII T 

anQs  ü.  A.  S.  735.  335.  Oelehraamkeit  und  Grammatik:  Sulpicius  Apol- 
linaris,  Arrantius  Celsus  u.  A.  S.  735.  336.  Philosophen:  lunius  Rusticas 
n.  A.  S.  737.  337.  Geschieh tschreibung:  Ampelius.  Licinianns.  S.  739. 

338.  Jaristen:  Africanus.  Maecianus.  Ulpius  Marcellas  u.  A.  S.  741.  339. 
Gains.  S.  744.  340.  A.  Gellius.  S.  747.  341.  Schriftsteller  in  gebun- 

dener Form.    Pervigilium  Veneria.  S.  750. 

b.  M.  Aurelius,  J.  161—180  n.  Chr. 

342.  M.  Aurelius.  Uebersicht.  S.  751.  343.  Die  Schüler  des  Fronte: 
Aufidius  Yictorinus,  Titianus  u.  A.  S.  753.  344.  L.  Apuleius.    Leben 

und  Charakter.  S.  755.         345.  Seine  Schriften.  S.  758.  346.  Cervidins 

Scaev^ola  u.  a.  Juristen.  S.  762. 

3.   Die  Zeit  des  Commodus  und  Septimius  Severus, 

J.  180  —  211  n.  Chr. 

347.  Uebersicht.  Septimius  Severus.  S.  764.  348.  Papinianus.  S.  765. 
349.  Callistratus,  Tryphoninus  u.  a.  Juristen.  S.  767.  350.  Minucius  Felix. 
S.  769.  351.  Tertullianus.  8.  772.  352.  Grammatiker:  Acre,  Porphyrie, 
Dositheus,  Sammonicus  der  Vater,  Statilius  Mazimus  u.  A.  S.  774. 


C.    Drittes  Jahrhundert,  J.  211—305  n.  Chr. 

1.  Erste  Hälfte,  J.  211—253  n.  Chr. 

353.  Uebersicht  S.  777.  354.  Domitius  Ulpianus.  S.  779.  355. 

Julius  Paulus.  S.  782.  356.  Marcianus,  Macer,  Modestinus  u.  a.  Jaristen.  . 
S.  784.  357.  Julius  Romanus,  Censorinus,  Atilius  Fort.  u.  a.  Gramma- 
tiker. S.  786.  358.  Marias  Maximus  u.  a.  Geschichtschreiber.  S.  789. 
359.  Cyprianus.  Novatianus.  S.  792.  360.  Schriftsteller  in  gebundener 
Form:  Alfius  Ayitus.  Septimius  Severus.  Sammonicus  der  Sohn,  u.  A.  S. 
794.        361.  Commodianus.  S.  797. 

2.  Zweite  Hälfte,  J.  253-305  n.  Chr. 

362.  Uebersicht.  S.  799. 

a.  Die  Zeit  vor  Diocletian,  J.  253—284. 

363.  Nemesianus.  S.  801.  364.  Die  Geschichtschreiber  der  Zeit. 
S.  802.  365.  Aquila  Romanus.  S.  803.  866.  Iiiba.  Sacerdos.  Hateria- 
nus.  S.  804.  367.  lulius  Solinus.  S.  805.  368.  Nonius  Marcellus. 
S.  808. 

b.  Die  Zeit  Diocletians,  J.  284—305. 

369.  Beredtsamkeit:  Panegjriker.  Eumenius.  S.  810.  370.  Geschicht- 
schreibung: Spartianus,  Gallicanus  und  PoUio.  Julius  Valerius.  S.  813. 
371.  Codex  Gregorianus  und  Hermogenianus.  S.  817.  372.  Terentianus 

Maurus.  S.  818.  373.  Amobius.  S.  820.  374.  Lactantius.  S.  821. 

375.    Schriftwerke    in    gebundener   Form.       Reposianus,   Pentadius   u.  A. 
S.  826. 


iri^«^ 


XIV  Inhaltsübersicht. 

D.    Viertes  Jahrhundert. 

376.  üebersicht.  S.  827. 

1.  Erste  Hälfte  des  Jahrhunderts. 

377.  Constantio  und  seine  Lobredner.  Nazarins  u.  a.  Redner  und  Rhe- 
toren.  S.  830.  378.  Die  Kaiserbiographien  von  Vopiscus,  Lampridius, 
Cnpitolinus.  S.  833.  379.  Optatianus  und  Juvencus.  S.  836.  380.  Hermo- 
genianus.  Fragmenta  vaticana  u.  A.  S.  838.  381.  Grammatiker:  Comi- 
nianus,  Albinus,  Asmonius,  Euanthius  n.  A.  S.  841.  382.  Finnicus  Ma- 
ternus,  der  Heide  und  der  Christ.  S.  843.  383.  Philosophie.  S.  848. 
384.  Marins  Victorinns.  S.  849.  385.  Aelius  Donatus.  S.  852.  380. 
Palladius.  S.  853.        387.  Ttineraria.    Regiononverzeicl^nisse.  S.  854. 

2.  Zweite  Hälfte. 

a.   Die  Zeit  vor  Theodosius  I. 

388.  Geschichtsquellen.  Der  Chronograph  von  354.  S.  855.  389.  Ge- 
schichtsabrisse: Aurelius  Victor.  S.  857.  390.  Eutropius,  Rufus  Festns, 
Julius  Obseqnens.  S.  858.  391.  Redner:  Mamertinus  u.  A.  S.  861.  .392. 
HilariuSf  Lucifer  u.  A.  S.  863.  398.  Grammatiker:  Charisius.  Diomedes. 
S.  865.  394.  Avienus.  S.  867.  395.  Ausonius.  S.  870.  .396.  Damasus 
u.  a.  christliche  Schriftsteller.  S.  875.  397.  Uebersetzungen  von  Diktys, 
Dares,  Josephus,  Pelagonius  u.  A.  S.  877. 

b.    Die  Zeit  von  Theodosius  I.   J.  379  ff. 

398.  Üebersicht.  S.  881.  399.  Symmachus,  Vater,  Sohn  und  Enkel. 

S.  882.  400.  Sonstige  Redner.    Pacatus.  S.  888.  401.  Rhetorische 

Schriftsteller.    Fortnnatianus,  Arusianus.  S.  890.  402.  Heidnische  Ge- 

schieh tschreiber:  Nicomachus.  Ammianus  Marcellinus.  S.  891.  403.  Heid- 
nische Philosophen:  Vettius  Praetextatus  u.  A.  S.  895.  404.  Servius.  Ti. 
Donatus.  S.  896.  405.  Vegetius.  S.  899.  406.  Marcellus  Empiricus.  S. 
901.  407.  Ambrosius.  S.  902.  408.  Hieron jmus.  S.  904.  409.  Rufinus 
u.  a.  christliche  Prosaiker.    S.  907.  410.  Prudentiu.s  u.  a.  cliristliche 

Dichter.  S.  909.        411.  Paulinus  Nol.  S.  912.        412.  Lex  dei.  S.  914. 

3.  Viertes  bis  fünftes  Jahrhundert. 

413.  Claudianus.  S.  915.  414.  Augustinus.  S.  918.  415.  Sulpicins 
Severus.  S.  924.  416.  Hilario.  Tichonius.    Mallius  Theodorus.  S.  927. 

417.  Pelagius  u.  a.  Zeitgenossen  Augustins.  S.  927.  418.  Macrobius.  S. 

929.  419.  Vibius  Sequester,  Exuperantius,  Theod.  Priscianus.   S.  931. 

420.  Endelechius.  Licentius.  S.  933.  421.  Symphosins.  8.  935.  422. 

Avianus.  8.  936.        423.  Martianus  Capeila.  S.  937. 

E.    Fünftes  Jahrhundert. 

424.  üebersicht.  8.  940. 

1.  Erste  Hälfte  des  Jahrb. 

425.  Rutilius  Namatianus.  S.  948.  426.  Orcsins.  8.  944.  4>7. 
Marius  Mercator  u.  a.  Anhänger  Augustins.  8.  947.        428.  Cassianii.s  u.  a. 


Inhaltsübersicht.  x\r 

Zeitgenossen.  S.  948.  429.  Vincentias  Lerin.  S.  950.  430.  Papst  Leo 
M.  S.  962.  431.  Prosper  Aqnit.  n.  a.  christliche  Prosaiker.  S.  953.  432. 
Codex  Theodosianas.  S.  956.  433.  Consaltatio.  S.  958.  434.  Mcrobaa- 
des.   Victor.   Orientins.  S.  959.        435.  Salvianus.  S.  962. 

2.  Zweite  Hälfte  des  Jahrh. 

436.  Uebersicht.  S.  964.  437.  Apollinaris  Sidonins.  S.  967.  438. 

RnsticiuB  Domnalas,  Claudianas  Mamertns  und  Fanstus.  S.  972.  439.  Arno- 
bias^  ianior,  Gelasias,  Gennadius  u.  a.  christliche  Schriftsteller.  S.  974. 
440.  Christliche  Geschichtschreiber:  Victor  Vitensis,  Idacias.  8.  977.  441. 
Falgentius  der  Bischof  und  der  Grammatiker,    ä.  978.  442.  Andere 

Grammatiker:  Cledonius,  Consentins,  Pompeias,  Phocas,  Rufinas  u.  A.  S. 
981.  443.  Sedulius.  S.  984.         444.  Auspicius,  Dracontins,  Avitus  u.  a. 

christliche  Dichter.  S.  986.  445.  Flavius  Felix,  Florentinus,  Luxorius, 

Coronatus.  S.  989. 

F.    Aas  dem  sechsten  Jahrhundert. 

446.  Allgemeines.  S.  990.  447.  Boetius.  S.  992.  448.  Eunodius. 

S.  995.  449.  Priscianns.  S.  998.  450.  Eatyches,  Andax  n.  a.  Grammatiker. 
S.  1001.  451.  Cassiodoms  Senator.  S.  1002.  452.  Chronisten:  Marcel- 
linas, Victor  Tann.  n.  A.  S.  1007.  453.  Geschichtschreiber:  Jordanis.  S. 
1009.  454.  Gildas  Sapiens  und  Gregor  von  Tours.  S.  1012.  455.  Rechts- 
bücher. Corpus  iuris  u.  A.  S.  1014.  456.  Dichter:  Arator.  Venantius 
Fortunatus.  8.  1020.  457.  Corippus.  Orestis  tragoedia.  8.  1024.  458. 
Gregor  I,  Eagippius  a.  a.  theologische  Schriftsteller.  S.  1026. 

459.  Aus  dem  siebenten  Jahrb.:  Isidorus  Hisp.  u.  A.  S.  1028. 

460.  Aus  dem  achten  Jahrb.:  Aldhelmns,  Beda  u.  A.  S.  1031. 


Alphabetisches  Register.  8.  1033. 


Druckfehler  und  Berichtigungen. 

§.      8,  Z.  2  schreibe:  D.  Laberias^  Publilius  Syrus  und  vielleicht  L.  Valerius. 

§.     8,  Z.  7  schreibe:  Philistion,  Catnllas  n.  s.  w. 

§.  8,  1,  Z.  7  f.  schreibe:  Laberius  und  Publilius  Syrus,  Letzterer  zu- 
gleich Mime  (Schauspieler). 

§.     8,  7,  Z.  5  f.  streiche  die  Worte:  Dazu  bis  Skazonten. 

§.  19,  Z.  16  ff.  schreibe:  verfasste  Hostius,  in  offenbarem  Anschluss  an 
Ennius,  ein  bellum  istricum,  L.  Attius  und  A.  Furius  gleichfalls 
Annales.     Cicero  selbst  u.  s.  w. 

§.    21,  S.  29,  Z.  3  V.  u.  streiche  die  Parenthese. 

§.    24,  4  g.  E.  schreibe:  Lucillus  (statt  Decius). 

§.    29,  3,  vorletzte  Zeile  lies:  282  (statt  252). 

§.  36,  6,  Z.  4  f.  schreibe:  So  C.  Laelius  für  Tubero  (unten  134,  2)  und 
für  Fabius  Maximus  (unten  127,  2). 

§.    37,  6  streiche:  M.  Romanius  bis  Rom). 

§.   39,  S.  63,  Z.  2  streiche:  J.  308. 

§.    50,  Z.  2  streiche  die  Parenthese. 

§.    55,  3,  Z.  2  lies:  Ceccarelli. 

§.  85,  2)  schreibe:  Demophilos  (statt  Diphilos]  und  den  Prologvers:  Demo- 
philus  scripsit,  Macius  vortit  barbare. 

§.    88,  7  schreibe:  s.  unten  154,  5. 

§.    93,  5  streiche  den  letzten  Satz  (Isidor.  etc.).     Vgl.  178,  4. 

§.  122,  5  lies:  die  Art  der  Eintheilung  und  u.  s.  w. 

§.  124,  4  lies:  s.  unten  140,  3. 

§.  127,  7  streiche  die  vier  letzten  Zeilen  (Liv.  LIX  bis  augenda).   Vgl.  135,  3. 

§.  132,  6  (S.  185,  Z.  19  f.)  schreibe:  sit  etc.  non  praedicare  autem  interea  etc. 

§.153,  A.  1  z.  A.  lies:  Gell.  III,  10,  7. 

S.  224,  Z.  4  v.  u.  schreibe:  und  weiterhin  Aemilius  Macer,  Alfenus  Varus, 
Tanusius  Geminus,  Cornelius  Gallus,  T.  Livius  u.  s.  w. 

S.  316,  Z.  2  v.  u.  lies:  P.  1  und  II. 

S.  340,  Z.  8  lies:  Zeit  des  Augustus. 

S.345,  Z.  13  V.  u.  lies:  718  d.  St. 

S.372,  A.  5,  Z.  2  lies:  unten  230,  2  u.  s.  w. 

S.  380,  Z.  11^9  V.  u.  ist  zu  streichen:  Frontin  bis  contulit;  vgl.  321,  4. 

S.384,  Z.  1  V.  u.  lies:  1958  =  695  d.  St. 

S.  385,  Z.  2  lies:  12  n.  Chr.  »  765  d.  St.    Ebenso  Z.  5:  12  n.  Chr. 

5.387,  Z.  6  lies:  739  d.  St. 

5.388,  Z.  5  lies:  739  d.  St. 
S.391,  Z.  1  V.  u.  lies:  228,  3. 

S.  397,  Z.  15  V.  u.  lies:  Prop.  III,  82. 

S.  407,  Z.  11  lies:  229,  4. 

S.413,  Z.  6  lies:  685  —  728  d.  St.;  ebenso  daselbst  Anm.  2,  Z.  7:  26  v.  Chr. 

_,  »728  d.  St. 
S.427,  Z.  5  V.  u.  lies:  220  (statt  20). 
S.460,  Z.  15  V.  u.  Ues:  237,  1  (statt  7). 
S. 492,  Z.  14  lies:  zweiten  (statt  vierten). 
S.  558,  Z.  15  f.  V.  u.  streiche:  Vielleicht  bis  499. 
S.  617,  Z.  3  V.  u.  lies:  iyTivnUonai&slag, 
S. 656,  Anm.  17,  Z.  2  streiche:  Erucius  bis  4). 
S.695,  Z.  16  V.  u.  lies:  Trajan. 


A.  Allgemeiner  und  sachlicher  Theil. 


1.  Den  Römern  fehlte  die  Beweglichkeit,  Vielseitigkeit  und 
die  Phantasie  der  Hellenen;  ihre  Vorzüge  liegen  in  der  Nüch- 
ternheit und  Schärfe  des  Denkens,  der  Festigkeit  und  Ausdauer 
des  Willens.  Ihre  Verständigkeit  richtete  sich  auf  das  Zweck- 
mässige und  artete  wohl  auch  in  Selbstsucht  und  Pfiffigkeit  aus, 
wie  ihre  Festigkeit  in  Eigensinn  und  Schwerfälligkeit.  Auf 
dem  Gebiete  des  Staates  imd  des  Rechts  haben  jene  Eigen- 
schaften Grosses  und  Dauerndes  hervorgebracht;  für  die  Kunst 
und  Literatur  waren  sie  entschieden  ungünstig. 

1.  Cic.  Tusc.  I,  1,  2:  quae  tanta  gravitas,  quae  tanta  constantia,  ma- 
gnittido  aniini,  probitas,  fides,  quae  tarn  excellens  in  omni  genere  vrrtus  in 
uUis  fuit  ut  sit  cum  maioribus  nostris  comparanda?  (3.)  Doctrina  Graecia 
nos  et  omni  litterarum  genero  superabat  etc.  De  imp.  Pomp.  20,  60:  ma- 
iores  nostros  semper  in  pace  cousuetudini,  in  bellcT  utilitati  paruisse.  Tac. 
dial.  5:  si  ad  utilitatem  vitae  omnia  consilia  factaque  nostra  dirigenda  sunt. 
Plin.  N.  H.  XXV,  2:  nostri,  omnium  utilitatum  et  virtutum  rapacissimi. 
Quintü.  XII,  2,  7:  ego  illum  quem  instituo  romanum  quendam  veUm  esse 
sapientem,  qui  non  secretis  disceptationibus,  sed  rerum  experimentis  atque 
operibus  vere  civilem  virum  exhibeat.  —  Liv.  XXHI,  14,  1:  insita  (Roma- 
norum) animifl  industria.  Liv.  XLII,  62 :  romana  constantia ,  vgl.  ib.  XXX ,  7  : 
romana  in  adverais  rebus  constantia,  imd  Polyb.  III,  7ö  extr.  XXVII,  8: 
iSmv  xovto  TtdvTTj  Tcaga  *PcoyLa(oiq  id^og  xal  ndtqiov  iari.,  to  xara  ßlv 
rag  ^Xazteoasig  av&cxdsatdrovg  aal  ßaQvtätovg  tpoihsad'aiy  xarci  Sl  rag 
imzvxCag  mg  iiSTQicotdtovg.  ib.  I,  39:  ovtsg  iv  navzl  cpiXoti^oi  diaq)SQ6v- 
Tcog.  —  Der  jüngere  Africanus  bei  Macrob.  Sat.  III,  14,  7:  eunt  in  ludum 
histribnum,  discunt  cautare,  quae  maiores  nostri  ingenuis  probro  ducier 
volueruut.  Ib.  10:  Cato,  cui  .  .  etiam  cantare  non  serii  hominis  videtur. 
Sen.  Controv.  p.  40,  1  Bu.:  cantaudi  saltandique  obscena  studia.  Tac. 
diaL  10:  in  Graecia,  ubi  ludicras  quoque  artes  exercere  honestum  est.  Alle 
nicht  unmittelbar  praktischen  Beschäftigungen  sind  artes  leviores  (Cic. 
Brut.  1,  3)  und  mediocrea  (Cic.  de  or.  I,  2,  6),  studia  leviora  (Cic.  de  or. 
I,  49,  212.     Cat.  14,  50)  und  minora  (Cic.  Brut.  18,  70). 

TenTfel,  Rom.  Literaturgpeschichtc.  \ 


2  SachUcher  Theil. 

2.  Ueber  deu  römischen  Volkscharakter:  R.  Ihering,  Geidt  des  röm. 
Rechts  I.  bes.  S.  291-313.  Bernhardy,  röm.  L.  G  S.  2  ff .  W.  Teuffei, 
Charakteristik  des  Horaz  S.  23—34.  Bimsen,  Aegyptens  Stellung  I.  S.  194  ff. 
K.  F.  Hermann,  Culturgesch.  d.  Gr.  u.  R.  II.  S.  26  ff.  Mommsen,  R.  G. 
allenthalben,  z.  B.  P.  S.  28  f.  C.  Peter,  Studien  zur  röm.  Gesch.  (1863) 
S.  116  11.  Pantke,  Parallele  zwischen  griech.  u.  röm.  V  Ikscharakter,  Wien 
1854  E.  Zeller,  Religion  u.  Philos.  b.  d.  Römern  (Berl.  18(;6),  S.  8  ff .  — 
Köpke,  über  den  ästhetischen  Standpunkt  der  Römer  in  Vergleichung  mit 
den  Griechen,  Berlin  1807.  L.  Friedländer,  über  den  Kunstsinn  der  Römer 
in  der  Kaiserzeit,  Königsberg  1851.  K.  F.  Hermann,  über  den  Kunstsinn 
der  Römer  und  deren  Stellung  in  der  Gesch.  der  alten  Kunst,  Göttingen  1855. 

2.  So  lange  die  römische  Eigentliümlichkeit  ungetrübt  be- 
stand galt  literarische  Thätigkeit  nur  so  weit  als  sie  selbst  eine 
praktische  Seite  hatte  für  unbedenklich.  Die  Schriftsteller  waren 
lange  Zeit  Fremde,  wenig  geachtet  und  mit  der  Armut  ringend, 
daher  von  der  römischen  Gleichgültigkeit  gegen  die  Form  mit 
ergrijßfen.  Zwar  die  Wichtigkeit  der  Beredtsamkeit  als  eines 
Mittels  für  die  politische  Wirksamkeit,  imd  den  Werth  der 
Kenntniss  des  Geschehenen  sowie  der  Rechtskunde  wusste  man 
früh  zu  würdigen;  um  so  mehr  aber  waren  alle  übrigen  Gebiete 
des  Wissens  vernachlässigt;  gebundene  Form  fand  nur  im  Dienste 
des  Cultus  Anerkennung  und  bestand  lange  Zeit  in  einer  ein- 
zigen Art.  Erst  die  wachsende  Bekanntschaft  mit  dem  Helle- 
nischen rief  im  Laufe  des  sechsten  Jahrh.  der  Stadt  neue  Be- 
griffe, Interessen  und  Bedürfnisse  ins  Leben. 

1.  Cic.  p.  Plane.  27,  66:  M.  Catonis  illud  quod  in  principio  scripsit 
Originum  suarum  semper  magnificum  et  praeclarum  puta,vi:  clarorum  ho- 
minum  atque  magnorum  non  minus  otii  quam  negotii  rationem  exstare 
oportere.  Derselbe  Cato  bei  Gell.  N.  A.  XI,  2,  5  zum  Ruhme  des  alten 
Rom:  poeticae  artis  honos  non  erat,  si  quis  in  ea  re  studebat  aut  sese 
ad  convivia  adplicabat  grassator  vocabatur.  Festus  p.  y3:ia  M.t  scribas 
proprio  nomine  antiqui  et  librarios  et  poetas  vocabant.  Bezeichnend  dafür 
welche  Literaturzweige  als  zulässig  galten  ist  die  Schriftstellerei  des  altern 
Cato.  Er  fürchtete  cjg  anoßaXovci  ^PoofiaCoL  xa  ngayiiata  ygau^drcDv  il- 
XriviyL^v  avctnXrjad'ivTsg  (Plut.  Cato  mai.  23).  üebersicht  der  Betheiligung 
der  Römer  an  der  Literatur  bei  Cic.  Tusc.  I,  1 — 3. 

2.  Voorduin,  de  artibus  et  doctrinis  in  quibus  Romani  elaboraverunt, 
Gent  1822.  150  pp.  4.  M.  Hertz,  Schriftsteller  und  Publicum  in  Rom, 
Berlin  1853.   45  S.  8. 

3.  Unter  den  verschiedenen  Gattungen  der  Poesie  hat  das 
Drama  noch  die  meisten  Anknüpfungspunkte  im  römischen 
Volkscharakter.  Wie  alle  Italiener,  hatten  auch  die  Römer 
eilien  scharfen  Blick  für  das  Auffallende  in  der  äusseren  Er- 


Stellung  der  Römer  zur  Literatur.  —  Fescenninen.  3 

scheinung ^  die  Gabe  feiner  Beobachtung,  lebendiger  Nach- 
ahmung und  rascher  Erwiederung.  Das  Improvisieren,  die  Neck- 
und  Spottlieder,  sowie  die  Form  von  Wechselgesprächen  und 
Wechselgesängen  sind  daher  in  Italien  uralt. 

1.  Proben  des  itaJum  acetum  (Hör.  S.  I,  7,  32  vgl.  maledica  civitas, 
Cic.  p.  Cael.  16,  38;  Romanorum  facetiae,  Trebell.  Gallien.  9)  geben  die 
zahlreichen  Beinamen  welche  ursprünglich  Spitznamen  waren  und  sich  auf 
körperliche  Eigenthümhchkeiten  bezogen;  s.  Quintil.  I.  0.  I,  4,  25.  Fr. 
Ellendt,  de  cognomine  etc.  (Königsberg  1853)  p.  9—22.  Später  wurde 
diese  Eigenschaft  durch  die  poHtischen  und  gerichtlichen  Kämpfe  weiter 
ausgebildet.    Vgl.  Cic.  de  or.  II,  54  S.    Quintil.  VI,  3. 

2.  Verbot  der  occentationes  in  den  XII  Tafeln,  bei  Prügelstrafe.  — 
Plaut.  Aul.  III,  2,  31  f :  nisi  reddi  mihi  vasa  iubes  pipulo  hie  differam  ante 
aedes.  —  Spottlieder  auf  den  Triumphator,  s.  unten  74.  —  Die  Sitte  bei 
Suet.  Vesp.  19:  in  fimere  Favor  archimimus  personam  eins  (des  Vesp.)  ferens 
imitansque,  ut  est  mos,  facta  ac  dicta  vivi.  Amöbäische  Form  hat  das 
Lied  der  fratres  arvales,  die  Fescenninen,  die  Lieder  beim  Triumphe,  Bett- 
lerlieder (Schol.  Hör.  Ep.  I,  17,  48),  Hirtenlieder  (amant  alterna  Camenae, 
Verg.  Eci.  UI,  59). 

3.  Vorliebe  für  dialogische  Einkleidung  noch  lange  in  die  Literatur 
hinein  fortwirkend,  z.  B.  bei  dem  Juristen  Junius  Brutus,  bei  C.  Curio. 
Ihre  Volksthümhchkeit  zeigt  z.  B.  die  Inschrift  aus  Aesernia,  I.  R.  N.  5078. 

4.  Bei  festlichen  Gelegenheiten  erfolgten  lustige  Auffüh- 
rungen dieser  Art,  unter  Begleitung  der  tibia  und  Tanz,  auch 
öffentlich.  Die  Theilnebmer  hatten  sich,  nach  dem  Gefallen  der 
Südländer  an  Vermummungen,  verkleidet,  das  Gesicht  gefärbt 
oder  mit  einer  Maske  verdeckt.  Von  der  possenhaften  Dar- 
stellung eines  vorgekommenen  Ereignisses  war  ein  kleiner  Schritt 
zu  der  einer  erdichteten  Handlung,  wobei  der  Plan  erfunden, 
verabredet,  die  Ausführung  des  Einzelnen  den  Mitwirkenden 
überlassen  war.  Volksmässige  Aufführungen  dieser  Art  waren 
die  Fescenninen,  die  Saturae,  die  Mimi,  weiterhin  die  Atellanen. 

1.  Verg.  6e.  II ,  385  ff. :  Ausonii  .  .  coloni  versibus  incomptis  ludunt 
risuque  soluto  pra(jue  corticibus  sumunt  horrenda  cavatis  etc.  Tibull.  II, 
1,  55:  agricola  .  .  minio  suffusus  .  .  rubenti  primus  inexperta  duxit  ab  arte 
choros. 

2.  Mommaen  R.  G.  P.  S.  206—208. 

5.  Die  Fescenninen  haben  ihren  Namen  von  der  süd- 
etroskischen  Ortschaft  Fescennium,  sind  aber  überhaupt  mittel- 
italisch.  Sie  waren  ein  Bestandtheil  einer  ländlichen  Volks- 
loBtbarkeit,    wurden  bei  heitern  Anlässen  aufgeführt,    und  die 

1* 


4  Sachlicher  Theil. 

Theilnehmer  ergieiigen  sich  dabei  in  gegenseitigen  Sticheleien, 
derben  Witzen  im  massiven  Volksgeschmack  u.  dgl.  Ur- 
sprünglich auch  bei  ländlichen  Festen  (z.  B.  nach  der  Ernte, 
am  Feste  der  Tellus  und  des  Waldgottes)  ausgeübt,  sah  sich 
die  Sitte  allmählich  in  einen  engern  Kreis  gedrängt  und  auf 
Hochzeiten  beschränkt.  Als  seit  dem  Ende  der  Republik  die 
Kunstpoesie  sich  ,der  Fescenninen  bemächtigte  fasste  sie  die- 
selben theils  von  ihrer  skoptischen  Seite  auf,  theils  von  ihrer 
Anwendung  bei  Hochzeiten. 

1.  K.  Zell,  Ferienschriften  II.  S.  121  fF.  0.  Müller,  Etrusker  II.  S.  284  fF. 
R.  Klotz,  lat.  Lit.  Gesch.  I.  S.  292  tf.  W.  Corssen,  Origines  poes.  p.  124 — 
132.  A.  Th.  Bromau,  de  versibus  fesc.  Upsala  1852.  18  pp.  4.  A.  Ross- 
bach, röm.  Ehe  (1853)  S.  340-345. 

2.  Festus  im  Auszage  des  Paul.  Diac.  p.  85  M. :  Fescennini  versus,  qui 
canebantur  in  nuptiis,  ex  urbe  Fescennina  dicuntur  allati,  sive  ideo  dicti 
quia  i'ascinum  putabantur  arcere.  Der  unmittelbare  Zusammenbang  des 
Namens  mit  dem  der  Ortschaft  wird  sich,  bei  der  sprachlichen  Form  des 
Wortes  und  der  Analogie  der  AteUanae,  nicht  abweisen  lassen.  Weiterhin 
ist  aber  gemeinsame  Abstammung  von  fascinus  =  Phallos,  als  dem  Sym- 
bol der  Fruchtbarkeit,  das  ebenso  bei  ländlichen  Festen  als  bei  Hochzeiten 
an  seinem  Platze  war  (Rossbach  S.  343  ff.),  ganz  wohl  denkbar. 

3.  Hör.  Ep.  II,  1,  1^39  ff.:  agricolae  prisci  .  .  condita  post  frumenta  le- 
vantes  tempore  festo  corpus  et  ipsum  animum  ....  TeUurem  porco,  Sil- 
vanum  lacte  piabant,  floribus  et  vino  Genium  .  .  (145)  Fescennina  per  hunc 
inventa  licentia  morem  versibus  alternis  (vgl.  Liy.  VII,  2,  7  u.  Sen.  Med. 
108)  opprobria  rustica  fudit,  libertasque  recurrentes  accepta  per  annos  lu- 
sit  amabiliter,  donec  iam  saevus  apertam  in  rabiem  coepit  verti  iocus  u.  s.  w. 
Liv.  VII,  2,  7:  non  .  .  Fescennino  versu  similem  iucompositum  temere  ac 
rüdem  alternis  iaciebant.  Lucan.  II,  368  f.:  non  soliti  lusere  sales'nec  more 
Sabino  excepit  tristis  convicia  festa  maritus.  Macrob.  Sat.  lU,  14,  9 :  M.  Cato 
senatorem  non  ignobilem  Caecilium  .  .  Fescenninum  vocat,  wohl  wegen 
seines  ridicularia  fuudere,  iocos  dicere  (ib.).  Vgl.  Fest.  v.  spatiator, 
p.  344  b.  M. 

4.  CatuU.  61,  122  f.:  ue  diu  taceat  (bei  der  Hochzeit)  procax  Fescen- 
nina locutio.  Sen.  Med.  107  ff. :  concesso  iuvenes  ludite  iurgio.  hinc  iUinc 
iuvenes  mittite  carmina.  rara  est  in  dominos  iusta  licentia.  V.  113  f.  : 
festa  dicax  fundat  convicia  fescenninus,  solvat  turba  iocos,  Sen.  Controv. 
VII,  21.  p.  223,  16  f.  Bu. :  inter  nuptiales  fescenninos  (wie  Plin.  N.  H.  XV, 
22,  86  vgl.  Serv.  Aen.  VII,  695 :  Fescennium  oppidum  est,  ubi  nuptialia  in 
venia,  sunt  carmina)  in  crucem  generi  nostri  iocabantur.  Auson.  cento  nupt. 
(Id.  XIII):  Fescenninos  araat  celebritas  nuptialis  verboriimque  petulantiam 
notus  vetcre  instituto  ludus  admittit.  Claudian.  Feseonn.  4,  29tf. :  ducant 
pervigiles  carmina  tibiae  permissisque  iocis  turba  licentior  exsultet  tetricis 
libera  legibus. 

0.  Catulls  erstes  Hochzeitgedicht  (bXl)  bildet  (V.  122  ff.)  die  nationale 


Die  Saturae.  5 

Sitte  nach.  Vgl.  Auson.  Id.  XIII  s.  f.:  quid  Anniaui  fescenuinos  (loquar)? 
Von  Claudiaji  Laben  wir  in  nuptias  Honorii  Aug.  et  Mariae  iescennina  (vier 
Gedichte  in  verschiedenen  Massen).  Dagegen  Macrob.  Sat.  II,  4,  21:  tem- 
poribus  triiunviralibuä  Pollio,  cum  fescenninos  in  eum  Augustus  scripsisset, 
ait:  at  ego  taceo.  non  est  euim  facile  in  eum  scribere  qui  potest  pro- 
scriVjere. 

6.  Nach  Diomedes  III.  p.  475  P.  =  479,  13  K.  nannten  die  (späteren) 
Grammatiker  den  Amphimaker  oder  Kretikus  auch  fescenninus  und  am- 
phiraeres.  Als  ursprüngUches  Mass  der  Fescenninen  aber,  so  weit  sie  über- 
haupt gebundene  Form  hatten,  ist  das  saturnischc  vorauszusetzen.  Auf  die 
Bühne  kamen  die  Fescenninen  nicht. 

6.  In  den  saturae  scheint  von  Anfang  an  das  Drama- 
tische überwogen  zu  haben.  Es  waren  wohl  lustige  Auffüh- 
rungen der  ländlichen  Jugend  Latiums,  einzehie  Lieder  oder 
komische  Erzählungen,  vorgetragen  unter  gesticulierendem  Tanz 
und  begleitet  von  der  tibia,  ihren  Anlässen  und  Gegenständen 
nach  manchfaltiger  als  die  Fescenninen.  Sie  hängten  sich  an 
die  landesübKchen  Feste  an  und  wurden,  als  im  J.  390  d.  St. 
in  Rom  eine  Öffentliche  Bühne  errichtet  ward,  von  umher- 
ziehenden Bänkelsängern  auch  auf  dieser  aufgeführt.  Später, 
als  unter  die  öffentlichen  Lustbarkeiten  auch  kunstgerechte  Dra- 
men in  gi'iechi scher  Weise  aufgenommen  worden  waren,  schlös- 
sen sich  jene  an  dieselben  an  und  giengen  in  Folge  dessen  all- 
mählich in  den  Namen  Nachspiele,  exodia,  über,  den  sie  aber 
bald  an  die  Atellanen  abzutreten  hatten. 

1,  Ueber  die  saturae  ist  Alles  dunkel  und  unsicher.  Einigen  Halt  bie- 
tet der  Ausdruck  saturas  agere  (Liv.  VII,  2,  7:  impletas  modis  saturas  de- 
scripto  iam  ad  tibicinem  cantu  motuque  congrucnti  peragebant),  die  Her- 
übernahme auf  die  Bühne  und  der  Uebergang  in  den  Begriff  exodia;  s. 
Liv.  1.  1.  11 :  iuventus  histrionibus  fabellarum  actu  relicto  ipsa  inter  se  more 
anüquü  ridicula  intexta  versibus  iactitarc  coepit;  quae  exodia  postea  ap- 
pell  ata  . .  sunt. 

2.  AVjleitung  des  Namens.  Diomed.  III.  p.  483  P.  =  485  f.  K. :  satira 
dicta  ßive  a  Satyris,  quod  similiter  in  hoc  carmine  ridiculae  res  pudendae- 
que  dicuntur,  quae  velut  a  Satyris  proferuntur  et  fiunt;  sive  satura  a  lance, 
quae  referta  varüs  multisque  primitiis  in  sacro  apud  priscos  dis  infereba- 
tnr  .  .  .;  aive  a  quodam  genere  farciminis^  quod  multis  rebus  refertura  sa- 
tarani  dicit  Varro  vocitatum.  Unter  diesen  Ableitungen  fand  die  zweite  lange 
Zeit  ausachlieselichen  Beifall,  und  es  wurde  der  Name  bald  auf  die  Manch- 
faltigkeit  des  Inhalts  bezogen,  bald  auf  die  Mischung  von  Gesang,  Tanz, 
Mimufi  und  Text;  obwohl  die  Hervorhebung  der  Manchfaltigkeit  das  Da- 
sein einheitlicher  Formen  voraussetzt,  was  erst  bei  der  späteren,  litera- 
rischen Gestalt  der  Satire  zutrifft.  Mommsen,  R.  G.  1"^  S.  28.  206.  430,  hat 
die  er*te  Ableitung,  in  modificierter  Gestalt,  aufgenommen.*  Nach  ihm  ist 


6  Sachlicher  Theil. 

satura  „der  Mummenschanz  der  vollen  Leute"  (adzvQoi,  saturi,  Ygl.  Tibull. 
II,  1,  23  saturi .  .  coloni),  „das  beim  Volkscarneval  gesungene  Lied".  Wel- 
cher Substantivbegriff  soll  dabei  der  Femininalform  zu  Grunde  liegen? 
Etwa  res?  Vgl.  übrigens  das  ital.  farsa  (eig.  Füllsel,  Gemengsei)  und  die 
arabische  Dichtart  Qasside  (eig.  das  Volle,  Satte,  H.  Ewald  in  d.  Götti. 
Gel.  Anz.  1861,  S.  833). 

3.  Errichtung  eines  Brettergerüsts  im  Circus  für  Vorstellungen  zur 
Unterhaltung  der  Menge  (durch  mimi,  s.  §  7)  im  J.  390  =  364  v.  Chr.,  Liv. 
VlI,  2.  Fest.  p.  326,  a:  scenicos  (ludos)  primum  fecisse  C.  (Ati-?)lium,  M. 
Popilium  M.  f.  (Cos.  395  d.  St.)  (curules)  aediles  memoriae  (prodiderunt) 
historici.  Mommsen  P.  S.  430:  „Die  neue  Bühne  .  .  war  zwar  zunächst 
lediglich  für  Spielleute  und  Possenreisser  jeder  Art  bestimmt,  unter  denen 
die  Tänzer  zur  Flöte,  namentlich  die  damals  gefeierten  etruskischen,  wohl 
noch  die  vornehmsten  sein  mochten;  indess"  war  damit  doch  ein  Keim  für 
ein  regelrechtes  Theater  gegeben,  wie  es  120  Jahre  später  durch  Andro- 
nikus  begonnen  wurde.  Nachdem  durch  diesen  ein  förmliches,  der  grie- 
chischen Literatur  entnommenes  Textbuch  eingeführt  worden  war  mochten 
die  alten  Lieder  zur  tibia  nunmehr  zur  Ausfüllung  der  Pausen  verwendet 
werden,  während  die  possenhaften  Aufführungen,  in  ähnlicher  Weise  wie 
das  griechische  Satyrdrama,  sich  an  jene  kunstgerechten '  ernsthaften  an- 
schlössen. 

4.  Exodium  ist  ein  heiteres  Nachspiel  zu  einem  ernsthaften  Stücke ; 
vgl.  Plut.  Crass.  33:  tCg  tolovto  (paaiv  ^^oSiov  tiqv  Kquccov  argazT^yiav, 
coansQ  Tgaycodieev,  tflevT^Gat.  Vgl.  Pelopid.  34:  rrjv  tatpriv  oiov  xQaycp- 
Siocg  ^ifydli^gj  trjs  tVQavvidog  b^oSlov  d'satQLnov  yBvo^tvrjv.  Schol.  luv. 
III,  175:  exodiariuf  apud  veteres  in  fine  ludorum  iutrabat,  quia  ridiculus 
foret,  ut  quidquid  lacrimarum  atque  tristitiae  conlegissent  ex  tragicis  af- 
fectibus  huius  spectaculi  risus  detergeret.  Nach  dem  Untergang  der  alten 
saturae  wurden  hiezu  neben  den  mimi  mit  Vorliebe  die  Atellanen  ver- 
wendet; daher  Atellanicum  exodium  (Suet.  Tib.  45),  exodium  Atellanae 
(luv.  VI,  71)  und  Lyd.  de  mag.  I,  40:  'AtsUccvt}  iorlv  rj  zav  Xsyo^ivcav 
i^odiaQLcov.  MissverständUch  Livius  (VII,  2,  11):  quae  exodia  postea  ap- 
pellata  consertaque  fabellis  potissiraum  Atellanis  sunt. 

7.  Der  Miraus,  als  possenhafte  Darstellung  von  Personen 
und  Handlungen  auf  der  Bühne,  ist  in  Rom  der  Sache  nach 
wohl  so  alt  als  das  Dasein  einer  Bühne.  Ursprünglich  wohl 
selbständig  auf  der  Bühne  aufgeführt,  wurde  er,  seitdem  auf 
derselben  kunstmässige  und  ernste  Darstellungen  überwogen, 
als  Nachspiel  verwendet,  trat  aber  hiebei  lange  Zeit  gegen  die 
neuhereingekommene  atellanische  Volksposse  zurück,  bis  im  ci- 
ceronfschen  Zeitalter  auch  der  Mimus  in  die  Literatur  aufgenom- 
men wurde  und  nun  seinen  Platz  auf  der  Bühne  —  zuerst  als 
Nachspiel,  in  der  Kaiserzeit  auch  selbständig  —  um  so  länger 
behauptete. 

1.   Diomed.  III.  p.  488  P.  =491,  13  ff.  K.:  mimus  est  sermonis  cuius- 


Der  Mimus.   Begriff  ii.  ältere  Geechichte.  Planipes.  7 

ibet  inotuB  (sermonem  movere,  wie  iocum  movere  bei  Sali.  Cat.  25)  sine 
reverentia ,  vel  factorum  et  (etiam)  turpium  cum  lascivia  imitatio ;  a  Grae- 
cis  ita  definitus:  fiTiiog  iativ  fiifirjaig  ßtov  tct  t8  avynextogrjfibva  xofl  davy- 
Xmgrjta  nfgiixotv.  So  sind  nach  Euanthius  die  mimi  benannt  ab  diutuma 
imitatdone  viliiim  rerum  et  levium  personarum,  und  nach  Isid.  Or,  XVIII, 
49:  mimi  smit  dicti  graeca  appellatione  quod  rerum  humananim  sint  imi- 
tationes.  Plutarch,  Quaest.  sympos.  VII,  8,  4,  unterscheidet  zwei  Arten 
von  fjtiaoi,  (ov  tovg  filv  vnod'iasig,  tovg  dh  naiyvia  %ctXovaiVy  welche  aber 
beide  sich  zur  Tischunterhaltung  nicht  eignen,  die  ersteren  Sid  xd  /^r/x?? 
rmv  dgaiidttov  nal.to  dvaxoQrjyrjtov ,  die  naiyvia  aber  nicht  wegen  ihres 
Schmutzes,  obwohl  sie  trotzdem  eine  beUebte  Unterhaltung  bei  Tische  bil- 
den, sogar  in  Anwesenheit  von  Frauen  und  Knaben.  In  letzterer  Bedeu- 
tung z.  B.  bei  Polyb.  XXXI,  4:  vno  xav  fiificav  6  ßaaiXsvg  siastpfgexo  .  . 
(og  £ig  Qjv  x(av  fLifitov.  xal  xijg  cviLqxovCag  ngoTialovfitvijg  dvanr^dijaag 
cagx^txo  %ttl  vnen^LVfxo  fisxd  xdv  yslatxonoiäiv.  Die  Literaturgeschichte 
kann  nur  der  erstere,  sceuische,  Mimus  beschäftigen;  über  die  andere  Art, 
die  iiifioi  als  possenhafte  Aufführungen  in  Privatkreisen,  welche  der  Sitten- 
geechichte  angehört,  s.  bes.  0.  Jahn's  Prolegg.  zu  seiner  Ausg.  des  Persius, 
p.  LXXXIV — XCll.  üeber  den  römischen  Mimus  überhaupt  Ziegler,  de 
mimia  Rom.,  Göttingen  1788,  und  bes.  C.  1.  Grysar's  (die  Zeiten  zu  wenig 
sondernde)  Abh,,  der  römische  Mimus,  Wien  1854  =  Sitzungsber.  der  Wiener 
Akad.,  philosophisch-hist.  Gl.  XII.  S.  237—283,  nebst  den  Anhängen  S.  283— 
337.  Ueber  den  späteren  Mimus  auch  E.  Munck,  de  fab.  Atell.  p.  124  ff. 
Krahner,  Ztschr.  f.  Alt.  Wiss.  1852,  S.  390  ff.  L.  Friedläuder,  Sittenge- 
schichte Roma  IP.  S.  298  ff. 

2.  Der  Mimus  war  „ein  uraltes  volksthümliches  Product,  und  von  seiner 
ursprünglichen  Gestalt  unterscheiden  sich  die  Erzeugnisse  des  Laberius 
und  Syrus  nicht  mehr  als  von  der  alten  Posse  von  Atella  deren  literarische 
Bearbeitung  durch  Pomponius  und  Novius".  J.  Vahlen,  Ztschr.  f.  östr.  Gymn. 
1859,  S.  291.  In  der  That  stimmt  der  Mimus  ganz  zum  itaUschen  Volks- 
charakter (§.  3  f.)  und  zur  Culturstufe  der  Römer.  So  lauge  er  nicht  schrift- 
lich fixiert  war,  und  damit  nicht  abgegrenzt  von  den  possenreisserischen 
Aulführungen  im  gewöhnlichen  Leben,  entzog  er  sich  der  Beachtung.  Doch 
hat  die  Spuren  seines  Vorkommens  vor  der  suUanischen  Zeit  M.  Hertz  zu- 
sammengestellt, in  Fl^ckeisens  Jahrbb.  XCIII.  S.  581—583.  Die  älteste  ist 
bei  Festus  p.  326  M,,  wo  nach  Erwähnung  der  Errichtung  einer  Bülme 
und  Einrichtung  von  Spielen  darauf  (ludi  scenici,  saltationes)  es  heisst: 
solebant  (bis  prodire  mimi)  in  orchestra  (?),  dum  (in  scena  actus  fa-)bulae 
coraponeren(tur,  cum  gestibus  ob-jscaenis.  Darauf  Erwähnung  von  ludi 
(Apollinares)  C.  Sulpicio  C.  Fulvio  cos.  (vielmehr  P.  Sulp.  Cn.  Fulvio  = 
543  d.  St.  211  V.  Chr.)  wobei  ein  hbertinus  mimus  magno  natu  qui  ad  ti- 
bicinem  saltaret  auftrat,  und  der  abweichenden  Ansicht  des  Sinnius  Capito, 
der  den  Vorfall  Claudio  et  Fulvio  cos.  ,542  =  212)  ansetzte.  Vgl,  F.  Osann, 
Festus  und  die  erste  Aufführung  von  Mimen  in  Rom,  Jahns  Jahrbb.  LXXIII. 
S.  660—663.  Aus  dem  siebenten  Jahrh.  werden  Ausschreitungen  des  Mimus 
durch  nomiuatim  compellare  in  scena  (Comif.  ad  Her.  I,  14,  24.  H,  13,  19) 
angeführt,  sowie  aus  J.  639  von  Cassiodor  dass  die  Censoren  artem  ludi- 
cram  ex  urbe  removerunt.  Aus  derselben  Zeit  muss  der  mimus  vetus  op- 
pido  ridiculus  Namens  Tutor  bei  Cic.  de  or.  II,  64,  259  (Scene  J.  663  d.  St.) 


8  Sachlicher  Theil. 

sein.  Val.  Max.  11,  10,  8  bezeichnet  die  nudatio  mimarum  auf  der  Bühne 
an  den  FJoralien  als  einen  priscus  mos  ioooram.  Ebenso  lässt  der  aQxtfiifiog 
ZcJQi^  (Plut.  Süll.  36)  in  der  Zeit  des  Sulla  auf  alte  Organisation  dieses 
Standes  schh'essen.  Vielleicht  dass  vor  dem  Aufkommen  des  Namens  mimus 
die  Sache  unter  der  Bezeichnung  planipes  bestand;  vgl.  Grysar  S.  245  f. 

3.  Diomed.  III.  p.*  487  P.  =  490 ,  3  ff .  K. :  quarta  species  (fabularum 
latinarum)  est  planipedis,  qui  g^aece  dicitur  iiifiog.  ideo  autem  latine  pla- 
nipes dictus  quod  actores  pedibus  planis,  i.  e.  nudis,  proscenium  introirent, 
non  ut  tragici  actores  cum  cothurnis  neque  ut  comici  cum  soccis.  .  .  .  cuius 
planipedis  Atta  .  .  ita  .  .  meminit :  daturin  estis  auruni?  exsultat  planipes. 
Festus  p.  277  in.:  mimi  planipedes.  Aus(m.  ep.  11:  de  mimo  planipedem. 
Juv.  VIII,  101:  planipedes  audit  (populus)  Fabios  (vgl.  Suet.  Ner.  4.  Tac. 
Hist.  III,  62).  Donat.  de  com.:  planipedia  autem  dicta  ob  humilitatem 
argumenti  eins  ac  vilitatem  actorum,  qui .  .  utuntur  in  scena  .  .  piano  pede. 
Gell.  1,11,  1*2:  si  ut  planipedi  saltanti  .  .  numeros  et  biodos  .  .  tibiceu  in- 
cineret.  Macrob.  Sat.  II,  1,  9:  planipedis  et  fabulonis  (sannionis?)  impudica  . . 
verba  iacientis.  Die  sachliche  Identität  von  planipes  und  mimus  ist  hienach 
wohl  unzweifelhaft. 

4.  Cic.  ad  Fam.  IX,  16,  7:  secuuäum  Oenomaum  Attii  non,  ut  olim 
solebat,  Atellanam,  sed,  ut  nunc  fit,  mimum  introduxisti.  Vgl.  embolium 
(Cic.  p.  Sest.  54,  116)  und  emboliaria  bei  Plin.  N.  H.  VII,  47,  158,  aus  der 
Bullanischen  Zeit,  sowie  aus  der  Kaiserzeit  bei  Orelli  2613,  und  emboliarius 
(Garucci,  graffiti  d.  Pompei  p.  14).  Dass  noch  später  manchmal  der  mimus 
als  Nachspiel  verwendet  wurde  ist  ausserdem  vielleicht  zu  schliessen  aus 
Donaths  (de  com.)  Definition  des  siparium:  mimicum  velum  quod  populo 
obsistit  dum  fabularum  actus  commutantur.  Vgl.  Sen.  tranq.  11,  8:  Publi- 
lius  .  .  inter  multa  alia  cothumo,  non  tantum  sipario,  fortiora  et  hoc  ait. 
Juv.  VIII,  185  f. :  vocem  .  .  locasti  sipario,  clamosiftn  ageres  ut  Phasma  Ca- 
tulli.  Auch  s.  Sueton.  Dom.  10 :  occidit  et  Helvidium  filium,  quasi  scenico 
exodio  (wohl  einem  Mimus)  sub  persona  Paridis  et  Oenones  divortium  suum 
cum  uxore  taxasset. 

8.  Zu  einem  Literaturzweig  wurde  der  Mimus  am  Ende 
der  Republik  durch  D.  Laberius  und  C.  Matius,  sowie  Publilius 
Syrus.  Damit  wurde  der  Kreis  seiner  Stoflfe  erweitert,  seine 
Form  der  der  übrigen  Dramengattungen  näher  gebracht.  In 
der  Kaiserzeit  sodann,  wo  der  Mimus  zusammen  mit  dem  stum- 
men Pantomimus  die  HeiTschaft  hatte,  verfassten  Texte  für  den- 
selben Philistion,  Q.  Lutatius  Catullus  und  Lentuhis,  neben 
welchen  noch  Hostilius,  MaruIIus,  Atticus,  Vergilius  Romanus, 
Äemilius  Severianus  und  Aesopus  genannt  werden.  Was  aus 
dieser  Zeit  über  den  Charakter  des  Mimus  berichtet  wird  ge- 
stattet, wenn  man  die  Raffiniertheit  in  Abzug  bringt,  einen 
Rückschluss  auch  auf  die  ältere  Gestalt.  Nur  dass  jetzt,  nach- 
dem fast  alle  andern  Dramengattungen  in  dem  Mimus  unter- 
gegangen waren,  dieser  eine  reichere  Handlung  entfaltete  und 
selbständig  auftrat. 


Der  Mimus  am  Ende  der  R^puLlik  u.  in  der  Kaieerzeit.  9 

1.  Athen.  VI.  p.  261  C:  iVixoAaos  (Damasc.)  .  .  ZvXXav  cprjalv  .  .  oijzco 
XcciQSiv  fjkifioig  xal  ysXcDZOTtOLoCg,  q)iX6yeX(0V  ysvo^svovy  (og  xal  noXXd  yfjg 
(Aetgcc  avTOig  jjofptffcF'O'rt«  trjg  dfjiioatag.  ifKpavi^ovat  &*  avzov  to  tueqI 
ravta  iXagov  cd  vn*  avzov  yQaq)siaat  accTVQiytal  yKofimdiai  t^  nctzQt(p 
q}iiiv^y  was  Grysar  S.  287  auf  Mimen  bezieht.  Vgl.  Plut.  Süll.  2  u.  36. 
Sicher  waren  Mimographen  in  Caesar's  Zeit  Laberius  und  der  Verfasser 
von  (nicht  dramatischen?)  Mimiamben  Matius.  Pub  Uhus  Syrus  vereinigte 
damals  in  sich  den  Mimographen  und  den  Minien  (Schauspieler).  Aus  der 
augusteischen  Zeit  L.  Crassicius,  genere  Taren tiuus,  .  .  initio  circa  scenam 
versatus  est,  dum  mimographos  adiuvat  (Suet.  gramm.  18).  Zweifelhaft 
ist  ob  die  von  Seneca  (Ep.  8,  9)  seinem  LuciUus  zugeschriebenen  Senarc 
aus  Mimen  sind.  Ueber  Atticus  s.  Martial.  II,  7,  3:  compouis  belle  mimos. 
Von  Vergiüus  Romanus  sagt  Plin.  Ep.  VI,  21,  4:  scrijjsit  mimiambos  tc- 
nuit^r,  argute,  venuste  atque  in  hoc  genere  eloquentissime.  Tertull.  apolog. 
15:  dispicite  Lentulorum  et  HostiUorum  venustates,  utrum  mimos  an  deos 
vestros  in  iocis  et  strophis  rideatis.  Aesopus  bei  Amm.  Marc.  XXX ,  4,  2 1 ; 
Aemilius  Severianus  (aus  Tarraco),  mimographus,  Orelli  2622.  Für  den 
pantomimus  componierten  Sujets  in  der  Kaiserzeit  Arbronius  Silo  (Sen. 
suas.  II,  19.  p.  17,  9Bu.:  pautomimis  fabulas  scripsit),  Lucau  (fabulae  sal- 
ticae  XrV,  Vacca),  Statins  (Juv.  VII,  87). 

2.  Cic.  de  or.  II,  59,  242:  mimormn  est  ethicorum  si  nimia  est  imi- 
taiio  (carikierende  Charakterbilder),  sicut  obscenitas.  Vgl.  ib.  239.  orat. 
26,  88:  ridiculo  sie  usurum  oratorem  ut .  .nee  subobsceno  (utatur),  ne  mi- 
micum  (sit).  Ovid.  Trist.  II,  497  (obscena  iocantes)  u.  515  (imitantes  tur- 
pia).  Quintil.  VI,  1,  47.  —  Hauptzweck:  Lachen  zu  erregen.  Hör.  S.  I, 
10,  6  f.  Apulej.  Flor.  I:  si  mimus  est  riseris,  si  comoedia  faveris.  Cas- 
siod.  Var.  IV  fin. :  mimus,  qui  nunc  tantummodo  derisui  habetur.  Lyd. 
mag.  I,  40:  jLttfitxi)  ^  vvv  d-qd'iv  aovri  aco^ofiivr),  zsxvi^ov  fisv  J';i;ov(7a  ov~ 
$lv  Xoyoo,  [Lovov  z6  ytXrjd'og  inocyovaa  yiXcozL.  Mittel  dazu  auch  das  Ge- 
aichterschneiden  (Quintil.  VI,  3,  29),  Nachahmen  von  Thierlauten  ut  dgl.  — 
Oekonomie  und  Plan :  Cic.  Phil.  II,  27,  65 :  persona  de  mimo,  modo  egens, 
repente  dives.  p.  Cael.  27,  65.:  mimi  est  iam  exitus,  non  fabulae:  in  quo 
cum  clausula  non  invenitur  fugit  ahquis  ex  manibus,  deinde  scabilla  con- 
crepant,  aulaeum  toUitur.  Später  hierin  sorgfältiger;  Quintil.  IV,  2,  53: 
est  qiudam  etiam .  ductus  rei  credibilis,  qualis  in  comoediis  etiam  et  in  mi- 
mis.  Plut.  de  solert.  anim.  19  (aus  Vespasians  Zeit):  fiificp  nXoTiriv  ^%ovzl 
6g€tfiazniT}v  xal  •noXvnQoconTiov.  —  Proben  des  Dialogs  bei  Cic.  de  or.  II, 
67,  274,  z.  B.:  quid  est  tibi  Ista  midier?  „Uxor".  Similis,  me  dius  fidius.  — 
Prolog,  von  Laberius  (Macrob.  Sat.  II,  7,  2  f.).  Vgl.  Isid.  Orig.  XVIII,  49: 
habebant  (mimi)  suum  actorem  qui  antequam  mimum  ageret  fabulam  pro- 
nuutiaret.    Ueber  die  cantica  s.  unten  A.  7. 

3.  Als  scurrile  Darstellung  des  gemeinen  Lebens  berührt  sich  der  Mi- 
mus mit  der  Togata  imd  hat  mit  ihr  viele  Titel  gemeinsam,  wie  Aquae 
caldae,  Augur,  CompitaUa,  FuUo,  Virgo,  letztere  beiden  auch  mit  der  kunst- 
mlUisigen  Atellane,  mit  welcher  er  ausserdem  die  Titel  Gemini,  Hetaera, 
Nupidae,  Piscator  theilt.  Das  hauptfiächUchste  Unterscheidungsmerkmal 
wird  wohl  beim  Mimus  das  Ueberwiegen  der  Mimik,  bei  den  Atellanen 
das  Vorkommen  der  oscae  personae  gewesen  sein.    Mit  der  Palhata  hat 


10  Sachlicher  Theil 

der  Mimus  die  Titel  Colax,  Hetaera,  Phasma  gemeinsam,  und  auch  Alex- 
andrea, Belonisiria,  Cophinus,  Ephebus,  Necyomantia,  Scylax  sind  ursprüng- 
lich griechische  Titel  von  Mimen.  Die  Handlung  des  mimus  war  mit  Vorliebe 
obscen,  bes.  Verführungen,  Ehebruchsscenen,  Ueberlisten  von  Gatten  oder 
Vätern  oder  überhaupt  Arglosen.  Vgl.  Ovid.  Trist,  II,  497  ff.  Cic.  p.  Rab.  Post. 
12,  35:  illim  omnes  praestigiae,  .  .  omnes  fallaciae,  omnia  denique  ab  iis 
mimorum  argumenta  nata  sunt.  Juv.  VI,  44.  VIII,  197.  Capitol.  M,  Anton. 
29,  2.  Lamprid.  HeUog.  25,  4  (mimica  adulteria}.  Donat.  zu  Aen.  V,  64: 
mimi  solis  iuhonestis  et  adulteria  placent.  Lactant.  inst.  VT,  20:  (mimi) 
docent  adulteria  dum  finguut.  Minuc.  Fei.  Oct.  37,  12:  mimus  vel  exponit 
adulteria  vel  monstrat.  Grysar  S.  253.  In  derselben  Richtung  wurden  auch 
die  mythologischen  Stoöe  ausgewählt  und  behandelt,  welche  namentlich 
in  der  Kaiserzeit  immer  häufiger  wurden  (von  Laberius:  Lacus  Avemus, 
Necyomantia).  Arnob.  adv.  gent.  IV,  35:  etiam  mimis  et  scurrilibus  Indi- 
ens sanctissimorum  personae  interponuntur  deorum,  et  ut  spectatoribus 
vacuis  risus  possit  atque  hilaritas  excitari  iocularibus  feriuutur  cavillatio- 
nibus  numina.  Ib.  VIT,  33:  symplegroatibus  plurimis  intermixtos  se  esse  de- 
risionis  in  materiam  norunt  (dii).  TertuU.  apolog.  15:  dispicite  .  .  utrum 
mimos  an  deos  vestros  .  .  rideatis,  moechum  Anubim  et  mascidam  Lunam, 
Dianam  flageUatam  et  lovis  mortui  testaraentum  recitatum  et  tres  Her- 
cules famelicos  irrisos.  Aehnliclie  Stoffe  Kinyras  und  Myrrha  (Joseph.  Ant. 
XIX,  1,  13),  Paris  und  Oenone  (Suet.  Dom.  10),  Priapus  (Augustin.  civ.  dei 
VI,  7).  Ebenso  in  den  Pantomimen  Leda  (Juv.  VI,  63.  Arnob.  adv.  g.  VIT, 
33)  u.  dgl.  (Appulej.  apol.  74  extr.  Arnob.  1.  l.\  Dadurch  waren  die  Cli- 
men theils  ein  S^inptom  theils  ein  Hauptbeförderungsmittel  der  greulichen 
Sittenverderbniss. 

4.  Mit  dieser  Scurrilität  und  Verderbniss  bilden  einen  scheinbaren  Con- 
trast  (Sen.  Ep.  8,  8  f.)  die  weisen  und  moralischen  Sprüche  von  welchen 
besonders  des  Syrus  Mimen,  vielleicht  unter  dem  Einflüsse  der  griechischen 
Komödie  (vgl.  Plaut.  Rud.  IV,  7,  23  ff.\  förmlich  strotzten.  Doch  ist  diese 
Vereinigung  von  Possenhaftigkeit  und  Altklugheit  volksmässig  (vgl.  W. 
Hertzberg  zu  Juvenal  XV,  16.  S.  336  f.),  und  in  der  Kaiserzeit  vdrd  der 
zweite  Bestandtheil  wohl  minder  hervorgetreten  sein.  Dagegen  persönliche 
Anzüglichkeiten,  wie  sie  schon  früher  der  Mimus  sich  erlaubt  hatte  (Corni- 
ficius  oben  7,  2.  Laberius  V.  7),  nahm  er  sich  jetzt  manchmal  gegen  die 
Höchstgeetellten  heraus.  Capit.  M.  Ant.  8,  1 :  adepti  imperium  ita  civiliter 
se  ambo  egerunt  ut .  .  eos  Marullus,  sui  temporis  mimographus,  cavillando 
impune  perstringeret.  Ib.  29,  1  f.  (ter  —  Tullus).  Maximin.  9,  3  fl*.  Lam- 
prid. Comm.  3,  4  (appcllatus  est  a  mimis  quasi  obstupratus).  Vgl.  Vopisc. 
Aurel.  42,  5. 

5.  Die  Darstellung  der  Mimen  geschah  durch  Einen  Hauptschauspieler. 
Publilius  ciun  mimos  componeret  ingentique  assensu  in  Italiae  oppidis 
agere  coepisset  (Macrpb.  S.  II,  7,  7).  Laureolum  .  .  Lentulus  egit  (Juv. 
VIII,  187).  Doctus  archimimus  .  .  cotidie  in  Capitolio  mimum  agebat 
(Augustin.  civ.  d.  VI,  10).  Neben  diesem  gab  es  auch  actores  secundarum 
(Suet.  CaL  57),  die  jenem  untergeordnet  waren  (Hör.  Ep.  I,  18,  13),  ihn 
blind  nachahmten  (Suet.  1.  1.)  und  die  Schläge  von  ihm  einnahmen  (Jüv. 
V,  171.   VllI,  192.     Martial.  II,  72,  3  f.   V,  61,  11  f.    Arnob.  adv.  g.  VIl,  33). 


Der  Mimus  am  Ende  der  Republik  n.  in  der  Kaiserzeit.  11 

Insbesondere  war  unter  diesen  die  stehende  Rolle  des  stupidua  (Orelli  2(545 
aus  Verona:  Aurelius  Eutyches,  stupidus  greg(is)  urb(anae),  vgl.  ib.  iGOS. 
Juv.  VIII,  197),  dargestellt  capite  raso  (Heinrich  zu  Juv.  V,  171.  S.  219  f. 
Non.  Marc.  p.  6,  25:  calvitur  =  frustratur,  tractum  a  calvis  mimis,  quod 
ßint  Omnibus  frustratui,  Arnob.  1.  L:  delectantur  dii  stupidorum  capitibus 
rasis,  salpiti-anim  sonitu  ac  plausn,  factis  et  dictis  turpibus,  fascinorum  in- 
gentium  rubore).  Festus  s.  v.  salva  res,  die  palliata  einmischend:  secun- 
darum  partium  fuit,  qui  fere  Omnibus  mimis  parasitus  inducitur.  Ebenso 
ungenau  Hieronym.  ep.  ad  Eustoch.  22:  virgines  .  ..  quae  rubore  frontis 
parasitos  vincunt  mimorum.  Dem  Mimus  eigenthümlich  und  eine  Haupt- 
quelle der  Lüderlichkeit  war  die  Darstellung  der  weiblichen  Rollen  durch 
Frauenzimmer,  unter  denen  manche  Mimae  zu  einer  gewissen  Berühmtheit 
gelangten,  wie  Arbuscula,  Dionysia,  Cytheris,  Origo,  Quintilia,  Bassilla  (C.  I. 
gT.  in.  p.  1023);  Claudia  Hermione,  archimima,  Orelli  4760;  Arete  archi- 
mima,  Gruter  p.  380,  4.  —  In  der  Kaiserzeit  ist  an  eine  Beschränkung  in 
der  Zahl  der  Schauspieler  nicht  zu  denken;  vgl.  Petron.  Sat  80:  grex  agit 
in  scena  mim  um,  pater  ille  vocatur,  filius  hie,  nomen  divitis  (vgl.  Sen.  Ep. 
114,  6:  in  mimo  divites  fugitivi)  ille  tenet.  Plut.  de  sol  an.  19:  uium 
nXoxijv  exovzi  .  .  nolvTigocconov.  So  erforderte  der  Laureolus  ein  grosses 
Personal  (Joseph.  Ant.  XIX,  1,  lo).  Auftreten  eines  dressierten  Hundes, 
Plut.  1.  1. 

6.  Kostüm  der  mimi  eine  bunte  Harlekinsjacke,  centunculus  (Appulej. 
apol.  13)  und  keine  calcei  (excalceati,  Sen.  Ep.  8,  8),  daher  planipedes, 
oben  7,  3.  Die  Mimae  ihrem  Charakter  gemäss  aufgeputzt  und  entblöst; 
eigenthümlich,  wie  es  scheint,  das  recinium  oder  ricinium.  Festus  p.  274 — 
276:  recinium  .  .  esse  dixerunt  vir(ilis)  toga(e  simile  vestimentum  quo) 
mulieres  ütebantur,  praetextum  clavo  purpureo,  imde  reciniati  mimi  plani- 
pedes. Vgl.  Varro  L.  L.  V,  132:  antiquissimis  amictui  ricinium,  Non. 
Marc.  p.  542:  ricinum  .  .  palleolmn  femineum  breve.  Serv.  Aen.  I,  '282: 
togas  etiam  feminas  habuisse  cycladmn  et  recini  (Var.  ricini)  usus  ostendit. 
Masken  waren  schon  durch  die  Mimik  ausgeschlossen.  Ueber  die  Rang- 
stufe auf  der  die  Mimi  in  der  Öffentlichen  Schätzung  standen  s.  z.  B.  Vopisc. 
Carin.  16,  7:  mimis,  meretricibus,  pantomimis,  cantoribus  atque  lenonibus 
Palatium  implevit.    Vgl.  Trebell.  Gallien.  21,  6.    Trig.  tyr.  9,  1  u.  A. 

7.  Die  Sprache  der  Mimen  war,  dem  Stoti'e  und  Publicum  entsprechend, 
plebejisch;  über  Laberius  s.  Gellius  XVI,  7.  Als  Versmasse  finden  wir  in 
den  üeberresten  iambische  Senare  und  trochäische  Tetrameter.  Vgl.  La- 
berius V.  55:  versorum,  non  numerum,  numero  studuimus.  Dazu  die  mim- 
iambi  des  Matius  in  Skazonten.  Doch  ist  bei  der  Handlung  des  Mimus 
(z.  B.  den  alapae)  kaum  zu  glauben  dass  alle  Mimen  zu  jeder  Zeit 
durchaus  gebundene  Form  hatten;  vielmehr  wird  diese  sich  wohl  auch 
manchmal  auf  cantica  beschränkt  haben.  Das  Vorhandeniein  solcher  er- 
bellt aus  fiificodoL  (Plut.  Süll.  2).  Die  obscena  cantica  von  welchen  omne 
convivium  strepit  (Quintil.  I,  2,  8)  waren  wohl  hauptsächlich  aus  Mimen. 
Versus  cantare  bei  Capitol.  Maximin.  9,  5.  Auch  salva  res  est  dum  cantat 
senex,  Fest.  p.  326.  Die  Begleitung  durch  die  tibia  galt  wohl  hauptsäch- 
lich der  saltatio;  Festus  p.  276:  ad  tibicinem  saltare;  Gell.  I,  11,  12:  si  ut 
planipedi  saltanti . .  numeros  et  modos . .  tibicen  incineret.    Quintil.  I,  10,  31 : 


12  Sachlicher  Theil. 

non  hanc  (musicen)  a  nie  praecipi  quae  nunc  in  scenis  effeminata  et  im 
piidicis  modis  fracta  non  ex  parte  minima  si  quid  in  nobis  virilis  roboris 
manebat  excidit.  Den  nahen  Zusammenhang  mit  dem  Pantominms  zeigt 
z.  B.  Macrob.  Sat.  II,  7,  13:  cum  canticum  quoddam  saltaret  Hylas  (Panto- 
mime) cuius  clausula  erat  xov  y^tyccv  *Jyafiiiivova;  vgl.  Apulej.  apol.  74 
extr. :  saltandis  fabulis  exossis  plane  et  enervis,  sed,  ut  audio,  indocta  et 
rudi  moUitia.  negatur  enim  quidquam  histrionis  (allgemeiner  Ausdruck) 
habuisse  praeter  impudicitiam.  Auch  im  Pantomimus  fehlten  also  cantica 
nicht,  nur  dass  diese  wohl  nicht  der  Pantomime  selbst  vortrug,  sondern 
sie  hinter  der  Scene  gesungen  wurden. 

8.  Ueber  den  Mimus  im  Mittelalter  vgl.  Grysar  S.  331—337,  und  Kräh- 
ner,  Ztschr.  f.  Alt.  Wiss.  1852,  S.  388  f.:  die  letzten  heidnischen  Priester 
waren  auch  die  letzten  Mimen  und  Joculatoren  (s.  z.  B.  die  Schilderung 
eines  solchen  in  einem  Sermon  des  Maximus  Tauriuensis  bei  Muratori 
Anecd.  IV.  p.  99),  und  die  früheste  Kunde  von  dem  Drama  des  beginnen- 
den Mittelalters  zeigt  uns  dasselbe  als  ein  kirchliches  und  dieselben  Jocu- 
latoren in  seinem  Dienste. 

9,  Die  Atellanen  (Atellanae  fabulae)  sind  benannt  nach 
dem  campanisehen  Landstädtehen  Atella,  in  einer  ursprünglich 
oskischen  Gegend.  Atellanerstücke  bedeuteten  von  Anfang  an 
Krähwink eliaden,  komische  Darstellungen  kleinstädtischen  Trei- 
bens deren  Figuren  allmählich  stehend  wurden.  Nachdem  im 
J.  543  d.  St.  die  Römer  Campaniens  Selbständigkeit  vernichtet, 
die  Landschaft  latinisiert  hatten  gelangte  Sache  und  Name  nach 
Rom,  und  bald  waren  Maccus,  Bucco,  Pappus  u;id  Dossennus 
auch  beim  römischen  Volke  allbekannte  und  beliebte  Gestalten, 
an  die  man  ähnliche,  wie  Manducus,  Mania,  Lamia,  Pytho,  an- 
schloss.  Die  jungen  Römer  mochte  das  neue  Spiel  als  eine 
Art  verbesserter  saturae  anmuten,  und  sie  übten  es  persönlich, 
maskiert,  aus.  Dabei  wurde  höchstens  der  allgemeine  Gang  der 
Handlung  verabredet,  das  Uebrige  der  Improvisation  überlassen. 
Um  so  kunstloser  war  die  Anlage  der  Stücke.  Die  Form  war 
wohl  meist  einfacher  Dialog ,  etwa  mit  eingelegten  Liedern  im 
saturnischen  Masse;  der  Witz  massiv,  die  Gesticulation  lebhaft 
und  gleichfalls  gern  sclunutzig-,  die  (lateinische)  Sprache  plebe- 
jisch gehalten. 

1.  Literatur:  C.  E.  Schober,  über  die  Atellanen,  Leipzig  1825,  und  de 
Atellanis  exodiis,  Breslau  1830.  F.  Weyer,  üb.  d.  At.,  Mannheim  1826. 
Zell,  Ferienaohriften,  IL  S.  139  tf.  Klenze,  philol.  Abhh.  (Berlin  1839)  S.  91— 
105.  E.  Munk,  de  fabulis  Atellanis  (nebst  Sammlung  der  Bruchstücke), 
Breslau  1840.  Th.  Keller,  de  lingua  et  exodiis  Atellanarum,  Bonn  1850. 
Lannoy»  Essai  sur  les  Atellanes  et  sur  quelques  productions  du  thdätro 
populaire  dans  l'ancienne  Rome,  in  den  M^m.  de  la  societe  littfl^raire  de 
Louvain,  V  (1850)  p.  85-130.  Mommsen,  R.  G.  II«.  S.  438—442.  W.  Teuffel 
in  Paul/s  R.  E.  I,  2.  S.  1957-r-1960. 


Die  Atellanen  als  VolksposBC  ii.  Literaturzwoig.  13 

2.  Diomedes  III.  p.  487  P.  =  490,  1  f.  K. :  tertia  species  est  fabularum 
latinarum  quae  a  civitate  Oscoruni  Atella,  in  qua  primiim  coeptae  (un- 
richtig), appellatae  sunt  Atellanae,  argumentis  dictisque  iocularibus.  Momm- 
sen  a.  a.  0.  hält  die  Atellanen  für  ursprünglich  und  uralt  latinisch  und 
die  (seit  643)  latinisierte  Oskerlandschaft  nur  für  ihren  poetischen  Schau- 
platz. Letzteres  stünde  in  einigem  Widerspruch  mit  dem  hohen  Alter, 
sowie  mit  der  allgemeinen  Bezeichnung  der  Atellanen  als  osci  ludi  (Cic. 
Fam.  VU,  1,3),  oscum  ludicrum  (Tac.  A.  IV,  14),  der  stehenden  Figuren 
als  oscae  personae  (Diomed.  III.  p.  488  P.  =  490,  20  K.). 

3.  Maccus  ist  dumm,  gefrässig  und  lüstern,  hat  Eselsohren  u.  s.  w. 
Bucco  arbeitet  mit  der  bucca,  plappernd  imd  fressend.  Pappus  ist  ein 
eitler,  aber  sehr  verblendeter  Alter,  der  von  Frau  und  Sohn  überlistet  wird. 
Dosaennus  (dorsum)  ein  püi^ger  Beutelschneider,  der  dottore. 

4.  Liv.  VIT,  2,  12:  quod  genus  ludorum  (At.)  ab  Oscis  acceptum  tenuit 
iuventus  nee  ab  histrionibus  pollui  passa  est.  eo  institutum  manct  ut  acto- 
res  Atellauarum  nee  tribu  moveantur  et  stipendia  tamquam  expertes  artis 
ludicrae  faciant.     Daraus  in  seiner  Weise  Val.  Max.  II,  4,  4.  p.  71,  12  ff. 

,  Halm.  Fest.  v.  personata,  p.  217  a.  M. :  per  Atellanos,  qui  proprio  vocan- 
tur  personati,  quia  ius  est  üs  non  cogi  in  scena  ponere  personam,  quod 
ceteris  histrionibus  pati  necesse  est.  Als  J.  639  d.  St.  die  Censoren  artem 
ludicram  ex  urbe  removerunt  nahmen  sie  davon  nur  aus  latinum  tibicinem 
et  ludum  atellanum  (M.  Hertz  statt  des  hdschr.  talanum),  Cassiod.  ad  a. 
(S.  620  bei  Mommsen). 

5.  Va^o  Gerontodidascalo :  putas  eos  non  citius  tricas  Atellanas  quam 
id  extricaturos?  Non.  p.  8,  29.  Vgl.  Tertull.  spect.  17:  Atellanus  gesticu- 
lator.  Quintil.  I.  0.  VI,  3,  47:  amphibolia,  neque  illa  obscura  (?  obscena) 
quae  Atellani  e  more  captant. 

6.  Missverständlich  Strabon  V,  3,  6.  p.  233  C:  xiav  "Ocfxcöv  l-AliXoi- 
noTCiv  17  öidlinzog  [tivsi  naga  toig  'Pconatotg,  cüfftf  aal  noLi]fiatci  anrivo- 
ßaxBCa^ai  xar«  ziva  ayoiva  natgiov  xal  ii,iu.oXoys  10%" ai.  Oskisch  wäre  in 
Hom  nicht  verstanden  worden;  vgl.  Liv.  X,  20,  8.  Titin.  v.  104.  Gell.  N. 
A.  XVII,  17,  1.  Macrob.  Sat.  VI,  4,  23.  Vielleicht  kam  dem  Strabon  die 
Sprache  der  rustici  (Varro  L.  L.  VII,  84.  96)  in  den  Atellanen  so  fremd- 
artig vor  dass  er  sie  für  einen  andern  Dialekt  hielt,  verführt  überdiesa 
durch  den  Namen  der  osci  ludi. 

10.  In  der  sullanischen  Zeit  wurde  die  Atellane  durch  Pom- 
ponius  aus  Bononia  und  Novius  aus  einer  Volksposse  zu  einem 
Zweige  der  Kunstdramatik  gemacht,  indem  dieselben  die  Stücke 
vollständig  schriftlich  auszuarbeiten  begannen.  Durch  geord- 
neten Plan,  Charakterzeichnung  und  metrische  Form  wurde  die 
Atellane  nunmehr  den  anderen  Arten  der  Komödie  gleich  und 
war  nur  etwa  burlesker.  Neben  der  Schilderung  des  Volkslebens 
und  persönlichen  Anzüglichkeiten  finden  sich  jetzt  auch  mytho- 
logische Titel.  Seitdem  wurde  die  Atellane  in  Rom  als  Nach- 
spiel verwendet  und  auch  durch  eigentliche  Schauspieler  aufge- 


14  Sachlicher  Theil. 

fiüirt.  Noch  in  der  ersten  Kaiserzeit  bestand  sie  fort  und  hatte 
an  Mummius  einen  Vertreter,  wurde  aber  den  Zeitverhältnissen 
gemäss  immer  stummer  und  gieng  bald  im  Pantomimus  unter. 

1.  Ueber  Pomponiua  und  Novius  s.  unten  §.  125.  —  Cic.  Farn.  IX, 
16,  7  (J.  708):  secunduiu  Oenomaum  Accii  non,  ut  olim  solebat,  Atel- 
lanam,  sed,  ut  nunc  fit,  mimum  introduxisti.  Vgl,  Mar.  Vict.  p.  2527  P. 
und  oben  §.  7,  4.  In  Landstädtchen  wurden  Atellaneu  auch  selbständig 
aufgeführt,  Juv.  III,  175. 

2.  Suet.  Nero  39:  Datus  Atellanarum  histrio  in  cantico  quodam  u.  s.  w.; 
vgl.  Galb.  13:  Atellania  notissimum  canticum  exorsis.  Juv.  VI,  71  f.:  Ur- 
bicus  exodio  risum  movet  Attellanae  gestibus  Autonoes.  OrelU  6682  (aus 
Pompeji) :  Methe  Cominiaes  Atellana.  Tac*  A.  IV,  1 4 :  Caesar  (Tiberius)  de 
immodestia  histrionum  rettulit  .  .  .  oscum  quondam  ludicrum,  levissimae 
apud  volgum  oblectationis ,  eo  flagitiorum  et  virium  venisse  ut  auctoritate 
patrum  coercendum  sit.  Vgl.  Suet.  Tib.  45  extr.  Calig.  27  extr. :  Atellanae 
poetara  (den  Mummius?)  ob  ambigui  ioci  versiculum  media  amphitheatri 
arena  igni  cremavit.  —  Macrob.  Sat.  I,  10,  3:  Mummius,  qui  post  Novium 
et  Pomponium  diu  iacentem  artem  Atellaniam  suscitavit.  —  Spartian.  Hadr.  ^ 
26,  4:  in  convivio  tragoedias,  comoedias,  Attellanas  .  .  semper  exhibuit 
(Hadrian).  Tertull.  de  spectac.  17.  Arnob.  adv.  gent.  VII,  33.  Ueber  das 
Verhältniss  zum  Mimus  s.  oben  8,  3.  Vgl.  L.  Priedländer,  Sittengesch. 
Roms  IP.  S.  297  f. 

11.  Zur  Volkspoesie  gehört  bei  den  Römern  ^Ues  was 
in  der  Zeit  vor  Einführung  kunstmässiger  Poesie,  also  vor  An- 
dronikus  und  dem  Jahre  514  d.  St.,  in  gebundener  Form  (dem 
saturnischen  Rhythmus)  bei  ihnen  vorhanden  war.  Auch  man- 
ches aus  der  literarischen  Zeit  Ueberlieferte  reicht,  nach  Bestim- 
mung und  Art,  in  die  ältere  zurück.  Aus  der  Kaiserzeit  ge- 
hören hieher  vorzugsweise  Pasquille  und  sonstige  Gelegenheits- 
-  gedichte  mit  Hinneigung  zum  Accentuieren  und  Gleichgültigkeit 
gegen  den  Hiatus.  Daher  auch  die  für  den  Gebrauch  und  das 
Yerständniss  des  Volks  berechneten  christlichen  Kirchenlieder 
in  gleicher  Weise  gehalten  sind. 

1.  Aufzählung  der  Erscheinungen  in  gebundener  Form  aus  der  Zeit 
vor  Andronikus  unten  §.  51  ff. 

2.  Aus  der  literarischen  Zeit  reichen  wohl  weiter  zurück:  a)  volks- 
thümliche  Liebeslieder,  wie  eines  bei  Hör.  S.  I,  5,  15  f.  angedeutet  ist. 
Kunstproducte  aber  sind  Ständchen  Lieder  bei  Plaut.  Cure.  I,  2,  60  ff.  (in 
Kretikern),  Hör.  0.  III,  10  und  Ovid  Amor.  I,  6.  —  b)  Wiegenlieder;  s.  Schol. 
Pers.  III,  16:  quae  infantibus,  ut  dormiant,  solent  dicere  saepe:  lalla,  lalla, 
lalla,  aut  dormi  aut  lacte,  wofiir  wohl  latta  zu  setzen;  daher  lallare  bei 
Pers.  III,  18  u.  Auson.  epist.  XVI,  00  f.:  nutricis  inter  lemmata  Lallique 
somniferos  raodos.  —  c)  Lieder  bei  Kinderspielen,  Hör.  Ep.  I,  1,  59  f  u. 
II,  3,  417  (mit  Schol.},  woraus  wohl  (s.  L.  Müller,  in  Fleckeisens  Jahrb. 


h 


Volkspoesie  der  Uöiner.    Kunstdrama.  15 

89,  S.  484)  die  Verse  zu  gestalten :  habeat  scabiem  quisquis  ad  nie  veuerit 
Dovissimus.  R^x  erit  qiii  recte  faciet;  qui  nou  faciet  n6n  erit.  Auch  Mä- 
luin  consiliiuu  cönsultori  [semper  ipsijst  Pessimum.  Dergleichen  Sentenzen 
konnten  übrigens  auch  aus  der  Literatur  (wie  des  Syrus  Mimen)  in  den 
Volksmund  übergehen  und  zu  Sprüchwörtern  werden.  —  d)  Spottlieder 
auf  verspätete  Feldarbeiter  Hör.  S.  I,  7,  '28  fF.  mit  Auson.  Mosell.  160: 
navita  labeus  .  .  probra  canit  seris  cultoribus),  auf  Geizhälse  (Plaut.  Trin. 
350  ff.  R  :  elvi  immuni  sein  quid  cantari  solet?  „Quöd  habes  ne  habeäs  et 
illuc  quod  nön  habes  habeas  malum,  Quandoquidem  nee  tibi  bene  esse  p6te 
pati  neque  älteri".  Dagegen  erweist  sich  durch  Inhalt  und  Ausdruck 
als  spät  das  Recept  für  gulones  bei  Macrob.  S.  VII,  12*  9:  mülsum  quod 
probe  tämperes  Miscendumst  novo  Hym^ttio  ßt  vetulo  Falt^rno. 

3.  Auch  in  den  volksmässigen  Ergüssen  aus  der  Kaiserzeit  tritt  Vor- 
liebe für  den  (der  lat.  Sprache  naturgemässen)  trochäischen  Tetrameter 
zu  Tage.  In  diesem  Masse  gehalten  sind  die  Pasquille  aus  dieser  Zeit  bei 
Sueton.  Caes.  80  (vgl.  49.  51),  Schol.  Juv  V,  3.  Vgl.  Suet.  Caüg.  6.  Vopisc. 
Aurel.  6,5.  7,  2.  Kunstreichere,  aus  den  gebildeteren  Kreisen  hervorge- 
gangene, haben  das  Mass  des  Epigramm:  Suet.  Oct.  70.  Tib.  59.  Cal.  8. 
Ner.  39.  Dom.  14.  23.  Vgl.  Schol.  Hör.  S.  I,  7,  20.  Ein  epigrammatarius 
bei  Vopisc.  Florian.  IG,  3.  Vgl.  G.  H.  Bernstein,  versus  ludicri  in  Rom. 
Caesares  priores  olim  compositi,  Halle  181().  Zell,  Ferienschiiften  II.  S.  165 
— 169.  Was  (nach  Festus  p.  285  M  )  retiario  adversus  mirmillonem  pugnanti 
cantatur  wird  gewöhnlich  sotadisch  gemessen,  lässt  sich  aber  wohl  auch 
Yolksmä^sig  satumisch  auffassen :  Non  t6  pet6,  pisce'm  petö :  quid  me  fügis, 
Galle?  —  Von  Kirchenliedern  vgl.  Dies  irae,  dies  illa  etc.  Äpparebit  rd- 
pentina  Dies  magna  dömini  u.  s.  w.  Bald  machte  sich  auch  der  Reim 
geltend,  wie  in  den  zwei  römischen  Volksgedichten  aus  dem  sechsten  Jahrh. 
bei  Gregorovius,  Gesch.  d.  St.  Rom  I.  S.  372  f. 

4.  Zell,  Ferienschritten  II.  S.  97  ff.  Edelestand  du  M^ril ,  podsies  po- 
polaires  latines  antdrieures  au  douzieme  siecle,  Paria  1843.  W.  Teuffei,  in 
Pauly's  R.  E.  VI,  2.  S.  2736—2738.  Westphal,  allg.  griech.  Metrik  (Leipzig 
1865)  S.  270  ff. 

12.  Das  Kuiistdrama,  welches,  zuerst  unter  allen  Gat- 
tungen von  Kunstpoesie,  zu  Anfang  des  sechsten  Jahrh.  in  Rom 
importiert  wurde,  ward  bald  nach  der  ernsten  wie  der  heiteren 
Seite  hin  eifrig  bearbeitet,  bald  mit  mehr  bald  mit  weniger 
Selbständigkeit.  Doch  überwogen  weitaus  die  zur  Belustigimg 
dienenden  Arten,  die  palliata,  Rhinthonica,  togata  (einschliess- 
lich der  trabeata  und  der  tabernaria),  der  mimus  (nebst  plani- 
pedia  oder  riciniata),  wozu  noch  kommen  die  Atellanen  in  ihrer 
zweiten  Gestalt.  Auf  der  ernsten  Seite  ist  neben  der  Tragödie 
nur  die  praetexta  zu  nennen. 

1.  Donat. »de  com.:  Fabula  generale  nomcn  est;  eins  duae  primae  par- 
tes sunt  tragoedia  et  comoedia.  Caesius  Bassus  de  metr.  p.  2672  P.  zählt 
auf:   tragoedia,  praetextata,  comoedia,  tabernaria,  Atellana,  Rhinthonica, 


16  Sachlicher  Theil. 

mimi.  Donatus  l.  1.:  coraoecliarum  forinae  sunt  tres:  pälliatae,  graecuin 
habitum  referentes,  togatae,  iuxta  formam  personarum  habitum  togarum 
desiderantes  .  .  Atellanae  etc.  und:  comoedia  luultas  species  habet:  aut 
eniiu  palliata  est  aut  togata  aut  taberuaria  aut  Atellana  aut  mimus  aut 
Rhinthonica  aut  planipedia.  (Euanth.)  de  trag,  et  com. :  illud  vero  tenen- 
dum  est,  post  viav  TtoficoSiav  Latinos  multa  fabularum  genera  protulisse, 
ut  togatas,  a  scenicis  atque  argumentis  latinis;  praetextatas  .  . ;  Atellanas, .- . ; 
Rhinthonicas,  ab  auctoris  nomine;  tabernarias,  ab  humilitate  argumenti  et 
stili;  mimos,  ab  diuturna  imitatione  vilium  rerum  et  levium  personarum. 
Lyd.  de  magg.  1,40:  ^  ticafjLcaSCa  zB(iv£Tai  sig  imd,  slg  nalXLcczav,  Toya- 
zccvj  'ArsXldvTjVy   taßsQvagCctv ,  ^Pivd'capiniiv,   nXavmsSccQiav  ticcI  fiLfiLTii^v. 

2.  Über  sämmtliche  Gattungen  enthält  werthvolle  Nachrichten  (ge- 
mischt mit  verkehrten)  theils  Diomedes  ars  gramm. ,  B.  III.  p.  484—489  P. 
=  487—492  Keil,  theils  der  Aufsatz  de  tragoedia  et  comoedia,  wovon  die 
erste  Hälfte  wahrscheinlich  Euanthius  zum  Verfasser  hat,  die  zweite  Hälfte 
von  Westerhov  als  fragmentum  Donati  (de  comoedia)  herausgegeben  ist; 
das  Ganze  abgedruckt  auch  in  Zeune's  Ausg.  des"  Terenz,  I.  p.  XXV — 
XXXIV. 

13.  Die  Tragödie  verlief  bei  den  Römeru  in  durchgängiger 
Abhängigkeit  von  den  Griechen.  Zwar  hätte  es  im  Charakter 
der  Römer,  ihren  Einrichtungen  und  ihrer  Geschichte  nicht  an 
Umständen  gefehlt  welche  für  die  Hervorbringung  einer  selb- 
ständigen tragischen  Poesie  günstig  gewesen  wären;  aber  die 
poetische  Kraft  zur  Gestaltung  solcher  Stofi'e  war  bei  ihnen  doch 
nicht  vorhanden,  am  wenigsten  zu  der  Zeit  wo  erstmals  ihnen 
Tragödien  vorgeführt  wurden.  Diese  waren  Uebersetzungen  aus 
dem  Griechischen,  bei  Andronikus  noch  roh  gearbeitet,  mit  zu- 
nehmender Güte  und  Selbständigkeit  bei  Nävius,  Ennius,  Pacu- 
vius,  Attius.  Gravitätisch  waren  diese  Tragiker  der  Republik 
alle,  in  Haltung  der  Charaktere  wie  Gedanken  und  Sprache,  nur 
dass  sie  bald  in  Schwulst  ausarteten,  bald  in  Trivialität  herab- 
glitten und  ihre  Verse  schwerfällig  bauten.  Dasselbe  dürfen 
wir  voraussetzen  von  den  Tragödien  des  Atilius,  C.  Titius,  C. 
Julius  Caesar  Strabo,  Varro,  Q.  Cicero,  Cassius  aus  Parma,  Asi- 
nius  PoUio,  von  vsrelchen  Letzterer  jedoch,  wie  es  scheint,  im 
Stoffe  selbständig  war.  Die  Verfeinerung  der  Technik  in  der 
«augusteischen  Zeit  wirkte  auch  auf  die  Tragödie  und  zeigte 
sich  gewiss  ebenso  in  des  L.  Varius  Thyestes,  Ovids  Medea  wie 
bei  Turranius,  Gracchus,  Mam.  Scaurus,  Pomponius  Secundus 
und  in  den  Tragödien  des  Seneca.  Aber  in  demselben  Masse 
verzichteten  diese  Dichter  auf  populäre  Wirkung,  und  immer 
mehr  überwucherte  die  Phrase.  Unter  den  Tragödienschreibern 
der  späteren  Zeit  ist  nur  Curiatius  Maternus  von  einiger  Bedeutung. 


Die  Tragödie.  17 

1 .  Die  früheren  Sammlungen  der  fragmentarischen  Ueberreste  (znletzt 
in  Bothe'a  Poetae  scenici  latini)  aind  veraltet.  Tragicormn  latinorum  reli- 
quiae,  recensoit  0.  Ribbeck.  Lips.  1852.  (mit  quaestiones  scenicae  und  einem 
Wörterverzeichniss.) 

2.  T.  Baden,  de  causis  neglectae  a  Romanis  tragoediae,  Götti.  1789. 
H.  Planck  vor  seiner  Ausg.  der  Medea  des  Ennius  (Götti.  1807.  4)  p.  9 — 66. 
G.  Köpke,  Warum  sind  die  Römer  gegen  die  Griechen  im  Trauerspiel  zu- 
rückgeblieben? in  Seebodes  N.  Archiv  1826,  S.  146 — 161  und  vor  seiner 
Uebersetzung  des  Plautus.  A.  G.  Lange,  Vindiciae  tragoediae  rom.,  Lips. 
1822.  4  imd  in  seinen  Vermischten  Schriften  (Leipzig  1832)  p.  15  ff.  W.  Re- 
gel, virorura  doctorum  de  re  tragica  Rom.  iudicia  etc.  Götti.  1834.  4  und: 
res  tragica  Rom.  retractat^,  Lüneburg  1845.  4.  Th.  Ladewig,  Analecta 
scemca,  Neustrelitz  1848.  4.  Ganz  besonders  aber  F.  G.  Welcker,  die  grie- 
chiBchen  Tragödien  n.  s.  w.  (Rhein.  Mus.  Suppl.  II,  3.),  Bonn  1841,  S.  1332— 
1484.  Ueber  die  Tragödie  in  der  Kaiserzeit  auch  L.  Friedländer,  Sitten- 
geschichte Roma  II«.  S.  308—314. 

3.  Die  Zahl  der  uns  irgendwie  bekannten  Dichter  von  Tragödien  be- 
läuft  sich  höchstens  auf  36;  die  der  Stücke  auf  höchstens  150  (vgl.  Ribbeck 
p.  435 — 437);  erhalten  sind  nur  die  des  Seneca.  Allgemeine  Beurteilung 
bei  Quiutil.  X,  1,  97:  tragoediae  scriptores  veterum  Attius  atque  Pacuvius 
clarissimi  gravitate  sententiarum,  verborum  poudere,  auctoritate  persona- 
ram.  Ceterum  nitor  et  summa  in  excolendis  operibus  manus  magis  videri 
potest  temporibus  quam  ipsis  defuisse.  .  .  (98.)  lam  Varii  Thyeetes  cuili- 
bet  graecarum  comparari  [?]  potest.  Ovidii  Medea  videtur  mihi  ostendere 
quantum  ille  vir  praestare  potuerit  si  ingenio  suo  imperarc  quam  indul- 
gere  maluisset.  Eorum  quos  viderim  longo  princeps  [?]  Pomponius-Se- 
cunduB. 

4.  Auch  die  Tragödie  bestand  aus  ruhigeren  und  bewegteren  Partien, 
Dialog  und  Gesang,  diverbium  und  cautica.  Vgl.  Donat.  de  trag,  et  co- 
moed. :  diverbia  histrioues  pronuntiabant.  cantica  vero  temperabantur  mo- 
dis  non  a  poeta,  sed  a  ^rito  artis  musicae  factis.  Der  Dialog  war  über- 
wiegend im  iambischen  Trimeter  gehalten ,  der  aber  in  der  republikanischen 
Zeit  an  allen  Stellen  ausser  der  letzten  sich  Spondeen  (bzhgsw.  Anapäste 
and  Daktylen)  gestattete  und  erst  von  der  augusteischen  Zeit  an  rein  ge- 
halten wurde.  Die  cantica  zeigen  wenig  metrische  Manchfaltigkeit;  am 
häufigsten  sind  Anapäste  und  Kretiker,  daneben  troch.  und  iambische 
Tetrameter,  auch  daktylische  Verse.  Diese  wurden  von  der  tibia  begleitet 
(Cic.  orat.  65,  184  de  or.  I,  60,  254.  Tusc.  I,  44,  107.  Hör.  Ep.  II,  3,  215), 
ond  Geübtere  konnten  schon  aus  der  Ouvertüre  des  tibicen  das  Stück  er- 
kennen welches  gegeben  wurde  (Cic.  Acad.  pr.  II,  7,  20  vgl.  de  or.  III, 
50, 196).  In  der  dceronischen  Zeit  kamen  durch  den  ausgezeichneten  Schau- 
spieler Aesopua  die  Tragödien  (bes.  des  Pacuvius  und  Attius)  sehr  in  Auf- 
nahme; 8.  z.  B.  Cic.  p.  Seat.  66.  Pin.  V,  22,  63.  Tusc.  I,  44,  106.  LaeL  7, 
24.  Andere  tragoediarum  actores  sind  Rupilius  (Cic.  off.  I,  31,  114),  Ca- 
tienuB  und  Fufius  (Hör.  S.  II,  3,  60  f.),  Apelles  (Suet.  Calig.  33),  Glyko 
(Per«.  V,  9),  Apollinaris  (Suet.  Vesp.  19).  Dass  noch  Seneca  die  Regel  von 
den  drei  Schauspielern  beobachtet,  also  doch  wohl  an  AufFührung  seiner 

Teaffel,  RGm.  Lileraturgeschichte.  2 


18  Sachlicher  Theil. 

Tragödien  dachte,  hat  H.  Weil  nachgewiesen,   Revue   arch^ol.    1866.    I. 
p.  21—36. 

5.  Einen  Chor  in  der  Weise  der  Hellenen  können  die  Römer  schon 
darum  nicht  gehabt  haben  weil  bei  ihnen  die  orchcstra  durch  den  Senat 
besetzt  war.  Chorische  Orchestik  ist  dadurch  ausgeschlossen,  nicht  aber 
zeitweiliges  Erscheinen  und  Zusammensingen  einer  Mehrheit  von  Schau- 
spielern (catervae  atque  concentus,  Cic.  de  or.  III,  50,  19G;  vgl.  Columella 
XII,  2)  auf  der  Bühne,  deren  pidpitum  eben  darum  breiter  war  (Vitruv. 
V,  5).  Bei  den  älteren  römischen  Tragikern  ist  irgendwelche  Nachbildung 
der  Chorlieder  schon  desshalb  wahrscheinlich  weil  sie  überhaupt  Uebersetzer 
sind;  dazu  kommen  Titel  wie  Bacchae,  Eumenides  (vgl.  Cic.  p.  Rose.  Am. 
24,  66  f.  in  Pis.  20,  46),  Hellenes,  Myrmidones,  Phinidae,  Phoenissae, 
Stasiastae,  Troades,  sowie  zahlreiche  einzelne  Spuren.  So  setzt  die  Er- 
zählung von  Lucullus  bei  Hör.  Ep.  I,  6,^40  ff.  (vgl.  Plut.  Luculi.  39:  argccT- 
rjyov  nots  qfilotifiovfiBvov  nsgl  &iag  yial  x^Q^  ^^^^  TioGfiov  airovfiivov 
7C0Qq>vQccg  ;|rXa|Liv^ag)  einen  Chor  voraus.  So  sang  in  der  Ino  des  Andro- 
nikus  chorus  hynmum  Triviae  (Ter.  Maur.  1934) ,  waf  im  Ly curgus  des  Nä- 
vius  ein  Chor  von  Bacchae,  in  der  Iphigenia  des  Ennius  ein  chorus  (Gell. 
XIX,  10,  12),  ebenso  in  dessen  Medea  (fr.  14  =  Eur.  Med.  1251  tf.);  bei 
Pacuvius  ein  stasimum  (Mar.  Vict.  p.  2622  P.)  und  in  Antiopa,  Chryses, 
Niptra  gleichfalls  Chorähnliches.  Einen  chorus  Proserpinae  erwähnt  Varro 
L.  L.  VI,  94.  Spärlicher  sind  die  betreffenden  Anzeichen  bei  Attius,  doch 
deutlich  in  den  Bacchae  und  im  Philocteta.  Auch  Pomponius  Secundus 
(Ter.  Maur.  1965  ff.' 2135  ff.  Mar.  Vict.  p.  2564  P.)  und  Seneca  hätten  ihre 
Chorpartien  ohne  den  Vorgang  der  A  eiteren  wohl  nicht  gedichtet.  Vgl. 
überhaupt  Grysar,  über  das  canticum  und  den  Chor  in  der  römischen  Trag- 
ödie, Wien  1855  =  Abhh.  der  Wiener  Ak.  XV.  S.  365—423  (das  canti- 
cimi  S.  367—383;  der  tragische  Chor  S.  384—403;  die  Kitharöden  und  die 
cantores  tragoediarura  in  der  Kaiserzeit,  S.  403 — 423). 

14.  Die  national-römische  Tragödie  ist  die  (tabula)  p r ac- 
te xta,  welche  in  Ermanglung  eines  einheimischen  Heroenmy- 
thus historische  Stoffe  behandelte  und  meist  von  solchen  Dichtem 
bearbeitet  wurde  welche  zugleich  Tragödien  (mit  griechischem 
Stoffe  und  nach  griechischen  Originalen)  verfassten.^  So  Nae- 
vius  (Clastidium;  Romulus),  Ennius  (Ambracia;  Sabinae?),  Pa- 
cuvius (Paullus),  Attius  (Aeneadae,  s.  Decius;  Brutus),  Curiatius 
Maternus  (Cato,  Domitius  Nero?);  ausserdem  Baibus  ein  Iter  ad 
Lentulum,  Persius  einen  Restio  (?),  ein  unbekannter  Dichter 
(Cassius?)  einen  Marcellus.  Auch  die  Octavia  gibt  sich  als  eine 
praetexta.  Form  und  Charakter  der  praetexta  war  der  Tragödie 
nachgebildet  und  nur  der  Ton,  entsprechend  dem  StoflFe,  etwas 
weniger  hoch  gehalten. 

1.  Die  Form  praetexta  haben  Asinius  Pollio  (bei  CHc.  Fam.  X,  32,  3. 
ö),  Horatius  (Ep.  II,  3,  288),  Probus   (vita  Persii,  p.  237  Jahn),  Festus 


Die  Prtltexta.  Die  Palliata,  ihre  Geschieht«.  19 

(p.  223  vgl.  p.  3Ö2,  a.  M.);  die  Bezeichnung  als  praetextata  ist  bei  den  spä- 
teren Grammatikern  die  vorherrschende." 

2,  Diomedes  p.  487  P.  =  489,  24  ff.  K.:  prima  species  est  togatarum 
(nationale  Dramen)  quae  praetextatae  dicuntur,  in  quibus  imperatoriira 
negotia  agebantur  et  publica  et  reges  romani  vel  duces  inducuntur,  per- 
sonarum  dignitate  et  sublimitate  tragoediis  sirailes.  praetextatae  autem 
dicuntur  quia  fere  regum  vel  magistratuum  qui  praetexta  utuntur  in  eius- 
modi  fabulis  acta  comprehenduntiu*.  (Vgl.  praetextati  in  magistratibus, 
in  sacerdotüs,  bei  Liv.  XXXIV,  7.  Auch  Non.  Marc.  p.  641:  praetexta,  in- 
signe  romanmn,  quod  supra  tunicas  honorati  quique  sumunt.)  Donatus  de 
cornoedia:  tragoedia,  si  latina  argumentatio  sit,  praetextata  dicitur.  Eu 
anth.  de  trag,  et  com.:  praetextatas ,  ab  dignitate  personarum  et  latina 
historia.  Lydus  de  magg.  I,  40:  i}  xqaytpSCa  zifivsTai  eig  7iQrj7ci8dzav  yiccl 
Tigairf^tciTav'  av  17  f*iv  tiQTjniddTa  iXXrjvindg  ^%si  vno&iaeig^  ry  dl  ngai- 
Ts^rdta  Qfofia'Cxdg.  Daher  kann  Tac.  dial.  2  den  Cato  des  Curiatius  Ma- 
temus (ungenau)  als  tragoedia  bezeichnen.  Die  praetextae  meint  mit  seinen 
togatae  Sjen.  Ep.  I,  8,  8;  s.  unten  17,  1. 

3.  Sammlang  der  üeberreste  bei  J.  H.  Neukirch,  fab.  tog.  p.  71—95 
und  Ribbeck,  trag.  p.  235—240,  vgl.  p.  348—351.  F.  G.  Welcker,  die  griech. 
Tragödien  (1841)  S.  1344—1347.  1388  tf.  1402  f. 

15.  Unter  den  Arten  der  Komödie  (vgl.  12)  ist  die  früheste 
die  palliata,  d.  h.  die  mit  griecliischem  Stolt'e  und  nach  grie- 
chischen Originalen,  insbesondere  der  neuen  attischen  Komödie, 
gearbeitete.  Sie  beherrscht  das  ganze  sechste  Jahrh.  d.  St.  Zu 
ihr  gehören  Andronikus,  Naevius,  Plautus,  Ennius,  Trabea,  Ati- 
lius,  Licinius  Imbrex,  Juventius,  Statins  Caecilius,  Luscius  La- 
nuvinus,  Terentius,  Plautius,  Turpilius.  Diese  Namenfolge  stellt 
einerseits  einen  Fortschritt  dar  in  Verfeinerung  der  äusseren 
Form,  andererseits  eine  Abnahme  der  Selbständigkeit  gegenüber 
von  den  griechischen  Originalen.  Die  altern  Palliatendichter 
suchten  durch  allerlei  Zuthaten,  locale,  zeitliche,  vergröbernde, 
die  Stücke  dem  Geschmacke  ihres  Volkes  anzupassen;  die  spä- 
teren, wie  Terenz,  verschmähten  diess,  verloren  aber  darüber 
die  Fühlung  mit  dem  Volke,  das  sich  lustigeren  Gattungen  zu- 
wandte, den  togatae,  Atellanen  und  mimi.  In  Folge  dessen  er- 
losch die  Hervorbringung  von  Palliaten  und  musste  die  Bühne, 
wenn  sie  solche  aufführen  wollte,  auf  die  ältere  Literatur  zurück- 
greifen. So  erhielten  sich  besonders  die  Stücke  des  Plautus  und 
Terenz  bis  in  die  Kaiserzeit  hinein  auf  der  Bühne.  Was  in 
letzterer  Zeit  selbst  Derartiges  hervorgebracht  wurde,  wie  von 
Vergilius  Homanus  und  M.  Pomponius  Bassulus,  blieb  auf  enge 
Kreise  beschränkt  und  ohne  Wirkung. 

1.  Diomed.  III.  p.  486  f.  P.  =  489,  18  K. :  graecas  fabulas  ab  habitii 

2* 


20  Sachlicher  Theü. 

palliatas  Varro  ait  nominari.  Vgl.  Plaut.  Cure.  II,  3,  9:  isti  Graeci  pal- 
liati  etc.  Pallium  graecanicum  (Suet.  Dom.  4)  =  tfidtiov  sllrjviTiov  (Lu- 
kian.  raerc.  cond.  26).  Auch  wurde  die  Palliata  schlechtweg  comoedia  ge- 
nannt und  ihre  Dichter  comici.  Vgl.  Ritschi,  Parerga  S.  189.  So  Dio- 
med.  III.  p.  488  P.  =  490,  14  fF.  K. :  togata  tabemaria  a  comoedia  differt, 
quod  in  comoedia  graeci  ritus  inducuutur  personaeque  graecae  .  .,  in  illa 
vero  latinae  .  .  Terentius  et  Caecilius  comoedias  scripserunt.  So  nennt 
Quintil.  XI,  3,  178  als  maximos  actores  comoediarum  seiner  Zeit  den  De- 
metrius  und  Stratokies,  wo  die  nähere  Beschreibung  und  182  zeigt  dass 
Palliaten  gemeint  sind.  Ebenso  Fronto  Ep.  p.  54  und  211  N.  (comoedias, 
atellanas).  106  (sententias  comes  ex  comoedis)  u.  A. 

2.  Die  alte  attische  Komödie  war  zu  eng  mit  ihrer  Zeit  verwachsen 
als  dass  sie  für  eine  andere  Nation  und  Zeit  zur  Nachbildung  sich  geeig- 
net hätte ;  die  mittlere  aber  ist  eine  blose  üebergangsform.  Dagegen  die 
neue  war  zeitlich  die  nächste,  im  sechsten  Jahrh.  d.  St.  allein  noch  auf 
der  Buhne,  und  durch  ihre  typische  Charakterzeichnung  und  allgemein 
menschliche  Haltung  vorzugsweise  für  die  üebertragijng  auf  fremden  Bo- 
den geeignet.  Innerhalb  derselben  besonders  Menander,  dann  auch  Diphi- 
los,  Philemon.  Andere  bei  Gell.  II,  23,  1:  comoedias  lectitamus  nostrorum 
poetarum  sumptas  ac  versas  de  Graecis,  Menandro  aut  Posidippo  aut  Apol- 
lodoro  aut  Alexide  et  quibusdam  item  aliis  comicis.  —  Bugge,  causas 
nonnullas  neglectae  apud  Romanos  comoediae  Graecorum  veteris  et  me- 
diae  ex  ipsa  civitatis  romauae  forma  eruere  conatus  est,  Christiania  1823. 
—  üeber  den  Untergang  der  pall.  in  der  Kaiserzeit  M.  Aurel.  comm.  XI, 
6:  ij  via  ii(OficoS£a  nqoq  zi  noTS  naQsilrjnzai  rj  %ax*  oUyov  inh  xr^v  in 
fiifiTjaittg  tpiloxB%v£av  vnsggvrj;  Wohl  blose  Stilübung  war  der  Versuch 
des  Surdinus,  ingeniosus  adolescens  (in  der  augusteischen  Zeit),  a  quo 
graecae  fabulae  eleganter  in  sermonem  latinum  conversae  sunt  (Sen.  suas. 
VII,  12.  p.  43  f.  Bu.).  Comoedias  audio  bei  Plin.  Ep.  V,  3,  2  ist  wohl  von 
recitierten  (wie  des  VergiUus  Romanus)  zu  verstehen. 

3.  Die  Ueberreste  der  Palliatendichter  (ausser  Plautus  und  Terenz) 
ausser  Bothe's  Poetae  scenici  lat.  bes.  bei  0.  Ribbeck,  Comicorum  latino- 
rum  .  .  reliquiae  (Lipa.  1855),  p.  3 — 112.  Wunderliche  Location  der  Pal- 
hatendichter  (Caecilius  Statins,  Plautus,  Naevius,  Licinius,  Atilius,  Teren- 
tius, Turpilius,  Trabea,  Luscius,  Ennius)  von  Volcatius  Sedigitus  bei  Gel- 
üus  XV,  24.  Vernunft  darein  zu  bringen  bemühte  sich  vergeblich  Th.  La- 
dewig, ilber  den  Kanon  des  Volc.  Sed.  Neustrelitz  1842.  4.  Vgl.  Ritschi  in 
Reifferscheids  Sueton  p.  601  f  H.  Iber,  de  Volcati  Sedigiti  canone,  Mün- 
ster 1865.    48  pp.  8. 

16.  Aus  der  neueir  Komödie  nahm  die  palliata  nicht  Mos 
Handlung,  Charaktere,  Oekonomie  und  äussere  Form  sondern 
auch  die  Blasiertheit  und  den  sittlichen  Nihilismus  und  hat  da- 
durch zur  Lockerung  der  Sitten  Roms  nicht  wenig  beigetragen. 
Insbesondere  der  Prolog,  Epilog  und  auch  wohl  die  Eintheilung 
in  Acte  stammt  aus  den  attischen  Vorbildern.  Da  die  Palliata 
einen  Chor  so  wenig  kennt  wie  die  neue  Komödie,  so  zerfällt 
das  einzelne  Stück  in  Dialogpartien   (diverbia)    und  Monodien 


Nähere  Charakteristik  der  Palliata.  21 

(cantica).  In  jenen  haben  die  Palliatendichter,  für  ihr  Publi- 
cum, die  Redseligkeit  ihrer  Originale  gekürzt  und  dafür  die 
Handlung  vermehrt,  namentlich  durch  das  Mittel  der  Con- 
tamination,  zumal  da  sie  in  der  Zahl  der  Schauspieler  sich  we- 
niger beschränkt  sahen  als  ihre  Vorbilder.  Der  Dialog  ist  meist 
im  iambischen  Senar  gehalten,  für  die  cantica  sind  (ausser  Sep- 
tenaren)  Kretiker  und  Bacchien  besonders  häufig,  letztere  ver- 
hältnissmässig  streng,  die  Senare  in  prosodischer  Hinsicht  mit 
zahlreichen  und  starken  Zugeständnissen  an  die  volksmässige 
Aussprache.  Der  Vortrag  der  cantica  wurde  von  der  tibia  be- 
gleitet. Masken  hatten  die  Schauspieler  erst  seit  der  Zeit  des 
Teren«. 

1.  Ueber  das  Yerhältniss  der  palliata  zur  neuen  Komödie  s.  besonders 
Mommsen  R.  G.  I*.  S.  883 — 885  und  W.  Hertzberg  vor  seiner  üebersetzung 
plautinischer  Stücke  1[Stuttgart  1861)  S.  IX— XXXII.  Die  Charaktere  bei- 
der Gattungen  sind:  geizige  Väter,  leichtsinnige  Söhne,  listige  Sklaven, 
geld-  und  liebesüchtige  Hetären,  plumpe  und  aufschneiderische  Kriegs- 
manner,  hungerleiderische  Parasiten,  lauter  Symptome  einer  überreifen, 
der  Fäulniss  nahen  oder  schon  darein  übergegangenen  Cultur.  Isidor. 
Orig.  XVin,  46:  comoedi  sunt  qui  privatorum  hominum  acta  dictis  ac 
gestu  canebant  atque  stupra  virginum  et  amores  meretricum  in  suis  fabu- 
hs  exprimebant. 

2.  Euanth.  de  tr.  et  com.:  comoediae  aut  motoriae  sunt  aut  stata- 
riae  aut  mixtae.  motoriae  (sunt)  turbulentae,  statariae  quietiores,  mixtae 
ex  ntroque  actu  consistentes.  Dabei  fallen  die  plautinischen  so  ziemlich 
alle  den  motoriae  zu,  von  Terenz  die  meisten  den  mixtae,  Phormio  den 
motoriae,  Hautontim.  den  statariae  (Haut.  prol.  36).  Damach  auch  die 
Schauspieler  (vgl.  Donat.  zu  Ter.  Ad.  prol.  24  nebst  Quintil.  XI,  3,.  178) 
und  weiterhin  die  Redner  (Cic.  Brut.  30,  116.  68.  239)  in  statarii  und  mo- 
torü  eingetheilt. 

3.  Diomedes  HI.  p.  489  P.  =  491 ,  29  f.  K. :  latinae  comoediae  chorum 
non  habent,  sed  duobus  membris  tantimi  constant,  diverbio  et  cantico. 
primis  autem  temporibus,  sicuti  adserit  Tranquillus,  omnia  quae  in  scena 
versantur  in  comoedia  agebantur.  nam  et  pautomimus  et  pythaules  et 
choraules  in  comoedia  canebant  (der  pantomimus  wohl  in  Folge  der  Schei- 
dung von  Gesang  und  Actiou;  vgl.  Liv.  YII,  2,  10:  inde  ad  manum  cantari 
faistrionibus  coeptum  diverbiaque  tantum  ipsorum  voci  relicta).  Allmählich 
aber  habe  sich  eine  Sonderung  von  histriones  (actores  comoediarum),  *  mimi 
und  tibicines  vollzogen.  Derselbe,  p.  491,  23  ff.  Keil:  personae  diverbio- 
rom  aut  duae  aut  tres  aut  raro  quattuor  esse  debent,  ultra  auger e  nume- 
rom  non  licet,  in  canticis  autem  una  tantum  debet  esse  persona  aut,  si 
duae  foerint,  ita  esse  debent  ut  ex  occulto  una  audiat,  nee  conloquatur, 
»ed  secum  .  .  verba  faciat.  Dass  drei  als  die  Normalzahl  der  zu  verwen- 
denden actores  auch  bei  den  Palliatendichtem  galt  ist  an  sich  wahrschein- 
lich und  erhellt  für  die  spätere  Zeit  aus  Martial  VI,  6:  comoedi  tres  sunt, 
fied  amat  tua  Paula,  Luperce,  quattuor:  et  yL(oq)6v  Paula  ngoamnov  amat. 


22  Sachlicher  Theü. 

Indeasen  waren  die  Aedileu  der  Republik  weniger  auf  das  Sparen  bedacht  als 
die  Choregen  Athens  und  bewilligten  den  Dichtern  auch  mehr  Schauspie- 
ler^ und  so  ist  unter  den  plautinischcn  Stücken  nur  bei  zweien  (Cist.  und 
Stich.,  beide  jedoch  unvollstilndig  eAalten)  allenfalls  mit  drei  SchauBpie- 
lem  auszukommen,  acht  aber  erfordern  mindestens  vier,  zehn  mindestens 
fünf  Schauspieler;  von  den  terenzischen  machen  zwei  Stücke  4,  zwei  5  und 
zwei  sogar  6  Schauspieler  nothwendig.  Nicht  einmal  in  dem  engeren  Sinne 
worin  Horaz  (Ep.  II,  3,  192)  vor  Scenen  mit  mehr  als  drei  redenden  Per- 
sonen warnt  beschränken  sich  die  Palliatendichtcr ;  vgl.  z.  B.  Ter.  Phorra. 
III,  2.  IV,  3  und  Diomed.  UI.  p.  488  P.  =  491,  2  f.  K.:  at  latini  scriptorcs 
complures  personas  in  fabulas  introduxerunt,  ut  speciosiores  frequentia 
facerent.  Ascon.  zu  Cic.  Div.  in  Caec.  15:  latinae  fabulae  (Togateu  u.  dgl.) 
per  pauciores  agebantur  personas  (als  die  PaUiaten). 

4.  G.  Hermann,  de  canticis  in  Rom.  fabb.  scenicis,  Opusc.  I.  p.  290  ff. 
G.  A.  B.  Wolff,  de  canticis  etc.  Halle  1824.  4.  Grysar  (s.  oben  13,  5). 
Uebrigens  gibt  es  auch  Komödien  ohne  cantica,  wie  Plaut,  mil.  glor.,  Pcrsa 
vielleicht  auch  Epidicus.  Spuren  synodischer  (mehrstimmiger)  cantica  bes. 
am  Schlüsse  der  Captivi;  vgl.  auch  ib.  U,  1.  Musikbegleitung  tibiis  pari- 
bus  aut  imparibus  aut  sarranis,  worüber  z.  B.  Diomed.  p.  492,  10  ff.  K. 
Donat.  de  comoed.  s.  f.,  praef.  Eim.  u.  Adelph.,  wo:  modulata  est  tibiis 
dextris,  i.  e.  Lydüs,  ob  seriam  gravitatem,  qua  fere  in  omnibus  comoedüs 
utitur  hie  poeta  (Ter.).  Saepe  tamen  mutatis  per  scenam  modis  cantica 
mutavit,  quod  significat  titulus  scenae,  habens  subiectas  personis  littcras 
M.  M.  C.  (mutatis  modis  cantici).  Sinistris  (oder  sarranis),  mit  hellerem  Ton, 
also  bei  minder  ernsten  J'artien.  Der  Ausdruck  tibiae  pares  wird  gewöhn- 
lich erklärt:  mit  lauter  dextrae  oder  sinisfrac  (impares  =  dextrac  und 
sinistrae),  wobei  aber  die  Angabe  ob  dextrae  oder  sinistrae  zu  erwarten 
wäre;  s.  K.  Dziatzko,  Rhein.  Mus.  XX.  S.  594—597.  Vgl.  Grysar  a.  a.  0. 
S.  376—378. 

5.  In  der  alten  attischen  Komödie  und  wohl  auch  noch  der  mittleren 
wurden  die  Pausen  in  der  Handlung  durch  Chorlieder  bezeichnet  imd  aus- 
gefüllt, in  der  neuen  wohl  schon  d^irch  den  avlTjrijg.  Erst  in  letzterer 
kann  daher  die  Etntheilung  in  Acte  aufgekommen  sein,  wie  denn  auch  bei 
Aristoteles  sich  noch  nichts  Derartiges  findet.  Die  Theorie  derselben  scheint 
von  den  Alexandrinern  aufgebracht  worden  zu  sein.  Schon  vorausgesetzt 
ist  sie  bei  Cic.  ad  Qu.  fr.  I,  16,  46:  ut  hie  tertius  annus  imperii  tui  tam- 
quam  tertius  actus  perfectissimus  atque  ornatissimus  fuisse  videatur  (vgl. 
Apul.  Flor.  16,  64  p.  132  Bip.:  cum  iam  in  tertio  actu,  quod  genus  in 
comoedia  fieri  amat,  iucundiores  affectus  moveret),  noch  unmittelbarer  in 
Horatius'  Regel  (Ep.  II,  3,  189):  neu  sit  quinto  productior  actu  fabula. 
Doch  können  die  ursprünglichen  Handschriften  des  Plautus  imd  Terenz 
noch  keine  Eintheilung  in  Acte  und  Scenen  enthalten  haben.  Dies  erhellt 
aus  der  mehrmaligen  Klage  des  Donat  über  die  Schwierigkeit  dieser  Ein- 
theilung (vgl.  Euanth.  de  tr.  et  com. :  postremo  ne  locum  quidem  reliquenmt 
choro,  quod  latini  fecerunt  comici,  unde  apud  illos  dirimere  actus  quinque- 
partitos  difficile  est)  und  aus  der  nicht  seltenen  Unregelmässigkeit,  wo  nicht 
Unrichtigkeit,  der  überlieferten.  Im  Allgemeinen  s.  Donatus  arg.  Andr.: 
est  attente  animadvertendum  ubi  et  quando  scena  vacua  sit  ab  omnibus 


Nähere  Charakteristik  der  Palliata.  23 

personitf,  ut  in  ea  chorus  (in  der  Tragödie)  vel  tibicen  (in  der  Komödie) 
audiri  possit;  quod  quom  viderimus,  ibi  actum  esse  ünitimi  debemus  agno- 
scere.  Fünf  Acte  als  Maximum  setzt  auch  Donaths  Regel  (ib.):  uullam  per- 
sonam  egressam  quinquies  ultra  e3dre  posse.  Diese  vertheilen  sich  ge- 
wöhnlich in  der  Weise  dass  der  erste  die  Auseinandersetzung  {nQotaaig) 
enthält,  in  Act  II  bis  IV  der  Knoten  geschürzt,  die  Verwicklung  herbei- 
geführt wird  (ix^taaig),  worauf  dann  im  fünften  die  Lösung  erfolgt  (yiata- 
4fTQog>ij).  Vgl.  G.  A.  B.  Wolfi',  de  actibus  apud  Plautura  et  Terentium, 
Guben  1814.  4.  Ritschi,  Rhein.  Mus.  IV.  S.  697  ff.  K.  F.  Hermann,  de 
Ter.  Adelphis,  Jahns  Jahrbb.  Suppl.  VI.  p.  71  ff.  G.  Schmitz,  de  actuum 
in  Plautinis  fabulis  descriptione,  Bonn  1852. 

6.  Der  Prolog  enthielt  der  Regel  nach  die  Darlegung  des  Inhalts  des 
nachfolgenden  Stückes  (Ter.  Andr.  prol.  5  ff.),  wurde  aber  auch,  wie  die 
Parabase  in  der  alten  Komödie,  zur  Erörterung  persönlicher  Anliegen  des 
Dichters  benutzt.  Euanth.  de  tr.  et  com.  unterscheidet  daher  vier  Arteu: 
avazaziTiögj  coramendaticius;  avaqfogmog,  relativus;  vjro-O'f irixog ,  argu- 
meniarius;  fiiTttog,  mixtus.  Vorgetragen  wurde  der  Prolog  uncostümiert 
(sine  omamentis,  Plaut.  Poen.  prol.  123,  c=  ornatu  prologi,  Ter.  Hec.  prol. 
B,  1)  von  einem  Schauspieler  der  nicht  gleich  zu  Anfang  des  ersten  Acts 
auüzutreteu  hatte  (Umkleidung,  Poen.  prol.  126;  Ausnahmen  bei  Ritschi 
Parerg.  p.  19)  oder  vom  Dominus  gregis  (wie  bei  Terenz  öfters).  Doch 
steht  er  nicht  immer  vor  dem  ersten  Act  (Plaut,  mil.  II,  1.  Cist.  1,3; 
vgl.  Donat.  praef  zu  Ter.  Phorm.  a.  E.)  und  kann  auch  überhaupt  fehlen 
(Plaut.  Cure).  Für  neue  Aufführungen  eines  Stücks,  auch  nach  dem  Tode 
des  Verfassers,  wurden  neue  Prologe  gedichtet,  und  die  erhaltenen  zu  plau- 
tinischen  Stücken  sind  grösstentheils  von  dieser  Art;  s.  Ritschi,  Parerga 
S.  209  ff.  225  ff.  233  ff.  und  unten  §.  88. 

7.  Die  stehende  Fonn  des  Epilogs  ist  plaudite.  Vgl.  Menand.  fr.  831: 
i^d^ccvtsg  iniyiQOTrjaaTS  mit  Plaut.  Truc.  Schluss:  plaudite  atque  exsurgitc. 
Auch  s.  Quintil.  VI,  1,  52:  illud  quo  veteres  tragoediac  comoediacquc 
clnduntur,  Plodite.    Hör.  Ep.  II,  3,  165  u.  a. 

8.  Als  Ersatz  für  vorgenommene  Kürzungen  des  Originals  und  zur  Er- 
höhung der  stofflichen  Anziehungskraft  eines  Stücks  nahmen  schon  Nae- 
vinfl,  Plautus,  Ennius  und  nach  deren  Vorgang  auch  Terenz  (Andr.  prol. 
18  ff.)  aus  einem  griechischen  Stücke  verwandten  Inhalts  einzelne  Scenen  in 
das  von  ihnen  bearbeitete  herüber,  was  Luscius  contaminare  nannte;  s. 
Andr.  prol.  16.  Haut.  prol.  16  ff.  Dagegen  die  ngoaconoc  ngotatma  dienen  vor- 
zugsweise zur  Erleichterung  der  Exposition,  s.  Donat.  arg.  Andr. :  persona  pro- 
tatica  intelligitur  quae  semel  inducta  in  principio  fabulae  in  nullis  deinceps 
fabulae  partibus  adhibetur.  (Euanth.)  de  trag,  et  com.:  TiQotattyicc  ngocoanuy 
i.  e.  personas  extra  argumentum  arcessitas ,  non  facile  ceteri  habent  (doch 
Plautus  im  miles  den  Artotrogus);  quibus  Terentius  saepe  (in  Andr.  und 
Eun.)  utitur,  ut  per  harum  inductiones  facile  pateat  argumentum. 

9.  Masken.  Diomed.  lU.  p.  486  P.  =  489,  lOff.  K.:  antea  galearibus,  non 
personis,  utebantiu:,  ut  qualitas  coloris  indicium  faceret  aetatis,  cum  essent 
aut  albi  (Greise)  aut  nigri  (Jünglinge)  aut  rufi  (Sklaven),  personis  vero 
uti  primus  coepit  Roscius  Gallus ,  praecipuus  histrio ,  quod  ocuÜs  perversis 
erat  nee  satis  decorus  sine  personis  nisi  parasitus  pronimtiabat.    Dagegen 


24  Sachlicher  TheiL 

Donat.  de  comoed. :  personati  primi  egisse  dicontur  comoediam  Cincios 
Faliscus,  tragoediam  Minucius  Prothymus,  welcher  Letztere  auch  in  den 
Adelphi  mitwirkte.  Dazu  Donat.  praef.  zu  Ter.  Ad. :  haec  acta  est . .  ageu- 
tibus  L.  Ambivio  et  L  .  .  . ,  qui  cum  suis  gregibus  iam  tum  personati  age- 
bant.  Aber  der  Phormio  z.  6.  wurde  noch  ohne  Masken  aufgeführt,  wie 
I,  4,  32  ff.  =  210 — 212  zeigt.  Einmal  eingeführt,  scheint  das  Tragen  von 
Manken  fortwährend  die  Regel  gebheben  zu  sein;  wenigstens  erhellt  dies 
aus  Stellen  wie  Cic.  de  or.  Ul,  59,  221:  in  ore  sunt  omnia  .  .  .  personatum 
ne  Roscium  quidem  maguopere  laudabant  (nostri  senes),  sowie  aus  dem 
cogi  in  scena  ponere  personam ,  quod  ceteris  histrionibus  (ausser  den  Atel- 
lani)  pati  necesse  est  (Fest.  p.  217  M.);  auch  wird  seitdem  an  den  actores 
comoediarum  (im  unterschied  von  den  mimi  =  artifices  scenici,  bei  Sen. 
Ep.  I,  11,  7)  nur  die  Stimme,  der  Vortrag  und  die  Action  als  chartikter- 
istiscl;  hervorgehoben,  wie  bei  Quintil.  III,  8,  51.  XI,  3,  178.  Als  solche 
actores  com.  kennen  wir  aus  der  Zeit  des  Plautus  einen  (C.  Publilius)  Pol- 
lio  (Ritschi,  Parerga  S.  250.  256.  261  f.  392),  aus  der  des  Terenz  durch 
Donatus  und  die  Didascalien  ausser  den  oben  Z.  1  f.  Genannten  besonders : 
(L.)  Ambivius  Turpio,  L.  Atilius  aus  Präneste;  aus  der  des  Quintilian: 
Stratocles  und  Demetrius  (I.  0.  XI,  3,  178). 

17.  Togatae  im  weiteren  Sinne  heissen  theils  alle  nicht 
den  Griechen  nachgebildeten,  sondern  ursprünglich  italischen 
Dramen,  mag  darin  die  Toga  mit  Verbrämung  (praetexta  und 
trabeata)  oder  ohne  solche  die  Tracht  der  agierenden  Personen 
bilden.  Im  engem  Sinne  aber  bezeichnet  togata  diejenige  na- 
tionale Dramengattung  worin  Leute  in  der  einfachen  Toga,  tog- 
ati,  auftraten.  Später  wurde  dafür  der  Name  tabernaria 
häufiger.  Diese  togata  stellt  das  Treiben  der  unteren  Stände 
Roms  dar,  hat  in  Folge  dessen  einen  derberen  Ton  als  die  pal- 
liata,  aber  zugleich  mehr  Frische  und  wahres  Leben.  Insbe- 
sondere aber  hat  sie  vor  jener  den  ganzen  Begriff  der  Familie 
voraus:  das  weibliche  Geschlecht  spielt  eine  unvergleichlich  be- 
deutendere Rolle  als  in  der  palliata,  wogegen  die  Sklaven  zu- 
rücktreten. Zeitlich  begrenzt  ist  die  togata  einerseits  durch  die 
überfeinerte  Palliata  (Terenz),  andererseits  durch  die  kunstmäs- 
sige  Atellane  und  den  Mimus.  Ihre  Hauptdichter  sind  Titinius, 
Quintius  Atta  und  L.  Afranius,  alle  aus  der  Zeit  von  585  bis 
675  d.  St.  Durch  Afranius  wurde  die  togata  in  höhere  Kreise 
der  Gesellschaft  gehoben,  Oekonomie  und  Ton  der  palliata  in 
sie  eingeführt,  auch  wohl  griechische  Stücke  für  seine  Zwecke 
benutzt,  und  dadurch  eine  Art  Mittelgattung  geschafiFen,  die  aber 
mit  ihm  erlosch.  Noch  in  der  Kaiserzeit  wurden  Togaten  (des 
Afranius)  aufgeführt,  aber,  dem  Zeitgeschmacke  gemäss,  mit 
Einmischung  von  Pantomimik. 

1.  Zu  den  togatae  im  weitesten  Sinne  des  Wortes  (als  einem  generale 


Die  Togata.  25 

nomen)  rechnet  Diomedes  in.  p.  486  f.  P.  =  489  f.  K.  a)  praeteitatae, 
b)  togatae  =  tabemariae^  c)  Atellanae,  d)  planipedes,  und  definiert  sie: 
quae  scriptae  sunt  secundum  ritus  et  habitum  hominum  togatorum,  i.  e. 
Romanorum.  In  diesem  Sinne  umfasst  togata  auch  die  von  Diomedes  über- 
gangene trabeata,  freilich  eine  blos  vorübergehende  und  wenig  bedeu- 
tungsToUe  Erscheinung,  vorzugsweise  dem  Ritterstande  gewidmet,  dessen 
specifische  Tracht  die  trabea  war  (Pers.  III,  29.  Dio  LVI,  31),  und  einzig 
auf  der  Person  des  Freigelassenen  von  Mäcenas,  C.  Melissus,  beruhend. 
Soet.  de  gramm.  21  extr.  (p.  116  Rffsch.):  fecit  (Mel.)  et  novum  genus  toga- 
tarum  inscripsitque  trabeatas.  In  derselben  allgemeinen  Bedeutung,  sogar 
vorzugsweise  von  praetextae,  gebraucht  togatae  Sen.  Ep.  I,  8,  8:  non  at- 
tingam  tragicos  nee  togatas  nostras.  habeut  enim  hae  quoque  aliquid  so- 
veritatis  et  sunt  inter  comoedias  ac  tragoedias  mediae. 

2.  Diomed.  III.  p.  487  P.  =  489,  28  ff.  K. :  secunda  species  est  togatarum 
quae  tabemariae  dicuntur  et  humiütate  personarum  et  argumentorum  simi- 
litudine  comoedüs  (=  palliatis)  pares,  in  quibus  .  .  humiles  homines  et 
privatae  domus  ihducimtur,  quae  quidem  olim,  quod  tabulis  tegerentur, 
communiter  tabemae  vocabantur.  Vielmehr  sind  privatae  domus  auch  in 
den  palliatae,  und  tabernae  vielmehr  Buden  von  Handwerkern  und  über- 
haupt Gewerbtreibenden.  Festus  v.  togatarum  (p.  352,  a.  M.)  zählt  unter 
den  Personen  der  tabemariae  u.  A.  auch  auf  plagiarii,  servi  denique,  über- 
haupt solche  die  ex  tabemis  honeste  prodeant.  Vgl.  auch  die  Togateu- 
titel Augur,  Cinerarius,  Fullonia,  Libertus,  Psaltria,  Tibicina.  Togatae 
heiseen  die  Lustspiele  dieser  Art  bes.  bei  Cic.  p.  Sest.  65,  118.  Hör.  Ep. 
n,  3,  288.  VeUej.  H,  9,  3.  Sen.  Ep.  XIV,  1  (=  89),  7  (vgl.  Afran.  v.  299). 
Suet.  Ner.  11.  .Quintil.  X,  1,  100.    Gell.  X,  11,  8.   XIII,  8,  3. 

3.  Der  Schauplatz  der  togatae  ist  gewöhnlich  Rom;  nicht  selten  aber 
wird  die  Scene  in  eine  Provinzialstadt  verlegt,  um  entweder  die  Klein- 
städterei  lächerlich  zu  machen  oder  unter  deren  Maske  Rom  zu  geissein 
oder  den  Eindruck  zu  schildern  welchen  Rom  auf  ein  Landkind  macht; 
vgL  die  Titel  Brundisinae,  Ferentinatis ,  Setina,  VeHterna,  Ulubrana.  Schon 
aus  den  Titeln  erhellt  ferner  die  grosse  Betheiligung  des  weiblichen  Ge- 
schlechts (auch  von  Jungfrauen),  noch  mehr  aus  den  Bruchstücken.  Vgl. 
auch  Serv.  Aen.  XI,  160:  in  togatis  victrices  appellantur  quae  vires  extu- 
lenint.  Sehr  bezeichnend  ist  weiter  Donat.  zu  Ter.  Eun.  12:  concessum 
est  in  palliata  poetis  comicis  servos  dominis  sapientiores  fingere,  quod  item 
in  togata  non  fere  licet. 

4.  Diomedes  p.  488  P.  =  490,  16  f  K.:  togatas  tabernarias  in  scenara 
datavemnt  praecipue  duo,  L.  Afranius  et  G.  Quintius.  Acro  zu  Hör.  Ep.  II, 
3,  288  verworren:  praetextas  et  togatas  scripserunt  Aelius  Lamia,  Anto- 
nius RufuB,  Gn.  Melissus,  Afranius,  Pomponius.  Ein  togatarius  (histrio) 
Stephanie  (cui  in  puerilem  habitum  circumtonsam  matronam  ministrasao 
compererat  Augustus  und  den  er  dafür  per  trina  theatra  virgis  caesum 
relegavit)  bei  Suet.  Aug.  45;  vgl.  Plin.  N.  H.  VII,  49:  minus  miror  Ste- 
phanionem,  qui  primus  togatas  saltare  instituit,  utrisque  saeciüaribus  ludis 
saltasse ,  et  D.  Augusti  et  quos  Claudius  Caesar  consulatu  suo  quarto  fecit, 
quando  LXIII  non  amplius  anni  interfuere ,  quamquam  et  postea  diu  vixit. 
Aufführung  des  Incendium  von  Afranius  unter  Nero,  Suet.  Ner.  11. 


26  Sachlicher  Theil. 

In  Ucbertragung  der  Oekonomie  der  palliata  hat  Afranius  Prologe 
(v.  25—30.  Macrob.  Sat.  VI,  5,  6:  Afranium  .  .  qui  in  prologo  ex  j^ersona 
Priapi  ait,  wie  in  der  Bella  die  Sophia  redend  auftrat)  und  cantica  (sogar 
synodische).  Cic.  p.  Sest.  55,  118:  cum  ageretur  togata  —  Simulans,  iit 
opinor  —  caterva  tota  clarissima  concentionc  .  .  contionata  est.  Dahin 
gehört  auch  die  Herübemahme  des  Parasiten ,  wofiir  freilich  das  römische 
Clientelwesen ,  sowie  die  scurrae  Analogien  boten. 

6.  Sammlung  der  Ueberrcste  von  Togaten  ausser  bei  Bothe  auch  bei 
J.  H.  Neukirch,  de  fabula  togatii  (Lips.  1833)  p.  96 — 280  und  bei  Ribbeck, 
com.  lat.  li.  115  —  188.  Uebcr  die  Togata  s.  auch  Ladewig  in  Pauly's 
Real-Enc.  VI,  2.  S.  2024  f.  und  Mommsen  R.  G.  P.  S.  885  f.  IP.  S.  438. 

18.  Aufnahme  in  Rom  fand  auch  die  Rhinthonica,  be- 
nannt nach  dem  Phlyakographen  Rhinthon  aus  Tarent,  welcher 
tragische  Stoffe  durch  possenhafte  Behandlung  ins  Lächerliche 
zog.  Auch  CkaQOXQa'yadca  und  'JraAtx^  wird  diese  Gattung  ge- 
nannt. Ihre  Vertretung  in  der  uns  erhaltenen  Literatur  ist 
zweilelhaft.  Am  nächsten  verwandt  scheinen  Atellanen  mit 
mythologischem  Stoffe. 

1.  Die  Aufiiahme  der  Rhinthonica  in  Rom  erhellt  aus  ihrer  Aufführmig 
unter  den  Arten  des  römischen  Lustspiels,  s.  §  12,  1.  Ueber  Rhinthon  s.  bes. 
Suid.  8.  V.  (II.  p.  614  f.  Bernh.):  ^Piv&aav,  Tagavtivog  %{oiii%6gy  aQxrjyog 
trjg  naXoviiivrjg  iXagotgaycoSiagy  rj  iati  tpXvaiioyQcctpCa'  vtog  Sh  r/v  %fQa 
fisoDg  xofl  yiyovsv  inl  zov  n^tütov  IlToXsficciov  (323 — 285  v.  Chr.  =  431 — 
469  d.  St.)  *  dQccfiata  dh  avzov  xcofitxa  r^ayixd  X7j\  Steph.  Byz.  y.  Tagag  r 
avByQatp-qaav  noXXol  .  .  xal  *Pivd'(ov  Tagavttvog  q)Xvc(^,  toc  zgayiTia  [is- 
tagQvd'tii^üiv  slg  ysXoCov.  Athen.  IX.  p.  402B:  cfg  d'  kaxlv  ovxog  (ZxXiy- 
Qictg)  xrig  UaXLnfjg  ^aXovfisvrjg  umfKpdi'ag  noLTjtijg,  yivog  Tocgavtivog. 
Lyd.  de  mag.  I,  40:  *Ptvd^(ovt%Ti  (iatlv)  ij  i^catinij,  wo  Welckers  Vermu- 
timg i^odfurj,  gebilligt  von  Vahlen,  Rh.  M.  XVI.  S.  474,  nicht  sehr  em- 
pfohlen wird  durch  das  vorausgegangene  dtsXXävr}  di  iativ  rj  ttov  Xtyo- 
liiviov  i^odiagicDv;  vgl.  vielmehr  Plaut.  Men.  II,  1,  11  =  236  R. :  Graeciam- 
que  exoticam  von  Unteritalien  (Graecia  magna). 

2.  Die  %oifi(pdotQaycpdLa  des  Alkäos,  Deinolochos  und  Anaxandrides 
(Meineke  bist.  crit.  com.  gr.  p.  247  f.)  ist  älter  als  die  tXagotQ.  deren  agx- 
rjyog  Rhinthon  war,  also  nicht  mit  ihr  identisch.  Vielleicht  war  naifjupdoTg. 
mehr  komödienartig  (etwa  wie  Plaut.  Amphitr.,  welcher  im  Prolog  v.  59 
u.  63  als  tragicocomoedia  bezeichnet  wird),  tXagotg.  aber  possenhaft,  atel- 
lanenartig.    Tragicocomoedia  auch  bei  Lutat.  zu  Stat.  Theb.  V,  160.        • 

3.  Eine  Rhinthonica  ist  jedenfalls  der  plautinischc  Amphitruo  nicht; 
8.  Vahlen,  Rh.  M.  XVI.  S.  472  ff.,  welcher  vermutet  dass  vielmehr  Atella- 
nen mit  mythologischem  Stoffe  Rhinthonicae  seien,  possenhafte  Travestie- 
rungen mythisch-tragischer  Gegenstände. 

4.  Bernhardy  zum  Suidas  II.  p.  614  f.  Neukirch,  de  fab.  tog.  p.  IS- 
IS.    E,  Munck,  de  fabb.  Atell.  p.  84—89.  Vahlen,  Rh.  M.  XVI.  S.  472—476. 


Die  Rhinthonica.  Das  Epos.  27 

19..  Für  das  Epos  günstig  war  der  Trieb  der  Römer  auf 
das  Erhalten,  der  das  Geschehene  in  der  Erinnerung  zu  bewahren 
suchte  und  in  der  gebundenen  Form  eine  Förderung  des  Be- 
haltens  und  Weitergebens  erkannte.  Daher  schon  frühe  in  den 
Ahnenliedern  und  den  Aufschriften  mancher  Art  Epenartiges. 
Das  hier  befolgte  saturnische  Mass  war  auch  das  der  ältesten 
literaturmässigen  Epiker,  des  Andronikus  und  des  Naevius,  jener 
(mit  seiner  lateinischen  Odyssee)  noch  bioser  UebersetÄer,  dieser 
(mit  seinem  bellum  punicum)  kühn  in  das  Leben  seines  Volkes 
und  der  Gegenwart  hineingreifend.  Auch  dessen  Nachfolger 
Ennius  wählte,  in  seinen  Annales,  einen  nationalen  Stoff,  aber 
erweitert  zu  einer  ganzen  römischen  Geschichte  bis  auf  seine 
Zeit  und  in  dem  griechischen  Masse  für  Episches,  dem  dakty- 
lischen Hexameter,  gehalten.  Sein  Vorgang  wurde  massgebend 
nach  Inhalt  wie  nach  Form.  Ein  Jahrhundert  lang  wagte  zwar 
sich  Niemand  wieder  an  das  Epos;  aber  dann  verfassten  L.  Attius 
und  A.  Furius  gleichfalls  Annales,  in  der  ciceronischen  Zeit 
Hostius  (bellum  istricum)  ausdrücklich  eine  Fortsetzung  des 
Werkes  von  Ennius.  Cicero  selbst  behandelte  sein  Consulat  und 
seine  Verbannung  in  Hexametern  (de  suo  consulatu,  de  tempo- 
ribus  meis).  In  der  augusteischen  Zeit  verherrlichte  Anser  den 
M.  Antonius,  Andere  bearbeiteten  Stoffe  aus  der  Zeitgeschichte 
in  der  Weise  der  Alexandriner  und  theilv^eise  in  panegyrischer 
Richtung,  wie  L.  Varius  (de  morte,  nämlich  Gaesaris;  Panegy- 
ricus  Augusti),  TibuU  (Panegyrikus  auf  Messala),  Octavian  selbst 
(Sicilia),  Cornelius  Severus  (bellum  siculum),  Rabirius  (bellum 
actiacum),  Pedo  Albinovanus  (de  navigatione  Germanici  per 
oceanum  septentrionalem).  In  der  Kaiserzeit  wandte  sich  die 
epische  Thätigkeit  mit  Vorliebe  der  freieren  und  schöneren  Ver- 
gangenheit zu:  Lucan's  Pharsalia,  das  Epos  de  hello  civili  bei 
Fetron.  Sat.  119,  und  des  Sihus  Italiens  Punica;  wo  man  die 
Gegenwart  zum  Stoffe  wählte,  konnte  es  nur  in  höfischem 
Sinne  geschehen  (Gordian's  Antoninias;  Claudianus  mit  seinen 
zahlreichen  panegyrischen  Epen  und  dem  bellum  Gildonicum 
und  geticum;  Sidonius  Apollinaris;  Corippus). 

1.  Das  stoffliche  Interesse  blieb  immer  das  überwiegende  und  leitende. 
Cic.  de  imp.  Pomp.  9,  25:  sinite  hoc  loco,  sicut  poetae  solent  qui  res  ro- 
manas  scribunt,  praeterire  me  nostram  calamitatem.  Drang  der  römischen 
Grossen  nach  Verherrlichung,  z.  B.  Cic.  p.  Arcb.  10,  26.  11,  27.  So  wurde 
dann  von  Augustus  das  Abfassen  von  Epen  systematisch  begünstigt  und 
veranlasst,  und  es  bedurfte  fast  der  Entschuldigung  (wie  bei  Horaz)  wenn 
man  keines  machte.    Einen  Haufen  wirklicher  oder  vermeintlicher  Epiker 


28  Sachlicher  Theil. 

zählt  Ovid  ex  Pont.  IV,  16  auf.  In  der  neronischen  Zeit  war,  das  Ver- 
fassen von  Epen  eine  Art  Mode,  s.  Persius  I,  69  ff.  Vgl.  Petron.  Sat.  118. 
Martial.  IV,  14.  X,  64.    Stat.  süv.  II,  7,  48  ff. 

2.  F.  Winkelmann ,  die  epischen  Dichter  der  Römer  bis  in  die  Zeiten 
Virgils,  in  Jahns  Archiv  II.  S.  558  ff. 

20.  Ein  heroisches  Epos  konnte  im  alten  Rom  nicht 
entstehen,  da  die  italischen  Götter  Abstractionen  und  götter- 
gleiche Heroen  dem  Bewusstsein  fremd  waren.  Als  daher  gegen 
das  Ende  der  Republik,  unter  dem  Einflüsse  der  alexandrinischen 
Dichter,  auch  diese  Gattung  Anbau  fand  musste  man  fremde 
Stoffe  wählen.  So  CatuU  {Epithalamium  Pelei  et  Thetidos),  Hel- 
vius  Cinna  (Smyma),  Licinius  Calvus  (lo),  Terentius  Varro  (Ar- 
gonautica),  Pedo  (Theseis),  sowie  (dem  Stoffe  nach)  Ovid's  Me- 
tamorphosen, später  der  Culex  und  die  Ciris,  weiterhin  Valerius 
Flaccus  (Argonautica).  Andere  übersetzten  die  Ilias,  wie  C.  Ma- 
tius  und  (Ninnius?)  Crassus,  später  Gaurus  und  für  die  Schule 
der  sog.  Pindarus  Thebanus;  etwas  höher  Strebende  griffen  nach 
dem  epischen  Kyklus,  wie  der  kyprischen  Ilias  (von  Laevius?), 
wie  Furius  Bibaculus  (Aethiopis),  Aemilius  Macer  (Antehomerica 
und  Posthomerica) ,  Julus  Antonius  (Diomedea),  Domitius  Mar- 
sus  (Amazonis),  Camerinus  (Excidium  Troiae),  aus  späterer  Zeit 
Nero's  Troica,  Lucans  Iliaca,  Statins^  Thebais  und  Achilleis  u.  A. 
In  der  Mitte  zwischen  der  historisch-nationalen  und  der  alex- 
andrinisch-mythologischen  Richtung  steht  Vergils  Aeneis,  welche 
eine  einheimische  Sage  in  historisch-psychologischer  Weise,  aber 
mit  mythologischem  Hintergrunde,  durchführt  und  für  die  poe- 
tische Technik  der  Nachfolgenden  mustergültig  wurde.  Nach 
dem  Siege  des  Christenthums  wurden  statt  der  römischen  Ge^ 
schichte  und  der  griechischen  Mythologie  nunmehr  Stoffe  aus 
der  biblischen  Geschichte  alten  und  neuen  Testaments  bearbeitet, 
und  an  die  Stelle  der  panegyrici  auf  Kaiser  und  römische  Grosse 
traten  Lobgedichte  auf  christliche  Heilige ;  imuier  aber  blieb  die 
Behandlung  in  dem  von  Vergil  eingeschlagenen  Geleise.  So  im 
vierten  Jahrh.  Juvencus,  Damasus  und  Paulinus,  im  fünften  Se- 
dulius,  Dracontius  imd  Arator,  im  sechsten  Alcimus  Avitus  und 
Venantius  Fortunatus.  Ausserhalb  des  Christenthums  schrieb 
Claudianus  seine  mythologischen  Epen  Raptus  Proserpinae  und 
Gigantomachia.  Noch  der  letzte  Ausläufer  des  römischen  Epos, 
die  tragoedia  Orestis  (in  Hexametern),  zeigt  zahllose  Anklänge 
an  Vergil. 

1.  Manier  der  Beschreibungen,  z.  B.  Sen.  Apoc.  2,  3:  omnes  poetae, 


Heroisches  u.  christliches  Epos.    Das  Lehrgedicht.  29 

neu  contenti  ortus  et  occasus  describere  (wie  Julius  Montanus,  Sen.  Ep. 
122,  11 — 13),  etiam  medium  diem  inquietant.  Pathos  der  obligate  Ton: 
heroici  carminis  sonus,  Tac.  dial.  10.  Uebertragung  der  Weise  des  heroi- 
schen Epos  auch  auf  das  historische,  wie  bei  Silius;  vgl.  Petron.  Sat.  118: 
non  enim  res  gestae  vergib us  comprehendendae  sunt,  quod  longo  melius 
historici  faciunt,  sed  per  ambages  deorumque  ministeria  et  fabulosum  sen- 
tentiarum  tormentum  praecipitandus  est  hber  spiritus,  ut  potius  furentis 
animi  vatidnatio  appareat  quam  religiosae  orationis  sub  testibus  fides. 

2.   Abfallend  von  der  Ueberlieferung  ist  schon   die  Troiae  halosis  in 
Senaren  bei   Petron.  Sat.  89.*   In  demselben  Masse  paraphrasierte  später 
Avienus  die  Geschichte  des  Livius,  bearbeitete  Marianus  die  Argonautica 
»des  Apollomus  und  Theriaca  des  Nikander. 

21.  Das  Lehrgedicht  (didaktische  Epos)   entsprach  dem 
nüchternen  Sinne  der  Römer  und  fand  daher  schon  sehr  frühe 
Vertretung.    Von  ansehnlichem  Alter  ist  die  Unterweisung  eines 
Bauern  an  seinen  Sohn  im  satumischen  Masse ,  und  Appius  Clau- 
dius wie  Cato  schrieben  in  ähnlicher  Richtung.     Manchfaltiger 
waren  die  Stoffe  von  Ennius'  Lehrgedichten.     Die  Satiren   des 
Lucilius  schlugen  gleichfalls  die  Bahn  des  Didaktischen  ein  und 
behandelten    sogar  die   Orthographie.     Literaturgeschichtlichen 
Inhalts   waren    die    Lehrgedichte    von   L.  Attius    (Didascalica), 
Q.  Valerius  aus  Sora,  Volcatius  Sedigitus,  Porcius  Licinus.    Varro 
Atacinus  verfasste  eine  Cosmographia.      Unter  diesen  Lehrge- 
dichten waren  die  wenigsten  im  Masse  des  griechischen  Epos 
gehalten,  das  erst  am  Ende  der  Republik,  unter  dem  Einflüsse 
der  griechischen  Literatur,    das  herrschende  wurde.     So  in   Ci- 
cero's  Uebersetzung  des  Ajatus,  in  des  Lucretius  Darstellung  der 
epikureischen  Philosophie  (de  rerum  natura)  und  weiterhin  bei 
Vergil,  welcher  (in  seinen  Georgica)  einen  glücklich  gewählten 
Stoff  mit  Wärme  vmd  vollendeter  Kunst  bearbeitete.    Ovid  ver- 
wendete das  elegische  Mass  zu  spielend  didaktischer  Behandlung 
erotischer  Gegenstände  (Ars  amandi,  Remedia  amoris,  Medica- 
mina  faciei),   sowie  einheimischer  Sagen  (Fasti);   im  epischen 
Masse  nxur  den  mythologischen  Stoff  der  Verwandlungen  (Meta- 
morph.).    Zeitgenossen  Ovid's  von  weniger  Geschmack  bearbei- 
teten,  in   blinder  Nachahmung   der  Alexandriner,    auch   ganz 
prosaische  Dinge  in  Lehrgedichten.    So  verfasste  Valgius  Rufus 
ein  Lehrgedicht  über  die  Kräuter,  Aemilius  Macer  Theriaca  und 
eine  Omithogonia,    Gratius  Faliscus   Cynegetica,    ein  Anderer 
(nicht  Ovid)  Halieutica;  im  ersten  christl.  Jahrh.  Manilius  Astro- 
nomica^   Germanicus   eine  neue  Bearbeitung  des  Aratus,   Colu- 
mella  über  den  Gartenbau ;-  auch  das  beschreibende  Epos  Aetna 


30  Sachlicher  Theil. 

aus  dem  Begi^in  des  silbernen  Zeitalters  ist  hieher  zu  rechnen, 
sowie  aus  dem  vierten  Jahrh.  der  Phoenix  des  Lactantius,  die 
vielerlei  Sachen  des  Ausonius,  besonders  seine  Moseila,  des  Avie- 
nus  Descriptio  orbis  terrae  und  Aratea,  sowie  (in  lamben)  seine 
Ora  maritima,  des  Palladius  Lehrgedicht  de  re  rustica,  sowie  die 
christlich-dogmatischen  des  Prudentius ;  aus  dem  fünften  des  Ru- 
tilius  Namatianus  Reisebeschreibimg  (Itinerarium)  im  elegischen 
Masse.  Ist  in  den  meisten  dieser  Arbeiten  die  Versification  eine 
äusserliche  Zuthat  zu  dem  Stoffe,  so  schwindet  vollends  der  poe- 
tische Gehalt  bei  den  Lehrgedichten  von  Grammatikern  für  den 
Gebrauch  der  Schule,  dergleichen  nicht  nur  die  versus  memo- 
riales  sind  (besonders  zahlreich  vertreten  bei  Ausonius)  sondern 
insbesondere  die  Lehrbücher  der  Rhetorik,  Metrik,  Prosodik, 
Metrologie  in  gebundener  Form,  die  carmina  de  figuris  vel  sche- 
matibus  (von  Marbod  und  unbekannten  Verfassern),  des  Teren- 
tianus  Maurus  metrisch  gehaltenen  Werke  de  litteris,  de  sylla- 
bis  versus  heroici,  de  metris  Horatianis,  die  ähnlichen  von  Al- 
binus  und  vielleicht  Caesius  Bassus,  die  carmina  de  ponderibus 
et  mensuris  von  Remmius  Flavinus  (oder  Favonius)  u.  A.  Un- 
ternehmungen ähnlicher  Art  sind  die  Arzneimittellehren  im  epi- 
schen Masse  von  Serenus  Samonicus  und  Vindicianus.  Besonders 
fruchtbar  an  derartigen  Erzeugnissen  war  dann  das  Mittelalter. 
22.  Didaktische  Richtung  haben  auch  der  poetische  Brief 
und  die  Fabel.  Zu  einem  poetischen  Briefe  kann  jedes  Ge- 
dicht werden  durch  Anreden  einer  bestimmten  Person,  imd  so 
sind  Lehrgedichte  welche  z.  B.  an  einen  Sohn  gerichtet  sind 
zugleich  Episteln.  Im  engem  Sinne  aber  heisseu  so  solche  Ge- 
dichte worin  die  Bestimmung  für  einzelne  Personen  auf  den 
ganzen  Inhalt  des  Gedichts  und  seine  Haltung  von  Anfang  bis 
zu  Ende  bedingend  einwirkt.  So  richtete  Sp.  Mummius  aus 
dem  Lager  vor  Korinth  (J.  608  d.  St.)  scherzhafte  Briefe  in 
Versen  an  seine  Freunde  in  Rom;  so  gab  Lucilius  einigen  sei- 
ner Satiren  dje  Form  von  Briefen  an  Freunde,  und  ein  Brief 
ist  auch  des  Catull  Gedicht  an  Allius.  In  der  augusteischen 
Zeit  widmete  Horaz  einzelne  Satiren  dem  Mäcenas,  viele  lyrische 
Gedichte  einzelnen  Freunden,  und  verhandelte  in  seinen  späteren 
Lebensjahren  Fragen  des  Lebens  und  der  Literatur  in  wirklichen 
Briefen  im  epischen  Masse.  Ovid  schrieb  im  elegischen  theils 
fingierte  Liebesbriefe  von  Frauen  des  Mythus  (Heroides)  theils 
ernstlich  gemeinte  der  Klage  und  Bitte  aus  der  Verbannung  (Tri- 
stia  und  ex  Ponto).  Die  Satiriker  Persilis  und  Juvenal  reden  gleich- 


Poetische  Briefe.   Die  Fabel.  Die  Satife.  31 

falls  öfters  einzelne  Personen  an,  ohne  jedoch  mit  der  Briefform 
Ernst  zu  machen.  Echte  Briefe  aber  sind  die  25  des  Ausonius  in 
verschiedenen  Massen  und  theilweise   von  scherzhaftem  Inhalte. 

1.  Cic.  ad  Att.  XIII,  6,  4  (vom  J.  709) :  Mummium  fuisse  ad  Corinthum 
pro  cerio  habeo.  saepe  enim  hie  Spurius  qui  nuper  est  mortuus  epistplae 
(seines  Grossvaters)  mihi  proiiuutiabat  versiculis  facetis  ad  familiäres  mis- 
sas  a  Corintho.  Von  Lucilius  begann  ein  Buch  oder  eine  Satire:  salutcm 
versibus  Lucilius  quibus  potest  impertit,  totumqiic  hoc  studiose  et  seduloetc. 


I.  Die  Fabel,  welche  paränetischen  Inhalt  in  Erzäh- 
lungen namentlich  aus  dem  Thierleben  (Thierepos)  einkleidet, 
erscheint  in  der  römischen  Literatur  zuerst  als  eines  der  Dar- 
stellungsmittel  in  den  saturae  des  Ennius,  Lucilius  und  Horaz, 
als  selbständige  Gattung  aber  erstmals  bei  Phädrus  (in  Senaren) 
zur  Zeit  des  Tiberius.  Unter  Hadrian  verfasste  Dositheus,  ein 
Jahrhundert  nachher  Titianus  eine  prosaische  Uebersetzun^  der 
Fabeb  des  Babrios;  später  scheint  Symmachus,  wohl  in  gebun- 
dener Form,  Aehnliches  gearbeitet  zu  haben,  und  kurz  nach  ihm 
dichtete  Avianus  42  Fabeln  des  Babrios  im  elegischen  Masse 
nach.  Die  Fabelsammlungen  des  sog.  Romulus,  des  Anonymus 
Nereleti,  des  Baldo  und  des  Alexander  Neckam  gehören  dem 
Mittelalter  an. 

1.  Die  Fabel  von  der  Haubenlerche  bei  Ennius  (in  satiris  .  .  versibus 
fjnadratis),  Gell.  II,  29  =  Vahlen's  Ausg.  des  Ennius  p.  159— IGl.  Die 
vom  kranken  Löwen  (Hör.  Ep.  I,  1,  73  tl)  schon  bei  Lucilius  (Non.  p.  303, 
nff.).  Andere  bei  Horaz,  S.  II,  6,  79  ff.  Epp.  I,  7,  29  ff.  10,  34  ff.  An- 
spielougen  auf  Fabeln  bei  Hör.  S.  II,  3,  299.  5,  56.    Epp.  I,  3,  19.  16,  46. 

2.  Seneca  Cons.  ad  Polyb.  8,  27 :  uou  audeo  te  usque  eo  producere  ut 
fabellas  quoque  et  Aesopeos  logos,  intemptatum  romanis  ingeniis  opus, 
aoHta  tibi  venustate  conectas.  Auson.  Epist.  16,  74—81:  apologos  .  .  Ae- 
sopiam  trimetriam,  quam  vertit  exili  stilo,  pedestre  concinnans  opus,  fandi 
Titianus  artifex.  ib.  17  rühmt  er  von  Symmachus:  quis  ita  ad  Aesopi  vo- 
Dostatem  .  .  accedat? 

24.  Die    Satire    wurde   zu    einem    Literaturzweige    durch 
Ennius,  welcher  einer  Sammlung  seiner  vermischten  Gedichte 
den  Titel  Saturae  gab.     Dieses  Beispiel  befolgte  vielleicht  sein 
Neffe  Pacuvius,  sicher  der  römische  Ritter  C.  Lucilius.    Die  bei 
Letzterem   im  Inhalte  überwiegende  Kritik  der  öffentlichen  Zu- 
stande seiner  Zeit  wurde  fortan  ein  Hauptmerkmal  im  Begriffe 
der  Satire,   da  derjenige   welcher,  nach  einigen  minder  bedeu- 
tenden Nachfolgern,  mit  glänzender  Begabung  in  der  Weise  des 
Locilins  weiter  arbeitete,  Horaz,  mit  Nachdruck  dieselbe  Rich- 
tung verfolgte,  jedoch  ausschliesslich  nach  der  Seite  des  socialen 


32  '  Sachlicher  Theil. 

und  literarischen  Lebens  und  unter  Beschränkung  auf  den  He- 
xameter. Die  aus  Prosa  und  Versen  frei  gemischten  Saturae 
Menippeae  des  Polyhistors  Varro  fanden  in  der  Zeit  des  Nero 
Nachfolge ,  bei  Seneca  (^ATtoxokoxvinciöig)  und  Petronius,  im 
fünften  christlichen  Jahrh.  bei  Martianus  Capella,  bei  welchem 
aber  der  prosaische  Bestandtheil  stark  überwiegt,  und  im  sechs- 
ten in  des  Boethius  Schrift  de  consolatione  philosophiae.  Da- 
gegen Horaz  erhielt  in  der  neronischen  Zeit  einen  Nachahmer  an 
dem  jugendlichen  Stoiker  Persius.  Unter  Domitian  schrieb  Sa- 
tiren Turnus  und  Sulpicia;  nach  dem  Tode  jenes  Kaisers  der 
Rhetor  Juvenalis  seine  dunkel  gefärbten  Sittenpredigten  und 
Sittengemälde.  Satirischer  Geist  ist  auch  in  dem  (in  Prosa  ge- 
schriebenen) Sittenroman  des  L.  Apulejus  (Metamorph.)  und  in 
manchen  apologetisch-polemischen  Schriften  des  TertuUianus.  Im 
vierten  Jahrh.  verfasste  Tetradius  Satiren,  im  fünften  Glaudian 
seine  episch  gehaltenen  Angriffe,  in  Rufin  um  und  in  Entropium. 

1.  Diomed.  III.  p.  482  f.  P.  =  485,  30  ff.  K.:  satira  dicitur  Carmen 
apud  Romanos  nunc  quidem  maledicum  et  ad  carpenda  hominum  vitia  ar- 
chaeae  comoediae  charactere  (richtiger  Quintilian  X,  1,  93:  satira  quidem 
tota  nostra  est)  compositum,  quäle  scripserunt  Luciliue  et  Horatius  et  Per- 
sius. at  olim  Carmen  quod  ex  yariis  poematibus  constabat  satira  yocaba- 
tur,  quäle  scripserunt  Pacuvius  et  Euniusr.  Die  Ableitung  des  Namens  von 
satura  lanx  (s.  oben  6,  2)  würde  auf  die  Satire  als  Literaturzweig,  auch 
schon  die  des  Ennius,  wohl  passen;  hätte  Eimius  bei  diesem  Titel  an  die 
alten  (dramatischen)  Possen  gedacht,  so  müsste  er  ihn  humoristisch  ge- 
meint haben,  was  wenig  wahrscheinlich  ist  wenn  er  so  ernsthafte  Gedichte 
wie  den  Scipio  mitbegriff. 

2.  Hör.  S.  I,  10,  54  (46)  f.:  hoc  erat,  experto  frustra  Varrone  Atacino 
atque  quibusdam  aliis,  melius  quod  scribere  possem.  Zu  diesen  quidam 
alii  gehörte  wohl  auch  der  Polyhistor  Varro  mit  seinen  vier  Büchern  Sa- 
turae, sodann  L.  Albucius  (cuius  Luciliano  charactere  sunt  libelli,  Varro 
tt.  R.  III,  2,  17),  C.  Trebonius  (Cic.  ad  Fam.  XII,  16,  3)  und  die  Freige- 
lassenen Saevius  Nikanor  (Suet.  gramm.  5)  und  Lenäus  (ib.  15).  —  Lyd. 
de  magistr.  I,  41:  iis&*  ov  (Lucilius)  xal  zovg  fist'  avTOv,  ovg  kccXovci 
*PcoficcCoL  aatVQiTiovg,  ot  VEoirsgot  .  .  xrjv  oatVQiyiriv  iiiQcctvvav  xwftoo^tai', 
'OqdzLog  ft^v  ov%  ^^oa  r^g  xi%vi]g  %a)(fcav,  Tligaiog  Sh  rov  noirjtiQV  Em- 
tpQOva  iiLiiT^acca^'cci  ^iXatv  to  Av7i6q>QOvog  nagrjld'ev  ccfiavgov  Tovgvog 
dh  Tial  'lovßsvdXiog  xal  UsTQtoviog  avzod'ev  xatg  XaiSogCaig  ins^sX&ovxfg 
Tov  aarvQtiiov  vofiov  7taQStQ(oaocv. 

3.  Quintil.  X,  1,  95:  alterum  illud  etiam  prius  satirae  genus,  sed  non 
sola  carminum  varietate  mixtum,  condidit  Terentius  Varro,  vir  Bomano- 
rum  eruditissimus.  Der  Kjrniker  Menippos  aus  Gadara,  Schüler  des  Kyni- 
kers  Diogenes,  aus  der  Generation  nach  Alexander,  hatte  als  anovdoysXoiog 
ernsthafte  Gegenstaude  aus  den  praktischen  Gebieten  der  Philosophie  in 


Die  Satire  als  Literaturzweig.    Die  Idylle.  33 

heiterem  Tone  abgehandelt.  Die  Lockerung  des  Schönheitsgefühls  in  sei- 
oer  Zeit  und  Menippos^  Stellung  als  Kyniker  macht  glaubhch  dass  dieser 
bereits  mit  der  Mischung  von  Prosa  und  Versen  vorangegangen  war,  die 
schon  bei  Varro  manchmal  mitten  im  Satze  erfolgt.  Vgl.  A.  Riese  iu  Jahns 
Jahrb.  95,  S.  646—648.  Cic.  Acad.  post.  I,  2,  8  lässt  den  Varro  sagen: 
in  Ulis  veteribus  nostris  quae  Menippum  imitati,  non  interpretati,  quadam 
hilaritate  conspersimus  multa  admixta  ex  intima  philosophia,  multa  dicta 
dialectice.  Vgl.  Gell.  11,  18,  7 :  Menippus  .  . ,  cuius  libros  M.  Varro  in  sa- 
tiris  aemulatuB  est  quas  ahi  cjnicas,  ipse  appellat  Menippeas.  In  der  Art 
von  Vano's  satirae  Menippeae  sind  auch  Kaiser  Julian's  griechisch  geschrie- 
bene KaiaaQsg. 

4.  Nach  Porphyr,  zu  Hör.  Ep.  I,  3,  1  war  der  Zeitgenosse  des  Horaz, 
Julius  Plorus,  ein  saturarum  scriptor  cuius  sunt  electae  ex  Ennio,  Lucilio, 
Varrone  saturae.  Gleichzeitig  mit  Juvenal  schrieb  Julius  Rufus  satiras 
(Martial.  X,  99),  sowie  angeblich  Silius  (Schol  Juv.  I,  20:  Lucillium  dicit .  . 
vel  Silium  et  ipsum  sui  temporis  satyriciun,  qui  omnes,  ut  Probus  refert, 
ex  Aurunca  fuenmt)  und  Manlius  Vopiscus  (Stat.  Silv.  I,  3,  103).  Angeb- 
lich aus  dem  dritten  Jahrh.  ist  das  Testament  eines  Schweins ,  eine  Paro- 
die der  juristischen  Testamentsform'^n ,  veröffentlicht  zuerst  von  Petrus 
Lambedus,  comm.  de  bibl.  Caes.  Vindob.  III.  p.  346  tf. ,  dann  bei  Brissö- 
niua  de  formulis  VII.  p.  677  u.  A.  Aus  dem  vierten  Jahrh.  sagt  Ausonius 
(Epiat.  15)  von  seinem  alumnus  Tetradius  z.  B.  (V.  9  f.):  rüdes  Camenas 
qni  Suessae  praevenis  aevoque  cedis,  non  stilo;  später  Rutilius  Nam.  von 
seinem  Freunde  Decius  (Itin.  I,  699—606):  huius  vulnificis  satira  ludeute 
Camenis  nee  Turnus  potior  nee  luvenalis  erit  (V.  603  f.). 

5.  Is.  Casaubouus  de  satyrica  Graecorum  poesi  et  Roman,  satira, 
Paris  1605.  Halle  1774.  J.  A.  Vulpi,  de  satirae  lat.  natura  et  ratione  eius- 
qne  scriptoribus,  Padua  1744.  G.  L.  König,  de  satira  Rom.,  Oldenb.  1796. 
Flögel,  Geschichte  der  komischen  Literatur,  II.  S.  l — 57.  Wernsdorf,  poe- 
tae  latini  minores,  III.  p.  XIII— XXVI.  C.  L.  Roth,  zur  Theorie  und  innern 
(iegchichte  der  römischen  Satire,  Stuttgart  1848.  W.  Teuflei  in  Pauly's 
K.  E.  VI,  1.  S.  819—822.  C.  Scheibe,  de  satirae  rom.  origine  et  progressu, 
Zittau  1849.  4.  H.  Berning,  de  satirarum  scriptoribus  Rom.,  Recklings- 
Iiansen  1850.  4.  Fr.  Haase,  d.  röm.  Satire,  in  Prutz  Deutsch.  Museum  1851. 
S.  858—867.  J.  M.  Söderhelm,  de  vemacula  Rom.  satira  ad  ideam  eins 
nakivam  adumbrata,  Helsingfors  1852.  4.  0.  Petermann,  über  den  Ursprung 
»md  Begriff  der  röm.  Satire,  Glogau  1856.  4.  Jung,  de  satira  rom.,  Neisse 
1862.  4. 

25.  Die  Idylle  als  Gattung,  mit  ihrem  weiblich  weichen 
»Schmachten  nach  einem  vermissten  Ideale,  blieb  den  Römern 
in  der  Hauptsache  fremd.  Am  meisten  idyllischen  Geist  zeigt 
Tibull,  nächstdem  Vergil,  und  in  seiner  Art  auch  Horaz.  Aber 
im  Ganzen  kannten  die  Römer  das  Landleben  zu  genau  als  dass 
sie  es  idealisiert  hätten.  Aus  ländlichen  Verhältnissen  hervor- 
gegangen gerieth  der  junge  Yergil  zuerst  auf  diese  Gattung, 
ahmte  den  Theokrit  nach,  ohne  ihn  zu  erreichen,  durch  sein 

Teoffel,  Rum.  Lileraturg-eschichte.  3 


34  Sachlicher  TheiL 

AUegorisieren  die  Gattung  sogar  verunstaltend.  Dagegen  das 
Moretum  zeugt  vom  Humor  seines  Verfassers.  Die  Dirae  des 
Valerius  Cato  schwanken  zwischen  Idylle  und  Satire,  neigen 
sich  aber  eher  zur  ersteren,  besonders  durch  ihre  amöbäische 
Fassung.  Aus  dem  Anfang  der  Zeit  des  Nero  sind  des  Calpur- 
nius  Siculus  sieben  Eklogen;  an  ihn  schloss  sich  gegen  Ende 
des  dritten  Jahrh.  Nemesianus  an.  Vielleicht  aus  derselben  Zeit 
waren  des  Septimius  Serenus  Opuscula  ruralia  und  Falisca,  in 
lyrischen  Massen,  stofflich  aber  Idyllen.  Um  so  weniger  sind 
diess  die  EidvXkia  des  Ausonius,  am  ehesten  noch  in  einzelnen 
Partien  die  Moseila,  sowie  aus  dem  Ende  dieses  vierten  Jahrh. 
das  Gedicht  des  christlichen  Rhetors  Severus  Sanctus  Endele- 
chius  de  mortibus  boum.  Von  Claudianus  haben  sieben  Gedichte 
manchfaltigen  Inhalts  und  theils  im  epischen,  theils  im  elegi- 
schen Masse  den  gemeinsamen  Titel  Eidyllia. 

1.  Diomed.  111.  p.  483  P.  =  486,  17  K.:  bucolica  dicuntur  poemata 
secundum  Carmen  pastorale  composita. 

2.  Aus  Vergils  Georg,  s.  bes.  11,  458  ff.  Horaz  (S.  II,  6.  Ep.  I,  10) 
liebt  und  preist  das  Landleben  als  das  gesündere  und  unabhängigere.  — 
Macrob.  Sat.  III,  18,  11:  Suevius,  vir  longe  doctissimus,  in  idyllio  quod  in- 
scribitur  Moretum,  worauf  er  8  Hexameter  daraus  anführt,  die  sehr  ver- 
schieden sind  vom  Tone  des  pseudovergilischen  Moretum;  vgl.  ib.  VI,  6,  15: 
Suevius  in  libro  quinto.  Auf  IdyUiaches  weist  wohl  Ovid.  ex  Pont.  IV, 
16,  35:  (cum)  Naidas  a  Satyris  caueret  Fontanus  amatas.  Gleichfalls  in 
der  augusteischen  Zeit  schrieb  M.  Valerius  Messala  erotisch  gehaltene 
Idyllen  in  griechischer  Sprache  (Ps.  Verg.  Catal.  11,  13—24). 

3.  Hunger,  de  poesi  Rom.  bucolica,  Halle  1841.  R.  Unger,  Valg.  Ruf 
p.  286—326.    W.  Teuffei  in  Pauly's  R.  E.  I,  2.  S.  2628  f 

26.  Die  Lyrik,  als  subjective  Poesie  im  weitesten  Sinne, 
stimmte  wenig  zu  dem  auf  das  Handeln  gerichteten  Wesen  der 
Römer,  und  wurde  daher  erst  spät  und  in  beschränktem  Um- 
fange bei  ihnen  betrieben.  Verhältnissmässig  frühzeitig  finden 
sich  nur  solche  Arten  welche  mit  dem  Leben  irgendwie  in  Be- 
ziehung standen,  wie  Cultuslieder  (der  Salier,  fratres  arvales, 
Hymnus  des  Andronikus),  Gesänge  zu  Ehren  Verstorbener, 
Elaglieder,  Zaubersprüche,  und  was  sonst  durch  das  satumische 
Mass  zum  Carmen  wurde.  Ausserdein  führte  der  nationale  Hang 
zu  scharfer  Kritik  schon  frühe  zu  Spottliedern,  dergleichen  die 
Fescenninen,  die  occentationes,  die  Soldatenlieder  auf  den  Trium- 
phator,  und  wohl  auch  manche  in  den  Volkspossen  eingelegte 
cantica  waren.  Unter  den  eigentlichen  Kunstformen  fand  die 
leichteste,   das  Epigramm,    am  frühesten   Anbau,    theils   als 


Lyrische  Arten:  Das  Epigramm.  35 

Aufschrift,  theils  als  Gelegenheits-  und  Sinngedicht,  theils  auch 
als  kleine  erotische  Elegie.  In  ersterer  Weise  wurde  es  seit 
Ennius  allmählich  immer  häufiger  auf  Gräbern  wie  Bildern  ver- 
wendet, bald  blose  Hexameter  (wie  die  Grabschrift  des  Plautus), 
bald  Distichen  (wie  die  Grabschrift  des  Cn.  Cornelius  Scipio 
Hispanus,  Prätor  615  d.  St.),  am  umfassendsten  Jn  Varro's  Ima- 
gines.  Vertreter  der  beiden  andern  Richtungen  des  Epigramm 
sind  aus  der  ersten  Hälfte  des  siebenten  Jahrh.  Valerius  Aedi- 
tuufi,  Porcius  Licinus,  Q.  Lutatius  Catulus,  Quintius  Atta;  aus 
der  zweiten  Hälfte  Varro  Atacinus,  Licinius  Calvus  und  Catull, 
und  wohl  auch  Hortensius,  C.  Memmius  Gemellus,  Q.  Scaevola, 
und  Andere  denen  erotische  Gedichte  zugeschrieben  werden.  In 
der  augusteischen  Zeit  August  selbst,  Domitius  Marsus,  Pedo, 
Comificius,  Sulpicia.  Unter  Domitian  sodann  wurde  das  Epi- 
gramm in  mehrerlei  Formen  mit  Virtuosität  gehandhabt  von 
Martialis;  auch  Ausonius  hat  Manches  dieser  Art,  und  noch 
lange  fort  dauerte  die  Hervorbringung  solcher  Kleinigkeiten,  ins- 
besondere für  das  Bedürfniss  der  Grabschriften.  Noch  aus  dem 
sechsten  Jahrh.  haben  wir  eine  Sammlung  von  Epigrammen  des 
Luxorius.  In  neuerer  Zeit  sind  diese  Producte  zusammengestellt 
und  unter  dem  Namen  Anthologiß,  latina  veröffentlicht  worden. 

1.  Lyriconim  iucunditas,  elegorum  lasciviae,  iamborum  amaritudo,  epi- 
grammatom  lusus,  Tac.  dial.  10.  —  Ecquis  nostrorum  poetarum  tarn  fluen- 
t«8  carminum  delicias  fecisset  (wie  Änakreon)?  nisi  CatuUus  forte  pauca  et 
Calvus  iiidem  pauca.    nam  Laevius  implicata  et  Hortensius  invenusta  et 
Cinna  inlepida  et  Memmius  dura,  ac  deinceps  omnes  rudia  fecerunt  atque 
absona.    Gell.  XIX,  9,  7;  worauf  ib.  10  ff.  versus  Valeri  Aeditui,  .  .  item 
Pordi  Licini  et  Q.  Catuli  angeführt  werden  quibus  mundius,  veuustius,  li- 
maüus,  tersios  graecum  latiuimive  nihil  quidquam  reperiri  puto.    Plin.  Ep. 
V,  3,  5  zählt  als  Verfasser  erotischer  Gedichte  auf:  M.  Tullium,  C.  Calvum, 
Asinium  Polionem,  M.  Messalam,  Q.  Hortensium,  M.  Brutum,  L.  Sullam, 
Q.  Catulum,  Q.  Scaevolam,  Ser.  Sulpicium,  Varronem,  Torquatum,  immo 
Torquatos,  C.  Memmium,  Lentulum  Gaetulicimi,  Annaeum  Senecam,  Luca- 
num,  . .  Verginium  Rufum,  .  .  D.  lulium,  D.  Augustum,  D.  Nervam,  Tibe- 
riom  Caesarem;   ferner  Neronem,  weiterhin  (ib.  6)  P.  Vergilius,  Cornelius 
Nepog  et  prius  Attius  Enniusque.   Es  scheint  frühzeitig  eine  erotische  An- 
thologie veranstaltet  worden  zu  sein,  woraus  vielleicht  Plinius,  dann  Gel- 
liaa (1.  l.)  und  Apulejus  (apol.  9)  ihre  speciellen  Kenntnisse  auf  diesem  Ge- 
biete haben  werden.     Zu  den  Epigrammen  vgl.  oben  11,  3.    Cicero's  Frei- 
gelassener, M.  Tullius  Laurea,  verfasste  Epigramme  in  lateinischer  (Plin. 
•     N.  H.  XXXI,  2)  wie  griechischer  (Anth.  gr.  II.  p.  90  f.)  Sprache. 

2.  Catalecta  veterum  poetarum  von  Jos.  Scaliger,  Lugd.  B.  1573.  1617. 
Epigrammata  vett.  e  codicibus  et  lapidibus  collecta,  von  P.  Pithöus,  Paris 
1590.    Anthologia -Latina  von  P.  Burmann,  Amsterdam  1759  u.  1773.  2  Voll. 

3* 


36  Sachlicher  Theil. 

4.  Anthologia  vett.  latt.  epigrammatum  et  poem.  ed.  H.  Meyer,  Lips.  1835. 
2  Voll.  Eine  Sichtung  des  alten  und  Sammlung  des  reichhaltigen  neuhin- 
zugekommenen Stpffes  zu  einer  Anthol.  latina  hat  L.  Müller  zugesagt. 

27.  Die  vom  Drama  her  geläufige  metrische  Form  des  lam- 
bus  wurde  bald  auch  für  andere  Zwecke  verweudet  (Grab- 
schriften;  wie  des  Pacuvius).  Als  Carmen  maledicum  scheint 
den  lambus  unter  den  Römern  zuerst  Purius  Bibaculus  ange- 
wandt zu  haben,  neben  ihm  Catull,  Calvns,  auch  der  jüngere 
Cato,  sodann  Horaz  (Epoden)  und  Bassus.  Die  Kaiserzeit  konnte 
dieser  Gattung  nicht  günstig  sein,  und  der  lambus  wurde  hier 
meist  farblos  in  Anwendung  gebracht.  Doch  ist  unter  den  Ge- 
dichten des  Martialis  ein  Theil  in  diesem  Masse  gehalten,  und 
später  Hess  Ausonius  es  sich  angelegen  sein  auch  den  eigent- 
lichen lambus  wieder  aufzufrischen. 

1.  Diomed.  III.  p.  482  P.  =  485,  11  fF.  K.:  iarabus  est  Carmen  male- 
dicum. .  .  cuius  carmiuis  praecipui  scriptores  .  .  apud  Romanos  LuciUus 
et  CatulluB  et  Horatius  et  Bibaculus.  Qiiintü.  X,  1,  96:  iambus  uon  sane 
a  Bomanis  celebratus  est  ut  proprium  opus,  quibusdam  interpositus.  cuius 
acerbitas  in  Catullo,  Bibaculo,  Horatio,  quamquam  illi  epodos  interveniat, 
reperietur.  Vgl.  ib.  IX,  4,  41:  aspera  et  maledica  .  .  etiam  in  carmine 
iambis  grassantur.  X,  1,  9:  scriptores  .  .  iamborum  veterisque  comoediae 
etiam  in  Ulis  (parum  verecundis  verbis)  saepe  laudantur.  Ovid.  Rem.  am. 
377  f. :  liber  in  adversos  hostes  stringatur  iambus,  seu  celer  extremum  seu 
trahat  ille  pedem  (Hinkiambus).  Catull  36,  5  (truces  vibrare  iambos)  und 
40,  2  gebraucht  iambus  von  maledica  carmina  überhaupt,  abgesehen  vom 
Masse,  auch  von  Hendekasy Ilaben,  wie  er  (und  spilter  Martial)  sie  vorzugs- 
weise anwandte. 

2.  Plut.  Cato  min.  7:  oqyri  %al  vfotTjzi  xQiipag  tavtov  elg  tdfißovg 
noXXa  xov  SminCtova  tta&vßgiafy  toj  ^rtxpeS  ngoaxQrjodfisvog  rov  *jlQXiX6xoVy 
ro  8*  düolaatov  d(pBlg  xal  naiöagimdsg.  Ovid.  Trist.  IV,  10,  47:  Basaus 
quoque  dar  üb  iambo.  Vgl.  Prop.  1,  4.  Zeit  Verhältnis»  und  Art  würde  zu 
dem  Rhetor  JuHus  Bassus  (Sen.  p.  295.  303  Bu.)  stimmen.  Materiell  iam- 
bisch  war  auch  die  satira  des  Lenäus  (Suet.  gramm.  15)  und  ist  es  die  Ibis 
des  Ovid.  Choliambisch  sind  unter  den  Ps.  vergilischen  Catal.  2  u.  7,  iam- 
bisch  3—5  und  8;  choliambisch  auch  die  mimiambi  des  Matius,  Petron. 
Sat.  5,  der  Prolog  des  Persius  und  ein  Theil  der  Gedichte  des  Martiahs. 
Auch  unter  den  Priapeia  ist  der  lambus  vertreten.  Antistius  Sosianus  pro- 
brosa  adversus  principem  (Nero)  carmina  (lambenV)  factitavit  volgavitque 
(J.  62  n.  Chr.),  Tac.  A.  XIV,  48.  AureUum  Apollinarem,  iamborum  scri- 
ptorem  (um  280  n.  Chr.),  Vopisc.  Car.  11,  2  (p.  221,  16  f  Peter).  Scherz- 
hafte Sinngedichte  auf  Zeitgenössisches  in  Hendekasyllaben  bei  Lamprid. 
Alex.  Sev.  38.  Von  Ausonius  s.  bes.  Epigramm.  45  —  52  gegen  den  Rhetor 
Rufus. 

3.  In  den  Inschriften  sind  iambische  Senare  nicht  selten;  &.  126,3.  So 
die  Altarinschrift  des  L.  Fulvius  Maximus  in  Bonn  (Rhein.  Mus.  XIX.  S.  53—62. 


Lyrische  Arten:  Die  lambik.  Die  Melik.  37 

Jahrt>l>.  d.   rheinl.  Alt.  Fr.  XXXVI.  S.  116  ff.   XXXVII.  S.  151  ff.     Annal. 

deir  Tnßt.  arch.  XXXVI.  p.  224  ff.),  die  ^Inschrift  auf  den  Schulmeister  Fu- 

gius  F»liilocalu8  (Hermes  I.  S.  147  -151  /  Tgl.  S.  151  -155),  die  Grabschrift 

aer  Senenia  Pollia  (OrellüHenzen  6237.    Ritschi,  Rh.  M.  XVII.  S.  300  ff.) 

tmd  ^^ele  andere  (vgl.  Fröhner,  Philologus  XIII.   S.  176.  183.  185).    Ska- 

^nten   (Hinkiamben)  z.  B.  bei  Orelli  4828  (Rom),  Mommsen  I.  R.  N.  2001 

(NoU),  Jahrbb.  d.  rheinl.  Alt.  Fr.  XXXII.  S.  63,  Meyer  Anthol.  lat.  1302. 

GrabBchrifb  auf  einen  Hund  in  Hendekasyllaben  mit  catullischen  Remini- 

BceBzen,  aus  Auch,  Hermes  I.  S.  68. 

28.  Am  Ende  der  Republik,   wo  die  Kenntniss  der   grie- 
chischen Literatur  in  Rom  immer  vielseitiger,  das  Leben  erregter 
geworden  war,  versuchte  fast  jeder  höher  gebildete  Römer  sich 
gelegentlich   in   irgend  welcher  Form  von  kleinen   Gedichten; 
auch  die  Begabteren,  wie  Varro  Atacinus,  Laevius,  Calvus  und 
Catull,  bewegten   sich  unschlüssig  in  verschiedenen  Gattungen 
und  metrischen  Formen ;  den  Catull  aber  machte  Liebe  und  Hass 
die  er  darin  niederlegte  zum   ersten  eigentlichen    Lyriker    der 
Römer.   Auf  seiner  Bahn  wandelte  Horaz  fort,  mit  viel  weniger 
personlichem  Pathos,   aber  desto  schärferem  Kunstverständniss. 
Andere  in  seiner  Zeit  brachten  es  über  Tändeleien  und  Anläufe 
nicht  hinaus.     Im  ersten  christl.  Jahrh.   war  Formgewandtheit 
sehr  verbreitet  und  in  Folge  dessen   auch  poetisches' Dilettanti- 
sieren;  hervorragend   aber  imd  von  nachhaltigem  Einfluss  war 
keiner  der  zahlreichen  lyrischen  Dichter  dieser  und  der  nächsten 
Zeit,  wie  Caesius  Bassus,  Salejus  Bassus,  Gaetulicus,  Arruntius 
Stella,  Vestricius  Spurinna,  der  jüngere  Plinius,  P.  Annius  Flo- 
rus,  Voconius,  Hadrian,  Sentius  Augurinus,  Pompejus  Saturni- 
nus,  Annianus.    Von  dieser  Formbeherrschung,  welche  Manchen 
—  wie  den  Septimius  Serenus  und  Terentianus  Maurus  —  trieb 
Verse  zu  machen  nur  um  ein  bestimmtes  Metrum  darzustellen, 
sind  besonders  glänzende  Vertreter  Statius  und  Ausonius,  auch 
noch  Sidonius  Apollinaris ;  und  nicht  minder  ist  das  Pervigilium 
Veneris  ein   unverächtliches  Zeugniss   von   der  lyrischen  Kunst 
des  zwejten  und  dritten  Jahrh.     Von  den  christlichen  Dichtem 
des  vierten  Jahrh.   zeichnet  sich  Prudentius  durch   die  Manch- 
faltigkeit  der  von  ihm  gehandhabten  melischen  Masse  aus,  Am- 
brosius  (in  seinen  Hymnen)  durch  Tiefe  der  Empfindung. 

1.  Die  älteeten  Meüker  bezeichnen,  unter  dem  Einfluss  der  römischen 
ßegrift'e  und  wegen  des  spielenden  Inhaltes,  ihre  Arbeiten  selber  als  nugae, 
ineptiae,  (Eroto-)paegnia,  opuscula  u.  dgl.  Hieher  gehören  Viele  der  von 
Plin.  Ep.  V,  3,  5  (s.  oben  26,  1)  Genannten,  vielleicht  auch  Cassius  aus 
Parma.  In  der  augusteischen  Periode  vielleicht  Titius  (Hör.  Ep.  I,  3,  9  ff*.), 
JnloB  Antonius  (Hör.  0.  IV,  2)  imd  Rufus  (Ovid.  ex  Pont.  IV,  16,  28);  dann 


38  SachUcher  Theil. 

des  Mäcenas  Tändeleien  und  des  Melissus  Ineptiae;  auch  eine  Anzahl  der 
Priapeia,  87  Scherz-  und  Schmutzgedichte  auf  Priapus  in  manchfacheu 
metrischen  Formen,  bes.  lamben  und  Heudekasy Ilaben,  von  meist  unge- 
nannten Verfassern  aus  dem  ersten  christl.  Jahrh.,  von  Catull  bis  Martialis. 
Text  in  den  lateinischen  Anthologieen  und  an  Bücheler*s  Textausgabe  des 
Petronius  (Berlin  1862)  p.  109  ff.  nebst  dessen  Vindiciae  libri  Priapeiorum, 
Rhein.  Mus.  XVm.  p.  381—415.  Abh.  darüber  von  J.  E.  Wemicke,  I.  Thom 
1853.  144  pp.  8. 

2.  Quintil.  X,  1,  96:  lyricorum  Horatius  fere  solus  legi  dignus.  .  .  si 
quem  adicere  velis,  is  erit  Caesius  Bassus,  quem  nuper  vidimus;  sed  eum 
longe  praecedunt  ingenia  viventium  (wobei  er  wohl  an  Aruntius  Stella, 
Vestricius  Spurinna,  vielleicht  auch  schon  Statins,  denkt,  zugleich  ein  Mass- 
stab  für  das  Urteil  über  Bassus).  Diesen  epigonen  Lyrikeryi  fehlte  es  we- 
niger an  Form  als  an  Inhalt.  Versiculi  des  Plinius,  erotischen  Inhalts,  bes. 
Hendekasy Ilaben,  Ep.  V,  3,  1.  VII,  4,  1.  7  ff .  Gleichzeitig  Passennus  Paul- 
lus  Nachahmer  des  Horaz  (ib.  IX,  22,  2).  Voconius  poeta  (unter  Hadrian) 
versu  lascivus,  mente  pudicus  (Apul.  apol.  11);  ipsius  etiam  D.  Hadriani 
multa  id  genüs  legere  me  memiui  (ib.).  Absichtliche  oder  unwillkürliche 
Ueberschätzung  von  Zeitgenossen  z.  B.  auch  in  Bezug  auf  Numerianus 
(Caesar  284  n.  Chr.)  bei  Vopisc.  Car.  11,  2:  versu  talis  fuisse  praedicatur 
ut  omnes  poetas  sui  temporis  vicerit.  Votivinschrift  des  Alfenus  Fortuna- 
tus  in  lonikem,  Renier  Inscr.  de  V  Alg.  157. 

29.  In  Folge  des  Einflusses  der  alexandrinischen  Dichter 
gewann  am  Ende  der  Republik  besonders  die  Elegie  in  Rom 
Boden,  und  hierin  übertrafen  die  Schüler  durch  Walu'heit  und 
W^ärme  der  Empfindung  wie  durch  Kunstvollendung  weitaus 
ihre  griechischen  Vorbilder.  Catull  zwar  bewegt  sich  in  dieser 
Form  meist  noch  etwas  unfrei;  besser  scheint  es  schon  dem 
Cornelius  Gallus  (Lycoris)  geglückt  zu  sein ;  Tibull  lieferte  darin 
Meisterwerke,  Propertius  leidenschaftliche  Bilder,  und  Ovid  war 
in  der  elegischen  Form  ganz  und  gar  zu  Hause.  Im  ersten 
christl.  Jahrh.  war  diese  Form  lange  Zeit  in  der  Mode,  und 
auch  die  Schule  bediente  sich  ihrer  zu  Stilübungen.  Um  so  ge- 
ringer war  der  Gehalt  dieser  Hervorbringungen.  Später  theilte 
sich  dieses  Mass  mit  dem  epischen  in  das  Schicksal  für  alle 
möglichen  Stoffe  verwendet  zu  werden,  Epithalamien,  Epikedien 
und  Epitaphien,  Räthsel  und  Akrosticha  und  centones;  und  als 
die  Verwilderung  einbrach,  als  die  Bande  der  alten  quantitie- 
renden  Kunstpoesie  gelöst  und  die  neueuropäische  Form  der  Poe- 
sie noch  nicht  zur  Reife  gediehen  war,  da  waren  es  wiederum 
jene  beiden  metrischen  Formen  welche,  als  die  verbreitetsten 
und  populärsten,  davon  vorzugsweise  betroffen  wurden. 

1.   Diomed.  III.  p.  481  f.  P.  =^  484,  17  ff.  K. :  elegia  est  carnien  com- 
positum hexametro  versu  pentametroque  .  .  .  quod  genus  carminis  praeci- 


Lyrische  Arten:  Die  Elegie.  39 

pue  scripserunt  apud  Eomanos  Propertius  et  Tibullus  et  Gallus,  imitati 
Graecos  CalUmachum  et  Euphoriona.  Quintil.  X,  1,  93:  elegia  quoque 
Graecos  provocamus.  cuius  mihi  tersus  atque  elegans  maxime  videtur  au- 
ctor  Tibullus.  sunt  qui  Propertiiim  malint.  Ovidius  utroque  lascivior,  sicut 
durior  Gallus.  —  Zeitliche  Aufeinanderfolge  s.  Ovid.  Trist.  IV,  10,  63  f.: 
siicc«8sor  fuit  hie  (Tibullus)  tibi,  Galle,  Propertius  illi;  quartus  ab  his  Se- 
rie temporis  ipse  fui.  —  Cic.  Tusc.  III,  19,  45  über  Ennius :  o  poetam  egre- 
gioin,  quamquam  ab  his  cantoribus  Euphorionis  (Calvus,  Catull,  Cinna  etc.) 
contemnitur.  Die  Verfasser  von  kurzen  Elegien  (d.  h.  Epigrammen)  ans 
dieser  Zeit  s.  oben  26,  mit  A.  1.  Vielleicht  gehört  dahin  auch  Cassius  aus 
Parma  (Hör.  Ep.  I,  4,  3).  Aus  der  augusteischen  Zeit  femer  der  Verfasser 
Ton  Tibull  HI  (Lygdamus).  —  Strophische  Composition  hat  nachzuweisen 
gesucht  C.  Prion,  d.  Symmetrie  und  Responsion  der  römischen  Elegie,  Lü- 
beck 1867.  85  S.  4. 

2.  Persius  I,  61  f. :  si  qua  elegidia  crudi  dictarunt  proceres.  Juv.  I,  3  f. : 
impuiie  .  .  mihi  recitav^rit  ille  iiogatas,  hie  elegos?  So  verfasste  Elegieen 
unter  Domitian  Arruntius  Stella,  in  der  Zeit  des  Jüngern  Plinius  dieser  selbst 
(£p.  YII,  4,  3.  7)  und  Passennus  Paullus,  eq.  rom.,  municeps  und  Nach- 
komme des  Propertius  (Plin.  Ep.  VI,  16,  1.  IX,  22,  1  f.).  Angeblich  hora- 
zische  elegi  hielt  schon  Sueton  für  unecht.  Elegische  adsanora,  wie  in 
obitum  Maecenatis,  Consolatio  ad  Liviam  de  morte  Drusi,  Elegia  ad  Vale- 
rimn  Messalam  u.  A.  bei  Wernsdorf,  poetae  lat.  min.  III  u.  IV.  Unter  die- 
sen ist  die  Consolatio  wohl  von  einem  Italiener  des  16.  Jahrh.  verfasst; 
s.  M.  Haupt,  Epicedium  Drusi,  cum  commentarüs ,  Lips.  1849.  38  pp.  4. 
VerBuch  einer  Widerlegung  von  Adler,  Anclam  1861.  4.  Ebenso  ist  ein 
neueres  Machwerk  der  elegische  Cento  eines  angeblichen  Asinius  Cornelius 
Gallaa  bei  Wernsdorf  III.  p.  183  ff.  Dem  Mittelalter  (frühestens  der  Zeit 
des  Theoderich)  gehören  an  die  sechs  Elegieen  des  Maximianus  aus  Etru- 
rien,  von  ihrem  ersten  Herausgeber  (Pompon.  Gauricus,  Ven.  1501.  4.)  trüg- 
lich  unter  dem  Namen  des  (Conielius)  Gallus  veröffentlicht;  s.  Wernsdorf 
III.  p.  126  ff.   VI.  p.  204  ff. 

3.  Epithalamien  u.  s.  w.  bes.  von  Statius,  Ausonius,  Sidonius  Apollina- 
ris,  Claudianus.  —  Ceutones  (Flickgedichte),  zusammengeflickt  aus  (aus 
dem  Zusammenhange  gerissenen)  Versen  bes.  des  (Homer  und)  Vergil 
(Auson.  Idyll.  XUI.  praef.  Isidor.  Orig.  I,  38,  25),  von  Hosidius  Geta  (Me- 
dea),  Ausonius  (cento  nuptiaUs  =  Idyll.  XIH),  Proba  Faltonia  (die  biblische 
Geschichte),  Sedulius  (de  verbi  incamatione),  Pomponius  (Isid.  1.  1.),  Maro 
d  Jang.  (de  ecclesia).  Im  Kleinen  schon  bei  Petron.  132,  p.  186  Bü.  Anderes 
in  der  lat.  Anthologie  von  Meyer,  Nr.  252. 576. 693.  Vgl.  B.  Borgen,  de  cento- 
nibos  Homericis  et  Vergilianis  etc.  Kogenh.  1828. 4.  L.  Müller,  metr.  lat.p.  465  f. 

4.  Die  Räthsel  waren  eine  Nachahmung  griechischer  Sitte.  Ein 
eigener  Bäthseldichter  ist  erst  (im  4.-6.  Jahrh.)  Symposius,  später  Aldhel- 
mas  und  Tathvinns  (achtes  Jahrh.).  Solche  lateinische  Räthsel  waren  eine 
beliebte  Elosterunterhaltung,  und  es  ist  daher  noch  vieles  Derartige  hand- 
»chrifÜich  vorhanden;  s.  L.  Müller  in  Fleckeisens  Jahrb.  93,  S.  266 — 272. 
566.  95,  S.  497. 

6.  Akrosticha,  gleichfalls  aus  der  griechischen  Literatur  herüberge- 
kommen, insbes.  zur  Einhüllung  eines  Namens  (z.  B.  des  Verfassers),  sind 


40  Sachlicher  Theil. 

schou  der  älteren  römischen  Literatur  nicht  fremd :  schon  Ennius  verfasste 
eines  (Cic.  de  div.  II,  64,  111),  mid  später  werden  sie  imlner  häufiger.  Eines 
von  Fortunatus  bei  Renier,  Inscr.  de  V  Alg.  2074,  ein  anderes  (Lovella)  ib. 
2928.  Christliche  bei  de  Rossi,  Inscr.  christ.  Nr.  425  (vom  J.  395).  753. 
831.    Vgl.  Rhein.  Mus.  XX.  S.  138.  457.  634  f.    Philologus  XIII.  S.  183  f. 

6.  Die  Verwilderung  in  der  Form  (Sprache,  Prosodie,  Versbau)  be- 
ginnt auf  Inschriften  aus  Volkskreisen  schon  mit  dem  dritten  Jahrh.  lud 
nimmt  fortwährend  zu.  Ein  starkes  Beispiel  davon  ist  die  Inschrift  des 
L.  Praecilius  Fortunatus  (Renier  1.  1.  2074).  Vgl.  W.  Fröhner  im  Philolo- 
gus XIII.  S.  170  ff. 

30.  Wie  in  der  griechischen  Literatur  so  ist  auch  bei  den 
Römern  eine  schriftmässige  Prosa  verhältnissmässig  spät  ent- 
standen und  ausgebildet  worden.  Bis  dahin  war  Alles  im  Sa- 
turnius  gehalten,  dessen  Band  um  so  weniger  hemmte  je  lockerer 
es  war.  Der  erste  Schritt  zu  einer  prosaischen  Literatur  geschah 
mittelst  VeröflFentlichung  einer  (J,  474)  gehaltenen  Rede,  durch 
Appius  Claudius.  Da  indessen  die  nachfolgenden  Schriftsteller 
sich  der  griechischen  Sprache  bedienten,  so  beginnt  die  Ge- 
schichte der  Prosa  eigentlich  erst  mit  dem  älteren  Cato.  Laiige 
blieb  jedoch  die  geschriebene  Rede  zurück  hinter  der  gesproche- 
nen und  deckte  sich  mit  ihr  erst  in  Cicero,  in  dessen  Zeit  die 
Prosa  ihren  Gipfelpunkt  erreicht  und  schon  ein  vollständiger 
Ausdruck  der  Eigenart  jedes  Schriftstellers  ist.  Einen  rhetori- 
schen Charakter  aber  behielt  sie  von  jener  Entstehung  her  fort- 
während. Im  ersten  Jahrh.  der  Kaiserzeit  sinkt  sie  bereits  von 
ihrer  Höhe,  durch  Vermischung  mit  dem  poetischen  Ausdruck 
und  Abkehr  vom  Natürlichen.  Die  Verarmung  von  Formenlehre 
wie  Syntax  beginnt  schon  in  dieser  Zeit.  Später  drang  auch 
das  Volksmässige  ein.  Und  als  in  der  Literatur  Provinzialen 
das  Uebergewicht  erhielten,  die  kein  angeborenes  Sprachgefühl 
leitete  und  die  daher  die  Sprache  aller  Zeiten  und  Stilgattungen 
durcheinandermengten,  wurde  die  Verwirrung  immer  grösser. 
Schriftsprache  und  lebende  Sprache  giengen  inmier  weiter  aus- 
einander, und  die  Art  von  jener  war  ganz  abhängig  von  der 
Bildungsstufe  des  einzelnen  Schriftstellers,  die  eine  immer  tiefere 
wurde.  Je  weiter  die  Ausbildung  der  provinziellen  Idiome  (der 
romauischen  Sprachen)  fortschritt,  um  so  mehr  wurde  das  La- 
teinische zu  einer  fremden  Sprache. 

31.  Für  Geschichte,  als  Aufbewahrung  des  Geschehenen 
zum  Ruhme  der  Vergangenheit,  zur  Nachachtung  für  Gegen- 
wart und  Zukunft,  besassen  die  Römer  einen  sehr  regen  Sinn. 


Die  Prosa.  Geschichte.  41 

Uralt  ist  die  Sitte  amtlicher  Aufzeichnungen  durch  die  Ponti- 
fices,  die  Jahres-  und  Monatsverzeichnisse,  die  fasti  und  annales, 
die  libri  pontificii,  commentarii  regum,  magistratuum,  und  vom 
Beginn  der  Republik  an  war  der  jährliche  Wechsel  der  Behör- 
den ein  weiterer  Antrieb  zu  solchen  Aufzeichnungen.  Aber 
auch  für  die  Familien  war  die  Sitte  Hausbücher  zu  führen,  der 
imagines,  später  der  Stammbäume,  die  der  laudationes  funebres, 
der  Gesänge  von  den  Ahnen  beim  Mahle,  Anlass  genug  das 
Geschehene  im  Gedächtniss  zu  erhalten.  Andererseits  jedoch 
war  die  Geschichte,  wie  im  Alterthum  überhaupt  so  auch  bei 
den  Römern,  in  gefährlich  engem  Bunde  mit  dem  Interesse  des 
Staats  und  der  Familie.  Das  Verlangen  das  geschichtlich  Wahre 
als  solches  zu  ermitteln  und  fortzupflanzen  ist  auch  den  Römern 
fremd;  upi  so  lebhafter  war  der  Wunsch  mittelst  der  Geschichte 
ihr  Volk,  Haus,  ihre  Partei  oder  Person  in  ein  günstiges  Licht 
zu  stellen.  Später  trat  dazu  als  weiteres  trübendes  Element  die 
Rhetorik.  Noch  femer  aber  als  historische  Kritik  lag  den  Rö- 
mern lange  Zeit  historische  Kunst.  Sallust  ist  der  erste  kunst- 
gerechte Historiker  der  Römer;  alles  Frühere  ist  entweder  rein 
registerartig  gehalten  oder  doch  ohne  wahre  Verarbeitung  des 
Stoffes  und  ohne  historischen  Stil.  Die  ältesten  Geschicht- 
schreiber zogen  es  sogar  vor  griechisch  zu  schreiben,  hauptsäch- 
lich wohl  weil  das  Lateinische  für  schriftliche  Darstellung  noch 
wenig  ausgebildet  war,  aber  gewiss  zugleich  um  die  Kunde  des 
Geschehenen  im  engeren  Kreise  der  Patricier  zu  halten. 

1.  Sammlungeu  der  Ueberreste  der  römischen  Geschichtaclireiber  von 
A.  Krause  (Vitae  et  fragmenta  bist.  vett.  rem.,  Berlin  1833)  und  (bis  zur 
Zeit  Cicero's)  von  C.  L.  Roth,  an  Gerlachs  Ausg.  des  Sallust  von  1862, 
p.  249  ff.    Neue  Sammlung  angekündi^  von  Reifferscheid. 

2.  6.  J.  Vossius,  de  historicis  latinis,  Lugd.  Bat.  1627.  1651.  4.    Nach- 
träge dazu  von  J.  A.  Pabridus,  Hamburg  1709,    M.  Hanke,  de  Rom.  re- 
rum  scriptoribus,  Lips.  1669.  1675.  4.     H.  Ulrici,  Charakteristik  der  anti- 
ken Historiographie ,  Berlin  1833.    L.  de  CloBset,  essai  sur  Vhistoriographio 
de«  Romains,  BrÜBScl  1849.    C.  Nipperdey,  zur  GeBchichte  der  römischen 
Uifitoriographie ,  Philologus  VI.  S.  131—140.    F.  Althaus,  de  historiae  con 
ßcribendae  historia,  Berlin  1852,  p.  49—62.    F.  D.  Gerlach,  die  Geschicht- 
sdireiber  der  Römer,  von  den  frühesten  Zeiten  bis  auf  Orosius,  Stuttgart 
(Hoffimann)  1855.     Die  Einleitungen  zu  Darstellungen  der  römischen  Ge- 
schichte, vonNiebuhr,  Wachsmuth,  Blum,  Schveegler,  Mommsen  (P  S.  432 ff.)- 
Untersuchungen  über  ^e  Glaubwürdigkeit  der  altröm.  Geschichte  von  L. 
0.  Bröcker  (Basel  1855),  G.  C.  Lewis  (übersetzt  von  F.  Liebrecht,  Hano- 
ver  1858).    H.  Nissen,  kritische  Untersuchungen  über  die  Quellen  der  vier- 
tem und  fünften  Dekade  des  Livius,  Berlin  1863. 


42  Sachlicher  Theil. 

3.  Pontifices,  penes  quos  scribeudae  historiae  potestas  fuit,  Vppisc. 
Tac.  1, 1.  Lange  kounte  daher  kein  Nichtpatricier,  später  kein  Nichtfreige- 
borener  an  die  Geschichtschreibung  sich  wagen:  L.  Voltacilius  Pilutus  .  . 
prinius  omnium  libertinolriim,  ut  Cornelius  Nepos  opinatur,  scribere  histo- 
riam  exorsus,  non  nisi  ab  honestissimo  qaoque  scribi  solitam  ad  id  tem- 
pus,  Suet.  rhet.  3.  Häufiges  Zurückgehen  auf  Vorgänge,  z.  ß.  Liv.  YIII, 
18,  12:  memoria  ex  annalibus  repetita  .  .  dictatorem  creari  placuit.  — 
Stadtchroniken  auch  ausserhalb  Eoms.  Liv.  VIII,  10,  8:  inter  Romanos 
Latinosque  qui  eins  pugnae  memoriam  posteris  tradiderunt.  Später  flös- 
sen beide  zusanameu,  und  Valerius  aus  Antium  ist  so  ein  römischer  Ge- 
schichtschreiber. 

4.  Pädagogische  Zwecke.  Plut.  Cato  mai.  20:  xcfl  tag  ictogiag  ds 
Gvyyqdipat  qiTjalv  avtog  (Cato)  iSCa  x^'-Q^  ^^^  fisydloig  ygcififiaaiv  j  onmg 
oCxod'sv  vTtuQxV  "^^  ^^^^^  ngog  ifineiQCav  tdiv  nalaidiv  tial  naxqCoav  mtps- 

5.  QuintiUan  kann  Geschichte  und  Roman  so  wenig  unterscheiden 
dass  er  X,  1,  31  sagt:  historia  est  proxima  poetis  et  quodammodo  carmen 
solutum,  et  scribitur  ad  narrandum,  non  ad  probandum.  Cic.  Brut.  11, 
42:  quoniam  concessum  est  rhetoribus  ementiri  in  historiis,  ut  aliquid  di- 
cere  possint  argutius.  de  leg.  I,  2,  5:  cum  sit  (historia)  opus,  ut  tibi  qui- 
dem  videri  solet,  unum  hoc  Oratorium  maxime  (wohl  hauptsächlich  in  Be- 
zug auf  stilistische  Darstellung).  Vgl.  unten  33,  2.  Ideologisch  Tac.  Agr.  1 : 
apud  priores  . .  celeberrimus  quisque  ingenio  ad  prodendam  virtutis  me- 
moriam, sine  gratia  aut  ambitione,  bonae  tantum  conscientiae  pretio  du- 
cebatur. 

32.  Bis  zum  Ende  des  zweiten  punischeu  Kriegs  schuf  Rom 
nur  Geschichte  und  Geschichtsquellen.  Als  es  dann  zu  einer 
Darstellung  der  Geschichte  kam  schloss  sich  diese  in  ihrer  Form 
uaturgemäss  an  die  bisherigen  annales  au.  Daher  sind  die  älte- 
sten römischen  Geschichtschreiber  Annalisten.  Deren  gab  es 
zw.ei  Generationen :  eine  ältere,  welche  bis  in  das  siebente  JahrL 
d.  St.  hineinreicht  und  in  magerer,  chronikartiger  Fassung,  aber 
mit  einer  gewissen  Zuverlässigkeit,  die  Thatsachen  in  der  Jah- 
resfolge verzeichnete;  und  eine  jüngere,  welche  für  Leser  schrieb, 
den  überkommenen  Stoflf  ausmalte  und  ihn  in  ihrer  Weise  ver- 
schönerte. An  der  Spitze  der  älteren  steht  Q.  Fabius  Pictor; 
ihm  folgten  L.  Cincius  Alimentus,  C.  Acilius  und  A.  Postumius 
Albinus.  Alle  diese  behandelten  die  älteste  Geschichte  summa- 
risch, die  zeitgenössische  ausführlicher,  und  schrieben  alle  in 
griechischer  Sprache,  wie  auch  der  Sohn  des  älteren  Africanus. 
Bei  Pictor  und  Acilius  folgten  aber  bald  lateinische  Bearbeitungen 
nach.  Der  Erste  der  lateinisch  schrieb  und  zugleich  den  Gegen- 
stand zu  einer  Geschichte  von  Italien  erweiterte  war  Cato  (Ori- 
gines).     Seinem  Vorgange    folgten    in  Bezug  auf   die  Sprache 


Die  Annalisteii.  43 

L.  Cassius  Hemina  und  wohl  auch  Ser.  Fabius  Pictor;  dann 
L.  Calpumius  Piso  Frugi  (Cos.  621),  Fabius  Maximus  Servilia- 
üus,  C.  Sempronius  Tuditanus  (Cos.  625),  L.  Scribonius  Libo, 
Vennouius,  und  Cn.  Gellius,  von  welchen  jedoch  mindestens  der 
Letztere  bereits  die  Weitschweifigkeit  der  Jüngern  Generation 
der  Annalisten  an  sich  hatte.  Einwirkung  griechischer  Stilistik 
verräth  C  Fannius,  besonders  aber  L.  Coelius  Antipater;  der 
Einfluss  von  Polybios'  Pragmatismus  andererseits  tritt  bei  Sem- 
pronius Asellio  zu  Tage.  Gleichzeitig  wandelten  Clodius  Li- 
cinus  und  Cn.  Aufidius  auf  der  alten  Bahn  fort;  Letzterer 
schrieb  sogar  wieder  griechisch.  In  die  sullanische  Zeit  fallen 
mehrere  Verfasger  von  Denkwürdigkeiten  und  Selbstbiographien, 
nämlich  M.  Aemilius  Scaurus,  P.  Rutilius  Rufus,  Q.  Lutatius 
Catnlus,  sodann  Sulla  selbst  und  (griechisch)  L.  Lieinius  Lucul- 
lus.  In  derselben  Zeit  hat  die  jüngere  Annalistik  ausgeprägte 
Vertreter  an  Q.  Claudius  Quadrigarius  und  dem  abenteuerlich 
ausmalenden  Valerius  Antias.  Achtbarer  war  C.  Lieinius  Macer, 
der  letzte  eigentliche  Annalist.  Denn  L.  Cornelius  Sisenna  (Prä- 
tor 676)  befolgte  in  seiner  zeitgenössischen  Geschichte  viel  mehr 
eine  sachliche  als  eine  chronologische  Ordnung.  Nachzügler  aus 
der  ciceronischen  Zeit  sind  Atticus  und  Q.  Tubero.  Aber  noch 
bei  Tacitus  macht  sich  das  annalistische  Element  geltend,  und 
auch  manche  Kaiserbiographien  hatten  die  Form  von  Annalen. 

1.  Wo  von  der  Mitte  des  ßiebenten  Jahrh.  an  annales  erwäHnt  wer- 
den, da  sind  annaliatische  Schriftwerke  gemeint.  Schwegler,  R.  G.  LS.  11  f. 
Im  Unterschiede  von  annales  als  Chroniken  bezeichnet  historia  in  der  Regel 
pragmatische  Darstellung  von  Selbsterlebtem  (Gell.  V,  18,  1  ff.  Serv.  Aen. 
I,  373),  was  aber  Beides  häufig  bei  einander  war,  indem  der  erste  Theil 
eines  Geschichtswerkes  aus  annales,  der  spätere  aus  historia  bestand.  So 
konnten  beiderlei  Titel  für  dasselbe  Werk  gewählt  werden.  H.  Nissen,  krit. 
Unters.  S.  87  mit  Anm.  Vgl.  F.  Thiersch,  Münchner  Gel.  Anz.  1848, 
Nr.  131  ff. 

2.  In  Benutzung  der  Vorgänger  herrschte  grosse  Freiheit.  Der  Nach- 
folgende schrieb  die  Werke  des  Früheren  mit  mehr  oder  weniger  Zutha- 
teu  and  UmarVjeitung  ab,  mit  oder  ohne  Nennung  des  Namens.  Meist 
legte  der  Schriftsteller  eine  einzige  Hauptquelle  seiner  Arbeit  zu  Grunde 
und  änderte  dieselbe  nach  andern  Quellen  oder  eigenem  Ermessen  ab.  H. 
Nissen,  krit.  Unters.  S.  77—80.  90.  Th.  Pluess,  neues  Schweiz.  Museum  VI 
(1866)  S.  47  f. 

3.  Cic.  de  or.  II,  12,  52  f.:  erat  historia  nihil  aliud  nisi  aunalium  con- 
ftdio.  Tac.  dial.  22:  nulli  sensus  tarda  et  inerti  structura  in  morem  anna- 
liom  componantur.  Dionys.  I,  7:  dal  Se  (die  ngayiiatsCai  der  AnnaUsten) 
tatg  illrjvinaCg  XQOVoygoKp^ais  ioi%viai.  Den  Massstab  rhetorischer  Stilistik 
anlegend  Cic.  leg.  I,  2,  6:  post  annales  pontificum  maximorum  .  .  si  aut 


44  Sachlicher  Theil. 

ad  Fabium  aut  ad  .  .  Catonem  aut  ad  Pisonem  aut  ad  Fannium  aut  ad 
Yennonium  venias,  quamquam  alius  alio  plus  habet  virium,  tarnen  quid 
tarn  exile  quam  isti  omnes?  Fannii  autem  aetati  coniimctus  Antipater 
paulo  inflavit  vehementiuß  .  .  .  sed  tarnen  admonere  reliquos  potuit  ut  ac- 
curatius  scriberent.  Ecce  autem  successere  huic  Gellius,  Clodius,  Asellio, 
nihil  ad  Coelium,  sed  potius  ad  antiquorum  languorem  et  inscitiam.  Dio- 
nys.  Ant.  I,  7:  i%  tmv  taxoqi^v  ,  ,  ag  ot  ngog  avtciv  inatvovfisvoi  *P(o- 
(laioav  avviyqaipaVy  Ilogtiiog  ts  Katmv  aal  ^dßiog  Md^ifiog  %al  Ovaligiog 
6  'Jvtievg  xal  Ai%lvviog  Molmbq^  AtXioC  ts  ncel  riXXioi  nccl  KctXnovQVioiy 
xnrl  %xBQOi  ov%vol  ngog  tovtoig  av^Qsg  ov%  dtpavsig.  Die  allerältesten 
(Q.  Fabius  und  L.  Cincius)  hatte  Diouys.  schon  I,  6  genannt. 

4.  Mommsen  R.  G.  II'.  S.  463  f.  L.  Kieserling,  de  rer.  rom.  scriptori- 
bus  quibus  T.  Liviijs  usus  est,  Berl.  1858.  H.  v.  d.  Bergh,  de  antiquissi- 
mis  annalium  scriptoribus  romanis,  Greifsw.  1859.  W.  TeufFel  in  Pauly's 
B.  E.  I,  1.  S.  1018 — 1020.  Ueber  die  Verwendung  der  priesterlichen  anna- 
les  durch  die  (späteren)  Annalisten  und  deren  Einwirkung  auf  Livius  s. 
H.  Nissen,  krit.  Unters.  S.  86  S. 

5.  Sempronius  Asellio  bei  Gell.  V,  18,  8:  inter  eos  qui  annales  reUn- 
quere  voluissent  et  eos  qui  res  gestas  a  Eomanis  perscribere  conati  essent 
omnium  rerum  hoc  interfuit.  Annales  libri  tantummodo  quod  factum  quo- 
que  anno  gestum  sit,  ea  demonstrabant,  i.  e.  quasi  qui  diarium  scribunt, 
quam  Graeci  stprifisgiSot  vocant.  Nobis  nou  modo  satis  esse  video  quod 
factum  esset,  id  pronuutiare,  sed  etiam  quo  consilio  .quaque  ratione  gesta 
essent  demonstrare. 

6.  L.  Wiese,  de  vitarum  scriptoribus  romanis,  Berlin  1840.  4.  W.  H. 
D.  Suringar,  de  romanis  autobiographis,  Lugd.  B.  1846.  4.  Köchly  und 
Büstow,  Einl.  zu  Caes.  gall.  Krieg  (Gotha  1857)  S.  3 — 6.  Die  apologetische 
Richtung^  war  in  diesen  Memoiren  so  ausgesprochen  dass  Cic.  Brut.  29, 
112  ein  solches  Werk  geradezu  laudes  nennt.  Was  Andere  nicht  selbst 
thaten,  das  thaten  für  sie  dienstwillige  Clienteu,  später  auch  hungernde 
griechische  Literaten. 

33.  In  der  ciceronischen  Zeit  veranlasste  der  reiche  Stoff 
den  die  Gegenwart  bot,  zusammen  mit  der  Verbreitung  einer 
gewissen  schriftstellerischen  Fälligkeit,  Viele  zu  geschichtlichen 
Darstellungen.  So  ausser  Atticus  und  Cicero  selbst  auch  Hor- 
tensius,  Varro,  Procilius,  Luccejus,  Libo,  Domitius  und  Egnatius. 
Hervorragend  durch  Inhalt  oder  Form  sind  nur  die  Leistungen 
von  Cornelius  Nepos,  Caesar  und  Sallustius.  Caesar  hat  zu- 
gleich durch  Begründung  (J.  695)  einer  amtlichen  Zeitung  den 
spätem  Geschichtschreibern  vorgearbeitet.  Der  Bürgerkrieg  för- 
derte ausser  Caesars  eigenen  Schriften  noch  viele  andere  Dar- 
stellungen aus  Parteigesichtspunkten  zu  Tage.  In  Caesar's  Sinne 
schrieben  Hirtius,  Oppius  und  Cornelius  Baibus,  für  Pompejus 
trat  Voltacilius  Pilutus  auf,  sowie  T.  Ampius  Baibus,  für  Cicero 
sein  Tiro.     Den  parthischen  Krieg  des  M.  Antonius  beschrieb 


Die  Historiker,  45 

Dellius.     Auf   der  Gegenseite    verfasste  M.    Brutus    gleichfalls 
Denkwürdigkeiten,  und  sein  Stiefsohn  Bibulus  und  sein  Freund 
Volumnius  geschichtliche  Schriften  zu  seinem  Lobe.     Die  Zeit- 
geschichte behandelten  auch  die  Annalen  des  Tanusius  Geminus, 
sowie  theilweise  Q.  Tubero,  den  Bürgerkrieg  selbst  Asinius  Pol- 
lio  und  M.  Valerius  Messala.     Die  augusteische  Zeit  brachte  in 
der  römischen  Geschichte  des  Livius  ein  Werk  von  künstlerischer 
FormYoUendung  hervor  und   durch  Pompejus  Trogus  die  erste 
Universalgeschichte,  zu  welcher  Idee  Varro,  Atticus  und  Corne- 
lius Nepos  nur  schüchterne  Anläufe  genommen  hatten.    Im  Ver- 
laufe der  Eaiserzeit   verlor  sich   immer  mehr  das  Verständniss 
der  Zustande  des  alten  Rom,  sowie  die  Möglichkeit  und  der  Mut 
zu  wahrheitsgetreuer  Darstellung  der  Gegenwart  und  nächsten 
Vergangenheit.     Desto  breiter  machte  sich  der  Servilismus  und 
die  Schönrednerei.    Servil  schrieb  unter  Tiberius  (wenigstens  in 
Bezug  auf  die  Gegenwart)  Vellejus  Paterculus,  farblos  Valerius 
Maximus;    ihren  Freimut  büssten  Labienus  unter   August  und 
Cremutius  Cordus  unter  Tiberius.    Um  so  unbestrittener  blieben 
die  Geschichtsdarstellungen  welche  die  Mitglieder  der  herrschen- 
den Dynastie  selbst  verfassten,  wie  August,  Tiberius,  Agrippina, 
weiterhin    der   schreibselige   Claudius   und  noch  später  Trajan 
(Dacica)  und  Septimius  Severus.    Neutrales  Gebiet  wählte  Cur- 
tius,  und  Aufidius  Bassus  sowie  der  ältere  Plinius  beschränkten 
sich  auf  die  auswärtigen  Verhältnisse.     Aber  durch   das  ganze 
erste  Jahrh.   glomm  ein  Sinn   für   die  Geschichte  fort.     Davon 
iieugt  nicht  nur  die  grosse  Zahl  der  ganz  oder  halb  verscholle- 
nen Geschichtswerke  aus  dieser  Zeit,  wie  von  dem  altern  Seneca, 
SerriUus  Nonianus,  Cluvius,  Lentulus  Gaetulicus,  Fabius  Rusti- 
cos,  Cornelius  Thuscus,  sondern  auch  dass  in  einer  der  ersten 
Pausen  des  Despotismus  ein  Tacitus  erstehen  konnte.     Mit  der 
Beredtsamkeit  blieb  indessen  die  Geschichtschreibung  fortwährend 
in  verhängnissvoll   enger  Berührung;  je  mehr  daher  jene  aus- 
artete, vollends  unter  dem  Einfluss  der  Schule  des  Fronto,  desto 
tiefer  sank  auch  die  Gescjiichtschreibung  an  Achtung  und  Acht- 
barkeit.   Bezeichnend  für  die  Geschichtschreibung  der  Kaiserzeit 
ist  ferner  ihre  Richtung  auf  das  rein  Persönliche,   aus  welcher 
theils  eine  Anzahl  Biographien  von  Privaten  hervorgieng  theils 
die  Geschichtsbehandlung  welche  Sueton  begann  und  seine  Nach- 
folger carikierten.     Solche  Hof-  und  Kaiser-Geschichtschreiber 
waren  besonders  Marius  Maximus,  darauf  Junius  Cordus,  Aemi- 
lios  Partheuianus,  Aelius  Maurus,  Curius  Fortunatianus,  Fulvius 


46  Sachlicher  Theil. 

Asprianus,  u.  A.,  woraus  dann  die  sechs  Scriptores  historiae 
augustae  —  Aelius  Lampridius,  Julius  Capitolinus,  Volcatius 
Gallicanus,  Aelius  Spartianus,  Trebellius  PoUio  und  Fiavius  Vo- 
piseus  —  ihre  in  Ermanglung  besserer  Quellen  für  uns  so  werth- 
voUen  Arbeiten  geschöpft  haben.  Für  das  vierte  Jahrh.  sodann 
haben  wir  an  Ammiahus  Marcellinus  einen  trefflichen  Gewährs- 
mann. Für  die  Geschichte  der  republikanischen  Zeit  wurde  in 
dieser  Epoche  des  allgemeinen  Verfalls  Livius  ausschliesslich 
massgebend,  so  sehr  dass  selbst  diejenigen  älteren  Abrisse  der 
republikanischen  Zeit  welche  keineswegs  einfache  Auszüge  aus 
Livius  sind,  wie  Florus  und  Victor's  viri  illustres,  doch  den 
Späteren  dafür  galten.  Den  Livius  selbst  aber  fand  man  zu 
weitläufig.  Er  wurde  daher  (spätestens  im  dritten  Jahrh.)  in 
einen  tabellarischen  Abriss  gebracht,  aus  welchem  Obsequens 
und  Cassiodor  geschöpft  haben,  sowie  Vopiscus,  Eutropius,  Sex. 
Rufus  und  Pseudo-Idatius.  Noch  andere  Quellen  benutzten  Li- 
cinianus  und  L.  Ampelius.  Vom  vierten  Jahrh.  an  machte  auch 
hier  der  Einfluss  des  Christenthums  sich  geltend.  Der  Chrono- 
graph des  J.  354  gibt  neben  Consularfasten  auch  eine  Oster- 
tafel,  neben  einem  Verzeichniss  der  praefecti  urbis  auch  eines 
der  römischen  Bischöfe  und  der  Märtyrer.  Des  Sulpicius  Seve- 
rus  Chronik  (um  400)  enthält  einen  Abriss  biblischer  und  nach- 
bibliöcher  Geschichte;  des  Orosius  Werk  hat  einen  christlich- 
apologetischen Zweck;  die  Chroniken  beginnen  mit  Adam.  Im 
5.  und  6.  Jahrh.  war  das  gegenseitige  Abschreiben  allgemeine 
Sitte :  so  Hieronymus  den  Eusebios,  Prosper  ( J.  455)  den  Hiero- 
nymus,  Victorius  (Paschale,  J.  457)  den  Prosper,  Cassiodor  (519) 
den  Victorius,  Jordanis  (551)  den  Cassiodor,  und  zwar  jeder  so 
dass  er  seinen  Vorgänger  immer  bis  auf  die  eigene  Zeit  fort- 
setzte. Cassiodor  und  Jordanis  haben  jedoch  durch  andere  Werke 
zugleich  selbständigen  Werth  und  sind  zusammen  mit  Gildas 
dem  Weisen  (559),  Gregor  von  Tours  (593),  Isidor  von  Sevilla 
(628)  die  letzten  Vertreter  des  Alterthums  auf  dem  Gebiete  der 
Geschichte.  Erst  ein  volles  Jahrh.  nach  ihnen  beginnt  die  mit- 
telalterliche lateinische  Historiographie,  mit  den  Klosterannalen, 
unter  denen  die  von  den  angelsächsischen  Klöstern  ausgehenden 
(wie  Beda)  die  werthvollsten  sind.  Unter  dem  Einfluss  dieser 
Klöster  sind  im  Karolingerreiche  die  Werke  des  Paulus  Diaco- 
nus  und  Eginhard  entstanden. 

1.   Tac.  Hist.  1,  1:  postquam  bellatum  apud  Actium  .  .  magna  ingeuia 
cessere;    simul  veritas  pluribiis  modiB  infracta,    primum  iuecitia  reip.   ut 


f*  J?» " 


Die  Historiker.  47 

alienae,  mox  libidine  adsentandi  aut  rursns  odio  adversus  domiuantes.  A. 
I,  1:  temporibus  Auguati  dicendis  non  defuere  decora  ingenia,  donec  gli- 
scente  adulatione  deterrerentur.  Tiberii  Gaique  et  Olaudii  ac  Neronis  res 
florentibus  ipsis  ob  metum  falsae,  postquam  occiderant,  recentibus  odiis 
compositae  sunt.  Ein  Beispiel  letzterer  Art  ist  wohl  C.  Fannius,  welcher 
exitus  occisorum  aut  relegatorum  a  Nerone  beschrieben  hatte  (Plin.  Ep. 
V,  5,  3). 

2.  Plin.  Ep.  V,  5,  3  von  C.  Fannius:  tres  libros  absolverat,  subtiles  . . 
atque  inter  sermonem  historiamque  medios.  Die  historia  erforderte  nach 
den  Zeitbegriffen  (vgl.  Quintilian,  oben  31,  5)  höheren  Schwung,  Phanta- 
sie, eloquentia.  Tac.  dial.  23:  eloquentia  Aufidii  Bassi  aut  Servilii  No- 
nianl  Agr.  10:  quae  priores  noudum  comperta  (über  Britanniae  situm 
populosque)  eloquentia  percoluere  rerum  fide  tradentur.  Daher  die  Alter- 
native, entweder  auf  eloquentia  oder  auf  veritas  und  fides  zu  verzichten. 
Vopiac.  Prob.  2,  7:  mihi  id  animi  fuit  ut  non  Sallustios,  Livios,  Tacitos, 
Trogos  atque  omnes  disertissimos  imitarer  viros  in  vita  principum  et  tem- 
poribus disserendis,  sed  Marium  Maximum,  Suetonium  Tranquillum,  Fa- 
bium  Marcellinum,  Gargilium  Martialem  ceterosque  qui  haec  et  talia  non 
tam^diserte  quam  vere  memoriae  tradiderunt.  Von  ähnlichem  Standpunkt 
aas  Licinianus :  Sallustium  non  ut  historicum  puto,  sed  ut  oratorem  legen- 
dam;  nam  et  tempora  reprehendit  sua  et  delicta  carpit  et  couiiones  in- 
gerit  et  dat  in  censum  loca,  montes,  flumina  et  hoc  genus  amoena  et  culta 
et  comparat  disserendo.  Daher  aber  auch  Urteile  wie  von  Seueca  N!  Q. 
VII,  16,  1  f.:  nee  magna  molitione  detrahenda  est  auctoritas  Ephoro:  hi- 
storicus  est.  .  .  .  Haec  in  commune  de  tota  natione  (der  historici),  quae 
adprobari  opus  suum  et  fieri  populäre  non  putet  posse  nisi  illud  meudacio 
adsperserit.  Ueber  die  Geschichtschreibimg  der  Frontonianer  vgl.  Lukian 
«»S  dfi  Gvyyqatpnv  xr^v  taxoqCav. 

3.  Zu  den  unwillkürlichen  Geschichtsquellen  gehören  die  Briefe  und 
deren  Sammlungen,  insbesondere  die  wirklichen,  nicht  für  die  Veröffent- 
lichung geschriebenen  Briefe,  als  ein  Spiegel  der  betreffenden  Persönlich- 
keit und  ihrer  Zeit.  Der  Verfasser  lässt  sich  in  solchen  nach  Inhalt  wie 
Form  gehen.  Cic.  Phil,  n,  4,  7:  quam  multa  ioca  solent  esse  in  epistoUs, 
qoae,  prolata  si  sint,  inepta  videantur!  quam  multa  seria,  neque  tamen  ullo 
modo  divolganda !  ad  Farn.  IX,  21,  1:  epistolas  quotidianis  verbis  texere 
solemus.  XV,  21,  4:  ego  illas  Calvo  btteras  misi,  non  plus  quam  has  quas 
nunc  legis  existimans  exituras.  aliter  enim  scribimus  quod  eos  solos  qui- 
bus  mittimus,  aliter  quod  mnltos  lecturos  putamus.  Quintil.  IX,  4,  19: 
oratio  soluta,  qualis  in  sermone  et  epistoUs.     Plin.  Ep.  VI,  16,  22:  aliud 

'  est  epistolam ,  aliud  historiam,  aliud  amico,  aliud  omnibus  scribere.  Solche 
wirkliche  Briefe  gab  es  von  Cato  an  seinen  Sohn  (s.  110,  4),  von  Cor 
nelia  an  ihren  Sohn  C.  Gracchus  (s.  112,  6).  Eine  besonders  wichtige 
QneUe  für  die  Geschichte  seiner  Zeit  sind  bekanntlich  die  Briefe  des 
Cicero,  auch  in  ihrem  jetzigen  unvollständigen  Bestände.  Ebenso  die  des 
jungem  Plinius,  obwohl  sichtlich  für  die  Veröffentlichung  geschrieben, 
wie  die  ^n  Symmachus  und  Sidonius  ApoUinaris;  dann  die  des  Hie- 
rooymas  und  besonders  Cassiodors  Sammlung  von  Erlassen  (Var.).  Blose 
Einkleidung  war  die  Briefform  schon  bei  dem  Schreiben  des  älteren  Afri- 


48  Sachlicher  Theil. 

canos  an  Eöuig  Philipp  über  seine  eigenen  Leistungen  und  des  Scipio  Na- 
sica  über  den  von  ihm  mitgemachten  Feldzug  gegen  Perseus  (Plut.  Aem. 
Paul.  15);  später  für  einen  beliebigen  Inhalt,  z.  ß.  für  gelehrte  Erörterun- 
gen, wie  in  Varro's  Epistolae  und  Epistolicae  quaestiones,  bei  Sinnius  Ga- 
pito,  ValgiuB  Rufus,  Valerius  Messala^  oder  für  philosophische  Betrach- 
tungen (Seneca).  Wenn  Juristen  (Antistius  Labeo,  Atejus  Capito)  sich 
dieser  Form  bedienten,  so  waren  es  wohl  Bescheide  (responsa)  auf  erho- 
bene Kechts&agen.  In  der  Kaiserzeit  wurde  die  Epistolographie  als  Stil- 
gattung behandelt  (vgl.  Fronto)  und  war  in  den  Eednerschulen  das  Ab- 
fassen von  Briefen  eine  beliebte  Aufgabe,  wobei  man  gern  an  berühmte 
Namen  anknüpfte.  Auf  diesem  Wege  entstanden  viele  untergeschobene 
Briefe,  wie  des  Horaz  epistola  prosa  oratione,  quasi  commendantis  se 
Maecenati,  welche  schon  Sueton  für  unecht  hielt;  so  später  die  angebli- 
chen Briefe  von  Seneca  an  den  Apostel  Paulus,  und  vielleicht  auch  Lucan's 
Epistolae  ex  Campania.  Besonders  zahlreich  sind  die  gefälschten  Briefe  in 
der  griechischen  Literatur. 

€.  Eine  andere  wichtige  Geschichtsquelle  sind  die  Inschriften,  de- 
ren es  schon  aus  dem  sechsten  Jahrh.  der  St.  gibt,  die  mit  dem  siebenten 
Jahrh.  zahlreicher  zu  werden  anfangen,  aus  der  Kaiserzeit  .aber  in  über- 
strömender Menge  in  allen  Provinzen  des  römischen  Reichs  gefundenwor- 
den  sind.  Von  älteren  Sammlungen  sind  zu  nennen:  die  von  M.  Smetius 
(Inscriptiones  antiquae,  Lugd.  B.  1588.  fol.),  J.  Gruter  (Thesaurus  inscri- 
ptionum,  Heidelberg  1603.  1663.  Amst.  1707.  fol.),  Th.  Reinesius  (Syiir 
tagma  inscriptionum  antiquarum,  Lips.  1682.  fol.),  Muratori  (Novus  thesau- 
rus  veterura  inscriptionum,  Mailand  1739.  4  Voll,  fol.);  von  neueren  die 
von  J.  C.  Orelli  (Inscriptionum  latinarum  selectarum  amplissima  collectio, 
Zürich  1828.  2  Voll.,  von  W.  Henzen  1856  durch  einen  dritten  Band  ver- 
mehrt) und  die  bahnbrechenden  Arbeiten  von  Th.  Mommsen  (Inscriptiones 
regni  NeapoUtani  latinae,  Lips.  1852.  fol.  Inscriptiones  confoederationis 
helveticae  latinae,  Zürich  1854.  Inscriptiones  latinae  antiqiüssimae  ad  C. 
Caesaris  mortem  =  Corpus  inscriptionum  latinarum  Vol.  I,  Berlin  1863. 
fol.)  und  F.  Ritschi  (Priscae  latinitatis  monumenta  epigraphica  ad  arche- 
tj'porum  fidem  exemplis  lithographis  repraesentata  ?=  Corpus  inscr.  lat. 
Vol.  pnmi  tabulae  lithographae,  Berlin  1862.  gr.  fol.),  an  v/elche  sich  au- 
schliessen  die  von  L.  Renier  (Inscriptions  romaines  de  TAlgerie ,  Paris  1855  f. 
fol.)  u.  a.  Das  locale  Princip,  nach  welchem  die  auf  den  ersten  nachfol- 
genden Bände  des  Berliner  Corpus  inscriptionum  latinarum  angelegt  sein 
werden,  befolgen  auch  die  Sammlungen  von  L.  M.  Jordäo  (Portugalliae 
inscriptiones  romanae.  Vol.  I.  Lissabon  1859.  fol.),  J.  W.  Chr.  Steiner 
(Codex  inscriptionum  rom.  Rheni,  Darmstadt  1837—1854,  2  Thle,  und  Co- 
dex inscr.  rom.  Danubii  et  Rheni,  Seligenstadt  1851—1862,  4  Thle.),  Th." 
W.  Rappenegger  (die  röm.  Inschriften  im  Grossherz.  Baden,  Mannheim 
1845),  J.  V.  Hefner  (das  römische  Baiern  in  seinen  Schrift-  und  Bild- Wer- 
ken, 3.  Aufl.  München  1852),  Chr.  Stalin  (Wirtembergische  Geschichte, 
Bd.  1),  W.  Brambach  (Corpus  inscriptionum  rhenanarum,  Elberfeld  1865), 
J.  M.  Ackner  und  F.  Müller  (die  römischen  Inschriften  in  Dakieu,  Wien 
1865)  u.  A.  (Inscriptiones  latinae  in  terris  Nassov.  repertae ,  JViesbaden 
1854)..  Ein  chronologisch  sachliches  Eintheiluugsprincip  liegt  zu  Grunde 
der  Sammlung  christlicher  Inschriften  von  J.  B.  de  Rossi   (Inscriptiones 


Die  Geschichte,  Alterthumsforschung,  Polyhistorie  u.  Grammatik.     49 

chriätianae  urbis  Romae  septimo  saeculo  antiquiores,  I.  Rom  1861).  Zur 
Methodik  der  Epigraphik  vgl.  W.  Henzen,  die  lat.  Epigraphik  und  ihr© 
gegenwärtigen  Zustände,  in  der  Allg.  Monatsschrift,  I  (Braunschweig  1853), 
S.  157—184.  V.  Bitschi,  Monumenta  epigraphica  tria  .  .  commentariis  gram- 
matdcis  illustrata  (Berlin  1852.  4.),  in  seiner  Enarratio  vor  den  P.  L.  M.  E. 
und  in  zahlreichen  einzehien  Abhandlungen,  zusammengestellt  im  dritten 
Bande  seiner  Opuscula.  Zu  den  metrischen  Inschriften  vgl.  F.  Bücheier 
in  Jahns  Jahrbb.  LXXVU.  S.  60—78  und  W.  Fröhner,  im  Philologus  XIII. 
S.  165—191.  Im  Ganzen  s.  auch  K.  Zell,  Handbuch  der  römischen  Epi- 
graphik, Heidelberg  1850—1867.    3  Thle. 

5.  In  der  Kaiserzeit  kamen  zu  den  sonstigen  Geschichtsquellen  (z.  B. 
den  acta)  auch  noch  ephemerides  (Tagebücher),  z.  B.  Aureliani  (Vopisc. 
AureL  1,6),  Turduh  Gallicani  (Vopisc.  Prob.  2,  2.  vgl.  3,  4.  6,  1).  Daraus 
flössen  wohl  auch  die  oft  so  kleinlichen  persönlichen  Züge  welche  die 
Schriftsteller  verzeichnen,  weil  etiam  minora  plerique  desiderant  (Capit. 
Mai.  et  Balb.  6,  1).  In  der  früheren  Kaiserzeit  verfassten  Biographien 
von  Privaten  Plinius  d.  Aelt.  von  seinem  Freunde  Pomponius  Secuudus 
(Plin.  Ep.  III,  5,  3),  Julius  Secuudus  von  JuUus  Asiaticus  (Tac.  dial.  14), 
Tacitua  von  Agricola,  Claudius  Pollio  von  seinem  Freunde  Annius  (Plin. 
Ep.  Yll,  31,  5).  Dazu  die  laudes  des  Paetus  Thrasea  und  Helvidius  Pris- 
CHS  durch  Herennius  Senecio  und  Arulenus  Rusticus  (Suet  Dom.  10.  Plin. 
Ep.  VII,  19,  5). 

6.  üeber  Livius'  Autorität  imd  Benutzung  in  der  späteren  Kaiserzeit 
ä.  Th.  Mommsen,  Cassiodor  S.  551  f.,  welcher  auch  bemerkt  dass  der 
fragliche  Abriss  Jahr  um  Jahr  die  Consulnamen  im  Ablativ  vorangestellt 
haben  müsse.  Ueber  das  gegenseitige  Abschreiben  s.  Mommsen  a.  a.  0. 
S.  565  f  Wie  utbefangen  man  di^s  ansah  zeigt  Ausonius,  der  seine  Fasti 
(von  Anfang  der  Stadt  bis  auf  seine  Zeit)  mit  dem  Verse  schloss:  hacte- 
DQs  adscripsi  fastos.    8i  fors  volet,  ultra  adiciam;  si  nori,  qui  legis  adicies. 

7.  Das  über  den  Schluss  der  antiken  und  Beginn  der  mittelalterUchen 
Historiographie  Gesagte  nach  A.  v.  Gutschmid,  Grenzboten  1863,  I.  S.  341  f. 

8.  Fälschungen  des  fünfzehnten  Jahrh.  sind  der  Fenestella,  Messala 
Corvinus  und  die  historia  Papirii.   Th.  Monmisen,  Hermes  I.   (1866.)  S.  135  f. 

34.  Aus  dem  gleichen  Grunde  wie  die  Geschichtschreibung 
und  in  Zusammenhang  mit  ihr  entstand  und  gedieh  bei  den  Rö- 
mern auch  die  Alterthumsfoyschung,  nach  der  sachlichen 
wie  der  sprachlichen  Seite.  Zur  letzteren  trieb  überdiess  das 
praktische  Bedürfniss  die  in  der  Entwicklung  begriffenen  Laute 
der  Sprache  in  der  richtigen  Weise  durch  die  Schrift  zu  fixie- 
ren. Die  Meisten  und  Vornehmsten  aber  wandten  sich  dem  mos 
maiorum  zu,  der  Erforschung  der  Gebräuche  und  Einrichtungen 
der  alten  Zeit.  So  Cincius  Alimentus,  Cato,  M.  Fulvius  No- 
bilior,  Cassius  Hemina,  C.  Sempronius  Tuditanus,  M.  Junius 
Gracchanus,  L.  Julius  Caesar.  Dazu  gesellten  sich  vom  sieben- 
ten Jahrh.  an  auch  Studien  über  die  ältere  Literatur.    Vertreter 

Teuf  fei,  Ri)iu.  Litcratorg'eochichte.  4 


OÖ  Sachlicher  TheiL 

derselben  sind,  ausser  L.  Attius  und  Lncilius,  auch  Porcius  Li- 
cinus,  Q.  Valerius  aus  Sora,  Saevius  Nikanor,  Aurelius  Opilius, 
Sisenna,  Octavius  Lampadio,  M.  Antonius  Gnipho,  Q.  Cosconius, 
Voleatius  Sedigitus,  Santra,  besonders  aber  L.  Aelius  Stilo.  Auf 
sprachlichem  Gebiete  gab  der  Stoiker  Krates,  welcher  im  J.  595 
d.  Si.  als  Gesandter  nach  Rom  kam,  eine  nachhaltige  Anregung. 
Man  versuchte  sich  im  Etymologisieren,  die  Einen  indem  sie 
überall  auf  das  Griechische  zurückgiengen  (Hypsikrates),  die  An- 
dern indem  sie  Alles  aus  dem  Lateinischen  selbst  abzuleiten 
suchten  (Varro,  Nigidius  Figulus,  Labeo).  In  der  ciceronischen 
Zeit,  wo  Rom  nachgerade  der  anerkannte  Mittelpunkt  des  gei- 
stigen Lebens  im  gesammten  Reiche  war  und  alle  Hülfsmittel 
der  Forschimg  in  sich  schloss,  erreichte  diese  ihre  Blüte  mit 
Varro,  und  neben  ihm  Nigidius  Figulus,  Sinnius  Capito,  Vale- 
rius Cato,  Attejus  Philologus  u.  A.  Von  Staatsmännern  schrieb 
z.  B.  Caesar  selbst  de  analogia,  Appius  Claudius  (Cos.  700)  de 
disciplina  augurali.  In  der  augusteischen  Zeit  erlebte  die  ge- 
lehrte Forschung  einen  Nachsommer  durch  Julius  Hyginus,  Ver- 
rius  Flaccus,  M.  Valerius  Messala,  Julius  Modestus,  Scribonius 
Aphrodisius,  L.  Crassitius,  Pomponius  Marcellus,  an  welche  sich 
dann  Asconius  Pedianus  und  A.  Cornelius  Celsus  anreihten.  Die 
Vielseitigkeit  des  Celsus  wurde  noch  überboten  durch  die  des 
älteren  Plinius,  und  noch  im  zweiten  Jahrh.  zeigen  Sueton,  Sul- 
picius  ApoUinaris  und  auch  Fronto  eine  manchfaltige  Bildung 
und  literarische  Thätigkeit.  Im  Ganzen  aber  hat  seit  dem  ersten 
Jahrh.  die  Schule  mit  ihren  engeren  Zwecken  imd  Bedürfnissen 
die  Herrschaft  gewonnen,  und  die  Grammatiker  geben  jetzt  in 
der  Forschung  den  Ton  an.  So  M.^  Valerius  Probus  aus  Beryt, 
Annans  Cornutus,  Caesius  Bassus,  Aemilius  Asper,  Flavius  Ca- 
per,  Q.  Remmius  Palämon,  Caesellius  Vindex,  Urbanus,  Velius 
Longus,  Nisus;  dann  unter  Hadrian  A.  Gellius,  Terentius  Scau- 
rus;  unter  Antoninus  Pius  C.  Jjilius  Romanus,  Dositheus  Magi- 
ster; im  dritten  Jahrh.  Helenius  Acro,  Sacerdos  und  Censorinus, 
Voleatius,  Haterianus.  Erst  um  die  Mitte  des  vierten  Jahrh. 
begegnen  wir  wieder  namhafteren  Grammatikern,  meist  Ver- 
fasser von  Lehrbüchern  (Artes),  wie  Marius  Victorinus,  Aelius 
Donatus,  Comminianus,  Charisius,  Diomedes,  der  jüngere  Pro- 
bus; Commentatoren  wie  Ti,  Claudius  Donatus,  Aruntius  Celsus, 
Servius  Maurus  Honoratus,  Pomponius  Porphyrio;  Lexikographen 
wie  Festus  und  Nonius  Marcellus.  Dann  im  fünften  Jahrh. 
Macrobius  und  Agroecius,  und.  zu  Anfang  des  sechsten  Priscian. 


Alterthumsforschung  ii.  Grammatik.  Die  Beredtsamkeit  bei  den  Römern.  5t 

Auch  auf  diesem  Gebiete  ist  der  Schein  der  Manchfaltigkeit  und 
Bewegung  grösser  als  die  yVirkliehkeit,  da  auch  hier  die  Aus- 
nützung der  Vorgänger  in  grossem  Umfange  betrieben  wurde. 

1.  Suetou  de  grammatids.  —  Suringar,  historia  critica  scholiastarum 
lat.,  Lugd.  Bat.  1834  f.  3  Bde.  L.  Lersch,  die  Sprachphilosophie  der  Al- 
ten, Bonn  1838  —  1841.  3  Bde.  van  Heusde,  de  L.  AeHo  Stilone  (1839) 
p.  17—33.  Gräfenhan,  Gesch.  d.  class.  Philologie  im  Alterthum,  Bonn 
1843  ff.  bes.  Bd.  IV  (1850). 

2.  L.  Mercklin,  die  isagogischen  Schriften  der  Römer,  Philologus  IV. 
S.  413—437.  0.  Jahn,  über  römische  Encyclopädien,  Berichte  der  sächs. 
Ges.  d.  W.  1850,  S.  263  ff. 

3.  Sammlungen  der  erhalteneu  Schriften  der  grammatici  latini  von 
D.  Gothofredus  (Genf  1595.  1622.  4),  El.  Putsche  (Hanover  1605.  4.),  Fr. 
Lindemann  (Lips.  1831—1840.  4.  unvollständig;  nur  T.  III  und  IV,  1), 
ond  besonders  von  H.  Keil,  Lips.  1857  ff.  6  Bde,  -wovon  bis  jetzt  4  voll- 
ständig erschienen  sind.    Vgl.  W.  Christ  im  Philologus  XVIII.  S.  112  ff. 

36.  Für  Beredtsamkeit  waren  die  Römer  schon  von  Na- 
tur wohlausgestattet,  durch  ihren  scharfen  Verstand,  ihren  Ord- 
nungssinn, ihre  italische  Lebhaftigkeit,   gemässigt  durch  römi- 
schen Ernst.     Noch  günstiger  war  der  Einfluss  von  Sitte  und 
Verfassung,   die  Mündlichkeit  aller  Verhandlungen,   die  grosse 
Zahl  der  Anlässe  wo  es  gut  zu  reden  galt,  zum  Volke,  zum  Se- 
nate, zu  Geschworenen  oder  zu  Einzelrichtem,  zum  Heere,  zu 
einer  Trauerversammlung.    Die  Fähigkeit  zu  reden  wurde  daher 
ein  unerlässliches  Erforderniss  im  Staate,  der  Besitz  von  Beredt- 
samkeit ein  Mittel  zu  politischer  Bedeutung,   vollends  als  die 
Standesvorrechte  nach  einander  fielen  und  die  politischen  Par- 
teikämpfe immer  häufiger  und  hitziger  wurden.*  In  Folge  dessen 
nahm  die  Beredtsamkeit  von  Anfang  an  eine  praktische  Rich- 
tung und  wurde  die  Uebung  im  öflFentlichen  Reden  ein  wesent- 
licher Bestandtheil  im  Bildungsgange  eines  jungen  Römers,   so 
dass  schon  der  ältere  Gato  schriftliche  Anleitung  dazu  gab  und 
in  manchen  Familien,   wie  bei  den  Scribonii,   sich  die  Beredt- 
samkeit Generationen  hindurch  fortvererbte.     Daher  auch   die 
grosse  Zahl  von  Rednern  unter  den  Römern,,  das  frühe  Begin- 
nen der  Beredtsamkeit  und  die  hohe   Blüte  die  sie  bei  ihnen 
erreichte,  ihr  Steigen  und  Fallen  mit  der  politischen  Verfassung. 

I.  Cic.  Off.  II,  19,  66:  huic  (eloquentiae)  a  maioribus  uostris  est  in 
toga  diguitatis  principatus  datus.  Brut.  49,  182:  .  .  in  tanta  et  tarn  vetere 
republica  maxumis  praemiis  eloquentiae  propositis  onines  cupisse  dicere, 
non  plurumos  ausos  esse,  potuisse  paucos.  Liv.  XXXIX,  40:  ad  summos 
honores  alios  scientia  iuris,  alios  eloquentia,  alios  gloria  militaris  provexit. 
Qointil.  II,  16,  8:  pop.  rom.,  apud  quem  summa  semper  oratoribus  digni- 

4* 


52  Sachlicher  Theil. 

tas  fuit.  Tac.  dial.  37:  .  .  procerum  manum  multum  in  his  Btudiis  operae 
curaeque  posuisse  nee  qnemquam  iUis  temporibus  magnam  potentiam  sine 
aliqua  eloquentia  consQcutam.  * 

2.  Cic.  de  or.  II,  13,  55:  nemo  studet  eloquentiae  nostrorum  hominum 
nisi  ut  in  cansis  atque  in  foro  eluceat:  apud  Graecos  etc.  (war  das  Be- 
redtseiu  Selbstzweck).  Das  Praktische  gicng  sogar  auf  Kosten  der  Moral: 
eine  Verpflichtung  bei  der  Wahrheit  zu  bleiben  wurde  für  den  gericht- 
lichen Eedner  kaum  anerkannt.  Was  Cic.  Brut.  207  von  M.  Antonius  sagt, 
dass  er  facilis  in  causis  recipiendis  gewesen  sei,  gilt  auch  von  ihm  selbst, 
und  wiederholt  lehrt  er  dass  für  den  Redner  nicht  das  verum  Ziel  sei, 
sondern  verisimile;  s.  de  or.  II,  59,  241.  off.  II,  14,  51.  Aehiilich  (juintil. 
II,  15,  22.  ni,  8,  13.  XII,  1,  33  ff.  VI,  2,  5:  ubi  animis  iudicum  vis  affe- 
renda  est  et  ab  ipsa  veri  contemplatioue  abducenda  mens,  ibi  proprium 
oratoris  opus  est.  Dagegen  XII,  7,  7:  non  convenit  ei  quem  oratorem  esse 
volumus  iniusta  tueri  scientem;  vgl.  IV,  2,  93. 

3.  Beginn  in  früher  Jugend.  Der  18jährige  Africanus  minor  sagt  bei 
Polyb.  XXXII,  9:  donoi  slvai  näaiv  ij^v^^off  tig  . .  %cd  noXit  TLSxtoQtafiivog 
tfjg  QcafiaYtifjs  aigiasrng  xal  ngd^scog  dzi  ngiasig  ovx  cctgoviiat  Xiysiv,  Be- 
sonders häufig  machte  man  den  Anfang  mit  der  Lobrede  auf  einen  eben 
gestorbenen  Verwandten.  Noch  August  duodecimum  annum  agens  aviam 
luliam  defunctam  pro  contione  laudavit  (Suet.  Aug..  8).  Der  jugendliche 
Charakter  solcher  laudationes  funebres  war  daher  wohl  mit  ein  Grund 
dass  sie  (später)  so  selten  herausgegeben  wurden,  £.  Hübner  im  Hermes  I. 
S.  441.  Auch  mit  Anklagen  Schuldiger  die  rednerische  Laufbahn  zu  be- 
ginnen war  häufig;  s,  Polyb.  XXXII,  15  g.  E.  Cic.  Off.  II,  14,  49.  Val. 
Max.  V,  4,  4.    Quintil.  XII,  6,  1.    Tac.  dial.  34  g.  E.    Apulej.  apol.  66. 

4.  Die  Beden  welche  spätere  Historiker  in  die  Eönigszeit  verlegen 
beweisen  natürlich  nichts  für  die  Beredtsamkeit  jener  Zeit;  doch  machte 
die  Verfassung  schon  damals  ein  gewisses  Mass  von /politischer  Beredtsam- 
keit nothwendig.  Dann  aus  J.  370  d.  St.  lässt  Livius  (VI,  20)  den  ange- 
klagten M.  Manlius  pro  fastigio  rerum  oratioue  etiam  magnifica  reden. 
Die  Sammlung  von  Meyer  bringt  es  von  Appius  Claudius  bis  Symmachus 
auf  158  Redner,  ungerechnet  die  vielen  deren  Eeden  nie  geschrieben  wur- 
den oder  von  denen  uns  wenigstens  nichts  Derartiges  bekannt  ist. 

6.  Hauptquellen  Cicero's  Brutus,  der  Ehetor  Seneca,  Tacitus'  dialogus, 
Quintilian  X,  1,  105—122  u.  XH,  10,  10—12.  Auch  Plinius'  Briefe.  Ora- 
torum  romanorum  fragmenta  coUegit  H.  Meyer,  Zürich  1832.  (Pariser 
Nachdruck  1837.)  1842.  —  A.  Westermann,  Gesch.  der  röm.  Beredtsamkeit, 
Leipzig  1835.  F.  EUendt,  succincta  eloquentiae  rom.  usque  ad  Caesarea 
historia,  vor  seiner  Ausgabe  des  Brutus.  Auch  Mommsen,  U*  S.  455.  III. 
S.  596  f. 

36.  Die  älteste  Beredtsamkeit  war  naturalistisch^  der  kunst- 
lose Ausdruck  einer  durch  eine  bestimmte  Lage  und  bestimmte 
Zv^ecke  angeregten,  politisch  bedeutenden  und  redefähigen  Per- 
sönlichkeit. Aber  schon  am  Ende  des  fünften  Jahrh.  gab  Ap- 
pius Claudius  eine  politische  Rede  nachträglich  heraus,  und  von 
den  Leichenreden  die  aus  dem  sechsten  Jahrh.  erwähnt  werden 


Die  Beredtsamkeit  in  der  Bepublik.  53 

ist  denkbar  dass  sie  von  Anfang  an  geschrieben  waren.    Jeden- 
falls  der  grösste  Redner  des  sechsten  Jahrh.,   der  ältere  Cato, 
muss  seine  Reden  in  der  Regel  niedergeschrieben  (und  veröffent- 
licht) haben,  wenn  auch  vielleicht  erst  nach  ihrer  Abhaltung, 
als  politische  Streitschrift.    Ueberhaupt  war  im  sechsten  Jahrh. 
d.  St.  das  gesprochene  Wort  noch  die  Hauptsache;  das  Nieder- 
schreiben und  Veröffentlichen  der  Reden  geschah  für  politische 
Zw^ecke.    Ausser  Cato  kennen  wir  aus  dieser  Zeit  herausgegebene 
Reden  bes.  von  dem  altem  Africanus,  L.  Papirius,  und  C.  Titius. 
Das  siebente  Jahrh.  traf  ^ie  romische  Beredtsamkeit  schon  so 
entwickelt  dass  das  Bekanntwerden  mit  der  griechischen  Rhetorik 
sie  nur  steigern  und  bewusster  machen,  nicht  aber  ihres  natio- 
nalen Charakters  entkleiden  konnte.     Der  Erste  welcher  seine 
Reden  kunstmässig  anlegte  war  Ser.  Sulpicius  Galba  (Cos.  610), 
und   schon  den  Jüngern  Gracchus  machte  die  Verbindung  von 
Begabung  und  Kunst  zu  einem  vollendeten  Redner.    Auch  war 
es  schon  in  der  ersten  Hälfte  dieses  Jahrh.  eine  Ausnahme  wenn 
ein  Redner  keine  seiner  Reden  herausgab,  und  es  gab  schon 
Solche  welche  Reden  schrieben  die  dann  Andere  hielten.     In 
der  Zeit  der  Gracchen  hatte  die  praktische  politische  Beredtsam- 
keit ihre  höchste  Höhe  erreicht,  und  einige  Jahrzehnte  hindurch 
wurde  diese  Stufe  festgehalten.     Als  es  aber  allmählich  nicht 
mehr  das  souveräne  Volk  war  zu  dem  der  Redner  sprach,  son- 
dern ein  Haufe  Pöbels,  fieng  man  an  weniger  Werth  zu  legen 
auf  die  künstlerische  Vollendung  der  gesprochenen  Rede.     Bei 
den  herausgegebenen  trat  der  politische  Zweck  jetzt  meist  zurück: 
man  schrieb  und  veröffentlichte  Reden  auch  nur  als  Probe  seiner 
Beredtsamkeit.    Die  hervorragendsten  Redner  dieser  Zeit  waren 
M.  Antonius  (Cos.  655)  und  L.  Crassus  (Cos.  659);  aber  neben- 
ihnen  stand  noch  eine  ganze  Reihe  gleichfalls  in  ihrer  Art  be- 
deutender Redner,   Avie  Q.  Lutatius  Catulus,  Q.  Mucius  Scävola 
(Cos.  659),   L.  Marcius  Philippus  (Cos.  663),  L.  Apulejus  Sa- 
tuminus    (654),    M.    Livius    Drusus    (66^,    C.    Julius    Caesar 
Strabo    (Aedil   664),    P.    Sulpicius   Rufus    (666),    C.    Aurelius 
Cotta  (Cos.  679).     Das  praktische  Ziel  nie  aus  den  Augen  ver- 
lierend hielten  die  Redner  und  römisch  denkenden  Theoretiker, 
wie   in  der  sullanischen  Zeit  die  Rhetorik  an   Herennius,    die 
von  den  griechischen  Rhetoren  aufgebrachten  Difteleien  von  sich 
ferne,  so  sehr  sie  sonst  die  Anleitung  zu  schätzen  wussten  die 
sie  durch  Griechen  erhielten.     Nach  der  Mitte   des   siebenten 
Jahrb.    begannen   auch    Einheimische   in   lateinischer    Sprache 


täiak 


54  Sachlicher  Theil. 

Unterricht  in  der  Beredtsamkeit  zu  ertheilen.  Durch  die  Grie- 
chen fand  auch  die  damals  im  griechischen  Asien  herrschende 
überladene  Redeweise  in  Rom  Eingang  und  hatte  namentlich 
an  Hortensius  einen  Vertreter.  Aber  schon  dessen  jüngerer  Zeit- 
genosse, Cicero,  lenkte  davon  wieder  ab  und  einem  Mittelwege 
zu,  der  rhodischen  Schule;  und  ihn  hat  eine  glückliche  Verbin- 
dung von  Talenten,  geschärft  und  veredelt  durch  unermüdlichen 
Fleiss,  auf  die  höchste  Höhe  der  römischen  Kunstjberedtsamkeit 
gehoben.  Zugleich  hat  er  um  die  Popularisierung  der  Haupt- 
lehren der  Rhetorik  sich  Verdienste  erworben.  In  seinen  spä- 
teren Lebensjahren  bildete  sich  eine  Richtung  welche  ihn  noch 
immer  allzu  asiatisch  fand.  Ein  Kreis  jüngerer  Männer,  zu 
denen  auch  Caesar  gehalten  zu  haben  scheint,  gieng  grundsätz- 
lich auf  die  echten  alten  Attiker  zurück,  und  die  Meisten  wähl- 
ten sich  unter  jenen  sogar  den  schvninglosesten ,  den  Lysias, 
zum  Muster.  So  M.  Brutus,  Licinius  Calvus,  Caelius  Rufus, 
Q.  Comificius,  M.  Calidius  und  weiterhin  Asinius  Pollio  und 
M.  Messala,  von  welchen  jener*  den  Thukydides,  dieser  den  Hy- 
pereides  vorzugsweise  bewunderte.  So  häufig  in  dieser  Zeit  das 
Veröffentlichen  von  Reden  war,  so  war  es  doch  auch  jetzt  noch 
ßelten  dass  die  gehaltene  und  die  herausgegebene  genau  über- 
einstimmte; denn  der  Redner  sprach  zwar  vorbereitet,  aber  in 
der  Hauptsache  frei. 

1.  Cato:  orator  est,  Marce  £01,  vir  bonus  dicendi  peritus;  8.  Sen.  Con- 
trov.  praef.  9,  p.  49,  17  Bu.    Vgl.  Quintil.  XII,  1,  1  ff. 

2.  Zu  den  ältesten  Rednern  gehören  P.  Licinius  Crassus  (Cos.  549)  und 
M. '  Cornelius  Cethegus  (Cos.  550).  Herausgegebene  Leichenreden  des  Q. 
Caecilius  Metellus  auf  seinen  Vater  Lucius  (J.  533),  des  Fabius  Cunctator 
auf  seinen  Sohn  (nach  541),  des  M.  Claudius  Marcellus  auf  seinen  Vater 
(546);  Senatsrede  des  Q.  Metellus  (553)  und  des  L.  Papirius  aus  Fregellä 
(um  580);  Vertheidigungsrede  des  altem  Africanus  (569);  Volksrede  des 
C.  Titius  (593).  Vgl.  unten  §.112  und  113.  Auch  die  Leichenrede  auf  den 
Jüngern  Africanus  (625)  existierte  in  Buchform;  s.  127,  2.  Vielleicht  dass 
diese  Veröffentlichungen  zugleich  einen  politischen  Zweck  hatten. 

3.  Quintil.  in,  1,  19:*Romanorum  primus,  quantum  ego  quidem  sciara, 
condidit  aliqua  in  hanc  materiam  (Theorie  der  Beredtsamkeit)  M.  Cato 
ille  Censorius  (in  seinen  praecepta).  post  M.  Antonius  inchoavit.  Aber 
noch  lange  fort  gab  es  Autodidakten,  wie  von  Curio  (Cos.  678)  Cicero 
(Brut.  59,  214)  sagt:  nullum  ille  poetam  noverat,  nullum  legerat  oratorem, 
nullam  memoriam  antiquitatis  collegerat;  non  publicum  ius,  non  privatum 
et  civile  cognoverat.  quamquam  hoc  quidem  fuit  etiam  in  aliis  —  et  ma- 
gnis  quidem  —  oratoribus,  .  .  ut  Sulpicio,  ut  Antonio.  Doch  waren  solche 
Fälle  damals  Ausnahmen,  und  mit  unrecht  sagt  daher  Aper  (bei  Tac.  dial. 
19)  noch  von  den  Bednern  der  ciceronischen  Zeit:  paucissimi  praecepta 


Die  Beredteamkeit  in  der  Republik.  55 

rhetonim  aut  philosophonim   placita   (Letzteres  ist  eher  richtig)   cogno- 
verant. 

4.  Cic.  de  or.  II,  22,  92 :  nostri  oratores  .  .  scripta  ex  quibus  iudicium 
fieri  posset  non  miüta  sane  reliquerunt.  Diess  ist  relativ  gemeint,  mit  den 
Griechen  verglichen.  Cic.  selbst  erwähnt  geschriebene  Reden  von  den  bei- 
den Gracchen  (Brut.  104.  117),  M.  Aemilius  Scaurus  (ib.  112),  P.  Rutilius 
Eufug  (114),  dem  Sohne  des  jungem  Africanus  (77),  Q.  Tubero  (117),  Cu- 
rio  (122)  und  dessen  Sohn  (220),  Sulpicius  Galba  (127),  Flavius  Fimbria 
(129),  T.  Albucius  (131),  Q.  Lutatius  Catulus  (132),  Q.  Scaevola  (163\  Cae- 
sar (262);  dazu  Quintil.  X,  1,  116  von  Ser.  Sulpicius  Rufus,  Ascon.  Comel. 
p.  934  Or.  von  Cominius.  Vgl.  Cic.  p.  Cluent.  60,  140:  M.  Antonium 
aiunt  solitum  esse  dicere,  idcirco  se  nuUam  umquam  orationem  scripsisse 
ut,  ä  quid  aliquando  non  opus  esset  ab  se  esse  dictum,  posset  negare  di- 
xisse.  Auch  extra  urbem,  apud  socios  et  Latinos,  gab  es  Redner  und  von 
ilinen  veröffentlichte  Reden  (Cic.  Brut.  169  f.),  wie  von  L.  Papirius  aus 
Fregellä  und  (um  650)  T.  Betutius  aus  Asculum  (ib.). 

5.  Der  ältere  Cato  und  noch  (C.)  Gracchus  begann  jede  seiner  Reden 
mit  einer  Anrufung  oder  doch  Erwähnung  von  Göttern,  Serv.  zu  Verg. 
Ae.  VII,  259.  XI,  301.  Gell.  XIII,  23  (22),  1  (in  plerisque  antiquis  ora- 
tionibus).  Die  Ausnahmslosigkeit  womit  dies  von  den  Reden  des  Cato  aus- 
gesagt wird  macht  wahrscheinlich  dass  es  auch  von  dei\jenigen  gilt 
welche  er  in  Civilproceasen  (causae  privatae)  gehalten  hat,  welche  die  einzi- 
gen derartigen  sind  von  denen  wir  aus  der  Zeit  vor  Cicero  wissen  dass 
ne  veröffentlicht  wurden,  wie  auch  aus  der  Zeit  nach  Cicero  nur  einige 
vor  dem  Centumviralgericht  gehaltene  civilrechtliche  uns  bek^nt  sind. 
H.  Jordan,  Caton.  quae  exstant,  p.  LXXXYII. 

6.  L.  Aelius  Stilo  .  .  scriptitavit  orationes  multis,  orator  ipse  numquam 
foit,  Cic.  Brut.  169  vgl.  205  f.  M.  Bibulus  scriptitavit  accurate,  cum  prae- 
sertim  non  esset  orator,  ib.  267.  Plotius  Gallus  dictavit  Atratino  (dem 
Ankläger)  actionem,  Suet.  rhet.  2.  So  C.  Coelius  für  Tubero  (Cic.  de  or. 
II,  84,  341),  Laelius  für.  Fabius  Maximus  (unten  127,  2).  Cicero  selbst  ver- 
fasate  so  Reden  für  Cn.  Pompejus  und  T.  Ampius  (Quintil.  III,  8,  50)  und 
(J.  700)  für  einen  Vater  die  Leichenrede  auf  seinen  Sohn  Serranus  (ad  Q. 
fr.  III,  8,  5:  laudavit  pater  scripto  meo). 

7.  Cic.  Brut.  96,  328:  id  declarat  totidem  quot  dixit  .  .  scripta  verbis 
oratio.   Diess  war  aber  nicht  das  Gewöhnliche;  s.  ib.  24,  91:  videmus  aUos 
oratores  inertia  nihil  scripsisse,  ne  domesticus  etiam  labor  accederet  ad 
forensem;  pleraeque  enim  scribuntur  orationes  habitae  iam,  non  ut  habean- 
tor.    Vgl.  ib.  93.    Quintil.  X,  7,  30:  plerumque  multa  agentibus  accidit  ut 
maxime  uecessaria  et  utique  initia  (von  Reden)  scribant,  cetera  quae  domo 
affenmt  cogitatione  complectantur,  subitis  ex  tempore  occurrant.   quod  fe- 
ciffie  M.  TuUium  commentariis  ipsius  (vgl.  ib.  IV,  1,  69)  apparet.  Plin.  Ep.  I, 
20,  7: . .  Cicerouis  pro  Murena,  pro  Vareno  (auch  p.  Quintio),  in  quibus  brevis 
et  nnda  quasi  subscriptio  quorundam  criminum  solis  titulis  indicatur.    ex 
his  apparet  illum  permulta  dixisse,  cum  ederet  omisisse.  Aehnlich  machte 
68  L.  Crassus  (Cic.  Brut.  160.  164).    Anders  die  Miloniana  und  zweite  phi- 
lippische des  Cicero,  und  auch  schon  Cato  hatte  nichtgehaltene  Reden  her- 
ausgegeben (s.  unten  108,  1).    Die  gehaltenen  Reden  wurden  in  der  Zeit  des 


irfcjuS 


">> 


66  Sachlicher  Theil. 

Cicero  nachgeschrieben  (wie  die  pro  Milone).  Suet.  Caes.  55  von  CaesarB 
Rede  pro  Q.  Metello :  non  immerito  Augustus  existimat  magis  ab  actuariis  ex- 
ceptam  male  subsequentibus  vcrba  dicentis  quam  ab  ipso  editam.  Noch 
Quintilian  beklagt  sich  (VII,  2,  24)  dass  Buchhändlerspeculation  Reden  von 
ihm  die  ueglegentia  .  .  notariorum  corruptae  waren  veröffentlicht  habe. 
Andererseits  schrieb  z.  B.  M.  Brutus  blos  exercitationis  gratia  eine  Ver- 
theidigungsrede  für  Milo  (Quintil.  III,  6,  93  vgl.  X,  1,  23).  Auch  unterge- 
schobene Reden  gab  es  frühzeitig.  Sulpici  (tr.  pl.  666)  orationes  quae 
feruntur,  eas  post  mortem  eins  scripsisse  P.  Canutius  putatur.  .  .  .  ipsius 
Sulpici  nulla  oratio  est,  Cic.  Brut.  205. 

8.  Hieronym.  zu  Euseb.  Chr.  a.  1929  =  Ol.  173,  1  ~  667  d.  St.:  Plo- 
tius  Gallus  primus  Romae  latinam  rhetoricam  docuit.  Vgl.  Suet.  rhet.  2. 
Sen.  controv.  II,  8,  5.  p.  116,  22  f.  Bu.  Quintil.  II,  4,  42.  Die  J.  662  durch 
die  Censoren  (worunter  L.  Crassus)  erfolgte  Ausweisung  der  latini  rhetores 
(Gell.  XV,  11,  2)  war  wirkungslos.  Hieron.  1.  1.  1936  =  Ol.  174,  4  =  673: 
Vultacilius  Plotus  latinus  rhetor,  Cn.  Pompei  libertus  et  doctor,  scholam 
Romae  aperuit.  Griechische  Lehrer  der  Beredtsamkeit  waren  in  der  cic. 
Zeit  der  ältere  Hermagoras,  Molen,  Apollodoros  aus  Pergamon.  Schüler: 
Apollodori  praecepta  magis  ex  discipulis  cognoscas,  quorum  diligentissimus 
in  tradendo  fuit  latine  G.  Valgiup,  graece  Atticus,  Quintil.  III,  1,  18.  Vgl. 
Hieronym.  1.  1.  1953,  Ol.  179,  1  =  690:  Apollodorus  Pergamenus,  graecus 
orator,  praeceptor  Calidii  et  Augusti,  clarus  habetur.  Cic.  Brut.  263:  C. 
Sicinius,  ex  disciplina  Hermagorae;  ebenso  T.  Accius  aus  Pisaurum,  ih.  271. 
Schüler  des  Molen  auch  T.  Torquatus,  Brut.  245. 

9.  Zur  Charakteristik  der  Hauptredner  der  cic.  Zeit:  Quintil.  XII,  10, 
11:  vim  Caesaris,  indolem  Caelii,  subtilitatem  Calidii,  diligeutiam  Pollio- 
nis,  dignitatem  Messalae,  sanctitatem  Calvi,  gravitatem  Bruti,  acumcn  Sul- 
pici, acerbitatem  Cassii  reperimus.  Vgl.  Apul,  apol.  95:  ut  in  illa  (ora- 
tione)  neque  Cato  gravitatem  requirat,  ncque  Laelius  lenitatem,  neque 
Gracchus  impetum,  nee  Caesar  calorem,  nee  Hortensius  distributionem,  nee 
Caivus  argutias,  nee  parsimoniam  Sallustius,  nee  opuleutiam  Cicero. 

37.  Die  augusteische  Zeit  enthält  in  Asinius  PoUio  und  M. 
Messala  noch  Vertreter  der  republikanischen  Beredtsamkeit,  und 
auch  August  selbst,  sowie  Agrippa  und  Mäcenas,  zeigen  sich 
gelegentlich  als  rednerisch  gebildet.  Aber  in  ihr  schwinden  mit 
der  alten  Verfassung  auch  die  Gelegenheiten  und'  StoiFe  für  die 
Beredtsamkeit  und  wachsen  in  demselben  Masse  die  Hindernisse 
und  Schranken.  So  tritt  immer  mehr  die  blose  Theorie  an  die 
Stelle  der  Praxis,  rhetores  an  die  der  oratores,  Declamation  au 
die  Stelle  der  Rede.  Noch  in  die  Zeit  Augusts  fallen  daher  die 
frühesten  Vertreter  der  kaiserlichen  Beredtsamkeit,  der  Red- 
ner Cassius  Severus,  die  Rhetoren  Porcius  Latro,  Albucius  Silus, 
Arellius  Fuscus,  Junius  Gallio,  Cestius  Pius,  Fulvius  Sparsus, 
Argentarius,  Blandus,  Q.  Haterius,  Julius  Bassus,  Porape- 
jus  Silo,  Varius  Geminus,  u.  A.,  an  die  sich  in  August's  letzten 


Die  Beredtsamkeit  in  der  augusteischen  u.  Eaiserzeit.  Die  Rhetorik   57 

Jahren  noch  Rutilius  Lupus  und   der  Rhetor  Seneca  anreihten. 
Das  Wesen   dieser  neuen  Beredtsamkeit  besteht  in  ausschliess- 
lichem Cultus  der  Form  neben  wissentlichem  Verzicht  auf  ernst- 
haften Inhalt  und  praktische  Zwecke.     Die  Rhetorschule  wird 
jeht  Selbstzweck    und   Mittelpunkt   des    geistigen  Lebens    und 
baut  sich  eine  Welt  von  Fictionen  auf,    meist  aus  den  griechi- 
schen Vorgängern    geschöpft.     Aus    dem    genus    deliberativum 
nimmt  sie  ihre  suasoriae,  vom  iudiciale  ihre  controversiae ;  von 
der  epideiktischen  Gattung  sind  die  laudationes  und  vituperatio- 
nes  behebt.     Die  Manieren  des  rhetorischen  Hörsaals    werden 
dann  auch  auf  che  wenigen  Gelegenheiten  übergetragen  wo  man 
noch  praktisch  thätig  sein  konnte,  und  diese  zu  Schaustellungen 
theatrahscher  Declamation  benützt.    Desto  seltener  war  Rechts- 
kemitniss.     Die  namhaftesten   nachaugusteischen  Redner  dieser 
Art  sind  Votienus  Montanus,  Romanius  Hispo,  Crispus  Passienus, 
Domitius   Afer,    Galerius  Trachalus,    Julius  Africanus,    Vibius 
Crispus,  Julius  Secundus,  und  zuletzt  Tacitus  und  Plinius.    Ver- 
gebens  weisen    Quintilian    und    Tacitus    (im  dialogus)    auf   die 
echten  classischen  Muster  hin  und  kämpfen  gegen  die  Richtung 
ihrer  Zeit  an,  von  der  sie  unwissentlich  selbst  mitergriffen  sind. 
Mit  Fronto  wurde  die  Rede  noch  überdiess  geschraubt  und  mit 
Archaismen  geschmacklos  behängt.    Dieselbe  Manier,  aber  mehr 
Geist  hat    Apulejus.      Je  vielseitiger  und  feiner   das  römische 
Recht  sich,  besonders  im  dritten  Jahrh.,  entwickelte,  um  so  un- 
znganghcher  wurde  es  für  die  Phrasenmacher,  die  so  auch  den 
letzten  Rest  von  praktischer  Thätigkeit  einbüssten  und  sich  von 
da  an  auf  Prunkreden  beschränkt  sahen,   auf  den  servilen  Pa- 
iiegyrikus,  fingierte  Standreden  und  auf  die  Form  von  Briefen. 
Besonders  Gallien  war  hieran  frucntbar.    Noch  der  bedeutendste 
Vertreter  dieser  Richtung  ist  Symmachus,  nächstdem  Ausonius; 
desto  leerer  sind  die  Panegyriker  Claudius  Mamertinus,   Eimie- 
nius,  Nazarius,   Drepanius      Im  sechsten  Jahrh.   gehört  dahin 
Ennodius,  auch  theilweise  Boethius  und  Cassiodor.   Gehaltreicher, 
aber  in  der  Form  verwahrloster  war  die  Art  der  afrikanischen 
Rednerschule ,   welche  im  dritten  und  vierten  Jahrh.  dem  Chri- 
stenthum  seine  geistvollsten  Vorfechter  geliefert  hat  (TertulUan, 
Amobius,  Cyprian,  Augustinus).     Die  Rhetorik  dieser  Jahrhun- 
derte beschäftigte  sich  damit  die  alten  Meister  auszuziehen  und 
durch  Verwässerung  ihrer  Zeit  mundgerecht  zu  machen. 

1.   Tac.  dial.  38  extr.:  (orationes)  mediis  D.  Augusti  temporibus  habi- 
tae,  postquom  longa  temporum  quies  et  coutinuum  populi  otium  et  assi- 


ijy»^«. 


58  Sachlicher  Theil. 

dua  senatus  tranquillitas  et  maxime  prindpis  disciplina  ipsam  quoque  elo- 
quentiam,  sicut  obmia,  pacaverat.  Damals  lehrte  zu  Rom  Rhetorik  neben 
den  Griechen  Theodorus  aus  Gadara  und  Oaecilius  aus  Kaie  Akte  auch 
der  römische  Ritter  Blaudus.  Sen.  Contr.  II.  praef.  5,  p.  116,  19  ff.  Bu.: 
Blandus  rhetor,  qui  eques  rom.  Romae  docuit.  ante  illum  intra  libertinos 
praeceptores  pulcherrimae  disciplinae  continebantur  et  .  .  turpe  erat  docere 
(gegen  Bezahlung)  quod  honestum  erat  discere.  Für  die  gewachsene  Be- 
deutung der  Rhetorik  ist  auch  diesEi  bezeichnend. 

2.  Tac.  dial.  14  extr. :  novi  rhetores,  veteres  oratores.  Dieser  novi 
werden  von  dem  älteren  Seneca  mindestens  100  genannt.  Spätere  auch  bei 
Juv.  VII,  143  ff.  214.  Nero  war  der  erste  Kaiser  der  julischen  Dynastie 
welcher  alienae  facundiae  bedurfte,  Tac.  A.  XIII,  3.  Die  Hauptredner  sei- 
ner Zeit  charakterisiert  Quintil.  XII,  10,  11:  copiam  Senecae,  vires  Afri- 
cani,  maturitatem  AM,  iucunditatem  Crispi,  sonum  Trachali,  elegantiam 
Secundi.  Lateinische  Schriftsteller  über  Rhetorik  aus  dem  ersten  Jahrh. 
(ausser  Seneca  und  Quintilian):  Celsus,  Laenas,  Luranius  (Quint.  IX,  4,  38), 
Stertinius,  Gallio,  Porcius  Latro,  Cestius  Pius,  Plinius  Secundus  (Quint.  XI, 
3,  143),  Verginius,  Tutilius,  Vettius  (Juv.  VU,  150  f.).  Vgl.  Quintil.  III,  1, 
19 — 21.  Quintilian  war  der  erste  von  Staatswegen  (durch  Vespasian)  an- 
gestellte Lehrer  der  Beredtsamkeit.  Schon  in  dieser  Zeit  Juv.  VII,  147  f.: 
accipiat  te  Gallia,  vel  potius  nutricula  causidicorum  Africa,  si  placuit 
mercedem  ponere  linguae. 

3.  Die  causae  corruptae  eloquentiae,  welche  Tacitus  (dial.)  und  Quin- 
tilian (vgl.  V,  12,  23.  VI,  prooem.  3.  VIII,  6,  76)  in  eigenen  Schriften  zu 
ergründen  suchten,  lagen  nicht  blos  in  der  licentia  atque  inscitia  decla- 
mantium  (Quintil.  11,  10,  3),  sondern  diese  war  nur  ein  Symptom,  und  die 
eigentlichen  Ursachen  lagen  in  den  Zeitverhältnissen.  Das  Publicum  war 
nicht  besser  als  seine  Redner  und  verlangte  immer  Neues  und  Pikantes; 
Tac.  dial.  19.  Quint.  IV,  1,  57.  72.  5,  10.  8,  1.  Ebenso  waren  die  welche 
vividam  et  incorruptam  eloquentiam  tuendis  civibus  exercebant  (Tac,  A.  XIII, 
42),  die  gerichtlichen  Redner,  causidici,  nicht  anders  als  die  Schulredner, 
vielmehr  in  ipsa  capitis  aut  fortunarum  pericula  irrupit  voluptas  (Quint.  IV, 

2,  122  vgl.  127.  3,  2.  Pers.  I,  83  ff.  Martial.  VI,  19).  Für  das  juristisch 
Technische  sahen  sich  die  meistei*  dieser  Gerichtsredner,  in  Ermangelung 
eigener  Kenntnisse,  auf  pragmatici  als  monitores  angewiesen,  Quint.  XII, 

3 ,  2  ff.    Juv.  VII ,  123. 

4.  Zur  Praxis  der  Rhetorschulen  Quint.  X,  3,  21:  obstant  fere  turba 
discipulorum  et  consuetudo  classium  certis  diebus  audiendarum,  nonnihil 
etiam  persuasio  patrum  numerantium  potius  declamationes  quam  aestiman- 
tium.  üeber  die  unpraktischen,  dem  wirklichen  Leben  fremden  Themata 
(wie  von  abdicati,  vom  raptor,  Juv.  VII,  168)  Quint.  II,  10,  6.  VIII,  3,  23 
u.  sonst.  Beliebt  war  auch  das  Donnern  gegen  Tyrannen  (Juv.  VII,  151), 
aus  der  Geschichte  Sulla  (ib.  I,  16  f.),  Hannibal  (VII,  161  ff.).  Arbeiten 
über  solche  Schulthemen  von  Quintilian  und  Calpumius  Flaccus,  besonders 
wichtig  aber  der  ältere  Seneca  und  des  Philostratos  vitae  sophistarum.  Der 
Vortrag  übertrieben  lebhaft  und  gebärdenreich,  Quint.  II,  12,  9  f.  IV,  2, 
37.  39.    XI,  3,  184.     Sitte  des  Applaudierens ,  Quint.  II,  2,  Uff. 

5.  Aus  dem  dritten  Jahrh.  Lamprid.  Diad.  4,  2:  solent  pueri  pileo  iu- 
signiri  naturali  (Glückskappe),  quod  obstetrices  rapiunt  et  advocatis  cre- 


Die  kaiserliche  Beredtsamkeit.  Die  Jurisprudenz  in  der  Repu]>lik.    59 

dulis  vendunt,  siquidem  causidici  hoc  iuvari  dicuntur.  Alex.  Sev.  35 ,  1  fi.: 
oratores  et  ppetas  non  sibi  panegyricos  dicentes,  quod  .  .  stultum  ducebat, 
sed  aut  orationes  recitantes  aut  facta  vetenim  canentes  libenter  audiviö  .  . 
ad  Athenaeiun  audiendorum  et  graecomm  et  latinorum  rhetorum  vel  poe- 
tamm  causa  frequenter  processit.  audivit  etiam  forense»  oratores  cansas 
recitantes  quas  vel  apud  ipsum  vel  apud  praefectos  urbis  egeraut.  44,  4  f. : 
rhetoribus,  grammaticis,  medicis  etc.  salaria  instituit  et  auditoria  decrcvit 
et  disdpulos  cum  annonis  .  .  dari  iussit.  etiam  in  provinciis  oratoribus 
forensibus  multum  detulit,  plerisque  etiam  aunonas  dedit,  quos  constitisset 
gnüi  agere.  Ib.  68,  1  Claudius  Venacus,  orator  amplissimus.  Vgl.  Capi- 
toL  Maximin.  29  (iun.  3),  4:  Messalam  ex  familia  nobili,  oratorem  poteu- 
tissimam  eundemque  doctissimum.  Des  Jüngern  Maximin  Lehrer  war  ora- 
tor Titianus,  ib.  27  (iun.  1),  5.  Unter  Gordian  IIIMisitheus,  doctissimus 
vir,  quem  causa  eloquentiae  dignum  parentela  sua  putavit  (Capit.  Gord. 
23,  6).  üeber  Numerianus  sagt  Vopisc.  Car.  11,  1:  eloquentia  praepoUens, 
adeo  nt  publice  declamaverit  feranturqne  illius  scripta  nobilia,  declama- 
tioni  tarnen  magis  quam  Tulliano  adcommodatiora  stilo.  Er  erhielt  vom 
Senat  eine  Statue  mit  der  Inschrift:  Numeriano  Caesar! ,  oratori  tempori- 
bos  suis  potentissimo  (ib.  11,  3).  Der  jüngere  Postumus  war  nach  Tre- 
belL  Poll.  XXX  tyr.  4,2  ita  in  declamationibus  disertus  ut  eins  contro- 
fersiae  Quintüiano  dicantur  insertae.  M.  Damatius  Urbanus,  optima  facun- 
dia  praeditns  (in  Sitifis,  J.  231),  Orelli-Henzen  5607.  Aus  diesem  Jahrh. 
ist  der  Bhetor  Aquila  Romanus. 

6.  Aus  dem  vierten  Jahrh.  die  Lehrer  des  Ausonius,  Ti.  Victor  Miner- 
nos,  dessen  Sohn  Alethius  Minervius,  dann  Latinus  Alcimus  Alethius,  Leh- 
rer des  Kaisers  Julian,  Aemilius  Magnus  Arborius ,  rhetor  Tolosae,  Auson. 
Profess.  Burdig.  1.  6.  2.  16.  —  M.  Romanius  lovinus,  rhetor  eloquii  latini, 
Orelli-Henzen  5606  (Rom).  —  StoiFe  panegyrici  und  fictae  ludorum  (Schulen) 
lites,  Auson.  1.  1.  1,  13  ff. 

7.  Sammlung  der  späteren  rhetorischen  Schriften,  bis  auf  Beda  herab, 
von  C.  Halm:  Rhetores  latini  minores.  Ex  codd.  maximam  partem  primum 
adhibitis  emendavit.  Lips.  1863.  Sie  enthält  die  scriptores  de  figuris  sen- 
tentianmi  et  elocutionis  (bes.  Rutilius  Lupus,  Aquila  und  Julius  Rufinianus), 
dann  die  Lehrbücher  der  Rhetorik  von  Fortunatianus,  Augustinus,  Sulpi- 
dos  Victor,  Julius  Severianus  und  Julius  Victor,  sowie  die  betr.  Theile  der 
encjclopädischen  Werke  des  Martiauus  Capella,  Cassiodor  und  Isidor;  wei- 
ter Albini  (vulgo  Alcuini)  dialogus  de  rhetorica,  und  eine  Anzahl  Schrift- 
steller welche  einzelne  Theile  der  Rhetorik  behandelt  haben,  wie  Priscian's 
Uebersetzung  der  ngayviivdoftara  des  Hermagoras,  Abhandlungen  von  Em- 
poriofi,  Rufinus  u.  A. 

38.  Die  Rechtswissenschaft  ist  das  einzige  Gebiet  der 
Literatur  welches  sich  bei  den  Römern  von  Anfang  bis  zu  Ende 
rein  national  entwickelt  hat.  Der  unbeugsame  Sinn  der  auf 
sein  Recht  sich  steift  und  davon  nicht  lässt  war  den  Römern 
immer  eigen  und  für  das  Festwerden  eines  Rechtes  günstig,  zu 
dessen  Ausbildung  dann  die  bei  ihnen  reichlich  vorhandenen 
Eigenschaften  der  Verstandesschärfe,  des  praktischen  Geschickes 


t5£- 


60  Sachlicher  Theil. 

und  des  Ordnungstriebes  vollkommen  ausreichten,  und  wofür  die 
der  römischen  Rechtsverfassung  eigenthümliche  Vereinigung  von 
Stätigkeit  und  Entwicklungsfähigkeit  bald  höchst  förderlich 
wurde.  Sehr  früh  gab.es  feste  Satzungen,  ursprünglich  von 
sacralem  Charakter  und  im  Besitze  der  patricischen  Pontifices, 
daher  auch  deren  Auslegung,  Anwendung  und  Weiterbildung  in 
der  Hand  der  Patricier  lag.  Nachdem  aber  um  450  d.  St.  die  Klag- 
formen und  das  Verzeichniss  der  Gerichtstage  veröflFentlicht  wor- 
den waren  wurde  das  Recht  allgemein  zugänglich  und  hat  auch 
alsbald  Vertreter  an  den  Plebejern  P.  Sempronius  Sophus  und 
Tib.  Coruncanius.  Bei  der  positiven  Natur  des  Rechts  konnte 
die  literarische  Thätigkeit  anfänglich  nur  im  Sammeln  und  Er- 
läutern der  Rechtsquellen  bestehen;  so  beim  ersten  juristischen 
Schriftsteller,  Sex,  Aelius  Catus  (um  550).  Je  manchfaltiger 
dann  das  Leben  sich  gestaltete,  desto  wichtiger  wurde  die  Rechts- 
kenntniss,  und  die  auctoritas  prudentum,  wie  sie  sich  in  ihren 
Rechtsbescheiden  (responsa)  aussprach,  wurde  allmählich  zu  einer 
förmlichen  Rechtsquelle.  Seit  Anfang  des  siebenten  Jahrh.  d.  St. 
finden  wir  die  responsa  aufgezeichnet  und  in  Sammlungen  ver- 
öffentlicht; so  von  dem  Sohne  des  Cato  Censorius,  von  M.  Ju- 
nius  Brutus  und  P.  Mucius  Scaevola  (Cos.  621),  während  M'.  Ma- 
nilius  eine  Formularsammlung  herausgab.  In  der  Mitte  des  sie- 
benten Jahrh.  wurde,  wohl  unter  dem  Einflüsse  des  stoischen 
Systems,  das  römische  Recht  schon  systematisch  dargestellt  durch 
Q.  Mucius  Scaevola  (pont.  max.,  Cos.  659).  Dessen  Schüler  war 
C.  Aquilius  Gallus,  und  durch  des  Letzteren  Schüler,  Ser.  Sulpicius 
Rufus,  wmrde  die  Systematisierung  des  Rechts,  zu  welcher  auch 
Cicero  einen  Beitrag  lieferte,  wesentlich  gefördert.  Dass  bis  da- 
hin die  Rechtskenn tni  SS  überwiegend  auf  mündlichem  Wege  fort- 
gepflanzt worden  war  und  in  manchen  Familien  (wie  den  Aelii, 
Mucii,  Pofcii,  Sulpicii,  später  den  Antistii)  gleichsam  sich  vererbte 
hatte  die  Juristen  allmählich  zu  einem  eigenen  Stande  gemacht. 

1.  Quellen:  Poinponius  de  origine  iuris,  Dig.  I,  2.  Weiterhin  überhaupt 
die  Digesten.  Sammlungen  von  Gneist  (Institutionum  eyntagma,  Lips.  1858) 
und  von  Ph.  E.  Huschke  (lurisprudentiae  anteiustinianae  quae  supersunt, 
Lips.  1861.  1867)  und  das  Corpus  iuris  auteiustinianei ,  Bonn  1835  ff. 

2.  J.  A.  Bach,  historia  lurisprudentiae  romanae,  Lips.  1754  ff.  editio 
sexta,  ed.  A.  C.  Stockmann,  Lips  1806.  S.  W.  Zimmern,  Geschichte  des 
römischen  Privatrechts  bis  Justinian;  bes.  I,  1  (Heidelberg  1826).  A.  F.* 
Rudortf,  römische  Rechtsgeschichte,  Leipzig  1857,  bes.  I:  Rechtsbildung. 
Auch  in  den  Lehrbüchern  der  Institutionen,  bes.  dem  von  Puchta,  Bd.I.  F.D. 
Sanio,  zur  Geschichte  der  römischen  Rechtswissenschaft,  Königsberg  1858; 


Die  Jurisprudenz  bei  den  Römern.  61 

und:  Varroniana  in  den  Schriften  der  röm.  Juristen,  yornehmlich  an  dem 
Enchiridion  des  Pomponius,  nachzuweisen  versucht,  Leipzig  1867.  Momm- 
een  R.  G.  I».  S.  406,  A.  2.  441  f.  II.  S.  458—460.  —  H.  E.  Dirksen,  Bruch- 
stücke aus  den  Schriften  der  römischen  Juristen,  Königsberg  1814.  Ueber 
die  ältesten  rÖm.  Juristen  auch  de  Geer,  Verslagen  etc.  der  holländ.  Aka- 
demie, VII  (1863)  p.  196—209. 

3.  Bei  den  Griechen  war  die  Rechtsbildung  und  Rechtswissenschaft 
auffallend  vernachlässigt;   s.  Cic.  de  or.  I,  45,   198.    59,  253.     Desto  gün- 
stiger lagen  die  Verhältnisse  bei  den  Römern;  vgl.  Ihering,  Geist  des  rÖm. 
Rechts  1.  S.  300  ff.    Bei  ihnen  wurde  die  Rechtskenntniss  sogar  populär ; 
vgl.  die  Sponsionsformcln  für  Viehhandel  bei  Cato  (R.  R.  144—150  und  Varro 
(unten  129,  1).    Je  nationaler  daher  ein  Dichter  ist  um  so  mehr  tritt  bei  ihm 
das  Recht  hervor.    So  bes.  bei  Plautus.    Aber  auch  Terenz,  Eun.  prol.  10  ff., 
glaubt  ein  Stück  des  Luscius  damit  abgethau  dass  er  ihm  einen  groben  Ver- 
stoss gegen  den  Civilprocess  nachweist.    Vgl.  auch  die  Togatentitel  Emanci- 
patus,  lurispenta  (auch  Icta?)  von  Titinius  und  Afranius.    Dass  Geschäfts- 
männer (wie  M".  Curius,  Cic.  ad  Fäm.  VII,  29)  Rechtskunde  besassen  ist 
ohnehin  selbstverständlich;  später  a^ch  einzelne  Frauen,  Juv.  VI,  244  f. — 
Cic  off.  11,  19,  65:  in  iure  cavere,  consilio  iuvare  atque  hoc  scientiae  ge- 
nere  prodesse  quam  plurimis  vehementer  et  ad  opes  augendas  pertinet  et 
ad  gratiam.    itaque  cum  multa  praeclara  maiorum  tum  quod  optime  con- 
fititnti  iuris  civilis  summo  semper  in  honore  fuit  cognitio  atque  interpre- 
tatio.   Liv.  XXXIX,  40:  ad  simimos  honores  alios  scientia  iuris .  .  provexit. 

4.  Dem  consulere  der  Clienten  (consultores)  steht  das  (de  iure)  respon- 
dere  (Cic.  Brut.  30,  113)  der  consulti  gegenüber,  das  entweder  zu  Hause 
erfolgte  (auf  einem  solium  sitzend,  Cic.  de  or.  II,  55,  226.  III,  33,  133j 
oder  indem  man  transverso  foro  ambulabat  (ib.  III,  33,  133).  A.  F.  Rn 
dorff,  die  Entstehung  der  consultatio,  Ztschr.  für  Rechtswiss.  XIII.  S.  50—  6G. 
Indem  man  dabei  Jüngere  als  Zuhörer  zuliess  bildete  man  zugleich  Schü- 
ler, wie  schon  Coruncanius.  So  war  Cicero  auditor  des  Augurs  Q.  Scae- 
vola,  und  schreibt  (ad  Fam.  VII,  19)  an  Trebatius:  num  ius  civile  vestrum 
ex  libris  cognosci  potest?  qui  quamquam  plurimi  sunt  doctorem  tamen 
Donniunquam  desiderant.  Es  gab  dabei  viel  (Formeln)  auswendig  zu  1er 
nen,  Cic.  de  or.  I,  58,  246. 

5.  Der  Schematismus  des  stoischen  Systems  konnte  bei  Juristen  nicht 
ohne  Einfluss  bleiben.  So  war  der  Augur  Q.  Scaevola  mit  Panaitios  be- 
freundet (Cic.  de  or.  1, 11, 45),  und  der  Pontifex  Q.  Scaevola  verräth  stoischen 
Einfluss  in  seiner  Dreitheilung  der  'Götterlehre  (Augustin.  civ.  d.  IV,  27} 
and  in  dem  Buchtitel ''O^oi.  Späterhin  zeigte  sich  namentlich  in  der  Auf 
fassung  des  Naturrechts  (als  tpvasL  SCnuiov)  Einwirkung  des  Aristoteles  und 
der  Stoiker.  M.  Voigt,  das  ius  naturale  I.  Leipzig  1856.  Hildenbrand, 
Rechte-  u.  Staats-Philosophle  I.  S.  593  ff.  Laferri^re,  Mdm.  concernant 
rinfloence  du  stoicisme  sur  la  doctrine  des  Jurisconsultes  romains,  Mdm. 
de  Tacad.  des  sciences  morales  X  (1860)  p.  579—685.  Mit  dem  Epikuräis- 
mus  hält  die  Jurisprudenz  für  unvereinbar  Cic.  ad  Fam.  VII,  12. 

39.  Da  das  Hauptfeld  der  römischen  Jurisprudenz,  däs  Ci- 
vilrecht,  von  der  Staatsverfassung  ziemlich  unabhängig  war,  so 
brachte  deren  Umsturz  keiiie  Störung  in  die  Entwicklung  jener; 


[ 
ii^_:i 


62  Sachlicher  Theil. 

vielmehr  erforderte  die  monarchische  Conceutration  der  Gesetz- 
gebung und  Rechtspflege  um  so  dringender  technische  Rath- 
geber  und  Organe.  ,Die  Zeit  des  Augustus  besass  ausgezeichnete 
Juristen  an  C.  Trebatius  Testa,  A.  Cascellius,  auch  Q.  Tubero; 
und  unter  ihm  begann  die  Spaltung  der  Juristen  in  Sabinianer 
und  Proculianer,  an  der  Ersteren  Spitze  der  schmiegsame  C.  Ate- 
jus  Capito,  während  das  Haupt  der  Proculianer  der  republika- 
nisch gesinnte  M.  Antistius  Labeo  war.  Schon  August  verlieh 
auch  den  responsa  theilweise  Gesetzeskraft.  Unter  den  folgen- 
den Kaisern  der  julischen  Dynastie  blühten  die  Rechtsgelehrten 
Masurius  Sabinus,  M.  Coccejus  Nerva,  C.  Cassius  Longinus  und 
Sempronius  Proculus.  Den  Kaisern  unentbehrlich  und  in  seinem 
Privatrecht  auch  in  den  schlimmsten  Zeiten  ungestört,  ja  die 
höchsten  Stellen  im  Staate  bekleidend,  erhielt  der  Stand  der 
Juristen  fortwährenden  Zufluss  a#  begabten  und  charaktervollen 
Männern,  welche  ihre  Wissenschaft  zu  einer  für  Laien  uner- 
reichbaren Feinheit  ausbildeten  und  dem  Rechte  Gleichheit  und 
Folgerichtigkeit  verliehen.  War  schon  unter  der  flavischen  Dy- 
nastie (Nerva  Sohn,  Caelius  Sabinus,  Pegasus,  Juvenüus  Celsus, 
Vater),  dann  unter  Nerva  und  Trajan  (Celsus  Sohn,  Neratius 
Priscus,  Priscus  Javolenus,  Titius  Aristo)  die  Zahl  bedeutender 
Rechtsgelehrten  und  Rechtslehrer  ansehnlich,  so  folgen  sieh 
vollends  seit  Hadrian,  etwa  130  bis  230  n.  Chr.,  die  grossen 
Juristen  in  ununterbrochener  Reihe:  Salvius  Julianus,  L.  Volu- 
sius  Maecianus,  Sex.  Pomponius,  L.  Ulpius  Marcellus,  Q.  Cervi- 
dius  Scäevola,  ganz  besonders  aber  die  Koryphäen  und  Classil^er 
der  Jurisprudenz:  Gaius,  Aemilius  Papinianus,  Julius  Paullus, 
Domitius  Ulpianus,  sowie  Jlerennius  Modestinus.  Solche  geistige 
Grössen  erhoben  die  Rechtswissenschaft  zu  einer  Höhe  dass, 
damit  verglichen,  alles  der  republikanischen  Zeit  Angehörige  als 
blose  Vorarbeit  erscheint,  verliehen  ihren  Schriften  die  Klarheit, 
ja  Schönheit  von  wissenschaftlicTien  Kunstwerken,  und  schufen 
das  römische  Recht  aus  einem  Bürgerrechte  zu  einem  Menschen- 
rechte um,  in  welchem  die  nationalen  Besonderheiten  nahezu 'ab- 
gestreift, die  Rechtsbegriffe  auf  den  klarsten  Ausdruck  gebracht 
sind  und  das  durch  den  das  Ganze  durchwehenden  Geist  der  Hu- 
manität zu  einem  Horte  der  Bedrängten  geworden  ist.  Manches 
was  ursprünglich  rechtswidrig  und  eine  Härte  war  wussten  sie  zu 
mildern  oder  umzuwandeln  durch  ihre  Auslegung,  die  freilich  zu- 
gleich den  Worten  Gewalt  anzuthun  lehrte.  Mit  der  Mitte  des 
dritten  Jahrh.  n.  Chr.  erlosch  die  juristische  Production.   Mit  dem 


Die  Jurisprudenz  in  der  augiisteischen  und  der  Kaiserzeit.  63 

vierten  Jahrh.  begann  die  Sammlung  der  kaiserlichen  Verordnun- 
gen im  codex  Gregorianus  (J.  308),  welchem  bald  (365)  der  codex 
Hermogenianus  nachfolgte.     Unter  Theodosius  II   und  Valenti- 
nian  III  wurde  dann   die  Codification   des   christlich-römischen 
Rechts  unternommen,    in  dem  codex  Theodosianus,    dem  im  J. 
438  Gesetzeskraft  verliehen  wurde  und  der  von  448  bis  468  an 
Novellae  des  Theodosius  und  seiner  Nachfolger  Nachträge  er- 
hielt.    Aus  dem  fünften  Jahrh.   sind  auch  die  fragmenta  Vati- 
cana  und    die   Collatio  legum  mosaicarum  et  romanarum;    aus 
dem  Anfange  des  sechsten  Jahrh.  das  Edictum  Theoderici,   die 
lex  romana  Visigothorum  (breviarium  Alaricianum) ,   sowie  die 
lex  romana  Burgundionum.    Den  Abschluss    machte  die  durch 
Justinian  angeordnete  und  hauptsächlich  von  Tribonianus  aus- 
geführte Sammlung  der  Rechtsquellen,   zuerst  (529)  der  Codex 
lustinianeus,  dann  (533)  die  Institutionen  und  die  Digesta,  eine 
Auswahl,  aus  den  Schriften  der  besten  Juristen  in  50  Büchern, 
darauf  (534)  eine  vermehrte  Auflage  des  Codex  (repetitae  prae- 
lectionis).    Die  (168)  Novellae  constitutiones  lustiniani  stammen 
aus  535 — 565,   sind  aber  eine  erst  nach  dem  Tode  Justinians 
gemachte  Privatsammlung;  eine  andere  (von  125  Novellen)  ent- 
stand 556,  die  Epitome  luliani.    Später  folgte  eine  dritte  Samm- 
lung, von  134  Novellen,  im  Mittelalter  Authenticum  genannt. 

1.  Populäre  Vorstellungen  von  der  Aufgabe  der  Juristen:  qui  iuris 
nodos  et  legum  aenigmata  solvit,  Juv.  VIII,  58.  lurisconsulti ,  quorum 
sommus  circa  verborum  proprietatem  labor  est,  Quintil.  V,  14,  34.  Wirk- 
lich blieb  die  Entwicklung  des  Criminalrechts  weit  zurück  hinter  der  des 
PriTatarechts.  Auch  noch  in  der  Kaiserzeit  war  ein  gewisses  Rechtsver- 
ständniss  lange  verbreitet.  So  sagt  bei  Apulej.  Met.  IX,  27  ein  gewöhn- 
licher Mann:  non  herciscundae  famiüae,  sed  communi  dividundo  formula 
dimicabo.  Und  eine  Inschrift  der  appischen  Strasse  (Orelli  5069):  Iter  pri- 
▼atom  Anni  Largi.  precario  utitur  Antonius  Astralis  (damit  keine  Servi- 
tut entstehe).  Andererseits  auch  populäre  Sticheleien  auf  die  Diftelei 
(nimia  et  misera  diligentia,  Dig.  II,  31,  88.  §.  17)  der  Juristen,  wie  auf 
den  Grabschriften:  huic  monumeuto  dolus  malus  abesto  et  iurisconsultus 
(oder  ius  civile),  Orelli  4374.  4390  f.  4821.  So  wird  ib.  7236  ein  librarius 
gerühmt  qui  testamenta  scripsit  annos  XIV  sine  iuris  consulto.  Auch  das 
Testament  eines  Schweins  (oben  24,  4)  gehört  hieher,  obgleich  es  wohl  aus 
juristischen  Kreisen  stammt. 

2.  Der  praefectus  urbi  war  ein  Jurist,  und  Juristen  verfassten  die  kai- 
serlichen Verordnungen  (constitutiones).  Capitol.  Ant.  Philos.  11,  10:  habuit 
secum  praefectos,  quorum  et  auctoritate  et  periculo  semper  iura  dictavit. 
onis  antem  est  Scaevola  praecipue  iuris  perito.  Lamprid.  Alex.  Sev.  16, 
1:  neqne  uUam  constitutionem  sacravit  sine  XX  iurisperitis  et  doctissimis 
ac  si^ientibuB  viris  isdemque  disertissimis  non  minus  L.     Dieser  Apparat 


64  SachUcher  Theil. 

war  aber  nicht  das  Gewöhnliche.  Ihre  amtliche  Stellung  brachte  die  In-  * 
risten  in  den  Geruch  dass  sie  vorzugsweise  das  Interesse  des  Fiscus  im 
Auge  haben  (Juv.  IV,  53  fF.);  doch  waren  die  ausgezeichnetsten  unter  ihnen, 
ein  Labeo,  Cassius  (Tac.  A.  XIV,  43),  Papinian  (Spartian.  Carac.  8),  von 
«  Servilismus  weit  entfernt,  und  des  Salvius  Juhanus  Ruhm  kam  noch  seinem 
Urenkel  zu  Gute  (Spart.  Did.  Itd.  1).    .. 

3.  Quintilian  (XII,  3)  verficht  ausdrücklich  die  Nothwendigkeit  der 
Rechtskenntniss  für  die  Redner  und  tröstet  (ib.  6  vgl.  9)  diese:  das  Recht 
sei  non  tarn  arduum  quam  procul  intuentibus  fortasse  videatur,  polemi- 
siert jedoch  (ib.  1 1)  auch  gegen  die  Juristen  welche  die  Beredtsamkeit  ver- 
schmähen und  se  ad  album  ac  rubricas  transtulerunt  et  formularii  vel  .  . 
leguleii  esse  maluerunt.  In  der  Regel  verstanden  die  Redner  vom  Rechte 
gar  nichts  (Vgl.  oben  37,  3),  das  sich  zu  ihren  Phrasen  so  spröd  verhielt; 
ja  sie  glaubten  in  ihrem  Dünkel  sogar  sich  darüber  lustig  machen  zu  können 
(Tac.  dial.  32).  Gegensatz  von  causidici  und  iurisconsulti  schon  bei  Seneca 
apocol.  12.  In  einem  gewissen  Zusammenhang  aber  wurden  Rechtskenntniss 
und  Beredtsamkeit  doch  fortwährend  gedacht;  vgl.  Lamprid.  Alex.  Sev.  16, 
2:  si  de  iure  aut  de  negotiis  tractabat  solos  doctos  et  disertos  adhibebat. 

4.  Die  allgemeine  ünkenntniss  der  Kaiserzeit  über  die  Zustände  der 
Republik  (vgl.  oben  33,  1)  erstreckte  sich  auch  auf  die  Juristen  .  .  Die  iuris 
auctores  der  Republik  wurden  bald  als  veteres  bezeichnet  und  vergessen. 
Celsus  ist  der  Letzte  der  noch  einzelne  Schritten  der  veteres  vor  Q.  Mu- 
cius  Scaevola  unmittelbar  benutzt  zu  haben  scheint.  Auch  die  Schriften 
der  veteres  nach  Q.  Scaevola  haben  wahrscheinlich  schon  Pomponius  und 
dessen  Zeitgenossen  nicht  mehr  im  Original  benutzt,  und  Pomponius  begeht 
daher  in  seiner  Uebersicht  bei  der  älteren  Zeit  verschiedene  Fehler ;  s.  un- 

'   ten  114,  3.  129,  2.  4  u.  5. 

5.  H.  E.  Dirksen,  von  den  Zeugnissen  der  Epigraphik  über  .  .  einzelne 
römische  Rechtsgelehrte,  Abhh.  der  Berliner  Akad.  1852,  S.  105—208.  H. 
H.  Fitting,  über  das  Alter  der  Schriften  römischer  Juristen  von  Uadrian 
bis  Alexander  Severus,  Basel  1860.  55  S.  4.  Ein  wirres  Verzeichniss  vom 
Juristen  angeblich  unter  Alex.  Severus  bei  Lamprid.  AI.  Sev.  68. 

40.  Zum  Betriebe  der  Philosophie  hatten  die  Römer  we- 
nig natürlichen  Beruf.  Zwar  fehlte  es  ihnen  nicht  an  der  Nei- 
gung aus  den  zerstreuten  Erfahrungen  des  Lebens  eine  Summe 
zu  ziehen;  aber  das  eigentliche  SpecuHeren  erschien  ihrem 
rein  praktischen  Sinne  als  Müssiggehen.  Alles  eigentlich  Phi- 
losophische kam  ihnen  nur  durch  die  Griechen  zu,  und  zu  einer 
Zeit  wo  in  Hellas  selbst  an  die  Stelle  der  grossen  Meister  Epi- 
gonen getreten  waren  welche  auf  Reproduction  und  schulmässi- 
ges  Weiterspinnen  eines  kleinen  Kreises  von  Gedanken  sich  be- 
schränkten. Der  erste  Vermittler  griechischen  Philosophierens, 
Q.  Ennius,  griff  sogar  (ausser  der  Lebensweisheit  seines  Epi-  ' 
charmus)  nach  einem  Erzeugniss  seichtester  Aufklärung,  der 
Schrift  des  Euhemeros,  und  noch   bei  Pacuvius  und  L.  Attius 


Die  Philosophie  in  der  Republik.  65 

klingt  dieser  Ton  nach.    Die  Unvereinbarkeit  solcher  Lehren  mit 
der  bestehenden  Sitte  und  Religion  veranlasste  J.  581  die  Aus- 
weisung der  Epikureer  Alkaeos  und  Philiskos,    599  =  155  die 
möglichst  baldige,  aber  doch  zu  späte,  Entfernung  der  aus  Athen 
gekommenen    Gesandtschaft,    bestehend    aus    dem    Akademiker 
Kameades,  dem  Stoiker  Diogenes  und  dem  Peripatetiker  Krito- 
la^s,   von  denei^  besonders  der  Erstere  durch  seine  Beredtsam- 
keit  und  Freisinnigkeit  auf  die  jüngere  Generation  tiefen  Ein- 
druck machte.    Bald  fand  der  weitsichtige  Stoiker  Panaitios  bei 
dem  jüngeren  Scipio  Aufnahme  und   durch  ihn   der  Stoicismus 
unter  den  Römern  Eingang.     Anhänger  desselben  waren  der 
jüngere  Laelius,  Q.  Aelius  Tubero,  C.  Fannius,  Sp.  Mummius, 
C.  Blossius,  P.  Rutilius  Rufus,  Valerius  Soranus,  L.  Aelius  Stilo, 
femer  die  Juristen  Q.  Mucius  Scaevola  (der  Augur  wie  der  Pon- 
tifex),   L.  Lucilius  Baibus,    Sex.   Pompejus  und   Ser.   Sulpicius 
Rufus,    sowie   zuletzt    der  jüngere  Cato   und   als   Schriftsteller 
Stertinius.    Andere  Römer  wurden  durch  den  Griechen  dem  sie 
in  die  Hände  geriethen  für  andere  Systeme  gewonnen;  nament- 
lich die  (neue)  Akademie  fand  durch  ihren  Probabilismus  und 
hieraus    fliessende    advokatische  Nutzbarkeit    manchfachen  An- 
hang, wie  bei  C.  Aurelius  Cotta  (Cos.  679),  L.  LucuUus,  L.  Tu- 
bero.    Zu   den  Peripatetikern  neigten  sich  M.  Piso  (Cos.  693) 
und  M.  Licinius  Crassus  (Cos.  684).    Den  Epikureismus  empfahl 
seine  Fasslichkeit,  ethische  Lässlichkeit  und  Selbstgenügsamkeit 
namentlich  solchen  Naturen    welche    sich  aus  dem  politischen 
Getriebe  gern  in  behagliche  Müsse  zurückzogen,  wie  in  der  Zeit 
des  Cicero  sein  Atticus,  Papirius  Paetus  und  M.  Marius.    Eben 
darum  fand  dieses  System  auch  am  frühesten  literarische  Ver- 
tretung in  lateinischer  Sprache,  ausser  Ennius  und  der  commu- 
nis historia  des  Lutatius  in  der  Zeit  vor  Cicero  durch  Rabirius, 
Catius  und  Amafinius,  besonders  aber  durch  Lucretius.    Ausser- 
dem waren  Bekenner  des  Epikureismus  L,  Saufejus,  L.  Manlius 
Torquatus  (Prätor  706),   C.  Vellejus,   Statilius,   P.  Volumnius, 
theilweise  auch  C.  Cassius.     Vereinzelt  stand  Nigidius  Figulus 
mit  seinem  (wenig  reinen)  Pythagoreismus.     Desto  zahlreicher 
waren  diejenigen  welche,  nach  dem  Beispiele  der  angesehensten 
griechischen   Philosophen   dieser  Zeit,    wie   des  Antiochos    aus 
Askalon,    mehrere   Systeme    synkretistisch   verbanden,   wie  der 
Polyhistor  Varro  in  der  Dialektik,   Theologie  und  Naturphilo- 
sophie  zur  Stoa  hielt,   in  der  Ethik  aber  zur  Akademie,   und 
M.  Brutus,    der   umgekehrt   in   der  Ethik  Stoiker,    sonst  aber 

Tcaffel,  Rom.  Literatarg-cschichte.  5 


60  Sachlicher  Tneil. 

Akademiker  war.    Besonders  aber  ist  der  Eklekticismus  vertreten 
durch  die  zahlreichen  philosophischen  Schriften  des  Cicero. 

1.  Uebersicht  bei  Cicero,  Tusc.  IV,  1—3  vgl.  de  or.  IT,  37.  Acad.  pr. 
II,  2,  6.  —  flepke,  de  philosophis  qui  Romae  docuerunt  usque  ad  Autoni- 
nos,  Berlin  1842.  E.  Zeller  in  seiner  Gesch.  der  griech.  Philosophie  und 
in  dem  Vortrag:  Religion  und  Philosophie  bei  den  Römern,  Berlin  1866 
(in  Virchow's  Sammlung  gemeinverst.  Vortr.  XXIV.),  bes.  S.  18  fi'.  Momm- 
sen  R.  G.  II*  S.  411—417.  III«.  S.  550.  Auch  A.  Stahr,  Aristoteles  bei  den 
Römern,  Leipzig,  1834. 

2.  Den  Hang  der  Römer  zum  Reflectieren  bezeugt  des  Appius  Caecus 
Lehrgedicht,  der  illtere  Cato  und  der  sententiöse  Charakter  der  bei  ihnen 
populärsten  Drameugattungen.  Namentlich  nahm  ihre  Lebensweisheit  gern 
eine  fatalistische  Färbung  an,  wie  L.  Paullus  bei  Liv.  XLV,  8  und  Scipio 
Africanus  bei  Cic.  off.  I,  26,  90.  Aber  bezeichnend  ist  des  Emiius  Wort: 
philosophari  est  mihi  necesse,  at  paücis,  nam  omnino  haüd  placet  (Reliq. 
ed.  Vahlen  p.  145).  Die  im  J.  573  d.  St.  ausgegrabenen  angeblichen  Bücher 
des  Numa,  mit  scripta  pliilosophiae,Pythagoricae,  wurden  verbrannt,,  quia 
philosophiae  scripta  essent,  Plin.  N.  H.  XIII,  27.  Der  ältere  Cato  war 
olag  (piXoaotpia  ngoa-nsHQOvTicog  (Plut.  Cat.  mai.  23).  Cicero  glaubt  seine 
philosophische  Schriftsteller  ei  fast  in  jeder  seiner  derartigen  Schriften 
rechtfertigen  zu  müssen  und  thut  diess  besonders  aufrichtig  off.  II,  1,  2  ff. 
Noch  Tacitus  lässt  seinen  Agricola  (Agr.  4)  sagen:  se  prima  in  iuventa  Stu- 
dium philosophiae  acrius ,  ultra  quam  concessum  Romano  ac  senatori ,  hau- 
sisse.  Was  die  Römer  von  der  Philosophie  verlangten  war  Bildung  des 
Charakters,  Belehrung  über  die  sittlichen  Aufgaben  des  Menschen,  über 
die  Güter  durch  deren  Besitz  seine  Glückseligkeit  bedingt  ist  und  über  die 
Mittel  um  sie  zu  erlangen  (Zeller  a.  a.  0.  S.  19).  So  gab  Varro  als  causa 
philüsophandi  an  dass  der  Mensch  dadurch  bonus  et  beatus  werde,  und 
Cornelius  Nepos  (bei  Lactant.  Inst.  III,  15,  10)  macht  gegen  das  Betreiben 
der  Philosophie  geltend:  video  magnam  partem  eorum  qui  in  schola  de 
pudore  et  continentia  praecipiant  argutissime ,  eosdem  in  omnium  libidiuum 
cupiditatibus  vivere.  Und  schon  Pacuvius  (bei  Gell.  XIII,  8,  4)  sagte:  ego 
odi  homines  ignava  opera  et  philosopha  sententia.  Dazu  die  durchschnitt- 
liche Mittelmässigkeit  der  Griechen  welchen  die  Römer  ihre  Philosophie 
verdankten.  „So  wurden  denn  die  Römer  in  der  Philosophie  nichts  als 
schlechter  Lehrer  schlechtere  Schüler."    Th.  Mommsen. 

3.  Abwägung  der  verscliiedenen  philosophischen  Systeme  hinsichtlich 
ihrer  Verwendbarkeit  für  die  Beredtsamkeit  bei  Quintil.  XII,  2,  24  f.  Am 
wenigsten  förderlich  erschien  hiefür  der  Stoicismus ,  Cic.  de  or.  III,  18,  66. 
fin.  IV,  28,  78  f  Parad.  praef.  2.  Brut.  30,  114.  118  ff.  Quintil.  X,  1,  84 
vgl.  XII,  2, -25.  Doch  behauptet  Cic.  (Farn.  XV,  4,  16)  von  sich  und  Cato 
(Uticensis):  nos  philosophiam  veram  illam  et  antiquam,  quae  quibusdam 
otii  esse  ac  desidiae  videtur,  in  forum  atque  in  remp.  atque  in  ipsam  aciem 
paene  deduximus;  vgl.  Parad.  praef  1:  animadverti  saepe  Catonem  .  ., 
cum  in  senatu  sententiam  diceret,  locos  graves  ex  philosophia  tractare  ab- 
hörten tes  ab  hoc  U8U  forensi  et  publico,  sed  dicendo  consequi  tarnen  ut 
illa  etiara  populo  probabilia  viderentur. 


Die  Philosophie  in  der  augusteischen  und  der  Kaiserzeit.  67 

4.  Cic.  in  Vatin.  6,  14:  tu  qui  te  Pythagoreum  soles  dicere  et  homi- 
nis doctissimi  nomen  tuis  immanibus  et  barbaris  moribus  praetendere.  Zu 
den  Philosophen  kann  aber  darum  Yatinius  nicht  zählen,  so  wenig  als  etwa 
Caerellia  wegen  Cic.  Att.  XIII,  21,  5:  mirifice  Caerellia,  studio  videlicet 
philosophiae  flagraus,  describit  (libros  meos)  de  tuis;  istos  ipsos  de  finibus 
habet;  vgl.  ib.  22,  3. 

41.  Augustus    begünstigte    das    Studium    der    Philosophie 
planmässig  und  verfasste  sogar  selbst  Hortationes  ad  philoso- 
pliiam.    Ausser  ihm  kennen  wir  jedoch  nur  T.  Livius,    Crispi- 
nus  und  den  älteren  Öextius  als  philosophische  Schriftsteller  aus 
seiner  Zeit.     Philosophische  Bildung  aber   besassen  und  bekun- 
deten fast  alle    bedeutenden   Schriftsteller   dieser  Periode,    wie 
Vergil,   Horaz,    L.   Varius.     Der   Zeitströmung    entsprach    am 
meisten  der  Epikureismus,    der  in   den  ernsteren  Naturen   die 
Stimmung  wehmütiger  Resignation   hervorrief.     Auch  noch  im 
ersten  Jahrh.  n.  Chr.   blieben   der  Epikureismus  und  der  Stoi- 
cismus  die   einzigen   in  Rom  vertretenen   Systeme.     Jetzt   aber 
fanden  Wenige  in  sich   die  Freiheit  und   Selbstgewissheit    des 
Sinnes  wie   sie  der  Epikureismus  zur  Grundlage  hat;    die  Mei- 
sten wandten  sich  dem  Stoicismus  zu,  die  Einen  indem  sie,  wie 
Seneca,  durch  Weglassung  der  kosmologischen  Grübeleien  und 
Härten  des  Systems  ihn  abschwächten,  Andere,  wie  der  jüngere 
Sextius,    durch    Beimischung   theistischer   und    pythagoreischer 
Bestandtheile    ihn    vertiefend.      Die    charaktervollsten    Männer, 
wie  Paetus  Thrasea,    Helvidius  Priscus,    und   auch  der  junge 
Persius  Maccus,   verschärften  sogar   noch  die  Schroffheiten  der 
Lehre  und  Praxis  und  brachten,  da  sie  zugleich  dem  Despotis- 
mus sich  entgegenzustämmen  suchten,  das  stoische  Bekenntniss 
zu  politischer  Missliebigkeit.     Andere  huldigten  wenigstens  der 
Mode  einen  Philosophen  zu  halten  und  mit  ihm  zu  disputieren. 
So  sah  sich  Rom  mit  Philosophen  überschwemmt,   unter  denen 
viele  durch  persönliche  Verächtlichkeit  die  Philosophie  selbst  in 
üblen  Ruf  brachten.    Vespasian  stellte  einen  öfi^entlichen  Lehrer 
der  Philosophie  an,   Domitian  aber  verwies  (J.  92)  die  Philoso- 
phen aus  der  Hauptstadt.     Auch  noch  im  zweiten  Jahrh.  über- 
wog die  stoische  Richtung  und  war  in  Rom  zahlreich  vertreten, 
durch  Griechen  wie   Römer,    unter  Letzteren  besonders  durch 
Junius  Rusticus;    mit  M.  Aurel  gelangte  der   Stoicismus  sogar 
auf  den  Thron.     Andere  betrieben  die  Popularisierung  der  Phi- 
Jf)8ophie,  indem  sie  ihre  epideiktischen  Vorträge  auch  auf  dieses 
Gebiet  erstreckten,  wie  Apulejus.     Dabei  suchten  Manche  die 

5* 


68  Sachlicher  ITieil. 

Wirkung  zu  verstärken  durch  einen  nebelhaften  Mysticismus, 
der  sich  willkürlich  Piatonismus  nannte,  wie  Taurus,  Favorinus, 
und  auch  Äpulejus.  Der  Neuplatonismus  des  dritten  Jahrh. 
hat  in  der  römischen  Literatur  keinen  namhaften  Vertreter. 
Der  Sieg  des  Christenthums  im  vierten  Jahrh.  trieb  diejenigen 
welche  ihm  nicht  zufielen  zu  Wiederauffrischung  der  Schätze 
der  alten  griechischen  Philosophie,  die  durch  Reproduction  und 
Uebersetzung  zugänglicher  gemacht  wurden.  So  durch  Augustin 
in  seiner  vorchristlichen  Zeit,  so  besonders  durch  Boetius  im 
sechsten  Jahrh.  Durch  solche  Bemühungen  wurden  jene  den 
abendländischen  Völkern  überliefert,  die  das  Mittelalter  hindurch 
daran  zehrten. 

1.  L.  Varus  (Varius?)  Epicureus,  Caeaaris  (August)  amicus,  Quintil. 
VI,  3,  78.  Er  und  Vergil  hatten  den  Sjron  zum  Lehrer.  Horaz  verspot- 
tet in  seinen  älteren  Gedichten  die  Wunderhchkeiten  der  Stoa  und  bekennt 
sich  zur  epikureischen  Lehre ;  in  den  späteren  lässt  er  dem  Ernste  und  Ge- 
halte des  Stoicismus  Gerechtigkeit  widerfahren.  Liv.  XLIII,  13, 1:  nihil  deos 
portendere  vulgo  nunc  credunt.  Unter  Caligula  Jlofiwijdtoj,  cvyKlriti'Kog 
fttVy  tag  ciQXccg  d^  disXrjXvd'mg  exsSov  ndaag,  'EnixovQfiog  Ss  aXlcag  xai 
dl'  avto  anQciyfiovog  inizridivtrjg  ßtov,  Joseph.  Antiq.  XIX,  1,  5.  Auch 
auf  Grabschriften  der  Zeit  ist  diese  Richtimg  manchfach  vertreten.  Die 
Sextii,  Vater  und  Sohn,  schrieben  in  griechischer  Sprache,  wie  auch  Cor- 
uutus.  L.  Crassicius,  Lehrer  des  Julus  Antonius,  transiit  ad  Q.  Sexti  phi- 
losophi  sectam  (Suet.  gramm.  18).  Das  Urkundenbuch  dieser  für  die  gei- 
stige Gährung  der  Zeit  bezeichnenden  Mischung  von  Stoicismus  mit  jüdisch 
theistischen  und  pythagoreisch  asketischen  sowie  theosophfechen  Elemen- 
ten ist  die  aus  429  Sätzen  bestehende  Spruchsammlung  des  Sextius,  die  in 
einer  lateinischen  (des  Rufinus)  und  einer  syrischen  Bearbeitung  erhalten 
ist,  während  von  dem  griechischen  Originale  nur  grössere  Bruchstücke 
existieren.  Vgl.  M.  Ott  in  den  Rottweüer  Programmen  von  1861  und  1862. 

2.  Im  ersten  Jahrh.  cokettierten  auch  Frauen  mit  Philosophie,  s.  L. 
Friedländer,  Sittengesch.  Roms  I*.  S.  292  f.;  und  von  Nero  erzählt  Tac.  A. 
XIV,  16:  etiam  sapientiae  doctoribus  tempus  impertiebat  post  epulas  utque 
contraria  adseverantium  discordia  frueretur.  nee  deerant  qui  ore  voltuque 
tristi  inter  oblectamenta  regia  spectari  cuperent.  Diese  tristitia  gehörte 
zum  Costüm  der  Philosophen ,  sogut  wie  der  lange  Bart  imd  schäbige  Man- 
tel, den  sie,  um  mehr  zu  imponieren,  von  den  Kynikern  entnahmen.  Nur 
dass  zu  diesem  SpirituaHsmus  die  servile  Aufdringlichkeit  und  ethische 
Verworfenheit  so  vieler  Exemplare  übel  stimmte.  Quintil.  I.  0. 1.  prooem. 
15:  voltum  et  tristitiam  et  dissentientem  a  ceteris  habitum  pessimis  mori- 
bus  (wovon  Proben  bei  Juv.  II,  4  ff.  65)  praetendebant.  XII,  3,  12:  alii 
pigritiae  arrogantioris,  qui  subito  fronte  conficta  immissaque  barba  .  .  pau- 
lum  aliquid  sederunt  in  scholis  philosophantium ,  ut  deinde  in  publico  tri- 
stes, domi  dissoluti  captarent  auctoritatem  contemptu  ceterorum.  Ueber 
diesen  Hochmut  auch  V,  11,  39:  inferiora  omnia  praeceptis  suis  ac  litteris  (?) 
credunt.    Dagegen  die  Redner  gewöhnlichen  Schlages  sapientiae  studinm 


PhiloBOphie.    Mathematik  und  Astronomie.  69 

et  praecepta  prudentium  penitus  reformidant  (Tac.  dial.  32).  Weiter  vgl. 
Quintil.  XI,  1,  33:  phiiosophiam  ex  professo,  ut  quidam  fdciunt,  ostentan- 
tdbas  u.  8.  w.  ib.  35:  at  vir  civilis  vereque  sapiens,  qui  se  non  otiosis  dis- 
putationibas,  sed  administrationibus  reip.  dediderit,  a  qua  longissime  isti 
qai  philosophi  vocantur  recesserunt.  Aehnlich  XII,  2,  6  f.  vgl.  ib.  9:  haue 
art«m  superbo  nomine  et  vitiis  quorundam  bona  eins  corrumpentium  invi- 
sam.  Populäre  Sticheleien:  facilius  inter  philosophos  quam  inter  horologia 
conveniet  (Sen.  apocol.  2,  3),  und  numquam  philosophum  audivit  als  Lob 
für  einen  Menschen.  Aehnliche  Polemik  gegen  die  griechischen  Philosophen 
za  Korn  übrigens  schon  bei  Plautus,  Cure.  II,  3,  9  ff.  und  dieselben  Kla- 
gen noch  bei  Gellius,  z.  B.  VII  (VI),  10,  6:  nunc  videre  est  philosophos 
nitro  currere  ut  doceant  ad  fores  iuvenum  divitum  eosque  ibi  seder e  atque 
opperiri  prope  ad  meridiem,  donec  discipuli  nocturnum  omne  vinum  edor- 
miant.  XEU,  8,  5:  nihil  fieri  posse  indignius  neque  intolerautius  dicebat 
(Macedo,  familiaris  mens)  quam  quod  homines  ignavi  ac  desides,  operti 
barba  et  pallio,  mores  et  emolumenta  philosophiae  in  linguae  verborum- 
que  artes  converterent  et  vitia  facundissime  accusarent  intercutibus  ipsi 
vitiis  madentes.  Aus  derselben  Zeit  Apulej.  Flor.  I,  7.  p.  118  Bip.:  ne  .  . 
rudes,  sordidi,  imperiti  pallio  tenus  philosophos  imitarentur  et  disciplinam 
regalem,  tam  ad  bene  dicendum  quam  ad  bene  vivendum  repertam,  male 
dicendo  (doppelsinnig)  et  similiter  vivendo  contaminarent.  —  C.  Martha, 
les  moralistes  sous  Tempire  romain  .  .  philosophes  et  poetes,  Paris  1865. 

3.  Capitol.  M.  Antonin.  philos.  2,  7:  usus  est  etiam  Commodi  ma- 
gißtro,  .  .  ApoUonio  Chalcedonio  stoico  philosopho.  3,  2  f:  audivit  et 
Sextum  Chaeronensem  Plutarchi  nepotem,  lunium  Rusticam,  Claudium 
Maximum  et  Cinnam  Catulum,  stoicos.  Peripateticae  vero  studiosum  audi- 
vit Claudium  Severum  et  praecipue  luniiun'Rusticum,  .  .  stoicae  discipli- 
nae  peritissimum.  L.  lunius  Rusticus,  philosophus  stoicus,  Orelli  il90. 
C.  Tutilius  Hostilianus,  philosophus  stoicua,  domo  Cortona,  ib.  1191.  C. 
Matrimus  Valentins,  philosophus  epicureus,  ib.  1192.  Gaius  StalKus  .  .  ex 
Epicureio  gaudivigente  choro,  ib.  1193.  Ceionius  Rufius  Albinus  v.  c.  Con- 
söl  (J.  335  n.  Chr.),  philosophus  etc.  ib.  3111. 

42.  Den  hohen  praktischen  Werth  der  Mathematik  und 
der  Astronomie  wussten  die  Römer  nicht  zu  würdigen,  sondern 
betrachteten   sie  als  müssige  Speculation.     Einzelne  Liebhaber 
ausgenommen,   wie  Sex.   Pompejus    und  Sulpicius  Gallus  (Cos. 
588),  beschränkten  sie  sich  auf  das  unmittelbar  im  Leben  An- 
wendbare,  auf  das  niedere  Rechnen  und  das  Messen,  letzteres 
für  den  Bedarf  des  LagerscHagens    und    des  Vertheilens  von 
Ackerlosen    zur   Feldmesskunst  (unten  48)    erweiternd.     Sonst 
aber  bestand  die  Mathematik  der  Römer  in  verflachter  Wieder- 
gabe  griechischer    Fachwerke,    insbesondere    des    Nikomachus. 
Mit  Astronomie    beschäftigte    sich    Sulpicius  Gallus   aus   Lieb- 
haberei, Varro  aus  Polyhistorie,  Nigidius  Figulus  aus  Mysticis- 
mus;  vollends  in  der  Kaiserzeit  herrschte  die  Astrologie.    Unter 


70  Sachlicher  Theil. 

Tiberius  machte  sie  Manilius  zum  Gegenstande  eines  Lehrge- 
dichts.  Ans  dem  dritten  christlichen  Jahrhundert  ist  von  Be- 
deutung des  Censorinus  Abhandlung  de  die  natali ,  aus  dem 
vierten  besitzen  wir  von  Julius  Firmicus  Maternus  acht  Büclier 
matheseos,  aus  dem  sechsten  des  Boetius  zwei  Bücher  de  in- 
stitutione  arithmetica. 

t.  Das  rechte  Verständniss  von  der  Bedeutung  der  mathematischen 
Wisbenschaften  war  auch  im  griechischen  Alterthum  wenig  verbreitet;  s. 
TeufFel  zu  Aristoph.  Wolken  201.  So  reclmet  noch  Plutarch,  an  seni  16, 
die  ysoDiiitgai  und  aQL&fjLTjTLyiol  zu  den  pv  ngantmag  aXla  d'scüQrjTiyLag 
tixvag  txovtsg.  Die  Vorstellung  der  Römer  erhellt  schon  aus  der  Bedeu- 
tung von  mathematici  =^  astrologi.  Die  Vemachlässigimg  der  Astronomie 
rächte  sich  in  der  Zeit  der  Republik  durch  permanente  Kalenderverwirrung. 
Im  Allgemeinen  Cic.  Tusc.  I,  2,  5:  nihil  (apud  Graecos)  mathematicis  illu- 
strius;  at  nos  metiendi  ratiocinandique  utilitate  huius  artis  terminavimus 
modum.  Das  Rechnen  nahm  auch  im  Schulunterricht  eine  Stelle  ein;  s. 
Hör.  S.  I,  6,  72  ff.  Ep.  I,  1,  56.  II,  3,  325  f.  Vgl.  im  Allgemeinen  M. 
Cantor,  mathematische  .Beiträge  zum  Culturleben  (1863)  S.  168— 23ü. 

2.  Für  die  Geschichte  der  Geometrie  bei  den  Römern  ist  erheblich 
die  Vorrede  des  Baibus  an  seinen  Lehrer  und  Freund  Celsus,  GromsÄci 
lat.  I.  p.  90  ff.  Lachm.  (ums  J.  100  n.  Chr.).  Hienach  waren  wichtige  Punkte 
der  Lehre  vom  Dreieck  damals  bekannt.   F.  Hultach,  Philologus  XXII.  S.  62. 

43.  Auch  für  die  sie  umgebende  Natiu*  hatten  die  Römer 
kein  reines  Interesse  und  nahmen  sich  weder  die  Zeit  noch  hat- 
ten sie  den  Mut  sie  unbefangen  zu  beobachten.  Daher  sind  sie 
in  den  Naturwissenschaften  immer  zurück  und  von  den 
Griechen  abhängig  geblieben.  Insbesondere  die  von  Aristoteles 
und  Theophrast  zu  so  hoher  Ausbildung  gebrachte  (Zoologie 
und)  Botanik  kam  nach  Rom  spät,  und  erhielt  dürftigen  Anbau, 
hauptsächlich  im  Zusammenhange  mit  der  Landwirtschaft,  we- 
niger mit  der  Heilkunde,  da  die  römischen  Aerzte  die  Heil- 
mittellehre noch  mehr  als  Anderes  vernachlässigten.  In  der 
augusteischen  Zeit  übersetzten  Valgius  Rufus  und  Aemilius  Macer 
.  alexandrinische  Lehrgedichte  botanischen  und  zoologischen  In- 
halts. In  den  encyclopädischen  Werken  des  Celsus  und  des  altern 
Plinius  waren  auch  die  Naturwissenschaften  vertreten,  imd  die 
erste  Kaiserzeit  hatte  für  dieselben  eine  dilettantische  Hin- 
neigung, indem  sie  an  die  Naturerscheinimgen  moralisierende  Be- 
trachtungen zu  knüpfen  liebte.  Davon  zeugen  auch  Seneca's 
Quaestiones  naturales.  Die  späteren  Jahrhunderte  begnügten 
sich  mit  Wiedergabe  der  griechischen  Schriften. 

1.  Plin.  N.  H.  XXV,  2  f.:  minus  hoc  (Botanik,  Pharmakognosie,  Toxi- 
kologie u.  dgl.)  quam  par  erat  nostri  celebravere.  .  .  primusque  et  diu  so- 


Die  Naturwisöenschaften.  Land-  und  Hauss- Wirtschaft.  71 

luß  idem  ille  M.  Cato  .  .  paucis  diimtaxat  attigit.  .  .  Post  eum  unus  illu- 
atrium  tentavit  C.  Valgius  .  .  imperfecto  volumine  ad  Div.  Augustum.  .  . 
Antea  condiderat  8olu8  apud  nos  .  .  Pompeius  Lenaeue,  Magni  libertus. 
.  .  Pompeius  .  .  transferre  ea  (des  Mithridates  Recepte  für  Gifte  und 
Gegengifte)  serraone  nostro  libertum  suum  Lenaeum,  grammaticae  artis, 
iüseit.  Von  Cornelius  Valerianus  citiert  Plinius  wiederholt  (N.  H.  X,  2.  XIV, 
"  3  vgl.  Ind.  auct.  VIII)  zoologische  und  botanische  Angaben  (vgl.  auch  III, 
17),  welche  aber  den  Charakter  des  Anekdotenhaften  haben. 

2.  R.  Albani,  de  historia  naturali  apud  veteres,  Dresden  1854.  40  pp.  8. 
Ernst  H.  F.  Meyer,  Geschichte  der  Botanik  I  (Königsberg  1854)  bes.  S.  334  ff. 
II  (1855)  S.  1  ff. 

44.  Für  die  Landwirtschaft  hatten  die  Römer  ganz 
besonderes  Interesse  und  suchten  sich  neben  den  eigenen  Er- 
fahrungen auch  die  fremder  Volker  nutzbar  zu  machen.  So 
Hess  der  Senat  das  landwirtschaftliche  Werk  des  Karthagers 
Mago  iüs  Lateinische  tibersetzen,  und  das  Einzige  was  wir  von 
dem  altern  Cato  besitzen  ist  seine  Schrift  de  re  rustica.  An 
Mamilius  Sura,  an  Saserna  (Vater  und  Sohn),  sowie  Tremellius 
Scrofa  hatte  das  siebente  Jahrhundert  d.  St.  weitere  landwirt- 
schaftliche Schriftsteller,  und  auch  vom  Polyhistor  Varro  haben 
wir  noch  eine  Schrift  dieses  Inhalts.  Vergils  Georgica  sind  eine 
Verherrlichung  dieser  Seite  menschlicher  Thätigkeit.  In  der 
nämlichen  Zeit  widmete  Sabinus  Tiro  dem  Maecenas  sein  Werk 
über  Gartenbau.  Denselben  Gegenstand  behandelte  im  dritten 
Jahrhundert  Gargilius  Martialis.  Aus  dem  Anfange  der  Kaiser- 
zeit haben  wir  das  Werk  des  Columella,  aus  dem  vierten  christ- 
hchen  Jahrhundert  das  des  PaUadius.  Kurz  vor  Columella  hat-  * 
t^n  Cornelius  Celsus,  Julius  Atticus  und  Julius  Graecinus  ihre 
landwirtschaftlichen  Werke  verfasst.  Das  der  Brüder  Quintilii 
gegen  Ende  des  zweiten  Jahrhunderts  wp-r  wohl  griechisch  ge- 
schrieben. Das  den  Namen  des  Apicius  tragende  Kochbuch  ist 
um  die  Mitte  des  dritten  christlichen  Jahrhunderts  nach  grie- 
chischen Quellen  gearbeitet. 

1.  Colum.  1,  1,  12—14:  ut  agricolationem  romana  tandem  civitate  do- 
Deniua  .  .  iam  nunc  M.  Catoiiein  Censorium  illmn  moinoremus,  qui  eam 
latine  loqui  primus  inatituit;  post  buuc  duos  Sasemas,  patrem  et  filium, 
qui  eam  diligeutius  erudierunt;  ac  deinde  Scrofam  Tremellium,  qui  etiam 
eloquentem  reddidit,  et  M.  Terentium,  qui  expolivit;  mox  Vergilium,  qui 
carmine  quoque  potentem  fecit.  nee  i^ostremo  quasi  paedagogi  eius  memi- 
m»8e  dedignemur,  lulii  Hygini,  veruutamen  ut  Cartbaginiensem  Magonem 
rusticationis  parentem  maxirae  veneremur.  nam  huius  XXVllI  memorabilia 
illa  Volumina  ex  SCto  in  latinum  sermonem  conversa  sunt.  Non  minorem 
, tarnen  laudem  meruerunt  nobtrorum  temporum  viri,  Cornelius  CelsuH  et 
laliu»  Atticus  .  .  .  cuius  velut  discipulus  duo  volumina  similium  praecepto- 


72  Sachlicher  Theil. 

rum  de  vineis  lulius  Qraecinus  composita  facetius  et  eruditiuä  posteritati 
tradenda  curavit.  Varro  R.  R.  1,  1,  10:  hos  (graecos  scriptores  de  agri- 
(ultiira)  nobilitate  Mago  Karthaginiensis  praeteriit  punica  lingua,  quod  res 
dibpersas  coraprehendit  libris  XXVIII ,  quos  Cassiim  Dionysius  Uticensig 
vertit  libris  XX  ac  graeca  lingua  Sextüio  praetori  misit.  .  .  Hosce  ipsos 
utiliter  ad  VI  libros  redegit  Diophanes  in  Bithynia  et  misit  Deiotaro  regi. 
Vgl.  ib.  17,  3.  38,  1.  II,  1,  27.  III,  -2,  13.  Cic.  de  or.  I,  58,  249.  Plin. 
N.  H.  XVIII,  5:  Poenus  Mago,  cui  .  .  tautum  honorem  Senatus  noster 
habuit  Carthagine  capta  ut,  cum  regiüis  Africae  bibliothecas  donaret, 
imius  eins  XXVIIT  Volumina  censeret  in  latinam  linguam  tranaferenda,  cum 
iam  M.  Cato  praecepta  condidisset,  peritisque  linguae  puuicae  dandum  ne- 
gotium, in  quo  praecessit  omnes  vir  clarissimae  familiae  D.  Silanus.  Vgl.  ib. 

XVII,  11.  16.  19.  30.  XVm,  7.  23.  XXI,  68.  Auch  XIX,  57:  Sabinus  Tiro 
in  libro  Cepuricon  (KrjnovQi'nmv)  quem  Maecenati  dicavit.  Ib.  XVIII,  42 
Sura  Mamilius,  wie  auch  im  Quellenverzeichniss  zu  Buch  VIII,  X,  XVII, 

XVIII,  XIX,  vielleicht  auch  zu  XL  lieber  Sasema  s.  Varro  R.  R.  I,  16,  5. 
Colum.  I,  1,  6  (Saserna  .  .  eo  libro  quem  de  agricultura  scriptum  reliquit). 
Varr.  R.  R.  II,  1,  11:  Scrofa  noster,  cui  haec  aetas  defert  rermn  rustica- 
rum  omuium  palmam. 

2.  Scriptores  rei  rusticae  veteres  latini,  curante  I.  M.  Gesnero,  Lips. 
1735.  2  Voll.  4.  Ed.  secunda  (besorgt  von  I.  A.  Ernesti),  Lips.  1773  f.  4. 
In  der  Zweibrücker  Sammlimg  (Bip.  1787)  3  Bde,  wozu  1788  als  vierter  ein 
Lexicon  rusticum.  Dieselben  illustravit  I.  G.  Schneider,  Lips.  1793—96. 
4  tomi  in  9  partes. 

45,  Die  Heilkunde  war  in  Rom  mehr  als  fünf  Jahrhun- 
derte imbekannt.  Die  einfache  Lebensweise  und  Abhärtung 
Hess  selten  ein  Bedürfniss  davon  aufkommen;  und  geschah  es, 
so  gab  es  Hausmittel  imd  Beschwörungsformeln  für  Mensch  und 
Vieh.  So  sah  es  noch  der  ältere  Cato  an  und  eiferte  gegen 
die  griechischen  Aerzte,  die  immer  zahlreicher  nach  Rom  kamen 
und  in  deren  Händen  auch  die  ärztliche  Praxis  wie  Wissen- 
schaft fast  ausschliesslich  blieb,  bis  die  arabische  Medicin  der 
griechischen  an  die  Seite  trat.  Nur  wenige  Schriften  in  latei- 
nischer Sprache  begegnen  uns.  Unter  Tiberius  schrieb  Celsus 
seine  Encyclopädie,  von  der  wir  die  auf  die  Medicin  bezüglichen 
Bücher  noch  haben.  Sie  sind  nach  griechischen  Mustern  gear- 
beitet, mit  gesundem  Urteil  und  in  gebildeter  Sprache.  Auch 
der  ältere  Plinius  bietet  Vieles  für  die  Geschichte  der  Medicin. 
Bedeutender  ist  im  zweiten  Jahrhundert  n.  Chr.  der  Methodiker 
Caelius  AureUanus  aus  Afrika,  der  in  barbarischer  Sprache, 
aber  anschaulich  die  Krankheitsformen  zeichnete.  Die  Em- 
piriker Scribonius  Largus  im  ersten  Jahrh.  n.  Chr.  und  Serenus 
Samonicus  (zu  Anfang  des  dritten  Jahrh.)  verfassten  Arzneimittel- 
lehren, jener  in  trockenem  Tone  die  zusammengesetzten   Arz- 


Die  Heilkunde.  Die  KriegswiBsenschaft.  73 

neien  behandelnd,  dieser  in  gebjandener  Form  ein  Volks-  und 
Haus-Arzneibuch  liefernd,  wie  im  vierten  Jahrh.  Vindicianus. 
Ausserdem  bietet  das  vierte  und  fünfte  Jahrh.  n.  Chr.  eine  An- 
zahl geistloser  Empiriker,  die  in  roher  Sprache  viel  Aberglauben 
vortrugen,  wie  Theodorus  Priscianus,  Sex.  Placitus,  Marcellus 
(Empiricus)  und  die  unter  dem  Namen  des  Apulejus  (Barbarus), 
Antonius  Musa  und  Plinius  (Valerianus)  schreibenden  Fälscher. 
Gleichfalls  aus  dem  vierten  und  fünften  Jahrh.  haben  wir  thier- 
arztliche  Schriften  von  Pelagonius  und  P.  Vegetius. 

1.  Plin.  N.  H.  XXIX,  5:  millia  gentium  sine  medici»  degunt,  nee  tarnen 
ßine  medicina ,  sicut  populus  rem.  ultra  sexcentesinium  annum ,  nee  ipse  in 
accipieudis  artibus  lentus,  medicinae  vero  etiam  avidus.  6:  Cassius  Hemina 
.  .  .  auctor  est  primum  e  'medicis  venisse  Romam  Peloponneso  Archaga- 
thum  (J.  535  d.  St.).  ib.  7  Gates  Warnung  vor  den  griechischen  Aerzten : 
iuranmt  inter  se  barbaros  necare  omnes  medicina  (vgl.  Plut.  Cato  mai.  23). 
ib.  8;  profitetur  (Cato)  esse  commentarium  sibi  quo  medeatur  filio,  servis, 
familiaribus.  .  .  Solam  hanc  artium  graecarum  nondum  exercet  romana 
gravikas  in  tanto  fructu;  paucissimi  Quiritium  attigere,  et  ipsi  statim  ad 
Oraecos  transfugae;  immo  vero  auctoritas  aliter  quam  graece  eam  traetanti- 
l>as,  etiam  apud  imperitos  expertesque  linguae,  non  est.  Aucb  die  Augen- 
ärzte deren  Namen  wir  aus  ihren  Stempeln  noch  kennen  sind,  nach  ihren 
cognomina  zu  schliessen,  meist  griechischen  Ursprungs  und,  wegen  der  Häu- 
figkeit der  Namen  Julius  und  Claudius,  meist  aus  dem  ersten  und  der  ersten 
Hälfte  des  zweiten  christl.  Jahrh.;  C.  L.  Grotefend,  die  Stempel  der  grie- 
chischen Augenärzte  gesammelt  und  erklärt,  Hanover  1867.  Je  zahlreicher 
aber  unter  den  griechischen  Aerzten  die  Schwindler  und  Charlatans  waren 
(einer  der  klügsten  am  Ende  der  Kepublik  Asklepiades  aus  Prusa),  desto 
weniger  gelangte  der  Stand  zu  Achtung;  vgl.  z.B.  bei  Vopisc.  Firm.  7,  4 
tue  Zaeammenstellung:  sunt  Aegjptii  .  .  mathematici,  haruspices,  medici. 

2.  Kurt  Sprengel,  pragmat.  Geschichte  der  Arzneikunde,  I  (Halle  1792); 

4.  AuJl.  bes.  von  J.  Rosenbaum,  Leipzig  1846,  I.  S.  199  —  225.  Hecker, 
Gesch.  der  Heilkunde  II.    E.  Isensee,  Gesch.  der  Medicin  I  (Berlin  1840). 

5.  103— 180.  L.  Choulant,  Handbuch  der  Bücherkunde  der  älteren  Medicin, 
zweite  Aufl.,  Leipzig  1841,  bes.  S.  161  ö'. 

46.  Kriegswissenschaft  und  Kriegsgeschichte  wurde 
erst  in  der  Kaiserzeit  literarisch  behandelt,  und  wir  haben  aus 
dieser  die  Schrift  des  Hyginus  über  das  Lagerschlagen  (vgl. 
unten  48),  des  Sex.  Julius  Frontinus  (unter  Domitian)  Strate- 
gematica,  wovon  aber  das  letzte  (vierte)  Buch  aus  dem  vierten 
bis  fünften  Jahrh.  stammt,  sowie  das  Werk  des  Vegetius  (im 
vierten  Jahrh.),  Epitome  institutionum  rei  militaris. 

1.  Aus  der  Zeit  der  Republik  ist  nur  etwa  zu  erwähnen  des  älteren 
Afiicanus  Begründung  seines  strategischen  Verfahrens ,  welche  er  in  einem 
an  König  Philipp  gerichteten  Schreiben  (in  griechischer  Sprache)  gab;  s. 
Polyb.  X,9,3:  dia  tijg  iniatoliig  t^g  ngog  ^lUnnov  avtov  zov  IlonXCoy 


74  Sachlicher  Theil. 

accqxog  inttd'siyiotog  ort  tovtotg  totg  ijiXoyiaitoig  %qriociiLivog  .  .  naO'oXov 
XB  zotg  iv  ^IßyjQia  ngäy^ccaLV  inißdXono  ,xal  Tiazä  fii^og  x^  t^g  KaQxrido- 
vog  noXiOQuia. 

4:7,  Auf  dem  Gebiete  der  Architektur  ist  uns  nur  das 
Werk  des  M.  Vitruvius  PoUio  de  architectura  (in  zehn  Büchern) 
aus  der  Zeit  des  Augustus  erhalten. 

48.  Durch  die  Militärcolonien  und  die  Reichsvermessung 
unter  August  wurde  die  Bedeutung  der  Feldmesskunst  so 
gesteigert  dass  in  der  Kaiserzeit  eigene  Schulen  dafür  entstan- 
den, sowie  eine  eigene  halb  mathematische,  halb  juristische 
Literatur,  welche  vom  ersten  christlichen  Jahrh.  an  bis  ins 
sechste  herabreicht.  Der  älteste  dieser  schriftstellernden  Feld- 
messer (gromatici,  agrimensores)  ist  IVontinus  (vgl.  46),  dessen 
Werk  in  der  christlichen  Zeit  von  Aggenus  ürbicus  commen- 
tiert  wurde.  Unter  Trajan  schrieb  Baibus  seine  expositio,  sowie 
der  ältere  Hyginus,  bald  darauf  auch  Siculus  Flaccus.  In  ßpäte 
Zeiten  aber  fallen  M.  Junius  Nipsus,  Innocentius  u.  A.  mit 
einer  theilweise  barbarischen  Latinität.  Unter  den  hieher  ge- 
hörigen Schriften  des  Boetius  ist  viel  Unechtes.  Von  minderem 
ist  der  Name  des  Verfassers  nicht  bekannt. 

1.  Sammlungen:  von  A.  Turnebus  (de  agrorum  coudicionibus  libri, 
Paris  1654.  4.),  N.  Rigaltius  (Auetores  finium  regundorum,  Paris  1614.  4.), 
G.  Goesius  (Rei  agrariae  auctores  legesque,  Amsterd.  1674.  4.),  besonders 
aber:  Gromatici  veteres  ex  recensione  C.  Lachmauni,  Berlin  1848.  =  die 
Schriften  der  römischen  Feldmesser  herausgegeben  und  erläutert  von 
Blume,  Lachmann  und  RudorfF,  Bd.  T,  wozu  Bd.  IL  (1862)  die  Erläute- 
rungen der  Genaimten  und  Th.  Mommsen's ,  bes.  S.  320  tf.  die  gromati- 
Bchen  Institutionen  von  Rudorff. 

2.  Paul.  Diac.  p.  96  M. :  groraa  appellatur  genus  machinolae  cuiusdam 
quo  regiones  agri  cuiusdam  cognosci  posaunt,  quod  genus  Graeci  yvtoitova 
dicunt.  Also  ein  Visierinstrument.  Vgl.  im  Allgemeinen  Zeiss,  Ztschr.  f. 
Alt.  Wiss.  1840,  Nr.  106 — 108  und  den  Art.  Agrimensores  von  W.  Rein  und 
E.  Wölfflin  in  Paul/s  R.  E.  I,  1.  S.  694—596.  Ueber  die  volksthümlichen 
Bestandtheile  in  der  Sprache  der  Gromatiker  s.  A.  F.  Pott,  Ztschr.  f.  Alt. 
W.  1854,  S.  219  tf. 

49.  Gleichfalls  erst  der  Kaiserzeit  gehören  die  Schriftsteller 
über  Masse  und  Gewichte  an. 

1.  Metrologicorum  scriptorum  reüquiae.  Collegit,  recensuit,  partim 
nunc  primum  edidit  Fr.  Hultsch.  Vol.  IT,  quo  scriptores  romani  et  indices 
coiitinentur.  Lipsiae  1866.  Inhalt:  praefatio  (kritische  Hülfsmittel  und 
Zeichenerklärung)  p.  1— XXXI ;  prolegomena  in  scriptores  romanos  (literar- 
hißtorisch)  p.  1—45.  Auszüge  aus  Varro  L.  L.  p.  49—53;  aus  Columella 
p.  53—56;  aus  Frontin.  de  limit.,  p.  56—59;  aus  Hygin.  de  cond.,  p.  59 — 


Architektur.  Feldiiiesakunst.   Metrologie.  Geographie.  75 

61.  Volusius  Maecianus  p.  61 — 76.  Auszüge  aus  Festuß,  p.  75—82;  aus 
Priscian  p.  82 — 86;  aus  Victorius  p.  87  f.  Das  Carmen  de  ponderibus 
p.  88—08;  das  de  librae  .  .  partibus  p.  99  f..  Epiphanius  p.  100—106.  Aus- 
züge aus  Isidor,  p.  106—123.  u.  p.  135— 142.  Varia  fragmenta  p.  123—136. 
Calvi  versio  Ubularum  Alexandrinarum  p.  142—146. 

50.  Die  Geographie  wurde  unter  den  Römern  zuerst  von 
dem  Polyhistor  Varro  (de  ora  maritima;  de  aestuariis)  eigens 
abgehandelt,  sonst  aber  meist  nur  als  Anhang  oder  Beigabe  zur 
Geschichtschreibung  und  blieb  in  Stoff  und  Behandlung  von  den 
Griechen  abhängig,  so  weit  ihr  nicht  Autopsie  zu  Gute  kam, 
wie  in  Catos  Origines,  wie  bei  Caesar  und  Sallust.  Einzelne 
beschrieben  auch  ihre  Reisen  und  was  sie  darauf  gesehen,  wie 
Statins  Sebosus.  Indessen  erst  die  von  Caesar  beabsichtigte, 
von  August  durch  Agrippa  ausgeführte  Vermessung  und  Be- 
schreibimg  des  ganzen  römischen  Reiches,  unter  Entwerfung 
von  Karten  und  geographischen  Abhandlungen,  schuf  eine  um- 
fassende und  zuverlässige  Grundlage.  Bald  folgt  denn  die 
fleissige  und  in  ihrer  Art  kritische  Arbeit  des  Pomponius  Mela, 
darauf  des  altern  Plinius  Abriss  der  Erdbeschreibung  in  B.  III 
bis  VI  seiner  N.  H.  Seneca's  Quaest.  nat.  enthalten  eine  Art 
mathematischer  und  physischer  Geographie,  und  zur  Kenntniss 
von  Germanien  und  Britannien  liefern  die  Germania  des  Tacitus 
und  sein  Agricola  Beiträge.  Die  ganze  Erdbeschreibung  aber 
unternimmt  kein  Römer  mehr.  Des  Plinius  Arbeit  wurde  um 
die  Zeit  Hadrians  in  einen  Auszug  gebracht  und  mit  Angaben 
aus  andern  Quellen  vermehrt,  wornach  dann  im  dritten  Jahrh. 
Solinus  seinen  eigenen  Auszug  machte.  Gleichfalls  im  dritten 
Jahrh.  schrieb  der  ältere  lulius  Titianus  seine  descriptio  pro- 
vincianim  imperii  romani.  Aus  dem  vierten  Jahrh.  sind  die 
geographischen  Lehrgedichte  des  Avienus  (orbis  terrae  und  ora 
maritima)  und  die  Mosella  des  Ausonius ;  auch  des  Ammianus  Mar- 
cellinus Geschichtswerk  enthält  viel  Geographisches.  Zu  Anfang 
des  fünften  Jahrh.  verfasste  Rutilius  Namatianus  sein  Itinera- 
rium  (de  reditu  suo)  im  elegischen  Masse;  um  dieselbe  Zeit 
(oder  noch  zu  Ende  des  vierten  Jahrh.)  Vibius  Sequester  sein 
Schulbuch  über  die  bei  den  gelesensten  Dichtem  vorkommenden 
geographischen  Namen.  Von  den  beiden  unter  dem  Namen 
des  Aethicus  (ij^txog)  Ister  laufenden  Kosmographien  ist  die 
eine  ein  Auszug  aus  der  Kosmographie  des  Julius  (Houorius) 
Orator  und  bloses  Verzeichniss,  die  andere  eine  zusammen- 
hängende Beschreibung;    eine  dritte  ist   ein  Werk  des  Mittel- 


«. ». 


76  Sachlicher  Theil. 

alters.  Aus  dem  neunten  Jahrh.  ist  der  sogenannte  Geographus 
Kavennas.  Verzeichnisse  der  Strassenzüge,  Stationen  und  Ent- 
fernungen geben  die  Itineraria ,  deren  wir  aus  dem  vierten  Jahrh. 
drei  haben,  das  It.  Antonini,  das  Hierosolymitanum  (von  Bur- 
digala  nach  Jerusalem)  und  das  It.  Alexandri.  Das  Original 
der  Peutinger'schen  Landkarte  aber  (Tabula  Peutingeriana)  ge- 
hörte wohl  schon  der  Mitte  des  dritten  christlichen  Jahrh.  an. 
In  dem  engem  Kreise  der  Hauptstadt  bewegt  sich  des  Frontinus 
Schrift  de  aquis  urbis  Romae  (aus  dem  Ende  des  ersten  Jahrh.), 
sowie  das  Regionenverzeichniss  der  Stadt  Rom  aus  dem  vierten 
Jahrh.,  welches  in  einer  doppelten  Redaction  (wahrscheinlich 
aus  334  und  etwa  360  n.  Chr.)  erhalten  ist  und  aus  dessen 
mittelalterlichen  Interpolationen  die  beiden  trügerischen  Schrift- 
steller P.  Victor  und  Sex.  Rufus  entstanden  sind. 

1.  ükert,  Geographie  der  Griechen  und  Römer,  bes.  1,1.  Gotha  1816. 
Lelewel,  Geschichte  der  Erdkunde,  in  dessen  kleineren  Schrr.  geogr.-hist. 
Inhalts  (übers,  von  Neu,  Leipzig  1836).  A.  Forbiger,  Handbuch  der  alten 
Geographie,  Leipzig  1842.  und  andere  Lehrbücher  dieser  Art. 

2.  Die  tabula  Peutingeriana,  benannt  nach  dem  Augsburger  Kaths- 
herm  Konrad  Peutinger  an  den  sie  durch  ihren  Entdecker  (in  Worms, 
J.  1507)  Konr.  Celtes  kam,  ist  eine  im  J.  12G5  zu  Colmar  gemalte  und 
jetzt  (aus  der  Bibliothek  des  Prinzen  Eugen)  in  der  Wiener  Hofbibliothek 
befindliche  Copie  eines  alten  Originals,  auf  zwölf  breiten  Pergamentstrei- 
fen. Es  ist  eine  Reisekarte,  welche  die  ganze  den  Römern  bekannte  Welt 
umfasst  (im  Westen  fehlt  ein  Stück),  von  Nord  nach  Süd  stark  zusammen- 
gepresst,  desto  gedehnter  von  Ost  nach  West.  Verhältniss  der  Breite  zur 
Höhe  21 V4 :  1.  VeröflPentlichung  durch  C.  F.  von  Scheyb,  Wien  175a  fol.; 
dann  von  Mannert,  Lips.  1824.  fol.,  auch  in  Katancsichs  Orbis  antiquus  e 
tab.  Peut.  (Buda  1824  f  4.)  und  im  Recueil  d'Itin^raires  anciens  von  Fortia 
d'Urban,  Paris  1846.  4.  Abhandlungen:  Ueber  den  Strassenzug  der  P.  T. 
von  Vindonissa  nach  Sumlocenis*  und  von  da  nach  Regino,  von  A.  Pauly, 
Stuttgart  1836.  4.  Mit  1  Karte.  Ueber  die  P.  T.  imd  die  zwischen  Rhein 
und  Donaumündung  auf  ihr  verzeichneten  Grenzvölker  s.  E.  v.  Wieters- 
heim,  Gesch.  der  Völkerwanderung,  Bd.  II,  Excurs  c.  Ueber  den  Gallien 
betreffenden  Theil  der  Tafel  s.  A.  Maury  in  Revue  arch.  1864.  I.  p.  60—63. 
E.  Paulus,  Erklärung  der  P.  T.  mit  besonderer  Anwendung  derselben  auf 
die  Römerstrassen  von  Windisch  (Vindonissa)  nach  Regensburg  (Regiuum) 
und  von  Pfin  (ad  fines)  nach  Augsburg  (Aug.  Vind.),  Stuttgart  1867.  Mit 
1  Tafel. 

3.  Für  die  Statistik  des  späteren  römischen  Reiches  ist  von  Wichtig- 
keit das  byzantinische  Staatahandbuch  (Verzeichniss  der  Hof-,  Civil-  und 
Mihtär-Aemter) ,  Notitia  dignitatum  et  administrationum  onmium ,  tam  civi- 
lium  quam  militarium,  in  partibus  oricntis  et  occidentis,  eine  offizielle  Ar- 
beit, verfasst  am  Ende  des  vierten  Jahrh.  Hanptausgabe  von  E.  Böcking 
(Bonn  1839—1850,  wozu  1853  ein  Index).  Der  Text  (nebst  Bildern)  besteht 
aus  1 16  pp. ;  das  Uebrige  fällt  auf  die  Adnotatio. 


B.  Besonderer  und  personlicher  Theil. 


I. 

Yorgeschichte  der  römischen  Literatur 

bis  zum  J.  514  d.  St. 

51.  Was  in  der  ältesten  Zeit  von  Geschriebenem  über  den 
Charakter  von  Registern  hinausgieng  hatte  ohne  Zweifel  alles 
eine  gewisse  rhythmische  Haltimg  und  war  in  so  fern  ein  carmen. 

1.  Alter  der  Schrift  in  Rom:  in  Latium  litteras  attulerunt  Pelasgi, 
Plin.  N.  H.  VII,  57,  193.  Erst  seit  der  Tarquinierherrschaft  aus  Chmiä 
erhalten?  Schwegler  I.  S.  36.  Dagegen  für  das  hohe  Alter  der  Schreibe- 
kunst in  Rom  (mit  Recht)  Mommsen  R.  G.  I*.  S.  199  f 

2.  Carmen  z.  B.  Liv.  I,  24.  26  (lex  horrendi  carminis).  32.  IIl,  64 
(rogatioms  carmen).  X,  38  (Schwurformel).  41.  Cic.  de  legg.  II,  23,  ö9 
(XII  tabb.).  de  or.  I,  57  extr.  Ritschi,  Sat.  poes.  I.  p.  4  f.  H.  Düntzer,  das 
Wort  Carmen  als  Spruch,  Formel,  Lehre,  in  Mützells  Ztschr.  f.  Gymn.  1857. 
S.  1—33  und  dagegen  0.  Ribbeck  in  Jahn's  Jahrbb.  LXXVlt.  S.  201—213. 

3.  C.  Zell,  Ferienschriften  IL  S.  99  ff.  W.  Corssen,  Origines  poesis 
romauae,  Berlin  1846.  W.  Th.  Streuber,  über  die  älteste  Poesie  der  Römer, 
Verfaandl.  der  Basler  Philol.  Vers.  1847.  R.  Westphal,  über  die  älteste 
Form  der  röm.  Poesie,  Tübingen  1852. 

52.  Jener  Rhythmus  wird  durch  den  Namen  saturnischer, 
d.  h.  altitalischer,  Vers  bezeichnet.  In  diesem  tritt  für  das  Ohr 
am  stärksten  hervor  das  Zerfallen  in  zwei  Hälften  von  verschie- 
denem GrundrhythmuS;  die  erste  Hälfte  gewöhnlich  ansteigend, 
die  zweite  in  der  Regel  fallend.  Das  Massgebende  scheinen  die 
(vier)  Hebungen  zu  sein,  während  die  Senkung  unterdrückt  wer- 
den kann  und  der  Hiatus  noch  nicht  bekannt  ist.  Hebung  wie 
Senkung  kann  zweisilbig  sein.  Die  lockere  Fügung  wird  ge- 
kräftigt durch  das  Band  der  Alliteration.  Eine  andere  Auffas- 
gang legt  unmittelbar  den  Massstab  griechischer  Metrik  an  und 
stellt  als  Grundschema  des  Saturnius  auf: 

Dabiint  malum  Metelli  Naevio  poetae.  —  Der  Saturnius  lebte, 


78  Die  fünf  ersten  Jahrli.  d.  St. 

noch  lange  nachdem  die  Einführung  der  griechischen  Verskunst 
(mit  den  Massen  der  scenischen  Dichter  und  dann  den  dakty- 
lischen des  Ennius)  ihn  aus"  der  Literatur  verdrängt  hatte,  in 
der  Nation  fort  und  scheint  zu  Rom  noch  am  friüiesten  ausser 
Gebrauch  gekommen  zu  sein. 

1.  Mar.  Vict.  III,  1.  p.  2586  R:  versus  cui  prisca  apud  Latinos  aetas 
tanqnam  Italo  et  indigenae  Satumio  sive  Faunio  nomen  dedit.  Andere  Ab- 
leitung (von  satura)  bei  Mommsen  R.  G.  I*.  S.  206  Anm. 

2.  Serv.  Verg.  Ge.  II,  385:  ad  rhythmum  solum  compositus.  Vgl.  W. 
Teutfel  in  Jalin's  Jahrbb.  LXXVII.  S.  281.  Ansicht  von  Niebuhr,  K.  F. 
Hermann  (Culturgesch.  II.  S.  57),  R.  Westphal  (Dissertation  von  1852;  etwas 
modificiert  Allg.  Metrik,  1865,  S.  251-256)  u.  A.  —  Die  Form  der  späteren 
Volkslieder  v^äre  dann  nur  eine  Wiederauffrischung  der  ursprünglichen, 
durch  die  Kunstpoesie  eine  Zeit  lang  zurückgedrängten.  Ueberhaupt  reiht 
sich  bei  dieser  Auffassung  der  Saturnius  als  gleichartiges  Glied  in  die  Ge- 
schichte der  Volkspoesie  ein.  Vgl.  Westphal,  a.  a.  0.  S.  254— 256  K.  Bartsch, 
der  saturnische  Vers  und  die  altdeutsche  Langzeile.  Beitrag  zur  verglei- 
chenden Metrik.    Leipzig  (Teubner)M867.  62  S.  8. 

3.  Hellenisierende  Auffassung:  Atil.  Fortunat.  p.  2680  P.:  habet  prima 
parte  iambicum  dimetron  catalecticon,  in  secunda  trochaicon  brachycata,- 
lectou,  quod  ithyphallicum  dicimus  (Pfau:  zwei  trochäisclie  Tripodien,  die 
erste  mit  Anakrusis);  doch  mit  dem  Gestilndniss  so  zahlreicher  Abwei- 
chungen ut  vix  invenerim  apud  Naevium  quos  pro  exemplo  ponerem. 
Auf  dieser  Seite  bes.  G.  Hermann  (Metr.  §.  525) ,  K.  0.  Müller  (alle  Sen- 
kungen ausser  der  letzten  können  unterdrückt  werden;  vgl.  Corssen  p.  193  ff. 
und  W.  Hertzberg,  Hall.  A.  Lit.  Z.  1847.  April.  S.  765  f.),  F.  Ritschi  (nega- 
tive Grundsätze:  ut  nee  omitfcitur  unqüam  vel  prioris  hemistichii  anacrusis 
vel  alterutrius  thesis  finalis,  nee  unquam  alteri  hemistichio  anacrusis  ad- 
datur ,  nee  säepius  quam  in  singulis  hemistichüs  semel  reliquae  theses  sup- 
primantur,  nee  quicquam  offeusionis  vel  arsium  solutio  vel  neglectio  cae- 
surae  vel  vocaHura  hiatus  habeat;  de  tit.  Mumm.  p.  IL),  vgl.  0.  Ribbeck 
in  Jahns  Jahrbb.  LXXVII.  S.  199  tf.  und  dagegen  Cprssen,  Aussprache  IL 
S.  418  ff.  Beschränkungen  und  Berichtigungen  der  RitschPschen  Theorie 
8.  auch  bei  F.  Bücheier  in  Jahns  Jahrbb.  LXXXVII.  S.  330—342  und  bes. 
A.  Spengel,  Philologus  XXIII.  S.  81  —  113,  welcher  Letztere  die  fünf 
„Gesetze"  aufstellt:  1)  Der  sat.  Vers  ist  ein  asynartetischer.  2)  In  keinem 
Verse  kaim  mehr  als  Eine  Thesis  unterdrückt  werden,  und  zwar  nur  die 
vorletzte,  gewöhnlich  des  zweiten  Hemistichs.  3)  Die  Cäsur  kann  nie  ver- 
nachlässigt werden,  sondern  tritt  entweder  nach  der  vierten  Thesis  ein 
oder  nach  der  dritten  Arsis.  4)  Hiatus  wird  häufig  zugelassen.  5)  Die 
Arsen  können  aufgelöst,  die  Thesen  durch  Pyrrhichien  und  häufiger  noch 
durch  Längen  ersetzt  werden.  Unerlaubt  ist  der  Pyrrhichius  nur  in  der 
letzten  Thesis ,  sowie  bedingt  in  der  vierten.  Auch  R.  Westphal ,  allg. 
Metrik,  bes.  S.  252  f  In  der  Mitte  steht  die  Ansicht  von  Mommsen  R.  G. 
I.  S.  206  f 

4.  Flavii  Sosipatri  Charisii  de  versu  Saturnio  commentariolus,  ex  cod. 
Neap.  mmc  primum  ed.  a  F.  G.  Schneidewin.  Gott.  1841.  4.    Vgl.  H.Keil, 


Der  Saturnius.   Carmen  Saliare.  79 

Philologns  III.  S.  90  ff.  Stellensammlung  von  J.  A.  Pfau ,  de  numero  sa- 
tumio  Spec.  I  (Quedlinburger  Progr.  1846.  4)  und  de  n.  s.  commentatio 
(Quedlinb.  1864.  §.)  p.  7—49. 

5.  H.  Düntzer  und  L.  LerBch,  de  versu  quem  vocant  Saturnio,  Bonn 
1838.  8.  (Hauptsache  die  Silbenzählung!)  C.  H.  Weise,  der  sat.  Vera  im 
Plautuß  (!),  Quedlinb.  1839. 

6.  Die  Erkenntniss  dass  auszugehen  sei  von  den  monumentalen  Sa- 
turniern  ist  der  bleibende  Gewinn  von  Eitschls  Forschungen.  Die  Satur- 
nier  des  Andronikus  und  Nävius  kommen  erst  in  z^^eiter  Reihe  in  Betracht. 
Aber  wenig  Wahrscheinlichkeit  hat  es  dass  die  einzige  metrieche  Form 
deren  sich  ein  literarisch  noch  nicht  cultiviertes  Volk  bediente  in  eine  Viel- 
heit künstlicher  und  schwieriger,  mit  dem  blosen  Gehör  nicht  zu  fassen- 
der Bestimmungen  eingeschnürt  gewesen  sei. 

7.  Anwendung  in  Volksliedern  und  Inschriften;  Bücheier  in  Jahns 
Jahrbb.  LXXVn.  S.  61.  vgl.  W.  Teutfel,  Ebend.  S.  281  f.  W.  Fröhner, 
Phüologus  XIII.  S.  208. 

8.  Festus,  s.  V.  navali  Corona.  Atil.  Fort.  p.  2680.  Livius  XL,  62 
(J.  575  d.  St.).  XLI,  -28  (J.  580).  Titulus  Mummianus  (c.  615  d.  St.)  s. 
Kitschl's  Monogr.,  Berlin  1852.  4.  Schol.  Bob.  zu  Cic.  p.  Arch.  p.  359  Or. 
J  620).    Vgl.  unten  104,  1.  126,  1. 

9.  W.  Th.  Streuber,  de  inscriptionibus  quae  ad  numerum  Sat.  refe- 
mntiir,  Zürich  1845.  Inschrift  von  Sora  (Mommsen  I.  R.  N.  4495),  s.  W. 
Henzen,  Rhein.  Mus.  N.  F.  V.  S.  70  ff.  Diar,  inst.  Arch.  1845.  p.  71  W. 
ßitschl,  Mouumenta  epigraph.  tria,  p.  14ff. ;  Saturniae  poeseos  reliquiae, 
Bonn  1854.  4.;  Rhein.  Mus.  VIII.  S.  288. 

53.  Ilirem  Inhalt  nach  sind  die  Denkraiiler  und  Anfzeicli- 
uungen  der  ältesten  Zeit  vorzugsweise  praktischi^r  Art,  theils 
rein  gottesdienstlieh,  theils  politisch-liistorisch ,  und  sie  liaben 
theils  einen  öffentlichen  theils  einen  privaten  Charakter.  Vom 
vierten  Jahrh.  d.  St.  an  gewinnt  auch  das  Recht  Bedeutung 
für  die  Literatur. 

a)  Gottesdienstliches. 

54.  An  dem  uralten  Frilhlingsfeste  der  Salier  im  März 
wurden  beim  Festzuge  auf  dem  Palatium  von  jener  Priester- 
schaft alte,  schon  der  ciceronischen  Ze\i  unverständliche  und 
daher  in  ihr  commentierte  Cultuslieder  (axamenta),  besonders  zu 
Ehren  des  Lichtgottes  Mars,  abgesungen,  deren  treue  Fortpflan- 
zung auf  frühzeitige  Aufzeichnimg  schliessen  lässt. 

1.  Zurückfiihrung  auf  Numa,  Varr.  L.  L.  VII,  3.  Cic.  de  or.  III,  öl*, 
197.  Hör.  Ep.  II,  1,  85.  Liv.  I,  20.  Quintil.  I,  10,  20.  Ter.  Scaur.  p.  2261. 
Diomed.  p.  473  P.  Im  Unterschied  von  diesen  Salii  Palatini  waren  die  Col- 
iim(oder  Agonenses)  jüngeren  Ursprungs,  s.  Scheitfeie  in  Pauly's  B.  E.  VI, 
1.  S.  690  f. 

2.  ünverständlichkeit,  Hör.  1.  1.  Quintil.  1,6,  40.    Daher  Commentar 


80  Die  fflnf  ersten  Jahrh.  d.  St. 

von  L.  Aelius  Stilo  (Varro  L.  L.  VII,  2.  Fest.  p.  141.  146.  210.  329)  und 
von  Sabidius  (V  Schol.  Mai's  zu  Aen.  X,  241).  Vorliebe  späterer  Alterthüm- 
1er,  Capitolin.  M.  Ant.  4.    Syramach.  Ep.  III,  44. 

3.  Ueberreste  davon  vielfach  zusammengestellt  und  commentiert,  z.  B. 
Egger,  Lat.  serm.  vet.  rell.  p.  72  f.  Bergk  de  carm.  Sal.  Marburg  1847.  4. 
Corssen,  origg.  poes.  rom.  p.  43.  55—85. 

4.  Qaintil.  I,  10,  20:  versus  quoque  Saliorum  habent  Carmen. 

5.  Ueber  den  ganzen  Saliercult  s.  Scheiffele  in  Pauly*s  Real-Enc.  VT, 

I.  S.  688—694.  Ueber  Mars  als  Sonnengott  s.  Bergk,  Ztschr.  f.  Alt.  Wiss. 
1856,  S.  143  f.  vgl  Corssen  1.  1.  p.  28—36  u.  in  Aufrecht  u.  Kuhn's  Ztschr. 

II.  S.  1-35.    Schwegler  I.  S.  228  ff.  (Gott  des  Wachsthums). 

6.  In  der  Zeit  des  Verfalls  der  alten  Religion  wurden  auch  preisende 
Erwähnungen  von  Fürsten  in  das  Salierlied  aufgenommen,  wie  des  August 
(Dio  LI,  20.  Mon.  Anc.  II,  19),  Germanicus  (Tac.  A.  II,  83.  vgl.  Henzen 
5382),  Verus  (Jul.  Cap.  M.  Ant.  21). 

55.  Die  arvalische  Brüderschaft,  welche  im  Mai, 
kurz  vor  der  Ernte,  einen  feierlichen  Flurumgang  hielt,  hatte 
gleichfalls  ihre  feststehenden  uralten  Ritual-Lieder,  von  welchen 
eines,  sammt  dem  Protokoll  einer  Zusammenkimft  dieses  Colle- 
giums  aus  der  Zeit  des  Heliogabalus ,  durch  einen  glücklichen 
Zufall,  auf  uns  gekommen  ist.  Es  wurde  mit  lehhafter  orchesti- 
scher  Bewegung  (tripudium)  und  im  Wechselgesang  vorgetragen. 

J.  Ueber  die  fratres  arvales  bes.  W.  Hertzberg,  de  ambarvalibus  et 
amburbialibus ,  in  Jahn's  Archiv  V.  S.  414  ff.  E.  Hotfraann,  d.  Arvalbrü- 
der,  Breslau  1858.  4.  (auch  in  den  Verhh.  der  Bresl.  Phil.-Vers.  S.  67  ff.) 
Vgl.  L.  Preller  in  Jahns  Jahrbb.  79,  S.  547  f. 

2-  Der  im  J.  1777  zu  Rom  gemachte  Fimd  ist  herausgegeben  von  Ma- 
rini,  gli  atti  e  monumenti  de'  fratelli  arvali,  scolpiti  gia  in  tav^ole  di  marmo 
ed  ora  raccolti,  diciferati  e  commentati,  Rom  1795.  2  VolL  4.  (Facsinule 
IL  p.  668  und  bei  Ritschi  P.  L.  M.  E.  XXXVI  A.)  und  seitdem  oft  abge- 
druckt und  erläutert,  z.  E.  G.  Hermann,  El.  d.  metr.  p.  613  ff.  Orelli 
Inscr.  I.  p.  388  ff.  vgl.  II.  p.  444.  R.  H.  Klausen,  de  carmine  fratjmm  arva- 
lium,  Bonn  1836.  Corssen,  Origg.  p.  86  ff*.  Th  Bergk,  Zeitschr.  f.  Alt.  W. 
1856,  Nr.  IT  19.  Melchiorri,  Appendice  agli  atti  e  monumenti  de'  fratelli 
Arvali.  Rom  1855.  4.  W.  Henzen,  frammenti  di  tavole  arvaliche,  Annal. 
deir  inst.  arch.  XXX  (1858)  p.  47—53.  De  Rossi,  vicende  degli  atti  de* 
fratelli  arvali ,  ed  un  nuovo  frammento  di  essi ,  Ebds.  p.  54 — 79.  Corp.  Inscr. 
lat.  I,  28.  p.  9  f.  Borghesi,  Oeuvres  IV.  p.  394  ff. 

3.  Neuer  Fund  im  Juni  18C6  beim  vierten  Meilenstein  der  via  Portuen- 
ais,  in  vigna  Cercarelli;  72  Zeilen,  enthaltend  die  Acten  des  CoUegiums 
von  Oct.  58  bis  Mäarz  59  n.  Chr.  Vgl.  Rossi,  Bull.  d.  archeol.  cristiana 
1866,  p.  53—62.  W.  Henzen,  im  Hermes  II.  S.  37— 55  und  Th.  Mommsen, 
ebds.  S.  56—64. 

56.  So  hatten  sicherlich  auch  noch  andere  kirchliche  Kör- 
perschaften ihre  uralten  Lieder  und  Litaneien.     Ausserdem  gab 


Weissagungen.  Tabulae  Iguvinae.  Foedera  regum.  81 

es  alte  Sprüche  und  Weissagungen  im  saturnischen  Mass,  welche 
der  Volksglaube  auf  Faunus,  Carmentis  u.  A.  Eurückführte  und 
welche  theilweise  schon  frühzeitig  gesammelt,  noch  mehr  aber 
gefälscht  wurden. 

1.  Ennius  Ann.  v.  222  V.:  versibus  quos  olim  Fauni  vatesque  canebant. 
Fest.  p.  325:  versaa  antiquiBsimi ,  quibus  Faunus  fata  cecinisse  hominibus 
Tidetur,  Satnrnii  appellantur.  Ebenso  gab  Carmentis  ififiitgovg  XQtjafiovg 
(Plnt.  Q.  R.  56),  nämUch  im  Saturnier  (Varr.  L.  L.  VII,  88).  Similiter 
Marcius  et  Publicius  vates  cecinisse  dicmitur  (Cic.  de  div.  I,  60,  115).  Hör. 
Ep.  II,  1,  26:  annosa  volomina  vatum,  und  dazu  Porphjrio:  veteres  libros 
Marci  vatis  Sibyllaeque  et  similium.  Vgl.  Fest.  p.  326,  b.  M. :  ex  libris 
Sibyllims  et  vaticinio  Marci  vatis.  Corssen,  Origg.  p.  6 — 15.  162.  Momm- 
sen  R  S.  204.  213. 

2.  Marcius  (Cic.  l.  1.  Liv.  XXV,  12.  Macrob.  Sat.  1,  17.  Plin.  N.  H. 
VII,  33.  Porph3nr.  1.  1.  vgl.  Fest.  p.  165:  Cn.  Marc.)  lebte,  unbestimmt 
▼ie  lange,  vor  dem  zweiten  punischen  Kriege  (vates  hie  Marcius  illustris 
faerat  etc.  Liv.  l.  1.).  Von  mehreren  dieses  Namens  sprechen  Cic.  de  div. 
I,  40,  89  (Marcii  fratres,  nobili  loco  uati).  II,  55,  113  (nee  Publicio  neacio 
cui,  nee  Marcus  vatibus).  Serv.  Ae.  VI,  70.  Symmach.  Ep.  IV,  34.  Vgl.  unten 
74,  3.  Reduction  der  Proben  bei  Liv.  1. 1.  auf  Saturnier  von  Westphal,  Form 
d.  alt.  r.  P.  S.  58.    ' 

57.  Ritualvorschriften,  Gesänge  und  Gebete  im  umbrischen 
und  im  lateinischen  Dialekte  enthalten  die  sieben  im  J.  1444 
zu  Eugubio  gefundenen  Tafeln  (tabulae  Iguvinae)  von  ver- 
schiedenem Alter.  Satumischer  Rhythmus  mit  Alliteration  tritt 
darin  theilweise  unverkennbar  zu  Tage. 

1.  Erste  vollständige  Veröffentlichung  1723  durch  Bonarota  in  Demp- 
sters  Etruria  regalis.  —  Lanzi,  Saggi  di  lingua  Etruaca  Vol.  III.  R.  Lep- 
siua,  de  tabulis  Eugubinia  (Berlin  1833),  im  Rhein.  Mus.  II  (1834)  S.  191  ff. 
and:  Inscriptiones  umbricae  et  oscae,  ad  ectypa  monumentorum  confectae, 
Lip».  1841.  mit  Atlas.  G.  F.  Grotefend,  Rudimenta  linguae  umbricae,  Han- 
nover 1835  —  39,  VIII  Partes,  u.  in  Paul/s  Real-Enc.  IV.  S.  95—103.  C. 
Lasgen,  Beiträge  zur  Deutung  der  eug.  Tfl'.,  im  Rhein.  Mus.  I  (1833).  S. 
360  tf.  u.  II.  S.  141  ff*.  S.  Th.  Aufrecht  u.  A.  Kirchhoff,  die  umbr.  Sprach- 
denkmäler, mit  10  lithogr.  Taff.  Berlin  1849—1851.  4.  2  Bde.  E.  Huschke, 
die  iguvin.  Tafeln  nebst  den  kleineren  umbr.  Inschrr.    Leipzig  1859.    8. 

2.  Satumius  u.  Alliteration,  s.  Grotefend  a.  a.  0.  S.  98.  99.  100.  West- 
phal, älteste  röm.  Poesie  S.  67  f. 

b)  PoUtisch-Historisches. 
68,  Bundesverträge  aus  der  Königszeit  sind  1)  der  apo- 
kryphe hundertjährige  des  Romulus  mit  den  Vejenternj  2)  das 
Böndniss  des  TuUus  Hostilius  mit  den  Sabinern;  3)  das  des 
Servius  Tullius  mit  den  Latinern;  4)  der  Friedensschluss  des 
Tarquinius  (Superbus?)  mit  Gabii. 

Teuf  fei,  Riiin.  Lilcraturg^oscliirhte.  (j 


82  Die  fünf  ersten  Jahrh.  d.  St. 

1)  Dionys.  Antt.  II,  55:  Vtrjlai,g  ivexdgce^s  rag  Ofioloyias,  nach  grie- 
chischer Sitte. 

2)  Dionys.  III,  33:  atTjXae  dvTtyQd(povg  d'ivtsg,  vgl.  Hör.  Ep.  II,  1,  24  f. 

3)  Dionys.  IV,  26:  Tra  (irjdslg  XQovog  avtovg  aq>avLarj  ax'^Xrjv  üataffTtev- 
düag  %aX%Tiv  iyQtt'tpsv  iv  Tavtij  etc.  und  sie  war  ygafifidtcDv  ^%ovGa  xctqcL- 
•nxflQag  iXXr^vinmv  j  olg  xo  naXaiov  97  ""EXXdg  ixgdxo, 

4)  Geschrieben  auf  dem  Fell  des  dabei  geopferten  Stieres,  ygdfifiaeiv 
dgxtu'^ytoCg ,  und  im  Tempel  des  Saucus  aufbewahrt,  Dionys.  lY,  68.  vgl. 
Paul.  Diac.  p.  56  M.  Hör.  1.  1.  Gegen  die  Beziehung  auf  den  letzten  Tar- 
quinius  ist  Mommsen  I.  S.  143.  Vgl.  auch  Schwegler  I.  S.  18  f.  A.  2.  S.  21. 
37,  A.  9.  43  E.  789. 

59.  Aus  der  ältesten  Zeit  der  Republik  finden  wir  1)  die 
Urkunde  des  Schifffabrts-  und  Handelsvertrags  mit  Karthago, 
angeblich  aus  dem  ersten  Jahre  der  Republik;  2)  Vertrag  mit 
König  Porsena;  3)  Bündniss  mit  den  Latinern  vom  J.  261  d.  St.; 
4)  Foedus  Ardeatinum  aus  dem  J.  310.  Dazu  noch  5)  die  lex 
tribunicia  prima  vom  J.  261  d.  St.  und  6)  die  lex  Icilia  de 
Aventino  publicando,  vom  J.  298  d.  St. 

1)  Polyb.  in,  22 :  Sia^rjuaL  .  .  ag  xa-ö"'  oaov  riv  Svvaxov  d^gißtaraxa 
SiSQ(i7jvBvaavxfg  rffiBig  vnoysyQdq)afisv.  zriXi,%avxTi  ydqSi  Statpogd  yeyovs 
x^g  diaXinxov  xal  nagd  ^Poofiaioig  xfjg  vvv  ngog  xiqv  dgxceiccv  toaxs  rovg 
avvsxcoxdxovg  ivia  fioXig  i^  intaxdasoig  dL8v%Qivsi'v.  Aus  einem  Missver- 
Btändnisse  des  Polyb.  erklärt  (und  als  erster  Vertrag  der  des  J.  406  d.  St.) 
von  Th.  Mommsen,  Rom.  Chronol.  S.  320 — 325,  2.  Aufl.,  unter  Zustimmung 
von  J.  Aschbach,  Sitzungsber.  der  Wiener  Akad.  XXXI.  S.  421—428,  A. 
Schäfer,  Rhein.  Mus.  XV.  S.  396  f.  488.  XVI.  S.  288—290;  dagegen  be- 
kämpft von  E.  Müller,  Verhandl.  d.  Frankfurter  Philologenvers.  (1861)  S. 
79—92,  und  H.  Nissen,  in  Jahns  Jahrbb.  95,  S.  321—332.  Vgl.  auch  P.  J. 
Röckorath,  foedera  Romanorum  etCarthaginiensium  critica  ratione  illustran- 
tur.     Diss.  Münster  1860.  74  pp.  8. 

2)  Plin.  N.  H.  XXXIV,  14,  1.39;  in  foedere  quod  expulsis  regibus  populo 
rom.  dedit  Porsena  .  .  invenimus. 

3)  Cic.  p.  Balb.  23,  53:  foedus  .  .  quod  quidem  nuper  in  columna  ahe- 
nea  meminimus  post  rostra  incisum  et  perscriptum  fuisse.  Vgl.  Liv.  II, 
33.    Fest.  p.  166. 

4)  Liv.  IV,  7. 

5)  Fest.  p.  318,  30. 

6)  Liv.  III,  31.    Dionys.  X,  32. 

60.  Die  sogenannten  leges  regiae,  angeblich  Verordnun- 
gen und  Entscheidungen  welche  von  den  römischen  Königen  aus- 
giengen,  in  ihrer  Form  zum  Theil  Alterthümlichkeit  anstrebend 
und  von  sacralem  Charakter,  sind  uraltes  Gewohnheitsrecht,  ei'st 
später  aufgezeichnet  und  willkürlich  unter  die  einzelnen  Könige 
vertheilt. 


Bundesverträge.  Lege«  und  comment^rii  regum.  83 

J  -  H.  E.  Dirksen,  Vereuche  zur  Kritik  u.  Auslegung  der  Quellen  des 
röm-  Eechts  (1823),  S.  234—358.  W.  Rein  in  Pauly's  R.  E.  IV.  S.  994  f. 
Schi?«^egler  I.  S.  23—27.  vgl.  S.  572,  A.  1.  664,  A.  3.    Mommsen  P  S.  441. 


4J1.   Die   Sammlung    dieser  angeblichen  leges  regiae  hiess 
BaeH  ihrem  Urheber  ins  papirianum.     Da  das  älteste  ius  ci- 
vile    mit  dem  ius  saerum  zusammenfällt^  so  Hess  sich  als  Inhalt 
jener  Sammlung,   im  Hinblick   auf  einzelne  Bestimmungen  in 
derselben,  mit  einigem  Rechte  das  ius   civile  bezeichnen,  ge- 
nauer  aber    bestand   sie    aus    sacralen   Normen.     Oeffentlichen 
Charakter  scheint  die  Sammlung  nie  gehabt  zu  haben. 

1.  Pompon.  Dig.  I,  2,  2.  §.  2:  quae  omnes  (leges  regiae)  conscriptac 
eistant  in  libro  Sexti  Papirii,  qui  fuit  illis  temporibua  quibus  Superbus  .  . 
Is  Über  appellatur  ius  civile  papirianum  .  .  quod  (Papirius)  leges  sine  or- 
dine  latas  in  unum  composuit.  Ib.  §.  36:  fuit  in  primis  peritus  (iuris)  P. 
Papirius,  qui  leges  regias  in  unum  contulit.  Schwanken  über  die  Person 
und  Zeit  des  Pap.,  s.  Schwegler  I.  S.  24  f.  A.  5.  Inhalt  nsgl  tcäv  tsgav 
nach  Dionys.  III,  36.  Des  Granius  Flaccus  liber  de  iure  papiriano  citierfc 
Paullus  Dig.  L,  16,  144.    Vgl.  Rein  in  Pauly^s  R.  E.  IV.  S.  660  f. 

62.  Die  commentarii  regum  nehmen  den  Schein  als  ob 
sie  von  (den)  Königen  aufgezeichnet  wären  nur  mit  Unrecht 
fär  sich  in  Anspruch,  mögen  aber  Bestimmungen  über  könig- 
liche Functionen  enthalten  haben,  welche,  der  Sache  nach  uralt, 
in  der  historischen  Zeit  niedergeschrieben  und  gesammelt  wurden. 

1  Cic.  p.  Rab.  p.  r.  5,  15:  ex  annalium  monumentis  atque  ex  reguin 
commentarüs.  Besonders  commentarii  Numae  (Liv.  I,  31),  welche  Ancus 
Martins  in  album  elata  proponere  in  pubUeo  iubet  (Liv.  I,  32.  vgl.  Dionys. 
in,  36).  'Tnofivijfiata  Nov(iä  (Plut.  Marcell.  8)  =  libri  Numae  (Piso  bei 
Plin.  N.  H.  XXVm,  4)  =  leges  Numae  (Serv.  Aen.  VI,  860)  =  lex  Pom- 
pilü  regis  in  Pontificum  libris  (Festus  p.  189  M.).  Ebenso  commentarii 
Servii  Tullii  (Liv.  I,  60)  =  descriptio  classium  (Festus  p.  246.  249  M.), 
dem  Inhalte  nach  auch  =  censoriae  tabulae  (Cic.  orat.  46,  1ö6). 

2.  Schwegler  I.  S.  27  f.  vgl.  545,  A.  2. 

3.  Anderer  Art  sind  die  auf  einer  Unterschiebung  oder  Mystification 
beruhenden  Bücher  Numas  von  religionsphilosophischem  Inhalte  welche  im 
J.  573  d.  St.  ausgegraben  wurden;  s.  E.  v.  Lasaulx,  über  die  Bücher  des 
K.  Numa,  Ablih.  der  bair.  Akad.  phil.  Cl.  V.  S.  83  ff.  und  dagegen  Schweg- 
ler I.  S.  564—568.    Mommsen  I.  S.  844. 

63,  Den  ausgedehntesten  Gebrauch  von  der  Schreibekunst 
machten  die  Priester,  und  zwar  theils  in  Bezug  auf  ihren  un- 
railtelbaren  Wirkungskreis,  den  Gottesdienst  und  dessen  Ritual, 
sowie  das  geistliche  Recht  (libri  pontificii  oder  pontificum 
u.  clgh),   theils  über  denselben  hinaus   (commentarii   ponti- 


n  :?•. 


wC... 


84  Die  fünf  ersten  Jahrh.  d.  St. 

ficum),  Aufzeichnungen  von  Vorkommnissen  Staats-  und  saeral- 
rechtlicher  Art  welche  als  Vorgänge  für  künftige  Fälle  dienten. 

1.  Unbestimmte  Anführungen  (pontifices  dicunt,  docent,  apud  p.  legi- 
mus  etc.)  Varro  L.  L.  V,  23.  Colum.  ü,  21,  5.  Macrob.  Sat.  III,  20,  2.  — 
Publica  und  pontificum  monumenta  beisammen  bei  Val.  Prob,  de  notis  1, 
vgl.  Th.  Mommsen,  Berichte  der  sächs.  G.  d.  W.  1853,  S.  133. 

2.  Pontificum  libri,  Cic.  de  or.  I,  43,  193.  Hör.  Ep.  11,  1,  26.  Ma- 
crob. Sat.  I,  12,  21.  Fest.  p.  189  M.  —  pontificii  libri,  Varr.  L.  L.  V,  98. 
Cic.  Rep.  II,  31,  54.  vgl.  N.  D.  I,  30,  84.  Fest.  p.  366.  —  pontificales  libri, 
Serv.  Verg.  Ecl.  V,  66.  Ge.  I,  21.  Ae.  XII,  603.  vgl.  Lyd.  mehs.  IV,  20.  — 
Ubri  sacri,  Serv.  Ge.  I,  272.  libri  sacrorum.  Fest.  p.  141.  —  indigitamenta 
(eig.  Anrufungsformeln,  also  wohl  ein  Theil  der  libri  pont.),  i.  e.  ponti- 
ficales libri,  Serv.  Ge.  I,  21.  —  commentarii  sacrorum  (pontificalium),  Fest, 
p.  166.286.  360.  —  commentarii  pontificum,  Cic.  Brut.  14,  55.  p.  dorn.  5.S, 
136.  Liv.  IV,  3.  VI,  1.  PHn.  N.  H.  XVIII,  3.  Quintil.  VIII,  2,  12.  — 
U^ot^avztav  ygafpai,  Dionys.  VIII,  56.  te^al  Silxoi,  ib.  I,  73.  tegal  ßLßXoi, 
Ib.  X,  1. 

3.  Ambrosch,  observationes  de  sacris  Rom.  libris,  Part.  I.  Bresl.  1840. 

4.  und:    über  die  Religionsbücher  der  Römer,  Bonn   1843.     Schwegler  I. 

5.  31—34. 

64:.*  Die  Pontifices,  als  Inhaber  der  Zeitmesskunst,  führten 
auch  die  fasti,  das  Verzeichniss  der  Spruch-  oder  Gerichts-Tage 
(dies  agendi,  dies  fasti),  als  Bestandtheil  der  Monatstafel  (Ka- 
lendarium) ,  mit  Aufzählung  der  auf  jeden  Tag  fallenden  Feste 
und  Spiele,  Märkte,  Opfer  u.  dgl.,  woran  sich  allmählich,  aus- 
gehend von  den  Jahrestagen  trauriger  Ereignisse,  auch  sonstige 
kurze  Notizen  über  geschichtliche  Vorkommnisse  anschlössen, 
sowie  Bemerkungen  über  den  Aufgang  von  Sternbildern.  Seit 
der  Freigebung  dieser  fasti  (§.  78)  wurden  auch  von  Privat- 
personen fasti  auf  Tafeln  und  in  Büchern  veröffentlicht  und 
zum  Gegenstande  gelehrter  Erläuterung  gemacht.  Nach  Ein- 
führung der  julianischen  Zeitrechnung  (709  d.  St.)  kam  die 
Veröflfentlichung  wieder  in  offizielle  Hände,  jetzt  des  Imperator 
als  pontifex  maximus.  Wir  besitzen  aus  dieser  Zeit  eine  Anzahl 
auf  Stein  gegrabener  oder  geschriebener  (gemalter)  Kalender- 
bruchstücke aus  Rom  und  italischen  Städten  und  vom  achten 
Jahrhundert  d.  St.  bis  in  die  Zeit  des  Claudius  herabreichend. 
Als  die  neue  Zeitrechnung  sich  eingelebt  hatte  wurde  wieder 
Raum  für  die  Privatindustrie.  Erhalten  sind  noch  zwei  vollstän- 
dige Kalender,  ein  amtlicher  des  vierten  Jahrhunderts,  geschrie- 
ben von  Furius  Dionysius  'Philocalus  (aus  dem  J.  354  n.  Chr.), 
und  eine  christliche  Umarbeitung  des  amtlichen  Kalenders,  ver- 
fasst  von  Polemius  Silvius  (aus  J.  448  f.  n.  Chr.). 


Libri  und  commentarii  pontificum.  Fasti.  85 

1.     Dies  fasti  per  qiios  praetoribiis  omnia  verba  sine  piaculo  licet  fari. 

Conttajrü  horuni  vocantur  dies  nefasti,  per  quos  dies  nefas  fari  praeto- 

rem  I>o,  Dico,  Addico.    Itaque  non  potest  agi.     Varro  L.  L.  VI,  4.  p.  210 

Sp.  vgl.  7.  p.  229.     Ovid.  Fast.  I,  48.     liv.  I,  19  extr.:  idern  (Numa)  ne- 

fastofl  dies  fastosque  fecit.  —  Siiet.  Caes.  40:   fastos  correxit,  iam  pridem 

vitio  pontificum  per  intercalandi  licentiam  turbatos  =  Einführung  der  ju- 

lianißelien  Zeitrechnung;  vgl.  Aug.  31.     Capit.  M.  Antonin.  10:  fastis  dies 

iudiciarios  addidit.  —  Petron.  Sat.  30:  altera  (tabula  in  poste  triclinii  de- 

fixa  liabebat  inscriptum)  lunae  cursum  stellarumque  septem  imagines  pictas, 

et  qui  dies  boni  quique  incommodi  esst-nt  distinguente  bulla  notabantur.  — 

Cic.  Phil.  II,  34,  87:   adscribi  iussit  in  fastis  ad  Lupercalia:   C.  Caesari  .  . 

M.  Aütonium  .  .  regnum  detulisse,  Caesarem  uti  noliüsse.    Bei  Domitians 

Regierungsantritt  wurde   eine  Senatscommission   niedergesetzt   qui  fastos 

adalatione  temporum  foedatos  exonerarent,  Tac.  H.  IV,  40.  Vgl.  C.  I.  lat. 

I.  p.  377  b. 

2.  Fulvius  Nobilior  in  fastis  quos  in  aede  Herculis  Musarum  posuit, 
Macrob.  Sat  I,  12.  vgl.  13  extr.  Varro  L.  L.  VI,  4.  p.  213  Sp.  Censorin. 
d.  n.  20.  21.     Charis.  I.  p.  112  P.  =  138,  16  K. 

3.  Verrius  Flaccus  statuam  habet  Praeneste,  in  superiore  fori  parte, 
circa  hemicyclium  in  quo  fastos  a  se  ordinat(Ä  et  marmoreo  parieti  incisos 
publicarat,  Suet.  gramm.  17.  Theilweise  erhalten  in  den  fasti  praenestiui; 
8.  u.  A.  8,  9.  Vgl.  Mommsen,  C.  I.  lat.  I.  p.  363,  a.  Nachgrabungen  des 
J.  1863  constatierten  dass  das  hemicyclium  worin  nach  Foggini  diese  fasti 
gefunden  wurden  nicht  daß  des  Verrius  Flaccus  ist.  Vgl.  Henzen  im  Bull, 
arch.  April  1864. 

4.  Fasti  als  Bücher  (Fest.  p.  87,  19.  Ovid.  Fast.  I,  657)  verfassten  Ju- 
nius  Gracchanus,  Cincius,  Cornelius  Labeo,  Ovid,  Nisus,  Masurius  Sabinus, 
Julius  Modestus  (de  feriis)  u.  A.  Festus  p.  67.  Macrob.  Sat.  I,  11  extr. 
Merkel  vor  seiner  Ausg.  der  Fasti  des  Ovid  p.  LIII.  Mommsen  C.  I.  lat. 
L  p.  363.  —  Astronomische  Fasten  von  Clodius  Tuscus,  Merkel  1.  1.  p. 
LXVI  tf.  —  Aus  der  griech.  Literatur  Joh.  Lydus  de  mensibus. 

5.  Sammlungen  der  epigraphischen  fasti  durch  Jucundus;  J.  Mazochi 
(1509?);  Aldus  Manutius  vor  T.  III  seiner  2.  u.  3.  Ausg.  des  Ovid;  Ge. 
Fabricius  (1587).  Vgl.  C.  I.  lat.  I.  p.  293.  Grävius  Thesaur.  VIU.  P.  F. 
Foggini,  Fastorum  anni  rom.  a  Verrio  Flacco  ordinatorum  reliquiae  u.  s.  w. 
Rom  1779  fol.  Daraus  in  OreUi  Inscn*.  II.  p  379  ff.  Vollständige  und  kri- 
tische Sammlung  dieser  hemerologia  und  menologia  durch  Th.  Mommsen, 
C.  I.  lat.  I.  p.  293—360.  Dazu  sachliche  Commentarii,  ib.  p.  361—412. 
Vgl.  dessen  Rom.  Chronologie  S.  208  ff.  (2.  Aufl.),  auch  Ideler,  math. 
Chronol.  U.  S.  135  ff. 

6.  Nur  das  in  unsern  Steinkalendem  mit  grosser  Schrift  Geschriebene 
gehört  zum  ältesten  röm.  Festkalender  (wahrsch.  ursprünglich  ein  Bestand- 
theil  der  XII  Tafeln) ;  alles  mit  kleiner  Schrift  Beigesetzte  ist  späterer  Nach- 
trag.   Th.  Mommsen,  im  Rhein.  Mus.  XIV.  S.  82  f.  85.  C.  I.  lat.  I.  p.  361  f. 

7.  Die  Auszüge  aus  dem  amtlichen  Kalender  sind  auf  den  erhaltenen 
mit  Willkür  und  Unkenntniss  gemacht.    Mommsen  C.  I.  lat.  I.  p.  363,  b. 

8.  Erhaltene  hemerologia,  nach  ihrer  Entstehimgszeit  geordnet: 


86  Die  fünf  ersten  Jahrh.  d.  St. 

1)  Pincianum  (au8  Juli,  Aug.,  Sept.), 'zwischen  723  und  725  d.  St.  ein- 
gehauen, Orelli  p.  413.    C.  I.  lat.  I.  p;  298. 

2)  Allifanuui  (aus  Juli  u.  Aug.),  vor  725  eingehauen.  Or.  p.  413.  C.  I. 
p.  299. 

3)  Tusculanum,  vor  734  geschrieben;  C.  I.  p.  300. 

4)  Venusinum  (Mai  u.  Juni),  wohl  aus  726.   Or.  p.  412  f.  C.  I.  p.  300  f. 

5)  Sabinum  (aus  Oct.),  nach  735  eingehauen,  C.  I.  p.  302. 

6)  Maifeianum,  Marmortafel,  zwischen  746  und  757  geschrieben.  Orelli 
I.  p.  382  ff.  411.  C.  I.  p.  303—309.  Merkel  zu  Ovid's  Fast.  p.  XII  ff.  Vgl. 
p.  XVII-XXI.  LH.  . 

7)  Esquilinum  (aus  Mai  u.  Juni),  vor  757  verfasst.  Or.  p.  412.  C.  I.  p.  310. 

8)  Feriale  Cumanum,  bis  739  reichend,  eingehauen  nach  757.  C.  I.  p.  310. 

0.  Kellermann  in  0.  Jahns  Spicil.  epigr.  p.  3  ft\  21. 

9)  Praenestinum  des  Verrius  Flaccus,  geschrieben  zwischen  752  u.  763 
(10  n.  Chr.),  mit  Nachträgen  bis  774  (21  n.  Chr.),  enthaltend  Januar  bis  April 
u.  December;  bei  Foggini  1.  1.    Orelli  II.  p.  379  ff.  408  ff.    C.  I.  p.  311-319. 

10)  Vallense  (Aug.  u.  Sept.),  geschrieben  nach  760  (7  n.  Chr.)  und  vor 
767  (14),  mit  Nachträgen  bis  784  (31).     Or.  I.  p.  413.   C.  I.  p.  320  f. 

11)  Ostiensc,  geschrieben  noch  vor  dem  Tode  des  August  (767),  C.  I. 
p.  322.     G.  B.  de  Rossi,  Bull.  arch.  1860,  p.  71—80. 

12)  Vaticanum  (aus  März,  Apr.,  Aug.),  geschrieben  nach  768  und  vor 
787,  Or.  p.  412.    C.  I.  p.  322. 

13)  Amiteruinum  (aus  Mai  bis  Dcbr.),  geschrieben  nach  769  (16  n.  Chr.) 
imd  wahrsch.  vor  772  (19),  Or.  p.  412.   C.  1.  p.  323—325. 

14)  Pighiaimm,  geschrieben  zwischpi^  784  mid  790  (31—37),  in  den 
letzten  Jahren  des  Tiberius,  C.  1.  p.  326. 

15)  Antiatinum  (aus  den  letzten  6  Monaten),  reichend  bis  19  n.  Chr., 
eingehaucn  J.   804  (51),  unter  Claudius.     Orelli  p.  413.    fleuzen  6445.   C. 

1.  p.  327—329. 

16)  Farnesianum  (aus  Febr.  u.  März),  Or.  p.  412.    C.  I.  p.  330. 

17)  Urbinas,  C.  I.  p.  330. 

18)  aus  der  aedes  Concordiae  zu  Rom, 

19)  aus  der  via  Gratiosa  zu  Rom;  Nr.  16 --18  noch  wahrscheinhch  aus 
der  Zeit  der  julischen  Dynastie;  C.  I.  p.  331.     . 

9.  Den  amtlichen  Kalender  der  Mitte  des  vierten  christl.  Jahrh.  schrieb 
am  Ende  des  J.  354  der  Kalh'graph  Furius  Dionysius  Philocalus  ab,  stattete 
ilm  mit  zahlreichen  Bildern  aus  und  widmete  seine  Arbeit  einem  Valcntinus. 
Sie  ist  in  zwei  Exemplaren  erhalten,  von  welchen  das  eine  (Peirescianum, 
sacc.  8  oder  9)  wieder  verloren  gieng  und  nur  in  zwei  Abschriften  des  17  saec. 
(in  Brüssel  und  der  Vaticana)  noch  existiert;  vom  zweiten  (saec.  9),  ursprüng- 
lich in  Strassburg,  jetzt  in  Bern,  ist  nur  der  December  noch  vorhanden,  dafür 
aber  zu  Wien  eine  vollständige  Abschrift  aus  1480.  Oefters  herausgegeben, 
z.  B.  von  Lambecius,  Bibl.  Caesarea,  Append.  comm.  1.  IV  (Wien  1671)  p. 
271—302,  X.  Schier,  Kalendarium  Furü  D.  Ph.,  Wien  1781.  Montfaucon, 
Antiq.  Suppl.  I.  p.  25-37.     Grävius  Thes.  VIII.  p.  95—113.    Bes.  aber  Th. 


k 


Fasti  als  Kalender  und  Magiätratsverzeichuissc.  87 

^otöJO^^^*^.  C.  I.  lat.  I.  p.  334 — 356.    Dazu  dessen  Abh.  über  den  Chrono - 
graplacn     deö  J.  354,  in  den  Abhh*.  der  säcbs.  Ges.  d.  W.  II  (1850)  S.  560  ff. 
565  ff-  ^^nd  die  üebersicht  im  C.  I.  lat.  I.  p.  332  f. 

10.    Der  Kalender  des  Polemius  Silvius  ist  geschrieben  J.  448  f.  unter 
Vaicnü.i\ian  III  und  gerichtet  an  den  Bischof  Eucherius   (f  zu  Lyon  450). 
In  aönem  christlichen  Eifer  hat  der  Verfasser  alles  an  dem  alten  Kalender 
vras  üun  nach  heidnischem  Aberglauben  aussah  weggelassen,  dafür  aber 
geschichtliche  Data,  grammatische  und  meteorologische  Bemerkungen  u.  dgl. 
aiis  seinem  eigenen  Wissen  hinzugethan.    Erhalten  in  einer  Brüsseler  Hand- 
schrift; abgedruckt  in  Henschen*B  Acta  sanctomm,  Jimi,  VII  (1717)  p.  178 
-184  und  daraus  in  Migne^s  Patrologia  XIII  (1845)  p.  575  ff.;  jetzt  (je  neben 
dem  des  Philocalus)  von  Th.  Mommsen,  C.  I.  lat.  I.  p.  335—357.    Dazu 
dessen  Abh.   über  den  Laterculus  des  Polemius  Silvius,  in  den  Abldi.  der 
Sachs.  Ges.  d.  W.  III  (1853)  S.  231—277,  vgl.  dessen  Abh.  über  Cassiodor, 
Ehds.  VUI.  S.  694—696,  und  die  Zusammenstellung  der  Ergebnisse  im  C.  I. 
lai  I.  p.  333,  b. 

U.  Ausserdem  ist  ein  ländlicher  Monatskalender,  mit  Angabe  der 
ländlichen  Geschäfte,  Feste,  der  Länge  des  Monats  und  Tages  u.  s.  w.  (me- 
nologium  rusticum)  in  doppelter,  materiell  nicht  verschiedener  Fassung  er- 
halten: mcnol.  nist.  Colotianum  und  Vallense,  abgedruckt  zuletzt  C.  I.  lat. 
I.  p.  358  f.  vgl.  Grävius  Thes.  VIII.  p.  19  ff.     Orelli  IL  p.  380  f. 

65.  Von  den  Tages-  (und  Monats-)  Verzeichnissen  her 
wurde  der  Name  fasti  übergetragen  auch  auf  Jahresverzeichnisse 
mit  Angabe  der  eponymen  Magistrate  jedes  Jahres  (fasti  con- 
sulares),  der  in  jedem  Jahre  gehaltenen  Triumphe  (fasti  triumpha- 
les), der  jeweiligen  Priester  (fasti  sacerdotales).  Auch  von  fasti 
iü  dieser  Bedeutung  des  Wortes  sind  Ueberreste  auf  uns  ge- 
kommen, unter  denen  die  fasti  capitolini  weitaus  die  wichtig- 
sten sind. 

1.  Fasti  als  Verzeichnisse  bes.  von  Behörden  z.  B.  Liv.  IX,  18:  in  an- 
nalibuB  magistratuum  fastisque.  Cic.  in  Pis.  13,  30:  hos  consules  fasti  ulli 
ferre  posaunt?  ad  Brut.  I,  15:  in  fastis  nomen  adscribitur;  vgl.  Tac.  A.  III, 
17:  e  fastis  rädere.  Trcbell.  Gallien.  15:  Gallienura  tyrannum  in  fastos 
pubÜcos  retulerunt 

2.  Fasti  capitolini,  so  genannt  von  der  jetzigen  Aufbewahrung  der 
aufgefundenen  Bruchstücke  auf  dem  Capitol;  im  16.  u.  19.  Jahrh.  zu  Rom  in 
der  Nähe  des  Forum  ausgegraben;  ursprünglich  auf  der  marmornen  Wand 
deg  Castortempels  oder  der  regia  eingegraben,  mid  zwar  zuerst  nach  718  und 
vor  724  d.  St.  (weil  der  Name  des  M.  Antonius  und  seines  Grossvaters 
ausgelöscht  ist,  in  Folge  des  SC.  von  724,  und  dann  wieder  hergestellt), 
dann  fortgesetzt  nicht  vor  J.  742;  die  Magistrate  von  742  bis  766,  sowie  die 
Säcularspiele  bis  841  wurden  wahrsch.  unter  Domitian  hinzugefügt.  Weitere 
Fortführung  dieses  amtlichen  Verzeichnisses  mochte  wegen  der  geschwun- 
denen Wichtigkeit  des  Consulats  und  des  Häufigerwerdens  der  Jahresbe- 
zeichnung nach  der  trib.  pot.  der  Kaiser  nicht  als  dringlich  erscheinen;  in 
den  Municipien  aber  hatte  man  fortwährend  Interesse  dafür;  vgl.  die  fasti 


88  Die  fünf  ersten  Jahrh.  d.  St. 

Caleni  zum  J.  289  n.  Chr.  bei  Orelli-Henzen  6447.  Vgl.  über  die  Geschichte 
dieser  amtlichen  fasti,  ihre  Entdeckung  und  Veröffentlichung,  W.  Henzen 
im  C.  I.  lat.  I.  p.  415-425. 

3.  Die  fasti  capitolini  waren  ein  Verzeichniss  der  auf  einander  folgen- 
den Consuln,  Censoren,  Dictatoren  und  magg.  eqq.  (fasti  consulares  nach 
dem  Hauptinhalt),  sowie  (auf  den  Pfeilern  zur  Seite  der  Hauptwand)  der 
vorgekommenen  Triumphe  (f.  triumphales).  Letztere  reichen  von  Romulus 
bis  zum  J.  735  d.  St.,  und  auch  die  ersteren  erstreckten  sich  wohl  ur- 
sprünglich auch  auf  die  Königszeit.  Der  Chronograph  des  J.  354  (Anon. 
Noris.)  ist  der  letzte  Schriftsteller  von  welchem  directe  Benutzung  dieser 
fasti  sich  erweisen  l^sst. 

4.  Abdruck  der  Fasti  capitolini  mit  Ergänzungen  z.  B.  von  J.  G.  Baiter, 
Zürich  1838,  u.  bes.  von  W.  Henzen  im  C.  I.  lat.  I.  p.  425 — 442,  wozu  An- 
merkimgen  ib.  p.  443—451.  Die  acta  triumphoi*um  ib.  p.  453—461,  nebst  den 
commentarii,  ib.  p.  462 — 464.  Eine  vergleichende  Zusammenstellung  der 
Angaben  der  Schriftsteller  und  Fasten  über  die  J.  246—766  d.  St.  von  Th. 
Mommsen  ib.  p.  483—552. 

5.  Ausserdem  16  kleinere  Bruchstücke  von  Consular-  und  Triumphal- 
Fasten  aus  der  Zeit  der  Republik  und  des  Augustus  herausgg.  u.  eommen- 
tiert  von  W.  Henzen,  C.  I.  lat.  I.  p.  465—479.  Bes.  wichtig  darimter  die 
fasti  Venusini  (früher  Capuani),  Nr.  VI,  p.  467—471,  abgedruckt  auch 
Mommsen  I.  R.  N.  697 ;  sowie  die  barberinischen  Triumphalfasten,  C.  I.  lat.  I. 
Nr.  XVI,  p.  477-479. 

6.  In  die  Sacerdotalfasten  wurden  die  Einträge  aiy ährlich  gemacht, 
wie  aus  der  verschiedenen  Schrift  derselben  erhellt;  s.  Orelli-Henzen  6053. 
6058.  Th.  Mommsen,  Sacerdotalfasten  aus  Bovillä,  Ztschr.  f.  Alt.  Wiss. 
1845,  Nr.  65,  S.  513—517.  B.  Borghesi,  frammento  di  fasti  sacerdotali,  und 
sul  frammento  di  fasti  sac.  ritrovato  nella  Basilica  Giulia,  Memoria  IIL 
p.  155-225.    Monimienti  etc.  1856,  p.  48—52.  =  Oeuvres  III.  p.  391  ff. 

66.  Von  den  ursprünglich  nicht  zur  Veröffentlichung  be- 
stimmten Aufzeichnungen  der  Priester  sind  zu  unterscheiden 
die  von  Anfang  an  mit  Rücksicht  auf  die  Veröffentlichung  ab- 
gefasäten  annales  pontificum,  vom  Pontifex  maximus  ge- 
führt (und  angeblich  desshalb  annales  maximi  genannt)^  in- 
dem dieser  alljährlich  eine  weisse  Tafel  öffentlich  aufstellte  wor- 
auf die  denkwürdigen  Ereignisse  des  Jahres,  besonders  auch 
(seit  J.  505  regelmässig)  die  Prodigien,  in  kürzester  Fassung 
verzeichnet  wurden.  Wer  Lust  hatte  mochte  sich  davon  Ab- 
schriften nehmen.  Diese  Sitte  war  eine  sehr  alte  und  bestand 
bis  ins  siebente  Jahrhundert  d.  St.  hinein.  Als  aber  die  Auf- 
Zeichnungen  und  Veröffentlichungen  dieser  Art  durch  Schrift- 
steller immer  häufiger  wurden,  fand  man  jene  amtlichen  ent- 
behrlich. Wie  man  sie  jetzt  zusammenstellte  und  ihnen  Buch- 
form gab  bildeten  sie  eine  Sammlung  von  80  Büchern.     In- 


Annales  pontificum.  89 

desseji  da  ihr  Aufbewahrungsort,  die  Amtswohnung  des  Pon- 
tifex  maximus  (Regia),  wiederholt,  die  ganze  Stadt  aber  durch 
die  Gallier  (J.  364)  in  Flammen  aufgieng,  so  können  die  auf 
die  älteren  Zeiten  bezüglichen  Theile  jener  Sammlung  nur  aus 
der  Erinnerung  nachgearbeitet  und  daher  minder  glaubwürdig 
gewesen  sein,  uud  was  über  die  ältesten  Zeiten  nachträglich 
aufgenommen  wurde  war  ohnehin  nur  freie  Dichtung. 

1.  Paul.  Diac.  p.  126:  maximi  annales  appellabantur  non  (?  vgl.  Hüb- 
ner  S.  419)  [a]  magnitudme ,  sed  quod  eos  pontifex  maximus  confecisset; 
?gl.  Ser?.  Ae.  I,  377  (A.  2).  Macrob.  Sat.  III,  2,  17  u.  CitJ.  Legg.  I,  2,  6:  annales 
pontificum  maximorum,  sowie  (nach  ihm)  Quintil.  X,  2,  7;  pontificum  an- 
nales. Vgl.  6  nagcc  roig  aQxtBQivai  (bei  dem  jedesmaligen  pont.  max.) 
mipLsvog  niva^  bei  Dionys.  Hai.  I,  74  nach  Niebuhrs  Verbesserung;  s.  Hüb- 
ner S.  414.  Der  Name  maximi  kam  ohne  ZweifeL  erst  später  auf,  als  es 
auch  noch  andere  annales,  von  andern  Prhebern  und  von  kleinerem  üm- 
fimg,  gab  (Hübner  S.  419). 

2.  Serv.  Aen.  I,  377:  ita  annales  conficiebantur:  tabulam  dealbatam 
qnotiaimis  pontifex  maximus  habuit,  in  qua  praescriptis  consulum  nomini- 
bos  et  aliorum  magistratuum  digna  memoratu  notare  consueverat,  domi 
militiaeque,  terra  marique  gesta,  per  singulos  dies  (mit  Angabe  der  Tage 
and  in  chronologischer  Ordnung),  cuius  diligentiae  annuos  commentarios 
in  octoginta  libros  veteres  retulerunt  eosque  a  pontificibus  maximis,  a  qui- 
bns  fiebant,  annales  maximos  appellarunt.  Gell.  N.  A.  IV,  5,  6:  in  annalibus 
maximis,  libro  undecimo.  Diese  Bedaction  in  Buchform  rührte  vielleicht 
gleich&lls  (s.  A.  3)  von  P.  Mucius  her.  Mommsen  IP.  S.  453.  Hübner 
S.  422. 

3.  Cic.  de  or.  II,  12,  52:  ab  initio  renun  romanarum  (seit  unvor- 
denklicher Zeit)  usque  ad  P.  Mucium  pontificem  maximum  (ums  J.  631 — 
^1  d.  Si)  res  omnes  singulorum  annorum  mandabat  litteris  pontifex  ma- 
xinus  referebatquc  in  album  et  proponebat  tabulam  domi,  potestas  ut 
6BBet  populo  cognoscendi:  ii  qui  etiamnunc  annales  maximi  nominantur. 
Der  offizielle  Charakter  und  die  Bestimmung  für  die  grosse  Menge  brachte 
^ch  tendenziöse  Entstellungen  des  Sachverhalts  mit  sich;  s.  H.  Nissen, 
trit.  Unters.  S.  97  f. 

4.  Cato  bei  Gell.  N.  A.  II,  28,  6:  non  lubet  scribere  quod  in  tabula 
apad  pontificem  maximum  est,  quotiens  annona  cara,  quotiens  luuae  aut 
Bolis  lomini  caHgo  aut  [aliut]  quid  obstiterit.  Vgl.  Cic.  de  rep.  I,  16,  25: 
ex  hoc  die ,  quem  apud  Ennium  et  in  maximis  annalibus  consignatum  vide- 
1IIU8,  ßuperiores  solis  defectiones  reputatae  Amt. 

5.  LiviuB  und  wohl  auch  Dionysius  scheinen  die  ann.  max.  nicht  (un- 
mittelbar) benutzt  zu  haben,  s.  Schwegler  I.  S.  8.  A.  4.  vgl.  S.  11  f  A.  13. 
Zwar  sagt  Dionys.  IV,  30:  iv  zaCg  hiavaioiq  avaygafpaCg  %axa  zov  xiaauQa- 
xoarov  iviavtov  trjg  TvlXiov  oigx^g  tov  'jlggovvTa  titsXsvtri'KOTa  nagsi- 
liifpantv.  Doch  kann  er  damit  auch  Annalisten  gemeint  haben ;  vgl.  IV,  7 
(L.  Piso  Prugi  iv  xaig  hiavaiotg  ngccyfiats^aig)  u.  15  (derselbe  iv  tfj 
ngmtj  xmv  SviavOicov  dvaygarpuv). 


90  Die  liinf  ersten  Jahrb.  d.  St. 

6.  Nägele,  Studien  über  altital.  u.  röm.  Staats-  u.  Ilechtsleben  (Scbaff- 
hauaen  1849)  S.  269  ft*.  F.  D.  Gerbach,  von  den  Quellen  der  ältesten  röm. 
Geschichte  (Basel  1853).  Schweglei«  I.  S.  7  ff.  Mommsen  1«.  S.  432  i.  J.  G. 
Hulleman ,  disp.  eritiea  de  annabbus  maximis,  Amsterd.  1865.  86  pp.  8.  Le- 
wis, Untersuchungen  über  die  Glaubwürdigkeit  der  altröm.  Gesch.  (übers, 
von  Liebrecht,  1858)  L  Cap.  IV  u.  V.  E.  Hübner,  Jahrbb.  für  class  Philol. 
LXXIX.  S.  401.  407.  411—423. 

67.  Wie  das  CoUegium  der  Pontifices  so  hatte  auch  das 
der  Augurn  seine  Bücher  (libri  augurales)  imd  Denkschrifteii 
(commentarii  augurum).  Ebenso  gab  es  libri  Saliorum,  cora- 
mentarii  XVyirorum.  Ausserdem  hatten  die  einzelnen  Priester- 
schafteu  ihr  Album  oder  ihre  Fasten,  chronologische  Verzeich- 
nisse der  betreffenden  Priester,  sowie  ihre  Protokolle  (acta)  über 
die  vorgekommenen  Amtshandlungen. 

1.  Libri  augurum  z.  B.  Varr.  L.  L.  V,  21.  33.  58.  VlI,  51.  Cic.  Rcp.  I,  40, 
63.  II,  31,  54.  N.  D.  I,  33,  72.  II,  4,  11.  p.  dorn.  15,  39.  Gell.  N.  A.  XIII, 
14,  1.     Fest.  p.  253.  322.     Serv.  Ae.  IV,  45.  IX,  20. 

2.  Commentarii  augurum,  Cic.  de  div.  U,  18,  42.  Fest.  p.  317.  Serv. 
Ae.  I,  398. 

3.  hbri  SaUorum,  Varr.  L.  L.  VI,  14. 

4.  Comm.  XVvirorum,  Censorin.  17,  9.  10.  11. 

5.  Fasti,  Orelli  C.  I.  2207.  Pbn.  N.  U.  XI,  71,  186.  Ueber  die  Sacer- 
dütalfasten  s.  §.  65,  6.    Ueber  die  acta  fratrum  arvalium  s.  §.  55,  2. 

68.  Auch  die  weltlichen  Behörden  hatten  ihre  entsprechen- 
den Aufzeichnungen,  theils  solche  die  von  ihnen  verfasst  wur- 
den (commentarii  magistratuum),  theils  solche  deren  Ge- 
genstand sie  waren  (libri  magistratuum).  Erstere  bezogen  sich 
auf  die  Geschäfte  der  einzelnen  Behörden:  commentarii  consu- 
lum,  quaestorum  u.  a.  Die  wichtigsten  dieser  Art  sind  die  ta- 
bulae  censoriae  (ungenauer  libri  censorii),  Listen  über  den 
Personal-  und  Vermögens-Stand  der  römischen  Bürgerschaft,  als 
Ergebnis9  des  abgehaltenen  Census,  sowie  üebersichten  über  das 
Staatsvermögen,  Einen  Privatcharakter  und  Privatzweck  schei- 
nen dagegen  gehabt  zu  haben  die  commentarii  censorum. 

1.  Commentarii  consulum,  Varro  L.  L.  VI,  88.  Commentarium  vctus 
anquisitiouis  M.  Sergii  M'.  f.  Quaestoris,  ib.  VI,  90.  91.  92. 

2.  Tabulae  censoriae,  Varr.  L.  L.  VI,  86.  Cic.  erat.  46,  156.  de  leg. 
agr.  I,  2,  4.  Plin.  N.  H.  XVIII,  3.  —  Libri  censorii.  Gell.  II,  10,  1.  vgl. 
TifiT^tLna  ygcciifiata,  Dionys.  IV,  22.    Einsetzung  der  Censur  311  d.  St. 

3.  Commentarii  slüayooyfKol  (vgl.  Gell.  XIV,  7,  1)  gewesener  Censoren, 
in  ibren  FamiUen  als  Leitfaden  erblich,  Dionys.  I,  74.  vgl.  Plin.  XXXV,  2, 
7.  Fest.  p.  356.  Dahin  gehört  auch  der  Saturnier  oridns  consül  magistmm 
povpuli  dicat,  Vel.  Long.  p.  2234  P.  vgl.  lieifferscheid,  Rh.  Mus.  XV.  S.  627. 


Comm.  u.  libri  augurum  und  inagistratuum.  Monumenta  privata.     91 

4.  Vgl.  Schwegler  I.  S.  28—30. 

09.  Libri  magistratuum  heissen  die  Verzeichnisse  der 
Behörden  jedes  Jahres,  dergleichen  wohl  geführt  wurden  seit- 
dem die  Behörden  jährlich  wechselten.  Ein  Theil  derselben, 
die  ältesten  welche  sich  über  den  gallischen  Brand  hinaus  im 
Originale  erhalten  hatten,  war  auf  Leinwand  geschrieben  und 
heisst  daher  libri  lintei.  Diese  waren  auf  dem  Capitol  im 
Tempel  der  Göttin  der  Erinnerung  aufbewahrt  und  werden  von 
Livius  als  eine  Quelle  seiner  Gewährsmänner  öfters  erwähnt. 

1.  Liv.  IV,  7:  neque  in  annalibus  prisds  neque  in  libris  magißtratuum. 
XXXIX,  52  (in  mag.  libris)  vgl.  IX,  18  (§.  65,  1). 

2.  Leinwand  Schreibmaterial  der  alten  Zeit,  z.  B.  Liv.  X,  38:  ex  libro 
veterc  Unteo  der  Sanmiten. 

3.  Magistratuum  libri,  quos  linteos  in  aede  repositos  Monctac  Maccr 
Lidnius  citat,  Liv.  IV,  20.    vgl.  ib.  7.   13.   23.     Schwegler  1.  S.  17  f. 

c)  Monumenta  privata.^ 

70.  Auch  Private  machten  sich  frühzeitig  Aufzeichnuugen 
für  späteren  Bedarf,  sowohl  in  Zusammenhang  mit  ihren  Haus- 
buchern ak  selbständig,  theils  über  Ereignisse  welche  das  Ganze 
betrafen  (Stadtphroniken)  theils  über  solche  welche  nur  für  die 
jeweilige  Familie  oder  Person  näheres  Interesse  hatten  (Haus- 
nnd  Familien-Chroniken).  Während  bei  den  ersteren  nur  das 
Bestreben  das  Geschehene  in  der  Erinnerung  festzuhalten  leiten 
konnte,  so  mischte  sich  bei  den  zweiten  leicht  persönliche 
Vorliebe  und  Verherrlichuugstrieb  ein.  Die  letzteren  werden 
erst  begonnen  haben  als  der  Sturz  des  Königthums  die  Bedeu- 
tung der  Adelsfamilien  gehoben  hatte,  und  die  älteste  derselben 
scheint  die  des  fabischen  Geschlechtes  gewesen  zu  sein. 

1.  Privata  momunenta,  Liv.  VI,  1. 

2.  IpBae  familiae  sua  quasi  omamenta  ac  monumenta  servabant,  et  ad 
osum  .  .  et  ad  memoriam  laudum  domesticarum  et  ad  illustrandam  nobi- 
litatem  suara,  Cic.  Brut.  16,  62. 

3.  Nägele,  Studien  S.  303  ff.  Schwegler  l.  S.  12  ff.  —  Anderes  s.  §  68 
Ende,  mit  A.  3. 

71.  Zu  dieser  Gattung  gehören  die  Ahnenlisten  und  Fa~ 
mihenstammbäume  (stemmata),  die  Aufschriften  (indices,  elogia) 
unter  Ahnenbildem  und  die  Lobreden  auf  gestorbene  Ange- 
hörige (laudationes  oder  orationes  funebres),  bei  welchen  allen 
früh  und  spät  über  dem  panegyrischen  Zwecke  die  Wahrheit 
vielfach  hintangesetzt  wurde. 


92  Die  fünf  ersten  Jahrh.  d.  St. 

1.  Eitelkeit  secundärer  Geschlechter  eine  Verwandtschaft  mit  vorneh- 
men nachzuweisen,  und  der  vornehmen  (wie-  der  Antonii,  lulii)  ihre  Ahnen 
bis  auf  Trojaner  und  auf  Götter  zurückzuführen.  Plut.  Num.  1 .  Plin.  N.  H. 
XXXV,  2,  8.    Cornel.  Nep.  Att.  18.    Suet.  Caes.  6  u.  a. 

2.  Elogia  heissen  auch  die  Aufschriften  auf  den  Grabmälern  z.  B.  der 
Scipionen  (§.  73,  b).  Als  Aufschriften  einer  Reihe  von  Ahnenbildem  wurden 
elogia  in  späterer  Zeit  aus  privaten  und  öffentlichen  Quellen  angefertigt. 
Dergleichen  historische  elogia  auf  Männer  der  Republik,  aber  meist  aus 
der  Kaiserzeit,  sind  gesammelt  und  erläutert  von  Th.  Mommsen,  C.  I.  lat. 
I.  p.  277  —  280.  Aufschriften  auf  Statuen  oder  Hermen  für  Bibliotheken 
ib.  p.  281.    Anderes  s.  unten  73. 

3.  Vitiatam  memoriam  funebribus  laudibus  reor  falsisque  imaginum 
titulis,  dum  familia  ad  se  quaeque  famam  rerum  gestarum  honorumque 
fallente  mendacio  trahunt,  Liv.  VIII,  40,  vgl.  IV,  16  u.  Cic.  Brut.  16,  62: 
his  laiidationibus  historia  rerum  nostrarum  est  facta  mendosior.  molta 
enim  scripta  sunt  in  eis  quae  facta  non  sunt  etc.  Die  Sitte  solcher  lauda- 
tiones  ist  alt,  Dionys.  V,  7.  Plut.  Poplic.  9  vgl.  Polyb.  VI,  53  u.  Cic.  de 
legg.  II,  24,  62.  vgl.  de  or.  II,  11.  Auch  s.  Quintil.  III,  7,  2.  XI,  3,  153. 
Gell.  N.  A.  XIII,  20.  —  Die  erste  Leichenrede  auf  eine  Frau  (seine  Mut- 
ter) hielt  Lutatius  Catulus  (Cos.  652),  Cic.  de  or.  II,  II,  44. 

4.  Taylor,  lectiones  Lysiacae  c.  3  (ed.  Lysiae,  London  1739.  4.  p.  680  ff.). 
Döring,  de  laudationibus  fun.  apud  veteres,  in  seinen  Opusc.  p.  100  ff*.  Caden- 
bach,  de  Romanorum  laud.  fun.,  Essen  1832.  4.  Schwegler  I.  S.  16  f.  Ger- 
lach, Geschichtschr.  d.  R.  S.  27—29.  H.  Graft",  de  Rom.  laudationibus, 
Dorpat  1862.  96  pp.  8.  Th.  Mommsen-,  zwei  Sepulcralreden  aus  der  Zeit 
August«  und  Hadrians,  Abhh.  der  Berl.  Ak.  1863,  S.  455  ff.  bes.  S.  464. 
E.  Hübner,  Hermes  I  (1866)  S.  440  f. 

72.  Auch  Loblieder  auf  Verstorbene  gab  es  schon  in 
alter  Zeit.  Solche  wurden  theils  bei  den  Leichenbegängnissen 
unter  Begleitung  der  tibia  gesungen  (neniae),  theils  bei  fest- 
lichen Gelagen  durch  Knaben,  später  von  den  Theilnehmern 
im  Rundgesang,  gleichfalls  zur  tibia.  Beide  Sitten  sind  uralt, 
und  die  erste  bestand  auch  —  wiewohl  entartet  —  bis  in  späte 
Zeiten  fort;  die  zweite  war  schon  einige  Menschenalter  vor  der 
Zeit  des  älteren  Cato  im  Erlöschen.  Eine  Handhabe  für  ße- 
construction  der  älteren  römischen  Geschichte  bietet  weder  die 
eine  noch  die  andere. 

1.  Veterum  instituta,  .  .  .  meditata  ad  memoriam  virtutis  carmiiia  etc. 
Tac.  A.  III,  5. 

2.  Nenia  est  Carmen  quod  in  funere  laudandi  gratia  cantatur  ad 
tibiam.  Fest.  p.  161.  163.  vgl.  Cic.  legg.  II,  24,  62.  Quintil.  VIII,  2,  8. 
Ursprünglich  wohl  beim  Leichenschmause  (nach  Non.  s.  v.  ist  silicemium 
ein  convivium  funebre  das  antiquo  more  ad  sepulcrum  cum  defuncti  laude 
Statt  fand)  und  durch  die  Angehörigen  (vgl.  Suet.  Aug.  100),  später  vor 
dem  Leichenhause,  beim  Leichenzuge  und  am  Orte  des  Verbrennens  durch 


^ 


Loblieder  auf  Verstorbene.  Inschriften.  93 

bezahlte  Klageweiber,  praeficae  (schon  Naevius  bei  Ribbeck  Com.  p.  25 :  haec 
. .  praeficast,  quae  sie  morti^um  coUaudat;  Plaut.  Truc.  II,  6,  14  f. :  praefica, 
quae  alios  coUaudat  etc.  Varro  L.  L.  VII,  70 :  mulier  .  .  quae  ante  domum 
mortui  laudes  eius  caneret  u.  a.  St.),  daher  geschmacklos  und  bald  be- 
rüchtigt (nenia,  ineptum  et  inconditum  carmen  etc.  Nou.  p.  145,  vgl.  Plaut. 
Ab.  IV,  1,  63.  Truc.  II,  1,  a.  Petron.  Sat.  47.  68.  Capitol.  Clod.  Alb.  12: 
nenÜB  quibusdam  anilibus  occupatus ,  u.  a.  St.  in  m.  Art.  in  Pauly's  R.  E. 
V.  S.  395  f.). 

3.  Cic.  Brut.  19,  75:  utinam  exstarent  illa  carmina  quae  multis  saeclis 
ante  suam  aetatem  in  epulis  esse  cantitata  (deinceps,  Tusc.  IV,  2,  3)  a 
singulis  convivis  (spätere,  von  den  Griechen  entnommene  Sitt«,  Mommsen 
I*.  S.  205.  424)  de  clarorum  virorum  laudibus  in  Originibus  scriptum  reli- 
qmt  Cato!  Vgl.  Tusc.  1.  1.  u.  I,  2,  3.  Val.  Max.  II,  l ,  10.  Dagegen  Varro 
bei  Non.  s.  v.  assa  voce:  in  conviviis  pueri  modesti  (vgl.  Mommsen  I*. 
S.  205.  214)  ut  cantarent  carmina  antiqua,  in  quibus  laudes  erant  maiorum, 
et  aesa  voce  et  cum  tibicine.  Vgl.  auch  Hör.  Od.  IV,  15,  25  ff.;  virtute 
fiiiictog  more  patrum  duces  .  .  canemus,  und  I,  12.  Zurückführung  auf 
Numabei  Cic.  de  or.  III,  51,  197.  Quintil.  I,  10,  20.  Loblieder  auf  Ro- 
nrnlus  bei  Dionys.  I,  79.  Plut.  Num.  5;  auf  Coriolan,  Dionys.  VIII,  62. 
Vgl.  Zell,  Ferienschrr.  IL  S.  170  ff.  193  ff. 

4.  Niebuhr  hat  diese  Lieder  für  ein  zusammenhängendes  Epos  gehal- 
ten und  darauf  die  Hypothese  gebaut  dass  dieses  Epos  der  auf  uns  gekom- 
menen Darstellung  der  ältesten  röm.  Geschichte  ah»  Quelle  gedient  habe, 
daher  diese  einen  so  poetischen  Charakter  an  sich  trage,  üeber  diese 
jetzt  allgemein  aufgegebene  Ansicht  s.  bes.  W.  Corssen,  Origg.  p.  112  ff. 
162  ft.  Schwegler  I.  S.  53  —  63  u.  H.  Cl.  Willenborg,  de  Dibcle  .  .  deque 
Niebahrio  antiquissimam  gentis  rom.  memoriam  e  carminibus  manasse  ad- 
flnnante,  Münster  1853. 

fS.  Denkmäler  verwandter  Art  sind  die  Aufschriften  auf 
Weihgeschenken,  Ehrensäulen  und  Grabmälern,  dergleichen  aus 
den  ersten  Jahrhunderten  der  Republik  uns  eine  Anzahl  theils 
literarisch  theils  inschriftlich  erhalten  ist.  Literarisch:  1)  die 
Inschrift  an  dem  leinenen  Panzer  des  Tolumnius  welchen  A.  Cor- 
nehus  Cossus  im  J.  317  (326?)  d.  St.  weihte  und  welchen  noch 
August  sah.  2)  Die  tabula  triumphalis  des  Dictator  T.  Quin- 
tius  vom  J.  374.  3)  Die  Grabschrift  des  A.  Atilius  Caiatinus 
(Cos.  496).  Inschriftlich:  a)  die  Inschrift  an  der  columna  ro- 
strata  welche  dem  C.  Duilius,  zu  Ehren  seines  Seesiegs  über 
die  Karthager  im  J.  494,  errichtet  wurde,  b)  Von  den  Scipio- 
uengrabschriften  die  drei  ältesten,  die  Namensaufschrift  des  L. 
Cornelius  Cn.  f.  Scipio  (Cos.  456),  die  seines  Sohnes  L.  Cor- 
nelius L.  f.  Scipio  (Cos.  495)  und  des  Letzteren  elogium  in 
Satumiem.  c)  Von  anderen  Inschriften  reichen  wohl  noch  in 
da8  fünfte  Jahrhundert  d.  St.   zurück  Grabschriften  von  Fourii 


94  Die  fönf  erBten  Jahrh.  d.  St. 

(C.  I.  lat.  I,  63  S,)j  einzelne   aus  Präneste  (ib.  74  flf.),  sowie 

zwei  Fragmente  eines  Senatusconsnlt  aus  Venusia  (ib.  185  f.). 

1.  Liv.  IV,  20. 

2.  Liv.  VI,  29.  Festus  p.  363. 

3.  Cic.  Cato  17,  61:  Carmen  incisum  in  sepulcro;  vgl.  de  fin.  11,  35,  116. 
Pauly's  Real-Enc.  I,  2.  S.  2017  f. 

a)  Ausser  Aelterem,  das  jetzt  antiquiert  ist,  s.  F.  Ritachl,  Inscriptio  quae 
fertur  columnae  rostratae  Duellianae,  Berlin  1852.  4.;  Comm.  altera,  Bonn 
1861.  4.;  P.  L.  M.  E.  XCV,  und  Momnisen  C.  I.  lat.  I,  195  (p.  37—40), 
So  wie  die  Inschrift  vorliegt  ist  sie  keineufalls  ursprünglich,  sondern  aus 
der  Zeit  des  Kaisers  Claudius ;  im  günstigsten  Falle  ist  sie  die  Erneuerimg 
der  ursprünglichen  Inschrift  mit  Einmischung  von  Neuerem  (Ritschi,  Rhein. 
Mus.  IX.  S.  19);  aber  die  neben  den  späteren  Formen  sich  findenden  hyper- 
antiken, sowae  zahlreiche  sachliche  Inconvenienzen  (vgl.  auch  Haakh  in 
Pauly's  R.  E.  II.  S.  1279  f.  A.)  und  der  ganze  redselige  Ton  machen  Momm- 
sens  Ansicht  (1.  1.  p.  40  b)  wahrscheinlicher,  dass  die  Säule  ursprünglich 
keine  oder  nur  eine  ganz  kurze  und  einfache  Inschrift  hatte ,  die  erhaltene 
aber  erst  bei  einer  Restauration  des  Denkmals  unter  Claudius  nach  den 
vorhandenen  Geschichtsquellen  und  unter  gesuchter  Nachbildung  der  alter- 
thümlichen  Ausdrucksweise  angefertigt  wurde. 

b)  Die  Scipionengrabschriften  wurden  1614  und  1780  an  der  appischen 
Strasse  ausgegraben  und  sind  oft  abgedruckt  und  erläutert,  z.  B.  von 
Visconti,  OreUi  u.  A.  Jetzt  bei  Ritschi  P.  K  M.  E.  XXXVH-XLII  und 
Mommsen  C.  I.  lat.  I,  29—39,  p.  11—21.  Die  in  die  Zeit  vor  514  fallen- 
den sind  dort.  Nr.  29,  31,  32.  p.  16.  17  f.  Ueber  diese  Grabschriften  s. 
Ritschi,  Rh.  Mus.  IX.  S.  1  —  19.  159.  Th.  Mommsen,  Ebd.  S.  462—468, 
R.  G.  I«  S.  426.  F.  Bücheier,  Jahns  Jahrbb.  87,  S.  328  —  330.  336  f.  Im 
Aufbringen  dieser  Sitte  zeigt  sich  mit  die  hellenisierende  Richtung  der 
Scipionen., 

c)  F.  Ritschi,  de  sepulcro  Furiorum  Tusculano,  Berlin  1853.  4.  Ueber 
ihre  Zeit  ib.  p.  III.  Ueber  die  zwei  Inschrr.  aus  Venusia  (l.  R.  N.  715  f. 
=  C.  I.  lat.  I,  185  f.)  Ritschi,  Inscr.  Aletr.  p.  XIV  not. 

4.  Was  aus  dieser  Zeit  durch  Münzen  und  Inschriften  an  Geschriebe- 
nem auf  uns  gekommen  ist  findet  sich  gesammelt  im  C.  I.  lat.  I,  wo  die 
pars  prior  (p.  1  —  40)  die  Inscriptiones  vetustissimae ,  hello  Hannibalico 
quae  videntur  anteriores,  enthält. 

5.  In  Nachbildung  der  alten  Sitte  umgab  Augustus  den  im  J.  762  ein- 
geweihten Tempel  des  Mars  Ultor  auf.  dem  forum  Augusti  mit  Statuen  von 
Grössen  der  römischen  Geschichte  von  Aeneas  an,  sammt  entsprechenden 
Aufschriften  (elogia).  Diese  Einrichtung  fand  in  manchen  Municipien  (wie 
Arretium,  Pompeji)  Nachahmung.  Die  nach  seiner  Annahme  auf  jene 
augusteischen  zurückgehenden  der  erhaltenen  elogia  s.  bei  Mommsen  C.  I. 
lat.  I.  p.  281—292  (mit  Commentar). 

74.  Alt  ist  femer  die  Sitte  dass  beim  Siegeseinzuge  eiue.s 
Feldherrn  dessen  Heer  Lieder  preisenden  und  neckenden  Inhal- 
tes vortrug  (carmina  triumphalia) ,   häufig  im  Wechselgesange. 


Carmina  triumphalia.  Andere  c.  popularia.  Zwölf  Tafeln.  95 

1.  Liv.  III,  29.  IV,  20.  53.  V,  49.  VII,  10.  17.  38.  X,  30.  XXXEK,  7. 
XLV,  38.  43.  Dionys.  II,  34.  VII,  72.  App.  Pun.  GG.  Plut.  Aemil.  P.  34 
(o  atgatog  .  .  ocSatv  ta  (lev  a}Sccg  zivag  natgiovg  avocfiifiiyfjbivag  yelcotty 
Tff  ffl  icaLccvag  ^nivi%{o'vg  %al  tav  diaTtsngayiisvav  inatvovg).  Marcell. 
8.    Dio  XLin,  20.    VeDej.  II,  67.     Suet.  Caes!  50  f.    Martial.  I,  4,  3  f. 

2.  Form  des  Wechselgesangs,  Liv.  IV,  53.    Plin.  N.  H.  XIX,  8,  41. 

3.  Refrain  io  triumphe,  Varro  L.  L.  VI.  68.  TibuU.  II,  5,  18.  Liv. 
ni,29.  vgl.  Hör.  0.  IV,  2,  49  f. 

3.  Zell,  Ferienschriften  II.  S.  148  tf.  Guicherit,  de  camiinibus  fratruni 
Marcionun  et  de  carminibus  triumphalibus  militiim  Romanorum.  Lugd. 
Bat.  1846. 

75.  Volksthümlichen  Charakter  und  meist  saturnischen 
Rhythmus  hatten  auch  die  alten  Witterungsregeln ,  Beschwö- 
rungsformeln, Zaubersprüche  u.  dergl. 

1.  Pest.  p.  93:  in  antiqiK)  carmine:  hiberno  pulvere,  verno  luto  gran- 
dia  farra,  eamille,  metes.  Vgl.  Macrob.  Sat.  V,  20,  18:  in  libro  vetustiösi- 
morum  carminum  .  .  invenitur  hoc  nisticum  vetus  canticum:  hiberno  u.  s.  w. 
Serv.  zu  Georg.  I,  101.  PUn.  N.  H.  XVII,  2,  14,  sowie  XXVllI,  2  (5),  29:  car- 
mina quaedam  exstant  contra  grandines  contraque  morbornm generali. s.w. 
Ib.  XXVII,  12,  106  (in  freien  trochrdschen  Rhythmen:  reseda,  murbos  ro- 
seda!  scisne,  scisne,  quis  hie  puUus  egerit  radices?  nee  cajiut  nee  pedes 
habeat).  Cato  R.  R.  160.  Verg.  Ae.  IV,  487  ff.  Hör.  Ep.  II,  1,  138.  Tibull. 
I,  2,  53  f.     Mommsen  P.  S.  204.  432.    Vgl.  oben  §.  11. 

d)  Rechtsquellen  und  Rechtsliteratur. 
76.  Die  seit  Abschafiüng  des  Königthums  für  die  Plebejer 
immer  drückender  werdende  Rechtsunsicherheit  und  Rechts- 
niigleichheit  gegenüber  von  den  Patriciern  führte  nach  langen 
Kämpfen  am  Anfange  des  vierten  Jahrhunderts  d.  St.  zur  Eut- 
werfung  und  Einführung  eines  gemeinen  Landrechts,  durch 
welches  das  bestehende,  aber  grösstentheils  ungeschriebene,  (Se- 
wohnheitsrecht  formell  codificiert,  materiell  durch  die  gemach- 
ten Erfahrungen  und  die  neugewonnene  Kenntniss  auswärtiger 
Staats-  und  Rechts- Verhältnisse  verbessert  wurde:  die  Gesetz- 
gebung der  zwölf  Tafeln.  Sie  regelte  das  Civilrecht  und 
Civilverfahren,  umfasste  aber  auch  sacral-  und  criminal-rechtliche, 
sowie  polizeiliche  Bestimmungen.  Mit  der  fortschreitenden  Pra- 
xis und  Sprachentwicklung  vermittelt  wurden  diese  Gesetze 
*>choii  frühzeitig  durch  Commentatoren. 

1.  J.  300  d.  St.  lex  Terentilia,  Absendung  von  drei  Gesandton  nach 
Hellas.  Rückkehr  302,  Wahl  eines  Gesetzgebungsausschusses  (Xviri  legi- 
bus scribundia),  Amtsantritt  im  Mai  303,  Abfassung  von  10  Tafeln,  zu  denen 
im  J.  304  noch  zwei  hinzukamen.    Beihülfe  des  Ephesiers  Hermodoros. 

2.  Einfluss  der  solonischen  Gesetzgebung,  Cic.  de  legg.  11,  23,  59.  25, 
64.    Dig.  X,  1,  13.     XLVIT,  22,  4.     Plut.  Sol.  21.  23. 


96  Die  fünf  ersten  Jahrh.  d.  St. 

3.  Die  XII  tabulae  wurden  fons  omnis  publici  privatique  iuris,  Liv.  III, 
34.  vgl.  Dionys.  X,  3.  Auson.  Id.  XI,  619.  Tac.  A.  III,  27.  Die  zwei  letz- 
ten Tafeln  oft  vom  allgemeinen  Lobe  ausgenommen,  Cic.  de  rep.  II,  36,  61. 
37,  63. 

4.  Diod.  XII,  26:  ßgaxfoig  xal  ansgirtong  ßvyaeifASvrj.  Gell.  N.  A.  XX, 

1,  4:  eleganti  atque  absoluta  brevitate  verborum  scriptae,  doch  daneben 
quaedam  obscurissima  aut  durissima  u.  s.  w. 

5.  Auf  Erz  gegraben  (Liv.  III,  57.  Dionys.  X,  57.  Diod.  XII,  26) ;  das 
ursprüngliche  Original  zwar  wohl  beim  gallischen  ßrande  zu  Grunde  ge- 
gangen, aber  nachher  aus  dem  Gedächtniss  wieder  hergestellt.  Bis  in  die 
ciceronische  Zeit  in  den  Schulen  auswendig  gelernt,  Cic.  de  legg.  II,  4,  9. 
23,  59.  In  der  Zeit  des  Diodor  (XII,  26:  SUfisive  ^ccvfKxiofiivTj  fiixQ''  ^<^^ 
xa-O"'  '^ficeg  %ceiQmv)  und  des  A.  Gellius  (XX,  1)  noch  vorhanden.  Für  die 
des  Cyprian  geht  es  aus  dessen  rhetorischer  Wendung  (Epist.  11,  2 :  incisae 
8 int  leges  XII  tabulis  et  publice  aere  praefixo  iura  praescripta  sint,  — 
inte^  leges  ipsas  deliuquitur,  inter  iura  peccatur)  nicht  sicher  hervor. 

6.  Commentatoren :  Sex.  Aelius  Catus  (Cic.  de  legg.  II,  23,  59.    Top. 

2,  10.  Pompon.  Dig.  I,  2,  2.  §.  38),  L.  Acilius  (Cic.  de  legg.  1.  1.),  L.  Ae- 
lius Stilo,  Ser.  Sulpicius  Rufus  (Dig.  L,  16,  237.  Fest.  p.  210.  322  vgl. 
p.  174.  321.  376),  Antistius  Labeo  (Gell.  N.  A.  I,  12,  18.  VII,  15,  1.  XX, 
1,  13),  Valerius  (Fest.  p.  321  vgl  253.  355.  B.  SchöU,  XII  tabb.  p.  35— 
38),  Gajus  (von  dessen  Commentar  in  den  Digesten  20  Bruchstücke  erhal- 
ten sind). 

7.  Sammlung  und  Bearbeitung  der  Ueberreste  der  12  Tafeln  nächst 
Gothofredus  (z.  B.  in  Otto's  Thesaur.  iur.  rom.  III.  p.  1—254)  bes.  von 
H.  E.  Dirksen,  Uebersicht  der  bisherigen  Versuche  zur  Kritik  u.  Herstel- 
lung des  Textes  der  Zwölftafelfragmeute ,  Leipzig  1824.  Legis  XII  tabb. 
reliquiae,  edidit,  constituiC,  prolegomena  addidit  B.  Scholl,  Lips.  1866. 
Auch  z.  B.  in  Egger,  lat.  serm.  vet.  rell.  (Paris  1844)  p.  89  ff.  R.  Gneist, 
Institut,  syntagma  (Lips.  1858).  Näheres  bei  B.  Klotz,  Lat.  Litt.  Gesch.  I. 
S.  328,  A.  416.  u.  S.  342  f.  und  de  XII  tabularmn  libello  eiusque  origine, 
Lips.  1858.  4.   B.  Schölls  Prolegg.  capp.  1—4,  p.  1—112. 

8.  Ueber  die  Zwölftafelgesetzgebung  s.  bes.  Schwegler  ÜI.  S.  1—47. 

77.  Die  Errungenschaft  der  zwölf  Tafeln  wurde. den  Ple- 
bejern alsbald  dadurch  wieder  verkümmert  dass  die  Patricier 
sich  in  den  Alleinbesitz^  der  Auslegung  und  Anwendung  der- 
selben zu  setzen  wussten.  Insbesondere  die  Kenntniss  der  ge- 
naueren Formen  des  gerichtlichen  Verfahrens  (legis  actio- 
nes),  sowie  der  Tage  an  welchen  ein  Rechtsgeschäft  kirchen- 
rechtlich zulässig  sei,  blieb  den  Plebejern  verschlossen. 

1.  Interpretatio  legum,  auctoritas  prudeutum,  disputatio  fori  (ius  civile 
im  eng.  S. ),  Pompon.  Dig.  I,  2,  2.  §.  5.  Et  interpretandi  scientia  et  actio- 
hes  apud  coUegium  pontificum  erant,  ib.  §.  6.  vgl.  Yal.  Max.  U,  5,  2. 

2.  Legis  actiones  theilweise  Slter  als  die  12  Tafeln,  bes.  die  per  sa- 
cramentum  und  wohl  auch  die  per  iudicis  (arbitrive)  postulationem ;  we- 


Legis  actiones.  Cn.  Flavius,  Coruncaniug,  Ap.  Claudius.  97 

niger  per  condictionem ,  per  manus  iniectionem ,  per  piguoris  capionem. 
Literatur  bei  Rein,  Pauly's  Real-Enc.  IV.  S.  902—904  u.  dazu  bes.  Schmidt, 
de  originibus  legis  actionum,  Freiburg  1857.  4. 

3.  Diebus  fastis,  quos  populus  a  paucis  principum  quotidie  petebat, 
Plin.  N.  H.  XXXIII,  6,  17.  vgl.  Cic.  p.  Mur.  11,  25.     Vgl.  oben  §.  64. 

78.  Abhülfe  verschaflFte  um  450  d.  St.  der  Schreiber  Cn. 
Flavius,  welcher  mit  Unterstützung  seines  Patronus  App. 
Claudius  den  Kirchenkalender  und  die  Legisactionen  veröffent- 
lichte: Fast!  imd  ins  Flavianum. 

1.  Appii  Caeci  (s.  §.  80)  scriba,  cuius  hortatu  exceperat  eos  dies  consul- 
tando  assidue  sagaci  ingenio,  Plin.  XXXIII,  6,  17.    Cic.  Mur.  11,  25. 

2.  Verzeichniss  der  dies  fasti  und  nefasti  durch  ihn  auf  einer  Gipstafel 
auf  dem  Forum  aufgestellt,  Liv.  IX,  46.   Vgl.  Val.  Max.  II,  5,  2. 

3.  Legis  actiones  composuit,  Cic.  ad  Att.  VI,  1,8.  vgl.  de  or.  I,  41, 
186.  Pompon.  Dig.  I,  2,  2.  §.  7.  Hie  über,  qui  actiones  continet,  appella- 
tur  iu8  civile  Flavianum,  Pompon.  1.  l.  Später  ergänzt  und  fortgeführt 
durch  Sex.  Aelius,  welcher  alias  actiones  composuit  et  librum  populo  dedit, 
qui  appellatur  ius  Aelianum,  Pomp.  1.  1.  Auszüge  aus  dem  ius  Flavianum 
in  der  Schrift  des  Probus  de  notis?  Th.  Mommsen,  Berichte  der  sächs. 
Ges.  d.  W.  1853,  S.  133  f. 

79.  Nachdem  so  die  Rechtsquellen  alle  öffentlich  geworden 
waren  hörte  die  Rechtskenntniss  auf  ein  Monopol  der  Patricier 
zu  sein:  unter  den  ältesten  Rechtsgelehrten  sind  neben  einigen 
Patriciern  die  bedeutendsten  die  Plebejer  P.  Sempronius 
Sophus  und  Tiberius  Coruncanius,   der  erste  Rechtslehrer. 

1.  Pompon.  Dig.  I,  2,  2.  §.37:  fuit  .  .  maximae  scientiae  Sempronius, 
quem  populus  rom.  aotpov  appellavit  (Cos.  450  d.  St.,  unter  den  ersten 
plebej.  Pontifices  454,  Censor  455,  s.  Haakh  in  Paulis  R.  E.  VI,  1.  S.  974  f. 
Nr.  12);  C.  Scipio  Nasica,  qui  Optimus  a  senatu  appellatus  est  (Verwechs- 
lung? Derjenige  welcher,  aber  erst  im  J.  550,  den  Beinamen  Optimus  er- 
hielt heisst  sonst  immer  PubL  und  war  Consul  563  d.  St.  Vgl.  Pauly's  R.  E.  IJ. 
S.  666  f.  Nr.  11),  cui  etiam  pubhce  domus  in  sacra  via  data  est,  quo  fa- 
cilius  consuli  posset.  Deinde  Q.  Mucius  (?  Maximus  vermutet  Bynkershoek).  . 
§.  38:  Post  hos  fuit  Ti.  Coruncanius,  qui,  ut  dixi  (§.  35),  primus  profiteri 
coepit,  cuius  tarnen  scriptum  nullum  exstat,  sed  responsa  complura  et  me- 
morabiUa  eins  fuerunt.  Er  war  Cos.  474  und  der  erste  plebejische  Pontifex 
maximus.  Vgl.  Real-Enc.  IL  S.  722  f.  u.  E.  Schrader,  Cor.  der  erste  öffent- 
liche Bechtslehrer,  CiviHst.  Magazin  V.  S.  187  ff. 

2.  Ob  Sophus  und  Coruncanius  ihrer  Rechtskenntniss  ihr  Priesteramt 
verdankten  oder  umgekehrt  ihrem  Priesteramte  ihre  Rechtskenntniss,  mag 
zweifelhaft  sein;  vgl.  Mommsen  P.  S.  442. 

80.  Die  hervorragendste  Erscheinung  dieser  Zeit  aber  und 
ihr  um  ein  Jahrhundert  voraus  war  Appius  Claudius  Cae- 

Tcafrel,  Ruin.  Lileralurgescbichlo.  { 


98  Die  fünf  ersten  Jahrh.  d.  St. 

cus  (Censor  442  d.  St.,  Cos.  447  und  458),  der  geniale  Edel- 
mann welcher  im  Staate  die  Beschränkung  des  vollen  Gemeinde- 
bürgerrechts auf  die  Ansässigen  zersprengte,  der  das  alte 
Finanzsystem  brach,  von  dem  die  römischen  Wasserleitungen 
und  Strassen,  die  römische  Jurisprudenz,  Eloquenz  und  Gram- 
matik datieren,  und  von  dem  auch  die  Anfänge  einer  lateini- 
schen Schriftprosa  sowie  einer  Kunstpoesie  herrühren. 

1.  Mommsen  R.  G.  P.  S.  427.  378.  420  und  Römische  Forschungen  I 
(Berlin  1864)  S.  301—313  (demagogischer  Charakter  bes.  seiner  Genaur). 
Vgl.  Haakh  in  Pauly's  B.  E.  U.  S.  406  f.  Nr.  11.  N.  Saal,  de  App.  Cl.  Caeco 
comm.  hist.  Köln  1841.  4.  W.  Siebert,  über  App.  Claudius  Caecus,  mit 
bes.  Berücksichtigung  seiner  Censur  und  der  des  Fabius  u.  Decius,  Kassel 
1863.   111  S.  8. 

2.  Sein  elogium  bei  Orelli  539,  u.  im  C.  I.  lat.  I.  p.  287,  Nr.  XXVIII. 

3.  Pompon.  Dig.  I,  2,  2.  §.  36:  App.  Claudius  .  .  maximam  scientiam 
habuit;  hie  Centemmanus  appellatus  est.  Appiam  viam  stravit  et  aquam 
Claudiam  induxit,  et  de  Pyrrho  in  urbem  non  recipiendo  sententiam  tulit 
(berühmte  Rede  vom  J.  474,  lange  erhalten,  s.  Cic.  Brut.  16,  61.  Cato  m. 
6,  16.  Sen.  Ep.  114,  13.  Tac.  dial.  18.  21.  Quintil.  II,  16,  7);  hunc  etiam 
actioues  scripsisse  traditum  est  (vielmehr  hat  er  die  legis  actiones  des  Fla- 
vius  veranlasst;  Mommsen  streicht  actiones),  primum  de  ueurpationibus, 
qui  liber  non  exstat.  Idem  .  .  R  literam  invenit  (d.  h.  unterschied  die 
beiden  Laute  r  und  s  durch  die  Schrift,  vgl.  Mommsen  P.  S.  443),  ut  pro 
Valesüs  Valerii  essent  et  pro  Fusüs  Furii.  Auch  die  Verbannung  des  Z 
aus  der  Schrift  wird  auf  ihn  zurückgeführt  (Martian.  Cap.  p.  64,  4  Eyss.). 

4.  Sollers  iuris  atque  eloquentiae  consultus,  Liv.  X,  22.  vgl.  19. 

5.  Isidor.  Origg.  I,  37,  2:  primus  apud  Graecos  Pherecydes  Syrius  soluta 
oratione  scripsit,  apud  Romanos  autem  Appius  Caecus  adversus  Pyrrhum 
solutam  orationem  exercuit  (ungeschickter  Ausdruck  statt:  der  Erste  der 
etwas  Prosaisches  niederschrieb  u.  herausgab,  vgl.  oben  §.  30);  iam  exhinc 
ceteri  prosae  eloquentiam  condiderunt. 

6.  Cic.  Tusc.  IV,  2,  4:  mihi  Appii  Caeci  Carmen,  quod  valde  Panae- 
tius  laudat  epistola  quadam  quae  est  ad  Q.  Tuberonem,  Pythagoricum  vi- 
detur.  Vgl.  Fest.  p.  317:  in  Appii  sententiis.  Ps.  Sali.  Ep.  ad  Caes.  I,  1, 
2:  quod  in  carminibus  Appius  ait,  fabrum  esse  suae  quemque  fortunae. 
Priscian.  VIII.  p.  792  P.  =  384,  3  ff.  Htz.:  Appius  Caecus:  amicum  ciim 
vidds  öbliviscere  miserias  u.  s.  w.  (saturnisch).  Der  erste  Anfang  helleni- 
sierender  römischer  Poesie,  Mommsen  P.  S.  432. 


Allgemeine  Chara3d;eri8tik  des  sechsten  u.  siebenten  Jahrh.  99 

n. 

Erste  Periode  ^der  römischen  Literatur. 

Von  Andronikus  bis  in  die  sullanische  Zeit.  J.  614—670  d.  St. 

81.  Die  Jakrhunderte  wo  Rom  keine  Literatur  besass  sind 
die  seiner  eigentlichen  Grösse.  Die  Literatur  kam  erst  auf  durch 
das  Bedürfniss  der  Schule  und  der  Schaubühne,  als  die  Unter- 
weisung durch  Begleiten  des  Vaters  auf  den  Markt  und  in  den 
Rath  nicht  mehr  genügend  erschien,  und  voti  der  Bühne  ausser 
den  bisherigen  altnationalen  Possen  und  Tänzen  auch  zusam- 
menhängende theatralische  Vorstellungen  erwartet  wurden.  Die 
romische  Literatur  ist  daher  von  vornherein  unter  dem  Einflüsse 
der  griechischen;  sie  ist  durch  dies'e  ins  Leben  gerufen,  in  ihrer 
Art  fortwährend  von  ihr  abhängig  und  kann  desshalb  selbst  auch 
Boden  gewinnen  nur  auf  Kosten  des  echt  und  alt  römischen 
Wesens*). 

Kenntniss  griechischer  Sprache  und  Einrichtungen  ist  zwar 
in  Italien  und  Rom  uralt.  Griechischen  Einfluss  verräth  schon 
die  servianische  Verfassung  uud  die  BeschaflFenheit  der  ludi 
romani^);  auf  dem  Gebiete  des  Cultus  nährten  ihn  die  sibyl- 
linischen  Bücher.  Auch  Namen  wie  Codes  (iCvxAc)^),  Cata- 
mitus  (Ganymedes)  deuten  auf  frühe  Zusammenhänge.  Zu  An- 
fang des  vierten  Jahrhunderts  d.  St.  wird  die  römische  Gesetz- 
gebung verbessert  durch  Benützung  der  solonischen,  im  Laufe 
des  Jahrhunderts  auf  dem  römischen  Fonun  ein  eigener  Platz 
für  die  Griechen  (Graecostasis)  eingerichtet.  Seit  der  Erobe- 
ning  Campaniens,  zu  Anfang  des  fünften  Jahrhunderts  d.  St., 
gewinnt  dieser  Einfluss  an  Ausdehnung:  Beinamen  wie  Philip- 
ptis,  Philo,  Soptus,  Agelastus  haben  nichts  Fremdartiges,  die 
Sitte  bei  Tische  zu  liegen.  Verstorbenen  Grabschriften  und 
Denkmäler  zu  setzen  u.  A.  wird  von  den  Griechen  her  ange- 
nommen^); und  wie  am  Ende  des  Jahrhunderts  auch  die  Be- 
ziehungen zu  dem  griechischen  Unteritalien  immer  häufiger 
werden,  können  römische  Grosse  bei  Missionen  sich  schon  der 
griechischen  Sprache  bedienen,  wie  die  Seefahrer  und  Handels- 
leute unter  den  Römern  es  wohl  schon  früher  verstanden.    Durch 


')  Momlnsen  R.  G.  1«.  S.  860  f. 

«)  Mommsen  I«.  S.  87.  209  fF. 

^)  Mommsen  P.  S.  424.    Vgl.  oben  §.  73,  b. 


100  Das  sechste  und  siebente  Jahrh.  d.  St. 

die  zahlreichen  griechischen  Sklaven  und  Freigelassenen  wurden 
auch  die  unteren  Stände  Roms  mit  Griechischem  bekannt.  Nach 
solchen  Vorbereitungen  war  die  Wirkung  um  so  raschet  und 
tiefer  als  der  erste  punische  Krieg  die  waflfenfahige  Mannschaft 
Roms  in  Sicilien  mit  griechischer  Bildung  in  engere  und  länger 
dauernde  Berührung  brachte.  Von  dort  nahm  man  Geschmack 
für  feinere  Genüsse  mit  nach  Hause,  und  es  ist  daher  wohl  kein 
Zufall  dass  schon  im  nächsten  Jahre  nach  Beendigung  des  ersten 
punischen  Krieges  (490 — 513)  Andronikus  zu  Rom  mit  Dramen 
auftreten  konnte,  und  seitdem  solche  Aufführungen  ohne  Unter- 
brechung sich  folgten.  Selbst  während  des  hannibalischen 
Krieges  (536 — 553)  hatten  dieselben  in  der  Hauptsache  ihren 
ungestörten  Verlauf;  denn  des  Naevius  schriftstellerische  Wirk- 
samkeit fällt  zum  grössten  Theile  und  von  der  des  Plautus  we- 
nigstens die  grössere  —  wenn  auch  wohl  minder  fruchtbare  — 
Hälfte  in  die  Zeit  dieses  Krieges.  In  ihm  haben  die  specifiscli 
römischen  Tugenden  sich  nochmals  in  ihrem  schönsten  Glänze 
gezeigt.  Aber  als  die  furchtbare  Anspannung  aller  Kräfte, 
welche  er  nothwendig  gemacht  hatte,  nachliess,  das  Gefühl  der 
Erlösung  yon  einer  Ungeheuern  Gefahr  und  der  Jubel  über  den 
endlichen  Sieg  für  alle  Genüsse  des  Lebens  zugänglicher 
machte^),  schlug  auch  die  Literatur  tiefere  Wurzeln  in  Rom, 
zumal  sie  schon  um  548  durch  Verleihung  der  Corporations- 
rechte  an  die  poetae  als  bürgerlich  achtbar  anerkannt  worden 
war.  Zugleich  traf  es  sich  dass  J.  550  M.  Cato  den  Ennius 
nach  Rom  brachte,  das  künftige  Haupt  der  altrömischen  Partei 
denjenigen  welcher  bald  der  Bannerträger  der  hellenisierenden 
Richtung  werden  sollte.  Seit  dieser  Zeit  wurde  immer  mehr 
wahr  was  Porcius  Licinus  bei  Gellius  XVH,  21  sagt: 

Li  dem  zweiten  Pönerkriege  hat  die  Muse  raschen  Schritts 

Sich  hineinbegeben  in  des  Romulus  rauhes  Kriegervolk  ^). 

Mit  Betrübniss  sah  ein  nationalgesinnter  Dichter  wie  Naevius 

das   Verlassen    der    nationalen    Bahn   und    Umsichgreifen    des 

Fremden^).     Der  in  gleichem  Verhältniss  mit  ihrem  Reichthum 


^)  Auch  die  oskische  Atellane   scheint  am  diese  Zeit  uach  Rom.  ge- 
kommen zu  sein;  s.  oben  §.9. 

*)  Poenico  hello  secundo  Musa  pinnato  gradu 
Intulit  se  beUicosam  in  Bomuli  gentem  feram. 
Vgl.  auch  Hör.  Ep.  U,  1,  162  f.  ► 

^)  Diess  hesagt  seine  Grabschrifb:  mit  seinem  Tode  ohliti  sunt  Bomai 
loqoier  latina  liugua. 


Allgemeine  Charakteristik  des  sechsten  u.  siebenten  Jahrh.        101 

wachsende  Ehrgeiz  der  Nobilität  kam  der  Gafflust  der  Menge 
wetteifernd  entgegen;  mit  andern  Volksbelustigungen   wurden 
daher  auch  die  dramatischen  Aufführungen  eifrig  gefördert,  die 
Anfertigung  von  Stücken  für  diese  wurde  zu  einer  leidlich  loh- 
nenden Arbeit,   und  neben  und  nach  Plautus  sehen  wir  daher 
Ennius,  Pacuvius,  Statins  Caecilius,  Terenz  hiefür  thätig.     Die 
Kriege  mit  Philipp  IIL  von  Makedonien  (J.  554 — ^557)  und  voll- 
ends  der  mit  Antiochus  (J.  563  f.)    trugen  zur  Untergrabung 
altrömischer  Sitte  wesentlich  bei,  erweiterten  indessen  auch  den 
Horizont,  rückten  die  Idee  eines  Weltreiches  immer  näher,  damit 
aber  auch  die  Noth wendigkeit  die  angestammte  Nationalität  zu 
vertauschen  gegen  die  hellenische  Civilisation  mit  ihrem  kosmo- 
politischen und  humanitären   Charakter.     Nun  war  aber  deren 
Ueberlegenheit  so  gross  dass  man  sich  zu  ihr  nur  aufnehmend 
und  lernend  verhalten  konnte;  und  dabei  fehlte  es  den  meisten 
Hörnern  an  der  Fähigkeit  an  dem  Fremden  zu  sondern  zwischen 
dem  Werthvollen,  Unerlässlichen ,   und  dem  Ungeeigneten  und 
Schädlichen;  ohne  Vorbehalt  und  Wahl  warfen  sie  sich  der  hel- 
lenischen Cultui*  in  die  Arme  und  eigneten  sich  nicht  blos  ihre 
glänzenden  Lichtseiten  an  sondern   auch  ihre  grellen  Schatten. 
Anfangs  waren  es  ausschliesslich  die  Vornehmen   welche  dem 
neuen  Wesen  sich  zuwandten;  insbesondere  der  Ereis  der  Sci- 
pionen  schätzte  und  förderte  das  Hellenische  und  hielt  sich  sei- 
nerseits von   den  Ausschreitungen   desselben   ziemlich^)  ferne. 
Seine  Abkehr  von  der  altrömischen  Denkweise  zeigte  der  ältere 
Africanus  besonders  durch  das  Wort  das  er  im  Munde  führte: 
numquam   se   minus    esse    otiosimi  quam    cum  otiosus  esset  ^); 
womit  er  aber  seine  Mussestunden  ausfüllte  erhellt  aus  dem  Vor- 
wurf den  ihm  die  Gegenpartei,  an  deren  Spitze  Q.  Fabius  stand, 
im  J.  550  machte,    dass  er  sich  mit  Scharteken  und   Turnen 
abgebe  3).      Ein   hochachtbarer    Vertreter    der   hellenisierenden 
Richtung  war  auch  L.  Aemilius  Paulus  (c.   527 — 594).     Beide 
schrieben  und  sprachen  geläufig  griechisch,  wie  auch  T.  Quin- 
tius  Flamininus  (Cos.  556),  Ti.  Gracchus  (Cos.  577.  591),  C.  Sul- 
picius  Gallus  (Cos.  588),  Cn.  Octavius  und  ohnehin  alle  Anna- 
listen des  hannibalischen  Krieges  (Fabius  Pictor,  Cincius,   Aci- 
lius).     Verse  machten  Q.  Fabius  Labeo  (Cos.  571)  und  M.  Popil- 
lius  Laenas  (Cos.  581).      Selbst  Cato    entfaltete  wenigstens  in 

«)  Vgl  Näviuß  bei  Gell.  N.  A.  VH  (VI),  8,  6.    Val.  Max.  VI,  7,  1. 
«)  Cic.  Off.  III,  1,  1. 
3)  Uv,  XXIX,  19  8.  f. 


102  Das  sechste  und  siebente  Jahih.  d.  8t. 

lateinischer  Prosa  eine  rege   schriftstellerische  Thätigkeit,  und 
er  der  behauptete  dass  die  Römer  über  den  griechischen  Büchern 
das  Handeln  verlernen  werden^)  musste  noch  in  seinen  alten 
Tagen  sich  dazu  verstehen  das  Griechische  zu  erlernen.    Aber  es 
mehren  sich  auch   schon    die  Symptome  des  Verfalls  der  alt- 
römischen Sittenstrenge  ^),  so  dass  ein  Mann  vom  alten  Schlage^ 
wie  T.  Manlius  Torquatus,  sich  in  seiner  Vaterstadt  fremd  und 
einsam  fühlte^).     Mit  jeder  Generation,  fast  mit  jedem  Jahre 
werden  diese  Symptome  bedenklicher,   die  Zerklüftung  des  Fa- 
milienlebens, die  Missachtung  von  Gesetz  und  Ordnung,   und 
sogar  der   väterlichen  Götter.     In   demselben  Masse  steigerte 
sich  zwar  auch  der  Widerstand  der  Anhänger  des  Alten,  wie 
des  alten  Cato,   der  namentlich  in  seiner  Censur  (J.  570)  den 
Kampf  rücksichtslos  durchführte.     Aber  sie  versuchten  Unmög- 
liches,  einen  Process  aufzuhalten  der  das  Ergebniss  von  tau- 
send unabänderlichen  Factoren  war,   der  Umwälzung  sich  ent- 
gegenzustämmen  die  sich  mit  unwiderstehlicher  Gewalt  in  Glau- 
ben, Leben  und  Sitte,  im  .Denken  und  im  Handeln  der  Nation 
vollzog.     Dazu  waren  die  Mittel  die  sie  anwandten  vielfach  ver- 
kehrt und  zweckwidrig.     So  verwies  man  J.  581  die  epikure- 
ischen Philosophen  Alkäos  und  Philiskos  aus  Rom,  so  vertrieb 
man  J.  593  abermals   die  Philosophen  und  rhetores  latini,   so 
schickte  man  J.  599  die  athenische  Gesandtschaft  an  deren  Spitze 
Karneades  stand  möglichst  bald  wieder  nach  Hause.    Dafür  aber 
lockte  der  Senat  J.  587  tausend  vornehme    und  hochgebildete 
Achäer  —  worunter  Polybios  —  nach  Italien  und  hielt  sie  dort 
17  Jahre  lang  als  Geissein  fest.     Ueberhaupt  hat  die  Politik 
der  schamlosen  Selbstsucht  welche  der  römische  Senat  in  dieser 
Zeit  befolgte  und  welche  ihren  Gipfelpunkt  erreichte  in  dem 
nichtswürdigen  Verfahren  gegen  das  unglückliche,  zu  Boden  ge- 
worfene Karthago^),  die  mutwilligen,   nichts   als  Vergrösserung 
und  Bereicherung  bezweckenden  Kriege  welche  Rom  seit  dem 

>)  Vgl.  oben  §.  2,  1  und  bei  Plin.  N.  H.  XXIX,  7:  quandocunque  ista 
gens  suas  literas  dabit  omnia  corrumpet. 

»)  Liv.  XXVI,  2,  15  (aus  543):  eum  (Cu.  Fulvius)  in  ganea  lustrisque, 
ubi  iuventutem  egerit,  senectutem  acturum. 

')  Liv.  XXVI,  22,  9  (J.  543):  neque  ego  vestros  mores  consul  ferre  po- 
tero  ueque  vos  imperium  meum. 

<)  V'gl.  über  diese  machiavellistisclie  Politik  C.  Peter,  Studien  zur  röm. 
Gesch.  (Halle  1863)  S.  115  ff.  Selbst  ein  so  warmer  Bewunderer  der  Rö- 
mer wie  Polybios  wird  dadurch  wiederholt  zu  Aufschreien  der  Entrüetung 
veranlasst;  s.  XXXI,  18  vgl.  8.  12.  19  extr.   XXXII,  2. 


Allgemeine  Charakteristik  des  sechsten  u.  siebenten  Jahrh,        103 

zweiten  punischen  fortwährend  führte,  den  altrömischen  Geist 
weit  nachhaltiger  untergraben  als  alle  hellenische  Kunst  und 
Weisheit  je  yermocht  hätte.  In  erschreckender  Progression 
wuchs  namentlich  in  den  drei  letzten  Decennien  des  sechsten 
Jahrhunderts  das  innere  Verderben,  die  Sittenlosigkeit^),  Feil- 
heit, unersättliche  Bereicherungswut,  die  imi  Nichts  sich  küm- 
merte, über  Gesetze,  Senatsbefehle,  Staatsprocesse  frech  sich 
hinwegsetzte ,  eigenmächtig  Krieg  führte ,  ohne  Erlaubniss 
Triumphe  feierte,  die  Provinzen  aussog,  die  Bundesgenossen  be- 
raubte. Schimpfliche  Verträge  und  Friedensschlüsse  werden 
immer  häufiger.  Statt  früher  durch  virtus  vergrössert  sich  jetzt 
Rom  durch  Hinterlist,  Treulosigkeit  und  diplomatische  Ränke. 
Eine  gewisse  Bildung  verbreitete  sich  freilich  allmählich  auch 
über  die  Masse:  schon  die  vielen  griechischen  Fremdwörter  bei 
Plautus  (und  Ennius)  zeugen  hiefür  2),  und  dass  die  ludi  scenici 
immer  mehr  das  Uebergewicht  gewinnen  über  die  circenses'). 
Aber  was  in  den  dramatischen  Spielen  dem  Volke  hauptsäch- 
Keh  geboten  wurde,  die  Stücke  der  palliata,  trug  selbst  wieder- 
um zur  Auflösung  der  Sitten  erheblich  bei,  und  gelegentlich 
trat  auch  unverkennbar  zu  Tage  dass  diese  Bildung  doch  nur 
ein  leichter  Fimiss  war,  der  von  selbst  abfiel  sobald  man  sich 
gehen  Hess*). 

Was  das  sechste  Jahrhimdert  gereift  hatte,  das  vollendete'^ 
das  siebente:  schon  das  Jahr  608  brachte  Karthago's  und  Ko- 
rinths  Zerstörung.  Mit  Karthago  war  eine  Mahnerin  zu  fort- 
gesetzter kriegerischer  Tüchtigkeit  für  immer  verstummt,  und 
weitsichtiger  als  der  alte  Eiferer  Cato  beweinte  daher  der  wel- 
cher sie  zerstören  musste  selbst  ihren  Fall;  Korinths  Untergang 
und  die  Vernichtung  der  hellenischen  Selbständigkeit  trieb  die 
Hellenen  schaarenweise  nach  Rom,  um  dort  Ersatz  zu  finden 
för  die  verlorene  Heimat.  Mit  dem  eigenthümlich  römischen 
Wesen  war  es  jetzt  für  immer  zu  Ende:  Graecia  capta  fenun 
victorem  cepit.  Aus  dem  sechsten  Jahrhundert  herüber  ragt 
in  das  siebente  herein  die  edle  Gestalt  des  jüngeren  Africanus 
(c.  570 — 625),  des  Freundes  von  Panaitios  und  Poljbios;  um 
-ihn  sanmielt  sich  Alles  was  nicht  untergehen  will  in  dem  Strome 

*)  Vgl.  Polyb.  XXXI,  24  und  bes.  XXXU,  11  (p.  1096  Bk.). 
*)  Mommsen  R.  G.  I*.  S.  857,  Anm. 

*)  J,  674  dauern  die  circenses  zwei  Tage,  die  scenici  fünf  (Liv.  XL,  52); 
J.  580  die  circenses  einen  Tag,  die  scenici  vier  (ib.  XLII,  10). 

*')  Vgl.  z.  B.  Polyb.  XXX,  13  (aus  Athen.  XIV.  p.  615;  vom  J.  687. 


104  .         Das  sechste  und  siebente  Jahrh.  d.  St. 

des  Egoismus,  der  Geldgier  und  Sittenlosigkeit :  von  Altersge- 
nossen (ausser  Terenz)  sein  Bruder  Q.  Fabius  Maximus  (Cos. 
609),  sein  Schwager  Q.  Aelius  Tubero,  der  jüngere  Laelius  (Cos. 
614),  D.  Junius  Brutus  (Cos.  616),  L.  Furius  Philus  (Cos.  618), 
Sp.  Mummius,  Sex.  Pompejus,  P.  Rupilius  (Cos.  622);  von  jün- 
geren Männern  C.  Lucilius  (geb.  606),  die  Schwiegersöhne  des 
Laelius,  C.  Fannius  und  Q.  Mucius,  sowie  der  jüngerö  Tubero, 
P.  Rutilius,  A.  Verginius  u.  A.  ^)  Aber  je  stärker  der  Gegen- 
satz war  in  welchem  das  Denken  und  Thun  dieses  Kreises  zu 
der  herrschenden  Richtung  stand,  desto  mehr  geriethen  sie  in 
aristokratische  Absonderung  hinein  und  desto  geringer  wurde 
ihr  Einfluss.  Der  Bankrott  der  Nobilität,  die  innere  Fäulniss 
der  höheren  Stände  tritt  zu  Tage  im  numantinischen  Kriege 
(611—621)  und  regt  die  Gracchen  (621—631)  zu  ihren  An- 
strengungen auf;  er  bekundet  sich  grell  im  jugurthinischen 
Kriege  (643 — 648)  und  macht  es  der  rohen  Kraft  des  geistig 
wenig  bedeutenden  Marius  möglich  wunderbare  Erfolge  zu  ge- 
winnen. Damit  dass  er  griechisch  nicht  versteht  bildet  dieser 
bereits  eine  Ausnahme  in  seiner  Zeit  2),  ohnehin  von  der  regie- 
renden Classe^) ;  schon  die  Aufführung  griechischer  Stücke  zu  Rom 
in  griechischer  Sprache  zeigt  die  Verbreitung  dieser  Kenntniss. 
Manche  Inschriften  aus  dieser  Zeit  sind  in  beiden  Sprachen 
verfasst,  und  die  Römer,  früher  in  der  palliata  sich  selbst  als 
barbari  mitbezeichnend,  theilen  jetzt  mit  den  Griechen  die  Herr- 
schaft, sie  auf  dem  Gebiete  der  Politik,  die  Griechen  auf  dem 
der  Bildung.  Die  römischen  Schriftsteller  der  Zeit  erkennen 
das  Uebergewicht  der  grichischen  Literatur  an,  die  einen 
indem  sie  auf  Wetteifer  in  der  Form  Verzicht  leisten,  wie 
Lucilius,  Andere  indem  sie  Correctheit  und  Glätte  in  zu- 
nehmendem Masse  erstreben,  wie  L.  Attius;  Manche  lassen 
sich  durch  blinde  Nachahmung  sogar  ins  Tändelnde  führen, 
wie  die  erotischen  Epigrammatiker.  Die  politischen  Verhält- 
nisse bewirken  zunehmende  Ausdehnung  und  Verfeinerung  der 
Volkslustbarkeiten  ^).    Seit  609    wurden   alljährh?jh  vollständige 

1)  Vgl.  Cic.  Lael.  27,  101. 

«)  SaU.  Jug.  85,  32. 

')  P.  Crassus,  Cos.  623,  versteht  fünf  griechische  Dialekte,  s.  unten  129,  5. 

*)  Tac.  A.  XJV,  21 :  possessa  Achaia  Asiaque  ludos  curatius  editos 

a  L.  Mummii  triumpho  (609),  qui  primus  id  genus  spectaculi  (theatrales 
artes)  in  urbe  praebuerit.  Vgl.  Ritschi  Parerga  S.  227  f.  Th.  Mommsen, 
Rh.  Mus.  X.  S.  127.  Vereinzelt  und  wirkungslos  war  der  Reactionsversuch 
der  Ceusoron  des  Jahrs  639  d.  St.;  s.  oben  §.9,  4. 


Allgemeine  Charakteristik  des  sechsten  n.  siebenten  Jahrh.        105 

Theater  in  griechischer  Weise,  mit  umherlaufenden  erhöhten 
Sitzreihen,  errichtet,  wenn  auch  noch  aus  Holz  und  so  dass  das 
Theater  nach  gemachtem  Gebrauche  jedesmal  wieder  abgebro- 
chen wiirde;  denn  erst  699  wurde  durch  Pompejus  ein  Theater 
aus  Stein  gebaut.  Fortwährend  überwiegt  daher  auch  in  der 
literarischen  Production  das  Drama.  Die  Tragödie  hat  im  sie- 
benten Jahrh.  an  L.  Attius  einen  achtbaren  Vertreter;  innerhalb 
der  Komödie  lösen  sich  palliata,  togata,  kunstmässige  Atellane 
und  kunstmässiger  Mimus  in  rascher  Folge  ab,  zeigen  aber  eben 
in  dieser  Stufenfolge  ein  immer  tieferes  Herabsteigen  zum  Ge- 
schmacke  der  Masse,  zur  plebejischen  Posse  und  zu  gemeinem 
Sinnenkitzel.  Das  Epos  zehrt  noch  an  dem  Aufschwünge  den 
es  nach  der  Mitte  des  sechsten  Jahrh.  (in  Naevius  und  Ennius) 
genommen  und  findet  in  der  Gegenwart  keinen  Antrieb  zu  neuem 
Aufblühen,  üeberhaupt  war  ausserhalb  des  Dramas  die  poeti- 
sche Production  fast  erloschen;  kaum  dass  Lucilius  und  jene 
Erotiker  eine  Ausnahme  machen.  Der  Nation  als  solcher  fehlte 
es  an  dichterischem  Vermögen  und  Streben,  und  die  inneren 
Unruhen  liessen  es  auch  zu  keiner  Sammlung  kommen.  Dagegen 
Geschichtschreibung,  Beredtsamkeit  und  Rechtskunde  wachsen 
in  der  Treibhaushitze  der  politischen  Kämpfe  rasch  an  Umfang 
und  Gehalt,  und  die  Forschung  wird  von  der  Mitte  des ,7.  Jahrh. 
an  emsig  nach  allen  Seiten  hin  betrieben,  in  Prosa  wie  in  ge- 
bundener Form,  meist  zwar  nicht  von  eigentlichen  Römern, 
ausser  L.  Aelius  Stilo. 

Die  lateinische  Sprache  und  Metrik  blieb  im  7.  Jahrh.  we- 
sentlich so  wie  sie  im  sechsten  Ennius  festgestellt  hatte  *).  Vor 
Ennius  war  das  Lateinische,  in  Folge  seines  tiefge wurzelten 
Triebes  die  Vocallängen  (besonders  im  Auslaut)  zu  Kürzen  abzu- 
schwächen, die  auslautenden  Consonanten  aber  zu  verdunkeln 
und  abzustossen,  auf  dem  Wege  in  umbrische  Stumpfheit  zu 
verfallen,  die  Flexionsformen  zu  trüben,  die  Declination  einzu- 
büssen  und  so  schon  jetzt  zu  einer  romanischen  Sprache  zu  wer- 
den. Die  poetae  scenici  vor  ihm  hatten  in  jenen  Beziehungen 
der  nachlässigen  und  schwankenden  Aussprache  des  gewöhn- 
lichen Lebens  viele  Zugeständnisse  gemacht;  Ennius  aber  hat 
den  drohenden  Zerfall  wenigstens  für  die  Schriftsprache  auf 
mehrere  Jahrhunderte  aufgehalten.  Zwar  auslautendes  s  hat  auch 
er  prosodisch  unberücksichtigt  gelassen;  es  war  demnach  schon 


0  Vgl.  RitHchl  im  Rh.  Mus.  XIV.  S,  394  ff. 


106  Das  sechste  und  siebente  Jahrh.  d.  St. 

in  seiner  Zeit  vor  Consonanten  so  gut  wie  unhörbar;  erst  von 
den  alexandrisierenden  Dichtern  gegen  Ende  der  Republik  wurde 
es  als  voller  Laut  anerkannt*).  Aber  in  allem  üebrigen  hat 
Ennius  das  Verdienst  mit  scharfem  Schnitte  der  Unbestimmtheit 
ein  Ende  gemacht  zu  haben,  indem  er  jedem  in  der  gesetz- 
mässigen  Sprache  vorhandenen  Laute  seine  Geltung  verschaffte, 
jede  Silbe  in  einer  der  beiden  grossen  Kategorien  Lang  oder  Kurz 
unterbrachte  und  diese  Scheidung  in  allen  zweifelhaften  Fällen 
mittelst  feinhöriger  Belauschung  dessen  was  in  correcter  Aus- 
sprache das  üebergewicht  hatte  vollzogt),  Piir  seine  neueProso- 
dik  schuf  Ennius  auch  ein  in  der  römischen  Literatur  neues 
Mass,  den  daktylischen  Hexameter,  und  beseitigte  in  diesem  die 
Auflösung  der  Hebungen,  die  in  allen  vor  ihm  angewandten 
Massen,  dem  satumischen  wie  den  scenischen,  geübt  worden 
war^).  Freilich  erstreckte  sich  sein  Einfluss  nur  auf  die  Schrift- 
sprache und  die  nach  dieser  sich  modelnde  Sprache  der  Gebilde- 
ten; die  kunstlose  Praxis  des  gewöhnlichen  Lebens  gieng  daneben 
noch  geraume  Zeit  ihre  eigenen  alten  Wege  fort.  Nicht  nur 
dass  der  Saturnius  auch  nach  Einführung  des  Hexameters  noch 
eine  gute  Weile  fortbestand,  in  den  öffentlichen  Denkmälern 
und  in  den  volksmässigen  Formen  dramatischer  Lustbarkeit:  auch 
eine  Art  von  Vulgärmetrik  bestand  im  siebenten  Jahrh.,  welche 
sich  zwar  des  Hexameters  bediente,  auf  diesen  aber  die  proso- 
dischen  Freiheiten  der  scenischen  Dichter  des  sechsten  Jahrh. 
übertrug  und  namentlich  die  Auflösung  der  Hebungen  beibehielt; 
so  in  der  Inschrift  des  Mummius  und  den  sortes  Praenestinae. 
Auch  bei  den  Kunstdichtern  zeigte  sich  die  Einwirkimg  der 
nationalen  Weise  wenigstens  in  ihrer  fortwährenden  Vorliebe  für 
die  Alliteration. 

Wie  die  Sprachformen  selbst  in  dieser  Zeit  fixiert  wurden, 
so  auch  deren  Wiedergabe  durch  die  Schrift.  Das  lateinische 
Alphabet*)  stammt  von  einem  jüngeren  griechischen,  dem  dori- 
schen der  Griechen  in  Kyme  (Cumae)  und  in  Sicilien,  und  wurde 
deshalb  von  Anfang  an  von  Links  nach  Rechts  geschrieben. 
Es  bestand  aus  21  Buchstaben,  worunter  X  und  Z,  aber  nicht  G. 
Im  sechsten  Jahrh.  führte  der  Freigelassene  des  C!os.  520  u.  526, 


1)  Vgl.  Cic.  or.  161. 
«)  Ritschi  a.  a.  0.  S.  395. 
3)  Ritschi  a.  a.  0.  S.  407. 

*)  Vgl.  Mommsen  R.  G.  I*.  S.  196—200.  W.  Corssen  in  Pauly's  R.  E.  I,  1. 
S.  803-805. 


Sechfitea  Jahrh.  Dichter:  Andronicus.  107 

Sp.  Carrilius,  das  Scbriftzeichen  6  ein,  liess  aber  das  von  An- 
fang an  unpopuläre  und  allmählich  ausser  Gebrauch  gekommene 
2  weg,  das  erst  in  der  ciceronischen  Zeit,  zusammen  mit  Y, 
(wieder)  in  die  Schrift  kam  und  nun  seinen  Platz  am  Schlüsse 
des  Alphabets  erhielt.  Das  Alphabet  des  Carvilius  bestand  so 
gleichfalls  aus  21  Buchstaben.  Andere  Bestimmungen  der  Schrei- 
bimg knüpfen  sich  an  die  Namen  von  Dichtem  an,  weil  bei  dem 
schwankenden  Zustande  der  lateinischen  Sprache  und  der  Selten- 
heit fliessender  Handhabung  der  Kunst  des  Schreibens  jeder 
Dichter  zugleich  den  Grammatiker  zu  machen  hatte,  um  die 
gesprochene  Sprache  in  der  Schrift  genau  wiederzugeben').  So 
soll  Ennius  zuerst  die  Verdoppelung  der  Consonanten  in  der 
Bücherschrift  angewandt  haben ;  L.  Attius  bezeichnete  die  Länge 
von  Vocalen  durch  Verdopplung  derselben,  und  Lucilius  unter- 
schied die  Laute  I  und  EI  durch  die  Schrift,  —  alle  mit  dem 
Erfolge  dass  ihr  Vorgang  auf  die  Schreibung  der  wichtigeren 
Urkunden  ihrer  Zeit,  theilweise  auch  griechischer^),  Einfluss 
übte,  wenn  auch  nicht  immer  sogleich  und  noch  weniger  gleich- 
massig.  Von  den  Vocalen  schrieb  man  vor  520  ausser  A  nur 
0  und  E;  zwischen  520  und  550  kam  neben  0  auch  V  auf, 
aber  erst  zwischen  550  und  568  siegte  V  und  I  für  die  Dauer'), 
doch  so  dass  ihre  Verdopplung  fortwährend  vermieden  wurde. 
Zu  den  auch  für  die  Geschichte  der  Sprache  wichtigsten 
Urkunden  dieser  beiden  Jahrhunderte  gehört  insbesondere  das  SC. 
de  Bacanalibus  vom  J.  568,  die  Inschrift  von  Sora ,  der  titulus 
Mummianus  (um  615),  ein  Theil  der  Scipionengrabschriften,  die 
tabula  Bantina  (zwischen  621— 636),  die  Epistula  ad  Tiburtes^), 
der  Schiedsspruch  von  Q.  und  M.  Minucius  in  der  Grenzstrei- 
tigkeit zwischen  den  Genuaten  und  Veturiem  (J.  637),  die  lex 
agraria  vom  J.  643  u;  a. 

A.   Sechstes  Jahrhundert  d.  St. 
I.  Dichter« 

82.  Andronicus  (c.  470 — c.  550)  kam  jung,  bei  der  Er- 
oberung Tarents  (J.  482  =  272  v.  Chr.),  als  Gefangener  nach 
Itom  und  in  den  Besitz  eines  Livius ,  vielleicht  des  nachmaligen 


')  Etwa  wie  die  ältesten  Setzer  (bes.  des  Griechischen)  Gelehrte  sein 
innuten. 

*)  H.  Sauppe,  Göttinger  G.  A.  1867.  Nachr.  Nr.  9,  S.  169. 
')  Ritschi  und  Mommsen,  Bhein.  Mos.  IX.  S.  14—18.  464  ff. 
*)  Mominsen  im  C.  I.  lat.  I.  p.  107  f. 


108  Sechstes  Jahrhundert  d.  St. 

(J.  547)  Siegers  von  Sena,  M.  Liviua  Salinator.  Vom  Unterricht 
im  Lateinischen  und  Griechischen  lebend,  erhielt  er  die  Freilas- 
sung und  damit  den  Namen  (L.  ?)  Livius  Andronicus.  Für  seine 
Schüler  übersetzte  er  die  Odyssee  in  lateinischen  Saturniem,  un- 
behülflich  und  nicht  ohne  schwere  Missverständnisse.  Daneben 
war  er  Schauspieler  und  schrieb  sich  selbst  seine  Texte,  die  er 
gleichfalls  aus  dem  Griechischen  übersetzte  und  herausgab,  vor- 
zugsweise Tragödien,  unter  Nachbildung  der  leichteren  griechi- 
schen Masse  und  Beibehaltung  der  volksmässigen  Alliteration. 
Die  erste  Aufführung  eines  solchen  zusammenhängenden  Stückes 
geschah  im  J.  514  =  240.  Im  J.  547  wurde  ihm  die  Anfertigung 
des  Dankliedes  für  den  Sieg  bei  Sena  übertragen.  Auch  wur- 
den ihm  zu  Ehren  den  poetae  Corporationsrechte  verliehen  und 
diesen  für  ihren  Gottesdienst  im  Minervatempel  auf  dem  Aventin 
ein  Platz  eingeräumt. 

1.  Vorname  L.  (Gell.  N.  A.  XVII,  21,  42.  Fest.  v.  eurregit,  p.  297  M.) 
entstanden  aus  dem  Anfang  von  Livius? 

2.  Hieronym.  chron.  ad  a.  1829,  Ol.  148,  1  (=  566  d.  St.,  wohl  in  Folge 
von  Verwechslung  der  zweiten  Eroberung  Tarents  im  J.  545  mit  der  er- 
sten): Titus  Livius  tragoediarum  scriptor  clarus  habetur,  qui  ob  ingenii 
meritum  a  Livio  Salinatore,  cuius  liberos  erudiebat,  libertate  donatus  est. 
Cassiod.  Chron.  ad  a.  515:  his  conss.  ludis  romanis  primum  tragoedia  et 
comoedia  a  Lucio  Livio  ad  scaenam  data.  Dagegen  J.  514  bei  Cic.  Brut. 
18,  72.    Gell.  1.  L 

3.  Sueton.  de  gramm.  1:  antiquissimi  doctorum,  qui  iidem  et  poetae  et 
semigraeci  erant,  —  Livium  et  Enniiun  dico,  quos  utraque  lingua  domi 
forisque  docuisse  adnotatum  est  —  nihil  amplius  quam  Graecos  interpreta- 
bantur  aut  si  quid  ipsi  latine  composuissent  praelegebant. 

4.  Liv.  VII,  2,  8:  Livius  .  .,  qui  ab  saturis  ausus  estprimus  argumento 
fabulam  serere,  idem  scilicet,  id  quod  onmcs  tum  erant,  suorum  carminum 
actor  etc.  Cic.  leg.  II,  15,  39:  (theatra)  quae  solebant  quondam  conpleri 
severitate  iucunda  Livianis  et  Naevianis  modis.  Titel  seiner  Tragödien: 
Achilles,  Aegisthus,  Aiax  (mastigophorus),  Andromeda,  Danao,  Equus  Troia- 
nus,  Hermiona,  Ino,  Tereus.  Ueberreste  bei  E.  Klussmann,  Rudolstadt  1849. 
26  pp.  4.  und  Ribbeck,  trag.  lat.  p.  1 — 5,  vgl.  p.  243— 245.  Komödien: 
Gladiolus,  Ludius,  Virgus  (?  Ribbeck  Verpus,  0.  Günther  Auriga).  Ueber- 
reste bei  Ribbeck,  com.  lat.  p.  3  f. 

5.  Cic.  Brut.  18,  71:  et  Od3rsBia  latina  est  sie  tanquam  opus  aliquod  Dae- 
dali  et  Livianae  fabulae  non  satis  dignae  quae  iterum  legantur.  Gell.  N.  A. 
XVIII,  9,  5:  offendi  in  bibüotheca  Patrensi  librum  verae  vetustatis  Livi  An- 
dronici,  qui  inscriptus  eet^Odvaastaj  in  quo  erat  versus  primus:  virüm 
mihi,  Camena,  insece  versütum.  Auf  die  Odyssia  hauptsächlich  bezieht 
sich  wohl  die  Benutzung  der  carmina  Livi  als  Schulbuch  durch  Orbilius, 
Hör.  Ep.  II,  1,  69  ff.  Die  Ueberreste  der  Od.  gesammelt  von  0.  Günther, 
im  Progr.  von  Greiffenberg  1864.   10  pp.  4.    J.  A.  Pfau,   de  numero  satur- 


Dichter:  Andronicns.  Naevius.  109 

nio  (Quedlinburg  1864)  p.  70--78.    vgl.  Jahns  Jahrb.  87,  S.  331—333.    93, 
S.  566—568  u.  A. 

6.  Liv.  XXVII,  37:  decrevere  pontifices  ut  virginee  ter  novenae  per  ur- 
bem  euntes  Carmen  canerent.  Id  cum  in  lovis  Statoris  aede  discerent  condi- 
tom  ab  Livio  poeta  Carmen  etc.  ...  Carmen  in  lunonem  regiuam  canentes, 
illa  tempestate  forsitan  laudabile  rudibus  ingeniis,  nunc  abhorrens  et  in- 
conditum,  ßi  referatur.  Fest.  p.  333  M.:  cum  Livius  Andronicus  hello  Pu- 
nico  secuudo  ecripsisset  carmen  quod  a  yirginibus  est  cantatum,  quia  pro- 
sperius  resp.  populi  rom.  geri  coepta  est,  publice  adtributa  est  ei  in  Aven- 
tino  aedis  Minervae,  in  qua  liceret  scribis  histrionibusque  consistere  ac 
dona  ponere,  in  honorem  Livi,  quia  is  et  scribebat  fabulas  et  agebat.  Vgl. 
O.  Jahn,  Berichte  d.  sachs.  G.  d.  W.  1856,  S.  294  ff.  AI.  Riese  in  den  Verh. 
der  Heidelberger  Philologenvers.  (Leipzig  1866)  S.  161—166. 

7.  H.  Düntzer,  L.  Livii  Andr.  fragmeuta  coUecta  et  iulustrata.  Berlin 
1835.    94  pp.   8. 

8.  F.  Osann,  Analecta  critica  (Berlin  1816)  p.  1 — 28.  Stieve,  de  rei  scen. 
ap.  Born,  origine  (Berl.  1828)  p.  68—90.  A.  L.  DöUen,  de  vita  Livii  Andr. 
Dorpat  1838.  52  pp.  8.  W.  Teuffei  in  Pauly's  R.  E.  IV,  S.  1118—1120. 
O.  Günther  in  Mützell's  Ztschr.  1860,  S.  809--814.  Th.  Mommsen,  R.  G.  I*. 
S.  861—863. 

83«  Cn.  Naevius,  gebürtig  aus  Campanieu,  aber  von 
Nationalität  ein  Latiner,  kämpfte  im  ersten  punischen  Kriege  mit 
und  brachte  seit  d.  J.  519  =  235  Stücke  zur  AuflPülirung,  im  All- 
gemeinen in  der  Weise  des  Andronicus,  nur  mit  mehr  Talent 
und  Freiheit  und  unter  Bevorzugung  der  Komödie.  Der  rück- 
sichtslose Freimut  mit  dem  er  darin,'  in  echt  römischer  Weise, 
auch  politische  Grössen  angrifiF,  zog  ihm  zuerst  Gefängniss  und 
dann  Verbannung  zu,  in  v^relcher  er  (um  555)  starb.  In  seinen 
späteren  Lebensjahren  unternahm  er  es  auch  den  nationalen  und 
selbsterlebten  StoflF  des  ersten  punischen  Krieges  poetisch  zu  be- 
handeln, und  that  es  im  satumischen  Masse.  Vermöge  dieser 
nationalen  Richtimg  wurde  er  ferner  innerhalb  des  Dramas 
Schöpfer  der  praetexta,  und  erhielt  sich  Jahrhunderte  hindurch 
im  freundlichen  Gedächtniss  seines  Volkes.  Auch  uns  noch  weht 
aus  den  spärlichen  auf  uns  gekommenen  Ueberresten  ein  frischer, 
energischer,    reichbegabter  und  selbstbewusster  Geist  entgegen. 

1.  Gell.  N.  A.  I,  24,  If.:  triam  poetarum  iUustrium  epigrammata,  Cn. 
Naevi,  Plauti,  M.  Pacuvii,  qoae  ipsi  fecerunt  et  incidenda  sepulcro  suo  re- 
liqaeront  . . .  Epigramma  Naevi  plenum  superbiae  campanae  (vgl.  Cic.  leg. 
agr.  11,33,91.  Liv.  IX,  6,  5)  ...:  immörtal^s  mortales  si  for^t  fas  fl^re, 
Fler^nt  divaä  Cam^nae  Naäviüm  po^tam.  Itä<qae  postquam  ^st  orcino  tra- 
ditÜB  thesaüro  Obb'ti  sunt  Romai  loquidr  lingua  latina.  „Wenn  N.  nicht 
römischer  Bürger,  sondern  Bürger  einer  latinischen  Stadt  Campaniens  war, 
8o  erklärt  es  sieb  leicbter  dass  ibn  die  römische  Polizei  so  rücksichtslos 


110  Sechstes  Jahrhundert  d.  St. 

behandelte.    Schauspieler  war  er  auf  keinen  Fall,  da  er  im  Heer  diente." 
Th.  Mommsen. 

2.  Gell.  XVlI,  21,  44  f. :  anno  post  Romam  conditam  quingentesimo  un- 
devicesimo  ...  Cn.  Naevius  poeta  fabulas  apud  popnlum  [primum?]  dedit, 
quem  M.  Varro  in  libris  [libro]  de  poetis  primo  stipendia  fecisse  ait  bello 
poenico  primo,  idque  ipsum  Naevium  dicere  in  eo  carmine  quod  de  eodem 
bello  scripsit.    Vgl.  unten  84,  2. 

3.  Gell,  ni,  3, 16:  de  Naevio  accepimus  fabulas  eum  in  carcere  duas  scri- 
psisse,  Hariolum  et  Leontem,  cum  ob  assiduam  maledicentiam  et  probra 
in  primores  civitatis,  de  graecorum  poetarum  more  dicta,  in  vincula  Ro- 
mae  a  triumviris  coniectus  esset,  ünde  post  a  tribunis  plebis  exemptus 
est,  cum  in  his  quas  supra  dixi  fabulis  delicta  sua  et  petulantias  dictorum, 
quibus  multos  ante  laeserat,  diluisset.  Ps.  Ascon.  zu  Cic.  Verr.  act.  pr. 
10,  29.  p.  140  Or. :  dictum  facete  et  contumeliose  in  Metellos  antiquum 
Naevii  est:  fatö  Met^  Romai  h'unt  cönsul^s,  cui  tuuc  Metellus  consul  (J. 
648)  iratus  versu  responderat  . . . :  dabunt  malüm  Metälli  Na^viö  po^tae.  — 
Plaut,  mil.  gl.  211  f.  R.:  6s  columnatüm  poetae  esse  indaudivi  bärbaro, 
Quoi  bini  custödes  semper  tötis  horis  öccubanlj. 

4.  Hieron.  chron.  zu  J.  1813,  Ol.  144^  1  (=  560  =  204):  Naevius  pomicus 
Uticae  moritur,  pulsus  Roma  factione  nobilium  ac  praedpue  MeteUi  (Me- 
tellorum?}.  Cic.  Brut.  15,  60:  his  consuübus  (des  J.  660),  ut  in  veteribus 
commentariis  (welchen?)  scriptum  est,  Naevius  est  mortuus;  quamquam 
Varro  noster,  diligentissimus  investigator  antiquitatis,  putat  in  hoc  erra- 
timi  vitamque  Naevi  producit  longius.  Varro  hatte  ohne  Zweifel  Recht. 
Geboren  war  N.  etwa  485  oder  490. 

6.  Tragödien:  Andromacha  (?  von  Ennius?),  Danae,  Equus  troianus, 
Hector  proficiscens,  Hesiona,  Iphigenia,  Lycurgus.  Fragmente  beiRibbeck 
trag.  p.  6—13.    vgl.  p.  246—247. 

6.  Praetextae:  Clastidium,  Romulus  s.  Alimonium  Romuli  et  Remi. 
Ribbeck  trag.  p.  235  f.  vgl.  p.  348  f.  Grauert  im  Philologus  H.  S.  115—130. 
Röper,  ebdff.  VH.  S.  591  f.  Berchem  unterscheidet:  Lupus  s.  Alimonium 
R.  et  R.,  und  Romulus. 

7.  Komödien:  Acontizomenos,  Agitatoria,  Agrypnuntes,  Appella,  Ario- 
lus,  Astiologa,  Carbonaria,  Colax,  Commotria,  Corollaria,  Dementes,  Deme- 
triua,  (Diobolaria?)  Dolus,  Figulus,  Glaucoma,  Gymnasticus,  Lampadio, 
Leo,  LuduB,  Lupus  (vgl.  Anm.  6),  Nagido,  Nautae,  Nervolaria,  Paelex, 
Personata,  Proiectus,  Quadrigemini,  Satura  (?  Festus  p.  257  M.) ,  Stalagmo- 
nissa,  Stigmatias,  Tarentilla,  Technicus,  Testicularia ,  Tribacelus,  Triphal- 
lus,  Tunicularia.  Die  Ueberreste  bei  Ribbeck,  com.  lat.  p.  6 — 25.  Vgl. 
Klussmann  p.  132 — 181.  Vieles  ist  unsicher,  namentlich  wegen  der  häufigen 
Verwechslung  mit  Laevius,  Livius  und  Novius.  —  Die  Stücke  mit  lateini- 
schem Titel  sind  wohl  die  späteren.  Alle  aber  gehören  der  paUiata  an; 
doch  bewegte  sich  N.  seinen  Originalen  gegenüber,  wie  es  scheint,  freier 
als  selbst  Plautus,  und  nahm  schon  Gontamination  vor  (Ter.  Andr.  prol.  7). 
Von  den  Komödien  (und  etwa  dem  Epos)  gilt  wohl  hauptsächlich  des  Horaz 
ärgerliche  Frage  (Ep.  11,  1,  53):  Naevius  in  manibus  non  est  et  mentibus 
haeret  paenc  recens? 


Dichter:  Naevius.  Plautus.  111 

8.  Bellom  punicum  (poenicum).  Cic.  Cato  14,  49  f. :  si  habet  aliquod  tam- 
qaam  paboluin  studii  atque  doctrinae,  nihil  est  otiosa  seuectute  iucundius. 
...  Qoam  gaudebat  Bello  suo  punico  Naevius!  —  Säet,  de  gramm.  2:  C. 
Octavius  Lampadio  Naevii  Punicum  bellum  ..  uno  volumine  et  continenti 
acriptora  expositum  divisit  in  Septem  libros.  Ein  Cornelius  und  ein  Vir- 
gilios  als  Commentatoren  bei  Varro  L.  L.  VIT,  39.  — •  Cic.  Brut.  19,  75  f. : 
Naevi  ..  Bellum  punicum  quasi  Myronis  opus  deiectat.  ...  Et  luculente  qui- 
dem  (Naevius  rem  scripsit),  etiamsi  minus  quam  tu  (Ennius)  polite.  Die 
beiden  ersten  Bücher  enthielten  die  Urgeschichte  Roms  und  Karthagos 
(Aeneas  und  Dido),  das  dritte  begann  dann  mit  dem  ersten  punischen 
Kriege.  Der  Stoff  war  in  nüchterner  Weise,  etwa  im  Tone  einer  Reim- 
chronik, behandelt.  Die  Ueberreste  ex  recensione  I.  Yahlen,  Lips.  1854. 
20  pp.  4,  Auch  bei  Pfau,  de  numero  sat.  (Quedl.  1864)  p.  79— 96.  Vgl. 
Jahns  Jahrb.  87,  S.  333—336. 

9.  A.  Schütte,  de  Cn.  Naevio  poeta,  P.  I.  Würzburg  1841.  E.  Klussmann, 
Cn.  Naevii  poetae  rom.  vitam  descripsit,  carminum  reliquias  coUegit,  poesis 
rationem  exposuit,  Jena  1843,  nebst  M.  Hertz,  Berl.  Jahrb.  1843.  II.  S.  217 
—236.  W.  Teuffei,  in  Pauly's  R.  E.  V.  S.  396—400.  Mommsen,  R.  G.  P. 
S.  879—881.  873  f.  898  f.  M.  J.  Berchem,  de  Gn.  Naevii  poetae  vita  et  scri- 
ptiB,  Münster  1861.    112  pp.  8. 

84.  T.  Maccius  Plautus,  geboren  um  500  =  254  in  der 
umbrischen,  aber  damals  wohl  schon  latinisierten  Landstadt  Sas- 
sina, als  Freier,  aber  von  niedrigem  Stande.  In  ßoDfi  an  der 
Bühne  beschäftigt,  verlor  er  die  dort  gemachten  Ersparnisse  durch 
Handelspeculationen,  verdingte  sich  zeitweilig  in  eine  Mühle, 
und  erwarb  sich  den  Lebensunterhalt  durch  lateinische  Bearbei- 
tung griechischer  Lustspiele,  bis  er  J.  570  =  184  starb.  Die 
Nothwendigkeit  schnell  zu  arbeiten,  um  sich  etwas  zu  erwerben, 
verbunden  mit  der  stofflichen  Unselbständigkeit  seiner  Hervor- 
bringungen, lässt  auf  Fruchtbarkeit  des  Plautus  schliessen.  Aber 
über  die  Anzahl  der  von  ihm  bearbeiteten  Stücke  entstand  Un- 
sicherheit, hauptsächlich  dadurch  dass  man  bald  alle  Palliaten 
aus  der  Zeit  des  Plautus  —  von  denen  viele  nur  noch  in  Bühnen- 
exemplaren  vorhanden  sein  mochten  —  als  plautinisch  zu  be- 
zeichnen sich  gewöhnte.  Varro  unterschied  unter  diesen  drei 
Classen:  21  allgemein  als  echt  anerkannte,  ferner  wahrscheinlich 
echte  (wohl  19  Stücke),  und  endlich  unechte.  Die  der  ersten 
Classe   (fabulae  Varronianae)   sind  ohne  Zweifel  die  erhaltenen. 

1.  Der  Name  (statt  des  früheren  M.  Accius)  aus  dem  Ambrosianus  und 
Gell.  III,  3,  9  gewonnen  von  Ritschi,  de  nominibus  Plauti,  Parerga  p.  3 — 43, 
nnd  gegen  Geppert  (Jahns  Jahrb.  Suppl.  XIX.  S.  262  ff.  vgl.  Ritschl's  Ausg. 
d^  Mercator  p.  XI  f.)  vertheidigt  von  M.  Hertz,  T.  Maccius  Plautus  oder 
M.  Accius  Plautus?  Berlin  1854.  32  S.  8.  Dazu  (gegen  Yallauri):  de  Plauti 
poetae  nominibua  epimetrum,  Breslau  1867.  16  pp.  4. 


112  Sechstes  Jahrhundert  d.  St. 

2.  Cic.  Brut.  15,  60:  Plautus  P.  Claudio  L.  Porcio  coss.  (J.  570)  mor- 
tuuB  est,  Catone  censore.  Cato  14,  50  unter  den  Beispielen  von  Beschäf- 
tigungen der  senectus:  quam  gaudebat . .  .  Trnculento  Plautus,  quam  Pseu- 
dulo  (aufgeführt  J.  563) !  Diess  stimmt  auch  zu  andern  Daten.  Vgl.  Ritschi, 
de  aetate  Plauti,  Parerga  p.  45 — 70.  Daher  ist  jedenfalls  unrichtig  wenn 
Hieronym.  zu  Euseb.  chron.  1813,  Ol.  144,  1  (=  550  d.  St.)  angibt:  Plautus 
ex  Umbria  Sarsinas  Bomae  moritur,  wofür  M.  Hertz  moratur  vorschlug, 
Andere  Verwechslung  mit  clarus  habetur  -annehmen.  —  Gell.  I,  24,  3: 
Epigramma  Plauti,  quod  dubitassemus  an  Plauti  foret,  uisi  a  M.  Varrone 
positum  esset  in  libro  de  poetis  primo:  Postquam  est  mortem  aptus 
Plautus  comoedia  luget,  scaena  est  deserta,  dein  risus,  ludus  iocusque  et 
numeri  innimieri  simul  omnes  conlacrimarunt.  —  Lessiug,  Abh.  von  dem 
Leben  und  den  Werken  des  PI.  (J.  1750),  sämmtl.  W.  m  S.  1—27  (Lach- 
mann).   C.  G.  Andresen,  de  vita  Plauti,  Altona  1843.  4. 

3.  Gell,  in,  3,  14:  Saturionem  et  Addictum  et  tertiam  quandam. .  in 
pistrino  eum  scripsisse  Varro  et  plerique  alii  memoriae  tradiderunt,  cum, 
pecunia  omni  quam  in  operis  artificum  scenicorum  pepererat  in  mercati- 
bus  perdita,  inops  Romam  redüsset  et  ob  quaerendum  victum  ad  circum- 
agendas  molas  quae  trusatiles  appellantur  operam  pistori  locasset. 
Hieronym.  1.  1.:  qui  propter  annonae  difQcultatem  ad  molas  manuarias 
pistori  se  locaverat,  ibi  quotiens  ab  opere  vacaret  scribere  fabulas  solitus 
ac  vendere.  Hör.  Ep.  H,  1,  175:  (PI.  ist  formlos:)  gestit  enim  nummum 
in  loculos  demittere. 

4.  Gell,  in,  3,  11:  feruntur  sub  Plauti  nomine  comoediae  circiter  cen- 
tum  atque  triginta:  Serv.  praef  ad  comm.  in  Aen. :  Plautum  alii  dicunt  vi- 
ginti  et  unam  fabulas  scripsisse,  alii  quadraginta,  alii  centum  Letztere 
Zahl  wohl  (mit  M.  Hertz)  aus  einer  andern  Quelle  als  130;  anders  Bitschi, 
Parerga  S.  126.  173.  Indices  (der  plautinischen  Stücke)  Aelii,  Sedigiti, 
Claudü,  Aurelii,  Attii,  Manilii  erwähnt  Gell.  1. 1.  §.  1.;  ib.  12:  homo  erudi- 
tissimus  L.  Aelius  XXV  eins  (Plauti)  esse  solas  existimavit.  üeber  Varro 
ib.  1  ff.  dass  er  nach  seinem  persönlichen  Gefühl  und  Urteil,  ob  ein  Stück 
des  Plautus  würdig  sei  oder  nicht,  seine  Classen  unterschieden  habe:  (3) 
nam  praeter  illas  XXI  quae  Varronianae  vocantur,  quas  idcirco  a  ceteria 
segregavit  quoniam  dubiosae  non  erant,  sed  consensu  omuium  Plauti  esse 
censebantur,  quasdam  item  alias  probavit,  adductus  filo  atque  facetia  ser- 
monis  Plauto  congruentis,  easque  iam  nominibus  aliorum  occupatas  Plauto 
vindicavit.  Bitschi  vermutet  dass  dieser  zweiten  Classe  (avTilByofisva) 
Varro  19  Stücke  zutheilte  (daher  die  Zahl  40  bei  Servius),  etwa  (S.  128  ff.): 
22.  Saturio;  23.  Addictus;  24.  Boeotia;  25.  Nervolaria;  26.  Fretum;  27.  Tri- 
gemini;  28.  Astraba;  29.  Parasitus  piger;  30.  Parasitus  medicus.  31.  Com- 
morientes;  32.  Condalium;  33.  Gemini  lenones.  34.  Peneratrix;  35.  Frivo- 
laria;  36.  Sitellitergus;  37.  Fugitivi;  38.  Oacistio;  39.  Hortulus;  40.  Artemo. 

*  Zur  dritten  Classe  (vod-a)  könnten  dann  gehören  (S.  154  ff.):  1.  Colax; 
2.  Carbonaria;  3.  Acharistio;  4.  Bis  compressa;  5.  Anus;  6.  Agroecus; 
7.  Dyscolus;  8.  Phagon?;  9.  Comicula;  10.  Calceolus;  11.  Baccaria;  12.  Cae- 
cus  aut  Praedones.  Dass  aber  die  (mit  Ausnahme  der  letzten,  Vidularia) 
erhaltenen  21  eben  die  Varronianae  (der  ersten  Classe,  der  ofioXoyo-vfisva) 
sind  ist  schon  an  sich  höchst  wahrscheinlich.     Varro's  Ansehen  bewirkte 


Dichter:  Plautus.  Seine  Stücke.  113 

dass  man  die  von  ihm  anerkannten  Stücke  im  Abschreiben  und  Lesen 
bevorzugte. 

5.  Zur  Entstehung  der  kritischen  Schwierigkeit  Gell.  III,  3,  13:  non 
dubium  est  quin  istae  (alle?)  quae  scriptae  a  Plauto  non  videntur  et  no- 
mini  eins  addicuntur  veterum  poetarum  fuerint  et  ab  eo  retractatae  atque 
expolitae  sint  ac  propterea  resipiant  stilum  Plautinum.  Diess  könnte  nur  von 
Stücken  des  Andronikus  und  Naevius^  gelten;  s.  Ritschi  Parerga  S.  96—113. 
In  §.  10  erwähnt  Gellius  auch  dass  in  Varro's  Über  de  comoediis  plautinis 
id  quoque  scriptum,  Plautium  fuisse  querapiam  poetam  comoediarum,  des- 
sen Stücke  wegen  der  Namensähnlichkeit  (Gen.  Plauti)  mit  denen  des 
Plautus  zusammengeworfen  worden  seien;  was  aber  nicht  weit  hilft;  s. 
Ritschi  S.  95  f.  Hauptursache  (Ritschi  S.  113  f.):  dass  der  Name  plauti- 
nisch  zu  einer  Art  von  Collectivbezeichnung  für  die  Blütezeit  der  palliata 
wurde,  indem  das  Namenlose  theils  selber  sich  an  den  berühmten  Na- 
men anlehnte,   theils  missverständlich,  von  manchen  Schauspieluntemeh- 

^mem  auch  wohl  wissentlich,  dem  Plautus  zugeschrieben  wurde.  Vgl. 
Mommsen  R.  G.  I*.  S.  882 :  „  Solcher  handwerksmässigen  Komödien- 
bearbeiter scheint  es  in  Rom  damals  [zur  Zeit  des  Plautus]  eine  ziem- 
liche Zahl  gegeben  zu  haben;  allein  ihre  Namen  sind,  zumal  da  sie  wohl 
durchgängig  ihre  Stücke  nicht  publicierten  [d.  h.  selbständig  und  unter 
ihrem  eigenen  Namen  herausgaben],  so  gut  wie  verschollen  [ein  solcher 
Verschollener  wäre  eben  Plautius];  und  was  von  diesem  Repertoire  sich 
erhielt  gieng  späterlün  auf  den  Namen  des  populärsten  unter  ihnen,  des 
Plautus". 

6.  Ueber  die  ganze  Frage  s.  Ritschi,  die  fabulae  Varronianae  des 
Plautus,  Parerga  S.  71—245. 

85.  Die  erhaltenen  zwanzig  Stücke  stehen  in  den  Hand- 
schriften in  ungefährer  alphabetischer  Ordnung,  nur  dass  bei 
den  Bacchides  diese  jetzt  zu  Gunsten  der  chronologischen  ver- 
lassen ist.  Das  Folgende  zählt  sie  in  dieser  überlieferten  Rei- 
henfolge auf. 

l)Amphitruo,  das  einzige  plautinische  Stück  mit  mytholo- 
gischem (komisch- wunderhaftem)  Stoflfe,  der  etwas  ethisch  Be- 
denkliches hat,  aber  mit  formeller  Meisterschaft  und  heiterster 
Laune  behandelt  ist.     Original  und  Abfassungszeit  unbekannt. 

Bedenklich  ist  das  frevle  Spiel  das  mit  der  Tugend  der  treuen  und  edlen 
Alkmene  getrieben  wird.  Verwechslungen  wie  in  den  Menaechmi,  nur  hier 
in  Folge  absichtlicher  Nachahmung.  Wegen  der  Mischung  göttlicher  imd 
menächUcher  Personen  vom  Prolog  als  tragicomoedia  bezeichnet.  Das 
Original  ohne  Zweifel  aus  der  neuen  Komödie  und  weder  ein  Stück  des 
Archippos  (alte  att.  Komödie)  noch  des  Rhinthon;  s.  J.  Vahlen,  Rhein. 
Mos.  XVL  S.  472  fF.  Auffuhrungen  vielleicht  noch  im  vierten  und  fünften 
Christi.  Jahrb.;  s.  Amob.  adv.  g.  IV,  35.  VII,  33.  Prudent.  perist.  X,  226. 
Aogustin.  Epist.  202.  Nach  IV,  2  ist  eine  Lücke  von  ungefähr  4  Scenen 
oder  300  Versen,  entstanden  durch   den  Verlust  einer  Blätterlage;  im  15. 

Tfuffpl,  Rum.  r.ilrralurg-esrhirhlr.  3 


114  SechstcB  Jahrhundert,  d.  St. 

Jahrh.  von  Hermolaus  Barbarus  durch  eine  nach  Form  und  Inhalt  miss- 
glückte Nachdichtung  ausgefüllt. 

Ausgaben  von  F.  Ast  (Landshut  1818),  Lindemann  (Lips.  1834),  F.  W. 
Holtze  (Lips.  1846). 

F.  Osann,  über  den  A.  des  PL,  Rhein.  Mus.  von  Welcker  und  Näke  IL 
S.  305—335.  Em.  Hoffmann,  de  Plauti  Amph.  exemplari  et  fragmentis, 
Bresl.  1848.    Welcker,  griech.  Trag.  S.  1478—1481. 

2)  Asiiiaria,  von  possenhaftem  StoflFe,  aber  manchf altiger 
und  lebendiger  Charakterzeichnung  und  mit  Scenen  von  grosser 
komischer  Wirkung.  Original  wohl  der  ^Ovccyog  des  Diphilos 
und  Abfassungszeit  um  560. 

Statt  Demophilus  scripsit  schreiben  im  Prolog  Ladewig  und  Bitschi, 
Parerga  S.  272,  A.:  eam  Diphüus  scripsit. 

Ausgabe  von  E.  J.  Richter,  Nürnberg  1833.  —  Linge,  de  As.  PL,  in- 
signi  corruptae  apad  Atticos  sub  novae  comoediae  aevum  pueromm  edu- 
cationis  ezemplo,  Hirschberg  1834. 

3)  Aulularia,  eines  der  ausgezeichnetsten  Stücke  des  Plau- 
tus^  nach  Anlage  wie  Ausführung ,  enthaltend  die  Zeichnung 
eines  Geizhalses  in  einer  Manchf altigkeit  von  Situationen.  Der 
Schluss  ist  verloren. 

Original  sicher  ein  Stück  der  neuen  Komödie.  Abfassuugszeit  wegen 
III,  5  nach  Aufhebung  der  lex  Oppia,  also  nach  559;  Ladewig  in  Ztschr. 
f.  d.  A.  W.  1841,  S.  1085  f. 

Ausgaben  von  Göller  (Cöln  1825),  E.  J.  Richter  (Nümb.  1833),  Deenik 
(Leyden  1835),  Hildyard  (London  1839),  Th.  Vallauri  (Turin  1853),  W. 
Wagner  (with  notes,  Cambridge  1866). 

Wolff,  prolegomena  ad  PI.  A.,  Naumburg  1836.  4.  Bromig,  Verglei- 
chung  der  A.  des  PI.  und  des  Avare  von  Moliere,  Burgsteinfurt  1854.  4. 
C.  Humbert,  Moli^re's  Avare  und  PL  A.,  in  Herrig's  Archiv  XVIII.  S.  376 
— 410.  G.  Claus,  de  Aul.  PI.  fabula  iisque  scriptoribus  qui  eam  imitati 
sunt,  Stettin  1862.  74  pp.  8.    W.  Wagner,  de  PL  A.  Bonn  1864.  34  pp,  8. 

4)  Captivi,  ein  Rührstück,  ohne  erotische  Verwicklung  und 
spannendes  Interesse,  doch  mit  schönen  Scenen  und  durch  die 
Figur  des  Parasiten  belebt. 

Contamination  (so  dass  der  Haupttheil  aus  Anaxandrides,  der  Parasit 
aus  Antiphanes  wäre)  ohne  triftige  Gründe  behauptet  von  Ladewig,  der 
Kanon  des  Volc.  Sed.  (1842)  S.  28—31;  halb  zurückgenommen  in  Pauly's 
R.  E.  V.  S.  1733. 

Ausgaben  von  Avellini  (Neapel  1807.  4.),  Bosscha  (AmstenJ.  1817), 
Fr.  Lindemann  (em.,  Lips.  1830;  mit  Mil.  gl.  und  Trinummus,  Lips.  1823. 
1844),  C.  E.  Geppert  (lat.  u.  deutsch,  Berl.  1859),  J.  Brix  (für  den  Schul- 
gebr.  erkL,  Leipzig  1865). 

Lessing,  Werke  IIL  S.  77—122.  127-140.    Vgl.  W.  Hertzberg  vor  sei- 


Dichter:  Plautus.    Die  erhaltenen  Stücke.  115 

ner    Uebersetzung  S.  XIX.  —  J.  Brix,  Emendationes  in  PI.  Capt.,  Liegnitz 
18Ö2-  22  pp.  4. 

5)  Curculio  (Gurgelmensch),  komischer  Name  des  Parasi- 
ten, in  dem  Stücke.  Die  Charaktere  sind  die  gewöhnlichen,  die 
Erfindung  ziemlich  dürftig.     Abfassung  bald  nach  561. 

TV,  2,  23  ff.  Anspielung  auf  die  lex  Sempronia  (Liv.  XXXV,  7)  vom 
J.  ö€l.  W.  Teuffei,  Rh.  Mus.  VIII.  S.  33.  Ausser  IV,  2  ist  merkwürdig 
IV,    1  als  eine  Art  von  Parabase. 

Ausgabe  von  C.  E.  Geppert  (lat.  u.  deutsch),  Berlin  1845.  Lindemann, 
Bcena  PL  ex  Cure,  emendata,  Zittau  1846.  4.  L.  Mercklin,  Symbolae  exe- 
get.  ad  Cure.  PL,  Dprpater  Lectionskatalog  1861.  14  pp.  4. 

6)  CasTna,  nach  den  KkriQoviisvot  des  Diphilos  gearbeitet, 
aber  mit  Zuthat  von  Unsauberkeiten  im  massiv  römischen  Ge- 
schmacke,  die  wohl  auch  den  Wegfall  der  Schlusspartien  zur 
Folge  hatten.  Das  Elrhaltene  ist  nämlich  ohne  Zweifel  eine 
abgekürzte  spätere  Bühnenbearbeitung,  während  der  Prolog- 
schreiber'noch  das  vollständige  Stück  kannte. 

W.  Teuffei  im  Rh.  Mus.  VIII.  S.  27—30.  Abfassung  vor  dem  Verbot 
der  Bacchanalien  (J.  568)  folgert  Mommsen  R.  G.  I*.  S.  873,  Aum.  aua 
V,  4,  U  gegen  Ritschi,  Parerga  S.  191  ff. 

Unecht  ist  die  angeblich  in  Pompeji  gefundene  Theatermarke  mit 
„Casina  Plauti^. 

Ausgabe  (in  us.  lectt.)  von  Geppert,  Berlin  1866.  —  Th.  Ladewig, 
Einl.  und  Anm.  zur  Gas.,  Rh.  M.  III.  S.  185  ff.  Th.  Mommsen,  zum  Pro- 
log der  Gas.,  Ebds.  X.  S.  122—127.  üeber  Gas.  III,  5  s.  A.  Fleckeisen, 
Kritiscbe  Miscellen  (Dresden  1864)  S.  5  ff.  Geppert,  über  die  Gas.  im  cod. 
Ambr.,  in  Mützells  Ztachr.  f.  Gymn.  XVII.  S.  625—636.  W.  Studemuud, 
Ebds.  XVUL  S.  526—558. 

7)  Cistellaria,  kaum  zur  Hälfte  erhalten,  vielleicht  gleich- 
falls nach  einem  Theaterexemplar.  Die  Handlung  hat  viele 
Aehnlichkeit  mit  der  des  Epidicüs.    Abfassung  vielleicht  um  555. 

W.  Teuffei,  Rh.  M.  VDL  S.  30—32. 

Ausgabe  von  L.  E.  Benoist,  Lyon  1863.  —  Th.  Ladewig,  Einl.  und 
Anm.  zur  Gist.,  Rhein.  Mus.  III.  S.  520  ff. 

8)  Epidicus,  mit  reicher,  aber  etwas  verwickelter  Hand- 
lung und  ohne  besonderen  Aufwand  von  Witz  und  Lebendigkeit. 
Abfassung  nach  J.  559. 

Die  Verwickeltheit  der  Handlung  erklärt  sich  vielleicht  (mit  Ladewig, 
ZtBchr.  f.  d.  A.  W.  1841,  S.  1086—1090  und  dagegen  R.  Müller,  p.  5-14) 
aas  Gontamination  imd  dient  andererseits  vielleicht  der  Vorliebe  des  Dich- 
ter« fSr  da^  Stück  (Bacch.  11,  2,  36)  zur  Erklärung.  —  II,  2,  40  ff.  setzt 
die  Aufhebung  (J.  559)  der  lex  Oppia  sumptuaria  voraus. 

Ausgaben  von  Fr.  Jacob  (Lübeck  1835)  und  G.  E.  Geppert,  Berlin  1865. 

8* 


116  Sechstes  Jahrhundert  d.  St. 

—  R.  Müller,  de  PL  Epidico,  Berlin  1865.  —  üebersetzung  von  Fr.  Jacob, 
Lübeck  1843. 

9)  BacchideS;  nach  Anlage  wie  Charakterzeichnung  eines 
der  besten  Stücke.  Die  Eingangsscenen  sind  zugleich  mit  dem 
Schlüsse  der  Aulularia  verloren  gegangen.  Original  wohl  Me- 
nander's  ^Ig  i^anatciv,    Aufführung  J.  565. 

Ueber  den  Inhalt  der  verlorenen  2-3  Scenen  s.  Ritschi,  Rhein.  Mus.  lY. 
S.  354 — 376.  561 — 610,  Die  schlechten  Ergänzungen  in  älteren  Ausgaben 
sind  wahrsch.  von  Antonio  Beccadelli  aus  Palenno  verfasst. 

Contaminatiou  unwahrscheinlich;  s.  W.  Teuifel,  Rh.  M.  VIII.  S.  26  f. 
In  IV,  9,  149  f.  Anspielung  auf  die  vier  Triumphe  des  J.  565. 

Ausgaben  von  F.  Ritschi  (Hai.  1835),  G.  Hermann  (Lips.  1845). 

Abhandlungen  (ausser  der  angef.  wichtigsten  von  Ritschi):  F.  V. 
Fritzsche,  Rostocker  Soramerkatalog  1846.  7  pp.  4.  Schneidewin  (zu  I,  2) 
Rhein.  Mus.  II.  S.  415-427.  M.  H.  E.  Meier,  Halle  1853.  4.  =  Opusc.  II. 
p.  330—336. 

10)  Mostell'aria,  die  Geistergeschichte,  ein  Stück  von  sehr 
correcter  Anlage  und  mit  einer  Manchfaltigkeit  gutgezeichneter 
Charaktere. 

Original  wohl  das  ^da^a  des  Philemon,  Ritschi  Parerga  S.  159  f. 
272,  Anm. 

Ritschi,  de  turbato  scenarum  ordine  Most.  PL,  Parerga  p.  431 — 508. 
.1.  A.  Stamkai-t,  commentarius  in  PI.  Most.,  Amsterdam  1858.  ^28  pp.  8. 

Erklärt  von  A.  0.  Fr.  Lorenz,  Berlin  1866. 

11)  Menaechmi,  wohl  das  gelungenste  der  plautinischen 
Stücke,  die  lustigen -Verwechslungen  und  Conflicte  behandelnd 
welche  durch  die  tauschende  Aehnlichkeit  zweier  Zwillingsbrü- 
der herbeigeführt  werden.  Vorbild  und  Abfassungszeit  unbekannt. 

Argumentimi  sicelissat  (prol.  12)  bezieht  sich  nur  auf  den  Ort  der 
Handlung.  Dass  die  Jidvfioi.  des  Poseidippos  zu  Grunde  liegen  (Ladewig, 
Philölogus  I.  S.  275  if'.)  ist  sehr  zweifelhaft;  s.  Rh.  Mus.  VIII.  S.  33  f. 
Für  die  Abfassungszeit  (vor  J.  539?)  bietet  II,  3,  60  wenig  Festes. 

Zur  Kritik:  J.  Vahlen,  Rhein.  Mus.  XVI.  S.  631—638.  W.  Teuffei,  JaJins 
Jahrb.  93,  S.  704.  95,  S.  32—34.  273  f.  Rfiein.  Mus.  XXII.  S.  451—455. 

W.  Claus,  üb.  d.  M.  d.  PI.  und  ihre  Nachbildung,  bes.  durch  Shake- 
speare, Stettin  1861.  48  S.  4. 

Ausgaben  von  Hildyard  (Cantabr.  1840),  Geppert  (lat.  und  deutsch, 
Berl.  1845),  J.  Brix  (f.  d.  Schulgebrauch  erkl.,  Leipzig  1866). 

12)  Miles  gloriosus,  stark  aufgetragene  Zeichnung  eines 
Bramarbas,  nicht  ohne  Gedehntheiten,  doch  im  Ganzen  wohl- 
angelegt und  heiter  ausgeführt. 

Der  überlieferte  IStol  gegen  Fleckeisen,  Rhein.  Mus.  XIV  S.  628  f.  Anm., 


Dichter:  Plautiis.  Erhaltene  Stücke.  117 

vertheidigt  von  W.  Hertzberg,  üebersetzung  S.  356  f.  und  A.  Riese,  Khein. 
Mus.  XXII.  S.  303  f. 

Original  nach  II,  1,  8  der  Ula^mv  eines  griech.  Dichters,  und  daneben 
für  den  Eingaugsact  der  KoXa^  des  Menander  (W.  A.  Becker)  oder  der 
AiQrianfixT}g  des  Dipliilos  (Ritschi).    Vgl.  Rhein.  Mus.  VIII.  S.  31. 

Abfassungszeit  nach  J.  550  (wegen  V.  211  f.)  und  vor  568  (wegen  1016). 

Ausgaben  von  Danz  (Vimar.  1804),  Lindemann  (em.,  Lips.  1827;  mit 
Capt.  u.  Trin.  1823.  1844),  Vallauri  (Turin  1855). 

Ritschi,  scona  Plaut,  emend.,  Bresl.  1839.  4.  Bonner  Sommcrkat.  1849. 
üeber  das  alte  Argumentum  des  M.  gl.,  Bonn  1841.  4.  Excurse,  Rh.  M. 
VII.  S.  314  ff.  F.  V.  Fritzsche,  Rostocker  Index  Sommer  1850.  M.  Haupt, 
BerUner  Index  Sommer  1858.  0.  Ribbeck,  Rhein.  Mus.  XII.  S.  594—611. 
A.  Schöne,  ebd.  XVIIL  S.  157-162. 

13)  Mercator,  mit  einer  der  Casina  ähnlichen  Handlung, 
aufgeführt  wahrscheinlich  nicht  vor  558  d.  St.  Original  Phile- 
moü's  "EfiJioQos, 

Abfassungszeit  aus  III,  1,  28  gefolgert  von  Ladewig,  Ztschr.  f.  d.  A. 
yf  1811,  8.  1085;  vgl.  Ritschl  Parerga  p.  344. 

Zum  Mercator:  E.  J.  Brix,  Philologus  XII.  S.  650—657.  F.  *Bücheler, 
Rhein.  Mus.  XV.  p.  428-444. 

14)  Pseudölus  (WsvdvXog)^  nach  Haltung,  Ton  und  Form 
von  einer  gewissen  Gereiftheit,  aufgeführt  J.  563. 

Dass  Pseudölus  der  Titel  sei  s.  0.  Seyffert,  Philologus  XXV.  S.  448  f. 
Anm.  üeber  den  TJebergang  von  griech.  v  in  lat.  o  s.  Flcckeiscu  Jahrbb. 
93,  S.  9—12. 

Erste  Aufführung  bei  der  Einweihung  des  Tempels  der  magna  mater 
(Vgl.  II,  4,  19)  nach  der  Didaskalie  (Ritschi,  Parerga  S.  286.  295).  Vgl. 
Cic.  Cato  14,  50:  quam  (gaudebat  in  seuectute)  Truculento  Plautus,  quam 
Pseudulo!  —  Bearbeitung  nach  einem  Stücke  der  mittleren  Komödie  be- 
hauptet ßergk,  Rhein.  Mus.  XX.  S.  290. 

Annot.  instr.  Rome\jn,  Daventr.  1836.  —  Mit  Rud.  u.  Truc.  denuo  rec. 
et  expl.  F.  H.  Bothe,  Lips.  1840.  —  H.  Usener,  Paeud.  Plaut,  scaena  se- 
cunda  recognita,  Greifswalder  Sommerkatal.  1866.  18  pp.  4. 

15)  Poenulus,  in  Erfindung  und  Anlage  nicht  ohne  Män- 
gel, aber  berühmt  durch  das  darin  vorkommende  Phönikische. 
Aufführung  um  565  d.  St.  Original  ein  KaQx^^oviog,  wahr- 
scheinlich des  Menander. 

lieber  die  Mängel  und  die  Zeitkriterien  s.  W.  Teuffei,  Rhein.  Mus.  VIII. 
S.  35 — 37.  Bei  einer  späteren  Aufführung  Umnennung  in  Patruus  pulti- 
phagonides  (prol.  54).  Die  letzte  Scene  ist  in  doppelter  (unvereinbarer, 
aber  ungefähr  gleich  alter)  Fassung  erhalten,  Ritschl  Parerga  p.  601. 

Ausgabe  von  Geppert,  Berol.  1864.  —  üeber  das  Punische  s.  Pro- 
gramme von  Bellermann  (Berlin  1806 — 1808) ,  E.  Lindemaun  (Schneeberg 
1833  f.  1837),  Wex  (Schwerin  1838).  F.  C.  Movers,  phönikische  Texte,  I.  Berl. 


118  Sechstes  Jahrhundert  d.  St. 

1845.  •  Wex  im  Rhein.  Mus.  II.  S.  130  ff.  IX.  S.  312—315.  XII.  S.  627-630. 
F.  Hitzig,  Ebds.  X.  S.  77—109. 

16)  Persa,  ein  Bedientenstück  von  einfacher  Erfindung, 
doch  theilweise  sehr  lebendiger  Ausführung.  Abfassungszeit 
wahrscheinlich  J.  557  d.  St. 

Th.  Ladewig,  über  den  Kanon  des  Volc.  Sed.  S.  38—40. 

17)  Rudens  (das  SchiflFstau),  vorzüglicher  durch  die  heitere 

und  witzige  Ausführung  vieler  einzelnen  Scenen  als  durch  die 

Anlage  des  Ganzen.     Abfassung  um  562  d.  St. 

W.  Teuffei,  Rhein.  Mus.  VIII.  S.  37  f.  —  Ausgaben  von  F.  V.  Reiz 
(Lips.  1789),  C.  E.  Chr.  Schneider  (Vratisl.  1824),  F.  H.  Bothe  (s.  Pseud.), 
Geppert  (Berlin  1846.  Vgl.  Ritschi,  Rhein.  Mus.  V.  S.  128  ff.),  E.  Benoist 
(Paris  1864).  —  Kampmann,  adnott.,  Oels  1830.  4. 

18)  Stichus,  aufgeführt  554  d.  St.  ludis  plebeis.    Original 

Menander's  Q>iXa8tX^)oi^  doch  unter  Abänderung  des  Schlusses. 

Ritschi,  Parerga  S.  261—280.  Bergk,  Ztschr.  f.  A.  W.  1850,  S.  332  ff. 
W.  Teufi^l,  Rhein.  Mus.  VIII.  S.  38—40.    Dziatzko,  Ebds.  XXL  S.  82  f. 

19)  Trinummus,  ein  Familienstück,  ohne  weibliche  Cha- 
raktere, von  bemessener  Anlage  und  Tonfärbung.  Aufgeführt 
nicht  vor  560  d.  St.     Original  Philemon's  OriöavQog. 

Ausgaben  von  G.  Hermann  (Lips.  1800),  Göller  (Colon.  1824),  Linde- 
mann (em.,  Lips.  1830;  mit  Cai)t.  u.  Mil.  1823.  1844),  Geppert  (lat.  u.  deutsch, 
Berl.  1844.  Leipzig  1854),  Th.  Vallauri  (Turin  1856),  J.  Brix  (für  den  Schul- 
gebrauch erklärt,  Leipzig  1864). 

Ritschi,  de  actae  Trin.  tempore,  in  Parerga  p.  339 — 354.  De  interpola- 
tione  Trin.,  Ebds.  p.  611—579.  Grauert,  Allg.  Schulztg.  1829,. Nr.  4—6. 
M.  H.  E.  Meier,  de  PI.  Tr.,  Opusc.  II.  p.  321— 329.  Vollbehr,  de  Tr.,  Rends- 
burg 1862.  16  pp.  4.  Bergk,  Marburger  Ind.  1849  f.  12  pp.  4.  F.  V. 
Fritzsche,  Rostocker  Ind.  1849  f.  W.  Studemund,  der  pL  Trin.  im  cod. 
Ambrosianus,  Rhein.  Mus.  XXI.  S.  674—621. 

Uebersetzt  von  F.  Osthelder  (Speier  1852  f.  4.)  und  W.  Wagner  (Frankf. 
1861). 

20)  Truculentus,  aufgeführt  um  565  d.  St.,  voll  guter, 
aber  wilder  Laune.     Hauptrolle  die  einer  Hetäre. 

W.  Teuffei,  Rhein.  Mus.  VIII.  S.  40  f.    Cic.  Cato  14,  50. 

Ausgaben  von  C.  E.  Chr.  Schneider  (Vratißl.  1834.  4.),  Göller  (Colon. 
1824),  F.  H.  Bothe  (s.  Pseud.),  Geppert  (Berol.  1863),  A.  Spengel  (ed.,  illustr., 
Gotting.  1868).  —  A.  Spengel,  lectt.  Plaut.  München  1866.  8  pp.  4. 

Nr.  21,  Vidularia,  gieng,  als  letztes  Stück  der  Sammlung,  noch  im 
Laul'o  des  Mittelalters  verloren. 

Querolus  s.  Aulularia,  in  Prosa,  aus  dem  3.  oder  4.  Jahrh.,  herauagg. 
von  P.  Daniel  (Paris  1564),  Klinkhamer  (Amsterd.  1829).    Der  Inhalt  davon 


Dichter:  Plautus.  Erhaltene  Stücke.  119 

und  des  plaut.  Amphitruo  in  elegische  Verse  gebracht  von  Vitalis  de  Blois 
^Blesensifl)  im  12.  Jahrh.;  hrsgg.  von  Osann,  Darmstadt  1836. 

86.  Im  Anfang  des  15.  Jahrh.  waren  nur  die  8  ersten  Stücke  bekannt 
und  in  sehr  vielen  Hdss.  verbreitet,  die  12  letzten  verschollen.  Von  letz- 
tem wurde  in  Deutschland  um  1428  eine  Handschrift  aufgefunden  (der 
jetzt  in  der  Vaticana  befindliche  Orsini'ßche  Codex),  sowie  im  16.  Jahrh. 
die  beiden  Hdss.  des  Camerarius,  der  vetus  codex  (alle  Stücke  enthaltend) 
und  der  (von  Pareus)  sogenannte  decurtatus  (enthält  die  12  letzten  Stücke). 
Im  Laufe  des  15.  Jahrh.  wurde  dann  in  Italien,  wahrsch.  auf  Veranstalten 
von  Alfons  I  in  Neapel  (reg.  seit  1435),  vielleicht  durch  Antonius  aus  Pa- 
lermo, ein  dem  damaligen  Bedürfniss  und  Geschmack  entsprechender  Text 
der  20  Stücke  redigiert,  in  höchst  eigenmächtiger  und  kenntnissloser  Weise, 
mit  unzähligen  Aenderungen,  Conjecturen  und  Interpolationen,  und  dieser  in 
zahlreichen  Exemplaren  verbreitet.  Eine  der  ältesten  dieser  interpoHerten 
Hdss.  ist  der  Vindobonensis  vom  J.  1443,  zugleich  mit  dem  Lipsiensis  der 
relativ  correcteste.  Vgl.  Eitschl,  Rhein.  Mus.  IV  (1836).  S.  163—180;  und 
über  die  Hdss.  des  Camerarius  Ebds.  S.  514  ff.  535  ff. 

Jenen  Hdss.  allen,  welche  sich  sämmtlich  auf  die  Kecension  des  Cal- 
liopius  gründen,  steht  gegenüber  das  von  A.  Mai  1815  auf  der  ambrosia- 
nischen  Bibliothek  zu  Mailand  gefundene  Palimpsest  (cod.  Ambros.), 
welches  freilich  7  Stücke  gar  nicht  und  die  andern  zum  Theil  sehr  lücken- 
haft enthält,  aber  von  diesen  einen  älteren  unverdorbeneren  Text  bietet. 
Vgl.  A.  Mai,  M.  Acci  Plauti  fragmenta  inedita  etc.  Mediol.  1815  (auch 
bei  Osann,  Anal.  crit.  p.  205—228).  F.  Ritschl,  Ztschr.  f.  d.  Alt.  Wisß. 
1837,  Nr.  91—93  und  Prolegomena  zum  Trinummus  cap.  I,  VI,  VII.  Gep- 
pert,  über  den  cod.  Ambr.  und  seinen  Einfluss  auT  die  plautiuische  Kritik, 
Leipzig  1847.    W.  Studemund,  Rhein.  Mus.  XXI.  S.  574-579. 

Kritische  Geschichte  der  Ausgaben  und  des  Textes  von  Plautus  (bis 
auf  Bothe)  von  Ritschi,  Rhein.  Mus.  IV  (1836).  S.  180—216.  485—570.  Von 
den  ersten  8  Stücken  erste  Ausg.  s.  1.  et  a.  Vom  vollständigen  Plautus  ed. 
princeps  cura  Georg.  Merulae,  Venet.  1472  fol.  (die  7  letzten  Stücke  aus 
einer  nicht  interpolierten  Abschrift  des  cod.  Ursin.).  Revision  durch  Me- 
nda's  Schüler  Eusebius  Scutarius,  Mediol.  1490.  fol.  Ven.  1495.  4.  —  Venet. 
1499  fol.  von  Bern.  Saracenus.  —  c.  interpret.  I.  Bapt.  Pii,  Mediol.  1500. 
foL  (aus  seinem  Commentar  schreibt  siöh  die  heutige  Abtheilung  in  Acte 
her).  Neue  Textesconstitution  durch  Pylades  Buccardus  aus  Brescia, 
Brixiae  1506.  fol.  Dessen  Text,  aber  interpoliert  und  verstümmelt,  wurde 
durch  die  Aldina  (Ven.  1522)  Vidgate  bis  auf  Joach.  Camerarius,  dessen 
vollständige  Ausgabe  Basileae  1552  erschien.  Lambins  Commentar  (und 
Text)  gab  nach  des  Verf.  Tode  (Lutetiae  1576)  J.  Helias  heraus.  Fr.  Taub- 
manns  Commentar  erschien  Witebergae  1605,  dann  (mit  reicheren  Angaben 
aus  den  seitdem  in  die  Heidelberger  Bibliothek  gelajigteh  Hdss.  des  Ca- 
merarius u,  a.)  1612,  am  besten  (ex  recognitione  lani  Gruteri)  1621.  4.  — 
Ed.  J.  Ph.  Pareus,  Francofurti  1610.  8.;  mit  Variantensammlung  aus  den 
Pfälzer  Hdss.  Neapoli  Nemetum  (Neustadt  in  der  Pfalz)  1619.  4.  =  Franco- 
furti 1623.  4.,  und  (ohne  die  Variantensammlung,  aber  mit  vollständigerer 
AQ&ählung  der  Fragmente)  Francof.  1641.  8.  —  Die  weiterhin,  bis  auf 
Bitschl,  geltende  Vulgate  (und  Verszählung)   gründete  sich  auf  die  Aus- 


120  Sech8t<?ö  Jahrhundert  d.  St. 

gäbe  von  J.  Fr.  Gronov  (Lugd.  Bat.  1664.  1669.  1684;  c.  praef.  Emesti, 
Lips.  1760.  2  Bde.  8.).  —  Ed.  Fr.  H.  Bothe,  Berol.  1809—1811.  4  Voll.  8., 
uud  Poetae  acenici  latini  (Halberstadt  1821.)  Vol.  I  u.  11  =  Stuttgart  1829  f. 
4  Voll.  —  rec,  ioterpr.  est  C.  H.  Weise,  Quedlmb.  1837.  1847.  2  Voll,  und 
bei  Tauchnitz,  ed.  nova  1866.  —  ex  recognitione  A.  Fleckeiseni,  Lips. 
Teubner.  1859.  2  Voll.  (10  Stückö).  —  Epochemachend:  ex  rec.  et  cum  ap- 
paratu  critico  Fr.  Ritschelii.  Tom.  I.  (Prolegomena,  Trinummus,  Mil.,  Bacch.), 
Bonn  1848  f.  IL  (Stich.,  Pseud.,  Men.,  Most.)  1850  f.  III.  (Persa,  Merc, 
Poen.,  Rud.)  1853  ff.  Gleichzeitig  eine  Ausgabe  mit  blosem  Text.  Vgl.  A. 
Fleckeisen,  in  Jahns  Jahrb.  LX.  S.  234-263.  LXI.  S.  17—66.  Th.  Bergk, 
Ztschr.  f.  d.  Alt.  W.  1848,  S.  1129  ff. 

üebersetzungen:  von  Danz  (lat.  und  deutsch,  4  Bde,  Leipz.  1806 — 
1811);  Kuffner,  Wien  1807  ff.  5  Thle.;  Köpke,  Berl.  1809.  1820.  2  Bde; 
Rost  (9  Stücke),  hrsgg.  von  Lipsius,  Leipz.  1836;  M.  Rapp  (im  Trimeter), 
Stuttg.  (Metzler)  1838  ff.,  vollständig  in  17  Bdchn.;  W.  Hertzberg  (Trinum- 
nms,  Mil.,  Capt.,  Rud.),  Stuttg.  1861;  W.  Binder,  Stuttg.  (Hoffmaun)  1862  ff.; 
J.  J.  C.  Donner,  Leipzig  u.  Heidelb.  1864  ff.  (bis  jetzt  3  Bde\ 

Zur  Textkritik  z.  B. :  A.  Fleckeisen,  Exercitationes  Plautinae,  Gotti. 
1842;  Plautinische  Analekten,  Philologus  II  (1847)  S.  57—114;  Kritische 
Miscellen,  Progr.  des  Vitzthum'schen  Gymnasiums  in  Dresden,  1864;  Plautini- 
sches,  in  seinen  Jahrbb.  95,  S.  625—637.  J.  Brix,  Emendationes  Plautinae, 
Hirschberg  1854.  4.  Th.  Bergk,  Ztschr.  f.  d.^lt.  W.  1855,  Nr.  37  f.;  Haller 
Programm  von  1858.  1866;  Philologus  XVII.  S.  38—58  u.  sonst.  M.  Crain, 
Philologus  IX.  S.  646—678;  Progr.  von  Putbus  1858.  4.;  Berliner  Ztschr. 
f.  Gymn.  1866,  S.  471—485.  867—870.  1867,  S.  148—154.  Th.  Ladewig, 
Philologus  XVII.  S.  248—269.  452-480.  C.  Kretschmer,  Quaestiones  PI., 
Breslau  1863.  32  pp.  8.  Andr.  Spengel,  T.  Maccius  Plautus;  Kritik,  Pros- 
odic,  Metrik,  Göttingen  1865.  240  S.  8.  K.  H.  Welse,  die  Komödien  des 
PL,  kritisch  nach  Inhalt  imd  Form  beleuchtet,  zur  Bestimmung  des  Echten 
und  Unechten  u.  s.  w.,  Quedlinburg  1866.  189  S.  8.  0.  Seyffert,  zu  Plau- 
tus, Philologus  XXV.  S.  439—470.  A.  Kiessling,  plautinische  Miscellen,  in 
der  Symbola  philolog.  Bonn.  S.  833—840. 

'  87.  Plautus  ist  ausschliesslich  komischer  Dichter  uud  ist 
ein  Volksdichter  mit  allen  Vorzügen  und  Fehlern  ^ines  solchen. 
Zwar  entlehnt  er  seinen  Stoff  aus  der  griechischen  Literatur, 
und  hier  scheinen  ihn  Diphilos  und  Philemon  fast  mehr  ange- 
zogen zu  haben  als  der  feine  Menander.  Aber  Plautus  ist  selbst 
so  voll  eigener  Einfalle  dass  er  immer  wieder  von  seinem  Ori- 
ginale weg  geräth  und  seine  eigenen  Witze  einmischt.  Auch 
führte  der  verschiedene  Bildungsgrad  des  beiderseitigen  Publi- 
cums  auf  Vergröberung  der  Zeichnung.  Persönliche  Anspielun- 
gen finden  sich  unter  den  eigenen  Zuthaten  nicht;  wohl  aber 
übt  Plautus  an  Richtungen  und  Verhältnissen  seiner  Zeit  oft  eine 
scharfe,  ernstgemeinte  Kritik.  Mit  der  Wahrscheinlichkeit  nimmt 
er  es  nicht  immer  genau,  und  die  Anlage  seiner  Stücke  ist  oft 


Dichter:  Plautus.  Dichtereigonthümlichkeit.  121 

lose.  Seine  Hauptstarke  ist  der  lebendige  Dialog.  Seine  Witze 
sind  häufig  derb,  nicht  leicht  aber  fad;  und  Süssliches  ist  ihm 
durchaus  zuwider.  Ihrer  äusseren  Form  nach  nehmen  seine 
Stücke  eine  Mittelstellung  ein  zwischen  dem  altnationalen  Sa- 
tumius  und  den  Griechen:  mit  jenem  theilen  sie  die  Vorliebe 
für  Alliteration,  die  prosodische  Lockerheit  (insbesondere  das 
Nichtvorhandensein  des  Positionsgesetzes)  und  wohl  auch  die  ge- 
ringe Empfindlichkeit  gegen  den  Hiatus;  mit  diesen  aber  die 
Masse  und  die  allgemeinen  Regeln  über  deren  Gestaltung.  Diese 
werden  von  Plautus  in  der  freien  Weise  der  älteren  poetae  scenici 
gehandhabt,  aber  mit  vollkommener  Sicherheit  und  oft  mit  wirk- 
lichem Wohlklang.  N^ch  Seiten  der  Sprache  sind  seine  Stücke 
eine  überaus  wichtige  Urkunde  für  die  Geschichte  des  Lateinischen. 

1.  Zur  Charakteristik  des  Plautus  s.  bes.  Monunsen  R.  G.  I*.  S.  881 
—883.  W.  Hertzberg  vor  seiner  Uebersetzung,  bes,  S.  XXVIII  f.  XXXII  ff. 
Th.  Ladewig  in  Pauly's  R.  E.  V.  S.  1728—1739.  Musterung  der  ein- 
zelnen Stücke  im  Rhem.  Mus.  N.  F.  VIII.  S.  51—69,  bei  M.  Rapp,  Geach. 
d-  griech.  Schauspiels  (Tübi.  1862)  S.  302—365,  und  J.  L.  Klein,  Gesch.  des 
Dramas  IL  (Leipzig  1865)  S.  492—566. 

2.  Unter  den  Alten  übertreibt  Cicero  die  Bewunderung  (wenn  er  ihm 
Off.  L  29,  10 i  das  iocandi  genus  elegans,  urbanum,  ingeniosum,  facetum 
auf  gleicher  Linie  mit  den  Attikern  zuschreibt;  Sidon.  Apoll.  XXIII,  148 
gar:  Graios,  Piaute,  sales  lepore  transis),  Horaz  die  Kritik  (vom  Stand- 
punkte des  Kimstdichters)  Ep.  II,  1,  170  ff*.  3,  270  ff.  In  der  augusteischen 
Zeit  priesen  die  Verehrer  der  altlateinischeu  Dichter  seine  Lebendigkeit 
und  Raschheit,  die  sie  mit  der  des  Epicharmos  verglichen,  wohl  damit  zu- 
gleich seine  vielfache  Formlosigkeit  beschönigend; .  über  dieses  vielfach 
missverstandene  properare  ad  exemplar  Epicharmi  (Hör.  Ep.  U,  1,  57  f.)  s. 
Th.  Ladewig,  über  den  Kanon  des  Volc.  Sed.  (1842),  S.  19—26  und  Philo- 
logiis  I.  S.  276—285.  Auch  vgl.  Linge,  de  Plauto  properante  ad  ex.  Ep., 
Katibor  1827.  4.  Zu  properare  vgl.  bes.  Aristoph.  Eccl.  583:  cog  t6  taxv- 
veiv  ingixoiv  y^sziiBi  nXetazov  naga  xoCai  d'SccTCCtg. 

3.  Abfassungszeit  der  Stücke.  Köpke  vor  seiner  Uebersetzung  S.  XIII  ff. 
Windißchmann,  Rhein.  Mus.  I.  S.  110  ff.  F.  Ritter,  Allg.  Schulztg.  1830, 
S.  873  ff.  Petersen,  Ztschr.  f.  Alt.  W.  1836.  S.  615  ff.  Naudet  im  Journal 
des  Savants  1838,  p.  330  ff.  Vissering,  Quaestiones  Plaut.  I.  (Amsterdam 
1842)  p.  94  ff'.    Ritschi,  Parerga  I.  S.  117  f.  353  f. 

4.  Verhältniss  zu  seinen  griech.  Originalen:  W.  A.  Becker,  de  com. 
rom.  maxime  Plaut,  quaestiones  (Lips.  1837)  p.  82  ff*.  Ritschi,  Parerga 
S.  271  ff.  Fr.  V.  Fritzsche,  de  graecis  fontibus  Plauti,  I.  Rostock  1845.  4. 
G.  Boissier,  quomodo  graecos  poetas  Plautus  transtulerit,  Paris  1857.  Fr. 
Schultz,  Plautus  in  seinem  Verhältniss  zur  mittleren  und  neueren  griechi- 
schen Komödie,  Neustadt  in  Pr.  1866.  24  S.  4. 

6.  Reichthum  an  Schimpfwörtern  u.  dgl.  Vgl.  P.  Langen,  de  exso- 
crandi  formulis  Plautinis  Terentianisque,  Rhein.  Mus.  XII.  S.  426—433. 


122         .  Sechstes  Jahrhundert  d.  St. 

6.  Häufigkeit  der  Auspielungen  auf  Kriegswesen  und  Juristisches. 
Kampmann,  res  militares  PI.,  Breslau  1839.  Romeijn,  loca  nonnulla  ex 
PI.  com.  iure  civili  illustrata,  Daventr.  1836.  E.  I.  Bekker,  de  emtione 
venditione  quae  Plauti  fabulis  fuisse  probetur  (Berlin  1853)  und  loci  Plau- 
tini  de  rebus  creditis,  Greifswald  1861.  25  pp.  4.  G.  Demelius,  plautinische 
Studien,  Ztschr.  für  Rechtßgeschichte  von  Rudorli*,  Bruns  u.  s.  w.  1.  (1862) 
S.  351—372.   II.  S.  177—238.    Vgl.  oben  38,  3. 

7.  Charakterzeichuung.  L.  E.  Benoist,  de  personis  muliebribus  apud 
PL,  Marseille  1862.  77  pp.  8. 

8.  Sprache.  Tömerös,  de  ingenio  sermonis  Plaut.,  Upsala  lä33.  Kamp- 
mann de  Ab  praep.  usu  Plaut.,  Breslau  1842.  de  In  praep.  usu  PL  1845. 
F.  Lübker,  de  usu  infinitivi  PL,  Schleswig  1841  =  Ztschr.  f.  d.  Alt.  W. 
1849,  Nr.  14—16.  Fr.  Umpfenbach,  meletemata  Plautina,  Giessen  1860. 
67  pp.  8.  (de  med  et  ted  accusativis,  p.  3—47;  de  iussivo  temporis  prae- 
t^riti,  p.  48  tf.).  F.  Ritschi,  Plautinische  Excurse,  Rhein.  Mus.  N.  F.  VII— XII. 
Fr.  Schultz,  de  obsoletis  coniugationum  Plaut,  formis,  Conitz  1864.  23  pp.  4. 
H.  Bocksch,  de  casuum  quam  dicunt  attractione  ap.  PL  et  Ter.  Breslau 
1865.  41  pp.  8.  G.  Schmilinski,  de  proprietate  sermonis  PL  usu  linguarum 
romanicarum  illustrata,  Halle  1866.  48  pp.  8.  F.  W.  Holtze,  Syntaxis  pris- 
corum  Script,  lat.  usque  ad  Terentium.  I.  II.  Lips.  1861  f.  426  und  396  pp.  8. 
E.  Lübbert,  grammatische  Studien  I.  Breslau  1867. 

9.  Prosodie  und  Metrik.  Linge,  de  hiatu  in  vers.  PL  Bresl.  1817. 
J.  Brix,  de  PL  et  Ter.  prosodia,  Bresl.  1841.  E.  Kärcher,  Prosodisches  zu 
PL  u.  Ter.,  Carlsruhe  1846.  R.  Enger,  zur  Prosodik  des  PL,  Ostrowo 
1852.  4.  W.  Corssen,  Vocalismus  u.  s.  w.  letzter  Absclmitt.  Brix  vor  seiner 
Ausg.  des  Trinummus,  W.  Wagner  in  seiner  der  Aulul.  und  Rhein.  Mus. 
XXII.  S.  422—428;  bes.  aber  Ritechl,  Rhein.  Mus.  XIV  (1859)  S.  394—407. 
Vorliebe  für  den  trochüischen  Tetrameter  von  Epicharmos  her?  Vahlen, 
Rhein.  Mus.  XVI.  S.  475. 

10.  F.  V.  Fritzsche,  de  canticis  Plaut.  I.  Rostock  1861.  8  pp.  4.  (Ind. 
lect.)  W.  Studemund,  de  canticis  PL,  Halle  1863.  94  pp.  8.  Vgl.  A.  Spen- 
gel,  Eos  I.  S.. 606— 609.  M.  Crain,  über  die  Composition  der  pl.  Canticii, 
Berlin  1865.  53  S.  8.  A.  Spengel,  de  versuum  creticorum  usu  plautino, 
Berlin  1861.  0.  Seyffert,  de  bacchiacorum  versuum  usu  pL,  Berlin  1864. 
48  pp.  8. 

11.  lieber  ein  altes  plautinisches  Glossar  s.  W.  Hertzberg,  Archiv  f. 
Philologie  VIL  S.  275  ff.  Ritschi,  Bonner  Katalog,  Sommer  1846.  10  pp.  4. 
—  Lexicon  Plautinum  by  L.  Evans,  London  1853. 

88,  Die  plautinischen  Stücke  erhielten  sich  auch  nach  dem 
Tode  des  Dichters  lange  Zeit  auf  der  Bühne,  und  für  Wieder- 
aufführungen zu  Anfang  des  siebenten  Jahrh.  d.  St.  sind  die 
meisten  erhaltenen  Prologe  verfasst.  Auch  wurde  er  bald  Ge- 
genstand gelehrter  Behandlung  in  Sprache  wie  Sachlichem,  ganz 
besonders  durch  Varro. 

1.  Prologe.  Ritschi,  Parerga  I.  S.  180-238..  W.  Teuffei,  Rhein.  Mus. 
VIII.  S.  26;    Jalms  Jahrbb.  95,  S.  82  f.    A.  L.  R.  Liebig,  de  prologis  Te- 


Dichter:  Plautus.  Enuiuö.  123 

rentiaiiis  et  Plautinis,  Görlitz  1859.  50  pp.  4.  C.  Dziatzko,  de  prologis  PI. 
et  Ter.  quaestiones  selectae,  Bonn  1864.  38  pp.  8;  über  die  plaut.  Prologe, 
allgemeine  Gesichtspunkte,  Lucern  1867.  16  S.  4. 

2.  Von  den  metrischen  Inhaltsangaben  (argumenta)  stammen  die  akro- 
stichischen (zu  allen  Stücken  ausser  Bacch.  erhalten)  vielleicht  noch  aus 
dem  7.  Jahrh.  d.  St.  (Aureliua  Opihus),  die  nichtakrostichischen  (deren 
fünf  erhalten  sind)  wohl  aus  der  Zeit  der  Antonine.  Ritschi  vor  seiner  Ausg. 
det§  Triuummus,  p.  316—320.    F.  Osann,  Ztschr.  f.  Alt.  W.  1849,  Nr.  20  iF. 

3.  F.  Ritschi,  de  veteribus  Plauti  interpretibus,  in  seinen  Parerga  1. 
p.  357—387. 

4.  Verzeichnisse  (indices)  der  plaut.  Stücke  nach  Gell.  III,  3,  1  von 
Aelius  (Stilo),  Volcatius  Sedigitus,  Serv.  Claudius,  AureHus  Opiüus ,  L.  At- 
tius,  Manihus  imd  Varro. 

5.  Einzelheiten  des  plautinischen  Sprachschatzes  erläuterten  die  Glosso- 
graphen  Aurelius  Opilius ,  Ser.  Claudius,  Aelius  Stilo,  Flavius  Caper,  Aruu- 
tius  Celsus. 

6.  Förmliche  Commentatoren  des  PI.  waren  L.  Cornelius  Sisenna  und 
(unter  Hadrian)  Terentius  Scaurus.    Ritschi,  Parerga  p.  374  ff. 

7.  Varro's  Schriften  über  Plautus  s.  unten  bei  Varro. 

89,  Q.  Eiinius,  geboren  515  =  239  zu  Rudiae  inj  Lande 
der  Peucetier,  wo  Griechisches  und  Oskisches  sich  vielfach  diu-ch- 
draug,  diente  J.  550  auf  römischer  Seite  in  Sardinien,  wo  ilm 
M.  Porcius  Cato  traf  und  mit  nach  Rom  nahm.  Hier  lebte 
auch  er  vom  Unterrichten  im  Griechischen  und  Anfertigen  von 
Uebersetzungen  griechischer  Stücke  für  die  römische  Bühne,  mid 
gewann  sicli  die  Gunst  des  älteren  Africanus  durch  ein  Lob- 
gedicht auf  ihn,  betitelt  Scipio.  M.  Fulvius  Nobilior,  Cos.  565, 
nahm  den  Ennius  in  seine  Provinz  Aetolien  mit,  als  Zeugen  und 
Herold  seiner  Thaten.  Dessen  Sohn  verschaffte  J.  570  dem  Dich- 
ter das  römische  Bürgerrecht,  indem  er,  zum  triumvir  coloniae  de- 
ducendae  ernannt,  mit  Genehmigung  des  Volks  demselben  ein 
Ackerloos  (in  Potentia)  zuwies.  J.  585  starb  Ennius  an  der  Gicht. 

1.  Geburtsjahr  bezeugt  durch  Varro,  Gell.  N.  A.  XVII,  21,  43.  vgl. 
Cic.  Brut.  18,  72  f.  Tnsc.  I,  1,  3.  —  Strab.  VI.  p.  281  Gas.:  'Podiai,  no- 
Xtq  kU.Tiv\q  e|  iiq  rjv  6  notrjviqg  "Evviog.  Mela  U,  4,  61.  Sil.  It.  XII,  393  ft*. 
Auson.  Id.  XII  (grammaticom.  17)  u,  A.  Calabrae  Pierides,  Hör.  0.  IV,  8, 
20  vgl.  üvid.  A.  A.  III,  409.  Suid.  v.  "Ewtog:  noLrjf^g  Msaodniog.  Fest. 
V.  solitaur.  p.  293  M.:  quam  consuetudinem  (non  geminandi  litteras  in 
fcicribendo)  Ennius  mutavisse  fertur,  utpote  Graecus  graeco  more  usus. 
Suet.  gramm.  I:  antiquissimi  doctorum,  qui  iidem  et  poetae  et  semigraeci 
erant,  Livium  et  Ennium  dico  u.  s.  w.  Gell.  XVII,  17,  1:  Q.  Enuius  tria 
corda  habere  sese  dicebat,  quod  loqui  graece  et  osce  et  latine  scdrct. 

2.  Comel.  Nep.  Cato  1,  4:  praetor  provinciam  obtinuit  Sardiniam, 
ex  qua  quaestor  superiore  tempore  ex  Africa  decedens  Q.  Ennium  poetam 


124  Sechstes  Jahrhundert  d.  St. 

deduxerat.  Vgl.  Hieron.  z.  Euseb.  Chron.  Ol.  135,  1  =  515  d.  St.:  Q.  En- 
nius  poeta  Tarenti  (Missverständniss)  nascitur,  qiii  a  Catone  quaestore  Ro- 
mam  translatus  habitavit  in  monte  Aventino  (vgl.  Varro  L.  L.  V,  34,  163: 
.  .  ligionem  Porcina,  nämlich  Licinus,  designat  quom  de  Ennio  scribens 
dicit  eum  cöluisse  Tutilinae  loca))  parco  admodum  sumptu  contentus  et 
iinius  (?  vgl.  Cic.  de  or.  II,  68,  276)  ancillae  ministerio.  Fr.  Ritter,  ZtscUr. 
i\  d.  A.  W.  1840,  S.  370. 

3.  Cic.  p.  Arch.  9,  22:  carus  fuit  Africano  superiori  noster  £nnias; 
itaque  etiam  in  sepulcro  Scipionmn  putatur  is  esse  constitutns  ex  marmore. 
Liv.  XXXVIII,  56:  Romae  extra  portam  Capenam  in  Seipionum  moniunento 
tres  statuae  sunt,  quarum  duae  P.  et  L.  Seipionum  dicuntur  esse,  tertia 
poetae  Q.  Ennii.  Vgl.  Welcker,  Trag.  S.  1360.  —  Vertrauliches  Verhält- 
niss  zu  Scipio  Nasica,  Cic.  de  or.  II,  68,  276. 

4.  Cic.  p.  Arch.  11,  27:  ille  qui  cum  Aetolis  Ennio  comite  bellavit 
Fulvius.  Tusc.  I,  2,  3:  oratio  Catonis,  in  qua  obiecit  ut  probrum  M.  No- 
l)iliori  quod  is  in  provinciam  poetas  duxisset.  duxerat  autem  consul  ille 
in  Aetoliam,  ut  scimus,  Enuium.  Aur.  Vict.  ill.  52,  3:  quam  victoriam 
(des  Fulvius  über  die  Aetolier),  per  se  magnificam,  Q.  Ennius,  amicus  eiua, 
insigni  laude  celebravit. 

5.  Cic.  p.  Arch.  10,  22:  ergo  illum,  .  .  Rudinum  hominem,  maiores 
nostri  in  civitatem  receperunt.  Brut.  20,  79:  Q.  Nobiliorem  M.  f.  . .,  qui 
etiam  Q.  Ennium,  qui  cum  patre  eius  in  Aetolia  militaverat  (ungenau), 
civitate  donavit,  cum  triumvir  coloniam  deduxisset.  Liv.  XXXIX,  44:  eo- 
dem  anno  (570  d.  St.)  coloniae  duae,  Potentia  in  Picenum,  Pisaurum  in 
gallicum  agrum,  xleductae  sunt.  .  .  diviserunt  agrmn  coloniasque  deduxe- 
runt  üdem  triumviri,  Q.  Fabius  Labeo  et  M.  et  Q,  Fulvii,  Flaccus  et  No- 
bilior.  Vgl.  Fr.  Ritter  a.  a.  0.  S.  383—385.  In  Folge  dessen  Ennius' Aus 
ruf:  nos  sumus  Romani  qui  fiivimus  ante  Rudini,  Cic.  de  or.  III,  42,  168., 

6.  Cic.  Cato  mai.  5,  14:  aimos  septuaginta  natus  —  tot  enim  vixit 
Ennius  —  ita  ferebat  duo  quae  maxima  putantur  onera,  paupertatem  et 
senectutem,  ut  eis  paene  delectari  videretur.  Brut.  20,  78:  hoc  (C.  Sulpi- 
cius  Gallus)  praetore  ludos  Apollini  faciente,  cum  Thyesten  fabulam  do- 
cuisset,  Q.  Marcio  Cn.  Servilio  coss.  (585  =  169),  mortem  obiit  Ennius. 
Hieron.  zu  Euseb.  Chr.  ad  Ol.  153,  1:  Ennius  poeta  septuagenario  maior 
articulari  morbo  perit  (vgl.  Ennius  bei  Priscian.  VIII.  p.  829  P.:  numquam 
poetor  nisi  si  podager;  auch  vgl.  Hör.  Ep.  I,  19,  7  f.:  Ennius  ipse  pater 
munquam  nisi  potus  ad  arma  prosiluit  dicenda;  Seren.  Samon.  c.  37,  v.  7 13 f.: 
Ennius  ipse  pater,  dum  pocula  siccat  iniqua,  hoc  vitio  tales  fertur  meruisse 
dolores),  sepultusque  in  Scipionis  monuraento  (s.  A.  3),  via  Appia  intra 
primum  ab  urbe  miliarium.  Quidam  ossa  eius  Rudiam  ex  laniculo  trans- 
lata  adfirmant  (vielleicht  weil  ihm  dort  irgend  ein  Denkmal  errichtet  war). 
Grabschrift  bei  Cic.  Tusc.  I,  15,  34:  aspicite,  o  cives,  senis  Enni  imaginis 
formam.  hie  vestrum  panxit  maxima  facta  patrum  u.  s.  w.  vgl.  ib.  117. 
Cato  mai.  73. 

90.  Den  meisten  Ruhm  gewann  Ennius  als  Epiker,  durch 
seine  Annales,  welche  die  traditionelle  römische  Geschichte, 
von  Aeneas'  Ankxmft  in  Italien  bis  auf  des  Dichters  eigene  Zeit, 


Dichter:  Ennius  (Leben  und  Annales).  125 

in  chronologischer  Ordnung  darstellten.  Das  Werk  sollte  ein 
Seitenstück  zu  den  homerischen  Epen  werden,  und  galt  den  Rö- 
mern auch  dafür;  der  künstlerische  Werth  desselben  kann  aber 
nur  sehr  untergeordnet  gewesen  sein.  Wichtig  wurde  es  auch 
dadurch  dass  darin,  neben  vielem  Anderen  was  die  homerische 
Weise  nachahmte,  auch  der  epische  Vers  der  Hellenen  erstmals 
in  die  römische  Literatur  eingeführt  wurde. 

1.  Ueberreste  (über  600  Verse  und  Verstheüe)  am  besten  bei  J.  Vah- 
len,  Ennianae  poes.  reliquiae  (Lips.  1854),  p.  3—88.  vgl.  ib.  p.  XVIII— LXXX. 
Würdigung  bei  Mommsen  R.  G.  P.  S.  899—901. 

2.  Diomed.  III.  p.  480  P.  =  484,  3  fif.  K.  (nach  Reiöerscheids  Emen- 
dation  in  Jahn's  Jahrb.  79,  S.  157  f.) :  epos  latinum  primus  digne  scripsit 
Ennius,  qui  res  Romanorum  decem  et  oeto  complexus  est  libris,  qui  vel  an- 
nales  (in)scribuntur,  quod  singulorum  fere  annorum  actus  contineant,  sicut 
publici  annales  quos  pontifices  scribaeque  conficiunt,  vel  ßomais  (nach 
Reifferscheid  in  der  augusteischen  Zeit  aufgebrachter  Titel),  quod  Roma- 
Dorum  res  gestas  declarant. 

3.  Erstes  Buch  (fragmenta  emend.,  dispos.,  illustr.  H.  Ilberg^  Bonn  1852. 
Vahlen  p.  XX— XXXIX):  Einleitung,  Vorgeschichte,  Grimdung  bis  zu  Ro- 
mulus'  Verg()tterung.  Zweites  Buch  (Vahlen  p.  XXXIX  f.) :  Numa  bis  Ancus 
Martins.  Drittes  (Vahlen  p.  XL— XLIII):  die  drei  letzten  Könige.  Viertes 
(ib.  p.  XLIII — XLV):  Anfang  der  Repubhk  bis  zur  gallischen  Eroberung. 
Fünftes  (ib.  p.  XLV— XLVH):  Samniterkriege?  Sechstes  (p,  XLVII-LV): 
Pyrrhus.  Siebentes  (librorum  VII  — IX,  s.  de  bellicis  punicis,  fragmenta 
emend.,  disp.,  illustr.  Th.  Hug,  Bonn  1852.  Vahlen  p.  L V— LXI) :  erster  puni- 
scher  Krieg,  in  Kiuxe,  weü  der  Stoff  schon  von  Naevius  behandelt  war,  über 
welchen  in  gespreizter  Geringschätzung  geurteilt  wurde;  s.  Cic.  Brut.  19, 
75.  Achtes  und  neuntes  (Vahlen  p.  LXI — LXVIII):  Kannibalischer  Krieg. 
Zehntes  und  elftes  (ib.  p.  LXVIII— LXXI):  makedonischer  Krieg.  Zwölftes 
(ib.  p.  LXXI  f.):  ?  Dreizehntes  und  vierzehntes  (p.  LXXH— LXXIV):  Krieg 
mit  Antiochus.  Fünfzehntes  (p.  LXXIV  f.) :  Fulvius  Nobilior  in  Aetolien. 
Tod  des  altem  Africanus  (J.  667).  Damit  Abschluss  ums  J.  570.  —  Plin. 
N.  H.  VII,  29,  101  (von  der  fortitudo  welche  Gegenstand  der  poetica  fabu- 
lositas  geworden):  Q.  Ennius  T.  (Liv.  XXXIX,  56.  XL,  1:  L.)  CaeciHum 
Dentrem  fratremque  (M.,  s.  Liv.  XLII,  6)  eins  praecipue  miratus  propter 
eo8  sextum  decumum  adiecit  aunalem.  Das  Buch  hatte  daher  ein  neues 
Proömium,  und  erhielt  weitere  Fortsetzmigeu  durch  B.  XVII  u.  XVIII 
(Vahlen  p.  LXXV— JjXXX),  w^orin  die  Ereignisse  von  571  bis  580  behan- 
delt und  schhesslich  von  der  eigenen  Person  des  Dichters  gesprochen  wurde; 
8.  Gell.  XVII,  21,  43:  consules  Q.  Valerius  et  C.  Mauilius,  quibus  natum 
esse  Q.  Euuium  poetam  M.  Varro  in  primo  de  poetis  hbro  scripsit  eum- 
que  cum  septimum  et  sexagesimum  annum  haberet  (also  J.  582)  duodevi- 
gesimum  (so  Merula,  F.  Ritter,  Vahlen,  XI IX  süitt  XII)  annalem  scri- 
psisse,  idque  ipsum  Ennium  in  eodem  libro  dicere. 

4.  Q.  Vargunteius  annales  Ennii,  quos  certis  diebus  in  magna  fre- 
qnentia  pronuntiabat ,  Suet.  gi*amm.  2.  Vgl.  ib.  8:  M.  Porapilius  Androni- 
eus  .  .  adeo  inops  atqne  egens  ut  coactus  sit  praecij^uum  illud  opusculum 


126  Sechstes  Jahrhundert  d.  St. 

Buum ,  Annalium  Ennii  elenchorum  XVI  milibus  nummum  cuidain  vendere. 
Cic.  opt.  gen.  or.  1,  2:  licet  dicere  Eunium  Bummom  epicum  poetam,  ßi 
cui  ita  videtur.  Martial.  V,  10,  7f. :  Ennius  est  lectus  salvo  tibi,  Roma, 
Marone  et  sua  riserimt  saecula  Maeoniden.  Vitruv.  IX.  praef.  16:  qui  lit- 
terarum  iucunditatibus  instinctas  habent  mentes  non  possunt  non  in  suis 
pectoribus  dedicatum  habere  sicut  deorrnn  sie  Ennii  poetae  simulacram. 
Quintil.  X,  1,  88:  Ennium  sicut  sacros  vetustate  lucos  adoremus,  in  quibus 
grandia  et  antiqua  robora  iam  non  tantam  habent  speciem  quantam  reli- 
gionem.  Vgl.  II,  17,  24:  dicet  notum  illud  (des  Ennius):  Dum  clavom  rectum 
teneam;  vgl.  IX,  4,  115.  Vulcat.  Gall.  Avid.  Cass.  5,  7:  scis  versum  a  bono 
poeta  dictum  et  omnibus  frequentatum :  Moribus  antiquis  etc.  Gell.  XVllI, 
5,  2:  (Antonio)  luliano  nuntiatur  anagnosten  quendam,  non  indoctum  ho- 
minem,  voce  admodum  scita  et  canora  Enni  Annales  legere  ad  populum 
in  theatro.  ib.  3:  Ennianistam  .  .  se  ille  appellari  volebat.  4:  quem  cum 
iam  inter  ingentes  clamores  legentem  invenissemus  etc.  7 :  cumque  aliquot 
eorum  qui  aderant  „quadrupes  equus"  apud  suum  quisque  grammaticum 
legisse  se  dicerent  etc.  Spart.  Hadr.  16,  6:  Ciceroni  Catonem,  Vergilio  En- 
nium, Sallustio  Coelium  praetulit.  Macrob.  Sat.  VI,  9,  9:  quia  saeculum 
nostrum  ab  Ennio  et  omni  bibliotheca  vetere  descivit,  multa  ignoramus 
quae  non  l^terent  si  veterum  lectio  nobis  esset  familiaris. 

91.  Nächstdem  ist  die  Tragödie  Ennius'  wichtigstes  Ar- 
beitsfeld. Dabei  scheint  er  mit  Vorliebe  Stücke  des  Euripides 
ins  Lateinische  übertragen  zu  haben,  da  ihn  dessen  Aufklä- 
rung und  rhetorisierende  Manier  angezogen  haben  mag.  Auch 
eine  praetexta,  betitelt  Ambracia,  verfasste  er,  sowie  Komödien, 
ohne  jedoch  auf  letzterem  Gebiete  zu  Bedeutimg  zu  gelangen. 

1.  Erhalten  -sind  Bruchstücke  von  Achilles  und  (?  vgl.  Welcker,  Trag. 
S.  1374.  Klussmann  in  Jahns  Jahrb.  Suppl.  XI.  S.  325 — 328)  Achilles  Ari- 
starchi,  Aiax,  Alcumaeo,  Alexander,  Andromacha  Aechmalotis,  Andro- 
meda,  Athamas  (?  Welcker  a.  a.  0.),  Cresphontes,  Erechtheus,  Eumenides, 
Hectoris  lustra,  Hecuba  (F.  Osann,  Analecta  crit.,  Berlin  1816,  p.  126— 
140),  Iphigenia,  Medea  exsul  (vgl.  H.  Planck,  Q.  Ennii  Medea,  comraen- 
tario  perp.  illustrata  etc.  Götti.  1807.  4.  F.  Osanu,  1.  1.,  p.  79—125),  Me- 
dea Atheniensis,  Melanippa,  Nemea,  Phoenix,  Telamo,  Telephus,  Thye- 
stes.  Die  Ueberreste  bei  Ribbeck,  Trag.  lat.  p.  13—62  (vgl.  p.  248—278), 
und  Vahlen,  Enn.  p.  91—150.  Welcker,  griech.  Trag.  S.  1373—1380.  Von 
diesen  sind  sicher  nach  Euripides:  Andromeda,  Hecuba,  Iphigenia,  Medea 
exsul,  Molanippa,  Telephus,  sowie  Alexander,  Andromacha;  wahrschein- 
lich aber  auch  Alcumaeo,  Cresphontes,  Erechtheus,  Medea  Ath.,  Phoenix. 
Nach  Aeschylos  nur  Eumenides,  nach  Sophokles  wahrscheinlich  Aiax,  nach 
Aristarchos  der  eine  Achilles.  Die  Vergleichung  mit  den  betreffenden  Ori- 
ginalen zeigt  dass  die  Stücke  des  Ennius  freie  Uebersetzungen  waren,  bei 
der  Iph.  mit  Vervollständigung  der  Handlung  aus  Sophokles.  Vgl.  Cic.  fin. 
I,  2,  4:  cum  .  . .  fabellas  latinas  ad  verbum  e  graecis  expressas  non  inviti 
legaiit.  quis  enim  tarn  iniraicus  päene  nomini  romano  est  qui  Ennii  Me- 
deam  aut  Antiopam  Pacuvii  spemat  aut  reiciat  quod  se  isdem  Euripidis 
fabulis  delectari  dicat?    de  opt.  gen.  G,  18:   eidem  .  .  Andromacham  aut 


Dichter:  Enniüs  (Dramen  und  Anderes).  127 

Antiopam  aut  Epigonos  latinas  recipiunt;  quod  igitur  est  eorum  in  oratio- 
nibus  e  graeco  conversis  fastidium,  nullum  cum  sit  in  versibus?  Gell.  XI, 
4:  Eoripidis  versus  sunt  in  Heeuba  .  .  .  Hos  versus  Q.  Ennius,  cum  eam 
tragoediam  verteret,  non  sane  incommode  aemulatas  est.  Dass  Ennius 
dieser  Thätigkeit  bis  an  sein  Ende  treu  blieb  zeigt  Cic.  Brut.  *20,  78. 

2.  Ambracia  war  höchst  wahrscheinlich  eine  praetexta  und  behandelte 
seines  Gönners  M.  Fulvius  Nobilior  Eroberung  der  gleichnamigen  Stadt, 
J.  565-  Ribbeck,  com.  lat.  p.  IX  f.  vgl.  Vahlen,  Enn.  p.  153.  Eine  zweite 
praetexta  des  Ennius,  Sabinae  (der  Raub  der  Sabinerinnen),  vermutet  Vah  - 
len  (Rhein.  Mus.  XVI.  S.  580,  vgl.  Enn.  p.  LXXXVIII)  wegen  Jul.  Victor, 
p.  402,  30  Halm:  ut  (in)  Sabinis  Ennius  dixit. 

3.  Der  leichte  Ton  der  Komödie  scheint  dem  Ennius  wenig  geglückt  zu 
sein.  Von  zwei  Komödien,  Cupuncula  und  Pancratiastes,  haben  wir  schwache 
Spuren;  s.  Ribbeck  com.  p.  4.  Vahlen,  Enn.  p.  LXXXl  imd  p.  153  f.  Vol- 
catius  Sedigitus  führte  ihn  unter  den  komischen  Dichtern  nur  antiquitatis 
causa  mit  auf. 

92.  Femer  gab  Ennius  Saturae  heraus,  in  dem  Sinne  einer 
Sammlung  vermischter  Gedichte  in  verschiedenen  Massen.  Ein 
Bestandtheil  derselben  war  wohl  der  Scipio,  sowie  vielleicht  der 
Sota^  Protrepticus,  die  Heduphagetica,  der  Epicharmus,  Eueme- 
rus  und  Epigramme. 

1.  lieber  die  saturae  des  Ennius  s.  Vahlen  Ennius  p.  LXXXI— XC.  Die 
JEleste  ib.  p.  154  ff.  Vier  Bücher  nach  Porphyr,  zu- Hör.  Sat.  I,  10,  47; 
aus  einem  sechsten  citiert  Donat.  zu  Ter.  Phorm.  II,  2,  25.  Versraasse: 
Trochäen,  lamben,  Sotadeen,  daktyl.  Hexameter;  dass  Ennius  auch  Satur- 
nier  gedichtet  habe  ist  an  sich  nicht  wahrscheinlich  und  aucb  nicht  er- 
wiesen. Inhalt  lehrhaft,  auch  Fabeln.  —  C.  Petermann,  über  die  Satire 
des  Ennius,  Hirschberg  1851  f.  4.     Vgl.  oben  24,  1. 

2.  Der  Scipio  bildete  wahrscheinlich  das  dritte  Buch  der  saturae  (Vah- 
len p.  LXXXVI).  Vgl.  über  ihn  F.  Ritter,  Ztschr.  f.  d.  Alt.  W.  1840,  S. 
388 — 395.  Abfassung  vor  den  Annales,  etwa  554,  nach  Scipio's  siegreicher 
Heimkehr  aus  Afrika  (J.  553) ;  zu  späterer  Datierung  (Vahlen  p.  LXXXVII) 
liegt  kein  wirklicher  Grund  vor.  Auch  hier  verschiedene  Masse.  Die  Sprache 
ißt  ernst  und  gehoben,  dem  Gegenstande  entsprechend.  Die  Ueberreste 
{theilweis  unsichere,  besonders  H)  bei  Vahlen  Enn.  p.  155—157. 

3.  Sota  =  Sotades  (Zatddrjg),  nach  welchem  das  sotadische  Mass 
benannt  ist.  In  Sota  Ennii,  Varro  L.  L.  V,  62;  in  Asota,  Fest.  p.  316  M. 
Vahlen  Enn.  p.  164  f.  XC  f. 

4.  Praecepta  s.  Protrepticus,  Doppeltitel,  in  beiden  Sprachen,  Vahlen 
p.  165  u.  XCI. 

5.  Heduphagetica ,  gastronomischen  Inhalts,  nach  dem  Alexandriner 
Archestratos,    Vahlen  p.  166  u.  XCI  f.    Rhein.  Mus.  XVI.  S.  581  Anm. 

6.  Epicharmus,  eine  Art  naturphilosophischen  Lehrgedichtes,  wohl  be- 
titelt nach  demjenigen  welchem  die  in  dem  Buche  ausgesprochene  (pytha- 
goreische) Weisheit  in  den  Mund  gelegt  war.  In  trochäischen  Tetrametern. 
Vahlen  p.  167  f.  und  XCIH  f. 


128  Sechstes  Jahrhundert  d.^  St. 

^  7.  Euemeras,  sive  Sacra  historia,  lateinische  Bearbeitung  der  isqu 
oivayQaq)iq  des  EvijiiSQog  (um  450  d.  St.),  mit  Uebertragung  dieses  tollen 
blasphemischen  Systems  der  Mythendeutung  auch  auf  die  italischen  Göt- 
ter. Cic.  N.  D.  I,  41,  119:  Euhemerus,  .  .  quem  noater  et  interpretatus 
et  secutus  est  praeter  cefceros  Ennius.  Augustin.  Civ.  D.  VII,  26  (27):  to- 
tam  de  hoc  Euhemerus  paudit  historiam,  quam  Ennius  in  latinum  vertit 
eloquium.  Aus  den  Anführungen  des  Lactantius  (nach  einer  Umarbeitung 
in  Prosa)  hört  sich  vielfach  der  ursprüngliche  trochäische  Rhythmus  her- 
aus. —  Krahner,  Grundlinien  zur  Gesch.  d.  Verfalls  etc.  S.  37  ff.  Gerlach, 
histor.  Studien  S.  154  ff.  Mommsen  R.  G.  I«.  S.  843.  Vahlen  p.  XCIII  f. 
u.  p.  1G9  flf.  B.  ten  Brink,  Varronis  locus  de  urbe  Roma.  Accedunt  Q. 
Eunü  apologus  Aesopicus  et  reliquiae  Euemeri  versibus  quadratis,  Ut- 
recht 1855. 

8.  Die  wenigen  Epigramme  (im  elegischen  Mass),  z.B.  die  Grabschrift 
des  Ennius,  bei  Vahlen  Enn.  p.  162  f.  vgl.  p.  XC. 

93.  Ennius  ist  ein  entschiedenes  künstlerisches  Talent, 
iiwar  scheint  er  rasch  gearbeitet  zu  haben,  und  seine  Gedichte 
verletzen  oft  die  Gesetze  der  Schönheit  und  des  guten  Ge- 
schmackes; aber  auf  der  neuen  Bahn  die  er  einschlug  hatte  er 
auch  besonders  grosse  Schwierigkeiten  zu  überwinden  und  war 
durch  das  Kümmerliche  seiner  äusseren  Lage  in  der  gleichmäs- 
sigen  Ausbildung  seiner  reichen  Gaben  gehindert.  Dieses  Miss- 
verhältniss  zwischen  äusserlicher  Stellung  und  innerer  Leistungs- 
fähigkeit steigerte  zugleich  sein  Selbstgefühl.  In  seiner  Zeit 
ein  Missionär  der  Aufklärung,  hat  er  der  römischen  Poesie  und 
Sprache  die  Wege  gezeigt  und  eröfl&iet  auf  denen  sie  Jahrhun- 
derte lang  fortwandelte. 

1.  Die  augusteischen  und  kaiserlichen  Dichter  heben  einseitig  und  un- 
dankbar an  Ennius  hauptsächlich  seine  relative  Formlosigkeit  hervor:  Horaz 
Ep.  11,  1,  60—62.  3,  259—262.  Prop.  IV,  1,  61.  Ovid.  Am.  I,  15,  19. 
Val.  Max.  VIII,  U,  1.  Sen.  Ep.  68,  5  v^l.  Dial.  V,  37,  6.  Fragm.  110— 
114.  Martial.  XI,  90.  Macrob.  I,  4,  17.  Gerechtere  Würdigung  bei  Ovid. 
Trist.  II,  423 f.:  suo  Marterl  cecinit  gravis  Ennius  ore,  Ennius  ingenio  maximus, 
arte  rudis.  Vgl.  QuinUl.  I.  0.  I,  8,  8.  X,  1,  40.  Auch  Sen.  fr.  114  H.r 
quidam  sunt  tam  magni  sensus  Q.  Ennii  ut,  licet  scripti  sint  inter  hircosos, 
possint  tamen  inter  unguentatos  placcre.  Macrob.  Sat.  VI,  3,  9:  nemo  ex 
hoc  viles  putet  veteres  poetas  quod  versus  eorum  scabri  nobis  videntur. 
ille  enim  stilus  Enniani  saecuH  auribus  solus  placebat  etc.  Quintil.  X,  1, 
88.  Fronto  p.  171  Rom.  =  114,  2  Naber:  multiformis.  Cicero,  etwas  übertrei- 
bend, de  or.  I,  45,  198  u.  de  prov.  cons.  9,  21:  summus  poeta.  Tusc.  III, 
19,  45  f.:  egregius  poeta  . .  praeclarum  carraen.  Doch  Orat.  11,  36:  multa 
apud  Emiium  neglegentius.  pro  Mur.  14,  30:  ingeniosus  poeta  et  auctor 
valde  bonus.  Aff'ectierte  Bewunderung  spricht  auch  Vitruvius  aus;  s.  oben 
90,  4.  —  Vgl.  Lucr.  I,  118  ff.    Mommsen  R.  G.  I«.    S.  892—896. 

2.  Sprach-  und  Vers-Künsteleien,  bzhgsw.  Geschmacksfehler,  z.  B.  Ann. 


Dichter:  Ennius.  Pacuvius.  129 

113.  586.  452.    Trag.  837.  448.  Sat.  34  f.    Vgl.  L.  Mflller  in  Jahns  Jahrhb. 
95,  S.  504  f.    Acrostichon  Q.  Ennius  fecit,  Cic.  de  divin.  II,  54,  111. 

3.  Selbstgefühl.  Vgl.  Grabschrift,  die  Polemik  gegen  Naevius,  Cic. 
Brat  19,  76.  Ann.  3  f.  15.  Sat.  6  f.    Doch  s.  auch  Ann.  551. 

4.  Aufklärung  (ausser  Euhemerus)  bes.  Trag.  353— 359  V.:  ego  deum 
genus  ^e  semper  dixi  et  dicam  ca^tum,  S^d  eos  non  curare  opinor  quid 
agat  humanuni  genus;  Nä,m  si  curent,  bäne  bonis  sit,  male  malis,  quod 
nunc  abest.  .  .  S^d  superstitiösi  vates  inpudentesque  arioli  Aüt  inertes  aüt 
inaani  aut  qm'bus  egestas  fmperat,  Qui  sibi  semit&m  non  sapiunt,  älteri 
monstrant  viam;  Quibua  divitias  pöllicentur,  ab  eis  drachmnam  ipsipetunt. 

5.  Verdienste  um  die  Sprache  s.  oben  81,  S.  105  f.  Ungermaun,  Q. 
Ennius  poeta  versu  hexametro  in  litteras  latinas  inducfo  quatenus  meritus 
sit,  Coblenz  1866.  4.  —  Festus  p.  293  M. :  nulla  geminabatur  littera  in  scri- 
bendo.  quam  consuetudiuem  Ennius  mutavisse  fertur,  utpote  Graecus  graeco 
more  usus,  quod  iUi  aeque  scribentes  ac  legeutes  duplicabant  mutas,  semi- 
[vocales  et  liquidas].  Isidor.  Et.  I,  22:  vulgares  notas  Ennius  primus  mille 
et  centum  invenit. 

§.  Aeltere  (antiquierte)  Sammlungen  der  Ueberreste  von  H.  Columna 
(Neapel  1590.  4.)  =  Fr.  Hessel  (Amsterd.  1707.  4.);  der  Annalen  von  P. 
Merula  (Leiden  1595.  4.)  und  E.  S(pangenberg),  Lips.  1825.  M.  Hoch,  de 
Ennianorum  Ann.  fragm.  a  P.  Merula  auctis,  Bonn  1839.  Jos.  Lawicki,  de 
fraude  Pauli  Merulae,  Ennianorum  annaHum  editoris,  Bonn  1852.  Th.  Bergk, 
Qaaestioues  Ennianae,  Marburg  1844.  XVII  pp.  4.;  Specimen  novum,  Halle 
1860.  11  pp.  4.;  Kritische  Studien  zu  Enu.,  in  Jahn's  (Fleckeisens)  Jahrb. 
83,   S.  316—334.  495—509.   617—638;   de  Enuianis  reliquiis,  Halle  1863.  4. 

7.  Ennianae  poesis  reliquiae.  Bec.  lo.  Vahlen.  Lips.  1854.  XCIV  u. 
238  pp.  8.  Vgl.  Schneidewin,  Götti.  gel.  Anz.  1855,  S.  655—671.  0.  Bib- 
beck,  Bhein.  Mus.  X.  S.  265—292.  Vahlen,  Bh.  M.  XIV.  S.  552—569.  XVI. 
S.  571—585. 

94.  M.  Pacuvius,  der  Schwestersohn  des  Ennius,  war 
geboren  um  534  d.  St.  in  Bruudisium,  und  betrieb,  von  seinem 
Oheim  nach  Rom  gezogen,  dort  neben  dem  Gewerbe  eines  Ma- 
lers auch  das  Abfassen  von  Bühnenstücken,  insbesondere  von 
Tragödien.  Nachdem  er  noch  J.  614  dort  ein  Stück  aufgeführt 
hatte  kehrte  er  nach  Unteritalien  zurück  und  starb  zu  Tarent 
ums  J.  622.  Wir  kennen  von  ihm  nur  12  Tragödien  imd  eine 
praetexta  (Paulus).  Jene  zeigen  Vorliebe  für  Sophokles  neben 
Herabstimmen  des  Tones  zum  Schauspiel,  die  Ueberbleibsel  alle 
nach  Stimmung,  Sprache  und  Versbau  einen  gut  bürgerlichen 
Charakter. 

1.  Cic.  Brut.  64,  229:  Attius  isdem  aedilibus  ait  se  et  Pacuvium  do- 
cuisse  fabulam,  cum  iUe  octoginta,  ipse  triginta  aunos  natus  esset.  Attius 
aber  war  584  geboren.  Hieron.  zu  Euseb.  Chr.  Ol.  156,  3  =  602  d.  St.  == 
152  V.  Chr.:  Pacuvius  Brundisinus  tragoediarum  scriptor  clarus  habetur, 
Ennü  poetae  ex  filia  (vielmehr  seiner  Schwester,  s.  Plinius)  nepos,  vixitque 

Teuffei,  Rom.  Lileratnrg^eschichle.  \) 


130  Sechstes  Jahrhundert  d.  St. 

Romae  quoad  pictaram  ezercuit  ac  fabulas  venditavit.  Deinde  Tarentam 
transgreßsus  prope  nonagenarius  diem  obiit.  Plin.  N.  H.  XXXV,  7:  pro- 
zime  celebrata  est  in  foro  boario,  aede  Hercalis,  PacuTÜ  poetae  pictura. 
Ennii  sorore  genitus  hie  fuit,  clarioremqiie  eam  artem  Romae  feeit  gloria 
scenae.  Gell.  XIII,  2,  2:  cum  Pacuvius  graudi  iam  aetate  et  morbo  cor- 
poris diutino  adfectus  Tarentum  ex  urbe  Roma  concessisset  u.  s.  w.  und 

I,  24,  4:  epigramma  Pacuvii  verecundissimum  et  purissimum  dignumque 
eius  elegantissima  gravitate :  . . .  Hie  sunt  poetae  Päcuvi  Marci  sita  Ossa  etc. 

2.  Tragödien:  Antiopa,  Armorum  iudicium,  Atalanta,  Chryses,  Dulo- 
restes,  Hermiona,  Iliona,  Medns,  Niptra,  Pentheus,  Periboea,  Teucer.  Saxnm 
lung  der  Ueberreste  bei  Ribbeck,  Trag.  p.  62—114  vgl.  p.  278—298  nebst 
Welcker,  Trag.  S.  1380—1384.    W.  Teuffei,  Tübinger  Progr.  1858,  S.  7^ 

II.  Der  Paulus  (Ribbeck  p.  236  vgl.  p.  349)  hatte  wohl  den  Aemilius  Pau- 
lus Macedonicus  zum  Gegenstaude;  0.  Jahn,  Berichte  d.  sächs.  G.  d.  W. 
1856,  S.  301. 

3.  Unsicher  ist  die  Angabe  von  Diomedes  III.  p.  483  P.  =  486,  33  K.  : 
satira  .  .  Carmen  .  .  quäle  scripserunt  Pacuvius  et  Ennius. 

4.  Gell.  VI  (VII),  14,  6:  exempla  in  latina  ling^a  M.  Varro  esse  dicit 
ubertatis  Pacuvium,  gracihtatis  Lucilium,  mediocritatis  Terentium.  Da- 
gegen Fronto  p.  114,  1  (Naber)  nennt  ihn  mediocris.  Cic.  Brut.  74,  258:  illo- 
rum  (des  Laelius  und  Jüngern  Africanus)  aequales  Caecilium  et  Pacuvium 
male  locutos  videmus;  vgl.  ad  Att.  VII,  3,  10.  Orat.  46,  155.  Ludl.  bei 
Non,  p.  30,  27:  tristis  contorto  aliquo  ex  Pacnviano  exordio.  Hör.  Ep.  II, 
1,  55  f.  Quintil.  X,  1,  97.  Pen».  Sat.  I,  77  f.  MartiaL  XI,  91.  Tac.  dial. 
20.    Würdigung  dieser  Urteile:  W.  Teuffei  im  Tüb.  Progr.  1858,  S.  11—14. 

5.  H.  Stieglitz,  de  Pacuvii  Duloreste,  Lips.  1826.  130  pp.  8.  Th.  La- 
dewig, Art.  Pacuvius  in  Pauly's  Real  Enc.  V.  S.  1042—1044.  J.  Wennemer, 
de  Pacuvio,  inprimis  de  eius  Antiopae,  Dulorestis  Ilionaeque  fragmentis, 
Münster  1853.  50  pp.  8.  Mommsen  R.  G.  IP.  S.  432  f.  W.  Teuffei,  Caec. 
Statius,  Pacuvius  u.  s.  w.  Tübingen  1858.  4.  S.  5—14. 

95.  Statius  Caecilius,  der  ungefähr  gleichaltrige  Zeit- 
genosse des  Pacuvius,  gehörte  durch  Geburt  dem  keltischen 
Stamme  der  Insubrer  an,  kam  nach  Rom  wahrscheinlich  als 
Kriegsgefangener  um  554 — 560,  und  schloss  sich  nach  seiner 
Freilassung  hauptsächlich  an  Ennius  an,  den  er  auch  nur  um 
wenig  überlebte,  ohne  aber  dessen  hohes  Alter  zu  erreichen. 
So  zeitlich  in  der  Mitte  stehend  zwischen  Plautus  und  Terenz, 
scheint  sich  Caecilius  in  den  Komödien  die  er  nach  neuattischen 
Originalen  verfasste  Anfangs  mehr  an  die  Art  des  Plautus  ge- 
halten zu  haben,  während  er  später,  in  Folge  der  hellenisie- 
renden  Richtung  der  Zeit,  immer  regelrechter  wurde,  aber  doch 
sich  mehr  Kraft  bewahrte  als  Terenz  entwickelt.  Die  Ueber- 
reste  zeigen  ganz  die  Weise  der  palliata,  aber  weniger  alter- 
thümliche  Formen  als  bei  Pacuvius. 


Dichter:  Pacuvius.    Statius  Caecilius.  131 

1.  Hieronym.  zu  Euseb.  Chr.  Ol.  150,  2  =  576  =  179  v.  Chr.:  Statius 
Caecilias  comoediarum  scriptor  clarus  habetur,  natioue  Inauber  Gallus  et 
Ennii  primum  contubemalis.  Quidam  Mediolanensem  ferunt.  Mortuus  est 
anno  post  mortem  Ennii  III  (die  Zahl  eingefügt  von  Bitschi,  Sueton.  ed. 
Reifferscheid,  p.  497,  um  den  Caec.  noch  die  Andria  des  Terenz  erleben 
zu  lassen)  et  iuxta  eum  in  laniculo  (so  Bitschi  1.  1.  statt  iuxta  laniculum) 
sepultus.  Vgl.  K.  F.  Hermann,  de  script.  ill.  p.  3  f.  Gell.  IV,  20,  13:  Cae- 
cilius ille  comoediarum  poe^  inclutus  ser?u8  fuit  et  propterea  nomen  ha- 
buit  Statius.  Sed  postea  versum  est  quasi  ih  coguomentum  appellatusque 
est  Caecilius  Statius.  Caecilius  kurzweg  z.  B.  bei  Cic.  de  or.  II,  10,  40. 
Brut.  74,  258.  de  opt.  gen.  1,  2.  ad  Att.  VII,  3,  10;  Statius  allein  niemals, 
auch  nicht  de  or.  11,  64,  257.  —  Starb  Caec.  J.  588  so  mag  er,  da  er  nie 
zu  den  longaevis  gerechnet  wird  (Ritschi,  Parerga  S.  183,  Anm.),  um  535 
geboren  gewesen  sein,  stand  also  554—560  im  kriegstüchtigen  Alter. 

2.  Anfängliche  Misserfolge  als  Dichter,  Prolog  II,  6  ff .  zu  Ter.  Hec. 
Später  Bestellung  zum  Beurteiler  aufzuführender  Stücke,  Suet.  vit.  Ter.  2. 
Ritschi,  Parerga  S.  329  Anm. 

3.  Von  den  39—40  Komödieutiteln  die  wir  kennen  (s.  Caecilii  Statu .  . 
deperd.  fabb.  fragmenta  ed.  L.  Spengel,  München  1829.  62  pp.  4.  und  Rib- 
beck com.  p.  29— 69)  stimmen  16  mit  menandrischeu  überein  (Andria,  An- 
drogynos,  Chalda,  Dardanus,  Ephesius,  Hymnis,  Hypobolimaeus  Rastraria, 
Imbrii,  Karine,  Nauclerus,  Plocium,  Polumeni,  Progamos,  Synaristosae,  Syn- 
ephebi,  Titthe),  zwei  (Chrysion  und  Epicleros?)  mit  solchen  des  Antipha- 
n^,  einer  (Epist-athmos?)  mit  Poseidippos,  und  einer  (Epistula?)  mit  Alexis. 
Die  Titel  selbst  zerfallen  in  drei  Classen  (Ritschi,  Parerga  S.  144f.):  1)  rein 
l&teioische,  wie  Plautus  sie  zu  wählen  pflegte;  2)  Doppeltitel,  lateinische 
und  griechische;  3)  rein  griechische,  in  der  Weise  des  Terenz  und  Tur- 
piüns.  Letztere  bilden  die  weitaus  überwiegende  Zahl.  Hienach  zu  schlies- 
sen,  hätt«  „Caecilius,  Anfangs  ganz  auf  plautinischer  Bahn  wandelnd,  sich 
allmählich  emancipiert  und  durch  immer  näheren  Anschluss  an  griechische 
Art  und  Weise  endlich  die  Stufe  herbeigeführt  auf  der  die  Römer  mit 
gänzlicher  Selbstentäusserung  sich  in  eine  fremde  Kunstgattung  hineinzu- 
Tersetzen  und  ein  unvermlscht  griechisches  Kunstwerk  mit  Empfänglichkeit 
aufeunehmen  im  Stande  waren"  (Ritschi  a.  a.  0.  S.  145  Anm.). 

4.  Varro  bei  Non.  v.  poscere :  in  argumentis  Caecilius  poscit  palmam ; 
bei  Charis.  IL  p.  216  P.  =  241,  28  f.  K.:  ndd-ri  Trabea,  Atilius,  Caecilius 
fädle  moverunt.  Vgl  Hör.  Ep.  II,  1,  59  und  Anderes  bei  W.  Teuffei,  im 
Progr.  von  1858,  S.  3,  A.  16—20.  Als  geborener  Insubrer  und  spät  nach 
Rom  gekommen  konnte  Caecilius  nicht  für  einen  guten  Gewährsmann  für 
das  was  fein  lateinisch  sei  gelten;  Cic.  ad  Att.  VII,  3,  10. 

5.  Im  Allgemeinen  s.  Mommsen  I^.  S.  883  und  W.  Teuffei,  Caecilius 
Statius  u.  s.  w.  Tübingen  1858.  4.  S.  1—5. 

96.  Ein  Palliatendichter  aus  der  Zeit  des  Caecilius  war 
auch  Trabea  und  vielleicht  der  ihm  ähnliche  Atilius^  sowie 
der  Urheber  der  Boeotia^  Aquilius,  und  Licinius  Imbrex. 
Ein  älterer  Zeitgenosse  und  Nebenbuhler  des  Terenz  war  Lus- 
cins  Lavinius. 

9* 


132  Sechstes  Jahrhundert  d.  St. 

1.  Yarro  bei  Charis.  IL  p.  216:  nad'ti  Trabea,  Atilius,  Caecilius  facile 
nioverunt  Vgl.  Eitschl,  Parerga  S.  194  f.,  welcher  (S.  196)  demgemäss  die 
Blütezeit  der  beiden  Ersteren  vor  die  des  (erst  erwachsen  nach  Born  ge- 
kommenen) Caecilius  setzt.  Der  Gentilname  des  Trabea  ist  unbekannt, 
der  Vorname  Q.  ohne  urkundliche  Gewähr.  Zwei  Ueberreste  (aus  Cicero's 
Tusc. )  von  lebhaftem  Tone  und  gebildeter  Sprache  bei  Ribbeck,  com.  p.  26. 

2.  Archaistischer  sind  die  spärlichen  üeberbleibsel  des  Atilius  (p.  27 
bei  Ribbeck),  der  als  Palliatendichter  durch  den  Titel  Misogynos  bezeich- 
net wird.  Da  Cicero  (ad  Att.  XIV ,  20 ,  3)  ihn  poeta  durissimus  nennt, 
ebenso  aber  Porcina  Licinus  bei  Cic.  fin.  I,  2,  5  den  Atilius  welcher  die 
Elektra  des  Sophokles  übersetzte  einen  ferreus  scriptor,  so  sind  wohl  Beide 
identisch.  Weniger  wahrscheinlich  ist  dass  er  derselbe  sei  mit  dem  Schau- 
spieler L.  Hatilius  aus  Präneste  welcher  (zu  Anfang  des  siebenten  Jahrh.  ? 
Dziatzko,  Rhein.  Mus.  XXI,  S.  72,  A.  13)  in  terenzischen  Stücken  aufbrät. 

3.  Die  Boeotia,  ihrem  Titel  nach  zur  palliata  gehörig,  für  deren  Ver- 
fasser schon  zu  (vor)  Varro's  Zeit  ein  Aquilius  galt,  schrieb  Varro  wegen 
ihres  plautinischen  Geistes  dennoch  dem  Plautus  zu  (Gell.  III,  3,  3  f.),  wo- 
gegen L.  Attiua  nachdrücklich  sich  erklärt  hatte  (ib.  9).  Die  Zeitanspie- 
lungen passen  zu  580—600  d.  St.  Ritschi,  Parerga  S.  82  iF.  123  ff.  208. 
Ribbeck,  com.  p.  27—29. 

4.  Licinius  Imbrex,  vetus  comoediarum  scriptor,  in  fabula  quae  Ne- 
aera  (in)8cripta  est.  Gell.  XIII,  23,  16.  Vgl.  Paul.  Diac.  p.  109  M.:  Im- 
brex nomen  cuiusdam  comici.  Zur  palliata  weist  ihn  der  Titel  Neaera. 
Ribbeck,  com.  p.  29.  * 

5.  Lnscius  Lavinius  (Lanuvinus),  der  (malevolus)  vetus  poeta  gegen 
welchen  in  allen  terenzischen  Prologen,  mit  Ausnahme  derer  zur  Hecyra, 
bitter  polemisiert  wird.  Er  übersetzte  mehrere  Stücke  von  Dichtern  der 
neuen  attischen  Komödie,  wie  das  ^dofia  des  Menander  (Ter.  Eun.  prol. 
9)  und  einen  OrioavQog  (ib.  10),  so  wortgetreu  dass  er  auch  Züge  die  einem 
römischen  Publicum  Anstoss  geben  mussten  mitherübemahm  und  dem  Te- 
renz  die  Abweichungen  von  seinem  griechischen  Original  und  die  ZutJiaten 
aus  andern  griechischen  Stücken  als  Fehler  tadelte.  Ter.  Eun.  prol.  10  ff. 
Vgl  Andr.  prol.  15  ff.  Haut.  16  ff.  Ad.  1  ff.  Grauert,  Analekten  S.  116  f. 
Ladewig,  über  den  Kanon  des  Volc.  Sed.  S.  12—17.    Ribbeck,  com.  p.  71  f. 

6.  üeber  Plautius  s.  oben  §.  84,  5. 

97.  P.  Terentius  (Afer)  war  zu  Karthago  geboren,  ge- 
langte aber  frühe  nach  Rom,  wo  er  Sklave  eines  (Senators) 
Terentius  (Lucanus)  war,  der  ihm  die  Erziehung  eines  Freien 
geben  Hess  und  bald  ihm  die  Freiheit  schenkte.  Vielleicht  als 
Africaner  kam  er  mit  dem  Jüngern  Africanus  in  ein  näheres 
Verhältniss,  wodurch  das  Gerede  hervorgerufen  wurde  dass  jener 
der  wahre  Verfasser  seiner  Stücke  sei.  Nachdem  er  sechs  Stücke 
zur  Aufführung  gebracht  begab  sich  Terenz  Studien  halber  nach 
Griechenland.  Auf  der  Rückreise  von  dort  starb  er  im  J.  595 
;=  159,  erst  26  Jahre  alt,  eine  Tochter  hinterlassend. 


Dichter:  Trabea,  Luscius.  Terentius.  133 

1.  Quelle  der  durch  Donatus  (vor  seinem  Commcntar  zu  Tereuz)  uns 
erhaltene  Auszug  aus  Suetons  Werk  de  poetis,  vorzugsweise  eine  Zusam- 
menstellung der  (manchfach  widerstreitenden)  Angaben  der  Grammatiker. 
Vgl.  N.  Fritsch,  Suetonii  vita  Ter.  emend.  et  illustr.  Bonn  1852.  K.  L.  Roth, 
Rhein.  Mus.  XII.  S.  174-188.  H.  Borgens,  Philologus  XI.  S.  787  f.;  besonders 
aber  Ritschl's  Bearbeitung  dieser  vita  Terentii  in  ReifFerscheids  Sueton. 
reliqq.  (Lips.  1860)  p.  26—35  und  p.  479—538.  Dazu  Th.  Bergk,  Philologus 
XVI.  S.  627—636. 

2.  Was  sich  sonst  noch  Derartiges  findet,  wie  in  Hieronymus'  Bear- 
beitung der  Chronik  des  Eusebios  (zu  Ol.  155,  3),  in  der  von  G.  v.  Murr 
(Nürnberg  1786  ff.)  aus  einer  Nürnberger,  von  A.  Mai  (Mediol.  1815)  aus 
einer  Mailänder  Hdschr.  herausgegebenen  (und  daher  vita  Ambrosiana  be- 
nannten) vita,  geht  auf  dieselbe  Quelle  zurück,  theilweise  mit  willkürlichen 
Ausmalungen.  '  Vgl.  Ritschi  1.  1.  p.  534  ff.  Selbständigen  Werth  hat  nur 
der'  ganz  kurze  Zusatz  des  Donatus  zu  jenem  Auszug. 

3.  Nach  Rom  kam  Terenz  wohl  durch  einen  Sklavenhändler,  der  ihn 
in  Afrika  kaufte  oder  raubte.  Als  Kriegsgefangener  jedenfalls  nicht  un- 
mittelbar, da  er  nach  dem  Ende  des  zweiten  punischen  Kriegs  (553)  ge- 
boren wurde  und  beim  Beginn  des  dritten  (605)  schon  todt  war;  s.  Feue- 
Stella  bei  Sueton.  Bergk  a.  a.  0.  S.  628:  „es  ist  gar  nicht  unwahrschein- 
lich dass  T.  bei  einem  Streifzuge  der  Numidier  in  das  karthagische  Gebiet 
in  Kriegsgefangenschaft  gerieth  und  so  entweder  auf  dem  Wege  des  Han- 
dels oder  als  Geschenk  des  Masinissa  oder  eines  seiner  politischen  Agen- 
ten in  das  Haus  eines  röm.  Senators  kam". 

4.  Den  Vornamen  Publius  kann  T.  entweder  von  seinem  Freilasser  ha- 
ben oder  von  einem  andern  Gönner,  etwa  dem  jungem  Africanus.  Vgl.  Cic. 
ad  Fam.  XUI,  36, 1.    Att.  IV,  15, 1.    Th.  Mommsen,  Rhein.  Mus.  IX.  S.  452. 

5.  Cum  multis  nobilibus  famihariter  vizit,  sed  maxime  cum  Scipione 
Africano  et  C.  Laelio.  Quibns  ctiam  corporis  gratia  conciliatus  existima- 
tur.  .  .  Non  obscura  fama  est  adiutum  Terentium  in  scriptis  a  Laelio  et 
Scipione,  eamque  ipse  auxit  niimquam  nisi  leviter  (vgl.  Prol.  zu  Haut,  und 
Ad.)  refutare  conatas.  (Suet.  1.  1.)  Letzteres  wohl  weil  das  Gerede  für 
keinen  der  beiden  Theile  beleidigend  war.  Erörterungen  darüber  bei 
Suet.  1.  1.  Vgl.  Cic.  ad  Att.  VII,  3,  10:  Terentium,  cuius  fabellae  jiropter 
elegantiam  sermouis  putabantur  a  C.  Laelio  scribi.  Quintil.  I.  O.  X,  1,  99: 
licet  Terentii  scripta  ad  Scipionem  Africaniun  referantur.  Vagellius  in 
Actione  bei  Donatus.  Vielleicht  dass  T.  seine  Arbeiten  vor  ihrer  Veröffent- 
lichung im  Kreise  seiner  Freunde  vorzulesen  pflegte  und  dabei  deren  Be- 
merkungen und  Mittheilungen  nach  Verdienst  berücksichtigte.  Für  uns 
hat  das  Gerede  jedenfalls  den  Werth  einer  Bürgschaft  für  den  rein  und 
specifisch  römischen  Charakter  von  T.^s  Sprache. 

6.  Post  editas  comoedias  nondum  quintum  atque  vicesimum  (die  Zahl 
XXXVI  beruht  nur  auf  der  depravata  scriptura  interpolatorum  Hbrorum, 
Ritschl  1.  1.  p.  515)  egressus  (Ritschi  ingressus)  annum,  causa  vitandae 
opinionis  qua  videbatur  aliena  pro  suis  edere  seu  (studio  fügt  Ritschl  ein) 
percapiendi  Graecorum  instituta  moresque,  quos  non  perinde  exprimeret 
in  scriptis,  egressus  (G.  Becker:  in  Graeciam  profectus)  est  nequo  amplius 


\m 


134  Sechstes  Jahrhundert  d.  St. 

rediit.  .  .  Q.  Cosconius  redeuntem  e  Graecia  perisse  in  mari  dicit  cum  (die 
dann  folgende  Zahl  CVIII  ist  nur  eine  Wiederholung  von  CVM,  Eitschi 
p.  519)  fabulis  conversis  a  Menandro ;  ceteri  mortuum  esse  in  Arcadia  (den 
Zusatz  Stymphali  streicht  Bitschi  p.  520)  sive  Leucadiae  tradunt  (Fleck- 
eisen,  krit.  Miscellen,  Dresden  1864,  S.  59—61:  perisse  in  mari  in  sinu 
Leucadiae  dicit),  Cn.  Comelio  Dolabella  M.  Fulvio  Nobiliore  coss.  (J.  595), 
morbo  implicatum  ex  dolore  ac  taedio  amissarum  sarcinanmi,  quas  nave 
praemiserat,  ac  simul  fabularum  quas  uovas  fecerat.  Suet.  1. 1.  Vgl.  Lucan. 
y,  651  f.:  oraeque  malignos  Ambraciae  portus,  wozu  Schol. :  malignos  dixit, 
sive  quia  saxosi  sunt  sive  quia  Terentius  illic  dicitur  periisse.  Auson.  epist. 
18,  16:  Arcadiae  medio  qui  iacet  in  gremio. 

7.  Da  Hecyra  und  Adelphi  J.  594  aufgeführt  sind  und  J.  595  Ter. 
starb,  so  kann  er  nicht  viel  länger  als  ein  Jahr  von  Rom  weg  gewesen 
sein.  War  er  bei  seinem  Tode  26  J.  alt,  so  war  er  569  geboren,  also  um 
dieselbe  Zeit  wie  der  jüngere  Africanus.  Fenestella's  Behauptung  (für 
apologetische  Zwecke),  T.  sei  älter  gewesen  als  Scipio  und  Laelius,  scheint 
allein  zu  stehen;  Ritschi  p.  513  f. 

8.  Fuisse  dicitur  mediocri  statura,  gracüi  corpore,  colore  fusco  (Suel 
1.  1.  vgl.  Ps.  Verg.  Moret.  32  f. :  Afra  genus ,  tota  patriam  testante  figura, 
torta  comam  labroque  tumens  et  fusca  colore).  Sein  Bild  auf  Contomiaten 
in  Gotha,  sowie  in  einer  vaticanischen  Hdschr.  seiner  Stücke  aus  9  saec; 
eine  Büste  des  T.  mit  einer  komischen  Maske  auf  dem  rechten  Arme  seit 
1839  im  capitoHnischen  Museum.  Visconti  Iconogr.  rom.  I.  p.  317  ff.  0. 
MüUer's  Archäologie  von  Welcker  421,  3. 

9.  Reliquit  filiam,  quae  post  equiti  rom.  nupsit,  item  hortulos  XX  iu- 
gerum  via  Appia  ad  Martis  (vgl.  Pauly's  Real-Enc.  I,  2.  S.  158  Anm.), 
Sueton. 

98.  Die  sechs  Komödien  welche  Terenz  verfasst  und  zu  Rom 
auf  die  Bühne  gebracht  hat  sind  alle  erhalten,  und  in  zahlrei- 
chen Hdss.,  welche  in  zwei  Classen  zerfallen,  den  Bembinus  und 
die  auf  die  Recension  des  Cälliopius  zurückgehenden.  Auch 
Commentatoren  fanden  seine  Stücke  in  der  Kaiserzeit;  wir  be- 
sitzen nur  noch  den  Commentar  des  Douatus  und  des  Eugra- 
phius.  Ausserdem  sind  zu  den  Stücken  Didaskalien  auf  uns 
gekommen,  aber  in  schwieriger  l^assung,  sowie  metrische  In- 
haltsangaben. 

1.  Scripsit  comoedias  sex,  ex  quibus  primam  Andriam  etc.  Suet.  1. 1. 
vgl.  Auson.  epist.  18,  15  von  der  Zahl  Sechs:  protuHt  in  scenam  quot  dra- 
mata  fabellarum  etc. 

2.  Ueber  die  Terenzhdss.  vgl.  Ritschi,  de  emendatione  fabularum 
Terentianarum ,  vor  dem  Breslauer  Katal.  für  1838  f.  Hiemach  ist  aus 
der  vor  die  Recension  des  Cälliopius  fallenden  Classe  die  weitaus  älteste 
und  überhaupt  die  wichtigste  Hds.  der  Bembinus,  und  ausserdem  gehören 
dazu  wahrscheinKch  der  Victorianus,  vielleicht  der  ^ecurtatus  (bei  Faer- 
nus).    Die  Unterschrift  des  Cälliopius  (Call,  recensui)  tragen  der  Basilicanus, 


Dichter:  Terentius  (DidaskaUen  u.  s.  w.).  135 

VaticanuB,  Ambrosianas ,  ungefähr  aus  9  saec.  Vgl.  0.  Jahn,  die  Sub- 
Bcriptionen  u.  s.  w.  Berichte  der  aJlchs.  G.  d.  W.  1851,  S.  362—364.  üeber  die 
zwei  ältesten  Pariser  Hdss.  s.  Äitschl,  Rhein.  Mus.  VITI.  S.  289  —  292.  — 
Geppert,  zur  Gesch.  der  terentianischen  Kritik,  Jahns  Jahrb.  Suppl.  XVIII. 
S.  28—87. 

3.  Commentatoren :  Probus,  Asper,  Aelius  Douatus,  Euanthius,  Hele- 
nius  Acro;  zweifelhaft  Aruntius  Celsus;  s.  Suringar,  bist.  crit.  schol.  lat.  I. 
p.  77  ff.  Ritschi,  Parerga  p.  361  ff.  Aelius  Donatus'  (Mitte  des  4.  christl. 
Jahrb.]  Commentar  zu  Terenz,  werthvoll  auch  durch  Vergleichung  der 
griech.  Originale,  erschien  erstmals  (ed.  princeps)  Rom.  1472,  und  dann 
in  den  meisten  altem  Ausg.,  auch  noch  bei  Zeune.  L.  Schopen,  de  Te- 
rentio  et  Donato  eins  interprete,  Bonn  1821,  und  Specimeu  emend.  in  Ael. 
Donati  comm.  Ter.,  Bonn  1826.  4.  A.  Richter,  de  Donati  comm.  Terent. 
Bonn  1854.  Dagegen  der  Commentar  des  Eugraphius  (aus  Ende  des  10. 
christL  Jahrb.)  hat  keinen  selbständigen  Werth. 

4.  Diejenige  Redaction  der  Didaskalien  welche  jetzt  die  Vulgata  der- 
selben bildet  stammt  aus  den  Emendationen  des  Ant.  Goveanus  (Venedig 
1567)  her.  Ritschi,  Parerga  S.  325,  A.  In  ihr  sind  yerschiedene  Redactionen, 
die  des  Bemb.  und  die  calliopische,  yermischt.  Beiden  lag  eine  ursprüng- 
lich vollständigere  Sammlung  von  Nachrichten  (Didaskalien)  zu  Grunde, 
welche  aus  Bühnenexemplaren  der  betr.  Stücke  von  oder  nach  den  Gram- 
matikern des  7.  Jahrb.  d.  St.  zusammengestellt  sein  mochte.  Daraus  hat 
der  Bemb.  eine  lückenhafte  und  verwirrte,  aber  nicht  durch  systematische 
Redaction  oder  willkürliche  Aenderungen  entstellte  Auswahl  erhalten,  die 
calliopische  Recension  eine  überlegte,  je  auf  eine  einzige  (die  erste)  Auf- 
führong  sich  erstreckende ,  aber  theilweise  mit  Willkür  gemachte.  Dziatzko 
Rhein.  Mus.  XXI.  S.  87  ff.  Vgl.  überhaupt  Ritschi,  Parerga  S.  263  ff.  J. 
A.  Becker  im  Mainzer  Progr.  1852.  4.  Geppert  in  Jahns  Jhrbb.  Suppl. 
XVIII.  S.  550—582.  W.  Wilmanns,  de  didascalüs  Terentianis,  Berlin  1864. 
66  pp.  8.  Alfr.  Kohl,  didascaliae  Terentianae  explicatae,  Halle  1865.  65  pp.  8. 
C.  Dziatzko,  Rhein.  Mus.  XX.  S.  570—598.  XXL  S.  64—92. 

5.  Die  Aufzählung  in  §.  99  folgt  der  herkömmlichen  Ordnung,  welche 
sich  an  den  Bemb.  -anschliesst ,  der  damit  die  Reihenfolge  der  Abfassung 
getroffen  zu  haben  meint.  Diese  erwähnt  er  allein  regelmässig,  durch 
facta  I  (prima  oder  primo  loco),  II  u.  s.  w.  (Ritschi  Parerga  S.  263  u.  S. 
:S64,  A.),  während  die  andern  Hdss.  die  Numer  nur  dreimal  geben,  aber 
übereinstimmend  mit  Bemb.  Bei  Donat  ist  gleichfalls  Andr.  I,  Phorm.  IV, 
Hec.  V;  aber  Eun.  ist  bei  ihm  III,  und  Ad.  ist  II.  Die  Hec.  ist  inconsequent 
numeriert,  da  sie  nach  der  Zeit  ihrer  Abfassung  II,  nach  der  ihrer  voU- 
ständigen  Aufführung  VI  sein  müsste ;  vgl.  Ritschi  in  Reifferscheids  Sue- 
ton,  p.  501.  Zu  Lebzeiten  des  Terenz  erfolgten  nach  den  Didaskalien  nach- 
stehende Aufführungen: 

J.  588.  Andria. 

589.  Uecjra  1  (erstmals). 
591.  Hautontimorumenos. 
593.  Eunuchus  (lud.  meg.  im  April). 
Phormio  (lud.  rom.  im  September). 


136  Sechstes  Jahrhundert  d.  St. 

594.  Hecyra  2  (zweiter  Versuch)  und  Adelphi  (bei  den  Leichen- 

spielen  des  Aemilius  Paulus). 

Hecyra  3  (vollständige  Aufführung ,  ludis  romanis). 
Dziatzko,  Rhein.  Mus.  XXI.  S.  84—87.    üeber  die  Möglichkeit  früherer  Ab- 
fassung der  Adelphi  s.  unten  §.  99,  6. 

6.  Die  kurzen  Inhaltsangaben  (periochae)  der  einzelnen  Stücke,  in  Se- 
naren,  haben  im  Bemb.  allemal  die  Ueberschrift :  C.  Sulpici  ApoUinaris 
periocha. 

7.  A.  L.  R.  Liebig,  de  prologis  Terentianis  et  Plautinis,  Görlitz  1859. 
50  pp.  4.  C.  Dziatzko ,  de  prologis  Plaut,  et  Ter.  quaestiones  selectae,  Bonn 
1863.  38  pp.  8.  vgl.  W.  Wagner  in  Fleckeisens  Jahrb.  91,  S.  279—293. 

99.   Diese  sechs  Stücke  sind  folgende: 

1)  Andria,  aufgeführt  J.  588  an  den  megalensischen  Spie- 

len^  eine  Bearbeitung  der  ^AvögCa  des  Menander,  mit  Zuthaten 

aus  der  IJeQiv^Ca  desselben  Dichters.     Die  Schlussscene  ist  in 

doppelter  Fassung  erhalten. 

Im  Bembinus  ist  die  Didaskalie,  zusammen  mit  dem  Anfang  des  Stücks, 
verloren ;  Donats  titulus  aber  berichtet  über  die  erste  (und  eine  zweite,  zwi- 
schen 611 — 620,  durch  Q.  Minucius  und  Valerius,  Dziatzko  Rhein.  Mus.  X.XI. 
S.  64  f.)  Aufführung.  Vgl.  Suet.  vit.  Ter.  2:  primam  Andriam  cum  aedi- 
libus  daret,  iussus  ante  Caecilio  recitare  ad  cenautem  cum  venisset,  dici- 
tur  initium  quidem  fabulae,  quod  erat  contemptiore  vestitu,  subsellio  iuxta 
lectulum  residens  legisse,  post  paucos  vero  versus  invitatus  ut  accumberet 
cenasse  una,  dein  cetera  percucurrisse  non  sine  magna  Caecilii  admiratione. 

Dass  der  Prolog  für  die  erste  Aufführung  sei  bejaht  C.  Dziatzko, 
Rhein.  Mus.  XX.  S.  579  f.  XXI.  S.  64  f.,  gegen  W.  Wagner  im  Bonner 
Über  miacell.  1864,  p.  72—82. 

Verhältniss  zum  Original:  Grauert,  Analekten  S.  173 — 197.  K.  P.  Her- 
mann, Ter.  Andr.  quam  fideliter  ad  Menandrum  expressa  sit,  Marburg  1838. 
4.  W.  Ihne,  Quaest.  p.  5 — 15.  Th.  Benfey  vor  sr.  üebersetzung.  W.  Teuf^ 
fei,  Rhein.  Mus.  VIÜ.  S.  41  f. 

Schlussscene:  Döderlein,  lect.  var.  tnas,  g.  E.  Grauert,  Analekten  S. 
197—204.  Ritschi,  Parerga  p.  583—606.  Nach  Letzterem  stammen  beide 
Fassungen  aus  dem  Alterthum,  aber  von  verschiedenen  Verfassern;  di| 
kürzere  wohl  die  ältere  und  von  Terenz  selbst,  die  ausführlichere  für  eine 
Aufführung  nicht  lange  nach  Ter.'s  Tod. 

Ausgaben:  mit  ausführl.  Comm.  von  Perlet,  Ronneburg  1805;  cum  notis 
ed.  Fikenscher,  Lips.  1809;  ex  rec.  Fr.  ä^itteri,  Berl.  1833;  mit  krit.  und 
exeget.  Anm.  von  R.  Klotz,  Leipzig  1865.  XII  u.  220  S.  8.;  rec.  et  illustr. 
L.  Quicherat,  Paris  1866.  69  pp.  12. 

Roos,  über  den  Charakter  des  Sosia  in  der  Andria,  in:  Versuche  über 
Classiker,  Giesseu  1790,  S.  39—93.  Drakenborch,  dictata  ad  Ter.  com.,  in 
Grauerts  Analekten  p.  1—56.  A.  B.  Wolfif  in  Ter.  A.,  Guben  1811.  J.  Wol- 
lenberg, Collation  der  A.  aus  einem  cod.  der  Bibliothek  zu  Tours,  in 
Mützells  Ztschr.  XIV.  S.  711—718.  Vogel,  Ter.  Andr.  in  graecum  conversa, 
P.  I.    Treptow  1863,  4. 


Dichter:  Terentius  (Andria,  Euniichus,  Haui.).  137 

2)  Eunuch  US;  kunstreich  zusammengesetzt  aus  Menanders 
Evvovxog  und  Bestandtheilen  von  dessen  KoXcc^,  Die  Manch- 
faltigkeit  und  Lebendigkeit  seiner  Handlung  verschaffte  dem 
Stücke  schon  bei  Lebzeiten  des  Dichters  entschiedenen  Erfolg. 

Verhäliaiifls  zum  Original:  Graiiert,  Analekten  S.  147 — 173.  W.  Hiue, 
Qaaest  p.  15—25.  W.  Teuffei,  Rhein.  Mus.  VllT.  S.  42—45.  Nach  Pers.  Sat. 
V,  161  ff.  hiess  Thais  im  Evv.  Chrysis,  Phädria  aber  Chärestratus,  Parmeno 
dort  Davus,  und  Gnatho  hiess  im  Kol.  Struthias. 

Eunuchus  bis  die  (deinceps,  Ritschi)  acta  est  meruitque  pretium  Quan- 
tum nulla  antea  cuiusquam  comoedia,  i.  e.  (vgl.  Ritschi  Suet.  p.  503  f.) 
octo  milia  nummum ,  Suet.  p.  29  R.  Vgl.  Auctar.  Donat.  ib.  p.  35  u.  Do- 
naths praef.  zum  Eun.  Ritechl,  Parerga  S.  330 — 333.  Dziatzko,  Rhein.  Mus. 
XXI.  S.  68,  A.  6. 

Die  Consuln  des  AufTührungsjahrs  fehlen  bei  Donat;  die  DidaskaHe 
(der  titulus)  der  calliop.  Recension  gibt  M.  Valerius  (593)»  C.  (reg.  u.  a.: 
ComeL)  Mummius  (608),  Fannius  (593);  die  aed.  cur.  bei  Donat  und  in  der 
calliop.  Rec.  L.  Postumius  Albinus  (Cos.  600,  also  Aedil  um  594) ,  L.  Cornelius 
Merdla  (wohl  der  Vater  des  gTeichnamigen  Cos,  von  667)  und  Aufführung 
ludis  megalensibus;  im  Bemb.  aber  M.  Juuius  (Brutus,  der  Rechtsgelehrte, 
ein  vir  praetorius?)  ,und  L.  Julius  (Caesar,  Vater  des  gleichnamigen  Cos. 
von  664?),  ludis  romanis.  Daher  wohl  zwei  Aufführungen,  J.  593  (Coss. 
M.  Valerius  Messala,  C.  Fannius  Strabo;  Aedilen  Albinus  und  Merula)  und 
wieder  608  (Coss.  Cn.  Cornelius  Lentulus,  L.  Mummius  Achaicus;  Aedilen 
Juni  US  und  Julius).    Vgl.  Dziatzko,  Rhein.  Mus.  XXI.  S.  66 — 68. 

F.  Seybold,  über  den  Eunuchen  des  Ter.,  Pirmasenz  1786.  Roos,  su- 
per Ter.  quibusdam  locis,  in  seinen  Versuchen  über  Classiker ,  p.  131 — 150. 
Böttiger,  spec.  novae  ed.  Ter.,  in  seinen  Opuscula  p.  245 — 284. 

Uebersetzt  von  Gravenhorst,  Hamburg  1852. 

3)  Hautontimorumenos,  der  Selbstquäler,  nach  dem 
gleichnamigen  Stücke  des  Menander,  ohne  Zuziehmig  eines 
zweiten;  ein  Intrikenstück,  mit  etwas  abenteuerlicher  Handlung, 
magerer  Charakteristik  und  trockenem  Tone. 

Avxov  (vgl.  Dziatzko,  Rhein.  Mus.  XX.  S.  571,  A.  1)  tifioiQovfisvog  =  se 
crudans  (1, 1, 29),  se  exerccns  (1, 1, 94);  ipse  se  poeniens  (Cic.  Tusc.  lll,  27, 65). 

Ex  integra  graeca  integra  comoedia,  prol.  4;  ib.  36  stataria  genannt. 

Consuln  des  Aufföhrungsjahrs  im  Bemb. :  Cn.  CorneUus,  Marcus  (vielmehr 
Manius)  luvenius  (d.  h.  luvencius,  luventius),  in  den  andern  Hdss.  M.  lunio, 
T.  Sempronio,  wohl  Hinweisung  auf  J.  591,  wo  Ti.  Sempronius  Gracchus 
II  und  M*.  luventius  Thalna  Consuln  waren,  und  auf  Wiederholung  im 
Consulat  eines  Cornelius  (Cn.  Cornelius  Lentulus  J.  608?  P.  Cornelius  Sci- 
pio  Naaica  Serapio  J.  616?).  Bei  der  ersten  Aufführung  (ludis  megalensi- 
bus) wohl  aed.  cur.  L.  Cornelius  Lentulus  (ohne  Zweifel  der  Gesandte  von 
592  bei  Polyb.  XXXI,  23  und  Cos.  598)  und  L.  Valerius  Flaccus  (Cos. 
602?).    Vgl.  Dziatzko,  Rhein.  Mus.  XX.  S.  574  f.  XXI.  S.  68  f.  70,  A.  11. 


138  Sechstes  Jahrhandert  d.  St. 

Lessing,  Hamburgische  Dramaturgie  Stück  87  f.  Zimmermami,  über 
den  H.  des  T.,  Hamburg  1829. 

4)  Phormio,  betitelt  nach  dem  Parasiten  des  Stücks,  wäh- 
rend das  Original  des  Apollodoros  aus  Karystos  'Ejcidixa^ofievog 
hiess.  Die  Handlung  ist  spannend,  die  Cliarakterzeichnung 
manchf altig  und  fein,  die  Ausführung  lebendig  und  heiter. 

Ueber  Titel  und  Original  s.  prol.  25-28  nebst  Donatus,  nach  welchem 
ApoUodors  Stück  vielmehr  'EntSiTiaSofiivri  betitelt  war.  Vgl.  Meineke, 
bist.  crit.  com.  gr.  p.  464—466. 

Im  Bemb.  lautet  der  titulus:  acta  ludis  megalensibus  Q.  Caspione  Cn. 
Servilio  cos.  Graeca  ApoUodoru  Epidicazomenos.  Facta  est  Uli.  Im  cod. 
Basilic.  sind  die  Coss.  G.  Fannius,  M.  Valerius  angegeben,  wie  bei  Donat 
(praef.)  M.  Valerio  et  Cn.  (vielmehr  C.)  Fannio  coss.;  auch  haben  die 
Hdss.  der  calliop.  Rec.  und  Donat  ludis  romanis.  Letztere  berichten  die 
erste  Aufführung,  J.  593,  unter  den  Aedüen  Albinus  und  Merula;  der  Bemb. 
eine  spätere  Wiederaufführung,  etwa  J.  613  (wo  Coss.  Cn.  Servilius  Caepio 
und  Q.  Pompejus,  wahrscheinlicher  als  614,  wo  Coss.  C.  Laelius  imd  Q. 
Servilius  Caepio).    Dziatzko,  Rhein.  Mus.  XX.  S.  575.  XXI.  S.  70—72. 

Ter.  Phormio  ed.  C.  G.  Elberling,  Kopenh.  1861. 

C.  A.  Böttiger,  de  pers.  scen.  ad  Ter.  Ph.  1,  4,  32.  Weimar  1794. 
J.  Wollenberg,  Collation  des  Ph.  aus  einer  Hds.  des  13.  saec.  in  Tours, 
in  Mützells  Ztschr.  XIV.  S.  888-893.  C.  H.  Humbert,  Le  Phormion  de 
Terence  et  les  Fourberies  de  Scapin  de  Mohäre,  Elberfeld  (Progr.  der 
Realsch.)  1859.  4. 

5)  Hecyra,  die  Schwiegermutter,  ein  Stück  von  eigenthüm- 

licher  Charakterzeichnung  und  fast  ohne  Handlung,  daher  nicht 

nach  dem  Geschmacke  des  römischen  Publicums  und  lange  mit 

Schwierigkeiten  der  Auffühnmg  kämpfend. 

Die  Handlung  verläuft  nur  im  Gemüte,  und  die  schliessliche  Lösung 
hebt  nur  gemütliche  Schwierigkeilen.  Mit  der  Charakterzeichnung  scheint 
es  der  griechische  Dichter  auf  Abweichung  von  dem  Hergebrachten  abge- 
sehen zu  haben.     Die  Exposition  erfolgt  dj^rch  ngoamna  itgotcetma. 

Da  für  'Ext»pa  das  Lateinische  ein  eigenes  Wort  (socrus)  hat,  so  ist 
fast  gewiss  dass  das  Stück  (wie  die  Adelphi)  nach  einem  *ExvQa  betitelten 
griechischen  gearbeitet  ist.  Ein  solches  ist  zwar  nicht  bekannt,  doch  nicht 
zu  bezweifeln  die  Angabe  des  Donat:  fabula  Apollodori  (Carystii)  dicitur 
esse  graeca,  zumal  da  derselbe  sie  im  Commentar  fünfmal,  unter  Anfuh- 
rung bestimmter  Worte  des  Apollodor,  wiederholt  (vgl.  Meineke  fragm. 
com.  gr.  p.  1104  f.  ed.  min.).  Wenn  daher  der  Bemb.  sagt:  graeca  Me- 
nandru,  so  ist  diess  vielleicht  veranlasst  durch  Sidon.  Apoll.  Ep.  IV,  12, 
welcher  Menanders  'EnttginovtBg  als  eine  fabula  similis  argumenti  (wie 
die  Hec.)  bezeichnet,  wobei  aber  sehr  fragli'ch  ist  wie  weit  diese  Aehnlich- 
keit  gieng.  Höchstens  liesse  sich  annehmen  dass  die  ngoaama  ngotatixa 
aus  dem  menandrischen  Stücke  seien.  W.  Teuflfel  in  Pauly's  Real-Enc.  VI, 
2.  S.  1700,  Anm.  Dziatzko,  Rh.  Mus.  XXI.  S.  76-78.  80  f  Vgl.  Fr.  V. 
Fritzsche,  Lectiones  Terentianae,  Rostock  1860.  4.  p.  21 — 26. 


Dichter:  Terentius  (Phonnio,  Hec,  Adelphi).  139 

Sachlich  richtig  würde  die  Didaskalie  lanten:  facta  II  (es  heisst  aber 
V).  acta  ludis  megalensibus  Sex.  lulio  Caesare  (Cos.  697),  Cn.  Comelio 
Dolabella  (Cos.  595)  aedilibus  cur.,  Cn.  Octavio  T.  Manlio  coss.  (J.  589= 
166).  primum  acta  sine  prologo.  (Störung  durch  funambuli,  prol.  I,  4.) 
Relata  est  iterum  L.  Aemiliö  Paulo  ludis  funeralibus  (J.  695;  dazu  proL 
I).  non  est  placita  (vgl.  prol.  II,  33  iF.).  tertio  relata  est  (mit  prol.  II) 
Q.  Fulvio  (Cos.  601)  L.  Marcio  (Cos.  606)  aed.  cur.  (an  den  ludi  romani 
des  J.594  d.  St.).  placuit.  (Darauf  Abreise  des  Terenz  in  den  Osten.)  Vgl. 
Dziatzko,  Rhein.  Mus.  XX.  S.  676  ff.  XXI.  S.  72—76.  Ritschi,  in  Roiffer- 
scheids  Sueton  p.  600  f. 

6)  Adelphi,  nach  Menanders  ^Aöek(poi^  unter  Mitbenutzung 
einer  Scene  aus  dem  Anfang  der  UvvaTCod^vrjaxovtEg  des  Di- 
philos.  Die  einfache,  wohlberechnete  Anlage,  feine  Charakter- 
zeichnung  und  Heiterkeit  des  herrschenden  Tones  machen  die- 
ses Stück  des  Terenz  zu  seinem  gelungensten.  Nur  hat  die 
skeptische  Art  wie  schliesslich  die  alte  und  die  neue  Zeit  gegen 
einander  abgewogen  werden  etwas  Unbefriedigendes. 

Acta  ludis  funeraUbus  Lucio  Aemilio  Paulo,  quos  fecere  Q.  Fabius 
Mazumus,  P.  Cornelius  Africanus.  .  .  Facta  sexta,  M.  Comeho  Cethego, 
L.  (Auicio)  Gallo  coss.  (J.  594  =  160).  So  der  titulus.  Das*  aber  diese  Auf- 
führung nicht  die  erste  war  haben  Wilmanns  und  Dziatzko  wahrscheinlich 
gemacht  (s.  Rhein.  Mus.  XX.  S  577  f.  XXI.  S.  78—82).  Donatus,  praef. 
Ad. ,  sagt:  hanc  dicunt  ex  Terentianis  secundo  loco  actam;  und  da  Leichen- 
spiele wenige  Tage  nach  dem  Tode  des  Betreffenden  gehalten  zu  werden 
pflegten,  für  ein  neues  Stück  daher  die  Vorbereitungen  immöglich  so  schnell 
sich  hätten  beendigen  lassen,  auch  der  Prolog  noch  einen  bescheidenen 
Ton  anstimmt,  imd  Haut.  prol.  17  (multas  contamiuasse  graecas  etc.)  das 
Vorausgehen  mehr  als  Eines  contaminierten  Stückes  voraussetzt,  so  hat 
jene  Angabe  Donats  viele  Wahrscheinlichkeit. 

Verhältniss  zum  Original:  prol.  6  ff.  Grauert,  Analekten  S.  124  —  147. 
Ihne,  Quaest.  p.  25-38.    W.  Teuffei,  Rhein.  Mus.  VIII.  S.  45-47. 

üeber  den  Schluss  s.  W.  Teuffei,  Rhein.  Mus.  VIII.  S.  47—50.  Sonstige 
Literatur  zur  Beurteilung  des  Stücks:  Lessing,  Hamburgische  Dramaturgie 
Stück  71  f.  97  — 100.  Zimmermann,  Terenz  und  Menander,  ein  Beitrag 
zur  ErkL  der  Ad.,  Clausthal  1824.  K.  Fr.  Hermann,  de  Ter.  Adelphis, 
Marburg  1838.  4.  ==  Jahns  Jahrbb.  Suppl.  VI.  p.  65—79. 

Holtze,  Bemerkungen  zu  einigen  Stellen  der  Ad.,  in  Jahns  Jahrbb. 
Suppl.  XI.  S.  1—23.  Speck,  Obs.  crit.  in  Ter.  Ad.  Bresl.  1847.  Rotter, 
ad  Ter.  Ad.  excursus  de  sono  versuum,  Bresl.  1846.  4.  A.  Klette,  Adelphon 
Terentianae  emendationes,  in  der  Symbola  philolog.  Bonn.  p.  843 — 848. 


1.  Ausgaben  sämmtlicher  Stücke  des  Terenz.  Editio  princeps :  Argento- 
rati  apud  Mentelin.,  1470  fol.  Eine  Ausg.  s.  1.  et  a.,  nach  Salomonsen, 
in  Jahn's  Archiv  IV.  1836.  S.  325—330,  in  ItaUen  um  1470—1475  gedruckt. 
Dann  Venet.  1476  mit  Donat;  c.  nött.  Mureti,  Venet.  1555.  8.;  emend.  a 
Faemo,  Florent  1565;  c.  Donati  et  Eugraphii  comm.  ed.  Lindenbrogius, 


140  Sechstes  Jahrhundert  d.  St. 

Paris.  1602.  Francof.  1623;  c.  annot.  Boecleri,  accedunt  coxnm.  Guyeti, 
Argeutorati  1657;  Latin  et  fran9.  par  Mad.  Dacier,  Paris  1688.  12.  III  Voll.; 
ex  rec.  et  c.  not.  R.  Bentleji,  Cantabr.  et  Lond.  1726,  zuletzt  heraasg. 
YOii  Vollbehr,  Kiel  1846;  comm.  perp.  illustr.,  acced.  Donatus,  Eugraphius, 
Calphumius  etc.,  cur.  Westerhovius ,  Hag.  Comit.  1726.  4.  II  Voll.,  wieder 
herausg.  von  Stallbaum,  Lips.  18:^0;  ed.  Zeune,  Lips.  1774;  ed.  Bothe  in 
Poet.  scen.  T.  IV.,  Mannhem.  1837;  ed.  Perlet,  Lips.  1821;  ed.  Reinhardt, 
Lips.  1827;  illustr.  Lemay-e,  Paris  1827.  III  Voll.;  ed.  Elberling,  Havniae 
1834;  rec.  A.  Fleckeisen,  Lips.  Teubner  1857.  XXVin  und  343  pp.  8. 

2.  Aelteste  Uebersotzung:  Terentius  der  hochgelahrte  Poet.  Zu  tütsch 
transferirt  nach  dem  Text  und  nach  der  Gloss.  Mit  vielen  Holzschnitten. 
Strassburg  1499  fol.  Neuere:  von  Th.  Benfey,  Stuttgart  1837  ff.  9  Bdchn, 
umgearbeitet  (Andr.,  Eun.  u.  Ad.)  Stuttgart  1854;  von  Fr.  Jacob,  Berlin 
1846;  J.  Herbst,  Stuttg.  1854  ff.  J.  J.  C.  Donner,  Leipzig  und  Heidelb. 
1864,  2  Bde. 

3.  Allgemeine  Erläuterungsschriften:  Ruhnkenü  dictata  ed.  Schopen, 
Bonn.  18*25.  Gronovii  notae  in  Terent.  ed.  Frotscher,  Lips.  1833.  G.  Her- 
mann de  Bentlejo  eiusque  edit.  Terent.,  in  Opusc.  II.  F.  V.  Fritzsche, 
quaest.  Terent.  spec.  L,  Rostoch.  1849.  4.;  Lectiones  Terentianae  (I.  Do 
Ter.  codice  Rostochiensi.  II.  de  graecis  Ter.  fontibus),  Rostoch.  1860.  26  pp. 
4.  1862.  8  pp.  4.  Jos.  Krauss,  Quaestiones  Terentianae  criticae,  Bonn  1850. 
48  pp.  8.  A.Klette,  exercitationes  Terentianae ,  Bonn  1855.  23  pp.  8.'  Rein- 
hardt, über  eine  neue  Bearbeitung  des  Ter.,  Ilildburghausen  1855.  19  S. 
4.  J.  Brix,  de  Ter.  fabulis  post  R.  Bentleium  emendandis,  Liegnitz  1857. 
18  pp.  4.  Th.  Ladewig,  Beiträge  zur  Kritik  des  Ter.  Neustrelitz  1858. 
26  S.   4. 

100.  Die  dichterische  Eigenthümlichkeit  des  Terenz  besteht 
in  dem  negativen  Merkmale  der  Unfreiheit  und  dem  positiven 
der  Correctheit,  theilweise  der  Eleganz.  Er  folgt  seinen  griechi- 
schen Originalen  treulich,  und  wo  er  sie  kürzen,  die  Handlung 
reicher  machen  muss  greift  er  abermals  nach  Griechen.  Seine 
Stoffe  sind  ziemlich  einförmig  und  auch  in  den  Personennamen 
wenig  Abwechslung.  Terenz  hat  nicht  die  Lebendigkeit,  Frische 
und  Beweglichkeit  des  Plautus,  aber  auch  nicht  seine  Unarten. 
Der  ruhige  Mittelton  gelingt  ihm  am  besten;  nicht  so  die  Sprache 
des  Affects,  und  an  komischer  Kraft  leidet  er  bitteren  Mangel. 
Die  Anlage  seiner  Stücke  ist  ebenraässig  und  glatt,  die  Cha- 
rakterzeichnung reinlich  und  consequent.  Er  ist  ein  Kunst- 
dichter, mehr  nach  dem  Geschmacke  vornehmer  Kenner  als  des 
Volkes.  Auch  seine  Sprache  zeigt  überall  Glätte  und  Eleganz. 
Seine  Verse  sind  nicht  so  manchfaltig  und  belebt  wie  die  des 
Plautus,  aber  geordneter  und  strenger. 

1.  üeber  Tereuz  überhaupt  s.  Th.  Ladewig  in  Pauly's  Eeal-Enc.  VI, 
2.  S.  1695—1701.  Bohtz,  über  das  Komische  und  die  Komödie,  S.  196  f. 
Mommseu  R.  G.  II*.  S.  433 — 437.    Musterung  der  einzelnen  Stücke  bei  M. 


Terentius'  Dichtereigenthümlichkeit.  141 

ßapp,  Gesch.  d.  griech.  Schauspiels  (Tüb.  1862),  S.  269—291.  297  —  302. 
J.  L.  Klein,  Gesch.  d.  Dramas  11  (Leipz.  1865).    S.  567—635. 

2.  Yerhältniss  zu  seinen  Originalen.  Fabulae  eins  exstant  quatuor  e 
Menandro  translatae,  Andriä,  Eunachus,  Adelphi  et  Heautont.,  duae  ex 
Apollodoro  Carido  (d.  h.  Carjstio),  Hecjrra  et  Phonnio  (vita  Ambros.  bei 
Mai ,  Fragm.  Plaut,  et  Ter.  p.  38.  Ebenso  Donaths  Zusatz  zu  Suetous  vita). 
üeber  die  Art  der  Benutzung  s.  Meineke  zu  Menand.  p.  1—9.  19—22.  67 
—79.  98—100.  140-142.  Grauert,  bist.  u.  philolo^  Analekten,  S.  116—208. 
Beufej  in  den  Einl.  zu  seiner  Uebersetzung.  Könighoff,  de  ratione  quam 
Ter.  in  fab.  gr.  lat.  convertendis  secutua  est,  Cöln  1843.  W.  Ihne,  Quaestiones 
Terentianae,  Bonn  1843.  Th.  Ladewig,  über  den  Kanon  des  Volc.  Sedigi- 
tus  (1842),  und  Beiträge  zur  Kritik  des  Ter.  (1858)  S.  1—10. 

3.  Ein  Symptom  der  Unselbständigkeit  ist  auch  die  Häufigkeit  der  Cou- 
tamination,  so  geschickt  sie  gewöhnlich  ausgeführt  ist.  Die  Personennamen 
seiner  Originale  änderte  Ter.  meist  ab,  hauptsächUch  so  dass  die  Personen 
einen  Namen  führen  dessen  Appellativbedeutung  ihrer  Rolle  entspricht. 
Die  Liebhaber  heissen  Phädria,  Charinus,  Chaerea,  Pamphilus;  die  Mädchen 
Pamphila,  Philumena,  Bacchis;  die  Sklaven  Geta,  Syrus,  Parmeno  u.  s.  w. 
Diese  Sitte  hindert  von  den  Charakteren  und  Stücken  ein  festes  Bild  zu 
behalten.  Ohnehin  bildet  die  Liebe  eines  jungen  Mannes  zu  einem  Mäd- 
chen welches  schliesslich  als  Freie  erkannt  und  geheiratet  wird  den  Gegen- 
stand der  Andria,  des  Eun.,  Haut.,  Phormio;  auch  in  der  Hec.  eine  Art 
avayrtoQiapLog ,  und  in  den  Ad.  ist  die  Geliebte  wenigstens  eine  obscure 
Person.  —  Auch  die  Metra  seiner  Originale  änderte  Ter.  nach  Bedürlnisa 
und  Belieben  ab.  —  Die  Exposition  erleichterte  sich  Ter.  öfters  durch  «90- 
canea  ngotatiTid,  s.  oben  §.  16,  8. 

4.  Quintil.  X,  1,  99:  Terentii  scripta  .  .  sunt  in  hoc  genere  elegantis- 
sima  et  plus  adhuc  habitura  gratiae  si  intra  versus  trimetros  stetissent 
(weü  es  für  Partieen  von  höherem  Stil  dem  T.  an  Schwung  fehlte). 

6.  Magere  Wortspiele:  Andr.  218.  —  Eun.  prol.  42.  45.  Haut.  218.  — 
Haut  356.  379.  526.    Hec.  543.    Ad.  220  u.  sonst. 

6.  Gell.  VI  (VII)  14,  6:  vera  et  propria  .  .  exempla  in  latina  lingua 
M.  Varro  esse  dicit  .  .  mediocritatis  Terentium. 

7.  Afranius  in  Compitalibus :  Terenti  numne  similem  dicent  quempiam? 
(Ritschl,  Suet.  p.  523.)  und  wohl  auch  V.  30:  ut  quidquid  loquifcur  sal  me- 
rumst!  Cicero  ad  Att.  VII,  3,  10:  Terentium,  cuius  fabellae  propter  ele- 
gantiam  sermonis  etc.  und  in  Limone  (bei  Suet.) :  . .  lecto  sermone,  Terenti, 
.  .  Menandrum  in  medium  nobis  sedatis  motibus  afiers  etc.  Caesar  (bei 
Suet):  .  .  puri  sermonis  amator.  Lenibus  atque  utinam  scriptis  adiuncta 
foret  vis,  comica  ut  aequato  virtus  polieret  honore  cum  Graecis  neve  hac 
despectus  parte  iaceres!  Caesar  erkennt  ihn  daher  nur  als  dimidiatus  Me- 
nander  an. 

[J^8.  E.  Kärcher,  Prosodisches  zu  Plaut,  u.  Terenz,  Karlsruhe  1846.  Lie- 
big, de  hiatu  in  versibus  Ter. ,  Bresl.  1848.  8.  und:  de  genetivi  usu  Teren- 
tiano,  Oels  1853.  26  pp.  4;  die  hypothetischen  Sätze  bei  Ter.,  Görlitz  1863. 
36  S.  4.  Heinrichs,  de  ablativi  apud  Ter.  usu  et  ratione,  P.  I.  Elbing  1858. 
28  pp.  4.  IL    Elbing  1860.  26  pp.  4. 


142  Sechstes  Jahrhundert  d.  St. 

101.  Der  erste  Togatendichter  ist  für  uns  Titinius,  aus 
einem  geachteten  plebejischen  Geschlechte  in  der  Zeit  des  Te- 
renz,  den  er  aber  überlebt  zu  haben  scheint.  Seine  Stücke  ha- 
ben alle  lateinische  Titel  und  waren  stofflich  bereits  tabernariae. 
Die  Ueberreste  zeigen  einen  derben,  volksthümlichen  Ton,  eine 
Sicherheit,  Lebendigkeit  und  Frische  die  an  Plautus  erinnert, 
während  die  methodische  Charakterzeichnung  Titinius  mit  Te- 
renz  gemein  hatte  und  sie  namentlich  auch  auf  Frauenrollen 
erstreckte. 

1.  Varro  bei  Charis.  IT.  p.  215:  t)^??  nullis  alüs  servare  convenit  (con- 
tigit?)  quam  Titinio,  Terentio,  Attae.  Mit  Ritschi,  Parerga  S.  194  f.  mag 
hieraus  geschlossen  werden  dass  Tit.  vor  Ter.  geboren  war;  da  aber  die- 
ser schon  sehr  jung  als  Schriftsteller  auftrat  und  das  Vorhandensein  von 
Togaten  schon  während  der  Bühnenthätigkeit  des  Ter.  unerweislich  und 
imwahrscheinlich  ist,  so  wird  die  des  Tit.  erst  nach  dem  Tode  des  Ter. 
begonnen  haben.    Vgl.  Mommsen  R.  G.  I*  S.  885.  A.  1. 

2.  Seren.  Samm.  med.  1045:  Titini  sententia  .  .  .  qui  veteri  ciaras  ex- 
pressit  more  togatas. 

3.  Uns  bekannt  sind  15  Titel;  die  Bruchstücke  bei  Bothe,  poet.  scen. 
V,  2.  p.  58—76.  Neukirch,  fab.  tog.  p.  102—1^)2.  Ribbeck,  com.  p.  115—137. 
Heber  Tit.  vgl.  Neukirch  1.  1.  p.  97—101.  Ritschi,  Parerga  S.  194  f.  Lade- 
wig in  Pauly's  Real-Enc.  VI,  2.  S.  2014,  Nr.  11.  Mommsen  R.  G.  P. 
S.  885  f. 

102.  Der  palliata  treu  blieb  Turpilius,  gleichfalls  ein 
Altersgenosse  des  Terenz,  aber  weit  ins  siebente  Jahrh.  d.  St. 
hinein  am  Leben.  Auch  er  bearbeitete  Stücke  der  mittleren 
und  neuen  Komödie  lateinisch.  Der  Ton  seiner  Ueberreste  ist 
lebhafter  als  bei  Caecilius  und  Terenz,  die  Sprache  reich  an 
volksthümlichen  Bestandtheilen,  der  Versbau  wie  bei  Terenz. 

1.  Hieronym.  zu  Euseb.  Chr.  Ol.  169,  2  =  103  v.  Chr.  =  651  d.  St.: 
Turpilius  comicus  senex  admodum  Sinuessae  moritur. 

2.  Die  Ueberreste  bei  Bothe,  scen.  lat.  V,  2.  p.  77—94.  P.  Grautoff, 
Turpil.  comoediarum  reliquiae,  Bonn  1853.  42  pp.  8.  Ribbeck,  com.  p.  73 
—96. 

3.  Von  den  13  uns  bekannten  Titeln  (alle  griechisch)  stimmen  sechs 
mit  solchen  des  Menander  überein,  Demetrius  war  nach  Alexis* gearbeitet, 
Lemniae  oder  Philopator  nach  Antiphanes.  „Es  ist  wahrscheinlich  dass  T. 
früh  aufhörte  zu  dichten,  weil  mit  dem  Ablauf  des  sechsten  Jahrh.  die  Zeit 
der  palliata  vorbei  war  und  an  der  Gunst  des  Volkes  keine  Aufmunterung 
mehr  fand.**   Ritschl,  Parerga  S.  188  Anm. 

103.  Andere  Palliatendichter  dieser  Zeit  waren  luventius 
und  Valerius;  als  Dichter  sonst^  nicht  bekannt  Q.  Fabius 
Labeo  und  M.  Popillius  Laenas. 


TitiniuB,  Turpilius  u.  a.  Dichter.  Fabiiia  Pictor.  143 

1.  laventiuB  comicus  bei  Varro  L.  L.  VIT,  65.  vgl.  VI,  50.  luventius 
in  comoedia,  Gell.  XVIII,  12,  2.  luventius  in  Anagnorizomene  bei  Fest, 
p.  298  V.  summussi  beruht  auf  Conjectur  (vgL  0.  Müller  p.  407).  Paul. 
Diac.  (p.  299  M.)  setzte  dafür  den  Collectivnamen  für  die  spätere  palliata : 
Terentius.  —  Ribbeck ,  com.  p.  70  f. 

2.  Valerius  (identisch  mit  Val.  Aedituus?  Vetus  poeta  heisst  dieser 
bei  Gell.  XIX,  9,  10  und  wird  vor  Licinus  und  Catulus  genannt),  Verf. 
eines  Phormio,  Ribbeck,  com.  p.  72. 

3.  Herrenlose  Palliatentitel:  Adelphi,  Hydria,  Georgos;  Ribbeck,  com. 
p.  96f. 

4.  üeber  Fabius  und  Popillius  (Cos.  581)  vgl.  unten  114,  6. 

104.  Von  den  Inschriften  des  sechsten  Jahrh.  d.  St.  haben 
nur  wenige  eine  ausführlichere  und  in  gebundener  Votm  gehal- 
tene Fassung. 

1.  Ueber  das  in  Saturniem  Ueberlieferte  vgl.  oben  ^2 ,  8.  Sonst  gehö- 
ren hieher  von  den  Seipiouepgrabschriften  (vgl.  oben  73,  3,  b)  Nr.  33  uud 
34  bei  Mommsen  (C.  I.  lat.  I.  p.  19  f.),  sowie  vielleicht  (wenn  sie  nicht  aus 
dem  Anfang  des  7.  Jahrh.  ist)  die  Inschrift  von  Sora  C.  I.  lat.  I,  1175. 

2.  Von  den  literarisch  überlieferten  Grabschriften  des  Naevius  (s.  83, 
1),  Plautus  (s.  84,  2),  Ennius  (s.  89,  6),  Pacuvius  (s.  94,  1),  ist  die  erste 
in  Satomiem,  die  zweite  (schwerlich  plautinische)  in  Hexametern,  die  dritte 
im  elegischen  Masse,  die  vierte  in  iambischen  Senaren  gehalten. 

n«  Prosaigten. 

105.  Unter  den  ältesten  römischen  Geschichtschreibern, 
welche  sich  noch  der  griechischen  Sprache  bedienten  (s.  oben 
31),  ist  der  früheste  und  bedeutendste  Q.  Fabius  Pictor,  aus 
der  Zeit  des  zweiten  punischen  Krieges.  Seine  [aroQia  reichte 
von  Aeneas  an  bis  auf  seine  Zeit,  letztere  ausführlicher  behan- 
delnd. Polybios  undDionysios  tadeln  ihn  zwar  manch  fach;  aber 
Polybios  hat  ihn  für  den  hannibalischen  Krieg  doch  als  Haupt- 
qneUe  benützt,  und  Livius  scheint  ihm  häufiger  zu  folgen  als 
er  ihn  nennt.  Neben  der  griechischen  gab  es  auch  eine  Jüngere) 
lateinische  Bearbeitung  seines  Gesehichtswerkes.  Mit  weniger 
Sicherheit  werden  ihm  Schriften  über  das  ius  pontiticium  bei- 
gelegt. 

1.  Dionys.  Ant.  I,  6:  ofiotag  dl  tovzoig  (den  griechischen  Darstellern 
der  römischen  Geschichte)  %al  ovSlv  diacpogovg  t^idcaitav  laroQLCit;  xal 
'PfOfiaimv  oaoi  xa  naXaici  igya  zrjg  noksoag  illr^vi-nfj  dialiyitco  avviyQaritav, 
iv  $lai  nQtaßvtaroi  Koivrog  zs  ^äßiog  xal  Atvyiiog  Kiymog,  ot^ifjotegoi 
naxd  tovg  q>oivi'Ki,%ovg  a%fidaavzsg  nolifiovg.  zovtoav  81  zav  c(vdQ(ov  cxa- 
xB^os  olg  fisp  avtog  i^yoig  naqeyivsxo  Sid  xr^v  ifinsi^sfiav  cifx^tßcofi  uvi^ 


^ 


144  Sechstes  Jahrhundert  der  St. 

yQarjfS,  td  6h  uqx^^^  ^<^  ficra  Tr)v  %xiaiv  z'^g  noXstog  ysvofisva  nsgialaito- 
döig  inidffafiBv,  Polyb.  III,  9:  xara  zovg  ytaigovg  (des  hannibaUschen 
Kriegs)  6  ygdqxov  J^Foh.  P.)  yiyovs  xal  tov  avvsäg^ov  [istsCxs  täv  'Pa- 
(icciav.  Liv.  XXII,  7,  4  (bei  der  Schlacht  am  Trasimenersee) :  Fabium 
aequaletn  temporibus  huiusce  belli  potissimum  auctorem  habui.  Zur  nähe- 
ren Bestimmung  der  Zeit  des  Fabius  Pictor  vgl.  Eutrop.  III,  6:  L.  Aemi- 
lio  COS.  (529  d.  St.)  ingentes  Galloriun  copiae  Alpes  tranaierunt.  sed  pro 
Romanis  tota  Italia  consensit  traditumque  est  a  Fabio  historico,  qui  ei 
hello  interfuit  etc.  Ebenso  Oros.  IV,  13.  Vgl.  Plfc.  N.  H.  X,  34.  Nach  der 
Schlacht  bei  Cannä  (538)  Q.  Fabius  Pictor  Delphos  ad  oraculum  missus  est 
(Liv.  XXII,  57,  5  vgl.  XXIII,  11,  1  flf.).  Plut.  Fab.  Max.  18:  dg  deX(povg 
in((i(pd-rj  ^songonog  IliiittoQ  avyysvrjg  ^aßcov  (des  Ounctator).  App.  Hann. 
27:  ^  ßovlri  Koivxov  ^dßiov,  tov  avyyQatpia  rcivds  tcuv  ^QyoDV,  ig  dsl- 
(povg  ^nffiTis  etc.  Ueber  seinen  Vater  und  Sohn  s.  Haakh  in  Pauly'a  R.  £. 
VI,  2.  S.  2911  ff.  Nr.  31  u.  38. 

2.  Liv.  I,  44,  2:  scriptorum  antiquissimus  Fabius  Pictor.  II,  40,  10: 
Fabium,  longe  antiquissimum  auctorem.  Diouys.  VII,  71:  Kotvxta  ^aßito 
ßsßaitotff  XQoafisvog  xal  ovSs^iiäg  ^xi  dsofisvog  niaxscug  ixigag'  nocXcct^oxa- 
xog  yocQ  dvriQ  xwv  xd  Qa^aiad  avvxa^a^ivoav  %al  nCaxiv  ov%  i£  <ov  fjttovas 
fiovov  dXXd  xal  i^  iiv  avxog  iyvco  naQSXofisvog.  Dagegen  IV,  6  und  30 
tadelt  D.  bei  einem  imtergeordneten  Puncto  dessen  Qad'Vfiia.  Polyb.  1 ,  14 
sagt  er  habe  die  Geschichte  des  puuischen  Krieges  unternommen  dta  x6 
xovg  ifinsiQOxaxa  doviovvxag  ygdqxiv  vtcIq  avrov,  ^lXCvov  xal  ^dßtov, 
fi^  dBovxmg  iQ^LV  dTtriyyiX%ivaL  xrjv  dXjj^siav.  i%6vxag  ^Iv  ovv  iipsva&ai 
xovg  dvdQocg  ovx  v7CoXa(ißdv(Oy  axoxccio^svog  i%  xov  ßCov  xal  xiig  atgi- 
asatg  avx&v,  wohl  aber  habe  den  Pictor  sein  patriotisches  Interesse  für 
die  Römer  irre  gefuhrt;  vgl.  ib.  58.  III,  8  u.  9  aber  spricht  sich  Polyb.  auch 
über  Pictor  in  seiner  kritteligen  Weise  aus;  vgl.  Mommsen  R.  G.  I-.  S.  910. 
Th.  Lucas  im  Glogauer  Progr.  1854,  p.  10 — 18,  Livius  I,  55,  8:  magis 
Fabio,  praeterquam  quod  antiqiüor  est,  crediderim  .  .  quam  Pisoni.  Er 
citiert  ihn  sonst  noch  VIII,  30,  9.  X,  37, 14;  aber  auch  wo  er  unbestimmt 
antiquissimos  scriptores  oder  priscos  annales  oder  vetustiores  scriptores 
erwähnt  meint  er  wohl  vorzugsweise  den  Pictor.  Vgl.  W.  Harless,  de  Fab. 
p.  33—35. 

3.  Die  Ueberreste  des  Pictor  bei  A.  Krause ,  vitae  et  fragm.  vett.  hist. 
rom.  p.  52  ff.  und  C.  L.  Roth,  (an  Gerlachs  Sallust  von  1852)  p  260—269. 
W.  Harless,  de  Fab.  p.  13 — 33.  Abhandlungen  (ausser  D.  G.  Moller,  Al- 
torf 1689.  4.)  von  H.  K.  Whitte  (Kopenh.  1832),  A.  Krause  (a.  a.  0.  p.  38  ff.), 
Exp.  Baumgart  (Breslau  1842.  52  pp.  8.),  W.  Harless  (de  Fabiis  et  Aufi- 
diis  rer.  rom.  scriptoribus,  Bomi  1853.  p.  1—12),  K.  W.  Nitzsch  (Q.  F.  P. 
über  die  ersten  Jahre  des  hannibalischen  Krieges,  Allg.  Monatsschrift, 
Braunschweig  1854,  S.  67  —  84),  Du  Rieu  (Disp.  de  gente  Fabia,  Lugd. 
Bat.  1856,  p.  165  —  199),  L.  Kieserling  (de  rer.  rom.  Script.,  Berlin  1858, 
p.  7—18).  Auch  W.  A.  Becker,  Rom.  Alterth.  I.  S.  39  ff.  A.  Schwegler 
R.  G.  I.  S.  74—77.    F.  D.  Gerlach,  die  röm.  Geschichtschr.  S.  34-44.- 

4.  Plut.  Romul.  3:  xd  %vqmxaxa  (der  ältesten  röm.  Geschichte)  ngm- 
xog  Big  xovg^EXXrivag  i^iSams  JionXrjg  6  nsxaQ'q&iog,  o)  xal  ^dßiog  TIC- 
%x(og  iv  xoig  nXsi'atoig  inrjuoXov^-rjas.     Die  sachliche  Uebereinstimmung 


Prosaisten:  älteste  Geschichtschreiber:  Fabius  Pictor.  145 

zwischen  Pictor  und  -dem  sonst  völlig  unbekannten  Diokles  erklärt  sich 
wohl  richtiger  aus  der  Gemeinsamkeit  ihrer  Quellen  (Schwegler  I.  S.  412 
—414),  wo  nicht  gar  (mit  Schwegler  S.  414)  daraus  dass  Diokles  die  röm. 
Annalisten  benutzt  hat.    Vgl.  Kieserling  p.  15  f. 

5.  Da  aus  dem  Werke  des  Fabius  Pictor  Stellen  in  lateinischer  Sprache 
als  Worte  des  Geschichtschreibers  selbst  mehrfach  angeführt  werden  (z.  B. 
spelunca  Martis,  lupus  als  Femininimi,'  duoetyicesimo  anno,  letzteres  bei 
Geil,  y,  4,  3),  so  ist  jedenfalls  auch  eine  lateinische  Bearbeitung  anzu- 
nehmen. Nur  muss  dieselbe  später  gewesen  sein  als  die  griechische,  da 
jene  eine  höhere  Ausbildung  der  lat.  Prosa  zur  Voraussetzung  hat,  deren 
älteste  Urkunde  Cato's  Origines  sind  (daher  bei  Cic.  de  or.  11,  12,  51:  ut 
noster  Cato,  ut  Pictor,  ut  Piso,  und  ib.  53:  talis  noster  Cato  et  Pictor  et 
Piao;  dagegen  de  leg.  I,  2,  6,  wo  es  sich  um  das  Sachliche  handelt,  die 
Ordnung:  ad  Fabium  aut  Catonem  aut  ad  Pisonem).  Fraglich  kann  dann 
sein  ob  die  lat.  Bearbeitung  noch  von  dem  Verfasser  selbst  ausgeführt 
worden  ist  oder,  wie  bei  Acilius,  von  einem  Dritten,  vielleicht  gleichfalls 
einem  Fabius.  Aber  die  Annahme  dass  es  zwei  berühmte  AnnaUsten  des 
Nameiis  Fabius  gegeben  habe  wird  dadurch  noch  nicht  begründet.  Viele 
(wie  Krause,  Baumgart,  Kieserling)  halten  für  diesen  zweiten  den  Juristen 
Servias  Fabius  Pictor,  Andere  den  Fabius  Maximus  Servilianus  (Cos.  612), 
der  doch  wenigstens  sicher  Geschichtliches  verfasst  hat.  Nimierius  kann 
nicht  mehr  ernstlich  in  Frage  kommen  seit  in  der  betreffenden  Stelle  des 
Cicero  (de  div.  I,  21,  43:  Aeneae  somnium,  quod  in  iii  Fabi  Pictoris  grae- 
ds  annalibus  eiusmodi  est)  M.  Hertz  (philologisch-klinischer  Streifzug,  S. 
32  ff.  Bhein.  Mus.  XVIl.  S.  579,  A.  8)  das  vorauszusetzende  ni,  statt  mit 
Sigonins  in  Numeri,  vielmehr  in  nostri  aufgelöst  hat.  Uebrigens  lässt  sich 
ao8  der  angef.  Stelle  Ciceros  auch  schliessen  dass  die  lateinische  Bearbei- 
tung der  Annaleu  des  F.  P.  den  Traum  des  Aeneas  gar  nicht  oder  nicht 
in  dieser  Ausführlichkeit  enthielt,  dieselbe  also  zugleich  eine  abgekürzte 
war.  Diese  war  (oder  wurde)  auch  in  Bücher  eingetheilt;  das  erste  Buch 
citiert  de  orig.  gent  rom,  20,  1  und  Non.  p.  518,  28;  das  vierte  Gell.  V, 
4,  3.  Zweifelhaft  ist  Dionjs.  A.  I,  79:  KoLVtog  ^dßtog  6  TLUxonq  XsyofiB' 
9oq  .  ,  iv  fj  nQ(ozfj  ypofgpct,   da  Dionjs.  sonst  nicht  nach  Büchern  citiert. 

6.  Dass  Fabius  Pictor  sein  griechisches  Geschichtswerk  nicht  vor  Be- 
endigung des  zweiten  punischen  Krieges  begann  liegt  in  der  Natur  der 
Sache,  sovrie  dass  er  es  bis  zu  dessen  Ende  fortgeführt  haben  wird;  positiv 
beweisen  lässt  sich  aber  Beides  nicht. 

7.  Festus  p.  250,  b.  g.  E.:  puilia  saxa  esse  ad  portum  qui  sit  secun- 
dum  Tiberim  ait  Fabius  Pictor,  quem  locum  putat  Labeo  dici  etc.  Da 
Labeo  sicher  der  Jurist  Antistius  Labeo  ist,  so  hat  es  alle  Wahrscheinlich- 
keit dass  das  Citat  sich  auf  eine  Schrift  des  F.  P.  de  iure  pontificio  be- 
zieht. Nur  kann  deren  Verfasser  der  Jurist  Servius  F.  P.  (s.  unten  129,  3) 
mindestens  ebenso  gut  sein  als  der  Annalist  Q.  F.  P.  Non.  Marc.  p.  518: 
Favins  Pictor  Rerum  gestarum  lib.  I:  „et  simul  videbant  picum  Martium". 
Idem  iuris  pontificii  Ubro  III.  Diess  beweist  nur  dass  der  Annalist  wie 
der  Jurist  Fabius  Pictor  hiessen  und  dass  Nonius  beide  für  identisch  hielt. 

106.   Des  Pictor  jöngerer  Zeitgenosse,  L.   Cincius  Ali- 

Tcoffel,  R5ro.  Uteratiirg^schichte.  \Q 


146  Sechstes  Jahrhundert  d.  St. 

mentus,  Prätor  544  f.,  schrieb  ein  ähnliches  Werk  wie  jener, 
gleichfalls  griechisch,  und  wie  es  scheint  nicht  ohne  Quellen- 
forschung und  Kritik.  Doch  ist  die  Gestalt  dieses  Annalisten 
durch  die  häufige  Verwechslung  mit  einem  viel  späteren  Manne 
dieses  Namens  unsicher  geworden. 

1.  Dionys.  I,  74:  AsvTiLOs  Kiymogy  avj^g  in  tov  ßovlsvtixov  aws^Q^ov, 
(setzt  die  Gründung  Roms)  nsgl  t6  tizuQxov  itog  t'^g  ^cadsTidtrjg  oXvfi- 
niaSog  (Mommsen,  röm.  Chronologie  '  S.  316  ff.  Pluess  p.  34  ff.).  Liv.  XXI, 
38 ,  3 :  L.  Cincius  Alimentus ,  qui  captum  se  ab  Hannibale  (jedenfalls  nach 
seiner  Prätur,  wahrsch.  J.  546)  scribit.  XXYI,  23,  1:  praetorum  inde  co- 
mitia  habita.  P.  Maulius  Yulso  ...  et  L.  Cincius  Alimentus  creati  sunt. 
XXYII,  7,  12:  legiones  decretae:  M.  Valerio  cum  Cindo  (bis  quoque  est 
enim  prorogatum  in  Sicilia  imperium)  Cannensis  exercitus  datus.  Vgl.  noch 
ib.  XXVI,  28,  3.  XXVII,  6.  8,  16.  26,  3.  28,  17.  29,  4. 

2.  Liv.  VII,  3,  7:  Volsiniis  quoque  clavos  indices  numeri  annorum 
fixos  in  templo  Kortiae  etruscae  deae  comparere  diligens  talium  monu- 
mentorum  auctor  Cincius  adfirmat.  Das  Präsens  comparere  hätte,  (mit 
Mercklin)  auf  einen  Cincius  des  7.  Jahrb.  bezogen,  keinen  anderen  Sinn 
als  bei  dem  älteren.  Auch  dtiert  Liv.  sonst  nie  andere  als  Geschichts- 
werke. Man  müsste  daher  (mit  Pluess  p.  17  ff*.  25  ff.)  an  einen  Zeitgenos- 
sen des  Livius  denken.  —  Sonstiges  über  das  Werk  des  Cinc.  bei  Dionjs. 

I,  6;  8.  oben  105,  1.  Ib.  79:  ubqI  91  tmv  i%  trjg  'lUag  ysvoiisvmv  Koiv- 
Tog  ulv  ^dßiog  .  .  co  AevKiog  xb  KCy%iog  xal  Kdtcav  ÜOffKiog  nal  TlCemv 
KaXnovQVLog  xofl   tcov  aXXav  avyyqcctpitov  ot  nXsiovg  rjvioXov^Tjaav.     Vgl. 

II,  38.  39,  Liv.  XXI,  38,  3—5:  L.  Cindus  Alimentus  .  .  maxime  auctor  me 
moveret,  nisi  confunderet  numerum  Qallis  Liguribusque  additis.  .  .  ex  ipso 
autem  audisse  [se]  Hannibale  etc.  Vertheidigimg  der  Angabe  des  Cindus 
bei  F.  Lachmann,  de  fönt.  Liv.  II.  p.  80  ff.  vgl.  Pluess  p.  5—8.  Dass  an- 
dere Schriftsteller  (z.  B.  Polybios)  ihn  nicht  erwähnen  mag  aus  der  Gleich- 
heit-des  Stoffes  mit  dem  Werke  des  berühmteren  Fabius  sich  erklären. 

3.  Die  Ueberreste  von  Cincius  bei  Krause  p.  63 — 68,  M.  Hertz,  Cinc. 
p.  17—21  und  C.  L.  Roth  (1852)  p.  259—262.  Abhandlungen:  H.  Liebaldt, 
bist.  rom.  reliq.  spec.  De  L.  Cincio  AI.  Diss.  Halle  1833,  p.  9  ff.  M.  Hertz, 
de  Luciis  Cinciis,  Cindorum  fragm.  ed.  Berlin  1842.  112  pp.  8.  Schweg- 
1er  I.  S.  78—80.  Qerlach,  röm.  Geschichtschr.  S.  44—52.  Kieserling,  de 
rer.  rom.  Script,  p.  18 — 22.  J.  Th.  Pluess,  de  Cinciis  rerum  rom.  scripto- 
ribus,  Bonn  1865.  45  pp.  vgl.  N.  Schweiz.  Mus.  VI  (1866)  S.  43  ff. 

4.  Dem  Cincius  werden  femer  zugeschrieben  (s.  Hertz  p.  32 — 60) 
ein  Buch  de  fastis  (Macrob.  Sat.  I,  12,  12  vgl.  K^yniog  iv  tm  negl  ioQ- 
rmv  bei  Lyd.  de  mens.  IV,  92  und  ib.  IV,  44:  KCy%iog  6  ^Pmpiaiog 
ffoqpKTTjfff) ,  de  comitiis  (Fest.  v.  patridos,  p.  241  M.),  de  consulum  po- 
testate  (Fest.  v.  praetor,  p.  241  M.),  de  offido  iurisconsulti  (wovon 
FestuB  V.  nuncupata  pecunia,  p.  173  M. ,  und  p.  321,  ein  zweites  Buch 
citiert),  mystagogica  (ein  zweites  Buch  bei  Fest.  v.  trientem,  p.  363  M.), 
de  re  militari  (aus  dem  3.,  5.  u.  6.  Buche  bei  GelL  XVI,  4),  de  verbis 
prisds  (bei  Fest.  bes.  p.  214.  277.  330.  M.).  Dass  alle  diese  staatsrechtlich 
antiquarischen  Schriften  von  einem  späteren   gelehrten  Juristen  Namens 


Prosaisten:  L.  Cincius  Alimentus.  M.  Porcius  Cato.  147 

Cincius  verfasst  sein  müssen  ist  augenscheinlich  und  durch  M.  Hertz  1.  1. 
p.  61  ff.  näher  nachgewiesen  worden.  Während  aber  Hertz  diesen  in  die 
Zeit  des  Cicero  setzt  und  mit  dem  in  den  Briefen  des  Cic.  yorkommenden 
L.  Cincius  identificiert,  hat  Pluess  p.  36  ff.  ihn  bis  in  das  augusteische  Zeit- 
alter herabgerückt,  wofür  die  Aufzählung  bei  Arnob.  adv.  gent.  IH,  38  und 
bei  Charis.  inst,  gramm.  I,  21,  124  =  p.  107  P.  =  p.  132,  30  K.  (Varro 
et  Tollins  et  Cincius)  spricht.  Er  müsste  also  mindestens  ein  jüngerer 
Zeitgenosse  des  Cicero  gewesen  sein.  Auch  vermutet  Pluess  dass  dieser 
CinduB  zugleich  (um  729  d.  St.)  Annalen  verfasst  habe,  welche  vielfach 
(z.  B.  von  Dionys.  Hai.)  mit  dem  Werke  des  gleichnamigen  alten  Anna- 
listen verwechselt  worden  seien,  zumal  da  der  jüngere  Cincius  das  Werk 
seines  Ahnen  in  sein  eigenes  'hineinverarbeitet  habe. 

107.  Der  eifrigste  Vertreter  der  nationalen  Richtung  in 
Leben  und  Literatur  ist  im  sechsten  Jahrh.  d.  Str.  M.  Porcius 
Cato,  geboren  zu  Tusculum  J.  520  d.  St.,  Quästor  550,  Aedil 
555,  Prätor  556,  Consul  559  =  195  v.  Chr.,  Censor  570  =  184, 
gestorben  605.  Eine  kernhafte,  tüchtige  Natur,  ihrer  Ziele  klar 
bewusst  und  sie  bald  mit  schroflFer  Energie,  bald  auch  mit  Schlau- 
heit verfolgend,  kampflustig  und  voll  Mutterwitz,  ist  Cato  das 
Urbild  eines  alten  Romers.  Aber  daneben  verräth  er  den  Ein- 
fluss  seiner  Zeit  in  der  Eitelkeit  womit  er  seine  Person  in  ein 
helles  Licht  zu  stellen  liebte  und  in  seinem  oft  unreinen  Egois- 
mus. In  der  Politik  besass  er  nicht  die  Weitsichtigkeit  seiner 
aristokratischen  Gegner,  aber  an  patriotischem  Wohlmeinen 
übertraf  ihn  Keiner.  Trotz  der  geringen  Achtung  die  er  vor 
aller  Schreiberei  bezeigte  war  er  doch  ein  fruchtbarer  Schrift- 
steller und  ist  sogar  der  erste  eigentliche  Prosaist  der  Römer. 

1.  Beinamen  des  Cato  (=  Sapiens):  Censor,  Censorius,  Orator,  spätei 
von  dem  üticensis  miterschieden  durch  den  Beisatz  piiscus  oder  superior. 
Vielseitigkeit;  s.  Quintil.  XII,  11,  23:  M.  Cato  idem  summus  imperator, 
idem  sapiens,  idem  orator,  idem  historiae  conditor,  idem  iuris,  idem  rerom 
msticanim  peritissimus  fuit.  Vgl.  Cic.  de  or.  III,  33,  135.  sowie  unten  110, 
2.  Liy.  XXXIX,  40  (beredte  und  warme  Charakteristik,  welche  aber  von 
den  Origines  nicht  eigens  spricht),  üeber  sein  Leben  und  seinen  Charakte»- 
8.  des  ComeUus  Nepos  und  des  Cicero  Cato,  Plutarchs  ß{og  Kdtcavog, 
Victor  vir.  ill.  47;  von  Neueren  bes.  W.  Drumann,  Gesch.  Roms  V.  S.  97 
— 148.  Ausserdem  J.  G.  Schneider,  de  M.  Porcii  Catonis  vita,  studiis, 
Bcriptis,  in  seinen  Scriptores  rei  rusticae,  T.  I.  G.  C.  Brillenburg,  de  .  . 
Catone  Ceusorio,  Lugd.  B.  1826.  W.  E.  Weber,  de  .  .  Catonis  vita  et  mo- 
libus,  Bremen  1831.  4.  Wilms,  Catonis  Censorii  vita  et  fragmenta,  Dort- 
mund 1839.  1843.  4.  Th.  Renvall,  de  .  .  Catone  Censorio,  Helsingförs  1845. 
EL  Dohm,  über  Cato  d.  Aelt.  und  dessen  Lebensverhältnisse ,  Itzehoe  1845. 

4.  W.  Teuffei,  in  Pauly's  R.  E.  V.  S.  1904—1911.    Mommsen  R.  G.  I*. 

5.  846  ff. 

2.  J.  H.  V.  Bolhnis,  diatribe  in  .  .  Catonis  scripta,  Utrecht  1826.  A.  Lion, 

10* 


148  Sechstes  Jahrhundert  d.  St. 

Catoniana,  sive  .  .  Catonis  Censorii.  quae  supersunt  operum  fragmenta, 
Götti.  1826.  H.  Jordan,  M.  Catouis  praeter  librum  de  re  rustica  quae  ex- 
stant,  Lips.  1860  (CIX  pp.  Prolegomena  und  135  pp.  fragmenta).  0.  Rib- 
beck, M.  Pore.  Cato  Cena.  als  Schriftsteller,  im  Neuen  Schweiz.  Museum  I 
(Bern  1861)  S.  7 — 33.  Auch  H.  Jordan,  Quaestionum  Caton.  capita  II, 
Berlin  1856. 

3.  Cic.  Brut.  18,  69  yon  Cato:  cum  ita  sit  ad  nostrorum  temporum 
rationem  yetus  ut  nullius  scriptum  exstet  dignum  quidem  lectione  quod  sit 
antiquius.  Vgl.  ib.  16,  61:  nee  yero  habeo  quemquam  antiquiorem,  cuius 
quidem  scripta  proferenda  putem,  nisi  quem  Appi  Caeci  oratio  .  .  et  non- 
nullae  mortuorum  laudationes  forte  delectant.  Aber  der  Erste  welcher 
eine  grössere  Anzahl  yon  Schriften  (und  theiVweise  yon  grösserem  Umfange) 
in  lateinischer  Prosa  yerfasste  und  herausgab  ist  Cato  unzweifelhaft. 

108.  An  allen  öffentlichen  Angelegenheiten  bis  an  sein 
Lebensende  aufs  Eifrigste  sich  betheiligend  und  mit  der  herr- 
schenden Partei  und  der  hellenisierenden  Zeitströmung  uner- 
müdlicK"  im  Kampfe  liegend  hatte  Cato  reichste  Gelegenheit 
seine  angeborene  Redegabe  zu  erproben.  Er  war  aber  auch  der 
erste  Römer  welcher  in  grösserem  Massstabe  seine  Reden  nieder- 
schrieb und  herausgab.  Cicero  kannte  deren  mehr  als  150,  wir 
nur  von  80,  vom  Consulatsjahre  Cato's  ab,  Bruchstücke  oder 
Anlässe.  Diese  80  vertheilen  sich  ungefähr  gleichmässig  zwi- 
schen gerichtliche  und  politische  (im  Senat  oder  vor  einer  Volks- 
versammlung gehaltene)  Reden.  Die  Ueberreste  zeigen  eine  un- 
gekünstelte Beredtsamkeit,  die  sich  aber  trefflich  versteht  auf 
alle  wirksamen  Tonarten,  Scherz  und  Ernst,  Selbstlob  und 
schneidenden  Spott. 

1.  Ungenau  Cornel.  Nep.  Cat.  3,  3:  ab  adolescentia  oonfecit  (vielmehr 
habuit)  orationes.  Richtiger  lässt  Cicero  (Cato  mai.  11,  38)  ihn  sagen: 
causanun  illustrium  quascumque  defendi  nunc  (in  senectute)  cum  maxime 
conficio  orationes.  Unter  den  uns  als  veröffenthcht  bekannten  sind  auch 
solche  welche  nachweishch  nicht  wirklich  gehalten  worden  sind  (in  M.'  Ad- 
lium  vom  J.  565,  s.  Jordan  p.  LXXVl).    Vgl.  oben  36,  7. 

2.  Cic.  Brut.  17,  65:  refertae  sunt  orationes  amplius  centum  quinqua- 
ginta,,  quas  quidem  adhuc  inyenerim  et  legerim,  et  yerbis  et  rebus  illustri- 
bus.  Die  auf  uns  gekommenen  Titel  und  Bruchstücke  sind  gesammelt 
(ausser  von  Bolhuis  und  Lion,  s.  107,  2)  von  H.  Meyer,  orat.  rom.  fragm.* 
p.  11 — 151  (der  es  auf  93  Reden  brachte)  und  gesichteter  von  H.  Jordan, 
Caton.  q.  exst.  p.  33 — 74  vgl.  p.  LXI — XCVIII.  Uebersicht  p.  XCV:  earum 
quas  Cognovimus  Catonis  orationum  dimidia  fere  pars  in  iudiciis  causisque 
versatur,  in  suadendis  dissuadendisque  legibus  atque  in  seutentiis  senato- 
riis  altera  pars.  Civilrechtliche  Fälle  behandelten  mehrere ;  ib.  p.  LXXXVII 
— LXXXIX.  Selbstvertheidigungen  kennen  wir  nur  sechs  (ib.  p.  XCV  f.), 
während  wir  doch  wissen  dass  Cato  44mal  sich  von  Gegnern  angeklagt 
sah,   ohne  indessen  jemals  verurteilt  zu  werden  (Pliii.  N.  H.  VII,  27-,  100. 


Prosaisten:  M.  Porcius  Cato  (Reden  und  Origines).  149 

Victor  vir.  ill.  47,  7.  Plut.  Cat.  16.  comp.  2.  Val.  Max.  III,  7,  7.  Ampel,  lib. 
mem.  19,  8).  Die  Reden  dieser  Art  waren  der  Natur  der  Sache  nach  Im- 
proyisatioueu,  und  Cato  mochte  wohl  auch,  nicht  selbst  dazu  beitragen  die 
gegen  ihn  erhobenen  Anschuldigimgen  auf  die  Nachwelt  zu  bringen.  Ue- 
berdiess  waltete  hier  der  Zufall,  da  Liv.  XXXIX,  40  unter  seinen  scripta 
omnis  generis  auch  orationes  pro  se  multae  auffuhrt. 

3.  Die  Reden  des  Cato  erhielten  sich  durch  die  Bhetoren  und  Gram- 
matiker, sowie  durch  die  Alterthümelei  des  zweiten  Jahrh.  (wie  Hadriau  Ci- 
ceroni  Catonem  praetulit,  Spart.  Hadr.  16,  6)  verhältnissmässig  lange.  Im 
vierten  christl.  Jahrh.  kannte  sie  Servius  (ad  Aen.  VlI,  259.  XI,  301)  und 
Marius  Victorinus  (Boeth.  in  Cic.  Top.  I.  p.  271  Or.).    Jordan  p.  XCVI. 

4.  Die  beste  (Jordan  p.  XCVII  f )  Charakteristik  der  Redeweise  des 
Cato  gibt  Gellius,  N.  A.  VI,  3,  17  ff.  52  f.,  wo  z.  B.  (53):  ea  omnia  distin- 
ctius  numerosiusque  fortassean  dici  potuerint,  fortius  atque  vividius  potuisse 
dici  non  videntur.  Die  Schilderungen  des  Cicero  (bes.  Brut.  16,  63  ff.  85, 
293  f.  auch  de  or.  I,  37,  171.  orat.  45,  152)  sind  theils  phraseologisch  ver- . 
schwömmen,  theils  getrübt  durch  das  Bestreben  den  Cato  als  Schild  und 
ab  Folie  für  sich  selbst  zu  benützen.  Verständig  Quintil.  II,  5,  21.  Im 
Allgemeinen  z.  B.  Ampel.  19,  8:  hie  est  omuium  rerum  peritissimus  et,  ut 
Sallustio  Crispo  videtur,  romani  generis  disertissimus.  Doch  schrieb  schon 
Verrius  Flaccus  de  obscuris  Catonis  (Gell.  XVII,  6,  2  f ).  Neuere  Literatur 
über  Cato  als  Redner:  £.  Schober,  diss.  de  Catone  Cens.  oratore,  Neisse 
1826.  4.  F.  Ellendt,  historia  eloq.  rom.  13 — 15.  A.  Westermann,  Gesch. 
d.  röm.  Beredts.  23—27,  S.  37—53. 

109.  Cato  verfasste  ferner  die  erste  römische  Geschichte  in 
lateinischer  Prosa,  mit  seinen  sieben  Büchern  Origines,  die  er 
in  seinen  späteren  Lebensjahren  begann  und  fast  bis  zu  seinem 
Tode  fortführte.  Das  Werk  zog  auch  die  übrigen  Volksstämme 
Italiens,  einschliesslich  Oberitaliens,  in  seinen  Kreis  und  be- 
handelte auch  das  Ethnographische  und  Culturgeschichtliche  in 
einem  Umfange  welcher  gleichfalls  ohne  Nachfolge  blieb.  Im 
Uebrigen  war  die  Darstellung  in  der  Weise  der  Annalisten  ge- 
halten, bald  mager,  bald  ausführlich  und  sogar  für  die  Auf- 
nahme ganzer  Reden  des  Verfassers  Raum  findend. 

1.  ComeL  Nep.  Cat.  3,  3  f. :  senex  (also  wohl  nicht  yor  dem  sechszig- 
sten  Lebensjahre,  580  d.  St.)  historias  scribere  instituit.  eariim  simt  libri 
YII.  primns  coutinet  res  gestas  regum  populi  rom.;  secundus  et  tertius 
nnde  quaeque  civitas  orta  sit  italica;  ob  quam  rem  omnes  Origines  vide- 
tor-  appellasse.  in  quarto  autem  bellum  poenicum  est  primum  (wohl  nebst 
summarischer  Darstellung  der  ihm  vorausgehenden  Jahrhunderte  der  Re- 
publik), in  quinto  secundimi.  atque  haec  omnia  capitulatim  sunt  dicta 
mach  den  Hauptsachen,  unter  Hervorhebung  besonders  bezeichnender  Hand- 
lungen und  Aeusserungen,  Jordan  p.  LIV).  reliquaque  bella  pari  modo 
penecutuB  est,  usque  ad  praeturam  Ser.  Galbae  (vielmehr  bis  605,  s.  A.  2) 
qm  diripoit  Luedtanos.    atque  herum  bellorum  duces  (z.  B.  Hannibal,  Ma- 


150  Sechstes  Jahrhundert  d.  St. 

harbal;  aber  sicher  auch  die  römischen,  aus  den  dem  Verf.  so  wenig  theuren 
Adelsgeschlechtern ;  vgl.  Plin.  N.  H.  VIII,  5,  11:  Cato,  cum  imperatorum 
nomina  annalibus  detraxerit,  eum  qui  fortissime  proeliatus  esset  in  poenica 
acie  Summ  tradidit  vocatum)  non  nominavit,  sed  sine  nominibus  res  nota- 
vit.  in  eisdem  exposuit  quae  in  Italia  Hispaniisque  aut  fierent  aut  vide- 
rentur  admiranda  (bemerkenswerth,  Q'civßdaLci,  nagdöo^d).  in  quibus  (wohl 
überhaupt  den  Origines)  multa  industria  et  diligentia  comparet,  nulla  doc- 
trina  (keine  Bücherkenntniss,  s.  Jordan  p.  LX).  Dionys.  Ant.  1,  11:  Uoq- 
mog  KcizcDVt  6  rag  yBViaXoyCag  tmv  iv  ^IzaXia  noXfcav  iniueXiöTata  avv- 
ayayoiv.  ib.  74:  Kdratv  UoQyiiog  bIXtjvl'kov  filv  ov%  OQL^st,  XQ^'^^^  i^^^ 
Gründungsjahr  Roms),  inifisX-qg  dl  yevofievog  tl  %(xi  xig  akXog  nsgl  trjv 
awayonyriv  rijg  ccQxaioXoyoviiivrjg  taxoqCag  iteaiv  dno(paivsL  dval  %al 
TQKX'üOvta  xofl  tttQa%oaioig  vatSQOvanv  tdiv  ^JXiattmv.  6  öl  xQOvog  ovxog 
dvafiSTQTjd'slg  taig  'EQccToad'ivovg  (der  die  Zerstörung  Trojas  1183  setzte) 
XQOvoyqatp^aig  nntd  to  nQCOtov  itog  nintsi  trjg  ißdofirjg  6Xv(inidiitog.  (1183 
—432  =  761.) 

2.  Der  Titel  Origines  (Urgeschichte)  erklärt  sich  am  besten  bei  der 
Annahme  dass  die  drei  ersten  Bücher  zuerst  allein  erschienen.  Vom  sie- 
benten Buche  wenigstens  ist  gewiss  dass  es  erst  nach  den  andern  ausge- 
arbeitet und  veröffentlicht  wurde;  s.  Cic.  Brut.  23,  89:  Lusitanis  a  Ser. 
Galba  praetore  (J.  603)  .  .  interfectis  T.  Libone  tribuno  pl.  (605)  populum 
incitante  .  .  M.  Cato  legem  suadens  in  Galbam  multa  dixit;  quam  oratio- 
nem  in  Origines  suas  rettulit,  paucis  antequam  mortuus  est  diebus  an  men- 
sibus.  Vgl.  Cato  bei  Cic.  Cato  mai.  (Scene  J.  604)  11,  38:  septimus  mihi 
liber  Originum  est  in  manibus.  Gell  XIII,  26  (24),  15:  Cato  ex  Originum 
septimo,  in  oratione  quam  contra  Ser.  Galbam  dixit.  Die  Herausgabe  der  drei 
ersten  Bücher  könnte  um  688  erfolgt  sein^  da  das  Alter  von  Ameria  darin 
nach  dem  Kriege  mitPerseus  bestimmt  war  (Plin.  N.  H.  III,  14,  114:  Ame- 
riam  .  .  Cato  ante  Persei  bellum  conditam  annis  DCCCCLXIV  prodit). 
Uebrigens  war  die  ins  fünfte  Buch  aufgenommene  Bede  Catos  pro  Rhodi- 
ensibus  gleichfalls  schon  aus  J.  586  =  168  v.  Chr.  Würde  man  daher  die 
ursprüngliche  Veröffentlichung  auf  5  Bücher  erstrecken,  so  wäre  der  Titel 
a  parte  potiori  gewählt,  da  die  Hereinziehung  der  Urgeschichte  auch  des 
übrigen  Italien  Cato  eigenthümlich  war,  während  er  für  die  Urgeschichte 
Roms  an  Fabius  Pictor  einen  Vorgänger  hatte,  dem  er  hier  manchmal 
folgte  (vgl.  Dionys.  ant.  I,  79),  und  auch  die  Geschichte  der  beiden  puni- 
schen  Kriege  von  jenem  vorher  bearbeitet  war.  Jordan  p.  XXIV :  qui  li- 
bros  Septem  ab  Aeneae  adventu  ad  Ser.  Galbae  praeturam  pertinentes 
'Origines'  nominavit  satis  .  .  monstravit  sese  res  romauas  ab  origine  re- 
petitas  vel  ab  origine  libros  VH  composuisse.  Aber  dieselbe  Ausdehnung 
hatten  die  Werke  fast  aller  Annalisten,  ohne  dass  doch  der  Titel  Origines 
sonst  jemals  gewählt  worden  wäre. 

3.  Historiae  das  Werk  zu  nennen  berechtigte  sein  allgemeiner  Inhalt; 
so  Cornel.  Nep.  1.  1.  und  Serv.  Aen.  VI,  842:  Cato  Censorius,  qui  scripsit 
historias.  Plut.  Cat.  25:  awstdcttsto  Xöyovg  xs  navtoSanovg  xal  tctogiccg, 
Zusammenstellung  mit  den  Annalisten  bei  Cic.  de  or.  ü,  12,  61:  Graeci 
quoque  ipsi  sie  initio  scriptitarunt  ut  noster  Cato,  ut  Pictor,  ut  Piso.  De 
leg.  I,  2,  6:  post  annales  pontificum  maximorum  .  .  si  aut  ad  Pabium  aut 


Prosaisten:  M.  Porcius  Cato  (Origines  und  Praecepta).  151 

ad  .  .  Catonem  aut  ad  Pisonem  aut  ad  Fannium  aut  ad  Vennonium  venias. 
Plin.  N  H.  Vin,  5,  11  (vgl.  oben  A.  1)  nennt  die  Origines  geradezu  an- 
Dales.  Abweichend  von  der  Art  der  Annalisten  war  jedenfalls  auch  die 
Aufnahme  von  Reden  des  Verfassers,  wie  Cato  überhaupt  haud  sane  de- 
trectator  laudum  suarum  (Liv.  XXXIV,  15,  9)  war.  Diese  Beden  scheinen 
später  eigens  zusammengestellt  worden  zu  sein  und  dadurch  (wie  die  aus 
SaUuste  Historiae)  das  Werk  selbst  dem  sie  ursprünglich  angehörten  über- 
lebt zu  haben  (vgl.  Jordan  p.  LVIII). 

4.  Sammlung  der  Ueberreste  der  Origines  bei  Krause  p.  89  ff. ,  C.  L. 
Roth  p.  266—288,  H.  Jordan  p.  3—30  vgl.  p.  XIX— LXI.  A.  Wagner,  .  . 
Orig.  fragmenta  emendata,  disposita,  iUustrata,  Bonn  1849.  68  pp.  8.  A.  Bor- 
mann,  .  .  Originum  libri  VII.  Reliquias  disposuit  et  de  instituto  operis 
dispntavit.  Brandenburg  1858.  48  pp.  4.  U.  Jordan  in  Jahns  Jahrbb.  LXXIX. 
S.  424—433.  J.  Vahlen,  Ztschr.  f.  östr.  Gymn.  1859,  S.  480—489.  Auch 
W.  Fröhner,  Philologus  XV.  S.  350  f.  Schwegler  R.  G.  I.  S.  81—84.  Ger- 
lach, Geschichtschr.  8.  55—58.    L.  Eieserling,  de  rer.  Script,  p.  23—29. 

110.  In  der  Form  von  Lehren  für  seinen  Sohn  veröflFent- 
lichte  Cato  auf  seine  Erfahrungen  gegründete  Anleitungen  zur 
Landwirtschaft^  Gesundheitspflege,  Beredtsamkeit;  wohl  auch 
zur  Kriegführung,  sowie  vielleicht  zur  Handhabung  des  Rechts. 
Namentlich  aus  den  drei  ersten  Gebieten  zeugt  manches  trefiende 
Wort  von  seinem  Scharfblick.  Auch  verfasste  er  für  seinen 
Sohn  Lebensregeln  in  gebundener  Form  und  richtete  an  ihn 
Briefe.  Wie  er  die  Witzworte  Anderer  gesammelt  und  heraus- 
gegeben hatte,  so  sammelte  man  bald  auch  die  seinigen;  über- 
diess  lehnten  sich  im  Mittelalter  Spruchsammlungen  an  seinen 
Namen  an. 

1.  0.  Jahn,  über  römische  Encyclopädien,  Berichte  d.  sächs.  G.  d.  W. 
1860,  S.  263-273.  281.    H.  Jordan,  Caton.  q.  exst.  p.  XCIX  ff. 

2.  Der  sachlich  passendste  Titel  für  das  didaktische  Hauptwerk  des 
Cato  ist  praecepta  ad  filium  (Non.  t.  mediast.,  p.  143).  Daneben  finden 
sich  allgemeine  Angaben,  wie  ad  filium,  libri  quos  scripsit  ad  filium  (Serv. 
Georg  II,  95),  oder  besondere  Bezeichnungen,  die  entweder  der  Form  ent- 
nommen sind  (oratio,  epistula)  oder  dem  Inhalt  (de  agricultura,  de  ora- 
tore).  Zweifelhaft  ist  dann  femer  der  Umfang  dieses  Werkes.  War  Cato 
aach  omnium  bonarum  artium  magister  (Plin.  N.  H.  XXXV,  2,  2  vgl.  XIV, 
4,  44:  insignis  .  .  claritate  litterarum  praeceptisque  omnium  rerum  expe- 
tendarum  datis  generi  romano)  und  konnte  Cic.  (de  or.  III,  33,  135)  von 
ihm  sagen:  nihil  in  hac  civitate  temporibus  iUis  sciri  discive  potuit  quod 
illo  non  cum  investigarit  et  scierit  tum  etiam  conscripserit,  so  fragt  es  sich 
doch  ob  diese  umfassende  Schriffcstellerei  in  einem  einzigen  Werke  bei  ein- 
ander war.  Vorschriften  über  Landwirtschaft  enthielten  die  libri  ad 
filinm  jedenfalls ;  s.  Jordan  p.  78  f.  CI  f ;  ebenso  war  die  Polemik  gegen 
die  griechischen  Aerzte  (ygl.  oben  45,  1)  und  mancherlei  Gesundheitsre- 
geln an  seinen  Sohn  gerichtet  (0.  Jahn  S.  265—268.  Jordan  p.  77  f);  nicht 


152  Sechstes  Jahrhundert  d.  St. 

minder  Begehi  fiir  den  Redner  (Jordan  p.  80),  um  deren  willen  ihn  Qnintil. 
III,  1, 19  für  den  ersten  Römer  erklärt  der  condidit  aliqua  in  hac  materia. 
Dass  die  Anleitung  sich  auch  auf  das  Kriegswesen  erstreckte,  somit  der 
Über  de  re  militari  (Jordan  p.  80—82  vgl.  p.  CII  f.)  ein  Bestandtheil  der 
praecepta  ad  filium  gewesen  wäre  (Jahn  S.  270  f.),  ist  an  sich  ganz  glaub- 
lich, wird  aber  durch  die  üeberreste  nicht  unterstüzt,  da  sich  in  diesen 
weder  eine  Anrede  noch  eine  besondere  Berücksichtigimg  des  Standpunktes 
eines  Lernenden  erkennen  lässt.  Vgl.  Köchly  und  Rüstow,  griech.  Kriegs- 
schriftsteller n  (1855)  S.  61-65.  Noch  mehr  gilt  diess  von  Cato's  juristi- 
schen Schriften,  deren  er  jedenfalls  verfasst  hat  (Cic.  de  or.  III,  33,  135: 
num  quia  ius  dvile  didicerat  causas  nou  dicebat?  aut  quia  poterat  dicere 
iuris  scientiam  neglegebat?  utroque  in  genere  et  elaboravit  et  praestitit. 
Pompon.  Dig.  I,  2,  2,  38:  deinde  —  nach  den  Aelii  —  M.  Cato,  princeps 
Porciae  familiae,  cuius  et  libri  exstant,  sed  plurimi  Marci  filii  eins,  ex  qui- 
bus  ceteri  oriuntur,  Mommsen  ordiuntur).  Aber  da  sein  Sohn  auf  diesem 
Gebiete  berühmter  wurde,  so  ist  das  Citat  bei  Festus  p.  157  M.  (Cato  in 
commentariis  iuris  civilis),  sowie  Cic.  de  or.  II,  33,  142  eher  auf  diesen  zu 
beziehen;  s.  114,  6.  Was  sicher  den  praecepta  angehört  lässt  diese  als 
eine  Art  Noth-  und  Hülfs- Büchlein  für  einen  jungen  Römer  erscheinen, 
eigeuthümlich  gefärbt  durch  die  originelle  energische  Persönlichkeit  des 
Verfassers,  zeugend  (wie  auch  die  dicta)  von  einer  merkwürdigen  Gabe 
den  Nagel  auf  den  Kopf  zu  treffen  (z.  B.  rem  tene,  verba  sequentur) ,  und 
in  kategorischem,  fast  orakelhaftem  Tone  gehalten. 

3.  Dass  der  liber  Catonis  qui  inscriptus  est  carmen  de  moribus  (Gell. 
XI,  2,  2  vgl.  Non.  p.  465)  den  praecepta  angehört  habe  macht  liber  wie 
Carmen  unwahrscheinlich.  Wenn  es  ein  Versmass  hatte  (vgl.  oben  51,  2), 
so  war  diess  ohne  Zweifel  das  satumische  (Ritschi,  Vahlen,  Jordan);  doch 
lassen  die  wenigen  üeberreste  (Jordan  p.  82  f.)  dieses  nur  theilweise  er- 
kennen. Vgl.  Ritschi,  poes.  Saturn,  spicileg.  I.  Bonn  1854.  4.  p.  7  ff .  J. 
Vahlen,  Ztschr.  f.  d.  östr.  Gymn.  1859,  S.  469—477.  H.  Jordan  p.  CHI  f. 
Für  trochäische  Septenare  sprachen  E.  Kärcher  (Philologus  Vm.  S.  727— 
731  vgl.  IX.  S.  412—425)  und  A.  Böckh  (Monatsber.  der  Berl.  Akad.  Mai 
1854,  S.  264  —282),  für  Sotadeen  A.  Fleckeisen  (Catonianae  poesis  reliquiae, 
Lips.  1854). 

4.  Briefe  des  Cato  an  seinen  Sohn  werden  erwähnt  von  Cic.  (de  off. 
I,  11,  10)  und  Plutarch  (Cato  mai.  20.  Quaest.  rom.  39),  ohne  dass  die  Art 
der  Anführung  auf  einen  Bestandtheil  der  praecepta  hinwiese.  Ob  Cato 
auch  an  Andere  gerichtete  Briefe  veröffentlichte  ist  unsicher.  Jordan  p.  83 f. 
vgl.  p.  CIV  f. 

5.  Cic.  off.  I,  29,  104:  multa  multorum  facete  dicta,  ut  ea  quae  a  sene 
Catone  collecta  sunt,  quae  vocant  'Anotpd'iyfiata.  Plut.  Cato  mai.  2  extr.: 
fisd'rjQfirjvsvfiiva  (aus  dem  Griechischen)  noXXa  %atä  Xi^tv  iv  toig  'Ano- 
(pd'iyiiciöi  xal  xaCg  yvafioXoyiaLg  (Witzworte  und  Sentenzen,  wohl  zwei 
Arten  derselben  Gattung)  xcTaxTat.  Vgl  Jordan  p.  CVl  und  83,  Rhein. 
Mus.  XIV.  S.  261—283,  und  in  Jahns  Jahrb.  73,  S.  384-391. 

6.  Die  eigenen  dicta  des  Cato  scheinen  bald  nach  seiner  Zeit  gesam- 
melt worden  zu  sein,  aus  persönUcher  Erinnerung  wie  aus  seinen  Schriften. 
Cicero  und  Cornelius  Nepos  kannten  ohne  Zweifel  schon  eine  solche  Samm- 


Prosaisten:  M.  Porcius  Gato  (de  re  rustica  u.  A.).  153 

long;  die  meisten  aber  hat  Plutarcb  überliefert;  Zusammenstellnng  bei 
Jordan  p.  97—111  vgl.  p.  CVIf.  Viel  später  wurden  aus  seinen  Schriften 
(bes.  Beden)  scharfe  Unterscheidungen  synonymer  Ausdrücke  von  Gram- 
matikern ausgehoben,  was  das  Missverständniss  erzeugte  als  hätte  er  selbst 
über  Synonymik  (differentiarum  über)  geschrieben;  Jordan  p.  CVII  f.  In 
mittelalterlichen  Spruchsammlungen  wurden  auch,  aber  aus  sehr  abgelei- 
teten Quellen,  Sprüche  des  Cato  aufgenommen;  der  Titel  Catonis  (oder 
Cat.  alterius,  des  neuen  Cato)  sententiae  will  sie  aber  nur  als  Weisheits- 
sprüche bezeichnen',  wobei  der  „neue"  Cato  vielleicht  auf  den  Verfasser 
der  Distichen  de  moribus,  den  Dionysius  Cato  oder  Ethicus,  hindeuten  soll. 
R  Jordan  p.  CVm  und  Rhein.  Mus.  XIV.  S.  277—280. 

111.  Vollständig  erhalten  ist  uns  von  sämmtlichen  Schrif- 
ten des  Cato  nur  das  Buch  de  re  rustica,  eine  für  ein  be- 
stimmtes Gut  (des  L.  Manlius)  bei  Casinum  und  Venafrum  be- 
rechnete Anleitung  zu  dessen  Bewirtschaftung.  Auf  den  ersten 
sjstematischen  Theil  folgt  in  ziemlicher  Unordnung  eine  bunte 
Menge  von  Recepten,  Haushaltungsregeln,  Formeln  für  Kauf 
und  Miethe,  für  Opfer  und  sympathetische  Curen.  Der  Ton 
entspricht  der  schroffen  Weise  des  Cato:  aphoristisch  hinge- 
worfene kurze  Sätze  von  grosser  Bestimmtheit  lösen  einander 
ab.  Die  Sprache  hat  nicht  viel  Alterthümliches;  daher  in  der 
Schrift  uns  eine  spätere  üeber arbeitung  vorliegen  wird,  zu  wel- 
cher der  Inhalt  wie  der  Mangel  eines  erkennbaren  Planes  einlud. 

1.  Text  in  den  Sammlungen  der  scriptores  rei  rusticae;  s.  oben  44,  2. 
Besonderer  Abdruck  cura  Haynisch,  Schleiz  1743.  Uebersetzt  von  G.  Gross 
(Halle  1787),  Ganter  (Donaueschingen  1844).  Erhaltung  in  der  ursprüng- 
lichen Gestalt  (allmähliche  Entstehung  aus  gelegentlich  gemachten  Auf- 
zeichnungen für  den  Privatgebrauch)  behauptet  R.  Klotz,  über  die  ursprüng- 
liche Gestalt  von  Cato*s  Schrift  de  r.  r.,  in  Jahns  Jahrbb.  Suppl.  X  (1844). 
8.  6  flf.  vgl.  seine  lateinische  Literaturgeschichte  I.  S.  22 — 24;  üeberarbei- 
tong  H.  Eeü,  observationes  criticae  in  Catonis  et  Yarronis  de  r.  r.  libros 
(Halle  1849.  101  pp.  8.),  bes.  p.  65  -76.  Zur  Textkritik  H.  üsener  im  Rhein. 
Muß.  XIX.  S.  141—144. 

2.  Die  Beziehung  auf  ein  bestimmtes  Gut  hat  nachgewiesen  K.  W. 
Kitzsch,  über  Cato's  Buch  vom  Landbau,  Zeitschr.  f.  d.  Alt.  Wiss.  1845, 
Nr.  62 — 64,  S.  493 — 511.  Daraus  erklärt  sich  die  besondere  Berücksichti- 
gung des  Weinbaus  (Casinum)  und  Oliveubaus  (Venafrum),  während  vom 
Getreidebau  wenig  die  Rede  ist,  weil  auf  dem  Gute  des  L.  Manlius  die 
Aecker  verpachtet  waren.  Ungenau  daher  Varro  (R.  R.  I,  2,  28) :  in  magni 
illius  Catonis  libro  qui  de  agri  cultura  est  editus.  Dagegen  bei  Cic.  Cato 
m.  15,  54:  in  eo  libro  quem  de  rebus  rusticis  scripsi.  Ein  Theil  des  Gu- 
te«, der  zur  Winterweide  bestimmte,  bestand  auch  aus  ager  pubUcus.  So- 
gar Handwerkeradressen  aus  Casinum  imd  Venafrum  c.  135.  Ueber  die  in 
der  Schrift  vorkommenden  Pflanzen  s.  E.  Meyer,  Gesch.  der  Botanik  L  S. 
341—347. 


^is 


154  Sechstes  Jahrhundert  d.  St. 

3.  Bezeichnend  für  den  Geist  und  Ton  ist  namentlich  c.  143  über  die 
vilica,  z.  B.:  ea  te  metuat.  facito  ne  nimium  luxuriosa  siet.  vicinas  alias- 
que  mulieres  quam  minimum  utatur,  neve  domum  neve  ad  sese  redpiat. 
ad  cenam  ne  quo  eat  neve  ambulatrix  siet.  rem  divinam  ni  faciat  .  .  . 
scito  dominum  pro  tota  familia  rem  divinam  facere.  munda  siet.  viUam 
conversam  mundamque  habeat.  u.  s.  f. 

112.  Zeitgenossen  des  Cato  die  wir  als  Redner  kennen  sind 
Q.  Fabius  Maximus  (Cunctator),  Q.  Caecilius  Metellus,  M.  Cor- 
nelius Cethegus,  P.  Licinius  Crassus  (Dives),  der  ältere  Africa- 
nus,  der  Vater  der  beiden  Gracchen,  sowie  L.  Papirius  und  L. 
Paulus. 

1.  Q.  Fabius  Q.  f.  Q.  n.  Maximus  Verrucosus,  Cos.  521,  526,  539,  540, 
545;  Censor  624;  Dictator  537;  s.  A.  Haakh  in  Pauly's  R.  E.  VI,  2.  S.  2901 
—2911.  Cic.  Cato  m.  4,  12:  multa.  in  eo  viro  praeclara  cognovi,  sed  nihil 
est  admirabilius  quam  quo  modo  ille  mortem  filii  tulit,  clari  viri  et  con- 
sularis.  est  in  manibus  laudatio;  quam  cum  legimus,  quem  philosophum 
non  contemnimus?  Plut.  Fab.  1:  diaaco^stai  avtov  Xoyog  ov  slnsv  Iv  xta 
d'^fop,  TOv  Tcaidog  avxov  usd'*  vnatstav  ditod'avövtog  iyyioifiLOv.  ib.  25: 
z6  d'  iyKoifiiov  .  .  aitog  slns  "nataaTocg  iv  ayoga  xal  ygatpag  tov  Xoyov 
i^idayisv.  Ob  „Fabius  Maximus:  amitti  quam  apisci*'  bei  Priscian.  VTII. 
p.  380,  16  f.  Htz.  daraus  ist  steht  nicht  fest;  s.  Hertz  zu  d.  St.  Der  Sohn 
(Cos.  541)  wird  nicht  vor  J.  648  gestorben  sein;  s.  Haakh  a.  a.  0.  S.  2911, 
Nr.  32. 

2.  Q.  Metellus,  Cos.  648;  s.  Haakh  a.  a.  0.  IL  S.  23,  Nr.  3.  Plin.  N. 
H.  Vn,  43:  Q.  Metellus  in  ea  oratione  quam  habuit  supremis  laudibus  pa- 
tris  sui  L.  MetoUi  (Cos.  503 ;  Dictator  530)  .  .  .  scriptum  reliquit  etc.  Vgl. 
Cic.  Brut.  14,  57. 

3.  M.  Cornelius  Cethegus,  Cos.  550,  gestorben  558;  s.  C.  Krafft  in 
Pauly's  R.  E.  U.  S.  686,  Nr.  1.  Als  Redner  gepriesen  von  Q.  Ennius,  s. 
Cic.  Brut.  15,  57—59.  Cato  m.  14,  50.    Enn.  ed.  Vahlen.  p.  45  f.  IV  f. 

4.  P.  Licinius  Crassus  Dives,  Cos.  549,  f  571;  s.  W.  Teuffer in  Pauly's 
R.  E.  IV.  S.  1054  f.  Nr.  10.  Liv.  XXX,  1,5:  facundissimus  habebatur  sen 
causa  oranda  seu  in  senatu,  ad  populum  suadendi  ac  dissuadendi  locus 
esset;  iuris  pontificii  peritissimus.  Vgl.  Cic.  de  or.  UI,  33,  134.  Cato  mai. 
20,  50  (et  pontificii  et  civilis  iuris  studium). 

5.  Der  ältere  Africanus  (Cos.  549  u.  560),  f  um  570;  s.  C.  Krafft  a.  a. 
0.  II.  S.  654—661.  Cic.  Brut.  19,  77:  ipsum  Scipionem  accepimus  non  in- 
fantem  fuisse.  Liv.  XXXIX,  52,  3:  tribunus  pl.  M.  Naevius  (J.  567  oder 
569),  adversus  quem  oratio  inscripta  P.  Africani  est.  vgl,  XXXVIH,  56. 
Gell.  rV,  18,  6:  fertur  etiam  oratio  quae  videtur  habita  eo  die  aScipione; 
et  qui  dicunt  eam  non  veram  u.  s.  w.  Cicero  glaubte  nicht  an  ihre  Echt- 
heit; s.  Oü'.  III.  1,  4:  nulla  eins  ingenii  monumenta  mandata  litteris;  und 
sicher  war  sie  apokryph,  s.  Nissen,  krit.  Unters.  S.  51.  üeber  seinen 
Sohn  s.  116,  3;  über  seinen  Schwiegersohn  Nasica  s.  116,  4.  Auch  denLae- 
lius  dieses  Africanus  rühmt  als  politischen  Redner  Sil.  It.  XV,  453 — 458. 


ProsoiBten :  Redner.  C.  Sulpicius  Gallae.  *  C.  Titius  u.  A.  155 

6.  Ti.  Semproniua  P.  f.  Ti.  n.  Gracchus,  Cos.  677  u.  691,  Censor  686; 
8.  A.  Haakh  a.  a.  0.  VI,  1.  S.  978  —  981.  Cic.  Brut.  20,  79:  erat  isdem 
temporibos  Ti.  Gracchus  .  .  cuius  exstat  oratio  graeca  apud  Bhodios  (J. 
^9  oder  693).  quem  civem-cum  gravem  tum  etiam  eloquentem  constat 
foisse.  Auch  von  ihm  (vgl.  A.  6)  gab  es  eine  apokryphe  (Vertheidigungs-) 
Bede  in  dem  Processe  seines  Schwiegervaters,  des  älteren  A&icanus;  b. 
Liv.  XXXVin,  66,  2  ff.  Von  seiner  Gattin,  Cornelia,  sind  in  den  Hdss. 
des  Cornelius  Nepos  zwei  grössere  Bruchstücke  eined  Briefes  au  ihren 
Sohn  Gajus  (vom  J.  630)  erhalten.  Dass  es  Briefe  von  ihr  im  Alterthum 
gab  ist  unzweifelhaft  (Cic.  Brut.  68,  211:  legimus  epistulas  Comeliae,  ma- 
tris  Gracchorum:  apparet  filios  non  tarn  in  gremio  educatos  quam  in  ser- 
mone  matris.  Vgl.  Quintil.  I,  1,  6);  ob  aber  die  auf  uns  gekommenen  echt 
seien  ist  schon  bezweifelt  worden  (A.  G.  Lange,  Vermischte  Schriften  S. 
108  ff.  Sörgel,  Comeliae  .  .  epistolarum  fragmenta  genuina  esse  non  posse, 
in  W.  Bauer  und  G.  Friedlein,  Blätter  für  das  baierische  Gjmnasialschul- 
wesen,  III,  4.  1866),  wenn  auch  gewiss  mit  Unrecht.  Ein  Rhetor  hätte 
die  Mutter  der  Gracchen  wohl  eher  für  Freiheit  und  für  Rache  an  den 
Mördern  der  Bruders  declamieren  lassen  (vgl.  oben  37,  4);  nimmermehr 
aber  wäre  einem  solchen  diese  Verbindung  von  altrömisch -männlicher 
Energie  des  Gedankens  mit  weiblicher  Weichheit  und  Sorglosigkeit  der 
Stilisierung  gelungen.  Vgl.  auch  L.  Mercklin,  de  Comeliae  vita,  moribus, 
epistoHs,  Dorpat  1846. 

7.  Cic.  Brut.  46,  170:  apud  maiores  nostros  video  disertissimum  habi- 
tum  ex  Latio  L.  Papirium  Fregellanum,  Ti.  Gracchi  P.  f  fere  aetate; 
eioB  etiam  oratio  est  pro  Fregellanis  colouiisque  latinis  habita  in  senatu. 

8.  L.  Aemilius  L.  f.  M.  n.  Paulus,  Cos.  672  und  686,  f  594;  s.  W. 
Teuffei  in  Pauly's  R.  E.  I,  1.  S.  368—370.  Cic.  Brut.  20,  80:  etiam  L. 
Paolos,  Africani  pater,  personam  principis  civis  facile  dicendo  tuebatur. 
VgL  Liv.  XLV,  8.  VaL  Max.  V,  10,  2:  quem  casum  (Tod  seiner  Söhne) 
quo  robore  animi  sustinuerit  oratione  quam  de  rebus  a  se  gestis  apad  po- 
polom  habuit  haue  adiciendo  clausulam  nulli  ambiguum  reUquit.  Vgl.  Liv. 
XLV,  41.    Plut.  Aem.  P.  36. 

113.   Unter  den  jüngeren  Zeitgenossen  des  Cato  welche  im 

sechsten  Jahrh.  d.  St.  Redner  waren  sind  besonders  bemerkens- 

werth  C.  Sulpicius  Gallus  und  C  Titius,  jener  wegen  der 

Gründlichkeit  seiner  Bildung,  dieser  weil  er  auch  Tragödien  ver- 

fasste. 

1.  C.  Sulpicius  C.  f.  C.  n.  Gallus,  Cos.  588,  t  604  (s.  Cic.  Brut.  23,  90); 
Fgl.  Haakh  in  Pauly's  R.  E.  VI,  2.  S.  1493  f.  Nr.  29.  Cic.  Brut.  20,  78:  de 
minoribus  C.  Sulpicius  Gallus  maxime  omnium  nobilium  graecis  litteris  stu- 
duit,  isque  et  oratorum  in  numero  est  habitus  et  fiiit  reliquis  rebus  orna- 
tuB  atqne  elegans.  Off.  I,  6,  19:  yidebamus  in  studio  dimetiendi  paene 
caeli  atque  terrae  C.  Gallum.  .  .  quam  delectabat  eum  defectiones  solis  et 
lanae  multo  ante  nobis  praedicere!  Seine  angebliche  Vorausverkündigung 
der  Mondsfinstemiss  in  der  Nacht  vor  der  Schlacht  bei  Pydna  (vom  21 — 
22.  Juni  586  d.  St  =  168  v.  Chr.  nach  dem  proleptischen  julianischen  Ka- 
lender) hat  Th.  H.  Martin,  Eevue  arch^ol.  1864.  I.  p.  192  ff.,  wohl  mit 


156  Sechstes  Jahrhundert  d.  St. 

Recht  auf  eine  nachträgliche  Erklärung  der  Naturerscheinung  am  darauf- 
folgenden Tage  beschränkt.  Als  astronomischen  Schriftsteller  führt  ihn 
Plinius  im  Ind.  auct.  zu  Buch  II  auf,  vgl.  N.  H.  II,  19,  21:  in  qua  sen- 
tentia  (des  Pythagoras  über  die  Entfernung  der  Gestirne  von  einander)  et 
Gallus  Sulpicius  noster  fuit.  Vgl.  ib.  c.  9:  ab  imperatore  productus  ad 
praedicendam  eclipsim,  mox  et  composito  volumiue. 

2.  Macrob.  II,  12  =  III,  16,  14:  C.  Titius,  ^ir  aetatis  Lucilianae,  in 
oratione  qua  legem  Fanniam  (J.  593)  suasit.  Cic.  Brut.  45,  167:  eiosdem 
(wie  M.  Antonius  und  L.  Crassus)  fere  temporis  fuit  eques  rom.  C.  Titius, 
qui  meo  iudicio  eo  pervenisse  videtur  quo  potuit  fere  latinus  orator  sine 
graecis  litteris  et  sine  multo  usu  pervenire.  huius  orationes  tantum  argu- 
tiarum,  tantum  exemplorum,  tantum  urbanitatis  habent  ut  paene  attico 
stilo  scriptae  esse  yideantur.  easdem  argutias  in  tragoedias  satis  quidem 
ille  acute,  sed  parum  tragice  transtulit.  Ist  die  lex  Fannia  die  vom  J.  593 
(und  eine  andere  dieser  Art  kennen  wir  nicht),  so  können  obige  Bestim- 
mungen der  Lebenszeit  des  Titius  so  wenig  genau  sein  wie  die  Eeihen- 
folge  bei  Fronto  Epist.  I,  7.  p.  20,  6  Naber:  coutigisse  quid  tale  M.  Por- 
cio aut  Q.  Ennio  aut  C.  Graccho  aut  Titio  poetae?  Jene  Datierung  be- 
ruht wohl  auf  einer  Verwechslung  mit  dem  C.  Titius  des  J.  665  (vgl.  Pauly's 
R.  E.  VI,  2.  S.  2009,  Nr.  4).  Ohnehin  ist  sie  beidesmal  ziemlich  imbe- 
stimmt, die  Stelle  des  CJic.  auch  sonst  unwahrscheinlich.  Wer  Tragödien 
verfasste  kann  nicht  ohne  Kenntniss  der  griechischen  Literatur  überhaupt 
(wohl  aber  vielleicht  der  rednerischen)  gewesen  sein;  und  wenigstens  der 
erhaltene  grössere  üeberrest  einer  Rede  des  Titius  zeugt  weniger  von  ar- 
gutiae,  Urbanität  und  attischem  Stil  als  derber  Energie  und  drastischer 
Detailmalerei.  Jedenfalls  aber  wird  Titius  J.  593  noch  jung  gewesen  sein. 
—  Haym,  de  C.  Titio,  Lauban  1832.  4.  Mommsen  R.  G.  II*.  S.  403  f. 
vgl  455. 

114.  Namhafte  Juristen  aus  dem  sechsten  Jahrb.  d.  St. 
sind  die  beiden  Aelii,  Publius  und  besonders  dessen  jüngerer 
Bruder  Sextus,  der  erste  Verfasser  eines  juristischen  Buches, 
betitelt  Tripertita,  weil  es  die  zwölf  Tafeln,  deren  Auslegung, 
und  das  Klagformular  zum  Inhalt  hatte.  Ausserdem  Scipio  Na- 
sica,  L.  Atilius  (oder  Acilius),  Q.  Fabius  Labeo  und  Cato's  Sohn. 

1.  P.  Aelius  Q.  f.  P.  n.  Paetus,  Cos.  553,  Censor  555,  f  580.  W.  Teuf- 
fei in  Pauly's  R.  E.  I,  1.  S.  332,  Nr.  5.  Pompon.  Dig.  I,  2,  2,  38:  deinde 
(nach  Ti.  Coruncanius)  Sex.  AeUus  et  frater  eins,  P.  Aelius,  et  P.  Atilius 
maximam  scientiam  in  profitendo  habuerunt,  ut  duo  Aelii  etiam  consules 
fuerint.    Atilius  autem  primus  a  populo  Sapiens  appellatus  est. 

2.  Sex.  Aelius  Paetus  Catus,  Cos.  556,  Censor  560.  W.  Teuffei  a.  a.  0. 
S.  332  f.  Nr.  6.  Cic.  de  or.  I,  48,  212:  sin  quaereretur  quisnam  iuris  con- 
sultus  vere  nominaretur,  eum  dicerem  qui  legum  et  consuetudinis  eins  qua 
privati  in  civitate  uterentur  et  ad  respondendum  et  ad  agendum  et  ad 
cavendum  peritus  esset;  et  ex  eo  genere  Sex.  Aelium,  M\  Manilium,  P.  Mu- 
cium  nominarem.  Brut.  20,  78:  Sex.  AeUus,  iuris  quidem  civilis  omnium 
peritissimus,  sed  etiam  ad  dicendum  paratus.  Cato  maL  9,  27:  nihil  Sex. 
Aelius  tale  (über  das  Alter),  nihil  multis  annis  ante  Ti.  Coruncanius,  nihü 


Prosaisten:  P.  u.  Sex.  Aelius.  M.  u.  Q.  Fulvins  Nobilior.  157 

modo  P.  Crassus  (i.  112,  4),  a  quibus  iura  civibus  praescribebantur,  quo- 
mm  nsque  ad  extremmn  »piritum  est  proyecta  prudentia.  Pompon.  1.  1.: 
Sex.  Aelimn  etiam  Ennius  laudavit,  et  exstat  illius  liber  qui  inscribitar 
Tripertita,  qui  liber  veluti  cunabula  iuris  continet.  Tripertita  autem  dici- 
tur  quoniam  lege  XII  tabularum  praeposita  iungitur  interpretatio  (vgl.  R. 
Scholl,  Legis  XII  tabb.  reliqq.  p.  22—25),  deinde  subtexitur  legis  actio,  eius- 
dem  esBe  tres  alii  libri  referuntur,  quos  tarnen  quidam  negant  eiusdem 
eese,  sed  hos  sectati  ad  aliquid  Aeli  Cati  (nach  Huschke's  Verbesserung). 
Vgl.  ib.  7:  augescente  civitate,  quia  deerant  quaedam  genera  agendi,  non 
post  multum  temporis  spatium  (n^h  Cn.  Flavius)  Sex.  Aelius  alias  actio- 
nes  composuit  et  librum  populo  dedit,  qui  appellatur  (in  der  späteren  Zeit) 
ins  Aelianum.    Vgl.  Mommsen  R.  G.  I*.  S.  913. 

3.  PomponiuB  Dig.  I,  2,  2,  37:  fuit  maximae  scientiae  (als  Jurist)  .  .  . 
GaioB  (?)  Scipio  Nasica,  qui  Optimus  a  senatu  appellatus  est  (J.  650; 
Coa.  561),  cui  etiam  publice  domus  in  sacra  via  data  est,  quo  faciHus  consuli 
poBset. 

4.  L.  Atilius  bei  Pomponius,  s.  A.  1.-  Dagegen  Cic.  Lael.  2,  6:  scimus 
L.  Adlium  apud  patres  nostros  appellatum  esse  Sapientem  .  .  .  quia  pru- 
denB  esse  in  iure  civiü  putabatur.  Leg.  II ,  23,  59:  hoc  (lessum  der  XII 
Tafeln)  veteres  interpretes  Sex.  Aelius,  L.  Acilius  non  satis  se  intellegere 
dixerunt. 

5.  Q.  Fabius  Labeo,  Cos.  571;  s.  A.  Haakh  in  Pauly's  R.  E.  VI,  2.  S. 
2912  f.  Nr.  37.  Cic.  Brut.  21,  81:  Ser.  Fabius  Pictor  et  iuris  et  litterarum 
et  antiquitatis  bene  peritus;  Quintusque  Fabius  Labeo  fuit  ornatus  eisdem 
fere  laudibus.  Suet.  vita  Terent.  4  (p.  31  f.  Rtfsch.) :  Santra  Terentium 
putat  .  .  uti  potuisse  .  .  Q.  Fabio  Labeone  et  M.  Popüiio,  consulari  utroque 
ac  poeta.   Vgl.  oben  97,  6.  103,  4. 

6.  Ml  Porcius  Cato  (Licinianus) ,  geb.  um  562,  f  602;  s.  W.  Teuffei 
in  Pauly's  R.  E.  V.  S.  1910,  Nr.  11.  Pomponius  s.  oben  110,  2.  Gell.  XIU, 
20  (19),  9:  ex  maiore  Catonis  filio,  qui  praetor  designatus  patre  vivo  mor- 
tous  est  et  egregios  de  iuris  disciplina  libros  reliquit.  Inst.  I,  11,  12: 
apnd  Catonem  bene  scriptum  refert  autiquitad  etc.  Ulp.  Dig.  XXI,  1,  10, 
1:  Catonem  scribere  lego  etc.  Paul.  ib.  XXIV,  3,  44  pr. :  Nerva  et  Cato 
respondenmt,  ut  est  relatum  etc.  u.  XLV,  1,  4,  1:  Cato  libro  XV"  scribit 
etc.  Besonders  bekannt  ist  er  durch  die  regula  Catoniana,  dass  für  die 
Giltigkeit  von  Legaten  der  Stand  zur  Zeit  ihrer  Errichtung  massgebend 
sei;  8.  darüber  den  Digestentitel  XXXIV,  7  und  Majansius  ad  Ict.  fragm. 
I.  p.  83 — 110.     E.  L.  Haruier,  de  regula  Catoniana,  Heidelberg  1820. 

115.  Einer  der  aristokratischen  Gegner  des  Cato,  M.  Ful- 
vius  Nobilior,  verfasste  und  veröffentlichte  fasti.  Auch  des- 
sen Sohn  Q.  bethätigte  Interesse  für  die  Literatur. 

1.  Der  Vater  war  Cos.  565  (in  Aetolien),  Censor  575.  Macrob.  Sat.  I, 
12,  16:  FuIyIus  Nobilior  in  fastis  quos  in  aede  Herculis  Musarum  (gestiftet 
wohl  aus  der  ätolischen  Beute,  vgl.  Plin.  N.  H.  XXXV,  10,  6H)  posuit  Ro- 
molum  dicit  . .  lunium  mensem  vocasse.  Vgl.  ib,  13,  21:  Fulvius  id  egisse 
M'.  Acilium  coa.  dicit  a.  u.  c.  a.  DLXII,  inito  mox  hello  aetolico.  Varro 
L.  L.  VI,  33:  ut  Fulvius  scribit  et  lunius  (über  den  Namen  Aprilis).  Cen- 


158  Sechstes  Jahrhundert  d.  St. 

BOrin.  d.  n.  20,  2 :  magis  lunio  Gracchano  et  Fulvio  et  Varroiii  et  Suetonio 
aliisque  credendum.  ib.  4:  sive  a  Numa,  ut  ait  FuItIus,  sive,  ut  lunius, 
a  Tarquinio.  22,  9:  Fulvios  et  lunias  auctores  sunt  (über  die  röm.  Monats- 
namen). Charis.  I.  p.  112  P.  =:  p.  138,  16  f.:  Nobiliore.  comparativa  Pli- 
nius  e  putat  ablativo  finiri;  antiquos  tarnen  ait  per  i  locutos,  quippe  fastos 
omnes  et  libros  „a  Fulvio  Nobiliori'*  scriptum  rettulisse.  Vgl.  oben  64,  2 
und  über  sein  Yerhältniss  zu  Ennius  A.  2.  u.  oben  89,  2.  4.  6. 

2.  Oic.  Brut.  20,  79:  Q.  Nobiliorom  M.  f.  iam  patrio  instituto  deditimi 
studio  litterarum,  qui  etiam  Q.  Enniom,  qui  cum  patre  eins  in  Aetolia 
militaverat  (vgl.  oben  89,  4),  civitate  donavit  cum  triumvir  coloniam  de- 
duxisset  (J.  570,  wo  coloniae  duae,  Potentiam  in  Picenum,  Pisaurum  in 
gallicum  agrum  deductae  sunt,  Liv.  XXXIX,  44,  10;  vgl.  oben  89,  5). 
Liv.  XLIX:  Q.  Fulvius  Nobilior  ei  (dem  Cato)  saepe  ab  eo  in  senatu  lace- 
ratus  respondit  pro  Galba  (J.  605,  auf  die  Klage  der  Lusitani).  Cos.  war 
Quintus  J.  601,  und  wahrscheinlich  Censor  618. 

116.  Geschichtschreiber  in  Cato's  Zeit  waren  femer  C.  Aci- 
lius,  A.  Postumius  Albinus,  sowie  der  Sohn  des  älteren 
Africanus,  welche  aber  alle  in  griechischer  Sprache  schrieben. 
Auch  der  ältere  Africanus,  sowie  Scipio  Nasica  lieferte  einen 
Beitrag  zur  Geschichte. 

1.  Cic.  off.  III,  32,  115:  Adlius  autem,  qui  graece  scripsit  histonam, 
plures  ait  fuisse  qui  in  castra  revertissent  (nach  der  Schlacht  bei  Cannae). 
Das  Werk  gieng  aber  (einleitungsweise?)  bis  auf  die  Gründung  Roms  zu- 
rück; 8.  Plut.  Romul.  21  {rdiog  ^JyiiXiog  tatOQSi,  nqo  xi\g  KT^aetog  etc.). 
Dionys.  Ant.  III,  67  {Fcciov  'JxiXXiov  noirjadfisvog  .  .  ßsßaicozijv),  Strab. 
V,  3,  3.  p.  230  (falls  hier  statt  des  handschriftlichen  oys  KvXiog  oder  ö 
yisytvXiog  mit  Schwegler,  R.  G.  I.  S.  80,  A.  1  'AxvXiog  zu  schreiben  ist). 
Fortgeführt  hatte  A.  seine  Geschichte  mindestens  bis  J.  560  (Liv.  XXXV, 
14,  5),  wahrscheinlich  aber  herab  bis  in  seine  eigene  Zeit,  falls  er  (was 
ziemlich  sicher)  der  C.  Acilius  Senator  ist  der  nach  Gell.  VI  (VII),  14,  9 
(vgl.  Plut.  Cat.  mai.  22)  im  J.  599  bei  einer  griechischen  Gesandtschaft  im 
Senat  den  Dollmetscher  machte,  und  (was  ziemlich  wahrscheinlich)  bei 
Liv.  LIII  die  überlieferte  Schreibung  C.  luUus  Senator  graece  res  romanas 
scribit  (um  J.  612  d.  St.)  mit  M.  Hertz  (de  Cinc.  p.  12.  Rhein.  Mus.  XVII. 
S.  579  f.  A.  9)  in  Acilius  Senator  abzuändern  ist.  Später  wurde  das  Werk 
von  Claudius  (Quadrigarius) ,  ohne  Zweifel  unter  selbständiger  Fortführung 
bis  in  die  Zeit  der  Bürgerkriege  herab  (Oros.  V,  20:  Claudius  historicus), 
lateinisch  bearbeitet  und  in  dieser  Gestalt  von  Livius  benutzt;  s.  Liv.  XXV, 
39, 12:  Claudius,  qui  annales  Acihanos  ex  graeco  in  latinum  sermonem  vertit. 
Vgl.  XXXV,  14,  5:  Claudius  secutus  graecos  Acilianos  libros.  Gegen  die 
Identität  dieses  Claudius  mit  Quadrigarius  führt  Nissen,  kril  Untera.  S. 
39—41  an  dasB  Livius  ihn  immer  nur  Claudius  nenne,  nie  (wie  andere  Vor- 
gänger) auch  mit  dem  coguomen;  wogegen  Pluess,  de  Cinc.  p.  43  —  45 
für  die  Identificierung  Beider  die  Erzählung  von  dem  Zweikampfe  des 
Manlius  Torquatus  (Liv.  VII,  9  f.)  geltend  macht,  für  welche  Liv.  VI,  42, 
5  den  Claudius  als  Gewährsmann  nennt,  während  sie  Gellius  (IX,  13,  4  ff.) 
ausdrücklich  und  unter  Anführung  seiner  Worte  dem  Q.  Claudius  Quadri- 


Prosaisten:  C.  Acilius.  A.  Postmnius  Albinus.  Sp.  Carvilius.       159 

gariuB  zuschreibt.  Im  Allgemeinen  vgl.  Gerlach,  Geschichtschr.  S.  53  f. 
Eieserling,  rer.  rom.  Script,  p.  29  f.  A.  Premier  in  Pauly's  R.  E.  I,  1.  S. 
109  f.  Nr.  4. 

2.  A.  Postumius  A.  f.  Albinus,  Cos.  603;  vgl.  A.  Haakh  in  Pauly's  R.  E. 
V.  S.  1941,  Nr.  33.  Polyb.  XL,  6:  JvXos  Tloatoviiiog  .  .  oUiag  filv  ^v  xal 
yivovg  ngcixovj  %ata  dh  Ti)y  Idiav  (pvaiv  azcofivXos  %al  lalog  xal  niqns- 
ffog  diatpSQOVTcag.  iniQ'vfiijöag  dl  svd'img  ^x  naCSmv  trjg  iXXrjviyirjg  dyco- 
Y^g  %al  diaXsxTOv  aoXifg  filv  ^v  iv  zovxoig  .  .  .  tsXog  Öh  xal  noCruLo.  ypa- 
tpnv  %€tl  ngayfiatiyi^v  tcxoQCuv  insxsigi^asv,  Cic.  Acad.  pr.  II,  45,  137: 
A.  Albinum,  .  .  doctum  sane  hominem,  ut  indicat  ipsius  historia  scripta 
graece.  Brut.  21,  81:  vivo  Catone  minores  natu  multi  uno  tempore  ora- 
tores  floruerunt.  nam  A.  Albinus,  is  qui  graece  scripsit  historiam,  .  .  et 
litieratus  et  disertus  fuit.  GeU.  XI,  8,  2  flF.  (welchen  Macrob.  praef.  14  ff. 
wörthch  ausschreibt):  Albinus  .  .  res  romanas  oratione  graeca  scriptitavit. 
Aus  Macrob.  (II,  16  =)  III,  20,  5:  Postumius  Albinus  Annali  primo  de 
Bruto:  ea  causa  sese  stultum  brutumque  faciebat  könnte  man  auf  das  Vor- 
handensein einer  lateinischen  Uebersetzung  auch  dieses  Werkes  schUessen ; 
dodi  könnte  die  Uebersetzung  jener  Worte  ebenso  gut  von  dem  Gewährs- 
manne  des  Macrob.  herrühren  wie  die  in  praef.  14  tf.  von  Cornelius  Nepos 
(Gell.  XI,  8,  5).  Jedenfalls  aber  scheint  es  hieuach  dass  auch  Post,  irgend- 
wie auf  die  Anfönge  Roms  zurückgieng.  Serv.  Ae.  IX,  710:  Postumius 
De  adveutu  Aeneae  et  Lutatius  Communium  historiarum  Boiam  .  .  dicunt 
wird  schon  durch  die  Uebereinstimmung  mit  dem  falschen  Vict.  de  orig. 
g.  rom.  15,  4  verdächtig  und  bedarf  auch  sonst  der  Aufklärung. 

3.  Cic.  Brut.  19,  77:  filius  eins  (des  älteren  Africanus),  *.  .  si  corpore 
valoisset,  in  primis  habitus  esset  disertus;  indicant  cum  oratiunculae  tum 
historia  quaedam  graeca,  scripta  dulcissime.  Cat.  mai.  11,  35:  ad  pater- 
nam  magnitudinem  animi  doctrina  uberior  accesserat.  Vellej.  I,  10,  3: 
P.  Scipioni,  P.  Africani  filio,  nihil  ex  paterna  maiestate  praeter  speciem 
Hominis  vigoremque  eloquentiae  retinenti.  Augur  ward  er  574  (Liv.  XL, 
42,  13).    Seine  Grabschrift  in  Satumiem  im  C.  I.  lat.  I,  33  (p.  19). 

4.  Plut.  Aemil.  Paul.  15:  6  Naaiyiäg  ini,%aXoviisvog  Ziirjnioiv  (Cos. 
592  u.  599,  Censor  595;  s.  C.  Krafffe  in  Pauly's  R.  E.  II.  S.  667,  Nr.  12)  .  . 
yeyQaqxog  nsgl  tmv  ngd^etov  xovttov  (im  Kriege  mit  Perseus)  iniatoXiov 
xQog  xiva  xcov  ßaaiXimv.  Vgl.  ib.  16.  Cic.  Brut.  20,  79:  P.  etiam  Scipio- 
nem  Nasicam  .  .  habitum  eloquentem  aiunt.  Vgl.  Cato  mai.  20,  50.  Ueber 
die  ähnliche  Schrift  des  älteren  Africanus  s.  oben  46,  1. 

117.  Eine  literarhistorisch  erwähnenswerthe  Persönlichkeit 
aus  dem  sechsten  Jahrh.  d.  St.  ist  auch  der  Freigelassene  Sp. 
Carvilius,  einer  der  Ersten  die  in  Rom  eine  öffentliche  Schule 
errichteten  und  der  Ordner  des  römischen  Alphabets  von  21 
Buchstaben. 

1.  Plut.  Quaest.  rom.  59,  p.  278  D:  ngazog  ccvsqt^s  yQ(xfifiaxoSiScc6Kcc- 
Iffcv  SnoQiog  KagßCXiogy  dnsXsvd'SQog  KaQßt,Xiov  tov  ngoitov  yafisx-^v 
inßaXovxog.  üeber  die  Zeit  dieser  ersten  (willkürlichen)  Ehescheidung 
sdiwanken  die  Angaben  zwischen  519  und  524;  s.  Ritschi  Parerga  p.  68 — 70. 


i^ 


160  Siebentes  Jahrhundert  d.  St. 

Auch  W.  Rein   in  Pauly's  R.  E.  U.     S.   1188.     lieber  ^das  Alphabet  des 
Carviliuß  s.  oben  S.  107. 

118.  Unter  den  Inschriften  des  sechsten  Jahrh.  welche 
nicht  gebundene  Form  haben  ninamt  sprachlich  wie  sachlich 
das  SC.  de  Bacanalibos  die  hervorragendste  Stelle  ein.  Im 
Uebrigen  ist  deren  Zahl  klein,  und  ihre  Bedeutung  gehört  theils 
der  politischen  Geschichte  theils  der  der  Schrift  an. 

1.  Das  SC.  de  Bacanalibus  vom  J.  568  in  Facsimile  bei  Ritschl  P.  L. 
M.  £.  XVIll,  aufgeführt  und  erläutert  von  Mommsen  C.  I.  lat.  I,  196. 
p.  43  f. 

2.  Von  den  Scipionengrabschriften  gehört  hieher  Nr.  35  (p.  20)  bei 
Mommsen,  för  L.  Cornelius  Scipio,  Quaestor  587,  f  um  593,  sowie  vielleicht 
Nr.  36  (c.  600?)  für  Scipio  Asiagenus.  Von  den  elogia  bezieht  sich  auf 
das  sechste  Jahrh.  das  des  L.  PauUus  (C.  1.  lat.  I.  p.  278,  I  vgl.  p.  289^ 
XXX),  des  P.  Claudius  Pulcher  (ib.  p.  279,  IX),  des  älteren  Africanus  (p. 
280,  XIV),  Q.  Pabius  Maximus  (p.  288,  XXIX),  sowie  des  Vaters  der  Grac- 
chen  (p.  289,  XXXI). 

3.  Die  übrigen  datierbaren  Inschriften  des  sechsten  Jahrh.  (vom  An- 
fang des  hannibalischen  Kriegs  an)  bei  Mommsen  C.  I.  lat.  I,  530 — 539, 
p.  145—148. 

B.  Siebentes  Jahrhundert  cL  St. 
I.  Dichter. 

119.  L.  Attius,  geboren  J.  584  d.  St.  und  gestorben  um 
650;  ist  berühmt  hauptsächlich  als  Verfasser  von  Tragödien, 
welche  Nachbildungen  von  griechischen  waren.  Die  Auswahl 
welche  Attius  unter  diesen  traf  zeugt  von  richtigem  Verständ- 
niss  des  wahrhaft  Tragischen,  auch  einiger  Vorliebe  für  das 
Romantische,  sowie  für  den  troischen  Sagenkreis.  Der  Ton  der 
Ueberreste  ist  lebhaft  und  bewegt,  häufiger  verständig  zuge- 
spitzt als  pathetisch.  Auch  original  römische  Stoffe  behandelte 
er  in  den  Prätexten  Aeneadae  s.  Decius  imd  Brutus.  Ausser- 
dem verfasste  er  in  gebundener  Form  neun  Bücher  Didascali- 
con,  Pragmaticon  libri,  Parerga  imd  Annales.  In  Vielseitigkeit, 
Formgewandtheit,  aufgeklärter  Richtung  und  auch  künstleri- 
schem Selbstgefühl  dem  Ennius  ähnlich,  übertrifft  Attius  diesen 
Vorgänger  an  Sorgfalt  und  Feile. 

1.  Die  gleicherweise  beglaubigten  Schreibmigen  Attio?  und  Accius  sind 
wohl  dialektisch  yerschieden.  In  der  Eaiserzeit  wurde  die  mit  tt  allmäh- 
lich die  herrschende;  die  Griechen  schreiben  immer  "Artiog. 

2.  ffieron.  zu  Euseb.  Chr.  Ol.  160,  2  =  138  v.  Chr.  =  616  d.  St.:  L. 


Dichter:  L.  Attiiip.  161 

Acciufi  tragoediarum  scriptor  clarus  habetur,  natus  Mancino  et  Serrano 
coss.  pareutibus  libertinis  et  seni  iam  Pacuvio  Tarenti  sua  scripta  recita- 
vit.  a  quo  et  Fundus  Accianus  iuxta  Pisaurum  dlcitur,  quia  illuc  inter  co- 
]ono8  fuerat  (sein  Vater,  denn  die  deductio  geschah  schon  570)  ex  urbe 
deduetus.  Der  Freilasser  seines  Vaters  war  vielleicht  ein  Vorfahr  des 
Ritters  T.  Attius  (Accins)  aus  Pisaurum  in  der  Zeit  des  Cicero.  Accii 
(und  Attii)  auf  Inschrr.  aus  Pisaurum,  Olivieri  marm.  Pisaur.  1738. 

3.  Cic.  Brut.  64,  229:  Accius  isdem  aedilibus  (um  614)  ait  se  et  Pacu- 
vium  docuisse  fabulam,  cum  ille  I^XXX,  ipse  XXX  annos  natus  esset,  p. 
Arch.  11,  27:  D.  Brutus,  summus  yir  et  imperator  (Cos.  616),  Accii  ami- 
cissimi  sui  carminibus  templorum  ac  mouumentorum  aditus  exomavit  suo- 
rum,  -wozu  Schol.  Bob.  p.  359:  eius  versus  Satumii  a  D.  Bruto  Gallaeco 
vestibulo  templi  Martis  superscripti.  —  Cornif.  ad  Her.  I,  J4,  24:  mimus 
quidam  nominatim  Accium  poetam  compellavit  in  scena.  cum  eo  Accius 
iniuriarum  egit.  hie  nihil  aliud  defendit  nisi  licere  nominari  eum  cuius 
nomine  scripta  dentur  agenda.  Vgl.  ib.  II,  13,  19:  P.  Mucius  (iudex)  eum 
qui  L.  Accium  poetam  nominaverat  condemnavit.  —  Plin.  N.  H.  XXXIV, 
10:  notatum  ab  auctoribus  estL.  Accium  poetam  in  Camenarum  aede  ma- 
xima  forma  statuam  sibi  posuisse,  cum  brevis  admodum  fuisset.  —  Cic. 
Brut.  28,  107:  D.  Brutus  M.  filius,  ut  ex  familiari  eius  (vgl.  Leg.  11,21,54) 
L.  Accio  poeta  sum  audire  solitus,  u.  s.  w.  —  Val.  Max.  III,  7,  11:  poeta 
AccioB  .  .  lulio  Caesari,  amplissimo  ac  florentissimo  viro  (selbst  auch  Ver- 
fasser von  Tragödien,  aedilis  J.  664,  starb  J.  667),  in  conlegium  poetarum 
venienti  numquam  adsurrexit,  .  .  quod  in  comparatione  communium  stu- 
diorum  aliquanto  se  superiorem  esse  confideret.  XJeberdiess  war  Attius  um 
etwa  40  J.  älter  als  dieser  Kunstgenosse.  —  Tod  des  Attius  sexagesimo  anno 
irund)  vor  der  Wiederholung  seines  Tereus  im  J.  710  d.  St.,  Cic.  Phil.  I, 
15,  36  vgl.  ad  Att.  XVI,  2,  3  und  5  in. 

4.  Quintil.  V,  13,  43:  aiunt  Attium  interrogatum,  cur  causas  non  age- 
ret,  cum  apud  eum  in  tragoediis  tanta  vis  esset  optime  respondendi,  hanc 
reddidisse  rationem:  quod  illic  ea  diceret  quae  ipse  vellet,  in  foro  dicturi 
adversarii  essent  quae  minime  vellet.  Bei  Cic.  p.  Plane.  24,  59  heisst  er 
gravis  et  ingeniosus  poeta,  Sest.  56,  120:  summus' poeta.  Die  Epitheta  al- 
tos  (Hör.  Ep.  II,  1,  56),  animosi  oris  (Ovid  Am.  I,  16,  19)  u.  dgl.  "bezeich- 
nen ebenso  allgemein  seine  Eigenschaft  als  Tragiker.  Vgl.  Gell.  XIII,  2, 
2 :  cum  Pacuvius  .  .  Tarentum  concessisset,  Accius,  tunc  haud  parvo  iunior, 
proficiscens  in  Asiam  cum  in  oppidum  venisset,  devertit  ad  Pacuvium  co- 
miterque  invitatus  plusculisque  ab  eo  diebus  retentus  tragoediam  suam 
cni  Atreus  nomen  est  desideranti  legit.  (3.)  Tum  Pacuvium  dixisse  aiunt, 
sonora  quidem  esse  quae  scripsisset  et  grandia,  sed  videri  tarnen  ea  sibi 
duriora  paulum  et  acerbiora.  (4.)  Ita  est,  inquit  Accius,  uti  dicis;  neque 
id  me  sane  paenitet;  meliora  enim  fore  spero  quae  deinceps  scribani. 

5.  Von  seinen  Tragödien  sind  uns  noch  mindestens  37  Titel  bekannt, 
wohl  so  ziemlich  alle  die  er  überhaupt  verfasst  hat;  die  berühmtesten 
waren  etwa  Atreus,  Epigoni,  Epinausimache,  Philocteta,  Telephus.  Die 
üeberreste  bei  Ribbeck,  trag.  p.  114—194.  Vgl.  p.  298—346.  H.  Grote- 
meyer,  de  L.  Attii  tragoediis,  Münster  1851.  Au^hlung  der  Titel  und 
de«  Inhalts  der  Stücke  bei  W.   Teuffei  im   Tübinger  Univ.  Progr.   1868, 

Trüffel,  Rom.  Literaturg-cschichle,  21 


162  Siebentes  Jahrhimdert  d.  St. 

S  17 — 28.  Die  Epinausimache  und  die  Nyctegresia  waren  vielleicht  nicht 
nach  einer  griech.  Tragödie,  sondern  nach  der  Iliaa  (also  in  der  Form  selb- 
stflndig)  gearbeitet. 

6.  Von  seinen  Prätexten  (Ribbeck  Trag.  p.  237—240  vgl.  p.  849—351) 
behandelte  Decius  den  Opfertod  des  jüngeren  P.  Decius  Mus  (J.  459  d.  St.), 
Brutus  den  Sturz  des  Tarq.  Superbus  und  die  Einsetzung  von  Consuln. 

7.  Didascalica,  eine  Geschichte  der  griech.  und  röm.  Poesie,  mit  be- 
sonderer Berücksichtigung  der  Dramatik,  wahrscheinlich  (nach  Analogien) 
in  trochUischen  Tetrametern  (G.  Hermann;  nach  Lachmanu,  Ritschi  u.  A. 
vielmehr  Sotadeen).  Madvig,  Opusc.  acad.  (Kopenh.  1834)  p.  96  if.  W. 
Teuffei,  Progr.  von  1858,  S.  35  f. 

8.  Pragmaticon  libri,  (gleichfalls)  in  troch.  Tetr.  und  literarisch-kunst- 
geschichtlichen Inhalts. 

9.  Aus  den  Parerga  bei  Non.  p.  61  v.  porcae  ein  Bruchstück  land- 
wirtschaftlichen Inhalts.  Vielleicht  auf  diese  oder  die  Pragmatica  ist  zu  be- 
ziehen Accius  in  Praxidico  mit  einer  iambischen  Vorschrift  über  das  Säen 
bei  Plin.  N.  H.  XVIII,  5,  55  vgl.  Ind.  auct.  libri  XVIII. 

10.  Annales  im  epischen  Mass,  mindestens  drei  Bücher,  woraus  mytho- 
logische Anführungen  (über  Hermes  und  die  KQOvia)  erhalten« 

11.  Reflectieren  über  die  Sprache  beweisen  so  manche  Wortkünsteleien 
in  Attius'  Tragödien,  insbesondere  die  Art  der  Anwendimg  der  Alliteration 
(W.  Teuffei,  Progr.  von  1858,  S.  32  f.),  die  Nachricht  (bei  Mar.  Vict.  p.2456  P.) 
dass  er  aggulus  (statt  ang.)  schrieb,  z  und  y  nicht  anwandte,  die  Länge 
von  Vocalen  durch  Gemination  bezeichnete,  wie  denn  M.  Varro  ihm  seine 
Schrift  de  antiquitate  litterarum  widmete.  Vgl.  Varr.  L.  L.  X,  70:  Accius 
haec  in  tragoediis  larg^us  a  prisca  consuetudine  movere  coepit  et  ad  for- 
mas  graecas  verborum  magis  revocare,  a  quo  Valerius  (s.  §.  124,  1)  ait: 
Accius  Hectörem  nolet  facere,  Hectora  malet;  und  V,  21:  apud  Accium  non 
terminus,  sed  termen.  Daher  hat  auch  Wahrscheinlichkeit  die  Vermutung 
von  Detlefsen  (Rhein.  Mus.  XVIII.  S.  236—238)  dass  bei  Plin.  N.  H.  VII, 
39,  128:  prefcium  hominis  in  servitio  geniti  maximum  ad  hanc  diem  fuit 
grammUticae  artis  Daphni,  Accio  (die  Hdss.  Natio,  also  wohl  L.  Atio)  Pi- 
saurense  vendente  et  M.  Scauro  principe  civitatis  HS  DCC  licente  der  Trag- 
iker gemeint  sei,  dessen  Unterricht  dem  Daphnis  seinen  grossen  Werth  ver- 
liehen habe. 

12.  J.  Stahlberg,  de  L.  Attii  vita  et  scriptis,  Halle  1844.  G.  Boissier, 
le  po^teAttius.  fitude  sur  la  tragedie  latine  pendant  la  rdpubüque.  Paris 
1856.  W.  Teuffei,  Caecilius  Statins  u.  s.  w.,  Tübinger  üniversitätsprogramm 
1858.  4.  S.  14—37,  und  Pauly's  Real-Enc.  I,  2.  S.  2008—2010. 

120.  T.  Quintius  Atta,  Togatendichter  in  der  ersten 
Hälfte  des  siebenten  Jahrb.,  gestorben  676  d.  St.  Die  elf  Titel 
welche  wir  von  ihm  kennen  sind  alle  römisch;  die  spärlichen 
Ueberreste  zeigen  viel  Archaistisches  und  einen  lebhaften,  kecken 
Ton.  Consequente  Charakterzeichnung  rühmte  man  auch  von  ihm. 


Dichter:  L.  Attius.  Quintiu!«  Atta.  L.  Afranius.  163 

1.  Hierouym.  zu  Euseb.  Chr.  Ol.  175,  4  —  676  d.  St.:  T.  Quiutius  (bei 
Schöne  Quinticius)  Atta  scriptor  togatacum  Rornae  moritur  sepultusque  via 
Praenestina  ad  miliarium  11.  —  Diomed.  III.  p.  487  P. :  Atta  togatarum 
scriptor;  p.  488:  togatas  tabernarias  in  scenam  dataverunt  praecipue  duo, 
L.  Afraniius  et  G.  Quintius. 

2.  Ueberreste  bei  Bothe  scen.  lat.  V,  2.  p.  97—102;  Neukirch,  fab. 
tog.  p.  153—164;  Ribbeck,  com.  p.  137—140. 

3.  Varro  bei  Charis.  II.  p.  215:  rjd-T}  nullis  aliis  servare  convenit  quam 
Tiünio,  Terentio,  Attae.  Fronto  Epist.  IV,  3.  p.  62  Naber:  animadvertas 
particulatim  elegantis  Novium  et  Pomponium  et  id  genus  in  verbis  ruati- 
canis  et  iocnlaribus  ac  ridicularüs,  Attam  in  muliebribus. 

4.  Bei  Hör.  Ep.  II,  1,  79  fF.  ist  Atta  Beispiel  eines  der  antiqui  die  noch 
in  die  Gegenwart  hereinwirken  und  sie  (nach  seiner  Meinung)  beeinträch- 
tigen. 

5.  Non.  Marc.  v.  crines,  p.  202  M. :  Atta  in  Epigrammatibus. 

6.  Neukirch,  de  fab.  tog.  p.  153—164.  W.  TeufFel  in  Pauly's  Real-Enc. 
I,  2.  S.  2049. 

121.  L.  Afranius,  nach  J^Vuchtbarkeit  wie  nach  künst- 
lerischem Werthe  der  bedeutendste  Dichter  der  togata;  geboren 
GOO — 610  d.  St.  Von  seinen  Stücken  kennen  wir  so  ziemlich 
alle  Titel,  da  das  Interesse  für  sie  lange  wach  blieb.  Er  be- 
arbeitete national-römische  Stoffe,  aber  im  Geiste  des  Menander 
und  mit  Benützung  desselben.  Seine  Stücke  bewegten  sich  vor- 
herrschend in  den  mittleren  Kreisen  und  dem  Familienleben. 
In  der  Form  wusste  er,  wie  Titiuius,  die  Volksthümlichkeit  des 
Plautus  mit  der  correcten  Eleganz   des  Terentius  zu  verbinden. 

1.  Cic.  Brut.  45,  167:  quem  (den  C.  Titius)  studebat  imitari  (hat  wohl 
nur  den  Werth  eines  Uebergangs)  L.  Afranius  poeta,  homo  perargutus,  in 
fabulis  quidem  etiam  .  .  disertus.  Vellej.  II,  9,  3:  clara  etiam  per  idera 
ae?i  spatium  fuere  ingenii^,  in  togatis  Afrani,  in  tragoediis  Pacuvii  atque 
Attii,  usque  in  graecorum  ingeniorum  comparationem  evecta.  Vgl.  I,  17, 
1.  Quintil.  X',  1,  100:  togatis  excellit  Afranius;  utinam  non  inquinasset 
argumenta  puerorum  foedis  amoribus,  mores  suos  fassus.  Danach  Auson. 
epigT.  71,  2  ff. :  repperit  obscenas  veneres  vitiosa  libido,  .  .  quam  toga  fa- 
cundi  scenis  agitavit  Afrani.  Dergleichen  Stoffe,  der  neuen  Komödie  in  der 
Hauptsache  fremd  geblieben,  entsprachen,  wie  die  Atellanendichter  zeigen, 
den  Durchschnittssitten  des  damaligen  Rom.  —  Macrob.  Sat.  VI,  1,  4f  At'ra- 
nias  togatarum  scriptor  in  ea  togata  quae  Compitalia  inscribitur  non  in- 
verecunde  respondens  arguentibus  quod  plura  sumpsisset  a  Menandro  Fa- 
teor,  inquit,  sumpsi  non  ab  illo  modo  Sed  ut  quisque  habuit  conveniret 
quod  mihi  Quodque  me  non  posse  melius  facere  credidi,  Etiam  a  Latino. 
Cic.  fin.  I,  3,  7 :  locos  quosdam,  si  videbitur,  transferam,  .  .  .  cum  inciderit 
at  id  apte  fieri  posset,  ut  ab  Homero  Ennius,  Afranius  a  Menandro  solet. 
Zu  seiner  ganzen  Richtung  (vgl.  oben  §.  17)  stimmte  auch  seine  Bewun- 
derung des  Tereuz  (Afrau.  V.  29  f.). 


164  Siebentes  Jahrhundert  d.  St. 

2.  Mehr  als  40  Titel  kennen  wir;  die  berühmtesten  waren  Divortium, 
Emancipatus,  Epistula,  Fratriae,  ifrivignus,  Vopiscus.  Die  Ueberreste  bei 
Bothe,  scen.  V,  2.  p.  160—200;  Neukirch,  fab.  tog.  p.  176—279;  Ribbeck, 
com.  p.  UO— 187.  Dazu  vgl.  Philologus  XXI.  S.  122.  480.  Miguel,  Cue- 
stion  filolögica:  un  fragmento  de  Afranio,  Madrid  1864.  60  pp.  8.  und: 
Nueva  dipertacion  acerca  de  im  fragm.  d.  Afr.,  Madrid  1864.  113  pp.  8. 

3.  Aufführung  seines  Simulans  J.  696  (Cic.  p.  Sest.  55,  118),  seines  In- 
cendium  unt^  Nero  (Suet.  Ner.  11).  In  der  augusteischen  Zeit  stellten 
Enthusiasten  ihn  dem  Menander  gleich  (Hör.  Ep.  11,  1,  57).  Noch  Apulej. 
(apol.  p.  420):  eleganter,  ut  semper,  Afranius  hoc  scriptum  reliquit. 

4.  Bothe,  scen.  V,  2.  p.  156—159.  Neukirch,  fab.  tog.  p.  165 — 175. 
Mommseu,  R.  G.  II«. *S.  438.  W,  Teuffei,  Caecüius  Statins  u.  s.  w.  Tü- 
bingen 1858.  4.  S.  37—43. 

122.  C.  Lucilius,  geboren  um  606  d.  St.  in  der  Latiner- 
stadt  Suessa  Aurunca  in  Campanien,  aus  einem  wohlhabenden 
Rittergeschlechte ,  und  schon  jung  in  den  Kreis  des  jüngeren 
Africanus  aufgenommen.  Als  Latiner  ohne  das  ins  bonorum, 
aber  in  unabhängiger  Stellung,  legte  Lucilius  seine  Gedanken 
über  Alles  was  er  sah  und  hörte  und  las  in  seinen  vermischten 
Gedichten  (Saturae)  nieder,  und  unterwarf  darin  das  Leben  der 
Gegenwart  nach  allen  Seiten  hin  —  nach  Politik,  Sitten,  Lite- 
ratur —  einer  freimütigen  Kritik,  wie  sie  weder  ein  Komiker 
vor  ihm  noch  ein  Satiriker  nach  ihm  gewagt  hat.  Die  Ueber- 
reste verrathen  vielseitige  Bildung,  scharfen  Verstand,  sittliche 
Tüchtigkeit,  heitere  Laune  und  treffenden  Witz,  aber  auch  Gleich- 
gültigkeit gegen  die  äussere  Form.  Ein  hochachtbarer  und 
Hebenswürdiger  Vertreter  des  neurömischen  Wesens,  starb  Lu- 
cilius im  J.  651  d.  St. 

1.  Hieron.  zu  Euseb.  Chr.  Ol.  158,  2  =  606  f.  d.  St.:  Lucilius  poeta 
nascitur.  Vellej.  II,  9,  4:  celebre  et  Lucilii  nömen  fuit,  qui  sub  P.  Afri- 
cano  (J.  620  f.  d.  St.)  Numantino  hello  eques  militaverat.  Hieron.  1.  1.  zu 
Ol.  169,  2  =  651:  G.  Lucilius  (d.  Hdss.  Lucius)  satirarum  scriptor  Neapoli 
moritur  ac  publico  fimere  effertur  anno  aetatis  XLVI.  Eine  sichere  Spur 
welche  über  651  hinausdeuten  würde  ist  nicht  vorhanden,  da  die  von  Lucilius 
erwähnte  (Gell.  H,  24,  10)  lex  Licinia  spätestens  650  fällt  (s.  Rein  in  Pauly's 
ßeal-Enc.  VI,  2.  S.  1509)  i^nd  die  Bezeichnung  des  Lucil.  als  senex  bei 
Hör.  Sat.  11,  1,  34  nichts  über  dessen  Lebensdauer  aussagt;  s.  Teuffel's 
Comm.  zu  d.  St.  (Leipzig  1857) ,  S.  22  f.  Der  im  J.  663  spielende  Dialog 
von  Cic.  de  orat.  (s.  I,  16,  72.  II,  6,  25)  setzt  den  Lucilius  als  gestorben 
voraus.    Vgl.  im  AUg.  Varges,  Rhein.  Mus.  1835,  p.  15—69. 

2.  Juv.  I,  20:  magnus  Auruncae  alumnus.  Auson.  Epist.  15,  9:  rüdes 
Camenas  qui  Suessae  praevenis.  —  Hör.  S.  II,  1,  75  nennt  sich  infra  Lucili 
censum,  wozu  Porph.:  constat  enim  Lucilium  fuisse  maiorem  avunculum 
Pompei.  etenim  avia  Pompeii  soror  Lucilii  fuerat.    Lucilius  besass  zu  Rom 


Dicht-er:  C.  Lucilius.  165 

sab  Velia  das  Haus  quae  Antiochi  regis  iilio  obsidi  publice  aedificata  fue- 
rat  (Ascon.  p.  13  Gr.). 

3.  Verhältaiiss  zum  Jüngern  Africanus  (670—625)  und  Laelius  (Cos.  614): 
Hör.  S.  II,  1,  71—74.  Ungenau  ebds  V.  62—68;  s.  W.  TeufFers  Comm.  dazu 
8.  28  f.  Andere  Freunde:  (Postumius)  Albinus,  L.  Aelius  Stile,  Granius. 
Gegpier  oder  doch  von  Lucilius  Angegriffene :  Mucius  Scävola,  L.  Cornelius 
Lentulus  Lupus  (Pers.  I,  116),  Q.  Caecilius  Metellus  (127,  7;  Hör.  S.  II,  1,  67), 
T.  Albucius,  Hostilius  Tubulus,  Papirius  Carbo  u.  A.  —  Cornif.  ad  Her.  II, 
13,  19:  C.  Caelius  iudex  absoWit  iniuriarum  eum  qui  Lucilium  poetam  in 
Bcena  nominatim  laeserat.  - 

4.  Cornif.  ad  Her.  IV,  12,  18:  quo  in  vitio  (in  Bezug  auf  verborum 
traiectio)  est  Lucilius  assiduus,  ut  hoc  est  in  priore  (Lachmann  primore) 
libro.  (Ps.  Acro  zu  Hör.  S.  II,  1,  22  spricht  von  Hör.,  nicht  von  Lucilius.) 
Wenn  daneben  sicher  30  Bücher  citiert  werden  (nur  vom  B.  21  fehlen 
Bruchstücke),  so -ist  eine  doppelte  Eintheilungsweise  vorauszusetzen:  eine 
ältere,  in  zwei  grosse  Theile  oder  Sammlungen,  und  eine  spätere,  in  30 
Bücher.  Vgl.  van  Heusde,  Lucil.  p.  251  ff.  Lersch,  Ztschr.  f.  d.  Alt.  W. 
1839,  S.  403—408.  J.  Becker,  Ebds.  1843.  Nr.  30—33.  K.  Fr.  Hermann, 
Götti.  Gel.  Anz.  1843,  S.  380—384.  Petermann,  Jahns  Jahrb.  XXXIX.  S. 
161  ff.  u.  Ztschr.  f.  d.  A.  W.  1846,  Nr.  37  f. 

5.  Die  Art  der  Eintheilungen  und  die  Urheber  derselben  sind  nicht  sicher. 
Jedenfalls  aber  fanden  die  Satiren  des  L.  Arühzeitig  gelehrte  Bearbeitung. 
Saat,  gramm.  2:  (studium  grammaticae  beschränkte  sich  zu  Rom  anfäng- 
lich darauf)  ut  carmina  parum  adhuc  divolgata  vel  defunctorum  amicorum, 
vel  si  quorum  aliorum  probassent,  diligentius  retractareut  ac  legende  com- 
mentandoque  etiam  ceteris  nota  facerent;  .  .  .  .  ut  Laelius  Archelaus  Vet- 
tiueque  Philoconms  Lucilii  satiras  familiaris  sui,  quas  legisse  se  apud  Ar- 
chelaum  Pompeius  Lenaeus,  apud  Philocomum  Valerius  Cato  praedicant. 
Und  c.  14:  huius  (des  Curtius  Nicia  in  der  Zeit  Ciceros)  de  Lucilio  libellos 
etiam  Santra  comprobat. 

6.  Die  saturae  des  L.  waren  manchf altig  wie  in  der  Form  (die  Hexa- 
meter überwiegen,  doch  auch  viele  Trochäen  und  lamben)  so  auch  im  In- 
halte. Vorherrschend  aber  war  bei  letzterem  die  ethisch-kritische  Tendenz, 
durch  welche  L.  der  erste  Satiriker  wurde.  Daher  Hör.  S.  II,  1,  62:  est 
Lucilius  auBus  primus  in  hunc  operis  componere  carmina  morem;  10,  48 
nennt  er  ihn  inventor,  ib.  66  Graecis  intacti  carminis  auctor.  Vgl.  K.  Fr. 
Hermann,  de  satirae  auctore  ex  sententia  Horatii,  Marburg  1841.  4.;  wo- 
gegen C.  Petermann,  Hirschberger  Progr.  1846  und  1851.  4.,  vergebens 
wieder  die  Stelle  auf  den  (Nachahmer  der  Griechen)  Ennius  beziehen 
wollte.  Hör.  S.  I,  4,  6:  hinc  (von  der  alten  Komödie)  omm's  pendet  Luci- 
lius ist  unrichtig  imd  ungerecht;  die  Behauptung  von  Lydus  (de  mag.  I. 
41 :  Tov  'Pivd-cava,  og  s^afiitQOig  ^yga^tps  nQmtog  umfimSiav.  i J  ov  tt^cdtoc 
laßtov  rag  a(pOQ^ag  AovKiXiog  6  *P(oiiaiog  '^QoaiyiOLg  ^nsöiv  i'K(Ofio)dT^ae)j 
LuciliuB  habe  sich  an  Rhinthon  angeschlossen,  beruht  sichtlich  auf  Ver- 
wechslung. 

7.  Gegenstände  der  Kritik  des  L.  Dass  er  primores  populi  arripuit 
populumque  tributim  (Hör.  S.  II,  1,  69)  bestätigen  die  Ueberreste.    Vgl. 


166  Siebentes  Jahrhundert  d.  St. 

Trebonius  bei  Cic.  Fara.  XII,  IG:  qui  magis  hoc  Lucilio  licuerit  adsuiuere 
libertatis  quam  nobis?  Apul.  apol.  10:  C.  Lucilium,  quamquam  sit  iambi- 
cus,  tarnen  improbarim  quod  Gentium  et  Macedonem  pueros  directis  no- 
minibus  carmine  buo  prostituerit.  E.  Szelinski,  de  nominibus  personarimi 
apud  poetas  sat.  rom.  (Königsl>erg  1862)  p.  1 — 10.  Aber  auch  Literarisches 
und  Grammatisches.  Gell.  XVII,  21,  49:  Pacuvius  et  Pacuvio  iam  sene  Ac- 
cius  clariorque  tunc  in  poeraatis  eorum  obtrectandis  Lucilius  fuit.  Hör.  S. 
I,  10,  53:  nil  comis  tragici  niutat  Lucilius  Atti?  wozu  Porph. :  facit  autem 
haec  Lucilius  cum  alias  tum  vel  maxime  in  tertio  libro,  meminit  et  nono 
et  decimo.  Insbesondere  polemisiert«  er  gegen  des  Attius  Neuerungen  in 
Sprachgebrauch  (quare  pro  facie,  pro  statura  Accius  status,  bei  Non.  p.  22G) 
und  Schreibung,  wobei  er  die  von  Attius  eingeführte  Doppelschreibung 
langer  Vocale  verdrängte  und  nur  ei  für  i  beibehielt;  Ritschi,  Monura. 
epigr.  tria  (1852)  p.  30  f.  W.  Corssen,  Philologus  XVIII.  S.  723—726.  — 
Quintil.  X,  1,  94:  eruditio  in  eo  (L.)  mira  et  libertas  atque  inde  acerbitüs 
et  abundantia  salis. 

8.  Mittlere  Haltung.  Cic.  de  or.  II,  6,  25:  C.  Lucilius,  liomo  doctus 
et  perurbanus,  dicere  solebat,  neque  se  ab  indoctissimis  ueque  a  doetissimis 
legi  velle ;  .  .  quo  etiam  scripsit :  Persium  non  curo  legere,  .  .  Laelium  Dccu- 
mum  volo.  Fin.  I,  3,  7 :  nee  vero ,  ut  noster  Lucilius ,  recusabo  quominus  om- 
nes  mea  legant.  Utinam  esset  ille  Persius!  Scii)io  vero  et  Rutilius  multo 
etiam  magis.  Quorum  ille  iudicium  reformidans  Tarentinis  ait  se  et  Consen- 
tinis  et  Siculis  scribere.  Facete  is  quidem,  sicut  alia;  sed  neque  tam  docti 
tum  erant  .  .  et  sunt  illius  scripta  leviora,  ut  urbanitas  summa  appareat, 
doctrina  mediocris.  Petron.  Sat.  4  extr.:  schedium  Lucilianae  humilitatis. 
Gell.  VI  (VII),  14,  6:  vera  et  propria  .  .  exempla  in  latina  lingua  M.  Varro 
esse  dicit  .  .  gracilitatis  Lucilium.     Vgl.  Fronto  p.  113  f.  mid  p.  62  Naber. 

9.  Vernachlässigung  der  Form.  Vgl.  Hör.  S.  I,  4,  9  ff.  10,  1  ff .  50  ff. 
Was  dieser  behauptet  (S.  I,  4,  9  f.),  L.  in  hora  saepe  ducentos  .  .  versus 
dictabat  stans  i>ede  in  uno,  bestätigt  L.  selbst,  z.  B.  fr.  XI,  6:  conicere  in 
versus  dictum  praeconis  volebam  Grani.  Besonders  der  Versbau  ist  sehr 
locker  und  ungeschlacht;  auch  hilft  er  sich  oft  durch  unzulässige  Mittel. 
Vgl.  Auson.  Epist.  5,  36  ff. :  Villa  Lucani-  mox  potieris  -aco.  Rescisso  disces 
componere  nomine  versum;  Lucili  vatis  sie  imitator  eris. 

10.  Das  Ansehen  das  Lucilius  noch  in  der  augusteischen  Zeit  (bes.  bei 
der-nationalen  Partei)  genoss  erhellt  aus  den  häufigen  und  angelegentlichen 
Auseinandersetzungen  des  Horaz  mit  ihm.  Noch  später  gab  es  Leute  welche 
Lucilium  pro  Horatio,  Lucretium  pro  Vergilio  legunt  (Tac.  dial.  23),  und 
wer  auf  Energie  und  Originalität  den  Hauptwerth  legte  hatte  darin  ganz 
Recht.  —  Quintil.  X,  1,  93:  satira  quidem  tota  nostra  est,  in  qua  primus 
insiguem  laudem  adeptus  Lucilius  quosdam  ita  deditos  sibi  adhuc  habet 
amatores  ut  eum  non  eiusdem  modo  operis  auctoribus  sed  omnibus  poetis 
praeferre  non  dubitent.    Ueber  seine  ethische  Wirkung  Juv.  I,  165  ff. 

11.  Sammlung  der  Fragmente  (über  800)  von  Janus  Dousa  (mit  Anm. 
von  Franz  Dousa),  Lugd.  ß.  und  Amst.  1661.  4.  Patav.  1735.  8.  (besorgt 
von  Vulpi),  an  Havercamps  Censorinus  (Lugd.  B.  1643.  1767.),  in  der  Zwei- 
brücker  Ausg.  von  Persius  u.  Juvenal,  u.  sonst.  Fragmens  revus,  traduits 
etc.  par  E.  F.  Corpet,  Paris  1845.    Edidit,  auxit,  emendavit  Fr.  D.  Gi3r- 


Dichter:  C.  Luciliun.  Epigrammati sten.  A.  Furius.  167 

lach,  Zürich  1846.  Die  vod  M.  Haupt  zugesagte  Bearbeitung  Lachmanns  ist 
nicht  erschienen.  Beiträge  zur  Kritik:  E.  Kiussmann,  Philologus  XVI.  p. 
166—168.  L.  Müller,  Rhein.  Mus.  XVJI.  S.  195-200.  J.  Iltgen,  Luciliana, 
Bonn  1865.  31  pp.  8.  A.  Fürth,  Quaestiones  Lucilianae,  Bonn  1866.  34  pp. 
8.  Zum  B.  I:  R.  Bouterwek',  Rhein  Mus.  XXl.  S.  339-361.  B.  III  bear- 
beitet von  Varges,  Stettin  1836.  4.  B.  IX  von  L.  F.  Schmidt,  Berlin  1840.  4. 

12.  lieber  Lucilius:  Manso  in  den  Nachträgen  zu  Sulzer  IV.  S.  419— 

442.    Patin,  cours  sur  Lucile,  Paris  1836.    Herrn.  Schönbeck,  Quaestionnm 

Lucilianarum  Part.  I.    Halle  1841.  8.     Petermann,  de  C.  Lucilii  vita  et 

carminibuB,  Bresl.  1842.  8.  Dziadeck,  sat.  rom.  imprimis  Luciliana  ant.  Gr. 

comoediae  non  dissimilis,  Conitz  1842.  4.    J.  A.  C.  van  Heusde,  Studia  cri- 

tica  in  C.  Lucilium,   Trai.  ad  Rh.  1842.  321  pp.  8.     Vgl.  K.  Fr.  Hermann, 

Gott.  G.  A.   1843.  Stück  37—40.  S.  361—392  (worauf  Heusde  replicierte: 

Epistola  ad  C.  F.  H.,  de  Lncilio,  Trai.  ad  Rh.  1844.  62  pp.  8.),  Petermann 

in  Jahns  Jahrbb.  XXXIX.  S.  146—169.  und  Gerlach,  Ebds.  XLIII.  S.  371— 

388.   F.  D.  Gerlach,  C.  Lucilius  u.  d.  röm.  Satura,  Basel  1844.  4.  S.  11  — 

22.  =  Historische  Studien  (Basel  1847)  S.  3  fF.    Ch.  Labitte,  les  satires  de 

Luc,  Revue  d.  deux  mondes  1845.   III.  p.  721—745.    Patin,  Journal  des 

Savang  1846,  Fevr.  p.  65—76.     Mai  p.  281—296.     Ch.  Elsperger,  comm. 

de  satira  Lucilii,  Ansbach  1851.  21  pp.  4.  Duykers,  Etüde  sur  Luc,  Revue 

deTinstr.  publ.  en  Belgique,  1B61,  Nr.  2—4.    W.  Teuffei  in  Pauly's  Real- 

Enc.  IV.  S.  1181—1187.    Moramsen  R.  G.  IP.  S.  444—448. 

123.  Epigramme  meist  erotischen  Inhalts  und  nach  grie- 
chischen (alexandrinischen)  Vorbildern  verfassten  Pompilius 
und  Valerius  Aedituus  in  der  ersten  Hälfte  des  siebenten 
Jahrh.,  Porcius  Licinus  und  Q.  Lutatius  Catulug  (Cos. 
652)  in  der  Mitte  desselben,  Licinus  überdiess  ein  Gedicht  lite- 
rarisch-historischen Inhalts  in  trochäischen  Tetrametern,  Catulus 
auch  eine  Autobiographie.  Letzterem  befreundet  war  der  Epi- 
ker A.  Furius  aus  Antium. 

1.  Papini  (vielmehr  Pompili)  lniYQce(i(idtLov  quod  in  adolesceutem 
fecerat  Cascam,  Varro  L.  L.  VII,  28  (zwei  Distichen);  vgl.  Pompilius  (so 
M.  Hertz  statt  Pomponiua)  in  epigrammate,  Priscian.  III.  p.  602  P.  =  p. 
90,  2  Htz.  Nonius  Marc.  p.  88  (nach  Lachmann's  Verbesserung,  Lucret. 
p.  306):  Varro  ovog  Xvgag:  Pacvi  discipulus  dicor,  porro  is  fuit  Enni,  Eu- 
nios  Musarum.  Pompilius  clueor.  Varro  L.  L.  VII,  93;  apud  Pompilium 
(ein  Senar). 

2.  Gell.  N.  A.  XIX,  9,  10:  versus  cecinit  Valeri  Aeditui,  veteris  poe- 
tae,  item  Porcii  Licini  et  Q.  Cattdi,  quibus  mundius,  venustius,  limatius, 
tersius  graecum  latinumve  nihil  quidquam  reperiri  puto  (sehr  übertrieben). 
Zu  dem  ersten  Epigramm  des  Val.  Aed.  (ib.  §.  11)  vgl.  H.  Usener,  Rhein. 
Mas.  XIX.  S.  150  f.  XX.  S.  147—161.  R.  Peiper,  Ebds.  XIX.  S.  311.  Beide 
Epigramme  abgedruckt  in  der  lat.  Anthologie  von  Burmann  (III,  242  f.) 
und  Meyer  (Ep.  27  f.). 

3.  Das  Epigramm  des  Porcius  Licinus  bei  Gell.  XIX,  9,  13.   Vgl.  XVII, 


168  Siebentes  Jahrhundert  d.  St. 

21,  45:  Porcius  Licinus  seriuB  poeticam  Romae  coepisse  didt  in  his  versi- 
bus:  Poenico  bellö  secundo  u.  s.  w.  (oben  S.  100,  A.  2).  Elf  trochäischc 
Septenare  von  ihm  über  Terenz  in  Suetons  vita  Terentii  c.  1  f.  (p.  292, 
16  ff.  Roth.  p.  27,  9  ff.  Rffsch.),  von  diesem  wohl  auB  Varro's  Schrift  de 
poetis  geschöpft;  s.  Ritechl  Parerga  S.  244.  622.  637  f.;  in  Reifferschcids 
Sueton  p.  489—497.  Die  vier  letzten  v^iederholt  ib.  p.  294,  18  ff.  Roth, 
p.  33,  7  ff.  Rff'sch.  Auch  vgl.  Charis.  I.  p.  103  P.  =  p.  129  K.:  huius  fre- 
tuB,  Porcius  Licinus. 

4.  Epigramm  des  Q.  Catulus  bei  Gell.  XIX,  9,  14.  Ein  anderes  bei 
Cic.  deor.  nat.  I,  28,  79.  Daher  mit  aufgezählt  bei  Plin.  Ep.  V,  3,  5.  Seine 
Autobiographie  richtete  er  ad  A.  Furium  poetam,  familiärem  suum  (Cic. 
Brut.  35,  132).  Aus  des  Letzteren  Annales  führt  Macrob.  Sat.  VI,  1,  31  — 
34.  44.  Hexameter  an  welche  Vergil  nachgeahmt  habe ;  höchstes  Citat  Fu- 
rius  in  undecimo  (annali),  ib.  34.  Archaistisch  sind  sie  so  wenig  dass  sie 
eben  so  gut  von  Vergil  selbst  sein  könnten.  Weniger  gilt  diess  von  den 
Versen  bei  GelL  N.  A.  XVIII,  11,  4.  Vgl.  ib.  2:  Furium  veterem  poetam, 
und  im  ind.  capp.:  ex  carminibus  Furi  Antiatis.  Vgl.  Weichert  poet.  lat. 
rel.  p.  348—353.  Ein  anderer  Vers  bei  Schol.  Veron.  Aen.  IX,  379 :  in  an- 
nalibus  belli  gallici:  hie  qua  ducebant  vastae  divortia  fossae. 

124,  In  gebundener  Form  schrieb  in  der  ersten  Hälfte  d^s 
siebenten  Jahrh.  auch  der  gelehrte  Q.  Valerius  aus  der  Latiner- 
Stadt  Sora,  und  vielleicht  Terentius  Libo,  weiterhin  Volcatius 
Sedigitus;  ausserdem  verfasste  C.  Julius  Caesar  Strabo  um  diese 
Zeit  Tragödien. 

1.  Bei  Cic.  de  or.  III,  11,  43  sagt  L.  Crassus:  nostri  (die  eigentlichen 
Römer)  .minus  student  litt^ris  quam  Latini.  Dennoch  übertreffe  leicht 
auch  der  ungelehrteste  geborene  Römer  litteratissimum  togatorum  omnium, 
Q.  Valerium  Soranum,  lenitate  vocis  atque  ipso  oris  pressu  et  sono.  — 
Varro  L.  L.  VII,  31:  apud  Valerium  Soranum:  vetus  adagio  est,  o  P.  Sci- 
pio  (gestorben  J.  625).  Hienach  ist  er  auch  noch  Zeitgenosse  des  L.  At- 
tius  und  daher  es  möglich  dass  er  der  Valerius  ist  von  welchem  Varro 
L.  L.  X,  70  den  Vers  anfuhrt:  Accius  Hectörem  nolet  facere,  Hectora  ma- 
let, wo  0.  Müller  auch  an  den  Aeditnus  denkt.  Zwei  Hexameter  (stoischen 
Inhalts,  über  Juppiter  als  höchsten  imd  einen  Gott)  bei  Augustin.  civ.  D. 
VII,  9.  g.  E.  (vgl.  Mythogr.  p.  152Bode):  in  hanc  sententiam  eüam  quos- 
dam  versus  Valerii  Sorani  exponit  idem  Varro  in  eo  libro  quem  seorsum 
ab  iötis  de  cultu  deorum  scripsit.  Plin.  N.  H.  praef.  (extr.):  hoc  ante  me 
fecit  (nämlich  seinem  Buche  eine  Inhaltsübersicht  beizugeben)  in  literis 
nostris  Valerius  Soranus,  in  libris  quos  ^Tro^rt^cov  inscripsit.  In  diesem 
war  es  wohl  auch  wo  er  den  geheimen  Namen  der  Stadt  Rom  (Plin.  N.  H. 
III,  6,  9.  Solin.  2)  oder  (nach  Plut.  quaest.  rom.  58  s.  61)  ihrer  Schutzgott- 
heit enuntiavit  und  dafür  bald  (durch  einen  elenden  Tod,  Plut  1. 1.)  büsste 
(Plin.  1.  1.).  Er  kann  auch  der  Valerius  sein  welchen  Varro  L.  L.  V,  65 
wegen  der  Ableitung  des  plautinischen  scrupipedae  anfahrt.  Vgl.  Haakh 
in  Pauly's  ReaJ-Enc.  VI,  2.  S.  2342,  Nr.  50.  Seine  beiden  Söhne,  Q.  u.  D., 
nennt  Cic.  Brut.  46,  169:  vicini  et  familiäres  mei,  non  tarn  in  dicendo  ad- 
mirabiles  quam  docti  et  graecis  littens  et  latinis. 


Dichter:  Q.  Valerius  Soranus,  Sedigitus  u.  A.  L.  Pomponius.  Noviuß.      169 

2.  Donats  Zusatz  zu  Suetons  Leben  des  Terenz:  duos  Terentios  po^ 
ias  fuißse  scribit  Melius  ^aecius),  quorum  alter  Fregellanus  fuerit  Teren- 
tius  Libo,  der  andere  der  Komiker. 

3.  Gell.  XV,  24,  1:  Sedigitus  (im  ind.  capp  :  Volcatius  Sedigitus),  in 
libro  quem  scripsit  de  poetis,  quid  de  bis  sentiat  qui  comoedias  fecerunt 
et  quem  ex  omnibus  praestare  ceteris  putet  ac  deinceps  quo  quemque  in 
loco  et  bonore  ponat  bis  versibus  suis  demonstrat.  Folgen  13  iambiscbe 
Senare,  worin  zehn  Palliatendicbter  in  einfer  überaus  wunderlicben  Loca- 
tion  aufgezählt  werden;  s.  oben  15,  3.  Ist  bei  Suet/  vit.  Terent.  p.  294 
Roth=  p.  33  Rffsch.  die  Reihenfolge  Porcius  (Licinus),  Afranius,  Volca- 
tioa,  Cicero,  Caesar  die  chronologische,  wie  wahrscheinlich,  so  wird  Vol- 
catius nach  der  Mitte  des  7.  Jahrb.  geblüht  haben.  Doch  scheint  der  Zeit- 
genosse des  Cicero,  P.  Nigidius  Figulus,  jene  Verse  bereits  in  eines  seiner 
Werke  aufgenommen  zu  haben,  da  dieselben  in  Hdss.  des  Plautus  dem 
Nigidius  zugeschrieben  werden;  Ritschi,  Parerga  S.  65  f.  240  f.  M.  Hertz, 
de  Nig.  Fig.  p.  47 — 49.  Drei  andere  Senare  Ton  ihm  über  Terenz  bei 
Saeton.  v.  Ter.  p.  294,  4  ff.  Roth  =  p.  32,  10  ff.  Rffsch.  mit  Ritschi  p.  617  f. 
Er  scheint  hienach  das  Leben  und  die  Schriften  der  betr.  Dichter  kurz  be- 
handelt und  eine  Art  ästhetischer  Würdigung  derselben  gegeben  zu  haben, 
üeber  die  Zeit  der  palliata  scheint  er  aber  nicht  herabgestiegen  zu  sein, 
und  auch  darum  ist  nicht  rathsam  ihn  in  die  ciceronische  Zeit  hineinzu- 
rücken. 

4.  Ueber  L.  Julius  Caesar  Strabo  (Aedil  664,  getödtet  667)  s.  unten 
and  vgl.  oben  119,  3. 

126.  Nach  der  Mitte  des  siebenten  Jahrb.  d.  St.  blühten 
auch  die  beiden  Dichter  welche  die  Atellane  aus  einem  Volks- 
spiel zn  einem  Zweige  der  komischen  Literatur  machten,  L. 
Pomponius  aus  Bononia  und  Novius,  jener,  wie  es  scheint, 
der  originellere  und  noch  fruchtbarere.  Beider  Ueberreste  lassen 
in  tiefen  Sittenverfall  auch  bei  den  niederen  Volksclassen  hin- 
einblicken. 

J.  Hieron.  zu  Euseb.  Chr.  Ol.  172,  4  =  J.  665  d.  St.:  L.  Pomponius 
Bononiensis,  Atellanarum  scriptor,  clarus  habetur.  Vellej.  II,  9,  6:  sane 
DOü  ignoremus  eadem  aetate  (wie  Valerius  Antias  u.  A.)  fuisse  Pomponium, 
sensibus  celebrem,  verbis  rüdem  et  novitate  inventi  a  se  operis  commen 
dabilem.  Vgl.  Schober,  de  loco  Vellei,  Neisse  1831.  4.  Macrob.  Sat.  VI, 
9,  4:  Pomponius,  egregius  Atellanarum  poeta.  Vgl.  Fronto  ad  M.  Caes. 
IV,  3.  p.  95  Mai.  =  62  Naber  (s.  oben  120,  3).  Sen.  Coutrov.  VII,  18,  9. 
p.  206,  21  f.  Bu  :  auctorem  huius  viti  quod  ex  captione  unius  verbi  plura 
significantis  nascitur  aiebat  (Cassius  Seyerus)  Pomponium  Atellanarum 
Bcriptorem  fuisse.  E.  Munk,  de  L.  Pomponio  Bononiensi  Atellanarum  poeta, 
Glogau  1826.  8.  und  de  fab.  Atell.  (Lips.  1840)  p.  93  if.  Tb.  Ladewig  in 
Pauly'g  Real-Enc.  V.  S.  1876  f.  Seine  Ueberreste  bei  Munk,  fab.  At.  p.  135 
— 164.  Ribbeck  com.  p.  191—215.  Zu  den  65  dort  aufgeführten  kommt 
auch  noch  Dotalis,  s.  L.  Müller,  metr.  lat.  p.  429. 

2.  Stoffe  ausser  den  oskischen  Figuren  (Bucco  auctoratus,  adoptatus; 


170  Siebentes  Jahrhundert  d.  St. 

hiruea  Pappi,  Pappiis  agricola,  praeteritus,  sponsa  Pappi;  Maccus,  Macci 
'^emini,  Maccus  miles,  Sequester,  virgo)  besondeiÄtände  (Rustici,  Fullones, 
Leno,  Pictores,  Piscatores,  Pistor,  Praeco,  Medicus,  Aeditumus,  Aruspex, 
Augur  u.  A.),  Stammesunterschiede  (Campani,  Galli  Transalpini),  Politi- 
sches (Petitor,  Pappus  praeteritus,  Praefectus  morum),  Literarisches  (Phi- 
losophia;  vgl.  V.  83.  138.  181),  auch  Mythologisches  (Agamemno  supposi- 
tus,  Marsya,  wohl  auch  Atalanta,  Sisyphos,  Ariadne,  Vahlen  im  Rhein.  Mus. 
XVI.  S.  473  f.).  Manche  Titel  klingen  wie  von  Palliaten  (Adelphi ,  Sync- 
phebi,  Syri,  Dotata).  Persönliche  Anspielungen  V.  15.  Erotische  Verwick- 
lungen derbster  Art,  wie  Verkleidung  als  Mädchen,  V.  57  ff.  67  f. ;  Maccus 
Virgo ;  Nuptiae ;  Prostibulum.  Zahlreiche  Obscönitäten  imd  sonstiger 
Schmutz;  Wortwitze,  sehr  häufige  Alliteration;  Sprüchwörtliches  und  an- 
deres Volksmässige.  Versmasse:  iambische  Senare  und  Septenare,  tro- 
chäische Septenare,  auch  (V.  164  f.)  Kretiker. 

3.  Novius,  Atellanarum  probatissimus  scriptor,  Macrob.  Sat.  I,  10,  3. 
Vorname  unbekannt;  häufig  Verwechslung  mit  Naevius.  Novianae  Atel- 
lauiolae  excerpiert  von  M.  Aurelius  nach  Fronto  Ep.  II,  10.  p.  34  Naber. 
üeberreste  (43  Titel)  bei  Munk,  fab.  Atell.  p.  165  vgl.  p.  117  ff.  Ribbeck, 
com.  p.  215—230. 

4.  Stoffe:  personae  oscae  (duo  Dossenni;  Maccus  copo,  cxsul;  Mauia 
medica;  Pappus  praeteritus),  Stände  und  Gewerbe  (Agricola,  Bubulcus,  Fi- 
citor,  Vindemiatores;  Bubulcus  cerdo,  Fullones;  Milites,  Optio,  Hetaera), 
Landfitädter  (Milites  Pometinenses) ,  Literarisches  (V.  5.  26.  38.  67.  116, 
vielleicht  auch  eine  Travestie  Phoenissae),  parodisch  Mythologisches  (Her- 
cules coactor).  Scheinbar  in  der  Weise  der  alten  Palliata  die  Titel  Do- 
tata, üallinaria,  Lignaria,  Tabellaria,  Togularia,  in  der  der  neuen  Paedium. 
Bemerkenswcrth  auch  Mortis  et  vitae  iudicium;   Malivoh,  Parcus,  Surdus. 

5.  Die  possenhafte  Haltung  und  die  Obscönitäten,  die  Häufigkeit  der 
Alliteration  und  volksmässigen  Formen  und  Constructionen,  aber  auch,  die 
Versmasse  hat  Novius  mit  Pomponius  gemein.  Dem  Novius  eigenthümlich 
ist  vielleicht  die  verhältnissmässige  Häufigkeit  von  Bildern  aus  dem  Kin- 
derleben (V.  41.  62.  65). 

126.  Inschriften  in  gebundener  Form  aus  dem  siebenten 
Jahrh.  gibt  es  theils  im  saturnischen  Masse  theils  im  volks- 
mässig  gehandhabten  Hexameter  oaer  in  anderen  griechischen 
Metren,  besonders  dem  iambischen  Senar. 

1.  Im  Satumius:  der  titulus  Mummianus  vom  J.  609  (C.  I.  lat.  I,  541. 
p.  150  f.  vgl.  oben  52,  8),  die  Grabschrift  des  Maarcus  Caicilius  (ib.  1006, 
p.  218),  die  Inschrift  von  Sora  (ib.  1175,  p.  240;  vgl.  oben  52,  9.  104,  1), 
wie  auch  die  Grabschrift  der  Atistia  (ib.  1016,  p.  222)  wohl  so  ge- 
meint ist. 

2.  Im  populären  Hexameter:  der  titulus  Mummianus  bei  Mommsen 
C.  I.  lat.  I,  542.  p.  151  f.,  sowie  die  sortes  Praenestinae  (ib!  1438 — 1454, 
p.  268—270).  Ausserdem  die  Grabschrift  des  Cn.  Taracius  (ib.  1202,  p.  244) 
und  des  Protogenes  (ib.  1297,  p.  253).  Ein  daktylischer  Oktometer  ib.  1480, 
p.  273.    Auch  Nr.  1038  lässt  daktyHsches  Mass  erkennen.     lamben  und 


Prosaisten:  Der  jüngere  Africamis  u.  ii.  Redner.  -  171 

Hexameter  in  Nr.  1019;  Distichen  Nr.  1011  und  1220,  sowie  von  den  Sci- 
jHonengrabschriften  Nr.  38  (p.  21). 

3.  Im  iambischen  Masse  gehalten  sind  von  den  Inschriften  des  C.  I. 
lat.  Nr.  1007—1010.  1012.  1027.  1059?  1267?  1273.  1306.  1479. 


II.  Prosaisten. 

127.  Die  beiden  ersten  Jahrzehnte  des  siebenten  Jahrh. 
)— 620  d.  St.)  waren  für  Rom  ausgefüllt  durch  Kriege,  ins- 
besondere den  lusitanischen  (601  —  620;  Viriathus)  und  den 
numantinischen  (611 — 621),  in  deren  schmachvoller  Führung 
sich  bereits  die  Folgen  des  J.  608=  146  (Karthago,  Korinth) 
zeigen.  Die  literarische  Thätigkeit  war  daher  in  dieser  Zeit 
sehr  untergeordnet.  Redner  haben  diese  beiden  Jahrzehnte  an 
dem  jüngeren  Africanus  und  dessen  Bruder  Fabius  Aemilianus, 
sowie  dem  jüngeren  Laelius,  an  Sulpicius  Galba,  M.  Lepidus, 
Furius  Philus,  Q.  Metellus  Macedonicus,  auch  den  beiden  Mummii. 

1.  P.  Cornelius  Scipio  Aemilianus,  geb.  570  (Liv.  XLIV,  44,  3),  Cos. 
607  und  620,  Censor  612,  f  625;  vgl.  C.  Krafft  in  Pauly's  Real-Enc.  II.  S. 
662—666.  Cic.  Brut.  21,  82:  C.  Laelius  et  P.  Africanus  in  primis  eloquentes. 
quorum  exstant  orationes.  Lael.  25,  96:  quanta  illa  (Seipionis)  fuit  gravi- 
tas,  quanta  in  oratione  maiestas!  .  .  sed  .  .  est  in  manibus  oratio.  Vgl. 
deinv.  I,  4,  5.  de  or.  I,  49,  215.  Brut.  74,  258.  off.  I,  32,  116.  Seipionis 
oratiunculae  excerpiert  von  M.  Aurelius,  nach  Frouto  Ep.  II,  10.  p.  34  N. 
Unter  den  Ueberresten  seiner  Reden  (Meyer  ed.  I.  p.  101—106)  sind  zwei 
etwas  umfangreichere,  bei  Gell.  VI  (VII),  11,  9.  Macrob.  (II,  10  =)  III, 
14, 7,  Die  meisten  geissein  in  schneidender  Weise  die  einreissende  Ver- 
weichlichung der  Sitten.  Art  des  Vortrags  s.  Cic.  de  or.  I,  60,  255 :  raulti 
öratores  fuerunt,  ut  illum  Scipionem  audimus  et  Laelium,  qui  omnia  ser- 
Dione  (Gesprächs ton)  conficerent  paullo  intentiore.  —  Allgemeine  Bildung 
des  Africanus.  Cic.  Tusc.  I,  3,  5:  Galbam,  Africanum,  Laelium  doctos  fuisse 
traditum  est.  II,  26,  62:  semper  Africanus  Socraticum  Xenophontem  in 
roÄmbus  habebat.  Insbesondere  die  Kvgov  naiSsicCy  Cic.  ad  Q.  fr.  I,  1,  8, 
23.  (Sokratische)  Ironie  hatte  ihm  C.  Fannius  in  Annalibus  zugeschrieben, 
Cic.  Acad.  II,  5,  15.  de  or.  II,  67,  270.  Brut.  87,  299.  Umgang  mit  Po- 
Hio6  (Polyb.  XXXn,  9  f.)  und  Panaitios  (Cic.  Acad.  II,  2,  6.  pro  Murena 
31,  66.  vgl.  de  or.  II,  37,  154).  Freundschaft  mit  G.  Laelius  (z.  B.  Cic.  de 
OJ^-  n,  6,  22.  Hör.  S.  II,  1,  71  tf.),  Terenz  (oben  97,  5)  und  dem  jungen 
Lucilius  (oben  122,  1). 

2.  Q.  Fabius  Maximus  Aemilianus,  älterer  (Polyb.  XXXII,  9  f.  Cic.  Lael. 
19.  69)  Bnider  des  Scipio  Africanus;  Cos.  609;  s.  A.  Haakh  in  Pauly's  Real- 
Enc.  VI,  2.  S.  2914,  Nr.  44.  Geistig  weit  veeniger  bedeutend  als  sein  jün- 
gerer Bruder  (Cic.  l.  1.) ,  spielte  er  auch  eine  wenig  hervorragende  Rolle. 
Er  hielt  die  Leichenrede  auf  (den  jungem)  Africanus  (Cic.  pro  Mur.  36,  75), 
welche  C.  Laelius  verfasst  hatte  und  später  unter  seinem  Namen  heraus 
gab;  B.  Schol.  Bob.  zu  Cic.  p.  Mil.  7,  2.  p.  283  Or.:  super  Africani  laudi 


esiJL 


172  Siebentes  Jahrhundert  d.  St. 

bus  ezstat  oratio  C.  Laeli  Sapientis,  qua  ubub  videtur  Q.  Fabius  Maximus 
in  laudatione  mortui  Scipionis.  Vgl.  Cic.  de  or.  II,  84,  341:  Q.  Tuberoni 
Africanum  avunculum  laudanti  scripsit  C.  Laelius. 

3.  G.  Laelius  (Sapiens),  Sohn  des  Gleichnamigen  (oben  112,  5),  etwas 
älter  als  sein  Freund  Scipio  Aemilianus  (Cic.  de  rep.  I,  12,  18);  Cos.  614; 
B.  H.  Hanna,  de  C.  LaeHo  Sapiente,  Lugd.  B.  1832.  A.  Haakh  in  Pauly's 
Real-Enc.  IV.  S.  725—727,  Nr.  2.  —  Cic.  Brut.  21,  84:  iugeni,  litteranim, 
eloquentiae,  sapientiae  denique,  etsi  utrique  (dem  Africanus  und  dem  Lae- 
Hus)  primas,  priores  tamen  lubenter  deferunt  Laelio.  Vgl.  ib.  82  (oben  A. 
1)  und  de  or.  I,  60,  265.  Brut.  21,  83:  plurimum  tribuitur  ambobus,  di- 
cendi  tamen  laus  est  in  Laelio  illustrior.  at  oratio  Laelii  de  collegüs  non 
melior  quam  de  multis  quem  voles  Scipionis;  .  .  .  multo  tamen  vetustior 
et  horridior  ille  quam  Scipio.  de  or.  I,  13,  58:  Ser.  Galbae  et  .  .  C.  Lae- 
lio, quos  constat  dicendi  gloria  praestitisse.  Brut.  24,  94:  hanc  ob  causam 
(weil  Laelius  limatius  dicendi  consectabatur  genus)  videtur  Laeli  mens  spi- 
rare  etiam  in  scriptis  (orationibus),  Galbae  autem  vis  occidisse.  86,  295: 
de  Laelio,  cuius  tu  oratione  negas  fieri  quidquam  posse  dulcius,  addis  etiam 
nescio  quid  augustius.  nomine  nos  capis  summi  viri  vitaeque  elegantissi- 
mae  verissimis  laudibus.  Vgl.  de  rep.  VI,  2,  2  (Laelii  oratio  exstat).  N. 
D.  ni,  17,  43  (in  illa  aureola  oratiuncula).  Anklagereden  von  Laelius  ken- 
nen wir  nicht,  wohl  aber  politische,  Vertheidigungen  und  Lobreden  (s.  A.  2). 
Vgl.  H.  Meyer,  orat.  fragm.  p.  96—100  ed.  1.  —  Cic.  ad  Att.  VII,  3,  10: 
Terentii  fabulae  propter  elegantiam  sermonis  putabantur  a  C.  Laelio  scribi; 
vgl.  oben  97,  5.  Fin.  II,  8,  24:  Diogenem  stoicum  adulescens,  post  autem 
Panaetium  audierat  Laelius.  Von  seiner  Vorliebe  für  Philosophie  aoipog 
(Lucil.  ib.).  Sapiens  genannt  (Brut.  68,  213.  oif.  II,  11,  40.  III,  4,  16).  An- 
tipater  widmete  ihm  sein  Geschichtswerk  (orat.  69,  230). 

4.  Ser.  Sulpicius  Galba,  geb.  um  565  (aetate  paulum  bis  —  dem  Lae- 
lius und  Jüngern  Africanus  —  antecedens  heisst  er  bei  Cic.  Brut.  21 ,  82), 
J.  605  wegen  einer  Handlung  schmählicher  Treulosigkeit  die  er  604  als 
Proprätor  in  Lusitanieu  begangen  angeklagt  und  nur  durch  künstliche 
Mittel  freigesprochen,  trotzdem  Cos.  610.  Vgl.  A.  Haakh  in  Pauly's  Real- 
Enc.  VI,  2.  S.  1494  f.  Nr.  31.  Als  Redner  war  er  nach  Cic.  Brut.  21,  82 
der  erste  Römer  welcher  künstliche  Figuren  anwandte  (ut  egrederetur  a 
proposito  ornandi  causa,  .  .  .  lit  communibus  locis  uteretur),  wohl  um  die 
Schlechtigkeit  der  Sache  zuzudecken.  Dagegen  war  er  ignarus  legum, 
haesitans  in  maiorum  institutis,  rudis  in  iure  civüi  (Cic.  de  or.  I,  10,  40). 
Sein  Vortrag  zeichnete  sich  aus  durch  grosse  Lebhaftigkeit  (in  agendo  .  . 
vehemens  atque  incensus,  Brut.  22, 88;  incitate  et  gravis  et  vehemens  oratio, 
ib.  24,  93;  lateribus  et  clamore  contendebat,  de  or.  I,  60,  255;  nihil  leniter 
dixit,  or.  30,  106;  vgl.  Brut.  22,  86:  atrocior  acriorque  Laelio;  23,89:  ele 
gantia  in  Laelio,  vis  in  Galba;  de  or.  III,  7,  28:  gravitatem  Africanus,  le- 
uitatem  Laelius,  asperitatem  Galba,  profluens  quidquam  habuit  Carbo  et 
canorum),  daher  seine  Reden  geschrieben  minderen  Eindruck  machten  (Brut. 
24,  93  f.).  Auch  war  sein  sprachlicher  Ausdruck  minder  gefeilt  (eziliores 
orationes  sunt  et  redolentes  magis  antiquitatcm  quam  aut  Laelii  aut  Sci- 
pionis aut  etiam  ipsius  Catonis;  itaque  evannerunt,  vix  iam  ut  appareant, 
Brut.  21,  82  vgl.  Tac.  dial.  18). 


ProsaiBten:  Redner  und  Geschichtschmber.  C'assins  Heraina.      173 

5.  M.  Aemilius  Lepidus,  qui  est  Porcina  dictuB  (Cic.  Brut.  25,  95),  Cos. 
617;  8.  W.  TeufFel  in  Pauly's  Real-Enc.  I,  1.  S.  357,  Nr.  8.  Cic.  1.  1.:  isdem 
temporibna  fere  quibus  Galba,  sed  paiüo  minor  natu,  et  summus  orator  est 
habitoB  et  fuit,  ut  apparet  ex  orationibus,  scriptor  sane  bonus.  Vgl.  ib. 
86,  295.  97,  333.  Doch  theilte  auch  er  Galba's  Unkenntniss  des  Rechts  (de 
or.  I,  10,  40).  Aemilius  Porcina  orator,  in  oratione  uti  lex  Aemilia  abro- 
getar,  Priscian.  IX.  p.  474,  20  f.  Htz. 

6.  L.  Furius  Philus  (Cos.  618)  perbeue  latine  loqui  putabatur  littera- 
tiusque  quam  ceteri,  Cic.  Brut.  28,  108.  Freund  des  Jüngern  Alricanus; 
Umgang  mit  gelehrten  Griechen  (de  or.  II,  37,  154).  Unter  den  philoso- 
phisch angeregten  und  praktisch  Weisen  (sapientes)  aufgeführt  de  leg.  agr. 
11,  24,  64  (Catones,  Phili,  Laeliij. 

7.  Q.  Caecilius  MeteUus  Macedonicus,  Cos.  611,  Censor  623,  fßSd;  po- 
litischer Gegner  des  jungem  Africanus;  s.  A.  Haakh  in  Pauly's  Real-Enc. 
IL  S.  23  f.  Nr.  6.     Cic.  Brut.  21,  81:  Q.  MeteUus  .  .  in  primis  est  habitus 
eloquens  .  .  cuius  et  aliae  sunt  orationes  et  contra  Ti.  Gracchum  exposita 
est  in  C.  Fauni  anualibus.     Liv.  LIX:  Q.  MeteUus  censor  censuit  ut  coge- 
rentur  omnes  ducere  uxores  liberomm  creandorum   causa,     exstat  oratio 
eiu9,  quam  Augustus  Caesar  .  .  in  senatu  recitavit.     Suet.  Aug.  89:  Hbros 
totos  senatui  recitavit  .  .  ut  orationem  Q.  Metelü  de  prole  augenda. 

8.  Cic.  Brut.  25,  94:  fueruut  etiam  in  oratorum  numero  mediocrium 
L.  et  Sp.  Mummii,  fratres,  quorum  exstant  amborum  orationes;  simplex 
qmdem  Lucius  et  antiquus,  Spurius  autem  nihüo  ille  quidem  omatior,  sed 
tarnen  astrictior;  fuit  enim  doctus  ex  discipUna  Stoicorura.  Lucius  ist  der 
Cos.  608  und  Zerstörer  Korinths;  s.  W.  Teuffei  in  Pauly's  Real-Enc.  V.  S. 
199—202,  Nr.  3.  Sein  jüngerer  Bruder  Spurius  begleitete  ihn  als  Legat 
nachÄchaja  und  schrieb  epistolas  versiculis  facetis  ad  famiUares  missas  a 
Corintho  (Cic.  ad  Att.  XIII,  6,  4).  Vgl.  oben  §.  22.  W.  Teuffei  a.  a.  0. 
S.  202,  Nr.  4. 

9.  Cic.  Brut.  25,  94:  multae  sunt  Sp.  (Postumii)  Albiui  (Cos.  606)  ora- 
tiones. —  Andere  s.  128,  2.  4.  129,  4  u.  5. 

128.  Die  Geschichtschreiber  in  dem  ersten  Fünftel  des 
siebenten  Jahrh.  d.  St.  halten  sich  noch  an  die  Weise  der  altern 
Annalisten,  schreiben  aber  nach  Cato's  Vorgange  alle  lateinisch. 
Der  früheste  unter  ihnen  ist  Cassius  Hemina,  der  bedeutendste 
L  Calpurnius  Piso  Frugi;  beide  mit  der  Entstehimg  Roms  be- 
ginnend und  mit  der  eigenen  Zeit  schliessend.  Ausserdem  ge- 
hören dazu  Fabius  Maximus  Servilianus  und  vielleicht  L.  Scri- 
bonius  Libo. 

1.  Censorin.  d.  n.  17,11  (über  die  vierten  Säcularspiele) :  at  Piso  cen- 
soriua  et  Gn.  Gellius,  sed  et  Cassius  Hemina,  qui  illo  tempore  vivebat,  post 
annum  factos  tertium  adfirmant,  nämlich  im  J.  608  d.  St.  Yetustissimus 
aactor  aunalium  heisst  er  bei  Plin.  N.  H.  .XIII,  27,  84.  vgl.  XXIX,  6:  Cas- 
sius Hemina  ex  antiquissimis  auctor  est.  Nicht  sicher  ist  ob  er  der  L.  Cas- 
aus  censorius  der  Schol.  Veron.  zu  Aen.  II,  717  ist     Ebenso  ist  unsicher 


174  Siebentes  Jahrhundert  d.  St. 

das  Citat  Gassius  Hemina  de  censoribus  libr.  II  bei  Noniua  p.  346,  22.  Von 
seinem  Geschichtswerk,  das  bald  Anuales  bald  Historiae  genannt  wird, 
werden  vier  Bücher  angeführt.  Die  Urgeschichte  war  ausführlich  behan- 
delt und  auch  auf  andere  Städte  Italiens  erstreckt.  Das  vierte  Buch  hatte 
den  Titel  bellum  punicum  posterior  (Priscian.  VII,  60l  p.  347,  5  f.  Htz.); 
das  dritte  Buch  behandelte  also  wohl  den  ersten  punischeu  Krieg,  wäh- 
rend das  zweite  die  römische  Geschichte  bis  zum  ersten  pun.  Kriege  kurz 
zusammengefasst  haben  wird  (Vahlen  Enn.  p.  LI  not.).  Da  Plinius  in  sei- 
nem Quellen verzeichniss  ihn  zu  B.  XII  (arborum  naturae),  XIV  (de  pere- 
grinis  arboribus  et  unguentffe),  XXXI I  (Heilmittel)  mit  aufführt,  so  scheint 
er  auch  Curiositäten  mitbehandelt  zu  haben.  Die  Ueberreste  von  ihm,  die 
sich  theilweise  gegen  andere  Cassii  schwer  abgrenzen  lassen,  bei  Krause 
p.  155—166,  C.  L.  Roth  (1852)  p.  288—295,  J.  E.  Schmitter,  Cassii  He- 
minae  annalium  fragmenta  eraendata,  Düsseldorf  1861.  4.  üeber  ihn  Schweg- 
1er  R.  G.  I.  S.  87  f.     Gerlach,  Geschichtschr.  S.  59  f. 

2.  L.  Scribonius  Libo,  Volkstribun  605.  Cic.  Brut.  23,  90:  Libonem 
non  infantem  video  fuisse,  ut  ex  orationibus  eiua  intellegi  potest.  Er  ist 
wohl  auch  gemeint  ad  Att.  XIII,  30,  3  (in  Libonis  annaUXIV];  vgl.  32,  3. 
44,  3  (Libonem  mecum  habeo  et  habueram  ante  Cascam). 

3.  Q.  Fabius  Maximus  Servilianus,  Cos.  612.  Macrob.  I,  16,  25:  Fabius 
Maximus  Servilianus  pontifex  in  libro  XII  negat  oportere  atro  die  pareu- 
tare.  Schol.  Veron.  zu  Georg.  III,  7:  Servilianus  historiarum  scriptor. 
Serv.  zur  Aen.  1,3:  Fabius  Maximus  annalium  primo.  Dionys.  Ant.  1,7: 
ag  Ol  TtQog  avzöiv  inaivov^svoi  'PouLLaiav  cvviyQatpdiv,  IloQ^iog  ts  Kd~ 
TODV  Kai  ^äßiog  Md^i(iog  xal  OvaUgiog  6  Uvrisifg  u.  s.  w.  Da  Polyb.  III, 
8  ausser  Fabius  Pictor  noch  keinen  Geschichtschreiber  der  gens  Fabia  zu 
kennen  scheint,  so  wird  Servilianus  mit  seinen  Aufzeichnungen  erst  in  spä- 
teren Jahren  begonnen  haben.  W.  Harless,  de  Fabüs  p.  37  —  44.  vgl. 
ib.  p.  3. 

4.  L.  Calpurnius  Piso  Frugi,  trib.  pl.  605,  Cos.  621,  Censor  wahrschein- 
lich 634  (censorius,  A.  1.  Pb'n.  N.  H.  XIII,  13  vgl.  Wßcov  Aevmog  6  Tifi,riTt%6g 
bei  Dionys.  Ant.  II,  38.  39.  XII  fr.),  Gegner  der  Gracchen.  Sein  Geschichta- 
werk  begann  mit  der  Gründung  Roms  und  handelte  im  siebenten  Buche 
von  seiner  eigenen  Zeit  (Censorin.  17,  13:  Piso,  in  cuius  aunali  septimo 
scriptum  est  sie  u.  s.  w.).  Ueber  den  Titel  desselben  ist  das  gewöhnliche 
Schwanken  (s.  A.  1);  nur  dass  Plin.  1.  1.  noch  überdiess  sagt:  L.  Piso  cen- 
sorius primo  commentariorum;  daher  0.  Jahn  (Berichte  der  sächs.  G.  d. 
W.  1848,  S.  429  f.)  und  Pluess  de  Cinc.  p.  28,  not.  83  (auch  bei  Dionysios) 
einen  zweiten  Piso,  M.  Hertz  (philologisch-klinischer  Streifzug,  1849,  S.  15  ff.) 
wenigstens  eine  zweite  Schrift  dieses  Piso  (antiquarischen  Inhalt«)  unter- 
scheidet. An  Wahrheitsliebe  fehlte  es  dem  Piso  gewiss  nicht  (gravis  auctor 
nennt  ihn  Plinius,  N.  H.  II,  53,  140),  und  die  Anführungen  desselben,  die 
besonders  in  den  zwei  ersten  Büchern  des  Livius  und  bei  Dionysios  häufig 
sind,  verrathen  zwar  nicht  immer  guten  Geschmack,  im  Ganzen  aber  einen 
schlichten,  nüchternen,  treuherzigen  Sinn,  auch  einen  Anflug  von  Rationa- 
lismus, der  dem  Romantiker  Niibuhr  so  antipathisch  war.  Ueber  die  Dar- 
stellung des  Piso  urteilt  Cicero,  vom  Standpunkte  des  Stilisten,  ungünstig; 
Gellius,  als  Bewunderer  alles  Alterthümlichen,  findet  das  einfache  Neben- 


ProsaiBten:  Piso  Frugi.  W.  Manilins  und  andere  Juriöten.         175 

einander  meiner  Sätze  reizend.    Brut.  27,  106:    Piao  H  causas  egit  et  mul- 
tanun  legum  aut  auctor  aut  dissuasor  fuit,  isque  et  orationes  reliquit,  quae 
iam  evanuerunt,  et  annales  sane  exiliter  scriptos.     Vgl.  de    leg.   I,  2,  6. 
de  or.  II,  12,  51  ff.  oben  32,  3.    Dagegen  Gellius  VII  (VI),  9,  1:  res  per- 
quam  pure  et  venuste  narrata  a  Pisone.    XI,  14,  1:  simplicissima  auavi- 
tate  et  rei  et  orationis  L.  Piso  Frugi  usus  est  in  primo  annali.    Seine  bei- 
den Beispiele  "feigen  dass  Piso  sieb  in  anekdotenhaftes  Detail  einUess;  auch 
fuhrt  ihn  Plinius  als  Quelle  an  zu  Buch  XII  bis  XVIII  (Bäume),   XXVIII 
a.  XXIX  (raedicinae),  XXXIII  f.  (Metalle),  XXXVI  (Steine).    Vgl.  A.   1. 
Seine  Ueberreste  bei  Krause  p.  139  ff.    C.  L.  Roth,  p.  295—304.    Liebaldt, 
de  L.  Calpumio  Pisone  annalium  scriptore,  Naumburg  1836.  4.  Schwegler 
J.  S.  88  f.  Gerlach,  Geschichtschr.  S.  60—62.  Kieserling,  rer.  Script,  p.  30— 
35.  Mommsen  R.  G.  II«.  S.  454. 

129.  Bedeutende  Juristen  haben  diese  zwei  Jahrzehnte  an 
Manius  Manilius,  M.  Junius  Brutus,  Ser.  Fabius  Pictor,  und 
besonders  dem  Consul  des  J.  621,  P.  Mucius  Scaevola,  ^inem 
scharfsinnigen,  jedoch  mehr  bedächtigen  und  behaglichen  als 
energischen  Ehrenmanne,  der  auch  die  offiziellen  annales  abschloss 
and  in  Buchform  brachte.  Er  wie  Manilius  und  Brutus  waren 
angesehene  Schriftsteller  in  ihrem  Fache,  insbesondere  Manilius 
Verfasser  von  Formularen  zu  Kaufcontracten.  Auch  des  Scae- 
vola  Bruder,  der  Cos.  022,  P.  Licinius  Crassus  Mucianus,  war 
eiu  genauer  Kenner  des  Rechts,  sowie  C.  Marcius  Figulus. 

1.  M\  Manilius,  Co«.  605,  zum  Freundeskreise  des  jungem  Africanus 
gehörig;  s.  L.  Bröcker  in  Pauly's  R.  E.  IV.  S.  1481  f.  Nr.  4.  —  Pompon. 
Dig.  I,  2,  2,  39:  post  hos  (Cato  und  sein  Sohn)  fuerunt  P.  Mucius  et  Bru- 
tus et  Manilius,  qui  fundaveruut  ins  civile.  ex  bis  ,  .  Ubellos  reliquit  .  . 
Manilins  tres.  et  exstant  volumina  scripta,  Manilii  monumenta.    Cic.  de  or. 

I,  58,  246:  Manilianas  venalium  vendendorum  leges  ediscere.    Varro  R.  R. 

II,  3,  5:  Manilius  scriptum  reliquit  (Sponsionsformel  über  den  Kauf  von 
Ziegen)  sie.  ib.  5,  11:  paulo  verbosius  haec  (Stipulationsform)  qui  Manilii 
actiones  sequuntur.  7,  6:  eratio  equina  simiüs  fere  ac  boum,  .  .  .  ut  in 
Manilii  actionibus  sunt  perscripta.  L.  L.  VII,  5,  105.  p.  161  M.:  nexum 
Manilius  scribit  omne  quod  per  libram  et  aes  geritur.  Bei  Varro  immer  mit 
der  Var.  Mamilius.  Cic.  fin.  1,4,  12:  partus  ancillae  sitne  in  fructu  habendus 
diaseretur-inter  principes  civitatis,  P.  Scaevolam  Maniumque  Manilium,  ab 
iisque  M.  Brutus  dissentiet,  .  .  nosque  ea  scripta  .  .  legimus  Hbenter.  ad 
Fam.  VII,  22:  ut  scires  id  .  .  Sex.  Aelium,  M\  Manilium,  M.  Brutum  sen- 
siisse.  Vgl.  ib.  &,  2.  p.  Caecin.  24,  69:  si  ut  Manilius  statuebat,  sie  est  iu- 
dicatom.  Gell.  XVII,  7,  3:  Q.  Scaevola  patrem  suum  et  Brutum  et  Mani- 
linm,  viros  adprime  doctos,  quaesisse  ait  u.  s.  w.  Dig.  XLI,  2,  3,  3: 
Brutus  et  ManiUus  putant  u.  s.  w.  Als  Jurist  heisst  er  bei  Cic.  (rep.  I, 
12,  18.  vgl.  Brut.  28,  108)  vir  prudens.  Brut.  28,  108:  nee  multo  minus 
(als  P.  Scaevola)  prudenter  (loqui  putabatur)  M'.  Manilius.  de  or.  III,  33, 
133:  M\  Manilium  .  .  vidimus  transverso  ambulantem  foro,  quod  erat  insigiie 
eum  qui  id  faceret  facere  civibus  omnibus  consilii  sui  copiam. 


176  Siebentes  Jahrhundert  d.  St. 

2.  M.  Junius  Brutus,  iuris  peritissimus  (Cic.  Brut.  34,  130  vgl.  47,  175; 
iuris  civilis  in  primis  peritus,  Ott'.  IT,  14,  50).  Pompou.  1.  1.  39  heisst  er 
praetorius  und  wird  gesagt  dass  er  Septem  libellos  reliquit.  Dagegen  Cic. 
de  or.  II,  55,  223:  tres  Bruti  de  iure  civili  Ebros  tribus  legendos  dedit. 
p.  Clueni.  51,  141:  tres  excitavit  recitatores  cum  singulis  libris  quos  M. 
Brutus  .  .  de  iure  civili  reliquit.  Quintil.  VI,  3,  44:  tris  excitavit  lectores 
hisque  (M.  Bruti)  dialogos  dedit  legendos.  Die  dialogisclie  Einkleidung 
erhellt  aus  Cic.  de  or.  II,  55,  224,  wo  es  auch  heisst:  ex  libro  tertio,  in 
quo  finem  scribendi  fecit  (M.  Brutus);  tot  enim,  ut  audivi  Scaevolam  dicere, 
sunt  veri  Bruti  libri.  Also  waren  nach  Scävola  die  vier  weiteren  Bücher 
Fortsetzungen  des  ursprünglichen  Werkes  durch  einen  Juristen  des  sieben- 
ten Jahrh.  —  Cic,  de  or.  II,  33,  142:  video  in  Catonis  (des  Sohnes)  et  in  Bruti 
libris  nominatim  fere  referri  quid  alicui  de  iure  viro  aut  mulieri  respon- 
derint.  Gell.  VI  (VH),  15,  1.  XVII,  7,  3.  Dig.  XLIX,  16,  4  (inter  Brutum 
et  Scaevolam  varie  tractatum  est\ 

3.  Cic.  Brut.  21,  81:  Ser.  Fulvius  (Cos.  619)  et  una  Ser.  Fabius  Fictor 
et  iuris  et  litterarum  et  antiquitatis  bene  peritus.  Gell.  I,  12,  14:  in  libro 
I  Fabii  Pictoris  quae  verba  pontificem  maximum  dicere  oporteat  .  .  scri- 
ptum est.  X,  15,  1:  in  libris  qui  de  sacerdotibus  publicis  compositi  sunt, 
item  in  Fabii  Pictoris  primo  scriptos  legimus.  Nach  der  Art  der  Nennung 
scheint  auch  Gellius  (vgl.  oben  105,  7)  dieses  Werk  de  iure  pontificio  dem 
berühmten  Annalisten  Fabius  Pictor  zugeschrieben  zu  haben,  was  Nipper- 
dey,  Philologus  VI.  S    131,  für  richtig  hält. 

4.  P.  Mucius  Scaevola,  Cos.  621,  Pontifex  maximus  seit  631,  f  um 
640  (vgl.  Ascon.  in  Milon.  p.  46  Or.);  s.  W.  Teuffei  in  Pauly's  R.  E.  V. 
S.  181—183,  Nr.  8.  —  Pompon.  1.  1.  39  (s.  A.  1).  Ist  die  dortige  Reihen- 
folge der  Aufzählung  (Mucius,  Brutus,  Manilius)  nicht  etwa  dignitär,  son- 
dern wollte  chronologisch  sein,  so  würde  Pomp,  den  Vater  imd  den  Sohn 
verwechseln;  s.  W.  Teuffei  a.  a.  0.  ß.  182  Anm.  vgl.  S.  180  Anm.  Ausser- 
dem Pomp.  1. 1. :  ex  bis  P.  Mucius  etiam  decem  libellos  reliquit.  .  .  illi  duo 
(ManiliuB  u.  P.  Mucius)  consulares  fuerunt,  P.  autem  Mucius  etiam  ponti- 
fex maximus.  Letzteres  mindestens  seit  631;  s.  Cic.  de  dom.  53,  136.  Als 
solcher  scheint  er  die  Abfassung  der  offiziellen  Aunales,  durch  den  ponti- 
fex maximus,  als  überflüssig  geworden  durch  die  Privat- Annalisten,  abge- 
schafft zu  haben;  wenigstens  giengen  jene  (nach  Cic.  de  or.  11,12,  52)  nur 
usque  ad  P.  Mucium  pontificem  maximum.  Gleichzeitig  wird  er  wohl  für 
die  Sammlung  der  bisher  geführten  annales  und  deren  Herausgabe  in  Buch- 
form Sorge  getragen  haben;  s.  oben  66,  2  u.  3.  Mommsen  R.  G.  II*.  S.  453. 
Zusammenhang  des  Pontificats  mit  Jurisprudenz:  Cic.  de  leg.  II,  19,  47 
(vgl  21,  62):  .  .  Scaevolae  (Vater  und  Sohn,  Letzterer  Cos.  659),  pontifi 
ces  ambo  et  eidem  iuris  peritissimi  (vgl.  de  leg.  11,  21,  52).  Saepe,  inquit 
P.  filius,  ex  patre  audivi  pontificem  bonum  neminem  esse  nisi  qui  ins  ci- 
vile  cognosset.  de  or.  I,  37,  170:  P.  Crassus,  ille  Dives,  .  .  cum  P.  Scae- 
volae frater  esset,  solitus  est  ei  persaepe  dicere,  neque  illum  in  iure  civiU 
satis  facere  posse  nisi  dicendi  copiam  assumpsisset  .  .  neque  se  ante  cau- 
sas  amicorum  tractare  atque  agere  coepisse  quam  ius  civile  didicisset. 
Brut.  28,  108:  latine  loqui  putabatur  .  .  P.  Scaevola  valde  prudenter  et 
acute,  paulo  etiam  copiosius.     de  or.  I,  56,  240  (von  Crassus):    id  quod 


Prosaisten:  P.  Scaevola.  Die  Gracchen.  177 

ipse  diceret  et  in  P.  Mucii,  fratris  sui,  libris  et  in  Sex.  Aelü  commentarÜE 
scriptum  protnlisse.  Die  Proben  seiner  Entsclieidimgen  und  Aeusserungen 
die  uns  erhalten  sind  zeigen  ihn  eben  so  scharf  im  Definieren  (Cic.  Top.  4, 
24.6,  29.  8,  37.  9,  38)  als  stark  in  der  Casuistik  (Cic.  de  leg.  II,  22,  57. 
fin.  I,  4,  12.  Gell.  XVII,  7,  3.  Dig.  XXIV,  3,  66  pr.  XLIX,  15,  4.  L,  7, 
17.  vgl.  XL VII,  4,  1,  15),  insbesondere  auch  bereits  im  Anleiten  zu  gesetz- 
licher Umgehung  der  gesetzlichen  Bestimmungen  (Cic.  leg.  II,  21,  53). 
Nur  eine  Paiteiansicht  aber  war  es  wenn  Nasica  ihm  den  Grundsatz  fiat 
iuütitia,  pereat  mundus  zuschrieb  (Val.  Max.  III,  2,  17:  tum  Scipio  Nasica 
quouiam,  inquit,  consul,  dum  iuris  ordinem  sequitur,  id  agit  ut  cum  omni- 
hm  legibus  romanum  imperium  corruat  etc.).  In  seinem  Umgange  bildete 
sich  Rutilius  Eufus  (Cos.  649);  s.  unten  136,  2.  Sein  glänzendster  Schüler 
aber  war  sein  Sohn,  der  Cos.  659  (unten  141,  1  ff.). 

5.  P.  Licinius  Crassus  Dives  Mucianus,  leiblicher  Bruder  des  Vorigen, 
aber  adoptiert  von  P.  Crassus  (Cos.  549;  s.  oben  112,  4);  Cos.  623,  f  624; 
8.  W.  Teuffei  in  Pauly's  R.  E.  IV.  S.  1057  f.  Nr.  15.  —  Gell.  I,  13,  10:  is 
Crassus.  .  traditur  habuisse  quinque  rerum  bonarum  maxima  et praecipua: 
qnod  easet  ditissimus ,  quod  nobilissimus,  quod  eloquentissimus,  quodiuris- 
coMultißsdraus,  quod  pontifex  maximus.  Cic.  de  or.  I,  50,  216:  P.  Crassus 
idem  fuit  eloquens  et  iuris  peritus  (ebenso  Brut.  33,  127.  Cato  mai.  14, 
W).  Ib.  56,  240:  fuit  Crassus  in  numero  disertorum,  sed  par  Galbae  (oben 
127,  4)  nullo  modo.  ib.  37,  170  (s.  A.  4).  Brut.  26,  98:  P.  Crassum  valde 
probatum  oratorem  . .  accepimus,  qui  et  ingenio  valuit  et  studio  et  habuit 
quasdam  etiam  domesticas  disciplinas.  nam  .  .  cum  esset  P.  Muci  (Cos. 
i><9j  filius  fratremque  haberet  P.  Scaevolam  (s.  A.  4)  domi  iua  civile  cogno- 
Terat  in  eo  industriam  constat  summam  fuisse  maximamque  gratiam,  cum 
et  consuleretur  plurimum  et  diceret.  Unter  den  Juristen  nennt  ihn ,  aber  mit 
dem  Vornamen  L.  (wohl  durch  Verwechslung  mit  dem  Redner  L.  Crassus, 
nnten  139,  3  f.)  und  an  unrechter  Stelle  (nach  Sex.  Pompejus  u.  A.),  Pompon-. 
Wg.  I,  2,  2,  40:  L.  Crassus,  frater  P.  Mucii  (des  Cos.  621,  s.  A.  4),  qui  Mu- 
cianus dictus  est.  Ausserdem  s.  Val.  Max.  VIII,  7,  6:  P.  Crassus,  cum  in 
Asiam  ad  Aristonicum  regem  debellandum  consul  venisset,  tanta  cura  grae- 
cae  linguae  notitiam  comprehendit  ut  eam  in  quinque  divisam  genera  (d.  h. 
Dialekte)  .  .  penitus  cognosceret.  Natürlich  verstand  er  das  Griechische 
schon  vorher  voUständig. 

6.  Valer.  Max.  IX,  3,  2:  G.  Figulum  mansuetissimum,  pacato  iuris 
iudido  (studio?)  celeberrimum,  Sohn  des  Cos.  592  und  598,  aber  selbst 
nicht  zum  Consulat  gelangt;  daher  die  ärgerliche  Frage  an  seine  consul- 
tores:  an  vos  consulere  scitis,  consulem  facere  nescitis? 

130.  Die  Zeit  der  Gracchen  (J.  620—635  d.  St.)  war 
cuie  Periode  innerer  Stürme,  die  den  Staat  in  seinen  Grund- 
feten erschütterten.  In  diesen  leidenschaftlichen  Parleikämpfen 
war  die  Rede  eine  mächtige  Waffe,  obwohl  sie  gegen  brutale 
Gewalt  nichts  ausrichtete.  Am  gewaltigsten  handhabte  die  Rede 
in  dieser  Zeit  der  jüngere  Gracchus  (J.  600—633  d.  St.).  Die 
zündende  Energie  seiner  Beredtsamkeit  tritt  uns  aus  den  we- 

Tcarrel,  Riim.  LilemCurg^schicIilo.  J2 


178  Siebentes  Jahrhundert  d.  St. 

nigen  Proben  die  wir  von  ihr  besitzen  noch  ergreifend  entgegen. 
Wie  überhaupt  so  auch  als  Redner  viel  weniger  bedeutend  war 
des  Caius  älterer  Bruder,  Tiberius  (J.  591 — 621  d.  St.). 

1.  Personalien  und  Literatur.  Tiberius  Sempronius  Gracchus,  geb.  591 
oder  592  d.  St.,  Quästor  des  Cos.  Hostilius  Mancinus  im  numantinischen 
Kriege  (^J.  617  :=  137),  Volkstribun  621  =  133,  als  welcher  er,  ungeduldig 
über  den  Widerstand  welchen  er  bei  seinen  wohlgemeinten  Vorschlagen 
fand,  bald  aus  der  gesetzlichen  Bahn  gerieth  und  von  dem  Pontifex  maxi- 
mus  P.  Nasica  erschlagen  wurde  {ovnoD  zgidnovta  ysyovag^  Plut.  C.  Gracch. 
1).  Cajus  war  neun  Jahre  jünger  (Plut.  Ti.  Gr.  3.  C.  Gr.  1.),  somit  600 
oder  601  geboren,  621  ff.  triumvir  agris  dividundis,  628  f.  Quästor  des  Cos. 
Aurelius  Orestes  in  Sardinien,  Volkstribun  631(123)— 633(121),  in  welchem 
letztern  Jahre  er  dem  Cos.  L.  Opimius  erlag.  A.  Haakh  in  Paidy's  Real- 
Enc.  VI,  1.  S.  983—987.  Dieckmann,  die  beiden  Gracchen,  Hanover  1851. 
Th.  Lau,  die  Gracchen  und  ihre  Zeit,  Hamburg  1854.  287  S.  8.  J.  Sörgel, 
de  Ti.  et  C.  Gracchis,  I.  Erlangen  1860.  24  pp.  4.  II.  Erlangen  1863.  21  pp. 
4.  III.  Erlangen  1866.  24  pp.  4.  A.  C.  G.  Lundeuius,  de  Ti.  Sempronio 
Graccho,  Helsiugfors  1850.  159  pp.  8.  A.  G.  Kok,  quo  anno  aetatis  Ti. 
Gracchus  quaestor  fiierit,  in  seinen  Quaestiones  Plutarcheae,  Lugd.  Bat.  18G3. 

2.  Gemeinsames  und  Vergleichung  Beider.  Plut.  Ti.  Gr.  2:  tdsa  ngoa- 
(onov  xcrl  ßksfificttt  xal  %ivi]pLaTi  ngaog  nal  Hazaatrifiat iKog  tjv  6  Tißi- 
Qiog,  ivxovog  S\  xofl  afpodgog  6  rdi'og.  .  .  6  Xoyog  tov  filv  Fatov  (poßf- 
Qog  xal  nsQinad'^g  sig  dBLVooaLv,  ridCtov  S*  6  tov  Tißsqiov  mal  (läXXov 
inaytoyog  oCutov.  rff  S^  Xs^si  Kad'aQog  xal  Siansnovr^aivog  dtigißcog  iitsi- 
vog^  6  Sf  Fatov  nid^avog  xofl  ysyavcafiivog.  tw  d*  jjd'si  .  .  6  ft^v  iniBi- 
yirjg  xal  ngaog  y  6  Sl  tgccxvg  xal  d'VfiotiSqg.  Mag  hier  der  Unterschied 
allzusehr  geschärft  sein,  so  war  doch  jedenfalls  Cajus  der  lebhaftere  und 
durch  die  Erfahrungen  seines  Bruders  verbittert.  Liv.  LX:  G.  Gracchus  .  . 
eloquentior  quam  frater.  Dio  fr.  85  Bk. :  6  FgccTixog  rr/v  ftlv  yvoofirjv 
ofioiav  TW  dSBXq)a  stxfv  *  .  rij  Öl  nagaaytsvrj  xciv  Xoyoav  noXv  avtov 
ngos(pEgfv.  Cic.  Brut.  97,  333:  Gracchi  in  contionibus  multo  faciliore  et 
liberiore  genere  dicendi  (usi  sunt  quam  superiores).  Plin.  N.  H.  XIII,  26: 
longinqua  monumenta  Tiberii  Caique  Gracchorum  manus,  quae  apud  Pom- 
ponium  Secundimi  .  .  vidi. 

3.  Tiberius.  Cic.  Brut.  27,  103;  fuit  uterque  (Carbo  und  Tib.)  sum- 
mus  orator.  104:  et  Carbonis  et  Gracchi  haberaus  orationes  noudum  satis 
splendid  as  verbis,  sed  acutas  prudentiaeque  plenissumas.  fuit  Gracchus  .  . 
graecis  litteris  eruditus.  nam  semper  habuit  exquisites  e  Graecia  magistros, 
in  eis  iam  adolescens  Diophanem  Mytilenaeum  (vgl.  Plut.  Ti.  8.  20),  Grae- 
ciae  temporibus  illis  disertissumum.  de  harusp.  resp.  19,41:  Ti.  Gracchus 
couMelht  statum  civitatis:  qua  gravitate  vir,  qua  eloquentia,  qua  dignitate ! 
Appian.  b.  c.  I,  9:  Tißigiog  ZsfingoovLog  Fgdyixogy  dviqg  ini(pavi^g  yiai 
Xa(i7tg6g  ig  qnXoti^iav,  stneiv  ts  dwatcitaxog.  Dass  seine  Stellung  zum 
numantinischen  Vertrag  in  den  Rhetorschulen  frühzeitig  ausgebeutet  wurde 
zeigt  Quintil.  VII,  4,  13:  interdum  culpa  in  hominem  relegatur:  ut  si 
Gracchus  reus  foederis  numantini .  .  missum  se  ab  imperatore  suo  diceret. 
Martian.  Cap.  V.  p.  149,  18  ff.    Eyss. :    remotio  est  cum  obiectnm  crimen 


Prosaisten:  die  Gracchen.  179 

in  alterum  vel  in  aliud  .  .  removetur.  in  alium,  ut  Ti.  Gracchus  in  Man- 
dnum,  qui  auctor  faciendi  foederis  fuit.  Man  kann  daher  auch  zweifel- 
haft sein  ob  das  was  Plutarch  (Ti.  Gr.  9.  15)  und  Appian  (b.  c.  I,  9),  Er- 
sterer  (c.  15)  als  Probe  der  ntd'avovrjg  und  nvnvovTjg  zov  avSgog,  den 
Tib.  zur  Begründung  seiner  Anträge  sprechen  lassen  wirklich  aus  Reden 
desselben  geschöpft  ist  oder  Ausmalung  von  Bhetoren  und  rhetorisierenden 
Historikern  (wie  Fannius  oder  Livius).  Die  Quelle  des  Plutarch  scheint 
wirklich  Proben  aus  den  Reden  wenigstens  des  Cajus  gegeben  zu  haben; 
vgl.  0.  Gr.  4  extr. :  toiavtri  filv  ri  ni-Agla  tmv  X6y(ov  rjv  avtovy  xal  noXld 
laßsiv  in  TcoV  ysyQafifiivcav  iaziv  ofioia. 

4.  Caius.    Allgemeine  Charakteristik  seiner  Beredtsamkeit.    Plut.  C. 
Gr.  1:  Tov  loyov  c^cnsQ  (oiivTtTSQcc  nataO'KSvaio^svog  inl  tiJv  noXiziiav  .  . 
anidn^f    xovg   alXovg   pT^roppr?   naidoov    (infantium)    (ii^dhv  diacpigovrag. 
3:  l<s%v(ov  Tö5  liysiv  mg  aXXog  ovdei'g.   4:  ^v  dl  >t«l  fisyaXo(poDv6TaTog  nal 
QWfiaXsoixaTog  iv   toi  Xiynv.    Cic.   de  harusp.  resp.   19,  41:  C.  Gracchus 
quo  ingenio,  qua  eloquentia,  quanta  vi,  quanta  gravitate  dicendi!    pro 
Font.  17,  39:  exstat  oratio  hominis,  ut  opinio  mea  fert,  nostrorum  homi- 
iram  longe  ingeniosissimi  atque  eloquentissimi,  C.  Gracchi.    Brut.  33,  125: 
vir  et  praestantissumo  ingenio  et  flagranti  studio  et  doctus  a  puero,  C. 
Gracchus,    uoli  enim  putare  quemquam  pleniorem  aut  uberiorem  ad  di- 
c«ndum  fiiisse.     .  .  damnum  illius  immaturo  interitu  res  romanae  latinae- 
qne  litterae  fecerunt.    126:  eloquentia  nescio  an  habuisset  parem  neminem, 
grandis  est  verbis,  sapiens  sententiis,  genere  toto  gravis:   manus  extrema 
non  accessit  operibus  eins;  praeclare  inchoata  multa,  perfecta  non  plane. 
Tac.  dial.  18:    Catoni   seni   comparatus    C.    Gracchus   plenior   et   uberior. 
26:  malim   C.    Gracchi   impetum.     In  der  Zeit  des  Fronto  erneuerte  sich 
das  Interesse  für  Gracchus.    Fronto  Epist.   p.  145  N.:  tribunalia  Catonis 
et  Gracchi  et  Cicerom's  oratiouibus  celebrata.    p.    114:  coutionatur  Cato 
infegte,  Gracchus  turbulente,  TuUius  copiose.    iam  in  iudiciis  saevit  idem 
Cato,  triumphat  Cicero,  tumultuatur  Gracchus,  Calvus  rixatur.   p.  54:  ora- 
toreg  veteres,  quorum  aut  pauci  aut  praeter  Catonem  et  Gracchum  nemo 
tubam  inflat.    Beschäftigimg  mit  Reden  des  (C.)  Gracchus  ib.  p.  56.  61. 
iöö.    Diesem  neuerwachten  Interesse  verdanken  wir  die  Erhaltung  köst- 
licher Proben  seinw  Beredtsamkeit  durch  Gellius,   bes.  N.  A.  X,  3,  3—5. 
^l,  10.    13,  3.    XV,  12.     Dio   hat   bereits   wieder   aus   secundären,    dem 
C.  Gracchus  politisch  abgeneigten  Quellen  geschöpft;    s.   fr.  85  Bk. ,  wo 
^iich:  noXX^  fihv  nvAvotriti  iv^v^r^^dtfov  y  tioXX'^  ds  xal  ctpo^qoxrixi  ovo- 
l^dKov  Ininav  idrjfirjyogsi. 

5.  Art  der  Beredtsamkeit  des  C.  Gracchus:  Lebendigkeit  des  Vor- 
trags (Plut.  C.  Gr.  4;  monitor  zum  Massigen  oder  Steigern  der  Stimme, 
Cic.  de  or.  III,  60,  225.  Plut.  C.  Gr.  4  extr.  de  cohib.  ira  6.  vgl.  Val. 
Max.  VIII,  10,  1.  QuintU.  I,  10,  27.  Gell.  I,  U,  10  ff.  Dio  1.  1.)  und  der 
Action  (Auf-  und  Abgehen,  Entblösen  des  Armes,  Plut.  Ti.  Gr.  2.  Dio  fr. 
8j  Bk.).  Cic.  de  or.  III,  56,  214:  quae  sie  ab  illo  esse  acta  constabat  ocu- 
'ifl,  voce,  gestu,  inimici  ut  lacrimas  teuere  non  possent.  Einschneidende 
I*olemik  gegen  den  Uebermut  der  Oligarchie  imd  auch  einzelnen  Gegnern 
gegenüber  (Schol.  Vat.  in  Cic.  or.  p.  Flacc.  2,  16.  p.  233  Gr.:  gegen  Piso 
C.  Gracchi   exstat  oratio  maledictorum  magis  plena  quam  criminum;   vgl. 

12* 


180  SiebenteB  Jahrhundert  d.  St. 

Cic.  p.  Font.  17,  39).  Cic.  Tusc.  III,  20,  48:  lege  orationes  Gracchi:  pa- 
tronnm  aerarii  esse  dicea.  Wahl  der  treffendsten  Ausdrücke,  Cic.  de  or. 
I,  34,  154.  —  Gell.  XI,  13,  2:  in  eiuB  orationis  principio  collocata  verba 
sunt  accuratdus  modulatiusque  quam  veterum  oratorum  consuetudo  fert. 
lieber  seine  exordia  oben  36,  5.  Angebliche  Benutzung  des  Rhetors  Me- 
nelaos  aus  Marathus,  Cic.  Brut.  26,  100.  Die  üeberreste  von  (17)  Reden 
bei  Meyer  or.  rom.  fragm.  p.  116—128  =  227—249  ed.  II. 

6.  Cic.  de  divin.  I,  18,  36:  Ti.  Gracchus  P.  f.  .  .  nonne,  ut  C.  Gracchus, 
filius  eius,  scriptum  reliquit,  duobus  anguibus  domi  conprehensis  haru- 
spices  convocavit?  Genauer  ib.  II,  29,  62:  C.  Grachus  ad  M.  Pomponium 
scripsit  duobus  anguibus  domi  conprehensis  haruspices  a  patre  convocatos. 
Vgl.  Plut.  Ti.  Gr.  1.  Die  betrelFende  Schrift  hatte  also  Briefform,  war 
somit  keinenfalls  eine  Rede,  sondern  wohl  eine  politische  Schulz-  uud 
Streitschrift.  Auf  sie  kann  sich  daher  gleichfalls  beziehen  Phit.  Ti.  Gr.  8: 
6  S*  d8sJi(p6g  autov  FaCog  ^v  tlvl  ßißUco  yiygatpBV  (was  dem  Tib.  den 
Anstoss  zu  seinen  leges  agrariae  gegeben  habe). 

131.  Von  den  Rednern  der  gracchischen  Zeit  standen  auf 
Seiten  der  Gracchen  nur  die  Brüder  Crassus  und  Scaevola  (oben 
129,  4  und  5),  des  Tiberius  Schwiegervater  Appius  Claudius 
(Cos.  611),  sovvrie  M.  Fulvius  Flaccus  (Cos.  629),  C.  Papirius 
Carbo  (Cos.  634)  und  P.  Decius  (Prätor  639);  auf  der  Gegen- 
seite aber  T.  Annius  Luscus  (Cos.  601),  Q.  Metellus  (oben  127, 
7),  P.  Na^ica  (Cos.  616),  L.  Piso  Frugi  (oben  128,  4),  P.  Po- 
pilius  (Cos.  622),  C.  Famiius  (Cos.  632),  Q.  Aelius  Tubero  (un- 
ten 134,  2),  M.  Scaurus  (Cos.  639),  M.  Livius  Drusus  (Cos.  642). 
Unbekannt  ist  die  politische  Parteistellung  des  Redners  C.  Scri- 
bonius  Curio  (Prätor  633). 

1.  Cic.  Acad.  pr.  II,  Ö,  1.3:  duo  sapientissimos  et  clarissimos  fratres, 
P.  Crassum  et  P.  Scaevolam,  aiunt  Ti.  Graccho  legum  auctores  fuisse,  al- 
terum  quidem  palam,  alterum  obscurius. 

2.  Appi  Claudi  volubilis,  sed  paulo  fervidior  erat  oratio,  Cic.  Brut.  28, 
108.  Ap.  Claudius  C.  f.  Polc(er)  auf  einem  Umes  Gracchanus;  CensorGlB; 
A.  Haakh  in  Pauly's  RealEnc.  II.  S.  410,  Nr.  26. 

3.  Cic.  Brut.  28,  108:  in  aliquo  numero  (erant)  etiam  M.  Fulvius  Flac- 
cus et  C.  Cato  .  .,  mediocres  oratores,  etsi  Flacci  scripta  sunt,  sed  ut  stu- 
diosi  litterarum  (dilettantischer  Forscher  auf  ^em  Gebiete  der  Literatur). 
Pauly's  Real-Enc.  III.  S.  532  vgl.  534. 

4.  C.  Papirius  C.  f.  Carbo,  tr.  pl.  623,  praetor  629,  Cos. 634;  C.  Fuchs 
in  Pauly's  Real-Enc.  V.  S.  1145  f.  Nr,  2.  Cic.  Brut.  27,  104:  et  Carbonis  .  . 
habemus  orationes  (oben  130,  3).  105:  Carbo  .  .  est  in  multis  iudiciis  cau- 
sisque  cognitus.  hunc  .  .  L.  Gellius  .  .  canoruin  oratorem  et  volubilem 
(vgl.  de  or.  III,  7,  28)  et  satis  acrem  atque  eundem  et  vehementem  et 
valde  dulcem  et  perfacetum  (vgl.  Lael.  25,  96)  fuisse  dicebat;  addebat  in- 
dustrium  etiam  et  diligentem  et  in  exercitationibus  commentationibusque 
multum  operae  solitum  esse  ponere  (vgl.  Quintil.  X,  7,  27 :  C.  Carbo  etiam 


Prosaisten:  Andere  Hedner  der  Gracchenzeit.  181 

iu  tabemaciilo  solebat  hac  uti  exercitatione  dicendi).  106:  hie  optiinus 
illis  temporibus  est  patrouua  habitus.  Vgl.  43,  159  u.  62,  221  (eloquentis- 
samiiB  homo);  27, 103  (summus  orator).  Seine  Bildung  muss  aber  einseitig 
rednerisch  gewesen  sein  wenn  er,  wie  Galba  und  Porcina  (oben  127,  4  u.  5) 
von  den  leges,  instituta  maiorum  und  dem  ius  civile  wenig  verstand  (Cic. 
de  or.  I,  10,  40).  Auch  war  er  ebenso  charakterlos  wie  talentvoll:  er,  der 
Genosse  des  C.  Gracchus  (Cic.  Lael.  11,  39.  Mil.  3,  8.  Val.  Max.  VI,  2,  3), 
vertheidigte  und  pries  als  Consul  dessen  Mörder  L.  Opimius  (Cic.  de  or. 
II,  25,  106.    39,  105.   40,  169). 

5.  Cic.  Brut.  28,  108 :  Flacci  (Anm.  3)  aemulus  P.  Decius  fuit,  non  infans 
iUe  quidem,  sed  ut  vita  sie  oratione  etiam  turbulentus  (weil  er  J.  634  den 
L.  Opimius  belangte).    Vgl.  A.  Haakh  in  Pauly's  Real-Enc.  II.  S.  879,  Nr.  7. 

6.  Cic.  Brut.  20,  79:  et  T.  Annium  Luscum,  Q.  Fulvi  collegam  (im 
Consulat),  non  indisertum  dicunt  fuisse.  Vgl.  Plut.  Ti.  Gr.  14:  Titog  "Av- 
viog,  ovY.  inisiKrjg  (ihv  ovSs  OüStpQtov  ttvQ'Qainog ,  iv  dl  Xoym  nsgl  rag 
Iparifcrfiff  %al  anongtasig  afiaxog  elvai  do%6Jv.  Er  ist  vielleicht  der  An- 
nios  gegen  welchen  der  ältere  Cato  eine  Rede  hielt  (Festus  p.  305  M.). 
Vgl.  W.  Teuffei  in  Pauly's  Real-Enc.  I,  1.  S.  1022,  Nr.  U. 

7.  P.  Cornelius  Scipio  Nasica  Serapio  (Cos.  016),  Cic.  Brut.  28,  107: 
Attiu»  .  .  illum  .  .  cum  omuibus  in  rebus  vehementem  tum  acrem  aiebat 
in  dicendo  fuisse.    C.  Krafft  in  Pauly's  Real-Enc.  II.  S.  667  f.  Nr.  13. 

8.  P.  Popillius  C.  f.  Laenas,  Cos.  622  (vgl.  C.  I.  lat.  I,  550  f.  p.  154. 
A.  Haakh  a.  a.  0.  V.  S.  1900  f.  Nr.  10),  cum  civis  egregius  (als  Verfolger 
der  Anhänger  des  Ti.  Gracchus)  tum  non  indisertus  fuit,  Cic.  Brul^  25,  95. 

9.  C.  Fannius  C.  f.  Strabo,  Cos.  632.  Cic.  Brut.  26,  99:  unam  ora- 
tionem  de  sociis  et  nomine  latino  contra  C.  Gracchum  reliquit  sane  et 
bonam  et  nobilem.  100:  cum  Fannius  numquam  sit  habitus  elinguis.  nam 
et  caasaa  defensitavit  et  tribunatus  eius  (J.  612  oder  613),  arbitrio  et  au- 
ctoritate  P.  Africani  gestus,  non  obscurus  fuit.  Stellen  aus  seiner  Rede 
gegen  C.  Gracchus  bei  Cic.  de  or.  III,  47,  183.  Jul.  Victor  in  Halms  Rhet. 
lat.  min.  p.  402.     Charis.  1.  p.  143,  13  K. 

10.  M.  Aemilius  M.  f.  L.  n.  Scaurus,  geboren  um  591,  aus  einem 
vornehmen,  aber  verarmten  Geschlechte,  durch  seine  Energie,  Gewandt- 
heit und  Klugheit  allmählich  zum  Vorkämpfer  der  Oligarchie  in  der  nach- 
gwcchischen  Zeit-  geworden;  Cos.  039,  Censor  645,  lange  Zeit  hindurch 
princeps  senatus,  f  um  6G5.  Vgl.  W.  Teuffei  in  Pauly's  Real-Enc.  I,  1. 
S.  370—372.  Opimium  contra  Gracchum  .  .  private  consilio  armavit,  Aur. 
^Jct.  ill.  72,  y.  Wie  er  immer  auf  den  guten  Schein  Werth  legte,  so  ver- 
^a«8te  er  wohl  auch  desshalb  eine  Selbstbiographie  (tres  ad  L>  Fufidium 
libri  BCripti  de  vita  ipsius,  Cic.  Brut.  29,  112  vgl.  35,  132  u.  Val.  Max.  IV, 
*)  11  nach  Köchly's  Verbesserung),  die  aber  (vielleicht  eben  wegen  ihrer 
sichtlich  apologetischen  Haltung)  wenig  Verbreitung  fand  (Cic.  1. 1.).  Mög- 
lich dass  Cicero's  Empfehlung  (1.  l.)  der  Schrift  um  einige  Jahrhunderte 
das  Dasein  fristete;  wenigstens  werden  seltsame  Formen  (wie  sagittis  con- 
fictag,  poteratur,  possitur)  aus  Scaurus  de  vita  sua  noch  bis  zu  Diomedes 
Iserab  citiert  (Historicorum  reliquiae  von  C.  L.  Roth  p.  327  f ) ,  und  nicht 
öar  bei  Valer.  Max.  (IV,  4,  11)  und  Frontinus  (Strat.  IV,  3,  13)  finden  sich 
^'jichrichten  daraus  sondern  noch  bei  Aurel.  Victor  geht  das  Capitel  über 


182  Siebentes  Jahrhundert  d.  St. 

Scaurus  (ill.  72)  mittelbar  wohl  auf  diese  Quelle  zurück.  Daneben  kannte 
Cicero  Reden  von  ihm  (Brut.  29,  112:  huius  et  orationes  sunt),  wie  es 
scheint  sowohl  gerichtliche  als  politische.  Brut.  29,  111 :  in  Scauri  oratione 
.  .  gravitas  summa  et  naturalis  quaedam  inerat  auctoritas  .  .  112:  hoc 
dicendi  genus  ad  patrocinia  mediocriter  aptum  videbatur,  ad  senatoriam 
vero  sententiam  .  .  vel  maxime.  de  or.  I,  49,  214:  quamquam  est  in  di- 
eendo  minime  contemnendus,  prudentia  tamen  rerum  maguarum  magis 
quam  dicendi  arte  nititur  (in  seiner  öffentlichen  Stellung). 

11.  M.  Livius  C.  f.  Drusus,  trib.  pl.  J.  632,  Cos.  642;  W.  Teuffei  in 
Pauly's  Real-Enc.  IV.  S.  1108  f.  Nr.  6.  Vir  et  oratione  gravis  et  auctori- 
tate,  Cic.  Brut.  28,  109  vgl.  Plut.  C.  Gr.  8:  r{^ii  xal  Xo'^to  xal  nXovxta 
TOtg  fidlLöta  TL^onfiivoig  .  .  ivdfiiXXog, 

12.  C.  Scribonius  Curio,  Priitor  633,  der  erste  von  drei  Rednern  aus 
der  familia  Curionum,  in  qua  tres  continua  serie  oratores  exstiterunt  (Plin. 
N.  H.  Vli,  41  vgl.  Schol.  Ambr.  in  Cic.  or.  in  Clod.  et  Cur.  p.  330  Or.). 
Cic.  de  or.  II,  23,  98  nennt  ihn  vel  eloquentissimus  temporibus  iUis.  Ge- 
nauer Brut.  32,  122:  t'uit  .  .  sane  illustris  orator,  cuius  de  ingenio  ex  ora- 
tionibus  eins  existumari  potest.  sunt  enim  et  aliae  et  pro  Ser.  Fulvio 
de  iucestu  nobilis  oratio,    nobis  quidem  pueris  haec  omnium  optuma  pu- 

.  tabatur.  Vgl.  ib.  124.  Eine  Stelle  daraus  bei  Cic.  de  inv.  I,  43,  80  ==  ad 
Uerenn.  II,  20,  33.  Scripsit  etiam  alia  nonnuUa  (Reden)  et  multa  dixit  et 
illustria,  et  in  numero  patronorum  fuit,  Brut.  32,  124. 

132.  Die  Gescliichtschreiber  dieser  Jahrzehute  streben 
meist  *Smpor  aus  der  Weise  der  alten  Annalistik.  Zwar  nicht  Cn. 
Gellius  uud  wohl  auch  nicht  Tuditanus  (s.  133,  1),  Vennonius  luid 
Clodius  Licinus,  desto  gewisser  aber  C.  Fannius  mit  seiner  Be- 
schränkung auf  die  nächste  Vergangenheit  und  seiner  Wahr- 
heitsliebe, in  stilistischer  Hinsicht  L.  Caelius  Antipater  in 
seiner  rhetorisch  gehaltenen  Geschichte  des  zweiten  punischeu 
Kriegs,  und  stofflich  P.  Sempronius  Asellio,  welcher  sich 
gleichfalls  auf  das  Selbsterlebte  beschränkte,  dabei  auch  die  in- 
nere Geschichte  mit  zu  behandeln  suchte  mid  eine  Art  von 
Pragmatismus  erstrebte.  Fannius  und  Asellio  nähern  sich  so 
dem  Memoirenartigen  und  grenzen  an  die  Autobiographen.  In 
diese  Zeit  fällt  wohl  auch  der  Abschluss  der  bisher  amtlich  ge- 
führten annales  und  deren  Veröffentlichung  in  Buchform  (oben 
66,  1  und  2). 

1.  Fvuiog  rilliog  in  der  Geschichte  der  Eönigszcit  erwähnt  bei  Dio- 
nys.  Hai.  II,  31.  76  vgl.  riXliog  IV,  6.  VI,  11  (ot  negl  FiXXiov).  VII,  1. 
Cn.  Gellii  annalem  tertium  mit  einem  Gebete  der  Hersilia  bei  Gell.  N.  A. 
^  Xm,  23  (22),  13  vgl.  XVIII,  12,  6:  Cn.  Gellius  in  annalibus.  ib.  VIII,  14  ent- 
hielt verba  quaedam  ex  Naevio  poeta  et  Cn.  Gellio  non  usitate  collocata. 
Censorin.  d.  n.  17,  11:  Piso  censorius  et  Gn.  Gellius.  Macrob.  Sat.  I,  16, 
tSl:  Gellius  annalium  Ubro  XV  et  Cassius  Hemina.  Charis.  I,  15.  p.  54, 
.     13  ff.  K.:   GeUius  in  II  .  .  et  in  V  .  .  et  in  VII  .  .  idem  Gellius  XCVII 


Prosaiöteü.  Geschicht«chreiber:  C.  Fannius,  Antipater  u.  A.sollio.      183 

(?  exe.  Cauchii:  XXVH).  p.  55,  7  (wie  auch  p.  139,  2):  Gellius  libro  XXIII 
(?  Cauch.:  XXXVI;  bei  Priacian.  VII,  37.  p.  750  P.  =  p.  318,  4  f.  Htz. 
dasselbe  Fragment  Gellias  libro  XXX).  Umfangreich  und  umständlich 
muss  das  Werk  jedenfalls  gewesen  sein.  Zweifelhaft  ist  ob  dieser  Annalist 
(Nipperdey,  Philologus  VI.  S.  132  f.)  der  Cn.  Gellius  ist  gegen  welchen  der 
alte  Cato  eine  Rede  hielt  (Gell.  N.  A.  XIV,  2,  21.  26)  oder  erst  des  Letz- 
teren Sohn  (A.  Haakh  in  Pauly's  Real-Enc.  III.  S.  661  f.).  Cic.  leg.  I,  2,  6 
(oben  32,  3)  entscheidet  nichts,  da  die  Stelle  auch  sonst  oberflächlich  ist 
und  überdiess  die  Hdss.  nicht  Gellius  haben,  sondern  belli.  —  Krause 
fragm.  bist.  p.  202  ff.     C.  L.  Roth  p.  304—308.     Schwegler  R.  G.  I.  S.  80. 

2.  Cic.  leg.  I,  2,  6 :  Fabium  aut  .  .  Catonem  aut  Pisonem  aut  Fannium 
aut  Vennonium.  ad  Att.  XII  ,3,1:  moleste  fero  Vennonii  me  historiam 
non  habere.     Dionys.  Hai.  IV,  15:  (og  Ovsvvmviog  iat6q7i%£v. 

3.  Cic.  Brut.  26, 101:  alter  C.  Fannius,  M.  f.,  C.  Laeli  gener,  iet  mo- 
ribos  et  ipso  genere  dicendi  durior.  is  soceri  instituto  .  .  Panaetium  au- 
(IWerat.  eins  omnis  in  dicendo  facultas  ex  historia  ipsius  non  ineleganter 
scripta  perspici  potest.  Vgl.  ib.  31,  118  und  oben  A.  2.  Kriegsgetahrte 
des  Ti.  Gracchus  im  dritten  punischen  Kriege  (Plut.  Ti.  Gr.  4)  und  (J.  612) 
in  Hispanien  (Appian.  Hisp.  67).  Später  Prätor  (ßxivLog  MÜq-aov  vtog 
ötptfti^yog,  Joseph,  ant.  XIII,  9,  2).  Victorin.  in  Cic.  rhet.  I,  20.  p.  67  Or. 
=  203,  27  Halm:  Sallustius  .  .  in  libro  I  Historiarum  dat  Catoni  brevita- 
t«m,  .  .  Fannio  vero  veritatem.  Höchste  bekannte  Biicherzahl:  C.  Fannius 
in  Vni  annali  (Schol.  Ver.  ad  Aen.  III,  707)  oder  G.  Fannius  annahum  VIII 
(Chans.  I,  21.  p.  124,  1  K.).  und  da  die  Darstellung  breitspurig  genug 
gewesen  zu  sein  scheint  (vgl.  Cic.  Brut.  21,  81:  des  Metellus  Rede  contra 
Ti.  Gracchum  exposita  est  in  C.  Fanni  annalibus)  und  kein  üeberrest  auf 
die  entfernte  Vergangenheit  hinweist,  wohl  aber  Alles  auf  die  selbsterlebte 
(z- B.  Cic.  de  or.  II,  67,  270:  Fannius  in  annalibus  suis  Africanum  Aemi- 
üanum  .  .  appellat  sÜQoova  =  Brut.  87,  299:  ut  ait  in  historia  sua  C.  Fan- 
ßioB),  so  wird  sich  auf  letztere  das  Werk  beschränkt  haben.  Für  die 
gracchißche  Zeit  wird  es  dann  besomlers  wichtig  gewesen  sein  (vgl.  H.  Pe- 
t«r,  die  Quellen  Plutarchs  S.  97  f.).  M.  Brutus  (unten  199,  1)  brachte  es  in 
ßinen  Auszug:  epitome  Bruti  Fanniana  an  (V)  Bruti  epitoma  Fanniorum, 
Cic.  ad  Att.  XH,  5,  3.  —  C.  L.  Roth  bist.  p.  311—313.  A.  Haakh  in  Pauly's 
ßeal-Enc.  HI.  8.  421,  Nr.  5. 

4.  (h*c.  leg.  1,2,6:  Fannii  aetate  (Dativ)  coniunctus  Antipater  pauIo 
uiflavit  vehementius  habuitque  vires  agrestis  ille  quidem  a^quc  horridas, 
sine  nitore  ac  palaestra  etc.    de  or.  II,  12,  54:  paululum  se  erexit  et  ad- 
Ä  historiae  maiorem  sonum  vocis  vir  optimus,  Crassi  familiaris,  Anti- 
pater. Brut  26,  102:  L.  Caelius  Antipater  scriptor  .  .  fuit  ut  temporibus  illis 
J^iculentus,  iuris  valde  peritus,  multorum  etiam,  ut  L.  Crassi  (geboren  614), 
^oagißter.    Pompon.  Dig.  I,  2,  2,  40:  Caelius  Antipater,  qui- historias  con- 
scripgit,  sed  plus  eloquentiae  quam  scientiae  iuris  operam  dedit.    Seine 
Rechtekenntniss  lässt  auf  römische  Nationahtät  schliessen.    Freigelassener 
*ar  er  jedenfalls  nicht;  s.  Suet.  rhet.  3  (oben  31,  3).    Dass  er  der  gracchi- 
schen  Zeit  angehört  zeigt  Cic.  de  divin.  I,  26,  56:  G.  Gracchus  multis  dixit, 
ut  (icriptnm  apud  eundem  Caelium  est,  sibi  in  somnis  .  .  fratrem  visum 
esse  .  .   Hoc  antequam  tribunus  pl.  G.  Gracchus  factus  esset  et  se  audisse 


184  Siebentes  Jahrhundert  d.  St. 

Bcribit  (Jaelius  et  illum  dixisse  multis.  Vgl.  Val.  Max.  I,  7,  6:  Caelius  etiam, 
certus  romanae  historiae  auctor,  sermonem  de  ea  re  ad  suas  aures  illo 
adliuc  vivo  pervenisse  scribit.  Antipater  verfasste  somit  sein  Werk  nach 
dem  Tode  des  C.  Gracchus.  Vellej.  II,  9,  6:  vetustior  Sisenna  fuit  Cae- 
lius. Cic.  orat.  69,  230:  quod  (traicere  verba,  quo  melius  cadat  oratio)  se 
L.  Caelius  Antipater  in  prooemio  belli  punici  nisi  necessario  facturum  ne- 
gat.  .  .  Et  hie  quidem,  qui  hanc  a  Laclio  (Vossius:  L.  Aelio),  ad  quem 
scripsit,  .  .  veniam  petit,  et  utitur  ea  traiectione  verborjim  et  nihilo  tarnen 
aptius  explet  concluditque  sententias.  Es  ist  wahrscheinlich  dass  eine  der- 
artige Erklärung  am  Anfange  des  Ganzen,  nicht  eines  Theiles,  abgegeben 
wurde  und  das  Werk  sonach  den  (zweiten)  punischen  Krieg  behandelte, 
die  wenigen  nicht  auf  diesen  sich  beziehenden  Ueberreste  also  Digressio- 
nen  augehörten.  Vgl.  Cic.  de  divin.  I,  24,  49:  hoc  item  in  Sileni,  quem 
Caelius  sequitur,  graeca  historia  est;  is  autem  diligentissume  res  Hanni- 
balis  persecutuB  est.  Sonst  wird  das  Werk  bald  im  Allgemeinen  als  hi- 
storiae bezeichnet,  bald  nach  Anlage  und  Charakter  als  annalis  oder  an- 
nales.  Bücherzahl  wohl  sieben,  da  eine  höhere  niemals,  das  7.  Buch  aber 
öfters  angeführt  wird.  Dem  Antipater  fehlte  es  nicht  an  Kritik  (Caelius: 
ex  scriptis  eorum  qui  veri  arbitrantur,  Priscian.  VIII,  4,  18.  p.  383,  11  Htz.) 
und  Sinn  für  die  Wahrheit  (Liv.  XXI,  46,  10.  XXVII,  27,  13);  aber  nach 
dem  bedenklichen  Lobe  Cicero*s  scheint  es  als  wären  bei  ihm  jene  Vor- 
züge durch  Rhetorik  überwuchert  worden.  Auch  zeigen  die  Ueberreste 
Vorliebe  für  Ausmalung,  Beschreibungen  (Liv.  XXIX,  27,  13  if.  Non.  Marc, 
p.  137,  16),  Uebertreibungen,  und  Gleichgültigkeit  gegen  Zahlen  (Liv.  XXIX, 
25,  3:  Caelius  ut  abstinet  numero  ita  ad  immensum  multitudinis  speciem 
äuget).  Livius  mag  ihn  daher  (in  seiner  Erzählung  des  zweiten  punischen 
Kriegs)  häufiger  zur  Ausschmückung  verwendet  haben  als  er  ihn  nennt. 
M.  Brutus  hatte  auch  dieses  Werk  (vgl.  A.  3  E.)  excerpiert  (Cic.  ad  Att.  Xlfl, 
8:  epitomen  Bruti  Caelianorum  vehm  mihi  mittas,  vgl.  Charis.  IL  p.  195  P. 
=  220,  12:  Brutus  et  Coelius  frequenter  eo  usi  sunt).  Auch  einen  Com- 
mentator  (alterthümlicher  Formen)  fand  Antipater  (in  der  Zeit  Hadrians?). 
Charis.  I.  p.  115  P.  =  143,  9  f.  K.:  Paulus  in  Coelii  hist(oriarum  oder -ae) 
libr.  I;  vgl.  ib.  II.  p.  193  P.  =  217  f.  K.  Sammlung  der  Ueberreste  des 
Antipater  bei  Krause  (p.  190—201),  C.  L.  Roth  (p.  313—322),  Meltzer  (p. 
15 — 39).  Ueber  ihn  die  Preisarbeiten  von  W.  Groen  van  Prinsterer  (Lugd. 
B.  1821.  4.)  und  B.  A.  Nauta  (Lugd.  B.  1822.  4.);  A.  Krause,  bist,  fragm. 
p.  182 — 189;  L.  Kieserling,  de  scriptoribus  p.  35—38;  0.  Meltzer,  de  L.  Coeho 
Antipatro  belli  punici  secundi  scriptore  u.  s.  w.  Lips.  1867. 

5.  Liv.  XXIX,  22,  10:  hunc  Pleminium  Clodius  Liciuus  in  Hbro  III  re- 
rum  romanarum  refert  etc.  Er  behandelte  sonach  i\en  gleichen  Stoff  wie 
Antipater  und  ist  wohl  der  von  Cic.  leg.  I,  2,  6  als  Nachfolger  des  Letz- 
tem genannte  Clodius  der  ad  antiquorum  languorem  et  inscitiam  geschrie- 
ben habe.  In  andern  Stellen  ist  die  Vertheilung  unter  die  verschiedenen 
Claudii  (besonders  den  Quadrigarius)  und  Clodii  oder  Licinii  zweifelhaft. 
Vgl.  C.  L.  Roth  bist.  p.  322  f. 

6.  Sempronius  Asellio.  Vorname  unbekannt;  ein  A.  Sempronius 
Asellio  wurde  J.  665  als  Prätor  erschlagen  (Liv.  LXXIV.  Val.  Max.  IX, 
7,  4.     Appian.  b.  c.  I,  54).    Is  Asellio  sub  P.  Scipione  Africano  tribunus 


Prosaisten.   Alterthuiusforsclier:  Tuditaiuis  u.  Junius  Gracchanus.    185 

militum   ad  Numantiam  ( J.  620  f.  vgl.  oben  122 ,  1)  jfiiit  (wie  Rutilius  llu- 
fus;   ».  J36,  1)  resque  eas  quibus  gerendis  ipse  interfuit  conscripsit  (Gell. 
II,  13,  3).    Nächst  dem  problematischen  Citat  Asellio  rerum  romanarum 
Xli  (XI?  XX?)  bei  Chans.  II,   14,  31.  p.   176  P.  ==:  195,  18  K.   (welches 
Mommsen  auf  die  Zerstörung  des  Peiraieus  durch  Sulla  bezieht)  ist  die 
höchste  Bücherzahl  ib.  p.  195  P.  =3  220,  14:  Sempronius  Asellio  historia- 
mm  XrV;   vgl.  Gell.  XIII,  22  (21),  8:  Sempronius  Asellio  in  Ubro  rerum 
gestarum  XIV.    Vgl.  C.  Nipperdey,  Philologus  VI.  S.  136.   lli.  Mommsen, 
Rhein.  Mus.  XVI.  S.  450  f.  mit  Anm.    Der  Tod  des  Ti.  Gracchus  (J.  621) 
war  im  fünften  Buche  erzählt  (Gell.  II,  13,  2.  4f).     Auf  J.  641  bezieht  sich 
wohl  Schol.  Bern,  zu  Georg.  III,  474;  Norica  castella  dixit  ab  urbc  No- 
reia,  quae  est  in  Gallia,  ut  Asellio  historiarum  nou  ignarus  (Th.  Mommsen: 
vielleicht  bist.  rom.  nono)  docet.    Polemik  des  Asellio  gegen  die  gewöhnliche 
Geschichtsbehandlung  der  Annalisten  und  Darlegimg  seiner  eigenen  Grund- 
sätze bei  Gell.  V,  18,  8  f.  (vgl.  oben  32,  5):  nobis  non  modo  satis  esse  video 
quod  factum  esset,  id  pronimtiare,  sed  etiam  quo  consilio  quaque  ratione 
geata  essent  demonstrare.  .  .  nam  ueque  alacriores  ad  remp.  defendundam 
neqne   segniores   ad   rem   perperam   faciundam   annales  libri   commovere 
quidquam  possunt.     scribere  autem  bellum  initum  quo  cousule  .  .  sit  .  . 
et  eo  libro  quae  in  bello  gesta  sint  .  .  non  praedicare  aut  interea  quid 
senatus  decreverit  aut  quae  lex  rogatiove  lata  sit  .  .,  id  fabulas  pueris 
est  narrare,  non  historias  scribere.    Dass  Cic.  leg.  I,  2,  6  ihn  neben  Gel- 
lins  und  Clodius  tief  unter  Autipater  stellt  geschieht  aus  einseitiger  Her- 
vorhebung   der    stilistischen  Seite    oder   aus  ungenügender  Kenntniss  des 
Werkes  von  Asellio.    Die  Fragmente  bei  Krause  p.  218  —  221.    Roth  p. 
323—326. 

133.  Alterthumsforscher  haben  diese  Jahrzehnte  an  C.  Sem- 
pronius Tuditanus  (Cos.  625)  und  dem  Gracchaner  M.  Junius; 
jener  neben  einem  eigentlichen  Geschichtswerke  Verfasser  von 
libri  magistratuum,  dieser  einer  Schrift  de  potestatibus.  Auch 
der  Dichter  L.  Attius,  der  um  diese  Zeit  blühte,  war  zugleich 
Gelehrter  (oben  119,  7.  8.  il).  Andere  verwandten  ihre  Thä- 
tigkeit  vorzugsweise  darauf  die  ältere  Literatur  zugänglich  und 
verständlich  zu  machen,  wie  Lampadio  und  Varguntejus. 

1.  C.  Sempronius  C.  f.  C.  n^  Tuditanus,  triumphierte  als  Cos.  Kai. 
Oet.  625  de  lapndibus  (C.  I.  lat.  I.  p.  459,  XXI).  A.  Haakh  in  Pauly's 
Eeal-Enc.  VI,  1.  S.  976  f.  Nr.  20.  Cic.  Brut.  25,  95:  G.  Tuditanus  cum 
omni  Tita  atque  victu  cxcultus  atque  expolitus  tum  eins  clegaus  est  habi- 
tum  etiam  orationis  genus.  Dionys.  Hai.  I,  11:  ot  XoyLcitaToi,  rav  ^onfiaC- 
%av  avyyQafpicov,  iv  olg  hti  Tlogtiiog  ts  Kdtoov  .  .  ytal  FaXog  UefiitQooviog 
nal  SXXoi  cv%voi.  Vgl.  ib-  I>  13.  Die  dortige  Angabe  über  die  Urein- 
wohner Italiens  wird  aus  dem  Geschichtswerke  sein,  sowie  die  über  Regu- 
lus  bei  Gell.  VII  (VI),  4,  1  und  über  den  Triumph  des  Flaminiuus  bei 
Plat.  Flam.  14.  Dasselbe  scheint  somit  in  der  Weise  der  Annalisten  Ur- 
zeit wie  nähere  Vergangenheit  befasst  zu  haben.  Daneben  wird  genannt 
Tuditanus  libro  III  magistratuum  (Macrob.  Sat.  I,  13,21)  über  die  Schalt- 
zeiten und  in  commentario  XIII  C.  Tuditani  (Messala  bei  Gell.  XIII,  15,  4) 


186  Siebentes  Jahrhundert  d.  St.  . 

über  den  Prätor;  und  diesem  Werke  werden  auch  die  Angaben  über  die 
nundinae  (Macrob.  S.  I,  16,  32)  und  die  tribuni  pl.  (Ascon.  ad  Cornel. 
p.  76  Or.)  angehören.  Aus  Anläse  des  Einschaltens,  das  Manche  auf  Numa 
zurückführten,  kann  dort  auch  von  den  J.  573  d.  St.  gefundenen  angeb- 
lichen Büchern  des  Numa  (oben  62 ,  3)  die  Bede  gewesen  sein ,  so  dass 
.sich  gleichfalls  auf  dieses  Werk  beziehen  lässt  Plin.  N.  H.  XIII,  13,  27: 
hoc  idem  tradit  L.  Piso  censorius  primo  commentariorum  .  .  Tuditanus 
tertio  decimo,  Numae  decretorura  fuisse.  Die  Ueberreste  von  Tuditanus 
bei  Krause  p.  179—182,  Roth  p.  309—311. 

2.  Plin.  N.  H.  XXXIII,  2,9:  idque  duravit  ultra  C.  Gracchum. .  lunius 
certe,  qui  ab  amicitia  eins  Gracchanus  appellatus  est,  scriptum  reliquit. 
Censorin.  d.  n.  20,  2:  magis  lunio  Gracchano  et  Fulvio  etVarroni  et  Sue- 
tonio  credendimi;  vgl.  ib.  4.  22,  9.  oben  115,  1.  Varro  L.  L.  VI,  33:  ut 
Fulvius  scribit  et  lunius;  vgl.  ib.  V,  42.  48.  55.  VI,  95:  in  M.  lunii  com- 
mentariis.  Ulp.  Dig.  I,  13,  1.  pr.:  Gracchanus  denique  lunius  libro  8ei>timo 
de  potestatibus ,  wornach  Lyd.  de  magistr.  I,  24:  'lovviog  FguTixtccvog  iv 
TW  nBgl  i^ovaiav.  Das  Werk  war  an  seinen  Freund  Pomponius,  den  Va- 
ter des  Atticus,  gerichtet  (Cic.  leg.  III,  20,49:  de  potestatum  iure  .  .  plu- 
ribus  verbis  scripsit  ad  patrem  tuum  M.  lunius  sodalis,  perite  meo  quidem 
iudicio  et  diligenter).  Die  spärlichen  Ueberreste  zeigen  wie  Junius  Sach- 
erforschung und  Worterklärung  zu  vereinigen  bemüht  war;  gracchische 
Parteitendenz  aber  lässt  sich  daraus  nicht  erweisen;  Gellius  XIV,  8,  1  f. 
schliesst  eine  solche  sogar  aus.  Ebenso  wenig  erweislich  ist  unmittelbare 
Benutzung  der  Schrift  des  Gracchanus  noch  nach  Varro.  Niebuhrs  Phanta- 
sien haben  hier  viel  Verwirrung  angerichtet.  Sammlung  der  Fragmeute 
des  Gracchanus  und  Erörterungen  über  ihn:  H.  E.  Dirksen,  Bruchstücke 
aus  den  Schriften  der  röm.  Juristen  (Königsberg  1814)  S.  56—60.  A.  Krause, 
bist.  p.  221  f.    L.  Mercklin,  de  lunio  Gracchano,  Part.  I.  II.  Dorpat  1840. 

.  1841.  M.  Hertz,  de  Cinciis  (1842)  p.  88—109.  W.  Teuffei  in  Pauly's  Real- 
Euc.  IV.  (1844).  S.  534  f.  J.  Becker  in  d.  Zeitschr.  f.  Alt.  Wiss.  1854, 
Nr.  16.    F.  D.  Gerlach,  die  röm.  Gcschichtschreiber  (1855)  S.  84—88. 

3.  Sueton.  granim.  2,  p.  100  f.  Rffsch. :  primus  .  .  atudium  grammati- 
cae  in  urbem  intulit  Grates  Mallotes  .  .  qui  missus  ad  senatum  ab  Attalo 
rege  inter  secundum  ac  tertium  bellum  punicum,  sub  ipsam  Enni  mortem 
.  .  nostria  exemi>lo  fuit  ad  imitandum:  hactenus  tarnen  ut  carmina  parum 
adhuc  divolgata  vel  defunctorum  amicorum,  vel  si  quorum  aliorum  pro- 
liassent,  dUigentius  retractarent  ac  legende  commentandoque  et  cet^ris 
nota  facerent;  ut  C.  Octavius  Lampadio  Naevii  Punicum  bellum  .  .  (oben 
83,  8),  ut  post^a  Q.  Vargunteius  Annales  Enni  (oben  90,  4).  .  .  Instruxe- 
runt  auxeruntque  ab  omni  parte  grammaticam  L.  Aelius  (unten  137)  u.  s.  w. 

134.  Die  stoische  Philosophie  hatte  in  der  gracehischen 
Zeit  Bekenner  an  dem  treuen  Freunde  jJes  Tiberius  Gracchus, 
0.  Blossius  aus  Kumä,  und  an  dem  charaktervollen,  aber  ein- 
seitigen Q.  Tubero  (Cos.  636),  welcher  auch  Jurist  war.  Bei 
dem  Augur  Q.  Scaevola,  Cos.  637,  überwog  die  Rechtskennt- 
niss  über  den  Stoicismus.  Juridische  Schriften  verfasste  in  die- 
ser Zeit  C.  Livius  Drusus. 


Prosaisten.  Stoiker  ü.  Juristeu:  Blossius,  Tubero,  Scaevola.        187 

1.  Plut.  Ti.  Gr.  8:  Jiotpdvovs  tov  gjjtOQog  %al  BXoaeCov  xov  (piloao- 
(pov  nagogiiTiaccvTav  avtov,  cav  ,  .  tjv  .  ,  6  Bl.  avxo^ev  i^  'ixaXlag  Kv- 
Itttiog,  'AvxmdzQOv  xov  Taq<si(og  ysyovciig  iv  äaxsi  ffvviJ-O'i^ff  %al  xsxifirmi- 
voi  Vit*  avxov  ngoaqxovijofot  ygafifidxoDV  cpiXoaoipcov.  Vgl.  ib.  20.  Cic. 
Lael.  11,  37.    W.  Teufiel  in  Pauly's  Real-Enc.  I,  2.  S.  2399,  Nr.  2. 

2.  Q.  Aelius  Tubero,  Sohn  einer  Tochter  des  L.  Aemilius  Paulus  und 
Schwester  des  jüngeren  Africanus,  Prätor  wohl  631,  cos.  suif.  636,  Lieblings- 
schüler des  Panaijbios.  Sein  Stoicismus  war  ihm  nicht  ungünstig  in  der 
Jurisprudenz,  hinderlich  aber  in  der  Beredtsamkeit^  und  liess  ihn,  bei  der 
Schroflheit  womit  er  ihn  auch  im  Leben  durchführte,  in  seiner  Zeit  als 
Sonderling  erscheinen;  s.  W.  Teuffei  in  Pauly's  Real-Enc.  I,  1.  S.  334  f., 
Nr.  4.  Cic.  Lael.  11,  37:  Ti.  Gracchum  remp.  vexantem  a  Q.  Tuberone  .  . 
derelictum  videbamus.  Brut.  31,  117:  Q.  Aelius  Tubero  fuit  .  .  nuUo  in 
oratorum  nümero,  sed  vita  severus  et  congruens  cum  ea  disciplina  quam 
colebat^  paulo  etiara  durior.  .  .  ut  vita  sie  oratione  dm*us,  incultus,  hor- 
ridns.  .  .  fuit  autem  constans  civis  et  fortis  et  in  primis  G.  Graccho  mo- 
leatus,  quod  indicat  Gracchi  in  eum  oratio,  sunt  etiam  in  Gracchum  Tu- 
beronis.  is  fuit  mediocris  in  dicendo,  doctissumus  in  disputando.  Die 
Leichenrede  für  Keinen  Oheim  Africanus  liess  er  sich  daher  durch  C.  Lae- 
liu8  verfertigen  (Cic.  de  or.  II,  84,  341).  Pompon.  Dig.  I,  2,  2,  40:  Q.  Tu- 
bero, üle  stoicus,  Panaetii  auditor,  qui  et  ipse  consul.  Cic.  bei  Gell.  I, 
22,  7:  nee  vero  scientia  iuris  maioribus  suis  Q.  Aelius  Tubero  defuit,  doc- 
trina  etiam  superfuit,  was  Gellius  erläutert:  disciplinas  enim  Tubero  stoi- 
e^  et  dialecticas  percalluerat.  Panaitios  selbst  und  Hekaton  und  Posoi- 
donios  richteten  an  ihn  philosophische  Schriften. 

3.  Q.  Mucius  Q.  f.  Q.  n.  Scaevola,  von  seinem  gleichnamigen  Neflen 
(unten  141,  1)  unterschieden  dm-ch  die  Bezeichnung  als  Augur,  geboren 
im  595  (J.  625  ist  er  iam  aetate  quaestorius,  Cic.  de  rep.  I,  12,  18),  Cos. 
637,  gestorben  nach  666  (Val.  Max.  III,  8,  5).    Vgl.  W.  Teuffei  in  Pauly's 
Äeal-Enc.  V.  S.  183  f.  Nr.  10.     Eigentlicher  Rednier  war  er  nicht  (Cic.  Brut. 
26,  102:  oratorum  in  numero  non  fuit;  vgl.  de  or.  I,  10,  39.    49,  214.    55, 
'-34),  noch  weniger  Philosoph,  doch  dem  Panaitios  befreundet  (Cic.  de  or. 
^»11, 45).    Seine  Stärke  war  das  respondere  de  iure;  Schriften  aber  scheint 
er  nicht  verfasst  zu  haben.    Vellej.  II,  9,  2:  Q.  Mucius  iuris  scientia  quam 
proprie  eloquentiae  nomine  celebrior  fuit.    Cic.  Brut.  26,  102:  iuris  civilis 
«itellegentia  atque  omni  prudentiae  genere  praestitit.     58,  212:  peritissi- 
'^us  iuris  idemque  percomis  est  habitus.    Atticus  und  Cicero  pflegten  als 
adolescentuh  seinen  Consultationen  anzuwohnen  (Cic.  legg.  I,  4,  13.    Lael. 
',  1.    Brut.  89,  306).    Bei  aller  Charaktertüchtigkeit  war  er  zugleich  per- 
sönlich liebenswürdig  (comiter,  ut  solebat,  Cic.  de  or.  I,  9,  35  und  55,  234: 
eximia  suavitate),  sogar  ein  ioculator  (ad  Att.  IV,  16,  3),  ^nd  kann  daher 
ganz  wohl  der  Q.  Scaevola  sein  Welchen  Plin.  Ep.  V,  3,  5  zwischen  Q.  Ca- 
talus  und  Ser.  Sulpicius  als  Verfasser  von  lasciva  carmina  nennt.     Dann 
itönute  er  auch  allenfalls  der  Movyiiog  £%£v6kag  sein  von  welchem  Anthol. 
Pal.  IX,  217  (Anth.  gr.  ed.  lacobs  II.  p.  241)  ein  Epigramm  auf  ein  Bild 
des  Pan  inmitten  von  Ziegen  erhalten  ist.    Das  rühmende  Epigramm  auf 
Cicero's  Jugendgedicht  Marius  (Q.   Cic.  bei  Cic.  de  legg.  I,  1,  2:  ut  ait 
Scaevola  de  fratris  mei  Mario:   cauescet  saechs  innumerabihbus)  könnte 


188  Sielxmtes  Jahrhundert  il.  St. 

der  Zeit  und  den  sonstigen  Verhältnissen  nach  gleichfalls  von  ihm  sein. 
Wahrscheinlicher  aber  wird  Beides  (mit  M.  Haupt,  Berichte  der  sächs.  G.  d. 
W.  11.  S.  52)  auf  seinen  Sohn  zu  beziehen  sein,  der  sich  J.  695  unter  der 
cohors  amicorum  des  Dichterlinges  Q.  Cicero  befand  (Paidy's  Real-EnC.  V. 

S.  188,  Nr.  17). 

4.  C.  Livius  C.  f.  Drusus,  des  Vornamens  wegen  älterer  Bruder  des 
Cos.  von  642  (oben  131,  11).  Cic.  Tusc.  V,  38,  112:  C.  Drusi  domum  com- 
pleri  a  consultoribus  solitam  accepimus;  .  .  caecum  adhibebant  ducem. 
Val.  Max.  VIII,  7,  4:  Lifius  Drusus,  qui  et  aetatis  viribus  et  acie  oculorum 
defectus  ins  civil e  populo  benignissime  interpretatus  est  utilissimaque  di- 
scere  id  cupientibus  monumenta  composuit. 

136.  Die  blutige  Unterdrückung  der  gracchischen  Reform- 
versuche steigerte  den  Uebermut  der  Nobilität  auf  den  höchsten 
Grad  und  machte  die  Schlechtigkeiten  des  jugurthinischen  Krie- 
ges (J.  643 — 648)  möglich,  erweckte  aber  auch  in  C.  Marius 
den  Rächer.  Literarisch  bilden  die  Jahre  635  bis  650  d.  St. 
die  Blütezeit  des  C.  Lucilius  und  des  L.  Afranius.  •*  Redner  die- 
ser Zeit  waren  des  alten  Cato  Enkel,  Cos.  636,  Q.  Metellus 
(Cos.  645),  der  von  Lucilius  gegeisselte  Epikureer  T.  Albucius, 
C.  Galba,  C.  Fimbria  (Cos.  6oÖ)  u.  A. 

1.  Ausser  Lucilius  (oben  122),  L.  Afranius  (oben  121)  fallen  in  diese 
Zeit  auch  noch  Atta  (oben  120),  die  Erotiker  Pompilius,  Valerius  Aedituus 
und  Catulus  (oben  123),  der  gelehrte  Q.  Valerius  Soranus  (oben  124,  1), 
sowie  A.  Furius  (oben  123,  4)  und  Porcius  Licinus  (oben  123,  3).  Auch 
der  seltsame  Humorist  Valerius  Valentinus  scheint  dieser  Zeit  anzuge- 
hören. Festus  p.  363  M.:  Tappulam  legem  convivalem  ficto  nomine  con- 
scripsit  iocoso  carmine  Valerius  Valentinus,  cuius  meminit  Lucilius.  Val. 
Max.  VIII,  1,8:  C.  Cosconium  Servilia  lege^reum  .  .  Valeri  Valentini  ac- 
cusatoris  eius  recitatimi  in  iudicio  Carmen,  in  quo  puerum  praetextatum 
et  ingenuam  virginem  a  se  cotruptam  poetico  ioco  significaverat ,  erexit. 
Vgl.  A.  Haakh  in  Pauly's  Real-Enc.  VI,  2.  S.  2346,  Nr.  65. 

2.  Gell.  XIII,  20  (19),  10:  M.  Cato  M.  f.  M.  n.  is  satis  vehemens  ora- 
tor  fuit  multasque  orationes  ad  exemplum  avi  scriptas  reliquit  et  consul 
cum  Q.  Marcio  Rege  fuit  (J.  630  =  118)  inque  eo  consulatu  in  Africa  .  . 
mortem  obit.  Auffallend  ist  dass  Cicero  im  Brutus  seiner  nicht  gedenkt. 
Vielleicht  dass  seine  Reden  mit  denen  seines  Grossvaters  vermengt  wur- 
den. Vgl.  noch  Festus  p.  154,  25  fi.  Priscian.  III.  p.  602  P.  =  p.  90,  12  ff. 
Htz.  (Cato  nepos  de  actionibus  ad  populum  ne  lex  sua  abrogetur). 

3.  Q.  CaeciliuB  Metellus  Numidicus,  Cos.  645  =  109  (gegen  Ju- 
gurtha),  Censor  652;  vgl.  A.  Haakh  in  Pauly's  Real-Enc.  II.  S.  30  f.  Nr.  21. 
Vellej  II,  9,  1  nennt  ihn  und  Scaurus  als  Redner  zweiten  Ranges  iu 
ihrer  Zeit.  Vgl.  Cic.  Brut.  35,  135.  Gell.  I,  6,  1:  oratio  Metelh  Numidici, 
gravis  ac  diserti  viri,  quam  in  censura  dixit  ad  populum  de  ducendis  uxo- 
ribus.  Liv.  LIX:  Q.  Metellus  cinsor  censuit  ut  cogereutnr  omnes  ducere 
uxores  liberorum  creandoruui   causa,    exstat  oratio  eius,  i]uam  Augustus 


Prosaisten.  Nachgracchische  Redner.    Rntilins  Rufus.  189 

C&esar  .  .  in  senatu  recitavit.    Säet.  Aug.  89:  libros  totes  senatui  recita- 
vii^  .  .  ut  orationem  Q.  Metelli  de  prole  augenda. 

4.  Cic.  Brut.  35,  131:  doctus  etiam  Graecis  T,  Albucius,  vel  potius 

paene  Graecus.    .  .  licet  ex  orationibus  iudicare.   fuit  autem  Athenis  ado- 

lescena,  perfectua  Epicureus  (vgl.  de  d.  nat.  I,  33,  93)  evaserat.     So  hatte 

ihn  J.  633  Q    Scaevola  dort  getroffen  und  ihn  verspottet,  welche  Scene 

Lucilias  in  seinen  Satiren  schilderte;    s.  Cic.  de  fin.  I,  3,  8  f.    or.  44,  149. 

Im  J.  651  der  Erpressung  angeklagt  und  verurteilt  begab  er  sich  wieder 

nach  Athen  und  philosophierte  in  aller  Gemütsruhe  (Cic.  Tusc.  V,  37,  108). 

A.  Preuner  in  Pauly's  Real  Enc.  I,  1.  S.  652,  Nr.  1. 

5.  Cic.  Brut.  33,  127:  C.  Galba,  Servi  (oben  127,  4)  .  .  filius,  P.  Crassi 
(oben  129,  5)  .  .  gener,  .  .  rogatione  Mamilia,  lugurthinae  coninfationis 
invidia,  cum  pro  sese  ipse  dixisset,  oppressus  est  (J.  644).  exstat  eins  per- 
oratio,  qui  epilogus  dicitur;  qui  tanto  in  honore  pueris  nobis  erat  ut  eum 
etiam  edisceremus. 

6.  Cic.  Brut.  34,  129:  C.  (Flavius)  Fimbria  .  .  bonus  auctor  in  senatu. 
idem  tolerabilis  patronus  nee  rudis  in  iure  civili,  et  cum  virtute  tum  etiam 
ipso  orationis  genere  liber.  cuius  orationes  pueri  legebamus,  quas  iam 
reperire  vix  possumus.     Vgl.  de  or.  II,  22,  91. 

7.  Aus  derselben  Zeit  werden  von  Cicero  als  Redner  genannt,  ater 
ohne  von  ihnen  herausgegebener  Reden  zu  erwähnen,  P.  Scipio  und  L.  Bc- 
stia  (Brut.  128),  C.  Licinius  Nerva  (ib.  129),  C.  Sextius  Calvinus,  M.  Brutus 
und  L.  CaesulenuB  (ib.  130),  M.  Silanus,  M.  Aurelius  Scaurus,  A.  Postu- 
mius  Albinus,  der  flamen  Albinus,  Q.  Caepio  (ib.  135),  C.  und  L.  Memmii, 
Sp.  Thorius,  M.  Marcellus  und  sein  Adoptivsohn  P.  Lentulus  (ib.  136), 
L.  Cotta  (ib.  137);  ferner  L.  Apulejus  Saturninus  (seditiosorum  omnium 
poßt  Gracchos  eloquentissimus,  ib.  62,  224),  C.  Servilius  Glaucia  (ib.). 

136.  Eine  mehrseitige  literarische  Thätigkeit  entfalteten  in 
dieser  Zeit  die  beiden  Optimaten  P.  Rutilius  Rufus  (Cos.  649) 
und  Q.  Lutatius  Catulus  (Cos.  652):  der  edle  Rufus  ein  Anhänger 
der  Stoa,  Redner,  Kenner  des  Rechts  und  Schriftsteller  auf  diesem 
Gebiete,  endlich  Verfasser  von  geschichtlichen  Werken,  insbe- 
sondere einer  Selbstbiographie;  Catulus  neben  seiner  politi- 
schen und  kriegerischen  Wirksamkeit  Verfasser  erotischer  Epi- 
gramme, sowie  gleichfalls  einer  Selbstbiographie  und  von  sonsti- 
gem Geschichtlichem. 

1.  P.  Eutilius  Rufus,  geb.  ums  J.  596  (vgl.  Cic.  Brut.  22,  85  mit 
Appian.  Hisp.  88),  im  Kreise  des  jüngeren  Africanus  aufge^vachsen ,  unter 
welchem  er  auch  (wie  Asellio,  oben  132,  6)  im  numantinischen  Kriege  (J. 
620  f)  als  trib.  mil.  diente  (Appian.  Hisp.  88  vgl.  Cic.  de  rep.  I,  11,  17). 
Ale  Prätor  (in  unbekanntem  Jahre)  Urheber  der  actio  (Gai.  Inst.  IV,  35) 
oder  constitutio  (fragm.  Vat.  1)  Rutiliana,  sowie  des  Edicts  über  die  Pa- 
tronatsrechte  (Dig.  XXXVIII,  2,  1,  1),  und  wohl  friiher  der  lex  Rutilia 
über  die  rufuli  (Festus  p.  261  M.).  Cos.  649  =  105,  später  (J.  662?)  zur 
Strafe  für  seine  strenge  Rechtlichkeit  nach  sokratisch  stolzer  Vertheidigung 


190  Siebentes  Jahrhundert  d.  St. 

von  den  Ritter-Geschwomen  verurteilt  und  nach  Smyma  sich  verbannend, 
wo  er  das  Bürgerrecht  erhielt  (Cic.  p.  Balb.  11,  28.  Tac.  A.  IV,  43),  noch 
im  J.  676  lebte  (Cic.  Brut.  22,  85  vgl.  de  rep.  I,  8,  13  und  de  d.  nat.  III, 
32,  80)  und  auch  gestorben  zu  sein  scheint;  s.  A.  L'Oisel,  vie  de  P.  R.  R., 
jurisconsulte  stoicien,  in  seinen  divers  opuscules  (Paris  1652.  4.)  p.  161  ff. 
und  in  Meermanns  Thesaur.  iur.  I.  p.  359  ff.  Majansius  Comment.  IL  p.  1  ff. 
A.  Haakh  in  Paulis  Real-Euc.  VI,  1.  S.  586  f.  Nr.  7.  Löwe,  P.  Rutihi 
Rufi  vita  narrata,  Züllichau  1853.  4.  Ph.  E.  Huschke  in  der  Zeitschr.  für 
Civilrecht  N.  F.  XIV.  (1856.)  S.  1—21. 

2.  Vellej.  II,  13,  2:  P.  Rutilium,  virum  non  saeculi  sui  sed  omnis  aevi 
Optimum.  Vgl.  noch  Capitol.  Gordian.  5,  6.  Ammian.  XXX,  4.  Cic.  Brut. 
30,  118:  Rutilius  in  quodam  tristi  et  severo  genere  dicendi  versatus  est. 
.  .  multa  opera  multaque  industria  Rutilius  fuit;  quae  erat  propterea  gra- 
tior  quod  idem  magnum  munus  de  iure  respondendi  sustinebat.  (114.)  sunt 
eius  orationes  ieiunae,  multa  praeclara  de  iure;  doctus  vir  et  graecis  lit- 
teris  eruditus,  Panaeti  auditor,  prope  perfectus  in  stoicis.  Suet.  Aug.  89: 
libros  totos  .  .  recitavit  .  .  ut  orationem  .  .  Rutili  de  modo  aedificiorum. 
Diomed.  L  p.  372  P.  =  376,  4  K.:  P.  Rutilius  .  .  pro  L.  Cesutio  ad  popu- 
lum.  H.  Meyer,  oratt.  p.  263  ff.  ed.  IL  Seine  Rechtskenntniss  verdankte 
er  dem  P.  Scaevola  (oben  129,  4)^  s.  Cic.  off.  II,  13,  47  vgl.  Pompon.  Dig. 

I,  2,  2,  40.  Aus  seinen  juristischen  Schriften  wird  in  den  Digesten  (aus 
Schriften  des  Ulpianus)  Einiges  angefi'ihrt,  aber  ohne  nähere  Angabe;  s. 
Dig.  VII,  8,  10,  3.  XXXIII,  9,  3,  9  (vgl.  GeU.  IV,  1,  22).  XLIII,  27,  1,  2. 
S.  W.  Zimmern,  Gesch.  d.  röm.  Privatrechts  I,  1.  S.  280 — 282.  Auch  was 
Macrob.  Sat.  I,  16,  34  (Rutilius  scribit  etc.)  über  die  nundinae  anführt 
könnte  durch  Vermittlung  des  Varro  aus  einem  juristischen  Werke  des 
Rutilius  stammen  (oder  aus  seiner  Selbstbiographie). 

3.  P.  Rutilius  Rufus  de  vita  sua  citieren  Charisius  (p.  120,  17.  125,  11. 
130,  18.  139,  18.  146,  35.  195,  16  Keil)  und  Diomedes  (p.  374,  13.  376,  3  K.), 
Ersterer  wiederholt  (p.  120.  139)  aus  dem  fünften  Buche  desselben.  Auf 
eine  Darstellung  von  Selbsterlebtem  führt  auch  Appian.  Hisp.  88:  ^PovtCXiov 
^Povrpovj  avyyQ(X(pia  töjvds  xatv  ^gycnv  (vor  Niunantia),  xotf  %LUctQ%ovvta^ 
iaelsvas  u.  s.  w.  (daraus  Suid.  s.  v.  *PovxClioq)y  und  was  Isidor.  Orig.  XX, 

II,  4  aus  Rutilius  Rufus  de  vita  sua  anführt  stimmt  gleichfalls  mit  App. 
Hisp.  85.  Ebenso  kann  aus  der  Schrift  de  vita  sua  sein  Plut.  Mar.  28: 
(og  6\  'PovTiXiog  iGxoQiCy  xa  iihv  älXa  (piXaXrid'rjg  dvrJQ  %al  XQV^^^Sf  i^^oi 
8s  TW  MuQiG)  TtQoans'KQOVTKasy  sowie  Plut.  Pompei.  37  (o  ^PovtUiog  iv  xaCg 
iaxoQLaig).  Dagegen  fällt  die  Gesandtschaft  des  J.  599  (aiunt  Rutilius  et 
Polybius,  Gell.  VI  (VII),  14,  10)  in  seine  früheste  Kindheit,  und  der  Tod 
des  älteren  Scipio  (Scipionem  et  Polybius  et  Rutilius  hoc  anno  mortuum 
scribunt,  Liv.  XXXIX,  52,  1)  sicher  vor  seine  Geburt,  ohne  dass  aber  un- 
möglich wäre  dass  beide  Ereignisse  irgendwie  in  die  Selbstbiographie  her- 
eingezogen worden  wären.  Jedenfalls  aber  muss  neben  der  lateinischen 
Bearbeitung  eine  in  griechischer  Sprache  angenommen  werden,  worin  viel- 
leicht der  persönliche  Standpunkt  mehr  zu  einem  historischen  (in  der  Weise 
d^s  Asellio)  erweitert  (und  der  allgemeinere  Titel  ^Icxogiai  gewählt)  war. 
Vgl.  Athen.  IV,  66.  p.  168  E:  'PovxaCm  tq)  t^v  poofiaifx^i;  IöxoqCuv  ixÖB- 
dtonoTi    xri  *£lli]V(ov  (ptovij.     VI,  108.  p.  274  C:  'PovxCXiog  'Pov(pog  6  ti}v 


Prosaisten:  Q.  Catulus  und  L.  Aelius  Stilo.  191 

TcaxQiov  latogiav  yBygaqKOS'  XII,  61.  p.  543  B:  diaßorjzog  ^v  tcccqcc  'Pen- 
liaioig  xal  Zitttog  int  tQvq)^  .  . ,  cog  (priai  'PovxiUoq,  was  aus  Anlass  von 
RutiliuB'  Ankläger  Apicius  (vgl.  ib.  p.  168  E)  bemerkt  sein  konnte.  Beide 
Arbeiten  scheinen  in  Smyrna  verfasst  zu  sein;  vgl.  Oros.  V,  17  extr. : 
Smymam  commigrans  litterarum  studiis  intentus  consenuit.  Im  Allgemeinen 
8.  Krause  bist.  p.  227—231.  C.  L.  Roth  p.  328—330.  Suringar  de  rom. 
antobiogr.  p.  8  flf.  Gerlach,  Geschichtöchreiber  S.  77 — 79.  Nissen,  krit. 
Untersuchungen  (1863)  S.  41—43. 

4.  Q.  Lutatius  Catulus,  Cos.  652=  102,  der  Sieger  von  Vercellä  663, 
f  667,  einer  Hinrichtung  durch  Marius  zuvorkommend.  Cic.  Brut.  35,  132: 
non  antiquo  illo  more,  sed  hoc  nostro  .  .  eruditus  (vgl.  de  or.  II,  7,  28). 
multae  litterae,  summa  non  vitae  solum  atque  naturae  sed  orationis  etiani 
comitas,  incorrupta  quaedam  latini  sermonis  integritas  (vgl.  74,  259.  de  aw 
m,  8,  29.  ofF.  I,  37,  133.  Quintil.  XI,  3,  35).  quae  perspici  cum  ex  ora- 
tionibus  eins  potest  tum  facillume  ex  eo  libro  quem  de  consulatu  et  de 
rebus  gestis  suis  conscriptum  moUi  et  xenophonteo  genere  sermonis  misit 
ad  A.  Furium  poetam,  familiärem  suum.  Plut.  Mar.  25:  oiioia  d\  xal  rov 
Katlov  avtov  ctnoXoysCad'cci  .  .  Catogovai.  (Sulla?  H.  Peter,  die  Quellen 
Plutarchs,  S.  102),  vgl.  26:  cag  tov  KdzXov  avtov  taxoQSiv  Xiyovai,  und 
27:  td  ovv  idfpvQct  .  .  dvsvfxd'TJvaL  Xiyovaiv.  Auch  verfasste  er  eine 
Communis  historia  in  mindestens  vier  Büchern  (Philargyr.  zu  Verg.  Ge. 
IV,  564),  welche  nach  den  Ueberresten  (vgl.  C.  L.  Roth,  bist.  p.  332  f.) 
eohemeristische  Richtung  gehabt  zu  haben  scheint,  so  dass  der  Titel 
wahrscheinhch  (AI.  Riese,  Rhein.  Mus.  XVIII.  S.  448—450)  weltliche  Ge- 
schichte (im  Gegensatze  zur  historia  sacra)  bedeutet.  Daraus  ohne  Zwei- 
fel auch  die  Angaben  über  den  lacus  Curtius  (Cornelius  et  Lutatius  scri- 
bunt  etc.  Varro  L.  L.  V,  150)  und  über  das  Gründungsjahr  Roms  (Nepoti 
et  Lutaäo,  Solin.  Polyh.  2).  Zu  der  skeptischen  Haltung  welche  Catulus 
auch  in  der  Philosophie  (als  Anhänger  der  neuen  Akademie)  einnahm 
(Cic.  Acad.  U,  48,  148)  stimmt  ein  solches  Werk  vollkommen.  Ueber  die 
Epigramme  des  Catulus  s.  oben  123,  4.  Im  Allgemeinen  L.  0.  Bröcker  in 
Pauly's  Real-Enc.  IV.  S.  1246  f.  Nr.  8.   Gerlach,  Geschichtschreiber  S.  79  f. 

137.  Einen  Gelehrten  hat  diese  Zeit  an  dem  römischen 
Ritter  L.  Aelius  Praeconinus  Stilo  aus  Lanuvium.  Er  hielt  zur 
Stoa  und  war  der  Erste  welcher  (Befreundeten)  in  lateinischer 
Literatur  imd  lateiniecher  Redekunst  eigentliche  Unterweisung 
gab  und  die  lateinische  Sprach-  und  Alterthumsforschung  wissen- 
schaftlich begründete,  indem  er  auf  die  ältesten  Denkmäler  zu- 
röckgieng  und  sie  commentierte.  Der  erste  römische  Philolog, 
vererbte  er  Umfang  und  Ziel  seiner  Forschung  auf  seinen  Schüler 
Varro.  Gleichzeitig  mit  Stilo  wirkten  in  ähnlichem  Sinne  auch 
Gelehrte  griechischen  Ursprunges,  wie  Laelius  Ärchelaus  und 
Vettius  Philocomus. 

1.  Suet.  de  gramm.  2  (p.  101  f.  Rtfsch.):  instruxerunt  auxeruntque  ab 
omni  parte  grammaticara  L. .  Aelius  Lanuvinas  generque  Aelii  Ser.  Clodius, 
uterque  erjues  rom.   multiqne  ac  varii  et  in  doctrina  et  in  rep.  usus,  (3.) 


192  Siebentes  Jahrhundert  d.  St. 

Aelius  cognomine  duplici  fuit;  nam  et  Praeconinus,  quod  pater  eins  prae- 
conium  fecerat,  vocabatur  et  Stilo,  quod  orationes  nobilissirao  cuique  scri- 
bere  solebat;  tantus  optimatium  fautor  ut  Metellum  Numidicum  (oben  135, 3) 
in  exsilium  comitatus  sit  (J.  654).  Cic.  Brut.  56,  205:  L.  Aelius  .  .  .  fuit 
vir  egregius  et  eques  rom.  cum  primis  honestus,  idemque  ernditissimus  et 
graecis  litteris  et  latinis  antiquitatisque  nostrae  et  in  inventis  rebus  et  in 
actis  scriptorumque  veterum  litterate  peritus.  Quam  scientiam  Varro  no- 
ster  acceptam  ab  illo  auctatnque  per  sese  .  .  pluribus  et  illuBtrioribus  lit- 
teris explicavit.  (206.)  Sed  idem  Aelius  stoicus  esse  voluit,  orator  aut-em 
nee  studuit  umquam  nee  fuit;  scribebat  tamen  orationes  quas  alii  dicerent, 
ut  (205:  Cottae  pro  se  lege  Varia,  J.  663,)  Q.  Metello  *F.,  ut  Q.  Caepioni 
(vgl.  ib.  169),  ut  Q.  Pompeio  Rufo.  .  .  (207.)  His  scriptis  etiam  ipse  inter- 
fui,  cum  essem  apud  Aelium  adulesceus  eumque  audire  perstudiose  solerem. 
Comif.  ad  Herenn.  IV,  12,  18:  Lucilins  .  .  in  priore  libro:  Has  res  ad  te 
scriptas,  Luci,  misimus,  Aeli.  Varro  bei  Gell.  N.  A.  I,  18,  2:  L.  Aelius 
noster,  litteris  ornatissimus  memoria  nostra,  und  L.  L.  VII,  2:  homo  in  pri- 
mis in  litteris  latinis  exercitatus.  Vgl.  auch  noch  Gell.  X,  21,  2:  qui  do- 
ctissimus  eorum  temporum  fuerat,  L.  Aelius  Stilo.  Plin.  N.  H.  XXXIII,  1,  7 
(L.  Aelii  Stilonis,  Praeconini  ob  id  cognominati).  XXXVII,  1,  4  (Stilo  Prae- 
coninus). Oefters  in  den  Hdss.  Laelius  statt  L.  Aelius,  z.  B.  Cic.  or.  69,  230 
(L.  Caelius  Antipater  in  prooemio  belli  punici  .  .  .  hanc  a  Laelio,  ad  quem 
scripsit,  .  .  veniam  petit,  s.  oben  132,  4).  ad  Fam.  IX, -15,  2.  Acad.  post. 
I,  2,  8.  (de  or.  I,  62,  265?  Plin.  N.  H.  XIV,  13,  15?).  Da  hienach  L.  Aelius 
einerseits  noch  Frßund  des  Lucihus  war,  andererseits  Cicero  noch  bei  ihm 
in  die  Schule  gieng,  so  muss  er  etwa  J.  610  geboren  sein  und  ein  hohes 
Alter  erreicht  haben.     Vgl.  Ritschi  Parerga  S.  239. 

2.  Literarische  Thätigkeit:  Aehana  studia  (antiquitatis  romauae),  Cic. 
de  or.  I,  43,  193?  vgl.  Acad.  post.  I,  2,  8.  Berufung  auf  mündüche  Aeus- 
serungeu  bei  Varro  R.  R.  IIl,  12.  L.  L.  V,  66.  101.  VI,  7.  Gell.  N.  A. 
XII,  4,  5.  Schriften:  Aelii  .  .  interpretationem  carminum  Saliorum  vi- 
debis  et  exiliter  (?)  expeditam  et  praeterita  obscura  multa,  Varro  L.  L. 
VIT,  2.  Vgl.  Fest.  v.  manuos,  molucrum,  pescia.  Corssen,  Orig.  poes.  rom. 
p.  48  ff.  und  oben  54,  2.  —  Erklärung  der  XII  Tafehi:  Cic.  Legg.  II,  23, 
59.  Fest.  V.  sonticus  morbus.  R.  Scholl,  Leg.  XII  tabb.  reliqq.  p  30  will 
hierbei  den  Stilo  überall  verstanden  wissen  wo  schlechtweg  Aelius  dtiert  ist. 
—  Conmientarium  deproloquiisL.  Aelii,  docti  hominis,  qui  magister  Var- 
ronis  fuit,  .  .  legimus.  sed  in  eo  nihil  edocente^  neque  ad  iustitueudum 
explanate  scriptum  est,  fecisseque  videtur  eum  librum  Aelius  sui  magis 
admonendi  quam  aliorum  docendi  gratia.  Gell.  N.  A.  XVI,  8,  2  f  —  Zur 
Kritik  und  Auslegung  älterer  lateinischer  Dichter.  Bewunderer  des  Plautus, 
Quiutil.  X,  1,  99.  Indices  Aelii  (u.  A.)  super  his  fabulis  (Plauti)  quae  di- 
cuntur  ambiguae.  Gell,  in,  3,  1  u.  ib.  12:  homo  ernditissimus  L.'  AeHus 
XXV  (comoedias)  eins  (Plauti)  esse  solas  existimavit.  Vgl.  oben  84,  4.  88,  4. 
Zahlreiche  etymologische  (in  quo  .  .  erravit  aliquotiens,  Varro  bei  Gell.  I, 
18,  2)  und  grammatische  Bemerkungen  des  Stilo  zusammengestellt  bei  van 
Heusde  p.  64—81. 

3.  Hauptschrift:  Disquisitio  de  L.  Aelio  Stilone,  Ciceronis  in  rhetoricis 
magistro ,  Rhetoricorum  ad  Herenn.  ut  videtur  auctore  (letzterer  Beweis- 
versuch ist  misslungen).     Inserta  sunt  Aelii  Stilonis  et  Servii  Claudü  frag- 


Die  Jahre  660 — 670:  Matius,  Laevius,  Hostius.  193 

menta.    Scripsit  J.  A.  C.  van  Heusde.  Traj.  ad  Rh.  1839.  VIII  u.  109  pp. 
Vgl.  Moramsen,  R.  G.  II«.  S.  426.  457. 

4.  Sueton.  gramm.  2  (vgl.  oben  133,  3):  ut  Laelius  Archelaus  Vettius- 
qoe  Philocomus  Lucili  sataras  familiaribus  suis  (pronuntiabant) ,  quas  le- 
gisse  se  apud  Archelaum  Pompeius  Lenaeus,  apud  Fhilocomum  Yalerius 
Cato  praedicant.  Da  im  Folgenden  dieser  niedrigeren  Stufe  gelehrter 
Thätigkeit  die  höhere,  durch  Stilo  vertretene  gegenübergestellt  wird  (in- 
stroxerunt  etc.,  oben  A.  1),  andererseits  die  Schüler  der  Genannten  (Le- 
naeuB  und  Cato)  der  dcerouischen  Zeit  angehören,  so  werden  Archelaus 
ondPhilocomus  ungefähr  gleichzeitig  mit  Stilo,  etwa  645 — 675,  zu  setzen  sein. 

138.  Die  beiden  Jahrzehnte  650 — 670  d.  St.  mnschliessen 
abermals  heftige  innere  Kämpfe  theils  mit  den  Bundesgenossen, 
welche  sich  im  marsischen  Kriege  völlige  Gleichstellung  mit 
den  Römern  erstritten,  theils  zwischen  der  wieder  erstarkten 
Volbpartei  und  der  für  ihre  Vorrechte  sich  wehrenden  imd 
schliesslich  durch  Sulla  siegreichen  Nobilität.  Das  rege  Leben 
das  sich  in  diesen  Kämpfen  entfaltet  bringt  auf  den  natio- 
nalen Gebieten  geistiger  Thätigkeit,  in  Beredtsamkeit  imd 
ßechisgelehrsamkeit,  glänzende  Früchte  hervor.  Die  Kunst  zu 
reden  wird  ünterrichtsgegenstand  imd  auch  von  Einheimischen 
gelehrt  Die  Geschichtschreibung  ist  in  den  Händen  der  jün- 
geren Annalistik  und  verräth  bei  den  Einen  Einfluss  der  Rhe- 
torik, bei  Andern  auch  Parteifärbung.  Auch  auf  dem  Gebiete 
der  Poesie  herrscht  Leben:  die  atellanische  Volksposse  wird 
durch  Pomponius  und  Novius  schriftmässig,  Cn.  Matius  verfasst 
Mimiamben  imd  übersetzt  die  Ilias;  Laevius  beginnt  spätestens 
jetzt  die  manchfaltigen  Formen  der  griechischen  Mehk  nachzu- 
Mden;  ihren  Epiker  hat  die  Zeit  an  A.  Furius,  dem  Nachfolger 
des  Hostius  (bellum  istricum),  ihren  Tragiker  an  L.  Julius  Cae- 
sar Strabo.  Zugleich  sind  diese  Jahrzehnte  die  Jugendzeit  von 
Cicero  (geb.  648)  und  Caesar  (geb.  654). 

1.  Latini  rhetores  zu  Rom,  s.  oben  36,  8. 

2.  Ueber  die  jüngere  Annalistik  s.  oben  §.  32. 

3.  üeber  Pomponius  und  Novius  s.  oben  125. 

4.  Varro  L.  L.  VII,  95:  apud  Matium:  Corpora  Graiorum  ma«rebat 
Diandier  ignL  Vgl.  ib.  96.  Gellius,  der  den  Matius  fast  nie  nennt  ohne  vor  ihm 
*^  einem  doctus  vir,  homo  impense  doctus,  vir  eruditus  u.  dgl.  sich  zu 
^enieigen,  citiert  Cn.  Matium  .  .  in  secundo  Iliadis  (VII,  6,  6)  und  Cn. 
Matius  in  Iliadis  XXI  (IX,  U,  14  vgl.  15).  Vgl.  Chans,  p.  117,  13.  345,  8  K. 
^risdan.  VII.  p.  334,  19  f.  Htz.:  Gn.  Matius  in  Iliade:  celerissimus  advolat 
fiector.  Da  von  Matius  ein  höheres  Buch  als  XXI  nicht  angeführt  wird, 
^ohl  aber  bei  Priscian.  IX.  p.  478,  12  f.  Ninnius  Crassus  in  XXIV  Iliados, 
w  könnte  man  vermuten  dass  Letzterer  die  von  Matius  unvollendet  ge- 

Teuffel,  Rom.  Literalurg-eschichte.  13 


194  Siebentes  Jahrhundert  d.  St. 

lassene  üebersetzung  zu  Ende  geführt  habe,  wenn  nicht  Non.  p.  476,  14 
hätte:  CrassuB  lib.  XVI  Iliados.  Die  mimiambi  waren  possenhafte  (mimus- 
artige)  lamben,  eine  Modiücation  der  lambik,  nicht  des  Mimus.  An  Auf- 
führung auf  der  Bühne  ist  nicht  zu  denken.  Dem  possenhaften  Charakter 
des  Inhalts  entspricht  auch  das  Versmass  (senarii  claudi).  Aus  den  mim- 
iambi des  Cn.  Matius  führt  Verse  an  Gell.  X,  24,  10  (vgl.  Macrob.  I,  4,  24). 
XV,  25,  1  f.  (vgl.  Neu.  Marc.  p.  106,  25.  107,  17).  XX,  9,  2  f.  Vgl.  Priscian. 
VI.  p.  274,  25  f.  Htz.  Macrob.  III,  20,  5.  Terent.  Maur.  p.  2437  P.  Ziegler, 
de  mimis  p.  65  ff.  Wernsdorf,  poett.  latt.  min.  IV.  p.  568  ff.  Meyer,  AnthoL 
lat.  Ep.  120. 

5.  Ausonius  im  Nachworte  zu  seinem  ceuto  nuptialis,  zu  dessen  Recht- 
fertigung: quid  antiquissimi  poetae  Laevii  Erotopaegnion  libros  loquar? 
Gell.  XIX,  9,  7  (s.  oben  26,  1)  in  der  Aufzählung  römischer  Erotiker:  Lae- 
viuB  .  .  Uortensius  .  .  Cinna  .  .  Memmius.  ib.  II,  24,  8:  huius  legis  (der 
Licinia  sumptuaria,  gegeben  vor  dem  Consulat  des  Licinius,  also  vor  657 
d.  St.,  8.  W.  Rein  in  Pauly's  Real-Enc.  VI,  2.  S.  1509)  Laevius  poeta  me- 
minit  in  Erotopaegnüs.  (ib.  10:  Lucilius  quoquc  legis  istius  meminit.) 
Man  ist  daher  versucht  den  L.  bis  in  die  Zeit  des  Lucilius  und  der  erotischen 
Epigrammatiker  (oben  123)  hinaufzurücken,  wozu  auch  der  Charakter  se.i- 
ner  Sprache  stimmen  würde  (vgl.  bes.  Gell.  XIX,  7,  2  ff.).  Laevinus  nennt 
ihn  Mommsen,  R.  G.  III*.  S.  579;  doch  vgl.  Gell.  XIX,  7,  2  (in  Laeviano 
carmine)  und  12  (verborum  Laevianorum).  Häufige  Verwechslung  seines 
Namens  mit  Livius,  Naevius,  Laelius  (z.  B.  Apulej..apol.  30).  Porphyr, 
zu  Hör.  0.  III,  1,  2.  p.  245  vgl.  241  H. :  Romanis  utique  non  prius  audita, 
quamvis  Laevius  lyrica  ante  Horatium  scripserit,  sed  videntur  illa  non 
Graecorum  lege  ad  lyricum  characterem  exacta.  Der  tändelnde  und  von 
dem  seinigen  überhaupt  weit  abweichende  Charakter  der  Gedichte  des 
Laevius  mochte  dem  Horaz  ein  Recht  geben  von  diesem  Vorgänger  abzu- 
sehen. Höchste  Bücherzahl:  Laevius  ^EqtoxonaLyvCtav  VI  bei  Charis.  II. 
p.  Iß3  P.  =  204,  16  K.  Vgl.  Charis.  IV.  p.  288,  5  f.  K.:  in  pterygio  Phoe- 
nicis  Laevii  novissimae  ödes  Erotopaegnion.  Möglicherweise  Unterabthei- 
lungen dieses  Gesammttitels  (Weichert  p.  40  vgl.  57)  sind  die  Citate  Lae- 
vius in  Adoue  (Priscian.  p.  269,  6  Htz.),  in  lone  (ib.  p.  281,  3),  in  Prote- 
silaodamia  (Gell.  XU,  10,  5.  Nonius  p.  116.  209.  Prisqian.  p.  242,  13  vgl. 
in  Protesilao  Priscian.  p.  484,  9;  in  Laudamia,  p.  496,  27),  in  Sirenocirca 
(Priscian.  p.  302,  1.  Non.  p.  120),  in  Polymetris  (Priscian.  p.  258,  12),  in 
Centauris  (Fest.  p.  206  M.),  Alcestis  (Gell.  XIX,  7,  2).  Dahin  gehören  wohl 
auch  die  corrupten  Citate  Vaeius  und  Veius  Pullis  oder  Pubs  bei  Non. 
p.  72.  139.  513.  Ohne  Zweifel  selbständig  aber  war  des  Laevius  Cypria 
Ilias  (Charis.  I.  p.  118  P.  =  145,  21  K.:  Laevius  Cypriae  Iliadis  libro  I; 
vgl.  Pfiscian.  X.  p.  881  P.  =  502,  24:  nevius  in  Iliadis  secundo,  wo  M.  Hertz 
Ninnius  in  den  Text  gesetzt  hat)  in  Hexametern,  während  die  sonstigen 
üeberreste  des  Laevius  lyrische  Masse  zeigen,  iambische  Dimeter,  Tro- 
chäen, phaläkische  Verse,  louiker  u.  a.  in  freier  Behandlung  und  Mischung. 
Stoffsammlung  bei  A.  Weichert,  de  Laevio  poeta,  in  den  poett.  latt.  vitae  etc. 
p.  31—88.  Dazu  Fr.  WüUner,  de  Laevio  poeta,  Münster  1829.  4.  und  in  der 
Allg.  Schukeitung  1830.  II.  S.  1259  ff.  W.  Teuffei  in  Pauly's  Real-Enc.  IV. 
S.  732.  L.  Müller,  de  re  metr.  p.  75—77.  Zu  den  üeberresten  vgl.  auch 
M.  Haupt,  Observv.  critt.  p.  43  f.     J.  Becker,   Philologus  VI.  S.  362—365. 


J.  650 — 670.  Die  Redner  M.  Antonius  und  L.  Crassus.  195 

6.  Das  bellum  istricum  des  Host  ins  scheint  mindestens  aus  drei  Bü- 
chern bestanden  zu  haben;   vgl.  Macrob.  VI,  3,  6  und  5,  8  (libro  II  belli 
lüstrici).    Serv.  Aen.  XII,  121  (belli  histrici  primo).    Vgl.  Fest.  v.  scaevam 
tmd  tuesca,  p.  325.  356  M.    Diesen  relativ  unwichtigen  Krieg  (J.  576  ff.) 
eigens  zu  behandeln  konnte  kaum  etwas  Anderes  bestimmen  als  die  Ab- 
sicht die  Annales  des  Ennius  fortzusetzen.     Würde  man  aber  den  Titel 
mit  Bergk  (Jahns  Jahrbb.  83,  S.  322)  auf  die  Kämpfe  des  J.  625  beziehen, 
80  fiele  auch  dieser  Erklärungsgrund  weg.     Für  die  Ansicht  dass  hienach 
Hosting  der  früheste  Fortsetzer  des  Ennius  ist,   älter  noch  als  L.  Attius 
mid  als  die   §.  123  Genannten,  doch  etwas  später  als  die  §.  103  Aufge- 
zählten,   spricht    auch    die   Aufführung    desselben    bei    Serv.   1.    1.    nach 
EnniuB  und  vor  Asellio,  bei  Macrob.  VI,  5,  8  nach  Naevius,  imd  die  Be- 
schaffenheit der  Citate  aus  dem  Epos  (sient,  auch  die  Messung  Dia  Mi- 
nerva, semol  autem  tu,  invictus  Apollo,  weim  sie  sicher  wäre)  ist  mindestens 
nicht  dagegen.    Unzweifelhaft  würde  jene  Datierung  wenn  ganz  feststände 
dass  bei  Priscian.  VI.  p.  719  P.  =  270,  8  f.  Htz.  (vetustissimi  etiam  „hoc 
pecu",  unde  ,4iaec  pecua**  plurale,  dicebant.    Hostilius  in  I  annali:  saepe 
greges  pecuum  ex  hibernis  pastibus  pulsae)  das  handschriftliche  Hostilius 
abEuändem  sei  in  Hostius.    Hiezu  würde  endlich  stimmen  Prop.  III,  20,  8 : 
splendidaque  a  docto  fama  refulget  avo,  vorausgesetzt  dass  die  dort  au- 
geredete Cynthia  in  Wirklichkeit   Hostia   hiess   und   eine   Römerin   war. 
Vgl  im  Allgemeinen  A.  Weichert,  poetar.  latin.  vitae  p.  3—18. 

7.  üeber  A.  Furius  s.  123,  3;  über  Caesar  Strabo  s.  unten  140,  3. 

139.  Die  Hauptredner  dieser  Zeit  sind  M.  Antonius  (Cos. 
655)  und  L.  Licinius  Crassus  (Cos.  659),  jener  ein  Autodidakt 
der  das  was  er  war  seinem  trefflichen  Gedächtnisse  seiner  ange- 
borenen Lebendigkeit  und  beweglichen  Phantasie  verdankte  und 
hauptsächlich  durch  glänzenden  Vortrag  wirkte;  Crassus  aber 
ein  Mann  von  feinem  Verstände  und  juristischer  Bildung,  als 
Itedner  daher  weniger  hinreissend  als  Antonius,  dafür  aber  über- 
zeugend durch  die  Klarheit  seiner  Auseinandersetzungen  und 
gewinnend  durch  heiteren  Witz  imd  Gewähltheit  der  Sprache. 

1.  M.  Antonius  C.  f.  Orator,  geboren  611,  Prätor  650,  Consul  655  = 
99,  Censor  657,  durch  die  Marianer  getödtet  667;  s.  E.  J.  G.  Bruner,  de 
M.  Antonio  et  L.  Crasso  oratoribus  rom.,  Helsingfors  1853.  4.  W.  Teuffei 
in  Pauly's  Real-Enc.  I,  1.  S.  1169--1171,  Nr.  6.  Charakteristik  seiner  Rede- 
weise (ausser  de  oratore,  wo  er  und  Crassus  die  Hauptträger  des  Gesprächs 
sind)  bes.  Cic.  Brut.  37,  139—38,  142  (vgl.  57,  207.  69,  216.  88,  301.  89,  304), 
z.  B. :  erat  memoria  summa,  nulla  meditationir  suspicio.  .  .  verba  ipsa 
uon  illa  quidem  elegantissimo  sermone.  .  .  sed  tamen  in  verbis  et  eli- 
gendis  .  .  et  collocandis  .  .  nihil  non  ad  rationem  et  tamquam  ad  artem 
dirigebat;  verum  multo  magis  hoc  idem  in  sententiarum  ornamentis  et 
conformationibus.  .  .  actio  singularis.  .  .  gestus  erat  .  .  cum  seutentiis 
congTuens.  .  .  vox  permanens,  verum  subrauca  natura,  sed  hoc  Vitium 
.  .  in  bonum  convertebat.  habebat  enim  flebile  quiddam  in  questionibus 
aptamque  cum  ad  fidem  faciendam  tum  ad  misericordiam  commovendam. 

13* 


196  Siebentes  Jahrhundert  d.  St. 

Gesammtergebniss:  omnium  eloquentissimus  quos  ego  viderim  (Cic.  Tusc. 
V,  19,  55).  Vgl.  de  or.  I,  38,  172:  Antonii  incredibilis  quaedam  .  .  via  in- 
genii  videtur,  etiamsi  scientia  iuris  nudata  sit,  posse  se  facile  ceteris  armis 
prudentiae  tueri. 

2.  Seine  Reden,  unter  welchen  die  für  M\  Aquilius  (J.  656)  die  be- 
rühm  teste  gewesen  zu  sein  scheint,  gab  M.  Antonius  grundsätzlich  nicht 
heraus,  nicht  sowohl  —  womit  er  selbst  es  scherzhaft  zu  begründen  pflegte 
—  aus  advocatischer  Schlauheit  (oben  36,  4)  als  vielmehr  wohl  haupt- 
sächlich in  der  £rkenntniss  dass  geschrieben  dieselben  unmöglich  gleichen 
Eindruck  machen  können  wie  von  ihm  vorgetragen.  Nur  eine  kleine, 
wenig  bedeutende  Schrift  de  ratione  dicendi  veröffentlichte  er  gelegent- 
lich; s.  Cic.  orat.  5,  18.  Brut.  44,  163.  Quintil.  III,  1,  19  (hoc  solum  opus 
eins,  atque  id  ipsum  imperfectum,  manet).  6,  45.  Eine  Aeusserung  daraus 
bei  Cic.  de  or.  I,  21,  94.  orat.  5,  18.  Quintil.  VIII.  prooem.  13.  XII,  1,  21. 
Plin.  Ep.  V,  20,  5.  Die  Nachrichten  über  die  von  Antonius  gehalteneu 
Beden  s.  bei  H.  Meyer  oratorum  fragm.  p.  280 — 291  ed.  II. 

3.  L.  Licinius  L.  f.  Crassus,  geboren  614  (Cic.  Brut.  43, 161),  J.  635  erst- 
mals als  Redner  aufgetreten  (annos  natus  XXI,  Cic.  de  or.  III,  20,  74;  unrich- 
tig XIX  bei  Tac.  dial.  34;  s.  Rhein.  Mus:  XIX.  S.  675-677),  636  Führer  der 
Colonie  nach  Narbo  Martins,  Cos.  659,  Censor  662,  als  welcher  er  bei  der  Aus- 
weisung der  rhetores  latini  (oben  36,  8)  mitwirkte  (Cic.  de  or.  III,  24,  93  f 
Tac.  dial.  35),  f  663.  Vgl.  A.  Haakh  in  Pauly's  Real-Enc.  IV.  S.  1058—1063, 
Nr.  18.  Die  Darstellung  welche  Cic.  de  or.  von  Crassus  gibt  ist  getrübt  da- 
durch dass  Cic.  sichtlich  sich  selbst  mit  ihm  identificiert;  wie  er  denn  auch 
die  Komödie  mit  dem  kilikischen  Triumph  ihm  nachgemacht  hat.  Jene 
Identification  geht  so  weit  dass  dem  Crassus  sogar  (II,  33,  142  vgl.  I,  42, 
190  f.)  die  Absicht  beigelegt  wird  ein  Werk  de  iure  civili  in  artem  redi- 
gundo  zu  schreiben.  Ebenso  werden  I,  34,  154  f.  ihm  die  Stilübungen  zu- 
geschrieben welche  Cic.  in  seiner  Jugend  gemacht  hat  (vgl.  Quintil.  X, 
5,  2).  Namentlich  die  Betonung  der  Nothwendigkeit  vielseitiger  Bildung 
für  den  Redner  (z.  B.  I,  34,  156  ff.)  stammt  aus  dieser  Quelle;  denn  in 
Wahrheit  spricht  nichts  dafür  dass  sich  Crassus  in  dieser  HinsicKht  von 
Antonius  und  andern  Vornehmen  seiner  Zeit  wesentlich  unterschied.  Treuer 
ist  die  Schilderung  Brut.  38,  143—39,  145.  40,  148.  43,  158—44,  165.  Z.  B. 
143:  erat  summa  gravitas,  erat  cum  gravitate  iunctus  facetianmi  et  urba- 
nitatis  .  .  lepos;  latine  loquendi  accurata  et  sine  molestia  diligens  elegan- 
tia;  in  disserendo  mira  explicatio;  cum  de  iure  civili,  cum  de  aequo  et 
bono  disputaretur ,  argumentorum  et  similitudinum  copia.  146:  ut  elo- 
queiitium  iurisperitissimus  Crassus,  iurisperitonmi  eloquentissimus  Scaevola 
(unten  141,  1  f )  putaretur.  158:  vehemens  et  interdum  irata  et  plena 
iusti  doloris  oratio  .  .  idem  et  peromatus  et  perbrevis.  159:  iam  in  al- 
tercando  iuvenit  parem  neminem,  versatus  est  in  omni  fere  genere  cau- 
sarum.  162:  quin  etiam  comprehensio  et  ambitus  iUe  verborum  (der  Satz- 
bau) .  .  erat  apud  illum  contractus  et  brevis,  et  in  membra  quaedam, 
quae  xco ila  Graeci  vocant,  dispertiebat  orationem  libentius  (vgl.  orat.  66, 
223).  Tac.  dial.  18:  Graccho  politior  et  omatior  Crassus.  26:  C.  Gracchi 
impetum  aut  L.  Crassi  maturitatem.  Macrob.  Sat.  V ,  1 ,  16  f. :  sunt  stili 
duo  .  .  unus  est  maturus  et  gravis,  qualis  Crasso  adsignatur  .  .  alter  huic 
contrarius,  ardens  et  erectus  et  infensus,  quali  est  usus  Antonius. 


J.  650 — 670.  L.  Crassus,  L.  Philippiis,  Caesar  Strabo  u.  A.         197 

4.  Heraasgegebene  Reden.    Cic.  orat.  38,  132:    Crassi  perpauca  sunt, 
nee  ea  iudiciorum.    Brut.  43,  160:  orationis  eins  (fär  die  Vestalin  Licinia, 
J.  641)  scriptas  quasdam  partes  reliquit.     .  .  exstat  m  eam  legem  (de  co- 
lonia  Narbonem  deducenda)  .  .  oratio.    161 :  haec  Crassi  (pro  lege  Servilia) 
cum  edita  oratio  est  (J.  648),  .  .  XXXIV  tum  habebat  annos.    44,  162:  est 
eÜam  L.  Crassi  in  consulatu  (J.  659)  pro  Q.  Caepione  .  .  pon  brevis  ut 
laudatio,  ut  oratio  autem  brevis.    postrema  ceusoris  oratio,    in  bis  Omni- 
bus inest  quidam  sine  ullo  fuco  veritatis  color.     163:    vellem  plura  Crasso 
libuisaet  scribere.     164:   multa  in  iUa  oratione  (pro  lege  Servilia)  .  .  dicta 
Bunt,  plura  etiam  dicta  quam  scripta,  quod  ex  quibusdam  capitibus  expo- 
eitia  nee  explicatis  intellegi  potest.  ipsa  illa  censoria  contra  Cn.  Domitium 
ooüegam  non  est  oratio,  sed  quasi  capita  rerum  et  orationis  commenta- 
man  paulo  plenius     Vgl.  oben  36,  7.    Die  Einfachheit  seiner  Redevreise 
¥ar  Dicht  nach  dem  Geschmacke  der  späteren  Rhetorik.    Nur  durch  Ci- 
cero sind  uns  einzelne  Stellen  aus  seinen  Reden  erhalten;    s.  H.  Meyer 
oratorom  fragm.  p.  291 — 317  ed.  II.    Diese  Proben  zeigen  häufige  Anwen- 
doBg  der  Anaphora  und   der   rhetorischen  Frage   und   sind  eben  wegen 
ihrer  Lebendigkeit  angeführt,    geben  daher  nur  von  einer  Seite  an  der 
Beredtsamkeit  des  Crassus  ein  Bild. 

140.  Neben  diesen  beiden  hervorragenden  besass  diese  Zeit 
tüchtige  Redner  an  dem  Juristen  Q.  Scaevola  (Cos.  659)  und  an 
L.  Marcius  Philippus  (Cos.  663) ;  unter  den  etwas  Jüngern  waren 
die  bedeutendsten  Redner  L.  Julius  Caesar  Strabo,  welcher  auch 
Tragödien  verfasste,  C.  Aurelius  Cotta  (Cos.  679)  und  P.  Sulpi- 
cius  Rufua,  nächst  welchen  auch  C.  Scribonius  Curio  (Cos.  678) 
erwähnenswerth  ist. 

1.  üeber  Scaevola  s.  unten  141,  1. 

2.  L.  Marcius  Philippus,  geboren  um  610  d.  St.,  Cos.  663,  Censor 
668,  gestorben  nach  677;  s.  W.  Teuffei  in  Pauly's  Real-Enc.  IV.  S.  1638— 
1540,  Nr.  4.     Cic.  Brut.  47, 173;  duobus  summis,  Crasso  et  Antonio,  L.  Phi- 
lippus proxumus  accedebat,  sed  longo  intervallo  tamen  proxumus.    .  .  erat 
in  Philippo  .  .  summa  libertas  in  oratione,  multae  facetiae;  .  .   erat  .  . 
graecifl  doctrinis  institutus,  in  altercando  cum  aliquo  aculeo  et  maledicto 
facetus.    Vgl.  45,  166:   summa  nobilitate  hominem,  .  .  summa  etiam  eio- 
qnentia.    Da  er  zu  improvisieren  pflegte  (Cic.  de  or.  II,  78,  316),  so  kennen 
wir  nur  einige  aus  der  Erinnerung  angeführte  Worte  aus  Reden  von  ihm, 
bei  Cic.  off.  II,  21,  73.    de  or.  III,  1,  2.    Sallust  (Bist.  I)  legt  ihm  eine 
Bede  gegen  Lepidus  (J.  676  f.)  in  den  Mund. 

3.  C.  lulius  L.  f.  Caesar  Strabo  (C.  I.  lat.  I.p.  278,  IV;  auch  Sesquiculus 
und  Vopiscus,  Mar.  Victor,  de  orthogr.  I.  p.  2456.  Varro  R.  R.  I,  7,  10. 
Cic.  Phil.  XI,  5,  11),  aed.  cur.  (J.  664=90;  Cic.  Brut.  89,  305.  Ascon.  in 
Scaur.  p.  24  Or.),  Q.,  tr.  mil.  bis,  Xvir  agr.  daud.  adtr.,  iud.,  pontif.  (nach 
dem  elogium  im  C.  I.  lat.  1.  1.),  J.  667  mit  seinem  älteren  Bruder  Lucius 
(Cos.  664)  von  den  Marianern  erschlagen.  Cic.  Brut.  48,  177:  festivitate  et 
facetüs  C.  lulius  L.  f.  et  superioribus  et  aequalibus  suis  omuibus  praesti- 
tit,  oratorque  fuit  minume  ille  quidcra  vehemens,  sed  nemo  umquam  nrba- 


198  Siebentes  Jahrhundert  d.  St. 

nitate,  nemo  lepore,  nemo  suavitate  conditior  (vgl.  de  or.  II,  23,  98.  off. 
I,  37,  133.  TuBC.  V,  19,  55).  sunt  eins  aliquot  oratioues,  ex  quibus,  sicut 
ex  eiusdem  tragoediis,  lenitas  eius  sine  nervia  perspici  potest.  de  or.  III, 
8,  30:  novam  quandam  rationem  attulit  orationis.  .  .  res  .  .  tragicas  paene 
comice,  tristes  remisse,  severas  hilare,  forenses  scenica  prope  venustate  tra- 
ctavit.  Ascon.  zu  Cic.  p.  Scaur.  p.  24  Or. :  idem  inter  primos  temporis  sui 
oratores  et  tragicus  poeta  bonus  admodum  habitus  est.  huius  sunt  enim 
tragoediae,  quae  inscribuntur  Tuli  Von  letzteren  kennen  wir  die  Titel 
Adrastus,  Teuthras,  Tecmessa;  Welcker,  griech.  Trag.  S.  1398—1400.  Rib- 
beck tragg.  p.  194.  Vgl.  oben  119,  3.  Die  Ueberreste  seiner  Kedeu  bei 
Meyer  p.  330  ff.  ed.  II.    Vgl.  C.  Krafffc  in  Pauly's  Real-Enc.  lY.  S.  426,  Nr.  8. 

4.  C.  Aurelius  M.  f.  Cotta,  geboren  um  630  (Cic.  Brut  88,  301), 
663—672  in  der  Verbannung,  Cos.  679,  f  680.  W.  Teuffei  in  Pauly's  Eeal- 
Enc.  I,  2.  S.  2164  f.  Nr.  10.  Cic.  Brut.  49,  182  f.:  aetate  inferiores  paulo 
quam  lulius,  sed  aequales  propemodum  fuerunt  C.  Cotta,  P.  Sulpicius,  Q. 
Varius,  Cn.  Pompouius  (vgl.  ib.  62,  221.  90,  308;  dagegen  de  or.  III,  13, 
50),  C.  Curio  (A.  6),  C.  Carbo  (Prätor  669,  f  672;  Brut.  62,  221),  L.  Fufius 
(Brut.  222),  M,  Drusus  (ib.),  P.  Antistius  (ib.  226  f.).  .  .  ex  bis  Cotta  et 
Sulpicius  cum  meo  iudicio  tum  onmium  facile  primas  tulerunt.  Vgl.  de 
or.  I,  8,  30.  orat.  56,  204.  Ascon.  in  Coruel.  p.  66  Or.  Cic.  Brut  55,  202: 
inveniebat  acute  Cotta,  dicebat  pure  ac  solute.  .  .  nihil  erat  in  eiua  ora- 
tione  nisi  sincerum,  nihil  nisi  siccum  atquc  sanum.  Vgl.  92,  317  (remissus 
et  lenis  et  propriis  verbis  comprehendens  solute  et  facile  sententiam).  orat. 
30,  106.  de  or.  II,  23,  98.  III,  8,  31.  Zu  dieser  verständigen  Weise  stimmte 
es  auch  dass  er  Interesse  für  die  Philosophie  hatte  und  sich  an  die  neue 
Akademie  (und  Antiochos)  anschloss;  s.  Cic.  de  deor.  nat.  I,  7,  16.  II,  1,  1. 
de  divin.  I,  5,  8.  Veröffentlicht  hat  er  keine  Reden  (orat.  38,  132).  Cottae 
pro  se  lege  Varia  quae  inscribitur,  eam  L.  Aelius  (oben  137,  1)  scripgit 
Cottae  rogatu,  Brut.  56,  205  vgl.  207:  Cottam  miror,  summum  ipsum  ora- 
torem  minumeque  ineptum,  Aehanas  levis  oratiunculas  voluisse  existumari 
suas.  Sallust  (Eist)  legt  ihm  eine  oratio  ad  populum  rom.  in  den  Mund. 
Sammlung  der  Nachrichten  über  ihn  und  seine  Reden  bei  Meyer,  oratt. 
p.  339—343  ed.  II. 

5.  P.  Sulpicius  Ruf  US,  Altersgenosse  des  Vorigen,  etwa  633  geboren, 
als  Volkstribun  J.  666  von  den  Sullanern  geächtet  und  getödtet;  s.  A.  Haakh 
in  Paul/s  Real-Enc.  VI,  2.  S.  1495  f.  Nr.  35.  Cic.  Brut.  55,  203:  fuit  Sul- 
picius vel  maximo  omnium  quos  quidem  ego  audiverim  grandis  et,  ut  ita 
dicam,  tragicus  orator.  vox  cum  magna  tum  suavis  et  splendida;  gestus  et 
motus  corporis  venustus;  .  .  incitata  et  volubilis,  nee  ea  redundans  tarnen 
et  circumfluens  oratio.  Crassum  hie  volebat  imitari,  Cotta  malebat  Antonium 
(nach  Cicero^B  Schilderung  der  Redeweise  Beider  möchte  man  diess  eher 
umkehren);  sed  ab  hoc  vis  aberat  Antoni,  Crassi  ab  illo  lepos.  Vgl.  de 
or.  I,  29,  131.  II,  21,  88.  23,  96.  III,  8,  31.  de  harusp.  resp.  19,  41.  Bmt 
56,  205  (vgl.  orat.  38,  132):  Sulpici  orationes  quae  feruntur,  eas  post  mor- 
tem eius  scripsisse  P.  Canutius  putatur.  ipsius  Sulpici  nulla  oratio  est, 
saepeque  ex  eo  audivi  cum  se  scribero  neque  cousuesse  ueque  possc 
diceret. 

6.  Cic.  Brut.  57,  207 :  bis  duobus  (Cotta  und  Sulpicius)  eiusdem  aetaüs 


J.  660— 670.  Rechtsgelehrte:  Q.  Scaevola  Pontifex.  199 

^mumerabatar  nemo  tertins,   sed  mihi  placebat  (Cn.)  Pomponius  (s.  A.  4) 
maxume,  vel  dicam,  minume  displicebat.    58,  210:  erant  tamen  quibuß  vi- 
deretur  illius  aetatis  tertius  Curio,   quia  splendidioribus  fortasse  verbiß 
utebatur  et  quia  latine  uon  pessime  loquebatur,  usu,  credo,  aliquo  dome- 
stico.    nam  litterarum  admodum  nihil  sciebat.    Vgl.  69,  213.    Volkstribun 
ifar  dieser  C.  Scribonius  664,   Consul  678,  und  starb  701;  s.  A.  Haakh  in 
Paidy'8  Real-Enc.  VI,  1.    S.  879  f.   Nr.  11.    Er  war  ein  erbittertet  Feind 
des  Caesar  (Suet.  Caes.  9.  49.  50.  52)  und  verfasste  gegen  ihn  eine  poli- 
tische Streitschrift  in  dialogischer  Form;    s.   Cic.  Brut.  60,   218  f.     Auch 
war  er  Pontifex  maximus;    daher  Varro's   Logistoricus   Curio    de    cultu 
deoram. 

7.  Ausser  den  Genannten  erwähnt  Cicero  im  Brutus  noch  eine  grosse 
*   Anzahl  von  Solchen  welche  Reden  hielten  (qui  tantum  in  dicentiimi  nu- 
mero,  non  in  oratorum,  fuerunt,  s.  47,  176)  oder  gar  nur  clamatores  (49, 
182)  waren.     Er  konnte  hiebei  nahezu  Jeden  aufführen  welchen  die  Magi- 
stratsverzeichnisse enthielten,  kümmert  sich  aber  ziemlich  wenig  um  die 
chronologische   Ordnung,   sondern  schüttet   ab   und   zu   einen   Sack   voll 
Namen  mit  magerer  Charakteristik  aus,  wie  165  f   168  f.   174  f.  178—180. 
Noch  am  ehesten  erwähnenswerth  sind  die  welche  in  dieser  Zeit  apud  so- 
dos  et  Latinos  oratores  habiti  sunt  (46,  169),  nämlich  Q.  Vettius  Vettianus 
e  Marais,  Q.  und  D.  VaJerii  Sorani,  die  Söhne  des  oben  124,  1  Besproche- 
nen, C.  Rusticelius  Bononiensis,   und  besonders    omnium   eloquentissimus 
extra  hanc  urbem  T.  Betutius  Barrus  Asculanus,  cuius  sunt  aliquot  ora- 
tiones  Asculi  habitae  et  illa  Romae  contra  Caepionem  nobilis  sane,  cui 
orationi  Caepionis  ore  respondit  Aelius  (oben  137,  1),  Brut.  46,  169.    Ib. 
89,  304  heissen  oratores  non  illi  quidem  principes  L.  Memmius  (vgl.  ib. 
36,  136.  70,  247)  et  Q.  Pompeius,  sed  oratores  tamen.    Letzterer,  Q.  Pom- 
peias  Rufus  (Cos.  666),  etiam  ipse  scripsit  eas  (orationes)  quibus  pro  se 
est  usus,  sed  non  sine  Aelio  (ib.  56,  206). 

141.  Nächst  der  Beredtsamkeit  entfaltete  die  mit  ihr  un- 
mittelbar zusammenhängende  Rechtsgelehrsamkeit  in  dieser 
Zeit  das  meiste  Leben.  Sie  hatte  einen  glänzenden  Vertreter 
an  dem  Pontifeix  Q.  Scaevola  (Cos.  659),  einer  der  wohlthuend- 
sten  Grestalten  des  ßömerthums,  ebenso  gründlich  wie  vielseitig 
gebildet  und  freisinnig,  ein  Ideal  von  einem  Manne  des  Rechts, 
dem  er  sein  Leben  weihte  als  Sachwalter,  Rathgeber,  Lehrer 
und  Schriftsteller;  der  Ers^  welcher  eine  systematische  Bear- 
beitung der  Rechtswissenschaft  imtemahm,  die  allen  Nachfolgern 
als  Gnmdlage  diente,  und  dabei  frei  von  aller  Pedanterie,  rede- 
gewandt imd  ein  Charakter  von  unbeugsamer  Rechtlichkeit  und 
ungetrübter  Lauterkeit.  Neben  seinen  Schriften  lebte  er  auch 
durch  zahlreiche  Schüler  fort,  imter  denen  die  hervorragendsten 
waren  Lucilius  Baibus  und  Aquilius  Gallus.  Neben  ihm  wirkten 
als  Juristen  besonders  Sex.  Pompejus,  Aculeo  imd  Q.  Cornelius 
Maximus. 


200  Siebentes  Jahrhundert  d.  St. 

1.  Q.  MuciuB  P.  f.  (Sohn  dea  oben  129,  4  Besprochenen)  P.  n.  Scae- 
vola,  Freund  des  Redners  L.  Crassus  (oben  139,  3  f.)  und  sein  College  in 
allen  Aemtem  (z.  B.  dem  Consulat  659),  ausser  der  Ceusur  und  dem  Yolks- 
tribunat,  von  den  Marianem  ermordet  672;  vgl.  S.  W.  Zimmern,  Gesch. 
d.  röm.  Privatrechts  I,  1.  S.  284—287.  W.  Teutfel  in  Pauly's  Beal-Enc.  V. 
S.  184—187,  Nr.  11.  Von  seinem  gleichnamigen  Oheim  (oben  134,  3)  unter- 
schieden durch  die  Bezeichnung  als  pontifex  maximus,  z.  B.  Ascon.  p.  67 
Gr.:  significat  Q.  Mucium  Scaevolam  pontificem  max.  eundemque  et  ora- 
torem  et  iurisconsultum.  L.  Crassus  nennt  ihn  bei  Cic.  de  or.  I,  39,  180: 
aequalis  et  collega  meus,  homo  omni  um  et  disdplina  iuris  civilis  eruditis- 
simus  et  ingenio  prudentiaque  acutissimus  et  oratione  maxime  limatus  .  . 
atque,  ut  ego  soleo  dicere,  iuris  peritorum  eloquentissimus ,  eloquentium 
iuris  peritissimus.  Seine  Redeweise  zeichniete  sich  aus  durch  Klarheit, 
Eleganz  und  Bündigkeit  des  Ausdruckes;  s.  Cic.  de  or.  I,  53,  229.  Brut. 
39,  145.  40,  148.  44,  163  (Scaevolae  dicendi  elegantiam  satis  ex  iis  oratio- 
nibus  quas  reliquit  habemus  cognitam).  Wie  an  den  Stellen  wo  ein  Scae- 
vola  kurzweg  und  fast  sprüchwörtlich  genannt  ist  (wie  bei  Hör.  Ep.  II,  2, 
89)  vorzugsweise  an  ihn  als  den  berühmtesten  Träger  dieses  Namens  zu 
denken  sein  wird,  so  könnte  er  auch  der  von  Quintil.  XI,  2,  38  wegen 
seiner  Gedächtnissstärke  erwähnte  Scaevola  sein.  Sein  Interesse  für  Sy- 
stematisierung des  ins  civile,  zumal  die  Schrift  tcsqI  o^cov  (A.  2  g.  E.),  macht 
glaublich  dass  er  zur  Stoa  hielt  und  dass  er  daher  wirklich  der  doctissi- 
mus  pontifex  (maximus)  Scaevola  ist  von  welchem  Augustin.  de  civ.  dei 
IV,  27  (nach  Varro)  die  stoische  Dreitheilung  der  Götterlehre  (Götter  der 
Dichter,  der  Philosophen,  der  Staatsmänner)  und  sehr  aufgeklärte  Aeusse- 
rungen  über  die  Volksreligion  anführt;  s.  E.  Zeller,  die  Philosophie  bei 
den  Römern  (1866),  S.  32—36,  wo  nur  nicht  aus  der  üngefährlichkeit  sol- 
cher Aeusserungen  abgeleitet  sein  sollte  was  vielmehr  Ausfluss  der  allezeit 
bewährten  Offenheit  und  Charakterfestigkeit  des  Scaevola  war. 

2.  Pompon.  Dig.  I,  2,  2,  41:  Q.  Mucius,  P.  f.,  pontifex  maximus,  ins 
civile  primus  constituit,  generatim  in  libros  XVIII  redigendo.  Vgl.  Gell. 
VI  (VII),  15,  2 :  Q.  Scaevola  in  Hbrorum  quos  de  iure  civili  composuit  XVI**. 
„Zum  ersten  Mal  erschien  hier  ein  umfassendes,  einheitliches  und  geglie- 
dertes System,  anstatt  der  früheren  Gesetzesinterpretation  und  Casuistik, 
der  Gutachten  und  PräJudicien."  A.  F.  Rudorff,  röm.  Rechtsgeschichte  I. 
S.  161.  Es  war  getragen  von  dem  specifisch  römischen  Grundgedanken 
des  freien  Verfügungsrechtes,  letztwillig  imd  unter  Lebenden  (uti  legassit 
super  familia  tutelave,  ita  ius  esto,  Dig.  L,  16, 120  vgl.  122.  Gell.  lY,  1,  17. 
Dig.  XXXIII,  9,  3  pr.  XXXIV,  2,  27  pr.),  woran  sich  die  Verpflichtung  An- 
derer aus  Verletzungen  und  Verträgen  (Gell.  VI  (VII),  15,  2.  Dig.  XVII, 
2,  30.  XLVII,  2,  76,  1),  sowie  die  Rechtsverfolgung  (Dig.  XIX,  5,  11)  an- 
schloss;  s.  Rudorff  a.  a.  0.  S.  161  f.  An  dieses  Werk  lehnte  sich  die 
RechtsschriftsteUerei  der  nächsten  Zeit  an,  ergänzend,  weiterbildend  und 
berichtigend.  So  schrieb  Ser.  Sulpicius  Notata  Mucii  (Dig.  XVII,  2,  30 
vgl.  Gell.  IV,  1,  20:  in  reprehensis  Scaevolae  capitibus.  Gaj.  Inst.  I,  188. 
ni,  149),  Laelius  Felix  Ad  Q.  Mucium  (Gell.  XV,  27,  1.  4),  Gajus  (I,  188) 
ex  Q.  Mucio,  und  Sex.  Pomponius  (nach  Hadrian,  s.  Dig.  VII,  8,  22)  Ad 
Q.  Mucium  lectionum  Hbri  XXXIX,  welches  letztere  Werk  in  den  Pandek- 
ten statt  des  Q.  Mucius  selbst  sehr  häufig  excerpiert  und  wohl  auch  Dig. 


J.  650 — 670.  Bechtsgelehrte  und  AnnaÜBten.  201 

%JAy  1,  53  f.  gemeint  ist  (Zimmern  a.  a.  0.  S.  287,  A.  28).  Ausser 
diesem  Hauptwerke  verfasste  Scaevola  auch  ein  Compendium,  über  singu- 
laris  "Oqcdv  (definitionum),  welches  in  den  Pandekten  viermal  angeführt  ist 

(Dig.  XLI,  1,  64.  XLUI,  20,  8.  L,  16,  241.   17,  73;    vgl.  XXXV,  1,  7  pr. 

Madana  (^utio),  als  das  älteste  dorthin  übergegangene  Werk. 

3.  Pompon.  Dig.  I,  2,  2,  42:  Mucii  auditores  fuerunt  complures,  sed 
praecipuae  auctoritatis  Aquilius  Gallus,  Baibus  Lucilius,  Sex.  Papiriiis,  6. 
luyentius.  .  .  omnes  tarnen  hi  a  Ser.  Sulpicio  nominantur,  alioquin  per  se 
eonun  scripta  non  talia  exstant  ut  ea  omnes  appetant;  denique  nee  ver- 
Bantor  omnino  scripta  eorum  inter  manus  hominum,  sed  Servius  (iis)libroB  suos 
complevit.  Unter  diesen  gehört  sicher  Gallus  (unten  161, 1)  der  ciceronischen 
Zeit  an,  wie  Cicero  selbst  auch  eine  Zeit  lang  Zuhörer  bei  den  responsa  dieses 
Q.  Scaevola  war  (Lael.  1,  1).  Sex.  Papirius  und  G.  luventius  sind  sonst 
nicht  bekannt,  wohl  aber  wird  bei  Cic.  Brut.  48,  178  einem  T.  luventius 
zvar  Trockenheit  als  Redner,  dabei  jedoch  magna  iuris  civilis  intellegentia 
zQgescbrieben.  L.  Lucilius  Baibus,  doctus  et  eruditus  homo  von  bedächt- 
licher  Langsamkeit  (Cic.  Brut.  42,  154),  war  der  frühere  Lehrer  des  Ser. 
Sulpicius  (unten  161,  2). 

4.  Juristen  neben  Scaevola  waren,  ausser  Antipater  (oben  132,  4),  Q. 
Tobero  (oben  134,  2)  und  Butilius  Rufns  (136,  2),  auch  Q.  Lucretias  VispiUo 
(in  privatis  causis  et  acutus  et  iurisperitus,  Cic.  Brut.  48,  178)  und  Paulus 
(Pompon.  L  1.  40;  richtiger  nach  Cic.  Lael.  27,  101  Aulus)  Verginius,  sowie 
Volcatius,  der  Lehrer  des  A.  Cascellius  (Plin.  N.  H.  VIII,  40,  61),  und  wohl 
auch  C.  Sextius  Calvinus  (Cic.  Brut.  34,  130),  Pontidius  (Cic.  de  or.  II,  68, 
275),  sowie  M.  Buculeius  (ib.  I.  39,  179). 

Sex.  Pompeius,  Cnei  Pompei  (Magni)  patruus  (Pompon.  Dig.  I,  2,2, 
40);  praestantissimum  Ingenium  contulerat  ad  summam  iuris  civilis  et  ad 
perfectam  geometriae  et  rerum  stoicarum  scientiam  (Cic.  Brut.  47,  175 
vgl.  de  or.  I,  15,  67.  III,  21,  78.  off.  I,  6,  19). 

Der  römische  Ritter  C.  (Visellius)  Aculeo,  der  Freund  des  Redners 
L.  Crassus  (Cic.  de  or.  II,  1,  2),  nach  Cic.  de  or.  I,  43,  191  ita  tenens  ius 
civile  ut  ei  (ausser  Q.  Scaevola)  nemo  de  üs  qui  peritissimi  sunt  antepo- 
natur,  und  (Brut.  76,  264)  seine  Rechtskenntniss  auf  seinen  Sohn  C.  Visel- 
lius Varro  vererbend. 

Q.  Cornelius  Maximus,  nur  bekannt  als  der  Lehrer  des  Trebatius  Testa 
(unten  189,  3),  und  Cic.  ad  Fam.  VII,  17,  3  (idem  Q.  Comelio  videbatur, 
vgl.  ib.  8,  2).  Vgl.  auch  Gaj.  Inst.  I,  136  (Maximus).  Dig.  XXXIII,  7,  16,  1 
(Cornelius). 

142.  Unter  den  Annalisten  dieser  Jahrzehnte  bediente 
sich  Cn.  Aufidius  der  griechischen  Sprache,  Q.  Claudius  Qua- 
drigarius  aber  machte  den  Fortschritt  seine  römische  Geschichte 
erst  mit  dem  gallischen  Brande  zu  beginnen.  Yalerius  Antias  mit 
seinem  sehr  ausführlichen  Werke  ist  der  bedeutendste  unmittel- 
bare Vorganger  des  Livius,  aber  in  seinen  abenteuerlichen  Aus- 
malungen und  imgeheuerlichen  Zahlangaben  zugleich  ein  bezeich- 
neüader  Vertreter  der  jüngeren  Annalistik. 


202  Siebentes  Jahrhundert  d.  St. 

1.  Cn.  Aufidius  praetorius  (seine  Prätur  wird  um  650  fallen)  pueris 
nobis  (also  etwa  660  d.  St.)  et  in  senatu  sententiam  dicebat  nee  amicis 
deliberantibus  deerat  et  graecam  scribebat  historiam  et  videbat  (Bentley 
vivebat)in  litteris,  Cic.  Tubc.  V,  38,  112  vgl.  fin.  V,  19,  54:  equidem  e 
Cn.  Aufidio  praetorio,  erudito  homine  oculis  capto,  saepe  audiebam.  Er 
erlebte  ein  hohes  Alter  (Cic.  p.  döm.  13,  35).  C.  I.  gr.  2349  b  (vno  FvaCov 
Av(pi8iov  FvaCov  vtov  xov  txvtLatQat-qyov)  aus  Adrarayttion  bezieht  sich 
wahrscheinlicher  auf  seinen  Sohn  (W.  Teuffei  in  Pauly's  Real-Enc.  I,  2.  S. 
2128,  Nr.  5).  Von  jener  graeca  historia  haben  wir  keine  Ueberreste;  doch 
war  ihr  Inhalt  ohne  Zweifel  die  Geschichte  Roms.  W.  Harless,  de  Fabiis 
et  Aufidiis  rerum  rom.  scriptoribus  (Bonn  1853)  p.  46—49. 

2.  Vellej.  II,  9,  6:  acqualis  Sisennae  Rutilius  (oben  136,  2)  Claudiusque 
Quadriga rius  et  Valerius  Antias.  Person  des  Cl.  unbekannt.  Identisch  mit 
dem  Uebersetzer  des  Acilius?  s.  oben  116,  1.  Beim  Titel  seines  Werkes  das 
gewöhnliche  Schwanken  zwischen  Annales,  Historiae,  Rerum  romanarum 
libri.  Die  höchste  uns  bekannte  Buchzahl  ist  Q.  Claudius  in  XXITI  annali 
bei  Gell.  X,  13,  4.  Dass  schon  das  erste  Buch  von  der  Eroberung  Roms 
durch  die  Gallier  handelte  zeigen  dessen  Ueberreste;  mit  der  hierdurch 
bewiesenen  Kritik  stimmt  es  aber  wenig  dass  auch  Cl.  bei  Schlachtberich- 
ten auf  feindlicher  Seite  ungeheure  Verlustzahlen  angab  (Liv.  XXXIII,  10, 
9.  XXXVIII,  23,  8).  Nach  sonstiger  Analogie  wird  er  sein  Werk  bis  auf 
seine  Zeit  fortgeführt  haben;  B.  XIX  handelte  von  Sullas  Eroberung  des 
PeiraieuB  (Gell.  XV,  1,  4  ff.).  Da  das  dritte  Buch  bereits  den  ersten  pu- 
uischen  Krieg  erzählte,  so  muss  die  Behandlung  des  Stoffes  sehr  ungleich- 
massig  gewesen  sein:  Anfangs  ganz  übersichtlich,  in  zunehmender  Breite 
je  näher  der  Verfasser  seiner  eigenen  Zeit  kam',  so  dass  er  auch  Reden 
und  sicher  (Gell.  I,  7,  9.  III,  8,  8)  ganze  Briefe  seiner  Erzählung  einver- 
leibte. Auch  im  Einzelnen  war  die  Darstellung  umständlich  und  schlag 
öfters  (z.  B.  Gell.  X,  13,  4)  einen  räsonnierenden  Ton  an.  Die  Sprache  war 
archaistisch  und  daher  sehr  nach  dem  Geschmacke  der  Zeit  des  Fronto; 
s.  Fronto  bei  Gell.  XIII,  29  (28),  2  und  Epist.  p.  114,  3  f.  N.:  historiam 
scripsere  .  .  Claudius  lepide,  Antias  invenuste,  Sisenna  longinque.  Gell. 
XV,  1,  4:  Q.  Claudi,  optumi  et  sincerissimi  scriptoris;  IX,  13,  4:  Q.  Clau- 
dius .  .  purissime  atque  inlustrissime  simplicique  et  iucompta  orationis 
antiquae  suavitate  descripsit.  Cicero  und  Dionys.  Hai.  erwähnen  ihn  nicht; 
Livius  nennt  ihn  zehnmal,  immer  kurzweg  Claudius  und  theilweise  gegen 
ihn  polemisierend.  Die  meisten  Ueberreste  verdanken  wir  dem  GeUius. 
Sammlung  derselben  bei  Krause  p.  249—266,  Roth  p.  339—351.  H.  Peter, 
M.  Claudi Quadrigari  annalium  reliquiae.  disposuit,  rec,  praefatus  est.  Frank- 
furt a.  d.O.  1868.  33  pp.  4.  Ueber  Claudius  s. Giesebrecht,  über  Q.  Cl.  Quadr., 
Prenzlau  1831.  4.  Krause  p.  243—249.  Gerlach,  Geschichtschreiber  S.  81 
—83.  Kieserling,  de  rer.  script.  p.  43—46.  Nissen,  krit.  Unters.  S.  39 — 41. 

3.  Valerius  Antias  (wohl  Nachkomme  des  L.  Valerius  Antias  bei 
Liv.  XXIII,  34,  9),  Verfasser  eines  bald  Annales  bald  Historiae  (oder  Hi- 
storia) genannten  Geschichtswerkes  von  mindestens  75  Büchern  (B.  LXXV 
citiert  Gell.  VI  (VII),  9,  17;  B.  LXXIV  Priscian.  IX,  53.  p.  872  P.  =  489, 
6  Htz.),  das  mit  der  Urzeit  Roms  begann  (Gell.  VII  (VI),  7,  6;  erst  das 
zweite  Buch  handelte  von  Numa,  Macrob.  Sat.  I,  13,  20.  Amob.  adv.  nat. 


J.  650 — 670.  Annalisten:  Aufidiub,  Quadrigarius,  Val.  Antias.      203 

V,  i)  und  bis  in  die  sullanische  Zeit  herabreichte  (er  hatte  noch  von  den 
Erben  des  J.  663  gestorbenen  Redners  L.  Crassus  gesprochen,  Plin.  N.  H. 
XXXIV,   3,  14).    Dionys.  Hai.  nennt  ihn  U,  13  und  I,  7  (s.  oben  32,  3) 
unter  den  Inaivovfisvoi  der  .röm.  Geschieh tschreiber.   Besonders  aber  ken~ 
neu  wir  ihn  durch  Livius,  der  ihn  häufiger  nennt  als  irgend  einen  Vor" 
ganger  (in  den  erhaltenen  Büchern  35  mal)  und  den  Rahmen  seines  Wer- 
kes TOn  ihm  entnommen  zu  haben  scheint.    In  den  ersten  Dekaden  folgt 
er  ihm  arglos  und  spricht  daher  VII,  36,  13   gutes  Mutes  von  30000  Er- 
schlagenen,  ib.  37,  16  von  ad  quadraginta  milia  scutorum;  IX,  27,  14  ad 
tiiginta  milia  caesa  aut  capta;  ib. '43,  17  trigiuta  milibus  hostium  caesis; 
ib.  37,  11  gar  caesa  aut  capta  eo  die  hostium  milia  ad  sexagiuta  u.  s.  w. 
üinrill,  5,  12  die  schüchterne  Bemerkung:   difficile  ad  fidem  est,  in  tam 
autiqua  re,  quot  pugnaverint  ceciderintve  exacto  adfirmare  numero ;  audet 
tarnen  Antias  Valerius   concipere  summas.     In  den  helleren  historischen 
Zeiten  aber,  wo  er  auch  bessere  Quellen  hat  (wie  Polybios),  entdeckt  Liv 
die  Unzuverlässigkeit  und  Aufschneiderei  seines  bisher  fast  blind  befolgten 
Gewährsmannes  und  tadelt  ihn  nun  mit  um  so  grösserer  Bitterkeit  je  we- 
niger die  im  Früheren  durch  Antias  veranlassten  Irrthfimer  gut  gemacht 
werden  konnten,  da  die  betr.  Bücher  (Dekaden)  schon  veröffentlicht  waren. 
Vgl.  XXVI,  49,  3 :  scorpiones  maiores  ^inoresque  ad  LX  captos  scripserim 
si  auctorem    graecum   sequar  Sileuum,   si  Valerium   Antiatem,    maiorum 
scorpionum  sex  milia,  minorum  tredecim:  adeo  nullus  meutiendi  modus 
est   XXX,  19,  11:  Valerius  Antias  quinque  milia  hostium  caesa  ait.    quae 
tanta  res  est  ut  aut  impudenter  ficta  sit  (von  Antias)  aut  neglegenter  (von 
Andern)  praetermissa.    XXXVI,  38,  6:    duodetriginta  milia  hostium  caesa 
Antias  Valerius  scribit,  capta  tria  milia  et  quadringentos ,  signa  militaria 
C'XXIV,  equos  MCCXXX  .  .  ubi  ut  in  numero  scriptori  parum  fidei  sit, 
(inia  in  augendo  eo  non  alius  intemperantior  est,  magnam  victoriam  fuisso 
adparet.    XXXIII,  10,  8:   si  Valerio  quis  credat,  omnium  rerum  immodice 
nomerum  augenti,  quadraginta  milia  hostium  eo  die  sunt  caesa,  capta,  ubi 
niodestius  mendacium  est,  quinque  milia  septingenti.    XXXVIII,  23,  8:  Va- 
lerios  Antias,  qui  magis  (als  Claudius)  immodicus  in  numero  augendo  esse 
ßolet.    Vgl.   auch  XXXIX,  43,  1:   Valerius  Antias,    ut   qui   nee   Catonis 
oratiouem  legisset  et  fabulae  tantum  sine  auctore  editae  credidisset.  Wenn 
daher  für  eine  Angabe  Valerius  der  einzige  Gewährsmann  ist  fügt  Livius  häufig 
»iValerio  credamus  (credas)  bei  (XXXVI,  19,  12.  XXXIX,  41,  6.  XLIV,  13, 12) 
oder  nennt  nur  den  Gewährsmann  (XXXVIII,  50,  5.  XXXIX,  22,  9.  56,  7), 
theilweise  unter  ausdrücklicher  Verwahrung,  wie  XXXVII,  48,  1  ß.  (Vale- 
fioa  Antias  auctor  est  rumorem  celebrem  Romae  fuisse  .  .  .    Rumoris  hu- 
ius  qoia  neminem  alium  auctorem  habeo ,  neque  adfirmata  res  mea  opi- 
^one  Bit  nee  pro  vana  praetermissa)  imd  XLV,  43,  8  (HS  ducenties  ex  ea 
praeda  redactum  esse  auctor  est  Antias.  .  .  quod  quia  unde  redigi  potue- 
^^  non  apparebat  auctorem  pro  re  posui).    In  der  That  geht  bei  Vale- 
ries die  Zahlenlüge  ins   Absurde:    40000   Feinde    und    darüber   in    einer 
^hlacht  erschlagen  zu  lassen  ist  ihm  ganz  geläufig  (Liv.  XXXIII,  10,  8. 
36,  13.    XXXIV,  15,  9.    XXXVI,  19,  12.     Gros.  IV,  20).    Bei  Tolosa  aber 
^ieas  er,  sich  selbst  überbietend,  gar  octoginta  milia  Romanorum  socior- 
•^que,    .  .  quadraginta  milia   calonum  atque   lixarum   getödtet  werden 
(Orog.  V,  16).    Dass  diess  und  andere  Ausmalungen  von  ihm  einfach  er- 


204  Siebentes  Jahrhundert  d.  St. 

dichtet  wurde  erhellt  auch  daraus  dass  er  mit  seinen  Angaben  sehr  häufig 
ganz  allein  stand;  s.  Gell.  VI  (VII),  19,  8:  Valerius  Antias  contra  decre- 
torum  memoriam  contraque  auctoritates  veterum  annalium  dixit.  Vgl. 
VII,  8,  6.  Liv.  XXXII,  6,  5:  Valerius  Antias  tradit  .  .  XII  milia  hostium 
eo  proelio  caesa  u.  s.  w.  ceteri  graeci  latinique  auctores  .  .  nihil  memora- 
bile  actum  .  .  tradunt.  Unglückliche  Vertheidigungsversuche  des  Antias 
bei  Krause  p.  269  ff.  und  Liebaldt  p.  12  ff.  Sammlung  der  Ueberreste  bei 
Krause  p.  272— ,288  und  Roth  p.  351—363;  über  ihn  Liebaldt,  de  Valerio 
Antiate  annalium  scriptore,  Naumburg  1840.  22  pp.  4.  Schwegler  R  G.  I. 
S.  90—92.  Gerlach,  Geschichtschreiber  S.  83  f.  Nissen,  krit.  Untersuchun- 
gen. S.  43 — 46.    Kieserling,  de  scriptoribus  p.  46-49. 

143.  L.  Cornelius  Sisenna  (635 — 687)  verfasste  neben  an- 
deren Schriften  insbesondere  eine  Geschichte  seiner  Zeit  in  al- 
terthiimelndem  Stile,  wogegen  dessen  Freund  C.  Licinius  Mac  er 
wieder  auf  die  ältesten  Zeiten  zurückgieng  und  deren  Darstel- 
lung in  Folge  fleissiger  Quellenforschung  manchfach  berichtigte, 
dabei  aber  zugleich  der  Rhetorik  und  wohl  auch  der  Vorliebe 
fiir  seine  gens  zu  viel  Einfluss  gestattete. 

1.  Sisenna  muss  um  635  geboren  sein  (Roth,  Sis.  vita  p.  4—10),  war 
Prätor  676  (SC.  de  Asclepiade  im  C.  I.  lat.  I.  p.  110  f.:  Cos.  Q.  Lutatio 
Q.  f.  Catulo  et  M.  Aemilio  .  .  Lepido,  pr.  urbano  et  inter  peregrinos  L. 
Comelio  .  .  f.  Sisenna,  vgl.  Cic.  Comel.  I,  18  mit  Ascon.  p.  73  Gr.)  und 
starb  687  auf  Kreta  als  Legat  des  Pompejus  im  Seeräuberkriege  (Dio 
XXXVI,  1  KoQVTjXiog  2^t,aivvag,  vgl.  Appian.  Mithr.  95  Aovmog  Ziaivväg). 
C.  L.  Roth,  L.  Comelii  Sisennae  .  .  vita,  Basel  1834.  4.  —  Vellej.  II,  9,  5; 
historiarum  (0.  Jahn:  milesiarum)  auctor  iam  tum  (zur  Zeit  der  Redner  Anto- 
nius und  CrasBus)  Sisenna  erat  iuvenis;  sed  opus  belli  civilis  (=  socialis?  A. 
Riese  S.  54  f)  Sullanique  post  aliquot  annos  ab  eo  seniore  editum  est.  Cic. 
Brut.  64,  228:  inferioris  aetatis  (als  P.  Antistius)  erat  proximus  L.  Sisenna,  doc< 
tus  vir  et  studiis  optumis  deditus,  bene  latine  loquens  (dagegen  74,  259  f.: 
Sisenna  quasi  emendator  sermonis  usitati  cum  esse  vellet  non  .  .  deterreri 
potuit  quo  minus  iuusitatis  verbis  uteretur.  .  .  ille  famiUaris  meus  recte 
loqui  putabat  esse  inusitate  loqui),  g^narus  reip.,  non  sine  facetiis,  sed  ne- 
que  laboris  multi  nee  satis  ve|[«atuB  in  causis  (doch  vertheidigte  er  den 
C.  Rutilius  nach  Brut.  260,  und  J.  684  den  Verres,  s.  Cic.  Verr.  Acc.  II, 
45,  110.  IV,  20,  43  vgl.  ib.  15,  33;  Letzteren  gemeinsam  mit  Hortensius, 
mit  dem  er  auch  sonst  befreundet  war,  Sen.  Controv.  I.  prooem.  19  und 
imten  144,  2);  interiectusque  inter  duas  aetates  Hortensi  et  Sulpid  nee 
maiorem  consequi  poterat  et  minori  necesse  erat  cedere.  huius  omnis  fa- 
cultas ex  historia  ipsius  perspici  potest;  quae  cum  facile  omnis  vincat  su- 
periores  (?),  tum  indicat  tamen  quantum  absit  a  summo  quamque  geuus 
hoc  scriptionis  nondum  sit  satis  latinis  Htteris  illustratum.  Leg.  I,  2,  7: 
Sisenna,  eins  (des  Macer)  amicus,  omues  adhuc  nostros  scriptores  .  .  facile 
Buperavit.  is  tamen  neque  orator  .  .  umquam  est  habitus  et  in  historia 
puerile  quoddam  consectatur,  ut  unum  Clitarchum  neque  praeterea  quem- 
quam  de  Graecis  legisse  videatur.  Diese  Vergleichung  mit  einem  der 
abenteuerlichen  Geschichtschreiber  Alexanders  d.  Gr.  kann  unmöglich  tref- 


Sisenna  und  Licinius  Macer.  205 

fend  sein  wenn  der  Fachmann  Sallust  Eecht  hat,  lug.  95,  2:   L.  Sisenua 
optume  et  diligentissume  omnium  qui  eas  (Sullae)  res  dixere  persecutuB 
parum  mihi  libero  ore  locutus  yidetur.    Für  die  Anlage  des  Werkes  be- 
zeichnend ist  die  Aeusserung  (bei  Gell.  XII,  15,  2):    nos  una  aestate  in 
Asia  et  Graecia  gesta  litteris  idcirco  continentia  mandavimus  ne  vellicatim 
aut  saltuaüm  scribendo  lectorum  animos  impediremus.     Titel  Historiae. 
Umfang  jedenfalls  12  Bücher;   über  diese  Zahl  nur  ein  vereinzeltes  Citat 
bei  Non.  p.  468,  10:  Sisenna  Uist.  IIb.  XXIII,  statt  dessen  XIIII,  von  Riese 
S.  63  XVIII  vorgeschlagen  worden  ist.    lieber  das  J.  663  zurück  weisen 
nur  einige  Fragmente  welche  über  die  Urzeit  (Aeneas  u.  s.  w.)  handeln 
(Serv.  Aen.  I,  108.  242.  XI,  316)  und  vielleicht  einer  eigenen  Schrift  des 
Sisenna    über   die    Gründung  Roms  (Non.  p.   127,  29:    Sisenna  ab  urbe 
condita:    iuxtim  Kumicium  flumen  obtruncatur,  näml.  Aeneas)  zuzutheilen 
sbd  (Riese  S.  55  f.).    Doch  stimmt  eine  solche  so  wenig  zu  Siseuna's  son- 
stiger Schriftstellerei  dass  immer  noch  mit  mehr  Wahrscheinlichkeit  jene 
Stellen  einem  Pro()mium  (in  der  Weise  des  Sallust)  zugetheilt  werden  (bei 
Non.  1.  1.  dann:   Sisenna:   ab  urbe  condita  iuxtim  etc.).    Die  Ueberreste 
zeigen  viel  Detailbeschreibung,  auch  Spuren  voii  Reden  (bes.  B.  lY),   so 
dass  die  Behandlung  umständlich  gewesen  sein  muss  (longinque,  Fronto, 
oben  142,  2).    Das  Meiste  bezieht  sich  auf  den  marsischen  Krieg  (vgl.  (Die. 
de  diy.  I,  44,  99)  und  ist  uns  durch  Nonius  erhalten,  der  (aber  fast  nur 
aus  6.  ni  u.  lY)  die  alterthümlichen  Formen  des  Sisenna  aufführt.    Sie 
geben  uns  von  der  capriciös  archaisierenden  Sprache  des  Sisenna  einen 
Begriff;   vgl.  oben  Cicero  (Brut.)  und  Varro  bei  Gell.  II,  25,  9:   Sisenna 
unoB  „adsentio"  (nicht  adsentior)  in  senatu  dicebat;   vgL  Quintil.  I,  5,  13. 
Sammlung  bei  Krause  p.  303—317  und  Roth  p.  368—377.    A.  Riese,  über 
das  Geschichtswerk  des  L.  Cornelius  Sise'nna,  in  der  Festschrift  zur  Be- 
grössnng  der  XXIV  Philologenversammlung  (Leipzig  1865)  S.  53-64. 

2.  Die  Alterthümelei  des  Sisenna  steht  in  Wechselwirkung  mit  seiner 

Thatigkeit  als  Grammatiker.    Rufinus  p.  2711  P.  c=  384  Gaisf.  führt  Stellen 

an  ans  Sisenna  in  commentario  Poenuli,  Sisenna  in  Rudente,  S.  in  Amphi- 

tijone,  in  Captins,  in  Aulularia.    Er  ist  so  der  erste  uns  bekannte  Com- 

mentator  des  Plautus;  s.  Ritschi  Parerga  p.  374  f.  376—384.  Sisenna's  Com- 

mentar  zum  Amphitruo  erwähnt  auch  Charis.  p.  178.  182.  196  P.  =  198^ 

26.  203,  27.  221,  6.  9  K.  vgl.  p.  83.  96  P.  =  107,  14  ff.  120,  10  ff.  K.  Ritschi 

I  L  p.  385  f.    Drei  von  den  letztem  vier  Stellen  beziehen  sich  auf  Adver- 

bia  auf  -im,    für  welche   Sisenna  auch   in   seinem  Geschichtswerk  eine 

Vorliebe  zeigte.    Von  der  Gelehrsamkeit  desselben  einen  hohen  Begriff  zu 

geben  sind  aber  diese  Bemerkungen  nicht  geeignet.    Dagegen  zeigt  ihn 

als  Lebemann  im  Geschmacke  des  Sulla  die  Thatsache  dass  er  des  Aristei- 

des  schlüpfrige  Erzählungen  (MiXr}aia%a)  übersetzte;  Ovid  Trist.  II,  443  f.; 

Terfcit  Aristiden  Sisenna,  nee  obfuit  illi  Historiae  turpes  inseruisse  iocos. 

Fronto  Epist.  p.  62  N.:   animadvertas  particulatim  elegantis  .  .  Sisennam 

in  lasdviis.     Diese  Schrift  scheint  aus  15  Büchern  bestanden  zu   haben; 

wenigstens  dtiert  Charis.  II  mehrmals  /p.  194.  196.  200.  207.  209  Keil)  B. 

XIII  und  (nach  den  ezc.  Cauch.)  p.  223,  14  K.    Sisenna  Milesiarum  XIIII, 

sowie  p.  208,  4:   Sisenna  Milesiarum  XV.    Im  Allgemeinen  vgl.  Krause, 

hist.  p.  299—203.    Wemicke,  Sisenniana,  s.  Sisennae  vita  et  fragmenta, 

Thom  1839.  4.    Gerlach,  Geschichtschreiber  S.  90—92. 


206  Siebentes  Jahrhundert  d.  St. 

3.  C.  Licinius  L.  f.  Macer  (auf  Denaren  aus  der  Zeit  des  Sulla,  J.  670— 
673,  8.  Mommsen,  röm.  Münzwesen  S.  607,  C.  I.  lat.  I.  p.  137,  434),  Vater  des 
im  J.  672  geborenen  Redners  und  Dichters  Calvus  (unten  200,  4),  tr.  pleb. 
681,  als  welchen  Sallust  (Hist.)  ihn  eine  Rede  ad  populum  halten  lässt; 
J.  688  wegen  Erpressungen  in  seiner  prätorischen  Provinz  vor  dem  Prätor 
Cicero  angeklagt  imd  von  ihn!  verurteilt,  gab  er  sich  selbst  den  Tod;  s. 
W.  Teutfel  in  Pauly's  Real-Enc.  IV.  S.  1075,  Nr.  1.  Ihn  als  Redner  cha- 
rakterisiert Cic.  Brut.  67,  238:  C.  Macer  auctoritate  semper  eguit,  sed  fuit 
patronus  propemodum  diligentissumus.  huius  si  vita,  si  mores,  si  voltus 
denique  non  omnem  commendationem  ingeni  everteret,  malus  nomen  in 
patronis  fuisset.  non  erat  abundans,  non  inops  tarnen,  non  valde  nitens, 
non  plane  horrida  oratio;  vox,  gestus  et  omnis  actio  sine  lepore;  at  in 
inveniendis  componendisque  rebus  mira  accuratio.  .  .  hie  etsi  etiara  in 
pubUcis  causis  probabatur,  tarnen  in  privatis  illustriorem  obtinebat  locum. 
Noch  deutlicher  tritt  Cicero's  Abneigung  zu  Tage  in  dem  Urteil  über  Macer 
als  Geschichtschreiber,  de  leg.  1,  2,  7:  quid  Macrum  numerem.^  cuius  lo- 
quacitas  habet  aliquid  argutiarum,  nee  id  tamen  ex  illa  erudita  Graecorum 
copia',  sed  ex  librariolis  latinis ,  in  orationibus  autem  (folgt  eine  corrupte 
Stelle,  welche  jedenfalls  einen  starken  Tadel  enthielt;  Nipperdey,  Philolo- 
gus  VI.  S.  136  schreibt:  multa,  in  epistolis  relatis  summa  impudentia). 
Hienach  hatte  Macer  gleichfalls  Reden  (und  vielleicht  Briefe,  vgl. 
Nouius  p.  269:  Licinius  Macer  in  epistula  ad  senatum)  seinem  Werke 
einverleibt  und  war  dasselbe  überhaupt  redselig  gehalten.  Erheblicher 
und  in  sich  glaublicher  sind  die  AussteUungen  von  Livius,  VII,  9,  -5 :  quae- 
sita  ea  propriae  familiae  laus  leviorem  auctorem  Licinium  facit.  cum  men- 
tionem  eins  rei  in  vetustioribus  aunalibus  nullam  inveniam  etc.,  und  von 
Dionys.  Hai.  Ant.  VI,  11 :  AmCvviog  xal  ot  nBQl  riXUov  ovdlv  s^rjraxotBg 
ovzB  zdiv  sinotcov  ovts  t€ov  SvvttTciVy  und  VII,  1:  Amlwiog  xal  rilXiog 
xal  alXoi  av%vol  tqjv  *P(Ofiai<ov  cvyyqntpitov  ov6\v  i^rjtaTiOTsg  tmv  nsgl 
Toug  xQOvovg  angißmg.  Wenigstens  würde  die  Gleichgültigkeit  gegen  das 
Chronologische  zu  dem  rhetorischen  Charakter  des  Werkes  stimmen.  Auch 
ist  sehr  glaublich  dass  die  lebhaft  antioptimatische'  Richtung  des  Verfas- 
sers in  seinem  Geschichtswerke  sich  nicht  verleugnete,  obwohl  es  in  die 
eigene  Zeit  nicht  herabgereicht  zu  haben  scheint.  Andererseits  hatte  er, 
wie  auch  Cicero's  hämische  Hindeutung  auf  die  librarioli  latini  bestätigt, 
vor  fast  allen  seinen  Vorgängern  den  sehr  grossen  Vorzug  immittelbarer 
Quellenforschung.  Vgl.  Liv.  IV,  7,  12:  Licinius  Macer  auctor  est  et  m 
foedere  Ardeatino  et  in  linteis  libris  (vgl.  oben  §.  69)  ad  Monetae  inventa. 
20,  8:  quod  tam  veteres  annales  quodque  magistratuum  libros,  quos  lin- 
teos  in  aede  repositos  Monetae  Macer  Licinius  citat  identidem  auctores. 
23,  2  f.:  in  tam  discrepante  editione  (der  Consuln)  et  Tubero  et  Macer  li- 
bros linteos  auctores  profitentur.  neuter  tribunos  mil.  eo  anno  fnisse  tra- 
ditum  a  scriptoribus  antiquis  dissimulat.  Licinio  libros  haud  dubie  sequi 
linteos  place t  et  Tubero  iucertus  veri  est.  Titel  ohne  Zweifel  Annales, 
woneben  auch  ungenauer  Historiae.  Das  Werk  umfasste  jedenfalls  die  ältesten 
Zeiten  (Macrob.  Sat.  I,  10,  17.  Dionys.  II,  62)  und  wird  von  Livius  nur  in 
der  ersten  Dekade  (ausdrücklich)  genannt;  das  letzte  Datum  wobei  er  es 
anführt  ist  aus  J.  456  d.  St.  Auch  die  Bücherzahl  ist  unbekannt;  nur  aus 
B.  I  u.  II  werden  sichere  Anführungen  gemacht;  dann  folgen  gleich  Pris- 


Licinius  Macer.  Sulla  und  LucuUus.  207 

cian.  X.  p.  895  P.  =  p.  525,  3  f.  Htz.  (vgl.  Diomed.  1  p.  366  P.  =  369, 
15  E.:  Aemilius  Macer:  omniuin  etc.):  Aemilius  Maccr  iu  XVI  annalium: 
omnium  etc.,  wo  Verwechslung  mit  Licinius  Macer  ebenso  glaublich  ist 
wie  die  umgekehrte  bei  Plin.  N.  H.;  endlich  Nonius  p.  221,  11:  Licinius 
Rerum  romanarum  lib.  XXI,  wo  Name  und  Zahl  gleich  unsicher  ist;  C.  L. 
Roth  denkt  an  Clodius  Licinus.  Sammlung  der  üeberreste*  bei  Krause 
p.  237  —  242  und  Roth  p.  363  —  367.  üeber  Macer  vgl.  Weichert,  poetar. 
lat.  vitae  p.  92  — 104.  Einseitige  urteile  von  Liebaldt,  C.  Licinius  Macer, 
Naumburg  1848.  19  pp.  4.  und  (in  entgegengesetzter  Richtung)  von  Mom m- 
senE.  G.  III*.  S.  591,  welcher  Letztere  hier  wie  bei  Sisenna  zu  ausschliess- 
lich Beinern  Cicero  zu  folgen  scheint.  Gerechter  Schwegler,  R.  G.  I.  S.  92  f. 
und  Kieserling,  de  rer.  Script,  p.  38  —  43.  Vgl.  auch  Gerlach,  Geschicht- 
schreiber S.  87  —  90. 

144.  Wie  in  den  vorangehenden  Jahrzehnten  Scaurus,  Rn- 
tilius  Rufus  und  Catulus,  so  verfasste  jetzt  der  Dictator  L.  Cor- 
nelius Sulla  (J.  616 — 676)  eine  Selbstbiographie,  commentarii 
tle  rebus  suis,  in  22  Büchern,  welche  nach  seinem  Tode  von 
seinem  Freigelassenen  Epicadus  ergänzt  und  abgeschlossen  vnirde. 
Lucullus  (J.  640  —  697),  an  den  sie  gerichtet  war,  schrieb  in 
seiner  Jugend  selbst  auch  eine  Geschichte  des  marsischen  Krie- 
ges, in  griechischer  Sprache,  wie  später  ein  C.  Piso  den  Krieg 
zwischen  Sulla  und  Marius  beschrieb. 

1.  Sulla  war  Cob.  666  u.  674,  Dictator  672-675;  f  676.  Vgl.  C.  KrafiFt 
inPauly's  Real-Enc.  II.  S.  669  —  677.    Th.  Lau,  L.  Cornelius  Sulla,  eine 
Biographie,  Hamburg  1855.    Die  Phthiriasis,  an  welcher  u.  A.  auch  Sulla 
gestorben  sein  soll,  ist  höchst  wahrscheinlich  überhaupt  eine  Fabel;  s.  bes. 
Th.  Uuaemann,  in  d.  Zeitschr.  der  k.  k.  Gesellschaft  der  Aerzte  zu  Wien 
(Red.  Hebra),  XII  (Wien  1856).  S.  497—533.     Plut.  Luculi.  1 :   ZvlXag  rag 
avTov  nga^Big  dvayQafpatv  itts^vm  (Lucullus)  ngoasqxovrjasv.    Sulla  37:    t6 
fixoatov  %al  Ssvtsgov  x&v  vnofivrjitccTOJV  ngo   SvsCv  7jii8Q(ov  rj  itsXsvxa 
yQttfpoiv  inavaato.    Sueton.  gramm.  12,  p.  110  Rffsch.:    Cornelius  Epica- 
dus, L.  Comeli  Sullae  dictatoris  libertns  calatorque  in  sacerdotio  augurali, 
.  .  librum  quem  Sulla  novissimum  de  rebus  suis  imperfectum  reliquerat 
ip«€  fiupplevit.     Als  Titel  wird  bald   rerum  gestarum  oder  suarum  libri 
oder  commentarii  (vitoiivijy^ata)  genannt.    Sulla  in  vicesimo  primo  renim 
suarum,  Priscian.  IX,  39.  p.  864  P.  =  p.  476,  4  Htz.    Plutarch  hat,  beson- 
ders in  seinem  Leben  des  Sulla  und  des  Marius,  diese  Memoiren  sehr  stark 
und  unvorsichtig  und  daher  zum  Nachtheil  der  geschichtlichen  Wahrheit 
ausgebeutet;  s.  H.Peter,  die  Quellen  Plutarchs  (1865)  S.  57—60.  100  —  102. 
Die  Reste  daraus  bei  Krause  p.  290—295  imd  Roth  p.  334—338.    Ein  grie- 
chischefl  Epigramm  von  Sulla  auf  ein  Bild  der  Aphrodite,  bestehend  aus 
zwei  Hexametern  und  einem  Pentameter,  findet  sich  in  der  Anthol.  graeca 
IL  p.  66  ed.  lacobs.   üeber  die  (angeblich)  vn*  avvov  ygaqxiacei  aatvQinal 
%t»fi4pdiai  xfi  nargia»  fpmv^  s.  oten  §.8,  1.   Vielleicht  beruht  diese  Angabe 
auf  einem  Missverständniss  der  Thatsache  dass  unter  Sulla  die  Atellanen 
geschrieben  zu  werden  anfiengeu;  s.  oben  §.  10  u.  125. 


208  Siebentes  Jahrhundert  d.  St, 

2.  L.  LicinioB  L.  f.  LucuUus,  geboren  um  640,  Cos.  680,  f  697;  8.  sein 
elogium  im  C.  I.  lat.  I.  p.  292.  W.  Drumann,  G.  B.  IV.  S.  120—174.  W. 
Teuffei  in  Pauly's  Real-Enc.  IV.  S.  1070-1074.  Berühmt  durch  seinen 
Beichthum,  auch  fein  gebildet.  Plut.  Luculi.  1:  6  AoviLovllog  jjayijfjto  xai 
liyBiv  t%av6ig  inaxegav  yXeotrav,  mats  xal  2^vXlccg  (s.  A.  1)  .  .  insiva 
ngoasfpoavriaiv  (og  avvta^of/^svip  %al  Stad"ijcovti  tiqv  tatoglav  SfLSivov,  .  . 
XiysTcci  viov  ovtcc  Ttgog  *OQXijaiov  -cov  Si%ol6yov  xorl  Siasvväv  xov  tato- 
Qinov  Itl  naiSiäg  tivog  Big  anovSrjv  ngoel^ovarig  oiioloy^cai,  jcgo^sfiivatv 
Ttoirifia  Tittl  Xoyov  iXXr^vmov  xs  xcxl  ^miiatnov ,  sig  o  xi  av  Xa%T^  xovxtoVy 
TOP  Magaitiov  inxsXsiv  noXsfiov,  xat  natg  ^oitiev  stg  Xoyov  sXXrivinov  6 
yiXiJQog  dtpmiad'atj  Siaam^sxai  yoig  eXXi^vinjj  xig  laxogCa  xov  Magaixov 
TtoXifiov.  Vgl.  Cic.  ad  Att.  I,  19,  10:  non  dicam  quod  tibi  ut  opinor  Pan- 
hormi  Lucullus  de  suis  historiis  dixerat,  se,  quo  facilius  illas  probaret  ro- 
mani  hominis  esse,  idcirco  barbara  quaedam  et  aoXoma  dispersisse.  Wie 
er  überhaupt  seine  Talente  wenig  yerwerthete,  so  brachte  er  es  auch  nie 
zu  streng  kunstmässiger  Beredtsamkeit,  obwohl  Plut  Luc.  33  ihn  ^Bivog 
slnstv  nennt.  Vgl.  Cic.  Brut.  62,  222  (oratorem  acutum)  und  Tac.  diaL  37 
(unten  158,  3).  Auch  für  die  Philosophie  fehlte  es  ihm  nicht  an  Interesse, 
vgl.  Plut.  Luc.  1:  ysvojievog  vgeaßvxegog  Tjdrj  nctvxdnaaiv  .  .  a()pi7Xf  xr^v 
Sidvoiav  iv  (piXoaO(pia  axoXd^eiv  xctl  dvccvavsa&ai^  x6  &s(Dg7jxi%6v  avx^g 
iysigccg,  Cic.  Acad.  pr.  II,  2,  4:  maiore  studio  LucuUus  cum  omni  litte- 
rarum  generi  tum  philosophiae  deditus  fuit  quam  qui  illum  iguorabant 
arbitrabantur,  nee  vero  ineunte  aetate  solum  sed  6t  pro  qnaestore  aliquot 
annos  et  in  ipso  hello.  .  .  cum  autem  e  philosophis  .  .  putaretur  Antio- 
chus,  Philonis  auditor,  excellere,  eum  secum  et  quaestor  habuit  (J.  667  f.) 
et  post  aliquot  annos  imperator.  .  .  deiectabatur  autem  mirifice  lectione 
librorum  de  quibi;is  audiebai    Vgl.  de  fin.  III,  2,  7  f. 

3.  Plut.  Mar.  45:  FaVog  xig  Ilfiatovy  dvrjg  taxogmog,  über  den  Tod 
des  Marius  mit  als  Quelle  genannt.  Da  er  sonst  nie  wieder  erwähnt  wird, 
so  ist  unbekannt  welcher  der  Calpurnii  Pisones  er  war;  der  oben  128,  4 
behandelte  L.  Piso  ist  es  jedenfalls  nicht. 

146.  Der  sullanischen  Zeit  gehört  auch  der  Senator  L.  Man- 
lius  an,  welcher  ein  euhemeristisch  gefärbtes  Reise-  und  Wun- 
der-Buch verfasste;  sowie  der  Freigelassene  L.  Voltacilius 
Pilutus,  der  erste  nicht  frei  Geborene  welcher  sich  zu  Rom  an 
die  Geschichtschreibung  wagte.  Seiner  sonstigen  Stellung  ge- 
mäss  scheinen  seine  derartigen  Arbeiten  rhetorisch  angelegt  und 
apologetisch  unterthänig  gewesen  zu  sein. 

1.  Dionys.  Ant.  I,  19:  xQV^f''^9  ^^  (prjai  Aevitiog  MdXXiog^  dvrjg  ovx 
darjiiog^  avxog  ISbiv  (in  Dodona).  Plin.  N.  H.  X,  2,  4:  primus  atqne  diU- 
geutissime  togatorum  de  eo  (den  Phönix)  prodidit  MamUius  un^  Autoren, 
verzeichniss  zu  B.  X:  ManiHus)  Senator  ille  maxumis  nobilis  doctrinis  doc- 
tore  nullo.  .  .  prodit  idem  Mamilius  .  .  fuisse  eins  conversionis  annum 
prodente  se  P.  Licinio  Cn.  Comelio  cos.  (6^  d.  St.)  ducentesimum  quintum 
decumum.  Varro  hat  dieses  Buch  vielfach  benützt;  s.  L.  L.  V,  31  (Mal- 
lius).    YII,  16  u.  28  (Maniüus);   vgl.  Amob.  III,  38  (Manilius).    Macrob. 


L.  Manlius,  PilutuB,  Plotius  Gallus.  209 

Sat  I,  10,  4  (Malliiia).    Th.  Mommsen,  Rhein.  Mus.  XVI.  S.  284—287,  wel- 
cher für   möglich  hält  dass  es  der  L.  Manlius  sei  den  wir  aus  Münzen 
S\üla8  als  dessen  Proquästor  um  670  (röm.  Münzwesen  S.  595)  und  aus 
Schriftstellern  (Liv.  XC.  Oros.  V,  110.  Caes.  b.  c.  III,  20.  Plut.  Sertor.  12) 
als  Statthalter   von  GaUia  Narbonensis  um  677  kennen.    Auch  ist  wahr- 
scheinlich (Ritschi  Parerga  S.  242)  dass  er  identisch  ist  mit  dem  Manilius 
welchen  Gellius  (s.  oben  88,  4)  als  Verfasser  eines  Verzeichnisses  der  ech- 
ten plautinischen  Stücke  aufführt. 

2.  Suet.  gramm.  27  =  rhet.  3,  p.  124  Rffsch.:  L.  Voltacilius  Pilutus 
Hieronymus:  Plotus)  servisse  dicitur  .  .  donec  ob  ingenium  et  studium 
litterarum  mauumissus  accusanti  patrono  subscripsit.  deinde  rhetoricam 
professus  Cn.  Pompeium  Magnum  (geboren  648)  docuit  patrisque  eins  (Cn. 
Pompeius  Strabo,  Cos.  665,  f  6^7)  res  gestas  nee  minus  ipsius  (ohne  Zwei- 
fel bei  dessen  Lebzeiten)  compluribus  libris  exposuit,  primus  omnium  li- 
bertinorum,  ut  Cornelius  Nepos  opinatur,  scribere  hibtoriam  orsus  (s.  oben 
31,3).  Hieronym.  zu  Euseb.  Chron.  1936,  OL  174,  4  =  673  =:=:  81  v.  Chr.: 
Vultacilius  Plotus  latinus  rhetor,  Cn.  Pompei  libertus  et  doctor,  scholam 
Bomae  aperuit.  Dass  er  vielmehr  Freigelassener  eines  Voltacilius  war 
zeigt  sein  Name. 

146.  Seit  der  Mitte  des  siebenten  Jahrh.  d.  St.  scheint  der 
Jugendanterricht  allmählicli  in  ein  festes  Geleise  gekommen 
zu  sein;  es  mehren  sich  daher  die  Namen  Solcher  welche  zu 
Rom  und  im  übrigen  Italien  als  Lehrer  der  Grammatik  imd  Rhe- 
torik wirkten,  grossentheils  freilich  Freigelassene  und  von  frem- 
der Nationalität.  Die  Meisten  waren  auf  jenen  Gebieten  zugleich 
schriftstellerisch  thätig  und  verbanden  dabei  mit  grammatischer 
Forschung  auch  antiquarische  und  literarhistorische.  Die  Bedeu- 
tendsten waren  in  dieser  Zeit  L.  Plotius  Gallus,  Saevius  Nica- 
nor,  Aurelius  Opilius,  Antonius  Gnipho  und  Pompilius  Andro- 
nicas,  weiterhin  Q.  Cosconius,  Epicadus,  Servius  Clodius  und 
Staberius  Eros. 

1.  Sueton.   gramm.  3,  p.  102  Bffsch.:   posthac  (nach  Stilo)  magis  ac 

magis  et  gratia  et  cura  artis  (grammaticae)  increvit,  ut  ne  clarissimi  qui- 

dem  ?iri  abstinuerint  quo  minus  et  ipsi  aliquid  de  ea  scriberent  (z.  B. 

Sisenna,   wie  schon  früher  Lucilius)   utque   temporibus   quibusdam   super 

viginti  celebres  scholae  fuisse  in  lurbe  tradantur,  auch  grammatici  theuer 

gekauft  wurden  (als  Sklaven),  wie  Lutatius  Daphnis  (vgl.  oben  119,  11), 

L.  Apuleius.    iam  in  provincias  quoque  grammatica  penetraverat,  ac  non- 

nolli  de  notissimis  doctoribus  peregre  docuerunt,  maxime  in  Gallia  togata; 

inter  quos  Octavius  Teucer  et  Sescennius  (?Fesc.  oder  Pesc?)  lacchus  et 

Oppius  Chares.    Eine  Anzahl  Gelehrter  dieser  Zeit  bediente  sich  auch  der 

gebundenen  Form,  wie  L.  Attius  (s.  119,  11),  Porcius  Licinus  (123,  3),  Q. 

Valeriud  Soranus  (124,  1),  Yolcatius  Sedigitus  (124,  3). 

2.  L.  Plotius  Gallus  (Suet.  rhet.  2  =  gramm.  26)  primus  Romae  latinam 
rhetoricam  docuit;    s.  oben  36,  8.    Die  Zeitbestimmung  des  Sueton  (bei 

T^affrl    Röm.  Litfratureeschirhte.  IM 


210  Siebentes  Jahrhundert  d.  St. 

Hieronymus),  J.  666 — 667,  stimmt  zu  Cicero  s  Angabe  pueris  nobis  (bei 
Suet.  1.  1.  vgl.  Sen.  controv.  II,  8.  p.  116,  23  Bu.)  oder  extremis  L.  Crassi 
temporibus  (Quintil.  II,  4,  42).  Vgl.  M.  Varro  bei  Non.  p.  79:  Autumedo 
meus,  quod  apud  Plotium  rhetorem  bubulcitarat,  „erili  dolori  non  defuit". 
Nach  Quintii.  XI,  1,  143  hatte  er  de  gestu  eine  Schrift  herausgegeben. 
Hunc  eundem  (nam  diutissime  vixit)  M.  Caelius  .  .  significat  diciasse  Atra- 
tino  accusatori  suo  actionem  (Suet.  rhet.  2). 

3.  Saevius  Nie  an  er  primus  ad  famam  dignationemque  docendo  per- 
venit  fecitque  praeter  commentarios ,  quorum  tarnen  pars  maxima  inter 
cepta  dicitur,  saturam  quoque,  in  qua  libertinum  se  ac  duplici  cognomiue 
esse  .  .  indicat,  Suetou.  gramm.  5,  p.  104  RiFsch.  Seine  Satire  war  akc 
(wie  die  des  Lucilius  und  Horaz)  eine  Selbstdarstellung  seiner  Persönlich- 
keit. Sueton  führt  daraus  zwei  Hexameter  an,  worin  Schluss-s  prosodiscb 
ignoriert  ist. 

4.  Sueton.  gramm.  6,  p.  105  Rffsch.:  Aurehus  Opilius,  Epicurei  cu- 
iusdam  libertus,  philosophiam  primo,  deinde  rhetoricam,  novissime  gram- 
maticam  docuit.  dimissa  autem  schola  Butilium  Rufum  (oben  136,  1—3) 
damnatum  in  Asiam  secutus  (ums  J.  660)  ibidem  Smjrnae  simulque  conse- 
nuit  (missverständlich  hält  in  Folge  dessen  Symmachus,  Ep.  I,  15  ihn  für  den 
Lehrer  des  Rutilius),  composuitque  variae  eruditionis  aliquot  volumina,  ex 
quibus  novem  unius  corporis  .  .  Musanmi  .  .  inscripsisse  se  ait  ex  nnmero 
divarum  et  appellatione  (vgl.  Gell.  I,  25,  17:  Aurelius  Opihus  in  primo  li- 
brorum  quos  Musarum  inscripsit).  Die  Musae  enthielten  nach  der  Probe 
bei  Gellius  Worterklärungen,  daher  wohl  auf  dieses  Werk  die  zahlreichen 
Anführungen  bei  Varro  L.  L.  und  besonders  Festus  zu  beziehen  sind,  wo 
er  bald  Aurelius  genannt  wird  (Varro  VII,  65.  70.  106.  Fest.  p.  68.  147 
u.  sonst)  bald  Opilius  (Varro  VII,  50.  67.  79.  Fest.  p.  85),  bald  auch  Au- 
rehus  Opilius  (Fest.  p.  141)  und  Opilius  Aurelius  (Fest.  p.  163).  Vgl.  Eg- 
ger, serm.  lat.  reliqq.  p.  27  ff.  Als  Glossograph  hatte  er  Plautus  besonders 
zu  berücksichtigen,  ohne  dass  er  desswegen  für  einen  eigentlichen  Scholi- 
asten  desselben  gelten  kann.  Auch  zählt  GeUius  III,  3,  1  ihn  unter  den 
Verfassern  von  indices  der  plautinischen  Stücke  auf,  wohin  ohne  Zweifel 
sein  libellus  qui  inscribitur  Pinax  mit  der  akrostichischen  Aufschrift  Opil- 
lius  (Suet.  l.  1.)  gehört.  F.  Osann  (Ztschr.  f.  d.  Alt.-W.  1849,  S.  199  ff.) 
vermutete  dass  daraus  die  akrostichischen  Argumente  der  plautinischen 
Stücke  entnommen  seien.  Ritschi,  Parerga  S.  180.  239  f.  321.  364  f.  XV  f. 
F.  Osann,  Aurelius  Opilius  der  Grammatiker,  Ztschr.  f.  d.  Alt.-Wiss.  1849, 
Nr.  25  —  28. 

5.  M.  Antonius  Gnipho,  ingenuus  in  Gallia  natus,  sed  expositus,  .  . 
fiiisse  dicitur  ingenii  raagni,  .  .  nee  minus  graece  quam  latine  doctus.  .  . 
docuit  primum  in  D.  lulii  (geb.  654)  domo  pueri  adhuc,  deinde  in  sua  pri- 
vata.  docuit  autem  et  rhetoricam,  ita  ut  quotidie  praecepta  eloquentiae 
traderet,  declamaret  vero  nonnisi  nundinis.  scholam  eins  claros  quoque 
viros  frequentasse  aiunt,  in  his  M.  Ciceronem,  etiam  cum  praetura  funge- 
retur  (J.  688,  vgl.  Macrob.  Sat.  III,  12,  8).  scripsit  multa,  quamvis  annum 
aetatis  quinquagesimum  non  excesserit  etsi  Ateius  Philologus  (sein  Schü- 
ler, Suet.  gramm.  10)  duo  tantum  volumina  De  latino  sermone  (vgl.  Quin- 


Nicanor,  Opilius,  Gnipho,  Ser.  Clodius  u.  a.  Gelehrt«.  211 

til.  I,  6,  23)  reliqiiisse  eum  tradit,  nam  cetera  scripta  discipulomm  eius 
esse,  DOn  ipsius.     Suet.  gramm.  7.  p.  105  f.  RffBch. 

.  6.  M.  Pompilins  Andronicus,  natioue  Syrus,  studio  Epicureae  sectae 
desidiosior  in  professione  grammaticae  habebatur.  .  .  itaque  cum  se  in 
urbe  non  solum  Antonio  Gniphoni  sed  ceteris  etiam  deterioribus  postponi 
Tideret  Cumas  transiit  ibiqne  in  otio  vixit  et  multa  composuit,  besonders 
Annalium  Euni  Elenchi,  die  später  Orbiliiis  unter  dem  Namen  ihres  Ver- 
fassers herausgab.    Sueton.  gramm.  8,  p.  106  Rffsch. 

7.  Q.  Cosconius,  als  Gewährsmann  angeführt  in  der  suetonischen 
vita  Terentii  (p.  32,  13  RlFsch.);  s.  oben  97,  6.  Er  ist  ohne  Zweifel  iden- 
tisch mit  dem  von  Varro  L.  L.  VI,  36  und  89  (Cosconius  in  Actionibus)  er- 
wähnten Grammatiker.    Ritschi  in  Reifferscheids  Sueton  p.  518. 

8.  Cornelius  Epicadus  (vgl.  oben  144,  1)  in  eo  libro  quem  de  metris 
ßcripsit,  Max.  Victorin.  p.  1957  P.  ISpicadus  de  cognominibus,  Charis.  I. 
))  85  P.  =  110,  3  K. 

9.  Ser.  Clod  ins,  eques  rom.  und  Schwiegersohn  des  L.  Aelius;  s.  oben 
137,  1.    Plin.  N.  H.  XXV,  7,  24:   tradit  M.  Varro,  Ser.  aodium  eq.  rom. 
etc.    Suet.  gramm.  3,  p.  102  Rffsch.:    cum  librum  soceri  nondum  editum 
fraude  intercepisset,  ob  hoc  repudiatus  secessit  ab   urbe.     Nach   seinem 
Tode  schenkte  sein  (Halb-)  Bruder  Papirius  Paetus  seine  hinterlassenen  Pa- 
piere und  Bücher  dem  Cicero;  s.  ad  Att.  I,  20,  7  (Ser.  Claudius)  und  II, 
1,12  (beide  vom  J.  694).    Vgl.  ad  Fam.  IX,  16,  4  (an  Paetus):    Servius, 
frater  tuus,  quem  litter atissimum  fuisse  iudico,  facile  diceret  „hie  versus 
Plauti  non  est,  hie  est^S  quod  tritas  aures  haberet  notandis  generibus  poe- 
tarum  et  consuetudine  legendi.   Varro  L.  L.  VII,  106  (vgl.  70  u.  66)  nennt 
ihn  nach  Aurelius  (oben  A.  4),  dessen  ganze  Richtung  er  getheilt  zu  haben 
scheint,  da  auch  er  ebensowohl  Glossograph  war  (s.  Varro  1.  1.  vgl.  Gell. 
Xm,  23,  19  in  commentario  Ser.  Claudii.    Serv.  Aen.  I,  52  und  II,  229: 
(Hodiüs  commentariorum.  I,  176:  Clodius  scribit,  commentariorum  IV«)  als 
Verfasser  eines  Verzeichnisses  der  ^echten  plautinischen  Stücke  (Gell.  III, 
3,  1).    Vgl.  Ritschi,  Panerga  S.  242  f.  p.  365  f.    Auf  ihn  bezieht  Fr.  Geb- 
ier, Rhein.  Mus.  XVIII.  S.  253 — 261  (Glossae  Servii  grammatici)  die  im 
Glossarium  des  Labbäus  mit  S  bezeichneten  (ungefähr  2000)  Glossen. 

10.  Staberius  Eros  .  .  emptus  de  catasta  (vgl.  Plin.  N.  H.  XXXV,  18, 
68)  . .  temporibus  Sullanis  proscriptorum  liberos  .  .  gratis  in  discipliuam  re- 
cepit,  Suet.  gramm.  13.  Fronto  p.  20  Naber:  quorum  (der  älteren  römi- 
schen Schriftsteller)  libri  pretiosiores  habentur  . .  si  sunt  a  Lampadione  aut 
Staberio  (scripti).  Priscian  VIII.  p.  385,  1  Htz. :  Staberius  de  proportione. 
Er  war  noch  Lehrer  des  Brutus  und  Cassius  (Suet.  1.  1.).  Ein  Mythus  war 
wohl  das8  Publilius,  Manilius  und  er  eadem  nave  nach  Italien  kamen  (Plin. 
L  L,  der  ihn  übertreibend  conditor  grammaticae  nennt). 

147.  Schriftsteller  über  Land-  und  Hauswirtschaft 
waren,  spätestens  in  der  suUanischeji  Zeit,  die  beiden  Saserna 
und  darauf  Scrofa,  vielleicht  auch  Mamilius  Sura  und  Licinius 
Maenas. 

14* 


212  Siebentes  Jahrhundert  d.  St. 

1.  Saserna  ist  ein  cognomen  in  der  gens  Hostilia  (s.  A.  Haakh  in 
Pauly's  Real-Enc.  III.  S.  1530,  Nr.  13).  Colum.  I,  1,  12  (vgl.  oben  44,  \): 
post  huuc  (Catonem)  duos  Sasernas,  patrem  et  filium,  qui  eam  diligeutius 
erudierunt.  Varro  R.  R.  I,  2,  22 :  sequar  Sasemarum,  patris  et  filii,  libroe. 
Sasemae-  in  dem  Quelleuverzeichnisse  von  Plin.  N.  H.  X,  Sasernae  pater 
et  filius  ib.  XIV,  XV,  XVII,  XVIII,  vgl.  XI  (Saserna)  und  XVU,  14,  22. 
arbusti  ratio  mirum  in  modum  damnata  Sasernae  patri  filioque,  celebrata 
Scrofae,  vetustissimis  post  Catonem  peritissimisque.  Vgl.  Varro  R.  R.  I,  16 
5:  Sasemae  liber  praecipit.  18,  2:  Saserna  scribit.  Columella  I,  1,  4  f.: 
id  non  spemeudus  auctor  rei  rusticae  Saserna  videtur  adcredidisse.  nan 
eo  libro  quem  de  agricultura  scriptum  reliquit  u.  s.  w.  Vielleicht  dass  dei 
Sohn  das  vom  Vater^unvollendethinterlassene  Werk  abschloss  und  herausgab 

2.  Varro  R.  R.  I,  2,  10:  collegam  (des  Varro),  XXvir  qui  fuit  ad  agro.« 
dividundos  Campanos,  .  .  Cn.  Tremellium  Scrofam,  virum  Omnibus  vir 
tutibus  politum,  qui  de  agricultura  Romanus  peritissimuä  existimatur.  II 
1,  11:  Scrofa  uoster,  cui  haec  aetas  defert  rerum  rusticarum  omnium  pal 
mam.  Auf  diesem  Gebiete  war  er  auch  Schriftsteller;  s.  A.  1.  Colum.  I 
1,  12  (Scrofa  Tremellius).  6.  11,  1,  4  (TremelHus).  Von  Plinius  wird  er  it 
dem  Quellenverzeichniss  zur  N.  H.  XI.  XIV.  XV.  XVII.  XVIII  genannt 
immer  als  Scrofa. 

3.  Mamilius  Sura,  von  Plinius  N.  H.  in  den  Quellenverzeichnissen  zi] 
Buch  Vin,  X,  XI,  XVII,  XVni,  XIX  aufgeführt,  im  Texte  selbst  aber  nui 
XVIII,  42  genannt  (Cato  .  .  Sura  Mamilius  .  .  Varro).  Vgl.  Th.  Momm- 
sen,  Rhein.  Mus.  XVI.  S.  282. 

4.  Colum.  XII,  4,  2 :  tum  demum  nostri  generis  postquam  a  bellis  otiuin 
fuit  quasi  quoddam  tributum  victui  humano  conferre  non  dedignati  sunt, 
ut  M.  Ambiviud  et  Maenas  Licinius,  tum  etiam  C.  Matius,  quibus  Studium 
fuit  pistoris  et  coci  nee  minus  cellarii  diligentiam  suis  praeceptis  instituere. 
Ist  die  Aufzählung,  wie  glaublich,  eine  chronologische,  so  dürfte  Ambiviua 
in  die  erste  Hälfte  des  siebenten  Jahrh.  d.  St.  zu  stellen  sein.  Ein  Menas 
wird  genannt  auch  bei  Varro  R.  R.  II,  3,  11  vgl.  1,  1.  8,  1.  üeber  Ma 
tius,  den  Zeitgenossen  des  Cicero,  s.  Colum.  Xu,  44,  1:  quae  C.  Matiu£ 
diligentissime  persecutus  est  .  .  illi  enim  propositum  fuit  urbanas  mensas 
et  lauta  convivia  instruere.  libros  tres  edidit,  quos  inscripsit  nominibus 
Coci  et  Cetarii  et  Salgamarii. 

148.  Zum  Philosophieren  bot  die  ganze  Zeit  von  65( 
bis  675  wenig  Müsse;  die  sieh  damit  befassten  vertheilen  siel 
ziemlich  regelmässig  so  dass  die  Juristen  der  Stoa,  die  Rednei 
der  neuen  Akademie  oder  den  Peripatetikern  zufielen.  Der  Epi 
kureismus  fand  nur  unter  Solchen  Anhang  die  dem  öffentlicher 
Leben  fem  standen. 

1.  Cic.  de  or.  III,  21,  78:  quid  .  .  C.  Velleius  afferre  potest  quam  ol 
rem  voluptas  sit  summum  bonum  quod  ego  non  possim  vel  tutari  .  .  ve 
refellere  .  .  hac  dicendi  arte  in  qua  Velleius  est  rudis?  .  .  quid  est  quoi 
aut  Sex.  Pompeius  (oben  141,  4)  aut  duo  Balbi  aut  .  .  qui  cum  Panaeti« 
vixit  M.  Vigellius  de  virtute  homines  stoici  possint  dicere?    de  deor.  nat 


Sasema,  Scrofa.^  Philosophie.  Rhetorica  ad  Herenn.  213 

I,  6,  15;  cum  C.  Velleio  senatore,  ad  quem  tum  Epicurei  primae  ex  nostris 
deferebänt.  .  .  etiam  Q.  Lucilius  Balbua,  qui  tantos  progresBus  habebat 
in  Stoicis  ut  cum  excellentibuB  in  eo  genere  Graecis  compararetur.  Gleich- 
zeitig waren  Q.  Catulus  (oben  136,  4),  C.  Cotta  (oben  140,  4)  und  L.  Lu- 
cqIIus  (144,  2)  Anhänger  des  Antiochos  (Akademie),  etwas  später  der  äl 
tere  Zeitgenosse  Cicero's  (Cic.  Brut.  64,  230  vgl.  Ascon.  in  Pis.  p.  15  Or.) 
M.  Piao  (Cos.  693)  durch  den  Peripatetiker  Staseas  (Cic.  de  or.  I,  22,  104) 
AnhäDger  dieses  Systems  (Cic.  d.  deor.  n.  I,  7,  16.  ad  Att.  XIII,  19,  4), 
und  ähnlich  der  Triumvir  M.  Crassus  durch  Alexander  Polyhistor  (Plut. 
Crasa.  3).  Zur  Stoa  aber  hielt  ausser  den  Genannten  besonders  Q.  Scae- 
vola  (oben  141,  1),  und  aus  den  noch  Aelteren  P.  Rutilius  Rufus  (136,  2) 
and  L.  Stilo  (137,  1).  Epikureer  kennen  wir  (augsM*  Vellejus)  in  T.  Albu- 
diB  (135,  4)  und  Pompilius  Andronikus  (146,  6).  Philosophisches  Interesse 
hatte  auch  der  Verf.  der  Rhetorik  ad  Herennium  (149,  2). 

2.  Die  frühesten  epikureischen  Schriftsteller  unter  den  Römern,  Ama- 
finios,  Rabirius,  Catius,  gehören  —  nach  der  Art  zu  schliessen  wie  bei  Cic. 
Acad.  post.  I,  2,  5  von  ihnen  die  Rede  ist  —  erst  der  ciceronischen  Zeit 
an;  8.  unt^n  160. 

149.    Eine   bemerkenswerthe    literarische  Erscheinung    der 
sullanischen  Zeit  sind  die  vier  Bücher  Rhetorica  ad  C.  Her- 
ennium, eine  vollständige  Rhetorik  nach  griechischen  Quellen, 
aber  vom  romisch-nationalen  Standpunkte,  mit  Weglassung  alles 
dessen  was  dem  Romer  als  unpraktische  Diftelei  erschien  und 
die  Beispiele  für  die  rednerischen  Figuren  den  römischen  Red- 
nern der  glänzenden  letzten  Jahrzehnte  entnehmend,  theilweise 
auch  sie  selbst  bildend.     Die  Art  der  Behandlung  des  Stoffes 
zeugt  ebenso  von  Klarheit  und  Selbständigkeit  des  Denkens  als 
von  Charakter  und  nationalem  Selbstgefühl.     Auch   muss    der 
Verfasser  äusserlich  in  unabhängiger  Stellung  gewesen  sein.   Sein 
Name  ist  nicht  überliefert;   aber  die  Annahme  dass  er  Corni- 
ficius  hiess  hat  an  Quintilian  eine  gewichtige  Unterstützung. 

1.  Zur  Charakteristik  des  Werks  vgl.  bes>I,  1,1:  illa  quae  graeci 
scriptores  inanis  adrogantiae  causa  sibi  adaumpserunt  reliquimus;  .  .  nos 
ea  quae  videbantur  ad  rationem  dicendi  pertinere  sumpsimus;  non  enim 
spe  quaestus  aut  gloria  commoti  venimus  ad  scribendum,  quemadmodum 
ceteri  etc.,  und  lY,  7,  10:  nomina  rerum  graeca  convortimus.  .  .  reliquum 
scripturae  cousumetur  in  exemplis.  haec  si  aliena  posuissemus ,  factum 
esset  ut  etc.  his  de  causis,  cum  artis  inventionem  probassemus  Graecorum, 
exemplorum  rationem  secuti  non  sumus.  IV,  1,  1:  nihü  neque  ante  rem 
Deque  praeter  rem  locuti- sumus. 

2.  Persönliche  Verhältnisse  des  Verfassers.  I,  1,  1:  etsi  negotiis  fa- 
miliaribus  impediti  vix  satis  otium  studio  suppeditare  possumus,  et  id 
ipsum  quod  datur  oti  lubentius  iti  philosophia  consumere  consuevimus, 
tamen  tua  nos,  C.  Herenni,  voluutas  commovit  ut  de  ratione  dicendi  cou- 
scriberemus.  IV,  56,  69 :  simul  lubenter  exercemur  (Herennius  und  der  Ver- 


214  Siebentes  Jahrhundert  d.  St. 

fasser)  propter  amicitiam,  cuius  initium  cognatio  fecit,  cetera  philosophia 
ratio  confirmavit.  III,  2,  3:  si  quando.de  re  militari  aut  de  administrs 
tione  reip.  scribere  velimus.  IV,  12,  17:  haec  qua  ratione  vitare  poss: 
mus  in  arte  grammatica  dilucide  dicemus.  Das  Beispiel  IV,  54,  68:  mod 
consul  quondam  is  deinde  primus  erat  civitatis,  und :  proficiscitur  in  Asian 
deinde  hostis  e&t  dictus,  post  imperator  et  populi  rem.  consul  factus  ei 
deutet  auf  Abfassung  des  letzten  Buches  nach  SuUa's  Tode  (oder  mindt 
stens  unter  seiner  Dictatur). 

3.  Zahlreiche  Partien  des  Werks  sind  wörtlich  benutzt  von  Cicero  i 
seiner  Jugendschrift  de  inventione;  s.  169,  1.  Die  Dreitheilung  der  ins 
nuatio  z.  B.,  welche  ad  Her.  I,  9,  16  als  neu  und  eigene  Erfindung  b 
zeichnet  ist,  wird  von  Cic.  de  inv.  I,  17,  23  kurzweg  angenommen.  Au( 
die  Verschiedenheit  in  vielen  Hauptpunkten  (C.  L.  Kayser,  Ed.  p.  IX  f.  ur 
in  den  Münchner  Gel.  Anz.  1852,  S.  482  —  487)  ist  ein  Beweis  dass  d 
Uebereinstimmung  nicht  etwa  blos  aus  Gemeinsamkeit  der  Quellen  si( 
erklärt. 

4.  Dass  Hieronjmus,  Fortunatianus,  Priscianus  u.  A.  das  Werk  für  ( 
ceronisch  hielten  (Kayser,  Ed.  p.  XII  f.)  beweist  nur  deren  Akrisie.  Ande: 
Vermutungen  über  die  Person  des  Verfassers  (dass  es  Antonius  Gnipl 
sei*  oder  Aelius  Stilo  u.  dergl.)  brachten  es  kaum  bis  zu  einiger  Wah 
scheinlichkeit.  Die  durch  C.  L.  Kayser  (Münchner  Gel.  Anz.  1852,  S.  492 
und  Ed.)  wieder  aufgebrachte  Autorschaft  des  Cornificius  stützt  sich  a 
QuintiHan.  Vgl.  I.  0.  III,  1,  21  nach  Nennung  von  Cicero:  scripsit  de  eade 
materia  (Rhetorik)  non  pauca  Cornificius,  aliqua  Stertinius.  Aus  des  Com 
Werke  führt  er  Verschiedenes  an,  insbesondere  lateinische  Bezeichnung« 
für  griechische  Kunstausdrücke  (vgl.  A.  1),  was  sich  genau  so  in  der  Rh 
torik  ad  Herennium  findet.  So  V,  10,  2:  ideo  illud  Cornificius  contrariu 
appellat  ==  ad  Her.  IV,  18;  IX,  2,  27:  oratio  libera,  quam  Cornificius 
centiam  vocat  =  Her.  IV,  36,  48;  3,  71:  Cornificius  hanc  traductione 
vocat  =  Her.  IV,  14,  20;  3,  91:  et  hoc  Cornificius  atque  Rutilius  axrji^ 
Xi^sms  putant  =  Her.  IV,  25,  35;  3,  98:  adicit  bis  .  .  Cornificius  interr 
gationem  etc.  =  Her.  IV,  15 — 30.  An  andern  Stellen  entnimmt  Quintil.  dei 
selben  Werke,  ohne  es  zu  nennen,  Beispiele,  wie  IX,  3,  31  (=  Her.  I 
14,  20).  56  (=  Her.  IV,  25,  34).  70  (=  Her.  IV,  21,  29).  72  (=  Her.  1 
22,  30).  Um  die  Zeit  des  picero  sind  uns  mehrere  Comificii  bekannt.  { 
einer  der  J.  680  scriba  des  Prätors  Verres  war  (Verr.  Acc.  I,  57,  150),  e 
Senator  P.  Cornificius  (Ascon.  in  Mil.  p.  37)  und  Q.  Cornificius,  welch 
685  tr.  pleb.  war  (Verr.  act.  prima  10,  30:  Q.  Manlium  et  Q.  Comificiu] 
duos  severissimos  atque  integerrimos  iudices,  quod  tribuni  pl.  tum  enu 
iudices  non  habebimus;  vgl.  Ascon.  in  tog.  cand.  p.  82  Gr.:  vir  sobrius 
sanctus),  690  Ciceros  Mitbewerber  imi  den  Consulat  (Cic.  ad  Att.  I,  1, 
und  auch  bei  Sali.  Cat.  47,  4  und  Cic.  ad  Att.  I,  13,  3  als  Senatsmitgli 
genannt.    Kayser  Ed.  p.  VI  hält  den  Letzteren  für  den  Verfasser. 

5.  Das  Werk  wurde  im  Mittelalter  viel  gebraucht  und  abgeschriebe 
über  die  Hss.  davon  s.  Kayser  Ed.  p.  XV— XXX.  C.  Halm,  Analecta  Ti 
liana,  Fase.  I:  lect.  var.  ad  libros  rhet.  qui  ad  Her.  inscripti  sunt  ex  cod 
coli,  cum  brevi  adnot.  critica,  MünQhen  1852.  J.  Simon,  die  Hdss.  der  £ 
an  Her.  I.  Schweinfort  1863.  4.  II.  Schweinfurt  1864.  4. 


Comificius.  Prosaische  Insohriften  aus  J.  600 — 670.  215 

* 

Aasgaben  von  P.  Burmann  (mit  Cic.  de  inv.),  Lugd.  Bat.  1761,  und 
besonders  Comifici  Rhetoricorum  ad  C.  Herennium  libri  IV;  rec.  et  inter- 
pretatuö  est  C.  L.  Kayser,  Lips.  1854.  XXX  und  328  pp.  8.  Vgl.  Kaysei^- 
Heidelb.  Jahrbb.  1854,  S.  411—413  und  Philologus  XII.  S.  271—279.  C. 
Halm,  zur  Textkritik  der  Rhetorik  ad  Her.,  Rhein.  Mus.  XV.  S.  536—673. 
L.  Spengel,  die  Interpolation  in  der  Rh.  ad  Her.,  Ebend.  XVI.  S.  391—413. 
C.  Hansel,  zu  Cornif.  Rh.,  Jahns  Jahrbb.  93,  S.  851 — 854. 

Ueber  das  Werk  s.  C.  L.  Kayser,  Münchner  Gel.  Anz.  1852,  Nr.  69—62. 
A.  Kammrath,  de  Ubrorum  rhett.  ad  C.  Herennium  auctore,  Holzminden 
1858.  23  pp.  8.  J.  Forchhammer,  Kort  udsigt  etc.  1858  f.  (s.  Philologus 
XVI.  S.  574).  Mommsen,  R.  G.  II».  S.  457  f.  W.  Teuffei,  über  Cic.  Schrif- 
ten (Tübi.  1863.  4.)  S.  23—26.  F.  Blass,  Gesch.  d.  griech.  Beredts.  (1865) 
S.  121  f. 

160,  Unter  den  prosaischen  Inschriften  aus  den  Jahren  600 
—670  d.  St.  sind  besonders  erwähnenswerth  die  amtlichen  Ur- 
kunden, wie  die  tabula  Bantina,  lex  repetundarum,  agraria  u.  a. 

1.  Tabula  B antin a,  gefunden  zu  Bantia  in  Apulien,  auf  der  einen 
Seite  mit  lateinischem,  auf  der  andern  einem  (nicht  identischen)  oskischen 
Texte,  aus  den  J.  621—636  d.  St.,  erstmals  veröffentlicht  1795.  Der  er- 
haltene Theil  enthält  Bestimmungen  zur  Sicherung  der  Verfassung  ^(von 
Bantia).  Facsimile  bei  Ritschi  P.  L.  M.  E.  XIX;  Text,  Literatur  (z.  B.  A. 
Kirchhoff,  das  Stadtrecht  von  Bantia,  Berlin  1853)  und  Erläuterung  von 
Th.  Mommsen,  C.  I.  lat.  I  (1863).  p.  45—48. 

2.  Lex  (Acilia,  früher  unrichtig  ServUia)  repetundarum  vom  J.  631  oder 
632  d.  St.,  zuerst  vollständig  veröffentlicht  von  F.  ürsinus,  Rom  1583,  am 
besten  erläutert  von  C.  A.  C.  Elesze  (Berlin  1825.  4.).  Facsimile  (mit 
unten  Nr.  5)  bei  Ritschl  P.  L.  M.  E.  XXIU-XXVIII;  Abdruck  und  Erläu- 
terung bei  Th.  Mommsen  1.  1.  p.  49 — 72. 

3.  Gleichfalls  aus  der  Zeit  der  Gracchen  sind  wohl  die  Ueberreste 
einer  lex  de  quaestione  perpetua  bei  Ritschl  Tf.  lll,  bei  Mommsen  Nts 
207  f.  p.  126;  sovne  wohl  die  Inschrift  des  L.  Betilienus  L.  f.  Vaarus  aus 
Aletriom,  ib.  1166,  p.  239. 

4.  Schiedsrichterlicher  Spruch  von  Q.  und  M.  Minudus  in  einer  Grenz- 
streitigkeit zwischen  den.  Genuates  und  Viturii,  vom  J.  637  d.  St.,  gefun- 
den 1506;  bei  Ritschl  Tf.  XX,  bei  Th.  Mommsen  p.  72—74. 

5.  Lex  agraria  vom  J.  643  d.  St.,  fn'iher  lex  Thoria  genannt  (die  aber 
in  635  oder  636  fiel),  vielleicht  von  dem  trib.  pl.  C.  Baebius  (Sali.  lug.  32  f.); 
erhalten  auf  der  Rückseite  der  lex  repet.  (Nr.  2),  bei  Mommsen  1.  1.  p. 
75—106. 

6.  Erlass  des  Prätors  L.  Cornelius  Cn.  f.  an  die  Tiburter,  wahrschein- 
lich aus  der  Mitte  des  siebenten  Jahrh.  d.  St.,  erstmals  gedruckt  1583, 
bei  Mommsen  1.  1.  p.  107  f. 

7.  Lex  parieti  faciendo  aus  Puteoli  vom  J.  649,  aber  erst  in  der  Kai- 
serzeit eingehauen,  C.  I.  lat.  I,  577.  p.  163—165. 


216        Ciceronisches  u.  augusteisches  Zeitalter.  J.  671 — 770  d.  St. 


m. 

Zweite  Periode. 
Das  goldene,  Zeitalter  der  römischen  Literatur. 

Ciceronisches   und   augusteisches  Zeitalter,   J.  671 — 770  d.   St. 

A.  CiceroBiflche  Zeit,  J.  671  —  711  d.  St. 

161.  Das  goldene  Zeitalter  der  römischen  Literatur  ist  die 
Periode  wo  sie  in  Bezug  auf  Formvollendung,  grossentheils  auch 
in  sachlicher  Gediegenheit ,  ihren  Höhepimkt  erreicht.  Diess 
vertheilt  sich  an  zwei  Generationen:  die  Prosa  ersteigt  ihren 
Gipfel  in  der  ciceronischen  Zeit,  die  Poesie  aber  in  der  augu- 
steischen. 

Zu  Anfang  der  ciceronischen  Zeit  ist  die  Niederwerfung 
der  Volkspartei,  der  Sieg  der  Nobilität  eine  vollendete  Tatsache. 
Aber  dieser  Zustand  war  ebenso  unhaltbar  wie  unberechtigt. 
Die  Nobilitöt  war  zu  entartet  und  zu  sehr  durch  Selbstsucht  zer- 
rissen als  dass  ihre  Herrschaft  hätte  von  Bestand  sein  können; 
das  Volk  aber,  durch  die  Ausdehnung  des  römischen  Bürger- 
rechts auf  alle  Italiker  äusserlich  zu  einer  furchtbaren  Macht 
geworden,  war  thatsächlich  nunmehr  das  blinde  Werkzeug  in 
der  Hand  kühnen  Ehrgeizes.  Es  lag  Alles  fertig  für  die  Herr- 
schaft eines  Einzigen,  welche  zu  behalten  Sulla  zu  unbequem 
gefunden  hatte,  so  dass  sogar  Abenteurer  wie  Catilina  es  wagen 
konnten  danach  zu  greifen,  und  dem  Cn.  Pompejus  bei  mehr 
Festigkeit  des  Willens  sie  nicht  entgangen  wäre;  aber  den  ver- 
wöhnten Günstling  des  Glückes  brachte  seine  Eitelkeit  und  Em- 
pfindlichkeit zu  einem  Schaukelsystem  das  damit  endete  dass  er 
bei  beiden  Parteien  Achtung  und^ Vertrauen  eingebüsst  imd  dem 
klaren  willensstarken  Caesar  in  die  Hände  gearbeitet  hatte.  Die 
nächste  Frucht  davon  war  das  erste  Triumvirat  (694=60  v.  Chr.), 
die  weitere  der  Krieg  zwischen  Pompejus  und  Caesar,  des  Er- 
stem Tod,  des  Caesar  Sieg  und  Alleinherrschaft.  Die  hirnlose 
Ermordimg  Caesars  bewirkte  nur  dass  die  fast  schon  todte  Re- 
publik nochmals,  durch  einen  neuen  Bürgerkrieg,  sterben  musste; 
die  Agonie  begann  von  Neuem,  abermals  bildete  ein  Triumvirat 
die  Zwischenstufe  zur  Monarchie,  und  wie  das  erste  dem  Cicero 
die  Verbannung  gebracht  hatte,  so  kostete  das  zweite  ihn  das 
Leben. 


Charakter  der  ciceronischen  Zeit.  217 

Die  Zeit  hat  nicht  die  fieberhafte  Erregtheit  der  gracchi- 
schen:  dazu  war  die  innere  Erschöpfung  des  einen  der  streiten- 
den Elemente,   der  NobiliiÄt,  bereits  zu  gross;   aber  an  Leben 
hat  sie  keinen  Mangel.     Die  Parteien   kämpfen  gegen   einander 
noch  lange  mit  den  Waffen   des  Geistes,  mit  Wort  und  Feder, 
auf  dem  Forum  und  im  Senat,   auch  noch  als  bereits  die  rohe 
Gewalt  sich  geltend  machte  und  zuerst  Gladiatorenbanden,  dann 
förmliche  Heere  die  Entscheidung  herbeifahrten.     Die   Beredt- 
samkeit,    die  Geschichtschreibung,    die  politische  Literatur  hat 
daher  auch  in  dieser  Zeit  noch  fortwährend  das  Uebergewicht. 
Neu  ist  aber  dass  jetzt  ein  Zweig  der  Literatur  um  den  andern 
die  Höhe  der  Kunst  erklimmt,   indem  das  Vorurteil  schwindet 
als  sei  das  Schriftstellern  etwas  Unwichtiges  und  komme  es  da- 
bei fast  nur  auf  die  Sache  an.     Hierin  zeigt  sich  die  Unterwer- 
fung des  Romerthums  unter  den  hellenischen  Geist,  die  in  dieser 
Zeit  zum  festen  Ergebniss  wird  und  über  immer  mehr  Gebiete 
sich  ausbreitet.     Zwar  fehlt  es  noch  immer  nicht  an  Männern 
welche  treu  zur  nationalen  Fahne   stehen,  wie  Varro;   aber  sie 
sind  schon  weit  zurückgedrängt  und  stark  in  der  Minderheit. 
In  den  herrschenden  Kreisen  ist  die  Entfremdung  vom  Volke 
und  der  Abfall  vom  römischen  Wesen  ein  allgemeiner;  nur  dar- 
nach trachtet  ein  Jeder  dass  er  möglichst  rasch,  auf  irgend  wel- 
chem Wege,  durch  Raub  oder  durch  Käuflichkeit,  selbst  auch  zu 
der  Möglichkeit  gelange  es  Ändern  gleichzuthun  in  toller  Ver- 
schwendung.    Den   unnatürlich   gesteigerten  Gelüsten   kam  die 
überfeinerte  hellenische  Cultur  entgegen  und  ward  zur  Mode  wie 
zum  Bedürfniss.     Hellenen  sind  in  allen  Häusern,  als  Lehrer  der 
Jugend,  als  Vorleser,   als  Gesellschafter  im  Hause  und  auf  der 
Reise;    und   oft   sind   es    durch    Geist  und   Wissen    bedeutende 
Männer  die  sich  in  den  Dienst  der  römischen  Grossen  begeben 
imd  ihnen  zu  imponieren  wissen:   Luculi  hat  seinen  Antiochos, 
M.  Crassus  den  Alexander  Polyhistor,  L.  Piso  den  Philodemos. 
Auch  Staseas  bei  M.  Piso,  Philagros  bei  Metellus  Nepos  schei- 
nen sich  über  das  Gewöhnliche  etwas  erhoben  zu  haben;  Cicero 
hat  Diodotos,  Lyson,  ÄpoUonios  in  seiner  Umgebung;  M.  Brutus 
den  Straton,  Poseidonios  und  Empylos.      Den  Meisten    ist   es 
zwar   wenig  Ernst,    hüben  und  drüben:    der   Grieche   will  der 
Nahrungssorgen  überhoben  sein,  und  der  Römer  in  seinem  Hof- 
staat auch  einen  Philosophen,  Poeten  und  eine  dienstwillige  Feder 
haben.     Aber  tüchtigere  Naturen  imd  Solche  denen  Reichthum 
und  hohe  Stellung  nicht  schon  als  Erbe  zugefallen  war  erken- 


218  Ciceronisches  Zeitalter.  J.  671 — 711  d.  St. 

nen  in  der  hellenischen  Bildung  ein  treffliches  Mittel  durch 
eigene  Leistungen  Ihre  Vorgänger  zu  überbieten  und  so  empor- 
zukommen. Hatten  schon  bisher  Verbannte  ihren  Aufenthalt 
mit  Vorliebe  in  hellenischen  Städten  genommen,  wie  Metellus, 
Rutilius  Rufus,  so  wurde  es  jetzt  immer  häufiger  dass  strebsame 
junge  Römer  Bildungsreisen  in  den  Osten  imtemahmen,  nament- 
lich an  die  damaligen  Hauptsitze  der  philosophischen  und  rhe- 
torischen Schulen,  nach  Athen,  Rhodos,  Mytilene,  und  am  Ende 
der  ciceronischen  Zeit  war  das  Beziehen  einer  griechischei;i  Hoch- 
schule schon  ein  anerkanntes  Erfordemies  der  höheren  Bildung, 
wie  das  Beispiel  des  jungen  Cicero  und  Horaz,  des  L.  Bibulus, 
Messala  u.  A.  zeigt.  Andererseits  ergossen  sich  über  Rom  ausser 
den  Hellenen  der  Gegenwart  auch  die  der  Vergangenheit,  in 
ihren  Büchern:  wie  schon  früher  Aemilius  Paullus  nach  seinem 
Siege  über  Perseus  eine  griechische  Bibliothek  nach  Rom  ge- 
bracht hatte,  so  kam  jetzt,  nach  der  Eroberung  Athens  durch 
Sulla,  die  Bibliothek  des  Apellikon  nach  Rom,  und  mit  ihr  be- 
sonders die  meisten  Schriften  des  Aristoteles  und  Theophrast; 
durch  LucuUus  ebenso  reiche  Bücherschätze  aus  der  pontischen 
Beute,  so  dass  es  von  jetzt  an  Bibliophilen  gab  (wie  Varro  und 
Cicero)  und  allmählich  ein  Buchhandel  sich  ausbildete,  wie  ihn 
z.  B.  Atticus  betrieb.  Auch  das  Uebersetzen  ^echischer  Schrif- 
ten ins  Lateinische  wurde  hiedurch  gefordert.  Zwar  die  Vor- 
nehmeren bedurften  dessen  nicht,  da  sie  des  Griechischen  voll- 
kommen mächtig  waren  und  sogar  gerade  da  wo  sie  vertraulich 
und  gemütlich  wurden  mit  Vorliebe  sich  der  weichen  griechi- 
schen Sprache  bedienten;  aber  auf  weitere  Kreise  war  doch  nur 
durch  Uebersetzungen  zu  wirken.  Indessen  waren  es  jetzt  nicht 
mehr  Dramen  worauf  sich  die  Uebersetzer  vorzugsweise  warfen: 
die  vornehme  Welt  liess  dem  Volke  seine  nationalen  Belusti- 
gungen und  amüsierte  sich  selbst  in  griechischen  Schauspielen. 
Wohl  aber  wurden  die  Erzeugnisse  hellenischer  Sittenlosigkeit 
und  Aufklärung  jetzt  ins  Lateinische  übertragen;  so  durch  Si- 
senna  die  Romane  des  Aristeides,  durch  Amafinius  u.  A.  epiku- 
reische Schriften.  Erst  später  übersetzten  Cicero  und  dann  Mes- 
sala auch  ernstere  griechische  Schriften.  Es  war  begreiflich  und 
durch  die  griechischen  Lehrer  selbst  verschuldet  dass  überhaupt 
nicht  sowohl  die  alte  echte  classische  Literatur  der  Hellenen 
den  Römern  in  die  Hände  kam,  sondern  die  leichtwiegende  der 
Gegenwart  und  letzten  Vergangenheit.  So  bildeten  die  Redner 
sich  nicht  sowohl  nach  Demosthenes  als  nach  den  hellenischen 


Charakteristik  und  Uebersicht.  219 

Rhetoren  Kleinasiens,   wo  das  Griechische   mit  Orientalischem 
zersetzt  war;  und  als  später  eine  jüngere  Schule  auf  Lysias  zu- 
mckgieng  ward  dieser  Missgrifif  dadurch  noch  gesteigert  dass  die- 
selben in  der  Poesie  sich  die  Alexandriner  zu  Vorbildern  wähl- 
ten.   Aber  so  wunderbar  reich  und  unverwüstlich  war  der  hel- 
lenische Geist  dass  er  trotz  alledem  noch  mächtige  Wirkungen 
übte,  und  nicht  blos  zerstörende:    vielmehr  geht  er  jetzt  mit 
dem  Romerthum  einen  'Bund  ein  dessen  Früchte  die  meisten  li- 
terarischen Erscheintmgen  dieser  Periode  sind.     Zwar  verleugnen 
diese  ihren  römischen  Ursprung  nicht:  er  verräth  sich  theils  in 
dem  Ueberwiegen    der   praktischen  Richtung   in    der   Literatur 
theils  auch  in  dem  Mangel  an  Feinheit  welcher  den  Einen,  wie 
Lucretius  imd  Catull,    dem  Capriciösen  welches  Anderen,  wie 
dem  Sallust,  anhaftet.    Aber  noch  unverkennbarer  sind  die  Spu- 
ren der  griechischen  Einwirkung  in  [dem  Reichthum,  der  Manch- 
faltigkeit,  der  Achtung  und  Popularität  welche  die  Literatur  aJl- 
mählich  gewinnt  und  ganz  besonders  in  der  Sorgfalt  welche  jetzt 
der  Form  zugewendet  zu  werden  anfängt  und  welche  am  Ende 
der  ciceronischen  Zeit  theilweise  sogar  in  einseitigen  Cultus  der 
Form  ausartet. 

Die  praktische  Richtung  der  Literatur  imd  der  Einfluss  der 
politisch  bewegten  Zeit  tritt  besonders  hervor  an  den  Gebieten 
welche  jetzt  hauptsächlich  Anbau  finden.     Die  Beredtsamkeit 
vor  Allem  erreicht  jetzt  in  kunstmässigem  Betriebe  ihren  Gipfel- 
punkt.  Schon  bisher,  wo  griechischer  Geschmack  und  griechische 
Kmist  nur  vereinzelt  eingewirkt,  hatte  sie  es  zu  Leistungen  ge- 
bracht welche  in  Verarbeitung  undVerwerthung  der  politischen  und 
der  Rechtsfragen  und  in  packender  Kraft  die  Hellenen  weit  hinter 
sich  Hessen;  und  noch  zu  Anfang  dieser  Periode  ist  Hortensius 
ein  glänzender  Beweis  was  römisches  Talent  auch  bei  einseitiger 
Schulung  erreichen  konnte.    Ein  Fortschritt  war  kaum  möglich 
VQn  Seiten  der  Natur  und  Begabung;  er  war  es  aber  auf  Seiten 
der  Kunst,  und  hier  geschah  er  durch  Cicero.     Unersättlich 
im  Lernen,  unermüdlich  arbeitend  an  seiner  geistigen  Vervoll- 
kommnung, hat  er  den  Gesichtskreis  imd  die  Stoffe  der  Beredt- 
samkeit  erweitert,   reiche  Kenntnisse,    klares   Bewusstsein    der 
Kunstgesetze  und  ein  verfeinertes  Gefühl  für  das  Schöne  und 
Passende  im  sprachlichen  Ausdruck   in   ihren  Dienst  gebracht 
und  dadurch  anstatt  der  bisherigen  Zerfahrenheit  dem  lateini- 
schen   Stile    Gesetz   und   Ordnung   und   Reinlichkeit   verliehen. 
Willig   erkannten   auch   Zeitgenossen  wie  Caesar   hierin  seine 


220  Ciceronisches  Zeitalter.  J.  671—711  d.  St. 

Ueberlegenheit  und  Mustergültigkeit  an.  Zwar  musste  er  am 
Abende  seines  Lebens  die  Erfahrung  machen  dass  die  jüngere 
Generation  sich  über  ihn  hinausgeschritten  dünkte,  ihn  zu  asia- 
tisch fand  und  den  Namen  Atticisten  ausschliesslich  für  sich  in 
Anspruch  nahm;  und  auch  in  der  Zeit  unmittelbar  nach  ihm 
sträubten  sich  Sallust  und  Asinius  PoUio  gegen  seine  Stilistik. 
Aber  in  der  Hauptsache  blieb  diese  siegreich;  sein  Sprachschatz, 
Wortgebrauch  und  Satzbau  wurde  der  classische  und  fand,  nach- 
dem Rom  selbst  allmählich  davon  abgefallen  war,  in  späten  Jahr- 
himderten  ehrenvolle  Wiederaufrichtung. 

In  Zusammenhang  mit  der  kunstmässigen  Ausbildung  der 
Beredtsamkeit  gewann  auch  die  Theorie  derselben,  die  Rheto- 
rik, an  Bedeutung.  Hier  aber  herrschten  jetzt  die  Griechen, 
Hermagoras,  Molon,  Apollodoros,  Theodoros;  und  deren  Lehr- 
bücher wurden  beim  Unterrichte  entweder  im  Original  zu  Grunde 
gelegt  oder  in  einer  lateinischen  üebersetzung,  dergleichen  Val- 
gius  anfertigte.  Cicero,  der  in  seiner  Jugendschrift  de  inven- 
tione  den  gleichen  Weg  gegangen  war,  verfolgte  in  seinen  rei- 
feren Jahren  eher  die  Bahn  der  Rhetorik  ad  Herennium,  indem 
auch  er  die  Streitfragen  der  Schulen  bei  Seite  liess,  steigerte 
aber  dabei  das  Popularisieren  des  Stoffes.  Denn  an  die  Stelle 
der  knappen  strengen  Methodik  jener  Schrift  setzte  er  unter- 
haltendes, durch  die  Vielseitigkeit  seiner  Kenntnisse  und  den 
Reichthum  seiner  eigenen  Erfahrungen  anziehendes  und  beleh- 
rendes Reden  über  die  Fragen  der  Rhetorik. 

Nächstdem  gedieh  in  dieser  Zeit  die  politische  Literatur. 
Mit  der  Verbreitimg  der  Bildung  war  der  Griffel  immer  mehr 
zu  einer  Macht  geworden,  und  an  Händen  die  bereit  waren  ihn 
zu  führen  war  Ueberfluss.  Um  alle  bedeutenden  Persönlichkei- 
ten und  Vorgänge  der  Zeit  setzt  sich  daher  alsbald  eine  Lite- 
ratur an  von  Flug-  und  Streit-Schriften,  von  Memoiren  und  Bio- 
graphien. Auch  die  auffallend  zahlreiche  Bearbeitung  welche 
die  sacralen  Gebräuche  in  dieser  Zeit  fanden  —  durch  A.  Cae- 
cina,  Appius  Pulcher,  Valerius  Messala,  Trebatius  —  erklärt  sich 
wohl  aus  deren  politischer  Bedeutung.  Ebenso  steht  der  Brief- 
wechsel zu  einem  guten  Theile  in  solchem  Zusammenhang,  noch 
mehr  die  Gesöhichtschreibung,  wie  Caesars  Beispiel  zeigt. 
Neben  dieser  politisch  gefärbten  Historiographie  hat  die  alte 
annalistische  Weise  noch  ihre  Ausläufer,  den  vollkommensten  in 
Cornelius  Nepos.    Reichsten  Stoff  lieferten  Varro's  geschichtliche 


Charakteristik  und  Ueberßicht.  221 

Werke  5  Uebersichten  verfassten  M.  Varro,  Atticus  und  Cornelius 
NepoS;  diese  drei  zugleich  Vertreter  der  vergleichenden  Geschicht- 
schreibung (Griechen  und  Römer).  Für  die  stoflFliche  Seite  der 
Geschichte  war  die  Einführung  einer  amtlichen  Zeitung  (acta 
diuma)  durch  Caesar  (J.  695  =  59)  sowie  das  Aufkommen  der 
Stenographie  (notae  Tironianae)  höchst  förderlich.  Andrerseits 
enthält  diese  Zeit  in  Sallust  den  ersten  Vertreter  der  neuen 
Weise,  welche,  in  dem  Bewusstsein  dass  Geschichte  zu  schreiben 
auch  eine  Kunst  sei,  in  Schilderung  der  Begebenheiten  und  han- 
(lebden  Charaktere  den  griechischen  Vorbildern  nachstrebt. 

Mit  der  Geltung  der  Bildung  wuchs  auch  die  der  Forschung 
und  Gelehrsamkeit,  zumal  da  sie  eiuen  Varro  hatte,  der  in 
einem  langen  Leben  eine  erstaunliche  Fülle  des  Wissens  sich 
erwarb  und  in  Schriften  niederlegte,  in  ehrlichem  nationalem 
Sinne,  und  so  reich  dass  Jahrhunderte  davon  zehrten.  Nächst 
ihm  genossen  Valerius  Cato,  Nigidius  Figulus  und  Santra  das 
meiste  Ansehen;  auch  Aristokraten  wie  Valerius  Messala  (Cos. 
701)  betheiligten  sich  an  der  Erforschung  des  vaterländischen 
Alterthums.  Die  Werkzeuge  der  Civilisation,  die  Lehrer,  zo- 
gen persönlich  noch  wenig  Vortheil  aus  dem  wachsenden 
Eifer  für  Bildung.  Selten  widmeten  Freie  sich  diesem  Berufe, 
wie  Orbilius  Pupillus,  und  dieser  ward  nie  des  Lebens  froh; 
die  meisten  waren  noch  immer  Freigelassene  griechischen  Ur- 
sprunges, wie  Curtius  Nikias,  Lenäus,  Attejus  Prätextatus,  Cae- 
cilius  Epirota. 

Ausser  den  Lehrern  lieferte  Hellas  nach  Rom  hauptsächlich 
Philosophen,  und  durch  diese  fand  philosophisches  Disputie- 
ren und  Schriftstellern  in  Rom  immer  mehr  Eingang.     Eine  Sel- 
tenheit war  es  aber  dass  man  es  damit  so   wichtig  nahm  wie 
Cato  mit  seinem  Stoicismus  oder  Lucretius  mit  seinem  epikurei- 
schen Bekenntniss;  die  Meisten  pflückten  aus  den  verschiedenen 
Systemen  die  ihnen  zusagenden  Früchte.     Auch  die  Schriftstel- 
ler auf  diesem  Gebiete  entschieden  sich,   wie   die  Hauptphiloso- 
phen des  damaligen  Hellas  selbst,  für  einen  Eklekticismus  dessen 
einzelne  Bestandtheile  je  nach  der  Lidividualität  des  Verfassers 
gemischt  waren.     So  hielt  Varro  in  der  Ethik  zur  Akademie^ 
sonst  zur   Stoa,  M.  Brutus  umgekehrt  in   der  Ethik  zur  Stoa, 
sonst  zur  Akademie,  und  Cicero  liess  am  liebsten  die  verschie- 
denen Systeme  gegen  einander  reden.     Ausser  Lucretius  haben 
wir  aus  dieser  Zeit  nur  von   Cicero  Schriften   philosophischen 


222  Ciceronieches  Zeitalter.  .1.  671— 711  d.  St. 

Inhalts,  und  deren  Werth  liegt  lediglich  in  ihrer  Form,  in  der 
Gewandtheit  womit  die  lateinische  Sprache  den  neuen  StofiTen 
angepasst  ist. 

Die  Poesie  spielte  in  dieser  Zeit  lange  eine  untergeordnete 
Rolle  und  hat,  ausser  dem  was  M.  Varro  und  M.  Cicero  in  dieser 
Art  unternahmen,  nur  die  Arbeiten  des  Valerius  Cato,  Furius 
Bibaculus  und  Q.  Cicero  aufzuweisen.  Das  Bedeutendste  unter 
diesen  leistete  M.  Varro,  der  durch  die  Manchfaltigkeit  der  von 
ihm,  besonders  in  seinen  saturae  Menippeae,  .angewandten  metri- 
schen Formen  und  die  Strenge  die  er  sich  dabei  auferlegte  ein 
Vorgänger  der  alexandrinisierenden  Dichter  war.  In  der  zweiten 
Hälfte  des  Zeitraums  macht  sich  der  Einfluss  des  Hellenismus 
auch  darin  bemerklich  dass  der  Poesie  grössere  Aufmerksamkeit 
geschenkt  wird.  Die  erstg  bedeutende  Frucht  dieser  Bewegung  ist 
das  Lehrgedicht  des  Lucretius,  zwar  durch  imd  durch  römisch  in 
•  seiner  ehrlichen  Schroffheit  und  alterthümlichen  Sprache,  aber  zu- 
gleich erfüllt  von  einem  Geiste  der  Aufklärung  und  in  seiner  Form 
auf  der  Bahn  des  Ennius  weiter  wandelnd.  Die  jüngere  Gene- 
ration sodann  verbreitete  sich  über  die  verschiedenen  Zweige  der 
Poesie  und  versuchte  sich  in  den  manchfaltigsten  Formen,  mit 
Geist  und  Erfolg  Catull,  neben  ihm  seine  Freunde  Licinius  Cal- 
vus  und  Helvius  Cinna,  auch  Varro  Atacinus  und  Cassius  aus  Parma. 
Nur  das  Drama  blieb  von  diesen  imangebaut:  in  ihrer  selbst- 
genügsamen Abkehr  von  der  eigenen  Nation  verschmähten  sie 
es  für  das  Volk  zu  dichten  imd  bildeten  lieber  die  geistesarmen, 
aber  formcorrecten  alexandrinischen  Dichter  nach.  Die  Bühne 
sah  sich  so  auf  die  Vergangenheit  angewiesen,  und  ausgezeich- 
nete Schauspieler,  wie  der  Tragöde  Aesop  und  der  Komöde 
Roscius,  hauchten  den  Stücken  der  Tragiker  und  Palliatendichter 
des  sechsten  Jahrh.  d.  St.  neues  Leben  ein.  Unter  den  volksmässi- 
geren  Gattungen  gewann  im  Laufe  der  ciceronischen  Zeit  der  Mimus 
die  Herrschaft,  als  die  entsprechendste  Darstellung  der  haupt- 
städtischen Zügellosigkeit.  Für  ihn  arbeitete  der  römische  Rit- 
ter D.  Laberius,  sowie  der  Freigelassene  und  Schauspieler  Pubb- 
lius  Syrus.  Durch  Laberius  wurde  der  Mimus  zugleich  in  die 
Literatur  eingeführt. 

In  dieser  Zeit  wurde  auch  der  letzte  Rest  der  nationalen 
Prosodik  beseitigt.  Das  im  Leben  fast  unhörbare  imd  daher 
von  Ennius  vor  Consonanten  unberücksichtigt  gelassene  auslau- 
tende s  wurde  von  den  alexandrinisierenden  Dichtem  dieser  Zeit 


Charakteristik  und  Uebersicht.  22»3 

grundsätzlich  und  regelmässig  als  voller  Consonant  behandelt, 
nachdem  noch  M.  Varro  und  Lucretius  das  prosodische  Ignorie- 
ren desselben  sich  erlaubt  hatten,  obwohl  verhältnissmässig  nicht 
allzuhäufig.*)  Nur  die  Verschleifung  von  auslautendem  m  vor  an- 
lautendem Vocal  blieb  für  alle  Zeit  bestehen.  Auch  das  ist  ein 
Symptom  des  Sieges  den  der  Hellenismus  gewonnen  dass  das 
lateinische  Alphabet  in  dieser  Zeit  um.  die  griechischen  Buch- 
staben y  und  z  vermehrt  wird  und  die  griechischen  Aspirate 
jetzt  in  der  lateinischen  Schrift  (durch  th,  ph,  ch)  wiedergege- 
ben werden.  2)  Lang  i  wird  seit  der  sullanischen  Zeit  theils 
durch  ein  über  die  Höhe  der  Zeile  verlängertes  I  theils  durch 
einen  Apex  bezeichnet.^) 

Unter  den  literarischen  Persönlichkeiten  der  ciceronischen 
Zeit  besteht  ein  stark  ausgeprägter  Unterschied  je  nachdem  sie 
der  ersten  oder  der  zweiten  Hälfte  derselben,  der  älteren  oder 
der  jüngeren  Generation,  angehören.  Die  Aelteren,  deren  Jugend 
in  die  Schreckenszeit  der  Kämpfe  zwischen  Sulla  und  Marius  fiel, 
haben  in  Literatur  und  Leben  noch  eine  gewisse  ernste  Haltung, 
die  auch  dem  Furius  Bibaculus  nicht  abzusprechen  ist.  Das 
Ende  des  siebenten  Jahrh.  d.  St.  und  den  Anfang  des  achten 
kennen  wir  aus  Cicero  imd  CatuU  als  eine  stürmische  entfesselte 
Zeit;  es  ist  die  Zeit  eines  Clodius  mid  der  Clodia,  wo  Zucht- 
losigkeit  für  Genialität  galt  und  die  aJtrömische  Ehrbarkeit  aus 
Leben  und  Literatur  geschwunden  war.^)  Die  jüngere  Genera- 
tion, die  in  dieser  Atmosphäre  aufwuchs  imd  frühzeitig  in  den 
Strudel  hineingerieth,  wurde  von  ihm  auch  verschlungen,  ver- 
zehrte in  Sinnentaumel  rasch  ihre  Kräfte  und  fand  ein  frühes 
Ende.  Gegenüber  von  den  altrömischen  Dichtem,  die  auch 
durch  das  hohe  Alter  das  sie  erreichten  als  wahre  Patriarchen 
dastehen,  ist  es  auffallend  wie  kurzlebig  die  Schriftsteller  dieser 
Zeit  sind,  ein  Catull,  Calvus,  Caelius  Rufus,  theilweise  auch  Lu- 
cretius und  Sallust.     Sie  sind  auch  in   dieser  Hinsicht,  wie  in 


Ij  Vgl.  J.  Jessen,  Quaestioues  Lucretianae  p.  22—26. 

2)  Cic.  orat.  48,  160.    Quintil.  XII,  10,  27.  ^ 

3)  Ol.  Kellermann  in  0.  Jahn's  Spec.  eßigraph.  (Kiel  1841)  p.  105  ff. 
^.  Bitschi  im  Rhein.  Mus.  XIV.  S.  299  ff.  378  ff.  487  f.  P.  L.  M.  E.  Suppl. 
V  (Bonn  1864).  p.  XIV  f.  W,  Schmitz,  studia  orthoep.  et  orthogr.  lat., 
I>üren  1860.  4. 

4)  Cic.  p.  Cael.  17,  40:  haec  genera  virtutum  non  solum  in  moribus 
nostris  sed  vix  iam  in  libris  reperiuntur. 


\ 


224  Ciceronißchcs  Zeitalter.  J.  671—711  d.  St. 

ihrer  literarischen  Richtung/ die  Vorläufer  der  Augusteer,  eines 
TibuUus  und  Propertius,  nur  dass  diese  an  den  politischen  Ver- 
hältnissen eine  Art  Gegengewicht  besassen.  Diejenigen  unter 
ihnen  denen  ein  längeres  Leben  beschieden  war  erreichten  theil- 
weise  erst  in  der  augusteischen  Zeit  den  Höhepunkt  ihrer  Wirk- 
samkeit, wie  Trebatius,  Asinius  PoUio,  Q.  Tubero,  C.  Matius. 

Innerhalb  der  beiden  Generationen  selbst  besteht  wiederum 
ein  Unterschied  hinsichtlich  der  nationalen  imd  der  politischen 
Richtung.  In  der  älteren  ist  der  Gegensatz  zwischen  Alterthüm- 
lich  und  Fortgeschritten  verkörpert  auf  dem  Gebiete  der  Ptosa 
in  Varro  und  Cicero,  bei  der  jüngeren  innerhalb  der  Poesie 
durch  Lucretius  und  CatuU;  die  Einen  sind  national  und  auf  die 
Sache  gerichtet,  die  Andern  hellenisieren  und  streben  nach  voll- 
endeter Form.  Cicero  und  der  Kreis  des  CatuU  stehen  so  prin- 
cipiell  auf  demselben  Boden ;  aber  das  gleiche  Princip  wird  dort 
mit  Mass  durchgeführt,  hier  mit  schroffer  Einseitigkeit,  so  dass 
die  Epigonen  die  Nase  rümpfen  über  den  zurückgebliebenen 
Consularen,  und  Cicero  sich  mokiert  über  die  neumodischen  Dich- 
terlinge die  in  der  Beredtsamkeit  nichts  Höheres  kennen  als  Ly- 
sias  imd  in  der  Poesie  dem  Euphorion  nafchleiern.  *)  In  der 
Politik  geht  dann  die  jüngere  Generation  wieder  auseinander,  je 
nachdem  sie  republikanisch  gesinnt  ist  —  wie  Catull,  Calvus 
imd  die  bedeutendsten  Theilnehmer  der  Verschwörung  gegen  Cae- 
sar, M.  imd  D.  Brutus,  C.  Cassius  und  Cassius  aus  Parma  —  oder 
auf  Caesars  Seite  steht,  wie  Sallust,  C.  Matius,  Q.  Tubero,  M. 
Antonius,  Curio,  Asinius  PoUio  u.  A. 

Auch  das  ist  eine  Eigenthümlichkeit  dieser  Zeit  dass,  nach- 
dem mit  dem  marsischen  Kriege  die  letzten  Schranken  zwischen 
Rom  imd  Italien  gefallen  sind,  die  italischen  Landstädte  in  zu- 
nehmendem Masse  an  der  Literatur  sich  betheiligen  und  diese 
allmählich  aus  einer  römischen .  zu  einer  italischen  wird.  Als 
vollends  auch  das  diesseitige  Gallien  in  den  Verband  gezogen 
war  und  Italien  nunmehr  seine  natürlichen  Grenzen  hatte,  so 
strömen  auch  von  dort  die  Talente  auf  den  grösseren  Schauplatz. 
Catull,  Cornelius  Nepos,  Furius  Bibaculus,  Cassius  (Parmensis) 
und  weiterhin  Cornelius  Gallus  Livius  sind  aus  Oberitalien  ge- 
bürtig, Varro  (Atacinus)  sogar  aus  dem  jenseitigen  Gallien.  WoU- 


1)  Cic.  orat.  48,  161  (poetae  novi).  ad  Att.  VII,  2,  1  (vsmxeQOi).   Tusc 
III,  19,  45  (cantores  Euphorionis).    Vgl.  auch  Quintü.  XII,  10,  12  if. 


Charakteristik  und  Uebersicht.  225 

ten  feinere  Ohren  auch  bei  diesen  Neurömem  etwas  heraushören 
was  sie  von  der  urbanitas  unterschied;  so  besassen  Letztere  um 
so  mehr  Frische  und  Eifer.  Die  langsamere  Entwicklung  der 
ferner  stehenden  Theile  Italiens  bot  dazu  den  Vortheil  dass  sie, 
unabhängiger  von  den  rasch  wechselnden  Moden  Roms,  um  so 
freuer  festhielten  an  dem  wahrhaft  Classischen^),  und  aus  dieser 
Quelle  schöpfend  führten  sie  in  der  folgenden  Zeit  ofk  genug 
neue  Lebenskraft;  in  die  von  der  ewigen  Unruhe  aufgeriebenen 
und  erschöpften  Adern  der  Weltstadt. 

Durch  Umfang  und  nachhaltigen  Einfluss  seiner  schriftstel- 
lerischen Thätigkeit  nimmt  Cicero  in  dieser  Zeit  eine  Central- 
stellung  ein.    Um  ihn  gruppieren  sich  die  Aelteren  und  ein  Theil 
der  Jüngeren.     Etwas  älter  als   Cicero   sind  Varro  (geb.  638), 
Aquilius  Gallus,  die  Optimaten  M.   Crassus  (geb.  vor  639),  L. 
Lueullus  (geb.   um  640),   Hortensius  (geb.  640),   M.  Piso  (geb. 
um  642),  sowie  Atticus   (geb.  645),    die   epikureischen  Ueber- 
setzer,   L.   Albucius,    und  vielleicht  noch  Laevius  (geb.  jeden- 
falls vor   640).      Gleichaltrig   mit   Cicero    sind    Cn.  Pompejus 
und  D.  Laberius  (beide  geboren  648),   Sulpicius  Rufiis,    sowie 
ungeßhr  L.   Luccejus,   Q.  Tubero,    Q.  Cicero    (geb.  652)   und 
Purins   Bibaculus    (geb.   651).      Auch    Tiro,     Trebatius    Testa 
(geb.   um  665)  und    etwa  Nigidius  Figulus   (Prätor  696)    ge- 
hören  noch  zu  seinem  Kreise.      Sonst  aber  übt  auf  die  Jün- 
geren   Caesar    (geb.    654)    grössere    Anziehxmgskraft.      Unter 
diesen    stehen    an    Lebensjahren    dem    Cicero    naher    Lucretius 
(geb.  655),    Cato  Uticensis  (geb.  659),  C.  Memmius   (Prätor 
696),  Cornelius  Nepos  (geb.  um  660),  Valerius  Cato  (geb.  um 
664),  Hirtius,  Oppius,  Mxmatius  Plancus,  M.  Calidius,  C.  Tre- 
bonius,  Maecius  Tarpa,  C.  Cassius,  Valerius  Messala.     Orbilius 
Pupillus,  obwohl  schon  640  geboren,   entfaltet  erst  jetzt  seine 
Wirksamkeit.     Die   noch  Jüngeren   haben,    soweit   sie   Gegner 
der  werdenden  Monarchie  sind,  viele  Berührungspunkte  mit  Ci- 
cero gemein,   sind  aber  fast  noch  mehr  von  ihm  lunworben  als 
dass  sie  seine  Gunst  suchten.     Dahin  gehören  M.  Brutus  (geb. 
669),  D.  Brutus  (geb.  nach  670),  Calvus  (geb.  672),  auch  Catull 
(geb.  668).     Unter  den  Caesarianern  dieses  Alters  hat  Cicero  zu 
C.  Matius  (geb.  um  670)  und  Caelius  Rufus  (geb.  672)  ein  freund- 


1)  Noch  Sueton.  gramin.  24  sagt:   in  provincia  .  .  durante  adhuc  ibi 
abtiqaonmi  memoria,  necdimi  omnino  abolita  sicut  Romae. 

T  *  n  f  f e  1 ,  Rom.  Literaturg-eschichte.  "j  5 


226  Ciceronische  Z6it.  Erste  Hälfte,  671—691. 

liches  fVerhältniss,  ein  zweifelhaftes  zu  Asinius  Pollio  (geb.  670), 
ein  feindseliges  zu  Sallust  (geb.  668)  und  M.  Antonius  (geb.  um 
671).  Von  Varro  Atacinus  (geb.  tun  672)  sind  die  personlieben 
und  politischen  Beziehungen  unbekannt. 

Das  Consulatsjahr  Ciceros  (691)  bildet  einen  gewissen  Wen- 
depunkt wie  in  Ciceros  Leben  so  auch  in  der  Stellung  der  Par- 
teien. Wir  zerlegen  hienach  die  ganze  Periode  in  zwei  Hälften 
und  theilen  der  ersten  diejenigen  Schriftsteller  zu  deren  persön- 
liche oder  literarische  Blütezeit  vor  jenes  Jahr  fallt,  der  zweiten 
die  erst  nach  691  zur  Blüte  gelangten. 

Erste  Hälfte  der  ciceroui sehen  Zeit. 

Die  Jahre  671—691  d.  St. 

162.  M.  Terentius  Varro,  geboren  J.  638  in  der  sabini- 
schen  Stadt  Reate,  aus  einem  altsenatorischen  Geschlechte,  wid- 
mete sich  von  Anfang  an  hauptsächlich  der  Forschung  und  lite- 
rarischer Thätigkeit,  blieb  aber  auch  dem  öffentlichen  Leben 
nicht  fem  und  wurde  namentlich  von  Pompejus  in  amtiichen 
Stellungen  verwendet  wo  es  auf  Zuverlässigkeit  und  Tüchtigkeit 
ankam.  Auch  im  Bürgerkriege  kämpfte  er  auf  Seiten  der  Ver- 
fassungspartei in  Spanien  gegen  Caesar,  wurde  vom  Sieger  zum 
Vorstande  der  zu  gründenden  öfiFentlichen  Bibliothek  bestimmt^ 
von  M.  Antonius  aber  (711)  auf  die  Aechtimgsliste  gesetzt.  Der 
Gefahr  entgangen,  erreichte  er,  bis  an  sein  Ende  arbeitsam,  fast 
das  neunzigste  Lebensjahr.  Varro  ist  ein  Schriftsteller  von  wun- 
derbarer Fruchtbarkeit  und  Vielseitigkeit  der  Stoffe  wie  der  Form, 
dabei  eine  eigenthümliche  Mischung  von  Volksmässigkeit  und 
universellster  Bildung,  Lustigkeit  imd  Pedanterie;  ein  ehrenhaf- 
ter Charakter,  bieder  und  nüchtern  und  heiter,  der  alten  Zeit 
anhängend  und  von  römischem  Patriotismus  erfüllt,  aber  auch 
für  griechische  Bildung  offen,  ohne  jedoch  um  Ebemnässigkeit 
imd  Schönheit  der  Darstellung  sich  zu  bemühen;  insbesondere 
gefällt  sich  sein  Humor  in  phantastischen  und  barocken  Ein- 
kleidungen. 

1.  Hieronym.  in  Euseb..  ohron.  ad  a.  Abr.  1902  »  Ol.  166,  1  =  638 
d.  St.  s=»  116  V.  Chr.:  M.  Terentius  Varro  filosofos  et  poeta  naeoitor.  Der- 
selbe ad  1990  =  Ol.  188,  1  =  726  =  28  v.  Chr.:  M.  Terentius  Varro  filo- 
sofus  prope  nonagenarius  moritur.  J.  727  wird  sonach  sein  Todesjahr  sein. 
Beatinus  nennt  ihn  Sjmmachus  Epist.  I,  2;  Tgl.  Varr.  B.  B.  11.  praef.  6. 
n,  8,  3.  5.  6.  Von  sich  wohl  sagte  er  im  Catus:  mihi  puero  modica  una 
fuit  tunica  et  toga,  sine  fasciis  calciamenta,  equus  sine  ephippio,  bahieuni 


Varro's  Leben  und  Charakter.  227 

DOD  cotidiannm,  alveua  rarus.  Schiller  des  Stilo  (s.  137,  1)  und  des  An- 
tioebos  aus  Askalon  (Cic.  Acad.  post.  I,  3,  12),  wie  Cicero,  aber  vor  diesem* 
Befreundet  mit  Cn.  Pompejus  (Gell.  XIY,  7,  2)  und  Atticus  (Cic  ad  Att. 
n,  25,  1.  Varro  R.  R.  II,  1,  25.  2,  2),  mit  Cicero  aber,  bei  der  Verschie- 
denartigkeit des  beiderseitigen  Wesens,  nie  besonders  intim  (Roth  S.  8). 
Briefe  Cicero's  an  ihn,  ad  Fam.  IX,  1—8.  Volkstribun  (Gell.  XIII,  12,  6); 
aedil.  cur.  (Vitmv.  II,  8,  9  vgl.  Plin.  N.  H.  XXXV,  14,  49).  Nach  Münzen 
Pro  Q(uaestore)  des  Procos.  Pompejus ,  wahrscheinlich  J.  678  in  Spanien 
gegen  Sertorius  (Roth  S.  12,  A.  21),  wo  er  um  diese  Zeit  diente  (Sali.  Eist. 
H.  ir.  42 :  haec  postquam  Varro  in  maius  more  rumorum  accepit) ,  sicher 
im  Seeränberkriege  (J.  687)  sein  Legat  (Varr.  R.  R.  II,  praef.  7)  und  mit 
einer  Corona  navalis  geehrt  (Plin.  N.  H.  VII,  30,  61),  wahrscheinlich  (Roth 
S.  17)  auch  im  mithridatischen  (J.  688  f.).  Wohl  nach  diesem  war  er  Prätor 
(Themiflt.  p.  453  Dd. :  Bagtov  t^v  i^anelB%vv  ^qx^^  ^QXV^>  ^g^-  Appian.  b.  c. 
IV,  47  largarrjyri%ojg).  J.  695  Mitglied  der  Zwanzigercommission  für  Aus- 
führung der  von  den  Triumvim  durchgesetzten  lex  lulia  agraria  (Varr. 
ß.  Ä.  I,  2,  10  vgl.  Plin.  N.  H.  VII,  53).  J.  705  mit  Afranius  und  Petrejus 
Legat  des  Pompejus  in  Spanien,  musste  er,  nach  dem  Abfall  der  einen 
seiner  Legionen,  sich  Caesar  ergeben  (Caes.  b.  c.  I,  38.  II,  17  —  20)  und 
scheint  sich  nun  am  weiteren  Kriege  gegen  diesen  nicht  betheiligt  zu 
haben.  J.  707  widmete  er  ihm  seine  Antiquitates  rerum  div.  (Lactant.  I, 
^,  7.  Augustin.  Civ.  D.  VII,  35).  Bestimmung  zum  Bibliothekar,  Suet. 
Caes.  44  vgL  Isid.  Orig.  VI,  5,  1.  M.  Antonius,  der  707  auf  Caesars  Be- 
fehl dem  Varro  ein  schon  geraubtes  Gut  wieder  hatte  herausgeben  müs- 
sen (Cic.  Phü.  II,  40,  103)  und  710  desselben  sich  abermals  bemächtigte 
1^-  41,  104  f.),  proscribierte  ihn  711 ;  aber  Fufius  Calenus  rettete  ihm  das 
L^ben  (App.  b.  c.  IV,  47),  wogegen  ein  Theil  seiner  Bibliothek  (Gell.  III, 
10, 17)  und  sein  reicher  Grundbesitz,  wie  es  scheint,  für  ihn  verloren  blieb 
(Roth  8.  28  f.).  Val.  Max.  VIII,  7,  3:  Terentius  Varro  .  .  non  annis,  qui- 
bns  saecnli  tempus  aequavit,  quam  stilo  vivacior  fuit.  in  eodem  enim  lec- 
tdo  et  Spiritus  eins  et  egregiorum  operum  cursus  exstinctus  est.  Plin.  N. 
H.  XXIX,  18 :  nisi  M.  Varronem  scirem  LXXXIII  (L.  v.  Jan ;  früher  LXXXVIII) 
vHae  anno  prodidisse  etc.  Vgl.  unten  153,  1.  J.  G.  Schneider,  de  vita  M. 
Ter.  Varr. ,  in  seinen  Scriptores  rei  rusticae  I,  2.  p.  217  ff.  A.  Haakh  in 
Paoly's  R.'E.  VI,  2.  S.  1688  f.,  Anm.  K.  L.  Roth,  über  das  Leben  des  M.  Te- 
rentius Varro,  ein  biographischer  Versuch;  Basel  1857.  33  S.  8.  G.  Bois- 
ner,  £tude  sur  la  vie  et  les  ouvrages  de  .  .  Varron.    Paris  1861. 

2.  Allgemeine  Charakteristik.  Cic.  Brut.  15,  60:  diligentissimus  m- 
restigator  antiquitatis.  Acad.  post.  I,  3,  9:  nos  in  nostra  urbe  peregri- 
nantes  .  .  tui  libri  quasi  dommn  reduxcrunt.  .  .  tu  aetatem  patriae,  tu 
descriptioneB  temporum,  tu  sacrorum  iura,  tu  sacerdotum,  tudomesticam, 
tu  bellicam  disdplinam,  tu  sedem  regionum,  locorum,  tu  omniom  divina- 
rmn  hnmanarumque  rerum  nomina,  genera,  of&cia,  causas  aperuisti  plu- 
rimumque  idem  poetis  nostris  onminoque  latinis  et  litteris  luminis  et  ver- 
bis  attuHsti,  atque  ipse  varium  et  elegans  omni  fere  numero  poema  fedsti 
philosophiamque  multis  locis  inchoasti,  ad  impellendum  satis,  ad  edocen- 
dum  parttm.  Phil.  II,  41,  106.  Bei  August,  civ.  d.  VI,  2:  homo  omnium 
fädle  acutissimus  et  sine  ulla  dubitatione  doctissimus.  Empfindlich  ad 
Att.  Xin,  18  (J.  709):  homo  noXvygatpmtatog  numquam  me  lacessivit  (durch 

15* 


228  Ciceronische  Zeit.  Erste  Hälfte,  671—691. 

Widmung  einer  Schrift  behelligt).  Quintil.  X,  1,  95:  Terentius  Varro,  vir 
iioraanoram  eruditissimuB.  plurimos  hie  libros  et  doctissimos  composuit, 
peritissiinus  linguae  latinae  et  omnis  antiquitatis  et  rerum  graecarum 
nostrarumque,  plus  tarnen  scientiae  collaturus  quam  eloqueutiae.  XIl,  11, 
24:  quam  multa,  paene  omnia,  tradidit  Varro!  Augustin.  civ.  d.  VI,  2* 
M.  Varro  .  .  tametsi  minus  est  suavis  eloquio,  doctrina  tamen  atque  sen- 
tentiis  ita  refertus  est  ut  in  omni  eruditione  .  .  studiosum  rerum  tantum 
iste  doceat  quantum  studiosum  verborum  Cicero  delectat.  Weiterhin:  vir 
doctissimus  undecumque  Varro,  qui  tam  multa  legit  ut  aliquid  ei  scribere 
vacasse  miremur,  tam  multa  scripsit  quam  multa  viz  quemquam  legere 
potuisse  credamus.  Sen.  cons.  ad  Uelv.  8,  1.  Apulej.  apol.  42  u.  A.  Plut. 
Romul.  12:  Oiaggtovcc  rov  q>LX6aoq>oVf  avÖQa  'Pcofiof/oy  iv  [otoqiol  ßißli- 
anoitarov. 

163.  Die  Gesamintzahl  der  Schrift eii  Varro's,  wie  sie 
durch  ein  wohl  auf  ihn  selbst  zurückgehendes  Verzeichniss  uns 
bekannt  ist,  belief  sich  auf  ungefähr  620  Bücher,  welche  74  ver- 
schiedenen Werken  angehörten.  Unter  diesen  hatten  gebundene 
Form  6  Bücher  pseudotragoediarum,  10  poematorum  in  lyrischen 
und  dem  elegischen  Mass,  150  Bücher  saturae  Menippeae,  eine 
Mischung  von  Prosa  imd  Poetischem,  doch  mit  Uebergewicht 
der  ersteren,  endlich  4  Bücher  Saturarum  und  vielleicht  ein 
Lehrgedicht  naturphilosophischen  Inhaltes. 

1.  Gell,  n,  lIO,  7:  tum  ibi  addit  (M.  Varro  in  primo  librorum  qui  in- 
scribimtur  Hebdomades)',  se  quoque  iam  duodecimam  aunorum  hebdoma- 
dam  ingressum  esse  (also  über  77  J.  alt)  et  ad  eum  diem  septuaginta 
hebdomadas  librorum  (also  490)  conscripsisse.  Auson.  Profess.  Burdig.  20, 
9  f. :  omnis  doctrinae  ratio  .  .  quantam  coudit  sexcentis  (rund)  Varro  vo- 
lumiuibus.  Ein  Verzeichniss  der  Schriften  des  Varro,  welches  wohl  aus 
Varro's  Büchern  de  sua  vita  entnommen  war  (Ritschi  S.  69—71  =  S.  549  ff.), 
gab  Hieronymus  in  einem  Briefe  ad  Paulam  (s.  de  vir.  illustr.  =  scriptor. 
eccl.  c.  64).  Ein  grösseres  Citat  daraus  enthält  Rufin.  apolog.  (==  invectiv.) 
U,  20.  Das  Verzeichniss  des  Hieronymus  selbst  aber  fand  sich  in  einer 
Handschrift  der  Stadtbibliothek  zu  Arras  in  der  praefatio  von  Origenes* 
Commentar  zur  Genesis  und  ist  daraus  zuerst  veröffentlicht  und  erläutert 
worden  von  F.  Ritschl,  die  Schriftstellerei  des  M.  Terentius  Varro,  Bonn 
1847.  88  S.  =  Rhein.  Mus.  VI.  S.  481—560.  Ein  Facsimile  der  Handschrift 
an  dem  Bonner  Katalog  für  1849  f.  Dann  von  J.  B.  Pitra,  im  Spicilegium 
Solesmense,  Vol.  Ul  (Paris  1865),  p.  311—313  (vgl.  p.  I  f.)  und  (nach  zwei 
Pariser  Handschriften  der  Homiliae  in  Genesim)  von  Ch.  Chappuis,  Sen- 
tences  de  M.  Ter.  Varron  et  liste  de  ses  ouvrages  d'apres  diff^rents  ma- 
nuscrits  (Paris  1856)  p.  117—124.  Vgl.  Ritschl,  Rhein.  Mus.  XU.  S.  149  ff. 
Das  Verzeichniss  gibt  sich  selbst  als  unvollständig  (et  alia  plura,  quae 
enumerare  longum  est.  vix  medium  descripsi  indicem,  et  legentibus  fasti- 
dium  est),  und  enthält  38  oder  (mit  Einzelzählung  der  libri  sing^lares)  46 
Numem  (mit  620—622  einzelnen  Büchern),  worin  aber  21  uns  aus  sonsti- 
gen Anführimgen  bekannte  fehlen.    Hienach  hat  Ritschl,  die  Schriftstellerei 


Varro's  poetische  Schriften.  229 

S.  545  ff.  =s  G5 — 68  die  Gesammtzahl  der  von  Varro  überhaupt  verfassten 
Werke  auf  74,  die  Zahl  der  Bücher  annäherungsweise  auf  620  berechnet, 
80  dass  also  auf  die  letzten  in  vollständiger  Müsse  verbrachten  11—12  Le- 
bensjahre Varro's  130  Bücher  fallen  würden.  Letzterem  Thoile  seines  Le- 
bens gehören  die  wichtigsten  und  umfangreichsten  seiner  Werke  an,  Var- 
ro*» früheren  Jahren  aber  die  poetischen  und  rednerischen  Arbeiten, 
namentlich  die  saturae  Menippeae  und  die  logistorid  (Ritschi,  Bheiu.  Mus. 
VI.  S.  554  f.  A.  11). 

2.  Von  Varro's  Arbeiten  in  metrischer  Form  waren  vor  dem  Verzeich- 
niss  des  EQeronymus  nur  Epigramme  zu  den  Imagines  und  Verse  aus  den 
eadrae  Menippeae  (Hexameter  und  elegische  Distichen)  bekannt.  Die 
Pseudotragoediae  (nach  den  Pariser  Handschriften)  werden  den  Hilarotrag- 
oediae  (vgL  oben  18,  1  u.  2)  ähnlich  zu  denken  sein  (Ritschi,  Rhein.  Mus. 
XII.  S.  151  f.),  und  zwar  trahrscheinlich  in  Versen.  Vgl.  Riese,  Varr.  Satt, 
p.  31  f.  Die  poemata  waren  wohl  kurze  Gedichte  (verba  plura  modice  in 
quandam  coniecta  formam,  Varro  bei  Nou.  p.  428)  in  der  Weise  der  ca- 
iuilischen,  und  auf  sie  bezieht  sich  wohl  Diomed.  I.  p.  395  P.  =»  400,  29  K. : 
Vam)  in  poetico  libro.  Im  Unterschiede  von  den  saturae  Menippeae  (s. 
A.  3)  müssen  die  Saturae  schlechtweg  genannten  durchgängige  metrische 
Form  gehabt  haben,  etwa  in  der  Art  der  ludlischen.  Auf  ein  Lehrgedicht 
Varro's  de  rerum  natura  sollte  man  schliessen  aus  Quintil.  I,  4,  4  (die 
(jrammatik  könne  nicht  ignara  philosophiae  sein  vel  propter  £mpedoclem 
'n  Graecis ,  Varronem  ac  Lucrctium  in  Latinis ,  qui  praecepta  sapientiae 
venibuB  tradiderunt)  und  Lactant.  div.  inst.  II,  12,  4  (Empedocles  .  .  de 
rerom  natura  versibus  scripsit,  ut  apud  Romanos  Lucretius  et  Varro;  zu 
Vellej.  n,  36,  2:  auctores  carminum  Varronem  ac  Lucretium  vgl.  Riese, 
^arr.  p.  50),  wofern  nicht  Quintihan,  und  nach  ihm  Lactantius,  selbst  erst 
auf  ein  solches  aus  Cicero^s  Worten  (Acad.  post. ,  s.  oben  152,  2)  geschlos- 
sen haben.    Vgl.  A.  Riese,  Varr.  Satt.  Men.  p.  16. 

3.  lieber  die  saturae  Menippeae  vgl.  oben  24,  3.    Dazu  Prob,  zu 
Verg.  EcL  VI,  31.  p.  14,  19  K.:  Varro  . .  Menippeus  . .  nominatus  ..  a  societate 
ingenii,   quod  is  quoque  (Menippos)  omnigeno  carmine  satiras  suas  (un- 
glückliche Uebertragung  eines^  römischen  Begriffs  auf  Menippos)  expolive- 
ral.    Dass  bei  Menippos  und  so  auch  in  Varro's  satirae  Menippeae  über- 
haupt Prosa  und  Verse  gemischt  waren  kann  auch  nach  dieser  Stelle  für 
erwiesen  gelten.    Für  Varro  erhellt  es  überdiess  für  jeden  Unbefangenen 
ans   den    betrefi'enden   Ueberresten.     Ausser   diesem   formalen  Merkmale 
hatten  die  varronischen  saturae  menippeae  (wie  manche  Schriften  des  Lu- 
kianos)  mit  den  Arbeiten  des  Menippos  gemein  hauptsächlich  den  Inhalt 
und  den  Ton,  den  philosophischen  Standpunkt  des  Kynikers,  der  ein  freies 
Verhalten  zu  den  verschiedenen  Systemen  und  Betonen   der  praktischen 
Seiten  mit  sich  brachte,   sowie    das  Spieleu  zwischen  Ernst  und  Scherz. 
Wegen   dieses   philosophischen  Ausgangspunctes   der   Saturae  menippeae 
des  Varro  können  diese  von  Cicero  gemeint  sein  mit  seinem  varium  et 
elegans  omni  fere  numerö  poema  (oben  152,  2),  obwohl  poema  von  einem 
150  Bücher  umfassenden   und  zugleich  Prosa   enthaltenden  Werke   nach 
Ausdruck  und  Numerus  auffallend  bleibt.  ,  Sonst  finden  wir  in  den  Ueber- 
resten besonders  häufig  Rügen  des  Abfalls  der  Gegenwart  von  der  Ein- 


230  Ciceronißche  Zeit.  Erste  Hälfte,  671—691. 

fachheit  der  alten  Zeit,  und  damit  Anschluss  an  die  polemische  Richtung 
der  lacilischen  Satire,  üebrigens  muss  auch  Inhalt  wie  Einkleidung  bunt 
gewesen  sein,  Gelehrsamkeit  und  Leben,  Mythologie  und  Geschichte,  Ver- 
gangenheit und  Gegenwart  umspannend.  Die  Anlage  ist  häufig  dialogisch 
und  Varro  scheint  dabei  manchmal  in  eigener  Person  aufgetreten  zu  sein 
(Anreden  Varro,  Marce;  vgl.  die  Titel  MarcopoUs,  Marcipor  und  Bimarcus). 
Auch  Erzählungen  einer  Reihe  von  Erlebnissen  scheinen  vorgekommen  zu 
sein  (z.  B.  im  Sexagessis).  Den  Gedankengang  werden  wir  uns  in  der 
Weise  der  horazischen  Satiren,  locker  und  abspringend,  vorzustellen  haben. 
Neben  vielem  Volksmässigen  (Sprüchwörtliches,  Derbes,  Alliteration)  findet 
sich  auch  Griechisches  zahlreich  eingemischt,  einzelne  Worte  wie  ganze 
Verse.  Die  angewandten  Versmasse  sind  sehr  mauchfaltig  und  wirklich 
omni  fere  numero  gehalten;  dabei  meist  sehr  correct  durchgeführt.  Die 
iambischen  Senare  überwiegen;  nächstdem  Trochäen,  Skazonten,  Hexame- 
ter (und  Disticha),  Anapäste;  aber  auch  Sotadeen,  Galliamben,  Choriam- 
ben, Hendekasyllaben,  Gljkoueen,  Eretiker,  Bakchien.  A.  Riese,  Varr.  re- 
liqq.  p.  55 — 90.  Wie  vom  Lateinischen  jederzeit  ohne  Weiteres  ins  Grie- 
chische übergegangen  wird,  so  auch  manchmal  mitten  im  Satze  von  Prosa 
zu  Versen  (A.  Riese  in  Jahns  Jahrb.  95,  &  646—648),  was  L.  Müller  leb- 
haft bestreitet,  besonders  de  re  metr.  lat.  p.  78  ff.  Die  meisten  üeber- 
reste  sind  durch  Nonius  erhalten;  die  grösste  Zahl  fällt  auf  die  Eomeni- 
des.  I  Für  die  Ausscheidung  des  zu  den  ^aturae  menippeae  Gehörigen  g^bt 
GeUius  die  besten  Anhaltspuncte,  womach  die  Verzeichnisse  bei  Oehler  p. 
42  ff. ,  Vahlen  p.  203  f.  und  A.  Riese  p.  38  ff.  Die  Titel  sind  meist  wun- 
derlich  und  willkürlich  (z.B.  Sesqueulixes,  Papiapapae,2^xtafia;|r^a//7r9roxi;aiv' 
'TdQoyivmv),  bald  griechisch  bald  lateinisch,  gern  aus  einem  Sprüchwort  be. 
stehend  (nescis  quid  vesper  serus  vehat;  post  vinum  seplasia  fetet;  mu- 
tuum  muli  scabunt;  äXXog  ovrog  'Hgwulijg;  ^Ig  nai^ig  ot  yigovtsg  u.  A.), 
keinenfalls  aber  alle  doppelt,  vielmehr  hat  die  Vermutung  von  A.  Riese 
(p.  26.  43  ff.  Symb.  S.  481  ff.) ,  dass  die  mit  jtsgl  beginnenden  Nebentitel 
(wie  bei  den  platonischen  Dialogen)  von  einem  späteren  Grammatiker 
herrühren,  viele  Wahrscheinlichkeit.  Die  Doppeltitel  scheinen  das  Merk- 
mal der  Logistorici  zu  sein.  Die  Abfassungszeit  ist  nur  vom  TgiKu^avog 
bekannt  (J.  694);  J.  709  lässt  Cicero  (Acad.  I,  2,  8)  den  Varro  diese  Sati- 
ren vetera  sua  nennen.  Sammlung  der  Satt.  Men.  rehquiae  durch  Fr. 
Oehler  (Lips.  1844)  und  A.  Riese  (Lips.  1865;  vgl.  Rhein.  Mus.  XX.  S. 
401—443.  XXL  S.  109—122.  Jahn's  Jahrbb.  95,  S.  488—496.  507—509). 
Kritische  Beiträge  von  G.  Röper  (Philologus  IX.  p.  223—278.  567—573. 
XV.  S.  267—302.  XVIL  S.  64—102.  XVXH.  S.  418—486.  Eumenidum  re- 
liquiae,  Danzig  1858.  1861.  1862),  J.  Vahlen  (in  Varr.  S.  M.  reliquias  con- 
iectanea,  Lips.  1858.  230  pp.  8.  Dazu  die  Beiträge  von  Ribbeck  und  Bü- 
cheier, Rhein.  Mus.  XIV.  S.  102—130.  419—452),  C.L.Kayser  (Heidelberger 
Jahrb.  1860,  S.  241—252),  L.  Müller  (metr.  poet.  lat.  und  Jahn's  Jahrbb. 
a.  a.  0.),  M.  Crain  (Berliner  Zeitschr.  für  Gymn.  1866,  S.  606—618),  J. 
Mähly,  Varro niana  (bes.  zum  Modius),  Basel  1865.  39  S.  4.  u.  A.  —  L.  Merck- 
lin,  die  Doppeltitel  der  varronischen  Menippeae  und  Logistorici,  Rhein. 
Mus.  Xn.  S.  372—398;  vgl.  Philologus  XHI.  S.  713—728.  AI.  Riese  in  den 
prolegomeua  seiner  Ausgabe  und  in  der  Symbola  philolog.  Bonn.  S.  479— 
488.    Mommsen  R.  G.  III*.  S.  584—590. 


Varro^s  Satirae  Menippeae  und  Logistorici.  231 

154«  Die  prosaischeu  Schriften  Varro's  erstreckten  sich  fast 
über  alle  Grebiete  des  Wissens  und  der  literarischen  Thätigkeit^ 
Beredtsamkeit,  allgemeine  und  Literaturgeschichte,  Jurisprudenz, 
Grammatik,  Philosophie,  Geographie,  Landwirtschaft  u.  s.  f. 
Bei  aUer  seiner  encjclopädischen  Richtimg  aber  hat  Varro  doch 
immer  vorzugsweise  das  eigene  Vaterland  und  dessen  Vergan- 
genheit im  Auge  behalten  und  durch  diesen  Theil  seiner  Schrift- 
stellerei  mittelbar  imd  unmittelbar  noch  lange  fort  einen  grossen 
Einfluss  ausgeübt.  Namentlich  die  christlichen  Kirchenväter, 
und  unter  diesen  ganz  besonders  Augustinus,  haben  ihn  fieissig 
gelesen  und  benutzt.  Die  bedeutendsten  unter  den  prosaischen 
Schriften  Varro's,  und  die  sich  auch  am  längsten  im  literarischen 
Verkehr  behaupteten,  waren  die  Antiquitates  rerum  humanarum 
et  divinarum,  die  Bücher  de  lingua  latina,  rerum  rusticarum,  die 
Eocyclopädie  der  artes  liberales  (Disciplinarum  libri)  und  die 
Imagines. 

1.  Beden:  Orationum  libr.  XXII,  and  Suasionum  libr.  III,  entere 
wahrscheinlich  nicht  gehaltene  üebungsreden  (hzhgsw.  Flugschriften),  mög- 
licher Weise  z.  B.  in  Laudationes  bestehend  (Varro's  laudatio  Porciae  bei 
Cic.  ad  Att.  XEI,  48,  2),  die  Suasiones  vielleicht  politischen  Inhalts.  Jedes 
ßnch  bestand  wohl  aus  einer  Bede.  Ritschi,  Rhein.  Mus.  VI.  S.  496 — 497. 
M2,A,3. 

2.  ÄoyiaxoQixmv  libri  LXXVI,   Erörterungen  philosophischen  (be- 
sonders ethischen)  Inhalts  {ioyoi)  mit  einem  reichen  Beiwerk  geschichtli- 
cher Belege  {loxoqiai)  aus  Mythus  und  Historie,  vielleicht  in  der  Weise 
<l68  Herakleides  aus  Pontus,  und  wie  Cicero's  Cato  und  Laelius  ernsthaft 
0B<1  populär   gehalten   und  in   Prosa,   mindestens   theilweise   dialogisch. 
Jedes  Stiick  hatte  einen  Doppeltitel,   dessen  erste  Hälfte  der  Name  einer 
lebenden  oder  gestorbenen  Person  bildete  die  mit  dem  Thema  in  irgend 
welcher  Beziehung   stand  und  die   vielleicht  jedesmal   hauptsächlich   das 
Wort  führte,  während  die  zweite  Hälfte  den  Inhalt  in  lateinischer  Sprache 
iUigab;  z.B.  Catus,  de  liberis  educandis;  Messala,  de  valetudine;  Curio,  de 
deorom  cultu;  Marius,  de  fortuna;  Orestes,  de  insania;  (Fundanius)  Gallus, 
(le  admirandis;  Sisenna,  de  historia.    Abfassungszeit  wohl  nach  den  Satu- 
fsie  menippeae,  Ende  des  7ten  und  Anfang  des  8ten  Jahrh.  d.  St.   Ritschi, 
im  Bonner  Katalog  für  1845  f.  und  im  Rhein.  Mus.  VI.  S.  601—503.  543  f. 
A.  552  f.  A.  4.    Riese,  Varr.  satt.  Menipp.  p.  32—38.  53,  und   die  Ueber" 
reste  (besonders  zahlreich  aus  dem  Catus)  ib.  p.  247—259.    L.  Krahner, 
Varronis  Curio  de  cultu  deorum,  Friedland  1851.  23  pp.  4.    L.  Mercklin, 
Phüologua.  Xm.  S.  728—731. 

3.  Zeitgeschichtliches:  Legationum  Hbri  III  und  de  Pompeio  UI, 
sowie  de  sua  vita  libr.  III;  die  erstem  ohne  Zweifel  Varro's  Thätigkeit 
als  Legat  des  Pompeius  behandelnd,  im  Seeräuberkriege,  gegen  Mithrida- 
tes  and  in  Spanien;  s.  152,  1.  Die  Schrift  über  Pompejus  war  wohl  apo- 
logetisch gehalten.    Ritsohl,  Rhein.  Mus.  VI.  S.  498—501. 


232  Ciceronische  Zeit.  Erste  Hiüfke,  671 — 691. 

4.  Werke  zur  römischen  Geschichte,  a)  Antiquitatum  lib: 
XLI  (Hieronymua  unrichtig  XLY),  eine  römische  Alterthumskunde ,  nac 
sachlichen  Gesichtspunkten  in  zwei  Hälften  zerfallend,  rerum  humanarui 
in  25  Büchern  (4  Theile  von  je  6  Büchern,  nebst  Einleitungsbuch),  un 
sodann  (quod  prius  exstiterint  civitates,  deinde  ab  eis  res  divinae  instit« 
tae  sind,  August.  C.  D.  VI,  4)  16  rerum  diyinarum  (5  Theile  von  je  3  B\ 
ehern,  nebst  einem  Buche  Einleitung);  s.  die  genaue  Inhaltsübersicht  b 
Augustin.  de  dv.  dei  YI,  3:  quadraginta  unum  Hbros  scripsit  Antiquit 
tum;  hos  in  res  humanas  divinasque  divisit,  rebus  humanis  viginti  quii 
que,  divinis  sedecim  tribuit,  istam  secutus  in  ea  partitione  rationem  i 
rerum  humanarum  libros  senos  quattuor  partibus  daret.  intendit  eni 
qui  agant,  ubi  agant,  quando  agant,  quid  agant.  in  sex  itaque  primis  ( 
hominibus  scripsit,  in  secundis  sex  de  locis,  sex  tertios  de  temporibus,  s< 
quartos  eosdemque  postremos  de  rebus  absolvit.  quat«r  autem  seni  t; 
ginti  et  quattuor  fiunt.  sed  unimi  siugularem,  qui  communiter  priua  ( 
Omnibus  loqueretur,  in  capite  posuit.  In  divinis  identidem  rebus  eade 
ab  illo  divisiouis  forma  servata  est,  quantum  adtinet  ad  ea  quae  diis  e 
hibenda  sunt,  exhibentur  enim  ab  hominibus  in  locis  et  temporibus  sacr 
haec  quattuor  quae  dixi  Hbris  complexus  est  tcmis:  nam  tres  priores  ( 
hominibus  scripsit,  sequentes  de  locis,  tertios  de  temporibus,  quartos  c 
sacris,  etiam  hie,  qui  exhibeant,  ubi  exhibeant,  quando  exhibeant,  qu 
cxhibeant,  subtilissima  distiuctione  commendans.  sed  quia  oportebat  dicei 
maximeque  id  expectabatur  quibus  exhibeant,  de  ipsis  quoque  diis  tr« 
conscripsit  extremes,  ut  quinquies  temi  quindecim  fierent.  sunt  aute: 
omnes,  ut  diximus,  sedecim,  quia  et  istorum  exordio  unum  siugularei 
qui  prius  de  Omnibus  loqueretur,  apposuit;  quo  absolute  consequenter  < 
illa  quinquepertita  distributione  tres  praecedeutes,  qui  ad  homines  perl 
neut,  ita  subdivisit  ut  primus  sit  de  pontificibus,  secundus  de  auguribc 
tertius  de  quindecim  viris  sacrorum ;  secundos  tres  ad  loca  x^ertinentes,  i 
ut  in  uno  eorum  de  sacellis,  altero  de  sacris  aedibus  diceret,  tertio  de  1 
eis  religiosis;  tres  porro,  qui  istos  sequuntur  et  ad  terapora  pertinent"; 
est  ad  dies  festos,  ita  ut  unum  eorum  faceret  de  fcriis,  altcrum  de  lud 
circensibus,  de  scaenicis  tertium.  quartorum  trium  ad  sacra  pertineniiu 
uni  dedit  cousecrationes ,  alteri  sacra  privata,  ultimo  publica,  hanc  vel 
pompam  obsequiorum  in  tribus  qui  restant  dii  ipsi  sequuntur  extremi,  qi 
bus  iste  universus  cultus  inpensus  est:  in  primo  dii  certi,  in  secundo  i 
certi,  in  tertio  cunctorum  novissimo  dii  praecipui  atque  selecti.  Die  rer.  h 
man.  libri  suchten  dem  Verfall  der  Staatsreligion  entgegenzuwirken  und  war< 
ad  Caesarem  pontificem  gerichtet  (Augustin.  de  civ.  dei  VII,  35.  Lactai 
Inst.  I,  6,  7),  somit  wohl  Ende  707  herausgegeben.  Davon  auch  eine  kü 
zere  Bearbeitung,  'Emtourlv  Antiquitatum  in  9  (i-{-b)  Büchern.  Priscis 
ist  der  Letzte  dem  das  Werk  selbst  noch  vorgelegen  zu  haben  scheir 
Ritschi,  Bhein.  Mus.  VI.  S.  506.  L.  H.  Krahner,  comm.  de  Varr.  antiq 
.  .  libris  XLI,  Halle  1834;  und  über  das  zehnte  Buch, der  Antiqq.  rc 
div.  des  Varro,  Ztschr.  f.  d.  Alt.-Wiss.  1852,  S.  385—412.  L.  Merckh 
Philologus  XIII.  S.  731 — 735.  Zusammenstellung  und  Erläuterung  d 
Ueberreste  bei  R.  Merkel  in  seiner  Ausg.  von  Ovids  Fasti  p.  CVI— CCXLV] 
Vgl.  auch  C.  H.  J.  Francken,  fragmenta  Varr.  quae  inveniuntur  in  libx 
S.  Augustini  de  civ.  dei,  Lugd.  Bat.  1836.    Lüttgert,  Theologiunena  Va 


Vaaro's  prosaische  Schriften.  233 

roniaoa,  a  S.  Augostino  in  iudidum  vocata,  Sorau  1858.  1859.  4.  L.  Merck- 
lin,  de  Yarrone  coronarum  Born,  militarium  inierprete  praecipuo ,  Dorpat 
1859.  4. 

b)  Annalium  libri  III,  wohl  ein  chronologischer  Abriss  wie  der  annalis 
des  Attiens  und  die  chronica  des  Cornelius  Nepos.    Ritschi ,  Rhein.  Mus. 

VI.  S.  608—510. 

c)  de  vita  populi  romani  (vgl.  Dikäarchs  B{og  'EXldidog)  in  4  Büchern, 
an  Attacas  gerichtet  (Charis.  I.  p.  101  P.  =  126,  25  K.) ,  nach  den  Ueber- 
resten  daraus  (gesammelt  von  Kettner  p.  21 — 39)  eine  Art  Culturgeschichte, 
»achliche  und  chronologische  Anordnung  künstlich  combinierend,  so  dass  I 
die  Zu£tände  des  Einzelnen,  II  Familie  und  Staat,  III  Kriegswesen,  IV  den 

N  Untergang  des  Staats  (der  Republik)  behandelte.  Abfassung  vielleicht  um 
711  (Ritschi,  Rhein.  Mus.  VI.  S.  512).  H.  Kettner,  Varronis  de  vita  pop. 
rom. .  .  quae  exstant,  Halle  1863.  42  pp. 

d)  de  gente  populi  rom.  4  Bücher;  s.  Arnob.  adv.  nat.  V,  8:  Varro  .  . 
in  librorum  quattuor  primo  quos  de  gente  conscriptos  rom.  pop.  dereli- 
quit,  curiosis  computationibus  edocet  ab  diluvii  tempore  (der  deukalioni- 
scheu)  adusque  Hirti  consulatum  et  Pansae  (J.  711)  annorum  esse  roilia 
nondom  duo.  Verfasst  im  J.  711  oder  kurz  darauf  (s.  Arnob.  1.  1 ),  ein 
Versuch  die  römische  Zeitrechnung  in  den  universalhistorischen  Synchro- 
nismus einzureihen  und  damit  gleichsam  den  geschichtlichen  Stammbaum 
des  römischen  Volkes  aufzurichten  (Roth,  Leben  d.  V.  S.  27).  Diese  Genea- 
logie wurde,  nach  einer  chronologischen  Einleitung,  über  die  sikyonische 
und  athenische  Königsreihe  (ß.  I  u.  II)  auf  die  latinische  (B.  Ill)  und 
dann  die  römische  (B.  IV)  weiter  geführt,  mit  besonderer  Berücksichtigung 
der  ethuographischeu  Zusammenhänge  der  Einrichtungen  Roms  (Serv.  Aen. 

VII,  176).  Die  Schrift  ist  in  der  ersten  Hälfte  von  Augustin.  de  civ.  d. 
XYIII  stark  benutzt;  s.  bes.  c.  2.  13.  Francken,  fragm.  Varr.  p.  124—150. 
H.  Kettner,  varronische  Studien  (Halle  1865)  S.  38—63  und  die  Ueber- 
reste  S.  63—78. 

e)  de  familüs  troianis  (römische  Patricierfamilien  die  von  Aeneas  oder 
Genossen  desselben  abstammen  wollten)  in  mehreren  Büchern  (Serv.  Aen. 
'^.704:  Varro  in  Hbris  quos  de  familüs  troianis  scripsit).  Vgl.  Ritschi, 
allein.  Mus.  VI.  S.  507  f.  W.  Hertzberg  zu  seiner  üeloersetzung  der  Ae- 
008  V,  116  ff.  S.  369. 

0  Aetia  {Jttta^  nach  dem  Vorgange  des  Kallimachos),  Erklärung  (der 
f*öo,  causae,  des  cur)  römischer  Gebräuche  bes.  des  Privatlebens,  wohl 
^  Haaptquelle  für  Plutarchs  ACtiu  (cofiatiid.  L.  Mercklin,  Philologus  III. 
8  267-277.  XIII.  S.  710  f.  G.  Thilo,  de  Varrone  Plut.  Qua'est.  rom.  au- 
^re  praecipuo,  Bonn  1853.  J.  J.  W.  Lagus,  Plutarchus  Varronis  studio- 
»^  Helsingfora  1847.    Ritschi,  Rhein.  Mus.  VI.  S.  512. 

g)  rerum  urbanarum  Hbri  HI,  vielleicht  eine  Geschichte  der  Stadt  Rom 
°^tBftchlich  aus  topographischen  Gesichtspunkten.  Ritschi  a.  a.  0* 
^'  510  f.     Ö.  Jahn,  Hermes  II.  S.  235. 

h)  tribuum  über  (angeführt  von  Varro  L.  L.  V,  56),  benutzt  in  den 
^nbosartikeln  des  Festus;  s.  L.  Mercklin,  Quacstiones  Varronianae  (Dorpat 
1852.  4.)  p.  6  ff. 


234  Ciccroniache  Zeit.  Erste  Hälfte,  671—691. 

Alle  diese  Schriften  (b— h)  sind  Ergänzungen  und  weitere  Ausführun- 
gen des  in  den  Antiqq.  rerum  humanarum  behandelten  Stoffes,  zu  welchem 
gehört  auch  der  schon  683  (Pompeius  cum  initurus  foret  consulatum,  Gell.) 
verfasste  Elaayaryiyiog  ad  Pompeium,  ex  quo  discerct  quid  facere  dicere. 
que  deberet  cum  senatum  consuleret  (Gell.  XIV,  7,  2).  Dagegen  der  in 
den  res  divinae  erörterte  Stoff  kehrt  in  keiner  Specialschrift  wieder,  da 
Varro  in  augurum  libris  (Macrob.  Sat.  I,  16,  19)  von  zweifelhafter  Rich- 
tigkeit (statt  libro,  nämlich  Antiquitatum)  ist;  s.  Ritschi,  Rhein.  Mus.  VI. 
S.  540. 

5.  Literarhistorische  Schriften  (llitBclil  a.  a.  0.  S.  5 13-— 524):  de 
bibliothecis  III (  de  proprietate  scriptorum  III  (stilistisch?  Ritschi  S.  524); 
de  poetis  (die  römischen)  in  mehreren  Büchern  (Gell.  I,  24,  3:  epigramma 
Plauti  .  .  a  M.  Varrone  positum  in  libro  de  poetis  primo;  vgl.  XVII,  21, 
43.  46);  de  poematis  III  (wohl  eine  Art  Poetik);  de  lectionibus  III  (wahr- 
scheinlich über  die  Recitationen,  Ritschi  S.  521  ff.);  de  compositione  satu- 
rantai  (Non.  p.  67).  Insbesondere  die  dramatische  Literatur,  und  inner- 
halb dieser  namentlich  Plautus,  wurde  von  Varro  in  einer  Reihe  von 
Schriften  behandelt  (Ritschl  S.  516  ff.).  So  de  originibus  scenicis  HI;  de 
scenicis  actionibus  (Aufführungen)  III  (nach  Hieronymus;  bei  Charis.  I.  p 
74  P.  =  95,  18  K.:  Varro  de  actionibus  scenicis  V;  vgl.  den  Anonymus 
de  generibus  nomiuum  ed.  Otto,  Giessen  1850.  4.,  Nr.  306);  de  acübus 
scenicis  III;  de  personis  (Masken)  III;  de  descriptionibus  (Charakterschil- 
derungen) III;  quaestionum  Plautinarum  V  (wohl  zur  Erklärung  einzelner 
dunkler  Ausdrücke)  und  de  comoediis  Plautinis  (über  echte  und  unechte 
Stücke?)  mehrere  Bücher  (M.  Varro  in  libr.  de  comoediis  PI.  primo.  Gell. 
III,  3,  9).  Servius  Ae.  X,  894  (ut  etiam  Varro  in  ludis  theatralibus  docet) 
meint  eher  das  Buch  der  Antiqq.  rer.  hum.  das  de  ludis  scenicis  han- 
delte (s.  oben  154,  4,  a)  als  die  Monographie  de  scenicis  actionibus.  Ein 
besonders  merkwürdiger  Bestandtheil  der  literarhistorischen  Schriften  Var- 
ro*s  sind  seine 

Imaginum  libri  XV  oder  Hebdomades,  ein  biographisches  Bilderbuch, 
herausgegeben  um  715  d.  St.  (Gell.  III,  10,  17),  enthaltend  700  Porträt- 
bildnisse griechischer  und  römischer  Berühmtheiten  (Könige  und  Feldher- 
ren; Staatsmänner;  Dichter;  Prosaiker;  Fachmänner ;  Künstler ;  auf  andern 
Gebieten)  mit  je  einem  (metrischen)  elogium.  Das  erste  Buch  bildete 
wohl  die  Einleitung  nebst  den  14  Urvätern  der  in  den  folgenden  Büchern 
aufgestellten  Gattungen;  die  weiteren  14  Bücher  (oder  7  Dyadeu,  die  ge- 
*  raden  Zahlen  für  die  Griechen,  die  ungeraden  für  die  Römer?)  werden  je 
7  Hebdomaden  oder  49  imagines  enthalten  haben  (14mal  49  =  686  -f-  14 
=  700).  Von  demselben  Werke  veranstaltete  Varro  (wohl  später)  eine 
wohlfeilere  (Volks-)  Ausgabe,  wahrscheinlich  ohne  Porträts,  'EnttOfi^v  ex 
Imaginum  libris  XV  libros  HII  (Hieronymus),  welche  letztere  Zahl  Ritschl 
zuerst  (Rhein.  Mus.  XII  S.  160)  in  VH  (Uli)  abgeändert,  dann  (Epimetrum 
1858)  belassen  und  auf  vier  Hanptkategorien  (Staat,  Literatur,  Kunst,  Son- 
stiges) bezogen  hat.  Plin.  N.  H.  XXXV,  2, 11:  imaginum  amorem  flagrasse 
quondam  testes  sunt  Atticus  ille  Ciceronis  (s.  outen  159,  1,  d)  et  M. 
Varro  benignissimo  invento,  insertis  voluminum  soorum  fecunditati  septiu- 
gentorum  inlustrium  aliquo  modo  imaginibus.    Gell.  HI,  10,  1:   M.  Varro 


Varro's  prosaische  Schriften.  235 

m  primo  hbroram  qui  inscribuntur  Uebdomades  vcl  de  imaginibus.  11,  7: 
M.  Varro  in  libro  de  imaginibus  primo  Homeri  imagini  epigramma  hoc 
adposuit.  Symmach.  Ep.  I,  2:  scis  Terentium  .  .  Iteatiuum  .  .  Hebdoma- 
dum  librOB  epigrammatnm  adiectione  condisse.  Auaon.  Mosell.  305  fi*. : 
forsan  et  insignes  hominumque  operumqae  labores  (der  griechischen  Ar- 
chitektur) hie  habnit  decimo  celebrata  volumine  Marci  hebdomas.  F.  Creu- 
zer,  Ztschr.  f.  d.  Alt.-Wiss.  1843,  Nr.  133—147  =  Deutsche  Schriften,  zur 
Archäologie  III.  S.  531  fF.  Elster,  in  Jahn's  Archiv  XVIII.  S.  202—206. 
XtX.  S.  31—52.  M.  Hertz,  in  Gerhardts  Denkmälern,  Forschungen  1850, 
S.  142  f.  F.  Ritschi,  Rhein.  Mus.  VI.  S.  613  f.  XIT.  S.  153  f.  160.  XIII. 
S.  317—319;  de  ordiue  quo  Varr.  Hebd.  dispositae  fuerint,  Bonner  Katalog 
1866  f.;  Epimetrum  disput.  de  Varr.  Hebd.  libris,  Bonner  Katalog  1858. 
L.  Mercklin  im  Dorpater  Katalog  1857,  Rhein.  Mus.  XIII.  S.  460  fF.  und 
Philologuö  Xm.  S.  742—751.  XV.  S.  709  —  712.  L.  ürlichs,  Rhein.  Mus. 
XIV.  S.  607—612.    J.  Vahlen  m  Jahn's  Jahrb.  LXXVII.  S.  737—746. 

Auch  auf  kunstgeschichtliche  Schriften  des  Varro  lassen  Bruchstücke 
aus  ihm  bei  Plinius  schliessen.    Ritschi,  Rhein.  Mus.  VI.  S.  520,  A. 

6.  Fachwissenschaftliche  Schriften  (Ritschi  a.  a.  0.  S.  503—505): 

a)  Disciplinarum  libri  IX,  bei  den  Römern  die  erste  enkyklopädische 
ZotammenfaBBung  der  artes  liberales,  wie  sie  durch  griechische  Wissen- 
sebafl  ausgebildet  waren,  nämlich  1)  grammatica  (Wilmanns,  Varr.  gramm. 
p.  98—116.  208—218),  2)  dialectica,  3)  rhetorica,  4)  geometria,  6)  arithme- 
tica,  6)  astrologia,  7?)  musica,  8)  medicina,  9)  architectura,  woraus  die 
sieben  artes  liberales  des  Mittelalters  wurden,  wie  sie  schon  bei  Augusti- 
nus und  Martianus  Capella  sich  finden.  Bezieht  sich  auf  daa^  achte  Buch 
die  Angabe  von  PHnius  N.  H.  XXIX,  4,  65  (cunctarer  in  proferendo  ex  bis 
remedio  ni  M.  Varro  LXXXIU  vitae  anno  prodidisset),  so  wäre  dieses  Werk 
eines  der  spätesten  des  Varro.  F.  Ritschi,  Quaestiones  Varronianae,  Bonn 
1845.  65  pp.  4.  Vgl.  Rhein.  Mus.  VI.  S.  503  f.  635.  L.  Mercklin,  Philolo- 
gU8  xm.  S.  736—738. 

b)  Die  in  Disdpl.  zusammengefassteu  Fächer  hat  Varro  überdiess 
groaaentheils  auch  in  Einzelschriften  behandelt;  so  die  Grammatik  (s.  e), 
die  Philosophie  (de  forma  phiiosophiae  libri  IH;  vielleicht  auch  ein  ein- 
zelnes Bach  de  phüosophia,  nach  Augustin.  civ.  d.  XIX,  1  ff.  vgl.  Ritsch], 
Ehein.  Mus.  VI.  S.  503),  zu  welcher  (wie  zur  arithmetica)  auch  die  ohne 
Zveifel  pjthagorisiereuden  neun  Bücher  de  prindpiis  numerorum  gehören. 
V^.  L.  Krahner,  de  Varrone  ex  Marciani  sainira  supplendo;  c.  1:  de  Var- 
ronis  philosophia,  Friedland  1846.  4.  Diese  philosophischen  Schriften  sind 
ncher  nach  Ciceros  Academica,  also  nach  J.  709,  verfasst  (Wilmanns, 
Varr.  gramm.  Hbr.  p.  9).  Femer  eine  eigene  Rhetorik  (Varro  .  .  in  libro 
UI  Bhetoricorum,  Priscian.  IX.  p.  872  =3  489,  2  Htz.).  Die  geometria  zerfiel 
bei  Varro  naph  der  theoretischen  Seite  in  %avovi%ri  (quae  ad  aures  perti- 
liet,  Grundlage  der  Musik;  s.  Ritschi,  Quaest.  Varr.  p.  30  f.)  und  onti-nri 
(qoae  ad  oculofl  pertinet,  Optik  nebst  inmBdofiBtgta  und  CTeQtoftBTQtccj 
ÄiWd  p.  37 — 39),  nach  der  praktischen  Seite  in  Gromatik  und  Geogra- 
ite  (Ritschl  p.  39 — iS).  Die  Gromatik  oder  Kunst  und  Lehre  der  Agri- 
Q^ensoren  war  dann  ohne  Zweifel  in  der  Schrift  de  meusuris  (Priscian. 
VUL  p.  818  P.  =«  420,  15  Htz.  Ps.  Boeth.  de  geometr.  p.  1234)  eigens  be- 


236  Ciceronische  Zeit.  Erste  Hälfte,  671—691. 

handelt  (Ritschi,  Rhein.  Mus.  VI.  S.  536  f.  554,  A.  8),  wie  vielleicht  auch 
die  Länderkunde  (Ritschi  S.  565,  A.  12),  in  deren  Gebiet  weiter  einschla- 
gen de  ora  maritima  übri  (Serv.  Ae.  I,  108.  111.  V,  19.  Vm,  710), 
wohl  identisch  mit  dem  opus  quod  de  littoralibus  est  (Solin.  11).  Zwei- 
felhaft aber  ist  ob  das  von  Hieronymus  genannte  Buch  de  valitudine 
tuenda  eine  selbständige  Ausführung  oder  vielmehr  ein  logistoricns  war 
(Ritschi  S.  602.  536). 

c)  Aus  praktischen  Gebieten  sind  ausser  den  libri  rerum  rusticarum 
(unten  156)  die  Schrift  de  aestuariis  (in  libro  quem  de  aest.  feci,  Varr.  L. 
L.  IX,  26),  sofern  damit  solche  aestuaria  gemeint  sind  welche  Meerwasser- 
fischteiche speisen  (Ritschi  S.  554,  A.  10),  sowie  die  beiden  Witterungs- 
kalender für  den  Landmann  und  für  Seefahrer:  Ephemeris  (rustica  oder 
agrestis),  verfasst  nach  dem  J.  708  (Ritschi  S.  533),  und  Ephemeridis  na- 
valis  libri  ad  Pompeium  (Non.  p.  71,  19.  Itin.  Alex.  M.  6),  verßisst  um 
677  (Varro  Cn.  Pompeio  per  Hispanias  mihtaturo  librum  illum  Epheme- 
ridos  sub  nomine  elaboravit,  Itin.  1.  L),  Schifffahrtsprognostica,  von  Vege- 
tius  V,  11  kürzer  libri  navales  genannt  (Ritschi  S.  532  f.).  Th.  Bergk, 
Rhein.  Mus.  I  (1842).  p.  367—374. 

d)  de  iure  civili  libri  XV,  wohl  in  dem  Sinne  als  römisches  Privat- 
recht; Ritschi.  S.  505.  Für  eine  allgemeine  juristische  Propädeutik  und  die 
Hauptquelle  von  Pomponius  hält  das  Werk  F.  D.  Sanio,  Varroniana  in  den 
Schriften  der  röm.  Juristen,  vornehmlich  an  dem  Enchirid.  des  Pomponius 
nachzuweisen  versucht  (Leipzig  18C7),  S.  134  vgl.  S.  211  S.  Verwandten 
Inhalts  sind  wohl  auch  die  libri  de  gi-adibus  (Verwandtschaftsgrade)  bei 
Serv.  Ae.  V,  410.  Antiquarische  und  staatsrechtliche  Fragen  neben  gram- 
matischen finden  sich  erörtert  in  den  Ueberresten  der  Epistolicae  quaesti- 
ones,  mindestens  in  acht  Büchern  (Ritschi  S.  537),  und  wohl  auch  der 
Epistulae,  falls  diese  überhaupt  von  jenen  verschieden  sind,  in  welchem 
Falle  sie  in  graecae  und  latinae  (Non.  p.  141:  Varro  epistula  latina ;  p.  121: 
Varro  epistula  latina  libro  I;  p.  473:  Varro  ep.  lat.  libro  II;  vgL  p.  419: 
Varro  .  .  epistulis  Latiniae)  werden  eingetheilt  gewesen  sein  (Ritschi  S. 
537—640.  553,  A.  5  f.). 

e)  Grammatischen  Inhalts  waren,  ausser  dem  Gesammtwerke,  den 
25  Büchern  de  lingua  latina  (unten  155)  und  der  epitome  daraus  in  9  Bü- 
chern, folgende  Einzelschriften:  de  antiquitate  litterarum  (Priscian.  I.  p. 
540  P.  =  p.  8,  2  Htz  :  Varro  in  II  de  antiquitate  litterarum),  an  (den 
Tragiker  L.)  Attius  gerichtet  und  daher  wohl  eine  der  ältesten  Schriften 
Varro's  (Ritschi  S.  529  f.  557,  A.  21.  Wilmanns  p.  117—125.  218—220);  de 
origine  linguae  latinae  III  (an  Pompejus  gerichtet?  Ritschi  S.  530  f.);  ntQi 
XotQaHtrJQmv  {=  tvnmv^  Formen  der  Wortbildung,  Usener  in  Jahns  Jahrb. 
XCV,  S.  247  f.),  mindestens  drei  Bücher  (Chans.  IL  p.  170  P.  =  189,  25 
K.:  Varro  in  IH  n.  x-)',  de  similitudine  verborum  III  (=  de  analogia,  Ritschi 
S.  529);  de  utilitate  sermonis  (Charis.  p.  98  P.  ==  123,  3  K.:  Varro  de  ut. 
s.  HH),  die  anomalia  in  den  Vordergrund  stellend  (Ritschi  6.  529);  de  ser- 
mone  laüno  V  (Hieronymus;  dagegen  Rufin.  p.  2707  P.  =  p.  379  Gaisf.: 
in  lib.  VII  de  lingua  latina  ad  Marcellum,  vgl.  Gell.  XII,  6,  3.  10,  4.  XVI, 
12,  7  f.  XVIII,  12,  8.  Wilmanns  p.  47—97.  170—208),  die  Metrik  mit  be- 
handebid  (Ritschi  S.  524,  vgl.  Westphal,  allg.  Metrik  S.  32  f.  92  f.).   A.  Wil- 


r* 


VaiTo's  prosaische  Schriften  (de  ling.  lat.).  237 

rnanns,  de  Yarr.  libris  grammaticis  scripsit  relliquiasque  subiecit,  Berlin 
1864.  226  pp.  8. 

Dazu  endlich  noch  (libri)  singulares  X  bei  Hieronymus,  ßovoßißla  an- 
bekannten  Inhalts  (ßitschl  S.  502). 

155.  Von  der  gesammten  literarischen  Thätigkeit  Varro's 
sind  nur  zwei  Schriften  auf  uns  gekommen,  de  lingua  latina 
und  rermn  rusticarum  libri  IIL  Aber  von  den  ursprünglich  25 
Büchern  de  lingua  latina  ist  uns  nur  Buch  V  bis  X  erhalten; 
und  auch  diese  am  Ende  von  VI,  VIII  und  X,  sowie  am  An- 
fang von  Vn  und  IX  verstümmelt,  ausserdem  vielfach  intei-poliert 
und  sonst  verderbt.  Das  vollständige  Werk  behandelte  in  seiner 
ersten  Hälfte  die  Lehre  von  der  Bildung  und  Flexion  der  Wör- 
ter, in  der  zweiten  die  Syntax,  unter  starker  Benutzung  der 
Alexandriner  und  Stoiker.  Vom  fünften  Buche  an  war  das  Werk 
dem  Cicero  gewidmet  und  ist  daher  spätestens  J.  711  verfasst 
und  wohl  auch  herausgegeben.  Der  sprachwissenschaftliche 
Standpunkt  ist  sehr  ungleich,  die  Schreibweise  abgerissen  imd 
ungefüg. 

1.  Die  strenge,  mechanische  Symmetrie  der  Disposition  yrie  in  den  Anti- 
qmiatam  libri  (s.  oben  154,  4,  a)  so  auch  in  den  Büchern  de  lingua  latina  er- 
hellt aus  der -wiederholten  Hervorhebimg  derselben.  VII,  110:  quoniam  omnis 
operis  de  lingua  latina  tris  feci  parteis,  primo  quemadmodum  vocabula  im- 
posita  essent  rebus  (Etymologie),  secundo  quemadmodum  ea  in  casus  declina- 
rentur  (Dedination  und  Conjugation),  tertio  quemadmodum  coniungerentur 
(Syntax).  V,  1 :  quemadmodum  vocabula  essent  imposita  rebus  in  Hngua  latina 
KI  libris  exponere  institui.  de  his  tris  (ausser  dem  ersten,  die  Einleitung  ent- 
lialtenden  Buche,  also  B.  II — IV)  ante  hunc  feci,  quos  Septumio  misi.  in  quibus 
est  de  disciplina  quam  vocant  ^tvfioAoytxiji'.  quae  contra  eam  dicereutur,  vo- 
laniine  primo  (B.  II) ;  quae  pro  ea,  secundo  (B.  III) ;  quae  de  ea,  tertio  (B.  IV). 
in  bis  ad  te  (Cicero)  scribam,  a  quibus  rebus  vocabula  imposita  sint  in 
lingiia  latina,  et  ea  quae  sunt  in  consuetudine  apud  poetas.  VI,  97:  quo- 
niam de  hisce  rebus  tris  libros  ad  te  mittere  institui,  de  oratione  soluta 
duo,  de  poetica  unum,  et  ex  soluta  ad  te  misi  duo,  priorem  (B.  V)  de 
locis  et  quae  in  locis  sunt,  hunc  (B.  VI)  de  temporibus  et  quae  cum  his 
«unt  coniuncta:  deinceps  in  proxumo  (B.  VH)  de  poeticis  verborum  origi- 
nibos  scribere  institui.  VII,  5:  dlcam  in  hoc  libro  de  verbis  quae  apoetis 
Bunt  posita,  primum  de  locis,  dein  de  his  quae  in  locis  sunt,  tertio  de 
temporibus,  tum  quae  cum  temporibus  sunt  coniuncta.  VIII,  24:  de  qui- 
bus utriusque  generis  (dvaXoyiag  und  dvfofiaXtag)  declinationibus  libros 
fadam  bis  temos:  prioris  tris  (B.  VIII,  IX,  X)  de  earum  declinationum 
^dplina,  posterioris  (B.  XI,  XII,  XIII)  ex  eins  disciplinae  propaginibus. 
^  prioribus  primus  (B.  VIII)  erit  hie:  quae  contra  similitudinem  (Analo- 
gie) declinationum  dicantur,  secundus  (B.  IX),  quae  contra  dissimilitudinem 
(AuomaUe),  tertius  (B.  X)  de  similitudinum  forma,  de  quibus  quae  exi)e- 
^'ero,  singnlis  tribus;   tum  de  alterjs  totidem  scribere  ac  dividere  incipia- 


238  Ciceronische  Zeit.  Erste  Hälfte,  671—691. 

mu8.  Buch  XIV  bis  XXV  behandelte  dann  die  Syntax.  Vgl.  Bit 
Rhein.  Mus.  VI.  S.  526  f.  Wilmanns,  de  Varr.  libris  gramm.  p.  22  ff. 
sammenstellung  der  Ueberreste  aus  den  verlorenen  Büchern  beiWikn 
p.  141—170. 

2.  Die  Widmung  an  Cicero   erstreckte  sich  auf  B.  V — XXV. 
Gell.  XVI,  8,  6:  M.  Varro  de  Ungua  latina  ad  Ciceronem  quarto  vicea 
auch  Priscian.  X,  60.  p.  540,  4  Htz.:  Varro  in  XXIIII  ad  Ciceronem. 
aus  dass  die  ersten  Bücher  einem  Andern  gewidmet  waren  ist  wol 
schliessen  dass  sie  schon  verfasst  waren  als  Varro  sich  entschloss  mi 
cero  eine  Art  Tauschhandel  der  Widmungen  einzugehen.     Schon  J. 
versprach  er  dem  Cicero  magnam  et  gravem  nqoctptovriGiv  (Cic.  ad 
XIII,  12,  3),  wurde  aber  damit  nicht  so  schnell  fertig  wie  Cicero  mit  8( 
Büchern,  so  dass  dieser  J.  709  ungeduldig  wurde  (biennium  praeteriit 
ille  KaXXin7cl9rjg  assiduo  cursu  cubitum  nullnm  processerit,  1.  1.)  und 
auf  des  Atticus  Zureden   sich   entschloss  selber  den  Anfang  zu   ma 
durch  Widmung  seiner  Academica  an  Varro  (ad  Att.  XIII,  12,  3.  16 
18).    Das  Werk  Varro's  wurde  also  erst  nach  dem  Erscheinen  von  Cic 
Academica  (J.  709)  fertig,  ohne  Zweifel  aber  vor  Cicero's  Tod  (Ende 
Wenigstens  hat  0.  Müller's  Vermutung,  es  sei  erst  nach  Varro's  Tod 
fertig  veröffentlicht  worden,  die  Thatsache  gegen  sich  dass  Varro  s( 
eine  Epitome  davon  herausgab.    Vgl.  0.  Müller's  Praef.  p.  I— XI  und 
gegen  L.  Spengel,  Abhandl.  der  bair.  Akad.  VII,  2.  S.  443  ff. ;  Roth,  L« 
Varro's  S.  25,  und  Wilmanns,  Varr,  hbr.  gramm.  p.  37 — 46.    Verrius  1 
cus  scheint  das  Werk  nicht  benutzt  zu  haben,  vielleicht  weil  er  es  2 
achtete.    Vgl.  Schwegler,  Rom.  Gesch.  I.  S.  127;    „die  Schrift  wim 
von  unsinnigen,  kindischen,   selbst  gegen  die  Anfangsgründe  der  lat 
sehen  Grammatik  verstossenden  Etymologieen." 

3.  Die  ziemlich  zahlreichen  Handschriften  des  Werkes  de  Hngna 
stammen  sämmÜich  aus  dem  löten  Jahrh.  und  sind  Abschriften  der  n 
ceischen  in  Florenz ,  Laur.  51 ,  10  saec.  XI.  C.  Lachmann ,  Rhein.  ] 
1835,  S.  104.  1845,  S.  611.  H.  Keil,  Rhein.  Mus.  VI.  (1848.)  8.  142— 
Editio  princeps  von  Pomponius  Laetus,  Rom  um  1471.  Neuere  Ausgf 
hauptsächlich  von  L.  Spengel  (BeroL  1826)  und  C.  0.  Müller  (Lips.  IS 
nach  Letzterem  A.  E.  Egger  (Paris  1837).  Neuere  Beiträge  zur  Kritü 
L.  Mercklin,  Philologus  XIII.  S.  684—692)  besonders  von  L.  Spengel,  i 
die  Kritik  der  varron.  Bücher  de  1.  1.,  München  1854.  4.  (Abhandl. 
bair.  Ak.  VII,  2.  S.  429—482.);  de  emendanda  ratione  libronun  . .  de . 
München  1858.  4.;  Philologus  XVII.  S.  288—306.  W.  Christ,  Philoh 
XVI.  S.  450—464.  XVII.  S.  59—63.  H.  Kettner,  krit.  Bemerkungen 
Varro  u.  lat.  Glossaren,  Rossleben  1867.  4.  Zur  Sacherklärung  L.  Lex 
Sprachphilosophie  d.  Alten  III.  S.  169  ff.  C.  E.  L.  Oxe,  de  Varr.  et) 
quibusdam,  Kreuznach  1859.  4.  A.  WDmanns,  de  Varr.  libr.  gra: 
p.  1—46. 

166.  Varro's  drei  Bücher  rerum  rusticarum  besit 
wir^  mit  Ausnahme  einer  Lücke  zu  Anfang  des  zweiten  Bu< 
vollständig.  Das  erste  handelt  vom  Ackerbau,  das  zweite  ' 
der  Viehzucht,  das  dritte  von  den  auf  einem  Gute  gezogei 


Varro'ß  prosaische  Schriften  (rer.  rust.).  239 

Vogehi  und  Fischen.  *  Gelehrsamkeit  und  lange  Lebenserfahrung 
liefern  hier  dem  achtzigjährigen  Verfasser  reichen  Stoff.  Die 
Einkleidung  ist  dialogisch  in  der  Weise  der  philosophischen 
Schriften  Cicero's,  aber  mit  lebhafterer  Scenerie  und  Handlimg, 
und  ist  von  Varro  dazu  benutzt  seinen  etwas  zopfigen,  aber  in 
seiner  gutmütigen  Behaglichkeit  ansprechenden  Witz  spielen  zu 
lassen,  besond^rs  hinsichtlich  der  Namen  seiner  Personen. 

1.  B.  E.  I,  1,  1:  annuB  octogesimus  admonet  me  ut  sarcinas  colligam 
ante  quam  proficiscar  e  vita.  Die  Abfassung  fällt  somit  ins  J.  717  d.  St. 
Die  Scenerie  des  Gesprächs  von  B.  11  wird  ins  J.  687  (21  April),  die  von 
B.  in  ins  J.  700  versetzt;  s.  11.  praef.  7.  HI,  2,  3  (vgl.  Cic,  ad  Att.  IV, 
15,  5).  Ibid.  I,  1,  4:  scribam  tibi  (seiner  Gattin  Fundauia)  tres  libros  in- 
dices  (übersichtliche).  Dies  blieb  stehen,  obwohl  Buch  II  und  III  andere 
Adressaten  erhielten,  jenes  den  Türranius  Niger,  dieses  den  Q.  Pinnius. 
1, 1,  11:  quo  brevius  (wegen  der  grossen  Zahl  der  Vorgänger)  de  ea  re 
conor  tribus  libris  exponere,  uno  de  agricultura,  altero  de  re  pecuaria, 
t^o  de  villaticis  pastionibus.  II.  praef.  6 :  quoniam  de  agricultura  librum 
Fmdaniae  uxori  propter  eins  fundum  feci,  tibi,  Niger  Turrani  noster,  qui 
vehementer  delectaris  pecore,  .  .  de  re  pecuaria  breviter  ac  summatini 
percurram.  III,  1,  9:  cum  putarem  esse  rerum  rusticarum  .  .  tria  genera, 
aniun  de  agricultura,  alterum  de  re  pecuaria,  tertium  de  villaticis  pastio- 
Aibis,  tres  libros  inetitui,  e  queis  duo  scripsi:  primum  ad  Fundauiam  uxo- 
rem  de  agricultura,  secundum  de  pecuaria  ad  Turranium  Nigrum.  qui  re- 
^Qoa  est  tertius,  de  villaticis  fructibus,  hunc  ad  te  (Q.  Pinnius)  mitto, 
quod  visuB  sum  debere  pro  nostra  vicinitate  et  amore  scribere  potissimum 
^  t«.  Wie  diese  fortwährende  Einprägung  der  Disposition  spedfisch  var- 
Fornsch  ist,  so  kehrt  in  diesem  Werke  auch  die  Polemik  gegen  den  Unter- 
sang  der  alten  Sitteneinfalt  oftmals  wieder.  Ausführung  über  die  Namen- 
^itse  (Fundania,  Fundilius,  Agrasius,  Agrius,  Stolo,  Scrofa,  Yaccius,  Merula, 
hmiy  Pavo  u.  A.)  bei  A.  Schleicher,  Meletematon  Yarron.  spec.  I  (Bonn 
ld46)  p.  1-12. 

2.  Da  die  Lücke  nach  der  praef.  von  lib.  II  sich  in  allen  Handschrif- 
^  findet,  so  stammen  diese  sämmtlich  aus  der  gleichen  Quelle.  Diese  ist 
wohl  die  von  P.  Yictorius  benutzte,  später  aber  verloren  gegangene  Hand- 
whrift  der  Marcusbibliothek  zu  Florenz  (Marcianus).  Die  beste  Abschrift 
^Ton  ist  Laur.  51,  4,  geschrieben  zwischen  1420  und  1430.  A.  Schleicher, 
^elet.  Varr.  I.  p.  13  ff.  (p.  20—32  index  codicum)  und  besonders  H.  Keil, 
^bservationes  criticae  in  Catonis  et  Yarronis  de  re  rustica  libros,  Halle 
J849.  Vgl.  L.  Mercklin,  Philologus  XIII.  S.  694-698.  Der  Text  in  den 
Scriptores  rei  rusticae  (s.  oben  44,  2)  und  in  den  opera  Yarronis  (s.  167,  3). 
üebersetzung  von  G.  Grosse,  Halle  1788.  A.  Fr^my,  quid  in  libris  M.  T. 
^-  de  re  rustica  ad  litteras  attineat,  Paris  1843.  Diss. 

157.  Die  übrigen  Schriften  Varro's  scheinen  über  das 
^hste  christliche  Jahrhundert  hinaus  sich  nicht  erhalten  zu 
luiben.    Unter  den  sogenannten  sententiae  Yarronis  sind  nicht 


240  Ciceronische  Zeit.  Erste  Hälfte,  671 — 691. 

wenige  welche  wirklich  aus  Schriften  des  Varro  entnommen  sein 
könnten. 

1.  Ueber  das  Verhäitnia3  des  Mardanus  Capeila  zu  Varro  s.  Ztschr. 
f.  d.  Alt-Wiss.  1845,  S.  1126  ff.  Jahns  Archiv  XIII.  S.  690  ff.  Krahner,  de 
Varrone  ex  Marciani  satura  supplendo,  Friedland  1846.  4.  Dass  lüdor 
Hisp.  die  36  Stellen  an  denen  er  den  Varro  nennt  nicht  aus  diesem  selbst, 
sondern  erst  mittelbar  durch  andere  Gewährsmänner  aus  ihm  geschöpft 
hat  ist  theils  wahrscheinlich  theils  gewiss  gemacht  worden  durch 
H.  Eettner,  varronische  Studien  (Halle  1865)  S.  2  —  37.  Daraus  i&t  mit 
ziemlicher  Sicherheit  zu  schliessen  dass  dem  Zeitalter  des  Isidor,  dem  sie- 
benten Jahrh.  n.  Chr.,  von  dem  varronischen  Nachlasse  nicht  mehr  vorlag 
als  uns.  Diess  begreift  sich  um  so  leichte^  wenn,  ut  traditur  a  maioribas 
(Joh.  Saresber.  Policrat.  II,  26.  VIII,  19),  Papst  Gregor  I  (J.  590—604)  eine 
ganze  Sammlung  von  Büchern  aus  dem  Alterthum  auf  dem  Palatinus  ver- 
brannt hätte.  Petrarca  spricht  in  einem  Briefe  den  er  (1  Oct.  1343)  an 
Varro  richtet  die  unerfüllt  gebliebene  Hoffnung  aus:  divinarum  et  huma- 
narum  rerum  libros  XLI,  qui  nomeu  tibi  sonantius  pcpererunt,  hos  adhuc 
alicubi  forsitan  latitare  suspicor,  eaque  multos  iam  per  annos  me  fatigat 
cura.    Roth,  Leben  Varro's  S.  4  f.  A. 

2.  Die  Sententiae  Varronis,  ungefähr  160  an  Zahl  (abgedruckt  z.  B. 
bei  A.  Biese,  Vart.  Satt.  p.  265—272),  finden  sich  in  den  Handschriften 
unter  verschiedenen  Titeln  (Sententiae  Varronis  ad  Papirianum  Athenis 
audieutem ;  Proverbia  Varronis  ad  Paxianum ;  Sententiae  Varronis  ad  Athe- 
niensem  auditorem  morales  atque  notabiles;  Varro  ad  Atheniensem  audi- 
torem;  Liber  moraüs  quem  Varro  scripsit  ad  Ath.  aud.;  Varro  in  Moraü- 
bus  oder  in  libro  Moralium).  Ueber  sie  muss  imbefangene  Betrachtung 
dem  Urteile  von  Riese  beistimmen  (1.  1.  p.  X  f.) :  non  absonum  puto  con- 
icere  aliqua  certe  ex  parte  eas  e  Varronis  libris  dmvandas  esse,  nam 
insunt  sententiae  quales  liberalior  tautum  excultiorque  medio  aevo  aetas 
invenire  potuit  quaeque  Varronis  ingeuio  aptissimae  sunt  (z.  B.  1:  di  es- 
semus  ni  moreremur.  4:  cum  natura  litigat  qui  mori  grave  fert  10:  in 
multis  contra  omnes  sapere  desipere  est.  37:  eo  vultu  -dimittendae  sunt 
divitiae  quo  accipiendae.  39:  philosophiae  non  accommodari  tempus,  sed 
dari  oportet;  ipsa  euim  praecipuus  est  dei  cultus.  62:  eo  tantum  studia 
intermittantur  ne  omittantur.  84:  nil  novit  qui  aeque  omnia.  86:  cito 
transcursa  citius  labuutur.  86:  sie  multi  libros  degustant  ut  convivae  de- 
licias.  151:  sie  studendum  ut  propter  id  tb  putes  natum;  noch  mehr  freilich 
erinnert  dergleichen  au  Geist  und  Ausdrucksweise  des  Seneca).  nee  obstat 
sermo,  qui  profecto  illius  aevi  barbarie  foede  infectus  est,  cum  in  taLLbus 
fiorilegiia  sententias  tantum  respicere,  verba  neglegere  suoque  usui  accom- 
modare  possent.  So  ist  56  (omnia  nosse  impossibile)  inhaltlich  identisch 
mit  Varr.  R.  R.  II,  1,  3  (nemo  omnia  potest  scire).  Manches  ist  metrisch 
oder  leicht  in  ein  Metrum  zu  bringen  (wie  9.  21.  84.  98.  101),  daher  die 
varronischen  saturae  hauptsächlich  zu  der  Sammlung  beigesteuert  haben 
mögen.  Mercklin  vermutete  dass  der  obscure  Grammatiker  Varro  (bei 
Vergihus  Maro  de  V'III  partibus  or.)  aus  der  karolingischen  Zeit  der  Ver- 
fasser sei.  In  den  encyclopädischen  Schriften  des  Mittelalters  (e.  B.  Vinceu- 
tius  BeUovacensis  Speculum  historiale  und  doctrinale,  Amoldi  de  HoUandia 


Sent«ntiae  Varroiiis.  Q.  Hortensiiis.  241 

• 
liiber  Vaticani)  wurden  diese  Sentenzen  viel  benutzt.    Litteratur:   Senten- 

tiasM.  T.  V.  .  .  edidit  et  commentario  illustravit  Vine.  Bevit,  Padua  1843. 

R.  Klotz,  über  die  dem  Varro  beigelegten  Denkspriiche,.  Jahns  Archiv  IX. 

S.  582—603.   Düntzer,  ebda.  XV.  S.  193  ff.  vgl.  Jahns  Jahrb.  LIV.  S.  135  ff. 

LMercklin  im  Philologus  II.   S.  480—483.    XIU.  S.  739-742.    Quicherat, 

pensees  in^dites  de  Varron,  Bibl.  de  l'äcole  de  chartes  III,  1.  (Paris  1849) 

p  3  ff.    Sentences  de  M.  T.  V.  et  Uste  de  ses  ouvrages,  d'apr^s  diff^rents 

manuscripts,  par  Ch.  Chappuis,  Paris  1856,  p.  1  -116.    Ritschi,  Bhein.  Mus. 

XII.  S.  147—149. 

3.  Eine  verlässliche  Sammlung  und  Bearbeitung  des  ganzen  varroni- 
sehen  Nachlasses  gibt  es  noch  nicht.  Aelteres:  Varronis  opera  cum  notis 
J.  Scaligeri,  A.  Turnebi  all.,  Paris  1569.  1573.  1581.  1585.  Von  Ausonius 
Popma,  Lugd.  Bat.  1601.  Dortrecht  1619.  Amsterdam  1623.  Editio  Bi- 
pontina  1788.    2  Voll. 

158.  Unter  den  Rednern  der  Optimatenpartei  war  der  be- 
deutendste Q.  Hortensius  Hortalus  (J.  640—704  d.  St.),  als 
Mensch  weich  bis  zur  Verschwommenheit,  als  Redner  durch 
Gedächtnissstärke  und  kunstreiche  Gewähltheit  des  Vortrags 
lange  Zeit  die  erste  Rolle  spielend,  bis  Cicero  ihn  überholte. 
Auch  literarisch  war  er  thätig:  nicht  nur  dass  er  einen  Theil 
seiner  Reden  herausgab,  sondern  er  verfasste  auch  eine  Schrift 
über  allgemeine  Frkgen  aus  dem  Gebiete  der  Beredtsamkeit, 
ausserdem  Annales  und  erotische  Gedichte.  Neben  ihm  sind 
unter  den  Optimaten  als  Redner  nennenswerth  der  Triumvir 
M.  Licinius  Crassus  (J.  638—701),  L.  Licinius  LucuUus  (J.  640 
-698),  M.  Pupius  Piso  Calpurnianus  (Cos.  693),  sowie  auch 
Cn.  Pompejus  Magnus  (J.  648—706)  und  einige  Andere. 

1.  Hortensius  war  Aedil  679,  Prätor  682,  Consul  685,  f  704,  nach  Se- 
ren. Sammon.  261  ff.  an  einem  Halsleiden.  Cic.  Brat.  88,  301:  (erat  Hor- 
tensius) primum  memoria  tanta  quantam  in  nnllo  cognovisse  me  arbitror 
(Probe  bei  Sen.  Controv.  I.  praef,  19.  p.  54,  3  ff.  Bu.),  ut  quae  seciim  com- 
Daentatus  esset,  ea  sine  scripto  verbis  eisdem  redderet  quibus  cogitavisset. 
•302:  attuleratque  minume  volgare  genus  dicendi,  duas  quidem  res  quas 
nemo  alius,  partitiones,  qiiibus  de  rebus  dicturus  esset,  et  collectiones 
^mm  quae  essent  dicta  contra  quaeque  ipse  dixisset.  .  .  303:  vox  canora 
^  loavis,  motos  et  gestus  etiam  plus  artis  habebat  quam  erat  oratori  sa- 
Ö«.  95,  326:  Hortensius  genere  (orationis  asiatico)  florens  clamores  facie- 
W  adolescens.  habebat  enim  et  Meneclium  illud  studium  crebrarum  ve- 
i^Qstarumque  senteutiarum  .  .  et  erat  oratio  cum  incitata  et  vibrans  tum 
«tiam  accurata  et  polita.  327 :  erat  excellens  iudicio  volgi  et  facile  primas 
tenebat  adolescens.  .  .  sed  cum  iam  honores  et  illa  senior  auctoritas  gra- 
^08  qoiddam  requireret,  remanebat  idem  nee  decebat  idem;  quodque  ex- 
erdtationem  studiiimque  dimiserat,  quod  in  eo  fuerat  acerrimum,  concin- 
nitas  illa  crebritasque  sententiarum  .  .  vestitu  illo  orationis  quo  consueverat 

Teaffel,  Rum.  Literatarg-cschichtc.  |H 


242  Ciceronische  Zeit.  Erst«  Hälfte,  671—691. 

omata  non  erat.  Quictil.  XI,  3,  8:  diu  princeps  orator,  aliquando  aemulas 
Ciceronis  existimatus  est,  novissime,  quoad  vixit,  secundus.  Dem  Cicero 
gegenüber  benahm  er  sich  immer  neidlos  anerkennend  und  wohlwollend, 
wiewohl  er  von  dem  reizbaren  Nebenbuhler  vielfach  verkannt  wurde. 

2.  Von  den  zahllosen  Reden  welche  Hortensius  im  Laufe. von  44  Jah- 
ren gehalten  hat  kennen  wir  von  26  die  Anlässe;  s.  Luzac  p.  119—146. 
Meyer,  orat  rom.  p.  168-172  =  p.  361—378  ed.  IL  Herausgegebene  Re- 
den (z.  B.  pro  Verre,  Quintil.  X,  1,  23):  Cic.  Brut.  94,  324  (dicendi 
genus  quod  fuerit  in  utroque  oraüones  utriusque  etiam  posteris  nostris 
indicabunt).  96,  328  (id  declarat  totidem  quot  dixit,  ut  aiunt,  scripta  ver- 
bis  oratio),  or.  37,  132  (dicebat  melius  quam  scripsit).  Quintil.  XI,  3,  8 
(actione  valuisse  plurimum  .  .  fides  est  quod  eins  scripta  tantum  intra  fa- 
mam  sunt,  .  .  ut  appareat  placuisse  aliquid  eo  dicente  quod  legentes  non 
invenimus).  Ausserdem  Quintil.  II,  1,  11:  loci  .  .  quibns  quaestiones  ge- 
neraliter  tractantur,  quales  sunt  editi  a  Q.  quoque  Hortensio,  ut  Sitne 
parvis  argumentis  credendum?  vgl  ib.  4,  27.  Priscian.  VIII.  p.  792  P.  = 
381,  10  Htz.  Yellej.  II,  16,  3  (maxime  dilucide  Q.  Hortensius  in  Annalibus 
suis  rettulit).  Cic.  ad  Att.  XII.  6,  3  (de  bono  auctore  Hortensio  sie  ac- 
ceperam;  mündlich?  vgl.  XIII,  3^,  3  ex  Hortensio  audieram;  33,  3  non 
temere  dixit  Hortensius).  Erotische  Gedichte;  s.  Plin.  Ep.  V,  3,  6  (oben 
26,  1).  Ovid.  Trist.  II,  441  (nee  minus  Hortensi  nee  sunt  minus  improba 
Servi  carmina).  Gell.  XIX,  9,  7  (oben  26,  1).  Varr.  L.  L.  VÜI,  14  (Or- 
tensius  in  poematis:  cervix).  Catull.  ^5,  3  f.  Im  Allgemeinen  L.  C.  Luzac, 
de  Q.  H.  oratore  Ciceronis  aemulo,  Lugd.  Bat.  1810.  161  pp.  Linsen,  de 
H.  oratore  Cic.  aemulo,  Abo  1822  f.  4.  W.  Drumann,  Gesch.  Roms  ÜI. 
S.  81—108.    W.  Teuffei  in  Pauly's  Real-Enc.  HI.  (1843.)  S.  1497—1603, 

3.  Cic.  Brut.  64,  230:  Hortensius  .  .  suos  inter  aequalis  M.  Pisonem 
(A.  5),  M.  Crassum,  Cn.  Lentulum  (Cos.  682),  P.  Lentulum  Suram  (Cos. 
683)  longe  praestitit.  Tac.  dial.  37:  ex  bis  (den  vetera  quae  et  in  anti- 
quariorum  bybliothecis  adhuc  manent  et  cum  maxime  a  Muciano  oontra- 
huntur  ac  iam  .  .  edita  sunt)  intellegi  potest  Cn.  Pompeium  (A.  6)  et  M. 
Crassum  non  viribus  modo  et  armis  sed  ingenio  quoque  et  oratione  valu- 
isse, Lentulos  (A.  7)  et  Metellos  (A.  8)  et  Lucullos  (A.  4)  et  Curiones  (s. 
131,  12.  140,  6  und  den  Volkstribun  des  J.  704)  et  ceteram  procerum  ma- 
num  multum  in  his  studiis  operae  curaeque  posuisse.  Unter  diesen  war 
M.  Licinius  P.  f.  Crassus  Dives  im  J.  699  über  60  J.  alt  (Plut  Crass.  17), 
Prätör  682,  Cos.  684  und  699,  Censor  689,  Mitglied  des  ersten  Triumvirats 
694,  fiel  gegen  die  Parther  8  Juni  701;  s.  W.  Drumann,  Gesch.  Roma  IV. 
S.  71  —  115.  W.  Teuflei  in  Pauly's  Real-Enc.  IV.  S.  1064—1068,  Nr.  29. 
Cic.  Brut.  66,  233:  mediocriter  a  doctriua  instructus,  angustius  etiam  a 
natura,  labore  et  industria  .  .  in  principibus  patronis  aliquot  annos  fuit 
Stärker  trägt  die  Farben  auf  Plut.  Crass.  3:  naiSsiag  x^g  negl  Xoyov  ^d- 
liGza  {k\v  x6  Qr^togiTiov  xal  29€ia)<)i£g  sig  nollovg  ^ffxijfff,  xal  yBv6(i'Svog 
ffeivog  elmtv  iv  xoig  ykaXiata  Ptofiaimv  inifiElBia  xal  novtp  zovg'BVipV' 
taxdtovg  vnsQißaXsv, 

4.  Ueber  L.  Lucullus  s.  oben  144,  2.  Dessen  Bruder,  iL  Lidnins 
Lucullns,  nach  seiner  Adoption  (durch  M.  Terentius  Varro)  M.  Terentius 
M.  f.    Licinianus  Varro,  Cos.  681  (s.  W.  Teutfel  in  Pauly's  Real-Enc.  IV. 


p-fr-;'.'  < 


Q.  Hort^nsius,  M.  Crassus,  M.  Piso  u.  a.  Optimaten.  243 

S.  1074  f,  Nr.  9),  wird  von  Cicero  (Brut.  62,  222)  neben  M.  Octavius  Cn.  f. 
und  Cn.  Octavius  M.  f.  (Cos.  678)  unter  den  politischen  Hednem  auf- 
geführt 

5.  Cic.  Brut.  67,  236:  M.  Piso  (Cos.  693)  quidquid  habuit  habuit  ex  di- 
sciplina,  maximeque  ex  omnibus  qui  ante  fuerunt  graecis  doctrinis  eruditus 
fait.  habuit  a  natura  genus  quoddam  acuminis,  quod  etiam  arte  limave- 
rat,  quod  erat  in  reprehendendis  verbis  versutum  et  sollers  (vgl.  ad  Att. 
I,  13,  2).  .  .  is  cum  satis  floruisset  (als  Redner)  adolescens,  minor  haberi 
est  coeptus  postea;  deinde  ex  Virginum  iudicio  (J.  681?)  magnam  laudem 
est  adeptus  et  ex  eo  tempore  .  .  tenuit  locum  tarn  diu  quam  ferre  potuit 
laborem.  Ascon.  zu  Cic.  in  Pis.  p.  15:  Pupius  Piso  eisdem  temporibus 
qoibns  Cücero,  sed  tanto  aetate  maior  ut  adolescentulum  Ciceronem  pater 
ad  eiun  dedaceret,  quod  in  eo  .  .  multae  inerant  litterae.  Cic.  fin.  V,  1, 
1:  cum  audissem  (zu  Athen)  Antiochum,  ut  solebam,  cum  M.  Pisone.  de 
deor.  nat.  I,  7,  16:  M.  Piso  si  adesset,  so  wäre  auch  die  peripatetische 
Schule  vertreten,  ad  Att.  XIII,  19,  4  (J.  709,  wo  Piso  hiernach  schon  todt 
war):  confeci  V  libros  nsgi  telävy  ut  .  .  nsQt7taT7jti%a  M.  Pisoni  darem. 
de  or.  1,  22,  104:  est  apud  M.  Pisonem  .  .  Peripateticus  Staseas. 

6.  Cn.  Pomp  ei  US  Magnus,  geb.  30  Sept.  648,  Cos.  684,  699  und  (sine 
collega>702,  Triumvir  694,  f  29  Sept.  706;  vgl.  W.  Drumann,  Gesch.  Roms 
IV.  S.  324—656.  W.  Teuffei  in  Pauly's  Real-Enc.  V.  S.  1848—1854.  Nach 
Tac.  diaL  37  (s.  A.  3)  gab  es  geschriebene  Reden  von  ihm.  Cic.  Brut. 
^,239:  maiorem  dicendi  gloriam  habuisset  pisi  eum  maioris  gloriae  cu- 
piditas  ad  bellicas  laudes  abstraxisset.  erat  oratione  satis  amplus,  rem 
pnidenter  videbat;  actio  vero  eins  habebat  et  in  voce  magnum  splendorem 
et  in  motu  summam  dignitatem.  Vellej.  II,  29,  3:  sanctitate  praecipuus, 
eloquentia  medius.  Quintil.  XI,  1,  36:  Pompeius  abunde  disertus  rerum 
suarum  narrator.  Plut.  Pompei.  1:  ni&avozi^g  Xoyov.  Schreiben  von  ihm 
aus  dem  Anfange  des  Bürgerkriegs  (J.  705)  bei  Cic.  ad  Att.  VIII,  11  und 
12,jeA— D. 

7.  Die  Lentuli  bei  Tac.  dial.  37  werden  wohl  die  bei  Cic.  Brut.  €4, 
230  (s.  A.  3)  genannten  sein,  von  welchen  Cn.  Cornelius  Lentulus  Clodianus 
ib.  66,  234  und  der  Catilinarier  P.  Cornelius  Lentulus  Sura  ib.  235  als 
fiedner  charakterisiert  wird  (vgl.,  ib.  90,  308  Lentuli  duo).    Ausserdem  Cn. 
(Cornelius)  Lentulus  Marcellinus  (Cos.  698)  ib.  70,  247;   P.  Cornelius  Len- 
tulus Spinther   (Cos.  697)   und  L.  Cornelius  Lentulus  Crus  (Cos.  705)  ib. 
77,  268. 

8.  Zu  den  Metelli  bei  Tac.  dial.  37  (A.  3)  vgl.  Cic.  Brut.  70,  247: 
duo  Metelli,  Celer  (Cos.  694,  s.  A.  Haakh  in  Pauly's  Real-Enc.  IL  S.  26  f. 
Nr.  15)  et  Nepos  (Cos.  697;  s.  Haakh  a.a.  0.  S.  27—29,  Nr.  16),  non  nihil 
in  causis  versati,  nee  sine  ingenio  nee  indocti.  ad  Att.  VI,  3,  10  (J.  704): 
orationem  Q.  Celeris  mihi  velim  mittas  contra  M.  Servilium.  Vgl.  ad  Fam. 
V,  4,  2. 

9.  Ueber  L.  Lucceius  s.  159,  4. 

10.  Andere  J^dner  dieser  Zeit,  von  denen  aber  die  Veröffentlichung 
ihrer  Beden  nicht  erwähnt  wird,  zählt  Cicero  auf,  im  Brutus  67,  237  (P. 
Mozena,  0.  Cenaorinus,  L.  Turins).    68,  239  (C.  Piso,  M\  Glabrio,  L.  Tor- 

16* 


244  Cicerouf sehe  Zeit.  Erste  Hälfte,  671   -691. 

quatus).  240  (D.  Silanus,  Q.  Pompeius  A.  f.  Bithyuicus).  241  (P.  Autro- 
nius,  L.  Octavius  Reatinus,  C.  Staienu8).  69,  242  (C  und  L.  Caepaaii,  C. 
Cosconius  Calidianus,  Q.  Arrius).  70,  245  (T.  Torquatos  T.  f.,  doctua  vir 
ex  Rhodia  disciplina  Molonis).  246  (M.  Pontidius;  M.  Valerius  Messala, 
Cos.  693).  Eruciua,  der  Ankläger  des  Sex.  Rosdus  (s.' unten  166,  Nr.  2), 
heisst  Antoniaster  (geschmackloser  Nachahmer  des  Redners  Antonius)  bei 
Cic.  p.  Varen.  fr.  8.  p.  443  =  930  Or. 

169.  Auf  dem  Gebiete  der  GescliichtsclireibuDg  war  unter 
den  älteren  Zeitgenossen  Cicero's  thätig  besonders  sein  Freund 
T.  Pomponius  Atticus  (645  —  722),  hauptsächlich  mit.  seinem 
Annalis,  einer  synchronistisch  angelegten  römischen  Geschichte 
in  magerer  Tabellenform.  Ausserdem  Procilius,  Hortensius, 
Luccejus,  Sulpicius,  L.  Tubero   u.  a.  noch  weniger  Bedeutende. 

1.  T.  Pomponius  Atticus,  seit  der  Adoption  durch  seinen  Oheim  Q.  Cae- 
cilius  Q.  f.  Pompouianus  Atticus,  der  durch  Cicero's  Briefwechsel  mit  ihm 
(unten  171,  2)  und  des  Cornelius  Nepos  panegyrische  Biographie  bekannte 
Geldmann  und  Buchhändler.  J.  G.  Hullemau,  diatribe  in  T.  Pomp.  Att., 
Utrecht  1838.  G.  Boissier  in  Cicdron  et  se  amis  (Paris  1866).  W.  Teuffei 
in  Pauly's  Real  Enc.  I,  2.  S.  2094—2096.  Schriften:  a)  unus  liber  graece 
confectus,  de  consulatu  Ciceronis  (Cornel.  Nep.  Att.  18,  6  vgl.  Cic.  ad  Att. 
II,  1,  1  vom  J.  694:  tuus  puer  .  .  mihi  litteras  abs  te  et  commeutarium 
consulatus  mei  graece  scriptum  reddidit). 

b)  Annalis.  Cic.  Brut.  3,  13  f.:  salutatio  .  .  illius  libri  quo  me  hie 
(Atticus)  affatus  .  .  excitavit.  .  .  quo  omnem  rerum  (nostrarum  fügt  0. 
Jahn  aus  5,  19  ein;  vgl.  aber  auch  or.  34,  120)  memoriam  breviter  et  .  . 
perdiligenter  complexus  est.  4,  15:  .  .  ut  explicatis  ordinibus  temporuni 
uno  in  conspectu  omnia  viderem.  5,  19:  eis  (durch  Cicero's  Schritt  de 
rep.  vom  J.  700)  .  .  ad  veterum  rerum  nostrarum  memoriam  comprehend- 
endam  .  .  incensi  sumus  (Atticus).  Vgl.  ib.  10,  42.  11,  44  (te,  quem  rerum 
rora.  auctorem  laudare  possum  religiosissimum).  18,  72.  19,  74.  orat.  34, 
120:  quem  laborem  (nicht  blos  die  römische  Geschichte  sed  etiam  imperi- 
osorum  populorum  et  regum  illustrium  kennen  zu  lernen)  nobis  Attici 
nostri  levavit  labor,  qui  conservatis  notatisque  temporibus  .  .  annorum 
septingentorum  memoriam  uno  libro  colligavit.  ad  Att.  XII,  23,  2: 
scriptum  est  in  tuo  Annali.  Vgl.  Cornel.  Nep.  Kann.  13,  1  und  Ascon.  zu 
Cic.  in  Pis.  p.  13  (Atticus  in  Annali).  Schol.  Ver.  zur  Aen.  II,  717.  Solin. 
Polyh.  2.  C.  L.  Roth,  hist.  lat.  p.  382  —  385.  Cornel.  Nep.  Att.  18,  1  f.: 
summus  .  .  fait  .  .  antiquitatis  ämator;  quam  adeo  diligenter  habuit  co- 
gnitam  ut  eam  totam  in  eo  volumine  exposuerit  quo  magistratüs  ordinavit. 
nulla  enim  lex  neque  pax  neque  bellum  neque  res  illustris  est  populi  rom. 
quae  non  in  eo  suo  tempore  sit  notata,  et  .  .  sie  familiär  um  originem  sub- 
texuit  ut  ex  eo  clarorum  virorum  propagines  possimus  cognoscere.  c)  ibi 
18,  3  f.:  fecit  hoc  idem  separatim  in  aliis  libris,  ut  M.  Bruti  rogatu  luniam 
familiam  a  stirpe  ad  hanc  aetatem  ordine  enumerayerit  (wozu  aber  viel 
Erfindung  oder  unkritische  Aufnahme  der  Familiendichtungen  erforderlich 
war;   vgl.  oben  70,  2.   71,  1.  3),  notans  qtu  a  quoqne  ortus  quos  honoree 


Atticus  u.  a.  Geschichtschreiber.  245 

quibusqae  temporibus  cepisset.    pari  modo  Marcelli  Claadii  de  Marcello- 
ram,  Sdpionis  Conielii  et  Fabii  Maidmi  Fabionim  et  Aemiliorum.    Hienach 
überwog  bei  Atticus  die  freundschaftliche  Dienstwilligkeit  über  das  Inter 
eaae  für  geschichtliche  Wahrheit. 

d)  Imagiues.  Plin.  N.  H.  XXXV,  2,  II:  imaginum  amorem  flagrasse 
qaondam  testes  sunt  Atticus  ille  Ciceronis  edito  de  iis  volumine  et  M. 
Varro.  Nep.  Att.  18,  6  f. :  attigit  quoque  poeticen  .  .  namque  versibus  qui 
honore  rerumque  gestarum  amplitudine  ceteros  rom.  populi  praestiterunt 
exposuit  ita  ut  sub  siugulorum  imaginibus  facta  magistratusque  eorum  .  . 
qnatemis  quinisque  versibus  descripserit 

2.  Cic.  ad  Att.  II,  2,  2  (J.  694):  Dicaearchus  .  .  a  quo  multo  plura 
didiceris  quam  de  Procilio.  Varro  L.  L.  V,  148  (a  Procilio  relatum).  164 
(ut  Procilius  aiebat).  Plin.  N.  H.  VIII,  2,  4.  XII  ind.  Ps  Ascon.  zu  Cic. 
Verr.  p.  171  Or.:  legimus  de  Oppio  et  Procilio. 

3.  Ueber  die  Annalen  des  Q.  Hortensius  s.  158,  2.     üeber  Luculis  Ge- 
schichte des  marsischen  Kriegs  s.  144,  2. 

4.  Cic.  ad  Fam.  V,  12,  1  Ü.  698)  an  L.  Lucceius  Q.  f.:  genus  scrip- 
tonun  tuorum  .  .  vicit  opinionem  meam  .  .  ut  cuperem  quam  celerrime 
res  Dostras  monumentis  commeudari  tuis.  (2.)  .  .  videbam  italici  belli  et 
ciTÜiB  historiam  iam  a  te  paene  esse  perfectam,  dixeras  autem  mihi  te 
reliqoas  res  ordiri.  (3.)  .  .  gratiam  illam  de  qua  .  .  in  quodam  prooemio 
scripsistL  Nach  Ascon.  p.  92  f.,  der  ihn  (orator)  paratus  eruditusque  nennt, 
hielt  und  veröfiFentlichte  er  J.  690  orationes  in  Catilinam.  Vielleicht  sind 
diese  die  scripta  die  dem  Cicero  gefielen  und  in  ihm  den  Wunsch  erreg- 
ten 8ein  Consulat  von  ihm  behandelt  zu  sehen,  was  Luccejus  halb  ver- 
^mch,  aber  nie  ausführte.  Ein  Brief  von  ihm  an  Cicero  (aus  J.  709)  ad 
Fam.  V,  14.    Vgl.  W.  Teuffei  in  Paul/s  Real  Enc.  IV.  S.  1156  f.  Nr.  3. 

5.  Cic.  ad  Att.  XI 11,  30,  3  (J.  709):  in  Libonis  Annali  (II?)  quattuor 

dedm  annis  post  praetor   est   factus  Tuditanus  quam   consul  Mummius. 

32,  3:  eum  (den  Tuditanus)  video  in  Libonis  (II?)  praetorem.   Diess  könnte 

derselbe  Libo  sein  an  welchen  Varro  eine  Schrift  von  mehreren  Büchern 

gerichtet  hat  (Varro  ad  Libonem  primo,  Macrob.  (II,  14  =)  III,  18,  13), 

also  wohl  sein  und  des  Pompejus  Freund  L.  Scribonius  Libo  (Haakh  in 

Pauly*B  Real-Enc.  VI,  1.  S.  881  f.  Nr.  13).    Dann  müsste  aber  Appian.  b. 

c.  III,  77  {ids  fiiv  Tiai  tssqI  zov  Baccov  doxsi^  Atßoovi  S*  ort)  auf  einen 

Andern  bezogen  worden,  da  das  dort  Erzählte  erst  ins  J.  710  fällt  und 

eher  auf  einen  Caesarianer  schliessen  lässt. 

6.  Comel.  Nep.  Hann.  13,  1:  quibus  consulibus  interierit  (Hann.)  non 
convenit''.  namque  Atticus  (gibt  das  J.  571  an)  .  .  at  Polybius  (das  J.  572) 
.  .  Sulpicius  autem  Blitho  (das  J.  573). 

7.  L.  (Aelius)  Tubero,  Jugendfreund  und  Schwager  des  M.  Cicero, 
J.  693—696  Legat  des  Q.  Cicero  in  Asien.  Vgl.  W.  Teuflei  in  Pauly's 
Real-Enc  I,  1.  S.  336  f.  Nr.  6.  Cic.  p.  Lig.  4,  10:  homo  cum  ingenio  tum 
etiam  doctrina  excellens.  ad  Q.  fr,  I,  1,  3,  10  (J.  694):  legatos  habes  .  . 
de  quibuß  honore  et  dignitate  et  aetate  praestat  Tubero ,  quem  ego  arbi- 


246  Ciceronische  Zeit.  Erste  Hälfte,  671—691. 

tror,  praesertim  cum  scribat  hlBtoriam,  multos  ex  sois  annalibus  posse  de- 
ligere  quo^  velit  et  possit  imitari.  Zweife.Ihaft  ist  ob  dieses  Geschichts- 
werk  fertig  und  herausgegeben  wurde  oder  als  Stoffsammlung  auf  seinen 
Sohn  Q.  Tubero  übergieng.  Das  Erstere  ist  kaum  zu  schliessen  aus  dem 
Plural  AUioi,  bei  Dionys.  Hai.  Ant.  I,  7  (oben  32,  3).  Wie  Cicero  hielt 
auch  Tubero  sich  vorzugsweise  zur  (neuen)  Akademie,  und  der  Skeptiker 
Ainesidemos  richtete  an  ihn  seine  TLvqqtovBioi  Xoyoi  (Phot.  Bibl.  212.  1. 
p.  169  Bk.). 

160.  Vorgänger  Cicero's  in  populärer  Behandlung  philo- 
sophischer Gegenstände  in  lateinischer  Sprache  waren  Ama- 
finiuS;  Rabirius  und  Catius^  alle  drei  auf  das  epikureische 
System  sich  beschränkend,  ohne  stilistischen  Aufputz,  treu 
nach  den  griechiöchen  Quellen,  und  auch  nicht  ohne  Erfolg. 

1.  Cicero's  Aeusserungen  über  diese  Vorgänger  zeigen  wenig  Unbe- 
fangenheit. Acad.  post.  1,  2,  5:  yides  ipse  .  .  non  posse  nos  Amafinii  ant 
Babirii  similes  esse,  qui  nulla  arte  adhibita  de  rebus  ante  oculos  positie 
volgari  sermone  disputant.  nihil  definiu^,  nihil  partiuntur,  nihil  apta  iu- 
terrogatione  concludunt,  nullam  denique  artem  esse  nee  dicendi  nee  dis- 
serendi  putant.  (6.)  iam  vero  phjsica,  si  Epicurum,  i.  e.  si  Democritum, 
probarem,  possem  scribere  ita  plane  ut  Amafinius.  quid  est  enim  magnum 
.  .  de  corpusculorum  (ita  enim  appellat  atomos)  concursione  fortuita  loquiV 
Tusc.  I,  3,  6:  multi  iam  esse  Ubri  latini  dicuntur  scripti  inconsiderate  ab 
optimis  illis  quidem  viris  sed  non  satis  ernditis.  fieri  autem  potest  ut 
recte  quis  sentiat  et  id  quod  sentit  polite  eloqui  non  possit .  .  nee  delecta- 
tione  aliqua  allicere  lectorem.  .  .  itaque  suos  libros  ipsi  legunt  cum  suis, 
nee  quisquam  attingit  praeter  eos  qui  eandem  licentiam  scribendi  sibi  per- 
mitti  Yolunt.  II,  3,  7:  est  quoddam  genus  eorum  qui  se  philosophoa  ap- 
pellari  volunt,  quorum  dicuntur  esse  latini  sane  multi  Ubri,  quos  non 
contemno  equidem,  quippe  quos  nimiquam  legerim;  sed  quia  profitentur 
ipsi  illi  .  .  se  neque  distincte  neque  distribute  neque  eleganter  ueque  Or- 
nate scribere,  lectionem  sine  uUa  delectatione  neglego.  IV,  3,  6:  C.  Ama- 
finius  exstitit  dicens,  cuius  libris  editis  commota  multitudo  contulit  se  ad 
eam  potissimum  disciplinam.  (7.)  post  Amafinium  multi  eiusdem  aemuli 
rationis  multa  cum  scripsissent  Italiam  totam  occupaverunt  .  .  et  fädle 
ediscuntur  et  ab  indoctis  probantur. 

2.  Rabirius  wird  ausser  Acad.  I,  2,  5  (s.  A.  1)  nicht  genannt,  da  er 
mit  dem  Dichter  C.  Rabirius  nicht  wohl  identisch  ist. 

3.  Cic.  adFam.  XV,  16,  1  (J.  709):  Catius  Insuber  (vgl.  imten  185,  1), 
Epicureus,  qui  nuper  est  mortuus,  quae  ille  Gargettius  (Epikur)  et  iam 
ante  Democritns  stdoaXat  hie  spectra  nominat.  19,  2:  Epicurus,  a  quo 
omnes  Catii  et  Amafinii,  mall  verborum  interpretes,  pro£iciscuntur.  Quintü. 
X,  1,  124:  in  Epicureis  levis  quidem  sed  non  iuiucundus  tamen  auctor  est 
Catius.  Porphyr,  zu  Uor.  Sat.  II,  4  (p.  292  H.):  Catius  Epicureus  fuit  qui 
scripsit  quattuor  libros  de  rerum  natura' et  de  summo  bono.  ib.  Acro  zu 
V.  48  (p.  287  H.):  irridet  eum  qui  de  opere  pistorio  in  libro  scripsit  Ca- 
tius Miltiades;  wo  Cruquius  hat:  irridet  eum  quod  de  op.  pist.  in  suo  libro 


Amafinius  und  CatiuB.  Aquilius  Gallu8.'  247 

* 

acribit  de  se  ipso:  haec  primos  inyeuit  et  cognovit  Catius  Miltiades.  Vgl. 
W.  Tenffel  Comm.  zu  Hör.  Sat.  II.  S.  114—116.  In  den  Aufschriften  der 
Satire  wird  der  Eedeude  theilweise  M.  Catius  (Caciüs)  genannt  (s.  Hauthals 
Schol  p.  280),  bei  Plin.  Ep.  IV,  28,  1  T.  Catius. 

161.  Nach  Charaktertüchtigkeit  ein   würdiger  Schüler  des 
Pontifex  Q.  Scaevola  war  der  Jurist  C.  Aquilius  Gallus,   in 
seiner  Gleichgültigkeit  gegen  politische  Thätigkeit  ein  Symptom 
ebenso  der  zunehmenden  Abkehrung   vom  Staate   wie  der  be- 
ginnenden Ausbildung  der  Jurisprudenz  zu  einem  selbständigen 
Berufe.    Desto   vielseitiger   und   fruchtbarer    war  sein  Schüler 
ServiuB  Sulpicius  Rufus  (649 — 711  d.  St.),   eine  friedliche 
Natur,  den  Extremen  abhold,   als  Redner  tüchtig,   achtbar  als 
Gelehrter,  und  auch  der  Poesie  nicht  fremd,  weitaus  am  bedeu- 
tendsten aber  als  Kenner  und  Lehrer  des  Rechts  und  Verfasser 
zahlreicher   Schriften,    durch    die    er    auf   die    Ausbildung   der 
Rechtswissenschaft  einen  lange  fortwirkenden  Einfluss  gewann. 
Gleichzeitige  Juristen  waren  P.  Orbius  und  Precianus,   minde- 
stens ein  Rechtskenner  C.  Furius  Camillus. 

1.  Plin.  N.  H.  XVn,  1:  multo  pulcherrima  domus  consensu  omnium 
iocolle  Yiminali  C.  Aquilii  equitis  rom.,   clarioris  illa  quam  iuris  civilis 
«aeutia.   Prätor  688  mit  Cicero,  f  vor  710;  s.  W.  Teuffei  in  Pauly's  Real- 
Enc.  I,  2.  S.  1388  f.  Nr.  9.    Cic.  p.  Caecin.  27,  78  (J.  685):  iuris  civilis  ra- 
tionem  numquam  ab  aequitate  seiunzit,  tot  annos  ingenium,  laborem,  fidem 
Boam  populo  rom.    promptum  .  .  praebuit,  .  .  ita  iustus  est  et  bonus  vir 
ot  natura,  non  disciplina  consultus  esse  videatur,  ita  peritus  ac  prudens  ut 
n  iore  civili  non  scientia  solum  quaedam  verum  etiam  bonitas  uata  videa- 
tur.  Brut.  42,  164:  Galli,  hominis  acuti  et  exercitati,  promptam  et  para- 
tam  in  agendo  et  in  respondendo  celeritatem.     Pompon.  Dig.  I,  2,  2,  42: 
ex  quibus  (den  auditores  Mucii)  Gallum  maximae  auctoritatis  apud  popu- 
lom  fuisse  Servius  dicit.    Vgl.  oben  141,  3.    Auch  Ulpian  kennt  ihn  nur 
aas  zweiter  Hand  (Dig.  XIX,  1,  17,  6:  Gallus  Aquilius,  cuius  Mela  refert 
opiniouem,  recte  ait),  und  in  den  Digesten,  wo  er  etwa  ein  Duzendmal 
genannt  wird,  ist  niemals   ei»  bestimmter  Buchtitel  namhaft   gemacht. 
Vielleicht  gehen  daher  diese  Erwähnungen  auf  Anführungen  zurück  welche 
•ein  Schüler  Sulpicius  Rufus  über  mündliche  responsa  des  Aquilius  machte. 
Einige  rechliche  Formulare  sind  das  Einzige  wovon  wir  mit  Sicherheit 
wissen  dass  Aquilius  es  selbst  schriftlich  veröffentlicht  hat.    So  besonders 
die  Aqoiliana  stipulatio  et  acceptilatio  (Inst.  III,  29,  2.  Dig.  XL  VI,  4, 18,  1), 
die  Formel  für  Erheinsetzung  nachgeborener  Enkel  (Dig.  XXVIII,  2,  29  pr.), 
und  formolae  de  dolo  malo  aus  seiner  Prätur  (Cic.  off.  UI,  14,  60.  15,  61. 
deor.   nat.   III,  30,   74).    Majansius,   ad  XXX  ict.  comm.  II.  p.  57—126. 
Heineccius,  de   C.  Aquillio   Gallo  icto  celeberrimo,  Opusc.  II.  p.  777  ff. 
8.  W.  Zimmern,  Gesch.  d.  röm.  Privatrechts  I,  1.  S.  287  f. 

2.   Ser.  Sulpicius  Q.  f.  Rufus,  mit  Cicero  ungefähr  gleichaltrig  (ae- 


248  Ciceronische  Zeit.  Erste  Hälfte,  671—691. 

tates  vestrae  .  .  iiihil  aut  non  fere  multum  differunt,  Cic.  Brut.  40,  150), 
Prätor  689,  Cos.  (nach  Scheitern  für  692)  703,  708  von  Caesar  zum  Pro- 
consul  von  Achaia  ernannt;  f  711  auf  einer  Sendung  nach  Mutiua.  A.  Haakh 
in  Pauly'ß  Real-Enc.  VI,  2.  S.  1497  f.  Nr.  41.  Ursprünglich  zusammen  mit 
Cicero  zum  Redner  sich  ausbildend  verzichtete  Eufus  erst  vom  J.  677  an 
auf  Wetteifer  mit  Cicero  und  wandte  sich  vorzugsweise  der  Jurisprudenz 
zu,  in  der  er  durch  die  Vielseitigkeit  seiner  Bildung  einen  wisBenschaft- 
lichen  Fortschritt  begründete.  Cic  Brut.  41,  152  f.:  existumo  iuris  civilis 
magnum  nsum  .  .  apud  multos  fuisse,  artem  (Systematik)  in  hoc  uno.  quod 
numquam  efiPecisset  ipsius  iuris  scientia,  nisi  praeterea  didicisset  .  .  dia- 
lecticam.  42,  153:  sed  adiunxit  etiam  et  litterarum  scientiam  et  loquendi 
elegautiam,  quae  ex  scriptis  eius,  quorum  similia  nulla  (volumina  multa 
Koch)  sunt,  facillume  perspici  potest.  (154.)  cumque  discendi  causa  duo- 
bus  peritissumis  operam  dedisset,  L.  Lucilio  Balbo  (oben  141,  3)  et  C.  Aqui- 
lio  Gallo,  Galli  .  .  celeritatem  subtilitate  diligentiaque  superavit,  BaJbi  .  . 
tarditatem  vicit  expediendis  conficiendisque  rebus.  Pompon.  Dig.  I,  2,  2, 
43:  institutus  a  Balbo  Lucilio,  instructus  autem  maxime  a  Gallo  Aqiiilio, 
qui  fuit  Cercinae.  itaque  libri  complures  eius  (des  Bufus)  exstant  Cercinae 
confecti.  .  .  huius  volumina  complura  exstant  (noch  in  der  Zeit  des  Pom- 
ponius).  reliquit  autem  prope  CLXXX  libros.  Brutus  bei  Cic.  Brut.  42, 
156:  audivi  nuper  (J.  707)  eum  (den  Sulp.  Rufus)  studiose  et  frequenter 
Sami,  cum  ex  eo  ius  uostrum  pontificium,  qua  ex  parte  cum  iure  dvili 
coniunctum  esset,  vellem  cognoscere.  Correspondenz  nüt  Varro:  Ser.  Sul- 
picius,  iuris  civilis  auctor,  vir  bene  litteratus,  scripsit  ad  M.  Varronem. 
.  .  Varro  rescripsit  etc.     Gell.  11,  10,  1  f. 

3.  Eine  Probe  der  rednerischen  Bildung  des  Rufus  gibt  besonders  sein 
Trostschreiben  an  Cicero  über  den  Tod  der  Tullia  (J.  709),  ad  Farn.  IV, 
5;  ein  Muster  sachlicher  Erzählung  ist  sein  Bericht  über  den  Tod  des 
M.  Marcellus  ib.  IV,  12  (J.  709).  Quintil.  X,  1,  116:  Ser.  Sulpicius  insignem 
non  immefito  famam  tribus  orationibus  meruit.  7,  30:  feruntur  aliornm 
quoque  (als  des  Cicero  commentarii,  Entwürfe  von  Reden)  et  inventi  forte, 
ut  eos  dicturuB  quisque  composuerat,  et  in  libros  digesti,  ut  causarimi 
quae  sunt  actae  a  Ser.  Sulpicio,  cuius  tres  orationes  (vollständige,  von 
ihm  selbst  herausgegebene)  exstant. x  sed  hi  de  quibus  loquor  commentarii 
ita  sunt  exacti  ut  ab  ipdo  (Sulp.)  mihi  in  memoriam  posteritatis  videantur 
esse  compositi  (anders  als  die  erst  vonTiro  herausgegebenen  commentarii 
des  Cicero).  Von  jenen  tres  orationes  nennt  Quintilian  (IV,  2,  106.  vgl 
X,  1,  22  und  Festus  p.  153  M.)  eine  pro  Aufidia,  und  eine  andere,  in  einem 
Erbschaftsstreite,  contra  Aufidiam  (VI,  1,  20),  falls  die  letztere  nicht  mit 
der  ersteren  identisch  ist  imd  auf  einem  Schreib-  oder  Gedächtnissfehler 
Quintilians  beruht.  Ob  die  Rede  gegen  Murena  (J.  691)  eine  dieser  her- 
ausgegebenen Reden  war  ist  nicht  bekannt.  Im  Allgemeinen  s.  Meyer, 
orator.  rom.  *  p.  398—402;  auch  oben  36,  9.  —  Quintil.  X,  5,  4;  et  illa  ex 
latinis  conversio  multum  et  ipsa  contuLerit.  ac  de  carminibus  quidem 
(Verwandlung  lateinischer  Gedichte  in  Prosa)  neminem  credo  dubitare, 
quo  solo  genere  exercitationis  dicitur  usus  esse  Sulpicius  (falls  diess  nicht 
der  oben  140,  5  besprochene  Redner  ist).  Unter  den  Verfassern  erotischer 
Gedichte  führt  Plin.  Ep.  V,  3,  5  (s.  oben  26,  1)  auch  Ser.  Sulpicium  auf. 
Vgl.  Ovid.  Trist.  II,  441  (oben  168,  2). 


Ser.  SulpiciiiB  Rufus  u.  a.  Juristen.  249 

4.  Juristische  Schriften  des  Sulpicius  Rufus.    Ser.  Sulpicias  iureconsul- 
tus,  vir  aetatis  suae  doctissimus ,  in  libro  de  sacris  detestandis  secundOf 
Gell.  VII  (VI),  12,  1.    Ser.  Sulpicius  in  libro  quem-composuit  de  dotibus, 
ib.  IV,  3,  2.   4,  1  f.     Vgl.  Dig.  XII,  4,  8.    XXIII,  3,  79,  1.     Ser.  Sulp,  in 
reprehensis  Scaevolae  capitibus.  Gell.  IV,  1,  20.    Commentar  zu  den  XII  Ta- 
feln (oben  76,  6).   Servius  duos  libros  ad  Brutum  perquam  brevissimos  Ad 
edictum  subscriptos  reliquit,  Pompon.  Dig.  I,  2,  2,  44.    Vgl.  Ulp.  ib.  XIV, 
3,  5,  1:  Servius  libro  primo  ad  Brutum.    Vielleicht  auch  bei  Varro  L.  L. 
V,  40:   dividit  in  eo,    Serviuk  scribit  Sulpicius,    u.  s.  w.     Ableitung  des 
Wortes  religio  von  relinquere  bei  Macrob.  Sat.  III,  3,  8  dem  Ser.  Sulpi- 
cias, von  Gell.  IV,  9,  8  dem  (^späteren)  Masurius  Sabinus  in  commentarüe 
quo8  de  indigenis  composuit  zugeschrieben.    Plin.  N.  H.  XXVIII,  2  (5),  26: 
Servii  Sulpicii,  principis  viri,  commentatio  est,  quamobrem  mensa  linquenda 
Bon  sit.    In  den  Digesten  wird  er  öfters  angeführt,  ohne  dass  sich  aber  di- 
recte  Auszüge  aus  seinen  Werken  fänden.     Ev.  Otto,  liber  sing    de  vita, 
studiiB,  scriptis,  honoribus  Ser.  Sulpicii  Rufi,  in  Otto  Thesaur.  V.  p.  1565— 
1630.    S.    W.    Zimmern,   Gesch.    d.    röra.    Privatrechts  I,  1.    S.  290—292. 
R.  Schneider,   Quaestionum   de   Ser.   Sulp.   Rufo   icto   rom.  spec.  I  u.  II, 
Lips.  1834.     A.  F.  Rudorff,  röm.  Rechtsgesch.  I.  S.  163.  235. 

5.  Pompon.  Dig.  I,  2,  2,  44:  ab  hoc  plurimi  profecerunt,  fere 
tameu  hi  libros  conscripserimt:  Alfenus  Varus  Oaius  (Catus  nach 
fluschke's  Vorschlag,  s.  unten  195,  2),  A.  Ofilius,  T.  Caesius,  Aufidius 
Tucca,  Aufidius  Namusa,  Flatus  Priscus,  G.  Ateius,  Pacuvius  Labeo  La- 
beonia  Antisti  pater,  Cinna,  Publicius  Gellius  (?).  ex  his  decem  libros 
octo  conscripserunt ,  quorum  omnes  qui  fuerunt  libri  digesti  sunt  ab  Aufi- 
^0  Namusa  in  CXXXX  libros.  Unter  den  Genannten  sind  keine  Schriften 
bekannt  von  T.  Caesius  und  Flavius  Priscus.  Zu  den  weniger  berühmten 
gehört  auch  Cinna,  als  juristischer  Schriftsteller  angeführt  Dig.  XXIII, 
2,  6.  XXXV,  1,  40,  1;  sowie  Publicius,  ib.  XXXI,  50,  2.  XXXV,  1,  51,  1. 
XXXVIII,  17,  2,  8  (Africanus  et  Publicius),  der  aber  wohl  einer  späteren 
Zeit  angehört,  so  dass  bei  Pompon.  1.  1.  eher  mit  Mommsen  Publius  Gel- 

lÜas  zu  lesen  sein  wird.  G.  Ateius  ist  wohl  derselbe  von  welchem  es 
Dig.  XXIII,  3,  79,  1  heisst:  Ateius  scribit  Servium  respondisse,  und  viel- 
iJeicht  der  Vater  des  berühmten  Juristen  C.  Ateius  Capito,  da  Letzterer 
'hei  Pompon.  1.  1.  47  Schüler  des  Ofilius  heisst.  Der  Vater  war  Volks- 
jtribun  699  und  Prätor  (vielleicht  702);  s.  Pauly's  Real-Enc.  I,  2.  S.  1964  f. 
Nr.  2.  Collectiv  Servii  auditores  werden,  wohl  nach  dem  Sammelwerke 
des  Aufidius  Namusa,  angeführt  Dig.  XXXIII,  4,  6,  1.  7,  12  pr.  7,  12,  6. 
XXXIX,  3,  1,  6. 

6.  Cic.  Brut.  48,  179:  cuius  (des  T.  Juventius,  oben  141,  3)  auditor 
P.  OrbiuB,  mens  fere  aequalis,  in  dicendo  non  nimis  exercitatus,  in  iure 
autem  civil!  non  inferior  quam  magister  fuit.  Im  J.  691  war  er  Prätor  in 
Asien;  Cic.  p.  Flacc.  31,  76:  P.  Orbius,  homo  et  prudens  et  iunocens. 

7.  Ein  Predanus  iureconsultus  bei  Cic.  ad  fam.  VII,  8,  2  (J.  700). 
Einen  Volcatius  s.  oben  141,  4. 

8.  Cic.  ad  fam.  V,  20,  3  (J.  705):  docuerunt  me  periti  homines,  in  his 
cum  omniom  peritissimus  tum  mihi  amicissimus  C.  Camillus,  .  .  praedes 


250  Ciceronißche  Zeit.  Erste- Hälfte,  671 — 691. 

Valerianos  teneri.  Vgl.  ib.  XIV,  6,  2  (J.  704):  si  auctio  .  .  fiet,  eures  ut 
Pomponius  (Atticns)  aut .  .  Camillus  noatrum  negotium  curet.  14,  2  (J.  705) : 
cum  Pomponio,  cum  Gamillo  .  .  conaideretis.  Auch  sonst  wird  er  als  ge- 
schäftlicher Berather  von  Cicero  und  seiner  Familie  genannt;  s.  ad  Att. 

V,  8,  3.  VI,  1,  19.  6,  2.  XI,  16,  5.  23,  1.  Er  ist  wohl  identisch  mit  dem 
scherzhaft  als  Gourmand  (ad  fam.  IX,  20,  2  Tom  J.  708)  und  Neuigkeits- 
krämer  (ad  Att.  XIII,  33,  4  vgl.  ib.  6,  1  aus  709)  bezeichneten  Camillus. 

162.  M.  TulHiiß  Cicero  war  geboren  den  3.  Januar  648 
=  106  V.  Chr.  auf  seinem  väterlichen  Gute  bei  Arpinum  als 
Sohn  eines  römischen  Ritters,  bildete  sich  allseitig  zum  Redner 
aus  und  trat 'als  solcher  erstmals  unter  SuUa's  Dictatur  auf. 
Zu  seiner  weiteren  Vervollkommnung  brachte  er  zwei  Jahre 
(675 — 677)  in  Griechenland  und  Kleinasien  zu,  war  679  Quä- 
stor  in  Sicilien,  6812  curulischer  Aedil,  688  Prätor  (urbanus), 
691  =  63  Consul.  Die  in  seinem  Consulatsjahre  ausgebrochene 
und  von  Cicero  unterdrückte  catilinarische  Verschwörung  bot 
den  Triumvim  des  J.  695  den  Vorwand  um  den  unbequemen 
Consular  durch  seinen  Feind  P.  Clodius  entfernen  zu  lassen. 
Ende  April  696  verliess  Cicero  Italien  und  lebte  zu  Thessalonich 
und  Dyrrachion  als  Verbannter.  Am  4.  August  697  zur  Rück- 
kehr ermächtigt  langte  er  am  4.  September  wieder  in  Rom  an. 
Vom  31.  Juli  703  bis  30.  Juli  704  hatte  er  die  Provinz  Kili- 
kien  als  Proconsul  zu  verwalten.  Nach  Rom  zurückgekommen, 
traf  er  den  Kampf  zwischen  Caesar  und  der  Senatspartei,  Pom- 
pejus  an  deren  Spitze,  bereits  ausgebrochen.  Nach  langem 
Schwanken  begab  er  sich  im  Juni  705  zu  Pompejus  nach 
Dyrrachion,  wo  er  sich  auch  während  der  Schlacht  bei  Phar- 
salos  (9.  August  706)  befand.  Vom  Ende  Septembers  706  bis 
September  707  lebte  Cicero  zu  Brundisium,  des  Siegers  An- 
kunft und  Erlaubniss  zur  Rückkehr  nach  Rom  erwartend.  Die 
Jahre  708  und  709,  in  unfreiwilliger  Müsse  verbracht,  waren 
um  so  fruchtbarer  an  literarischen  Arbeiten.  Der  15.  März  710 
rief  den  Cicero  in  die  politische  Thätigkeit  zurück,  ver^ckelte 
ihn  aber  bald  in  Kämpfe  mit  M.  Antonius,  die  mit  seiner  Pro- 
scription durch  das  zweite  Triumvirat  und  seiner  Tödtung 
(7.  December  711  =  43)  endigten. 

1.  Biographie  des  Plutarch.  Von  Neueren  Con.  Middleton,  history  of 
the  life  of  Cicero,  Dublin  1741.  4.  2  Bde.  Basel  1790.  4  Bde.  8.;  Deutsch 
z.  B.  Altona  1759.  3  Bde.  W-  Drumann,  Geschichte  Roms  V.  S.  216—716. 

VI.  S  1—380.  fl.  M.  Flenuner,  Annales  Ciceroniani,  Kopenhagen  1848 
(dänisch  geschrieben).  W.  Teuffei  in  Pauly's  Eeal-Enc.  VI,  2.  (1860.)  S. 
2182—2206,  sowie  (ausgeführter  und  ohne  Quellen-Nachweisungen)  in  der 


\ 


\ 

Cicero* B  Leben  und  Charakter.  251 

Metzler*8chen  Uebersetzung  der  Briefe  ad  Farn.  (Rom.  Pros.  229,  Stuitg. 
1861)  S.  3216—3281.  C.  A.  F.  Brückner,  Leben  des  Cicero.  I:  das  bürger- 
liche und  Privatleben  Cicerone,  Göttingen  1862.  W.  H.  D.  Suringar,  M. 
Tallii  Cic.  comm.  rerum  suarum  s.  de  vita  sua.  Accesserunt  Annales  Ci- 
ceroniani,  Lugd.  Bat.  1854.  654  pp.  W.  Forsyth,  Life  of  M.  Tullius  Cicero, 
London  1864.  2  Bde.    G.  Boissier,  Cic^ron  et  ses  amis,  Paris  1865.  529  pp. 

2.  Oppenrieder,  de  Cic.  proconsule  Cilidae,  Augsburg  1853.  4.  G. 
d^Hugnes,  de  Cic.  in  Cilicia  provincia  procousulatu,  Strassburg  1859.  Fr. 
Hoffmann,  Cic.  in  KiliMen,  Philologus  XV.  8.  662—671. 

163.  Cicero  ist  eine  geistig  reichbegabte  Natur,  vielseitig, 
gewandt,   dabei  wohlwollend,   auf  das  Edle  gerichtet  und  mit 
rasÜosem  Eifer  dem  selbstgesteckten  hohen  Ziele  nachstrebend, 
überaus  achtungswerth  in  einer  Zeit  wo  die  Meisten  niedriger 
Selbstsucht  frönten.    Aber  er  war  aus  weichem  Stoffe  gebildet, 
allen  Eindrücken  von  aussen  zugänglich,  ohne  die  Festigkeit 
des  Innern  um  ihnen  gegenüber  das  Gleichgewicht  zu  bewahren. 
Seine  bewegliche  Phantasie,  seine  Feinfühligkeit  und  unendliche 
Erregbarkeit  hat  ihn  zu  einem  liebenswürdigen  Menschen  ge- 
macht imd  zu  einem  grossen  Redner,    aus  welchem  jede  ange- 
schlagene   Saite    voll   und   reich  widerklang;    sie    machte  ihn 
TorzügHch  geeignet  zum  Vermittler  und  Dollmetscher  helleni- 
scher Feinheit  und  Formschönheit,  aber  zugleich  auch  zu  einem 
schwankenden  Charakter,  rasch  wechselnd  zwischen  Aufschwung 
und  Abspannung,  empfindlich,  launisch,  eitel,  durch  jede  Schärfe 
verwundet,  ängstlich  vor  Gefahren  und  verzagt  in  bösen  Tagen. 
Wohl   mochten    auch  Andere  ihre  schwachen  Stunden  haben; 
aber  nicht  bei  Vielen  kehrten  sie  so  regelmässig  wieder  und 
feiner  hatte  wie  er  das  Unglück  dass  das  Auf-  und  Abwogen 
seiner  Stimmungen  in  authentischen  Belegen  auf  die  Nachwelt 
kam.    Immer   vom  Augenblicke    völlig  hingenommen,   eignete 
sich    Cicero    wenig    zum    Staatsmanne    und   hatte   doch   nicht 
Selbstkenntniss  genug  um  diess  einzusehen,    noch  Entsagung 
genog  um  darnach  zu  handeln.     So  dienten  die  Anläufe^  die  er 
machte   um   eine   politische  Rolle    zu   spielen    nur   dazu  seine 
Schwäche  an  den  Tag  zu  bringen.     Auch  hier  voll  guten  Wil- 
lens, besass  er  doch  nicht  Ruhe  und  Scharfblick  genug  um  den 
rechten  Weg  zu  erkennen  noch  den  Mut  und  die  Ausdauer  um 
darauf  fortzuwandeln.    Abwechselnd  sah  er  sich  daher  benützt 
und  bei  Seite  geschoben,  angezogen  und  abgestossen,  enttäuscht 
durch   die  Schwäche  der  Freunde  und  die  Stärke  der  Gegner, 
und  schliesslich  gleich  sehr  bedroht  von  den  Extremen  zwischen 
denen  hindurch  er  einen  Weg  gesucht  hatte. 


252  Ciceronische  Zeit.  Erste  Hälfte,  671—691. 

1.  Von  Urteilen  der  Alten  s.  bes.  Asinius  PolÜo  bei  Sen.  Suae.  VI.  p. 
36,  16  ff.  Bu.:  huius  viri  tot  tantisque  operibas  mansiiri  in  omne  aemm 
praedicare  de  ingenio  atque  indoetria  superracnum  est.  .  .  utinam  mode- 
ratiua  secundas  res  et  fortius  advcrsas  ferre  potuisset!  namqüe  utraeqae 
cum  venerant  ei,  mutari  eas  non  posse  rebator.  .  .  maiore  simultates  ad- 
petebat  animo  quam  j^erebat.  sed  quando  mortalium  nulli  virtus  perfecta 
contigit,  qua  malor  pars  yitae  atque  ingenii  stetit,  ea  iudicandum  de  ho- 
mine  est.  Quintil.  XII,  1,  16:  nee  M.  Tullio  defuisse  video  in  ulla  parte 
ei  vis  optimi  voluntatem. 

2.  In  früheren  Jahrhunderten  trübte  die  Bewunderung  des  Stilisten 
den  Blick  für  unbefangene  Beurteilung  des  Charakters  und  Staatsmanns. 
Die  versäumte  Kritik  wurde  aber  überreichlich  nachgeholt  durch  W.  Dru- 
mann,  der  in  seiner  Gesch.  Roms  Bd.  VI  den  Charakter  Cicero's  (S.  411 — 
526  als  Mensch;  S.  526—588  als  Staatsmann)  nach  allen  Seiten  hin  zwar 
gründlich  aber  übellaunig  und  unter  Verkennung  aller  entschuldigenden 
Umstände  beleuchtet  hat.  Ihn  suchte  Th,  Mommsen  (R.  G.  IIP.  S.  597 — 
600)  zu  überbieten  durch  Masslosigkeit  des  Ausdruckes  und  imhistorische 
Gereiztheit.  Bilhg  C.  Peter,  Gesch.  Roms  II*.  S.  174—180.  Auch  vgl. 
W.  Teuffei,  Cicero^s  Charakter  und  Schriften  (Tübingen  1863.  4.)  S.  1—5. 
F.  D.  Gerlach,  M.  Tullius  Cicero,  Redner,  Staatsmann,  Schriftsteller.  Basel 
u.  Ludwigsburg  1864.  56  S. 

164.  Cicero  besass  in  wunderbarem  Masse  die  Gabe  Frem- 
des in  sich  aufzunehmen  und  es  innerlich  verarbeitet  in  leichter 
fliessender  Sprache  aus  sich  herauszusetzen.  Er  hat  in  Folge 
dessen  die  römische  Literatur  um  mehrere  Gebiete  bereichert 
welche  für  dieselbe  bis  dahin  kaum  erschlossen  gewesen  waren 
und  ist  der  Schöpfer  einer  Schriftprosa  geworden  deren  FüUe 
und  Rundung  und  Angemessenheit  an  den  Geist  der  lateini- 
schen Sprache  für  lange  Jahrhunderte  mustergültig  wurde. 
Aber  die  Leichtigkeit  der  Hervorbringung  schloss  die  Gefahr 
in  sich  rasch  und  viel  und  über  alles  Mögliche  zu  schreiben 
^  und  mit  der  blosen  Formgewandtheit  auch  da  durchkommen  zu 
wollen  wo  ernste  Studien  und  sachliche  Gediegenheit  erforder- 
lich waren.  Dieser  Versuchung  erlag  Cicero  wenigstens  in  der 
Müsse  der  Jahre  709  und  710.  Seinen  Lebensberuf  setzte  Ci- 
cero in  seine  Thätigkeit  als  Redner,  und  hier  zeigte  sich  sein 
Talent  in  vollstem  Glänze.  Sorgfältig  vorbereitet,  wurden  die 
gehaltenen  Reden  grossentheils  nachher  herausgegeben.  Nächst- 
dem  wurden  die  hier  gewonnenen  Kenntnisse  und  Erfahrungen 
verwerthet  in  rhetorischen  Schriften.  Dann  wurde  die  reflectie- 
rende  Schriftstellerei  auch  auf  andere  Gebiete  erstreckt,  zunächst 
auf  die  Staatswissenschaft,  dann  die  Ethik;  Religionsphilosophie, 
und  sie  versuchte  sich  sogar  in  den  fasslicheren  Fächern  der 


Cicero  als  Schriftsteller.  G esain ni  tau sgaben.  253 

theoretischen  Philosophie.  Daneben  führten  ausgebreitete  per- 
sonliche Beziehungen  und  die  Gewohnheit  mit  der  Feder  zu 
denken  fortwährend  zu  einem  überaus  regen  Briefwechsel. 

1.  A.  Deuerling,  Cicero's  Bedeutung  ftir  die  römische  Literatur,  Augs- 
burg 1866.  104  S. 

2.  Zeitliche  Aufeinanderfolge  der  Uauptschrifteu  Cicero's,  nächst  den 
Stilübungen  seiner  Jugend  in  Prosa  und  Versen.    J.  673:  pro  Quintio.  — 
674:  pro  Roscio  Amerino.  —  684:  Verrinen.  —  685:  pro  Caecina.  —  688: 
de  imperio  Cn.  Pompei.  —  €91:  Consulatsreden ,  de  legä  agraria,  pro  Ra- 
birio,  in  Catilinam,  pro  Murena.  —  692:  pro  Sulla,  Archia.  —  695:  pro 
Flacco.  —-    697  f. :  Reden  post  reditum    --    698 :  pro  Sestio ,  in  Vatinium, 
pro  Caelio,  de  provinciis  cons.,  pro  Balbo.  —  699:  inPisonem,  de  oratore. 
—  700:  de  rep.,  pro  Plancio,  Rabirio  Postume.  —  702:  pro  Milone,  de  le- 
gibus. —  708:  Brutus,  Paradoxa,  Orator,  pro  Marcello,  Ligario,  partitiones 
oratoriae.   —    709:  pro  Deiotarp,  de  finibus,  Academica,  Tusculanae.    — 
710:  de  deorum  natura,  Cato  maior,  de  divinatione,  de  fato,  Topica,  de 
optimo  genere  or.,^Laeliu8,  de   officiis,  Philipp.  I — IV.    —    711:   Philipp. 
V-XIV. 

3.  Ueber  Cicero  als  Stilisten  s.  F.  Hand,  Lehrbuch  des  lat.  Stils  S.  54  tf. 
Mdbei  Ersch  und  Gruber  I,  17.  S.  241  f.  J.  Bake,  Schol.  hypomnemata 
il^agd.  Bat.  1837)  p.  1  ff. 

• 

4.  C.  Halm,  zur  Handschriftenkunde  der  ciceron.  Schriften,  München 
1850.24  S.  4.  und  denselben  im  Rhein.  Mus.  IX.  S.  321—350.  Jahn's  Ar- 
chiv XV.  8.  165  ff.    J.  G.  Baiter,  Philologus  XX.  S.  335—362.  607-609. 

5.  Zur  ciceronischen  Bibliographie  s.  Schweiger,  class  Bibliogr.  II,  1. 
S  102  ff.  Orelli  Onomast.  Tüll.  VI,  1.  p.  193  ff.  3.  p.  344  f.  W.  Wagner, 
claas.  BibHogr.  S.  367  ff*. 

6.  Gesammtausgaben:   Ed.   princ,   Mediol.  1498.    IV  Voll.  fol.   — 
VcDet,  Junt.  1534  ff.  IV  Voll,  fol.,  von  P.  Victorius.   —   Venet.  Aid.,  be- 
sorgt von  P.  Manutius  1540—1546.  9  Voll.  8.  —  A  Dion.  Lambino  emend. 
et  aocta,   Paris  1566.    IV  Voll,   fol,   und  sonst.    —   Cum  notis  varr.  cura 
J.  G.  Graevii,  Amstelod.  1684  ff.  XI  Voll.  8.,  nicht  vollständig.    —   Cum 
clavi  Cic.  ed.  J.  A.  Ernesti,  Lips.  1737  ff.  6  Voll.  8.;    Halle  1757.  4  Voll. 
1774  ff.  5  Von  ;  1820.  9  Voll.    —   Cum  delect.  comm.   (stud.  Jos.  Oliveti) 
Paris  1740.  9  Voll.  4.;   Genev.  1743  ff.   —   E  reo.   Graevii  (cura  G.  Gara 
tönii),   Neap.  1777  ff.    (unvollständig;    nur  Vol.  1—11.    14-17.   23.    24   er 
schienen).    —    Cura  notit.  lit.  et  clavi,   Bipont.  1780.   13  Voll.  8.   —   Cum 
indd.  et  varr.  lectt.,  Oxon.  1783.  10  Voll.  4.  nebst  Oliveti  del.  comm.,  ibid. 
1824.  4.,   HaUe  1825  ff.  3  Voll.   —   Recogn.   Ch.  G.  Schütz,   Lips.  1814  ff. 
20  VolL  —  Rec.  J.  C.  OrelU ,  Turici  1826  ff.  IV  Voll.  gr.  8.    Editio  altera 
emendatior.  Vol.  I.  (libri  rhetorici).    Curaverunt  I.  C.  Ürellius  et  I.  G.  Bai- 
tems,  Torici  184'.    II.  Orationes.    Ad  codd.  ex  magna  parte  primum  aut 
iterum  collatos  emendaverunt  I.  G.  Baiterus  et  C.  Halmius.    Pars  prior. 
Tor.  1854.  Pars  posterior  1856.   III.  Epistolae.  Curav.  Orellius  et  Baiterus 
1S45.  rV.  (libri  qui  ad  phüosophiam  et  remp   spectant)  ex  libris  mss.  par- 
tim primmn  partim  iterum  excussis  emend.  Baiterus  et  Halmius  1861 ;  dazu 


i54  Ciceronische  Zeit,  Erste  H&lfbe,  671 — 691.  ^"^  **^  --i_ 

oachträglich  1862  Deperditorum  fragmenta  (ohne  Mitwirkang  von  Bait-«^i^-j. 
und  Halm,  ausser  bei  Timaeas).  Zur  Ed.  I.  (als  Vol.  V)  Cic.  Scholiastf^^..,.,^, 
C.  MariuB  YictoriDus,  Riifinus,  C.  Julius  Victor,  Bo§thius,  Favonius  Ei 
giuB,  Asconius  Pedianus,  Scholia  Bobiensia,  Scholiasta  GroDovianus  (ü1 
welchen  letzteren  s.  Th.  Mommsen,  Rhein.  Mus.  XVI.  S.  140 — 145), 
J.  C.  Orelli  et  J.  G.  Baiter,  2  Partes,  1833.  und  Onomast.  Tullianmn  (: 
Vol.  VI — VIII),  continens  Cic.  vitam,  bist,  literariam,  iud.  geograph. 
hist.,  ind.  legum  et  formularum,  indicem  graecolat.,  fastos  consulares,  li 
—  1838.  3  Voll.  —  Ex  rec.  C.  F.  A.  Nobbe,  Lips.  1828.  1  Vol.  in  4. 
X  Voll,  in  8.  iterum  ed.,  Lips.  1849.  11  u.  32  Voll.  kl.  8.  —  Cur.  N.  E. 
maire,  Paris  1827  ff.  19  Voll.  8.  —  C.  L.  F.  Panckoucke  -  (mit  fran^^^-»- 
üebers.),  Paris  1836  ff.  36  Voll.  —  ß,ecognovit  R.  Klotz,  11  Voll,  in  V  Pa^^" 
tes  (scripta  rhet.;  Orationes;  Epp.;  scripta  philosophica,  Indices),  in  da^"^^ 
Bibliothjßca  Teubneriana  (editio  II  emendatior,  1863  ff.).  —  Edd.  I.  G.  Baj^=-^ — 
ter  et  C.  L.  Kayser  (Lips.,  B.  Tauchnitz,  1861  ff.). 

7.  Lexica  zu  Cic:  Marii  Nizolii  Thesaur.  Cic,  Basil.  1559.  Venet. 
1570.  fol.  und  oft,  z.  B.  Patav.' 1734.  fol. '(Cur.  J.,  Facciolati) ,  Lond.  1820. 
3  Voll.  8.  —  Clavis  Ciceroniana,  ed  Emesti  (bei  seiner  Ausg.  und  sodbI,  * 
zuletzt  von  A.  H.  Rein,  Halae  1831).  —  Lex.  Cic.  von  C.  G.  Schütz,  Lips. 
1817.  4  Voll.  Auch  Orelli's  imd  Baiters  Onomast.  TulL  und  Pars  V.  von 
Klotz  (Lips.  1856). 

165.  Zum  Redner  hatte  den  Cicero  schon  die  Natur  reich 
ausgestattet :  die  ausserordentliche.  Beweglichkeit  seines  Geistes, 
seine  lebhafte  Einbildungskraft^  die  Entzündbarkeit  und  Wärme 
seines  Gefühls ,   ein  ganz  ungewöhnliches  Formtalent,   eine  un- 
erschöpfliche Fülle  des  Ausdrucks,  der  es  für  kein  Yerhältniss 
und  keine  Stimmung  an  dem  treifenden  W^orte  und  Tone  fehlte, 
ein  glückliches  Gedächtniss,  die  Gabe  des  schlagenden  und  er- 
heiternden Witzes,  dazu  günstige  Stimmmittel  und  eine  würde- 
volle Gestalt,  —  durch  diess  Alles  war  Cicero  wie  Wenige  zum 
Redner  berufen.     Aber  er  that  auch  seinerseits  Alles  um  auf^ 
diesem  Gebiete  das  Höchste  zu  erreichen :  erst  nach  langer  müh- 
seliger Vorbereitung,  theoretischer  wie  praktischer,   trat  er  als 
Redner  auf  und  stand  nie  stille,  glaubte  niemals  fertig  zu  sein, 
sondern  arbeitete  fortwährend  an  seiner  Vervollkommnung,  trat 
immer  wohlvorbereitet  auf,  betrachtete  jede  gelungene  Leistung 
als  eine  Stufe  und  einen  Sporn   zu  einer  noch  vollendeteren^ 
und  suchte  sich  der  Aufgabe  und  der  Mittel  sie  zu  erreichen] 
durch  fortgesetztes  Nachdenken   und  Studium  bewusst  zu  wer-j 
den.     Dadurch  hat  er  nach  allgemeinem  Urteil  den  Platz 
Seite  des  Demosthenes  oder  gleich  nach  ihm  erreicht,    wie  wo] 
er  an  dessen  sittlichen  Ernst  und  daraus  fliessende  Kraft 
femt  nicht  hinanreicht.    Dafür  übertrifft  Cicero  ihn  an  Man^ 


Cicero  als  Redner.  255 

:tfaltigkeit  und  Glanz,    wodurch  er  sich   der  asiatischen   Schule 
:Äiiehr   nähert   als    der   attischen.     Die   Worte   strömen   ihm    so 
-reichlich  zu  dass  er  manchmal  breit  wird,   oft  ist  aber  seine 
IKedseligkeit  auch  Mittel  um  die  Schwäche  seiner  Gründe   zu 
-werdecken.     In  der  Form  liegt  seine  Stärke:   sie  ist  klar,   ge- 
"wählt,  rein,  rund,  sachgemäss,  anschaulich,  geschmackvoll  und 
llendend.     Alle  Tonarten,   vom  leichten  Scherz  bis  zum  tragi- 
schen Ausdrucke,  stehen  ihm  zu  Gebot,  besonders  aber  gelingt 
ihm  die  Spi^che  der  scheinbaren  Ueberzeugung  und  Empfindung, 
die  er  durch  feurigen  Vortrag  noch  wirkungsreicher  zu  machen 
wnsste,  daher  er  ganz  überwiegend  in  Criminalprocessen  auf- 
trat.   Freilich  artet -dieser  Vorzug  manchmal  auch  in   EflFect- 
hascherei  aus,  und  der  Prunk  der  Worte  verhüllt  oft  die  Armut 
der  Gedanken,  die  Bedenklichkeit  der  Sache.     Dass   er  in  der 
Annahme  von  Vertheidigungen  nicht  sehr  wählerisch  war  hat 
er  mit    den   Sachwaltern    aller   Zeiten    gemein.      Als   Ganzes 
and  seine  Reden  oft  nicht  befriedigend,   es  fehlt  ihnen  nicht 
selten  an  Schärfe  der  Auffassung  und  Anordnung;  desto  wirk- 
samer aber  sind  viele  Einzelheiten. 

1.  Cicero'B  SelbstBchilderung  Brut.  93,  322  vgl.  Quintil.  X,  1,  105--112. 
Xn,  1,  19—21.   10,  12—15. 

2.  Cic.  orat.  30,  108:  nemo  orator  tarn  malta  ne  in  graeco  quidem 
otio  Bcripsit  quam  multa  sunt  nostra,  eaque  hanc  ipsam  habent  quam 
probo  varietatem.  * 

3.  QuintU.  VI,  3,  3:  non  solum  extra  iudicia  sed  in  ipais  etiam  ora- 
tionibus  habitus  est  (Cic.)  nimius  risuB  affectator.    Vgl.  Macrob.  Sat.  II, 

1,  13.    Drumann  VI.  S.  699  ff. 

* 

4.  P.  Hand  bei  Brach  und  Gruber  I,  17.  S.  213—217.  Jenisch,  ästhe- 
tisch-kritische Parallele  des  Demosthenes  und  Cicero,  Berlin  1801.  Dru- 
mann VI.  S.  588—644.  Cadenbach,  de  Cicerone  oratore,  Essen  1847.  4. 
P.  Blass,  die  griech.  Beredsamkeit  (1865)  S.  125—129.  A.  Deuerüng,  Ci- 
cero*8  Bedeutung  S.  21  -  28. 

5.  Auf  eine  Sammlung  der  Reden  Cicero's  worin  jede  Rede  ein  eigenes 
Buch  bildete  weisen  Citate  wie  Charis.  p.  368,  28  E.:  Cicero  causarum  de- 
cimo  tertio;  Quintil.  V,  10,  98:  Cicero  pro  Caedna  .  .  et  alia  in  eodem 
libro  plurima. 

6.  Ausgaben  sämmtlicher  erhaltenen  Reden  des  Cic.  von  R.  Klotz 
(3  Bände,  Leipz.^1835.  1837.  1839)  und  besonders  von  Baiter,  Halm  u.  A. 
im  zweiten  Bande  ihrer  Umarbeitung  der  Orelli'schen  Oesammtausgabe 
des  Cicero  (Turic.  1854.  1856).  Vgl  Halm  in  den  Münchner  gel.  Anz.  1854, 
Nr.  19—21. 

7.  Ausgewählte  Reden  filr  den  Schulgebrauch  z.  B.  von  B.  Weiske 
(13;  Lip«.  1907),  Matthiä   (13;  Lips.  1830  f.),   Madvig   (12;  Kopenh.  1830. 


256  '^  Oiceronische  Zeit.   Erste  Hälft«,  671— 691. 

1841.  1848.  1858).  Steinmetz  (13;  Mainz  1832),  Orelli  (15;  Zürich  1836), 
E.  V.  Zurck  (ed.  sexta,  Lugd.  Bat.  1836),  C.  Halm  (Leipzig  und  Berlin 
1850—1866.  7  Bändchen,  Weidmännische  Sammlung)  u.  A.  Neuere  Text- 
ausgaben der  or.  sei.  die  des  Haller  Waisenhauses  (früher  besorgt  von  F. 
A.  Eckstein),  welche  in  einer  grossen  Anzahl  von  Auflagen  verbreitet  ist; 
von  G.  Linker  (or.  TuUianarum  decas,  L  Wien  1857),  Fr.  Pauly  (Prag 
1860),  C.  Hahn  (18  Reden;  Berlin  1868). 

8.  Cicero's  sämmtliche  Reden,  übersetzt  von  C.  N.  Osiander  (in  der 
Metzler'schen  Sammlung,  27  Bändchen).  Ausgewählte,  übersetzt  von  C.  F- 
WolfF  (5  Bände,  Altona  1807—1819),  G.  Wendt,  Stuttgart  (Metzler)  1858 
(Class.  d.  Alt.);  von  E.  Jenicke  (in  der  Engelmann'schen  Sammlung), 
Leipzig  1858  S.;  von  J.  Siebeiis  (Stuttgart,  Hoffmann,  1861  ff.). 

166.  Die  erhaltenen  Reden  Cicero's  sind  in  chronologischer 
Ordnung  folgende : 

1)  pro  Quintio,  gehalten  J.  673  d.  St.,  eine  Verhandlung 
in  iudicio,  wobei  Cicero's  Client  in  die  Stellung  eines  Klägers 
gedrängt  ist  und  auf  Entscheidung  der  eingegangenen  sponsio 
praeiudicialis  zu  seinen  Gunsten  klagt.  Die  Verhandlung  ist 
nur  eine  Episode  in  dem  Hauptprocess,  welcher  eine  gegen 
Quintius  angestellte  Schuldklage  betriflPt,  die  sich  auf  einen 
Societätsvertrag  gründet.  Gesiegt  scheint  Cicero  nicht  zu  haben. 
Die  Rede  hat  eine  etwas  breite  Ausführung,  aber  schulmässig 
strenge  Disposition. 

1.  Den  dritte^i  Theil,  welcher  einen  Punkt  von  untergeordneter  Wich- 
tigkeit und  wenig  Literesse  ausführte,  scheint  Cicero  selbst  bei  der  Ver- 
öffentlichung der  Rede  weggelassen  zu  haben;  vgl.  oben  36,  7. 

2.  Dnimann,  Gesch.  Roms  EI.  S.  82—84.  V.  S.  232-234.  F.  L.  Keller, 
Semestria  ad  M.  Tüll.  Cic.  I,  1.  (Zürich  1842)  mit  den  Reco,  von  Bachofeh 
in  Richter's  Jahrb.  1842.  S.  961—1007  und  Th.  Mommsen,  Zeitschr.  f.  d. 
Alt.-Wiss.  1845.  S.  1086—1099.  Zeyss,  Zeitschr.  für  d.  Alt.-Wiss.  1846. 
Nr.  51  f.  S.  J.  £.  Rau,  disputat.  iuridica  ad  Cic.  or.  p.  Qu.,  Lugd.  Bat. 
1825.  J.  Frei,  der  Rechtsstreit  zwischen  P.  Quinctius  und  S.  Naeviua;  eine 
Einleitung  zu  Cic.  Rede  für  P.  Q.,  Zürich  1852.  38  S.  4.  S.  Benfey,  zur 
juristischen  Erklärung  der  Rede  pro  Q.,  Philologus  X.  S.  126—133.  R. 
Klotz,  Adnotatt.  ad  Cic.  or.  Quinct.,  Lips.  1862.  4. 

3.  Besonders  herausgegeben  mit  der  pro  Sex.  Rose,  von  J.  Facciolati, 
Padua  1723.  1731. 

2)  pro  Sex.  Roscio  Amerino,  J.  674  gehaltene  erfolg- 
reiche Vertheidigungsrede  gegen  die  Anschuldigung  des  Vater- 
mords. Der  Fall  war  dadurch  erschwert  dass  ein  Günstling 
des  Dictators  Sulla  die  Gegenpartei  bildete,  und  schon  dass 
Cicero  trotzdem  die  Vertheidigung  übernahm  empfahl  ihn,  so- 
wie auch  die  —  wenn  auch  schonende  so  doch  dabei  freimütige 


Cicero's  Reden.  257 

—  Art  der  Ausführung.  Auch  diese  Rede  theilt  die  Eigen- 
schaften der  vorigen;  ausserdem  hat  sie  manchen  entbehrlichen 
rhetorischen  Aufputz.  Die  Lücke  nach  c.  45  scheint  nicht  von 
Cicero  selbst  herzurühren;" 

1.  Cic.  Brut.  90,  312.  316.     Orat.  30,  107.     Quintil.  XII,  6,  4. 

2.  Erläuterungsschriften.  Schol.  Gronov.  bei  Orelli  IV.  p.  424—437. 
Programme  von  S.  N.  J.  Bloch,  Kopenhagen  1814.  1816.  Roeskild  1827  f.  4. 
C.J.y.  Assen,  histor. ■  krit.  Bemerkungen,  gelesen  am  20.  August  1828 
im  Amsterd.  Institut.  A.  Niki,  abundantiam  iuvenilem  in  Cic.  or.  p.  R.  A. 
apparentem  notavit,  Kempten  1836.  4.    Drumann  V.  S.  234—244. 

3.  Sonderausgaben  von  H.  R.  Matthäi  (Schleswig  1799),  W.  Büchner 
(rec.  einend,  etc.,  Lips.  1835),  J.  C.  Orelli  (Zürich  1837.  4),  E.  Osenbrüggen 
(mit  Einl.  und  Commentar,  Braunschweig  1844),  G.  W.  Gossrau  (Quedlinb. 
1853),  C.  Halm  (in  der  Weidmännischen  Sammlung  L,  bis  jetzt  5  Auflagen), 
S.Karsten  (Utrecht  1861),  Fr.  Richter  (Leipzig,  Teubner,  1864).  —  üober- 
setzt  Ton  Gliemann,  in  Jahn's  Archiv  XI.  S.  677—616. 

3)  pro  Q.  Roscio  Comoedo,  nach  der  gewöhnlichen  An- 
nahme gehalten  im  Jahr  678,  nach  Drumann  aber  erst  im  Jahr 
682  d.  .St.  Gegenstand  der  Rede  ist  ein  SkLave  (Panurgus) 
welchen  der  Kläger,  C.  Fannius  Chaerea,  dem  ^Roscius  zur 
Ausbildung  in  der  Schauspielkunst  übergeben  hatte,  unter  der 
Bedingung  dass  der  Gewinn  den  dann  einst  die  Kunst  des 
Sklaven  eintrüge  zwischen  Herr  und  Lehrer  getheilt  werden 
sollte.  Nun  hatte  aber  ein  gewisser  Flavius  diesen  Panurgus 
getodtet  und  dafür  zuerst  dem  Roscius  und  dann  dem  Fannius 
Schadenersatz  bezahlt,  um  dessen  Theilung  es  sich  jetzt  handelt. 

1.  Unterholzner,  über  die  Rede  des  Cic.  f.  den  Schausp.  R. ,  in  Sa- 
vigny's  Zeitschr.  I.  S.  248  tf.  F.  A.  C.  Rovers,  de  Cic.  or.  p.  R.  C,  Utrecht 
'826.  N.  München,  or.  p.  R.  C.  iuridice  exposita,  Colon.  1829.  Puchta, 
Qbör  den  der  Rede  u.  s.  w.  zu  Grunde  liegenden  Rechtsfall,  Rhein.  Mus. 
V-  S.  316—328.  G.  E.  Heimbach,  observatt.  iur.  rom.  (Lips.  1834)  p.  18  fF. 
Huschke  in  Richter*s  krit.  Jahrb.  1840.  S.  481  ff.  A.  Hauedoes,  diss.  de 
^c.  p.  R.  C.  oratione,  Lugd.  Bat.  1844.    Drumann,  G.  R.  V.  S.  346-348. 

2.  Or.  p.  R.  C.  ed.,  comm.,  adnott.  illustr.  C.  A.  Schmidt,  Lips.  1839.  — 
Üebereetzt  von  E.  Osenbrüggen,  in  Jahn*s  Archiv  XL  S.  554—576. 

4)  pro  M.  Tullio,   gehalten   vor  reciperatores  J.  682  oder 

6^,  Klage  im  Namen  des   Tullius  gegen  einen  Nachbar  von 

iesem,  den  sullanischen  Veteranen  P.  Fabius,   welcher  dessen 

Undhaus  (im  Gebiete  von  Thurii)  zerstört  hatte. 

l.  Tac.  dial.  20:  quis  (nunc)  de  exceptione  et  formula  perpetietur  illa 
immensa  volomina  quae  pro  M.  TuUio  aut  A.  Caecina  legimus?  Vgl.  Jul. 
Victor  p.  240  Or.  =  419  Halm.  Schol.  Bob.  pr.  Mil.  p.  278  Or.  —  Für 
J.  682  spricht  Drumann  G.  R.  V.  S.  258,  A.  64  b. 

T«afrel,  Rom.  Liltraturg^eschichte.  iy 


^f*'i 


258  Cicevonische  Zeit.  Erbte  Hälfte,  671—691. 

2.  Ausgaben  von  Mai,  Peiron,  Beier,  s.  unten  167,  2.  Ph.  E.  HuEchke 
in  J.  G.  Huschke's  Anal.  lit.  (Lips.  1826)  p.  98  ff.  372  ff.  E.  J.  Richter, 
Nürnberg  1834.  12.  Keller,  Semestr.  I,  3.  p.  653  ff.  In  Orelli's  zweiter 
Gesammtausgabe  p.  88 — 102. 

3.  C.  Beier,  iurisprud.  in  Cic.  or.  p.  T.  exponitur,  in  Jahn*s  Jahrb.  I. 
p.  214 — 220.  Savigny,  über  Cic.  or.  p.  T.  und  die  actio  vi  bon.  rapt. ,  in 
der  Zeitschr.  f.  gesch.  Rechtsw.  V.  Nr.  3. 

5)  Divinatio  in  Caecilium,  wodurch  Cicero  (Jahr  684 
d.  St.)  sich  selbst  das  Recht  erkämpfte  als  Ankläger  des  Verres 
wegen  dessen  Prätur  in  Sicilien  aufzutreten,  statt  des  von  dem 
Bedrohten  vorgeschobenen  ungefährlichen  Q.  Caecilius  Niger;  und 

6  — 11)  in  Verrem,  bestehend  aus  zwei  actiones ,  von 
welchen  die  erste  am  5.  August  684  als  Einleitung  zur  eigent- 
lichen Klage  gesprochen  ist,  worauf  Cicero  die  einzelnen  Klag- 
punkte in  der  Weise  vorbrachte  dass  er  gleichsam  nur  die 
Ueberschriften  gab,  den  Text  aber  durch  Zeugenabhör  und 
Verlesen  von  Urkunden  sich  von  selbst  bilden  Hess;  dagegen 
verarbeitete  er  seinen  reichhaltigen  StoflF  spater,  nach  der  Ver- 
urteilung des  Beklagten,  zu  den  fünf  Büchern  der  actio  secunda, 
de  praetura  urbana,  de  iurisdictione  Siciliensi,  de  frumento,  de 
signis,  de  suppliciis.  Diese  actio  secunda  ist  aber  nur  schrift- 
lich herausgegeben,  nie  wirklich  gehalten  worden,  obwohl  der 
Verfasser  sich  den  Anschein  gibt  als  sei  das  Urteil  noch  nicht 
gefällt  und  sollte  durch  diese  Reden  auf  dessen  Findung  noch 
eingewirkt  werden. 

1.  Caecilius  war  ein  ctTCil&vd'iQiy.og  av^gconogf  ^voxog  tw  tovdatteiv 
(Plut.  Cic.  7);  daher  des  Cicero  Witz:  quid  Judaeo  cum  verre?  —  J.  W. 
Sluiter,  spec.  acad.  in  Cic.  div.  in  Caec,  Lugd.  Bat.  1832. 

2.  Drumann  V.  S.  2G3  fi'.  327.  Ps.-Ascon.  p.  97-213  Or.  Schol.  Gron. 
p.  382— 405  Or.  Francke,  prolegg.  in  Cic.  orr.  Verr.,  Wittenb.  1823,  und 
in  Friedemanu  und  Seebode  Mise.  crit.  II.  p.  293  ff.  Madvig,  Opusc.  acad. 
I.  p.  323  ff.  P.  C.  Masse,  disp.  lit.  iurid.  de  Cic.  or.  in  V.  de  iurisd.  Sic, 
Lugd.  Bat.  1824.  Brauneisen,  Bemerkungen  über  die  verrin.  Reden,  Ha- 
dersleben 1840.  4.  Kramarczik,  die  Kunsträubereien  des  Verres,  zur  Erkl. 
von  Verr.  IV.,  HTeiligenstadt  1849^.  4.  König,  de  Cic.  in  Verr.  artis  operum 
aestimatore,  Jever  1863.  4.  H.  Degenkolb,  die  lex  Hieronica  etc.  Beitrag 
zur  Erklärung  der  Verrinen,  Berlin  1861.  C.  Halm,  über  die  Hdss.  der 
verrinischen  Reden  des  Cicero,  insbesondere  den  vaticanischen  Palirapsest, 
in  den  Münchener  gel.  Anz.  1853,  Nr.  29—33.  W.  G.  Pluygers,  Spec. 
emendat.  in  Cic.  Verr.  act.  II.  Ubr.  2  et  3.    Lugd.  Bat.  1856.  4. 

3.  Ausgaben  von  C.  G.  Zumpt  (BerHn  1831;  Text  besonders,  ib.  1830), 
G.  Long  (with  a  commentary,  Ed.  II.  London  1862).  Einzeln  Lib.  II  von 
Creuzer  und  Moser,  Göttingen  1847;  IV  von  N.  G.  Eichhoff,  Giessen  1826 
und  übersetzt  in  Jahn's  Archiv  XIII,  1  f.;  V  von  ürelli,  Leipz.  1831.    Rede 


Cicero's  Reden.  259 

gegen  Caecilius  und  gegen  Verrea  IV  und  V,  erklärt  von  C.  Halm  (Weid- 
männische ^ammlung)^  1852  (mit  einer  Karte),  bis  jetzt  5  Auflagen.  Vier- 
tes (Leipzig,  Teubner  1866)  und  fünftes  (ebds.  1868)  Buch  erklärt  von 
Fr.  Richter. 

12)  pro  M.  Fonteio,  vom  Jahr  685,  in  ein^r  Repetuiiden- 
klage;  nur  unvollständig  erhalten. 

1.  Die  üeberreste  der  Rede  wurden  J.  1820  von  Niebuhr  durch  Bruch- 
stücke des  ersten  Theilea    aus  einem  vaticanischen  Palimpsest  vermehrt 
iRom  1820.  8.;  auch  in  Mai's  Class.  auct.  II.  p.  363  ff.),  durch  neue  Bruch- 
stücke aus  dem  Anfang  der  Rede  nach  einer  Handschrift  des  Kicolaus  von 
Caes  (Cu&anus)  vermehrt  von  Jos.  Klein  (Berlin  1866),  S.  67—78. 

•    2.  üeber  den  Inhalt  der  Rede  s.  Drumann  V.  S.  329—335. 

13)  pro  Caecina,  vom  Jahr  685,  gehalten  vor  reeipera- 
tores,  über  eine  Erbschaftsstreitigkeit,  wobei  mindestens  das 
formelle  Recht  auf  Seiten  Cicero's  war. 

1.  Oic.  orat.  29,  102.    Vgl:  Tac.  dial.  20.    Quintil.  V,  10,  98.     Verthei- 
%r  der  Gegenpartei  (des  L.  Aebutius)  war  C.  Piso. 

2.  H.  C.  Gras,  diss.  iurid.  qua  .  .  Cic.  iustam  pro  Caec.  causam  dixisse 
ostenditur,  Lugd.  Bat.  1769.  4.  Rmnpf,  Observ.  in  Cic.  or.  p.  Caec,  Giesseu 
1810.  4.  Ph.  E.  Huschke,  Analect.  lit.  p.  164  ff.  R.  Klotz,  adnot.  crit.  ad 
Cic.  or.  Caecin.  partes  I.  II.  Lips.  1866  f.  51  pp.  4.  Drumann  V.  S.  335 — 
3«.  F.  L.  Keller,  Semestr.  lib.  II.  (Zürich  1813)  und  dazu  Th.  Mommsen, 
Zeitschr.  für  d.  Alt-Wiss.  1845.  Nr.  136  ff.  C.  A.  Jordan  in  den  Prolegg. 
^or  seiuer  Ausgabe  der  Rede  (Lips.  1847),  und  gegen  Jordan:  Zeyss,  Cic. 
liat  den  Process  des  Caecina  verloren,  Zeitschr.  f.  d.  Alt.-Wiss.  1848. 
Nr.  109-111.    A.  H.  G.  Zimmermann,  de  A.  Caecina  (1852),  p.  6—10. 

14)  De  imperio  Cn.  Pompei,  gehalten  im  Jahr  688  als 
Prätor,  zur  Unterstützung  der  lex  Manilia.  Das  Lob  des  Pom- 
P^jus  ist  stark  aufgetragen,  die  Darstellung  aber  meisterhaft. 

1.  Cic.  de  or.  29,  102.  Fronto  de  bell,  parth.  p.  221  f.  Naber.  Vgl. 
^chol.  Oronov.  p.  437—442  Or. 

2.  A.  Mühlich,  geschichtl.  Einl.  nebst  Plan  zu  Cic.  R.  u.  s.  w.  Bam- 
'^^rg  1826.  4.  C.  W.  Haun,  Versuch  einer  Würdigung  der  Rede  u.  s.  w., 
Merseb.  1827.  4.  Drumann  V.  S.  356-359.  A.  Niki,  levitatem  et  fallaciam 
^mentationis  in  Cic.  or.  etc.  ostend.,  Kempten  1842.  4.  J.  A.  Reinhard, 
^^  aliquot  locorum  in  Cic.  or.  p.  1.  M.  fide  historica,  Freiburg  i.  Br.  1852. 
^3  Pp.  8.  Bauermeister,  Cic.  Rede  de  imp.  Gn.  P.  nach  ihrem  rhetorischen 
Berthe  erläutert,  Luckau  1861.  31  S.  4. 

3.  Ausgaben  von  C.  Beneke  (Lips.  1834),  Halm  (Lips.  1849  und  in  der 
Weidmännischen  Sammlung  mit  Rose.  Am.),  G.  W.  Gossrau  (Quedlinburg 
^854.  183  S.  8.,  wovon  140  S.  Einleitung). 

15)  pro  A.  Cluentio  Habito,  Vertheidigung  eines  Gift- 
aorders,  aus  dem  J.  688. 

17* 


260  Ciceronische  Zeit.  Erste  Hillfte,  671—691. 

1.  Quiütil.  II,  17,  21:  Cicero  se  tenebras  offudisse  iudicibns  in  causa 
Cluentii  gloriatus  est.    Vgl.  ib.  IV,  5,  11.  VI,  5,  9.  XI,  1,  61—63.  74. 

2.  Druinann  V.  S.  360  ff.  C.  J.  van  Assen,  disp.  iurid.  lit.  de  Cic.  or. 
pr.  etc.,  Franeker  1809.  8.  —  Kritische  Ausg.  von  J.  Classen,  Bonn  1831. 

16 — 18)  Drei  Reden,  de  lege  agraria  contra  P.  Servilium 
RuUum,  die  frühesten  von  Cicero's  Consulatsreden  (691),  ent- 
haltend die  Bekämpfung  des  masslosen  Vorschlages  des  Volks- 
tribunen Servilius,  für  den  Ankauf  und  die  Vertheilung  von 
Ländereien  in  ItaUen  einen  (demokratischen)  Zehnerausschuss 
mit  den  ausgedehntesten  Befugnissen  niederzusetzen.  Den  zu- 
gleich gegen  Pompejus  gerichteten  Vorschlag  bekämpft  Cicero 
scheinbar  vom  demokratischen  Standpunkte  aus.  Die  erste  Rede 
ist  am  1.  Jan.  im  Senat  gehalten  (erhalten  nur  der  letzte  Theil), 
die  zweite  und  (kurze)  dritte  an  das  Volk  gerichtet,  eine  vierte 
(gleichfalls  kurze)  nicht  auf  uns  gekommen. 

1.  Cic.  ad  Att.  II,  1,  3.     Quintil.  II,  16,  7. 

2.  Or.  III  de  lege  agr.  in  usum  schol.  rec.  J.  L.  Usaing,  Kopenhagen 
1850.  Rec.  et  expl.  A.  W.  Zumpt,  Berlin  1861.  Vgl.  F.  Richter  in  Jahn's 
Jahrbb.  87,  S.  251—272. 

3.  B.*  Thorlacius,  de  lege  Kulli  agraria,  in  dessen  Proluss.  et  opusc. 
acad. ,  Kopenh.  1806.  p.  259—312.  Drumann  III.  S.  152  ff.  0.  Zeyss.  die 
Umtriebe  des  P.  Servihus  Rullus,  eine  Erläuterung  der  agrarischen  Reden 
des  Cicero,  Reval  1846.  4.    Mommsen  R.  G.  IIP.  S.  1G9  f. 

4.  H.  C.  Gebhart,  Obss.  crit.  in  Cic.  orr.  de  1.  agr.  Hof  1851.  4.  H. 
Ebeling,  codicis  Lagomarsini  IX  qiiae  sit  auctoritas  in  oratt.  TuU.  de  lege 
agr.  recensendis,  cum  mantissa  de  cod.  Paris.  7774,  Braunschweig  1863. 

19)  pro  G.  Rabirio  perduellionis  reo,  aus  J.  691. 
1.  Ueber  die  Sache  vgl.  Mommsen  R.  G.  III.  S.  158  f.  2.  Ausg. 

20 — 23)  Die  vier  Reden  in  L.  Catilinam,  in  Sachen  der 
catilinarischen  Verschwörung,  die  erste  gehalten  am  7.  Nov. 
691  im  Senat  und  dem  Catilina  seiue  neuesten  Schritte  im  Ein- 
zelsten  vorhaltend;  die  zweite,  vom  8.  November,  dem  Volke 
von  den  Vorgängen  im  Senat  und  Catilina 's  Abreise  aus  Rom 
Nachricht  gebend;  die  dritte,  vom  Abend  des  3.  December, 
theilt  dem  Volke  die  Verhaftung  der  in  Rom  befindlichen  Cati- 
linarier  auf  Grund  der  den  Allobrogern  abgenommenen  Brief- 
schaften mit;  die  vierte  ist  am  5.  December  im  Senat  gehal- 
ten und  unterstützt  den  Antrag  auf  Hinrichtung  der  Verhafteten. 

1.  Zur  Sache  vgl.  bes.  Drumann  V.  S.  377—577.  E.  Hagen,  Catilina, 
eine  historische  Untersuchung,  Königsberg  1854.  Mommsen  R,  ^G^  III*. 
S.  162—182  und  im  Hermes  I.  S.  434. 


Cicero*s  Reden.  261 

2.  P.  A.  Wolf  machte  sich  den  Scherz  mit  ernster  Miene  die  ünecht- 
heit  Ton  einer  dieser  Reden  anzudeuten,  und  behauptete  diess  später,  immer 
noch  doppelsinnig,    von   altera  ex   mediis    duabus.     Demgemäss   bewies 
E  6.  J.  Cludius  (im  Progr.  von  Gumbinnen,  1826.  4.  und  wiedergedr.  in 
Seebode's  Archiv  II.  p.  47  ff.)  die  Unechtheit  der  zweiten  (obwohl  Wolf 
selbst,  falls  es  ihm  überhaupt  irgendwie  Ernst  war,  eher  die  dritte  meinte, 
8.  Körte,  Wolfs  Leben  I.  S.  332),  R.  A.  Morstadt  (Schaäliauser  Progr.  1842. 
1844)  die   der   ersten,   Zimmermann    (im   Hamburger   Progr.    1829)    und 
E.  A.  Ahrens   (Coburg  1832  und  1837.  4.)  u.  A.   die   der   vierten,   gegen 
welche  letztere  Behauptung  auftraten  C.  F.  Schnitzer  (Quaest.  Cic,  Aarau 
1836.    Heilbronn  1837.  4.),  G.  H.  Kolster  (Itzehoe  1839.  4.),  E.  P.  Hinrichs 
(Hamburg  1839.  4.),  Drumann  (V.  S.  612—517.  520  f)  u.  A.     Orelli  und 
Paldamus  (Zeitschr.  f.  d.  Alt-Wiss.   1837.  Nr.  65  f    1838.  S.  112)  verdäch- 
tigten gar  die  drei  letzten.  In  Holland  aber  glaubte  neuerdings,  ermutigt 
durch  den  Vorgang  von  Bake  —  der  ihm  dann  auch  zu  Hülfe  kam  (Over 
de  method  von  onderzoek  naar  de  echtheid  of  de  onechtheid  von  Cic.  I 
Cat.,  Amsterdam  1859.  44  pp.  4.)  — ,  ein  junger  Gelehrter  sich  an  der  er- 
sten cat.  Rede  die  Sporen  verdienen  zu  können ,  s.  S.  H.  Rinkes ,  disp.  de 
or.  I  in  Cat.  a  Cicerone  abiudicanda,  Lugd,  Bat.  1856.  L  u.  66  pp.  8.    An- 
dere seiner  Landsleute  nahmen  sich  die  Mühe  seine  Scrupel  zu  widerlegen, 
i  J.  C.  G.  Boot,  or.  I  in  Cat.  rec.  et  a  Cic.  male  abiudicari  demonstravit  etc., 
Amsterdam  ISbS.  XXV  u.  78  pp.  8.  und  in  den  Verslagcn  der  holländ. 
Aiademie  V,  1  (1860).    E.  J.  Kiehl,  Catilina,  Deventer  1857.    P.  Epkema, 
£piäi  erit.  de  or.  I  in  Cat.  frustra  a  Cic.  abiudicata,  Amsterdam  1857. 
101  pp.  8.    Karsten  in  den  Verslagen  der  hoU.  Akademie  IV,  2.     Auch 
C.Franke,  I.  Bakium  or.  I  in  Catil.  a  Cic.  male  abiudicasse,  Sagan  1863. 
4.  Üeber  diese  ganze  Frage  vgl.  die  verständigen  Bemerkungen  von  Dru- 
mann V.  S.  470—474.     Auch  Madvig  Opusc.  acad.  II.  p.  338—351.    Bäum- 
lein in  der  Zeitschr.  f.  Alt.-Wiss.  1838.  S.  66  ff.    E.  Hagen,  de  Cic.  Catili- 
nariia  ad  .  .  Gottholdium,  Königsberg  1851.  4.    Zur  materiellen  Verthei- 
digung  der  ersten  Rede  (gegen  Drumann  und  Hagen,  Catil.  S.  213  f)  vgl. 
anch  Adam  im  Heilbronner  Progr.  1855.  4.    Eine  besoimene  Kritik,  welche 
nicht  aus  jedem  geheinbaren  oder  wirklichen  Anstosse  den  Fehlschluss  der 
Unechtheit  zieht,  wird  diese  Reden  unangefochten  lassen. 

3.  Ausgaben  von  C.  Morgenstern  (Dorpat  1804),  E.  Anton  (Leipzig 
1827),  C.  Beneke  (Leipzig  1828),  J.  Ph.  Krebs  (mit  pro  SuUa,  in  us.  schol., 
Giessen  1829),  C.  Halm  (mit  p.  Sulla  n.  Arch.  in  der  Weidmami'schen 
Sammlung,  bis  jetzt  6  Auflagen). 

24)  pro  L.  Murena,  für  den  nach  lex  Tullia  de  ambitu 
belangten  designierten  Cos.  Murena  (Nov.  691),  im  heitersten 
Tone  gehalten,  mit  allerlei  Witzen  über  Jurisprudenz  und  Stoi- 
cismus,  deren  Vertreter  dem  Cicero  in  Ser.  Sulpicius  ßufus  und 
M.  Cato  gegenüberstanden;  doch  scheint  die  Rede  nicht  ganz 
so  gehalten  zu  sein  wie  sie  geschrieben  ist. 

1.  Quintil.  XI,  1,  69  f.  Plut.  Cic.  35.  Drumann  V.  S.  477.  A.  66  f. 
J.  Luzac,  observ.  apologett.  pro  Ictis  rom.  ad  Cic.  p.  Mur.  c.  11  —  13. 
Lugd.  Bat  1768.  4.    Niebuhr,  Rhein.  Mus.  I,  3.  S.  223  ff.    F.  Winiewski, 


262  Ciceronische  Zeit.  Erste  Uälfte,  671  — 691. 

quo  tempore  Murena  ambitus  sit  reus  factns,  Münster  (Sommerkatalo 
1853.  38  pp.  4.  Matern,  de  ratione  ea  qua  Cic.  in  or.  p.  Mur.  habita  cu 
Stoicos  tum  M.  Catonem  tractavit  etc.,  Lissa  1854.  31  pp.  4.  Boot,  < 
emendanda  et  explicanda  Cic.  or.  p.  Mur.,  Mnemosyne  V.  p.  347-^3( 
C.  Halm,  über  die  Handschriften  zu  Cic.  Bede  p.  Mur.  München  186 
48  S.  8.  (aus  den  Sitzungsberichten  der  Münchner  Akad.  1861.)  6.  Sor< 
de  Cic.  p.  M.  or.  commentatio  critica.  I.  Potsdam  1861.  4.  J.  F.  C.  Cam]: 
zur  R.  f.  M.,  Jahn's  Jahrbb.  93,  S.  179—190. 

2.  ßec.  et  explicavit  A.  W.  Zumpt,  Berlin  1859.  Verhandlungen  dj 
über  zwischen  C.  Halm  und  A.  W.  Zumpt  in  der  Berliner  Zeitschr.  f.  Gyn 
XIV.  S.  881-905.  XV.  S.  337—360.  XVI.  S.  337—366.  833—840.  ErklS 
von  G.  Tischer  (Berlin  1861),  C.  Habn  (Berlin  1866),  H.  A.  Koch  (Leipzi 
Teubner  1866).' 

25)  pro  P.  Cornelio  Sulla,  aus  dem  "J.  6Ö2,  erfolgreicl 
Vertheidigung  gegen  die  Anklage  auf  Theilnaliine  an  der  cai 
linarischen  Verschwörung. 

1.  Schol.  Bob.  p.  359—369  Or.  Gell.  XII,  12,  2  f.  G.  E.  J.  Ever 
spec.  acad.  in  Cic.  or.  p.  Sylla,  Noviomag.  1835.  8.  M.  Seyflfert,  Ep.  er 
da  Cic.  p.  Sulla  et  Sestio  orr.,  Berlin  1848.  4.  C.  Campe,  Beiträge  z 
Kritik  des  Cicero  1  (Greiffenberg  1860.  4.)  S.  21—25. 

2.  Ausgaben  von  Frotscher  (Lips.  1831.  Commentar  1832)  und  C.  Ha 
(Lips.  1845  und  in  der  Weidmann'schen  Sammlung,  Bd.  III). 

2G)  pro  Archia,  gehalten  im  J.  692  zur  Vertheidigui 
von  Arehias'  bestrittenem  Bürgerrechte. 

1.  Die  Rede  enthält  viel  Declamatiou  und  ist  desswegen  zuerst  v 
C.  W.  Schröter  (rec,  suas  obss.  adiec.  M.  C.  B.,  Lips.  1818),  gegen  w 
chen  Fr.  Platz  auftrat  (in  Seebode's  krit.  Bibl,  1820.  p.  774  ff.  18: 
p.  220  ff.  783  ff.  1822.  p.  155  ff.  335  ff.  656  ff.  1089  ff.),  dann  von  J.  C.  '' 
Büchner  (Schwerin  1839.  1841.  4.),  welchem  J.  Lattmann  entgegenti 
(Göttingeu  1847,  8.),  dem  Cic.  abgesprochen  worden  —  als  ob  dieser  ni( 
auch  hätte  Declamatorisches  schreiben  köänen!  Auch  vgl.  Tac.  dial.  : 
nee  Cicerönem  magnum  oratorem  P.  Quintius  defensus  aut  Licinius  Arch 
faciunt:  Catilina  et  Milo  et  Verres  et  Antouius  hanc  illi  famam  circu 
dederunt, 

2.  Ausgaben  von  G.  K.  Schelle  (Text,  Uebers.  u.  Comm.,  mit  p.  \ 
u.  Lig.,  Leipz.  1797—1803.  3  Thle.),  H.  C.  F.  Hülsemann  (c.  carmin.  j 
chiae,  Lemgo  1800),  C.  C.  G.  Wiss  (Leipz.  1814),  M.  C.  B.  (s.  A.  1),  C.  1 
vezow  (Berlin  1823),  R.  Stürenburg  (Lips.  1832.  Leipz.  1839),  C.  Ha 
(Weidmännische  Sammlung,  Bd.  III). 

3.  Zur  Erklärung:  Schol.  Bob.  p.  353—359  Or.  P,  Manutius,  com] 
Rom  1572.  4.  G.  van  Walwyk,  exerc.  iur.  philol.  ad  Cic.  or.  p.  A.,  Lu« 
Bat.  1776.  4.  C.  D.  llgen,  Opp.  var.  II,  1  (Erfurt  1797).  J.  Th.  Ketsch 
diBp.  iur.  lit.  de  Cic.  or.  p.  A.,  Lugd.  Bat.  1808.  K.  H.  Frotscher,  krit. 
erldär.  Bemerk.,  Schneeberg  (Leipz.)  1821.  Jacobs  in  Ersch  und  Gruber  I, 
S.  137  ff.  Drumann  IV.  S.  199—204.   Schneither,  Mnemosyne  V.  p.  113—1! 


Cicero*8  Redeu.  263 

27)  pro  L.  Valerio  Flacco,  aus  dem  J.  695,  erfolgreiche 
Vertheidigung  gegen  eine  Repetundenklage ,  yrelche  D.  Laelius 
erhoben  hatte. 

1.  Auch  nach  den  Vervollständigungen  der  Rede  aus  einer  ambrosia- 
nischen  und  einer  vaticanischen  Handschrift  (Mai  Auetor.  class.  '11.  p.  1 — 36) 
ist  zwischen  c.  2  und  3  noch  eine  Lücke.  Macrob.  11,  1,  13:  pro  L.  Flacco, 
quem  repetundarum  reum  ioci  opportunitate  de  manifesÜssumis  criminibus 
exemit.  is  iocus  in  oratione  non  exstat:  mihi  ex  libro  Fusii  Vivaculi  no- 
tos  est. 

2.  C.  A.  Poortmann,  diss.  ht.  iurid.  de  Cic.  or.  p.  Fl.,  Lugd.  Bat.  1835. 
-Dnimanu  V.  S.  619—631. 

28 — 31)  Viel"  Reden  post  reditum,  nämlich  oratio  cum 
Senatui  gratias  egit,  (29)  or.  cum  Populo  gratias  egit,  (30)  de 
domo  sua  ad  pontifices,  um  die  Ungültigkeit  der  Weihung  sei- 
nes Hausplatzes  durch  Clodius  und  somit  die  Statthaftigkeit  von 
dessen  Rückgabe  zu  beweisen,  diese  drei  aus  dem  Sept.  697, 
(31)  de  haruspicum  responsis,  letztere  aus  dem  J.  698  und  ver- 
anlasst durch  die  Erklärung  der  haruspices,  das  Heilige  werde  " 
missaebtet,  was  Clodius  auf  Cicero's  Hausbau  (auf  geweihter 
Statte)  gedeutet  hatte,  Cicero  nun  aber  auf  Clodius  bezieht. 

1.  Die  erste  Rede  ist  eine  Danksagung  für  das  was  der  Senat  zu  Gun- 
sten von  Cicero's  Rückberufung  gethan  habe  (ad  Att.  IV,  1,  5).  Zur  drit- 
ten vgl.  ad  Att.  IV,  2,  2.  Quintil.  X,  1,  23;  zur  vierten  Ascon.  p.  69  Or. 
und  Quintil.  V,  11,  42. 

2.  Der  zweiten  Rede,  ad  populum,  fehlt  es  an  äusserer  Beglaubigung, 
"Ol  80  weniger  aber  an  inneren  Verdachtsgründen.    Die  andern  drei  sind 
unzweifelhaft  echt,  obwohl  früher  vielfach  bestritten.    J.  Markland   (Re- 
Diarks  on  the  epistles  of  Cic.  to  Brutus  etc.  with  a  dissertation  upon  four 
oratioDs  adscribed  to  Cic,  London  1745,  vgl.  Wolfs  Ausg.  p.  XL VII  ff.) 
f^nd  mit  seinen  Zweifeln  gewichtige  Unterstützung  an  F.  A.  Wolf  (Cic. 
<iuae  vulgo  feruntur  oratt.  IV  etc.,  Berl.  1801),  dessen  Ansicht  für  Schütz, 
•^reÜi  u.  A.  massgebend  wurde.    Dagegen  wurde  die  Unzulänglichkeit  der 
^rachlichen  und  sachlichen  Einwendungen  und  das  Gewicht  der  äussern 
Gründe  für  die  Echtheit  nachgewiesen  theils  gegen  Markland   von  Ross 
*dnrch  eine  deductio  ad  absurdum,   in  der  diss.  in  which  the  defense  of 
SöUa  etc,  Lond.  1746)   und   Gesner   (Cic.    restitutus,   in   den  Comm.   soc. 
Gott.  III.  p.  223—284),  theils  gegen  Wolf  von  J.  A.  Savels,  disp.  de  vin- 
fJicandis  Cic.  V  oratt.   (auch  pro  Marcello),  Köln  1828.  4.  und  in  seiner 
^'iBg.  der  or.  p.  r.  in  Sen.  (Köln  1830)  und  de  Cic.  or.  pro  domo  ad  Pon- 
tifices (Essen  1833.  4.),  Th.  Lucas,  Quaest.  Tüll.  spec.  (Hirschberg  1837.  4.), 
DrumannlL  S.  300  f.  A.  69.  S.  311  ff.,  G.  Lahmeyer,  orat.  de  harusp.  resp. 
^bitae  originem  Tullianam 'etc. ,  Göttiugen  1849.    Meerdervort,  ann.  ad 
or.  q.  Cic.  fertur  de  har.   resp.,  Lugd.  Bat.  1850.    A.  Dietzsch,  über  die 
Halm'sche  Ausgabe  der  Reden  Cicero's  in  ihrer  Bedeutung  für  die  Unter- 
Bochnng  der  angefochtenen  Reden,  Rhein.  Mus.  N.  F.  XII.  S.  529  ff. 


264  Ciceronische  Zeit.  Erste  Hälfte,  671—691. 

3.  Parallele  Dankreden  an  das  Volk  u.  an  d.  Senat,  deutsch  mit  einem 
Comm.  von  B.  Weiske,  Leipz.  1800.  Rede  an  d.  San.  (c.  1—8)  mit  Comm, 
von  F.  F.  Frenzel,  Soest  1801.  H.  Wagner,  Cic.  or.  post  red.  in  senatu 
rec,  scripturae  var.  adiecit,  prolegomenis  instruxit,  annotationibus  .  .  ex- 
planavit,  defendit,  Lips.  s.  a.  (1857)  74  pp.  8. 

32)  pro  P.  Sestio,  vom  März  698,  erfolgreiche  Verthei- 
digung  gegen  die  Anklage  auf  vis,  mit  Aufbietung  aller  Mittel 
der  ßeredtsamkeit.  Mehr  noch  aber  als  von  der  Anklage  und 
dem  Angeklagten  spricht  der  Redner  von  sich  selbst  und  der 
Partei  der  Optimaten. 

1.  ad  Q.  fr.  11,  4,  1:  Sestius  noster  absolutus  est  a.  d.  V.  Id.  Mart.  et 
.  .  Omnibus  sententiis  absolutus  est.  .  .  scito  nos  in  ^  iudicio  consecutos 
esse  ut  omnium  gratissimi  videremur.  nam  defendeudo  et  morose  homini 
cumulatissime  satis  fecimus  et  .  .  Yätinium  .  .  concidimus.  Schol.  Bob.  p. 
291—313  Or.  J.  D.  van  Dam,  spec.  lit.  in  Cic.  or.  p.  S.,  Lugd.  Bat.  1824. 
Madvig  Opusc.  acad.  p.  411 — 524.  624  ff.  T.  Baden  in  Jahn's  Archiv  III. 
S.  197  ff.  Drumann  V.  S.  664  ff.  C.  F.  Hefmann,  Vindiciae  lect.  Bern,  in 
Cic.  or.  p.  Sestio,  Göttingen  i852.  4.  Bacher  in  der  Berl.  Ztschr.  f.  Gjrmn. 
XVI.  S.  840-864.  913-929.  H.  Probst  in  Jahn^s  Jahrbb.  97,  S.  351—354, 
H.  Wrampelmeyer,  librorum  mss.  qui  Cic.  orr.  p.  Sest.  et  pro  CaeL  con- 
tinent  ratio  qualis  sit,  Götti.  1868.  4. 

2.  Ausgaben  von  0.  M.  Müller  (Köslin  1827.  curae  sec.  ib.  1831),  J.  C. 
W.  Lotzbeck  (Baireuth  1829,  mit  p.  leg.  Man.),  Orelli  (mit  der  pro  Cael. 
Zürich  1832.  8.,  sodann  vor  dem  Züricher  Lectionskatal.  1834.  4.,  zum  drit- 
ten Male  Heidelberg  1835.  4.),  C.  Halm  (Lips.  1845  und  1853  ff.  in  def 
Weidmännischen  Sammlung,  Bd.  IV,  wo  bis  jetzt  drei  Auflagen),  H.  A. 
Koch  (für  den  Schulgebrauch  erklärt,  Leipzig,  Teubner,  1863). 

33)  In  P.  Vätinium,  mit  dem  Processe  des  Sestius  zu- 
sammenhängend,  in  welchem  Yatinius  als  Belastungszeuge  auf- 
getreten war.    Auch  diese  Rede  erreichte  ihren  Zweck. 

1.  Cic.  ad  Qu.  fr.  II,  4,  1  (s.  Nr.  32,  1>.  Schol.  Bob.  p.  315—325  Or. 
Drumann  V.  S.  682  ff. 

2.  Ausgabe  von  Halm,  Lips.  1816. 

34)  pro  M.  Caelio,  aus  dem  J.  698,  voll  Geist,  und  bos- 
haften Witzes,  besonders  gegen  die  eigentliche  Klägerin,  die 
berüchtigte  Clodia;  für  die  Sittengeschichte  von  Wichtigkeit. 

1.  J.  Klerk,  de  Cic.  or.  p.  C ,'  Lugd.  Bat.  1825.  Madvig  Opusc.  acad. 
p.  375  ff.  Schwabe,  Quaest.  Catull.  p.  63  f.  66  f.  Vollenhoven,  Emend., 
Lugd.  Bat.  1839.  H.  Wrampelmeyer  (s.  Nr.  32,  A.  1).  W.  Oetling,  libro- 
rum mss.  qui  Cic.  or.  p.  C.  continent  .  .  condicio  .  .  eiusdem  Caeliauao 
virtutes  et  vitia  .  .  investigantur  et  .  .  illustrantur,  Götti.  1868.  4. 

^2.  Ausgabe  von  Ürelli,  Zürich  1832  (mit  p.  Sest.). 

35)  De  provinciis  consularibus,  gehalten  Ende  Mai's 


Cicero*8  Reden.  265 

698,  um  zu  bewirken  dass  dem  Caesar  die  Statthalterschaft  in 
Gallien  verlängert  werde. 

1.  Drmnaim  V.  S.  706  ff.    Mominsen  R.  G.  IIP.  S.  305.  Anm.    Madvig 
Opusc.  II.  p.  1  ff. 

2.  Ed.  Orelli,  Zürich  1833.   4.    Erklärt  von  G.  Tischer,   Berlin  1861 
(Weidmann). 

36)  pro  L.  Balbo  vom.  J.  698,  Vertheidigung  eines  Ver- 
trauten von  Caesar  (und  Pompejus)  gegen  die  Anklage  auf  An- 
massung  des  Bürgerrechts. 

1.  Rumpf,  Obss.  in  Cic.  p.  Balbo,  Giessen  1814.  4.  P.  J.  Elout,  de  Cic. 
or.  p.  B.,  Lugd.  Bat.  1828.  121  pp.  4.  Madvig  OpuBC.  1.  1.  W.  Büchner, 
annott  critt.  ad  or.  etc.    Schwerin  1866.  4. 

37)  In  L.  Pisonem,  aus  dem  J.  699,  im  Senat  gehalten, 
eine  Rede  von  monströser  Massivität. 

i.  Der  Anfang  ist  nicht  erhalten.    Elf  Bruchstücke  daraus  hat  aus  der 
H&ndBchrift  des  Nicolaus  Cusanus  erstmals  herausgegeben  J.  Klein,  d.  Hand-  * 
Äciu.  des  Nie.  C.  (Berlin  186G)  S.  49  f.    Göttinger  Gel.-Anz.  1866,  S.  1582 
—  1586.     C.  Halm  in  Jahns  Jahrbb.  93,  S.  623—628. 

2.  Ascon.  p.  1—17  Or.    H.  Lagomarsini,  in  Friedemann  und  Seebode 
crit.  I.  p.  329  ff.    Drumann  VI.  S.  4  ff. 


38)  pro  Cn.  Plancio,  vom  J.  700,  gegen  die  Anklage  auf 
Bestechung. 

1.  SchoL  Bob.  p.  253—273  Or.  G.  de  Man,  de  Cic.  or.  p.  PL,  Utrecht 
^B09.  4.  Drumann  VI.  S.  45  ff.  H.  Keil,  obss.  critt.  in  —  Erlangen  1864. 
*-    C.  Campe,  zur  R.  f.  PL,  in  Jahn's  Jahrbb.  95,  S.  265—273. 

2.  Ausgg.  von  G.  Garatoni  (Bologna  1815.  4.),  Orelli  (Lips.  1825),  E. 
'Wunder  (Lips.  1830.  4.),  E.  Köpke  (für  den  Schulgebrauch  erklärt»  Leipz. 
1856). 

39)  pro  C.  Rabirio  Postumo,  vermutlich  erfolglose  Ver- 
theidigung dieses  Caesarianers  gegen  eine  nur  allzu  begründete 
Klage  wegen  Erpressungen,  aus  dem  J.  700. 

1.  Quinta,  m,  6,  11.  IV,  2,  10. 

2.  Drumann  VI.  S.  71  ff.  C.  Halm,  über  Cicero's  Rede  pro  C.  R.  P., 
«ine  kritische  Abhandlung,  München  1855.  52  S.  4.  (Aus  den  Abhh.  der 
bair.  Akademie  VII,  3.)  B.  ten  Brink,  loci  quidam  corruptiores  in  Cic.  or. 
etc.,  Philologus  XI.  p.  92—100. 

40)  pro  T.  Milone  wegen  der  Tödtung  des  Clodius,  welche 
als  eine  Handlung  der  Nothwehr  dargestellt  wird ,  aus  dem  J. 
702;  nicht  die  wirklich  gehaltene  (erfolglose)  Rede,  sondern 
nachträglich  mit  grosser  Sorgfalt  ausgearbeitet,  ein  rednerisches 
Meisterwerk. 


266  Ciceronische  Zeit.  Erste  Hälfte,  671  —  691. 

1 .  Ascon.  p.  31  —  55  Of.  (ed.  ill.  Frotscher ,  Freiberg.  1845.  4.)-    Q' 
til.  VI,  5,  10.    X,  5,  20.     Schol.  Bob.  p.  275  —  290.    Schol.  Gron.   p.  44^ 

2.  C.  A.  Schwarz,  an  Cic.  ob  Mil.  defensum  sit  reprehendendus ,  G  ^r= 
litz  1789.  4.  F.  W.  Hageu,  exercit.  acad.  in  Cic.  or.  p.  M.,  Erlang.  17"'^= 
J.  L.  Puttmann,  de  moderatione  iuculpatae  tutelae,  ad  Cic.  or.  Mil.  (Opu^^^ 
iur.  crim.  p.  111  ff.).  A.  F.  G.  Curth,  de  artificiosa  forma  or.  p.  M.,  ^^^ 
lin  1833.  Spengel,  Zeitschr.  f.  Alt.-Wiss.  1843.  S.  432  ff.  C.  W.  ElberlLcKriz 
narratio  de  T.  Annio  Milone,  Kopenh.  1840. 

3.  Bierregaard,  de  supplem.  Peyron.  lacunae  or.  Mil.  XII.  Kopei 
1830.  C.  Wex,  zu  Cic.  p.  M.,  Jahn's  Jahrbb.  83,  S.  207—213.  L.  Lan^ 
Obss.  ad  Cic.  or.  Mil.,  I.     Giessen  1864.  4.  II.  ib.  1865. 

4.  Ausgaben  von  Schelle  (s.  Nr.  26),  G.  Garatoni  (Bologna  1817),  Ore, 
(Lips.  1826),  W.  Freund  (Breslau  1838.  4.),  E.  Osenbrüggen  (Hamb.  1841 
C.  Halm  (Weidmännische  Sammlung,  Bd.  V,  Aufl.  5),  J.  Wagener  (Par 
1860),  Fr.  Richter  (f.  d.  Schulgebr.  erkl.,  Leipzig,  Teubner,  1864). 

5.  Deutsch  von  J.  P.  Brewer  (mit  Einl.  und  Anm.,  Düsseid.  18.30), 
F.    Strodtbeck   (^Ulm    1852.    4.);    ins   Griechische   übers,    von  W.    Birkle^ 
(Stuttg.  1860.  4.). 

41)  pro  M.  Marcello,  im  J.  708  im  Senat  an  Caesar^ 
gerichtet  zu  Gunsten  der  Zurüekberufung  dieses  seines  alten^ 
Gegners. 

1.  Auch  diese  Rede  hat  ihre  Beglaubigung  durch  Citate  und  Zeugnisse 
nicht  vor  Anfechtungen  der  Hyperkritik  bewahren  können,  in  welcher  Be- 
ziehung namentlich  F.  A.  Wolf,  mit  seinem  Zweifel  Nachfolger  des  spani- 
schen Jesuiten  Juan  Andrez,  allen  seinen  Scharfsinn  aufgeboten  hat  Um  zu 
beweisen  dass  die  Rede  schlecht  —  und  desswegen  nicht  von  Cicero  — 
sei,  8.  die  Vorrede  zu  dessen  Ausg.  der  Rede  (Berlin  1802.  8.).  Anhänger 
fand  diese  Ansicht  an  Spalding  (de  or.  Marcell.,  in  Wolfs  und  Buttmanns 
Mus.  antiq.  stud.  1.  1808),  Schütz,  Orelii  u.  A.,  Bekämpfer  von  ungleichem 
Werthe  an  Ol.  Worm  {vo^siag  suspic.  liberare  conatus  est,  Kopenh.  1803), 
F.  Kalau  (ad  Wolfianas  or.  p.  M.castigatt.,  Frantf.  1804.  4.),  B.  Weiske 
(comment.  in  or.  .  .  cum  append.,  Lipa.  1805),  Barbier -Vemars  (in  seinem 
Mercure  latin,  Paris  1813.  V.  und  in  Seebode's  Archiv  1824.  p.  475  ff.), 
Hug  (Lucubr.  de  or.  Cic.  p.  Marc,  Freiburg  1817.  4.),  Savels  (s.  oben  Nr. 
28  ff.),  F.  Passow  (Verm.  Schrr.,  Leipz.  1813.  S.  268  ff.),  Drumann  VI.  S. 
266  ff. ;  einen  sogenannten  Mittelweg  (Annahme  von  Interpolationen  in  der 
vorhandenen  Rede  u.  s.  w.)  schlug  A.  L.  G.  Jacob  ein  (de  or.  quae  inscrib. 
p.  Marc.  Ciceroni  vel  abiudicanda  vel  adiud.,  Berl.  u.  Halle  1813),  welchem 
Hand  u.  A.  folgten.  Vgl.  noch  Schol.  Ambr.  p.  370  f.  Schol.  Gronov.  p. 
418  ff.  Or.    Drumann  VI.  S.  262  ff. 

2.  Sonderausgabe  von  Seebode  (Braunschw.  1815).  G.  KeUer,  uonnulla 
de  Cic.  or.  p.  Marc.  (Ratibor  1845.  4.)  und  lateinisch  und  deutsch  mit  Anm. 
(Ratibor  1860.  4.). 

42)  pro  Q.  Ligario,  öffentliche  Fürsprache  bei  Caesar  für 
diesen  verbannten  Pompejaner,  vom  J.  708. 


Cicero'ß  Reden.  267 

1.  B.  Weiske  (an  seiner  Ausg.  der  Marcell.)  hat  die  Rede  grundloser 
AVeise  verdächtigt.  Zur  Erklärung  vgl.  Schol,  Ambros.  p.  371  f.  Schol. 
Gron.  p.  414  ff.  Or.    P.  H.  A.  Zillesen,  de  or.  p.  L.,  Lugd.  B.  1826. 

2.  Ausgaben  von  ScheUe  (s.  Nr.  26),  Soldan  (Hanau  1839),  C.  Halm 
CWeidraann'sche  Sammlung,  Bd.  V,  Aufl.  5).  — -  Nach  einer  neuen  Consti- 
lution  des  Textes  übersetzt  von  E.  W.  Nauck,  Cottbus  1844.   38  S.  4. 

43)  pro  rege  Deiotaro,  Vertheidigung  dieses  gälatischen 
Karsten  gegen  die  Anschuldigung  eines  Mordversuches  auf  Cae- 
sar, gehalten  in  des  Letzteren  Wohnung,  October  709. 

1.  Schol.  Ambr.  p.  372.  Schol.  Gron.  p.  421  ff.  Or.  Muret's  nott.  in 
or.  p.  D.,  in  dessen  Opusc.  III.  p.  858  ff.  C.  J.  G.  Mosche,  de  Cic.  in  scri- 
benda  or.  p.  D.  consilio  etc.,  Lübeck  1815.  4.  und  in  Friedemann  und  See- 
bode  Mise.  crit.  I.  p.  218  ff". 

2.  Ausgaben  von  Frotscher  (Lips.  1835),  Soldan  (Hanau  1836),  C.  Halm 
irWcidmaun'ßche  Sammlung,  Bd.  V.  Aufl.  5). 

44 — 57)  Die  14  Philippicae  (Antonianae),  aus  den  J.  710 
^d  711  d.  St.    Die  erste  derselben  (vom  2.  Sept.  710)  sucht  den 
Redner  wegen  seiner  langen  Abwesenheit  vom  Schauplatze  der 
politischen  Thätigkeit  zu  rechtfertigen  und  beklagt  sich  über  einen 
neuesten  Angriff  seines  „Freundes''  M.  Antonius.     Als  dieser, 
hierüber  aufgebracht,   am   19.  September  im  Senat  eine  Rede 
hielt  worin  er  des  (ausgebliebenen)  Cicero  ganze  politische  Lauf- 
bahn beleuchtete,  arbeitete  der  Angegriffene  eine  Gegenrede  aus, 
welcher  er  die  Einkleidung  gab  als  sei  sie  auf  der  Stelle  zur 
Erwiderung  im  Senate  gehalten  worden,  welche  er  aber  erst 
nach  des   Antonius  Abgang   aus  Rom   veröffentlichte,    —    die 
zweite  philippische.     Die  dritte,  vom  20.  December,   bean- 
tragt dass  der  Senat  den  D.  Brutus  und   Octavian  für   ihren 
Widerstand  gegen  den  Consul  Antonius  belobe;  als  diess  ge- 
schah, theilte  Cicero  den  gefassten  Beschluss  noch  an  demselben 
Tage  dem  Volke  mit,  in  der  vierten  Rede.     Die  fünfte  (vom 
1.  Jan.   711)  stellt  den   Antrag  jenen  Gegnern   des  Antonius 
Auszeichnungen  zu  verleihen,  diesen  selbst  aber  für  einen  Reichs- 
feind zu  erklären.     Nachdem  am  4.  Jan.  die  erste  Hälfte  dieses 
Antrags  angenommen,  statt  der  zweiten  aber  noch  ein  gütlicher 
Versuch  beschlossen  war  verkündete  diess  Cicero  dem  Volke  an 
demselben  Tage,   in  der  sechsten.     Die  siebente  (Ende  Ja- 
nuars)   dringt   abermals  auf  Kriegserklärung  gegen  Antonius. 
Dass  auch  nach  dem  Scheitern  jenes  Versuchs  nur  eine  halbe 
Massregel  beschlossen  wurde  tadelt  die  achte  (Anfangs  Februar) 
und  macht  positive  Vorschläge.    Die  neunte  befürwortet^  unter 


268  Ciceronißche  Zeit.  Erste  Hälfte,  671—691. 

neuen  Ausfällen  auf  Antonius,  Ehrenbezeigungen  für  Sei*.  Sul- 
picius.  Die  zehnte  beantragt  die  nachträgliche  Bestätigung 
der  von  M.  Brutus  in  Makedonien  und  Griechenland  getroffenen 
Massregeln.  Die  elfte  (Mitte  März  711)  spricht  (vergebens) 
dafür  dass  die  Bestrafung  des  Dolabella  (der  den  Caesarmörder 
C.  Trebonius  hingerichtet  hatte)  dem  (Caesarmörder)  C.  Cassius 
übertragen  werde.  In  der  zwölften  sucht  Cicero  die  beschlos- 
sene abermalige  Gesandtschaft  an  Antonius  rückgängig  und  sich 
selbst  von  der  Theilnahme  daran  frei  zu  machen.  Die  drei- 
zehnte (20  März  711)  vertheidigt  seine  Kriegspolitik  gegen  die 
Friedensmahnungen  des  M.  Lepidus  und  Munatius  Plancus. 
Endlich  die  vierzehnte  (22  April  711)  beantragt  ein  grosses 
Dankfest  wegen  des  Siegs  über  Antonius  bei  Forum  Gallorum 
und  Auszeichnungen  für  die  siegreichen  Feldherren. 

1.  Besonders  berühmt  ist  die  zweite  Philippica,  s.  Juvenal  X,  125  f. 

2.  Ausgaben  der  Philippicae  von  G.  G.  Wemsdorf  (Lips.  1821  f.  2 
Bände,  verb.  Text  ib.  1825),  Orelli  (Zürich  1827);  die  zweite  besonders 
herausgegeben  von  Wemsdorf  (mit*  Uebersetzung,  Leipz.  1815),  H.  A.  G. 
Win  ekler  (Cassel  1829),  Frotscher  (Lips.  1833  nebst  Probe  von  einem 
Comm. ,  Leipz.  und  Annab.  1835).  Die  erste  und  zweite  von  C.  Halm 
(Weidmännische  Sammlung,  Bd.  VL  Aufl.  3). 

3.  J.  Mittermayr,  Beitr.  zur  Erkl.  der  ersten  phil.  R.  (Aschaffenb. 
1841.  4.)j  zur  zweiten  (Ebend.  1843.  1845.  4.).  C.  Campe,  Philologus  X. 
S.  627  ff.  und  Jahns  Jahrbb.  91,  S.  163—174.  F.  G.  Jentzen,  über  des  Cic- 
vierte  phil.  R.  u.  s.  w. ,  Lübeck  1820.  Gegen  A.  Krause's  zwecklose  Ver- 
dächtigung der  vierten  (Cic.  quae  fertur  Phü.  IV.  expl.  et  Ciceroni  dero- 
gavit,  Berl.  1839,  und  Ueber  Cic.  vierte  phü.  Rede,  Neustettin  1817.  4.  = 
Jahn's  Jahrbb.  Suppl.  XIII.  p.  297  —  313)  s.  Schuster,  Vindiciae  C4c.  or. 
Phil,  quartae,  Lüneb.  1851  f.  4.  Schirlitz,  Cic.  Phil,  nona,  Wetzlar  1844.  4. 
V.  F.  Deycks,  de  Cic.  Phil.  orr.  cod.  Vaticano,  Münster  1844. 

167.  Ausser  diesen  57  Reden  sind  Bruchstücke  erhalten 
von  ungefähr  zwanzig  weiteren,  und  von  33  anderen  wissen 
wir  wenigstens  dass  Cicero  sie  gehalten  hat.  Dazu  kommt  noch 
eine  Anzahl  nur  geschriebener  (nicht  gehaltener)  Lobreden, 
nämlich  auf  Caesar  (vom  J.  698),  den  jüngeren  Cato  (J.  708) 
und  dessen  Schwester  Porcia  (J.  709). 

1.  unter  den  Bruchstücken  sind  die  erheblichsten  die  zu  den  zwei  Cor- 
nelianae  (pro  C.  Cornelio,  de  maiestate,  vom  J.  689,  s.  Ascon.  p.  56—81 
Or.  und  Quintil.  VIII,  3,  .3  f.  vgl.  VI,  5,  10.  X,  6,  13),  zur  oratio  in  toga 
Candida  (J.  690)  und  zur  Scauriana  (pro  M.  AemiÜo  Scauro,  vom  J.  700, 
8.  Drumann  VI.  S.  36--45.  Ascon.  p.  18—30.    Schol.  Bob.  p.  373—376  Or.). 

2.  Sammelausgaben  der  Bruchstücke  einzelner  Beden:  Sex  orationum 
partes  ineditae,  ed.  A.  Mai.    Ed.  alt.,  Mail.  1817.  8.;   Auctor.  dass.  11.  p. 


Cicero*8  Reden.  269 

27^-326.  Oratt.  p.  Fonteio  et  C.  Rabir.  fragraenta  ed.  Niebuhr,  Rom 
1820.  Oratt.  p.  Scaur.,  Tüll,  et  in  Clod.  fragmenta  inedita  ed.  A.  Peyron, 
Stuttg.  1824.  4.  Oratt.  p.  Tüll.,  in  Clod.,  p.  Scauro,  p.  Flacco  fragmenta 
iued.  coli.  C.  Beier,  Lips.  1825  nebßt  Indd.  (herausgg.  von  G.  Hertel),  Lips. 
1831.  Oratt.  p.  Tüll.,  in  Clod.,  p.  Scauro,  p.  Flacco  ed.  et  expl.  E.  C. 
d*£Dgelbronner,  Rotterdam  1830.  Die  Bruchstücke  sämmtlicher  Reden  sind 
zusammengestellt  in  den  Gesammtausgaben  von  Nobbe  (p.  1119  ff.).  Klotz 
{IV,  3.  p.  201—249)  und  Orelli  IV,  2.  p.  439—459  =  IV.  p.  929—966.  1011. 
1055  f.  der  zweiten  Ausgabe  (Turici  1861),  wozu  vgl.  C.  Halm,  Beiträge 
ZOT  Berichtigung  und  Ergänzung  der  cic.  Fragmente  (Leipz.  1862),  bes. 
S.  15-31. 

3.  üeber  die  33  Reden  s.  Orelli  IV,  2.  p.  460  f.  =  p.  966  f.  der  zwei- 
ten Ausgabe.    Westermann,  Gesch.  der  röm.  Beredtsamkeit  S.  341  f. 

4.  Skizzen  und  Concepte  von  Reden  des  Cic.  veröffentlichte  aus  dessen 
Nachlass  sein  Freigelassener  Tiro.  Quintil.  X,  7,  30:  quod  fecisse  M.  Tul- 
liom  commeutariis  ipsius  apparet.  ib.  31:  Ciceronis  ad  praesens  modo 
tempQs  aptatos  (commentarios)  hbertus  Tiro  contraxit.  Vgl.  ib.  IV,  1,  69: 
Ciwro  pro  Scauro  ambitus  reo ,  quae  causa  ^est  in  commentariis  (nam  bis 
eundem  defendit),  prosopopoeia  .  .  utitur.  Hieronym.  apol.  ad  Rufin.  II. 
p.  469  Vall.  (  in  commentariis  causarum,  pro  Gabinio). 

5.  üeber  Cicero's  laudatio  Caesaris  s.  ad  Att.  IV,  5;  über  seine  lau- 
datio Porciae  ib.  XIII,  37,  3.  48,  2. 

6.  Plut.  Caes.  54:  iy^a^ips  Kmigtov  iyxco/iiof  Kaxonvog^  ovofia  rm  Xoya} 

^ifLivog  Kdrava.    Fr.  Schneider,  de  Ciceronis  Catone  minore,  Zeitschrift 

för  die  Ali-Wiss.  1837.  Nr.  140  f.    H.  Wartmann,  Cato  von  Utika  (Zürich 

1858)  S.  145—163.    C.  Göttling,  de  Cic.  laudatione  Catonis  et  de  Caesaris 

Anticatonibus,  Jena  1865.  4.    Dazu  Additamentum,  1865.  4.    Orelli  IV.  p. 

987  f.    Der  Inhalt  dieser  Lobrede  auf  Cato  erregte  bei  Caesar  einigen  An- 

etoss  (ad  Att.  XII,  40,  1.  XIII,  27,  1),  obwohl  er  ihre  formelle  VorzügUch- 

keit  anerkannte  (ib.  XIII,  46,  2);    er  veranlasste  daher  zuerst  den  Hirtius 

zu  einer  Gegenschrift  und  schrieb  dann  selbst  einen  Anticato.    Dagegen 

dem  M.  Brutus  war  Cicero's  Schrift  zu  wenig  warm  und  zu  eng,  da  Cicero 

sich  vorsichtiger  Weise  hauptsächlich  an  Cato's  Privatcharakter  gehalten 

hatte;  er  schrieb  daher  selbst  auch  (Anfangs  709)  einen  Cato. 

7.  Die  untergeschobene  Rede  pridie  quam  in  exsihum  iret  s.  z.  B. 
in  der  zweiten  Orelli'scheu  Ausgabe  Cicero's  II.  p.  1412  ff.  Ueber  die  fin- 
gierten Streitreden  zwischen  Sallust  und  Cic.  s.  unten  193. 

.  168.  In  der  Theorie  der  Beredtsamkeit  war  Cicero  Schüler 
der  Griechen  und  übersetzte  sogar  in  seiner  Jugend  ein  grie- 
chisches Lehrbuch.  In  reiferen  Jahren  trat  er  mit  selbständi- 
gen rhetorischen  Schriften  auf,  nicht  um  die  Theorie  weiter  zu 
fordern,  sondern  um  seine  eigene  Stellung  in  der  Geschichte 
der  römischen  Beredtsamkeit  darzulegen  und  seine  rednerische 
Weise  gegen  Widersacher  zu  vertheidigen.  Dabei  weiss  er  die 
BaupÜehren  der  Rhetorik  in  anziehender  Weise  zu  popularisie- 


270  Ciceronische  Zeit.  Erste  Hälfte,  671—691. 

ren.  In  seinem  Kampfe  gegen  den  abstracten  Doctrinarisraus 
und  den  leeren  Schematismus  der  Schulrhetorik  geräth  Cicero 
sogar  in  das  Extrem  des  blosen  Empirismus  und  lässt  öfters 
Schärfe  der  Begriffe  vermissen. 

1.  Die  sämmtlichen  rhetorischen  Schriften  Cicero's  sind  herausgegeben 
von  C.  G.  Schütz  (Lips.  1804.  1808,  3  Bände)  und  bilden  Vol.  I.  der  Orel- 
li'achen  Ausgabe  (Ed.  II.  Tur.  1845) ;  die  kleineren  von  J.  F.  Wetzel  (Lieg- 
nitz  1807.  1823)  und  Orelli  (Zürich  1830). 

2.  C.  W.  Piderit,  über  den  Kunstwerth  der  rhetorischen  Schriften  Ci- 
cero's,  in  Jahn's  Jahrbb.  82,  S.  603—516.  L.  Spengel,  Rhein.  Mus.  XVIII. 
S.  495 — 498.  H.  Jentsch,  Aristotelis  ex  arte  rhetorica  quid  habeat  Cicero, 
Berlin  1866.  8. 

169.  Die  erhaltenen  rhetorischen  Schriften  Cicero's  sind 
nach  der  Zeit  ihrer  Abfassung  folgende. 

1)  Rhetorica,  eine  unreife  Jugendarbeit,  hauptsächlich, 
wie  es  scheint,  nach  Hermagoras.  Die  zwei  Bücher,  welche 
allein  fertig  gemacht  sind,  handeln  vorn^  rednerischen  Stoffe, 
de  inventione,  und  werden  daher  gewöhnlich  so  betitelt. 

1.  Cic.  de  or.  I,  2,  5:  quoniam  quae  pueris  aut  adolesceutulis  nobis 
ex  commentariolis  nostris  inchoata  ac  rudia  excideruut  vix  hac  aetate 
digna  et  hoc  usu,  quem  ex  causis  quas  diximus  tot  tautisque  consecuti 
sumus.  Vgl.  6,  23.  Quintil.  II,  14,  4.  15,  6  (in  rhetoricis,  quos  sine  dubio 
ipse  non  probat).  III,  1,  20  (rhetoricos  suos).  3,  6  (Cic.  in  Rhetoricis). 
5,  14  f.  (ex  Cic.  rhetorico  I.  .  .  ipse  hos  libros  improbafc).  6,  50  (Cicero 
in  libris  rhetoricis  =  de  inv.  I,  8)  und  58  (in  primo  Ciceronis  rhetorico). 
69  f.  (Cic.  bis  pnlcherrimos  illos  de  oratore  libros  substituit).  64.  Hiero- 
nym.  adv.  Rufin.  I.  p.  137. 

2.  Cic.  de  inv.  II,  2,4:  quoniam  nobis  quoque  voluntatis  accidit  ut 
artem  dicendi  perscriberemus,  non  uuum  aliquod  proposuimus  exemplum, 
cuius  omnes  partes  .  .  exprimendae  nobis  necessario  viderentur,  sed  Om- 
nibus unum  in  locum  coactis  scriptoribus  quod  quisque  commodissime 
praecipere  videbatur  excerpsimus  etc.  Hermagoras  wird  genannt  I,  6,  8. 
9,  12.  11,  16.  51,  97.  Quintil.  III,  6,  59:  sunt  velut  regestae  in  hos  com- 
mentarios  quos  adolescens  deduxerat  scholae,  et  si  qua  est  in  his  culpa, 
tradentis  est.    Vgl.  ib.  11,  10.  18  (in  Rhetoricis  Hermagoran  est  secutus). 

3.  „Der  Verfasser  hatte  die  Rhetorik  ad  Herennium  (s.  oben  149)  vor 
sich  liegen  und  benutzte  sie  häufig,  sucht  auch  fortwährend  es  anders  und 
besser  zu  machen  als  jene,  macht  es  aber  gewöhnlich  schlechter."  „Das 
ganze  genus  demonstrativum  wird  in  einem  einzigen  Capitel,  dem  letzten, 
abgemacht,  zum  Beweise  dass  der  junge  Verfasser  selbst  den  Plan  auch 
die  andern  vier  Theile  auszuführen  bereits  aufgegeben  hatte."  L.  Spen- 
gel, Rhein.  Mus.  XVIII.  S.  495. 

4.  Commentar  des  Victorinus  zu  der  Schrift;  s.  in  Halm's  Rhett,  latt. 
minores  p.  153—304.  Vgl.  C.  L.  Kayser,  Philologus  VI.  S.  706—718.  Ex- 
cerpta  ex  Grillii  commento  in  Cic.  de  inv.  bei  Halm  l.  1.  p.  696—606. 


Cicero's  rhetorische  Schriften.  271 


/ 


5.  Sopderaosgabe  mit  den  Anmerkungen  yon  Lambin,  Gronov  n.  s.  w. 
?on  P.  Burmanu,   Lugd.  Bat.  1761,   neu  herausgeg.  von   F.  Lindemann, 
Leipz.  1828  (Schulausg.  1829.).     üebersetzt  von  G.  H.  Moser,  in  der  Metz 
ler'schen  Sammlung,  röm.  Pros.  127  f. 

6.  A.  Linsmayer,  Variae  lectiones  ad  Cic.  libr.  I.  de  inventione  ex  IV 
codtl.  exscriptae,  congessit  et  brevi  annot.  instr. ,  München  1853  (VIII  und 
27  pp.  8.)  =  C.  Halm,  Analecta  Tulliana,  fasc.  IL  F.  A.  Eckstein,  Varie- 
taa  lectionis  codicia  Leidensis  ad  Cic.  de  inv.  libros  II.    Halle  1854.  4. 

2)  De  oratore  libri  tres,  verfasst  J.  699,  eingekleidet  in 
die  Form  eines  Gesprächs  welches  die  beiden  grössten  Redner 
der  früheren  Zeit,  L.  Crassus  und  M.  Antonius,  mit  Anderen 
im  J.  663  gehalten  hätten.  Durch  diese  Einkleidung  hat  die 
Behandlung  an  Leichtigkeit,  Vielseitigkeit  und  Lebendigkeit  ge- 
wonnen, Cicero  die  Trockenheit  systematischer  Darstellung  und 
die  Aufstellung  eines  eigenen  Glaubensbekenntnisses  vermieden, 
so  unverkennbar  ist  dass  seine  Personen  nur  seine  eigenen  An- 
sichten aussprechen.  Obwohl  die  dramatische  Kunst  eines  pla- 
tonischen Dialogs  bei  weitem  nicht  erreicht  ist,  so  ist  das  Werk 
<Joch  durch  den  ßeichthum  seines  Inhaltes  und  die  Gefeiltheit 
Jer  Darstellung  zu  den  vollendetsten  des  Cicero  zu  rechnen. 
Das  erste  Buch  erörtert  die  Bildung  zum  Redner,  das  zweite 
die  Behandlung  des  Stoffes,  das  dritte  die  Form  und  den  Vor- 
^^  der  Rede. 

1.  Cic.  ad  Att.  XIII,  19,  4.   Fäm.  I,  9,  23  vgl.  VII,  32,  2.   Oben  139,  3. 

2.  J.  A.  Ernesti,  de  praestantia  librr.  Cic.  de  or.,  Lips.  1736.  4.  J.  F. 
Schaarschmidt,  de  proposito  etc.,  Schneeb.  1804.  H.  A.  Schott,  comm.  qua 
^^^  de  or.  Ubri  examiuantur,  Lips.  1806.  4.  G  E.  Gierig,  vom  ästhetischen 
^^erljie  der  Bücher  u.  s.  w.,  Fulda  1807.  C.  F.  Matthiä,  Prolegg.  zu  u.  s.  w., 
^rankf.  1812.  4.  Schölten,  animadvv.  in  Cic.  de  or.  libros,  Utrecht  (1828) 
^■^  Pp.  8.  E.  L.  Trompheller ,  Vers,  einer  Charakteristik  der  u.  s.  w.,  Co- 
burg 1830.  4.  Busch,  Obss.  ad  Cic.  de  or.,  Rostock  1830.  4.  Rhode,  de 
i^coluthis  in  Cic.  de  or.,  Breslau  1833.  C.  G.  König,  Opuscc.  latt.  (Meis- 
en 1834)  p.  359  ff.  Paul,  de  Cic.  de  or.,  Thorn  1840.  4.  Ellendt  vor 
ferner  Ausg.  II.  p.  VII  fF.  C.  Kuniss,  q^uaedam  de  Cic.  de  or. ,  Dresden 
1842.  Brückner,  quid  Cic.  in  libris  de  or.  ex  Isocrate  et  Aristotele  mutu- 
a<^8  Bit,  Schweidnitz  1849.  4. 

3.  Ausgaben  z.  B.  von  Z.  Pearce  (Cambridge  1716,  zuletzt  Loud.  1795), 
^.  C.  Harless  (Lips.  1816),  0.  M.  Müller  (Züllichau  1819.  1838),  R.  .1.  F. 
Henrichsen  (Kopenhagen  1830),  C.  G.  Kuniss  (Leipz.  1837),  und  ganz  be- 
sonders von  Fr.  Ellendt  (Königsb.  1840.  2  Bände).  Dazu  C.  Fränkel,  Nach- 
^'"äge  und  Berichtigungen  zu  Fr.  Ellendt's  Comm.  über  Cic.  de  or.,  5  Hefte, 
I^orpat  1855  —  1860.  C.  W.  Piderit,  zur  Kritik  und  Exegese  von  Cic.  de 
or.,  Hanau  1857.  1858.  4.  Bake  (zu  B.  III)  in  Mnemosyne  VII.  p.  97—123. 
ö.  Sorof,   Philologua  XXI.   p.  654  —  674  und  Vindiciae  Tullianae,   Berlin 


272  Ciceronische  Zeit.  Erste  Hälfte,  671—691. 

1866.  4.    Erklärt  von  C.  W.  Piderit,  Leipz.  1859.  1862.  1868.  Rec.  lo.  Bake, 
Amsterdam  1863. 

4.  üebersetzt  von  Dilthey  (Stuttgart,  Metzler  1828;  umgearbeitet  von 
F.  Baur,»Ebend.  1869,  Cl.  d.Alt.);  von  R.  Kühner  (Stuttg.,  Hoffmann  1858). 

3)  Brutus  de  claris  oratoribus,  verfasst  zu  Anfang  des  J. 
708,  eine  pragmatische  Darstellung  der  Geschichte  der  römi- 
schen Beredtsamkeit,  höchst  werthvoU  durch  die  Fülle  des  darin 
ausgeschütteten  historischen  Materials,  viele  treflFende  und  le- 
bendige Charakteristiken,  so  wie  die  Aufschlüsse  über  Cicero's 
eigenen  Bildungsgang.  Die  dialogische  Form  ist  mit  mehr  Ernst 
und  Geschick  behandelt  als  in  den  philosophischen  Schriften; 
doch  fehlt  es  nicht  an  grösseren  und  kleineren  stilistischen  Un- 
fertigkeiten. 

1.  Vgl.  93,  319.     Or.  7,  23.     Quintil.  X,  1,  38.     Oben  140,  7.  168,  10. 

2.  Alle  vorhandenen  Handschriften  des  Brutus  und  des  Orator  sind  aus 
der  zweiten  Hälfte  des  15.  Jahrhunderts  imd  gehen  auf  diejenige  zurück 
welche  ums  J.  1420  in  Lodi  gefunden  wurde,  später  aber  wieder  verloren, 
gegangen  ist  und  für  uns  nur  durch  Abschriften  existiert.  Am  Schlüsse 
fehlt  Einiges. 

3.  Ausgaben  von  Wetzel  (Nürnberg  1776,  Halle  1793),  Orelli  (mit  den 
übrigen  kleineren  rhetor.  Schrr.,  Zürich  1830),  H.  Meyer  und  G.  Bemhardy 
(Halle  1838),  Kuniss  (Leipz.  1838),  C.  Peter  (Leipz.  1839),  Fr.  Ellendt  (Kö- 
nigsb.  1825  imd  besonders  1844),  0.  Jahn  (Leipz.  1849,  Berlin  1856,  1865), 
C.  Beck  (third  edition,  Cambridge  in  Massach ussets  1853.  195  pp.  8.),  C. 
W.  Piderit  (für  den  Schulgebrauch  erklärt,  Leipz.  1862). 

4.  E.  L.  Trompheller,  Bemerkungen  über  Cic.  Br.,  Coburg  1832.  4. 
E.  Marggraff,  Obss.  criticae  in  0.  Jahuii  editionem  Bruti  Cic,  Berlin 
1855.  4.  G.  Schwister,  Quaestiones  aetiologieae  in  Cic.  Brutum,  Bonn  1857. 
Bake,  Curae  secundae  in  Cic.  Br. ,  Mnemosyne  VI.  p.  421—438.  Piderit, 
zur  Kritik  und  Exegese  von  Cic.  Brut.,  Hanau  1860.  1862.  4.  (Cdfope,) 
Beiträge  zur  Kritik  des  Cic.  I  (Greiffenberg  1860.  4.)  S.  1  —  21.  J.  Mäh- 
ly ,  Rhein.  Mus.  XX.  S.  6S7— 640.    G.  Hänel,  ad  Cic.  Brut.  27,  106.    Lips. 

1867.  4. 

5.  Üebersetzt  von  C.  A.  Mebold  (Stuttg.  1829),  neu  bearbeitet  vonW. 
S.  Teuffei,  Stuttgart  1859  (Cl.  d.  Alt.). 

4)  Orator  ad  M.  Brutum,  Cicero^s  rednerisches Vermächt- 
niss,  sein  Ideal  eines  Redners  ausmalend,  von  Werth  aber  mehr 
durch  einzelne  Erörterungen  und  Bemerkungen  als  durch  Voll- 
ständigkeit und  planmässige  Anlage  des  Ganzen ;  verfasst  gleich- 
falls noch  im  J.  708. 

1.  Cic.  ad  Farn.  VI,  18,  4.  XV,  20,  1.  de  divin.  II,  1,  4.  ad  Att.  XIV, 
20,  3  u.  Farn.  XII,  17,  2  seinem  Inhalte  nach  de  optimo  genere  dicendi  ge- 
nannt. 

2.  Ausgaben  von  H.  Meyer  (Lips.  1827),  Orelli  (Zürich  1830),  F.  Göl- 


Cicero*8  rhetorisclie  Schriften.  2^3 

ler  (Lips.   1838),   Peter  und  Weller  (Leipz.   1838),    0.  Jahn  (Leipz.    1851. 
Berlin  1859),  Piderit  (Leipzig,  Teubner,  1866). 

ff 

3.  G.  Weller,  Symb.  critt.  ad  Cic.  or.,  Meiningen  1837.  4.  Paul,  de 
or,  Thorn  1844.  4.  Bake,  de  emendando  Cic.  or.,*  Lugd.  B.  1866.  82  pp.  4. 
Piderit,  Eos  I.  S.  401—409.  II.  S.  168  —  181;  Jahns  Jahrbb.  91,  S.  372— 
374.765—77-'.  Vollbehr,  ad  Cic.  or.  symbb.  criticae,  Glückstadt  1864.  4. 

4.  üebersetzt  von  Hauff  (in  seiner  Philologie  II,  1.  S.  111  ff.),  Brewer 
(Düsseldorf  1824),  Mebold  (Stuttgart  1829),  W.  S.  Teuöel,  Stuttgart  1861. 
[d  d.  Alt ) 

5)  Partiliones  oratoriae  (oder  de  partitioue  oratoria), 
im  J.  708  oder  709  verfasst,  eine  Uebersicht  über  das  Gesammt- 
gebiet  der  Rhetorik  in  Form  von  Fragen  (die  er  seinen  Sohn 
stellen  lässt)  und  Antworten,  ein  ziemlich  trockener  Katechismus. 

1.  Quintil.  III,  3,  7.    Drumann  VI.  S.  293. 

2.  E.  Reusch,  disquis.  de  Cic.  partt.  or.,  Helmstedt  1723.  4.  Piderit, 
2iir  Kritik  von  Cic.  p.  or.,  Hanau  1866.  4.  und  in  Jahn's  Jahrbb.  95,  S. 
275-283.    H.  Sauppe,  Götti.  Gel.  Anz.  1867,  S.  1863-1877. 

3.  Ausgabe  von  Hauptmann  (Lips.  1741)  und  Piderit  (für  den  Schul- 
gebr.  erklärt,  Leipz.  1867).  üebersetzt  (mit  Topik)  von  G.  H.  Moser,  Metz- 
ler'sche  Sammlung,  röm.  Pros.  137. 

6)  Topica  ad  C.  Trebatium,  eine  Erläuterung  der  Topik 
des  Aristoteles,  im  J.  710  auf  der  Reise  aus  dem  Gedächtniss 
niedergeschrieben. 

1.  Cic.  ad  Fam.  VII,  19.  Quintil.  III,  11,  18.  V,  10,  64  (scribens  ad 
Trebatium  ex  iure  ducere  exempla  maluit). 

2.  Von  einem  Commentar  des  Boethius  dazu  sind  noch  sechs  Bücher 
erhalten  (in  dessen  Opp.  und  in  vielen  älteren  Ausgaben  der  Schrift  des 
Cicero,  auch  bei  Orelli). 

3.  F.  G.  van  Lynden,  interpr.  iurispr.  Tüll,  in  Topp,  expositae,  Lugd. 

Bat.  1805.    180  pp.    8.    W.  A.  Macejowski,    obss.  in  Cic.   Topp.  (Opusc, 

Warschau  1824.   p.  63-84),  Braudis  im  Rhein.  Mus.  III  (1829).     S.  647  ff. 

J.  Klein,  de  fontibus  Topp.  Cic,  Bonn  1844.    F.  Bücheier,  Philologus  XXI. 

S.  123—126. 

7)  De  optimo  genere  oratorum,  Vorwort  zu  einer 
üebersetzung  der  Reden  des  Demosthenes  und  des  Aeschines 
für  und  wider  Ktesiphon,  über  den  attischen  und  den  asiati- 
schen Redestil,  vielleicht  gleichfalls  aus  dem  J.  710. 

1.  Ascon.  p.  31  Or.  \ 

2.  Herausgegeben  (nebst  Top.  und  partitt.)  von  G.  H.  Saalfrank  (Ra- 
tifib.  1823)  und  von  0.  Jahn  an  seinem  Orator  (1859). 

170.    Die  vier  auf  uns  gekommenen  Sammlungen  ciceroni- 
scher  Briefe  enthalten,  mit  Einschluss  von  90  an  Cicero  gerich- 

Tcufrcl,  Röm.  Literaturgeschichte.  \^ 


274  Ciceronische  Zeit.  Erste  Hälfte,  671—691. 

teten,  im  Ganzen  864  Stücke,  und  sind  sowohl  persönlichen  wie 
politischen  Inhalts,  ein  unerschöpflicher  Schatz  für  die  Zeitge- 
schichte, zum  Theil  aber  von  der  Art  dass  die  VeröflFentlichung 
nicht  im  Interesse  Cicero's  lag-,  denn  bei  einem  Manne  der  so 
rasch  zu  denken  und  so  lebhaft  zu  fühlen  pflegte  wie  Cicero, 
und  dem  es  Bedürfniss  war  seine  jedesmaligen  Gedanken  und 
Empfindungen  mündlich  oder  in  Briefen  an  einen  vertrauten 
Freund  wie  Ätticus  auszusprechen,  gewährt  ein  solcher  Brief- 
wechsel einen  oft  nur  allzutiefen,  ja  sogar  manchfach  täuschen- 
den Einblick  in  sein  Innerstes,  wie  denn  Drumann  den  Stoff 
zu  seiner  Anklage  zum  grössten  Theile  diesen  Briefen  entnom- 
men hat. 

1.  Der  früheste  Brief  ist  vom  J.  686,   der  späteste  vom  28.  Juli  711; 
^  aus  Cicero's  Consulat  ist  keiner  erhalten..  Fronto  ad  Antonin.  II,  5.  p.  107 

Naber:  omnes  Ciceronis  epistolas  legendas  censeo,  mea  sententia  vel  magis 
quam  omnes  eins  oratioues.  epistolis  Ciceronis  nihil  est  perfectius.  Vgl. 
auch  oben  3     3. 

2.  B.  R.  Abeken,  Cicero  in  seinen  Briefen  u.  s.  w. ,  Hannover  1835. 
J.  V.  Gruber,  quaestio  de  temporibus  atque  serie  epistolarum  Ciceronis, 
Stralsund  1836.  4.  A.  Stinner,  de  eo  quo  Cic.  in  epistolis  usus  est  ser- 
mone,  Oppeln  1849.  1854.  1864.  4. 

3.  Cicero  selbst  hat  die  von  ihm  geschriebenen  Briefe  nicht  gesam- 
melt, noch  weniger  sie  herausgegeben;  aber  schon  bei  seinen  Lebzeiten 
trugen  ihm  Nahestehende  sich  mit  derartigen  Gedanken  Vgl.  ad  Ati 
XVI,  5  extr.  (vom  J.  710):  mcarum  epistolarum  nulla  est  avvccyoayijy  sed 
habet  Tiro  instar  LXX.  et  quidem  sunt  a  ie  quaedam  sumendae.  eas  ego 
oportet  i)erspiciam,  corrigam;  tmn  deuique  cdentur;  und  an  Tiro  (Fsan. 
XVI,  17,  1  vom  J.  708):  tuas  quoque  epistolas  vis  referri  in  volumina. 
Nach  Cicero's  Tode,  wo  durch  die  Rhetorenschulen  sein  Ansehen  immer 
höher  stieg,  w^urdc  das  Sammeln  und  Herausgeben  seiner  Correspondenz 
um  so  eifriger  betrieben,  theilweise  wohl  aus  buchhändlerischer  Specula- 
tion.  Cornelius  Ncpos,  in  dem  vor  dem  J.  720  vcrfasstcn  Theile  seiner 
Biographic  des  Atticus  (Att.  16,  3),  kennt  durch  private  Mittheilung  — 
denn  dass  sie  noch  nicht  herausgegeben  waren  sagt  er  selbst  --  die  XVI 
Volumina  epistolarum  an  Atticus;  und  von  einer  langen  Reihe  anderer 
Sammlungen  wissbn  wir  durch  Citate.  So  citiert  Macrob.  Sat  II,  1,  14 
Cicero  in  libro  epistolarum  ad  Comelium  N^potem  secundo,  Nonius  Mar- 
cellus  (ed.  Gerlach  et  Roth)  p.  286  ein  neuntes  Buch  von  Briefen  ad  Bru- 
tum  (ad  Brut.  I,  1,  1),  p.  305  eii>  neuntes  ad  Hirtium,  p.  201  ein  viertes 
ad  Pompeium,  p.  196  ein  drittes  ad  Caesarem,  p.  225  und  289  ein  drittes 
ad  Caesarem  iuniorem,  p.  65  ein  drittes  ad  Pansam,  p.  348  ein  zweites 
ad  Axium,  p.  188  ein  zweites  ad  filium,  p.  190  ein  erstes  (und  somit  min- 
destens zweites)  ad  Cassium  (=  ad  Fam.  XV,  16,  3};  ausserdem  p.  319  ad 
Calvum  (nach  Priscian.  II.  p.  490,  12  Keil  mehrere  Bücher),  p.  297  epistola 
ad  Catonem;  Suet.  rhet.  2  ad  M.  Titinnium,  Quintil.  VI,  3.  112  ad  Cae- 
relliam,  Charisius  p.  85  P.  =  p.  1 10  Keil  (quamvis  Cicero  requietem  dixerit) 


Cicero's'Briefe.  275 

adHostüium,  ib.  p.  108,  26  (Keil)  ad  Marcellum,  wozu  noch  die  flXT^vtxal 
t^oi^Hgcadriv,  ngog  Tliloncc  tov  Bv^dcvtiov  etc.)  bei  Plut.  Cic.  24  kom- 
tien  (Nake  p.  10  f.).  Von  allen  diesen  Sammlungen  ist  an  sich  wahrschein- 
lich das«  sie  schon  in  der  augusteischen  Zeit  veranstaltet  wurden,  wo  noch 
wenig  verloren  gegangen,  die  EmpfÄnger  selbst  aber    fast  alle  todt  waren 

4.  Neben  diesen  umfassenden  Sammlungen  erscheint  sehr  frühe  auch 

eine  kürzere,  deren  einzelne  Bücher  nach  dem  vorwiegenden  Adressaten 

citiert  zu  werden  pflegen,  s.  z.  B.  Gell.  N.  A.  I,  22,  19  von  dem  Schreiben 

de«  Pollio  an  Cicero  (Fam.  X,  33,  5)  in  libro  epistolarum  M.  Ciceronis  ad 

li.  Plancum  et  (und  genauer)  in  epistola  (M.)  Asini  Polhonis  ad  Cic;  vgl. 

UelLXII,  13,  21:   in  Ubro  M.  TulUi  Epp.  ad  Ser.  Sulpiciura  =  Fam.  IV, 

4, 4;Non.  Marc.  v.  comedim  (p.  83,  30  M.  =  p.  59  Gerl.):  Cicero  ad  Var 

ronem  epistola  Peti  (d.  h.  ad  Paetum,  s.  Fam.  IX,  20,  3),  während  Nonius 

den  Brief  Fam.  XV,  16  aus  der  vollständigeren  Sammlung  (ad  Cassium  I) 

Art,  was  freilich  nicht  beweist  dass  sie  zu  seiner  Zeit  noch  existierte. 

Von  jenen  umfangreichen  Sammlungen  haben  wir  nur  kümmerliche  üeber- 

reste  (auvollständig  zusammengestellt  bei  Orelli  FV,  2.  p.  461 — 468  =  p. 

968-974  der  zweiten  Ausgabe,  wozu  s.  C.  Halm,  Beiträge  zu  den  cicer. 

Fragm.  S.  31  f.),  dagegen  die  kürzere  ist  erhalten  (ad  Fam.). 

5.  Die  Briefe  des  Cicero  wurden  mehrere  Jahrhunderte  fleissig  gelesen 
(i  die  üebersicht  der  Anführungen  bei  Nake,  bist.  crit.  p.  38  f.)  und  auch 
öcerpiert  (Fronto  ad  Antonin.  11,  5.  p.  107  Naber:  memini  me  excerpsisse 
^  Ciceronis  epistulis  ea  dumtaxat  quibus  inesset  aliqua  de  eloquentia  vel 
phOosopbia  vel  de  rep.  disputatio;  praeterea  si  quid  elegantius  aut  verbo 
notabili  dictum  videretur  excerpsi);  doch  weitaus  nicht  in  dem  Grade  und 
80  lange  fort  wie  die  meisten  andern  ciceronischen  Schriften.    Wir  finden 
daher  nur  vereinzelte  Spuren  des  Vorhandenseins  von  Handschriften  der- 
selben und  deren  Benutzung  in  den  Jahrhunderten  des  Mittelalters  (Orelli 
vor  seiner  Ausg.  p.  Vif),  insbesondere  vom  10 — 14.  Jahrhundert  (ib.  p. 
V/I-Xll;   über  Job.  Saresber.  ib.  p.  VII  f.;   über  Petrus  von  Blois  ib.  p. 
'Xf).    Erst  Petrarca  hat  sie  wieder  entdeckt,  und  zwar  im  J.  1345  bei 
Verona  die  an  Atticus,  Q.  Cicero,  Brutus  und  Octavius,  die  Briefe  ad  fa- 
miliäres etwas  später  in  Vercelli  (vgl.  Orelli  1.  1.  p.  XII  f.    XXXIX  f.    M. 
Haupt,  duo  epistolae  ineditae  de  inventione  Ciceronis  Epp.  ad  Fam.,  Berl. 
1856.    4.    F.  Hofmann,  der  kritische  Apparat  u.  s.  w.  S.  1—6.    Detlefsen, 
in  Jahns  Jahrb.  87,  S.  550  ff.).    Von  den  Epp.  ad  fam.  ist  der  Urcodex 
(8a.ec.  XI,  die  Quelle  aller  übrigen  Handschriften)  noch  vorhanden  (Cod. 
Medic.  plut.  XLIX,  Nr.  IX),  wie  auch  die  Abschrift  des  Petrarca  (Cod. 
Medic.  pl.  XLIX,  Nr.  VII);    dagegen  von  den  ad  Att.  etc.  ist  die  in  Ve- 
rona gefundene  Handschrift  wieder  verloren  gegangen  und  nur  die  gröss- 
tentheils  von  Petrarca  gemachte  Abschrift  erhalten  (ib.  plut.  XLIX,  cod. 
XVIH),  welche  zugleich  zahlreiche  Correcturen  von  Coluccio  Salutato  ent- 
hält, meist  Vermutungen  dieses  Gelehrten,  theilweise  auch  Besserungen 
auf  Grund  der  Vergleichung  der  ürhandschrift  (vgl.  Hofmann  S.  6  f.  und 
8-25).    Indessen  der  cod.  Turnesianus  (z),  aus  welchem  Lambinus  die  ver- 
hältuinmässig  zuverlässigsten  Mittheilungen  gibt,  der  aber  jetzt  verloren 
ist,  stammt  nicht  aus  dieser  Abschrift  Petrarca's  (M)  ab  (F.  Hofmann  S. 
26 — 30),  sowenig  als  ein  cod.  Escurial.  saec.  XIV  oder  XV;   und  auch  die 

18* 


276  Ciceronißche  Zeit.  Erste  Hälfte,  671—691. 

Eandnoten  in  Cratanders  Audgabe  (c),  Basel  1528,  scheinen  sich  auf  eine 
Ueberlieferung  zu  gründen  welche  älter  ist  als  Med.  (Fr.  Hofmann  S.  26. 
30—47),  nämlich  entweder  auf  dieselbe  Handschrift  zu  welcher  die  Würz- 
burger und  Münchner  Blätter  (Spengel,  Münchner  Gel.  Anz.  1846,  S.  917  ff. 
926  ff.  Hahn,  Rhein.  Mus.  XVIII.  S.  460—463)  gehören  oder  doch  eine  ihr 
ganz  entsprechende.  Ueber  die  Handschriften  aus  dem  15.  Jahrhundert 
und  die  edd.  principes  vom  Jahr  1470  (die  Romana  und  die  Jensoniana  =^ 
R  und  I)  s.  Fr.  Hofmann  S.  48—65,  und  über  die  diplomatische  Geschichte 
der  Briefe:  Orelli  Prolegg.  vor  T.  III.  seiner  zweiten  Ausgabe  des  Cicero, 
nebst  D.  Detlefsen  in  Jahns  Jahrbb.  87,  S.  551—571.  Populär  G.  Boissier, 
sur  la  maniere  dont  furent  recueilUes  et  publikes  les  lettres  de  Ciceron, 
Paris  1863. 

6.  H.  A.  Koch,  Emendationes  Ciceronis  Epistolarum,  Putbus  1855. 
10  pp.  4.  Rhein.  Mus.  XU.  p.  268  —  279.  F.  Bücheier,  zur  Kritik  der  ci- 
ceron. Briefe,  Rhein.  Mus.  XI.  S.  509—535.  J.  Krauss,  Cic.  Epp.  emenda- 
tiones. I.  Cöln  1866.  4.  Br.  Nake,  historia  critica  M.  Tulli  Ciceronis  Epi- 
stolarum, Bonn  1861. 

7.  Ausgaben  sämmtlicher  Briefe  in  chronologischer  Ordnung:  von  C. 
G.  Schütz  (Halle  1800.  6  Bde.),  Lünemann  (Göttingen  1820.  4  Bde.),  Fr 
BentivogUo  (Mailand  1826  ff.  10  Bde.),  Billerbeck  (Hannover  1836.  4  Bde.). 
auch  von  A.  Thospann  (Leipz.  1833.  Th.  I.).  —  üebersetzungen  von  C 
M.  Wieland  (Zürich  1808—1821.  7  Bde.,  wovon  Bd.  VI  und  VII  herausgg- 
von  Gräter;  s.  dazu  die  Bemerkungen  zu  Wieland's  üebersetzung  u.  s.  w 
von  C.  F.  D.  Moser,  Ulm  1828),  G.  H.  Moser,  C.  H.  Dömer,  Fr.  Rauchea 
stein  und  F.  Baur  (in  der  Metzler'schen  Sammlung,  Bdchn.  51  —  76),  C.  L 
F.  Mezger  (Stuttgart,  Hoffmann  1859  ff.). 

8.  Schulauswahlen  z.  B.  von  A.  Matthiä  (ed.  IV.  besorgt  von  F.  H. 
Müller,  Leipz.  1849),  S.  N.  J.  Bloch  (Kopenh.  1818),  B.  A.  Pflanz  (Rottweil 
1831),  C.  F.  Süpfle  (Karlsruhe  1836,  5.  Ausg.  18G1),  R.  Dietsch  (Lips.,  Teub- 
ner  1854,  2  Partes),  F.  Hofmann  (I.  Berhn  1860.  Weidmännische  Samm- 
lung), Jos.  Frey  (Leipzig,  Teubner,  1864). 

171«  Die  erhaltenen  Sammlungen  sind  folgende: 

1)  ad  Familiäres,  16  Bücher  aus  den  J.  G91 — 711,  nach 
den  Personen  der  Empfänger  geordnet  (mit  einziger  Ausnahme 
von  Buch  XIII),  doch  ohne  consequente  Befolgung  der  Abfas- 
sungszeit, wahrscheinlich  von  Tiro  herausgegeben,  in  der  Weise 
dass  er  zuerst  die  zwölf  ersten  Bücher  und  dann  erst  nachträg- 
lich die  vier  letzten  veröffentlichte. 

1.  Der  Titel  ist  zweifelhaft  (P.  Victorius:  M.  Tulli  Ciceronis  epistola- 
rum libri  XVI),  jedenfalls  aber  nicht  ad  Diversos,  was  gar  nicht  latei- 
nisch ist. 

2.  Das  dritte  Buch  enthält  nur  Briefe  aa  Appius  Claudius  Pulcher, 
das  achte  nur  Briefe  des  M.  Caelius  (unten  196,  4)  an  Cicero,  B.  XIV  nur 
Briefe  des  Cicero  an  Terentia  und  die  übrige  Familie,  B.  XVI  ausschliess- 
lich Briefe  an  Tiro;  B.  XIII  lauter  (weitere)  Empfehlungsschreiben,  B.  XV 
Nachträge  zu  den  zwölf  ersten  Büchern. 


Cicero^s  Briefe.  277 

3.  Die  Sammlung  scheint  gleich  nach  Cicero's  Tod  herausgegeben, 
ehe  noch  die  ganze  Fülle  von  Briefen  erschlossen  war  aus  welcher  später 
die  umfassenderen  Sammlungen  hervorg^engen  (so  F.  Hofmann).  Die  ent- 
gegengesetzte Ansicht  (von  B.  Nake),  dass  die  ausführhchen  Sammlungen 
früher  seien,  die  erhaltene  (ad  Fam.)  aber  nur  aus  diesen  (von  verschie- 
denen Händen)  excerpiert,  hat  gegen  sich  dass  dieser  Auszug  gar  zu  kopf- 
los gemacht  sein  müsste,  indem  z.  B.  aus  den  vier  Büchern  ad  Pompeium 
nur  der  einzige  Fam.  V,  7,  aus  den  drei  an  Caesar  nur  VIT,  5  f.  aufge- 
nommen wäre.  Wühl  aber  scheint  die  Eigenthümlichkeit  von  B.  XIII  und 
XV  eine  vermittelnde  Ansicht  zu  Erfordern  wie  sie  oben  aufgestellt  wor- 
den iat.  Auch  wäre  die  Aeusserung  über  Atticus,  Fam.  XVI,  23,  2,  schwer- 
hch  bei  Lebzeiten  des  Atticus  (welcher  7*22  starb)  veröffentlicht  worden. 

4.  War  der  Herausgeber  Tiro  oder  Atticus?  Für  Atticus  entscheiden 
sich  Tmistall,  Ep.  ad  Middleton.  p.  15,  Drumann  VI.  S.  409  und  Nake  p. 
32-34,  der  aber  gegen  Tiro  nichts  anzuführen  weiss  als  die  mangelhafte 
Ordnmig  der  Sammlung,  welche  sich  aus  der  Schwierigkeit  der  Aufgabe 
(oöd  der  oben  angenommenen  doppelten  Veröffentlichung)  hinreichend  er- 
Uärt.  Für  Tiro  spricht  die  Gewissheit  dass  er  eine  Sammlung  veranstal- 
ten wollte,  die  Thatsache  dass  Buch  XVI  auch  ganz  imbedeutende  Briefe 
an  ihn  enthält,  auch  solche  die  nicht  von  M.  Cicero  herrühren  und  solche 
die  nur  über  Tiro  handeln,  nicht  an  ihn  gerichtet  sind  (16);  femer  der 
Cmatand  dass  diese  Sammlung  keinen  Brief  von  Tiro  enthält,  wie  die  un- 
zweifelhaft von  Atticus  herrührende  keinen  von  Atticus.  Vgl.  F.  Hofmann, 
aasgew.  Briefe  Cicero's  I.  S.  6—11.  Ebenso  ist  auf  gleichzeitige  Entsteh- 
^  der  beiden  Sammlungen  ad  Fam.  und  ad  Att.  daraus  zu  schliessen 
dass  grundsätzlich  (die  beiden  Ausnahmen  Fam.  VIII,  16  =  Att.  X,  9  A; 
Fam.  IX,  14  =1  Att.  XIV,  17  A  bestätigen  nur  die  Regel)  sie  sich  zu  ein- 
ander ausschliessend  verhalten. 

5.  Ausgaben  z.  B.  von  P.  Manutius  (Aid.  1575.  Ven.  1579. 1589  fol.  j  dessen 
Commentar  herausgegeben  auch  von  C.  G.  Richter,  Leipz.  1779.  2  Bände),  J. 
0.  Graevius  (Amsterdam  1677.  1693.  und  sonst,  2  Bde.),  J.  A.  Bengel  (Stuttg. 
i719),  Cellarius  und  Corte  (Leipz.  1771  und  sonst),  T.  F.  Benedict  (Leipz. 
1790-1795.  2  Bde.),  J.  C.  F.  Wetzel  (Liegnitz  1794),  J.  A.  Martyni  Laguna 
{Vol.  I.    Lips.  1794.    4.    Anfang  des  Commentars  in  Jahn's  Archiv   1833. 

U.  S.  249  ff.  365  ff.  und  mit  Petri  Victorii  curae  tertiae  in  Epp.  ad  Famm. 

11.  herausgegeben  von  Orelli,  Zürich  1840.  4.).    C.  E.  C.  Schneider,  de  cod. 

M»d.  Epp.  Cic.  ad  Famm.  auctoritate,  Breslau  1832.   4.  und  ludicium  de 

Cic.  Ep.  ad  Fam.  V,  12  (Breslau  1837.    4.).    Kleijn,  Obss.   critt.  in  Cic 

Ei>p.  ad  Fam.,  Lugd.  Bat.   1860. 

6.  Die  nicht  von  Cicero  herrührenden  Briefe  (Clarorum  virorum  epist. 
etc.)  mit  Comm.  von  B.  Weiske  (Lips.  1792).  Die  Familienbriefe  (ad  suos) 
von  F.  Miesberg,  Glogau  1839.  Ep.  ad  L.  Lucceium  ed.  ill.  C.  H.  Frot- 
scher,  Annaberg  1838.  R.  Jacobs,  ad  Cic.  Epp.  ad  Fam.  librum  XIII, 
Jahn's  Jahrb.  85,  S.  732  —  734.  J.  Müller,  Beiträge  zur  Kritik  und  Erkl. 
der  Br.  Cic.  an  P.  Lentulus,  Insbruck  1862.  Oudendorpii  scholia  in  se- 
lectas  Epp.  ad  Fam.  ed.  J.  A.  Liebmann  (Lips.  1839).  M.  Caelii  Rufi  et 
M.  Tullii  Ciceronis  Epp.  mutuae  ed.  W.  H.  D.  Suringar,  Lugd.  Bat.  1845. 
B.  Nake,  der  Briefwechsel  zw.  Cic.  u.  Caelius,  Jahns  Jahrbb.  89,  S.  60—68, 


278  Ciceronische  Zeit.  Erste  Hälfte,  671—691. 

und  De  M.  Caeli  Riifi  epist.  libro,  in  der  Symb.  philol.  Bonn.  p.  373— 
B.  Nake,  de  Planci  et  Cic.  epistnlis,  Berlin  1866.  4. 

^  2)  Ad  Atticum,  gleichfalls  16  Bücher,  mit  dem  J. 
d.  St.  beginnend  und  einige  Monate  vor  Cicero's  Tod  aufhön 
zum  Theil  mit  dem  Werthe  von  Selbstgesprächen  und  ofl 
einer  nur  dem  Empfänger  verständlichen  andeutenden  1 
drucksweise.  Auch  hier  lässt  die  Ordnung  viel  zu  wünsc 
übrig.  Die  VeröfiFentlichimg  (ohne  die  entsprechenden  Bi 
des  Atticus)  erfolgte  ohne  Zweifel  erst  nach  dem  Tode 
Adressaten,  aber  auf  seine  Veranlassung. 

1.  Cic.  ad  Att.  Vni,  14,  2:  ego  tecum  tanquani  mecum  loquor. 

2.  Den  Anfang  bestimmt  Com.  Nep.  Att.  16,  3  ungenau:  XVI 
Ildes.  XI)  Volumina  epistolarum  ab  consulatu  eius  (des  Cic.)  usque  ac 
tremum  tempus  ad  Atticum  missarum;  Charakteristik  der  Correspon 
ib.  16,  4.  Die  Briefe  aus  den  letzten  Monaten  Cicero's  sind  vielleicht 
Rücksichten  auf  Octavian  unterdrückt  (vgl.  Nake,  bist.  crit.  p  17,  n. 
Aus  der  gleichen  ängstlichen  Vorsicht  sind  die  Briefe  des  Atticus  we 
lassen,  obwohl  sie  zimi  Verständnisa  der  ciceronischen  oft  unentbeh 
sind  und  Cicero  sie  sorgfältig  aufbewahrt  hatte  (ad  Att.  IX,  10,  4  ff.), 
derselben  Eigenschaft  des  Atticus  erklärt  sich  die  Zurückhaltung 
Sammlung  bis  nach  dem  Tode  des  Empfängers  (J.  722),  was  aus  ( 
Nep.  1.  1.  erhellt,  üebrigens  sind  Theile  der  Sammlung  verloren  g€ 
gen;  z.  B.  Sen.  de  brev.  vit.  5  citiert  aus  quadam  ad  Att.  epistola 
Stelle  die  sich  im  heutigen  Texte  nicht  findet. 

3.  Ausgaben  von  P.  Manutius  (Venet.  1547  und  oft),  P.  Victorius 
renz  1571),   J.  G.  Graevius  (Amsterd.  1684.  1693.  1727.    2  Bde.),   J.  ( 
Boot  (rec.  et  adn.  ill.,  Amsterdam  1865  f.  2  Bde.). 

4.  Dass  die  beiden  angeblichen  Handschrifken  des  Sim.  Bosius 
Cicero's  Briefen  an  Atticus  (Crusellinus  und  Decurtatus)  nicht  existiert 
ben  und  seine  Angaben  über  ihre  Lesarten  erdichtet  sind,  wie  auch  i 
Angaben  über  den  Turnesianus,  soweit  sie  nicht  durch  Lambin  best 
werden,  Misstrauen  verdienen,  hat  M.  Haupt  nachgewiesen,  vor  dem 
liner  Sommerkatalog  1855.  D.  Detlefsen,  in  Fleckeisens  Jahrb.  für  < 
Philol.  Suppl.  III,  1.  S.  111  —  131.  (Leipzig  1857).  Fr.  Hofmann,  dei 
tische  Apparat  zu  Cicero's  Briefen  an  Atticus  geprüft.  Berlin  1863.  . 
vgl.  oben  170,  5. 

3)  Ad  Quin  tum  fratrem,  3  Bücher,  aus  den  J.  6£ 
700.     Ohne  Zweifel  ist  nie  mehr  herausgegeben  worden. 

1 .  Ueber  Blattversetzungeu  in  dieser  Sammlung  (und  theilweise  ii 
ad  Att)  s.  Th.  Mommsen  in  der  Zeitechr.  f.  Alt.-Wiss.  1844.  Nr.  75  ff. 
1845.  Nr.  98  f,    Orelli  p.  LXVUI  seiner  zweiten  Ausgabe. 

2.  Herausgegeben  von  J.  Hoffa  (Heidelb.  1843),  imd  mit  ad  Brut 
P.  Manutius  (Frankfurt  1580  und  sonst),  Yalerius  Palerm.  (Hagae  < 
1725). 


Cicero  8  Briefe.  279 

3.  £p.  I,  1  —  mit  der  Ausdehnung  und  Feile  einer  Abhandlung  (über 
ProTinzialverwaltung)  —  besonders  herausgegeben  von  J.  Facciolati,  Pa- 
dna  1738. 

4)  Briefwechsel  zwischen  M.  Brutus  und  Cicero,  zwei  Bü- 
cher, deren  einzelne  Stücke  in  grosser  Unordnung  stehen. 

1.  Die  Briefe  des  zweiten  Buchs  beziehen  sich  auf  die  Zeit  vor  der 
Schlacht  bei  Mutina  ^  die  des  ersten  auf  die  nach  derselben.  Im  ersten 
Buch  steht  das  Trostschreiben  über  den  Tod  der  Porcia  (I,  9)  vor  der 
Nadiricht  von  ihrem  Kranksein  (I,  17,  7).  I,  11  wird  von  Antistiuft  Vetus 
nach  Eom  gebracht,  welcher  I,  9,  3  schon  dort  ist,  u.  dgl. 

2.  Das  zweite  Buch  wurde  erst  nach  dem  ersten  (in  Deutschland)  auf- 
gefunden und  von  Cratander  herausgegeben;  eine  Handschrift  desselben 
ist  nicht  bekannt. 

3.  Plut.  Brut.  53:   to  imatohov  (Bqovtov),   ilichQ  aga  z^v  yvrja^oDV 
Uxi.  Die  Ünechtheit  beider  Bücher  hat  zuerst  Tunstall  behauptet  (Cam- 
bridge 1741,  imd  Observations  on  the  present  coUection  etc.,  Lond.  1744), 
dann  besonders  Markland  (Remarks  on  the  epistles  etc.,  Lond.  1745),  auch 
F.  S.  Huldrich  (de  fide  et  auctoritate  Epp.  Cic.  et  Bruti,  Zürich  1797.   4.), 
wogegen  ihre  Echtheit  an  Middleton  (Lond.  1743)  und  neuerdings  an  K. 
ft.  Hermann  warme  Vertheidiger  fand;   vgl.  des  Letzteren  Vindiciae  lati- 
nitatis  Epp.  Cic.  ad  Br.,  Gotting.  1844.  4.;  Göttinger  gel.  Anzeig.  1844.  St. 
195  f.  1845.    St.  96  f.    S.  961—981;    Zur  Rechtfertigung  der  Echtheit  des 
ßriefw.  u.  s.  w.,   Göttmgen  1845  (Abhandl.  der  Gott.  Ges.  d.  Wiss.  II.    S. 
189 ff.  III.  S.  143  ff.);  Vindiciarum  Brutianarum  epimetrum,  Götti.  1845.  4. 
Gegen  ihn  vgl.  A.  W.  Zumpt,   de   Cic.   et  Brati  mutuis  epp.  quae  vulgo 
feruntur,  Berlin  1845.    4.    Berl.  Jahrb.  1845.  II.  Nr.  91—94.    Orelli  (adn. 
zn  p.  755  u.  775)  meint,    B.  I  sei  aus  der  Zeit  des  Augustus,    B.  II  aus 
dem  löten  Jahrh.    Aehnlich  Niebuhr,  Vorles.  über  röm.  Gesch.  von  Schmitz 
U-  p.  105  f ;  und  Fr.  Hofmann,  a.  a.  0.   S.  3  f  glaubt,  beim  ersten  Buche 
Bei  die  Echtheit    möglich,    beim   zweiten   unwahrscheinlich.      Nipperdey 
(Abhandl.   der   sächs.    Ges.   d.  Wiss.   1865,   S.  71,  A.   15)   behauptet   die 
ünechtheit  nur  der  beiden  Schmilhbriefe  gegen  Octavian,  Ep.  I^  16  u.  17. 
In  der  That  ist  das  was  man  gegen  die  Sammlung  geltend  gemacht  hat 
von  wenig  Erheblichkeit,   besonders  die  Widersprüche  der  vertraulichen 
Urteile  Cicero's  über  Personen  mit  seinen  öffentlichen,  oder  mit  Aeusser- 
angen  zu  anderer  Zeit.    De^r  schlichte  Charakter  dieser  Briefe,  ohne  rhe- 
torische Geblähtheit,  sieht  nicht  nach  Fälschung  aus,  stimmt  vielmehr  ganz 
2B  Brutus'  attischer  Richtung.    Vgl.  unten  199,  1.    Dass  sie  eine  Auswahl 
ais  der  grösseren  Sammlung  sind  macht  das  Citat  bei  Non.  Marc.  p.  286 
'Ep.  ad  Brut.  IX  =  ad  Brut.  I,  1)  wahrscheinlich. 

5)  Sicher  ist  die  Ünechtheit  des  Briefes  adOctavianum, 
'welcher  im  Mediceus  zwischen  den  Briefen  ad  Quintum  fratrem 
Qöd  denen  ad  Atticum  in  der  Mitte  steht. 

Anderes  ist  so  augenscheinlich  spätes  Machwerk  dass  es  mit  Recht 
aoB  den  neueren  Aasgaben  der  Briefe  weggeblieben  ist.  Vgl.  auch  R. 
Hercher,  Philologus  IX.  S.  592. 


280  Ciceronische  Zeit.  Erste  Hälfte,  671—691. 

172.  Die  philosophischen  Studien  betrieb  Cicero  ur- 
sprünglich als  Mittel  zu  seiner  rednerischen  Ausbildung,  Und 
erst  in  seinen  letzten  Jahren ,  als  er  in  seiner  staatsmänni- 
schen und  rednerischen  Thätigkeit  sich  gehemmt  sah,  schrieb 
er,  um  sich  zu  beschäftigen  und  zu  vergessen,  in  kurzer  Zeit 
eine  Menge  von  Büchern  philosophischen  Inhalts.  Er  gibt 
darin  seine  griechischen  Quellen  in  freier,  unmethodischer  Weise 
wieder,  aber  unter  zahlreichen  Missverständnissen,  wie  er  z.  B. 
häufig  die  Akademiker  und  die  Peripatetiker  verwechselt.  Seine 
Quellenstudien  erstrecken  sich  vorzugsweise  auf  neuere  grie- 
chische Philosophen;  von  Piaton  aber  und  vollends  Aristoteles 
hat  er  nur  ungenügende  Kenntniss.  Die  schwierigen  Probleme 
Hess  er  bei  Seite,  und  präcise  scharfe  Definitionen  sind  ihm 
fast  antipathisch.  Zu  den  verschiedenen  Systemen  verhielt  ei 
sich  eklektisch.  Am  meisten  sprach  ihn  das  Probabilitätssystem 
der  neueren  Akademiker  an  wegen  seiner  Brauchbarkeit  für  den 
Advokaten,  so  wie  auf  dem  Gebiete  der  Ethik  der  stoische  Idea- 
lismus, dessen  Schroflfheiten  Cicero  aber  wegliess,  wogegen  er 
von  der  laxen  Moral  und  dem  trägen  Indifierentismus  der  Epi- 
kureer sich  abgestossen  fühlte.  Erheblicher  als  der  materielle 
Werth  dieser  Schriften  ist  der  formale  Nutzen  welchen  Cicero 
gestiftet  hat,  indem  er  zuerst  unter  den  Römern  philosophische 
Gegenstände  in  der  Muttersprache  auf  fassliche  und  geschmack- 
volle Weise  behandelte  und  so  den  Römern  Schöpfer  einer  phi- 
losophischen Sprache  wurde.  Die  Form  seiner  philosophischen 
Schriften  ist  meist  die  dialogische,  aber  etwas  eintönig  und 
ohne  rechten  Ernst  durchgeführt. 

1.  Paradox,  prooem.  2:  nos  ea  philosophia  plus  utimur  quae  peperit 
dicendi  copiam  et  in  qua  dicuntur  ea  quae  non  multum  discrepent  ab 
opinione  populari.  Vgl.  Brut.  43,  161.  91,  315.  93,  322_  Tusc.  IV,  4  in.  V, 
29,  82.    D.  N.  I,  3—5. 

2.  ad  Att.  XU,  52  extr.:  dices,  qui  talia  conscribis?  'JnoyQccfpa  sunt, 
minore  labore  fiunt;  verba  tantum  affero,  quibus  abundo;  vgl.  Farn.  XIII, 
63  in.  Die  Zuthat  seines  eigenen  Urteiles  und  Geschmackes  hebt  er  her- 
vor in  der  öffentlichen  Aeusserung  de  finn.  I,  2,  6.  3,  7.  off.  I,  2,  6. 

3.  MisBverständniss  über  das  Wesen  der  platonischen  Ideen  im  Orat. 
2,  7  — 10.  In  Bezug  auf  Aristoteles'  nikomachische  Ethik  heisst  es  de  fin. 
V,  5,  12:  quare  teneamus  Aristotelem  et  eius  filium  Nicomachum,  cuius 
accurate  scripti  de  moribus  libri  dicuntur  illi  quidem  esse  Aristo telis,  sed 
non  Video  cur  non  potuerit  patris  similis  esse  filius,  eine  Aeusserung  welche 
es  zweifelhaft  macht  ob  Cicero  je  dieses  Werk  selber  gesehen  hat,  s.  Mad- 
vig's  Excurs.  ad  1.    Anderes  s.  Brut.  31,  120.  40,  149.  de  fin.  V,  3.  6  extr. 


I 


Cicero's  philosophische  Schriften.  281 

8,^1  (antiquis,  quos  eosdem  Academicos  et  Peripateticos  nominamns),  23 
extr.  and  oft. 

4.  Literatur,  ausser  anderem  Aelterem:  Brucker,  hist.  crit.  phil.  T.  IT. 
p.  33flP.  J.  G.  Zierlein,  de  philosophia  Cic,  Halle  1779.  4.  Meiners,  Verm. 
Schriften  I.  p.  274  flf.  H.  C.  F.  Hülsemann,  de  indole  philosophica  Cic, 
*Lüneb.  1799.  4.  Ciceronis  hist.  philosophiae  antiquae  etc.,  collegit  Fr.  Ge- 
dicke, Berl.  1815.  Herbart,  über  die  Philosophie  des  Cic,  in  dessen  kl. 
philos.  Schrr.  (Leipz.  1842)  I,  11.  E.  Kühner,  Cic  in  philosophiam  merita, 
Hamb.  1825.  Guiard,  de  Cic  philosophi  in  cives  suos  meritis,  Landsberg 
1832.  4.  Ritter  und  Preller,  hist.  philosophiae  graeco-romanae  (Hamburg 
1838)  p.  416—433.  Krische,  Forschungen  auf  d.  Gebiete  d.  alten  Philoso- 
phie, Götting.  1840.  J.  A.  C.  van  Heusde,  Cic.  (pLlonXdtcaVj  Utrecht  1836. 
H.  Ritter,  Gesch.  d.  Philosophie  IV.  S.  103  ff.  Drumann  VI.  S.  650—677. 
E.  Zeller,  Philosophie  der  Griechen  III,  1.  S.  574—593.  Baumhauer,  de 
Aristotelia  vi  in  Cic  scriptis,  Utrecht  1841.  Ritter,  über  Cicero's  Bekannt- 
schaft mit  aristotel.  Philosophie,  Zerbst  1846.  4.  Leglay,  Cic.  philosophiae 
historicus,  1846.  Eleemanu,  Cicero's  Leistungen  in  der  Philosophie  und 
seine  Verdienste  um  dieselbe,  1851.  C.  Cromo,  quid  Graecis  Cicero  in  phi- 
lowphia,  quid  sibi  debuerit,  Düsseldorf  1855.  4.  Burmeister,  Cicero  als 
Xenakademiker,  Oldenburg  1860.  W.  Thomas,  de  Aristotelis  i^mzsgi'KOi^ 
i^yois  deque  Ciceronis  Aristotelio  more,  Göttingen  1860.  Bernhardt,  de 
Cic.  graecae  philosophiae  interprete,  Berlin  1865.  4. 

5.  Die  Gesammtausgaben  der  philosophischen  Schriften  Cicero's  von 
J.  Davis  (Cambridge  1736  ff.  6  Bände;  ed.  Rath,  Halle  1804—1820)  und  J. 
A.  Görenz  (Leipz.  1809  —  1813.  3  Bände)  sind  unvollendet  geblieben.  In 
Orelli's  Cicero  bilden  sie  Vol.  IV. 

6.  L.  Vaucher,  in  Cic.  libros  philosophicos  curae  criticae.  I.  Lau- 
Banne  1864. 

173.  Eine  Aufzählung  seiner  philosophischen  Schriften  gibt 
Cicero  selbst,  de  divin.  11 ,  1.  Die  erhaltenen  sind  nach  der 
Zeit  ihrer  Abfassung  folgende: 

1)  De  republica,  den  üebergang  bildend  aus  Cicero's 
praktischer  Wirksamkeit,  verfasst  im  J.  700  ff.  und  vor  seiner 
Abreise  nach  Kilikien  (J.  703)  herausgegeben,  in  sechs  Büchern, 
von  denen  aber  kaum  ein  Drittel  auf  uns  gekommen  ist. 

1.  Cic.  de  div.  11,  1,  3:  his  libris  adnumerandi  sunt  sex  de  rep.,  quos 
tum  scripsimus  cum  gubemacula  reip.  tenebamus.  Vgl.  ad  Fam.  VIII,  1 
^r.   Att  V,  12,  2.  VI,  1,  8.    de  legg.  III,  2,  4.    Tusc  IV,  1,  1. 

2-  Die  Entstehungsgeschichte  des  Werkes  können  -wir  aus  Cicero's 
Briefen  verfolgen.  Den  ursprunglichen  Plan,  nur  Verstorbene  redend  einzu- 
bohren, änderte  Cic  auf  das  Zureden  des  Cn.  Sallustius  dahin  ab  dass  er 
darin  selbst  mit  seinem  Bruder  das  Wort  führte,  kehrte  aber  bald  wieder 
2a  der  ursprüngb'chen  Anlage  zurück,  verlegte  die  Scene  ins  J.  625  d.  St. 
'Mid  machte  zu  Sprechern  den  jüngeren  Africanus,  Laelius  u.  A.  Vgl.  ad 
H^  fr.  III,  5  und  6,  1  f.    Richarz ,  de  politicorum  Cic.  librr.  tempore  na- 


282  Ciceronische  Zeit.  Erste  Hälfte,  67  i— 691. 

tali,  Würzb.  1829.  4.    Die  Form  ist  ein  Versuch  die  platonischen  Dialoge 
nachzuahmen.     Vgl.  Drumann  VI.  S.  83—87. 

3.  Cicero  hat  für  das  Werk  besonders  Piaton  und  Aristoteles,  abei 
auch  PolybiuB,  Theophrast  u.  A.  benutzt  und  seine  eigenen  politischei 
Erfahrungen  darin  niedergelegt,  lüf.  S.  Gratama,  de  Cic.  de  rep.  et  de 
legg.  libris  diss.  iuridica,  Groningen  1827.  J.  v.  Persyn,  de  politica  Cic 
doctrina  in  libris  de  rep.,  Amsterd.  1827.  E.  S.  Zachariä,  staatswiss.  Be 
trachtungen  über  Cicero's  Bücher  vom  Staat,  Heidelberg  1823. 

4.  Ein  Theil  des  sechsten  Buchs,  der  Traum  des  Scipio,  ist  durch  Ma 
crobius'  Commentariorum  in  Somnium  Scipionis  libri  duo  aufbehalten 
Gernhard,  de  Cic.  Somn.  Scip.,  Weimar  1834  f.  mid  in  dessen  Opuscc.  latt 
p.  373  ff.  Eine  alte  griechische  Uebersetzung  davon  (von  Plauudes)  s.  be 
C.  P.  Hess,  Cic.  Cato  etc.  ex  gr.  interpr. ,  Halle  1832.  p.  70  ff.,  auch  her 
ausgegeben  von  Brüggemann,  Couitz  1840.   4. 

5.  Das  Meiste  hat  A.  Mai  in  einem  vaticanischen  Palimpsest  entdecki 
und  herausgegeben  (Rom  1822.  4.  und  Stuttg.  1822.  8.;  auch  in  Class 
auct.,  Rom  1828.  I.  p.  1  —  386.  imd  abermals  Rom  1846),  nach  ihm  C.  G 
Schütz  (Leipz.  1823),  F.  Steinacker  (Leipz.  1823),  C.  F.  Heinrich  (Boni 
1823),  G.  H.  Moser  (Frankf.  1826),  C.  Zell  (Stuttg.  1827),  F.  Osann  (Götti 
1847).  G  N.  du  Rieu,  Schedae  Vaticanae,  in  quibus  retractatur  palim 
psestus  TuUianus  de  rep.  (Lugd.  Bat.  1860)  p.  1  — 126  und  dazu  Giraud 
S^ances  de  Tacad.  des  sc.  mor.  et  pol.  1861,  Februar  und  März  (Philolo 
gus  XVIII.  S.  669  f.).  In  Ürelirs  zweiter  Ausgabe  IV.  p.  759—853.  925  f 
—  Uebersetzt  von  G.  H.  Moser  (in  der  Metzler'schen  Sammlung,  Rom 
Pros.  22  f.).  Villemain,  la  R^p.  de  Cic.  traduite  .  .  avec  un  discours  pre 
liminaire  etc.    Paris  1858. 

2)  De  legibus,  angefangen  wohl  im  J.  702  f.,  unmittelbar 
nach  der  Beendigung  des  vorigen  Werkes,  um  seiner  Politeia 
nun  auch  Nomoi  von  sich  an  die  Seite  zu  geben,  wieder  auf- 
genommen J.  708,  aber  nicht  zu  Ende  geführt  und  auch  von 
Cicero  selbst  nicht  mehr  herausgegeben ;  wenigstens  erwähnt  er 
desselben  weder  in  seinen  Briefen  noch  sonst  jemals.  Es  be- 
stand wohl  ursprünglich  aus  sechs  Büchern,  auf  uns  gekommen 
sind  aber  nur  drei,  nebst  einigen  Bruchstücken  des  Weiteren. 
Auch  das  Erhaltene  hat  Lücken;  und  hätte  Cicero  das  Werk 
selbst  herausgegeben,  so  würde  er  ohne  Zweifel  aus  seinem  Vor- 
rathe  von  Vorreden  eine  hinzugefügt  haben,  während  jetzt  das- 
selbe sogleich  dialogisch  beginnt.  Das  erste  Buch,  eine  Art 
Naturrecht  enthaltend,  ist  mit  Sorgfalt  ausgearbeitet,  leidet 
aber  an  Oberflächlichkeit  und  Unklarheit  der  Begriffe;  im  Spä- 
teren dagegen  ist  Vieles  nur  Entwurf  und  Skizze.  Als  Quelle 
scheint  neben  Piaton  besonders  Chrysippos  gedient  zu  haben; 
auch  in  der  dialogischen  Form  wurde  wieder  Piaton  nachzuah- 
men versucht;  doch  nimmt  Cicero  fortwährend  auf  die  concreten 


\ 


« 


Cicero's  philosophische  Schriften.  283 

Verhältnisse  Roms  ganz  besondere  Ki\cksicht.  Das  zweite  Buch 
handelt  vom  Entwerfen  der  Gesetze  und  dem  ius  sacrum  und 
bildet  vielfach  mit  Glück  die  Sprache  der  alten  Gesetze  nach*, 
das  dritte  de  magistratibus;  das  vierte  sollte  handeln  de  pote- 
statum  iure,  das  fünfte  vielleicht  de  iure  publico,  und  das 
sechste  de  iure  civili. 

1.  Auf  das  J.  702  (als  Zeit  des  Anfangens)  fuhren  auch  die  Zeitan- 
spielungen (z.  B.  Augurat  des  Cic,  s.  II,  13,  32;  Tod  des  Clodius,  ib.  17, 
42),  wiewohl  nicht  mit  voller  Sicherheit,  da  sie  auch  blos  der  Einkleidung 
angehören  können.  Damals  aber  wurde  das  Werk  nicht  Vollendet  (Unter- 
brechung durch  die  kilikische  Verwaltung  und  dann  die  Bürgerkriege); 
vgl.  Brut.  5,  19:  ut  illos  de  rep.  libros  edidisti  nihil  a  te  sane  accepimus, 
und  Tusc.  IV,  1,  1  wird  wohl  die  Schrift  de  rep.  erwähnt,  nicht  aber  de 
legibus.  Wiederaufnahme  708,  s.  Farn.  IX,  2,  5:  modo  nobis  stet  .  .  et  scri- 
bere  et  legere  nokixBiag  et,  si  minus  in  curia  atque  in  foro,  at  in  litteris 
et  libris  . .  navare  remp.  et  de  moribus  ac  legibus  quaerere.  Aber  auch 
jetzt  blieb  das  Werk  liegen,  vielleicht  in  Folge  des  zunehmenden  Interes- 
868  fiir  systematische  Philosophie  oder  überhaupt  wegen  anderer  literari- 
«ber  Plane  und  Arbeiten.  Fehlen  einer  Vorrede  gegen  den  Grundsatz  in 
singulie  Ubris  utor  prooemiis,  ad  Att.  IV,  6,  2,  vgl.  XVI,  6.  —  Für  die 
ursprüngliche  Erstreckung  auf  sechs  Bücher  spricht  theils  die  Analogie 
^er  Schrift  de  rep.  theils  das  Citat  bei  Macrob.  Sat.  VI,  4,  8:  Cicero  in 
qmnto  de  legibus. 

2.  Ueber  dfe  Abfassungszeit  s.  ausser  den  Prolegg.  der  verschiedenen 
Ausgaben  C.  Peter  in  seiner  Ausgabe  des  Brutus  (1839)  p.  264—270.  Horr- 
^^ann,  de  tempore  quo  Cic.  libros  de  legg.  scripsisse  videatur,  Detmold 
l^^ö.  4.  Im  Allgemeinen  Th.  Kelch,  comm.  de  legg.  Cic,  Elbing  1826.  4. 
^-  F.  Feldhügel,  über  Cicero's  Bücher  de  legg.,  Zeitz  1841.  4.  Drumann 
^I.  S.  104—107.  Kritische  Beiträge  von  A.  W.  F.  Krause  (Deutsch-Kro^e 
1^2.  4.  und  in  Jahn's  Archiv  XV.  p.  234—239),  C.  Halm  (Jahn's  Jahrb. 
"9,  S.  759—778),  J.  Vahlen  (Zeitschrift  für  Ostreich.  Gymn.  1860,  S.  1—32. 
'861.  S.  19—24),  Reifferscheid  (Rhein.  Mus.  XVII.  S.  269-296),  A.  Baum- 
stark (Philologus  XIX.  S.  633—649). 

3.  Ausgaben  von  J.  Davis  (Cambridge  1727.  1745,  wiederherausgege- 
ben von  R.  G.  Rath,  Halle  1818.  t!,  V.),  J.  F.  Wagner  (Göttingen  1804), 
J.  A.  Görenz  (Leipz.  1803),  G.  H.  Moser  und  Fr.  Creuzer  (Frankf.  1824), 
J.  Bake  (Lugd.  Bat.  1842),  C.  F.  Feldhügel  (Zeij^^  1852  f.  2  Voll.).  In  Orel- 
li's  zweiter  Ausg.  IV.  p.  855  —  924.  —  üebersetzt  von  Hülsemann  (Leipz. 
1802),  C.  A.  F.  Seeger  (in  der  Metzler'schen  Sammlung,  Rom.  Pros.  29) 
und  A.  W.  Zumpt  (in  der  Klotz'schen  Uebers.  der  philos.  Schriften,  Thl.  II). 

3)  Paradoxa,  verfasst  im  April  des  J.  708,  unmittelbar 
nach  dem  Brutus,  ehe  noch  die  Kunde  vom  Tode  des  M.  Cato 
nach  Rom  gelangt  war,  und  vor  dem  Orator.  Wegen  seines 
geringen  Umfanges  ist  das  Schriftchen  de  div.  11,  1  nicht  eigens 
aufgeführt.    Der  Inhalt  ist  eine  mehr  rhetorische  als  eigentlich 


284  Ciceronische  Zeit.  Erste  Hälfte,  67i— 691. 

philosophische  Darstellung  von  sechs   auffallenden  Sätzen   der 
stoischen  Lehre. 

1.  Aus  der  obigen  Datierung  erklären  sich  die  Berichtigungen  welche 
für  Parad.  2.  in  de  fin.  IV,  19,  52  und  für  Parad.  3.  in  de  fin.  III,  10  f. 
liegen. 

2.  Morgenstern,  Prolegg.  in  Cic.  P.,  Dorpat  1819  föl.  und  in  Seebode's 
Mise,  critt.  I,  1.  p.  386  ff.  Bardili  in  Hauff's  Philologie  II,  2.  S.  1  ff.  Dru- 
mann  VI.  S.  288  —  290.  0.  Heine,  kritische  Bemerkungen  zu  Cic.  Parad., 
Philologus  X.  S.  116 — 125.  Detlefsen,  über  eine  Cicerohandschrift  der  k. 
k.  Hofbibliothek,  Sitzungsber.  der  Wiener  Akad.  1855.  XXI.  S.  110—129. 

3.  Ausgaben  von  A.  G.  Gernhard  (mit  Cato,  Leipz.  1819),  J.  Borgers 
(Lugd.  Bat.  1826.  4.),  Orelli  (mit  Tusc,  Zürich  1829),  G.  H.  Moser  (Göttm- 
gen  1846);  bei  Orelli  IV.  p.  743—758  ed.  II.  üebersetzt  von  F.  Banr 
(Stuttgart,  Metzler  1854,  Class.  d.  Alt.),  R.>Kühner  (Stuttgart,  Hoffmann  1864). 
Griechische  Uebersetzung  von  Dionysius  Petavius  (Paris  1653.  und  bei  Hess. 
Cic.  Cato  etc.,  so  wie  Cic.  Parad.  graece  versa  etc.  ab  J.  Morisoto,  ed. 
Wensch,  Halle  1841). 

4)  Wie  Cicero  mit  den  Paradoxen  den  Standpunkt  des  Red- 
ners noch  nicht  verlassen  hatte,  so  war  seine  Consolatio,  die 
nächstfolgende  Schrift  die  man  zu  den  philosophischen  rechnen 
kann,  rein  aus  persönlichem  Bedürfniss  und  augenblicklichen 
Verhältnissen,  dem  Tode  seiner  Tochter,  hervorgegangen.  Sie 
wurde  verfasst  im  J.  709,  unter  Benutzung  von  Krantor's  Schrift 
jtsQl  Ttivd'ovg  und  andern  griechischen  Werken. 

1.  Vgl.  ad  Att.  XII,  14,  3.  21  extr.  Tusc.  I,  26  extr.  III,  31,  76.  IV, 
29,  63.     divin.  II,  1,  3.  9,  22.    Plin.  N.  H.  praef.  u.  A. 

2.  Die  erhaltenen  Bruchstücke  der  Schrift  bei  Orelli  IV,  2.  p.  489  f.  = 
p.  989—991.  ed.  II.  nebst  Halm,  Beiträge  zu  den  ciceronischen  Fragm.  S. 
32—35.  Fr.  Schneider,  de  Consolatione  Cic.  Breslau  1835.  Drumann  VI.  S. 
319  —  321.  B.  A.  Schultz,  de  Ciceronis  Consolatione,  Greifswald  1860. 
102  pp.  8.  —  Eine  Fälschung  ist  M.  Tullii  Cic.  Consolatio.  Liber  nunc 
primum  repertus  et  in  lucem  cditus.     Colon.  1583.    120  pp.  8. 

5)  Erst  in  seinem  Hortensius  gab  Cicero  dann  eine  Vor- 
rede zu  den  beabsichtigten  eigentlichen  philosophischen  Schrif- 
ten, um  diese  Art  von  Thätigkeit  vor  sich  und  Andern  zu  recht- 
fertigen und  womöglich  dabei  Nachfolger  zu  linden.  Da  aber 
der  Hortensius  bis  auf  eine  Anzahl  Bruchstücke  verloren  ge- 
gangen ist,  so  sind  die  Fines  für  uns  Cicero 's  erste  systematisch 
philosophische  Schrift. 

1.  Cic.  de  div.  H,  1,  1:  cohortati  sumus  ut  maxime  potuimus  ad  phi- 
losophiae  Studium  eo  Hbro  qui  est  inscriptus  Hortensius. 

2.  Der  Hortensius  war  noch  im  11.  Jahrhundert  auf  der  Insel  Rei- 
chenau  vorhanden,  und  noch  im  zwölften  in  einem  Kloster  des  westhchen 


^■^, ',  - 


Cicero*s  philosophische  Schriften.  285 

Frankreich  (in  Abbatia  Bevensi).  Die  üeberreste  bei  Orelli  IV,  2.  p.  479 
-486  =  IV.  p.  980—987  ed.  IL  nebst  Crecelius,  in  Jahn's  Jahrb.  75,  S.  79f. 
und  Halm,  Beiträge  u.  s.  w.  S.  35—39.  Fr.  Schneider,  Tremesno  1841.  4. 
Drnmann  VI.  S.  322. 

6)  De  finibus  bonorum  etmalorum,  fünf  Bücher,  ver- 
fasst  in  der  ersten  Hälfte  des  J.  709,  unmittelbar  vor  den  Aca- 
demica,  und  dem  Brutus  gewidmet,   eine  Zusammenstellung  der 
Lehren   der   griechischen  Schulen    über   das   höchste    Gut   und 
üebel,   also  über  eine  Hauptfrage  der  praktischen  Philosophie, 
wie  die  Academica  die  Hauptlehre  der  theoretischen  Philosophie 
behandeln,  die  Erkenntnisslehre.     Eingekleidet  ist  das  Werk  in 
drei  Gespräche,  in  welchen  Cicero  nach  der  Weise  des  Aristo- 
teles sich  selbst  die  Hauptrolle  zugetheilt  hat,  im  Uebrigen  aber 
Dar  Gestorbene  auftreten  lässt,.  nämlich  im  ersten  Gespräche 
(ß.  I.  und  n.),  welches  ins  J.  704  gesetzt  wird,   den  L.  Man- 
lius  Torquatus  und  C.  Valerius  Triarius,  von  denen  der  Erstere 
^ie   epikureische  Lehre  vorträgt  (B.  L),  die  dann  Cicero  (B.  H.) 
^   Triderlegen  sucht;  im  zweiten  (B.  III.  IV.),   ins  J.  702  ge- 
atzt, den  M.  Porcius  Cato,   der  die  stoische  Lehre  darlegt  (B. 
.    -)j  worauf  Cicero  (B.  IV.)  zeigt  dass  diese  von  der  des  An- 
«Oehus  aus  Askalon  nicht  wesentlich  abweiche;  im  dritten  (B. 
* -)j  das  sich  als  im  J.  675  gehalten  gibt^  M.  Pupius  Piso,  der 
^*^   Lehre   der  Akademiker  und  Peripatetiker  darstellt,   L.  Tul- 
"^^  Cicero  u.  A.     Cicero's  Quellen  hiebei  sind  nicht  die  primä- 
^^^  (namentlich  nicht  Aristoteles  und  Epikur),  sondern  jüngere 
'^^rtreter  der  betrefifenden  Schulen,  wie  Phaedrus,  Chrysippus, 
^^tiochus,  Kameades,   und  der  Beurteilung  fehlt  es  an  festen 
^^^sichtspunkten;  doch  ist  dieses  Werk  durch  Sorgfalt  der  Dar- 
^^^llung  vielleicht  das  vorzüglichste  unter  den  eigentlich  philo-  * 
^ophischen  Schriften  des  Cicero. 

1.  Cic.  de  div.  II,  1,2:  cum  fundamentum  esset  plülosophiae  in  finibus 

bonorum  et  malorum,  perpurgatus  est  is  locus  a  nobis  quinque  libris,  ut 

<luid  a  quoque  et  quid  contra  quemque   philosophum   diceretur  intellegi 

poaset.    ad  Att.  XIII,  12,  3:  wfpl  zbX^v  ovvza^ig.    Vgl.  ib.  19,  3  f.  21,  4. 

Xll,  6,  2.    de  legg.  I,  20.    Drumann  VI.  S.  323  f. 

2.  Im  Allgemeinen  vgl.  die  Prolegg.  von  Görenz  und  Madvig  u.  A.  * 
Göring,  primi-Cic.  de  finn.  libri  descriptio  etc.,  Lübeck  1831.  4.  Schnei- 
der, Cod.  Glogav.  in  C.  d.  f.  discrep.  lectio,  Breslau  1841.  4.  G.  F.  Schö- 
manu,  ad  Cic.  de  fin.  libri  V.,  in  s.  Opusc.  p.  390—401.  Andere  kritische 
Beiträge  von  G.  F.  ünger  (Philologus  XX.  S.  372—377.  XXI.  S.  481—495), 
P.  P.  Waldenström  (Annotationes,  Upsala  1863),  L.  Vaucher  (s.  172,  6), 
D.  Böckel  (Progr.  der  Thurgauer  Kantonsschule  1863.  4.),  0.  Heine  (Jahns 
Jahrbb.  93,  S.  245-263). 


286  Cioeronische  Zeit,  Erste  Hälfte,  671—691. 

3.  Ausgaben  von  Davis  (Cambridge  1728.  1741.  Oxford  1809.  inRath's 
Ausg.  T.  L),  Bremi  (Zürich  1798.  I.),  Görenz  (Leipz.  1813),  OreUi  (mit 
Acadd.,  Zürich  1827),  Fr.  Otto  (Leipz.  1831),  J.  N.  Madvig  (Kopenh.  1839), 
H.  Alanus  (Dublin  1856);  bei  Orelli  IV.  p.  75—206  ed.  IL  Uebersetzt  von 
C.  V.  HauiF  (Tüb.  1822),  G.  C.  Kern  (in  der  Metzler'schen  Sammlung,  röm. 
Pros.  118  f.,  neu  bearbeitet  von  F.  Baur,  Class.  d.  Alt.  1854). 

7)  Academica,  verfasst  im  J.  709,  zuerst  in  zwei  Bü- 
chern, welche  nach  (Q.  Lutatius)  Catulus  und  (L.  Licinius)  Lu- 
cuUus  benannt  waren,  neben  welchen  in  der  ersten  Fassung 
noch  Hortensius  und  Cicero  am  Gespräche  Theil  nahmen;  bald 
aber  setzte  Cicero  an  deren  Stelle  den  Cato  und  M.  Brutus;  als 
darauf  Atticus  schrieb,  Varro  nehme  es  übel  dass  Cicero  ihm 
noch  nie  eine  Schrift  gewidmet  habe,  so  wurde  das  ganze  Werk 
noch  einmal  völlig  umgearbeitet,  in  vier  Bücher  abgetheilt  und 
dem  Varro  gewidmet.  In  dieser  zweiten  Bearbeitung  Hess  Cicero 
den  Varro  die  Ansichten  des  Antiochus  vortragen  und  führte 
selbst  die  des  Philon  aus.  Von  der  ersten  Bearbeitung,  welche 
Atticus  schon  hatte  abschreiben  lassen  als  Cicero  sich  zu  ihrer 
Umschmelzung  entschloss,  ist  das  zweite  Buch  (LucuUus)  erhal- 
ten, von  der  zweiten  (Academica  posteriora)  der  erste  Theil  des 
ersten  Buches  und  einzelne  Bruchstücke.  Der  LucuUus  enthält 
die  (Erkenntniss-)  Lehre  des  Antiochus  und  Philon,  während  der 
Catulus  die  des  Karneades  nebst  einer  allgemeinen  Darstellung 
der  alten  und  neuen  Akademie  umfasst  haben  mag.  Der  An- 
fang der  zweiten  Bearbeitung  gibt  allgemeine  Erörterungen  und 
eine  üebersicht  über  die  Geschichte  der  Philosophie  von  Sokra- 
tes  bis  Arkesilas,  den  Vorgänger  von  Karneades  und  Philon. 
Cicero  widmete  der  akademischen  Lehre  desswegen  eine  beson- 
dere Darstellung  weil  er  durch  dieses  System  überhaupt  sich 
am  meisten  angezogen  fühlte,  und  für  unsere  Kenntniss  dessel- 
ben bildet  seine  Schrift,  bei  dem  Mangel  anderer,  eine  Hauptquelle. 

1.  lieber  das  Verhältniss  der  beiden  Bearbeitungen  s.  besonders  ad 
Att.  XIII,  13,  1:  ex  duobns  libris  contuli  in  quattuor.  grandiores  sunt 
omnino  quam  erant  illi,  sed  tarnen  multa  detracta.  .  .  multo  haec  enmt 
splendidiora,  breviora,  meliora.  16,  1:  illam  d'ntcdrjfiaXiirjv  avvTa^iv  totam 
ad  Varronem  traduximus.  primo  fuit  Catuli,  Luculli,  Hortensü.  deinde  . . 
cosdem  illos  sermones  ad  Catonem  Brutumque  transtuli.  ecce  tuae  litte- 
rae  de  Varrone.  nemini  visa  est  aptior  ^AvTioxBia  ratio.  Vgl.  ib.  12,  3. 
18.  19,  3.  5.  21,  4.  32,  3.  ad  Farn.  IX,  8.  de  off.  II,  2,  8.  Quintil.  Ilf,  6,64. 
Oben  155,  2. 

2.  A.  C.  Kanitz,  comm.  de  libr.  Acc.,  Leipz.  1809.  4.  und  in  Acta  sera. 
liips.  II,  1.  p.  165  —  173.  Brandis  im  Rhein.  Mus.  III.  S.  ö43  ff.  Görenz 
vor  seiner  Ausg.    Drumann  VI.  S.  327—330.    Krische,  über  Cicero's  Aka- 


Cicero's  philosophiBche  Schriften.  287 

demika,  Göttingen  1845.  E.  F.  HermanD,  Beiträge  zur  Kritik  von  Cic. 
Lucullus,  im  Philologus  VII.  S.  466  —  476.  C.  J.  H.  Engstrand,  de  libris 
Ciceronis  academicis,  Upsala  1860.    32  pp.  8. 

3.  Ausgaben  von  Davis  (Cambridge  1725.  1736;  bei  Rath  T.  III.),  Fr. 
Hülseinaun  (Magdeburg  1806),  Görenz  (T.  II.  1810),  Orelli  (mit  de  finn., 
Zürich  1827);  in  Orelli's  Gesammtausgabe  Vol.  IV.  p.  1—55  (Lucullus)  und 
p.  56—74  (Acad.  post.),  vgl.  p.  854  ed.  II.  üebersetzt  von  G.  H.  Moser 
(in  der  Metzler'scheu  Sammlung,  Rom.  Pros.  77.  80). 

8)  Tusculanae  disputationeS;  so  benannt  nach  Cice- 
ro's  Gut  bei  Tusculum,  auf  welchem  die  Gespräche  als  gehalten 
dargestellt  werden  und  auf  dem  sie  geschrieben  worden  sind. 
Angefangen  wurden  sie  J.  709  und  J.  710  beendigt  und  her- 
ausgegeben, nach  de  finibus  und  vor  de  divinatione  und  de  fato, 
in  fünf  Büchern ,  und  sind  dem  M.  Brutus  gewidmet,  üeber 
ihren  Inhalt  sagt  Cicero  selbst,  de  divin.  II,  1,  2:  libri  Tu»cu- 
lanarum  disputationum  res  ad  beate  vivendum  maxime  necessa- 
rias  aperuerunt.  primus  enim  (liber)  est  de  contemnenda  morte, 
secundus  de  tolerando  dolore,  de  aegritudine  lenienda  tertius, 
^oartus  de  reliquis  animi  perturbationibus,  quintus  .  .  docet  ad 
beate  vivendum  virtutem  se  ipsa  esse  contentam.  Seine  Quel- 
len dabei  waren  Piaton  und  die  Stoiker,  zum  Theil  auch  die 
Peripatetiker. 

1.  Cic.  ad  Att.  XIII,  32,  2:  Dicaearchi  tcsqI  ipvxfjg  utrosque  velim 
^ttas  et  KataßacscDg.  TqltcoXltitiov  non  invenio  et  epistolam  eins  quam 
äd  Arietoxenum  misit.  tres  eos  libros  maxime  nunc  vellem;  apti  essent 
*d  id  quod  cogito  (vgl.  Tusc.  1,  11,  24).  XV,  2,  4:  quod  prima  disputatio 
Tusculana  te  confirmat  sane  gaudeo.    4,  3. 

2.  Kühneres  Prolegg.  und  Cic.  in  phil.  mer.  p.  111  ff.  Drumann  VI, 
S.  347f.  Emftndatipnen  von  A.  S.  Wesenberg  (Viborg  1830.  1841.  1843  f. 
*•  Bake  (Scbol.  hypomn.  IV.).  0.  Heine,  de  Cic.  Tusc.  dispp.  Halle  1854. 
^'  Bogen,  de  locis  aliquot  e  Cic.  Tusc.  etc.  Neuss  185G.  4.  1861.  4. 
J-  Schienger,  Coniecturae  in  etc.  Philologus  XII.  p.  280—292.  H.  Muther 
^(1  0.  Heine  zu  Cic.  Tusc,  in  Jahn's  Jahrb.  85,  S.  491—501.  J.  Jeep,  de 
locis  quibusdam  Tusc.  disp.  quaestiones  criticae,  Wolfenbüttel  1865.  4. 
ß-  Muther,  über  die  (rhetorische)  Composition  des  ersten  und  fünften 
ßichs  von  Cic.  Tusc,  Coburg  1862.  4.  O.  Heine,  de  fontibus  Tusc.  disp., 
Weimar  1863.  4. 

3.  Ausgaben  von  Davis  (Cambridge  1709.  1723.  1730.  1738.  Oxford 
1^0,  bei  Bath  T.  IL),  F.  A.  Wolf  (Leipz.  1792.  1807.  1825),  R.  Kühner 
(Jena  1829,  1835.  1846.  1853),  Orelli  (mit  den  Paradoxa,  Zürich  1829),  R. 
^otz  (Leipz.  1835.  Nachträge  und  Berichtigungen,  Leipzig  1843),  G.  H. 
^oser  (3  Bände,  Hannover  1836  ff.),  P.  H.  Tregder  (Kopenh.  1841),  C. 
Joiirdam  (Paris  1842),  C.  F.  Süpfle  (Mannheim  1845),  G.  Tischer  (Weid- 
^anu'gche  Sammlung  1850  ff.;  Aufl.  5,  besorgt  von  G.  Sorof,  1868),  G.  A. 
l^och  (zwei  Hefte,  Hannover  1854.  1857);  Orelli-Baiter  (IV.  p.  207—368  ed. 


288  Ciceronische  Zeit.  Erste  Hälfte,  671—691. 

II);  M.  Seyffert  (emend.,  comment.  criticos  adi.,  Lips.  1864),  0.  Heine  (für 
den  Schulgebr.  erkl.,  Leipzig,  Teubner,  1864).  Uebersetzt  von  F.  H.  Kern 
in  der  Metzler'ßchen  Sammlung,  röm.  Pro8.  3  —  5;  umgearbeitet  von  F. 
Baur,  Stuttg.  1854,  Class.  d.  Alt.),  R.  Kühner  (Stuttg.,  HofFmann,  1855); 
latein.  und  deutsch  mit  Anm.  (Engelmann'sche  Sammlung),  Leipz.  1861. 

9)  Timaeus,  freie  Bearbeitung  des 'gleichnamigen  plato- 
nischen Dialogs  mit  selbstgemachter  Einkleidung^  und  nach  den 
Academica,  also  J.  709  oder  710,  geschrieben. 

1.  Priscian.  XII.  p.  1220  F.  =  p.  463,  19  f.  Htz.:  Cicero  in  Timaeo. 
Wahrscheinlich  sollte  diese  Uebersetzung  einem  grösseren  Werke  einver- 
leibt werden  worin  Nigidius  Figulus  den  Fythagoreismus  vertreten  hätte 
(Hermann  p.  8.  13  f.).  Das  erhaltene  grössere  Bruchstück  s.  bei  Orelli  IV,- 
2.  p.  495—513.  =  IV.  p.  995-1010  ed.  II. 

2.  Drumann  VI.  S.  353  f.  K.  F.  Hermann ,  disp.  de  interpretatione 
Timaei  Plat.  dial.  a  Cic.  relicta,  Göttingen  1842.  4. 

10)  De  deorum  natura,  drei  Bücher,  geschrieben  J.  710, 
nach  den  Tusculanen,  nachdem  sie  schon  J.  709  begonnen 
worden  waren.  Sie  -sind  gleichfalls  dem  M.  Brutus  zugeeignet. 
Das  Gespräch  wird  in  die  latinischeii  Ferien  ungefähr  des  J. 
677  gesetzt,  und  C.  Veliejus  vertritt  dabei  die  epikureische,  Q. 
Lucilius  Baibus  die  stoische,  C.  Aurelius  Cotta  die  akademische 
Schule.  Auch  diese  Schrift  besteht  aus  Excerpten  denen  die 
Gestalt  von  Dialogen  gegeben  ist,  theilt  aber  auch  mit  den  an- 
dern das  Verdienst  die  lateinische  Sprache  zur  Darstellung,  der 
griechischen  Gedanken  bereichert' zu  haben.  Hauptquelle  für 
das  erste  Buch  (epikureische  Religionsphilosophie)  war  die  Schrift 
des  Epikureers  Phaedrus  tvsqI  &£c5v.  Zur  Kritik  der  Epikureer 
benützte  Cicero  die  Schrift  des  Stoikers  Posidonius  über  diesen 
Gegenstand,  und  für  das  zweite  Buch  (stoische  Lehre)  die  Werke 
des  Kleanthes,  Chrysippos,  Zenon,  für  das  dritte  die  Akademi- 
ker Karneades  und  Klitomachos,  also  lauter  späte  und  zum 
Theil  unreine  Quellen.  Die  Darstellung  ist  daher  manchfach 
unklar,  und  die  Kritik  verfehlt  oft  die  Hauptsache. 

1.  Cic.  de  div.  II,  1,  3:  quibus  (Tusc.)  editis  tres  libri'perfecti  sunt  de 
natura  deorum.  ad  Att.  Xlll-f  39,  2:  libros  mihi  .  .  mittas,  et  maxime 
OaiÖQOv  nsgl  dsmv  et  UaXXädog.    Drumann  VI.  S.  349  f. 

2.  P.  van  Weselen- Schölten  de  philosophiae  Cic.  loco  qui  est  de  di- 
vina  nat.,  Amsterd.  1783.  4.  (Franke,)  über  den  philosophischen  Charakter 
von  Cicero's  Büchern  von  d.  N.  d.  G.,  Altona  und  Leipzig  1799.  Kinder- 
vater, philosophische  Abhandl.  über  Cic.  v.  d.  N.  d.  G.,  Leipz.  1790.  A.B. 
Krische,  Forschungen  auf  dem  Geb.  der  alten  Phil.  I.  S.  34  ff.  E.  Müller, 
Cic.  libris  de  N.  D.  non  extremam  manum  accessisse,  Bromberg  1839.  4. 
Schnitze,  spec.  codd.  Lagomars,  de  n.  d.,  Liegnitz  1847.  4. 


Cicero's  philoBopbisclie  Schriften.  289 

3.  Ausgaben  von  J.  Davis  (Cambr.  1718.  1723.  1733.  1744.  Oxf.  1807, 
beiRathT.  VI.),  Kindervater  (Lipa.  1796),  Wideburg  (Heimst.  1811),  Hein- 
dorf (Lips.  1815),  G.  H.  Moser  und  F.-Creuzer  (Lips.  1818;  kleine  Ausgabe 
Yon  Moser,  Lips.  1821),  C.  6.  Schütz  (Halae  1820),  Ast  (Monac.  1829),  H. 
Alanus  (Lond.  1836),  G.  F.  Schömann  (Weidmännische  Sammlung  1850  ff. 
3  Aai),  Orelli-Baiter  IV.  p.  369—480  ed.  U.  Kritische  Beiträge  von  Schö- 
mann (Opusc.  III.  p.  274—279.  ^80—383),  Heidtmann  (zur  Kritik  und  In- 
terpretation von  Cic.  N.  D.,  Neustettin  1858.  4.),  I.  Becker  (comm.  critt., 
Büdingen  1865.  4.),  R.  Klotz  (adn.  critt.  P.  I  — III.    Lips.  1867.  1868.  4.). 

4.  üebersetzt  von  J.  F.  v.  Meyer  (Frankf.  1832),  G.  H.  Moser  (in  der 
Metder'schen  Sammlung,  röm.  Pros.  43  f.  und  Class.  d.  Alt.  1855),  B.  Küh- 
ner (Stuttg.,  Hoffmann,  Nr.  137.  142). 

5.  Ein  missglückter  Täuschungsversuch  ibt :  Cic.  de  N.  D.  liber  quartus 
etc.  ed.  P.  Seraphinus  (d.  h.  der  nachmalige  Superintendent  H.  H.  Cludius 
in  Hildesheim,  gest.  1835;  nach  Andern  Ph.  Marheineke),  Bonn  1811. 

II)  Cato  maior  oder  de  seuectute^  an  Atticus  gerichtet, 
Anfangs  710  verfasst.  Das  Gespräch  wird  ins  J.  604  gesetzt, 
ist  aber  vieknehr  ein  zusammenhängender  Vortrag  zum  Lobe 
in  Alters,  für  welchen  Piaton,  Xenophon,  Hippokrates,  der 
Soiker  Ariston  u.  A.  den  Stoflf  lieferten;  daneben  hat  Cicero 
auch  auf  die  Zeichnung  von  Cato's  Charakter  Sorgfalt  verwendet. 

1.  Cic.  de  div.  H,  1,  3:  interiectus  est  etiam  nuper  liber  is  quem  ad 
nostrum  Atticum  de  senectute  misimus.  ad  Att.  XIV,  21,  3:  legendus 
^  saepius  est  Cato  maior  ad  te  missus.  amariorem  euim  me  senectua 
^t.  XVI,  3,  1 :  idem  avvtayfia  misi  ad  te  retractaüus,  et  quidem  aQx^' 
Tvvoy  ipsum  crebris  locis  inculcatum  et  refectum. 

2.  W.  Richter,  de  laudandis  et  vituperandis  in  Cic.  de  sen.,  Guben 
1803.  P.  J.  van  der  Ton,  C.  m.  explicatur  et  e  graecis  potbs.  fontibus  il- 
lostr.,  Löwen  1821.  206  pp.  4.  und:  comm.  ad  quaest.  de  Cic.  Cat.,  Löwen 
1822.  4.  Nassau,  adnotatt.  in  libr.  Cic.  de  sen.,  Groningen  1829.  Dru- 
mann  VL  S.  350  f. 

3.  Th.  Mommsen,  über  eine  Leydner  Handschr  von  Cic.  C.  m.,  Mo- 
natsber.  der  BerL  Ak.  1863,  S.  10—21.  J.  G.  Sauppe,  ein  Rheinauer  cod. 
des  C.  m.,  Philologus  XXI.  S.  535-539.  675—679.  G.  Lahmeyer,  zur  Wür- 
digung der  Leydner  und  der  zweiten  Rheinauer  Hds.  von  Cic.  C.  m.,  Phi- 
lologus XXm.  S.  473—481,  vgl.  XXI.  S.  284—307.  Rüdiger,  zur  Hand- 
schriftenkunde des  Cic.  de  sen.,  Berl.  Zeitschr.  f.  Gymn.  1864,  S.  798  f. 
J.  Mähly,  zu  Cic.  C.  m..  Neues  Schweiz.  Mus.  VI  (1866).  S.  243—250. 

4.  Ausgaben  von  J.  F.  Wetzel  (Liegnitz  1792.  1808  mit  Lael.),  J.  A. 

Götz  (mit  Sonm.,  Nümb.  1801),  A.  G.  Gemhard  (mit  Parad.,  Lips.  1819), 

P.  A.  Rcynders  (mit  Lael.,  Groningen  1825),  F.  W.  Otto  (Lips.  1830),  R. 

Klotz  (Xeipz.  1831),  J.  B.  Hutter  (München  1832),  J.  J.  de  Gelder  (Lugd. 

Bat  1832),  J.  N.  Madvig  (Kopenh.  1835),  G.  Tischer  (Halle  1847),  J.  Som- 

merbrodt  (Weidmännische  Sammlung  1851  fP.,  fünf  Auflagen),   C.  Nauck 

(Berlin  1855),  G.  Lahmeyer  (Leipz.,  Teubner,  2  Aufl ),  G.  Long  (New-York 

1861);  Orelli  IV.  p.  584-611  ed.  IL 

Teoffel,  Rüm.  Liteninrgvschichtc.  ^Q 


290  Ciceronische  Zeit.  Erste  Hälfte,  671 — 691. 

5.  Griechische  üebersetzmig  von  Th.  Gaza  (bei  Hess  p.  3  ff.);  deutsche 
von  Pahl  (in  den  Metzler'schen  Sammlungen),  K.  G.  Bauer  (Leipz.  1841), 
F.  Jacobs  (in  Klotzes  Uebers.  von  Cicero's  philosoph.  Schriften,  ThL  H), 
in  der  Engelmann'schen  Sammlung,  Leipzig  1860. 

12)  De  divinatione,  zwei  Bücher,  zur  Vervollständigung 
der  Schrift  über  das  Wesen  der  Gottheit,  die  Selbstoffenbarung 
der  Gottheit  und  deren  Erfassung  durch  den  Menschen  behan- 
delnd; im  J.  710,  nach  dem  Gato  maior  und  nach  Caesars  Er- 
mordung herausgegeben,  eingekleidet  in  eine  Unterredung  auf 
dem  Tusculanum  zwischen  Cicero  und  seinem  Bruder.  Das 
erste  Buch  gibt  die  betreffenden  Lehren  der  Stoiker  (aus  Chry- 
sippos  Ttsgl  xQTiöiLävy  tvsqI  [lavtLxrjg^  Diogenes,  Antipater),  das 
zweite  die  Grundsätze  der  Akademiker  über  den  Gegenstand 
(nach  Karneades,  unter  Benützung  des  Stoikers  Panaetius). 
Die  Volks vorstelluD gen  und  einschlägigen  politischen  Institute 
werden  möglichst  geschont,  doch  gibt  der  Augur  Cicero  auch 
so  noch  manchen  dankenswerthen  Aufschluss;  seine  eigene  skep- 
tische Betrachtimg  der  Sache  blickt  durch  die  oft  humoristische 
Behandlungsweise  sattsam  hindurch. 

1.  Definition  der  divinatio  I,  5,  9:  earum  rerum  quae  fortuitae  putan- 
tur  praedictio  atque  praesensio;  vgl.  Gell.  N.  A.  IV,  11,M. 

2.  Tennemann,  Geschichte  der  Philosophie  V.  S.  121  ff.  Drumann  VI. 
S.  352.    Höfig,  Cic.^s  Ansichten  von  der  Staatsreligion,  Erotoschin  1865.  4. 

3.  Ausgaben  von  Davis  (Cantabr.  1721.  1730.  1740;  ed.  Bath,  Halle 
1807),  J.  J.  Hottinger  (Lips.  1793),  G.  H.  Moser  (Frankf.  1828),  L.  Giese 
(Lips.  1829),  H.  Alanus  (Lond.  1839);  Orelli  IV.  p.  481-566  ed.  U.  üeber- 
setzt  von  G.  H.  Moser  (in  der  Metzler'schen  Sammlung,  Rom.  Pros.  16  f.), 
R.  Kühner  (Stuttgart,  Hoffmann,  1868). 

13)  De  f  atO;  Schlussstein  der  religionsphilosophischen  Ab- 
handlungen Cicero's  imd  gleichfalls  J.  710  geschrieben.  Das 
Schriftchen  bekämpft  die  Ansichten  der  Stoiker  über  die  ft- 
[laQfiBvri  vom  Standpunkte  der  Akademiker  aus,  ist  aber  lücken- 
haft auf  uns  gekommen.  Als  Quellen  werden  genannt  beson- 
ders Chrysippos,  auch  Poseidonios,  Klean thes,  Diodoros,  Kar- 
neades u.  A.  Als  Stoffsammlung  hat  die  Schrift  Werth,  doch 
verräth  die  Darstellung  Flüchtigkeit;  ein  festes  Ergebniss  wird 
nicht  erzielt. 

1.  Cic.  de  div.  U,  1,  3:  quibus  (de  n.  d.  und  de  divin.),  ut  est  in 
animo,  de  fato  si  adiunxerimus,  erit  abunde  satisfactum  toti  huic  quaestioni. 
de  fat.  1,  2:  Hirtius  noster,  cos.  designatus  .  .  post  interitum  Caesaris. 
Gell.  Vn  (VI),  2,  16.  Macrob.  Sat.  (H,  12  =)  lU,  16,  4.  Drumwm  VI. 
S.  363  f. 

2.  Ausgaben  (mit  de  divin.)  von  Davis,  Moser,  Alan;   besonders  von 


Cicero's  philosophische  Schriften,  291 

J.  H.  Bremi  (Lips.  1795).    Orelli  IV.  p.  567—583  ed.  IL  —  Uebersetzt  von 
Moser  (hinter  de  divin.). 

3.   Nuovi  frammenti  del  libro  di  Cicerone  de  fato  di  recente  scoperti 

in  pergamene  paHmpsestef   dal   Ch.   Cav.   L.    Grisost.   Ferrucci,  Modena 

1853.  4.    Diese  angebliche  Entdeckung  findet   sich  abgedruckt  (S.  469— 

472)  und  (von  F.  Ritschi)  nach  Verdienst  gezüchtigt  im  Rhein.  Mus.  IX. 

8.473-477.    XIII.  S.  163—173.    Vgl.  auch  F.  W.  Schneidewin,  Göttinger 

gel  Anz.  1853,  S.  1917  —  1926.      G.  Linker,    Zeitschrift  für  die  Ostreich. 

Gymn.  V.  (1854.)  S.  81—84.  423—425.    H.  Alanus,  in  fragmenta  libri  Cic. 

de  f.  quae  nuper  Modenae  edita  sunt  observationes,  Dublin  1854. 

14)  Laelius  oder  de  amicitia,  dem  Atticus  zugeeignet, 
nach  dem  Cato  maior  und  vor  dem  Werk  über  die  Pflichten, 
ebenfalls  noch  im  J.  710  geschrieben.  Der  Dialog  wird  ge- 
führt von  dem  jüngeren  Laelius  und  dessen  Schwiegersöhnen 
C.  Fannius  Strabo  und  Q.  Mucius  Scaevola  und  zu  dem  eben 
(J.  625  d.  St.)  erfolgten  Tode  des  Freundes  von  Laelius,  des 
jüngeren  Africanus,  in  Beziehung  gesetzt.  Benützt  ist  dabei 
vornehmlich  Theophrast's  Schrift  über  den  Gegenstand,  auch 
Qirysippos  und  die  Ethik  des  Aristoteles.  Die  logische  An- 
^  hat  Mängel,  sonst  ist  aber  die  Ausführung  lebendig  und 
praktisch. 

1.  Cic.  off.  II,  9,  31:  de  amicitia  alio  Hbro  dictum  est.  Gell.  XVII, 
&)  1:  Cicero  in  dialogo  cui  titulus  est  Laelius  vel  de  amicitia.  ib.  I,  3,  10: 
eam  librum  (des  llieophrast  wsqI  (piUag)  M.  Cicero  videtur  legisse  cum 
ipse  qnoque  librum  de  amicitia  componeret. 

2.  Oemhard,  quaedam  ad  recognoscenda  ea  quae  Cic.  in  Lael.  disp. 
perünentia,  Weimar  1823.  4.  (Opusc.  p.  323  ff.).  Vogel,  collatio  trium 
codd.  mss.  Cic.  de  am.  Monacensium,  Zweibrücken  1839.  4.  0.  F.  Kleine, 
Adnott.  in  Cic.  Cat.  mai.  et  Laelium,  Wetzlar  18ö5.  10  pp.  4.  C.  E. 
l*atBche,  über  einige  Stellen  u.  s.  w.  Philologus  XII.  S.  293—301.  Th. 
Mommsen,  de  Laelii  Cic.  codice  Didotiano  (saec.  IX— X),  Rhein.  Mus.  XVIII. 
p.  694— 601. 

3.  Ausgaben  von  Wetzel  (mit  Cato,  s.'S.  289),  J.  G.  Lenz  (Hildburgh. 

1778),    A.  ö.  Gemhard  (Lips.   1825),    C.  Beier  (Lips.  1828),    J.  B.  Hutter 

(Angab.  1833),   B.  Klotz  (Lips.  1833),  M.  Seyffert  (Brandenb.  1844  f.  2  Ab- 

theü.),  C.  W.  Nauck  (Weidmännische  Sanmilung  1852  ff.,  Aufl.  5.  1867),  G. 

Lahmeyer  (Leipzig,  Teubner  1861);  OreUi  IV.  p.  612—640  ed.  II. 

4.  Uebersetzungen  von  Pahl  (in  den  Metzler'schen  Sammlungen),  A.  A. 
Schreiber  und  G.  F.  W.  Grosse  (Halle  1827),  F.  K.  v.  Strombeck  (Braun- 
schweig  1827,  mit  den  übrigen  sogen,  kleinen  Schriften),  in  der  Engel- 
mann^schen  Sammlung  (Leipz.  1854).  Griech.  Uebers.  von  Dionysius  Pe- 
tavius  bei  Hess  (Halle  1833)  p.  99  ff. 

15)  De  gloria,  zwei  Bücher,  Ende  Juli  des  J.  710  fertig 
gemacht. 

19* 


^2  Ciceronisehe  Zeit.  Erste  HBifte,  671—691. 

1.  Cic.  de  o£E.  n,  9,  31:  nunc  dilDamus  de  gloria,  qnamquam  ea  quoqne 
de  re  duo  sunt  nostri  libri.  Vgl.  ad  Att.  XV,  27,  2.  XVI,  2,  6.  6,  4.  Gell 
XV,  6,  1.  Drumann  VI.  S.  355  f.  Fr.  Schneider,  Meletemata  in  Cic.  de 
gl.  libroß,  Ztachr.  f.  d.  Alt.-Wiss.  1839,  Nr.  28  f. 

2.  Noch  Petrarca  las  die  Schrift  (Epist.  XV,  1),  und  Gelehrte  des 
fünfzehnten  Jahrhunderts  (wie  Franc.  Philelphus  und  P.  Alcjonius)  wurden 
beschuldigt  dieselbe  für  eigene  Schriften  benützt  und  dann  verbrannt  zu 
haben,  s.  Hand  bei  Ersch  u.  Gruber  I,  17.  S.  238.  Die  Bruchstücke  s.  bei 
Orelli  IV,  2.  p.  487  f.  ==  IV.  p.  988  f.  ed.  IL 

16)  De  officiis,  in  drei  Büchern,  von  Cicero  an  seinen 
Sohn  gerichtet.  Auch  diese  Schrift  ist  in  der  unfreiwilligen 
Müsse  verfasst  welche  M.  Antonius  dem  Cicero  nach  Caesars  Tod 
im  J.  710  yerschaffbe  und,  wie  die  andern  aus  dieser  Zeit,  sehr 
rasch  auf  das  Papier  geworfen.  Als  Hauptquelle  dienten  dabei 
die  Stoiker,  besonders  Panaitios  in  den  zwei  ersten  Büchern, 
im  dritten  Poseidonios,  ausserdem  Diogenes  aus  Babylon,  Anti- 
pater  aus  Tyrus,  Hekaton,  ferner  Piaton  und  Aristoteles.  Ge- 
würzt und  belebt  hat  Cicero  seine  Darstellung  durch  zahlreiche 
Beispiele  aus  der  römischen  Geschichte,  aber  auch  dadurch  Un- 
gleichheit in  die  Behandlung  gebracht.  Der  sittliche  Stand- 
punkt ist  der  eines  praktischen  PoUtikers  und  erhebt  sich  schon 
darum  wenig  über  die  conventionellen  römischen  Begriffe. 

1.  Oft.  I,  2,  6:  sequimur  .  .  potissimum  Stoicos,  non  ut  interpretes, 
sed,  ut  BolemuB,  e  fontibus  eorum  iudicio  arbitrioque  nostro  quantum  quo- 
que  modo  videbitur  hauriemus.  Vgl.  II,  24,  86.  III,  2,  7.  12,  61  f.  15,  63. 
28,  89.  91.  ad  Att.  XV,  13,  6:  nos  hie  (piXocotpoviitv  (quid  enim  aliud?) 
et  Tff  nsgl  tov  'iia9'i]%ovtog  magnifice  explicamus  nffogfpaivoviispque  Ci- 
ceroni.  XVI,  11,  4:  tcc  tcsqI  tov  %ad'i]tLovTog,  quatenus  Panaetius,  absolvi 
duobuB.  illius  tres  sunt.  .  .  eum  locum  Posidonius  persecutus.  ego  au- 
tem  et  eius  librum  arcesaivi  et  ad  Athenodorum  Calvum  scripsi  ut  ad  me 
td  Hstpalaia  mitteret.    Qell.  XIII,  28  (27),  1. 

2.  Garve,  philosophische  Anmerk.  und  Abhandl.  (6.  Aufl.,  Breslau 
1819).  Bardili,  .Briefe  über  Cicero's  Bücher  von  den  Pflichten,  in  Hauff^s 
Philologie  I,  2.  8.  1—39.  3.  S.  41—64.  U,  1.  S.  26—66.  R.  Q.  Rath,  Cic. 
de  off.  in  brevi  conspectu,  Halle  1803.  Fr.  Binkes,  de  analysi  et  consti- 
tutione doctrinae  in  etc.,  Lugd.  Bat.  1819.  Lilie,  de  stoicorum  philosophia 
morali,  ad  Cic.  librr.  de  off.,  Alt.  1800.  Thorbecke,  prindpium  phüoso« 
phiae  mor.  e  Cic.  opp.  phil.  exp.,  Lugd.  Bat.  1817.  J.  F  Sachse,  de  libror, 
Cic.  etc.  indole  atque  proposito,  QuedUnb.  1826.  4.  R.  Kühner,  Cic.  m( 
p.  108  ff.  Drumann  VI.  S.  367—369.  Grysar,  Prolegg.  ad  Cic.  libr.  de  ol 
Köln  1844.  4.  Dahlbäck,  de  Off.  Cic.  comm.,  Upsala  1860.  A.  De^jar« 
les  Devoirs,  essai  sur  la  morale  de  Clodron,  Paris  1866. 

3.  Kritische  Beiträge  von  J.  Heller  (Philologus  XH.  p.  302—316), 
Sauppe  (Coniect.  Tüll.,  Gott.  1867.  4.),  G.  F.  ünger  (Phüologus  Suppl.  IILJ 
3—106),  W.  Maler  (nounulli  loci  ex . .  tractantur,  s.  L  et  a.   Carlsr.  18( 


Cicero's  philosophieche  Schriften.  293 

4.   Ausgaben  von  J.  6.  Graevius  (Amsierd.  1688.   1710.    Neapel  1771. 
Graevii  scholia  in  Cic.  ofP.  prim.  ed.  Böther,  Wittenberg  1824),  J.  Faccio- 
lafci  (Padua  17-20.    Yened.  1747,   wie  Graevius  mit  den  kleinen  Schriften), 
J.  F.  Heuainger  (Braunschw.  1783;   repet.  suisq.  animadvss.  auxit  C.  Th. 
Zumpt,  Braunschw.  1838),  J.  F.  Degen  (Berl.  1800.    1820.    1825;   4.  Ausg., 
imgearb.  von  E.  Bonneil,  Berl.  1848),  A.  G.  Gernhard  (Lips.  1811),  C.  Beier 
(Lips.  1820  f.  2  Bde.  nebst  Indd.,  Lips.  1831),  G.  Olshausen  (Schlesw.  1823), 
ß.  Stürenburg  (Lips.  1834.  1843),   C.  G   Zumpt  (kleinere  Ausgabe,  Braun- 
schweig 1837.  1849),  0.  Bredberg  (Kopenh.  1839),  C.  Wordsworth  (London 
mi),  H.  Alanos  (Dublin  1841),  G.  F.  W.  Lund  (Kopenh.  1849),  G.  F.  Un- 
ger  (Leipzig  1852\   J.  v.  Gruber  (Leipzig,  Teubner  1856.  1866),   0.  Heine 
(Berlin,  Weidmann,  1857  fF.  3  Aufl.);  Orelli  IV.  p.  641—742  ed.  II. 

6.  Uebersetzungen  von  J.  J.  Hottinger  (Zürich  1820),  G.  G.  üebelen 
(Stuttg.,  Metzler  1834,  Rom.  Pros.  88  92;  umgearbeitet  von  F.Baur,  1856, 
CL  d.  Alt.),  R.  Kühner  (Stuttg.,  Hofiftnann,  1859). 

17)  De  virtutibus,  wegen  der  Verwandtschaft  des  Inhal- 
te wohl  kurz  vor  oder  nach  der  Schrift  über  die  Pflichten,  also 
^eichfalls  im  J.  710,  verfasst. 

ffieron.  in  Zach.  1,  2.  Augustin.  de  trin.  XIV,  11.  Charis.  II.  p.  186 
P.  =  p.  208,  '15  f.  K,  Orelli  IV,  2.  p.  492  =  IV.  p.  992  f.  ed.  IL  Dru- 
maim  VL  S.  359. 

Nicht  genau  zu  datieren  sind  folgende  Schriften  philoso- 
phischen Inhalts  von  welchen  nur  Bruchstücke  auf  uns  gekom- 
mensind: 

18)  Uebersetzung  von  Xenophon's  Oeconomicus,  in  einem 
Alter  von  ungefähr  zwanzig  Jahren  verfasst,  in  drei  Büchern. 

Vgl  Cic.  de  off.  U,  24,  87.  de  sen.  17,  59.  Plin.  N.  H.  XVIII,  25,  60. 
GelL  N.  A.  XV,  5,  8.  Macrob.  Sat.  (II,  16  =)  III,  20,  5.  Serv.  zu  Georg. 
I,  43.  Hieron.  apoL  adv.  Ruf.  II.  p.  227  Bas.  Die  Bruchstücke  bei  Orelli 
lY,  2.  p.  472—477  =  IV.  p.  974—979  ed.  IL 

19)  Uebersetzung  von  Pia  ton 's  Protagoras,  wohl  gleich- 
falls eine  Jugendarbeit. 

Van  Heusde,   Cic.  (pilonXdcroov  p.  92  ff.    Drumann  VI.   S.  354,  A.  74. 
OrelU  L  L  p.  477  =  IV.  p.  979. 

20)  De  auguriisy   aus  unbekannter  Zeit,  jedenfalls  nach 

dem  J.  703,  wo  Cicero  Augur  wurde,  verfasst. 

Nach  Drumann  VI.  S.  352  f.  im  J.  710  nach  der  Schrift  de  divin.  ver- 
fasst Die  Ueberreste  bei  Orelli  IV.  p.  980  ed.  II.  Charis.  p.  98.  112  P. 
»B  122,  22.  139,  11  K.  de  augurüs,  vgl.  aug^nrales  libri  bei  Serv.  Aen. 
V,  738. 

174.    Auf  dem  Gebiete  der  Rechtsgelehrsamkeit,   wie 
auf  dem  der  Philosophie,  war  Cicero  nur  Dilettant^  avciiu  auch 


294  CiceronisQhe  Zeit.  Erste  Hälfte,  671—691. 

ein  unterrichteter.  Er  war  zu  sehr  Redner  und  zu  wenig  ge- 
schaffen für  scharfe  Begriffsbestimmung  als  dass  er  hier  ein 
dankbares  Feld  seiner  Thätigkeit  hätte  finden  können.  Doch 
verfasste  er  eine  Schrift  de  iure  civili  in  artem  redigendo, 
vielleicht  ursprünglich  dazu  bestimmt  das  sechste  Buch  des 
Werkes  de  legibus  zu  bilden,  bei  dessen  NichtvoUendung  aber 
besonders  bearbeitet. 

1.  ad  Fam.  VIT,  30,  2  verwechselt  Cicero  in  der  Definition  von  pro- 
prius  Besitz  und  Eigenthum.  Ueber  Cicero  als  Rechtsgelehrten  s.  die 
Controversschriffcen  von  A.  Schulting  (Opuscc,  Franeker  1708  und  sonst), 
Bynkershoek  (Opuscc.  II.  p.  60),  J.  G.  Hornemann  (Lips.  1797.  4.),  femer 
J.  L.  E.  Püttmann  (Miscell.,  Lips.  1783.  p.  143  ff.),  F.  A.  van  der  Mark,  de 
meritis  Cic.  circa  ius  naturae,  Groningen  1797,  G.  Dedel,  Cic.  doctrina  de 
iure  etc.  in  den  Annal.  Acad.  Gron.  (Groningen  1824.  4.).  Bach,  hist.  iuris- 
prud.  rom.  p.  258  ff.  Zimmern,  Gesch.  d.  röm.  Privatr.  I,  1.  S.  288 — 290. 
u.  A.  Drumann  VI.  S.  644—650.  Platner,  de  partt.  Cic.  rhett.  quae  ad 
ius  spectant,  Marburg  1829.  4.  G.  de  Caqueraj,  Explication  des  passages 
de  droit  priv^  contenus  dans  les  oeuvres  de  Cicäron,  Bennes  1857.  XY  und 
601  pp.  8.    A.  Desjardins,  de  scientia  civili  apud  Cic,  Beauvais  1858. 

2.  Quintil.  XII,  3,  10:  componere  aliqua  de  iure  coeperat.  GeU.  I,  22, 
7:  M.  Cicero  in  libro  qui  inscriptus  est  de  iure  civili  in  artem  redigendo. 
Vgl.  was  Cicero ,  de  or.  II ,  33 ,  142  ff.  unter  der  Maske  des  Crassus  (oben 
139,  3)  von  sich  sagt,  besonders:  est  nobis  pollicitus  ius  civile,  quod  nunc 
diffusum  et  dissipatum  esset,  in  certa  genera  coacturum  et  ad  artem  fa- 
cilem  redacturum.  H.  E.  Dirksen  in  den  Abhandl.  der  Berl.  Akad.  (histor.- 
philol.  Classe)  von  1842  (Berlin  1844).  S.  177  ff.  Drumann  VI.  S.  107  f. 
Orelli  IV.  p.  979  f.  ed.  IL 

175*  Auch  als  Geschichtschreiber  war  Cicero  thätig^ 
und  de  legg.  I,  2  f.  (vgl.  de  or.  11,  12 — 15)  gibt  er  eine  scharfe 
Charakteristik  der  ganzen  bisherigen  Geschichtschreibung  und 
die  Andeutung  dass  er  der  Mann  v^äre  auch  auf  diesem  Gebiete 
epochemachend  aufzutreten.  Ein  ungewöhnliches  Mass  geschicht- 
licher Kenntnisse  besass  Cicero  allerdings,  und  seine  Reden  wie 
philosophischen  und  rhetorischen  Schriften  (insbesondere  der 
Brutus)  sind  Zeugen  davon;  indessen  stand  ihm  auch  hier  wieder 
seine  rednerische  Natur  und  seine  Unfähigkeit  von  der  eigenen 
Person  abzusehen  Itindernd  im  Wege,  und  manche  gelegentliche 
Aeussenmgen  zeigen  wie  wenig  streng  er  über  die  Aufgabe  des 
Geschichtschreibers  dachte.  Es  ist  wohl  glaublich  dass  er  bei 
längerem  Leben  diesem  Gebiete  sich  zugewandt  hätte;  wirklich 
verfasst  hat  er  aber  nur  Schriften  über  sein  Consulat,  eine 
(vielleicht  nie  vollendete)  Geheimgeschichte,  und  Admiranda, 
was  aber  alles  für  uns  verloren  ist. 


Cicero  als  Jarist  und  Geschichtschreiber.  295 

1.  Plut.  Cic.  41 :  diavooviABvog,  mg  Hystat^  xjjv  ndtgiov  tatogiav  YQcctp^ 
%if^Xaßstv  aal  noXXa  ovfifii^aL  täv  ill7iVi%oiv  nal  oXovg  tovg  BlQrjfiivovg 
Xoyovg  avxmv  %al  (ivd'ovg  ivxccvd'a  yQUifjoa  etc.  Comel.  Nep.  fragm.  Guelf.: 
ille  (Cic.)  fiiit  unus  qui  potuerit  et  etiam  debuerit  historiam  digna  voce 
pronontiare,  quippe  qui  oratoriam  eloquentiam  rudern  a  maioribus  acce- 
ptam  perpoliverit,  philosophiam  ante  eum  iucomptam  latinam  sua  confor- 
marit  oratione. 

2.  Zwar  weiss  Cicero  wohl  primam  esse  historiae  legem  ne  quid  falsi 
dicere  audeat  (de  or.  U,  15,  62  vgl.  ib.  62—64),  aber  in  praxi  handelt  er 
anders.  So  mutet  er  dem  Luccejus  zu  (ad  Fam.  Y,  12,  3):  amori  nostro 
phisculum  etiam  quam  concedit  veritas  largiare;  und  orat.  11,  37.  20,  66 
(ygL  36,  124)  rechnet  er  die  historiae  zum  yivog  intdsi%ti%6v  der  Beredt- 
samkeit,  wie  wenn  er  keine  andere  Art  der  Geschichtschreibung  kennen 
würde  als  die  der  isokratiflchen  Schule.    Anderes  s.  oben  31,  5. 

3.  Dramann  VI.  S.  677—680.    J.  G.  Linsen  und  S.  G.  Bergh,  de  Cic. 
bistorico,  Abo  1826.   4.    F.  Buchholtz,  über  Cicero's  Ansicht  von  der  Ge- 
schichte, Eimomia  (1802.  August)  S.  390-- 403.    Schwegler,  röm.  Gesch.  I. 
S.  93—96.    F.  D.  Gerlach,  die  röm.  Geschichtschreiber  S.  96  f. 

4.  Commentarius  consulatus  sui  graece  compositus  (ad  Att.  I,  19, 
10.  U,  1  in.),  im  J.  694  ausgearbeitet  (ad  Att.  1.  1.),  zu  welcher  Zeit  sich 
Cicero  auch  mit  einer  lateinischen  Schrift  über  denselben  Gegenstand  be- 
schäftigte (ad  Att.  I,  19,  10).    Vgl  Plut.  Caes.  8.    Cass.  Dio  XL  VI,  21. 

b.*AvB%doTat  schon  im  J.  695  begonnen  (ad  Att.  11,  6,  2),  nach  Cae- 
san  Tode  auf  Atticus'  Betreiben  wieder  aufgenommen  (ad  Att.  XIV,  14, 
5.  17,  6.  XV,  2,  2.  4,  3.  13,  3.  27,  2.  XVI,  2,  6)  und  nach  seinem  Tode 
herausgegeben.  Denn  nach  Dio  XXXIX,  10  (vgL  XL  VI,  8)  ist  dieses  ßi- 
ßllov  inoQQTixov  identisch  mit  dem  tiui'  iavtov  ßovXBviiccttov  dnoXoyiöfiog 
oder  der  ratio  (Charis.  I.  p.  146,  31  f.  K.)  oder  expositio  consilioriim  suo- 
nim  (Ascon.  in  or.  in  tog.  cand.  p.  83  Or.  Augustin.  contra  lulian.  Fe- 
lag.  V,  5.  Orelli  IV,  2.  p.  491  ==  IV.  p.  992  ed.  II.).  Vgl.  Drumann  VL 
S.  360f. 

6.  Admiranda  (Plin.  N.H.  XXXI,  8,  2.  28,  1),  aus  unbekannter  Zeit. 
Die  üeberreste  bei  Orelli  IV,  2.  p.  493  f.  =  IV.  p.  994  ed.  11. 

7.  Prisdan  VI,  16,  83.  p.  267,  6  Htz.:  Cicero  in  Chorographia,  mit 
den  Varianten  ortogr.,  hortogr.,  cosmogr.,  chosmogr.,  chronogr.  imd  cro- 
nogr.  Wirklich  hatte  sich  Cic.  im  J.  695  auf  Atticus*  Veranlassung  mit 
geographischen  Studien  beschäftigt;  s.  ad  Att.  II,  4,  1.  3.  ep.  6.  7.  9  f. 
12,  3.  14,  2. 

8.  Ausserdem  andere  apokryphe  Schriften,  wie  de  notis  (Orelli  IV.  p. 
993),  Synonyma,  eine  für  den  dceronischen  Sprachgebrauch  nicht  unwich- 
tige Schrift  eines  unbekannten  alten  Grammatikers  (OreUi  IV.  p.  1063  f. 
W.  L.  Mahne,  Cic.  quae  vulgo  feruntur  Synonyma  ad  L.  Veturium  secun- 
dom  editiones  Bomanas  denuo  excudi  curarit,  Lugd.  Bat.  1851.  8.  und: 
secundum  editionem  Parisinam  denuo  exe.  cur.,  ib.  1851.  8.)  u.  A.  Eine 
Si^ramlnng  vou  Cicero's  Witzcu  (liber  iocularis)  erwähnt  Quintil.  VI,  3,  5. 
Vm,  6,  73.    VgL  Klotz,  Fragm.  p.  295  ff.    C.  Halm,  Beiträge  S.  39. 


296  Ciceronische  Zeit.  Erste  H&lfte,  671—691. 

176.  Innerhalb  der  Poesie  hat  es  Cicero  über  die  Versifi- 
cation  nicht  hinausgebracht  ^  die  ihm  yermoge  seiner  ganzen 
Leichtigkeit  in  der  Form  fast  von  selbst  kam  und  die  er  auch 
Anfangs  nur  als  Stilübung  betrieb.  Später  aber  veranlasste  ihn 
sein  brennendes  Verlangen  nach  Lob  sich  selbst  und  seine  Er- 
lebnisse zum  Gegenstande  von  Epen  zu  machen^  nicht  zum  Vor- 
theile  für  seinen  Ruf. 

1.  Ueber  Cicero  als  Dichter  vgl.  Sen.  Exe.  Controv.  III.  praef.  8.  Ben. 
de  ira  III,  87,  5.  Tac.  dial.  21.  Jnvenal.  X,  124  f.  Martial.  II,  89,  3  f. 
Flut.  Cic.  40.  Schol.  Bob.  p.  306  Or.  Drumann  VI.  S.  681—684.  J.  P. 
Jugler,  de  poesi  Cic,  Lips.  1744.  4.  J.  Badeu,  de  poetica  facultate  Cic, 
Kopeuh.  1789  und  in  dessen  Opuscc  (Kopenhagen  1793)  p.  421  ff.  F.  M. 
Frantzen,  de  Cic.  poeta,  Abo  1800.  Tan  Heusde,  Cic  (ptXonldTav  (Utrecht 
1836)  p.  25  ff.  34  ff.  V.  Faguet,  de  poetica  Ciceronis  facultate,  Poitiers 
1867. 

2.  Jugendversuche.  Flut.  Cic.  2:  sq^vti  niog  ngoQ'vyLoxBqov  inl  nouq- 
Tixifv,  %ai  Ti  noirificcttov  ixi  naidog  avtov  diaad^STai,  UovTtos  riawog, 
iv  tstgaiiirgm  nsnoirjfiivov,  Juh  Capitol.  Gordian.  3,  2:  adolescens  cum 
esset  Gordianus  .  .  poemata  scripsit  .  .  et  quidem  cuncta  illa  quae  Cicero, 
i.  e.  Marium  (so  Feter  statt  et  de  merio  oder  ex  de  merio)  et  Aratum  et 
Halcyonas  (daraus  wohl  die  zwei  Hexameter  bei  Non.  p.  65,  v.  praevius)  et 
Uxorium  etNüum(CasaubonuB:  Limona,  s.A.  3).  quae  quidem  ad  hoc  scripsit 
ut  Ciceronis  poemata  nimis  anüqua  Tiderentur.  —  Sery.  zu  Yerg.  Ecl.  I, 
58:  Cicero  in  elegeia  quae  TaleaMasta  (Talemasta,  taliamastas,  talia  ma- 
stas,  thalamasta)  inscribitur:  (folgt  ein  Hexameter).  R.  Unger,  SubsidTO- 
rum  capita  tria  (Friedland  1864.  4.),  c  1  (de  Ciceronis  quibusdam  carmi- 
nibus)  will  hier  Cinna  statt  Cicero,  und  Halimastys  statt  Tamelastis  lesen. 
Urlichs,  Eos  I  (1864).  S.  151  schlägt  vor:  in  elegia  quae  Italia  maesta  in- 
scribitur, was  er  dann  mit  dem  Epos  de  suis  temporibus  identificiert.  — 
Ueber  das  Epos  Marius,  aus  dem  J.  667,  vgl  ad  Att.  XH,  49,  1.  de  leg. 
I,  1,  1  f.  Drumann  V.  S.  221.  Orelli  IV,  2.  p.  667  =  IV.  p.  1048.  — 
Ueber  Cicero's  metrische  Uebersetzung  von  Aratus*  ^aiv6(isva  und  zi^otfi^- 
fisia,  wovon  noch  namhafte  Stücke  erhalten  sind,  s.  Orelli  IV,  2.  p.  516 — 
566  =s  IV.  p.  1014—1033  ed.  ü.  G.  Schulz,  quaestiones  criticae  ad  Cic. 
Aratea,  Neuruppin  1868.  4.  Auch  Abschnitte  aus  Homer  übersetzte  Cic. 
metrisch;  s.  de  fin.  V,  18,  49.    Orelli  p.  514  f.  »  ioi2  f. 

3.  Femer  führt  Suet.  Terent.  5.  aus  Cicero  in  Limone  {Abiikov,  Fra- 
tum)  vier  Hexameter  über  Terenz  an  (vgl.  Eitschl  in  Reifferscheid^s  Sueton 
p.  524);  Epigramme  Flin.  Epp.  VH,  4,  3  und  Quintü.  VIÜ,  6,  73. 

4.  Quintil.  XI,  1,  24:  in  carminibus  utinam  peperdfiset  (das  Selbstlob 
sparsamer  angebracht),  quae  non  desierunt  carpere  malignL  Dahin  ge- 
hören aus  dem  J.  694  die  drei  Bücher  de  suo  consulatu  im  epischen  Verv- 
mass  S.  ad  Att.  II,  3,  3.  vgl.  I,  19,  10.  de  div.  I,  11  ff.  Orelli  IV,  2. 
p.  568—570  =  IV.  p.  1048—1051.  Drumann  V.  S.  601  f.  J.  Mähly,  Fhi- 
lologus  XXV.  S.  544—551.  Femer  das  (ums  J.  699)  verfasste  Epos  über 
seine  Leidenszeit  (de  temporibus  meis),  gleichfalls  in  drei  Büchern.  Vgl. 
ad  Fam.  I,  9,  23.    ad  Qu.  fr.  IH,  1,  24.   II,  15,  2.  16,  5.    Att.  IV,  8»-,  3. 


Cicero  als  Dichter.  Q.  Cicero.  297 

IXnmiann  VI.  S.  20  f.  Orelli  IV.  p.  1061  f.  —  Endlich  verfasste  Cicero 
aach,  im  J.  700  d.  St.,  ein  Lobgedicht  auf  Cäsar;  ad  Qu.  fr.  III,  1,  11 
(poSma  ad  Caesarem).  Vgl.  4,  4.  8,  3-  9,  6  {inog  ad  Caesarem].  II,  15,  2, 
Ob  es  jemals  zu  Ende  gefuhrt  wurde  ist  freilich  mehr  ab  zweifelhaft.  Vgl. 
Dramann  HI.  S.  322. 

6.  Eine  I^chung  ist  das  Lehrgedicht  Orpheus,  oder  de  adolescente 
fltadioso,  angeblich  von  Cicero  fflr  seinen  in  Athen  studierenden  Sohn  ver- 
fertigt;  s.  A,  Weichert,  de  L.  Var.  etc.  p.  297. 

6.  Sammlung  der  dceronischen  Fragmente  von  Andr.  Patricius  (fragm. 
ed.  illustr.,  Venet.  1665.  4.),  Orelli,  Nobbe-Klotz;  F.  Schneider,  de  Cic. 
fragm.,  Tremesno  1844.  4.  C.  Halm,  Beiträge  zur  Berichtigung  und  Er- 
gänzung der  dceron.  Fragmente,  München  1862.  8.  (aus  den  Sitzungsbe- 
richten der  Münchner  Akademie). 

177.  Cicero's  jüngerer  Bruder,  Quintus  (J.  652 — 711),  zeigte 
lebhaftes  literarisches  Interesse,  besonders  für  Geschichtschrei- 
bong  und  Poesie,  und  scheint  seines  Bruders  Leichtigkeit  der 
Production  getheilt  zu  haben.  Er  verfasste  ein  annalistisches 
Werk  sowie  eine  Anzahl  Tragödien,  wie  es  scheint  Uebersetzun- 
gen  griechischer  Originale.  Wir  haben  von  ihm  noch  das  Send- 
schreiben de  petitione  consulatus  und  einige  Briefe. 

1.  Auf  J.  652  als  Geburtsjahr  des  Q.  Cicero  ist  aus  seiner  Amtslauf- 
bahn  zu  schliesseB.  Aedil  war  er  689,  Prätor  692,  verwaltete  693  696 
Asien,  war  Legat  des  Pompejus  in  Sardinien  698,  des  Caesar  in  Oallien 
und  Britannien  700 — 702,  seines  Bruders  in  Kilikien  703,  und  wurde  mit 
Letzterem  proscribiert  und  sammt  seinem  Sohne  getödtet  J.  7tt;  s.  Dru- 
mann,  Gesch.  Roms  VI.  S.  719—761.  C.  H.  Blase,  de  Q.  Tullii  Cic.  vita, 
Cöln  1847.  4.    A.  Haakh  in  Pauly's  Real-Enc.  VI,  2.  S.  2234—2240. 

2.  Schol.  Bob.  zu  Cic.  p.  Arch.  2.  p.  354  Or.:  fuit  enim  Q.  Tullius  non 
solnm  epid  verum  etiam  tragid  carminis  scriptor.  Cic.  ad  Att.  II,  16,  4 
(J.  695):  Q.  frater  .  .  me  rogat  ut  Annales  suos  (in  gebundener  Form?) 
emendem  et  edam.  ad  Q.  fr.  II,  13,  4  (J.  700):  Callisthenem  et  Phüistum 
.  .  in  quibus  te  video  volutatum.  .  .  sed  quod  adscribis:  aggrederisne  ad 
hidtoriam?  me  auctore  potes.  16,  4  (J.  700):  o  iucundas  mihi  tuas  de 
Britannia  litteras!  .  .  te  vero  vnod'eaiv  scribendi  egregiam  habere  video. 
qaos  tu  Situs,  quas  naturas  rerum  et  locorum,  quos  mores,  quas  gentes, 
qoas  pugnas,  quem  vero  ipsum  imperatorem  habesi  (Also  sollte  es  ein 
Epos  werden.)  ego  te  libenter  .  .  adiuvabo  et  tibi  versus  quos  rogas  .  . 
mittam.  III,  4,  4  (J.  700):  sine  ulla  mehercule  elgavsC^  loquor,  tibi  istius 
generis  in  scribendo  priores  partes  tribuo  quam  mihi.  lU,  5  u.  6,  7  (J. 
700):  quattuor  tragoedias  XVI  diebus  absolvisse  cum  scribas  tu  quidquam 
ab  alio  mntnaris?  et  nXiov  (?  set  ndd^og  Usener,  Rhein.  Mus.  XXII.  S.  460) 
quaeris  cum  Electram  et  Trodam  (Troadem?  Troilum?)  scripseris?  .  .  sed 
et  istas  et  Erigonam  mihi  velim  mittas.  ib.  1,  13:  in  ea  (epistola)  nihil 
erat  novi  praeter  Erigonam ,  quam  si  .  .  accepero  scribam  ad  te  quid  sen- 
tiam;  nee  dubito  quin  mihi  placitura  sit.  9,  6:  ne  acddat  quod  Erigonae 
toae,  cni  soli  Caesare  imperatore  iter  ex  Gallia  tutum  non  fuit.     Eine 


298  Ciceroniscbe  Zeit.  Erste  Hälfte,  671 — 691. 

'Hgiyovri  gab  es  z.  B.  von  Sophokles.  Cic.  de  fin.  Y,  1,  3:  tum  Quintus; 
.  .  Sophocles  .  .,  quem  scis  quam  admirer  quamque  eo  delecter.  ad  Q. 
fr.  II,  16,  3  (J.  700):  SwdsCnvovq  Zotpo%Xiovq,  quamquam  a  te  actam  fa- 
bellam  video  esse  festive,  nullo  modo  probavi.  ad  Farn.  XVl,  8,  2:  ego 
(Q.)  certe  singulos  eius  (des  Euripides)  versus  singula  altj^eiag  (?)  tesÜ- 
monia  puto. 

3.  Drei  Briefe  des  Q.  Cicero  an  Tiro,  ad  Farn.  XVI,  8  (J.  706).  26  f. 
(J.  710),  und  einer  (ib.  XYI,  16)  an  seinen  Bruder  Marens  (J.  700).  Sein 
Sendschreiben  an  Letzteren,  als  derselbe  sich  J.  690  um  den  Consulat  be- 
warb, voll  wohlgemeinter,  aber  selbstverständlicher  Bathschläge,  rhetorisch 
gehalten  und  im  Stile  seines  Bruders,  nur  seltener  periodologisch ,  findet 
sich  gewöhnlich  in  den  Ausgaben  der  Briefe  des  M.  Cicero  (z.  B.  von 
Orelli,  p.  359 — 370).  Ausgaben  desselben  von  Valerius  Palermus  (oben 
171,  3),  C.  G.  Schwarz  (cum  animadv.,  Altorf  1719,  Nürnberg  1791),  J.  Hoffa 
(cum  lect.  var.,  Lips.  1837).  J.  W.  T\jdeman,  in  Q.  Cic.  de  pet.  cons.  ad- 
notatt. ,  Lugd.  Bat.  1838  f.  Mit  sehr  geringer  Beglaubigung  werden  20 
Hexameter  de  XII  signis  und  zwei  Distichen  gegen  die  Weiber  dem  Q. 
Cicero  zugeschrieben;  sie  stehen  in  der  Anthol.  lat.  von  Burmann  III,  88. 
V,41;  bei  Meyer  Anth.  lat.  I.  p.  16.  Vgl.  Orelli's  Cicero  IV,  2.  p.  571  f. 
=  1053  f.  ed.  IL 

178.  Cicero's  Freigelassener  und  Freund,  M.  Tullius  Tiro, 
überlebte  seinen  Patronus  lange  und  sorgte  pietätsvoll  für  des- 
sen Andenken,  indem  er  dessen  Leben  beschrieb,  Beden  und 
Briefe  desselben  herausgab,  auch  vielleicht  seine  Witzworte 
sammelte.  Ausserdem  verfasste  er  selbständige  Schriften  ency- 
clopädischen  und  grammatischen  Inhalts  und  scheint  sich  auch 
mit  Dichtkunst  befasst  zu  haben.  Besonders  berühmt  aber  ist 
sein  Name  geworden  durch  die  notae  Tironianae. 

1.  Cic.  ad  Fam.  XVI,  4,  3:  innumerabilia  tua  sunt  in  me  officia:  do- 
mestica,  forensia;  urbana,  provincialia;  in  re  privata,  in  publica;  in  studüs, 
in  litteris  nostris.  17,  1:  xccvdav  esse  meorum  scriptorum  soles.  Vgl.  ad 
Att.  VII,  5,  2.  Gell.  VI  (VH),  3,  8:  Tiro  Tullius,  M.  Ciceronia  libertus, 
sane  quidem  fuit  ingeuio  homo  eleganti  et  haudquaquam  rerum  litterar- 
umque  veterum  indoctus,  eoque  ab  ineunte  aetate  liberaUter  instituto  ad- 
miniculatore  et  quasi  admini&tro  in  studiis  litterarum  Cicero  usus  est.  ib. 
XIII,  9,  1.  XV,  16,  2.  Freigelassen  wurde  er  J.  700  d.  St.  (Cic.  ad  Fam. 
XVI,  16).  J.  704  war  er  noch  adolescens  (ad  Att.  VI,  7  extr.).  Hieronym. 
zu  Euseb.  Chron.  ad  a.  Abr.  2013  =  Ol.  194,  1,  =  c.  750  d.  St.:  M.  Tul- 
lius Tiro,  Ciceronis  libertus,  'qui  primus  notas  commentus  est,  in  Puteolano 
praedio  (vgl.  Cic.  Fam.  XVI,  21,  7)  usque  ad  centesimum  annum  conse- 
nescit.  J.  C.  d'Engelbronner,  de  M.  TuUio  Tirone,  Amsterdam  1804.  4.  A. 
Lion,  Tironiana,  in  Seebode's  Archiv  1824,  p.  246  ff.  und  ed.  alt.,  Gotting- 
1846.  Drumann,  G.  R.  VI.  S.  405—409.  W.  Teuffei  iu  Paulj's  Beal-Enc. 
VI,  2.  S.  2207  f. 

2.  Ascon.  in  Milon.  p.  49  Or. :  ut  legimus  apud  Tironem  Ubertum  Ci- 
ceronis in  libro  Uli  de  vita  eius.    Die  Tendenz  der  Schrifb  war  eine  apo- 


Tiro  und  notae  Tironianae.  299 

logetische.  Plutarch,  welcher  (Cic.  41.  49)  dieselbe  anfährt,  hat  sie  jeden- 
falls bei  einem  Theile  seines  Biog  Kinigavog  benützt;  s.  H.  Peter,  Quellen 
Plutarchs  S.  129—136.  Tac.  dial.  17.  Gell.  IV,  10,  6.  —  ib.  XV,  16,  2:  a 
Tirone  .  .  librorum  patroni  sui  studiosissimo.  Eine  auf  ihn  zurückgehende 
Handschrift  der  Reden  des  Cic.  ib.  I,  7,  1  (in  oratione  Cic.  V  in  Verr., 
libro  spectatae  fidei,  Tironiana  cura  atque  disciplina  facto)  u.  XIII,  21,  16 
(in  nno  atque  in  altero  antiquissimae  fidei  libro  Tironiano).  Quintil.  X,  7, 
31  (oben  167,  4).  Wahrscheinhch  war  Tiro  auch  der  Herausgeber  cicero- 
nischer  Briefsammlungen;  s.  oben  170,  3.  171,  4.  Endlich  galt  er  für  den 
Urheber  der  Sammlimg  von  ioci  Ciceronis.  Quintil.  VI,  3,  6:  utinam  li- 
bertus  eins,  aut  aJius  quisquis  fuit,  qui  de  hac  re  librum  edidit,  parcius 
dictomm  numero  indulsissent  etc.  Macrob.  S.  II,  1,  12:  liberti  eius  libros 
qaos  is  de  iocis  patroni  composuit.  Schol.  Bob.  in  Sest.  p.  309  Or.:  hoo 
etiam  dictum  .  .  TuUius  Tiro  .  .  inter  iocos  Ciceronis  adnumerat. 

3.   Gell.  VI  (VII),  3,  10:  (Tiro)  epistulam  conscripsit  ad  Q.  Axiura,  fa- 
miliärem patroni  sui,  confidenter  nimis  et  calide,  in  qua  sibimet  visus  est 
orationem  (des  alten  Cato)  pro  Rhodiensibus  acri  subtilique  iudicio  per- 
censuisse  (wahrscheinlich  in  maiorem  gloriam  patroni).    X,  1,  7:   quod  .  . 
Tito  TuUius  .  .  in  epistula  quadam  enarratius  scripsit  ad  hunc  ferme  mo- 
diim.    XIII,  9,  2  ff. :  (TuUius  Tiro)  libros  complures  de  usu  atque  ratione 
ünguae  latinae,  item  de  variis  atque  promiscis  quaestionibus  composuit. 
in  bis  esse  praecipue  yidentur  quos  graeco  titulo  üavdixrag  inscripsit. 
ibi  de  his  steUis  .  .  hoc  scriptum  est.    Charis.  IL  p.  186  P.  =  207,  30  E. : 
,noYissime**  Tiro  in  Pandecte  non  recte  ait  dici  etc.  —  Cic.  Farn.  XVI,  18, 
3  (J.  709):  tu  (Tiro)  nuUosne  tecum  Hbellos?  an  pangis  aliquid  Sophocleum? 
&c  opus  appareat. 

i.   Suetonius  (ed.  Reiffer scheid  p.  135  f.)  und  aus  ihm  Isidor  Orig.  I, 
21  und  eine  Casseler  Hdschr.  der  Notae  Tironis  et  Senecae  (W.  Schmitz, 
Symb.  philol.  Bonn.  8.  532) :  vulgares  notas  Ennius  primus  miUe  et  centum 
invenit.    notarum  usus  erat  ut  quidquid  pro  contione  aut  in  iudiciis  dice- 
retur  Ubrarii  scriberent  simul  astantes,  divisis  inter  se  partibus  quot  quis- 
que  Terba  et  quo  ordine  exciperet.    (Vgl.  Manil.  Astr.  IV,  197  ff.  Quintil. 
II,  2,  25.    Auson.  epigr.  146.)    Romae  primus  TulUus  Tiro,  Ciceronis  11- 
bertoB,  commentatus  (wohl  commentus,  wie  bei  Hieronymus,  s.  A.  1)  est 
notas,  sed  tantum  praepositionum.    post  eum  Vipsanins,   Philargyrus  et 
Aqmla,  libertus  Maecenatis  (auch  bei  Dio  LV,  7;    s.  unten  207,  6)  alius 
alias  addiderunt.    denique  Seneca  contracto  omnium  digestoque  et  aucto 
numero  opus  effecit  in  quinque  milia.    Der  hier,  genannte  Ennius  ist  wohl 
der  Grammatiker  der  augusteischen  Zeit,  welcher  bei  Temünftigerer  An- 
ordnung vor  „denique  Seneca''   au£suführen  gewesen  wäre.     Unter  der 
Aufschrift  Notae  Tironis  (Tyronis)  et  Senecae  ist  eine  reichhaltige  Samm- 
lang solcher  Abkürzungen,  aus  verschiedener  Zeit  und  in  sechs  commen- 
tarii  zerfallend,  auf  uns  gekommen,  veröffentlicht  zuerst  1603  von  Gruter 
in  seinem  Thesaurus  inscriptionum  (vgl.  W.  Schmitz,  Rhein.  Mus.  XVIII. 
S.  145  —  148),  womach  U.  F.  Kopp  in  seiner  Palaeographia  critica  (Mann- 
heim 1817.    4.)  U  ein  Lexicon  Tironianum  ausarbeitete.    Ein  Verzeichniss 
der  Handschriften  dieser  notae  bei  Kopp  I.  §.  331—354  und  bei  Zeibig  S. 
57  ff.    Dazu  Th.  Sickel,   das  Lexicon  Tironianum  der  Göttweiger  Stifts- 


300  CiceroniBche  Zeit  Erste  Hfilfte,  671—691. 

bibliothek,  SitznngBber.  der  Wiener  Ak.  XXXVIU.  1861.  üeber  die  (äl- 
teste) Casseler  and  die  WolfenbütÜer  Handschrift  s.  W.  Schmitz,  Tironiana, 
in  der  Symb.  philol.  Bonn.  S.  631—550.  Zar  Sache  vgL  G.  Michaelis,  über 
das  den  tironischen  Noten  antersteUte  Prindp  der  Prädicatskürzung,  in 
seiner  Zeitschr.  f.  Stenographie  1869,  Nr.  1.  J.  W.  Zeibig,  Geschichte  and 
Literatur  der  Geschwindschreibekunst,  Dresden  1863. 

179.  Der  gebundenen  Form  bedienten  sich  in  dieser  Zeit 
ausser  Varro,  Hortensius,  den  beiden  Cicero  u.  A.  auch  der  Sa- 
tiriker L.  Albucius  und  der  Didaktiker  Egnatius  (de  rerum  na- 
tura). Ein  Nachzügler  der  palliata  scheint  Quintipor  Clodius 
gewesen  zu  sein.  Bedeutender  war  der  römische  Ritter  D.  La- 
be rius  (J.  649  —  711),  welcher  in  seinen  Mimen  griechische 
Bildung  mit  yolksmässiger  Derbheit  zu  yerbinden  wusste,  sowie 
M.  Purins  Bibaculus  aus  Cremona  (geb.  651  d.  St.),  Verfasser 
von  Spottgedichten  in  der  Weise  des  CatuU,  namentlich  gegen 
die  Monarchisten,  femer  eines  Sammelwerkes  (Lucubrationes), 
vielleicht  auch  eines  Epos  über  den  gallischen  Krieg. 

1.  Varro  B.  B.  III,  2,  17:  L.  Albucius,  homo,  ut  scitis,  apprime  do- 
ctus,  cuius  Luciliano  charactere  sunt  libelli,  dicebat  etc.  vgl.  ib.  6,  6 :  Hor- 
tensius,  . .  quem  secati  multi,  ut  quidem  Albucius  aiebat.  Fronto  p.  113  f 
Naber:  in  poetis  quis  ignorat  ut  gradlis  sit  Ludlius,  Albucius  aridos,  sa- 
blimis  Lucretius  .  .? 

2.  Macrob.  Sat.  VI,  5,  2 :  Egnatius  de  rerum  natura  libro  primo  (nach 
AcduB  in  Philoctete  und  vor  Lucretius  in  secuudo);  ebenso  ib.  12  (nach 
Livius,  Ennius,  Accius,  vor  Comifidus).  Von  ien  dort  angeführten  Hexa- 
metern zeigt  einer  prosodisches  Ignorieren  des  auslautenden  s. 

3.  Varro  in  Bimarco:  cum  Quintipor  Clodius  tot  comoedias  sine  ulla 
fecerit  Musa  etc.  Non.  p.  448.  Die  Bezeichnung  als  comoediae  macht 
wahrscheinlich  dass  es  Palliaten  waren.  Vielleicht  sind  daher  Varro's 
Worte  bei  Non.  p.  117  mit  AI.  Biese  zu  schreiben:  Qointiporis  Clodi  An- 
tipho  fies  ac  poemata  eins  gargaridians  dices:  0  Fortuna  etc.  (aus  Ter. 
Phorm.  841,  wo  Geta  den  Vers  spricht). 

4.  Sueton.  Caes.  39:  ludis  (des  J.  709  d.  St.)  D.  Laberius  eques  rom 
mimum  suum  egit.  Vgl.  Macrob.  S.  II,  7,  2:  Laberium,  asperae  libertatis 
(nach  dem  Massstabe  der  Kaiserzeit)  equitem  rom.,  Caesar  .  .  invitavit  ut 
prodiret  in  scenam  et  ipse  ageret  mimos  quos  scriptitabat,  wo  tnininTn 
quem  scripserat  sachlich  richtiger  wäre.  Denn  Lab.  hatte  bis  dahin  mimi 
för  die  von  Magistraten  gegebenen  ludi  (vgl.  Macrob.  n,  6,  6)  veriasst, 
ohne  selbst  aufzutreten,  und  wird  ein  zweites  Mal  auch  nicht  aufgetreten 
sein.  Vgl.  Sen.  Controy.  VII.  p.  207  und  (besser)  414  f.  Bu.  Damals  hatte 
Lab.  sein  sechzigstes  Lebensjahr  vollendet  (v.  109  Bb.),  war  somit  648 — 
649  geboren  Hieron.  zuEus.  Chr.  ad  a.  Abr.  1974  =  01  184,  2»J.  711: 
Laberius  mimorum  scriptor  dedmo  mense  post  C.  Caesaru  interitum  (also 
Januar  711)  Puteolis  moritur.  Ergreifender  Prolog  zu  dem  (unfreiwilligen) 
Auftreten  des  J.  709,  erhalten  durch  Macrob.  II,  7,  3  (aus  Gell.  Vin,^16), 


LaberiuB  und  Bibaculus.  301 

PoliÜBche  Anspielungen  ib.  4  f.  Vgl.  Gell.  XVII,  14,  2:  C.  Caesarem  ita 
Laberii  maledicentia  et  adrogantia  (nach  CaeBars  Meinung)  offendebat  ut 
acceptiores  sibi  esse  Publilü  quam  Laberii  mimos  praedicaret.  Auch  im 
Leben  führte  Lab.  eine  scharfe  Zunge;  s.  Sen.  1.  1.  und  Macrob.  II,  3,  10. 
6,  6.  Die  44  Titel  die  wir  von  seinen  Stücken  kennen  und  die  sonstigen 
Ueberreste  zeigen  wie  der  mimus  alle  früheren  Gattungen  der  Komödie  in 
sich  aufgenommen  hat,  das  Griechenthum  der  palliata,  das  Familienleben 
und  den  römischen  Boden  der  togata,  die  Derbheit  und  Schamlosigkeit 
der  Atellane.  Neben  den  palliatenähnlichen  Titehi  (vgl.  oben  8,  3)  auch 
von  Ständen  und  Beschäftigungen  entnommene,  wie  Augur,  Catularius,  Cen- 
tonarius,  Colorator,  Fullo,  Piscator,  Restio,  Salinator,  Staminariae;  Intri- 
ken-  und  Charakterstücke  wie  Aries,  Cancer,  Carcer,  Image,  Nuptiae,  Pau- 
pertas,  Taurus;  Aulularia,  Caeculi,  Galli,  Gemelli,  Late  loquentes,  Sorores, 
Stricturae,  Virgo;  Cretensis,  Tusca;  Anna  Perenna,  Lacus  Avernus,  Compi- 
taHa,  Natal,  Parilia,  Satumalia.  Dass  der  mimus  auf  der  Höhe  der  Zeit- 
bildung steht  erhellt  aus  Anspielungen  auf  Pythagorea  dogma,  Cynica 
haeresis,  Democritus;  aber  auch  die  Sittenlosigkeit  der  Zeit  ist  reichlich 
▼ertreten.  Kühne  Wortbildtmgeu  des  Laberius,  z.  B.  Gell.  XVI,  7,  1  f. 
Tertull.  de  pall.  1.  Manches  aus  der  Sprache  des  Pöbels  (Gell.  XIX,  13,  3). 
y.  55  Bb.  das  Bekenntniss:  versorum,  non  numerum  numero  studuimus. 
Die  Senare  sind  gebaut  wie  die  der  andern  poetae  scenici  und  meist  sehr 
fliessend;  ausserdem  Trochäen,  vereinzelt  Bacchien.  Die  Ueberreste  bei 
Bothe  scen.  p.  205  ff.  und  in  Bibbecks  com.  lat.  p.  237—268.  Ueber  Lab. 
8.  besonders  C.  J.  Grysar,  der  röm.  Mimus  (1854)  S.  290—296. 

6.  Hieronym.  in  Euseb.  Chron.  ad  a.  Abr.  1914  =  Ol.  169,  2  ==  651 
d.  St.  (dem  Todesjahre  des  Turpilius  und  Lucilius):  M.  Furius  poeta  co- 
gnomento  Bibaculus  Cremonae  nascitur.  Willkommen  wäre  die  Annahme 
Ton  C.  Nipperdey,  in  Hör.  Satt.  I.  comm.  altera  (Jena  1858.  4.)  p.  12—16, 
dass  Hieron.  das  Geburtsjahr  des  Bib.  um  mindestens  20  Jahre  zu  früh 
angesetzt  habe,  falls  sie  durch  etwas  Anderes  begründet  wäre  als  den 
Wunsch  die  eigene  Vorstellung  von  dem  Dichter  mit  dessen  Lebenszeit  in 
Einklang  zu  bringen.  —  Quintil.  X,  1,  96:  iambus  .  .  cuius  acerbitas  in 
Catnllo,  Bibaculo,  Horatio  .  .  reperietur.  Diomed.  III.  p.  842  P.  =»  486, 
17  E.  (s.  oben  27,  1).  Tac.  A.  lY,  34:  carmina  Bibacali  et  Catulli  re- 
ferta  contumeliis  Caesarum  leguntur;  sed  ipse  divus  lulius,  ipse  divus 
Augustus  et  tulere  ista  et  reliquere.  Proben  der  Hendekasyllaben  des 
Bib.  bei  Suet.  gramm.  11  und  Charis.  I.  p.  127,  12  K.:  Bibaculus:  du- 
plid  toga  involutus.  Ein  Iambus  von  ihm  bei  Suet.  gramm.  9.  Vgl. 
auch  den  Anon.  de  gener.  nom.  ed.  Otto  (Giessen  1860.  4.)  Nr.  38. 
Bibbeck,  Append.  Verg.  p.  7  f.  hält  ihn  auch  für  den  Verfasser  von 
Vergil.  Catal.  5.  Der  Hexameter  bei  Schol.  Juv.  VHI,  16  (Bibaculus: 
Osce  senex  Catinaeque  puer,  Cumana  meretrix)  vrird  aus  einem  Epigramm 
sein.  Plin.  N.  H.  praef  24  über  die  Wahl  von  Büchertiteln:  nostri  .  . 
facetissimi  Lucubraüonum  (inscripserunt) ,  puto  quia  Bibaculus  erat  et  vo- 
cabaiur.  Daraus  wohl  Macrob.  S.  JI,  1,  13:  is  locus  (des  Cicero)  .  .  mihi 
ex  Hbro  Fusii  Vivaculi  notus  est.  Mit  Beziehung  auf  dieses  Werk  wohl 
MessaLa  Corvinus  in  quadam  epistola  . .  non  esse  sibi  dicit  rem  cum  Furio 
Bibaculo,  ne  cum  Ticida  quidem  aut  litteratore  Catone  (Suet.  gramm.  4). 
Die  Literatur  über  den  leeren  Streit  ob  bei  Pliuius  1.  L  Bibaculus  oder 


302  CiceroniBche  Zeit  Zweite  Hälfte,  691—711. 

(zur  ,, Ehrenrettung"  des  Dichters)  Vivaculus  zu  schreiben  sei  fl.  bei  W. 
Teuffei  zu  Hör.  Sat.  ü,  5,  40.  S.  135.  Dass  Bib.  lange  lebte  zeigt  Buet. 
gramm.  9:  Orbilius  (geb.  642)  vixit  prope  ad  centesimum  aetatis  annnm, 
amissa  iam  pridem  memoria,  ut  versus  Bibaculi  docet:  Orbilius  ubinam 
est,  litterarum  oblivio?  Sollte  dieses  iam  pridem,  was  physisch  kaum 
denkbar,  sogar  auf  15  Jahre  ausgedehnt  werden,  so  könnte  Bib.  das  betr. 
Gedicht  um  725  verfasst  haben.  Von  dieser  Seite  wäre  sonach  kein  Hin- 
demiss  die  Worte  des  Horaz  (S.  11,  5,  40  f.  vom  J.  724  d.  St.):  seu  pingui 
tentus  omaso  Furius  hibemas  cana  nive  conspuet  Alpes  auf  Bib.  zu  be- 
ziehen. Porphyr,  z.  d.  St.:  hie  versus  Furii  Vivaculi  est.  ille  enim,  cum 
vellet  Alpes  nivibus  plenas  describere,  ait:  luppiter  hibemas  cana  nive 
conspuit  Alpes,  welchen  Vers  auch  Quintil.  VIII,  6,  17  als  Beispiel  einer 
harten  Metapher  anführt.  Specieller  Acro  ad  1.:  Furius  Vivaculus  in  prag- 
matia  belli  gallici:  luppiter  u.  s.  w.  Ist  diess  richtig,  so  wäre  Bib.  an- 
fänglich ein  Bewunderer  Caesars  gewesen  und,  wie  Andere,  erst  als  seine 
monarchischen  Bestrebungen  hervortraten  sein  bitterer  Gegner  geworden. 
Diess  ist  ebenso  leicht  möglich  wie  dass  derselbe  Schriftsteller  früher 
ein  schwülstiger,  später  imd  in  einer  andern  Gattung  ein  schneidiger 
Dichter  gewesen  sei.  Zweifelhafter  ist  ob  auf  Bib.  auch  zu  beziehen  ist 
Hör.  S.  I,  10,  36  f.:  turgidus  Alpinus  iugulat  dum  Memnona,  dumque  de- 
fingit  Rheni  luteum  caput,  wozu  zwar  bei  Acro:  Bibaculum  quendam  poe- 
tam  gallum  tangit,  der  demnach  auch  eine  Aethiopis  verfasst  haben  müsste ; 
aber  Porphyrie:  Cornelius  Alpinus  Memnona  hexametris  nimirum  descri- 
psit.  Gewiss  ist  dass  die  Verse  bei  Gell.  XVIII,  11  nicht  von  Bib.  her- 
rühren; s.  oben  123,  4.  Kirchner's  Vermutung  (Comm.  zu  Hör.  S.  I.  1S55. 
S.  329),  dass  die  acht  Eingangsverse  vor  Hör.  S.  I,  10  den  Bib.  zum 
Verfasser  haben,  hat  wenig  für  sich.  Unkritische  Stoffsammlung  bei  A. 
Weichert,  de  M.  Furio  Bibaculo  poeta,  in  seinen  poett.  latt.  vitae  p.  331 — 
364.  Das  andere  Extrem  ist  vertreten  durch  C.  Nipperdey,  1.  1.,  welcher 
auch  behauptet  dass  Hör.  unmöglich  einen  so  berühmten  Dichter  wie  Bib. 
habe  verspotten  können,  sondern  ein  unbekannter  Furius  Alpinus  von  ihm 
gemeint  sei.  A.  Wissowa,  über  die  den  Dichter  Furius  betreffende  Stelle 
in  Hör.  S.  ü,  5.    Breslau  1867.   4. 

Zweite  Hälfte  der  cieeronischen  Zeit* 

Die  Jahre  691  —  711  d.  St. 

180.    In  diesen  Jahren  tritt  Caesar  in  den  Vordergrund. 

Innerhalb  dieser  Zeit  selbst  aber  heben  sich  wiederum  zwei  Gre- 

nerationen  bestimmt  gegen  einander  ab.     Zur  älteren  gehören 

von  Geschichtschreibem ,  ausser  Caesar  selbst,  Cornelius  Nepos 

und  Caesars   Fortsetzer  Hirtius,  sowie  Oppius;   von  Gelehrten 

und   Lehrern    Nigidius,    Valerius    Cato,    Orbilius;    der  Stoiker 

Cato;   die  Juristen  Ofilius  und  Trebatius;   die  Redner  Calidius 

und  Memmius;  die  Dichter  Lucreiius  und  Trebonius. 

1.  Zu  derselben  Generation  scheint  Maecius  Tarpa  zu  gehören,  wel- 
cher schon  J.  699  als  dramatischer  Kritiker  thätig  war  (Cic.  ad  fam.  VU, 
1,  1:  nobis  erant  ea  perpetienda  quae  Sp.  Maecius  probavisset),  ohne  dass 


Caesar.  303 

bekannt  w&re  ob  diese  Verwendung  desselben  sich  auf  literarische  Leist- 
ungen gründete.  Denn  sehr  zweifelhaft  ist  seine  Identität  mit  dem  in 
Donats  Zusatz  zur  Tita  Ter.:  duos  Terentios  poetas  fuisse  scribit  Metius. 
Später  nahm  er  gleichfalls  eine  Amtsstellung  bei  Recitationen  im  coUe- 
gium  poetarum  ein  (Hör.  S.  I,  10,  46  und  dazu  die  Verhandl.  der  Heidel- 
berger Philologenvers.  S.  163—166)  tmd  wird  daher  von  Horaz  (Ep.  II,  3, 
387)  sprüchw Örtlich  für  einen  Eunstrichter  gebraucht. 

181,  C.  lulius  C.  f.  C.  n.  Caesar  war  geboren  den  12  Juli 
654  (100)  als  Sohn  eines  Vaters  der  schon  nach  der  Prätur  ge- 
storben war  und  der  ti'eflflichen  Aurelia.  Als  Verwandter  des 
Marius  gerieth  er  nach  SuUa's  Sieg  in  Gefahr,  diente  J.  674  flF. 
in  Asien,  begann  seine  rednerische  und  politische  Laufbahn  mit 
Anklagen  gegen  Mitglieder  der  Nobilität  wegen  Erpressungen, 
bildete  sich  J.  679  in  Rhodos  weiter  aus,  wurde  Quästor  (687) 
in  Hispania  ulterior,  Aedil  689,  pontifex  maximus  691,  war 
Prator  692,  Proprätor  in  Hispania  ulterior  693  f.,  Consul  695 
(59),  nachdem  er  694  mit  Pompejus  und  Crassus  das  erste  Tri- 
umvirat geschlossen  und  von  jeher  durch  alle  Mittel  sich  als 
Mann  des  Volkes  hinzustellen  gewusst  hatte.  Die  Jahre  696— 
704  war  Caesar  Proconsul  in  Gallien,  dieses  Land  den  Römern 
unterwerfend  und  innerlich  ordnend,  zugleich  aber  sich  selbst 
reiche  Mittel  verschaflFend  imd  ein  kriegsgewohntes,  ergebenes 
Heer  heranbildend.  Mit  diesem  erkämpfte  er  sich  J.  705—708 
die  Alleinherrschaft  (Cos.  II  707,  III  708),  die  er  J.  709  f.  be- 
kleidete, als  Consul  sine  coUega  (IV  J.  709,  V  710)  und  dicta- 
tor  reip.  constituendae,  bis  er  am  15.  März  710  den  Streichen 
seiner  Morder  erlag. 

1.  Quellen  für  das  Leben  Caesars  ausser  seinen  commentarii  beson- 
ders Sueton*s  D.  lulius,  näcbstdem  Plutarchs  ßlog  KaCoaqoq,  letzterer  wohl 
ans  denselben  Quellen  wie  Appiau's  *EyLtpvXia,  wahrscheinlich  Asinius  PolHo 
und  Livius;  s.  H.  Peter,  Quellen  Plutarchs  (1865)  S.  119—129. 

2.  Gesammtdarstellungen  des  Lebens  von  Caesar:  W.  Drumann  6.  R. 
in.  (1837.)  S.  129  —  762;  im  Auszuge  von  C.  KrafiFfc,  Pauly's  Real-Enc.  IV. 
S.  427 — 483.  P.  van  Limburg-Brouwer,  Cesar  en  zyne  tydgenooten,  3  Theile, 
Groningen  1844  —  1846.  Mommsen  B.  G.  III.  Köchly  und  Büstow,  Einl. 
zu  Caes.  Comm.  üb.  d.  gall.  Krieg  (1857)  S.  9— 50  (bis  J.  703).  C.  Peter, 
G.  B.  II.  S.  209  ff.  Merivale's  Gesch.  d.  B.  unter  dem  Eaiserthum ,  Bd.  I 
der  deutschen  Uebersetzung  (Leipzig  1866).  Napoleon's  lU  histoire  de 
Jules  C^sar,  bis  jetzt  zwei  Bände,  Paris  1865  (mit  Atlas)  u.  1866.  Zugleich 
in  deutscher  uebersetzung  (Wien,  Gerold). 

3.  Die  überlieferte  Datierung  von  Caesars  Gebnrt^'ahr  hat  gegen 
Mommsen  III*.  S.  15  f.  A.  (welcher  652  wollte)  vertheidigt  C.  Nipperdey, 
AbfaandL  d.  sächs.  Ges.  d.  Wiss.  1865.  V.  S.  3  ff.,  indem  er  vielmehr  die 
gewöhnliche  Ansicht  von  den  leges  annales  als  unrichtig  nachwies. 


304  Ciceronische  Zeit.  Zweite  Hälfte,  691  — 711. 

182*  Caesarea  Begabung  ist  von  wunderbarer  Vielseitigkeit: 
ebenso  gross  als  Staatsmann  wie  als  Feldherr,  war  er  durch 
Klarheit  des  Geistes  und  eiserne  Energie  des  Willens  zum 
Herrscher  über  eine  ihrer  selbst  nicht  mehr  mächtige  Zeit  be- 
rufen, erkannte  diesen  Beruf  frühzeitig  und  verfolgte  ihn  mit 
dem  ganzen  Aufwand  seiner  geistigen  Mittel,  durch  List  wie 
Kühnheit,  mit  ruhiger  StätJgkeit  und  weitsichtigster  Berechnung. 
Aber  die  Eigenschaften  die  ihn  zum  Herrscher  Roms  empor- 
hoben waren  wenig  geeignet  jhn  zum  glänzenden  Schriftsteller 
zu  machen.  Obwohl  er  die  Sprache  mit  vollkommenster  Sicher- 
heit in  Rede  wie  Schrift  handhabte,  so  war  ihm  doch  beides 
immer  nur  Mittel  für  bestimmte  politische  Zwecke  und  nach 
Gegenstand  wie  Art  bedingt  durch  diese  Zwecke  und  seine 
ganze  phautasiefreie  Persönlichkeit.  Darum  legte  er  selbst  nur 
geringen  Werth  auf  seine  Beredtsamkeit,  obwohl  er  darin  in 
seiner  Zeit  nur  dem  Cicero  nachstand  und  durch  Schärfe^  Ge- 
schmack und  Lebhaftigkeit  der  Sprache  und  des  Vortrags  sich 
auszeichnete ;  noch  geringeren  gewiss  auf  die  Verse  die  er  nicht 
blos  in  seiner  Jugend  machte.  Den  nüchternen  Denker  bekxm- 
det  das  Schriftstellern  über  Sprachrichtigkeit,  den  heitern  ge- 
winnenden Lebemann  das  Sammeln  von  Witzen;  dagegen  die 
Abfassung  eines  astronomischen  Werkes  (de  astris)  stand  wohl 
mit  Caesars  Kalenderverbesserung  in  Zusammenhang,  und  ganz 
unzweifelhaft  dienten  der  Politik  die  Schriften  gegen  den  zum 
Märtyrer  der  Republik  erhobenen  Cato  und  Caesars  commen- 
tarii. 

1.  Caesar  als  Redner.  Cic.  Brut.  72,  252:  de  Caesare  .  .  ita  iudico, 
.  .  illoin  omuium  fere  oratorum  latine  loqui  elegantissiine  (vgl.  unten  A. 
4),  nee  id  solom  domesüca  consuetudine  .  .  sed  .  .  multis  litteris,  et  eis 
quidem  reconditis  et  exquisitis,  sammoque  studio  et  diligentia  est  conse- 
cutus.  75,  261:  splendidam  quandam  minumeque  veteratoriam  rationem 
dicendi  tenet,  voce,  motu,  forma  etiam  magnifica  et  generosa  quodammodo. 
Fronto  Epist.  p.  123  Nah. :  Caesari  facnltatem  dicendi  video  imperatonam 
fuisse.  Quinül.  X,  1,  114:  C.  Caesar  si  foro  tantnm  vacasset,  non  alius  ex 
nostris  contra  Ciceronem  nominaretur.  tanta  in  eo  vis  est,  id  acumen,  ea 
concitatio  ut  illum  eodem  animo  dixisse  quo  bellavit  appareat;  exomat 
tarnen  haec  omnia  mira  sermonis,  cuius  proprio  studiosns  fuit,  elegantia. 
Tac.  A.  XIII,  3:  dictator  Caesar  summis  oratoribus  aemulus.  Suet.  Caes. 
55:  post  accusationem  Dolabellae  (J.  677;  unrichtig  die  Hdss.  bei  Tac. 
dial.  34)  haud  dubio  principibus  patronis  annumeratus  est.  Vgl.  noch 
QuintiL  XII,  10,  11  (oben  36,  9).  VeUed-  II,  36.  Tac  dial.  21  (A.  2). 
Apulej.  apoL  95.  Flut.  Caes.  3.  Ueber  Caesar  als  Stilisten  überhaupt 
Hirtius,  b.  g.  YIII.  praef.  7:  erat  in  Caesare  facultas  atqne  elegantia 
summa  scribendi. 


Caesar  als  Redner  und  Schriftsteller.  305 

2.  Caesars  Beden.    Cic.  Bmt.  76,  262 :  orationes  eins  mihi  vehementer 

probantar,  compluns  autem  legL    Tac.  dial.  21  lässt  seinen  Lobredner  der 

neuen  (kaiserlichen)  Beredtsamkeit  sagen:   concedamus  C.  Caesari  nt  pro- 

pter  magnitudinem  cogitationam  et  occupationes  renim  minus  in  eloqnentia 

effecerit  quam  divinum  eius  ingenium  postulabat  .  .  nisi  forte  quisquam 

Caeaaris  pro  Decio  Samnite  .  .  ceterosque  eiusdem  lentitudinis  ac  teporis 

libros  legit.    Gell.  lY,  16,  8:  C.  Caesar,  gravis  auctor  linguae  latinae,  .  . 

in  Dolabellam  actionis  I  lib.  I    (die  Hdss.:  actionis  III:  ibi).    V,  13,  6:  in 

oraüone  quam  pro  Bithynis  (J.  677,  s.  Rhein.  Mus.  XIX.  S.  577 — 681)  dizit 

hoc  prindpio  usus  est  (vgl.  Jul.  Ruf.  8,  p.  40,  24  Halm).    XIII,  3,  6:  rep- 

peri   in   oratione  C.  Caesaris   qua  Plautiam   rogationem   suasit  (J.  684?). 

Vgl.  Non.  p.  354.    Schol.  Bob.  p.  297  Or. :   Caesaris  orationes  contra  hos 

iMemmius  und  Domitius ,  J.  696)  exBtaut,  quibus  et  sua  acta  defendit  et 

ülos  insectatur.  ib.  p.  317:  ibi  (im  Senat)  habitae  sunt  tres  illae  orationes 

contra  Domitium  et  Memmium.    Suet.  Caes.  6:   in  amitae  laudatione  (J. 

686)  .  .  sie  refert.    55:  orationes  aliquas  reliquit,  inter  quas  temere  quae- 

dam  ferontur,  wie  die  pro  MeteUo  (oben  36,  7)  und  apud  milites  in  Hispania. 

Zusammenstellung  der  Ueberreste  von  Caesars  Reden  und  der  Nachrichten 

uW  sie  bei  Meyer,  oratt.  rom.*  p.  408—420  und  in  Nipperdey's  Caes.  von 

1847,  p.  749-751. 

3.  Caesars  Gedichte.  Tac.  dial.  21:  nisi  qui  et  carmina  eorundem 
(des  Caesar  und  M.  Brutus)  miratur.  fecerunt  enim  et  carmina  et  in  by- 
bliothecas  rettulerunt,  non  melius  quam  Cicero,  sed  felidus,  quia  istos  fe- 
0886  pauciores  sdunt.  Suet!  Caes.  56:  feruntur  et  a  puero  et  ab  (ut  ait 
Varro,  ab  Bentley)  adulescentulo  quaedam  scripta,  ut  Landes  Herculis, 
tragoedia  Oedipus,  item  Dicta  collectanea.  quos  omnis  libellos  vetuit  Au- 
gostos  publicarL  Ib.:  reliquit  et  .  .  poema  quod  inscribitur  Iter,  (quod 
fectt)  .  .  dum  ab  urbe  in  Hispaniam  ulteriorem  quarto  et  vicesimo  die 
pervenit  (J.  708).  Sechs  Hexameter  über  Terenz  bei  Suet.  v.  Terent.  5. 
PUn.  N.  H.  XIX,  8,  144:  olus  .  .  D.  lulii  carminibus  .  .  celebratum  Plin. 
Ep.  V,  3,  5  (oben  26,  1)  lässt  auf  erotische  Gedichte  (Epigramme?)  schlies- 
B^    Vgl.  noch  Plnt.  Caes.  2:  non^iiaza  yqd(p<ov. 

4.  Sueton.  Caes.  56:    reliquit  et  de  anal o gl a  duos  libros,  .  .  (quos) 

in  transitu  Alpium,  cum  ex  citeriore  Gallia  conventibus  peractis  ad  exer 

dtam  rediret,  .  .  fecit  (J.  699?).  Fronte  Ep.  p.  221  Naber:  .  .  G.  Caesarem 

•  .  duos  de  analogia  libros  scrupulosissimos  scripsisse,  .  .  de  nominibus 

declinandis,  de  verborum  aspirationibus  et  rationibus.    Cic.  Brut.  72,  253: 

qai  etiam  in  maxumis  occupationibus  ad  te  (Cic.)  .  .  de  ratione  latine  lo- 

qaendi  accuratissime  scripserit.    GeU.  XIX,  8,  3:  G.  Caesar,  .  .  vir  ingenii 

praecellentis ,  sermonis  praeter  alios  suae  aetatis  castissimi,  in  libris  quos 

ad  M.  Ciceronem  de  analogia  conscripsit.    Wie  Caesar  auch  hier  Militär 

and  Regent  war  zeigt  der  Grundsatz  der  ib.  I,  10,  4  nach  dem  ersten  Buch 

angeführt  wird,  ut  tanquam  scopulum  sie  fugias  inauditum  atque  insolens 

verbum.    Zusammenstellung  der  Ueberreste  aus  dem  Werke  bei  Nipperdey 

(Caes.  1847)  p.  763—767.    Lorsch,  Sprachphilosophie  d.  Alten  I.    S.  129  £F. 

Fr.  Schütte,  de  G.  lulio  Caesare  grammatico,  Halle  1865  (die  Fragmente 

p.  lÄ— 36). 

5.  Cic.  ad  Farn.  IX,  16,  4  (J.  708):    audio  Caesarem,  cum  volumina 

Tearrel,  Rom.  Liter alurgeschichte.  20 


306  Ciceroiiische  Zeit.  Zweite  Hälfte,  691 — 711. 

iam  confecerit  'Anoip^Byfiäzcav  ^  si  quod  afferatur  ad  emn  pro  meo  qaod 
menrn  non  ait  reicere  solere.  Bei  Suei  Caes.  56  (oben  A.  3)  Dicia  ool- 
lectanea. 

6.  De  astris.  Macrob.  I,  16,  39:  lulios  Caesar  aiderum  motos,  de  qui* 
bus  nou  indoctos  libros  reliqnit,  ab  aegyptüs  disciplinis  hausit.  Plin.  N. 
H.  im  QuellenverzeichniBS  (B.  I),  zu  B.  XVIII  unter  den  einheimischen:  ex  . . 
L.  Taratio,  qui  graece  de  astris  scripsit,  Caesare  dictatore,  qui  item.  Wirk- 
lich ist  er  in  B.  XYIII  dann  öfters  genannt,  so  wie  yon  Ptolemäns  und 
Lydus;  8.  Nipperdey  (1847)  p.  767—762.  Wie  die  Worte  des  Plinius  sBwei- 
felhaft  lassen  ob  das  Werk  griechisch  oder  lateinisch  geschrieben  war,  so 
möchte  auch  das  Schweigen  Sueton's  über  dieses  Werk  darauf  fuhren  das« 
es  nicht  eigentlich  von  Caesar  verfasst,  sondern  in  seinem  Auftrag  und 
nach  den  von  ihm  gegebenen  Gesichtspunkten  von  einem  Andern  (einem 
Griechen?)  ausgearbeitet  und  (unter  seinem  Namen?)  herausgegeben  war. 
Ueber  die  Augurien  aber  schrieb  L.  Caesar,  s.  unten  186,  12. 

7.  Suet.  Caes.  56:  reliquit  et  de  analogia  duos  libros  et  Antica to- 
ne s  totidem  .  .  (quos)  sub  tempus  Mundenöis  proelii  (17  März  709)  fedt. 
Juv.  VI,  338:  duo  Caesaris  Anticatones.  Die  Schrift  war  gegen  Cicero*« 
Lobschrift  auf  Cato  (oben  167,  6)  gerichtet,  unter  starken  Schmeicheleien 
gegen  Cicero  (Plut.  Caes.  3.  Cic.  39.  Plin.  N.  H.  VII,  30,  117),  aber  mit 
desto  grösserer  Bitterkeit  gegen  Cato,  den  er,  um  die  republikanische 
Partei  ihres  Heros  zu  berauben,  als  eine  lächerliche  Person  hinsteUte  und 
nichts  Gutes  an  ihm  Hess  (Plut.  Caes.  54.  Cato  min.  36.  52.  54).  Cicero 
äusserte  sich  gegen  Caesar  selbst  über  diese  Schrift  anerkennend  (ad  Att. 
XIII,  60,  1.  61,  1),  anders  freilich  nach  Caesars  Tod  (Top.  26,  94).  Vgl. 
H.  Wartmann,  Leben  des  Cato  (1868)  S.  161—175. 

8.  Dass  ein  Mann  von  Caesars  Stellung  einen  ausgebreiteten  Brief- 
wechsel hatte  ist  selbstverständlich,  und  es  gab  mehrere  Sammlungen  seiner 
Briefe,  die  nach  seinem  Tode  gemacht  und  veröffentlicht  waren,  theilweise 
in  einer  Geheimschrift  gehalten,  zu  welcher  Sueton  (Caes.  66  vgl.  GelL 
XVII,  9,  3  f.)  den  Schlüssel  gibt.  Suet.  1.  l. :  epistulae  quoque  eins  ad  se- 
natum exstant.  .  .  exstant  et  ad  Ciceronem,  item  ad  familiäres  domesticis 
de  rebus  u.  s.  w.  Gell.  XVII,  9,  1:  libri  sunt  epistularum  C.  Caesaris  ad 
C.  Oppium  et  Balbum  Cornelium,  qui  rebus  eins  absentis  curabant.  Zu- 
sammenstellung der  Anführungen  von  Briefen  des  Caesar  an  die  Genann- 
ten und  viele  Andere  bei  Nipperdey,  Caes.  (1847)  p.  766—783.  Briefe  von 
Caesar  an  Cicero  u.  A.  bei  Cic.  ad  Att.  IX,  6  A.  7  C.  13  A.  16.  X,  8  B. 

9.  F.  W.  Otto,  Nachlese  zu  der  Sammlung  von  Fragmenten  Caesars, 
Ztschr.  f.  d.  Alt.-W.  1850,  Nr.  39  f.  nebst  M.  Hertz,  Philologus  V.  S.  764  ff. 

183.  Erhalten  ist  von  Caesars  schriftlichen  Arbeiten  nur 
die  wichtigste;  seine  Denkwürdigkeiten  (commentarii).  Sie 
erzählen  die  Geschichte  der  ersten  sieben  Jahre  des  gallischen 
Kriegs  in  sieben  und  die  Geschichte  des  Bürgerkriegs  bis  zum 
alexandrinischen  in  drei  Büchern  und  halten  die  Mitte  zwischen 
einer  blosen  Stoffsammlung  oder  den  flüchtig  hingeworfenen 
Bemerkungen  eines  Tagebuchs  und  einem  sorgfältig  ausgefeilten 


Caesar^s  Schriften.  Commentarii.  307 

historischen  Werke.  Aber  so  kunstlos  nnd  schlicht  die  Form 
ist;  so  reiflich  erwogen  ist  der  Inhalt.  Ohne  jemals  plump  die 
Wahrheit  zu  verletzen  versteht  der  Verfasser  meisterhaft  die 
Kunst  die  Thatsachen  zu  seinen  Gunsten  zu  gruppieren  und  am 
rechten  Orte  zu  schweigen;  ohne  je  in  Prahlerei  zu  verfallen 
oder  auch  nur  den  Schein  der  Objectivität  aufzugeben  weiss  er 
seine  Person  und  Verdienste  aufs  Trefflichste  ins  Licht  zu  setzen^ 
sein  Handeln  als  berechtigt,  seine  Beweggründe  als  rein  hinzu- 
stellen. Die  Bücher  über  den  gallischen  Ejrieg  veröffentlichte 
Caesar  nach  dessen  Beendigung,  J.  703;  die  über  den  Bürger- 
krieg scheinen  nicht  vollendet  zu  sein. 

1.  Suet.  Caes.  56  in.:  reliquit  et  rerum  suarum  commentarios  gallici 
civiliaqae  belli  pompeiani.  Cic.  Brut.  76,  262:  etiam  commentarios  quos- 
dam  Bcripsit  rerum  suarum  valde  quidem  probandos,  nudi  enim  sunt  recti 
et  venoBti,  omni  omatu  orationis  tamquam  veste  detracta.  Hirtius  b.  g. 
ym.  praef.:  Caesaris  nostri  commentarios  rerum  gestarum  Galliae  .  . 
contexui  u.  s.  w.  constat  inter  omnes,  nihil  tarn  operose  ab  aliis  esse 
perfectum  quod  non  horum  elegantia  commentariorum  superetur.  qui  sunt 
ediii  .  .  adeo  probantur  .  .  ut  praerepta,  non  praebita  facultas  scriptori- 
bns  videatur.  .  .  ceteri  quam  bene  atque  emendate,  nos  etiam  quam  fä- 
dle atque  celeriter  eos  perfecerit  scimus.  Sueton.  Caes.  56:  Pollio  Asinius 
panim  diligenter  parumque  integra  veritate  compositos  putat,  cum  Caesar 
pleraque  et  quae  per  alios  erant  gesta  temere  crediderit  et  quae  per  se 
Tel  consulto  vel  etiam  memoria  lapsus  perperam  ediderit,  existimatque 
reecripturum  et  correcturum  fuisse.  Letzteres  kann  nur  etwa  vom  bell. 
civ.  gelten;  s.  Eöchly-Büstow,  EinL  z.  gall.  Krieg  S.  93.  Nachweisung 
einer  Ansahl  von  Entstellungen  des  Thatsächlichen  bei  Drumann  III.  S. 
7&6  f.  Dass  man  das  Werk  ab  einseitige  Parteischrift  betrachtete  war 
vielleicht  mit  ein  Grund  warum  wir  es  so  wenig  berücksichtigt  finden. 
Strabon  IV.  p.  177  nennt  es  vnofivrifJLetta  t  Plut.  Caes.  22  (und  Sjmmach. 
Epist.  IV,  18)  itptifiSQldss  (vgl.  Appian.  Celt.  18:  iv  zaig  IdCuiq  avayQU- 
<paCg  TÄv  Idifov  ^oytov),  wie  Sidon.  Ap.  IX,  14  missverständlich  bell.  gall. 
VllI  ab  Balbi  ephemeris  bezeichnet.  Letzterer  (Ep.  IX,  14)  und  Orosius 
(YI,  7)  kennen  das  Werk  nur  dem  Titel  nach,  missverstehen  libri  C.  Cae- 
Baris  de  hello  gallico  so  ab  ob  es  die  Bücher  von  Caesars  gallbchem 
Kriege  bedeutete,  und  halten  Caesars  Biographen,  Sueton,  für  den  Ver- 
fasser.   Nipperdey  (1847)  p.  36. 

2.  Die  Handschriften  der  commentarii  zerfallen  in  zwei  Claasen, 
von  denen  die  eine,  ältere  (saec.  IX  f.)  und  bessere,  nur  die  acht  Bücher 
de  hello  gallico  enthält,  die  andere,  jüngere  (saec.  XI  ff.)  und  qualitativ 
geringere,  sämmtliche  Bücher.  Zur  ersteren  gehören  besonders  Bongars.  I, 
Paris.  I,  VoBs.  I,  Vat. ;  zur  zweiten  Par.  II,  Leid.  I  tmd  Med.  Der  Schluss 
von  belL  galL  VIU  und  von  b.  Hbpan.  ist  in  keiner  Handschrift  erhalten ; 
bell.  civ.  zeigt  auch  sonst  Lücken.  Ueber  die  Handschriften  beider  Clas- 
sen  B.  Nipperdey  Ed.  1847,  p.  87-50.  H.  J.  Heller  im  Philologus  XVII. 
p.  492—509;  über  die  der  ersten  A.  Frigell  in  der  Nordbk  ünivers.  Tidskr. 

20* 


808  Ciceronische  Zeit.  Zweite  Hälfte,  691—711. 

GJpsala  1867)  III.  S.  50—68.    D.  Detiefeen,  Phüologus  XVII.    S.  649—660. 
Whitte,  coli.  codd.  II  mss.  Havn.  Caes.  de  b.  g.,  Kopenhagen  1847. 

3.  Ausgaben  der  commentarü  (einschliesslich  der  Fortsetzungen). 
£d.  princeps,  Rom.  1469.  foL  lensoniana,  Yen.  1471.  fol.  Cura  Ph.  Bero 
aldi  (Bonon.  1504.  fol.),  lo.  lucundi  (Aid.  1513.  1519),  Florentina  1508.  Ed. 
F.  Ursinus  (Antv.  1670),  I.  Lipsius  (Antv.  1685),  los.  Scaliger  (Lugd.  Bat. 
1606).  Sammelausgabe  (mit  den  Erklärungen  von  Glareanus,  Manutius  u. 
A.)  von  G.  Jungermann  (Frankfurt  1604.  4.).  Ex  rec.  lo.  Davisii,  Gantabr. 
1706.  1727.  4.  Cum  annotatt.  Sam.  Clarkii,  London  1712.  fol.  Cum  not. 
var.  ed.  I.  G.  Graevius,  Lugd.  Bat.  1713.  2  Voll.  Ebenso  cura  Fr.  Ouden- 
dorpii,  Lugd.  Bat.  1737.  4.  (u.  Stuttgart  1822.  8.  2  Voll.).  Ed.  S.  F.  N.  Mo- 
rus,  Lips.  1780  (cur.  I.  I.  Oberlin,  Lips.  1805.  1819). 

Kritische  Ausgaben:  Bec.,  optimorum  codd.  auct.  ann.,  quaestiones 
criticas  (251  pp.)  praemisit  C.  Nipperdej,  Lips.  1847.  Annot.  crit.  instruxit 
Fr.  Dübner,  Paris  1867.  2  Voll. 

Schulausgaben  mit  kurzen  Anmerkungen  (oder  Wörterbuch)  von  J.  Cli. 
D'ähne  (Lips.  1825),  A.  Möbius  (Hannover  1826.  1830.  2  Bde.),  J.  C.  Held 
(Sulzbach  1822  ff.),  C.  G.  Herzog  (Leipzig  1825  ff.),  A.  Baumstark  (Freiburg 
1832),  Fr.  Kraner  (Berlin,  Weidmann),  A.  Dobereuz  (Leipzig,  Teubner). 

Textabdrücke  von  C.  Nipperdey  (Lips.  1847.  1856),  E.  Hoffinann  (Vin- 
dob.  1856  f.),  Fr.  Kraner  (Lips.,  Tauchn.,  1861),  B.  Dinter  (Lips.,  Teubner, 
1864),  Fr.  Dübner  (Paris  1866)  u.  A. 

Uebersetzungen  gibt  es  in  alle  Sprachen.  Eine  ins  Griechische  wurde 
im  16ten  Jahrh.  nach  der  Ausgabe  des  B.  Stephanus  (Paris  1544)  wahr- 
scheinlich in  Paris  von  einem  Franzosen  gemacht  und  von  Jungermann 
1606  erstmals  herausgegeben;  s.  H.  J.  Heller  im  Philologus  Xü.  p.  107— 
149.  Deutsche  z.  B.  von  Baumstark  (Stuttgart,  Metzler),  sowie  (gall.  Krieg) 
von  Köchly  und  Rüdtow  (Stuttgart,  Hoffmann,  1856). 

4.  Erläuterungsschriften  über  Caesar  und  seine  Memoiren  überhaupt. 
C.  E.  Schneider,  über  Caesars  Charakter,  aus  seinen  Schriften,  in  Wach- 
ler's  Philomathie  I.  S.  180  ff.  D.  Henne,  de  Caes.  rerum  a  se  gestarum 
scriptore,  Paris  1843. 

J.  F.  Bosch,  über  die  Comm.  des  C.  nebst  Beiträgen  zur  röm.  Taktik, 
Halle  1783.  Napoleon  (I),  pr^cis  des  guerres  de  C^sar,  Paris  1835;  deutsch 
Stuttgart  1886.  W.  Büstow,  Heerwesen  und  Kriegführung  Caesars,  Gotha 
1855.  Nordhausen  1862.  A.  v.  Cohausen,  Caesars  Bheinbrücken,  philolo- 
gisch, militärisch  und  technisch  untersucht,  Leipzig  1867.  Schulkarten 
zum  b.  g.  und  civ.  von  H.  Bheinhard,  Stuttgart  1859. 

lieber  die  Glaubwürdigkeit  der  Comm.  Caesars  Bresemer  (Berlin  1835. 
4.),  F.  Winkelmann  (Jahns  Archiv  IL  S.  633—550),  F.  Eyssenhardt  (Jahns 
Jahrbb.  LXXXV.  S.  756—764),  F.  Seck  (de  .  .  fide,  Essen  1860.  u.  1864.  4.). 

Fr.  H.  Th.  Fischer,  die  Rectionslehre  bei  Caesar,  Halle  1863.  1864.  4. 
C.  Kossak,  de  ablat.  absol.  usu  ap.  Caes.,  Gumbinnen  1858.  4.  Reinhardt, 
die  tempora  und  modi  bei  Caesar,  Heilbronn  1859.  4. 

Beiträge  zur  Kritik  von  Fr.  Kindscher  (Zerbst  1860.  1864.  4.),  Beck 
(Lauenburg  1863.  4.)  u.  A. 


Caesar's  commcntarii.  309 

5.  üeber  die  Zeit  der  Herausgabe  der  Bücher  vom  gallischen  Kriege 
g.  C.  £.  Schneider  in  Wacbler's  Philomathie  I.  S.  184  ff.,  Mommsen  R.  Q. 
m*.  S.  594  Anm.,  Köchly  und  Büstow,  Einl.  z.  gall.  Krieg  S.  51,  A.  28. 
Die  drohenden  Stürme  sollte  die  Brechtfertigungsschrift  beschwichtigen, 
dem  Volke  Caesar  als  den  höchsten  Aufgaben  gewachsen  zeigen.  Da  Caesar 
seine  Kriegsuntemehmungen  ohne  Auftrag  des  Senates  ausgeführt  hatte, 
so  bemüht  er  sich  fortwährend  sie  als  nothwendige  Yertheidigungsmass- 
regeln  hinzustellen.  Sein  Bericht  beschränkt  sich  auf  die  kriegerischen 
Vorkommnisse.  Diese  erzählt  er  als  Römer  für  Römer,  ohne  eine  Regung 
von  Mitgefühl,  aber  auch  ohne  Schönfärberei,  bei  all  den  Grausamkeiten 
und  Treulosigkeiten  gegen  Völker  welche  nichts  als  ihr  Recht  und  ihre 
Unabhängigkeit  wider  den  ehrgeizigen  Störer  ihres  Friedens  vertheidig- 
ten.  Eine  gewisse  Wärme  fühlt  sich  durch  nur  bei  tüchtigen  Leistungen 
seiner  Getreuen.  Auch  hütet  sich  Caesar  durch  allzu  technisch  militärische 
Haltung  die  populäre  Wirkung  seines  Berichts  zu  beeinträchtigen.  Die 
Darstellung  ist  knapp,  ohne  karg  zu  sein,  durchsichtig  und  lebendig,  schlicht 
ohne  einförmig  zu  werden,  und  anziehend  auch  wo  sie  sich  gehen  lässt. 
Bäsonnierende  Inhaltsübersicht  bei  Köchly  und  Rüstow  a.  a.  0.  S.  51—85; 
Charakteristik  ebds.  S.  85—94. 

6.  Ausgaben  des  bellum  gallicum  mit  Anm.  (bzhgsw.  Wörterbuch, 
Karten  u.  dgl.)  von  C.  G.  Elberling  (Havn.  1827),  J.  C.  Held  (Sulzbach 
1825  ff.  1832).  C.  G.  Herzog  (Leipzig  1825.  1831),  J.  Apitz  (Berlin  1835), 
C.  E.  C.  Schneider  (rec.  et  ilL,  Halle  1840—1855.  2  Voll. ;  nur  B.  I— VII), 
M.  Seyffert  (2.  Aufl.  Halle  1851),  Eichert  (Breslau  1859  f.),  Stüber  und 
Bheinhard  (Stuttgart  1860),  A.  Frigell  (rec,  codd.  contulit,  comm.  instr., 
üpsala  1861,  3  partes),  F.  W.  Hinzpeter  (8.  Aufl.,  Bielefeld  1868),  Fr.  Kra- 
ner (1853;  6.  Aufl.,  bes.  von  Dittenberger,  Berlin,  Weidmann),  A.  Doberenz 
(4.  Aufl.,  Leipzig,  Teubner,  1867),  J.  Quosseck  (Cöln  1866)  u.  A. 

Erläuterungsschriften.  H.  Köchly  und  W.  Rüstow,  Einleitung  zu  Cae- 
sars Commentarien  über  den  gallischen  Krieg,  Gotha  1857. 

C.  W.  Glück,  die  bei  Caesar  vorkommenden  keltischen  Namen,  Mün- 
chen 1857.  H.  J.  Heller,  de  nominibus  celticis  in  Caes.  comm.  traditis, 
Phüologus  XVU.  p.  270—287. 

J.  Reichard,  geograph.  Nachweis,  der  KriegSTorföUe  .  .  in  Gallion, 
Leipzig  1832.  Geographie  des  transalpinischen  Gallien  von  F.  A.  M.  Fied- 
ler (Essen  1828)  und  J.  v.  Hefher  (München  1836).  M.  A.  Fischer,  Ger- 
govia,  Leipzig  1856.  A.  v.  Göler,  Caesars  gall.  Krieg  in  den  J.  58—53  v, 
Chr.,  Stuttgart  1858;  im  J.  52,  Carlsruhe  1859;  im  J.  51,  Heidelberg  1800. 

Zahllos  sind,  seitdem  Napoleon  IH  diesem  Gegenstande  seine  Studien 
zugewandt,  die  geographischen  und  militärischen  Beiträge  dazu  aus  Frank- 
reich. Zu  dem  Bedeutenderen  gehört  F.  de  Saulcy,  les  campagnes  de 
Jules  C^sar  dans  les  Gaules,  ^tudes  d'arch^ologie  militaire.  I.  Paris  1862. 
L.  Fallne,  Conquite  des  Gaules,  Paris  1862.  Creuly,  carte  de  la  Gaule  sous 
le  proconsulat  de  Cäsar,  Paris  1864.  Au&ählung  und  Beurteilung  der 
einschlägigen  Arbeiten  in  der  Literaturübersicht  von  H.  J.  Heller,  Phi^o- 
logus  XrX.  S.  466—576.     XXII.  S.  99-174.  285-330.     XXVI.  S.  652—700. 

A.  Platen,  de  fide  et  auctoritate  Caes.  de  bell.  galL  comm.,  Liegnitz 
1854.   4. 


310  Ciceronische  Zeit.  Zweite  Hälfte,  691—711. 

7.  Die  drei  Bücher  des  bellum  civil e  sind  unverkennbar  schwächer 
und  flüchtiger  gearbeitet  und  enthalten  manche  unzweifelhafte  Ncahlässig- 
keiten  und  Unrichtigkeiten.  Uebrigens  ist  der  Text  ganz  besonders  ver- 
dorben überliefert.  Zur  Sache  Fr.  Hofmann,  de  origine  b.  c.  Caesariani, 
Berlin  1857,  und  Th.  Mommsen,  die  Rechtsfrage  zwischen  Caesar  und  dem 
Senat,  Abhandl.  der  Breslauer  hist.-philol.  Ges.  I  (1857)  S.  1 — 58.  A.  v. 
Göler,  d.  Bürgerkrieg  zwischen  Caesar  und  Pompejus  im  J.  50— 49  v.  Chr., 
Heidelberg  1861;  die  Kämpfe  bei  Dyrrhachium  und  Pharsalus,  Karlsruhe 
1854;  Treffen  bei  Buspina,  Karlsruhe  1855.  Möhring,  Quaest.  Caesarianae, 
Kreuznach  1858.  4. 

J.  V.  Hefner,  Geographie  zu  Caesars  b.  c,  München  1836. 

Ausgaben  des  b.  c.  mit  Anmerkungen  u.  s.  w.  von  J.  C.  Held  (Sulz- 
bach  1822  ff.  4.  Aufl.  1857),  C.  G.  Herzog  (Leipzig  1834),  J.  Apitz  (Berlin 
1837),  A.  Doberenz  (Leipzig  1854  u.  1863),  Fr.  Kraner  (3.  Aufl.,  bes.  von 
Fr.  Hofmann,  Berlin  1864). 

Bestreitungen  der  Authentie  in  einem  Programm  aus  Culmbach  1864. 
4.  und  von  Heidtmann,  Essen  1867.  4. 

Kritische  Beiträge  von  £lberling  (obss.  er.,  Havn.  1828,  und  varr.  lectt 
Roeskild  1853),  Whitte  (coUatio  codd.,  Havn.  1847),  J.  N.  G.  Forchham- 
mer (de  vera  .  .  emendandi  ratione,  Havn.  1852),  Hartz  (Adnotatt.,  Zül- 
lichau  1864),  L.  Vielhaber  (Wien  1864.  4.)  u.  A. 

184.  Nach  Caesars  Tode  betrachtete  der  Kreis  seiner  näch- 
sten Vertrauten  es  als  Pflicht  auch  diejenigen  Feldzüge  dessel- 
ben zu  beschreiben  welche  Caesar  selbst  nicht  mehr  geschildert 
hatte,  also  sein  letztes  Jahr  in  Gallien ,  den  alexandnnischen, 
africanischen  und  spanischen  Krieg.  Diese  sind  sichtlich  von 
dreierlei  Verfassern.  Völligen  Mangel  an  stilistischer  Befähigung 
zeigt  der  des  spanischen  Krieges;  in  weit  geringerem  Masse 
der  des  africanischen;  bei  jenem  zerhackt  und  stammelnd  ist 
die  Darstellung  bei  diesem  geschmacklos  gewunden  und  schwül- 
stig. Dagegen  die  Erzählung  des  achten  Kriegsjahres  in  Gal- 
lien und  des  alexandrinischen  Feldzugs  verräth  einen  gebildeten 
Verfasser  und  das  Bestreben  die  Schreibweise  des  Caesar  nach- 
zuahmen; sie  hat  ohne  Zweifel  den  A.  Hirtius  zum  Urheber. 
Von  G.  Oppius  kann  weder  der  africanische  herrühren  noch 
der  spanische,  vielmehr  jeder  nur  von  einem  Manne  der,  obwohl 
in  untergeordneter  Stellung,  den  Krieg  mitgemacht  hatte  und 
daher  von  Birtius  ersucht  worden  war  seine  Erinnerungen  auf- 
zuzeichnen, um^sie  dereinst  seiner  eigenen  Darstellung  zu  Grunde 
zu  legen. 

1.  Suet.  Gaes.  56:  Alexandrini  Airicique  et  Hispaniensis  (belli)  incer- 
tus  auctor  est.  alii  Oppium  putant,  alii  Hirtium,  qui  etiam  Gallici  belli 
UOvisBimum  imperfectumque  librum  suppleverit.    Vgl.  die  praefaUo  zu  b. 


Fortsetzungen  von  Caeaar's  commentarü.  311 

g.  Vlll:  coactus  adsiduis  tuis  vocibus,  Halbe,  .  .  rem  difficillimam  suscepi. 
Caeaaris  nostri  commentarios  rerum  geBtarum  Qalliae  non  cohaerentibua 
Büperioribas  atqne  ineequentibus  eins  scriptiB  contexui,  noTiBSÜnumque  im- 
perfectum  ab  rebus  gestiB  Alexandriae  confeci  usque  ad  exitum  uon  qui- 
dem  civilis  diBseneionis,  cuius  finem  nullum  videmus,  sed  vitae  Caesaris. 
.  .  mihi  ne  illud  quidem  accidit  ut  Alexandrino  atque  Africano  bello  inter 
essem.  quae  bella  .  .  ex  parte  nobis  Gaesaris  sermone  sunt  nota.  Hieraus 
erhellt  dass  diese  Fortsetzung  nach  Caesars  Tod  verfasat  ist,  zu  einer  Zeit 
wo  der  Krieg  mit  Antonius  wahrscheinlich  geworden,  somit  für  den  Bür- 
gerkrieg in  der  That  kein  Ende  abzusehen  war,  und  von  einem  Vertrau- 
ten des  Caesar,  aber  nicht  von  Cornelius  Baibus,  also  entweder  von  G. 
Oppius  oder  A.  Hirtius.  Letzteren  bezeichnet  Suetou  (Caes.  56 :  Hirtius  ita 
praedicat)  entschieden  als  Verfasser  von  b.  g.  VIII.  Da  nun  Hirtius  am 
37  April  711  fiel,  und  die  Beschreibung  des  bellum  africanum  sichtlich 
einen  anderen  Charakter  hat  als  b.  g.  VIII  und  alexandrin.  (s.  A.  3),  wäh- 
rend doch  der  Verfasser  der  praefatio  zum  b.  g.  VUI  die  Absicht  hatte 
aaeh  bell.  afr.  zu  beschreiben,  so  hat  viele  WahrscheinUchkeit  die  Combi- 
nation  (von  Nipperdey)  dass  Hirtius  wie  b.  g.  VUI  so  auch  bell.  alex. 
Terfasst  habe,  an  der  beab^htigten  Beschreibung  des  bell,  afric.  und 
hisp.  aber  durch  seinen  Tod^erhindert  worden  sei,  worauf  die  für  ihn 
von  Subalternen  gemachten  Aufzeichnungen  über  diese  Kriege,  so  wie  sie 
sich  in  seinem  Nachlasse  fanden ,  mit  herausgegeben  wurden.  Vgl.  Dru- 
mann  III.  S.  76.  C.  Nipperdey,  de  supplementis  commentariorum  Caesa- 
riß,  Berlin  1846  =  ed.  Caes.  1847,  p.  8—34.  Köchly-Rüstow,  Einl.  z.  gall. 
Krieg  S.  105—110. 

2.  Sowohl  Hirtius  als  Oppius  besassen  die  Bildung  welche  das  Abfas- 
sen eines  Geschichtswerkes  voraussetzt.  Hirtius  verfasste  auf  Caesars 
Veranlassung  J.  709  von  Spanien  aus  eine  Gegenschrift  gegen  Cicero^s 
Lobrede  auf  Cato,  in  Form  eines  Sendschreibens  an  Cicero,  voll  Schmei- 
cheleien für  den  Letzteren  (Cic.  ad  Att.  XII,  40,  1.  41,  4.  44,  1.  45,  3. 
47,  3).  Ein  kurzer  Brief  von  Hirtius  an  Cicero  bei  Cic.  ad  Att.  XV,  6. 
Aber  auch  Oppius  verfasste  Schriften.  Vor  Allem  ein  Leben  Caesars, 
angeführt  von  Plut.  Pompei.  10  (Onn^co  fitv,  oxav  n^ql  KaCaaqoq  nole- 
fitcov  rj  q>iX<ov  dialiyrirai,  atpodqa  6sC  niatsvstv  ^ist*  svXaßsiag)  u.  17* 
(über  Caesars  persönliche  Tapferkeit),  sowie  Suet.  Caes.  53  (circa  victum 
G.  Oppius  adeo  indifferentem  docet  ut  etc.).  Daraus  mag  auch  sein  was 
Plin.  N.  H.  XI,  46,  104  (C.  Marium  .  .  Oppius  auctor  est)  über  des  Marius 
Härte  gegen  sich  selbst  anführt.  Vgl.  Suet.  Caes.  52:  G.  Oppius  .  .  librum 
edidit,  non  esse  Gaesaris  filium  quem  Cleopatra  dicat.  Ausserdem  Charis. 
I.  p.  119  P.  s>147,  3  K.:  Oppius  De  vita  Cassii,  idem  De  vita  prioris  Afri- 
cani.  Es  ist  zu  vermuten  dass  die  erstere  Schrift  direct  oder  indirect 
gegen  den  Caesarmörder  C.  Cassius  gerichtet  war,  die  letztere  aber  eine 
Yergleichung  des  Caesar  mit  dem  älteren  Africanus  anstellte,  die  wohl  zu 
Gaesaris  Gunsten  ausgefallen  sein  wird.  Aber  auch  L.  Cornelius  Bal- 
but  aus  Gadee,  an  welchen  b.  g.  VIII  gerichtet  ist,  scheint  selbst  über 
Caesar  geschrieben  zu  haben;  s.  Suet.  Caes.  81:  cuius  rei  (Vorzeichen  von 
Caesars  Tod)  .  .  auctor  est  Cornelius  Baibus,  familiarissimcB  Caesaris,  wel- 
cher letztere  Ausdruck  Beziehung  auf  den  Balbus  minor  (unten  196,  4) 
nicht  empfielüt.    Briefe  des  Balbus  maior  au  Cicero  aus  J.  705  bei  Cic, 


312  Cicerouische  Zeit.  Zweite  Hälfte,  691—711. 

ad  Att.  VUI,  16  A.   IX,  7  B.    13  A;  ein  gemeinBcbafblich  mit  Oppius  ver- 
fasster  ib.  IX,  7  A. 

3.  Bell.  gall.  VIII  träg^  am  SchlosBe  im  Par.  n  den  Namen  A.  Hir- 
tii,  wie  aach  im  Bougars.  I  und  Scaligeranos.  Die  Anlage  ist  wohlgeord- 
net, die  Sprache  die  der  besten  Zeit,  doch  die  Darstellung  ohne  Caesars 
Frische;  sie  hat  vielmehr  etwas  Mattes,  Lebloses  und  Eintöniges  (Nipper- 
dey  1817,  p.  13).  So  namentlich  im  Satzbau  (Vorliebe  für  cum)  und  in  der 
Wortstellung.  Das  bellum  alexandrinum  zeigt  bereits  grössere  stili- 
stische Gewandtheit  und  (wohl  in  Folge  des  anziehenderen  Stoffes)  lebhaf- 
tere Färbung,  theilt  aber  mit  b.  g.  VIII  so  viele  sprachliche  Eigenheiten 
dass  die  Identität  des  Verfassers  nicht  zu  bezweifeln  ist  (Nipperdey  p.  14  f.). 
Dagegen  im  bell,  africanum  ist  die  Erzählung  umständlicher  und  befolgt 
mechanisch  die  Zeitordnung;  der  Parteistandpunkt  des  Verf.  ist  naiv,  seine 
Loyalität  täppisch;  die  Sprache  zeigt  viele  Nachlässigkeiten  und  vulgäre 
Wendungen  (z.  B.  unrichtigen  Gebrauch  des  Plqpf.),  Streben  nach  Gross- 
artigkeit ohne  die  Befähigung  dazu,  einen  beschränkten  Wortschatz  (be- 
sonders häufig  ist  auch  interim),  Anwendung  von  Ausdrücken  und  Con- 
structionen  (z.  B.  Inf.  bist.)  die  bei  Hirtius  fehlen  (Nipperdey  p.  15  —  24). 
Umständlich,  bis  zur  Unfähigkeit  Wesentliches  und  Unbedeutendes  zu  un- 
terscheiden, ist  auch  bell,  hispaniense,  »d  ebenso  ist  das  Mechanische 
der  Anlage  hier  ins  Unleidliche  gesteigert;  auch  die  Vulgarismen  sind  hier 
zahlreicher  und  erstrecken  sich  ausser  dem  Plqpf.  auch  auf  den  Coi^junctiv 
und  viele  einzelne  Wendungen  (wozu  auch  wohl  bene  multi  u.  dgl.  ge- 
hört); sogar  grobe  Sprachschnitzer  sind  häufig  genug.  Von  Satzbau  und 
Stil  ist  kaum  eine  Spur.  Mit  dieser  Uncultur  bilden  einen  heitern  Gontrast 
die  manchfachen  Citate  (bes.*  aus  Ennius)  welche  der  Verf.  anbringt  (Nip- 
perdey p.  24 — 30).  Aus  dem  flüchtigen  Charakter  der  ursprünglichen 
Schrift  mag  sich  theilweise  auch  ihr  verdorbener  Text  erklären.  Der  Ver- 
fasser focht  selbst  in  dem  Kriege  mit,  kann  also  Oppius  nicht  sein,  der 
sich  damals  in  Bom  befand,  wie  auch  der  ältere  Baibus.  Ebenso  verräth 
bell.  afr.  eine  zu  niedrige  Bildungsstufe  als  dass  es  von  Oppius  verfasst 
sein  könnte,  vielmehr  wird  es  gleichfalls  von  einem  subalternen  Theilneh- 
mer  am  Kriege  herrühren,  dessen  Aufzeichnungen  Hirtius  zu  benutzen  ge- 
ilachte.   Vgl.  Nipperdey  p.  33  f. 

^4.  C.  E.  C.  Schneider,  nova  comment.  de  hello  hisp.  recensio,  und  de 
indagando  belli  hisp.  scriptore,  Breslau  1837.  4. 

186,  Cornelius  Nepos,  gebürtig  aus  OberitaUen  und  be- 
freundet mit  Atticus  und  Cicero^  wie  mit  seinem  jüngeren  Lands- 
mann Catullus.  Seine  Lebenszeit  fallt  wohl  zwischen  660  und 
730  d.  St.  Neben  erotischen  Gedichten  waren  drei  Bücher 
Chronica  sein  frühestes  Werk;  auch  ^in  geographisches  scheint 
er  verfasst  zu  haben.  Seine  übrigen  Schriften  zeigen  Einfluss 
des  Yarro  in  ihrem  Interesse  für  das  Culturgeschichtliche^  ihrer 
biographischen  und  moralisierenden  Richtung.  So  die  fünf  Bü- 
cher Exempla^  die  ausführlichen  Lebensbeschreibungen  des  äl- 
teren  Cato  und  des  Cicero,    besonders  aber    sein   letztes    und 


Cornelius  Nepos.  313 

umfassendstes  Werk,  de  viris  illustribus,  mindestens  sechszehn 
Bacher,  worin  Römer  und  Auswärtige  in  parallelen  Abtheilun- 
gen behandelt  waren.  Was  davon  erhalten  ist,  das  Buch  de 
excellentibus  ducibus  exterarum  gentium  und  (aus  dem  Buche 
de  latinis  historicis)  die  Lebensbeschreibungen  des  Cato  und 
des  Atticus,  zeugt  weder  von  geschichtlicher  Kritik  noch  von 
sülistischer  Vollkommenheit,  ist  aber  bei  dem  Mangel  besserer 
Quellen  öfters  von  Werth  und  empfiehlt  sich  durch  Uebersicht- 
lichkeit  und  Anspruchslosigkeit  der  Darstellung. 

1.  Vorname  unbekannt.  Heimat:  Plin.  N.  H.  IIl,  18,  127:  Nepos,  Padi 
accola.  Plin.  Ep.  IV,  28,  1  an  Vibius  Severas:  Herennius  Sevenia  .  . 
magni  aestimat  in  bjbliotheca  sua  ponere  imagines  munidpmn  tuorum, 
Comelii  Nepotis  et  T.  Catii  (des  Insubrer's,  oben  160,  3).  Ostiglia  (Hosti- 
Ha)  bei  Mantua,  das  neben  andern  Orten  darauf  Anspruch  macht  seine 
Gebortsstätte  zu  sein,  hat  ihm  am  2  Mai  1868  ein  Standbild  errichtet. 
Lebengzeit:  Hieronym.  ad  Pammach.  12,  IL  p.  419  Vall.:  refert  .  .  Cor- 
nelias Nepos  se  praesente  .  .  eam  pro  Cornelio  . .  defensionem  peroratam 
(J.  689  d.  St.,  B.  oben  167,  1).  Plin.  N.  H.  IX,  39,  137:  Nepos  Cornelius, 
qm  divi  Augusti  principatu  obiit,  me,  inquit,  iuvene  violacea  purpura  vi- 
gebat  .  .  nee  multo  post  rubra  Tarentina,  huic  successit  dibapha  T3rria.  . . 
bac  P.  Lentnlus  Spinther  aedilis  cunilis  (J.  691  d.  St.)  primus  in  praetexta 
0808  improbabatur.  Vgl.  ib.  XXXVI,  7,  59.  J.  710  d.  St.  starb  ihm  ein 
Sohn  als  puer  (Cic.  ad  Att.  XVI,  14,  4).  Diess,  sowie  die  Bewunderung 
womit  er  an  Atticus  (geb.  645)  emporblickt,  macht  wahrscheinlicher  dass 
Nepos  um  660  geboren  war  als  (wie  Mommsen  und  Andere  ihn  ansetzen) 
am  650.  Com.  XXV,  19,  1  (quoniam  Fortuna  nos  superstites  ei  esse  voluit) 
beweist  keine  Altersgleichheit  mit  Atticus.  Aus  unerkennbarem  Grunde 
berichtet  Hieron.  zu  Eus.  Chron.  erst  ad  a.  Abr.  1977  =  01.  185,  1  =  714 
d.  St  :  Cornelius  Nepos  scriptor  historicus  clarus  habetur.  Er  überlebte 
den  Catull  (Att.  12,  4)  und  Atticus  (t722;  Att.  19,  1),  ohne  dass  aber  be- 
kannt ist  wie  lange  er  nach  Herausgabe  des  Zusatzes  zum  Atticus  (s. 
A.  4,  Schluss)  noch  lebte. 

2.  VerhSltniss  zu  Atticus,  Cicero  und  CatulL  Att.  13,  7:  saepe  propter 
fomiliaritatem  domestids  rebus  interfuimus.  Da  Atticus  668—689  in  Athen 
lebte,  kann  die  familiaritas  nicht  vor  690  begonnen  haben.  —  Gell.  XV, 
28,  1  zu  stark:  Cornelius  Nepos*.  .  M.  Ciceronis  ut  qui  maxime  amicus 
familiaris  fuit.  Briefwechsel  des  Cicero  mit  Nepos  (oben  170,  3).  Rest 
daraus  bei  Suet.  Caes.  55;  von  einem  Briefe  des  Nepos  an  Cic.  bei  Lac- 
tant  Inst.  LH,  15,  10  (oben  40,  2).  Anderes  bei  Cic.  ad  Att.  XVI,  5,  5. 
14,  4.  Catull  mochte  an  den  Landsmann  von  der  Heimat  aus  empfohlen 
sein  ond  fand  an  ihm  einen  Gönner,  der  seiner  auch  in  seinen  Chronica 
rühmend  gedachte;  8.  Catull  1,  8£P. 

3.  Nicht  erhaltene  Schriften.  1)  erotische  Gedichte.  Plin.  Ej».  V,  3,  6: 
inter  quos  vel  praecipue  uumerandus  est  P.  Vergilius,  Cornelius  Nepos  .  . 
non  quidem  hi  senatoree,  sed  sanctitas  morum  non  distat  ordinibus.  — 
2)  Chronica.     Catull    1,   5  ff.:   iam   tum   cum   ausuö   es   unug   Italorum 


314  Ciceronische  Zeit.  Zweite  Hälfte,  691—711. 

Omne  aevmn  tribus  explicare  charÜB,  DoctiB,  luppiter,  et  laboriosis.  An- 
son.  Epifit.  16:  apologos  Titiani  et  Nepotis  chroniea,  qnasi  alios  apologos 
(nam  et  ipsa  iustar  sunt  fabularum)  .  .  migi.  Dass  Saturn  als  Mensch  be- 
handelt war  deutet  auf  naiven  Eubemerismus.  Das  Qanze  war  wohl  ein 
chronologischer  Abriss  dergleichen  auch  Atticus  und  Yarro  verfasst  hatten, 
nur  vielleicht  gleichmäseiger  auf  die  ausserrömischen  Daten  erstreckt.  Die 
Anftihrungen  daraus  in  C.  L.  RotVs  Ausgabe  p.  178  f.  —  8)  Exempla. 
Gell.  VI,  18,  11:  Cornelius  Nepos  in  libro  Exemplorum  quinto  .  .  litteris 
mandavii  Nach  den  Anfuhrungen  daraus  (bei  Both  p.  179  f.)  scheint  es 
dass  darin,  im  Geiste  des  Yarro,  die  Einfachheit  des  alten  Bom  den  ent- 
arteten Sitten  der  Gegenwart  gegenübergestellt  war.  Mamurra  (f  709?) 
war  darin  genannt,  und  vielleicht  ist  daraus  auch  Suet.  Aug.  77 :  non  am- 
plius  ter  bibere  eum  solitiun  super  cenam  in  castris  apud  Mutinam  Cor- 
nelius Nepos  tradit.  —  4)  Leben  des  Cato.  Com.  Nep.  Cat.  3,  5:  huius 
de  vita  et  moribus  plura  in  eo  libro  persecuti  sumus  quem  separatim  de 
eo  fedmus  rogatu  T.  Pomponii  Attid.  —  5)  Leben  des  Cicero  (in  mehreren 
Büchern),  wohl  nach  dessen  Tod  verfasst.  Gell.  XY,  28,  2:  Cornelius  Ne- 
pos .  .  in  Ubrorum  primo  quos  de  vita  illius  (Cic.)  composuit  errasse  vi- 
detur.  —  6)  Geographisches  Werk,  wie  es  scheint  in  der  Weise  der  Para- 
doxographen,  ohne  Sichtung  der  Nachrichten,  doch  mit  Angabe  der 
Ortsentfemungen.  Plin.  N.  H.  Y,  1,  4:  minus  profecto  mirentur  portentosa 
Graeciae  mendada  .  .  qui  cogitent  nostros  nuperque  paulo  minus  monstri- 
fica  quaedam  .  .  tradidisse,  .  .  quaeque  alia  Cornelius  Nepos  avidissime 
credidit.    Die  sonstigen  Erwähnungen  des  Werkes  bei  Both  p.  187 — 189. 

4.  Hieronym.  II.  p.  821  YalL:  (de  viris  illustribus  scripseruut)  apud 
Latinos  .  .  Yarro  (in  den  Imagines),  Santra,  Nepos,  Hjginus  et  .  .  Tran- 
quillus.  Gell.  XI,  8,  5:  in  libro  Comeli  Nepotis  de  inlustribu«  viris  XIII 
(über  Cato).  Charis.  I.  p.  141  K.:  Cornelius  Nepos  inlustrium  XY,  und: 
Cornelius  Nepos  inlustrium  virorum  libro  XYI.  vgl.  II.  p.  220,  12:  Nepos 
de  iulustribus  viris  IL  Serv.  Aen.  I,  868:  Cornelius  Nepos  in  eo  libro  qui 
Yita  illustrium  inscribitur.  Yerweisungen  bei  Com.  Nepos  selbst.  X,  3,  2: 
sed  de  hoc  in  eo  libro  plura  sunt  exposita  qui  de  historicis  graecis  con- 
scriptuB  est.  praef  8:  in  hoc  exponemus  libro  de  vita  excellentiuni  im- 
peratorum.  XXIII,  13,  4:  sed  nos  tempus  est  huius  libri  facere  finem  et 
Bomanorum  explicare  imperatores,  quo  fadlius,  coUatis  utrorumque  factb, 
qui  viri  praeferendi  sint  possit  iudicari.  Unter  den  nichtrömischen  impe- 
ratores werden  zuerst  die  griechischen  behandelt,  dann,  nach  einer  Ueber- 
sicht  über  die  griechischen  Könige  welche  zugleich  imperatores  waren, 
Hamilcar  und  Hannibal.  Ygl.  XXI,  1,1:  hi  fere  fuerunt  g^aecae  gentis 
duces  (darunter  auch  Datames)  qui  memoria  digni  videantur,  praeter  re- 
ges, namque  eos  attingere  noluimus,  quod  omnium  res  gestae  separatim 
sunt  relatae  (in  dem  Buche  de  regibus).  Auf  Bücher  de  pogtis  und  de 
grammaticis  weisen  Anführungen  bei  Suetou,  vita  Terent.  1.  3.  gramm.  4 
ygl.  Diomed.  I.  p.  405  P.  =>  410,  9  E.  Hienach  waren  die  viri  illustres 
nach  den  Gebieten  unterschieden  worin  sie  sich  auszeichneten  und  inner- 
halb dieser  wiederum  Nichtrömer  (exteramm  gentium  oder  graed)  und 
Bömer  in  parallelen  Büchern  behandelt,  ganz  wie  in  den  Imagines  des 
Yarro  (oben  154,  5).  Die  Anfuhrungen  aus  nichterhaltenen  Büchern  bei 
Both  p.  181—186.    Zur  Char^teristik  des  vollständigen  Werkes  v^l.  auch 


Cornelius  NepoB.  315 

XYl,  1,1:  vereor  .  .  ne  non  vitam  eins  enarrare,  sed  hiBtoriam  videar 
Bcribere.  XV,  1,  3:  com  exprimere  imaginem  consuetudinis  atqne  vitae 
velimus.  XXV,  19,  1:  rerum  exemplis  lectores  docebimus  .  .  suos  cuique 
mores  plenunque  conciliare  fortunam.  Moralisieren  auch  VUI,  2,  8.  3,  2. 
Widmung  an  Atticus,  s.  praef.  1.  Herausgabe  zwischen  719  und  721;  Zu- 
satz zum  Leben  des  Atticus  (nach  dessen  Tode)  725  oder  726  d.  St.,  jeden- 
falls vor  727,  wo  Octavian  (Imperator  seit  725)  den  'Htel  Augustus  erhielt; 

8.  XXV,  19,  2:  in  affinitatem  perrenit  Imperatoris,  Divi  filü. 

• 

5.  Massig  ist  das  Lob  bei  Gell.  XV,  28,  1:  Cornelius  Nepos  remdi 
memoriae  non  indiligens.  Quintilian  nennt  ihn  in  seiner  Aufzählung  der 
römischen  Geschichtschreiber  nicht,  und  Plinius  (s.  A.  3,  Schluss)  bezich- 
tigt ihn  der  Leichtgläubigkeit.  Zu  der  Vorstellung  die  wir  hienach  von 
seiner  Grosse  als  Geschichtschreiber  erhalten  stimmt  vollkommen  was  von 
ihm  auf  uns  gekommen  ist.  Man  begpreift  nicht  warum  er  unter  den  du- 
ces  oder  imperatores  gerade  diese  ausgewählt,  andere  (und  darunter  einen 
Brasidas,  Aratos,  Philopömen,  Kleomenes  Ul)  übergangen  hat;  ebenso  steht 
die  Ausführlichkeit  der  Behandlung  keineswegs  immer  im  VerhSJtniss  zur 
Wichtigkeit  des  Geschilderten;  wesentliche  Quellen  (wie  Herodot)  bleiben 
imbenützt,  die  benützten  werden  vielfach  flüchtig  behandelt  und  missver- 
ätanden.  Die  Reihenfolge  der  duces  und  die  Anordnung  des  Stoffes  in 
ihren  vitae  ist  planlos;  Wichtiges  und  Unwichtiges  wird  nicht  gehörig 
unterschieden;  das  Chronologische  wird  oft  vernachlässigt,  um  so  grösse- 
res Interesse  dem  Curiosen  und  Anekdotenhaften  zugewendet.  Die  Cha- 
rakteristik der  Einzelnen  ist  meist  einseitig,  vorzugsweise  die  Lichtseiten 
hervorkehrend,  und  gewöhnlich  wird  der  gerade  Geschilderte  als  der 
Grösste  in  seiner  Art  hingestellt.  Der  Stil  gehört  zu  dem  genus  tenue 
und  hat  etwas  Zierliches  so  lange  er  sich  in  kurzen  Sätzen  bewegt;  unter- 
ninunt  der  Verfasser  grössere  Perioden,  so  verwickelt  er  sich  in  der  Kegel 
und  stolpert.  Sprachschatz  und  Wortstellung  zeigen  wenig  Abwechslung. 
Einzelne  Wörter  und  Constructionen  weichen  von  dem  Sprachgebrauche 
der  mustergiltigen  Prosaisten  der  Zeit  ab.  Aber  wer  desshalb  den  Schrifb- 
steller  in  einen  andern  Zeitraum  verlegen  wollte  würde  weit  über  das 
Ziel  hinausschiessen.  Eine  Zeit  welche  neben  einem  Cicero  und  Caesar 
nicht  nur  einen  Varro  umschliesst  sondern  auch  die  Verfasser  des  bell. 
afr.  und  hisp.  und  die  bald  auch  einen  Vitrüv  sah  hat  sehr  gut  Raum 
auch  für  einen  Stilisten  wie  Cornelius  Nepos.  Allem  nach  war  er  ein  gut- 
mütiger, wohlwollender,  ehrlicher,  aber  geistig  ziemlich  beschränkter 
Mensch  und  Schriftsteller.     Vgl.  Nipperdey's  Einleitung  (1849)  S.  XXI  f. 

xxvm— XXXIT. 

6.  Viel  Verwirrung  hat  ein  Epigramm  von  sechs  Distichen  angerichtet 
welches  in  den  Handschriften  hinter  dem  Buche  de  ezcell.  ducibus  ext. 
gent.  steht  und  worin  der  Eedeude  sein  Buch  dem  Theodosius  (I?)  über- 
reicht, mit  der  Unterschrift  Aemilii  Probi  de  exe.  duc.  ext.  gent.  Hber  ex- 
plicit.  Darnach  hat  sich  namentlich  Fr.  W.  Rinck  grosse  Mühe  gegeben 
diesen  Aemilius  Probus  unter  Theodosius  als  den  Verfasser  der  fraglichen 
vitae  zu  erweisen.  Da  aber  eine  solche  Datierung  des  Werkes  literar- 
historisch und  stilistisch  unmöglich  ist,  und  die  unbestritten  von  Cornelius 
Nepos  herrührenden  vitae  des  Cato  und  Atticus  genau  die  gleichen  histo- 


316  Ciceronische  Zeit  Zweite  Hälfte,  691 — 711. 

riographisclien  uud  spracliliclien  EigenthümlicLkeiten  zeigen  wie  die  der 
daces,  so  ist  sicher  der  Name  des  Aemilias  Probas  nur  auf  die  Urheber- 
schaft des  Epigramm  zu  beziehen  womit  derselbe  die  von  ihm  gefertigte 
Abschrift  des  Cornelius  Nepos  begleitete.  Möglich  dass  (wie  Bergk,  Phi- 
lologus  XII.  S.  580,  vermutet)  der  eine  Theil  des  Namens  überdiess  aus 
Missverstäudniss  von  EM(endavi)  PBOBVS  entstanden  ist.  Auoh  für  die 
Annahme  dass  das  uns  vorliegende  Werk  ein  später  gemachter  Auszug 
aus  dem  ursprünglichen  des  Cornelius  Nepos  sei  gibt  es  keinen  irgend 
haltbaren  Grund.  Vgl.  Madvig  opusc.  II.  p.  123,  n.  1.  Lachmann,  Rhein. 
Mus.  II  (1843)  8.  144.  Fleckeisen,  Philologus  lY.  S.  345.  Nipperdey  (1849) 

s.  XXXVI- xxxvm. 

7.  De  librorum  numero  et  auctoritate  in  C.  L.  Roth's  Ausgabe  (1841) 
p.  207—243.  251—267.  So  zahlreich  die  Handschriften  sind,  so  geht 
doch  keine  über  das  12te  Jahrh.  zurück;  die  meisten  sind  aus  dem  15ten, 
haben  alle  im  Ljsander  dieselbe  Lücke  und  stammen  alle  aus  derselben 
Urhandschrift.  Die  ältesten,  besten  und  vollständigsten  Abschriften  dieses 
archetypus  sind  die  des  Gifanius  oder  des  Daniel,  der  Leidensis,  der  Par- 
censis  zu  Löwen  (Rhein.  Mus.  VIII.  S.  626—639.  W.  Vischer,  Philologus 
XXVI.  S.  706  f.),  sowie  eine  ütrechter  Ausgabe  von  1642. 

8.  Die  Ausgaben  sind  zahllos;  s.  Schweiger,  class.  Bibliographie  11, 
1.  S.  294  S.  Bardili's  Praef.  p.  XIX  ff.  und  über  die  ältesten  Roth  (1841) 
p.  243 — 261.  Ed.  princeps  ap.  lensouum,  Venet.  1471  fol.  Hauptausgaben 
von  Lambin  (Paris  1569.  4.),  A.  Schott  (cum  uotis  varr.  Frankf.  1608.  fol), 
Böcler  (Argentor.  1640),  J.  A.  Bos  (cur.  Fischer,  Lips.  1769),  A.  van  Sta- 
veren  (Lugd.  Bai  1734.  1773.  Stuttg.  1820,  2  Bde,  cur.  W.  H.  Bardili),  J. 
M.  Heusinger  (cum  perp.  ann.,  Eisenach  1747),  J.  H.  Bremi  (ed.,  illustr., 
Zürich  1796.  1812.  1819.  1827),  J.  Ch.  Dähne  (ed.  et  ann.  adi.  Lips.  1827). 
Erste  kritische  Ausgabe  von  C.  L.  Roth,  Aemilius  Probus  etc.  praemissa 
sunt  Rinckii  prolegomena  (p.  I— CLXII),  Basel  1841.  Erklärt  von  C.  Nip- 
perdey, Leipzig  1849. 

Schulausgaben  (mit  deutschen  Anmerkungen,  bzhgsw.  Wörterbuch) 
von  F.  S.  Feldbausch  (Heidelberg  1828),  Dähne  (Hehnstedt  1830),  Fr.  Bil- 
lerbeck (Hannover  1830  u.  sonst),  C.  W.  Reinhold  (Pasewalk  1839.  1854), 
J.  Siebeiis  (Leipzig,  Teubner,  1851  ff.  6.  Aufl.  1867),  C.  Nipperdey  (kleine 
Ausg.,  4.  Aufl.  Berl.  1864),  C.  W.  Nauck  (Königsberg  1856),  R.  M.  Horstig 
(Wittenberg  1862),  F.  W.  Hinzpeter  (Bielefeld  1866,  3.  Aufl.)  u.  A. 

Texte  von  G.  A.  Koch  (Lips.  Tauchn.  1855),  R.  Dietsch  (Lips.,  Teub- 
ner, 1863),  C.  Nipperdey  (Berhn  1867). 

Uebersetzungen  von  J.  A.  B.  Bergsträsser  (z.  B.  Frankfurt  1815),  J. 
Siebeiis  (Stuttgart,  Hoffmann,  1856),  J.  Dehlinger  u.  R.  Stern  (Stuttgart 
Metzler  1869)  u.  A. 

Cornelius  Nepos  zum  Uebersetzen  aus  dem  Lat.  ins  Griechische  bear- 
beitet von  R.  Volkmann,  Leipzig  1862. 

Beiträge  zur  Textkritik  von  A.  Fleckeisen  (Philologus  IV.  S.  308—351), 
Heerwagen  (Collect.,  Baireuth  1849.  4.),  C.  Nipperdey  (Spicilegium  erit.  in 
C.  N.,  Lips.  1850;  Spie,  alterius  P.  I.    Jena  1868.  4.). 

W.  F.  Rinck,  saggio  di  un  essune  critico  etc.  Venedig  1818;  übersetzt 


Cornelius  Nepos.  Kigidius  Figulus.  317 

▼on  D.  Hermann,  Leipzig  1819;  amgearbeitet  in  C.  L.  Bothos  Ausgabe. 
C.  F.  Bänke,  comm.  de  G.  N.  vita  et  scriptis,  Quedlinburg  1827.  4.  A. 
Watidd,  de  C.  N.,  Dorpat  1832.  G.  E.  F.  Lieberkühn,  de  auctore  vitt. 
quae  sab  nomine  C.  N.  femntur,  Lips.  1837;  Yindiciae  Hbrorum  iniuria 
raspectoTom,  Lips.  1844  (defensio  C.  N.  contra  Aem.  Pr.  librarium).  J. 
Th.  Lütkenhns,  de  C.  N.  vita  et  scriptis,  MOnster  1838.  A.  F.  Nissen,  de 
TiÜB  quae  vulgo  C.  N.  nomine  feruntur,  Bendsburg  1839.  4.  H.  Peck, 
Jahns  Archiv  X.  S.  73 — 98.  Heerwagen,  Münchner  Gel.  Anz.  1846,  Nr.  28 
—  32.  A.  Linsmajer,  de  vit.  exe.  duc.  München  1858.  4.  Winkler,  Bei- 
td^re  zu  der  Streitfrage  etc.  Berl.  Ztschr.  f.  Gymn.  XIX.  S.  433-443. 
L.  Grasberger,  zur  Würdigung  des  G.  N.,  Eos  L  S.  225—242. 

De  fontibus  et  auctoritate  C.  N.  von  J.  F.  Hisely  (Delft  1827),  B.  H. 
Eys.  Wichers  (Groningen  1828),  A.  Ekker  (Acta  soc.  Bheno  -  Traiect.  IIL 
1828.  p.  193  ff.).  Quaestiones  historicae  in  C.  N.  vitas  von  Freudenberg 
(Cdbü  ld39.    Bonn  1841.  4.),  Biedermann  (Bonn  1842.  4.). 

Zur  vita  Alcibiadis  J.  Wiggera  (Lips.  1833),  Gatonis  A.  F.  B.  S.  van 
Heemfra  (Lugd.  Bat.  1825),  Attici  J.  Held  (Prolegomena,  Breslau  1826). 

Domheim,  Beiträge  zur  Latinität  des  G.  N.,  Detmold  1861.  4. 

B.  Hanow,  de  G.  N.  a  loco  quem  in  scholis  obtinet  removendo,  Zül- 
lichau  1850.  4.  Dagegen  z.  B.  Pomtow,  Berliner  Ztschr.  f.  Gymn.  XIV. 
S.  897—926. 

186.  Unter  den  Gelehrten  der  Zeit  nahm  die  nächste  Stelle 
Bach  Varro  P.  Nigidius  Figulus  (Prätor  J.  696)  ein,  wel- 
cher in  umfassenden  Werken  nicht  blos  die  Grammatik  sondern 
auch  die  Theologie  und  verschiedene  Zweige  der  Naturforschung 
behandelte,  aber  bei  seiner  Richtung  auf  das  Entlegene  und 
Absonderliche  wenig  Einfluss  gewann  und  bald  durch  Yarro 
völlig  in  Schatten  gestellt  wurde.  Mit  Astrologie  befasste  sich 
auch  L.  Tarutius,  und  Appius  Claudius  (Cos.  700)  trieb  Nekro- 
Biantie  und  schrieb  über  das  Auguralwesen,  lieber  das  Letz- 
^re  yerfassten  gleichfalls  Schriften  C.  Marcellus,  M.  Messala 
(Cos.  701),  L.  Caesar  und  A.  Caecina.  lieber  verwandte  Ge- 
genstände schrieb  Veranius  und  ein  Manilius. 

1-  P.  Nigidius  (Cic.  p.  Süll.  14,  42.  Timae.  1.  Plufc.  Cic.  20.  an  seni 
^  u.  sonst)  Figulus  (vgl.  Schol.  Lucan.  I,  639),  Prätor  696  (Cic.  ad  Qu. 
^'  If  2,  6,  15),  also  spätestens  656  geboren.  Als  eifriger  Pompejaner  von 
Caesar  verbannt  (Cic.  ad  fam.  IV,  13  vom  J.  708).  Hieron.  zu  Eus.  Chron. 
*•  Abr.  1972  =  Ol.  183,  4  =  709  d.  St.:  Nigidius  Figulus  Pythagoricus 
^t  magUB  in  ezilio  moritur.  Als  Pythagoreer  war  er  politisch  conservativ 
QQd  leistete  dem  Cic.  gegen  Catilina  wesentliche  Dienste  (p.  Süll.  u.  Plut. 
^  1).  Orphisch  mystische  und  magische  Richtung  des  damaligen  Pytha- 
goreismos,  auch  bei  Nig.  Fig.  Geheimkünste,  Herbeischaffen  von  Gestoh- 
lenem (Apulej.  mag.  42),  Nativitätstellen  (Suet.  Aug.  94.  Dio  XLY,  1). 
Vielleicht  auf  hiedurch  herbeigeführte  Coufiicte  mit  der  Polizei  bezieht 


318  Ciceromscbe  Zeit.  Zweite  Hälfte,  691—711. 

sich  das  sacrilegium  Nigidianum  bei  Ps.  Cic.  in  Sali.  resp.  5.   Vgl.  Momin- 
Ben  E.  G.  III «.  S.  552  f. 

2.  M.  Hertz,  de  P.  Nigidii  Figuli  studüa  atqae  operibus,  Berlin  1845. 
Quaestiones  Nigidianae  von  J.  Klein  {de  vita  Nigidii,  Bonn  1861)  und  J. 
Frey  (Böasel  1867.  4.).  Sammlung  seiner  Fragmente  von  A.  Bicoobonns 
(Basel  1579),  J.  Rutgers  (Var.  lect.,  Lugd.  B.  1618,  UI,  16.  p.  246—298); 
der  astronomischen  bei  B.  Merkel,  Ovid.  Fast  p.  LXXXVI  ff.  A.  Breysig, 
de  N.  F.  fragmentis  apud  schol.  Germanici  servatis,  Berlin  1854.  F.  Bfi- 
cheler,  Bhein.  Mus.  XIU.  S.  177  ff. 

3.  Cic.  Timae.  1 :  fuit  vir  ille  cum  ceteris  artibus,  quae  qnidem  dignae 
Ubero  essent,  omatus  Omnibus,  tum  acer  investigator  et  diligens  earum 
rerum  quae  a  natura  involutae  yidentur.  denique  sie  iudico,  post  illos 
nobiles  Pythagoreos  .  .  hunc  ezstitisse  qui  illam  (disciplinam)  renovaret. 
GelL  lY,  9,  1:  Nigidius  Figulus,  homo,  ut  ego  arbitror,  iuzta  M.  Yarro- 
nem  doctissimus.  Ygl.  ib.,  16,  1.  X,  11,  2  (bomo  in  omnium  bonarom  ar- 
tium  disdplinis  egregius).  XI,  11,  1.  XIII,  26,  1.  5.  XY,  3,  5.  XYII,  7,  4. 
Schol.  Bob.  Cic.  Yatin.  p.  317  Or.  Serv.  Ae.  X,  175:  Nigidius  est  solus 
post  Varronem,  licet  Yarro  praecellat  in  theologia,  hie  in  communibus  lit- 
teris.    nam  uterque  utrumque  scripsit. 

4.  Commentarii  grammatici  wahrscheinlich  in  30  Büchern  (GelL  X,  5, 
1 :  P.  Nigidius  dicit  in  commentariorum  undetricesimo),  die  Grammatik  in 
ihrem  ganzen  Umfang  behandelnd,  auch  Orthographie,  Synonymik,  Ety- 
mologie, und  gern  auf  die  Ursachen  der  Erscheinungen  zurückgehend, 
vielfach  im  A^^schluss  an  Yarro.  In  der  Etymologie  Purist  (frater  z.  B. 
von  fere  alter).  Gell.  XYII,  7,  5:  anguste  perquam  et  obscure  disserit,  ut 
signa  rerum  ponere  videas  ad  subsidium  magis  memoriae  suae  quam  ad 
legentium  disciplinam.  XIX,  14,  3:  Nigidianae  commentationes  non  pro- 
inde  (wie  die  des  Yarro)  in  volgus  exeunt  et  obscuritas  subtilitasque  earum 
tamquam  parum  utilis  derelicta  est. 

6.  Quintil.  XI,  3,  143 :  qui  de  gestu  scripserunt  circa  tempora  illa  (der 
veteres),  Plotius  Nigidiusque. 

6.  P.  Nigidius  in  libro  quem  de  eztis  composuit.  Gell.  XYI,  6,  12. 
Nigidius  Figulus  in  libro  primo  augurii  privati,  ib.  Yü  (VI),  6,  10.  Lyd. 
de  ostent.  45:  6  NiyCdiog  iv  rj  töov  ovsCqtov  iniaxi^si,  Ygl.  ib.  27  ff. 
[i(p7Jii8QOs  ß(fOvxoa%onta  .  .  Tiara  tov^Pcmaiov  ^lyovXov  i%  xoiv  Tayiqxoq), 

7.  Macrob.  lU,  4,  6:  Nigidius  de  dis  libro  nono  decimo.  Es  werden 
also  wohl  mindestens  20  gewesen  sein.  Sie  erstreckten  sich  auch  auf  den 
Cultus,  einheimischen  wie  ausländischen.  Sammlung  der  Ueberreste  in 
Merkers  Ausg.  der  Fasten,  p.  CLXXXY  ff. 

8.  Naturwissenschaftliche  Schriften.  Cic.  Timae.  1  (s.  oben  A.  3).  a) 
Astronomisches.  Serv.  Ge.  I,  43:  Nigidius  in  Sphaera  graecanica;  218: 
Nigidius  commentario  Sphaerae  graecanicae.  ib.  19:  Nigidius  .  .  Sphaerae 
barbaricae.  Ueber  deren  Yerhältniss  s.  Bücheier,  Bhein.  Mus.  XIII.  S.  177 
— 188.  —  b)  P.  Nigidii  in  secuudo  librorum  quos  de  vento  composuit  verba. 
Gell.  II,  22,  31.  Nigidius  de  ventis  IIH  ait,  Schol.  Bern.  Georg.  I,  428. 
Nach  C.  Wachsmuth  (Lyd.  de  ost.  p.  XXI Y — XXYI)  ist  daraus  was  sich 
bei  Lydus  ost.  p.  19  f.  über  die  Wetterzeichen  findet.  —   c)  Zoologisohes. 


NigidiuB  Fignlus,  Ap.  Claudius,  Caecina  u.  A.  319 

GeDL  VI  (VH),  9,  6;  P.  Nigidius  de  animalibus  Ubro  IL  Macrob.  lü,  16, 
7:  Nigidius  Figulus  .  .  in  .  .  libro  de  animalibus  quarto.  Rutgers  p.  270  fr. 
Serv.  Ae.  I,  178:  Nigidius  de  hominum  naturalibus  IUI  (über  die  Zeu- 
gung); TgL  Plin.  N.  H.  VII,  15,  66  f.  —  Eine  Schrift  de  terria  behauptet 
J.  Klein  p.  26. 

9.  Cic.  de  diyin.  II,  47,  98:  L.  Tarutius  Firmanus,  familiaris  noster, 
in  primis  Chaldaeicis  rationibus  eruditus,  urbis  nostrae  natalem  diem  re- 
petebat  etc.  Vgl.  Plut.  Romul.  12.  Lyd.  de  mens.  I,  14  (Tag^ovriog  6 
fut^flliaxLHOs).    Oben  182,  6.    Mommaen,  röm.  Ghronol.*  S.  145  ff. 

10.  Appius  Claudius  Ap.  f.  Pulcher,  Augur  seit  695,  Prätor  697, 
CoB.  700,  als  Procos.  yon  Kilikien  Cicero*s  Vorgänger,  Censor  704,  f  706; 
ein  rechtes  Prototyp  des  Durchschnittsschlags  der  damaligen  Nobilität, 
sich  selbst  Alles  erlaubend,  gegen  Andere  aber  eine  strenge  Amtsmiene 
annehmend,  und  von  einer  Halbbildung  welche  allem  Aberwitze  Baum  liess. 
VgL  A.  Haakh  in  Pauly's  B^al-Enc.  II.  S.  412-416,  Nr.  41,  und  Bull,  dell* 
inst.  arch.  1860,  p.  225  —  233.  1861,  p.  63  f.  C.  I.  lat.  I,  619.  p.  181  f. 
Cic.  Brat.  77,  267:  Appius  Claudius,  collega  et  familiaris  mens,  .  .  et  satis 
stodioBos  et  valde  cum  doctos  tum  etiam  exercitatus  orator  et  cum  auga- 
rabs  tum  omnis  publici  iuris  antiquitatisque  nostrae  bene  peritus  fuit. 
Tose.  I,  16^  37:  ea  quae  mens  amicus  (zeitweise)  Appius  v8%vo(iavxsia 
fadebat.  de  diyin.  I,  58,  132 :  psychomantia,  quibus  Appius  .  .  uti  solebat. 
ad  €am.  III,  4,  1  (J.  703)  an  ihn:  illo  libro  augurali  quem  ad  me  aman- 
tisiime  scriptum  suavissimum  misisti.  de  legg.  II,  13,  32:  est  .  .  inter 
Marcellom  (C.  Claudius  Marcellus,  der  Cos.  704  oder  der  705  d.  St.)  et 
Appium ,  optimos  augures ,  magna  dissensio  (nam  eorum  ego  in  libros  in- 
cidi),  cum  alteri  placeat  auspicia  ad  utilitatem  reip.  composita,  alteri  dis- 
ciplina  vestra  (augurum)  quasi  divinari  videntur  posse.  Dass  Letzteres  die 
Ansicht  des  Appius  war  erhellt  aus  de  divin.  II,  35,  75.  Fest.  y.  sollisti- 
mam,  p.  298  M. :  Ap.  Pulcher  in  auguralis  disciplinae  libro  I  aii  VgL 
noch  Cic.  ad  fam.  HI,  9,  3.  11,  4. 

11.  M.  Valerius  Messala,  Cos.  701;  s.  A.  Haakh  in  Pauly's  Real-Enc. 
VI,  2.  S.  2347—2349,  Nr.  77.  Macrob.  I,  9,  14:  M.  Messala,  Cn.  Domitii 
in  consulatu  collega  idemque  per  annos  LV  augur,  de  lano  ita  incipit. 
Geil.  XIU,  14,  5  f.  (über  das  pomoerium).  15,  3  (liber  M.  Measalae  augu- 
ris  de  auspicüs  pnmus).  16,  1  (Messala  in  eodem  libro).  Fest.  p.  157.  161 
(Mewaia  augur  in  explanatione  auguriorum).  Er  ist  wohl  auch  der  Vale- 
rias  Messala  dessen  explanatio  XII  tabularum  Festus  p.  253.  321.  355  an- 
fuhrt und  der  ausserdem  de  dictis  involute  schrieb  (Fest  p.  321). 

12.  Priflcian.  VIU.  p.  791  P.  »  380,  3  f.  H:  Lucius  Caesar:  certaeque 
res  augurantur.  Fest.  p.  161  M.:  maiorem  consulem  L.  Caesar  putat  did 
eum  qui  u.  s.  w.  Dadurch  erhalten  ihre  genauere  Beziehung  die  Anführ- 
ungen bei  Priscian.  VI.  p.  719  P.  =«  270,  5  H.  (Caesar  in  Auguralibus)  und 
Macrob.  I,  16,  29  (lulius  Caesar  XVP  Auspiciorum  libro  negat  uundinis 
contionem  adyocari  posse). 

13.  Pünius  N.  H.  I,  Quellen  zu  B.  H:  Caecina,  qui  de  etrusca  disci- 
pHna  (scripsit).  Cic.  ad  fam.  VI,  6,  8  (J.  708  oder  709  an  Caecina):  si 
ie  ratio  quaedam  etruscae  disdplinae,  quam  a  patre  .  .  acceperaa,  non 
fefelUt.    Sen.  nai  quaest  II,  56,  1:  haec  (über  fulguratio)  apud  Caecin- 


320  Ciceroniscbe  Zeit.  Zweit«  Hälfte,  691—711. 

nam  invenio,  facundum  virum  et  qui  habuisset  aliquando  in  eloquentia 
nomen,  uisi  illum  Ciceronis  ombra  pressisset.  Vgl.  ib.  39,  1.  49,  1.  Schol. 
Veron.  zu  Aen.  X,  198  (p.  103  f.  ed.  Keil).  Cic.  ad  fam.  VI,  9  (J.  708):  et 
patre  eius  . .  plurimam  usi  sumus  et  hunc  a  puero,  qaod  et  spem  magnam 
mihi  afferebat  summae  .  .  eloquentiae  et  vivebat  mecum  ^coniunctiBsime  .  . 
etiam  studüs  communibas,  semper  dilezi.  Jene  Schrift  echeint  er  erst  spä- 
ter verfasst  zn  haben.  Die  Vertheilung  der  Nachrichten  zwischen  Vater 
und  Sohn  macht  einige  Schwierigkeit.  Der  Vater  scheint  der  von  Cicero 
J.  685  (wo  er  etwa  40  J.  alt  war)  vertheidigte  Caeciua  (oben  166,  18)  zu 
sein.  Suet.  Caes.  76:  AuU  Caecinae  criminosissimo  libro  .  .  laoeratam  ex- 
istimationem  sufun  civili  animo  tulit.  Doch  hatte  ihn  Caesar  desshalb  aus 
Italien  verbannt,  trotzdem  dass  der  Angriff  in  die  Zeit  des  offenen  Krie- 
ges fiel:  armatus  adversario  male  dixi,  sagt  Caecina  selbst  in  dem  leben- 
dig geschriebenen  Briefe  (vom  J.  708)  bei  Cic.  ad  Fam.  VI,  7  (bei  Zim- 
mermann p.  48 — 58),  womit  er  eine  (in  Sicilien  verfasste)  Schrift  (in  Prosa, 
vielleicht  in  Form  eines  Schreibens  an  Caesar)  begleitet,  welche  die  Auf- 
hebung seiner  Verbannung  von  Caesar  erwirken  sollte.  Titel  derselben 
Querelae;  s.  ib.  6,  8:  (Caesar)  mitis  demensque  natura,  qualis  exprimitur 
praeclaro  iUo  libro  Querelarum  tuarum.  Nach  dem  africanischen  Kriege 
scheint  ihn  Caesar  amnestiert  zu  haben  (b.  afr.  89).  Empfehlungsschreiben 
für  ihn  vom  J.  708  Cic.  ad  fam.  VI,  9.  XIII.  66:  hominis  omuibus  mecum 
studüs  officiisque  coniunctissimi;  Adressat  soll  ihn  in  reliquiis  veteris  ne- 
gotiationis  (in  Asien,  vgl  ad  fam.  VI,  6,  2.  8,  2)  colligendis  unterstützen. 
Drumann  G.  R.  VI.  S.  279  ff.  A.  H.  Gr.  Zimmermann,  de  A.  Caecina  scri- 
ptore,  Berlin  1852. 

14.  V  er  an  i  US  in  eo  qui  est  auspiciorum  de  comitiis,  Festus  v.  referri, 
p.  289  a,  M.  Hienach  scheint  Veranins  noch  in  die  Zeit  der  Bepublik  zxx 
fallen;  später  als  unter  August  keinenfalls.  Festus  p.  168  a:  Veranius  in 
libro  [quem  inscripsit  priscarum  vo]cum,  nach  der  Ergänzung  des  Ursinus. 
Vgl.  ib.  p.  203.  205.  250.  263.  348.  Veranius  Pontificalium  eo  libro  quem 
fecit  de  supplicationibus,  Macrob.  III,  6,  14;  vgl.  ib.  6,  6  (in  Pontificalibus 
quaestionibus).  ib.  2,  3  f.:  Veranius  ex  primo  Ubro  Pictoris  (vgl.  oben 
105,  7)  über  porricere.    ib.  20,  2:  Veranius  de  verbis  pontificalibus. 

15.  Manilius,  neben  Granius,  Aelius,  Varro,  Comificius,  Cincius  als 
Schriftsteller  über  die  novensiles  aufgezählt  bei  Amob.  adv.  gent.  III,  88  f. 
Vgl.  Festus  V.  sexagenarios,  p.  334  a:  cuius  causam  Mani[liu8  hanc  refert]. 

16.  lieber  Cornelius  Baibus  s.  unten  196,  4. 

187.  In  kümmerlichen  Verhältnissen  bewegten  sich  ^andere 
Gelehrte  die  zugleich  Lehrer  waren,  wie  der  Kritiker  Valerius 
Cato,  welcher  auch  Gedichte  erotischen  und  mythologischen 
Inhalts  verfasste.  Der  Verfasser  der  auf  uns  gekommenen  bu- 
kolisch-erotischen Gedichte  Dirae  und  Lydia  ist  er  aber  nicht. 
In  ähnlicher  Lage  war  auch  der  charaktervolle,  aber  grämliche 
Orbilius  Pupillus  aus  Beneventum  (J.  640 — c.  737),  und  Frei- 
gelassene wie  Curtius  Nikias. 

1.   Suet.  gramm.  11,  p.  109  f.  Rffsch.:  (P.?)  Valerius  Cato,  ut  non- 


VaJeriua  Cato.  Dirae.  Lydia.  321 

ualH  tradiderunt,  Burseoi  cuiusdam  libertus  ex  Gallia  (cisalpiDa?);  ipse  11- 
hello  cai  est  titulus  Indignatio  ingenuam  ee  natiun  ait  et  pupillum  relictum 
eoqae  fadlius  licentia  Sullani  temporis  exutum  patrimonio  (also  wohl  ge- 
boren am  664  d.  St.).  docuit  multos  et  nobiles  visusque  eet  peridoneuB 
praeceptor,  maxime  ad  poeticam  tendeutibus.  .  .  is  scripsit  praeter  gram- 
maticos  libellos  etiam  poemata,  ex  quibus  praecipue  probantur  Lydia  et 
Diana.  .  .  vixit  ad  extremam  seuectam,  sed  in  summa  pauperie  et  paene 
inopia,  .  .  postquam  Tusculana  villa  creditoribus  cesserat.  Helvius  Ciuna 
preist  ib.  die  Diana  (Dictyuna)  freundschaftlich  als  ein  unsterbliches  Werk. 
Bibacolus  ib.:  mei  domum  Catonis  und  nennt  ihn  unicum  magistrum, 
summum  grammaticum,  Optimum  poetam.  Ein  anderes  Gedicht  ib.:  Cato 
grammaticus,  latina  Siren,  qui  solus  legit  ac  facit  poetas.  So  beschäftigte 
er  eich  mit  Lucilius,  Hör.  S.  I,  10  die  Eingangsverse;  vgl.  Suet.  gramm. 
2  extr.  Ib.  4:  Valerium  Catonem,  poetam  simul  grammaticumque  notis- 
simam.  Auf  erotischen  Inhalt  seiner  Gedichte  deutet  Ovid.  Trist.  II,  436: 
et  leve  Cornifid  parque  Catonis  opus.  Vgl.  Schwabe,  Quaest.  Catull.  p.  305 
— 312.    Ob  die  Indignatio  gebundene  Form  hatte  ist  nicht  bekannt. 

2.  Der  umstand  dass  auch  das  Dirae  betitelte  Gedicht  von  183  Hexa- 
metern, welches  sich  in  Handschriften  der  pseudovergilischen  carmina  mi- 
uora  findet,  Verwünschungen  enthält,  ausgestodsen  über  ein  Gut  das  dem 
Redenden  in  Folge  der  Bürgerkriege  entrissen  worden  ist,  und  dass  die 
zweite  Hälfte  (v.  104—183)  eine  Klage  um  die  geliebte  Lydia  bildet,  ver- 
anlasste J.  Scaliger,  Näke  u.  A.  den  Valerius  Cato  für  den  Verfasser  zu 
halten.  Aber  weder  die  Unmündigkeit  noch  die  sullanische  Zeit  treffen 
bei  diesem  Gedichte  zu,  das  vielmehr  auf  die  Ackervertheilungen  des  J. 
713  hinweist.  Vgl.  K.  F.  Hermann,  Gesamm.  Abhh.  S.  114—118.  Merkel 
zur  Ibis  p.  364.  Das  Zerfallen  in  zwei  Theile,  Dirae  und  Lydia,  erkannte 
F.  Jacobs,  in  Heeren's  Bibliothek  1792,  S.  56—61  =  Vermischte  Schriften 
V.  S.  639  ff.;  die  strophische  Gliederung,  markiert  durch  Refrains  und  im 
Bembinus  durch  rothe  Anfangsbuchstaben,  K.  Fr.  Hermann  a.a.O.  S.  118 
— 131  (mit  metrischer  Uebersetzung  der  Dirae),  und  F.  C.  Göbbel,  de 
ephymn.  rationibus  (Göttingen  1858)  p.  48—56,  Ueber  die  strophische  Com- 
podtion  der  Dirae  des  V.  C,  Warendorf  1861,  und  Valeri  Catonis  quae 
feruntur  carmina,  rec.  notisque  instruxit  .  .  praemissus  est  libellus  de  Di- 
rarum  compositione  strophica  emendatus,  Warendorf  1865.  Von  einem 
zweiten  Redenden  und  somit  Wechselgesang  ist  keine  sichere  Spur;  Bat- 
tarus  der  Dirae  ist  nichts  als  Angeredeter,  ohne  weitere  Persönlichkeit. 
Sichtlich  ist  geschichtlicher  Aasgangspunkt  und  Verfasser  bei  beiden  Ge- 
dichten derselbe  (vgl.  auch  Dir.  2ü  mit  Lyd.  13);  dass  die  Trennung  von 
der  auf  dem  Gute  zurückbleibenden  Lydia  (v.  41.  89.  95  ff)  den  Verlust 
des  letzteren  besonders  schmerzlich  mache  sagen  schon  die  Dirae,  ohne 
dass  der  Zusammenhang  der  Lydia  mit  dem  Gute  klar  würde.  Die  „Ly- 
dia'* beneidet  das  Gut  um  den  Besitz  der  Geliebten  und  beklagt  deren 
unverschuldeten  Verlust,  unter  Aufwand  von  mythologischer  Gelehrsamkeit 
und  in  dem  tändelnden,  Menschen-  und  Manneswürde  verkennenden  Tone 
eines  Theiles  der  Elegiker  der  augusteischen  Zeit,  deren  Anfängen  beide 
Gedichte  ohne  Zweifel  angehören.  Sie  dem  Vergil  zuzuschreiben  bestimmte 
die  Tbatsache  dass  auch  dieser  im  J.  713  sein  Gut  eingebüsst  hatte.  Son- 
stige Uebereinstimmung  mit   dessen  Verhältnissen,  Denkweise  und   dich- 

Teuf  Tel,  Rom.  Literaturg-eschichlc.  21 


322  CiceroniÄche  Zeit.  Zweite  Hälfte,  691—711. 

teriecher  EigenthümKchkeit  ist  aber  nicht  vorhanden.  —  Ausgaben:  Cata- 
lecta  Virgilii  .  .  cum  comm.  loa.  Scaligeri,  Lugd.  Bat.  1617,  p.  169  ff.;  in 
Burmanns  Anthol.  lat.  IL  p.  649  ff.  und  Wernsdorfs  poetae  lat.  min.  HI  in. 
Cum  brevi  aunot.  crit.  ed.  H.  C.  A.  Eichstaedt,  Jena  1826.  4.  Rec.  et  .  . 
illustr.  C.  Putsche,  Jena  1828.  Daraus  in  Meyer's  Anthol.  lat.  108  und  bei 
F.  A.  Giles,  London  1838.  V.  C.  carmina  cum  animadv.  A.  P.  Naekii. 
accedunt  .  .  de  V.  C.  eiusque  vita  ac  poesi  .  .  diss.  cura  L.  Schopeni,  Bonn 
1847.  Dirarum  carmen  enarratum  et  recognitum  ed.  0.  Ribbeck,  Kiel  1867.  4. 
und  in  seiner  Appendix  Vergiüana  (1868)  p.  165—178.  vgl.  p.  22  f.  50—61. 
Kritische  Beiträge  von  M.  Schmidt  (Philologus  Vm.  S.  190—192)  und  F. 
C.  Göbbel  (Berl.  Ztschr.  f.  Gymn.  1866,  S.  584—590). 

3.  Suet.  gramm.  9:  (L.?)  Orbilius  Pupillus  Beneventanuß  .  .  primo 
apparituram  magistratibus  feeit,  deinde  in  Macedonia  comiculo,  mox  equo 
meruit,  functusque  militia  studia  repetit,  quae  iam  inde  a  puero  non  le- 
viter  attigerat;  ac  professus  diu  in  patria  quinquagesimo  demum  anno 
Romam  consule  Cicerone  (J.  691  d.  St.)  transiit,  docuitque  maiore  fama 
quam  emolumento.  namque  iam  persenex  pauperem  se  .  .  quodam  scripto 
fatetur.  librum  etiam  cui  est  titulus  nsQialy^g  edidit  continentem  quere- 
las de  iniuriis  quas  professores  neglegentia  aut  ambitione  parentum  acci 
perent.  fuit  autem  naturae  acerbae  .  .  etiam  in  discipulos,  wofür  das 
Zeugniss  des  Horatius  (Ep.  11,  1,  71)  und  des  Domitius  Marsus  beigebracht 
wird,  ac  ne  principum  quidem  viroruin  insectatione  abstinuit.  .  .  vixit 
prope  ad  ceutesimum  aetatis  annum.  .  .  statua  eins  Beneventi  ostenditur 
in  Capitolio.  Aus  einer  Schrift  von  ihm  ib.  4  u.  8.  Er  ist  vielleicht  (Wiss, 
Reisig  u.  A.)  der  grammaticorum  equitum  doctissimus  dessen  Herbigkeit 
in  den  Eingangsversen  von  Horaz  Sat.  I,  10,  4  ff.  der  Feinheit  und  Milde 
des  Valerius  Cato  gegenübergestellt  wird  imd  welcher  puerum  (etwa  den 
Scribonius  Aphrodisiensis,  Suet.  gramm.  19)  mit  aller  Gewalt  zum  Ver- 
fechter der  alten  Dichter  heranbilden  will.  —  A.  G.  Lange,  Andenken  au 
Orbilius,  in  dessen  vermischten  Schriften  S.  182 — 188. 

4.  Suet.  gramm.  14:  Curtius  Nicia  adhaesit  Cn.  Pompeio  et  C.  Mem- 
mio;  sed  cum  codidllos  Memmi  ad  Pompei  uxorem  de  stupro  pertulisset 
proditus  ab  ea  Pompeium  offendit  domoque  ei  interdictum  est.  fuit  et 
Ciceronis  familiaris,  wofür  Belege  beigebracht  werden  aus  dessen  Briefen 
ad  Dolabellam  (wo  Niciam  nostrum)  und  ad  Atticum  (XII,  26,  2  vom  J. 
709:  de  Nicia  quod  scribis,  si  ita  me  haberem  ut  eins  humanitate  frui 
possem  in  primis  vellem  iUum  mecum  habere.  .  .  praeterea  nosti  Niciae 
nostri  imbecillitatem ,  mollitiam,  consuetudinem  victus).  huius  de  LuciUo 
libros  (vgl.  oben  122,  5)  etiam  Santra  comprobat. 

188.  Den  Stoicismus  brachte  der  jüngere  Cato  (J.  659 — 
708)  zu  Ehren  ^  indem  er  sich  zu  ihm  offen  bekannte  und  in 
Wort,  Leben  und  Sterben  dessen  Grundsätze  verwirklichte.  Die 
Starrheit  des  stoischen  Systems  stimmte  trefflich  zu  der  Un- 
beugsamkeit von  Cato's  Charakter,  wovon  eine  gewisse  Einsei- 
tigkeit und  Selbstbeschränkung  unzertrennlich  war. 

1.   M.  Porcius  Cato,  Urenkel  des  Censorius,   geb.  659,  Quaestor  689, 


Orbilius.  Cato  Uticensis.  323 

Volkstribun  692,  Prätor  700,  gab  sich  nach  der  Schlacht  bei  Thapsus, 
April  708,  um  nicht  die  Republik  zu  überleben,  zu  Utica  selbst  den  Tod. 
Bei  allem  Mangel  an  Weitsichtigkeit  und  geistiger  Beweglichkeit  war  er 
doch  überaus  ehrenwerth  durch  die  Treue,  Festigkeit  und  Uneigeunützig- 
keit  womit  er  der  Sache  der  Republik  diente.  Vgl.  Plutarchs  Cato  minor 
(wohl  nach  Paetus  Thrasea).  Charakteristik  bei  Sali.  Catil.  64.  W.  Dru- 
mann,  G.  R.  V.  S.  153—198.  W.  Teuffei  in  Pauly's  Real-Enc.  V.  S.  1911 
—1915,  Nr.  2Ö.  H.  Köchly,  akad.  Vorträge  I.  S.  53-152.  H.  Wartmann, - 
Leben  des  Cato  von  Utica,  Zürich  1858.  F.  D.  Gerlach,  M.  Porcius  Cato 
der  jüngere,  Basel  1866. 

2.  Willkürlich  zu  a.  Abr.  1948  =  Ol.  177,  4  =  685  d.  St.  Hieronym. 
Eos.  Chron.:  M.  Porcius  Cato  stoicus  philosophus  agnoscitur.  Cic.  Brut. 
31,  118:  stoici  .  .  traducti  a  disputando  ad  dicendum  inopes  reperiuntur. 
unum  excipio  Catonem,  in  quo  perfectissimo  stoico  summam  eloquentiam 
noD  desiderem.  119:  habet  a  stoicis  id  quod  ab  illis  petendum  fuit,  sed 
dicere  dididt  a  dicendi  magistris  eorumque  more  se  exercuit.  legg.  III, 
18,  40:  uec  est  nmquam  longa  oratione  utendum,  nisi  autpeccante  senatu 
.  .  tolli  diem  utile  est  aut  cum  tanta  causa  est  ut  opus  sit  oratoris  copia; 
.  .  quorum  generum  in  utroque  magnus  noster  Cato  est.  Verwendung  der 
Philosophie,  s.  oben  40,  3.  E.  Quintil.  XI,  1,  36:  Cato  eloquens  Senator 
fuit.  Plut.  Cato  min.  5:  6  Xoyog  vsagov  filv  ovdiv  ovdl  nofixlfov  flx^^y 
dlV  Tjv  OQÜ'iog  xofl  nsQinccd'rig  nal  tQaxvg.  ib.  23:  xovxov  fiovov  iv  Kattov 
(Ins  diaam^ca^ai  tpaal  tov  Xoyov  (die  Rede  gegen  die  Catilinarier),  da  sie 
der  Cos.  Cicero  habe  nachschreiben  lassen,  falls  diess  nicht  etwa  Ver- 
wechslung mit  derjenigen  ist  welche  Sallust  (Catil.  52)  ihm  in  den  Mund 
legt.  Schneider,  de  Catone  üticensi  oratore,  Ztschr.  f.  d.  Alt.-Wiss.  1843, 
Nr.  1 1 2  f.  üeber  Cato's  lamben  gegen  Metellus  Scipio ,  der  ihm  seine 
Braut  entführt  hatte,  s.  oben  27,  2.  Das  einzige  Schriftliche  was  von  ihm 
auf  uns  gekommen  ist  sein  Brief  an  Cicero  vom  J.  704,  ad  fam.  XV,  5. 
—  Piin.  N.  H.  Vir,  30,  113:  Uticensis  Cato  unum  ex  tribunatu  militum 
(J.  687)  philosophum,  alterum  ex  Cypria  legatione  (J.  696)  deportavit  (nach 
Rom).  Besonders  befreundet  war  er  mit  den  Stoikern  Antipatros  aus  Ty- 
ros  (Plut.  4.),  Athenodoros  (ib.  10),  ApoUonides  (ib.  65  f.);  doch  auch  mit 
dem  Peripatetiker  Demetrios  (ib.),  sowie  mit  Philostratos  (ib.  57). 

189.  Innerhalb  des  Rechts  hatte  Caesar  den  Plan  gefasst 
das  gesammte  geltende  ins  civile  in  ein  Gesetzbuch  zu  sammeln^ 
und  sein  üehölfe  dabei  war  der  gelehrte  Jurist  A.  Ofilius, 
dessen  schriftstellerische  Thätigkeit  das  gesammte  Gebiet  des 
Rechts  umspannte.  Nächst  diesem  war  der  bedeutendste  Rechts- 
kenner der  vielseitig  gebildete  witzige  jüngere  Freund  des  Ci- 
cero, C.  Trebatius  Testa,  der  noch  weit  in  die  augusteische 
Zeit  hinein  lebte  und  Lehrer  des  Antistius  Labeo  war.  Unge- 
fähr gleichaltrig  mit  Trebatius  war  der  republikanisch  gesinnte, 
charaktervolle  und  gleichfalls  witzige  Jurist  A.  Cascellius, 
sowie  L.  Valerius. 

1.    Suet.  Caes.  44:   (destinabat)  ius  civile  ad  certnm  modum  redigere 

21* 


324  Ciceronische  Zeit.  Zweite  H&lfbe,  691—711. 

atque  ex  immensa  difPusaque  legum  copia  optima  quaeque  et  necessaria 
in  paucissimoB  conferre  libros.  Md.  Orig.  V,  1,  5:  leges  redigere  in  libros 
primus  cos.  Pompeius  instituere  voluit,  sed  non  perseveravit,  obtrectato- 
rum  metu  (wohl  vor  den  Juristen),  deinde  Caesar  coepit  id  facere,  sed 
ante  interfectos  est. 

2.  A.  Ofilius,  Schüler  des  Ser.  Sulpicius,  s.  oben  161,  5.  Pompon.  Dig. 
I,  2,  2,  44:  ex  his  aaditoribiis  plurimum  auctoritatis  habuit  Alfenus  Vams 
et  A.  Ofilius,  ex  quibns  .  .  Ofilius  in  equestri  ordine  perseveravit.  is  fuit 
Caesari  familiarissimus  et  libros  de  iure  civili  plurimos  et  qui  omnem 
partem  operis  fundarent  reliquit.  nam  de  legibus  vicesimae  (vielmehr 
mit  Sanio,  rechtshist.  Abh.  1845,  S.  78:  XX  =  de  legibus  viginti  libros) 
conscripsit  (et)  de  iurisdictione  (über  das  obrigkeitliche  Recht;  vgl.  Dig. 
XXVI,  7,  36),  idem  edictum  praetoris  (vgl.  Dig.  II,  7,  1,  2.  XLIÜ, 
20,  1,  17.  21,  3,  10)  primus  diligenter  composuit.  (46.)  .  .  ex  his  Treba- 
tius  peritior  Cascellio,  Cascellius  Trebatio  eloquentior  fuisse  didtur,  Ofilius 
utroque  doctior.  Schüler  von  ihm  waren  Tubero  (ib.  46)  und  Atejus  Ca- 
pito  (ib.  47)^  In  den  Digesten  wird,  angeführt  Ofilius  libr.  V  iuris  partiti 
(XXXÜ,  55,  1.  4.  7),  Of.  libr.  XVI  actionum  (XXXIII,  9,  3,  5.  8),  Of.  ad 
Atticum  (L,  16,  234,  2).  Als  Jurist  erwähnt  ihn  Cic.  ad  Fam.  VII,  21  (J. 
710)  und  vielleicht  ad  Att.  XIH,  37,  4  (J.  709)  vgl.  Fam.  XVI,  24,  1  (J. 
710).    Rudorff,  röm.  Rechtsgesch.  I.  S.  164. 

3.  Pompon.  Dig.  I,  2,  2,  45:  fuit  eodem  tempore  (wie  Ofilius)  et  Tre- 
batius,   qui  idem  (quidem?  oder  Trebatius,  Quinti  C.  M.  auditor.  fuit 
ex  etc.)  Comelii  Maximi  (oben  141,  4)  auditor  fiiit.  ex  his  Trebatius  peri- 
tior u.  8.  w.  (s.  A.  2).     .  .  Trebatii  complures  (libri  exstant),  sed  minus 
frequentantur.  47:  Antistius  Labeo  .  .  institutus  est  a  Trebatio.    Geboren 
war  C.  Trebatius  Testa  um.  665  zu  Velia  in  Lucanien,  kam  als  adolescens 
nach  Rom  und  in  Verbindung  mit  Cicero,  der  ihn,  zur  Besserung  seiner 
Vermögensumstände,  J.  700  nach  Gallien  an  Caesar   empfahl   (ad  fam. 
VII,  5),  wo  er  mindestens  ein  Jahr  blieb.    Aus  dieser  Zeit  sind  Cicero's 
Briefe  an  ihn,  ad  fiun.  VII,  6—18;  dazu  aus  J.  710  ib.  19—21,  und  unbe- 
kannten Datums  ib.  22.    Von  daher  blieb  er  auf  Caesars  Seite,  aber  ver 
mittelnd  und 'mässigend ;    so  dann   auch  unter  August;   s.  Hör.  S.  II,  1. 
Justinian.  Inst.  II,  25  pr.:   dicitur  Augustus  convocasse  prudentes,  inter 
quos  Trebatium  quoque,  cuius  tunc  auctoritas  maxima  erat.    £r  scheint 
noch  ums  J.  740  gelebt  zu  haben.    Porphyrio  zu  Hör.  1. 1.  (p.  200  Hauth.): 
ad  Trebatium  scribit  equitem   romanum   (Letzteres  durch   Octavian   ge- 
worden? W.  Teuffei  zu  Hör.  S.  II,  1,  29).    hie  est  Trebatius  iuris  peritus, 
qui  locum   obtinuit  inter  poetas   (was  ganz  zu  dem  Bilde  des  heiteren 
Lebemannes  stimmt)  et  aliquot  libros  de  civiU  iure  composuit  et  de  reli- 
gionibus  novem  (vielmehr  XI?).    Letztere  bei  Gell.  VII  (VI),  12,  4:  C.  Tre- 
batius .  .  in  libro  de  religionibus  secundo;  Macrob.  lU,  7,  8  (Trebatius 
Religionum  libro   nono)  und  3,  5  (Trebatius  libro  decimo  Religionum); 
vgl.  ib.  I,  16,  28.  ni,  3,  2.  4.  5,  1.    Serv.  Aen.  XI,  316  (Trebatius  de  re- 
ligionibus libro  VII).   Unter  seinen  juridischen  Schriften  finden  sich  nament- 
lich von  seinem  Commentar  zum  Edictum  aedilium  curulium  Spuren  in  den 
Digesten  (IV,  3,  18,  3  f.  XXI,  1,  6,  1.   12,  4.  14,  3.  vgl.  Gell.  IV,  2,  9  f.). 
Ausserdem  vgl.  Dig.  XI,  7,  14,  11.  XXXII,  100,  1.  3.  XLI,  2,  3,  5.    XLIII, 


Ofilius.  TrebatiuB.  Cascellios.  325 

24,  22,  3.     S.  W.  Zimmern,  Geach.  d.  röm.  Privatrechts  I,  1.  S.  297—299. 

0.  Stange,  de  C.  Tr.  T.  et  de  eo  loco  quem  inter  aequales  tenuerit,  Berlin 
1849.  A.  Haakh  in  Paul/s  Eeal-Enc.  VI,  2.  8.  2078—2080.  W.  Teuflfel, 
im  Commentar  zu  Hör.  Sat.  TI  (Leipzig  1857),  S.  10—14. 

4.  Pompon.  1.  1.  45:  A.  Cascellius,  Quintns  Mucius  Volusii  auditor, 
denique  in  illius  honorem  testamento  Publium  Mucium  uepotem  eins  reli- 
quit  heredem.  Hier  ist  Yolusii  wohl  abzuändern  in  Volcatii,  nach  Plin. 
N.  H.  Vin,  40,  144:  Volcatium  nobilem,  qui  Cascellium  ins  dvile  docuit. 
Fraglich  ist  sodann  das  Yerhältniss  in  -welches  Q.  Mucius  (oben  141,  1} 
znm  üebrigen  zu  setzen  ist:  entweder  Q.  Mucii  et  Volcatii  auditor  (vgl. 
W.  Teuffei  in  Pauly's  Real-Enc.  V.  S.  188  f.  Nr.  21)  oder  Q.  Mucü  audi- 
toris  Volcatii  auditor  (Mommsen).  Weiter  berichtet  Pomp.  1.  1.  über  Cas- 
cellius: fuit  autem  quaestorius,  nee  ultra  proficere  voluit,  cum  illi  etiam 
Aagostns  cousulatum  offeiret.  ex  bis  etc.  (A.  2).  Cascellii  scripta  uon 
esstant  nisi  unus  liber  bene  dictorum  (Sammlung  seiner  Witzworte  durcii 
einen  Andern?  vgl.  oben  110,  6.  178,  2.).  Val.  Max.  VI,  2,  12:  Cascellius, 
vir  iuris  civilis  scientia  clarus,  quam  periculose  contumax!  nullius  enim 
aat  gratia  aut  auctoritate  compelli  potuit  ut  de  aliqua  earum  rerum  quas 
triumviri  dederant  formulam  componeret,  hoc  animi  iudicio  universa  eorum 
beneficia  extra  omnem  ordinem  legum  ponens.  idem  cum  multa  de  tem- 
poribus  liberius  loqueretur  (unter  August)  .  .  duas  res  .  .  magnam  sibi 
licentiam  praebere  respondit,  seuectutera  et  orbitatem.  Vgl.  noch  Hör. 
Ep.  II,  3,  371  (als  lebend  vorausgesetzt).  Quintil.  VI,  3,  87.  Macrob.  II, 
6,  1  (Cascellius  iuris  consultus  urbanitatis  mirae  libertatisque  habebatur, 
mit  Anführung  eines  Witzes  von  ihm  aus  dem  J.  698  d.  St.).  Er  ist  wohl 
der  Urheber  des  iudicium  Cascellianum  sive  secutorium  bei  Gaj.  Inst.  IV, 
166.  169.    Angefahrt  wird  er  Dig.  XXXII,  100  pr.  XXXHI,  6,  7  pr.  XXXV, 

1,  40,  1.  E.  G.  Lagemans,  de  A.  Cascellio  icto,  Lugd.  Bat.  1823.  4. 
Zimmern,  Gesch.  d.  rÖm.  Privatrechts  I,  1.  S.  299  f.  H.  E.  Dirksen,  der 
Rechtsgelehrte  A.  Casc,  ein  Zeitgenosse  Cicero's,  Berlin  1858.  4. 

5.  L.  Valerius  iureconsultus,  ex  domestids  atque  intimis  familiaribus 
des  Cicero  (ad  fam.  HI,  1,  3  vom  J.  702),  auch  witzig  wie  sein  Alters- 
and Fachgenosse  Trebatius  (ib.  1, 10),  wie  es  scheint  aus  Apulien  gebürtig 
(Apuliam  tuam,  ib.  vom  J.  700).  Nicht  unwahrscheinlich  ist  es  dass  er 
gemeint  ist  auch  ib.  VII,  11,  2  (J.  701,  an  Trebatius):  si  diutius  frustra 
abfueris,  non  modo  Laberium  sed  etiam  sodalem  nostrum  Valerium  per> 
timesco.  mira  enim  persona  indud  potest  Britannici  iureconsulti;  woraus 
zu  schliessen  wäre  dass  auch  er  Mimen  verfasst  hätte.  VgL  Schwabe, 
Quaest.  Catull.  p.  25  f.  Möglicher  Weise  ist  er  auch  der  Valerius  welcher 
als  Commentator  der  zwölf  Tafeln  erwähnt  wird  (oben  76,  6). 

190.  Unter  den  Rednern  dieser  Generation  erwarben  sich 
Anerkennung  besonders  M.  Calidius  (Prätor  697)  und  der  ta- 
lentvolle, aber  sittenlose  C.  Memmius  (Prätor  696),  Letzterer 
zugleich  in  gebundener  Form  sich  versuchend  und  bekannt 
durch  seine  Verbindung  mit  Lucretius  und  wohl  auch  OatuUus. 
Ausserdem  sind  als  Redner  zu  nennen  C.  Manilius  und  P.  Sestius. 
1.  Hierou.  Bus.  Chron.  ad  a.  Abr.   1960  «=:  Ol.  180,  4  c=  697  d.  St.: 


326  Ciceronische  Zeit.  Zweite  Hälfke,  691 — 711. 

M.  Calidius  orator  clarus  habetur,  qui  hello  postea  civili  (J.  707)  Cae- 
sarianas  partes  secutus  (vgl.  Caes.  b.  c.  I,  2),  cum  togatam  Galliam  regeret, 
Placeutiae  obiit.  Nach  ib.  a.  Abr.  1953  ==  Ol.  179,  1  war  Apollodoros  Pergam. 
sein  Lehrer  in  der  Beredtsamkeit.  Ausführliche  Schilderung  seiner  redneri- 
schen Eigenthümlichkeit  bei  Cic.  Brut.  79,  274—80,  278,  wo  z.  B. :  non  fuit 
orator  unus  e  multis,  potius  inter  multos  prope  singularis  fuit,  ita  reconditas 
exquisitasque  sententias  mollis  et  pellucens  vestiebat  oratio.  .  .  accedebat 
ordo  rerum  plenus  artis,  actio  liberalis,  totumque  dicendi  placidum  et  sauum 
genus.  .  .  nee  erat  uUa  vis  atque  contentio.  Vgl.  Vellej.  U,  36,  2.  Quintil. 
XII,  10,  11  (subtilitas)  39.  Hienach  hielt  er  zu  der  neuattischen  Richtung. 
Ueberreste  aus  seiner  Rede  in  Q.  Gallium  (vom  J.  690  d.  St.)  bei  Festus 
V.  sufer,  p.  309  M.  und  Nonius  p.  208,  27.  Vgl.  noch  Quintil.  X,  1,  23. 
A.  flaakh  in  Pauly's  Real-Enc.  II.  S.  74.  H.  Meyer,  orat.  fragm.«  p.  436—439. 

2.  Cic.  Brut.  70,  247:  C.  Memmius  L.  f.  perfectus  litteris,  sed  graecis, 
fastidiosus  sane  latinarum;  argutus  orator  verbisque  dulcis,  sed  fiigiens 
non  modo  dicendi  verum  etiam  cogitandi  laborem.  Die  erotischen  Ge- 
dichte desselben  (oben  26,  1.  vgl.  Ovid.  Trist.  II,  433:  Memmi  carmen) 
scheinen  aber  doch  nicht  griechisch  gewesen  zu  sein.  Volkstribun  688. 
Als  Prätor  (696)  trat  er  gegen  Caesar  auf,  Hess  sich  aber  später  von  ihm 
gewinnen  (Suet.  Caes.  73:  Gai  Memmi,  cuius  asperrimis  orationibus  non 
minore  acerbitate  rescripserat,  etiam  suffragator  mox  in  petitione  consu- 
latus  fuit).  Proprätor  in  Bithynien  J.  697  f.,  wo  Helvius  Cinna  und  Catull 
in  seiner  cohors  waren  (unten  201,  3).  J.  701,  wegen  ambitus  bei  der 
Bewerbung  um  den  Consulat  belangt,  gieng  er  nach  Griechenland  in  die 
Verbannung,  wo  er  um's  J.  705  starb.  W.  Teuffei  in  Pauly's  Real-Euc. 
IV.  S.  1755  f.  Nr.  8. 

3.  C.  Manilius,  als  tr.  pleb.  688  Urheber  der  lex  Manilia,  wofür  ihn 
Livius  eine  contio  bona  halten  Hess  (Liv.  ep.  100).  L.  0.  Bröcker  in 
Pauly's  Real-Enc.  IV.  8.  1482  f.  Nr.  6. 

4.  P.  Sestius,  Quästor  691,  tr.  pl.  697,  Proprätor  in  Kilikien  J.  704 
(Plut.  Brut.  4),  später  auf  Caesars  Seite  getreten,  lieber  die  Langweilig- 
keit seiner  Rede  gegen  Antius  in  einer  Civilklagsache  s.  Catull.  44,  10  ff. 
Cicero,  der  ihn  J.  698  vertheidigte  (s.  oben  166,  32),  dachte  gleichfalls 
von  seinen  Fähigkeiten  gering  {ldi(Dxrjgy  Plut.  Cic.  26;  nihil  umquam  legi 
scriptum  crjatnodsarsQOVy  ad  Att.  VII,  17,  2).  W.  Teuffei  in  Pauly's  Real- 
Enc.  VI,  1.  S.  1128  f.  Nr.  6. 

191«  T.  Lucretius  Carus  (wahrscheinlich  J.  656  —  699) 
behandelte  in  seinem  aus  sechs  Büchern  bestehenden  Lehrge- 
dichte de  rerum  natura  die  Physik,  Psychologie  und  —  obwohl 
kurz  —  Ethik  des  Epikur,  in  Anlehnung  an  die  Weise  des  Em- 
pedokles  und  Ennius.  Hat  der  Dichter  auch  unzweifelhaft  sich 
vergrüfen  indem  er  eine  so  trockene  mechanische  Lehre  zu  be- 
arbeiten unternahm,  so  hat  doch  die  Begeisterung  womit  er  sie 
als  Erlösung  aus  der  Nacht  des  Aberglaubens  predigt  und  der 
ehrliche  Eifer  womit  er  auf  die  falschen  Götzen  losschlägt  etwas 
Erhebendes,   und  bewundernswürdig  ist  die  geistige  Kraft  und 


Memmius  und  andre  Redner.  Lucreüus.  327 

Ausdauer  die  sich  im  Ringen  mit  dem  spröden  Stoffe  kundgibt. 
Ueberdiess  bricht  des  Dichters  grosse  Begabung  sich  oft  genug 
Bahn  durch  die  Fesseln  des  Planes.  Der  Grundton  ist  ernst 
und  trüb  und  nicht  selten  bitter,  die  Darstellung  imgleich  und 
oft  schwerfällig,  die  Sprache  scharf,  kühn  und  von  einer  Her- 
bigkeit  die  einen  eigenthümlichen  Reiz  hat.  Mit  seiner  Art  zu 
denken  und  zu  schreiben  von  der  Gegenwart  ab  und  einer  bes- 
sern Vergangenheit  zugekehrt  fand  der  Dichter  in  seiner  eige- 
nen Zeit  wenig  Beachtung;  aber  auf  die  Augusteer  hat  er 
entschiedenen  Einfluss  ausgeübt.  Manche  Anstösse  in  dem  Werke 
erklären  sich  auch  daraus  dass  dasselbe  von  seinem  Verfasser 
nicht  zu  Ende  gearbeitet  werden  konnte. 

1.  Hieronym.  Eaeeb.  Chr.  ad  a.  Abr.  1923  =  Ol.  171,  3  =  660  d.  St.: 
T.  LucretiuB  poeta  nascitur.    postea  amatorio  poculo  in  fürorem  versus, 
cum  aliquot  libros  per  iutervalla  insaniae  conscripsisBet,  quos  postea  Cicero 
emendavit,  propria  se  manu  interfecit  anno  aetatis  XLIV.    Hienach  wäre 
das  Todesjahr  703—704  d.  St.    Dagegen  Donat.  vita  Vergil.  2:  XV«»  anno 
virilem  togam  cepit,   illis  consulibus  iterum  quibus  natus  erat  (nämlich 
699,  Cn.  Pompeio  II  und  M.  Licinio  Crasso  II),  evenitque  ut  eo  ipso  die 
LocretiuB  poeta  decederet.    Diess  würde,    die  Richtigkeit  des  erreichten 
Lebensalters  vorausgesetzt,  auf  J.  655—656  als  Geburt^ahr  führen.    Wie- 
der anders  das  Glossar  im  Anhange  der  Glossae  Salomouis:  Titus  lucretius 
poeta  nascitur  sub  consulibus.    ann  XX  U:  11  an  uirgilium.    Diess  würde 
J.  657  ergeben,  Hesse  sich  aber  leicht  durch  Einschaltung  von  I  oder  II 
auf  XXVIII  oder  XXVIIII  Jahre  vor  684,    somit  auf  Donats  Datierung, 
zurückführen   (Rhein.  Mus.   XXII.   S.   444  f.).     Wirklich   spricht  für   die 
Richtigkeit  der   letzteren  dass  Cicero^s  Aeusserung  über  Lucretius  vom 
J.  700  (s.  A.  2),  im  Zusammenhang  mit  seiner  Thätigkeit  als  Herausgeber, 
den  Tod  des  Dichters  voraussetzt.    Wird. hienach  ein  Irrthum  des  Hiero- 
Djmus  angenommen,  so  bedarf  es  dazu  kaum  einer  so  nothdürftigen  Er- 
klärung  wie  sie  <lie  Verwechslung   der  Coss.  von  656  Q.  CaeciHus  und 
T.  Didius  mit   den   etwas   ähnlich  heissenden   von   660   C.    Caelius    und 
L.  Domitius  (Rhein.  Mus.  XXII.  S.  445)  bieten  würde.    Ueber  den  Werth 
der  übrigen  Angaben  des  Hieronymus  ist  gleichfalls  Meinungsverschieden- 
heit.   Lachmann  zu  Lucr.  p.  63:  ego  in  Uieronjmianis  nihil  omnino  quod 
credi  non  possit  invenio:  ueque  enim  totam  po^sin  per  intervalla  insaniae 
compositam  dicit,  sed  aliquam  partem.    Aber  doch  aliquot  libros,  deren 
68  im  Ganzen  nur  sechs  sind.     Und  dass  es  gerade   ein  Epikureer  und 
Atheist  ist  der  auf  so  schreckhafte  Weise  endet  und  ein  Werk  dieses  In- 
haltes  das   in   den  (verhältnissmässig)   lichten  Augenblicken   eines   Toll- 
häuslers verfasst  wurde  muss  doch,  ganz  abgesehen  ,von  dem  märchen- 
haften Liebestrank,  zur  Vorsicht  gegen  die  Angaben  mahnen.  —  Th.  Bergk 
im  Marburger  Katalog  für  1846  f.    Fr.  Polle,  Phüologus  XXVI.  S.  561—565. 

2.  Unter  „Cicero"  schlechtweg  hat  Hieronymus  (s.  A.  1)  sicher  den  be- 
rühmten Redner  verstanden,  nicht  dessen  Bruder  Quintus,  und  auch  sonst 


328  Ciceronieche  Zeit.  Zweite  Hälfte,  691  -711. 

spricht  für  Letztereu  gar  nichts.  Aber  gegen  die  Geschichtlichkeit  der  ganzen 
Nachricht  könnte  Bedenken  erregen  dass  Cicero,  dessen  Fehler  Schweig- 
samkeit über  seine  Leistungen  doch  gewiss  nicht  ist,  hierüber  nie  eine 
Silbe  sagt,  von  Lucretius  nie  Verse  anführt  und  über  ihn  ziemlich  kühl 
urteilt,  ad  Qu.  fr.  II,  11,  4  (J.  700):  Lucretii  poemata  (nonjuara,  Erzeug- 
nisse; vgl.  Gell.  I,  21,  5:  in  carminibus  Lucreti)  ut  scribis  ita  sunt:  multis 
luminibus  ingenii,  non  multae  tamen  artis.  sed  si  ad  umbilicum  vetieris 
(nach  Bergk's  Emendation),  virum  te  putabo;  si  Sallustii  Empedoclea  le- 
geris,  hominem  non  putabo.  Jedenfalls  war  Cicero *s  Thätigkeit  dabei  eine 
untergeordnete,  und  es  scheint  fast  als  hätte  er  der  Patheuschaft  bei 
einem  so  polizeiwidrigen  Werke  sich  halb  geschämt.  Sicher  war  sie  kein 
starker  Beweis  für  die  auch  sonst  zweifelhafte  Behauptung  (bei  Plin.  Ep. 
III,  15,  1),  M.  Tullium  mira  benignitate  poetarum  ingenia  fovisse.  Eher 
ist  aus  Lucretius'  Nachahmung  von  Cicero's  Aratea  (s.  Mimro  zu  Lucr.  Y, 
619.  p.  598)  auf  ein  Verhältniss  Beider  zu  schliessen.  Vgl.  noch  Comel. 
N^.  Att.  12,  4:  quem  post  Lucretii  Catullique  mortem  multo  elegantissi- 
mum  poetam  nostram  tulisse  aetatem  etc.  Ovid.  Am.  I,  15,  23.  Trist.  II, 
425.  Vitruv  IX,  3.  Vellej.  II,  36,  2:  auctores  carminum  Varronem  ac 
Lucretium.  Qiüntil.  X,  1,  87:  Macer  et  Lucretius  legendi  quidem,  sed  non 
ut  phrasin,  i.  e.  corpus  eloquentiae  faciant.  elegantes  in  sua  quisque  ma- 
teria,  sed  alter  humilis,  alter  (Lucr.)  difficilis.  Stat.  Silv.  II,  7,  76:  docti 
furor  arduus  Lucreti.  Horaz  verräth  besonders  in  seinen  Satiren  Vertraut- 
heit mit  Lucrez,  z.  B.  I,  1,  13  (Lucr.  II,  104.  V,  164).  118  f.  (Lucr.  ILT,  938). 
3,  38  ff.  (Lucr.  IV,  1153  11.)  5,  101  (Lucr.  V,  82).  6,  4  (Lucr.  III,  1028).  18 
(Lucr.  ni,  69).  0.  I,  26,  6  (Lucr.  IV,  2).  Noch  0.  IV,  7,  15  kehrt  der 
bonus  Ancus  (Lucr.  III,  1026)  wieder.  E.  Göbel,  Ztachr.  f.  östr.  Gymn, 
1857,  S.  421—427.  Gell.  I,  21,  7:  non  verba  sola,  sed  versus  prope  totos 
et  locos  quoque  Lucreti  plurimos  sectatum  esse  Vergilium  videmus.  Vgl. 
Macrob.  VI,  1.  2.  So  mag  auch  Vergil.  Ge.  II,  490  ff.  vorzugsweise  au 
Lucrez  denken.  Die  Archaisten  des  ersten  christlichen  Jahrh.  zogen  Lucr. 
dem  Vergil  vor  (Tac.  dial.  23). 

3.  Zur  Charakteristik  des  Werkes.  Lucrez  ist  von  seiner  Lehre  so  fest 
überzeugt  dass  er  mit  mitleidigem  Behagen  dem  Irregehen  der  Andern 
zusieht  (II,  7—13),  und  an  die  Verdienstlichkeit  seines  Unternehmens  glaubt 
er  so  sicher  dass  er  Tag  und  Nacht  (I,  143.  IV,  966  f.)  sich  damit  be- 
schäftigt und  über  alle  Schwierigkeiten  des  Gegenstandes  (I,  413  ff.  921) 
und  der  lateinischen  Behandlung  (propter  egestatem  patrii  sermonis,  I,  140. 
832.  111,  261)  sich  hinwegsetzt,  aus  Hoffnung  auf  Ruhm  (I,  922),  den  er 
mit  seiner  Hebenswürdigen  Naiv  etat  in  Ansprucli  nimmt  primum  quod 
magnis  doceo  de  rebus  et  arctis  relligionum  (vgl.  63  ff.  84  ff.  II ,  44,  wo 
parallel  damit  mortis  timores  stehen)  animos  nodis  exsolvere  pergo;  deinde 
quod  obscura  de  re  tam  lucida  pango  carmina,  musaeo  contingens  cuncta 
lepore  (I,  930—933);  auch  wegen  der  Neuheit  seines  Beginnens  (I,  925— 
929.  vgl.  II,  1023  ff),  welche  relativ  zu  verstehen  ist,  für  die  römische  Li- 
teratur. Ein  Zug  von  Schwermut  geht  durch  seine  ganze  Weltanschauung, 
z.  B.  III,  870—977  und  oft.  J.  Reisacker,  der  Todesgedanke  .  .  bes.  bei 
Epikur  und  Lucretius,  Trier  1862.  4.  Dabei  bekunden  ein  warmes  edles 
Gemüt  so  viele  ergreifende  Schilderungen  aus  dem  Menschenleben  (I,  938  ff. 
II,  1163  ff.    m,  907  tt'.   V,  223  ff.)  wie  aus  der  leblosen  Natur  (II,  29  ff. 


LucretiuB.  329 

144  ff.  362  ff^.).    üeber  Lncr.  s.  besonders  Mommsen  R.  G.  IIP.  S.  673—677, 
md  danach  J.  Mählj  im  N.  Schweiz.  Museum  1866,  S.  176  ff. 

System.    P.  A.  Märcker,  T.  Lucretius  Carus,  über  die  Natur  der  Dinge 

und  die  Unsterblichkeit  der  Seele,  Berlin  1851.    E.  v.  Suckau,  de  Lucr. 

metaphysica  et  morali  doctrina,  Paris  1857.    J.  W.  Braun,  Lucr.  de  atomis 

doctrina,   Münster  1857.    F.  Hildebrandt,   Lucr.   de   primordiis   doctrina, 

Magdeburg  1864.  4.    P.  Moniäe,  Lucr.  consid^r^  comme  moraliste,  Paris 

IS61.    Fr.  Siemering,  Qnaestionum  Lucretianarum  Part.  I  et  II,  Königsberg 

1867  (I.  de  philosophia  Epicurea  etc.  p.  1—23,  II.  de  aliorum  philosopho- 

nun  quae  apud  Lucr.  Epicureum  occurrunt  sententiis  etc.  p.  23    49). 

Yerhältniss  zu  seinen  Quellen.  A.  J.  Reisacker,  Epicuri  de  animorum 
natura  doctrina  a  Lucretio  diacipulo  tractata,  Cöln  1856.  4.  E.  Hallier, 
Lucr.  carm.  e  fragmentis  Empedoclis  adumbratum,  Jena  1867. 

Sprache.  F.  W.  Altenburg,  de  usu  antiquae  locutionis  in  Lucr.  car- 
mbe  obviae,  Gotha  1867.  4.  C.  W.  F.  Proll,  de  formis  antiquis  Lucretianis, 
Bmlan  1859.  R.  Schubert,  de  Lucretiana  verborum  formatione,  Halle 
1865.  R.  Bouterwek,  Lucretianae  quaestiones  grammaticae  et  criticae, 
Me  1861.  Fr.  Polle,  de  artis  vocabulis  (philosophische  Eunstausdrücke) 
qoibosdam  Lucretianis,  Dresden  1866.  F.  W.  Holtze,  syntazis  Lucretianae 
üneamenta,  Lips.  1868.  204  pp. 

}?ichtvollendung.  Ueber  das  Mass  derselben  und  die  Sorgfalt  des 
Herausgebers  gind  die  Ansichten  getheilt  (s.  Purmann  in  Jahn's  Jahrbb. 
67,  S.  658  ff.  Polle,  im  Philologus  XXV.  S.  503  f.),  nicht  aber  über  das 
Daaa  und  darüber  dass  die  (drei)  ersten  Bücher  der  Vollendung  näher  ge- 
bracht worden  sind  als  die  letzten. 

L.  Grasberger,  de  Lucr.  carmine,  München  1856.  E.  Heine,  de  Lucr. 
cann.  de  r.  u.,  Halle  1866.  4. 

Heber  Lucrez  und  sein  Werk :  Bayle  dictionnaire  s.  v.  Nachträge  zu 
Soker  VII.  S.  310-336.  Bruner,  de  carmine  didaac.  (Helsingfors  1840.  4.) 
P-20^1.  W.  Teuffei  in  Pauly's  Real-Enc.  IV.  (1845.)  S.  1196—1198. 
C.  Martha,  Revue  des  deux  mondes,  März  1863,  p.  187—215.  J.  Mähly, 
»m  neuen  Schweiz.  Mus.  V.  1865.  S.  167—188.  Fr.  Polle,  die  Lucrezliteratur 
«eit  Lachmann  und  Bernays,  Philologus  XXV.  S.  489—530.  XXVL  S.  290 
--345.  524-565.  , 

4.  Die  Handschriften  des  Lucr.  gehen  alle  zurück  auf  einen  arche- 

tjpuj  saec.  rV  oder  V  in  Capitalschrift,  ohne  Wortabtheilung  (Lachmaim 

^  Lucr.  p.   3;  vgl.  Philologus  XXV.  S.  528-630).     Von  diesem  wurden 

*^t  Baec.  IX  drei  Abschriften  gemacht,   von  welchen  die  drei  Familien 

'^^Duuen  in  die  sich  alle  erhaltenen  Hdss.  vertheilen  (Lachmann  p.  4—11). 

^6r  einzige  Vertreter  der  ersten  ist  der  oblongus  (oder  Leideusis  1);  s. 

E.  Göbel,   Rhein.  Mus.  XV.  S.  401—418.    Die  zweite  Familie  besteht  aus 

den  italici  (acht  Laurent.,  worunter  Nr.  30  die  Hds.  von  Niccoli,  sechs 

^atic;  auch  eine  Cambridger),  welche  alle  aus  der  einen  (dem  oblongus 

<ehr  ähnlichen)  Handschrift  stammen  welche  Poggi  aus  Deutschland  brachte. 

y^  Philologus  XXV.   S.  617  f.    Ein  stark  interpolierter  Vertreter  dieser 

iweiten  Familie  ist  der  Münchner  Pergameutcodex  der  einst  im  Besitze 

des  P.   VictoriuB  war  (cod.  Victorianus)  und   dessen  Correctnren  wahr- 


330  Ciceronische  Zeit.  Zweite  H&lfte,  691—711. 

Bcheinlich  von  Poutanus^  Schuler,  Marollus  (f  1500),  herrühren;  8.  L.  Spen- 
gel,  Münchner  Gel.  Anz.  XXXIII  (1851).  S,  771  ff.  W.  Christ,  quaest.  Lucr. 
München  1855.  E.  Göbel,  quaest.  Lucr.  crit.,  Salzburg  1857.  4.  Rhein. 
Mus.  XII.  S.  453  f.  De  cod.  Victor,  von  H.  Sauppe  (Götti.  1864.  4.)  und 
Bouterwek  (Halle  1865.  4.).  Munro's  Ausg.  p.  7—15.  27.  Fr.  Polle,  Phi- 
lologus  XXV.  S.  518—528.  Die  dritte  Familie  besteht  aus  dem  quadratns 
(Leid.  2)  und  zwei  Bruchstücken,  den  (acht)  Schedae  Haynienses  imd  den 
(zehn)  Schedae  Vindoboneuses;  s.  R.  J.  F.  Henrichsen,  de  fragUL  Gottor- 
piensi  Lucr.,  Eutin  1846.    E.  Göbel,  Rhein.  Mus.  XII.  S.  449  ff. 

Auf  dieser  handschriftlicheu  Grundlage,  nur  unter  Einmischung  man- 
cher nichtberechtigten  sprachlichen  Voraussetzungen  (Philologus  XXVI. 
S.  294—298),  ist  der  Text  des  Lucretius  erstmals  von  Lachmann  bearbeitet 
worden  (1850),  welchem  die  Revision  von  J.  Bemays  (1852)  folgte.  Die 
nächst  Lachmann  bedeutendste  Leistung  für  die  Textkritik  ist  die  von 
Munro  (1860.  1864),  zugleich  die  einzig  erhebliche  seit  langer  Zeit  für  die 
Erklärung  des  Dichters.  Zahlreiche  kritische  Beiträge  in  Quaestiones  Lu- 
cretianae  von  U.  Purmann  (Breslau  1844.  Lauban  1858.  4.  1860.  4.), 
J.  Siebelis  (Lips.  1844),  J.  Reisacker  (Bonn  1847),  Oppenrieder  (Augsburg 
1848),  H.  Lotze  (Philologus  VII.  1852.  S.  696—732),  W.  Christ  (München 
1855),  Th.  Bindseil  (Anclam  1867.  4.),  J.  Jessen  (Göttingen  1868,  p.  10—40); 
Observationes  Lucretianae  von  P.  E.  Göbel  (Bonn  1854),  und  Abhandlungen 
verschiedenen  Titels  von  J.  N.  Madvig  (üpusc.  I.  p.  305 — 322),  J.  Bemajs 
(Rhein.  Mus.  V.  p.  533—587;  VIII.  S.  159  f.),  H.  Purmann  (Naumburg  1849. 
4.),  F.  W.  Altenburg  (Schleusingen  1845.  4,),  J.  Roos  (Groningen  1847), 
Th.  Bergk  (Jahns  Jahrbb.  67,  S.  315—330.  83,  S.  316—334.  495—509. 
617—638),  C.  Winckelmann  (Salzwedel  1857.  4.),  Fr.  Susemihl  und  A.  Brieger 
(Philologus  XIV.  S.  550—567.  XXIII.  S.  455-472.  623—643.  XXIV.  S.  422- 
453.  XXV.  S.  67—91.  XXVIL  S.  28-57),  L.  Müller  (Ebds.  XV.  S.  157- 
162),  Th.  Bindseil  (Halle  1865),  F.  Polle  (Philologus  XXV.  S.  269—283)  u.  A. 
Vgl.  die  üebersicht  von  F.  Polle,  ebds.  XXVI.  S.  298—345.  524  ff. 

5.  Ausgiibcu  (vgl.  Munro  I.  p.  3 — 23).  Ed.  princeps  s.  1.  et  a.  (wahr- 
scheinlich Brix.  1473).  fol.  Aldina  I  (1500.  4.)  cura  H.  Avancii;  cum  comm. 
I.  B.  Pii,  Bonou.  1511  fol.  luutina  (cura  P.  Candidi),  Flor.  1512.  Cum 
comm.  D.  Lambini,  Paris  1564.  4.  1570.  4.  Francof.  1583.  8.  und  oft. 
<Jum  coUectan.  Ob.  Gifanii,  Antverp.  1566.  8.  und  oft.  Cum  notis  Th.  Creech, 
Oxon.  1695,  zuletzt  1807.  1818.  1835.  Cum  notis  varr.  ed.  S.  Havercamp, 
Lugd.  B.  1725.  4.  2  Voll.  Ed.  G.  Wakefield,  Lond.  1796.  4.  3  Bde.  Glasg. 
1813.  8.  4  Bde.  (vgl.  Madvig  1.  1.  p.  306  f.).  Ed.  H.  C.  A.  Eichstaedt,  Lips. 
1801.  Vol.  I.  (Prolegg.,  Text,  Index).  Ed.  A.  Forbiger,  Lips.  1828.  Reo. 
et  emend.  C.  Lachmann,  cum  comm.,  2  Bde.,  Berlin  1850.  1853 — 1855. 
1860—1866.  Ed.  J.  Bemays,  Lips.  1852.  With  notes  by  H.  A.  J.  Munro, 
Cambridge  1860.  ed.  II.  1866;  Vol.  II  (translation  in  Prosa)  1866.  Text 
von  Munro  (recogn.),  Cambridge  1860.  1864. 

Deutsche  Uebersetzungen  von  J.  H.  F.  Meineke  (Leipzig  1795.  2  Bde.), 
C.  L.  V.  Knebel  (Leipzig  1821  u.  1831),  G.  Bossart-Oerden  (Berlin  1866). 
Uebersetzungsproben  von  L.  Grasberger  (in  Terzinen,  Würzburg  1862.  4.) 
und  A.  Brieger  (I,  1—369,  Posen  1866.  4.). 

192,  Die  jüngere  Generation^  deren  beste  Lebensjahre  in 


Die  jüngere  Generation. 


331 


stürmische  Zeit  des  Bürgerkriegs  zwischen  Caesar  und  Pom- 
jus  hineinfielen  und  die  sich  genöthigt  sah  selbst  auch  Stel- 
lg  zu  nehmen  in  diesen  Kämpfen,   erhält  dadurch  einen  lei- 
lenschaftlich  erregten  Charakter,  wie  im  Leben  so  grossentheils 
Mich  in  der  Literatur.     Getragen  von  den  Ergebnissen  der  bis- 
herigen Entwicklung,  mit  hellenischer  Bildung  gesättigt   und 
[der  eigenen  Ejraft  sich  bewusst,  schlug  man  mutig  neue  Bahnen 
ein   und  suchte  es  den  Griechen  auch  in  der  Literatur  gleich 
zu  thun.     Sallust  in  der  Geschichte,  CatuU  in  der  Poesie  zeigen 
wie   erfolgreich  dieses  Streben  war;    und  beide  Altersgenossen 
waren  nur  die  hervorragendsten  unter  einer  grossen  Zahl  von 
Mitstrebenden:    in  der  gebundenen  Form  Varro  Atacinus   \md 
Licinius  Calvus  dem  Catull  nahezu  gleichkommend  und  auf  an- 
derem Gebiete  der  Syrer  Publilius,  in  prosaischer  Darstellung 
durch  Rede  und  Schrift, M.  und  D.  Brutus,  Caelius  Rufus,  Cor- 
nificius,   Curio,   Furnius  und  viele  Andere.     Sogar  eine  Frau, 
Hortensia,   zählt  imter  den  Rednern,  und  andere  Frauen,   wie 
Catulls  Lesbia,  machen  Gedichte.     Diese  Zeitgenossen  verfolgen 
in  der  Beredtsamkeit  alle  wesentlich   die  gleiche  Geschmacks- 
richtung auf  das  Natürliche,  Einfache  und  Schmucklose,   zum 
Theil   mit  solcher   Absichtlichkeit   dass   es    selbst    wieder    zur 
Küustlichkeit  wird.     In  der  Poesie  streben  sie  den  alexandrini- 
schen  Dichtem  nach  und  begegnen  sich  theilweise  auch  in  den 
Stüfifen.    So  verfassen  Epen  mit  mythologischem  Stoße  Valerius 
Cato  (Diana),  Catull  (Epithal.  Pelei),  Calvus  (lo),  Onna  (Zmyr- 
na),  Comificius  (Glaucus),    Caecilius  (Cybele),    Epithalamien 
und  Hymenäen  Catullus,  Calvus  und  Ticidas.     Auch  entsprach 
es  ebenso  dem  alexandrinischen  Vorgang  als  den  lockeren  Sit- 
^n  der  Zeit  und  dieser  Kreise  dass  fast  ein  Jeder  zur  erotischen 
Poesie  seinen   Beitrag  lieferte.     In  der  Politik  aber  gehen  sie 
'^Dseinander,  und  diese  beherrscht  Alles.     Wie  bedeutende  Zeit- 
ereignisse alsbald  eine  ganze  Literatur  hervorrufen,  so  begleitet 
Jie  Poesie  die  Männer  und  Vorgänge  des  Tags  mit  ihren  Ga- 
'^n;  die  Geschichtschreibung  verräth  den  Einfluss  der  Politik 
^  Ausgangspunkt  wie  Ziel,  und  die  Beredtsamkeit  fängt  bereits 
*n  ihn  darin  zu  empfinden  dass  das  gewohnte  Feld  der  Wirk- 
samkeit ihr  verkümmert  wird. 

Im  Nachstehenden  sind  zwischen  die  beiden  grössten  Literaturerschein- 
(mgen  die  kleineren  so  vertheüt  dass  an  Sallust  sich  die  caesarisch  gesinn- 
ten Schiiftsteller  Q.  Tubero,  Alfenus  Varus,  C.  Matius  anreihen,  darauf  die 
Bedner,  TagsschiiflBteller  und  sonstigen  Prosaisten  (meist  von  der  Gegen- 


332  Ciceronische  Zeit.  Zweite  Hälfte,  691—711. 

Seite)  folgen,  den  Beschluss  aber  und  Uebergang  zar  augusteischen  Z( 
Catull  und  die  andern  Dichter  bilden. 

193«  C.  Sallustius  Crispus  aus  Amitemum  (J.  667 — 71 
d.  St.)  widmete  nach  einem  bewegten  Leben  seine  letzten  Jahi 
nach  Caesars  Tode,  der  Geschichtschreibung.  Zuerst  verfass 
er  eine  Monographie  über  die  Verschwörung  des  Catilin 
mehr  nach  literarischen  als  archivalischen  Quellen,  mit  sieht 
chem  Streben  nach  Unparteilichkeit,  doch  ohne  Verleugnu] 
seiner  Sympathie  für  Caesar.  Die  Behandlung  ist  pragmati^ 
psychologisch  und  rhetorisch,  im  Chronologischen  aber  wenig 
genau.  Gleichmässigere  Anlage  und  glattere  Sprache  hat  d 
lugurtha,  der  mit  ruhiger  Objectivitat  die  römische  Oligarcl 
in  ihrer  tiefsten  Entwürdigung  vorführt,  unter  sorgfältiger  I 
nützung  aller  Quellen.  Endlich  fünf  Bücher  Historiae,  l 
ginnend  mit  Sulla's  Todesjahre  (676  d.  St.)  und  fortgeführt  l 
687,  vielleicht  aber  ohne  vollendet  worden  zu  sein.  Das  We 
war  ebenso  angelegt  wie  die  beiden  kleineren  Schriften,  ist  u 
jedoch  nur  in  Bruchstücken  erhalten.  Dadurch  dass,  vielleic 
im  zweiten  christlichen  Jahrh.,  die  in  säramtlichen  Geschichl 
werken  Sallusts  sich  findenden  Reden  und  Briefe  für  rhetorisc 
Schulzwecke  zusammengestellt  wurden  retteten  sich  auch  a 
den  Historiae  vier  Reden  und  zwei  Briefe.  Fälschlich  d 
Namen  des  Sallust  tragen  zwei  Briefe  ad  Caesarem  senem 
republica  und  die  invectiva  Sallustii  in  Ciceronem,  an  wele 
Ciceronis  in  Sallustium  responsio  angeschlossen  ist. 

1.  Die  Srhrcibung  Sallustius  ist  die  bestbeglaubigte  und  etymologif 
richtige.  —  Hieronym.  zu  Euseb.  ehr.  ad  a.  Abr.  1930  «*=  Ol.  173,  2 
667  =  87  V.  Chr.  (im  cod.  Freher.  erst  zu  1931  =  668):  Sallustius  Crisp 
Bcriptor  historicus  in  Sabinis  Amitemi  nascitur;  und  ad  1981  =  Ol.  186, 
Sallustius  diem  obiit  quadriennio  ante  actiacum  bellum.  Chron  pasch, 
p.  347:  .  .  vndtcav  MagCov  xb  f  xal  KCvva  x6  ß'  (668  d.  St.)  Salovan 
iyswTjd'T}  %aldvdaig  O'ntoaßQiaig  y  und  p.  359:  ZaXovüxiog  dnid'avB  n 
XQi6v  Iddöv  liccttov.  Gell.  XVII,  18:  M.  Varro  .  .  in  libro  quem  [in]scrip 
„Pius  aut  de  pace"  C.  Sallustium  scriptorem  seriae  illius  et  severae  o: 
tionis,  in  cuius  historia  nofciones  censorias  fieri  atque  exerceri  videmus, 
adulterio  deprehensum  ab  Annio  Milone  loris  bene  caesum  dicit  et  ci 
dedisset  pecuniam  dimissnm.  Vgl.  Porph.  zu  Hör.  S.  I,  2,  41.  Sery.  1 
VI,  612.  Respons.  5.  —  Volkstribun  702  (Ascon.  Mil.  p.  38  Or.).  Dui 
die  Censoren  704,  wohl  aus  politischen  Parteigründen,  aus  dem  Senat  ( 
stossen  (Resp.  6.  Dio  XL,  68);  von  Caesar  705  wiedereingesetzt  dui 
Uebertragung  der  Quästur  (Resp.  6  vgl.  8)  und  (707?)  der  Prätur;  dui 
Caesar  Proconsul  von  Africa  J.  708;  s.  bell  afr.  8.  34.  97.  Als  solcl 
sich  bereichernd;  s.  Besp.  7.    Dio  XLUI,  9.    Besitz  der  horti  Sallustian: 

2.  Catilina  (bellum  Catilinarium',   de  coniuratioue  Caliliuae),  en 


SalluBtiuB  (Schriften).  333 

Fracht  der  Masse  des  Sallast  (Cat.  4,  1  K),  verfasst  uicht  vor  711,  heraus- 
gegeben etwa  712.    Sachliche  (namentlich  chronologische)  Ungenauigkeiteu 
and  derDarsiellang  mehrfach  nachgewiesen  worden,  bes.  vonW.  Dramann  und 
E.  Hagen;  vgl.  H.  Wirz,  Catilina's  und  Cicero's  Bewerbung  (Zürich  1864) 
S.  32  ff.    Mommsen  im  Hermes  I  (1866)  S.  436  f.    Dem  Cicero  gegenüber 
balt  sich  Sali.  tactvoU,  weder  je  ihn  tadelnd  noch  warm  ihn  lobend;   die 
persdnliche  Vorliebe  für  Caesar  aber  bricht  manchmal  hindurch.     Zahl- 
reiclie  reflectierende  Einleitungen ;  nach  dem  Vorgänge  griechischer  Schrift- 
steller C.  Sallustius  in  hello  iugurthiuo  et  Catilinae   nihil   ad   historiam 
pertinentibus  principüs  orsus  est  (Quintil.  111,  8,  9).    R.  Dietsch,  quo  tem- 
pore qaoque   consilio   SaUustius   Catilinam    scripserit,    Grimma   1856.    4. 
Hanegraat,  de  temporum  computatione  in  libro  de  coniuratione  Catilinae, 
Zntphen  1846.    W.  M.  Pahl,  de  prooemüs  Sallustianis ,  Tübingen  1859.  4. 
Friedr.  Baur,  Chronologisches  und  Apologetisches  zum  Catilina,  im  Corre- 
ipondenzblatt  für  gel.  Schulen  Würtembergs  1868,  S.  189—199.     W.  Ihne 
in  den  Verhandlungen  der  Würzburger  Philologenversammlung  (1868). 

Aasgaben  von  J.  Ch.  W.  Dahl  (Braunschweig  1800),  Ch.  G.  Herzog 
(Leipzig  1828),  Fr.  Kritz  (ed.  illustr.,  Lips.  1828),  G.  v.  Wieringhen-Borski 
(ed.  ill.  Groning.  1831),  R.  Dietsch  (erklärt,  Leipzig  1864). 

Uebersetzt  (mit  Text)  von  Ch.  G.  Herzog  (bei  seiner  Ausg.)  und  C. 
Holzer  (Stuttgart  1868). 

Beiträge  zur  Kritik  und  Erklärung  von  C.  W.  Nauck  (das.  Vorwort, 
Königsberg  in  d.  N.  1860.  4.),  Kvi9ala  (Ztschr.  f.  östr.  Gynm.  1863,  S.  679 
-626),  Th.  Wiedemann  (Phüologus  XXII.  S.  495—504)  u.  A. 

3.  lugurtha  (bellum  iugurthinum),  wohl  hauptsächlich  nach  den  Me- 
moiren des  Sulla,  Scaurus  und  Rutilius,  mit  Benützung  des  Sisenna  (Jug. 
95,  2)  und  anderer  Quellen  (ib.  17,  7),  doch  in  Ortsschilderungen  und 
Ethnographie  nicht  sehr  zuverlässig.  Der  politische  Gesichtspunkt  (vgl.  * 
ib.  5,  1)  überwiegt,  verführt  aber  nicht  zur  Parteilichkeit.  Meisterhafte 
Zeichntmg  der  politischen  Verhältnisse  in  den  Reden  des  Memmius  (c.  31) 
ond  Harius  (c.  85).  Mit  dem  Ausblick  auf  Letzteren  schliesst  die  Schrift, 
^ftge  (Einleitung,  Excurse,  Reden)  wesentlich  dieselbe  wie  im  Catüina; 
*ogar  Wiederholung  von  Wendungen  aus  diesem  und  dem  lug.  selbst; 
^och  ist  das  Verhältniss  der  einzelnen  Theile  mehr  ausgeglichen.  Aus- 
gaben von  Ch.  G.  Herzog  (Leipzig  1840),  0.  Gehlen  (Regeusburg  1862), 

^'  Eichert  (Breslau  1867).  R.  Dietsch,  Obss.  criticae  in  lug.  partem  ex- 
tremam,  Grimma  1845.  4.  Widmann,  de  Memmii  oratione,  Blaubeuren 
^^7.  4.  Monunsen,  Hermes  I.  S.  427—430.  Uebersetzt  von  C.  Holzer, 
Stuttgart  (Neff)  1868. 

4.  Historiae,  ihrem  Stoffe  nach  thatsächlich  eine  Fortsetzung  des 

Werkes  von  Sisenna.    Absichtliche  Uebergehuug  der  Geschichte  des  Sulla, 

lag.  95,  2.    Der  Inhalt  erstreckte  sich  bis  senos  per  annos  (Auson.  Idyll. 

IV,  61  tf.).    Der  Beginn  mit  J.  676  ist  sicher  (Anfangsworte:   res  populi 

rom.  M.  Lepido  Q.  Catulo  coss.  ac  deinde  militiae  et  domi  gestas  com- 

posni),  und  Nichts  in  den  üeberresten  weist  über  J.  687  hinaus.     Auch 

hier  Streben  nach  geschichtlicher  Unparteilichkeit;  s.  unten  194,  2.    Durch 

die  rhetorische  Sammlung  (im  Ganzen  15  Reden  und  6  Briefe  aus  Sallust) 

sind  auB  den  Hist.  erhalten  4  Reden  (Lepidi,  Philippi,  Cottae,  Macri)  und 

2  Briefe  (Cn.  Pompei,  Mithridatis).    Andere  grössere  Ueberreste  das  frag- 


334  Ciceronißche  Zeit  Zweite  Hälfte,  691—711. 

mentum  Berolinense  (von  Heine  gefunden,  von  G.  H.  Pertz  zuerst  h< 
gegeben,  als  vermeintliches  Fragment  des  Livius),  auf  J.  681  und  B.  I 
beziehend  (vgl.  H.  Jordan,  Hermes  IL  S.  81—85),  und  die  fragmentaVal 
aiis  B.  TU,  von  dem  Kriege  gegen  Spartacus  handelnd.  Vgl.  Jordan's  Au 
des  SalL  (1866)  p.  111  —  128.  Sammlung  aller  üebejrreste  der  Hist., 
früheren  Arbeiten  von  J.  Tb.  Kreyssig,  1811  bis  1852,  besonders  vo 
Kritz  (disposita  suisque  comm.  illustrata,  Lips.  1853;  und:  neu  gec 
und  erklärt,  Erfurt  1856).  Nachtrüge  im  Rhein.  Mus.  XVm.  S.  478  f. 
S.  147  f.  G.  Linker,  Sali.  Hist.  prooemium  . .  restituere  tentavit,  Ma 
1850.  J.  G.  Schlimmer,  hist.  rerum  gest.  in  Hist.  Sali,  libris,  Utrecht 
Reden  und  Briefe  der  Hist.,  rec.  et  ed.  Orelli  (Zürich  1830;  dazu  d 
storia  critica  eclogarum  ex  Sali.  Hist.,  Zürich  1833).  Darüber  von  R. 
(Leipzig  1849)  und  besonders  H.  Jordan,  Rhein.  Mus.  XVIH.  S.  584- 
Erklärt  und  übersetzt  von  0.  Gehlen  (Wien  1865). 

5.  Die  zwei  Briefe  ad  Caesarem  (der  erste  hat  aber  vielmel 
Form  einer  Rede)  sind  sicher  aus  der  Eaiserzeit  und  der  Rheton 
(suasoriae),  beide  unpraktisch  und  die  Redeweise  des  Sallust  nachalu 
zudem  in  übertreibend  archaistischer  Orthographie.  Der  zweite  ist 
schweifig  und  enthält  theilweise  die  gleichen  Vorschläge  wie  der 
ohne  doch  au  ihn  anzuknüpfen.  Daher  scheinen  sie  Bearbeitungei 
gleichen  Schulthemas  von  verschiedenem  Standpunkte,  aber  (bei  der  G 
heit  der  Anlage,  des  Geistes,  der  Sprache  und  vieler  einzelneu  We 
gen)  jedenfalls  aus  derselben  Zeit,  wenn  nicht  von  demselben  Verl 
wie  Orelli  und  Jordan  annehmen,  indem  Letzterer  denselben  in  di< 
zwischen  den  Flaviem  und  Antoninen  setzt,  Orelli  in  die  des  Front< 
ihn  für  den  Urheber  der  Zusammenstellung  der  sallustischen  Redet] 
Briefe  hält.  Vgl.  W.  Teuffei  im  Tübinger  Doctorenverzeichniss  von 
S.  13  f.  H.  Jordan,  de  suasoriis  ad  Caes.  seuem  de  rep.  inscriptis,  ] 
1868.  32  pp. 

6.  Die  Invectixj9.  Sallustii  in  Ciceronem  (angeblich  im  Sena 
kurz,  roh  und  theilweise  offen  verleumderisch.  Da  besonders  bitter 
ro*s  Verfahren  gegen  die  Catilinarier  besprochen  wird,  so  könnte  si« 
einem  der  Letzteren  herrühren  (vgl.  Ascon.  p.  95  Or.).  Quintilian  k 
sie  und  glaubte  an  ihre  Echtheit  (vgl.  XI,  1,  24).  Die  Responsi« 
ceronis  in  Sallustium)  ist  ausführlicher  und  declamatorischer,  enthält 
manche  sonst  nicht  bekannte  und  innerlich  glaubhafte  Nachrichten, 
räth  auch  eine  energisch  anticaesarische  Gesinnung,  so  dass  sie  aus 
Anfange  der  Eaiserzeit  zu  stammen  scheint.  Schwache  Spuren  führe 
einen  Didius  (Linker:  Epidius)  als  Verfasser.  Dio  benützte  wohl  die  S( 
Vgl.  Corradi  Quaestura  p.  85 — 128,  die  Programme  von  Ch.  6.  H 
(Gera  1834  ff.  4.)  und  W.  Teuffei  a.  a.  0.  (1868)  S.  14  f. 

7.  Alte  Erklärer.  Aemilius  Aeper  (Lyd.  de  magistr.  III,  8:  Alf. 
Iv  TQ>  vnouvTJfiati  taiv  £aXlovat^ov  latogimv,  Charis.  p.  216,  2 
Asper  commentario  Sallustii  Historiarum  I)  und  Statilius  Maximns  (Cha 
196,  4  K.).  Suidas  v.  Zrivößiog:  Zjjvoßiog  aotpiaTiqg  naidevcag  inl  'Aöq 
KaißUQog  ^yQatjjs  .  .  itetdfpQaaiv  iXXrjvmmg  %6iv  *IoTOQi.civ  £aXovotiO' 
Q(Oiia'i%ov  tatOQiKOv  tmv  Xavuafiivcov  avtov  BsXov  (Bella).  Ein  Anon 
zum  Catil.  bei  Suringar,  hist.  schol.  I.  p.  254. 

8.  Handschriften.  Die  Reden  und  Briefe  (auch  die  ad  Caesarem 


Sallustius  (Schriften).  335 

überKefert  durch  Vatic.  3864  saec.  IX.    Die  Hsa.  der  Bella  zerfallen  in  zwei 

Claasen.    Die  ältere  (meist  aus  saec.  X)  hat  den  besseren  Text,  aber  lug. 

103,  2  bis  112,  3  eine  Lücke.    Bester  Vertreter  Paris.  Sorb.  Nr.  500  saec. 

IX—X.    Die  jüngere  Classe  ist  vielfach  interpoliert,  füllt  aber  jene  Lücke 

aitt.     Bester  Vertreter  Monac.   saec.  XL      In  einem  Theile   der   ersten 

Claase  sind  die  fehlenden  Capitel  am  Schlüsse  nachgetragen;  ein  Theil  der 

zweiten  hat  an  einigen  Stellen  Worte  die  in  den  andern  fehlen  und  doch 

echt  sind.  Abweichende  Ansichten  über  das  Verhältniss  der  zwei  Classen  zu 

einander  von  C.  L.  Roth  (Rhein.  Mus.  N.  F.  IX.  S.  129-135  nebst  S.  630f.), 

R.  Dietsch  (Ausgabe  von  1869),  E.  WölfBin  (Philologus  XVII.  S.  154—159. 

519—548  und  dagegen  E.  Brentano,  de  C.  Sallustii  Crispi  codicibus  recen- 

aendis,  Frankfurt  1864.  p.  2  ff.),  H.  Jordan  (über  Vat.  3864,  im  Hermes  I. 

B.  231—240;  über  cod.  Nazarianus,  ebds.  S.  240  ff.).   Sonstige  Beiträge  aus 

Handschriften:  Thorlacius,  III  codd.  pergam.  descr.,  Kopenhagen  1815.  4. 

Birnbaum,  spec.  lectt.  Sali,  e  codd.  Trevirens.,  Trier  1822.  4.    Bojesen,  de 

düobua  codd.  Sali.  Havniensibus,  Kopenh.l  847.    Gutenäcker,  Variae  lectt. 

ei  in  codd.  mss.  Würzburg  1837.  1839.  4.   H.  Alanus,  lectiones  codd.  trium, 

Dublin  1865.    Collatiou  einer  Handschrift  aus  Barcelona,  Philologus  XIV. 

S.  759  f    J.  C.  Wirz,  de  fide  atque  auctoritate  codicis  Sali,  qui  Parisiis  in 

Bibl.  imp.  n.  1576  asservatur,  Aarau  1867.  4.  A.  Eussner,  Philologus  XXV. 

S.  343  f.  und  im  Würzbusger  Festgruss  (1868)  S.  158  ff.  184  ff'. 

9.  Ausgaben.    Ed.  princeps  s.  1.  (Ven.)  1470.  4.    Rom.  1490.  4.    Ve- 

nel  Aid.  1509.    8.    Paris.   1509.   4.  (von  Ascensius).    Basel  1538.    8.  (von 

Glareanus).    Ed.  L.  Carrio,  Antv.  1573.  1580.    Jan.  G Älter,  Frankf.  1607. 

J.  Wasse,  Cantabr.  1710.   4.    E  rec.  et  c.  notis  G.  Cortii,  Lips.  1724.   4. 

(Wiederabdruck  Lips.  1825  ff.).  Rec.  et  cum  notis  varr.  ed.  S.  Havercamp, 

Baag  1742.    2  Bde.    4.    (Wiederabdruck  durch  Frotscher,  Lips.   1828  f.). 

J'emer  von  G.  Ch.  Harles  (Nümb.  1778.  1797),  in  der  Zweibrücker  Samm- 

%  (1779.  1796),    von  H.  Kunhardt  (Lübeck  1809),   0.  M.  Müller  (Leipzig 

^  Zöllichau  1821),   W.  Lange  (Halle  1815.  1824.  1833),   F.  D.  Gerlach  (re- 

^^.,  varr.  lectt.,  commentarios  atque  indices  adiecit,  3  Bde.    4.    Basel 

j^3.  1827.  1831;    denuo  rec.  atque  ed.,  Basel  1832;    rec,  adnot.  crit.,  in- 

*fJbu8  bist,  et  gramm.  instruxit;    Vol.  I.    Basel  1852),   C.  H.  Frotscher 

*'Pe.  1825  ff.  3  Bde.  8.),  F.  Kritz  (ad  fid.  codd.  rec.  c.  comm.,  Lips.  1828. 

^  f .  2  Bde.  nebst.  Ind.,  wozu  die  Fragmeuta  1853;  recogn.  et  succincta 

*^^t.  illustr.,    Lips.   1856),    E.  W.  Fabri  (mit  Anmerkungen,   Nüi-nberg 

^^^  f.    Zweite  Aufl.  1845),  C.  H.  Weise  (Lips.  1831),  H.  E.  Allen  (London 

^®^),   J.  C.  Orelli  (Zürich  1840  und  1853),    R.  Dietsch  (Lips.  1843.    1*846; 

P^^^  Ausgabe,  in  zwei  Bänden,  Lips.  1859;  mit  deutschen  Anmerkungen, 

'•  Leipzig  1864),  A.  Hedner  (notis  ill.,  Orebro  1848),  Tho.  Heightley  (with 

^^^^  and  excursus,  London  1848),  R.  Jacobs  (Leipzig  1852.    Vierte  Aufl., 

^^^lin  1864),   F.  W.  Hinzpeter  (mit  Anmerkungen,  Bielefeld  1867).    Texte 

votx  E.  F.  Bojesen  (Kopenh.  1837.  1852),   G.  Linker  (Wien  1855),   Gerlach 

^B.,  Tauchn.,  1856),    R.  Dietsch  (Bibliotheca  Teubner.,  ed.  V.  1867),  und 

"anders  H.  Jordan  (mit  kurzer  adnot.  critica,  Berolin.  1866). 

Kritische  und  exegetische  Abhandlungen.  G.  St.  Lechner,  Observatio- 
Q^  in  nonnullos  Sali,  locos,  Hof  1828.  4.  Selling,  lectionum  Sali,  decades 
ni,,  Augsburg  1831.  4.;  Emendationes  Sali.,  Ansbach  1835.  4.  G.  Linker, 
Kmendationen  zu  Sallust,  Wien  1855  (Sitzungsber.  der  Akad.).    F.  Hitzig, 


336  Ciceroniflche  Zeit.  Zweite  Hälfte,  691—711. 

in  der  Monatsschrift  des  wiss.  Vereins  in  Zürich  1856,  lOtes  Heft.  G.  Wj 
ner,  disp.  de  locis  quibusdam  Sali,  Batibor  18C1.  4.  F.  Gründe!,  qu 
stiones  Sallustianae ,  Königsberg  1861.  H.  Jordan,  im  Hermes  I  (1866) 
229-250.    A.  Eussner,  im  Würzburger  Festgruss  (1868)  p.  158—194. 

üebersetzungen  von  Schlüter  (Münster  1806  f.  2  Theile),  v.  W< 
mann  (Prag  1814),  v.  Strombeck  (Göttingen  1817),  J.  K.  Hock  (3.  Ai 
Frankfurt  1818),  L.  Neuffer  (Leipzig  18i9),  K.  Göriz  (Stuttgart,  Metz 
1829),  A.  Hauschild  (mit  lat.  Text,  Leipzig  1852),  C.  Cless  (Stuttgart,  H 
mann,  1855  f.  und  1865,  2  Bde.),  R.  Dietsch  (Stuttgart,  Metzler,  1858). 

194,  Sallust  ist  der  erste  kunstmässige  Geschieh  tsclireil 
der  Römer.  Die  Bahn  seiner  römischen  Vorgänger  verlasse 
hat  er  vielmehr  unter  den  Griechen  seine  Vorbilder  gesuc 
Unter  diesen  hat  ihn  besonders  der  ernste  Thukydides  ange: 
gen  und  zur  Nachahmung  gereizt.  Ihm  folgte  er  schon  in  < 
Wahl  seiner  Stofife,  indem  auch  er  vorzugsweise  die  eigene  Z 
und  Selbsterlebtes  in  seinen  Geschichts werken  schilderte, 
es  ihm  auch  nicht  gelungen  den  hohen  Standpunct  seines  V 
bildes,  seine  durchdringende  Kritik  und  seine  objective  Haltu 
zu  erreichen,  so  hat  er  ihm  doch  redlich  nachgestrebt  in  Wal 
heitsliebe  und  Unparteilichkeit.  Auch  in  der  Anlage  seil 
Werke  hat  er  Manches  dem  Thukydides  nachgemacht,  insl 
sondere  die  Sitte  der  Einleitungen  und  die  Einflechtung  v 
Reden  zur  Charakteristik  der  Situation  imd  der  handelnden  P 
sonen.  Nur  hat  bei  dem  Römer  das  rhetorische  Element  < 
Gewicht  wodurch  vielfach  das  historiographische  beeinträcht 
wird,  namentlich  durch  das  Uebermass  von  Reflexionen  u 
eine  gewisse  Gleichgültigkeit  gegen  das  äusserlich  Thatsäi 
liehe  gegenüber  von  dem  Psychologischen.  In  der  Gharakt 
Zeichnung  hat  Sallust  seine  Hauptstärke,  und  er  ist  auch  da 
unter  den  Römern  ohne  Vorgänger,  sowie  in  der  Sorgfalt  • 
er  auf  die  Form  verwendete.  Wie  Thukydides,  obwohl  schw 
lieh  in  demselben  Masse,  hat  auch  Sallust  langsam  gearbei 
imd  die  Ausfeilung  seiner  Schriften  sich  Mühe  kosten  lass< 
Wie  sein  Vorbild  bemüht  sich  Sallust  kurz,  knapp,  gedräi 
zu  sein,  in  einem  Grade  dass  er  darüber  oft  dunkel  und  j 
schraubt  wird;  und  im  Einzelnen  des  Sprachgebrauchs  hat 
von  dem  in  seiner  Zeit  Gewöhnlichen  mit  Bewusstsein  sich  ei 
fernt  und  nach  griechischen  Analogien,  besonders  aber  aus  c 
Weise  des  älteren  Cato,  sich  eine  eigene  Schreibart  gebild 
Dieses  archaistische  Element  seiner  Darstellimg,  zusammen  n 
ihrer  rhetorischen  Färbung,  hat  dem  Sallust  namentlich  in  (J 
Zeit  des  Fronto  grosse  Verehrung  verschafft. 


Sallustius  (Charakteristik).  337 

1.  PrimuB  romana  Crispus  in  historia,  Martial.  XIV,  191.  Quintil.  II, 
5, 19:  Livium  a  paeris  magis  (legi  velim)  quam  SalluBÜtim ,  et  hie  hieto- 
riae  maior  est  aactor,  ad  quem  tarnen  intellegendum  iam  profectu  opus 
sit.  —  Vellej.  II,  36,  2:  aemulum  Thucydidis  Sallustium.  Quintil.  X,  1, 
101:  nee  opponere  Thucydidi  Sallustium  verear.  Sen.  Rhet.  Suas.  p.  36, 
llf.  Bu.:  hoc  (Nekrolog  beim  Berichten  des  Todes  einer  bedeutenden 
Person)  semel  aut  iterum  a  Thucydide  foctum,  item  in  paucissimis  personis 
uBorpatum  a  Sallustio.  Dass  Sali,  unter  allen  griechischen  Geschichtschrei- 
lem  gerade  den  Thuk.  sich  auserkor  ist  bezeichnend,  zugleich  aber  ein  Er- 
klänmgsgrund  dafür  dass  im  eigentlich  Innerlichen  die  Nachbildung  nicht 
gelingen  konnte.  Nicht  nur  dass  Sallust  den  entgegengesetzten  politischen 
Standpunct  einnimmt  imd  ebenso  entschieden  zur  (imperial  )demokrati8chen 
Partei  hielt  wie  Thukydides  Aristokrat  war,  sondern  es  ist  auch  der  Ernst 
und  das  Würdevolle  bei  Thukydides  tiefgewurzelt  und  naturwüchsig,  bei 
Sallnst  aber  etwas  erst  spät  und  künstlich  Angeeignetes.  Dass  dieser  Ton 
zn  den  Antecedentien  von  Sallusts  Leben  wenig  stimme  ist  oft  bemerkt 
worden.  Am  lautesten  schon  von  Lenäus,  welcher  tanto  amore  erga  pa- 
troni  (des  Cn.  Pompejus)  memoriam  exstitit  ut  Sallustium  historicimi,  quod 
tum  oris  probi,  animo  inverecundo  (also  als  einen  Tugendheuchler)  scri- 
passet,  acerbissima  satura  laceraverit,  lastaurum  et  lurchonem  et  nebulo- 
Mm  popinonemque  appellans  et  vita  scriptisque  monstrosum,  praeterea 
priscomm  Catonis  verborum  iueruditissimum  furem  (Sueton.  gramm.  15). 
Aber  auch  der  ehrliche  Gellius  (oben  193,  1)  bemerkt  dass  man  Vorkomm- 
nisse wie  das  im  Hause  des  Milo  nach  dem  streng  aburteilenden  Tone  in 
<ien  Scbriflen  des  Sallust  nicht  für  möglich  halten  sollte;  Macrobius  nennt 
desshalb  (Sat.  II,  9  =  HI,  13,  9)  den  Sallust  gravissimus  alienae  luxuriae 
obiurgator  et  censor.  Auch  Symmachus  bezeichnet  ihn  (Epist.  V,  68)  als 
einen  acriptor  stilo  tantum  probandus;  nam  morum  eins  damna  non  sinunt 
Qt  ab  ülo  agendae  vitae  petatur  auctoritas.  Das  Urteil  des  Lactantius 
(Inst  D.  II,  12.  p.  143  f.  Bip.:  quod  quidem  non  fagit  hominem  nequam 
Sallngtium,  qui  ait:  nostra  omnis  vis  etc.,  Cat.  1,  2.  recte,  si  ita  vixisset 
ttt  locutus  est.  servivit  enim  foedissimis  voluptatibus  suamque  ipse  sen- 
tentiam  vitae  pravitate  dissolvit)  ist  in  so  fern  ungerecht  als  die  morali- 
when  Aeusserungen  auf  die  Immoralitäten  des  Lebens  erst  nachfolgen, 
^  nicht  jene  durch  diese  widerlegt  werden  können,  sondern  eher  als 
Kundgebungen  der  gewonnenen  besseren  Einsicht  und  nachträglicher  Reue 
^gefasst  werden  müssen.  Die  Aufrichtigkeit  dieser  Sinnesänderung  zu 
wezweifeln  ist  kein  Grund  vorhanden,  wenn  sie  auch  etwas  spät  eintrat, 
^  Sallust  die  Früchte  seiner  Vergangenheit  geborgen  hatte  und  das 
^^oen  ihm  nicht  viel  Weiteres  bieten  konnte  als  schriftstellerischen  Ruhm. 
'^^  Nachwirkung  der  eigenen  Vergangenheit  darf  aber  wohl  gefimden 
^^rden  in  einem  gewissen  Pessimismus  welchen  der  Geschichtschreiber 
verräth,  einer  Neigung  minder  edle  Beweggründe  bei  den  Handelnden 
voranazusetzen ,  einem  Anfluge  von  Blasiertheit  und  Menschenverachtung, 
^gl.  auch  J.  W.  Löbell,  zur  Beurteilung  des  Sallust,  Breslau  1818. 

2.  Wahrheitsliebe.  Catil.  4,  2:  statui  res  gestas  populi  rom.  .  .  per- 
Bcribere,  eo  magis  quod  mihi  a  spe,  metu,  partibus  reip.  animus  liber  erat. 
^  3  und  18,  1:  quam  verissume  potero.  Hist.  I,  6:  neque  me  divorsapars 
111  dvilibus  armis  movit  a  vero.    Dem  entsprechend  Augustin.  Civ.  dei.I, 

Teuf  fei,  Rom.  Litcratarg-cschichte.  22 


338  Ciceronische  Zeit.  Zweite  Hftlfte,  691—711. 

5:  Sallastius,  nobilitatae  veritatis  hietoricus.  Isidor.  Orig.  XIII,  21, 10:  Sal 
lustius,  aactor  certissimus.  Vgl.  Avien.  ora  marit.  32  ff.  Seine  nüchterne 
aufgeklärte  Denkweise  hat  den  Sallust  auch  hinsichtlich  der  Prodigien  un« 
der  sonstigen  Romanticismen  des  Liyius  sehr  schweigsam  gemacht. 

3.  Ueber  dieProömien  s.oben  193, 2.  Von  den  bei  Sallust  vorkommende] 
ßrief en  ist  der  des  Lentulus  an  Oatilina  (Cat.  44)  seinem  Inhalte  nach  histo 
risch  (vgl.  Cic.  Catil.  HI,  5, 12);  und  ähnlich  scheint  es  sich  mit  dem  des  Cati 
lina  (c.  35)  imd  dem  des  Pompejus  an  den  Senat  zu  verhalten.  Die  Redei 
bei  Sallust  haben  alle  etwas  Eindringliches  und  Ergreifendes  und  sind  de 
Eigenthümlichkeit  und  Stellung  des  jedesmal  Redenden  weit  mehr  ange 
passt  als  die  des  Livius.  Urkundlich  sind  sie  aber  darum  doch  nicht  S* 
ergäbe  sich  für  Catilina's  Anrede  an  seine  Genossen  ein  anderer  Inbjü 
aus  Cic.  p.  Muren.  25  und  Plut.  Cic.  14;  und  von  dem  was  bei  Cic.  ad  At( 
XII,  21  (vgl.  p.  Sest  28,  61.  Vellej.  II,  35,  3  f.  Plut.  Cato  min.  23)  au 
Cato's  Rede  im  Senat  mitgetheilt  wird  findet  sich  Nichts  in  deijenigei 
welche  Sallust  dem  Cato  in  den  Mund  legt.  Daher  werden  wohl  auch  di 
übrigen  Reden  bei  Sallust  in  demselben  Sinne  gemeint  sein  wie  Thuk^ 
dides  (I,  22)  von  den  seinigen  aussagt.  Dabei  zeigen  jene  eine  viel  gpröe 
sere  rednerische  Uebung,  Fähigkeit  und  Kunst  als  die  des  altattischei 
Historikers.  Von  Sallust's  rednerischer  Bildung  zeugt  auch  die  Nachrich 
bei  Fronto  Epist«  U,  1.  p.  123  Naber:  Yentidius  ille,  postquam  Parthot 
fudit  fngavitque  (J.  716  d.  St.),  ad  victoriam  suam  praedicandam  oratio 
nem  a  G.  Sallustio'  mutuatus  est.  Wenn  daher  der  Rhetor  Seneca  Con 
trov.  III.  praef.  8,  p.  361,  15  f.  sagt:  orationes  Sallustii  in  honorem  histo 
riarum  leguntur,  so  ist  diess  das  einseitige  Urteil  eines  Schulrhetors  de 
von  seinen  unpraktischen  Finessen  und  Figuren  in  den  energischen  Redei 
des  Historikers  zu  wenig  wiederfand.  Andererseits  ist  mindestens  in  seine 
Motivierung  verkehrt  der  Ausspruch  des  Licinianus  (p.  42  f.  ed.  Bonnen 
sium) :  SaUustium  non  ut  historicum  puto  sed  ut  oratorem  legendum.  nan 
et  tempora  repreheudit  sua  et  delicta  carpit  et  contiones  inserit  et  dat  ii 
censum  loca,  montes,  flumina  et  hoc  genus  amoena  et  culta  et  compara 
disserendo.  Nach  Justin.  XXXVÜI,  3,  11  Pompeius  Trogus  .  .  in  Livio  e 
in  Sallustio  reprehendit  quod  contiones  directas  pro  sua  oratione  opex 
suo  inserendo  historiae  modum  excesserint,  worin  derselbe,  vom  Stand 
punct  objectiver  Geschichtsschreibung,  vollkommen  Recht  hatte,  wenn  wi 
gleich  diese  Reden,  als  theilweis  rhetorische  Meisterwerke,  nicht  entbehre] 
möchten. 

4.  Urteile  aus  dem  Alterthum  über  die  Sprache  des  Sallust.  At^u 
ermahnte  den  Asinius  Pollio  (ut)  vitet  maxime  obscuritatem  Sallustii  e 
audadam  in  translationibus  (Suet.  gramm.  10  extr.).  Zur  letztem  Eigen 
Schaft  vgl.  Quintil.  IX,  3,  12  f.  Sen.  Controv.  IX.  p.  249,  16  f.  Bu.  Gel] 
X,  26,  1  ff.  —  Gell.  N.  A.  IV,  15,  1 :  elegantia  orationis  Sallustii  verborum 
que  fingendi  et  novandi  studium  (vgl.  I,  15,  18:  novatori  verborum  Sal 
lustio;  ib.  VI,  17,  8.  X,  21,  2)  cum  multa  prorsus  invidia  iuit,  multiqu< 
non  mediocri  ingenio  viri  conati  sunt  reprehendere  pleraque  et  obtrectare 
in  quibus  plora  inscite  aut  maligne  velHcant.  Vgl.  X,  26,  1  ff.  Quintü 
X,  3,  8:  sie  (langsam)  scripsisse  Sallustium  accepimus,  et  sane  manifestui 
est  etiam  ex  opere  ipso  labor. 


Sallnstiua  (Charakteristik).  339 

Kürze.    Sen.  Controv.  IX.  p.  249,  9  flF.  (vgl.  p.  433,  12  ff.)  Bu.:.  cum 
BÜ  praecipaa  in  Thucydide  virtus  brevitas,  hac  eom  SaUustius  vicit  et  in 
Buia  illam  castris  ceddit.     .  .  ex  Sallusti  sententia  nihil  demi  sine  detri- 
mento  senans  potest.    Ij.  Sen.  Epist.  XIX,  6  (=  114),  17:  Sallustio  vigente 
amputatae  sententiae  et  verba  ante  ezspectatnm  cadentia  et  obscura  bre- 
vitas fuere  pro  cultu.  Qointil.  IV,  2,  45:  vitanda  est  etiam  illa  Sallustiana, 
quarnquam  in  ipso  virtutis  locum  obtinet,  brevitas  et  abruptnm  sermonis 
genug.    X,  1,  32:   illa  Sallustiana  brevitas,  qua  nihil  apud  aiires  vacnas 
atqne  eruditas  potest  esse  perfeotius.     102:  immortalem  illam  Sallustii  ve- 
lodtatem.    Oell.  III,  1,  6:   Sallustium,  vel  subtilissimum  brevitatis  artifi- 
cem.  Macrob.  Sat.  Y,  1,  7:  breve  (dicendi  genus),  in  quo  SaUustius  regnat. 
Stat.  Silv.  IV,  7  extr.:  Sallusti  brevis.    Sidon.  Apoll.  Paneg.  Anth.  II,  190  f. 
ApulcQ.  apol.  95  (parsimonia). 

5.  Gräcismen.  Quintil.  IX,  3,  17:  ex  graeco  translata  vel  Sallustii 
plurima.  GerlacVs  Ausg.  III.  p.  331  f.  Poppo's  Thucyd.  Vol.  VI.  p.  372—381. 

Archaismen,  besonders  dem  Cato  entnommene  Wendungen  (wie 
omlti  mortales,  prosapia  u.  A.).  Vgl.  Lenäus  (oben  A.  1).  August  (bei 
Wt.  Oct.  86):  verbis  quae  C.  SaUustius  excerpsit  ex  Originibus  Catonis. 
Afiinias  Pollio  in  libro  quo  Sallustii  scripta  reprehendit  ut  nimia  priscorum 
mborum  affectatione  oblita  (Suet.  g^amm.  10;  vgl.  unten  197,  1).  Vgl. 
(lell.  X,  26,  1:  Asinio  PoUioni  in  quadam  epiatula  quam  ad  Plancum 
^pdt  et  quibusdam  aliis  C.  Sallustii  iniquis.  Epigramm  bei  Quintil. 
^I,  3,  29:  et  verba  antiqui  piultum  furate  Catonia,  Crispe,  iugurthinae 
conditor  historiae.  Fronto  Epist.  IV,  3.  p.  62  Naber:  M.  Porcius  eiusque 
fr^quens  sectator  C.  SaUustius.  Vgl.  ib.  II,  13.  p.  36.  Serv.  Ae.  I,  6: 
^ato  in  Originibus  hoc  dicit,  cuius  auctoritatem  SaUustius  sequitur  (Ca- 
t3.  6).  So  lug.  31,  1  =  Caton.  reliq.  p.  27,  1  Jordan.  F.  Deltour,  de 
^llostio  Catonis  imitatore,  Paris  1859.  Einzelne  Archaismen  nachgewiesen 
«  B.  bei  Priscian.  VI,  12.  p.  707  P.  =  p.  249,  10  ff.  Htz.  (vis  als  Plural), 
^on.  Marc.  p.  82  (claritudo  statt  claritas)  u.  sonst.  Aber  auch  auf  die 
°<^ibung  der  Worte  bezieht  sich  der  archaistische  Charakter  des  Sal- 
last   Vgl.  Zeitfuchs,  de  orthographia  SaUustiana,  Sondershausen  1841.  4. 

6.  Der  Bau  und  die  Verbind\mg  der  Sätze  ist  bei  SaUust  höchst  ein- 
>^  und  schmucklos,  theUweise  sogar  einförmig,  namentlich  durch  das 
häufig  au  die  Spitze  gesteUte  igitur.  üeberhaupt  wiederholt  SaUust  ge- 
^*8e  Lieblingswendungen  unermüdlich.  Manches  ist  offenbar  geziert,  wie 
P^cia  tempeatatibuB  (lug.  96,  1)  statt  brevi  tempore.  Der  Eindruck  der 
^itifachheit  wird  namentlich  auch  durch  die  ausgedehnte  Anwendung  des 
uifinitivüB  historicua  herbeigeführt.  Innerhalb  des  Satzes  aber  Hebt  Sal- 
loit  jähen  Wechsel  der  Construction,  des  Subjects  und  Ausdrucks.  Nach- 
^eisongen  bei  Oerlaeh  UI.  p.  307—332.  N.  OstUng,  de  elocutione  C.  Sal- 
loiiü,  Upsala  1862.  F.  Bussmann,  de  temporum  et  modorum  apud  SaU. 
Qtn,  Greifswalde  1862.  Badstübner,  de  SaU.  dicendi  genere,  Berlin  1863.  4. 
A.  LawB,  de  dicendi  genere  SaU.,  Bössei  1864.  4. 

7.  Die  scharf  ausgeprägte  EigenthümUchkeit  des  SaUust  forderte 
ebenso  zum  Widerspruch  heraus  wie  sie  in  einer  Zeit  wo  man  das  Abson- 
deriiche  bewunderte  und  aufsuchte  ihre  Anziehungskraft  ausüben  musste. 
Den  Widerspruch  vertritt  nicht  blos  Lenäus  und  Asinius  Pollio  sondern 

22* 


340  Ciceronische  Zeit  Zweite  Hälfte,  691—711. 

auch  Sallu&t's  GegenfÜBäler  iu  der  Geschichtschreibung,  T.  Liviiis.  Sen.  C 
trov.  IX.  p.  249,  15  ff.  vgl.  p.  433  f.  Bu. :  T.  Livius  tarn  iniquus  SalluBtio  füi 
hanc  ipsam  sententiam,  et  tamquam  trauslatam  et  tamquam  corruptam  d 
tranafertur,  obiceret  Sallustio.  Dagegen  fühlte  Tacitus  sich  wahlverwai 
schaftlich  zu  Sallust  hingezogen.  Er  nennt  ihn  (A.  III,  30)  rerum  romanai 
üorentissimus  auctor,  und  der  Einfiuss  des  Sallust  auf  seine  eigene  hisi 
ische  Art  ist  ganz  unverkennbar.  Einen  geschmacklos  übertreiben 
Nachahmer  fand  Sallust  in  der  Zeit  des  Tiberius  an  Arruntius;  s.  Sen. 
114,  17:  L.  Arruntius  .  .  qui  historias  belli  punid  scripsit,  fuit  SaUustia 
et  in  illud  genus  nitens.  18:  quae  apud  Sallustium  rara  fuerunt  a] 
hunc  crebra  sunt  et  paene  continua,  nee  sine  causa:  ille  enim  in  haec 
cidebat  (?),  at  hie  illa  quaerebat.  vides  quid  sequatur  ubi  alicui  viti 
pro  exemplo  est.  Für  die  Zeit  des  Frouto  musste  ein  so  pikanter, 
dem  haut-goüt  der  Alterthümlichkeit  ausgestatteter  Schriftsteller  wie  i 
lust  ganz  besonderen  Reiz  haben.  Er  spielt  denn  auch  iu  der  Corresp 
denz  zwischen  Fronto  und  M.  Aurelius  eine  grosse  Rolle.  Wiederholt  fin 
sich  die  Zusammenstellung  Cato,  Sallust  imd  Cicero  (p.  93.  105.  149  j 
indem  sie  an  Sallust  die  rednerische  Seite  hauptsächlich  hervorheb 
Namentlich  werden  seine  Antithesen  (p.  107  vgl.  108  ff.  162)  und  se 
Sentenzen  (p.  48  N.)  bewundert,  unter  dem  Einfiuss  dieser  Zeitrichti 
und  seiner  natürlichen  Gutmütigkeit  nimmt  auch  Gellius  mehrmals  (III 
IV,  15.  X,  26)  für  Sallust  Partei  gegen  seine  Widersacher.  Noch  Sulpic 
Sevems  bedient  sich  gern  sallustischer  Wendungen. 

8.  Literatur  über  Sallust  überhaupt.  J.  J.  H.  Nast,  de  virtutibus 
storiae  Sallustianae,  Stuttgart  1785.  4.  ^  Opusc.  lat.  IL,  Tübingen  18 
p.  90-103.  0.  M.  Müller,  über  C.  Sallustius,  Zülüchau  1817.  F.  D.  G 
lach,  über  den  Geschichtschreiber  Sallust,  Basel  1831  =  Historische  S 
dien  (Hamburg  1841)  S.  286  ff.;  die  Geschichtschreiber  der  Römer  (Sti 
gart  1856)  S.  103—107;  de  Sali,  vita  et  scriptis,  vor  seiner  Ausgabe  Ifi 
p.  XIII  ff.  Blum,  Einleitung  in  d.  röm.  Gesch.  S.  141  ff.  H.  ührici,  C 
rakteristik  der  antiken  Historiographie  S.  125  ff.  Lerminier,  ]£tu 
sur  rhistoire  I.  p.  309  ff.  Dreis,  prolegomena  in  C.  Sali,  opera,  I.  I 
1837.  4.;  über  Sallust  als  Geschichtschreiber,  Itzehoe  1843.  4.  De  G 
lache,  fitudes  sur  Salluste,  Brüssel  1847;  II  Edition,  Brüssel  1859.  W.  T( 
fei,  in  Pauly's  Real-Enc.  VI,  1.  S.  696—702  und  im  Tübinger  Doctor 
verzeichniss  (1868)  S.  1—21.  R.  Dietsch,  in  den  Verhandlungen  der  Sti 
garter  Philologen- Versammlung  (Stuttgart  1857.  4.)  S.  27—39.  Th.  Voj 
de  Sali,  vita,  moribus  ac  scriptis,  Mainz  1857.  4. 

195.  Ein  Geschichtswerk  das  bis  auf  seine  Zeit  heri 
reichte  verfasste  auch  Q.  Aehus  Tubero,  der  zugleich  Redi 
war,  am  meisten  Anerkennung  aber  als  juristischer  Schriftsi 
1er  fand.  Nach  der  formellen  Seite  wurde  er  auf  letzterem  ( 
biete  übertrofiFen  von  P.  Alfenus  Varus  aus  Cremona  (Cos.  71 
Der  dem  Caesar  und  noch  dem  Augustus  eng  befreundete  Riti 
C.  Matius  hatte  Interesse  für  Literatur  und  schrieb  seil 
über  Gastronomie. 


Sallustius.  Q.  Tubero.  Alfeniis  Varii8.  341 

1.     Pompon.  Big.  I,  2,  2,  46:    post  hOB  (Ofilius,  TrebatiuB)  quoque 

(Monimaen:  Q.?)  Tubero  fuit,  qui  Ofilio  operam  dedit;   fuit  autem  patri- 

cins  (primum  patronus?  die  Aelii  waren  plebejisch)  et  transiit   a   causis 

agendis  ad  iu8  civile,  mazime  postquam  (Ende  708)  Q.  Ligarium  accusavit 

nee  obtinuit  apud  C.  Caesarem.    .  .  Tubero  doctiseimuB  quidem  habitus 

est  iuris  publici  et  privati  et  complures  utriusqne  operis  libros  reliquit; 

sermone  tarnen  antiquo  usus  affectavit  scribere  et  ideo  parum  libri  eins 

grati  habentnr.    Alterthümelnden  Stil  hatten  auch  die  übrigen  Schriften 

desTabero.   Seine  Anklagerede  gegen  Ligarius  kannte  noch  Quiutilian  (X, 

1,  23.  XI,  1,  80  vgl.  78.    V,  13,  20.  81).    Von  seinen  juristischen  Schriften 

nennt  Gell.  XIV,  2,  20  (praecepta  Aelii  Tuberonis)  super  officio  iudicis, 

worauB  wohl  ib.  7,   13:   in  libro  IX  Tuberonem  dicere  ait  (vgl.  ib.  8,  2). 

AofFuJurung  von  Ansichten  des  Tubero  Dig.  XXXII,  29,  4.    XXXIIl,  6,  7 

pr.  {Ofilius,  Cascelliua,  Tubero).     10,  7,  1.  2.    P.  H.  Saaymans  Vader,  de 

Q.  Aelio  Tub.  icto  eiusque  quae  in  Pandectis  exstant  fragmentis,  Lugd.  B. 

1824.  4.    Als  Geschichtschreiber  wird  er  {TovßsQcav  AUtog^  was  nicht  auf 

seinen  Vater  zu  beziehen,  s.  oben  169,  7)  von  Dionys.  I,  80  deivbg  ccvtiq 

*tti  jTfpl  tijv  avvayayjjv  f^g  tatOQiaq  inifielrig  genannt;    vgL  ib.  7.     Tu- 

Wo  lib.  XIV  Historiarum  citiert  Nonius  p.  481.    Das  Werk  reichte  von 

<len  ältesten  Zeiten  bis  (mindestens)  zum  Ende  des  Kriegs  zwischen  Caesar 

and  Pompejus.    Die  Anführungen  daraus  bei  Krause  p.  325—328,  Roth  p. 

*37— 439.    Auch  scheint  er  der  Q.  Tubero  zu  sein  welchen  Plinius  unter 

den  Quellen  von  Buch  II  und  XVIII  (vgl.  ib.  26,  64)  nenni  Gell.  VI  (VII), 

%  11:  Aelium  quoque  Tuberonem  libro  ad  C.  Oppium  scripto  ,occecurrit* 

dixiase  Probus  adnotavit.    W.  Teuffei  in  Pauly's  ßeal-Enc.  I,  1.  S.  336  f. 

Nr.  7. 

2.  Pompon.  Dig.  I,  2,  2,  44:  ex  bis  auditoribus  (des  Ser.  Sulpicius, 
oben  161,  2  ff.)  plurimum  auctoritatis  habuit  AlfenusVarus.  ..ex  quibus 
Varns  et  consul  fuit  (suff.  J.  716  d.  St.  nach  den  Fasti  Biond.,  s.  Orelli- 
Henzen  6438.  C.  I.  lat.  I.  p.  467,  V).  Er  ist  wohl  der  Alfenus  bei  CatuII 
^)  1  und  der  Varus  der  mit  Vergil  bei  Siron  Philosophie  hörte  (Schol. 
Veron.  zu  Verg.  Ecl.  VI,  9.  Serv.  zu  Ed.  VI,  13.  Ae.  VI,  264),  sowie  der 
AlfenusVarus  der  als  Legat  des  Octavian  J.  714  dem  Vergil  (Ecl.  VI)  sein 
väterliches  Out  bei  Mantua  zu  schützen  versprach,  und  der  Alfenus  vafer 
bei  Hör.  S.  I,  3,  130  ff.  welcher  omni  abiecto  instrumento  artis  clausaque 
tabema  doch  noch  (potentialiter)  ^sutor  erat,  wozu  Porphyrio  (p.  72  f. 
"^•):  urbane  Alphenum  Varum  Cremonensem  deridet,  qui  abiecto  sutrino 
Jl^od  in  municipio  suo  exercuerat  Romam  petiit  magistroque  usus  Sulpicio 
*^'w  ad  tantam  scientiam  pervenit  ut  consulatum  gereret  et  publico  ftinere 
efferretur.  Vgl.  ib.  p.  63  f. :  Alfenus,  sutoris  filius,  qui  ita  iuris  studio  in- 
tendit  ut  beneficio  artis  huius  latum-  clavum  sumeret  u.  s.  w.  GeUius  VII 
yv)  5,  1:  Alfenus  ictus,  Ser.*  Sulpicii  discipulus  rerumque  antiquarum  non 
löcnrioBua,  in  libro  Digestorum  XXXIV»,  Coniectaneorum  autem  11°.  üeber 
^  Verhältniss  beider  Titel  vgl.  L.  MerckHn,  Philologus  XIX.  S.  653  f.  A.  3. 
IiQ  Ganzen  waren  es  (nach  dem  Flor.  Index)  der  Digesta  40  Bücher,  eine 
^ponsensammlnng,  von  Aufidius  Namusa  in  seine  Sammlung  (oben  161, 
&)  angenommen,  von  Paulus  epitomiert,  in  seiner  ursprünglichen  Gestalt 
bü  zum  siebenten  und  in  der  paulinischen  Epitome  (als  libri  Dig.  Alfeni 
ft  Paulo  epitomatorum),  bis  zum  achten  Buche  in  den  Pandekten  excerpiert. 


342  Ciceronische  Zeit.  Zweite  Hälfte,  691 — 711. 

Vgl.  ^OII^neI,  PalingeneBia  libr.  iuris  vett.  (Lips.  1767)  I.  p.  27—38.  Bi 
merk^nswerth  ist  besonders  das  längere  Exoerpt  Dig.  V,  1,  76  ab  tjd 
philosophischer  Bildung  zeugend  (quod,  ut  philosophi  dicerent,  ex  pari 
cnlis  piinimis  consisteremüs) ;  andere  verrathen  Kenntniss  des  Griechische! 
fast  ^e  einen  einfachen  und  fliessenden  Stil.  Ev.  Otto,  P.  Alfenus  Van 
ab  iniuriis  veteriun  et  reoentiorum  Hberatus,  im  Thesaur.  iur.  rom.  V.  ; 
1631—1688.  S.  W.  Zimmern,  Gesch.  d.  röm.  Privatrechts  I,  1.  S.  296—29 
Huscl^e,  Ztschr.  f.  histor.  Bechtewiss.  XV.  S.  187  (welcher  bei  Pomponii 
1.  1.  Alfenus  Varus  Caius  in  das  agnomen  Catus  umändern  möchte).  V 
Teuffei  in  Pauly's  Real-Enc.  I,  1.  S.  768  f.  Nr.  3. 

3.  C.  Matius,  geb.  um  670  d.  St.,  der  treue  Freimd  des  Caesar,  dun 
sein  mildes  und  besonnenes  Wesen  vorzüglich  geeignet  zu  der  Vermittle 
rolle  die  er  spielte ,  ohne  in  das  politische  Parteigetriebe  oder  auf  am 
liehe  Thätigkeit  sich  einzulassen.  Er  trug  seine  Liebe  zu  Caesar  auch  a 
Gctavian  über  und  scheint  erst  ums  J.  750  gestorben  zu  sein;  s.  Plin.  ] 
H.  XII,  2,  6,  13:  primus  C.  Matius  ex  equestri  ordine,  Divi  Augusti  an 
cus,  invenit  nemora  tonsilia  intra  hos  LXXX  annos.  E.  v.  Leutsch,  Ztscb 
f.  d.  Alt.-Wiss.  1834,  S.  164—166  (welcher  C.  und  Cn.  Matius  nicht  unte 
scheidet).  W.  Teuffei  in  Pauly's  Real-Enc.  IV  (1845).  S.  1643—1645.  Ci 
ad  Fam.  VII,  15,  2  (J.  701):  C.  Matii,  suaviesimi  doctissimique  homin 
XI,  27,  5  f.  (J.  710):  ut  haec  <pi,loaofpovnsva  scriberem  tu  me  impnlis^ 
.  .  omnia  me  tua  delectant,  sed  maxime  maxima  cum  fides  in  amidtia  . 
tum  lepos,  humanitas,  litterae.  Apollodoros  aus  Pergamum  vndmete  ih 
seine  Ars  (Rhetorik),  Quintil.  III,  1,  18.  Sein  Brief  an  Cicero  (ad  fai 
XI,  28  vom  J.  710)  ist  ein  treues  Spiegelbild  seines  edlen  Gemütes  ui 
feingebildeten  Geistes.  Ein  mit  Trebatius  zusammen  an  Cicero  gericht 
tes  Schreiben  des  Matius  (J.  705)  ad  Att.  IX,  15  A.  Wohl  erst  unt 
August  verfasste  er  sein  gastronomisches  Werk  (oben  147,  4),  dessen  G 
genstand  bezeichnend  ist  für  seine  Harmlosigkeit  und  seine  Richtimg  a 
verfeinerten  Lebensgenuss. 

196.  Unter  den  übrigen  Anhängern  Caesars  haben  litera 
historisches  Interesse,  meist  als  Redner  oder  Verfasser  erhalt 
ner  Briefe,  der  reichbegabte  Taugenichts  C.  Scribonius  Cur 
(Volkstribun  704),  Q.  Cornificius,  der  Triumvir  M.  Antonii 
(J,  671 — 724),  sowie  L.  Baibus;  von  schwankenden  Politike] 
der  talentvolle  Abenteurer  M.  Caelius  Rufus  und  der  charaktc 
lose  L.  Munatius  Plancus  (Cos.  712).  Auch  des  Letztem  lau 
jähriger  Legat,  C.  Fumius,  war  ein  Redner,  sowie  der  junj 
L.  Sempronius  Atratinus  (Cos.  720),  Q.  Voliisius,  Annius  Cii 
ber,  und  von  Hort^nsia  gab  es  noch  im  ersten  Jahrh.  n.  Gl 
eine  veröffentlichte  Rede. 

1.    Vellej.   II,  48,  3:    C.  Curio  trib.  pl.  (704,  f  705),  .  .  vir  nobiJ 
eloquens,  audax,  suae  alienaeque  et  fortunae  et  pudidtiae  prodigus,  hoi 
ingeniosisaime  nequam  et  facundus  malo  publico,  cuius  cupiditatibus  ^ 
libidinibus  neque  opes  ullae  neque  voluptates  sufficere  possent    Vgl. 
Uaakh  in  Fauly's  Real-Enc.  VI,  1.  S.  880  f.  Nr.  11.    Ueber  ihn  ab  Redn 


C.  Matlus.  C.  Curio.  Cornificiut«.  M.  Antonius.  343 

Cic.  Brut.  81,  280:  ita  facile  solufceque  verbis  volvebat  satis  int^rdum  acu- 
Us,  crebras  quidem  certe  sententias  ut  nihil  posset  oxnatius  esse,  nihil 
eipeditiuB.  atque  bic  parum  a  magistris  institutus  naturam  habuit  ad- 
nürabilem  ad  dicendum;  industriam  non  sum  expertus;  studium  certe  fuit. 
Keden  von  ihm  gab  es  noch  in  der  Zeit  des  Tacitus;  s.  dial.  37  (oben 
158,  3).  Vgl.  Meyer,  orat  rom.  *  p.  481 — 484.  Briefe  von  Cic.  an  ihn  ad 
fam.  n,  1— 7  (auß  J.  701  und  703). 

2.   Hieron.  zu  Eus.  Chron.  a.  Abr.   1976  =  Ol.  184,  4  =  713  d.  St.: 
CornificiuB  poeta  a  militibus  descrtus  interiit.  .  .  huins  soror  Coniificia, 
coias  insignia  exstant  epigrammata.   Diess  kann  der  Zeit  nach  nur  der  in 
Africa  gegen  T.  Sextius  gefallene  ehemalige  Quästor  des  Caesar  (Proprä- 
tor 706)  sein,  der  auch  mit  Cicero  befreundete  (an  ihn  ad  fam.  XII,  17— 
30  aus  709—711)  Q.  Comificius  (W.Drumann  G.  R.  II.  S.  617-621.  Haakh 
in  Pauly's  Roal-Enc.  IL  S.  710,  Nr.  3),  welchen  Cic.  (ib.  18,  1)  etwas  spitzig 
za  den  magui  oratores  zählt  und  (ib.  17,  2)  ihm  seinen  Orator  zu  freund- 
licher Aufnahme  empfiehlt:   in  quo  saepe  suapicatus  sum   te   ab   iudicio 
Qostro,  sie  scilicet  ut  doctum  hominem  ab  non  indocto,  paullulum  dissi- 
dere.   ib.  20:   me   amabis   et  scripto   aliquo   lacesses.     Ohne  Zweifel   ist 
<lie8er  identisch  mit  dem  dichterischen  Freunde  Catulls  (c.  38),  Verf.  ero- 
tischer Gedichte  (leve  Comifid  .  .  opus,  Ovid.  Trist.  II,  436),  woraus  ein 
Uendekasyllabus  bei  Macrob.  VI,  4,  12  und  ein  daktylischer  Rest  ib.  5,  13 
(Comificius  in  Glauco).    Vgl.  Schwabe,  Quaest  Catull.  p.  298—300.    Zwei- 
felhaft aber  ist  ob  auf  ihn  zu  beziehen  ist  Comificius  in  primo  de  etymis 
deoram  (Prisdan.  VI.  p.  711  P.  =  257,  6  Htz.),  woraus  wundersame  Ab- 
teitongen  von  Göttemamen  imd  eine  Verweisung  auf  Cic.  D.  N.  bei  Ma- 
crob. I,  9,  11  (Comificius  Etymorum  libro  tertio).    17,  62.   17,  9.  33.  23,  2. 
öderes  bei  Fest.  p.  123.  194.  282  und  sonst,   Servius,  Lactantius  u.  A. 
^ie  aber  Comif.  zwischen  709,  und  713  in  Syrien  und  Africa  zu  einer  sol- 
chen Schrifkstellerei  Zeit  und  Stimmung  gefanden  hätte  ist  nicht  abzuse- 
'i^Q.    Vielmehr  werden  diese  Schriften  einem  Grammatiker  Comificius  der 
^^f^tiateiBchen  Zeit  zuzutheilen  sein,   der  Spottvers  auf  Vergil  bei  Cledo- 
^^  (Keil  V.  p.  43,  2  f.)  dem  Cornelius  Gallus.    Alles  auf  den  Dichter  Cor- 
^'  l>ezieht  Bergk,  Marburger  Sommerkatalog  1843.  4.  Dagegen  J.  Becker, 
^^ruificius  liOngus  und  Comificius  Gallus,  Ztschr.  f.  d.  Alt.-Wiss.  1847,  Nr. 
^^  f.  S.  1060  ff. 

3.   M.  Antonius  der  Triumyir,   vgl.  Drumaun  G.  R.  I.   S.  64  —  517. 
Paulyg  Real-Enc.  I,  1.  S.  1174—1180.    Als  Redner  gerieth  er,  bei  seiner 
°*^gelhaften  Bildung,   leicht  in  ein  falsches  Pathos  hinein,  wurde  dann 
^^^olstig,  dunkel  und  ofb  auch  incorrect  (Suet.  Aug.  86:    M.  Antonium 
' ;   ea  scribentem  quae  mirentur  potius  homines  quam  intellegant;   vgl. 
^^^.  Phü.  III,  9.  XIII,  10  f.    ad  Att.  X,  8  f.  XIV,  3).    Zu  viel  Ehre  war  es 
^^hl  wenn  man  ihn  desshalb  einen  Anhänger  der  ^^ianischen  Redeweise 
'^^^te  (Plut  Ant.  2.  43  vgL  Suet.  1.  1.).    Seine  Briefe  an  Cicero  aus  dem 
J-  706  (ad  Att  X,  8  A.  10,  2)  und  710  (XIV,  13  A)  zeigen  einen  ungekün- 
stelten Stil.    Plin.  N.  H.  XIV,  22,  148:  M.  Antonio,  is  enim  .  .  avidissime 
ftdprebenderat  hanc  pahnam  (der  Leistungsfähigkeit  im  Trinken),  edito 
etiam  volumine  de  sua  ebrietate.  .  .    exiguo  tempore  ante  proelium  acti- 
acam  id  volomeu  evomuit.    Parauf,  sowie  auf  seine  Correspondenz  mit 


344  Ciceronische  Zeit.  Zweite  Hälfte,  691—711. 

Octavian  (wovon  Proben  bei  Sueton,  z.  B.  Aug.  69),  bezieht  sich  Ovid  ex 
Pont.  I,  1,  23:  Antoni  scripta  leguntur. 

4.  Asinius  PolHo  an  Cicero  (ad  fam.  X,  32,  3)  J.  711:  Balboa  quaestor 
.  .  ludis  praetextam  de  suo  itinere  (J.  705)  ad  L.  Lentolum  procos.  solli 
citandum  (um  ihn  zum  Verlassen  des  Pompejus  und  zur  Rückkehr  nach 
Rom  zu  bewegen,  ad  Att.  VIII,  9,  4.  11,  6.  15  A,  2.  IX,  6,  1.  Vellej.  11, 
51,  3)  posuit.  et  quidem  cum  ageretur  flevit,  memoria  rcrum  gestarmn  com- 
motus.  ib.  5:  praetextam  si  voles  legere,  Gallum  Comelium,  familiärem 
meum,  poscito.  Vgl.  Welcker,  griech.  Tragödie  S.  1402.  Dieser  Baibus 
ist  der,  zum  Unterschiede  von  seinem  Oheim  (oben  184,  2),  Balbus minor 
genannte,  nämlich  L.  Cornelius  P.  f.  Balbus,  welcher  noch  lange  in  die 
augusteische  Zeit  hinein  lebte  (jedenfalls  noch  741)  und  J.  735  als  Pro- 
consul  ex  Africa  triumphierte;  s.  W.  Drumann,  G.  R.  II.  S.  608—610.  A. 
Haakh  in  Pauly's  Real-Enc.  II.  S.  694  f.  Nr.  3.  Da  er  nach  Vellej.  1.  1. 
auch  ad  pontificatum  adsurrexit  und  literarische  Inclination  besass,  so  ist 
CS  nicht  unmöglich  dass  er  der  Cornelius  Balbus  ist  aus  welchem  Serv. 
Ae  IV,  127  etwas  über  den  Hjmenäus  anführt  und  aufweichen  sich  be- 
zieht Macrob.  III,  6,  16:  Cornelius  Balbus  'EJi^yjjrixcSv  libro  XVIIP. 

5.  M.  Caelius  M.  f.  Rufus.  Plin.  N.  H.  VE,  49,  165:  C.  Mario  Cn. 
Carbone  III  cos.  (J.  672  =  82)  a.  d.  V  Kai.  lunias  (28  Mai)  M.  Caelius 
Rufus  et  C.  Licinius  Calvus  eadem  die  geniti  sunt,  oratores  quidem  ambo» 
sed  tam  dispari  eventu.  Hiegegen  hat  Nipperdey,  Rhein.  Mus.  XIX.  S. 
289  —  291  eingewendet  dass  nach  der  Art  wie  Cicero  (Brut.  79,  273.  81, 
279  f.)  von  Beiden  spricht  dieselben  nicht  wohl  ganz  gleichaltrig  sein  kön- 
nen, auch  seiner  politischen  Laufbahn  (trib.  pl.  702,  Quästor  und  30  J.  alt 
also  frühestens  700;  aed.  cur.  701)  nach  Caelius  älter  sein  müsse.  Statt 
Caelius  wäre  vielleicht  Curio  zu  nennen  gewesen,  oder  waren  Caelius  und 
Calvus  zwar  an  demselben  Tage  geboren,  aber  nicht  in  demselben  Jahre, 
Caelius  etwa  669  (85),  Calvus  672  (82) ,  indem  Plinius  die  beiden  Consulate 
des  Carbo  verwechselte.  Lange  Zeit  hielt  Caelius  zur  Senatspartei  und 
Cicero.  Diese  politische  Correctheit  machte  den  Cic.  nachsichtig  gegen 
des  Caelius  lockere  Sitten  und  verschwenderische  Lebensweise,  und  er  ver- 
theidigte  ihn  J.  698  (s.  oben  166,  34)  gegen  Anschuldigungen  der  Clodia, 
zu  deren  ausschweifendem  Kreise  er  längere  Zeit  gehört,  dann  aber  mii 
ihr  gebrochen  hatte.  Während  Cicero's  Abwesenheit  in  Kilikien  (703  f.) 
hatte  Caelius  ihm  die  Neuigkeiten  aus  Rom  zu  berichten.  Diese  Corre- 
spondenz  (17  Briefe)  füllt  B.  VllI  'von  Cic.  ad  fam.  Caelius  zeigt  darin 
ein  scharfes  (etwas  medisantes)  Urteil  über  Personen  und  Zustände,  bei 
allem  Schwanken  in  Bezug  auf  die  eigene  Stellung  dazu,  lebhafte  Dar- 
stellung, einen  humoristischen  Ton,  originelle  Schreibweise.  Vgl.  oben 
171,  2  u.  6.  Dazu  der  Brief  an  Cicero  ad  Att.  X,  9  A  (J  .705).  Nach  Aus- 
bruch des  Bürgerkriegs  trieben  den  Cael.  seine  Schulden  in  das  Lager  des 
Caesar,  und  dieser  ernannte  ihn  zum  Prätor  für  706.  Als  solcher  woUte 
er  tabulae  novae  einführen,  ward  aber  abgesetzt  und  bald  darauf  erschla- 
gen. Drumann  G.  R.  II.  S.  411—422.  A.  Haakh  in  Pauly's  Real-Enc.  II. 
S.  477 — 480,  Nr.  7.  G.  Boissier,  Caelius  et  la  jeunesse  romaine  au  temps 
de  C^sar,  Revue  des  deux  mondes  XLIX  (1864)  p.  41  ff.  üeber  ihn  als 
Redner  Cic.  Brut.  79,  273:  splendida  et  grandis  et  eadem  inprimis  faceta 
et  perurbana  .  .  oratio,    graves  eins  contiones  aliquot  fuerunt  (auch  de 


k 


BaJbiis  minor.  Caelius  Rufus.  Munatius.  Furnii.  345 

aquis,  Frontin.  aq.  76),  acres  accoBationes  tres  (gegen  C.  Antonius  695,  L. 
SconproniaB  Atratinus  den  Vater  698,  Q.  Pompejus  RufuB  703)  .  .  defen- 
dones  (besonders  698  pro  se  gegen  Atratinus ,  auch  pro  Sanfeio  702  und 
pro  M.  Servilio  703)  .  .  sane  tolerabiles.  Dam  ach  QuintU.  VI,  3,  69.  X,  1, 
115;  asperitas  Caelü  ib.  X,  2,  25  vgl.  Tac.  diaL  18.  21.  25  (amarior).  Er 
Bcheint  also  mehr  zu  den  Atticisten  gehalten  zu  haben  als  zu  CHcero^s 
Bedeweise,  obwohl  er  in  seiner  Jugend  von  Letzterem  Anleitung  zur  Be- 
redtsamkeit  erhalten  hatte  (p.  Cael.  4,  9).  Vellej.  II,  68,  1:  M.  Caelius» 
vir  eloqmo  animoque  Curioni  (A.  1)  simillimus,  sed  in  utroque  perfectior, 
nee  minas  ingeniöse  nequam.  Sen.  de  ira  IQ,  8,  6:  Caelium  oratorem 
ffme  iracundissdmum  constat.  Seine  Reden  kannten  noch  Quintilian,  Pli- 
nia8(Ep.  I,  20,  4)  und  Tacitus  (dial.  21.  25).  Zusammenstellung  der  üeber- 
rerte  und  Nachrichten  davon  bei  Meyer,  Orat.  rom.'  p.  460—470.  Sehr  an- 
schauliche Schilderung  aus  einer  solchen  bei  Quintil.  IV,  2,  123  f.  Witze 
über  Qodia  ib.  VIII,  6,  53.  Er  ist  wohl  der  Rufus  des  Catull  (c.  77  vgl. 
S9),  zuerst  mit  dem  Dichter  befreundet,  dann  (etwa  696)  als  Nebenbuhler 
bei  Clodia  gehassi   Vgl.  Schwabe,  Quaest.  Catull.  p.  64—67.  85—89.  138  f. 

6.  L.  Munatius  Plancus,  Caesars  Legat  und  för  712  von  ihm  zum 
Cos.  ernannt;  nach  Caesars  Tod  schlug  er  sich,  nach  einigem  Schwanken, 
auf  die  Seite  des  Senats,  dann  auf  die  des  Antonius,  später,  als  es  diesem 
Bchlecht  zu  gehen  anfieng,  auf  die  des  Octavian,  wobei  zu  bleiben  dessen 
Olück  ihm  gestattete.  Censor  732,  aber  allgemein  missachtet.  W.  TeufPel 
inPauly's  Real-Enc.  V  (1846).  S.  204—208,  Nr.  9.  C.  L.  Roth,  über  M. 
PI,  Erklärung  der  Inschrift  auf  dem  Mausoleum  in  Gaeta  (Mommsen  I. 
B-N.  4089),  in  den  Mittheilungen  der  Basler  Alterth.-Ges.  IV  (Basel  1852). 
A.  W.  de  Klerck,  Disq.  de  etc.  Utrecht  1855.  H.  A.  Kleijn,  de  L.  et  T. 
Munatiia  Plancis,  Lugd.  Bat.  1857.  Bei  Suet.  rhet.  6  und  Pün.  N.  H.  VII, 
12?  55  heisst  er  orator;  orator  insignis  habetur  bei  Hieron jmus  zu  a.  Abr. 
1992  =  Aug.  19  =  729  d.  St.;  summa  eloquentia  bei  Cic.  ad  fam.  X, 
3.  3  Vgl.  XHI,  29,  1.  Ascon.  in  Mil.  p.  33  Or.  Seine  rhetorische  Bildung, 
^W  auch  seine  Eitelkeit,  erhellt  aus  seinen  Briefen  an  Cicero  (ad  fom.  X, 
^:  7-9.  11.  15.  17  f.  21.  23  f.)  aus  J.  710  und  711,  welche  sehr  wohl  stili- 
>iert  sind,  mit  Cadenzeu,  Antithesen  u.  dgl.  trefflich  ausgestattet  (verbo- 
"^  et  sententiarum  gravitas,  ib.  12,  1.  16,  1.  19, 1),  aber  mit. ihren  schö- 
^^  W'orten  oft  eine  sehr  zweideutige  Gesinnung  bemänteln.. 

7.    Hieronym.  zu  Euseb.  Chron.  a.  Abr.  1980  =  Aug.  7  =  717  d.  St.: 

'^'''^ii  pater  et  filius  dari  oratores  habentur,   quorum  filius  consularis 

^  ^  Patrem  moritur.    Vgl.  die  Furnii  (de  populo  oratores)  bei  Tac.  dial. 

-  •    Oer  Vater  (C.  Fumius)  war  mit  Cicero  befreundet;  trib.  pleb.  704. 

*^?*t   des  L.  Plancus  (A.  6)  J,  710  f.  und  mit  ihm  zu  Antonius  übertretend, 

^^  ^^m  er  bis  Actium  blieb.  Von  Octavian  wurde  er  amnestiert  und  J.  725 

^*^^ii8  inter  consulares  (Dio  LTI,  42).  Dass  er  Redner  war  bestÄtigt  auch 

^^-  ^  fam.  X,  26,  2  (qui  alienas  causas  tam  facile  discas).    Plut  Anton. 

^  ^eiint  ihn  gar  dnvozatog  sineiv  'Pcoi^aiaiv.    Auf  ihn  bezieht  sich  wohl 

^^-  Bat.  I,  10,  86:   te,  candide  Fumi,  wozu  Acro:   hie  historiarum  ele- 

guitia  claruit  (später).     Von  dem  Sohne  (Cos.  737)  berichtet  eine  raffi- 

m^  Schmeichelei  gegen  Octavian  Sen.  de  benef.  II,  25,  1.  Vgl  A.  Haakli 

in  Pauly's  Real-Enc.  m.  S.  559  f.  Nr.  1  u.  2. 


346  Ciceronische  Zeit.  Zweite  Hälfte,  691 — 711. 

8.  L.  SemproniuB  Atratinua,  durch  M.  Antonius  Cos.  720  d.  St,  aber 
bald  (vor  Actium)  zu  Octavianus  übergetreten  und  durch  ihn  Procos.  von 
Afrika,  als  welcher  er  IV  id.  Octobr.  733  Varr.  ex  Africa  triumphierte 
(fasti  tr.  ad  a.).  üieronymus  zu  Eus.  chron.  ad  a.  Abr.  1996  =  Ol.  189,  4 
=»  Aug.  23  =  733  d.  St.:  Atratinus,  qui  XVII  natus  annos  Caelium  accu- 
saverat  (J.  698  d.  St.;  also  geboren  681),  clarus  inter  oratores  habetur, 
ad  extremum  morborum  taedio  in  balneo  voluntate  exanimatus  heredem 
reliquit  Augustum.  Cicero  nennt  ihn  (p.  Cael.  1,  2)  seinen  necessarius, 
sagt  von  ihm  (ib.  3,  8):  ornate  docteque  dixisti  und  nennt  /'ib.  7,  15)  ihn 
disertus  adolescens.  Als  Redner  im  Senat  J.  714  neben  Messala  genannt  bei 
loseph.  b.  iud.  I,  14,  4.  Vgl.  A.  Haakh  in  Pauly's  Beal-Enc.  VI,  1,  S. 
973  f.  Nr.  8. 

9.  Vatinius  an  Cicero,  ad  fam.  V,  10  a,  2  (J.  709):  defenditur  (Caü- 
hus)  a  Q.  Volusio,  tuo  discipulo.  Vgl.  Haakh  in  Pauly's  Beal-Enc.  VI,  2. 
S.  2745,  Nr.  5. 

10.  T.  Aunius  Cimber,  Lysidici  filius  (€ic.  Phil.  XI,  6,  14),  durch  M. 
Antonius  zur  Prätur  gelangt  (ib.  XIII,  12,  26),  als  Redner  und  Schriftstel- 
ler von  afFectierter  Alterthümlichkeit;  s.  Quintil.  .VIII,  3,  28  f.  ==  Vergil. 
Catal.  2.  Octavian  bei  Suei  Oct.  86  an  M.  Antonius :  tu  dubitas  Cimbeme 
Annius  an  Veranius  (Verrius?)  Flaccus  imitandi  sint  tibi?  J.  G.  Huachke, 
de  Annio  Cimbro,  Rostock  1824.  4. 

11.  Auch  Caesar's  Freund,  der  Ritter  Mamurra  aus  Formiae,  f  709» 
war  literarisch  thätig,  wie  es  scheint  in  gebundener  Form;  s,  Catull  57,  7 
und  105.    Schwabe,  Quaest.  Catuli.  p.  187  f.  226. 

12.  Val.  Max.  VIII,  3,  3:  Hortensia,  Q.  Hortensi  (oben  158,  1)  filia, 
cum  ordo  matronarum  gravi  tributo  a  triumviris  (J.  711)  esset  oneratus 
nee  quisquam  virorum  patrocinium  eis  accommodare  änderet,  causajn  fenÄ- 
narum  apud  trium vires  et  constanter  et  feliciter  egit;  repraesentata  enim 
patris  facundia  impetravit  ut  etc.  Vgl.  Appian.  b.  c.  IV,  32  f.  Quintil.  I, 
1,  6:  Hortensiae  Q.  filiae  oratio  apud  triumviros  habita  legitur  non  tantnm 
in  sexus  honorem. 

197*  Die  Gelehrten  und  Lehrer  waren  an  den  politischen 
Kämpfen  unmittelbar  nur  wenig  betheiligt.  Der  bedeutendste 
unter  ihnen  ist  der  Grieche  Ate  jus  Prätextatus,  ein  viel- 
seitiger und  fruchtbarer  Schriftsteller^  der  sich  selber  Philologus 
nannte ;  femer  des  Cn.  Pompejus  Freigelassener,  Lenäus,  sowie 
Epidius  und  Sextus  Clodius. 

1.  Sueton.  gramm.  10:  Ateius  Philologus  libertinus  Athenis  est 
natus.  hunc  Capito  Ateius,  notus  iuris  consultus,  inter  grammaticos  rhe- 
torem,  inter  rhetores  grammaticum  fnisse  ait.  de  eodem  Asinius  PoUio, 
in  Hbro  quo  Sallustii  scripta  reprehendit  ut  nimia  prisconun  verborum 
affectatione  obhta,  ita  tradit:  ,in  eam  rem  adiutorium  ei  fecit  maxime 
quidem  Ateius  Praetextatus,  nobilis  grammaticus  latiuus,  declamantium 
deinde  auditor  atque  praeceptor,  ad  summam  Philologus  ab  semet  nomi- 
natus.*  ipse  ad  Laelium  Hermam  scripsit  se  .  .  audisse  Antonium  Gnipho- 
nem  (oben  146,  3),  . .  praecepisse  autem  multis  et  claris  iuvenibus,  in  quis 


At«iu8  Philologus,  LenaeuB  u.  a.  Lehrer.  347 

Appio  qaoqiie  et  Pulchro  Claudiis  fratribus  (vgL  oben  186,  10).  .  .  Philo- 
logi  appeüatioDem  asBumpsisse  videtur  quia  . .  multiplid  variaque  doctrina 
censebator.  quod  saue  ex  commentariis  eius  apparet,  quamquam  pauds- 
Buni  exstent.  de  quoruni  tarnen  copia  sie  altera  ad  eandem  Hermam  epi- 
stola  ngnificat:  »Hylen  nostram  .  .  quam  omniB  generis  coegimus,  uti  sds, 
octmgeotoB  in  libros.'  coluit  postea  familiariasime  C.  SalluBtiiim  et  eo 
defoDcto  Amniiiin  PolHonem,  quos  historiam  componere  aggressoa  alterum 
breviario  renuu  omnium  romanarum,  ex  quiboB  quas  vellet  eligeret,  in 
Btnudt,  alterum  praeceptis  de  ratione  Bcribendi.  quo  magiB  miror  Asinium 
credidisse  antiqua  eum  verba  et  figuras  solitum  esse  colligere  SalluBtio^ 
cwn  sibi  sciat  nil  aliud  suadere  quam  ut  noto  dvilique  et  proprio  sermone 
utatar  vitetque  mazime  obscuritatem  SalluBtii  et  audaciam  in  translatio- 
nibiffi.  Seine  persönliche  Ueberzeugung  von  dem  besten  Stile  konnte  den 
AtejuB  nicht  hindern  für  Sallust,  auf  dessen  ausdrückliche  Bestellung,  eine 
Sammlung  von  Archaismen  zu  machen. 

2.  Suet.  gramm.  15:  Lenaeus,  MagniPompei  libertus  et  paeue  omnium 
expeditionum  comes,  defuncto  eo  filüsque  eius  (zuletzt  starb  Sextus,  J.  719) 
Khola  se  sostentavit  .  .  ac  tanto  amore  erga  patroni  memoriam  exsütit 
ot  SaUnstium  historicum  . .  acerbissima  satura  laceraverit  (s.  oben  194,  1). 
i^kr  autem  puer  adhuc  Athenis  subreptus  refugisse  in  patriam,  .  . 
venim  .  .  gratis  manumissus. 

3.  Suet.  gramm.  28  =  rhet.  4 :  (M.)  Epidius  calumnia  uotatus^  ludum 
dicendi  aperuit  docoitque  inter  ceteros  M.  Antonium  et  Augustum  (auch 
denVergil,  s.  unten  210,  3).  quibus  quondam  C.  Cannutius  . .  malle  [se]  re- 
spondit  Isaurici  esse  disdpulum  quam  Epidii  calumniatoris.  hie  Epidius 
ortam  86  a  C.  Epidio  Nucerino  praedicabat.  Bei  Plin.  N.  H.  XVII,  38, 
243  (quahbus  ostentis  Aristandri  apud  Graecos  volumen  scatet,  .  .  apud 
no8  vero  C.  Epidii  commentarii,  in  quibus  arbores  locutae  quoque  reperi- 
untur)  möchte  ü.  Peter  (Bhein.  Mus.  XXII.  S.  163)  eher  an  Epicadus  (oben 
^*^,  1)  denken.    Vgl.  noch  oben  193,  6. 

4.  Suet.  gramm.  29  =>  rhet.  5:  Sex.  Clodius  e  Sicilia,  latinae  simul 
?'^^i<!aeque  eloquentiae  professor,  male  oculatus  et  dicax  par  oculorum  in 
anudtia  M.  Antonii  triumyiri  extrisse  (?)  se  aiebat.  . .  a  quo  (M.  Antonio) 
mox  consule  (J.  710)  ingens  etiam  congiarium  accepit.  Vgl.  Cic.  Phil,  ü, 
^'^>  *3  (rhetorem  .  .  salsum  hominem).  III,  9,  22.  ad  Att.  IV,  15,  2  (J. 
^^)'  Tcreor  ne  lepore  te  suo  deüneat  diutius  rhetor  Clodius.  Lactant. 
™*-  I,  22,  11 :  Sex.  Clodius  in  eo  libro  quem  graece  scripsit.  .A^iiob.  adv. 
gent.  V,  18:  Sex.  Clodius  sexto  de  düs  graeco.  Dagegen  der  bei  Servius 
(*i  Aen.  I,  176:  Clodius  conmientariorum  quarto,  vgl  ib.  62.  II,  229)  an- 
geführte Clodius  ist  wohl  Clodius  Tuscus  (ib.  XII,  657). 

&•  Auf  einem  Irrthum  beruht  die  Angabe  von  Pompej.  p.  154,  13  K. 
(Gramm.  V):  Caper  (Flayius?),  ille  magister  Augusü  Caesaris,  elaboravit 
yehementiasime  et  de  epistulis  Ciceronis  collegit  haec  (?)  verba  ubi  dixerat 
i|we  Cicero  ,pÜ88imas^  Vgl.  Excerpta  ib.  p.  327,  15:  Caper  antiquissimus 
doctor.  Wenn  Caper  Lehrer  eines  Kaisers  war  (etwa  eines  Flavius),  so 
jedenfalls  nicht  des  August;  vielmehr  muss  er  nach  Valerius  Probua  und 
Soeton  gelebt  haben.    F.  Osann,  de  Flavio  Capro  (Giessen  1849.  4.)  p.  6. 


348  Ciceronische  Zeit.  Zweite  Hälfte,  691 — 711. 

198.  Dichter  dieser  Zeit  von  denen  wir  keine  Betheiligung 
an  den  politischen  Kämpfen  kennen  waren  P.  Terentius 
Varro  aus  Atax  (J.  672-717  d.  St.)  und  Publilius  Syrus; 
jener  zuerst  Epiker  in  der  Weise  des  Ennius  (bellum  Sequani- 
cum)  und  Verfasser  von  Saturae,  dann  berühmter  geworden 
als  Bearbeiter  alexandrinischer  Epen  und  Lehrgedichte  (Argo- 
nautae,  Chorographia,  Ephemeris),  ausserdem  Elegiker;  Publi- 
lius Syrus,  aus  Antiochia  gebürtig,  dichtete  für  das  Theater 
mimi  die  noch  in  der  neronischen  Zeit  aufgeführt  wurden  und 
deren  reicher  Schatz  an  Sprüchen  der  Lebensweisheit  im  ersten 
christlichen  Jahrh.  ausgezogen,  im  Beginne  des  Mittelalters,  aber 
mit  Sentenzen  aus  andern  Quellen  vermischt  wurde.  Beiden 
Dichtem  gleichzeitig  war  der  durch  CatuU  in  üblen  Geruch 
gebrachte  Epiker  Tanusius  Geminus  aus  Oberitalien. 

1.  Hieronym.  in  Euseb.  Chron.  ad  a.  Abr.  1935  =  Ol.  174,  3  =  672 
d.  St.  =  82  V.  Chr.:  P.  Terentius  Varro  vico  Atace  in  provinda  Narbo- 
uensi  nascitur.  qui  postea  XXXyi^i»  annum  agens  graecas  litteras  cunL 
Bummo  studio  didicit.  Hör.  S.  I,  10,  46:  hoc  (die  Satire)  erat  experto 
frustra  Varrone  Atadno  .  .  melius  quod  scribere  possem.  Hienach  war  Varro 
zur  Zeit  der  Abfassung  dieser  Satire  (J.  718,  s.  W.  Teuffei  im  Rhein.  Mus. 
IV.  S.  111—113)  bereits  nicht  mehr  am  Leben.  Diese  Abfassung  von  Sa- 
tiren fäJlt  wohl  in  die  frühere,  nationale  Periode  des  Varro,  wohin  auch 
wohl  sein  bellum  Sequanioum  gehören  wird  (Priscian.  X.  p.  877  P.  =  497 
Htz. :  P.  Varro  belli  Sequanici  libro  II),  welcher  Stoff  dem  Varro  nach  Zeit 
und  Schauplatz  besonders  nahe  lag.  Porphyrio  ad  Hör.  1.  1.  (p.  185  Hth.): 
Terentius  Varro  Narbonensis,  qui  Atacinus  ab  Atace  fluvio  dictus  est. 
Quintil.  X,  1,  87:  Atacinus  Varro  in  iis  per  quae  nomen  est  assecutus  in- 
terpres  operis  alieni,  non  spemendus  quidem,  verum  ad  augendam  facnl- 
tatem  dicendi  parum  locuples.  Diess  bezieht  sich  auf  die  Argonautae  oder 
Argonautica  des  Varro,  eine  freie  Bearbeitung  des  Epos  von  ApoUonius 
aus  Rhodos  in  vier  Büchern,  welches  preisend  erwähnt  Ovid  Am.  I,  15,  21 
(Varronem  .  .  quae  nesciat  aetas?).  A.  A.  UI,  335  f  Trist.  II,  439  f.  ex 
Pont.  rV,  16,  21.  Vgl.  Prop.  U,  34,  86.  Stat.  Silv.  U,  7,  77.  Sen.  Con- 
trov.  XVI,  28  (p.  195,  8  ff.  Bu.) :  iUos  optimos  versus  Varronis.  Die  üeber- 
reste  bei  Wüllner  p.  12  ff.  und  zuletzt  bei  A.  Riese,  Varr.  Sat.  Menipp. 
p.  261—263.  R.  Unger,  Ej)i8tola  de  Varrone  Atacino,  Friedland  1861.  4. 
Ausserdem  eine  Chorographia  (Var.  bei  Priscian  cosmographia),  worin  nach 
einem  metrischen  prooemium  Europa,  Asien  xmd  Africa  der  Reihe  nach 
behandelt  war;  Original  das  Werk  des  Alexander  aus  Ephesos  (mit  dem 
Beinamen  6  Avxvog).  Die  üeberreste  bei  Riese  p.  263  f.  Femer  eine 
Ephemeris  (Witterungskunde)  in  Hexametern,  nach  Aratos;  s.  Bergk,  Rhein. 
Mus.  I  (1842).  S.  372  ff.  Riese  p.  264.  Beschreibungen  werden  in  dem 
Epos  eine  grosse  Rolle  gespielt  haben.  Als  Elegiker  theilte  Varro  die 
erotische  Richtung  der  Alexandriner  und  seiner  unmittelbaren  Nachfolger. 
Propert.  H,  34,  85  f :  haec  quoque  perfecto  ludebat  lasone  Varro ,  Varro 
Leucadiae  maxima  flamma  suae.    Ovid.  Trist.  II,  439  f.:  is  quoque  phad- 


Varro  Atacinns.  Laberius.  Publilius.  349 

acAB  Argo  qni  daxit  in  iindas  non  potuit  Yeneris  furta  tacere  saae.  Diese 
sind  aber  die  einzigen  Sparen  seiner  Elegieen,  sei  es  weil  seine  Nachfolger 
ilm  verdunkelten  oder  weil  ihn  seine  ausserrömische  Abkunft  zu  keinem 
EiDflois  gelangen  Hess.  Das  Epigramm  auf  das  Grab  des  reichen  Qalliers 
Licinos  (der  erst  unter  Tiberius  starb;  s.  W.  Teuffei  in  Pauly's  Real-Enc. 
lY.  S.  1081  f.)  wurde  wohl  wegen  der  Landsmanuschaft  dem  Varro  zuge- 
schrieben (SchoL  Pers.  II,  36:  non  invenustum  Varronis  epigramma). 
Ebenso  wissen  wir  von  Yarro^s  Satiren  einzig  durch  Horaz  1.  1.  Im  All- 
gemeinen s.  Fr.  Wüllner,  de  P.  Terentii  Varronis  Atadni  vita  et  scriptis, 
Mfinster  1829.  4. 

2.  Hieronjm.  zu  Eus.  Chron.  1974  =  Ol.  184,  2  =  711  d.  St.  (Labe- 
nuü' Todesjahr,  s.  oben  179,  4):  Publilius  (so  Amand.)  mimographus  natione 
Syrus  Romae  scaenam  tenet.     Den  Namen  Publilius  hat   (statt  Publius) 
ab  den  bestbeglaubigten  und  richtigen  erwiesen  E.  Wölfflin,  Philologus 
nn.  S.  439  f.    PHn.  N.  H.  XXXV,  17,  68:  talem  (pedibus  cretatis)  Publi- 
tiom  Lochium  (0.  Jahn:   Antiochium),   mimicae  scaenae  conditorem,   et 
utrologiae  consobrinum  eins  Manilium  Antiochum,  item  grammaticae  Sta- 
Wriom  Erotem  eadem  nave  advectos  videre  proavi.    Macrob.  II,  7,  6f. : 
^blilius,  natione  Syrus,  cum  puer  ad  patronum  domini  esset  adductus, 
promeruit  eum  non  minus  salibus  et  ingenio  quam  forma.  (7.)  ob  haec  et 
alia  manumissus  et  maiore  cura  eruditus,  cum  mimos  componeret  ingenti- 
^e  adsensu  in  Italiae  oppidis  agere  coepisset,  productus  Romae  per  Cae- 
f^  ludos  (J.  709)  omnes  qui  tunc  scripta  et  operas  suas  in  scenam  loca- 
verant  provocavit  ut  singuli  secum  posita  invicem  materia  pro  tempore 
<^zitenderent.    nee  ullo  recusante  superavit  omnes,  in  quis  et  Laberium. 
(8.)  unde  Caesar  .  .  Publilio  palmam  .  .  dedit.     Hier   scheinen   zweierlei 
Wettkämpfe,  die  mit  einem  Mimus  und  im  Improvisieren,  durcheinander- 
gemischt.   In  der  Kunst  des  Improvisierens  war  Syrien  stark,  s.  Wölfflin 
^-  443  f.    Gell.  XVII,  14,  1:   Publilius  mimos  scriptitavit.    dignus  habitus 
est  qoi  subpar  Laberio  iudicaretur.    (3.)  huius  Publilii  sententiae  feruntur 
Pl^faeque  lepidae  et  ad  communem  sermonum  usum  (Macrob.  II,  7,  10: 
^<isum)  commendatissimae  (Macrob.  adcommodatissimae).    Sen.  de  tranq. 
^'  11,  8:  Publilius,  tragids  comidsque  vehementior  ingenüs,  quotiens  mi- 
^^^^  iueptias   et  verba   ad  summam   caveam   spectantia  reliquit,   inter 
'^^t«  alia  cothumo,  non  tantum  aipario,  fortiora  et  hoc  ait.    Epist.  8,  8: 
"'^^Htum  disertissimorum  versuum  inter  mimos  iacet!  quam  multa  Publilii 
^   excalceatis,  sed  cothuruatis  dicenda  sunt!  Vgl.  oben  8,  4.    Auch  Zeit- 
/T^X^ielongen  scheint  Publilius  gelegentlich  angebracht  zu  haben;   s.  Cic. 
^  ^tt  XIV,  2,  1. 

,  3.   Dass  von  den  Stücken  des  Publilius  nur  zwei  apokryphe  Titel  be> 

j^^t  sind  (Non.  p.  133,  7  Publilii  Putatoribus,  und  Priscian.  X.  p.  532,  25 

qJ^-    Publius  in  Murmidone)   erklärt  sich   daraus   dass   er   vorzugsweise 

^^Uuspieler  imd  Improvisator  war  und  seine  Stücke  daher  fast  nur  in 

Aeaterexemplaren  existierten.    Die  zahlreich  darin  enthaltenen  kernigen 

t^>fiche   sammelte   im  ersten  christl.  Jahrh.  (denn  Gellius  1.  L  kennt  die 

^tnmlung  bereits)  ein  Liebhaber  und  gab  sie  heraus,   so  dass  erst  jetzt 

^Ubhlius  ein  Gegenstand  der  Literaturgeschichte  zu  sein  anfängt.    Mono- 

^tichiflche  Proben  daraus  bei  Gell,  und  Macrob.  1.  1.    Diese  Sammlung  ist 


350  Ciceronische  Zeit.  Zweite  Hälfte,  691 — 711. 

uns  erhalten,  am  vollständigsten  (aber  ohne  üeberschrifb)  im  codex  Fr 
singensis  (jetzt  Monac.  lat.  6292),  filr  die  Buchstaben  A  bis  N  auch  i 
andern  alten  Handschriften  (aus  saec.  IX  und  X),  im  Ganzen  über  660  echi 
Verse.  Da  sie  fast  durchaus  aus  allgemeinen  Klugheitsregeln  *  und  Sätze 
alltäglicher  confessionsloser  Lebensanschauung  bestehen,  und  Seneca  (Ej 
.3.S,  7)  schreibt:  pueris  sententias  edisoendas  damus,  so  ist  glaublich  da! 
die  Sammlung  in  den  Schulen  verwendet  wurde.  Manche  Yariatione 
desselben  Gedankens  können  daher  stammen,  aber  auch  schon  von  Publ 
lius  selber.  Ebenso  mag  die  alphabetische  Ordnung  von  dem  Ursprung] 
chen  Sammler  herrühren,  da  die  Art  derselben  (Berücksichtigung  nur  d« 
ersten  Buchstabens,  nicht  aber  der  weiteren)  der  Gewohnheit  des  Alte 
tliums  entspricht;  jedenfalls  findet  sich  diese  Ordnuug  am  Beginne  d< 
Mittelalters.  Schon  vor  saec.  IX  gieng  die  zweite  Hälfte  verloren;  dafc 
wurden  (prosaische)  Sentenzen  aus  dem  damals  noch  vollständigere 
Pseudo-Seneca  de  moribus,  zur  ungeföhren  Länge  eines  Verses  zugestutz 
aufgenommen,  und  dieses  Conglomerat  erhielt  nach  dem  bekannteren  Vei 
fasser  den  Titel  Sententiae  (oder  Proverbia)  Senecae  und  wurde  weiterhi 
aus  andern  Schriftstellern  noch  manchfach  interpoliert,  besonders  sae* 
XIV  und  XV.  Inzwischen  war,  etwa  saec.  X,  die  echte  zweite  Hälfl 
(N  bis  V)  wieder  aufgefunden  worden.  Sie  lag  dem  Schreiber  des  co< 
Frisingensis  vor  und  wurde  von  ihm  in  die  zu  seiner  Zeit  bereits  traditi< 
nelle  aus  Prosa  und  Versen  gemischte  Sammlimg  eingereiht,  je  hinter  d€ 
unmetrischen  Proverbien  eines  Buchstabens.  Wölfflin  a.  a.  0.  S.  444- 
453.  In  den  gedruckten  Ausgaben  (ed.  princeps,  von  Erasmus,  Argen 
1515)  wurden  dann  die  verschiedenen  Bestaudtheile  bald  mehr  bald  wen 
ger  geschieden  (Wölfflin  S.  454 --466);  das  blühendste  Durcheinander  i 
F.  H.  Bothe's  Sammlung  (Fragm.  com.  lat.  p.  220  ff.)  und  darnach  von  ( 
Zell  (Stuttgart  1829)  u.  A.  Anfang  einer  Scheidung  in  Ribbecks  Comi* 
latini  p.  261—308.  Vgl.  dazu  Wölfflin,  Philologus  XL  S.  191.  XVI.  S.  611 
XXII.  S.  437  f.  449.  456.  Eine  wirklich  kritische  Ausgabe  erscheint  IBC 
von  E.  Wölfflin  (Lips.,  Teubner);  vorläufige  Beiträge  von  ihm  Philologe 
XXU.  S.  457 — 468.  Unkritisch  Grysar,  über  den  mimus  (oben  7,  1)  S.  30 
—310. 

4.  Sen.  Epist.  93,  9:  paucorum  versuum  Über  est  (des  Metronax),  i 
quidem  laudandus  atque  utilis.  annales  Tauusii  scis  quam  ponderosi  sin 
et  quid  vocentur.  hoc  est  vita  quorundam  longa  quod  Tanusii  sequitu 
annales.  Dass  hier  mit  quid  vocentur  hingewiesen  werde  auf  Caiull  36,  1 
annales  Volusi,  cacata  Charta  (vgl.  6:  electissima  pessimi  poetae  scripta 
19:  plena  ruris  et  inficetiarum,  und  95,  7:  Volusi  annales  Paduam  moriex 
tur  ad  ipsam,  wo  also  wohl  der  Verfasser  lebte)  und  Volusius  eine  Maf 
kierung  des  wirklichen  Namens  Tanusius  sei  ist  eine  alte  Vermutung 
welche  sehr  viel  Wahrscheinlichkeit  hat;  s.  Schwabe,  Quaest  CatulL  ] 
278  —  281.  Weiterhin  wäre  dieser  Tanusius  ohne  Zweifel  identisch  mi 
Tanusius  Geminus  welchen  Sueton  (Gaes.  9  vgl.  Plut.  Caes.  22)  unter  sei 
neu  Quellen  für  die  Biographie  Caesars  aufführt  R.  ünger,  de  Tanusi 
Gemino  annalium  scriptore,  Friedland  1855.  4. 

5.  In  ähnlicher  Weise  erwähnt  Gatull  noch  andere  (schlechte)  Dichte 
seiner  Zeit,  wie  Aquinus  (Catull  14,  18.    Cic.  Tusc.  V,  22,  63),  Caedos  (Ca 


Publilius  u.  a.  Dichter.  M.  Brutas.  351 

toll  14,  18),   Suffenos  (Catull  14,  19.  22,  1  ff.).    Schwabe,   Quaest.  CatuU. 
p.    267  f. 

6.    Comel.  Nep.  Att.  12,  4:    L.  lulium  Galidam,   quem  post  Lncretii 

C&tidlique  mortem  multo  elegantissimum  poetam  nostram  tulisse  aetatem 

veire  videor  posse  contendere,  neque  minus  virum  bonum  optimisque  arti. 

bös  eruditum,   podt  proscriptionem  equitum  (nachdem  die  Liste  der  Pro- 

ficribierten  aus  dem  Bitterstande  bereits  geschlossen  war)  propter  magnas 

eius  Africanas  possessiones  in  proscriptorum  numerum   a  P.   Yolumnio 

praefecto  fabrum  Antonii  absentem  relatum  expedivit  (Atticus).  Sichtlich  ist 

die  freundschaftliche  Ueberschätzung  dieses  ganz  obscuren  Dichters,   der 

vielleicht  identisch  ist  mit  dem  L.  lulius  aus  Africa  welchen  Cicero  (ad 

fem.  Xm,  6,  8  f.  J.  698)  dem  Valerius  Orca  empfiehlt. 

199.  Von  den  Theilnehmem  der  Verschwörung  gegen 
Caesar  war  der  redliche,  aber  geistig  nicht  hochstehende  M. 
lonius  Brutus  der  literarisch  bedeutendste  und  thätigste,  na- 
mentlich auf  dem  Gebiete  der  Philosophie  und  der  Beredtsam- 
Itöit;  des  D.  Brutus  und  C.  Cassius  Schreibweise  kennen  wir 
ans  Briefen  an  Cicero;  ebenso  den  Cassius  aus  Parma  und  C. 
Trebonius,  welche  beide  überdiess  Verfasser  von  Poetischem 
waren.  Ausserdem  verfassten  Geschichtswerke  in  einem  dem 
Caesar  abgeneigten  Sinne  Ampius  Baibus  und  Actorius  Naso. 

1.  M.  lunius  Brutus.  Vgl.  W.  Drumann,  G.  R.  IV.  S.  18—44.  W. 
Tenffel  in  Pauly's  Real-Euc.  IV.  S.  618—527.  632  f.  Cic.  Brut.  94,  324 
TOQ  Hortensius:  annis  ante  decem  cansas  agere  coepit  (nämlich  J.  659,  s. 
Brnt  64,  229:  L.  Crasso  Q.  Scaevola  coss.  primum  in  foro  dixit)  quam  tu 
(firatos)  es  natus.  Das  hiemach  sich  ergebende  Geburtsjahr  669  =3  86  hat 
S^en  uch  dass  dabei  die  Sage,  Caesar  (geb.  654)  sei  selbst  Vater  des 
Brutus,  eine  handgreifliche  Absurdität  gewesen  wäre;  auch  sagt  Vellej.  II, 
72,  1:  hunc  exitum  M.  Bruti  septimum  et  tricesimum  annum  agentis  (J. 
712)  fortuna  esse  voluit  (vgl.  Liv.  CXXTV:  annorum  erat  circiter  XL). 
1^688  würde  auf  675  oder  676  (79  oder  78  v.  Chr.)  als  das  Geburty'ahr 
des  Brutus  führen.  Daher  mit  vieler  Wahrscheinlichkeit  Nipperdey,  Rhein. 
Mus.  XIX.  S.  291  bei  Cic.  1.  1.  ante  sedecim  schreibt.  Vgl.  Cornel.  Nep. 
^^'  8,  1  f.:  occiso  Caesare  .  .  sie  M.  Bruto  usus  est  ut  nullo  ille  adoles- 
^^8  aequali  familiarius  quam  hoc  sene  (Atticus  geb.  645).  J.  703  war  Bru- 
^  Weite  Schwiegersohn  (Cic.  ad  fam.  III,  4,  2)  des  App.  Claudius  (oben 
^^^»  10).  Anr.  Victor  ill.  82:  Athenis  philosophiam,  Bhodi  (sonst  nicht 
heieügt)  eloqueutiam  didicit  (Lehrer  in  Athen  Pammenes,  sowie  Aristos, 
^^^  Bruder  des  Antiochos,  Cic.  Brut.  97,  332.  Orat.  30,  105.  Acad.  post. 
^  ^»  12,  Plut.  Brut.  2).  Cytheridem  mimam  cum  Antonio  et  Gallo  poeta 
**^^t.  .  ,  civili  hello  .  .  Pompeium  secutus  est.  quo  victo  veniam  a 
^^eaare  accepit  et  procos.  (?)  Galliam  (cisalp.)  rexit  (J.  708).  J.  710  durch 
v/aeaar  praetor  (urb.);  f  i^ac^  <icr  Schlacht  bei  Phüippi,  J.  712.  Cicero 
P"*gt  ihn  übertrieben  zu  loben  (z.  B.  Brut.  6,  22),  zuerst  als  den  Liebling 
^  ^ttesar,  dann  als  dessen  Mörder ;  er  widmete  ihm  de  finibus,  Paradoxa, 
^^  deor.  nat.,  Tusc,  den  Orator  und  den  Brutus.    Die  stilistischen  Grund- 


352  Ciceronieohe  Zeit.  Zweite  Hallte,  691—711. 

Sätze  Beider  waren  aber  verschieden;  vgL  Cic.  ad  Att.  XV,  1  b,  2:  egt 
secutuB  (Med.:  boIos)  aliad  (iudiciom  de  optimo  genere  dicendi)  som,  unc 
Tac.  dial.  18:  legistis  et  Calvi  et  Bruti  ad  Ciceronem  missas  epistulas»  ei 
quibus  facile  est  deprehendere  Calvum  quidem  Ciceroni  visum  exsanguen 
et  aridum,  Brutum  autem  otiosom  atque  diiunctum,  rursusque  Ciceronen 
a  Calvo  quidem  male  audisse  tanquam  solutum  et  enervem,  a  Brato  au 
tem  .  .  tamquam  fractum  atque  elumbem.  Als  Charakter  seiner  Bede 
weise  wird  gravitas  angegeben  (Quintil.  XII,  10,  10.  Tac.  dial  25).  Na 
mentlich  strebte  er  nach  rhythmischem  Fall  der  Prosa  (Quintil.  IX,  4,  76; 
daher  Cicero's  Polemik  hiegegen  im  Orator.  üebereinstimmend  urteilei 
Quintil.  X,  1,  123  dass  er  in  seinen  philosophischen  Schriften  raulto  quan 
in  orationibus  praestantior  suffecit  ponderi  rerum,  und  Tac.  dial.  21:  Bra 
tum  philosophiae  suae  relinquamus.  nam  in  orationibus  minorem  ess« 
fama  sua  etiam  admiratores  eins  fatentiur.  nisi  forte  quisquam  .  .  Brut 
pro  Deiotaro  rege  (Tgl.  Cic.  Brut.  5,  21.  ad  Att.  XIY,  1,  2)  ceteroBqu« 
eiusdem  leutitudinis  ac  teporis  libros  legit,  nisi  qui  et  carmina  eorunden 
miratur;  fecerunt  enim  et  carmina  (s.  oben  182,  3).  Andere  veröffentlicht 
Reden  des  Brutus:  de  dictatura  Pompei  (Quintil.  IX,  3,  95)  vom  J.  703,  di* 
am  17  März  710  auf  dem.  Capitol  gehaltene  (Cic.  ad  Att.  XY,  1  b,  2),  so 
wie  sonstige  contiones  Bruti  (falsa  quidem  in  Augustum  probra,  sed  mult: 
cum  acerbitate  habent,  Tac.  A.  IV,  34);  ferner  die  Stilübung  pro  Milon« 
(orationem  Brutus  exercitationis  gratia  scripsit,  Quintil.  X,  1,  23  vgL  5,  20 
III,  6,  93.  Ascon.  in  Mil.  p.  42  Or.  Schol.  Bob.  p.  276);  laudatio  seine 
Schwiegervaters  App.  Claudius  (Diomed.  p.  367  E.)  und  seines  Oheims  M 
Cato  (Cic.  ad  Att.  XUI,  46,  2.  vgl.  XII,  21,  1).  Vgl.  Meyer,  orat.  rom.' 
p.  446 — 462.  Ueber  seine  philosophischen  Schriften  s.  Cic.  Acad.  post  I,  3, 
12.  Hinneigung  zur  alten  Akademie^  Cic.  Brut.  31,  120.  40,  149.  Erwähnt 
werden  die  Schriften  de  virtute  (an  Cicero  gerichtet,  s.  fin.  I,  H,  8.  Tusc. 
V,  1,  1.  Sen.  consol.  ad  Helv.  9,  4  ff.  vgl.  8,  1),  nsgl  xa^j^xovTo;  (Sen. 
Ep.  95,  45;  vgl.  M.  Brutus  de  officiis  bei  Priscian  VI.  p.  679  P.  =  199 
Htz.),  de  patientia  (Diomed.  I.  p.  378  P.  =  383  K.).  Eine  jugendliche 
Uebung  war  wohl  der  Auszug  aus  den  Annalen  von  Fannius  und  Antipa- 
ter  (s.  oben  132,  3  u.  4),  wie  Br.  auch  den  Polybios  excerpierte  (Plut 
Brut.  4).  Briefe.  (M.)  Brutus  in  epistolis  (Quintil.  IX,  4,  75.  Diomed.  l 
p.  388  K.  Priscian.  IX.  p.  474  Htz.  vgl.  Plin.  N.  H.  XXXIII,  12:  M.  Bruti 
in  Philippicis  campis  epistolae  reperiuntur,  frementes  fibulas  tribunicias  es 
auro  geri),  ad  Caesarem  (Charis.  I.  p.  130  E.),  ad  Ciceronem  (Tac.  dial 
18).  Ueber  den  Briefwechsel  des  Brutus  mit  Cicero  s.  oben  171,  4.  Das 
Erzeugniss  eines  Rhetors  sind  die  auf  uns  gekommenen  Briefe  des  Brutus 
in  griechischer  Sprache,  zuletzt  herausgegeben  von  A.  Westermann  (Bruti 
epistolae  graecae  ex  rec.  A.  W.,  Lips.  1856.  4).  Vgl.  Phot.  cod.  158,  p. 
101  Bk.  E.  Hercher,  Philologus  VIII.  S.  187—190.  Seine  Verse  (s.  oben 
aus  Tac.  dial.  21)  scheinen  erotischen  Inhalts  gewesen  zu  sein  nach  dei 
Aufzählung  bei  Plin.  Ep.  V,  3,  5  (oben  26,  1).  Vgl.  Stat.  Silv.  IV,  9,  20: 
Bruti  senis  oscitationes. 

2.  D.  lunius  Brutus,  als  adolescens  bei  Caesar  J.  698  ff.  in  Gallien  (b. 
g.  lU,  11.  Vn,  9.  87)  und  auch  im  Bürgerkriege  auf  seiner  Seite,  von  ihm 
mit  Vertrauen  geehrt  und  zum  Cos.  für  712  bestimmt;  im  Sommer  711 
durch  M.  Antonius  hingerichtet.    Seine  Briefe  an  Cicero  aus  J.  710  und  711 


Anidcaesarische  Eedner  und  Geschieh tschreiber.  353 

(ad  fam.  XI,  1—4.  9—11.  13.  13  a.  19.  20.  23.  26)  sind  traurige  Belege  der 
Kopflosigkeit  und  Hasenherzigkeit  die  er  seit  seiner  Theiluahme  an  der 
Ermordung  Caesars  fortwährend  bewies.  W.  Drumann  G.  R.  IV.  S.  9 — 13. 
W.  Teuffei  in  Pauly's  Real-Enc.  IV.  S.  513—616,  Nr.  19. 

3.  C.  Cassius  LonginuB,  etwas  älter  als  M.  Brutus  (Plut.  Brut.  29. 
40),  J.  701  ff.  Quästor  in  Parthieu,  706  tr.  pleb. ;  im  Bürgerkriege  auf  der 
Seite  des  Pompejus,  von  Caesar  besiegt  und  dann  zu  seinem  Legaten  er- 
nannt, später  für  710  mit  M.  Brutus  zum  Prätor;  f  nach  der  Schlacht  bei 
Philippi  (712).  Eine  schroffe,  schneidige  Natur,  aber  selbstsüchtig,  ohne 
höhere  Ziele  (vgl  Plut.  Brut.  29.  comp.  c.  Dione  1.  Brut.  37:  Kdaaios 
xoii  'EnixovQOv  loyoig  XQ^t^^f^^S  ^<<^  nsql  tovioav  ^d'og  ^xoiv).  Von  seineu 
Briefen  an  Cicero  ist  ad  fam.  XV,  19  (J.  709)  ein  gutgelaunter  Widerhall 
Ton  Cicero's  Schreiben;  XII,  11  —  13  (aus  711)  geschäftliche  Berichte,  zum 
Theil  mit  berechneter  Schmeichelei  gegen  Cicero.  W.  Drumann  G.  B.  II. 
S.  117-152.    A.  Haakh  in  Pauly's  Real-Enc.  II.  S.  194—198,  Nr.  11. 

4.  Cassius  Parmensis,  nach  seiner  Theilnahme  an  der  Ermordung  Cae- 
sarg  Befehlshaber  über  eine  Flottenabtheilung  in  Asien  (J.  711).  lieber 
seine  Thätigkeit  als  solcher  berichtet  er  an  Cicero  in  dem  kriecherischen 
tmd  auch  die  Schreibweise  des  Consularen  nachahmenden  Briefe  ad  lam> 
Xü,  13.  Später  bei  Sex.  Pompejus  und  M.  Antonius,  nach  der  Schlacht 
bei  Actium  723  hingerichtet.  Drumann  II.  S.  161  —  163.  A.  Haakh  in 
Panly's  Real-Enc.  II.  S.  200  f.  Nr.  20.  Porphyrie  zu  Hör.  Ep.  I,  4,  3  (scri- 
here  quod  Cassi  Parmensis  oposcula  vincat),  p.  393  Hth.:  in  partibus 
(^ftssii  et  Bruti  cum  Horatio  tribunus  mil.  militavit.  .  .  scripserat  multas 
tragoedias  Cassius.  Acro  (p.  390  H.):  Epicureus  fuit  et  poeta.  .  .  satiras 
scripait.  .  .  aliquot  generibus  stilum  exercuit.  inter  quac  opera  ,Elegia 
Qt  epigrammata*  eins  laudantur.  lambischer  Vers  von  Cassius  bei  Quin- 
*il.  V,  11,  24.  Ein  anderer,  noch  mehr  in  der  alten  spondeenreichen  Weise 
gehaltener  Senar  aus  einer  Prätexta  Brutus  eines  Cassius  bei  Varro  L.  L. 
^1)  7.  VII,  72.  Aus  einem  schmähenden  Briefe  des  Cass.  Parm.  an  Octa- 
vian  eine  Stelle  bei  Suet.  Aug.  4.  A.  Weichert,  de  L.  Varii  et  Cassii  Par- 
mensis vita  et  carminibus  (Grimma  1836),  p.  176—300. 

5.  C.  Trebonius,  Quästor  694,  trib.  pl.  699,  J.  700  ff.  Caesars  Legat  in 
^^ien  und  im  Bürgerkriege  auf  seiner  Seite;  praet.  urb.  706;  Cos.  709; 
Febr.  711  durch  Dolabella  getödtet.  A.  Haakh  in  Pauly's  Real-Enc.  VI, 
2-  S,  2083  f„  Nr.  9.  J.  707  scheint  er  eine  Sammlung  der  Witzworte  Ci- 
^jo'g  verfasst  zu  haben;  s.  ad  fam.  XV,  21,  1 — 3,  z.  B.:  liber  iste  quem 
^ui  niisisti  quantam  habet  declarationem  amoris  tui!  primum  quod  tibi 
fatetum  videtur  quidquid  ego  dixi,  .  .  deinde  quod  illa  .  .  fiunt  narrante 
^  ^enustissima.  quin  etiam  ante  quam  ad  me  veniatur  risus  omnis  paene 
^öauinitur.  Sein  eigener  Brief  an  Cicero  (ad  fam.  XII,  16)  vom  J.  710 
^^  »ehr  innig  gegen  den  alten  und  den  jungen  Cicero  und  begleitet  versiculi 
^>*>aben  gegen  M.  Antonius?)  in  Bezug  auf  deren  Ungeniertheit  er  meint: 

^^'pitado  personae  eins  in  quam  liberius  invehimur  nos  Tindicabit  (16,  3). 
•Auch  bittet  er  (16,  4) :  tu,  sicut  mihi  pollicitus  es,  adiunges  me  quam  pri- 
°*^  ad  tuos  aermones. 

ß  Suet.  Caes.  75  extr.:  Pitholai  carminibus  maledicentissimis  lacera- 
^öi  existimationem  suam  civili  animo  tulit.     Er  ist  wohl  der  M.  Voltaci- 

Teiiffel,  Rom.  Uteralurycschichtp.  23 


354  Ciceronische  Zeit.  Zweite  Hälfte,  691—711. 

Uus  (nach  den  Hdss.;  v.  Jan  OtaciKns,  vgl.  aber  oben  145,  2)  Pitholau 
von  welchem  Macrob.  II,  10,  13  einen  Witz  auf  den  eintägigen  Const 
(J.  709)  Caninius  Rebilus  anfuhrt,  sowie  (nach  Bentley)  der  Bhodius  Pi 
tholeo  bei  Horaz  (S.  I,  10,  22),  welcher  nach  Acro  (zu  Hör.  1.  1.,  p.  17 
Hth.)  dicitur  epigrammata  ridicula  scripsisse  in  quibiis  graeca  verba  mixt 
erant  cum  latinis. 

7.  T.  Arapius  Baibus,  trib.  pl.  691,  Prätor  696,  Freund  des  Cicer 
(Rede  pro  T.  Ampio,  Quintil.  III,  8,  60),  eifriger  Pompejaner;  s.  W.  Ten 
fei  in  Paulj's  Real-Enc.  I,  1.  S.  920  f.  Nr.  2.  Aeusserungen  über  Caese 
caus  dem  Geschichtswerke  des  Ampius  bei  Suet.  Caes.  77;  vgL  Cic.  a 
fam.  VI,  12,  5  (J.  708):  cum  studium  tuum  consumas  in  virorum  fortiui 
factis  memoriae  prodendis. 

8.  M.  Actorius  Naso,  nach  Saeton.  Caes.  9  (vgl.  62  Naso)  Verfasse 
eines  Werkes  über  Caesar  oder  die  Zeit  des  Bürgerkrieges. 

200.  Demselben  Kreise  gehörte  wohl  auph  Ticidas  an,  de 
Verfasser  erotischer  Gedichte  (auf  Perilla),  sowie  C.  Helviu 
Cinna,  welcher  besonders  in  seinem  mythologischen  Epo 
Zmyma  mühsam  auf  den  Pfaden  der  gelehrten  alexandrinischej 
Dichter  fortwandelte,  und  sicher  ein  anderer  Freund  Catulls 
der  reichbegabte  und  charaktertüchtige  C.  Licinius  Calvus  (J 
672  —  707),  ebenso  bedeutend  als  gerichtlicher  Redner  wie  al 
Dichter  und  auf  beiden  Gebieten  seine  grosse  natürliche  Leb 
haftigkeit  mit  Bewusstsein  durch  Formstrenge  zügelnd.  In  dei 
Beredtsamkeit  huldigte  er  der  neuattischen  Richtung,  und  ii 
der  Poesie  wusste  er  alexandrinische  Correctheit  mit  Leiden 
schaftlichkeit  des  Inhaltes,  in  Liebe  wie  in  Hass,  zu  vereinigen 
in  der  Weise  des  CatuU  und  ihm  am  meisten  ebenbürtig. 

1.  Ovid.  Trist.  II,  433  f.  (nach  CatuUus  und  Calvus,  vor  Cinna):  qui* 
referam  Ticidae,  quid  Memmi  carmen,  apud  quos  rebus  abest  nonie 
nominibtisque  pudor?  Apulej.  apol.  10:  accusent  .  .  Ticidam  similitei 
quod  quae  Metella  erat  Fcrillam  scripserit.  Pentameter  des  Ticidas  zui 
Preise  von  Valerius  Cato's  Lydia  bei  Suet.  gramm.  11.  Ticidas  nebe 
Furius  Bibaculus  und  (Valerius)  Cato  genannt  ib.  4.  Priscian.  V.  p.  18i 
2  ff.  (Htz.):  sole  (als  Vocativ)  quoque  antiqui.  Ticidas  in  hjmenaeo:  feli 
lectule  talibus  sole  amoribus. 

2.  C.  (Catull  10,  30)  Helvius  Cinna,  mit  Catull  im  Gefolge  des  Pr§ 
tors  Memmius  (oben  190,  2)  in  Bithynien  (Catull  10,  29  f.).  Sonst  ist  au 
seinem  Leben  sehr  wenig  bekannt.  Auch  seine  Parteistellung  im  Bürgei 
kriege  kennen  wir  nicht  positiv;  doch  zeigt  der  Gegensatz  zu  Anser  un* 
die  Zusammenstellung  mit  L.  Varius  bei  Yergil.  Ecl.  IX,  35  f.  dass  e 
schliesslich  auf  Seiten  Octavians  stand,  wohl  nachdem  er  mit  seinen  Freoo 
den  ursprünglich  anticaesarisch  gewesen  war  und  für  die  „Befreier''  gc 
schwärmt  hatte,  üeber  das  Jahr  710  hinaus  lebte  er  und  war  also  nich 
d(T   caesarisch   gesinnte    Volkstribun   C.  Helvius  Cinna   der   bei    Caesar 


Helvius  Cinna.  Licinius  Calvus.  355 

Leichenfeier  aus  MissverständnisB  erschlagen  wurde.  Wenn  Plut.  Brut.  20 
letzteren  einen  noiritixog  dviiQ  nennt,  so  beruht  das  auf  Verwechshing 
mit  dem  bekannteren  Trager  des  Namens,  dem  Dichter.  Vergil.  Ecl.  IX, 
35  (wahrscheinKch  Tom  J.  714)  ist  der  Dichter  noch  als  lebend  erwähnt; 
anch  das  Propempticon  Pollionis  weist  zum  Mindesten  über  J.  710  hinaus. 
Nach  715  wird  Cinna  nicht  mehr  genannt;  er  mag  also  um  diese  Zeit  ge- 
storben sein.  Hauptwerk  Smyrua  (Zmyma),  den  Mythus  von  der  un- 
natürlichen Liebe  der  Myrrha  zu  ihrem  Vater  Kinyras  behandelnd,  also 
schon  nach  seinem  Stoffe  alexandrinisch.  Dass  Cinna  an  diesem  Epos, 
trotz  Beines  geringen  Umfangs  (Catull  95,  9),  zehn  Jahre  feilte  (Catull  96. 
Qmutil.  X,  4,  4.  Serv.  und  Philargyr.  zu  Verg.  Ecl.  1.  1.  Porphyr,  und 
Acro  zu  Hör.  Ep.  II,  3,  388)  ist  ebenso  bezeichnend  für  seinen  Mangel  an 
^klichem  poetischem  Talent  wie  für  seine  Richtung  auf  Ausdifteln  der 
Form.  Nach  den  Ueberresten  gehörte  Cinna  auch  zu  den  anovdsicciovzsg. 
Was  die  Folge  von  alledem  war  sagt  Philargyr.  1.  1.  (in  Lion's  Servius 
n.  p.  327) :  fuit  autem  liber  obscurus  adeo  ut  et  nonnulli  eins  aetatis 
grammatici  (besonders  L.  Crassitius)  in  eum  scripserint  magnamque  ex 
008  enarratione  sint  gloriam  consecuti.  quod  obscurus  fuerit  etiam  Mar- 
tialis  ostendit  in  illo  versu  (X,  21,  4):  iudice  te  melior  Cinna  Marone  fuit. 
Unter  den  erotischen  Dichtem  nennt  ihn  Ovid  Trist.  II,  435  (Cinna  quo- 
qae  bis  comes  est,  vgl.  A.  1);  dass  die  betreffenden  Gedichte  illepida 
waren  ist  dem  Gellius  (s.  oben  26,  1)  ebenso  zu  glauben  wie  dass  er  non 
ignobilis  neque  indoctns  poeta  (Gell.  XIX,  13,  5)  war.  Poemata  (also 
lyrische)  von  ihm  bei  Gell.  IX,  12,  12  (senarius  claudus)  und  XIX,  13,  5 
(Hendekasyllaben).  Cinna  epigrammatis  Non.  Marc.  p.  87,  27  vgl.  Isidor. 
Ong.  VI,  12,  2  (zwei  Di&ticha  zur  Begleitung  eines  Geschenks,  bestehend 
in  einem  ans  Bithynien  mitgebrachten  Exemplar  von  Aratos'  ^aivo^eva,  =» 
Anthol.  lat  II ,  251  Burm.  =  76  Meyer).  Vier  Hexameter  aus  einem  Pro- 
pempticon Pollionis  (Charis.  I.  p.  99  P.  =  124  K.)  bei  einem  von  dessen 
KriegBzügen  (etwa  J.  715  d.  St.  gegen  die  Parthiner?).  Commentar  oder 
Leitung  dazu  von  Hyginus  (Charis.  I.  p.  134,  12  K.:  lulius  Hyginus  in 
Cinnae  propemptico).  Im  Allgemeinen  A.  Weichert,  de  C.  Helvio  Cinna 
poeta,  in  dessen  poett.  latt.  vitae  u.  s.  w.  (Lipa.  1830)  p.  147—187,  sowie 
über  die  Ueberreste  von  Cinna*s  Gedichten  ib.  p.  187—202. 

3.  Gleichfalls  mit  einem  Gedichte  (Epos?)  mythologischen  Inhalts,  auf 
J^yl)ele,  beschäftigte  sich  — -  nach  Catull  35,  13  ff.  —  ein  anderer  Freund 
Catullsj  Caecilius  in  Novum  Comum,  ohne  dass  aber  bekannt  wäre  ob  es 
jemals  fertig  und  veröffentlicht  worden  ist. 

i  C.  Licinius  Macer  (Cic.  ad  Qu.  fr.  II,  4,  1)  Calvus  (mit  doppeltem 
Zunamen;  s.  Drumaun  G.  R.  IV.  S.  195,  A.  72),  Sohn  des  Annalisten  Li- 
^U8  Macer  (oben  143,  2),  Val.  Max.  IX,  12,  7.  Geboren  am  28.  Mai  672; 
*•  oben  196,  5.  Andererseits  setzt  Cicero's  Brief  an  Trebonius,  ad  fam. 
^»,  21,  4  (J.  707),  den  Calvus  als  inzwischen  gestorben  voraus.  Allge- 
"**iöe  Charakteristik.  Cic.  Brut.  81,  279:  facienda  mentio  est  .  .  duorum 
^^olescentium  qoi,  si  diutius  vixissent,  magnam  essent  eloquentiae  laudem 
consecuti,  nämlich  C.  Curio  (oben  196,  1)  und  C.  Licinius  Calvus.  82,  283: 
^*W  .  .  orator  fuit  cum  litteris  eruditior  quam  Curio  tum  etiam  accura- 
^^8  qnoddam   dicendi   et  exquisitius   afferebat  genus.    quod    qnamquam 

23* 


356  Ciceronißche  Zeit.  Zweite  Hälfte,  691—711. 

scienter  eleganterque  tractabat,  nimium  tarnen  inquirens  in  se  atque 
sese  observans  metuensque  ne  vitiosum  colligeret  etiam  Terum  Bangoi 
deperdebat.    itaque  eins  oratio  nimia  religione  attenuata  doctis  et  ati 
audientibuB  erat  illustris,  a  multitudine  autem  et  a  foro  .  .  devorab: 
(284.)  Tum  Brutus,  atticum  se,  inquit,  Calvus  noster  dici  oratorem  yoU 
inde  erat  ista  exilitas,  quam  ille  de  industria  consequebatur.  ad  fam. 
genus  quoddam  sequebatur  in  quo,  iudicio  lapsus,  quo  valebat,  tamei 
Bequebatur  quod  probaret.    multae  erant  et  reconditae  litterae,  Tis 
erat.     .  .  de  ingenio  eins  valde  existimavi  bene.    Vgl.  Tac.  diai.  18  (< 
199,  1).     Quintil.  X,  1,  115:  est  (Calvi)  et  sancta  (vgl.  XII,  10,  11)  et 
vis  oratio  et  frequenter  vehemens  quoque.    imitator  autem  est  Atticc 
fecitque  illi  properata  mors  iniuriam.    Sen.  controv.  VII,  19.  p.  210  f. 
Calvus,  qui  diu  cum  Cicerone  iniquissimam  litem  de  principatu  eloquei 
habuit,  usque  eo  violentus  accusator  et  concitatus  fuit  ut  in  media 
actione  Bürgeret  Vatinius  reus  et  exclamaret:  rogo  vos,  iudices,  nu; 
iste  disertus  est  ideo  me  damuari  oportet?    .  .  solebat  praeterea  ezce 
subsellia  sua  et  impetu  latus  usque  in  adversariorum  partem  transeun 
.  .  compositio  quoque  eins  in  actionibus  ad  exemplum  Demosthenis  vi 
nihil  in  illa  placidum,  nihil  lene  est,  omnia  excitata  et  fluctuantia. 
andere  Seite,  die  gehaltene  Form,  heben  hervor  auch  Tac.  dial.  25 
strictior),  Apulej.  apol.  95  (argutiae);   dagegen  Fronto  p.  114  Naber 
iudiciis  .  .  Calvus  rixatur. 

5.  Seneca  1. 1.  (p.  211,  7  f.  Bu.):  erat  (Calvus)  parvolus  ^tatnra,  pro] 
quod  etiam  Catullus  in  hendecasjllabis  (53,  5)  vocat  illum  „salaputt 
disertum".  Daher  Ovid.  Trist.  II,  431:  exigui  Calvi.  Tac.  diaL  21: 
mihi  (einem  Verfechter  der  neumodischen  Beredtsamkeit)  Calvus,  < 
unum  et  viginti,  ut  puto,  libros  (d.  h.  Reden)  reliquerit,  vix  in  una  et 
tera  oratiuncula  satisfacit.  nee  dissentire  ceteros  ab  hoc  meo  iudicio  vic 
quotus  enim  quisque  Calvi  in  Asitium  aut  in  Drusum  legit?  at  hercli 
omnium  studiosorum  manibus  versantur  accusationes  quae  in  Vatiu 
inscribuntur  ac  praecipue  secunda  (es  waren  also  mindestens  drei)  ex 
oratio;  est  enim  verbis  omata  et  sententiis,  auribus  iudicum  accommod 
Ib.  34  extr.:  uno  et  vicesimo  (aetatis  anno)  Caesar  Dolabellam,  altere 
vicesimo  Asinius  PoUio  C.  Catonem,  non  multum  aetate  antecedens  C& 
Vatinium  iis  orationibus  insecuti  sunt  quas  hodie  quoque  cum  admirati 
legimus.  Vgl.  Quintil.  XII,  6,  1:  cum  .  .  Calvus,  Caesar,  Pollio  mul 
ante  quaestoriam  omnes  aetatem  (damals  das  dreissigste  Lebensjahr)  ( 
vissima  iudicia  susceperint.  Den  F.  Vatinius  hat  Calvus  mehrere  Male 
^^eklagt,  das  erste  Mal  vielleicht  J.  698  de  vi,  ein  zweites  Mal  de  sodal: 
(allgemeiner  ambitus,  Charis.  p.  229,  9  K.)  im  August  700,  wo  Cicero 
Angeklagten  vertheidigte  (Schol.  Bob.  p.  262.  Hieroujm.  adv.  Rufin. 
39  =  II.  p.  665  ValL);  vielleicht  ein  drittem  Mal  noch  J.  700,  wo  Ci( 
als  Entlastungszeuge  für  Vatinius  aufbrat  (ad  fam.  I,  9,  4.  19);  s.  Nipper< 
Rhein.  Mus.  XIX.  S.  581—588.  Me^er,  orator.  rom.  p.  474—478.  So  ^ 
theidigte  Calvus  auch  J.  698  den  F.  Se&tios  (Schol.  Bob.  p.  292),  ein  an 
Mal  den  Messius,  und  nach  Sen.  1.  1.  (p.  211,  20  ff.)  war  der  Epilog 
dieser  Rede  non  tantum  emollitae  compositionis  sed  infractae.  Dass  < 
vuB  auch  commentarii  rhetorischen  Inhalts  verfasst  hätte,  wie  es  nach 
verdorbeneu  Stelle  Tac.  dial.  23  scheinen  könnte,  ist  sehr  wenig  wi 


.  LiciniuB  Calvus.  CatuUus.  357 

i>cheinlich  und  dort  wohl  statt  Calvi  zu  lesen  L.  Aeli  (Rhein.  Mus.  XIX. 
S.  568  f.). 

6.  Seneca  1.  1.  (p.  211,  14  f.  Bu.):   carmina  quoque  eins  (des  Calvus), 
quamvis  iocosa  sint,   plena  sunt  ingentis  animi,   wofür  als  Beispiel  ein 
scharfes  Wort  gegen  Pompejus  angeführt  wird;  vgl.  Schol.  Lucan.  VIT,  726. 
Svei  Caes.  73:  Gaio  Calvo  post  famosa  epigrammata  (vgl.  c.  49)  de  re- 
c»)nciliatione  per  amicos  (Catull?  vgl.  201,4)  agenti  ultro  ac  prior  scripsit. 
So  wissen  wir  von  Hendekasyllaben  (gegen  M\  Curius),  Choliamben  (gegen 
Tigellios)  des  Calvus.    Andererseits  erotischer  Inhalt;  s.  oben  26,  1.    Ovid. 
Tmi.  II,  431  f.:  par  (wie  bei  Catulls  Lesbia-Liedern)  fuit  exigui  similisquo 
ücentia  Calvi,  detexit  variis  qui  sua  fiirta  modis.     Vgl.  Prop.  III,  26,  4. 
32,  89  f :   haec  etiam  docti  (also  wohl  in  alexandrinischer  Weise)  confessa 
est  pagina  Calvi,  cum  c-aneret  miserae  funera  Quintiliae  (Catull  96,  6),  die 
wohl  seine  Frau  war.     Aus   solchen   wohl  der  Glykoneus  bei  Charis.  I. 
.    p.  147  K.  (Licinius  Calvus  in  poemate).    Auf  Elegieen  deuten  üeberreste 
wie  bei  Charis.  I.  p.  101  E.  (Calvus  in  carminibus).    Calvus  in  Epithala- 
mio  (daktylisch),    Prisdan.  VI.  p.  658  P.  =  170  Htz.    Auch  der  Freund- 
schaft war  ein  Theil  seiner  Gedichte  geweiht;  vgl.  Charis.  I.  p.  77,  3  K.« 
Cilms  ad  amicos  (poetisches  Sendschreiben?):  ne  triclinarius  (Anapäste?). 
AoBserdem  ein  Epos  lo   (Serv.  Verg.  Ecl.  VI,  47.    VIII,  4.    Calvus  in  lo, 
in  Keil's   gramm.   lat.   IV.   p.  226,  8.    234,  32).     Zusammenstellung   der 
Üeberreste  seiner  Gedichte  an  Lachmanns  Catull  p.  86 — 87  und  bei  Wei- 
chert  p.  131 — 146.    Grosse  Uebereinstimmung  mit  Catull;  daher  häufig  mit 
ihm  zosammengenamit,  z.  B.  Hör.  Sat.  I,  10,  19.    Prop.  III,  25,  4.  32,  87  ff. 
Orid.  Am.  III,  9,  62  (cum  Calvo,  docte  Catulle,  tuo).    Trist.  II,  431  f. 
^ün.  Ep.  I,  16,  5.  IV,  27,  4.    Gedichte  Catulls  an  ihn:  14.  50.  96.    Vgl. 
Schwabe,  Quaest.  Catull.  p.  255—265.     Im  Allgemeinen  s.  A.  Weichert, 
Poetar.  latt.  vitae  etc.  p.  89-130.    R.  Unger,  Valg.  Ruf.  (1848)  p.  47—51. 

201.    In  C.  Valerius  Catull us  aus  Verona  (J.  667—700 
J-   St.)  besitzt  die  römische  Literatur  ihren  grössten  lyrischen 
öichter.     Anfangs  in  den  Fussstapfen  der  Alexandriner  weiter- 
ff^liend  hat  er  in   der  Schule  des  Lebens,  insbesondere  durch 
^i«  Liebe  zu   Lesbia,   seine  reiche  Begabung   entfaltet  und  in 
^^n  manchfachsten  Formen  bethätigt.     Aber  zu  gleichmässiger 
Vollendung,  Reife  und  ungetrübter  Schönheit   durchzudringen 
"^^rtinderte  ihn  sein  frühes  Ende;  er  ist  immer  Jüngling  ge- 
blieben,   leidenschaftlich  in  Liebe   und  Hass,    heissblütig  und 
^^cksichtslos,  von  argloser  Hingebung  und  unendlicher  Reizbar- 
^^it,    ideologisch    und    derb,    gemütvoll    und    giftig,    über    die 
^^htanken  der  Sitte  und  die  Linie  des  Masses  kecken  Fusses 
^^^h  hinwegsetzend. 

|.        1.  Der  Vorname  aus   Apulej.   apol.  10  (accusent  C.   CatuUum   quod 

^V)iam  pro  Clodia  nominarit)  und  Hieron.  Eus.  chron.  a.  Abr.  1930  = 

,  ^-    173,  2  =  667  d.   St.  =  87  v.  Chr.:    Gaius  Valeriua^Catullus  scriptor 

^cua  Veronae  nascitur.    Bei  Plin.  N.  H.  XXXVIl,  6,  81  ist  Q.  CatuUus 


358  Ciceronischc  Zeit.  Zweite  Hälfte,  691 — 711. 

üorrupt,  und  dasselbe  im  Datanus  =  Riccardianos  und  im  Cuiacianus  aus 
Verwechslung  mit  Q.  (Lutatius)  Catulus  entstanden ;  s.  F.  Osann,  comment. 
sem.  philol.  Giss.  1856.  c.  4.  Schwabe,  Quaest.  CatuU.  p.  11—24.  Geburtsort 
Verona,  Ovid.  Amor.  III,  15,  7.    Martial.  XIV,  195  u.  A.    Grundbesitz  in 
Sirmio,  c.  31.    Todesjahr.    Hieron.  L  1.  Abr.  1959  =  Ol.  180,  3  =  697  = 
57  V.  Chr. :   CatuUus  XXX  aetatis  anno  Romae  moritur.    Hieronymus  (oder 
Sueton)  bleibt  sich  also  bei  Geburts-  und  Todesjahr  gleich.    Aber   das 
das  letztere  unrichtig  auf  697  bestimmt  wird  erhellt  aus  Catoll.   113,  ^ 
consule  Pompeio  .  .  nunc  iterum  (J.  699)  vgl.   11,  12  und  29,  20,  sowü 
53,  2  f.  (J.  700);  sonst  weist  über  700  hinaus  nur  c.  52:    sella  in  cun« 
Struma  Nonius  sedet,  per  consulatum  peierat  Vatinius,  sofern  Vatinius  er- 
am  Schlüsse  des  J.  707  Cos.  war.     Aber  dass  er  schon  viel  früher  n^ 
Bestimmtheit   darauf  rechnete   (und   somit  schwören  mochte:   ita  cons^ 
tiam  ut  haec  vera  sunt)  zeigt  Cic.  in  Vat.  interrog.  2,  6.  5,  11.  Tgl.  Sch^c 
Bob.  p.  315  Or.;  und  in  diesen  Sclw«rindelhoffiiungen  bestärkt  wturde  V^ 
wohl  durch  die  Verabredungen  der  Triumvim  in  Luca  (J.  698,  vgl.  Oü 
ad  Att.  IV,  8b,  2).    Da  femer  die  Jahre  700—707,  besonders  702  und  106 
einem  Catull  überreichen  Stoff  zu  beissenden  Epigrammen  bieten  mussteu 
und  doch  davon  sich  in  seinen  Gedichten  keine  Spur  findet,  so  ist  in  der 
That  wahrscheinlich  dass  er  702  S.  nicht  erlebt  hat.    Andererseits  ist  fest- 
zuhalten dass  Catull  jung  gestorben  ist  (Ovid.  Amor.  III,  9,  61  f.:  iuvenilia 
cinctus  tempora,  .  .  docte  Catulle,  im  Elysium).    Und  diess  ist  er,  auch 
wenn  man  seinen  Tod  ins  J.  700  oder  701  setzt,  da  gegen  die  Richtigkeit 
des  Geburtsjahrs   667   (zugleich   das   des  Sallust)   sich   nichts   einwenden 
lässt.     Schwabe,  quaest.  Cat.  p.  33—48. 

2.  Verhältniss  zu  Lesbia.  Prop.  III,  32,  87  f.:  haec  quoque  lascivi 
cantarunt  scripta  Catulli,  Lesbia  quis  ipsa  notier  est  Helena.  Ovid.  Trist. 
II,  427  f.:  sie  sua  lascivo  cantata  est  saepe  Catullo  femina,  cui  falsum 
Lesbia  nomen  erat,  nee  contentus  ea  multos  volgavit  amores  in  quibus 
ipse  suum  fassus  adulteriumst  (vgl.  Schwabe,  Quaest.  Cat.  p.  137).  Martial. 
VIII,  73,  8:  Lesbia  dictavit,  docte  Catulle,  tibi  u.  A.  Die  Nachricht  des 
Apulejus  (s.  A.  1),  dass  sie  eigentlich  Clodia  geheissen,  erhält  ihre  Bestä- 
tigung durch  Cicero's  Bede  pro  Caelio  (Schwabe,  Quaest.  Cat.  p.  135} 
Sie  wEir  die  (etwas  ältere)  Schwester  des  P.  Clodius  (geb.  c.  661}  und 
selbst  spätestens  660  geboren;  vermählt  an  ihren  Vetter,  den  Q.  Caeciliu^ 
Metellus  Celer,  Cos.  694,  f  (durch  seine  Gattin?)  695,  uns  auch  durch  sei- 
nen empfindlichen  Brief  an  Cicero  (ad  fam.  V,  1.  J.  692)  bekannt;  vgl 
A.  Haakh  in  Pauly's  Real-Enc.  U.  S.  26  f.  Nr.  15  und  S.  420,  Nr.  45.  Sie 
wusste  wie  andere  junge  Männer  (z.  B.  den  Caelius  Riifus)  so  auch  unsen 
schwärmerischen  geistreichen  Jüngling  aus  der  Provinz,  trotzdem  dass  Ca 
tull  ziemlich  jünger  als  sie  war,  in  ihr  Netz  zu  locken  und  darin  mehren 
Jahre  lang  (etwa  693—696,  Schwabe,  Quaest.  Catull.  p.  129—134)  festzu 
halten,  so  dass  er  die  glühendsten  Lieder  an  sie  richtete,  auch  nach  Zer 
Würfnissen  wieder  zu  ihr  zurückkehrte,  bis  ihm  endlich  die  Augen  darübei 
aufgiengen  dass  die  welche  er  als  ein  Ideal  angebetet  vielmehr  eine  ver 
ächtliche  Person  sei.  Den  Verlauf  dieses  Verhältnisses  durch  CatuU's  Gc 
dichte  hindurch  zu  verfolgen  ist  mehrfach  versucht  worden;  s.  W.  Th.  Jung 
claussen,  zur  Chronologie  u.  s.  w.  (Itzehoe  1857)  S.  8 — 17.  Schwabe,  Quaest 
Catull.  p.  71— 129.' 358  f.  Ribbeck,  Catullus  (1863)  S.  29—45.  56  f.   W.  Vor 


Catullus.  359 

länder,  de  Catulli  ad  Lesbiam  carminibus,  Bonn  1864,  p.  1—46.    R.  West- 

phal,   CatuUs  Gedichte   (Breslau   1867)   S.  33—61.    100—149.     Gegen   dos 

Letzteren  Phantasie  von  erotischen  Beziehungen  zwischen  Clodia  (Lesbia) 

und  —  Cicero  s.  Bettig,   Catulliana  I,  vor  dem  Berner   Sommerkatalog 

1868.  4.  p.  3—12. 

3.  Aofenthalt  Catulls  in  Bithynien  im  Gefolge  des  Proprätor  Memmius 
(oben  190,  2)  mit  Uelvius  Cinna  u.  A.  vom  Frühling  697  bis  698,  aber  ohne 
die  erwartete  Ausbeute;  s.  c  10,  6  ff.  28,  7  ff.  31,  6  ff.  46.  Schwabe,  Quaest. 
Catull.  p.  158 — 174.  Auf  der  Rückreise  Besuch  am  Grabe  seines  schon 
früher  (vgl.  65,  1—15.  68  a,  19—26.  68  b,  91—100)  in  Troas  gestorbenen 
Bruders;  c.  101.    Schwabe  L  1.  p.  176—181. 

4.  Angriffe   auf  Caesar  und   Anhänger   desselben.    Suet.    Caes.    73: 
VaJeriam  Catullum,  a  quo  sibi  versiculis  de  Mamurra  (c.  29  vom  Ende  699, 
und  besonders  c.  57;  s.  0.  Jahn  im  Hermes  II.  S.  240  f.)  perpetua  stigmata 
imposita  non   dissimulaverat,   satis   facientem  eadem  die   adhibuit   cenae 
(vohl  Anfangs  700  in  Verona)  hospitioque  patris  eins  sicut  consueverat  uti 
peneveravit.    Vgl.  Tac.  A.  IV,  34   (oben  179,  5).     Gegen  Mamurra   be- 
sonders gerichtet  sind  ausserdem    (später,   nach  der  Versöhnung  Catulls 
mit  Caesar,  unter  dem  Namen  Mentula)  c.  94.  105.  114.  115.  vgl.  42,  4. 
Der  Hass  des  Dichters  scheint  ursprünglich   dem  Mamurra  gegolten  zu 
liaben  und  Caesar  nur  in  Folge  seiner  Verbindung  mit  demselben   mit- 
hereingezogen worden  zu  sein.    Darauf  deutet,  nach  anfänglichem  Trotze 
(c  98)  und  halber  Wiederholung  der  Angriffe  (54,  6  f.) ,  des  Dichters  frei- 
williges Entgegenkommen  gegen  Caesar  (Suet.  1.  1.)  und  die  Satisfaction 
c.  11,  10—12.    Die  Art  wie  aus  politischen  Gründen  im  Kreise  des  Catull 
über  Caesar  gesprochen  werden  mochte  mag  jenen  zu  solcher  Uebertrag- 
ung  seiner  Angriffe   veranlasst  haben;   bei  Catull  selber  scheinen    poU- 
^3sche  Beweggründe  dabei  nicht  die  leitenden  gewesen  zu  sein.    Glaublich 
ist  auch  dass  er  die  Annäherung  des  Calvus  an  Caesar  (s.  200,  6)  ver- 
öiittelte.    Vgl.  im  Ganzen  Schwabe,    Quaest.  Catull.  p.  182—239.     Auch 
^*  Pleitaer,  Catulls  Gedichte  an  und  über  Caesar  und  Mamurra  kritisch 
beLandelt,  Speier  1849.  4. 

5.  Unter  den  Gedichten   (im  Ganzen  116  Stücke)   sind   die  frühesten 

^obl  die  Nachbildungen  von  alexandrinischen ,  vor  Allem  das  Epos  (von 

^Hexametern)  welches  die  Hochzeitfeier  des  Peleus  und  der  Thetis  zum 

^^gengtande  hat  (Nr.  64)   und  welches  nach  seiner  ganzen  Manier  und 

^^*hlreichen   einzelnen   Spuren   nahezu   eine  Uebersetzung  sein   muss  (W. 

^^^Hzberg  in  der  Uebersetzung  von  1862,  S.  130  f.),  etwa  nach  Kallimachos 

'^  Kieae,  Rhein.  Mus.  XXI.  S.  498—509).    In  diesem  Gedichte  sind  die 

•Pondeischen  Versausgänge  .(vgl.  oben  200,  2)  sowie  die  Alliteration  be- 

^^'^^ers  häufig.     Ebenso   die  Uebersetzung  von  EaUimachos'  Elegie   auf 

^^  Locke  der  Königin  Berenike  (Nr.  66)  nebst  Widmung  an  Hortensius 

^^^.  65)  und  das  Zwiegespräch  mit  einer  Thüre  (Nr.  67) ,  sowie  das  nach 

^^em  sapphischen  übersetzte  Epithalamium  (Nr.  62)  und  das  Sendschreiben 

^  Haolius  im  elegischen  Mass  (Nr.  68  a).    Wegen  seines  mythologischen 

^^Ites  und  seiner  alterthümlichen  Wortzusammensetzungen  dürfte  auch 

^er  Attas  (Nr.  63)   zu   den   älteren  Gedichten   gehören,   obwohl  er  durch 

^e  Formvollendung  und  besonders   die  meisterhafte  Handhabung  des 


360  Ciceronische  Zeit.  Zweite  Hälfte,  691—711. 

<:^alliambi8chen  Masses  eine  hohe  Kunststufe  verräth.  An  dem  „Enkomior 
an  Allius"  oder  Mallius  (Nr.  68  b)  hat  die  Befolgung  der  traditioneller 
heptadischen  Gliederung  —  Prologos,  Archa  (lyrisch),  Eatatropa,  Ompha 
los  (episch),  Metakatatropa ,  Sphragis  (lyrisch),  Epilogos  —  nachgewiesei 
Westphal,  CatuUs  Gedichte  S.  78  ii'.  Die  eigentlich  lyrischen  und  die  iam 
bischen  Gedichte  halten  sich  mit  richtigem  Tacte  von  allen  gelehrter 
Anspielungen  fem  und  sind  unmittelbare  Ergüsse  eines  erregten  Gefühls 
in  Liebe  oder  Hass,  daher  auch  bald  von  wohlthuender  Wärme  bald  voi 
ätzender  Bitterkeit.  Der  kolossale  B.ealismus  der  aus  so  vielen  spricht  is 
theils  römisch  und  republikanisch  theils  Ausfluss  der  tiefen  Verstimman) 
welche  die  schmerzlichen  Erfahrungen  mit  Lesbia  zurückgelassen  hatten 
Aber  glänzende  Handhabung  der  manchfaltigsten  metrischen  Formen  habei 
sie  alle  mit  einander  gemein.  Zu  den  ansprechendsten  gehört  das  Lie< 
auf  die  Vermählung  des  Manlius  Torquatus  (Nr.  61).  Der  Hymnus  au 
Diana  (Nr.  34)  mag  für  einen  bestimmten  kirchlichen  Anlass  gedicht-et  sein 

6.  Dass  die  Gedichte  Catulls  zuerst  einzeln  herausgegeben  wurden  is 
bei  ihrem  Inhalte  selbstverständlich  und  wird  positiv  bewiesen  durch  di 
Rückbeziehung  von  c.  16,  12  auf  c.  5  und  7.  Andererseits  wird  durch  di( 
vorausgesandte  Widmung  an  Cornelius  Nepos  gewiss  dass  Catull  noch  selbst 
bereits  leidend  und  seinen  Tod  ahnend  (c.  38.  62),  eine  Sammlung  der- 
selben veranstaltet  und  veröffentlicht  hat.  Dass  er  in  diese  nicht  allei 
früher  einzeln  Veröffentlichte  auAiahm  erhellt  aus  dem  Vorhandensein  von 
Anführungen  aus  Gedichten  Catulls  die  sich  in  der  Sammlung  nicht  finden 
(zusammengestellt  z.  B.  in  Schwabens  Catull  p.  169 — 172).  Die  Zeit  dei 
Herausgabe  muss,  nach  den  in  der  Sammlung  enthaltenen  ZeitandeotungeE 
(s.  A.  1),  das  J.  700  sein,  und  zwar  nach  Schwabe  Quaest.  Cat.  p.  291 
ungefähr  die  Mitte  desselben,  wogegen  F.  Bücheier  (im  Greifdwaldei 
Winterkatalog  für  1868  f.  p.  15 — 17)  wegen  der  vorausgesetzten  Beziehung 
von  Cic.  ad  Q.  fr.  U,  13,  4  (auricula  infuma  molliorem)  auf  Catull  25,  \ 
(mollior  .  .  imula  auriciUa)  sie  2 — 3  Monate  früher  setzen  vnll. 

7.  Die  überlieferte  Ordnung  der  Gedichte,  welche  ohne  Zweifel  voi 
Catull  selbst  herrührt,  ist  die  dass  die  umfangreicheren  die  Mitte  de 
Sammlung  einnehmen  (c.  61—68)  und  von  den  kleineren  umschlossen  sind 
indem  vorausgehen  die  iambischen  und  in  melischen  Massen  gehaltene! 
Gedichte  (Hendekasyllaben ,  Choliamben,  sapphische  Strophen  u.  s.  w.) 
nachfolgen  die  im  elegischen  Masse  (Epigramme) ,  zu  welchen  c  66 — 6) 
ebenso  den  Uebergang  bilden  wie  vom  ersten  zum  zweiten  Theile  c.  61 
Im  ersten  Theile  selbst  ist  das  Prindp  der  Abwechslung  befolgt,  indes 
je  die  inhaltlich  zusammengehörenden  oder  verwandten  Gedichte  durcl 
heterogene  getrezmt  sind;  die  des  zweiten  Theiles  stehen  in  metrische 
und  sachlicher  Ordnung  (Westphal,  Catulls  Gedichte  S.  1 — 12).  Im  drittel 
Theile  herrscht  ein  Durcheinander  welches  zuerst  von  Scaliger  bemerld 
dann  von  Lachmann  und  einleuchtender  von  Bergk  (Rhein.  Mus.  XT/ 
S.  507—513)  und  Westphal  (a.  a.  0.  S.  12—82),  nämlich  durch  Blattvei 
Setzung  (indem  der  librarius  der  Urhandschrift  fol.  c  vor  fol.  b  abschrieb] 
erklärt  worden  ist.  Nach  Beseitigung  dieser  Verwirrung  ergibt  sich  aucl 
im  dritten  Theile  eine  dem  ersten  ähnliche  Ordnung  (Westphal  8.  23  f.)* 

8.  Sämmtliche  Handschriften  der  catullischen  Gedichte  gehen  au 


Catulliis.  36 1 

^ixien  archetypas  zurück  welcher  längst  verloren  gegangen  ist.    Aus  ihm 
^ri^rde   einerBeits   in  Frankreich  für   eine  zwischen  dem  7.  und  9.  Jahrh. 
veranstaltete  Blamenlese   Catull   c.  62   abgeschrieben.     Diese  Anthologie 
^^acistiert  noch  in  zwei   unvollständigen   Abschriften,   Par.  8071   (=  liber 
Tliuaneus)  und  Vindob.  277,  von  denen  nur  die  erste  Catull  c.  62  enthält, 
^k-xidererseits  wurde  aus  dem  archetypus  spätestens  in  der  ersten  Hälfte 
des  10.  Jahrh.  eine  Abschrift  sämmtlicher  catullischen  Gedichte  gemacht 
welche  der  französische  Mönch  Rather,  Bischof  von  Verona,  J.  965  aas 
dei  dortigen  Capitelsbibliothek  benützte  und  welche  schwer  leserlich  war 
(exeraplar   corruptissimum).     Dieser   codex  Veronensis  blieb   dann   lange 
verschollen  und  wurde  erst  zu  Anfang  des  14.  Jahrh.  wieder  aufgefunden, 
benutzt  (z.  B.  von  Petrarca)  und,  aber  erst  40  Jahre  später,  abgeschrieben. 
Die  älteste  und  beste  Handschrift  und  die  einzige  erweislich  direct  aus 
dem  cod.  Veronensis  gemachte  ist  der  Sangerroanensis  (St.  Germain,  jetzt 
in  Paris,  G  bei  Rossbach  und  Schwabe)  vom  J.  1376.    Bei  den  ungefähr  70 
^dem  Hdss.  die  es  gibt  ist  nicht  klargestellt  durch  wie  viele  und  welche 
^ttelglieder  sie  mit  dem  cod.  Veron.   zusammenhängen,   der  gleichfalls 
^eder  verloren  gieng.    Die  nächstbesten  Hdss.  sind  der  Colbertinus  (saec 
^V",  in  Paris,  C  bei  Schwabe),  Santenianus  (saec.  XV,  in  Berlin,  L);  wei- 
terhin Datanus  (vom  J.  1463,  in  Berlin,  D),   aber  stark  interpoliert,   und 
^mburgensis  (H),   der   wenig  interpoliert  ist,   aber  von  Schreibfehlern 
^minelt.    M.  Haupt,  Quaest.  Catull.  (1837)  p.  2—9.    Th.  Heyse,  ^Catull 
"t>er8.  (1855)  S.  279  —  282.    L.  Schwabe,  in  den  Verhandl.  der  Meissner 
^^ilologenvers.  (Leipzig  1884)  S.  111  —  120,   im  Dorpater  Katal.  1866.   4. 
''öd   vor   seiner  Ausgabe  (1866)  p.  I  — XXXIII.    Vgl   Phüologus   XXIV. 
^-    361  —  354.    Auch  vgl.  W.  Fröhner,   Philologus  XIV.  S.  568  —  585.    A. 
^^^^Bbach,  codicum  Cat.  quos  Silligius  descripsit  collationes,  Breslau  1859.  4. 

9.  Ausgaben  (meist  zusammen  mit  TibuU  und  Propertius).  Ed.  prin- 
^pj>«  B.  1.  1472.  4.  Parm.  1473.  4.  Interpolierte  Ausgaben  (bes.  von  Avan- 
5J^Ä  und  Guarinus)  von  ed.  Regiensis  1481  fol.  an.    Cum  conmi.  Mureti, 

^"^^i.  1554.    Cum  comm.  Achillis  Statu,  Ven.  1566.    Cum  castigationibus 

^^^«  Scaligeri,  Par.  1577,  Antv.  1582,  Heidelb.  1600.  Cum  comm.  Is.Vosfü 

1^5^^don  1684.  4.),  I.  A.  Vulpii  (Patav.  1710.  1737.  4.).    Cum  perp.  adn.  F. 

^      ^    Döring,  Lips.  1788 — 1792;  Altenb.  1834.    Recogn.  c.  var.  lect.  I.  Billig, 

^^'tting.  1823.  Ex  rec.  C.  Lachmanni,  Berol.  1829;  ed.  alt  1861.    Recogn. 

Bossbach,  Lips.,  Teubner,  1854;    ed.  II.  1860.     Recogn.  L.  Schwabe, 

1866.    Recogn.,  app.  criticum,  prolegomena,  appendices  adiecit  R. 

is,  Lond.  1867.    Texte  von  M.  Haupt  (Lips.  1853.  1861.  1868),  C.  Usch- 

(Berlin  1867)  u.  A. 

üebersetzt  von  K.  Schwenck  (Frankfurt  1829.  1846),  Th.  Heyse  (mit 

Text,  Berlin  1855),  W.  Hertzberg  und  W.  Teuifel  (Auswahl  in  den  Class. 

Alt.,   Stuttgart,  Metzler,  1855;    vollständiger  in  den  Rom.  Dichtem, 

ds.  1862,  mit  EinL  u.  Anm.),   Th.  Stromberg  (in  Reimen,  Leipzig  1858), 

.  Pressel  (Stuttgart,  Hoffmann,  1860),   R.  Westphal  (C.'s  Gedichte  in 

^^rem  geschichtlichen  Zusammmenhange  übersetzt  und  erläutert,  Breslau 

^867).    Schaffrath,  Einiges  über  Catull  und  dessen  üebersetzer,  Bedburg 

^864.  4. 

10.  Abhandlungen:   a)  allgemeinen  und  sachlichen  Inhalts.    F.  Ja- 


14. 


362  Ciceroniache  Zeit.  Zweite  Hälfte,  691—711. 

cobs  in  den  Nachträgen  zu  Sulzer  I.  S.  158—171.  C.  Zell,  Ferienschriften 
I.  S.  125—143  (C.'s  Liebe).  C.  G.  Heibig,  deutsche  Jahrbücher  1842,  S. 
1213—1219  (zur  Charakterißtik  des  C).  J.  v.  G.  Fröhlich,  über  die  An- 
ordnung der  Gedichte  d.  C,  Abhandl.  der  Münchner  Akad.  Cl.  I.  Bd.  HI. 
1843.  S.  689—716.  W.  Th.  Jungclaussen,  zur  Chronologie  der  Gedichte  d. 
C,  Itzehoe  1857.  4.  L.  Schwabe,  Quaest.  Catullianarum  liber  I,  Gissae 
1862.  366  pp.  (Vol.  I,  1  seiner  Ausgabe).  E.  Bruner,  de  ordine  et  tempo- 
ribus  carminum  C,  Acta  soc.  sc.  Fennicae,  YII  (Helsingfors  1863).  p.  599 
—657.    0.  fiibbeck,  C.  Val.  Cat.,  eine  literarhistorische  Skizze,  Kiel  1863. 

B.  Richter,  de  CatuUi  vita  et  carminibus  P.  L,  Freiburg  1865.  4.  Nobbe, 
de  metris  C,  Lips.  1820.  1821.  4.  M.  Haupt,  Catnllus  qua  arte  poetas 
expresserit  alexandrinos ,  Berlin  1855.  4.  0.  Franke,  de  artificiosa  car- 
minum G.  compositione,  Greifswald  und  Berlin  1866.  Mommsen,  R.  G. 
III«.  S.  536  f.  554  ff.    W.  Teuffei  vor  der  Uebersetzung  (1862)  S.  6—19. 

b)  Beiträge  zur  Kritik  imd  Erklärung.    G.  V.  A.  Pfeiffer,  Symbolae 

C,  Gotting.  1834.  M.  Haupt,  Quaestiones  C.  (Lips.  1837);  Observationes 
criticae  (Lips.  1841)  und  de  nonnullis  C.  carm. ,  Berol.  1857.  4.  F.  Hand, 
Observationes  criticae  (Jena  1848.  4.)  und  Quaest.  C.  (Jena  1849.  4.).  J.  v. 
G.  Fröhlich,  Vorschläge  zur  Berichtigung  des  Textes,  Münchner  Abhh. 
a.  a.  0.  V.  S.  233—275  (München  1849),  und  üeber  einige  Gedichte,  ebds. 
VI.  S.  257—279.  F.  Bitschl,  Emend.  C.  trias,  Bonn  1857.  4.  R.  Klotz, 
Emend.  C. ,  Lips.  1859.  4.  J.  Pohl,  Lectiones  C.  I.  Euskirchen  (Münster) 
1860.  8.  II.  Sigmaringen  1866.  4.  P.  Böhme,  Quaest.  C,  Bonn  1862.  Th. 
Bergk,  Emend.  C,  Halle  1864.  4.  L.  Schwabe,  Coniecturae  C.,  Dorpat 
1864.  4.    H.  A.  Koch,  in  der  Symbola  phil.  Bonn.  p.  315-320. 

c)  zu  einzelnen  Gedichten.  F.  Hand,  c.  LV  restit.,  Jena  1B4B.  4.  C. 
Pleitner,  des  C.  Hochzeitgesänge,  Dillingen  1858.  104  S.  4.  Zu  c.  64  (Epi- 
thal.  Pelei  et  Thet.)  spicileg.  animadv.  von  Com.  Müller  (Hamburg  1836. 
4.),  M.  Haupt  (Berlin  1855.  4.  p.  7  —  13),  F.  Ritschli  (de  nonnullis  locis, 
Bonn  1857.  4.),  £.  Fritze  (recens.  ill.,  Haiberstadt  1863.  4 ).  A.  Weise,  zur 
Kritik  von  C.  c.  68,  65,  101.,  Naumburg  1863.  4. 

203.  Neben  dem  dass  die  in  einer  Angelegenheit  gehalte- 
nen Reden,  deren  Veröffentlichung  immer  häufiger  wurde,  einen 
reichen  Stoff  räsonnierender  Tagesliteratur  darstellten,  bekämpf- 
ten sich  die  gegenüberstehenden  Parteien  auch  noch  mit  eige- 
nen Flugschriften.  Solche  schrieben  gegen  Caesar  M.  Varro, 
C.  Scribonius  Curio  und  A.  Caecina.  Andere  benützten  Tages- 
ereignisse zum  Aussprechen  oder  Andeuten  ihrer  Parteiansich- 
ten. Dazu  diente  namentlich  die  Form  von  Leichenreden  (lau- 
dationes)  auf  einen  kürzlich  Gestorbenen.  So  rief  Cato's  Tod 
in  Utica  eine  ganze  Literatur  ins  Leben.  Zu  seinem  Lobe 
schrieben  Cicero,  M.  Brutus,  M.  Fadius  Gallus  und  Munatius; 
dagegen  A.  Hirtius,  Caesar  selbst,  Metellus  Scipio  und  später 
Augustus.     Ebenso  wurde  Cato's  Tochter,  Porcia,    bei  ihrem 


Tiigesliteratur.  Acta  Benatns.  363 

Tode  der  Gegenstand  von  laudationes  des  M.  Varro,  LoUius  und 

G'C^TO. 

J.  Ueber  Varro's  Tgindgavog  vom  J.  694  8.  Appian.  b.  c.  II,  9:  ncci  ng 
aiv^^v  (derTriumvimPompejuß,  Caesar  und  Crasßus)  xT]v9t  r-^v  avpLfpQoavvrjv 
evy^^fatpivgy  OvdgggtoVj  ivl  ßißUo)  nsgUaßcov  iniygaips  Tgmdgavov,  Cu- 
rio'»  Schrift  vom  J.  695  s.  oben  140,  6.  A.  Caecina  s.  oben  186, 13.  Ueber 
die     x^oetischen  Angriffe  auf  Caesar  s.  oben  199,  6.  200,  6.  201,  4. 

2.  lieber  die  Schriften  aus  Anlass  von  Cato's  Tod  (J.  708)  s.  Wart- 

majaji,  Leben  des  Cato  vöh  Utaca  (Zürich  1858)  S.  145  ff.    Ueber  Cicero'« 

Cat.o  oben  167,  6.    Zu  dessen  Ergänzung  verfasste  M.  Brutus  seine  Schrift; 

B.  ol^en  199,  1.    Des  Hirtius  Anticato  s.  oben  184,  2;  über  den  des  Caesar 

18S  9    7.    Die  Lobschrift  des  M.  Fadius  Gallus  erschien  wahrscheinlich  im 

Juli    oder  August  709;    s.  Cic.  ad  fam.  VII,  24  extr.    vgl.  25,  1.    Cato's 

Frennd  Munatius  avyygccfifia  nsgl  Katcovog  i^iS<o%s,  Plut.  Cat.  min.  87 

vgl«    25.    Dagegen  Metellus  Scipio  hatte  schon  bei  Cato's  Lebzeiten    ein 

PißX/ov  herausgegeben  ßXaa<priyi,iaq'%axi%ov  xov  Katcavog,  ib.  57.    Ueber 

ivLgnst's  Schrift  s.  SuetonAng.  85:  multa  varii  generis  prosa  oratione  com- 

poaoit,  ex  quibus  nonnuUa  in  coetu  familiarium  velut  in  auditorio  recita- 

vit,  sicut  Bescripta  Bruto  de  Catone,  quae  volumina  cum  iam  senior  ex 

inagna  parte  legisset,  fatigatus  Tiberio  tradidit  perlegenda. 

3.  Porcia,  Tochter  des  Cato  Uticensis  und  Gemahlin  des  M.  Brutus. 
Ihr  Kranksein  erwähnt  Brutus  ad  Cic.  I,  17,  7 ;  und  als  sie  in  Abwesenheit 
ihres  Gatten  sich  entschlossen  hatte  Sid  voaov  xaxaXmeiv  tov  ßiov  (Plut. 
Brut  53)  machte  Brutus  seinen  Freunden  in  Eom  Vorwürfe  dass  sie  es 
nicht  verhindert  haben  {mg  dy^Blii^BCarig  in*  avtdtv,  Plut.  1.  1.).  Trost- 
schreiben Cicero's  an  Brutus  ad  Brut.  I,  9.    Die  Darstellung  als  ob  sie  erst 

^^  dem  Tode  ihres  Gatten  sich  (mittelst  feuriger  Kohlen  die  sie  schluckte) 

^en  2?od  gegeben  hätte  ist  eine  Erfindung  der  Rhetorenschulen.  Cic.  ad 
^  XlII,  48,  2  (J.  709):   laudationem  Porciae  tibi  misi  correctam.    .  .  et 

^utd    K,  Varronis  et  LoUii  mittas  laudationem.    Lollii  utique;   nam  illam 

^»    ^olo  tarnen  regustare. 

203.   Die  Tagesneuigkeiten  wurden  seit  J.  695  d.  St.  re- 

^^^^^O. aasig  veröflFentlicht  in  den  acta,   und  zwar  die  Senatspro- 

^*^Xle  in  den  acta  senatus,  die  öflFentlichen  und  privaten  Vor- 

.^'^^^tmnisse  in  den  acta  populi  oder  acta  diurna.   Letztere  waren 

amtliches  Tageblatt,  unter  einem  amtlichen  Redacteur,  wur- 

^^       jeden  Tag  öffentlich  aufgestellt,   von  Unternehmern  abge- 

.    ^^^eben  und  versandt.    Echte  Ueberreste  von  letzteren  acta 
sm 


nicht  auf  uns  gekommen. 

1.  Sueton.  Caes.  20:  inito  honore  (des  Consulats,  J.  695  =  59  v.  Chr.) 

'  ^^^^08  omnium  instituit  ut  tarn  senatus  quam  populi  diurna  acta  confi- 

,      ^Xt  et  publicarentur.   An  sich  bezeichnet  acta  das  Geschehene  oder  Ver- 

V^^^elte  selbst,  insbesondere  Amtshandlungen  der  Behörden,    dann,  als 

,^  ^«kürzter  Ausdruck  (statt  commentarii  actorum),  die  Aufzeichnung  jener 

^enstäiide.    Von  den  Verhandlungen  des  Senats  waren  vor  Caesar  nur 


364  Ciceronische  Zeit.  Zweite  Hälfte,  691—711. 

die  Beschlüsse  regelmässig  protokolliert  und  in  geeigneten  Fällen  veröf 
fentlicht  worden;  Caesar  dehnte  die  Aufzeichnung  und  Yeröffentüchan^ 
auch  auf  die  Verhandlungen  aus.  Die  Aufzeichnung  (Protokollierung)  be 
stand  dann  die  ganze  Eaiserzeit  hindurch  fort  (noch  vom  J.  438  n.  Chr 
kennen  wir  gesta  in  senatu  urbis  Romae  de  recipiendo  codice  Theodosiano) 
aber  die  Veröflfentlichung  untersagte  schon  August  (Suei  Aug.  36:  auctoi 
et  aliarum  rerum  fuit.  in  quis,  ne  acta  senatus  publicarentur).  Gegenstan« 
dieser  Protokolle  waren  ausser  den  gefassten  Beschlüssen  auch  die  in 
Senat  gestellten  Anträge,  die  eingelaufenen  Berichte  und  Schreiben,  in  de 
Kaiserzeit  besonders  auch  die  durch  den  Quästor  vorgetragenen  Reden  de 
Kaiser  und  die  Acclamationen  der  Senatsmitglieder.  Die  Abfassung  de 
Protokolls  besorgten  zuerst  vom  Consul,  dann  vom  Kaiser  damit  beauftragte 
Senatoren;  später  der  curator  actorum  senatus,  von  Hadrian  an  der  al 
«actis  senatus,  welches  Amt  gewöhnlich  die  Mittelstufe  zwischen  der  Quästui 
imd  der  Aedilität  (beziehungsweise  dem  Tribunat)  bildete.  Aufbewahr 
wurden  diese  acta  senatus  theils  im  Reichsarchiv  (tabularium) ,  wo  sie 
wohl  nur  Senatsmitgliederu  (und  für  bestimmte  Zwecke)  zugänglich  wa 
ren,  theils  in  besondem  Abtheilungen  der  öffentlichen  Bibliotheken,  zi 
welchen  man  nur  auf  ausdrückliche  Erlaubniss  des  praefectus  urbis  Zutriti 
erhielt.  Manche  Verhandlungen  des  Senats  fanden  aber  auch  in  dfie  acta 
populi  Auüiahme  und  wurden  dadurch  allgemein  zugänglich.  E.  Hübnei 
in  Fleckeisens  Jahrbüchern  Suppl.  III.  p.  564—594  und  in  Kürze  W.  Rein 
in  Pauly's  Real  Enc.  I,  1.  S.  132  f  147  f.  Verzeichniss  der  uns  bekanntes 
Senatsbeschlüsse  (senatus  consulta)  bei  Rein  a.  a.  0.  VI,  1.  S.  1033  f.  und 
bei  Hübner  1.  L  p.  622—627. 

2.  Die  acta  diurna  populi  heissen  auch  acta  diurna  oder  acta  populi 
rom.  oder  acta  populi  oder  acta  publica,  acta  urbana,  rerum  urbanarun: 
acta,  acta  urbis,  diurna  populi  rom.,  oder  diurna  (z.  B.  luv.  VI,  483)  odei 
acta  (z.  B.  luv.  II,  136)  schlechtweg;  bei  den  griechischen  Schriftstellen; 
ra  Tioivce  vfcofivjjfittTa  oder  vnofivjjiiata  kurzweg.  Mittheilung  der  Neuig 
keiten  aus  Rom  an  Abwesende  war  vor  Caesar  Sache  der  Privatthätigkeil 
gewesen,  und  diese  erlosch  auch  nach  Caesars  Einrichtung  nicht;  durcl 
Caesar  aber  wurde  die  Zusammenstellung  und  Veröffentlichung  der  Nach 
richten  eine  regelmässige  und  amtliche.  Die  Vorkehrung  entsprach  sc 
sehr  einem  dringenden  Bedürfnisse  nicht  nur  der  verreisten  Römer  son 
dern  auch  der  Bewohner  der  Weltstadt  selbst  und  der  sonstigen  Angehö 
rigen  des  Reichs  dass  sie  ohne  Unterbrechung  fortbestand  imd  wohl  ersi 
als  sie  mit  Verlegung  der  kaiserlichen  Residenz  nach  Constantinopel  ihre 
Bedeutung  einbüsste  allmählich  aufhörte.  Der  Inhalt  dieser  acta  wai 
theils  ein  amtlicher  (Vorgänge  in  der  kaiserlichen  Familie,  Verordnunger 
der  Kaiser  und  der  Behörden,  Beschlüsse  oder  auch  Verhandlungen  det 
Senats  und  sonstige  Vorfälle  welche  man  zur  allgemeinen  Kenntniss  briu 
gen  wollte),  theils  ein  privater,  bestehend  aus  Familiennachrichten  allei 
Art,  Anzeigen  von  Geburten,  Heiraten,  Ehescheidungen,  Todesföllen  u.  dgl, 
welche  man  an  die  Redaction  eingesandt  hatte,  oft  in  subjectiver  Fassung 
(„der  tiefgebeugte  Gatte**,  saucius  pectus,  Quiutil.  IX,  3,  17).  Die  Anzeige 
der  Geburten  erfolgte  bei  dem  praefectus  aerarii  und  wurde  von  M.  Anto- 
ninus  Philosophus  sogar  gesetzlich  vorgeschrieben.  Vom  praefectus  aerarii 
wird  die  Mittheilung  an  den  Redacteur  der  acta  erfolgt  sein,  theils  statistisch 


Acta  populi.  Briefe.  365 

in  l>lo8eo  Summen,  theils  unter  Hervorhebung  einzelner  Fälle  aua  bekann- 
teren Familien,  wofern  letztere  Anzeige  (in  den  acta)  nicht  den  Familien 
selbst  überlassen  war.  Die  offizielle  Zusammenstellung  wurde  in  albo  ver- 
dff<ejQtlicht,  und  wie  man  früher  von  den  annales  sich  Abschriften  gemacht 
ha>^±:e  (oben  66)  so  wurden  jetzt  diese  acta  durch  zahlreiche  scribae  ver- 
yieXXältigt  und  an  ihre  Abonnenten  versandt.  Nach  Yerfluss  einiger  Zeit 
ka.X3ci  das  Original  in  das  Staatsarchiv  und  konnte  dort  für  schriftsteller- 
isc^lxe  Zwecke  benützt  werden.  Auszüge  daraus  waren  die  acta  Muciani 
uxM.«^  Acholii.  In  den  Privatbibliotheken  werden  die  acta  bei  ihrer  Mas- 
gex^Xiaftigkeit  nicht  leicht  vollständig  gewesen  sein;  vielleicht  wurden  sie 
Toxs.  Anfang  schon  in  blosen  Auszügen  bezogen.  Vgl.  E.  Hübner  a.  a.  0. 
p.      S94— 622  und  im  Auszuge  bei  Rein  a.  a.  0.  S.  134—137. 

3.  Sonstige  Literatur  über  die  acta  senatus  und  die  acta  populi.    J. 

Llpsius  im  Excurs  A  zu  Tac.  A.  Y.    F.  C.  Schlosser  in  seinem  und  Bercht's 

Aarehiv  für  Geschichte  I  (Frankfurt  1830).  S.  80—106.    R.  E.  Prutz,  de  fon- 

iil3vi8  quos  in  conscribendis  rebus  inde  a  Tiberio  usque  ad  mortem  Ne- 

ronia  gestis  auctores  veteres  secuti  videantur  (Halle  1838)  p.  14  —  21.    V. 

Ledere,  des  joumaux  chez  les  Romains,  Paris  1838.    W.  A'.  Schmidt,  in 

seiner  Zeitschr.  für  üeschichtswiss.  I  (1844)  S.  303—366.    G.  E.  F.  Lieber- 

kvUm,  de  diurnis  Rom.  actis  (Weimar  1840)  und  Epistola  critica  ad  Le- 

Clercium  (Lips.  1844).    J.  W.  A.  Renssen,  de  diurnis  aliisque  Rom.  actis, 

Groningen  1857.    C.  Zell,  Ferienschriften  N.  F.  I  (Heidelberg  1857)  S.l— 108. 

4.  Ein  Fabricat  des  15.  Jahrh.  sind  die  elf  Fragmente  von  acta  populi 

"welche  zuerst  Pighius  (1615)  in  seinen  Annales  IL  p.  378  veröffentlicht  hat» 

^d  die  nach  ihrem  Hauptverfechter,  Dodwell  (Praelect.  acad. ,  Oxon.  1692, 

P-  665—691),  gewöhnUch  fragmenta  Dodwelliana  genannt  werden.    Gegen 

^eren   Echtheit   s.   besonders   P.    Wesseling,   Probabilia   (Franeker   1731) 

P  354—386,  und  J.  A.  Emesti  im  ersten  Excurs  seiner  Ausgabe  des  Sueton 

(^ipa.  1748).    Dagegen  versuchte  Lieberkühn  (bes.  in  seinen  Vindiciae  libro- 

'^nx    iniuria  suspectorum,  Lips.  1844,  p.  1—100  =  Epistola  .  .  ad  Le  Cler- 

cjunx)  die  Echtheit  zu  vertheidigen,  gegen  welchen  s.  H.  Heinze,  de  spuriis 

*ctoi-mn  diumorum  fragmentis  I,  Greifswald  1860.    Vgl.  C.  Zell  a.  a.  ü. 

^-  *  09-160. 


2t)4.  Eine  Mittelstellung  zwischeu  der  rasonnierenden  und 

r 

de] 


®^       blos  berichtenden  Tagesliteratur  nehmen  die  Briefe  ein, 


Ml   wir   aus   dieser  Zeit  in  den  ciceronischen  Sammlungen 
"^^  grosse  Zahl  besitzen,  meist  von  Cicero  selbst,   aber  auch 
*^^    nicht  wenigen  Zeitgenossen. 

1.  Ueber  die  Briefe  s.  oben  33,  3. 

.  2.  Ueber  die  Briefe  Caesars  s.  oben  182,  8;   über  die  von  M.  Brutus 

"'^'^»i  199.  1. 

3.  Ueber   die   ciceronischen   Briefsammlungen   s.    oben   170  und    17  t. 

^^ser   den  Briefen    von  Cicero   selbst  sind  darin   enthalten  Briefe   von 

*^^^em  Bruder  Quintus  (oben  177,  3),  von  seinem  Sohne  (ad  ftun.  XVI, 

*^-    25),   M.  Brutus  (oben   171,  4.  vgl..  199,  1),  Ser.  Sulpicius  (fam.  IV, 

^*   12),  Marcellus  (ib.  IV,  H),   Q.  Metellus  Celer  (oben  201,  2),  Q.  Metel- 


366  Ciceronische  Zeit.  Zweite  Hälfte,  691—711. 

lus  Nepos  (ad  fam.  V,  3),  Vatinius  (ib.  V,  9.  10),  L.  Lucceius  (V,  14),  A. 
Caecina  (oben  186,  13),  A.  Pompeius  Bithynicus  (fam.  VI,  16),  M\  Curias 
(fam.  VU,  29),  M.  Caelius  Rufus  (oben  196,  5),  Dolabella  (fam.  IX,  9), 
Mnnatius  Plancus  (oben  196,  6),  Ser.  Sulpicius  Galba  (fam.  X,  30),  C. 
Asinius  PoUio  (fam.  X,  31.  32.  33),  Lepidus  (fam.  X,  34.  35),  D.  Brutns 
(oben  199,  2),  C.  Matias  (oben  195,  3),  C.  Cassius  (oben  199,  3),  Cassias 
Parmensis  (oben  199,  4),  P.  Lentulus  (fam.  XII,  14.  15),  C.  Trebonins 
(oben  199,  5),  M.  Cato  (oben  188,  2).  Dazu  als  Beilagen  zu  Briefen  an 
Atticus  Briefe  des  Cn.  Pompeius  (oben  168,  6),  Caesar  (oben  182,  8),  Bai- 
bus (oben  184,  2),  M.  Antonius  (oben  196,  3). 

206,  Von  den  Inschriften  aus  den  Jahren  670  bis  710 
hat  keine  mehr  das  satumische  Mass.  Unter  den  prosaischen 
sind  die  wichtigsten  die  lex  Cornelia  de  XX  quaestoribus  vom 
J.  673,  das  Senatusconsultum  de  Asclepiade,  Polystrato,  Me- 
nlsco  in  amicbrum  formulam  referendis  vom  J.  676,  die  lex 
Antonia  de  Termessibus,  ungefähr  vom  J.  683,  die  lex  Rubria 
de  civitate  Galliae  cisalpinae  um  705,  und  die  lex  lulia  muni- 
cipalis  vom  J.  709  d.  St. 

1.  Die  metrischen  Inschriften  aus  dem  siebenten  Jahrb.  d.  St.,  ohne 
genaueres  Datum,  s.  oben  126.  Vielleicht  erstrebt  saturnischen  Rhythmus 
auch  C.  I.  lai  I,  1080:  amantissima  suis,  ffde  m^xsuma,  pfa.  Jambisch, 
aber  locker  gehalten,  ist  ferner  ib.  1431;  trochäisch  wohl  ib.  1459;  s. 
L.  Müller  in  Fleckeisens  Jahrb.  97,  S.  214  A.  Die  Inschrift  auf  dem 
Denkmal  Marcei  Vergilei  Eurysacis  pistoris  redemptoris  und  seiner  Gattin 
Atistia  (C.  I.  lat.  I,  1014 — 1018,  p.  222  f.),  aus  der  augusteischen  Zeit,  hat 
eine  Art  rhythmischer  Prosa. 

2.  Die  lex  Cornelia  des  Dictators  Sulla,  ungefähr  aus  J.  673  (vgl.  Tac. 
A.  XI,  22),  erstmals  gedruckt  1660;  bei  Ritschi,  P.  L.  M.  E.  XXIX,  C.  I. 
lat.  I,  202.  p.  108 — 110.  Die  Erztafel,  ausgegraben  nnt^r  den  Trümmern 
des  Satumustempels  zu  Rom,  trägt  am  Rande  die  üeberschrifb  VIII  de  XX 
q(uae8toribus)  und  ist  nur  der  Theil  eines  grösseren  Ganzen. 

3.  Das  SC.  wodurch  Asclepiades  Philini  f.  Clazomenius,  Polystratus 
Polyarci  f.  Carystius,  Meniscus  Irenaei  f.  Milesius  für  viri  boni  et  ameici 
erklärt  werden  ist  in  lateinischer  und  griechischer  Sprache  abgefasst  und 
steht  bei  Ritschi  Tf.  XXX,  im  C.  I.  lat.  I,  203.  p.  110—113. 

4.  Die  lex  Antonia  des  Volkstribunen  C.  Antonius  M.  f.  u.  a.  bestätigt 
die  Autonomie  der  Stadt  Termessus  maior  in  Pisidien;  bei  Ritechl  Tf.  XXXI, 
im  C.  I.  lat.  I,  204.  p.  114  f. 

6.  Die  lex  Rubria,  gefunden  J.  1760  in  Veleia,  vielfach  commentiert, 
zuletzt  von  Th.  Mommsen  in  Bekkers  und  Muthers  Jahrb.  des  deutschen 
Rechts,  II.  S.  319—334,  herausgegeben  von  Ritschi,  legis  Rubriae  pars 
superates  (Berlin  1851.  4),  und  in  P.  L.  M.  E.  Tf.  XXXII;  C.  I.  lat.  I,  206. 
p.  115—119. 

6.  Die  lex  lulia  municipalis  des  Caesar  (nach  ihrem  Fundort  im  J.  1732  f. 
auch  tabulae  Heracleenses  genannt),  zur  Ordnung  der  Rechtsverhältnisse 


Inschriften.  367 

der  Sfonicipien,  unprünglich  griechisch,  zwei  Tafeln  aber  mit  lateinischer 
UebeTsetznng  aof  der  Bückseite.  Dieser  lateinische  Text  bei  Bitschl  P.  L. 
M.  E.  Tf.  XXXm  und  XXXIV,  im  C.  I.  lat  I,  206.  p.  119—125.  Haupt- 
«durifb  darüber  von  Savigny,  Vermischte  Schriften  III.  S.  279—412.  Eine 
lex  raonicipalis  enthalten  auch  die  der  augusteischen  Zeit  angehörige  la- 
xfnn.£L  Tudertina  und  die  lamina  Florentina;  s.  C.  I.  lat.  I.  p.  263. 

7.  Erwähnung  der  rogatio  Hirtia  (vom  J.  708?)  auf  der  Erztafel  C.  I. 
lat.    J,  627  f.  p.  184. 

8.  Von  den   datierten   Inschriften   aus   dem  J.  670 — 710   (C.  I.  lat.  I, 
51^ — 626)   sind  besonders  erwähnenswerth  die  aus  der  sullanischen  Zeit 
(Kr.   584—586  und  587—589  vom  populus  Laodicensis   af  Lyco,   popolus 
Epliesias  und  AvMicav  ro  xoLvoif),  wie  der  Meilenstein  des  M.  Terentius 
Varro  Lucullus  (Pauly's  Real-Enc.  IV.  S.  1074  f.  Nr.  9),  Nr.  583;  die  cam- 
panische Weihinschrift  (Nr.  673)  worauf  in  servom  lunonis  Gaurae  contu- 
lerunt  (J.  683),  und  die  aus  Furfo  (Nr.  603  vom  J.  696),  letztere  wegen 
ihres  incorrecten  Latein. 

9.  Bleierne  Schleudergeschosse  (glandes)  mit  Inschriften  aus  der  Bela- 
gerung von  Asculum  (J.  664  f.)  im  C.  I.  lat.  I,  644—680,  p.  189—192;  eine 
glans  Mundensis  (J.  709)  ib.  p.  192;  aus  der  Belagerung  von  Perusia 
(J.  713  f.)  ib.  682—705,  p.  192—194,  letztere  theilweise  mit  derben  Soldaten- 
witzen, wie  pete  culum  Octaviani;  L.  Antoni  calve,  Fulvfa,  culum  pandite; 
L.  Antoni  calve,  peristi  C.  Caesarus  victoria;  esureis  et  me  celas. 

10.  Datierte  tesserae  gladiatoriae  aus  den  Jahren  669  bis  710  im  G.  I. 
Jat  I,  717—738,  sowie  aus  721—827  d.  St.  ib.  739—774.  776  ^ 

U.  Ziegel  mit  Jahresangabe  aus  Muuicipien  (Veleja)  von  den  Jahren 
678  bis  743  d.  St.  im  C.  I.  lat.  I.  p.  202  f. 

12.  Verwünschungen   (devotiones)   aus   republikanischer  Zeit  im  C.  I. 
^*^  I,  818—820,  p.  208  f. 

^3.  Grabschrift  des  L.  Manneius  Q.  (libertus)  medicus,  (pvaiKog  olvo- 
^^^^g  nach  der  Methode  des  Asklepiades  aus  Prusa  (W.  Teuffei  in  Pauly's 
~^^-Enc.  I,  2.  S.  1845,  Nr.  13),  also  wohl  aus  der  Zeit  des  Pompejus, 
^  ^-    lat.  I,  1256. 

.  ^4.  Scherzhafte  Wandinschrift  aus  Pompeji:  ümannia  pereit  de  ta- 
pf^^.  sei  qois  eam  retulerit  dabuutur  etc.  im  C.  I.  lat.  I,  1254.  p.  249. 
r:^  andere  ebendaher  mit  dem  genauen  Datum:  C.  Pumidius  Dipilus 
j  ^^     ^oit  a.  d.  V  nonas  Octobreis  M.  Lepid.  Q.  Catul.  cos.  (J.  676),  ib. 

B.  Die  augusteische  Zeit. 

J.  711-767  d.  St. 

206.  Mit  der  Schlacht  bei  Actium  und  dem  Tode  des  M. 
'^^'tonius  war  das  Jahrhundert  der  Bürgerkriege    geschlossen: 

^'^vian  war  unbestrittener  Alleinherrscher.  Aber  klug  und 
^^^^ichtig  die  Klippe  meidend  an  der  sein  grosser  Vorgänger 

S^^cheitert  war  brach  Octavian  nicht  offen  mit  der  republika- 


368  Augusteische  Zeit,  711—767  d.  St. 

nischen  Vergangenheit;  er  liess  ihre  Einrichtungen  äusserlic 
fortbestehen ;  aber  machte  sie  allmählich  alle  zu  Werkzeuge 
seiner  Herrschaft.  So  hat  die  augusteische  Zeit  eine  Doppc 
Stellung:  sie  umschliesst  die  Zersetzung  des  Alten  und  die  Bi 
düng  eines  Neuen,  das  Absterben  der  Republik  imd  das  Werde 
und  Wachsen  der  Monarchie.  In  den  bedeutendsten  Männei 
des  Zeitalters  tritt  diese  Doppelstellung  klar  zu  Tage:  Asini 
PolliO;  Messala,  Horaz  haben  unter  der  Republik  gekämpft  ui 
eine  Rolle  gespielt,  und  Vergil  hat  in  seiner  Jugend  eine  Wei 
in  Catull's  Weise  gedichtet.  Im  Ganzen  aber  hatte  das  Schiel 
sal  dem  Octavian  seine  Aufgabe  wesentlich  erleichtert.  Furch 
bar  hatte  der  Tod  aufgeräumt  unter  den  Gegnern  der  Mona 
chie,  und  die  noch  lebten  waren  kraftlos,  entmutigt,  ohi 
Rückhalt  im  Volke,  das  der  ewigen  Kämpfe  satt  war.  Ande: 
führte  Cleopatra's  unwürdige  Herrschaft  über  M.  Antonius  i 
das  Lager  Octavians;  so  den  M.  Messala,  Cn.  Domitius  Ahem 
barbus  (Cos.  722),  L.  Sempronius  Atratinus  (Cos.  720).  £ 
machte  denn  einer  um  den  andern  seinen  IVieden  mit  der  neue 
Gestaltung  der  Dinge.  Am  imfügsamsten  zeigten  sich  die  Ju 
isten  Cascellius  und  Labeo:  sie  schadeten  wenig,  und  ma 
liess  sie  gewähren;  nur  begünstigte  man  ihnen  gegenüber  de 
geschmeidigen  Atejus  Capito.  Asinius  Pollio  verschmerzte  vie 
leicht  niemals  die  Bedeutimgslosigkeit  zu  der  ihn  die  Monarch 
verdammt  hatte;  aber  sein  Mut  reichte  nur  zu  Nadelstiche! 
Auch  Horaz  blieb  von  dem  Herrscherj länge  in  scheuer  Entfe 
nung;  aber  er  versöhnte  sich  allmählich  aufrichtig.  Von  Anfao 
an  für  den  Erben  Caesars  sympathisch  gestimmt  waren  Matiu 
Trebatius  Testa  und  L.  Varius;  politisch  harmlos  Publilius  S; 
rus,  Ticidas  und  Vergil.  Vor  dem  Erfolg  beugte  sich  alsba 
Munatius  Plauens.  Je  länger  die  Monarchie  bestand  und  üb 
Belohnungen  und  Strafen  frei  verfügte,  desto  mehr  strömte  < 
ihr  zu:  es  war  zuletzt  ein  wahrer  Wetteifer  in  Kriecherei. 
Charaktere  wie  Labeo  und  Labienus  galten  bald  für  Sonde 
linge,  die  man  nicht  begriff  oder  gar  belachte.  Die  offiziel 
Heuchelei,  die  alten  Formen  und  Namen  fortbestehen  zu  lasse 


1)  Tac.  A.  I,  2  von  August:  ubi  militem  donis,  populum  annona,  cu 
cto8  dulcedine  otii  pellerlt,  insurgere  paulatim,  muiiia  eenatus,  magistr 
tuum,  legum  in  se  trahere,  nullo  adversante,  cum  ferocissimi  per  acies  a 
]3ro8CTiptione  cecidissent,  ceteri  nobüium,  quanto  qois  serviüo  promptic 
opibuB  et  honoribuB  extollerentnr  ac  novis  ex  rebus  aucti  tuta  et  pra 
Bentia  quam  vetera  et  periculosa  mallent. 


Charakteristik  und  Üebersicht.  369 

auch  nachdem  der  Inhalt  ein  entgegengesetzter  geworden,  ver- 
breitete einen  Geist  der  Unwahrheit  über  die  höheren  Stände 
und  die  Literatur,  welcher  noch  gesteigert  wurde  durch  das 
Aufkommen  der  windigen  Declamation.  Eine  andere  Wirkung 
jener  offiziellen  Heuchelei  ist  dass  der  thatsächliche  Herrscher 
um  so  empfindlicher  wird  gegen  deren  Aufdeckung  und  um  so 
mehr  alle  Mittel  anspannt  um  das  Alte  vergessen  zu  machen, 
dag  Neue  zu  befestigen.  Die  Literatur  wird  dadurch  theils  ein- 
geengt theils  zum  instrumentum  regni  herabgewürdigt. 

Am  meisten  leidet  unter  diesen  Verhältnissen  die  Beredt- 
samkeit.     Hatte  sie  schon  unter  Caesar  Hemmungen  erfahren, 
80  werden  diese  jetzt  dauernd  und  immer  stärker.     Das  öffent- 
liche Leben  erlischt,   die  politische  Arbeit   geht  in   die  Hände 
des  Herrschers  über,    die  Volksversammlungen   werden  immer 
seltener  und   bedeutungsloser,   die  Gerichte   immer   abhängiger 
Dud  technischer.     Für  die  Redner  bleiben  zuletzt  nur  die  Ver- 
bandlungen im   Senat  und  die  Civilprocesse  vor  dem  Centum- 
riralgericht,   und  jene  sind   durch  die  Anwesenheit  des  Herr- 
schers und  den  Knechtssiiin  der  grossen  Mehrheit  der  Mitglie- 
der in  Schranken  gehalten,   oft  auch  kurzweg  durch  Rescripte 
wid  mündliche  Vorträge  des  Fürsten  abgeschnitten,   während 
des  Centumviralgerichts    schmale  Competenz    durch    die  wach- 
sende des  praefectus  urbi  Einbusse  erleidet.     So  schwindet  den 
öoeh  aus  der  Republik  überkommenen  Rednern  Asinius  PoUio 
^d  M.  Messala  immer  mehr  der  Boden;  wer  nicht  verstummen 
^'1  muss  sich  der  neuen  Art  fügen,   dem  kimstvoUen  Reden 
^«öe  ernsten  Zweck  und  Inhalt,  der  Declamation.*) 

Auch  das  andere  Gebiet  welches  in  den  Zeiten   der  Repu- 

'^k  zu  hoher  Blüte  gelangt  war,  die  Geschichtschreibung, 

^^pfand    schmerzlich    die    veränderten    Umstände.^)      Anfangs 

^^T  findet  M.  Brutus  in  Memoiren  von  Freunden,  wie  Messala 


1)  Vgl.  oben  37  mit  Anm.  1. 

2)  Vgl.  oben  33«  1 .    Sen.  III.  p.  437  Hse :  ab  initio  bellorum  civilium, 
|.    ^«  primum  veritaa  retro  abiit.   Suet.  Claud.  41 :  historiam  in  adulesceh- 

^^>   hortante  T.  Invio,  .  .  scribere  adgressus  est  .  .  cöepitque  a  pace  ci- 

^^  1  cmn  sentiret  neque  libere  neque  vere  sibi  de  superioribus  tradendi 

r^^««tatem   relictam,   correptus   saepe  et  a  matre   (Antonia)   et  ab  avia 

\^  ^itavia).    Sehr  einzuachränken  ist  daher  Sen.   Controv.  IL   p.  155,  9  f.: 

^^ta  sab  divo  Aogusto  libertas  fiiit  ut  praepotenti  tunc  M.  Agrippae  non 

^^rint  qui  ignobüitatem  ezprobrarent. 

Teoffcl,  Rom.  Literatnrg'eschichte.  24 


370  Augusteische  Zeit,  711—767  d.  St. 

und  VolimmiuS;  oflFene  Vertheidiger;  aber  nach  Actimn  fan« 
Asinius  Pollio  bald  gerathener  sein  Werk  über  die  Bürgerkrieg 
unvollendet  zu  lassen.  Die  «Geschichte  der  Gegenwart  sah  sie 
gehindert  durch  das  Aufhören  der  Oeffentlichkeit^  den  Vei 
schluss  der  amtlichen  Acten.*)  Noch  mehr  minderte  sich  di 
Möglichkeit  über  die  handelnden  Personen  rückhaltlos  zu  m 
teilen.  Mochte  man  daher  nicht  in  dynastischem  Sinne  G( 
schichte  schreiben  ^  so  musste  man  sich  abgelegenen  neutrale 
Gebieten  zuwenden  ^  wie  Pompejus  TroguS;  oder  so  gemütlic 
phantasievoU  zu  schreiben  wissen  wie  T.  Livius.  Desto  einla 
dender  wurde  die  Geschichtschreibung  für  die  Griechen.  Durc 
ihre  Nationalität  den  politischen  Verwicklungen  entrückt;  durci 
die  Sprache  in  der  sie  schrieben  von  der  Einwirkung  auf  di. 
Menge  ausgeschlossen  ^  überdiess  mit  grosser  Leichtigkeit  dei 
Verhältnissen  sich  anbequemend  und  sie  für  sich  verwerthend 
fanden  sie  in  Rom  ein  reiches  Feld  für  schriftstellerische  Wirk 
samkeit:  ausser  Timagenes  und  Nikolaos  aus  Damaskos  schrie 
ben  unter  August  und  zum  Theil  in  Rom  auch  Diodor,  Dia 
nysios  aus  Halikarnass^  Strabon^  Juba^  Parthenios  u.  A.^  sowi< 
die  Rhetoren  Caecilius  aus  Kaie  AktC;  Hermagoras^  Apollodoroi 
und  dessen  Schüler  Moschos^  Areios^  Eraton,  Lesbonax^  Athe 
nodoros;  und  der  Dichter  Erinagoras. 

Die  Jurisprudenz  wusste  August  an  das  monarchisch 
Interesse  zu  ketten  ^  indem  er  das  Ertheilen  von  Rechtsgutach 
ten,  das  bisher  einzig  auf  dem  Vertrauen  der  Befrager  beruhte 
von  der  Genehmigung  des  Fürsten  abhängig  machte^)  und  zu 
gleich  diesen  Rechtsaussprüchen  eine  Bedeutung  verlieh  durcl 
welche  sie  an  die  Stelle  des  früheren  prätorischen  Edictes  tra 
ten. ')  So  privilegiert  vertieften  sich  die  Juristen  um  so  meh 
in  die  Ausbildung  ihrer  Wissenschaft,  und  schon  jetzt  legte  de 
persönliche  Gegensatz  zwischen  Labeo  und  Capito  den  Grün« 


1)  Vgl.  oben  203,  1. 

2)  Pompou.  Dig.  I,  2y  2,  47  (49):  ante  tempora  Augusti  publice  re 
spondendi  ins  non  a  principibos  dabatar,  sed  qui  fiduciam  studiorum  suc 
rum  habebant  consulentibas  respondebant.  .  .  primus  Divus  Angustuf 
ut  maior  iuris  anctoritas  haberetur,  constitoit  nt  ex  auctoritate  eins  rc 
Bpondereni 

3)  G^jus  Inst.  I,  7:  responsa  prudentium  sunt  seutentiae  et  opinione 
eomm  quibus  permissum  est  iura  condere.  quorum  omnium  si  in  unui 
sententiae  concurrant,  id  quod  ita  sentiunt  legis  vicem  optiuet.  Seo 
Epist.  94,  27:  iurisconsultorum  valcnt  responsa,  etiam  si  ratio  non  redditui 


Charakteristik  und  Uebersicht.  371 

zu  den  beiden  Schulen,  der  Sabinianer,  die  von  Capito  aus- 
giengen,  und  der  Proculianer,  der  Anhänger  des  Antistius 
Labeo. ')  * 

Noch  entschiedener  förderlich  war  der  Untergang  des  öf- 
fentlichen Lebens  für  die  Kunstpoesie  und  für  die  Gelehr- 
samkeit. 

Hatte  früher  der  Römer  literarische  Thätigkeit  nur  als 
Nebenbeschäftigung,  zur  Ausfüllung  des  otium,  zulässig  gefun- 
den, so  wurde  sie  jetzt,  wo  die  früheren  negotia  so  starke  Min- 
derung erfahren  hatten,  bei  Vielen  zur  Lebensaufgabe.  Lisbe- 
sondere  die  Poesie  wurde  jetzt  als  eine  Kunst  mit  ganzem  Ernste 
betrieben  und  Streben  nach  hellenischer  Formvollendung  zum 
Gesetze  gemacht.  Die  Form  wird  um  so  wichtiger  je  mehr 
man  in  den  Stoffen,  nothgedrungen  und  aus  Wahl,  sich  be- 
schränkt und  Rücksichten  walten  lässt.  Prosodie  und  Metrik 
bewahrte  die  Strenge  die  sie  am  Schlüsse  der  ciceronischen  Zeit 
gewonnen  und  trug  sie  auf  neue  Formen  über ;  auch  die  volks- 
massigeVocal verschleif ung  wurde  mehr  und  mehr  eingeschränkt.') 
Indessen  was  an  Kunst  gewonnen  wurde  gieng  an  Popularität 
verloren:  man  dichtete  für  einen  erlesenen  Kreis  von  Kennern 
und  Freunden  und  für  die  Nachwelt,  und  rächte  sich  für  den 
Mangel  an  Fühlung  mit  dem  Volke  durch  gespreizte  Missach- 
tong  desselben.  ^)  Je  fremder  man  aber  dem  Volke  wurde,  um 
so  mehr  sah  man  sich  auf  die  höheren  Regionen  angewiesen: 
die  Kunstdichter  wurden  zu  Hof  dichtem,  und  diess  steigerte 
^ederum  das  Misstrauen   und  die  Abneigung  gegen  sie.     So 


1)  Pompon.  Dig.  I,  2,  2,  47:   hi  duo  (Labeo  und  Capito)  primum  vel- 

^^  diversas   sectas  fecerunt;    nam  Ateius  Capito  in  bis  quae  ei   tradita 

'uerant  perseverabat,  Labeo  ingenü  qualitate  et  fidacia  doctrinae,  qui  et 

ceteris  operis  sapientiae  operam  dederat,  plurima  innovare  iustitnit.   Wenn 

^^ach  Labeo  als  Rationalist,  Capito  als  Positivist  sich  bezeichnen  lässt, 

^  hebt  Rudorff  (Rom.  Rechtsgesch.  L   S.   182)  daneben  hervor  dass  die 

^biiiianer  der  neuen  Staatsordnung  und  Beschränkung  der  altcivilen  Pri- 

^**^ntonomie  zugeneigt  waren,   die  Proculianer   den  älteren  Grundlagen 

^  Rechts,  und  dass  dieser  Gegensatz  seine  Bedeutung  verlor  nachdem 
^^^an  durch  Julianus  das  geltende  Recht  hatte  codificieren  lassen. 

2)  L.  Muller,  de  re  metr.  p.  74  u.  281  f.    W.  Corssen,  Vocalismus  IL 
^-   199  f. 

3)  malignum  spemere  volgus,  Hör.  0.  JI,  16,  39  f.  Vgl.  III,  1,  1 :  odi 
P^Ofanum  volgus  et  arceo.  Ps.  Vergil.  Catal.  11,  64:  pingui  nil  mihi  cum 
P^pulo.    Ps.  Tibnll.  III,  3,  20:  falso  plurima  volgus  amat. 

24* 


372  Augusteische  Zeit,  711 — 7C7  d.  St. 

sehen  wir  die  augusteischen  Dichter,  an  ihrer  Spitze  Horaz,  ii 
fortwährendem  Kampfe  mit  einer  Gegenströmung,  welche  di 
alten  nationalen  Dichter  Ij^chhält  und  in  diesen  Cultus  wol 
auch  viel  sonstige  Unzufriedenheit  mit  der  Gegenwart  kleidea 
Erst  mit  dem  Absterben  der  älteren  Generation  gewann  (L 
neue  Richtung  allmählich  mehr  Boden  J) 

Neben  dieser  allgemeinen  Förderung  durch  die  Verhältnis 
fanden  die  Vertreter  der  neuen  Poesie  auch  noch  unmittelb^ 
Unterstützung  durch  die  Machthaber,  zum  Theil  aus  persöt^ 
eher  Liebhaberei,  noch  mehr  aber  aus  politischer  Berechnu^ 
August  selbst  Hess  es  nicht  an  Aufmunterungen  aller  Art  ^ 
len^),  und  seine  iVeunde  wurden  die  Mittelpunkte  literarisfc' 
Kreise,  unter  denen  es  zwar  nicht  ohne  Eifersüchteleien  ^ 
gieng^),  die  aber  an  ihrem  gemeinsamen  Verhältniss  zu  -4 
gustus  Zusammenhang  und  Stimmung  hatten.  Obenan  stai?. 
der  Kreis  des  Maecenas,  in  welchem  Horaz  zwar  nicht  das  äJ 
teste,  aber  sehr  bald  das  durch  Selbständigkeit  des  Charaktere, 
Schärfe  des  Verstandes  und  künstlerische  Begabung  hervor- 
ragendste Mitglied  war.  Ausser  ihm  gehörten  dazu  Vergib'us 
und  L.  Varius,  Plotius  Tucca,  Quintilius  Varus,  Aristius  Fos- 
cus,  Domitius  Marsus,  Melissus  imd  Andere*);  später,  als  Ho- 
raz sich  mehr  und  mehr  aus  Rom  zurückzog,  auch  der 
von  diesem  nie  genannte  Propertius.  ^)     Die   entschieden  gou- 


1)  Hör.  0.  IV,  3,  14  ff.  (et  iam  dente  minus  mordeor  invido). 

2)  Säet.  Aug.  89:  ingenia  saeculi  sui  omnibus  modis  fovit. 

3)  Vgl.  Sen.  Controv.  II,  12,  12  f.  p.  154  f.  Bu.  Dergleichen  spiegeV 
sich  wohl  in  dem  Urteil  welches  Agrippa  über  die  poetische  Art  desVei 
gil  fällte.  Donats  vita  Verg.  44  (62) :  M.  Vipsanius  a  Maecenate  eum  su] 
positum  appellabat  novae  cacozeliae  repertore  (Var.  repertorem),  non  ^' 
midae  nee  exilis,  sed  ex  communibus  verbis  atque  ideo  latentis.  Dag^^ 
freundliche  Urteile  über  Vergü  von  Maecenas  bei  Sen.  suas.  p.  6  f-  ^ 
26  Bu. 

4)  Vgl.  Hör.  S.  I,  10,  81  ff.  Ep.  I,  3.  Auch  s.  Ovid  Trist  IV,  10,  4l 
Martial.  VIII,  56. 

5)  Umgekehrt  nennt  Propertius  gleichfalls  nie  den  Horaz,  spielt  *^ 
öfters  auf  Stellen  desselben  an;  s.  unten  229,  2  g.  E.  Ebenso  überg^ 
Ovid  diesen  in  seiner  Aufzählung  A.  A.  UI ,  333  ff. ,  polemisiert  gegen  i  ^ 
(S.  II,  5,  10  ff.)  ib.  II,  271  f.,  und  ertheilt  ihm  erst  nach  seiuem  Tode  <^ 
ziemlich  magere  Lob :  tenuit  nostras  numerosus  Horatius  aures  (Trist  I 
10,  49  f.).  Es  mag  sein  dass  Horaz  seine  geistige  und  gesellige  Ueb^ 
legenheit  jüngeren  Männern  gegenüber  manchmal  auf  eine  für  die^ 
drückende  Art  geltend  machte. 


Charakteristik  und  üebersicht.  373 

Yernementale  Färbung  dieses  Kreises  theilte  sich  immer  mehr 
den  einzelnen  Mitgliedern  mit.     Politisch  zurückhaltender  war 
der  des  Messala;  wenigstens  findet  *^ich  bei  dessen  ausgezeich- 
netstem Mitgliede,  Tibull,  des  Augustus  Namen  niemals.     An- 
dere Angehörige  desselben  waren  Messala's  Bruder  Pedius  Po- 
plicola,  Aemilius  Macer,   Valgius  Rufus,   Lygdamus,   Sulpicia, 
der  Verfasser  der  Ciris  und  der  Elegie  auf  Messala*),  zum  Theil 
auch  Ovid.^)     Asinius  Pollio  machte  sich  vorzugsweise  durch 
Kritisieren  geltend,  und  der  oppositionelle  Anstrich  den  er  hatte 
bewirkte  dass  nur  die  unabhängigsten  Mitglieder  anderer  Kreise, 
Mie  Horaz,  sich  in  seinen  Bereich  wagten.     Erst  als  Augustus 
feststand,  überhoben  der  Nothwendigkeit  sich  Zwang  anzuthun, 
imd  allein  stand,   verlassen  von  den  Gefährten,   Freunden  und 
ßathgebern  seiner  besten  Jahre,   die  ihm  alle  im  Tode  voraus- 
giengen,  überdiess  greisenhaft  grämlich  und  unduldsam  gewor- 
<leii  war,  da  flackerte  ab  und  zu  etwas  auf  von  dem  Octavianus 
der  Proscriptionen,,  der  das  Unbequeme  am  liebsten  gründlich 
beseitigte,   und   er  ergriff  da  Massregeln  wie  gegen  Labienus, 
Cassius  Severus  und  Ovid.     In  seinen  früheren  Jahren  aber  hat- 
ten die  Talente  sich  vielmehr  vorzusehen  dass  sie  durch  seine 
l^Veundlichkeiten  sich  nicht  aus  ihrer  uaturgemässen  Bahn  brin- 
gen liessen;  und  für  die  Gelehrten  sorgte  er  durch  Anlegung 
öffentlicher  Büchersammlungen,  womit  schon  Asinius  Pollio  nach 
seinem  dalmatischen  Triumphe  (J.  715)  vorangegangen  war  und 
D^  Octavian  nachfolgte  durch  sieine  Octaviana  (J.  721)  ^)  und 
die  am  Tempel  des  palatinischen  Apollo  (J.  726). 

In   Folge    dieser    planmässigen  Begünstigung   literarischer 

•^tigkeit  gab  es  in  der  augusteischen  Zeit  zu  Rom   eine  Un- 

^W  von  Dichtern  und  Dichterlingen^),   auch  unter  dem  weib- 

''^hen  Geschlechte  (wie  Sulpicia  und  Cyuthia),  und  die  Vorträge 

^^hriftstellerischer  Arbeiten  vor  einem  eingeladenen  Publicum, 

^Id  vor  Jedermann  der  kommen  mochte*),   sowie  die  Decla- 


1)  Vergil.  Catal.  U. 
e  .    2)  VgL  ex  Pont.  I,  7,  28  f.  an  Messalinus:  nee  tuns  est  genitor  nos  in 
^tos  amicos,  hortator  studii  causoqae  faxqne  mei. 

3)  Dio  XLIX,  43  extr.    Am  Theater  des  Marcellus. 

4)  Hör.  Ep.  II,  1,  108  ff. 

5)  Vgl.  8en.  Controv.  X.  praef.  4  (p.  292  Bu.):  T.  Labienus  .  .  decla- 
^^vit  non  quidem  populo,  sed  egregie.  non  admittebat  populum,  et  quia 
.^Udmn  haec  consuetudo  erat  inducta  et  quia  putabat  turpe  ac  frivolae 
^^^tioms. 


374  Augusteische  Zeit,  711—767  d.  St. 

ibationen  wurden  allmählich  zu  einem  Ersätze  und  Abieiter  fü 
die  früheren  Volksversammlungen.  Diese  recitationes  hattei 
zwar  wohl  eine  Anknüpfung  an  dem  alten  collegium  poetarum  *) 
aber  erst  Asinius  PoUio  schuf  sich  in  ihnen  eine  Entschädigunj 
für  die  verkümmerte  öflFentliche  Wirksamkeit'),  und  sie  entspra 
chen  so  sehr  dem  Geiste  der  Zeit  dass  sie  seitdem  nicht  wiede 
erloschen  und  bald  zu  einer  Macht  wurden  welche  über  de 
Erfolg  der  Schriftsteller  entschied,  aber  auch  durch  den  Beifa. 
der  Clique  manches  untergeordnete  Talent  über  sich  selbst  ve 
blendete. 

Unter  den  verschiedenen  Gattungen  der  Poesie  findet  n. 
mentlich  das  Epos  und  die  ihm  verwandten  Arten  des  Lehrg 
dichts  und  des  Idylls  durch  Vergilius  Anbau  und  Vervollkomi 
nung.  Soweit  das  Epos  der  Gegenwart  unmittelbar  zugekeh: 
ist  tritt  es  nur  als  Lobgedicht  auf.  Die  Satire  wird  dura 
Horaz  verjüngt;  aber  ihrer  Voraussetzung,  republikanisch  freiej 
Bewegung,  entbehrend  beschränkt  sie  sich  auf  persönliche,  li- 
terarische und  sociale  StofiPe  und  verlässt  bald  den  Kampfplatz, 
um  im  poetischen  Briefe  später  in  harmloserer,  zeitgemässerer 
Gestalt  wieder  zu  erstehen.  Zur  höchsten  Blüte  gelangt  die 
Lyrik.  Das  Melos  gewinnt  an  Horaz  einen  Bearbeiter  zwai 
nicht  von  ursprünglich  poetischem  Geiste,  aber  desto  grösserei 
Reife  des  Urteils,  Vielseitigkeit  der  Bildung,  Strenge  und  Fein 
hörigkeit  für  die  Form,  und  sich  frei  erhaltend  von  dem  Miss 
griffe  der  Früheren,  welche  die  Alexandriner  zu  Vorbildern  ge 
wählt  hatten.  Die  Elegiker  können  sich  zwar  von  diesen  Vor 
gängern  nicht  ganz  trennen,  übertreffen  sie  aber  durch  Geis 
und  echtes  Leben.  Aufgenommen  durch  Cornelius  Gallus  er 
reicht  die  erotische  Elegie  in  TibuU  die  klare  Lieblichkeit  hei 
leuischer  Erzeugnisse,  bereichert  sich  durch  Propertius  ai 
Manchfaltigkeit  der  Stoffe  und  erreicht  durch  Ovidius  eine  Leichi 
tigkeit  und  Vollendung  der  Form  welche  nur  wetteifert  mit  de 
Leichtfertigkeit  des  Inhaltes.    Dagegen  das  Drama  findet  nocl 


1)  Vgl.  oben  82,  6.  119,  3. 

2)  Sen.  Controv.  IV.  praef.  2  (p.  375  Bu.):  Pollio  Asinius  numquai 
admissa  multitadiue  declamavit  (vgl.  S.  373,  A.  5),  nee  illi  ambitio  in  studii 
defuit:  primos  enim  omnium  Bomanorum  advocatis  hominibus  scripta  su 
recitavit.  Zur  Organisation  dieser  recitationes  vgl.  Tac.  dial.  9,  1 7  ff.  Micl 
Plin.  Ep.  VIII,  12.  luvenal.  VII.  40  ff.  Suet.  Claud.  41.  K.  Lehrs,  popi 
läre  Aufsätze  (1856)  S.  175  ff 


1 


.  Charakteristik  und  Uebersicht.  375 

immer  kein  Gedeihend)     Von   der  Gegenwart  abgekehrt  wird 
die  Tragödie  gelehrt  und  wirkungslos;  die  Komödie  kann  vor 
dem  Ernste  der  nächsten  Vergangenheit  und  der  Empfindlich- 
keit der  Gegenwart  nicht  aufkommen;    des  Melissus   trabeata 
bleibt  ganz  vereinzelt.    Die   schlaffe  Menge  weidet  sich  lieber 
an    prunkvoller  Scenerie   und   üppiger   Pantomimik,    die   auch 
Maecenas  begünstigt:  auf  Aesopus  folgt  Pylades  und  Bathyllus 
aixf  Roscius. 

Auch  die  Prosa  tritt  in  dieser  Zeit  zurück.     Sie  hat  zwar 
in    Livius  noch  einen  Stilisten  ersten  Ranges;  aber  schon  dieser 
rerrath  in  einer  gewissen  poetischen  Färbung  seiner  Darstel- 
lung den  Abfall   von  der  strengen  Classicität  und  das  Nahen 
lee  silbernen   Zeitalters.      Die   andern   Prosaisten   sind    meist 
Techniker   irgend   welcher  Art,   welchen   es    überwiegend   um 
ihren  Gegenstand  zu  thun  ist.     So  besonders  Julius  Hyginus, 
\errius  Flaccus,  Sinnius  Capito,  Vitruvius  Pollio  und  die  Jur- 
isten Antistius  Labeo,    Atejus  Capito  und  Andere.      Für    die 
Philosophie   fehlt   es    weder  an  Antrieben  noch  ^an   Interesse. 
August  selbst  verfasst  Hortationes  ad  philosophiam  und  T.  Livius 
philosophische  Schriften.     Vergil  hat  die  Absicht  sich  auf  die 
Philosophie  zurückzuziehen,  und  Horaz  führt  es  aus;  auch  der 
Verfasser   der   Ciris    schwärmt   dafür.      Aber   ein    eigentlicher 
Fachschriftsteller  ist  doch  nur  Sextius,   und  dieser  in  griechi- 
scher Sprache.     Die  Andern  verstehen  unter  Philosophie  Grund- 
satze für  das  Leben,    und  dabei  gehen  die   Meisten    von   der 
üeberzeugung  aus  dass  aller  irdische  Glanz  und  alle  mensch- 
liche Weisheit  nichtig  sei.    Daraus  ziehen  sie,  je  nach  ihrer 
Stimmung  und  Art,  bald  ernsthafte,  bald  lockere  Folgerungen, 
immer  aber  den  praktischen  Grundsatz  dass   es  vergeblich   und 
thoricht  wäre  gegen  das  in  Staat  und  Kirche  Bestehende  anzu- 
kämpfen.    Vielmehr  wird  das  was  ein  Gebot  äus^erlicher  Noth- 
wendigkeit   war,   die  Abkehr  von  öflFentlicher  Thätigkeit,   von 
"^n  Meisten  als  ihre  eigene  Wahl  gesetzt,  der  Grundsatz  sich 
*^  sich  selbst  zu  stellen  zu  einem  System  des  Subjectivismus, 
einer  Art  praktischer  Philosophie  ausgebildet,  deren  bewusste- 
^^  und  beredtester  Wortführer  wiederum  Horaz  ist.     Durch 
üiese  freiwillige  Anerkennung  der  äusserlich  gezogenen  Schran- 
ken erhält  die  Literatur  dieser  Zeit  etwas  Egoistisches  und  Re- 
sipiiertes. 


1)  Vgl.  oben  S.  222. 


376  Augusteische  Zeit,  711-767  d.  St. 

Ueberhaupt  bewirkt  die  Gleichheit  der  einwirkenden  Ver- 
hältnisse   bei    den    augusteischen    Schriftstellern    eine    gewiai 
Gleichförmigkeit.     Zwar  ist  Anfangs  ein  Unterschied   zwischen 
der  älteren  Generation,  deren  Jugend  noch  in  die  Zeit  der  Re 
publik  und  der  Bürgerkriege  fiel,   und  der  jüngeren,   die  gan 
unter  der  Monarchie  aufgewachsen  war;   aber  bald  breitet  de 
Frieden  und  der  milde  Despotismus  seine  erschlaffenden  Wi 
kungen  über  Alle  gleichmässig  aus,   und  Junge  wie  Alte  pre 
sen  um  die  Wette  das  Glück  einer  iners  vita,  des  Schlummer 
an  einem  murmelnden  Bache*),   vertändeln  Zeit  und  Kunst 
erotischen  Spielen  mit  Angehörigen  des  demi-monde^   sehn 
sich  in  Augenblicken   der  Uebersättigung  nach    der  gesund 
Einfachheit  der  Natur,   und  suchen  das  Gefühl  der  verloren 
Freiheit  und  Selbstachtung  zu  betäuben  durch  pomphafte  V 
kündigung  ihrer  Unsterblichkeit.     Aber  einem  so  klaren  Gei 
wie  Horaz  verleiht  die  stille  Einsicht  in  die  Hohlheit  und  H 
chelei  der  ganzen  Zeit  einen  Zug  der  sich  bald  als  leise  Iro 
bald  als  Wehmut  bald  als  tiefe  Verstimmung  ausprägt. 

Am  deutlichsten  tritt  der  Unterschied  der  Generationen     ari; 

Tage  auf  dem   Gebiete    der  Beredtsamkeit ,    wo    den    wenig'^n 

Rednern  welche  noch   aus   der  republikanischen  Zeit  stamncx^n 

innerhalb  des  jüngeren  Geschlechtes  nur  Rhetoren  entspreclx^ii,       I 

anfänglich  allerdings  solche  in  welchen  die  Erinnerung  an     clie 

alte  Zeit  noch  lebendig  ist,  wie  Cassius  Severus  und  theilw^ise 

auch  der  Vater  Seneca;  aber  die  anderen  Grössen  der  De43la-       | 

mation  und  Rhetorik  aus  der  augusteischen  Zeit,   ein  Por43ius 

Latro,  Albucius  Silus,  lunius  Gallio,  Cestius  Pius,  Rutilius     X«ii- 

pus  u.  A.,  lassen  sich  in  ihrer  Weise  von  denen  des  nacha^^^^ 

genden  Jahrhunderts  kaum  unterscheiden. 

1.  K.  Hock)  römische  Geschichte  vom  Verfall  der  Republik  u.  ^-    '^' 
I,  2  (Braunschweig  1843)  S.  341—370.    A.  E.  Egger,   examen  critiqu^     ^^ 
historienß   anciens   de   la  vie   et  du  r^gne   d*  Auguste  (Paris  1844),       ^^^' 
p.  69—74.    F.   D.   Gerlach,   das   Zeitalter   Augustes,   Basel  1849.    A-     ^' 
Schmidt,   Geschichte  der  Denk-  und  Glaubens-Freiheit  im  ersteu  J^-^^*^ 
der  Kaiserherrschaft  (Berlin    1847)   S.    36—55.   260  ff.   290  ff.    (cariki^^^* 
C.    Merivale,    history    of  the    Romans    IV    (London   1862).    p.  538—^^ 
G.  Bemhardy,  Grundriss  der  röm.  Literatur,  vierte  Bearbeitung,  (E^^ 
1867)  S.  247—277.    C.  Peter,  Geschichte  Roms  III.  (1867)  S.  96—134. 

207.    Die  leitenden  Männer  der  Zeit  waren  alle  zuglei^^^ 
selbst  literarisch  thätig.     August  (J.  691 — 767)  verfasste  ma-^^ 

1)  Vgl.  W.  Teuffei  zu  Horaz  S.  II,  6,  61.  S.  164. 


Die  leitenden  Männer.  August.  377 

cberlei  in  gebundener  Form,  noch  mehr  in  Prosa,  namentlich 
Autobiographisches  und  eine  üebersicht  seiner  Regierungslhä-, 
tigkeii  die  uns  durch  das  Moftumentum  Ancyranum  grössten- 
iheils  erhalten  ist.     Auch  Briefe  von  ihm  waren  lange  im  Um- 
lauf.    Maecenas   (c.   685 — 746)   war  als  Prosaist   berüchtigt 
durch  seinen  gezierten  Stil  und   verfasste  daneben  Tändeleien 
in  verschiedenen  Versraassen.     Auch  Agrippa  (691 — 742  d.  St.) 
schrieb  Memoiren,    und  unter  seiner  Leitung  wurde    die  Ver- 
messung des  römischen  Reiches  vollendet.    Die  Ergebnisse  dieser 
Arbeiten  legte  er    in   commentarii   nieder  und  veranlasste  die 
Anfertigung  einer  Karte  des  ganzen  Reiches. 

1.  C.  Octavins  C.  f.,  geb.  23  September  691  =  63  v.  Chr.,, von  Caesar 

testamentarisch  adoptiert  und  seitdem  Caesar  Octavianus.     Schlacht  bei 

Actium  2.  Sept.  723.    Titel  Augustus  seit  Anfang  727.    t  19-  August  767 

=  14  n.  Chr.    K.  Hock,  röm.  Geschichte  vom  Verfall  der  Republik  an, 

I,  1    (Braunschweig  1841)  S.  219—426.    2  (Braunschweig  1843)  S.  1—121. 

W.  Teuffei  in  Pauly's  Real-Enc.  V.  (1847.)  S.  827—844.    Beule,  Auguste, 

sa  famille  et  ses  amis,  Paris  1867.  363  pp.    Ueber  seine  Schriften:  Augusti 

imperatoris  fragmenta  cur.  I.  A.  Fabricius,  Hamburg  1727.  4.    A.  Weichert, 

de  imp.  Caesaris  Augusti  scriptis  commentatio  I.  H.    Grimma  1835  f. ,  und 

Imp.  Caesaris  Augusti  operum  reliquiae,  Grimma  1841.  4. 

2.  Sueton.  Aug.  84:  eloqucntiam  studiaque  liberalia  ab  aetate  prima 

et  cupide  et  laboriosissime  exercuit.    .  .  neque  in  senatu  neque  apud  po- 

pulum  neque  apud  milites  locutus  est  umquam  nisi  meditata  et  composita 

oratione.    .  .  pronuntiabat  dulci  et  proprio  quodam  oris  sono.     86:  genus 

eloquendi  secutus  est  elegans  et  temperatum,  vitatis  seutentiarum  ineptiis 

*tque  condiinitate,   .   .  praecipuamque  cnram  duxit  sensum  animi  quam 

s-pertifisime   exprimere.    Tac.  A.  XIH,  3:   Augusto   prompta  ac  proflnens 

^Qaeque  deceret  prindpem  eloquentia  fuit.    Fronto  Epist.  p.  123  N.:   Au- 

^*^tmn  .  .  eleganter   et  latine,   linguae   etiamtimi   integro  lepore   potius 

^uaox  dicendi  ubertate  praeditum  puto.    Leichenrede  für  seine  avia  lulia 

^  ^Mrölften  Jahre  (Suet.  8.    Quintil.  XII,  6,  1.    Nikol.  Dam.  Aug.  3),   auf 

^  MarcelluB  J.  731  (Dio  LIII,  30.    Serv.  Aen.  I,  712),  auf  Agrippa  J.  742 

^'o    LIV,  28),  seine  Schwester  Octavia  J.  743  (Dio  LIV,  35.    Suei  61), 

^fUa^  j.  745  (Suet.  Claud.  1.    Liv.  CXL.    Dio  LV,  2). 

3.  Suei  85:    multa  varii  generis  prosa  oratione  composuit,  ex  quibus 
j^^^^olla  in  coetu  familiarium  velut  in  auditorio  recitavit,  sicut  Rescripta 

/^t;«  de  Catone  (vgl.  oben  202,  2),  .  .  item  Hortationes  ad  philosophiam  et 

^  ^Xia  de  vita  sua,  quam  tredecim  libris  (vgl.  A.  5),  Cantabrico  tenus  hello  nee 

^^,  exposuit.    Plut.  compar.  Demosth.  c.  Cic.  3:  6  Kaiaag  iv  xoiq  ngog 

^^iitnav  %al  Mai%rivav  vnoiivijiiaaiv'y  vgl.  Brut.  27.  41  (iv  xoig  inofivi^- 

^^^iv).    Suet.  Claud.  1:  nee  contentus  elogium  tumulo  eius  (des  Drusus) 

•   ^^^^bus  a  86  compositis  insculpsisse,  etiam  vitae  memoriam  prosa  oratione 

^^^posuit   (Augustus).     Aus  seinen  Briefen   s.  Suet.  Aug.  69.  71.  76.  86. 

^ud.  4.  gramm.  16.     Tac.   dial.   13  (an  Vergilius,    vgl.   unten   214,   1). 

^efe  an  Horaz  in  dessen  vita  von  Sueton.    Brief  an  Maecenas  bei  Macrob. 


378  Augusteische  Zeit,  711—767  d.  St. 

II,  4,  12  (vgl.  0.  Jahn;  Hermes  IL  S.  247  f.)  und  bei  Sueton.  vita  Horat 
AugustuB  in  epistolis  ad  C.  Caesarem,  QuintiL  I,  6,  19.  vgl.  ib.  7,  22. 

4.  Suet.  101:  tribus  voluminibus,*  uno  mandata  de  funere  suo  com- 
plexus  est,  altero  iudicem  rerum  a  se  gestarum,  quem  vellet  incidi  in  ae- 
neis  tabnlis  quae  ante  Mausoleum  statuerentur ,  tertio  breviarium  totius 
imperii,  quantum  militum  sub  signis  ubique  esset,  quantum  pecuniae  in 
aerario  et  fiscis  et  vectigaliorum  residuis.  Tac.  A.  I,  11:  proferri  libel- 
lum  recitarique  iussit  (Tiberius).  opes  publicae  continebantur,  quantum 
civium  sociorumque  in  armis,  quot  classes,  regna,  provinciae,  tributa  aut 
vectigalia  et  necessitates  ac  largitiones.  quae  cuncta  sua  manu  perscri- 
pserat  Augustus  addideratque  consilium  coercendi  intra  terminos  imperii. 
Vgl.  Dio  LVI,  33.  Von  dem  index  wurden  Abschriften  gemacht  für  Tem- 
pel des  Augustus  in  den  Provinzen;  so  für  das  Augusteum  in  ApoUonia 
(C.  I.  gr.  397;),  wovon  noch  ein  kleiner  Theil  in  griechischer  Uebersetzung 
erhalten  ist  (Mommsen  res  gestae  D.  Aug.  p.  XXIV),  und  für  den  Augustus- 
tempel  zu  Ankyra  in  Galatien.  Letztere  Abschrift  ist  im  lateinischen  Ori- 
ginal sowie  in  griechischer  Uebersetzung  grösstentheils  aufgefunden  und  ver> 
öflFentlicht:  das  Monumentum  Ancyranum,  von  welchem  6.  Perrot  1861 
einen  weiteren  Theil  (den  ersten  des  griechischen  Textes)  entdeckte. 
Vollständige  Ausgabe  mit  ausführlichen  Erörterungen  in:  Res  gestae  Di  vi 
Augusti.  ex  monumentis  Ancjrano  et  Apoll oniensi  ed.  Th.  Mommsen, 
Berlin  1865.  Ausgaben  des  früher  Bekannten  in  Egger's  Examen  critique 
p.  421 — 466;  ex  reliquiis  graecae  interpretationis  restituit  J.  Franz,  cora- 
mentario  perpetuo  instruxit  A.  W.  Zumpt,  Berlin  1845.  4.;  hinter  Orelli's 
Tacitus  I.  p.  571  591.  Theile  des  Index  scheinen  von  August  schon  im 
J.  750  verfasst  zu  sein  (Mommsen  p.  XLII  und  37.  W.  Brambach,  Rhein. 
Mus.  XX.  p.  605);  die  Schlussredaction  aber  (oder  die  letzten  Zusätze)  er- 
folgte im  Sommer  767 ;  s.  Mommsen  p.  3  f. 

5.  Suet.  Aug.  85:  poetica  summatim  attigit.  unus  Über  exstat,  scriptus 
ab  eo  hexametris  versibus,  cuius  et  argumentum  et  titulus  est  Sicilia;  ex- 
stat alter  aeque  modicus  Epigrammatum  (vgl.  Martial.  XI,  20),  quae  fere 
tempore  balinei  meditabatur.  nam  tragoediam  magno  impetu  exorsus, 
non  succedenti  stilo,  abolevit,  quaerentibusque  amicis  (den  L.  Varius  nennt 
Macrob.  II,  4,  2),  quidnam  Aiax  ageret,  respondit  Aiacem  suum  in  spon- 
giam  incubuisse.  Suidas  v.  Avyovaxoq  Kaiaag  (I.  p.  851  B.):  iy^a^s  avf^l 
Toif  Idiov  ßiov  xorl  xcöv  ngd^satv  ßißXia  ly'  (s.  Anm.  3)  %aX  z^ayadiav 
Atavtos  t£  Mal  ^Axilkhm-  Letztere  wird  wohl  das  gleiche  Schicksal  ge- 
habt haben  wie  der  Aias. 

6.  C.  Maecenas  (z.  B.  Tac.  A.  XIV,  63;  ib.  VI,  11:  Cilnium  Maece- 
natem,  cquestris  ordinis;  vgl.  Macrob.  II,  4,  12:  Cilniorum  smaragde)  aus 
einem  vornehmen  etrurischen  Geschlechte,  geboren  id.  Aprü.  (Hör.  O.  IV, 
11,  14—20)  wahrscheinlich  zwischen  680  und  690  d.  St.  Erstmals  von 
Octavian  verwendet  finden  wir  ihn  J.  714  (Appian.  b.  c.  V,  53)  und  seit- 
dem öfters  namentlich  zu  diplomatischen  Missionen,  wenn  es  galt  zu  ver- 
mitteln und  zu  versöhnen,  wofür  Mäcen's  weiche  friedliche  Natur  besonders 
geeignet  war.  Ebenso  empfahl  ihn  sein  Mangel  au  ernsthaftem  Ehrgeiz 
(neben  grosser,  aber  harmloser  Eitelkeit)  für  Vertrauensstellungen  wie  in 
Rom  nach  der  Schlacht  bei  Actium,  während  er  im  Kriege  niemals  eine 


Die  leitenden  Männer.  Maecenas  und  Agrippa.  379 

bedeutende  Rolle  spielte;   s.  Frandsen  S.  24  £P.  40  ff.    Nach  T.  Gallus  in 
Schol.  Verg.  6e.  I,  2  Maecenas  praetectus  praetorio  fuit;   s.  Mommsen, 
Rhein.  Mus.  XVI.  S.  448.    Ums  J.  731  d.  St.  (s.  W.  Teuffei  in  der  Ztschr. 
f.  cL.    Alt.  Wiss.  1845,  S.  608  ff.)  gieng  er  mit  Terentia  eine  Ehe  ein  welche 
darcli  Angust's  Rücksichtslosigkeit  eine  Quelle  von  Qualen  für  ihn  wurde. 
Er  Btarb  nach  längerem  Kränkeln  J.  746  (Dio  LV,  7).    Beste  Charakteristik 
von    Tellej.  II,  88,  2:  C.  Maecenas,  equestri  sed  splendido  genere  natus, 
vir   uM  res  vigiliam  exigeret  sane  exsomnis,  providens  atque  agendi  sciens, 
simul  Tero  aliquid  ex  negotio  remitti  posset,  otio  ac  moUitiis  paene  ultra 
feninam  fluens;  non  minus  Agrippa  Caesari  carus  (und  nützlich),  sed  minus 
honoratus;  .  .  nee  ibinora  consequi  poterat,  sed  non  tam  concupivit.    Ein- 
seitig Seneca,   der  ihm   gegenüber   von   seinem   theoretischen  Stoicismus 
wohlfeilen  Gebrauch  macht.    Besonders  Epist.  114,  4:  quomodo  Maecenas 
^orit  notius  est  quam  ut  narrari  nunc  debeat,   quomodo   ambulaverit, 
qnam  delicatus  fuerit,  quam  cupierit  videri,  quam  vitia  sua  latere  voluerit. 
qaid  ergo?   non  oratio  eius  aeque  soluta  est  quam  ipse  discinctus?   non 
taiQ  insignita  illius  verba  sunt  quam  cultus,  quam  comitatus,  quam  domus, 
quam  uxor?  magni  vir  ingenii  fuerat  (Epist.  92,  35  sogar:  habuit  Ingenium 
^t  grande  et  virile,  und  19,  9  ingeniosus  vir)  si  .  .  non  etiam  in  oratione 
difflueret.    videbis  itaque  eloquentiam  ebrii  hominis,  iuvolutam  et  erran- 
^m  et  hcentiae  plenam.    Folgt  (5)  eine  Probe  aus  Maecenas  de  cultu  suo 
nnd  darauf  (6)  die  Reflexion:  non  statim  cum  haec  legeris  hoc  tibi  occur- 
^t  h.nnc  esse  qui  solutis  tunicis  in  urbe  semper  incesserit?  .  .  hunc  esse 
^'u  .    .  in  omni  publice  coetu  sie  adparuerit  ut  pallio  velaretur  caput  ex- 
clusia     utrimque  aaribus  .  .?    hunc  esse  cui  .  .  comitatus  hie  fuerit  in  pu- 
^^^  y    spadones  duo  .  .?    hunc  esse  qui  uxorem  miliens  duxit,  cum  unam 
habaerit?  u.  s.  f.    Vgl.  Epist.  19,  9.  92,  35.  101,  10  ff.  120,  19.    Dial.  I  (de 
provid.),  3,  10  f.    Aber  diese  mollities  (Sen.  Ep.  114,  7  f.)  war  gewiss  mit 
bereclinet,  um  seiner  Person  und  Stellung  ein  möglichst  harmloses  Aus- 
seherk   zu  geben.  Maecenas  in  eo  Hbro  qui  Prometheus  inscribitur  (Sen.  Ep. 
19>  Ö)  in  Prosa;  Maecenas  in  dialogo  II  bei  Charis.  I.  p.  146  K.  Maecenas 
in  Octaviam  (Prosa)  bei  Priscian    X.  p.  536  Htz.    Serv.  Aen.'VIIl,  310: 
Maeoenas  in  Symposio,  ubi  (cui)  Vergilius  et  Horatius  interfuerunt,  cum 
ex  persona  Messalae  de  vino  loqueretur  ait  (in  Prosa).    Sen.  de  benef.  IV, 
^^».  ^    —  Servius  zu  Vergil.  Georg.  II,  42:   constat  Maecenatem  .  .  plura 
compoBuisse  carmina.    Hexameter  bei  Sen.  Ep.  92,  35.  Charis.  I.  p.  79  f.  K. 
(^S^-    Grammat.  lat.   V.  p.  575,  1),  Diomed.  I.  p.  366  P.  =  369  K.,  wohl 
fj'ch  Grammat.  lat.  V.  p.  591  K.    Bei  Sen.  Epist.  101,  11  Glykoneen  von 
aecen^g      Hendekasyllaben  bei  Sueton.  vita  Hör.   und  (wahrscheinlich) 
^®^  Jöicior.  Orig.  XEX,  32,  6.    Galliamben  bei  Diomed.  III.  p.  514  und  Atü. 

^^Ui^t.  p.  2677  P.    Scherze  des  August  über  Maecenas  Stil  (calamistri, 

j^"    ^aL  26)  bei  Sueton.  Aug.  86  und  Macrob.  U,  4,  12.    Wunderlich 

.  ,  »'^  V,  7:    ngmxog  aTjfjLSLoi  ziva  yQafiiiditODv  n(f6g  xdxog  i^svgs  %al  avtd 

p,    '^^vXov  dnslsvd'iQOv  avxvovg  i^sdiSa^sv.    Vgl.  vielmehr  oben  178,  4. 

2    '^^^  iat  unrichtig  des  Servius  (zu  Ge.  II,  42)  Folgerung  aus  Hör.  0.  II, 

T   Vi    ^*"    ^^^   Augusti   Caesaris   gesta   descripsit.     Im   Allgemeinen   s. 

'  ^*   Ueibom,  Maecenas,  sive  de  C.  Cilnii  Maecenatis  vita,  moribus  et  re- 

^estis  über  singularis,  Lugd.  Bat    1653.  4.     A.  Lion,  Maecenatiaua, 

^  ^e  C.  C.  M.  vita  et"  moribus  scripsit  atque  operum  fragmenta  collegit, 


380  Augußteische  Zeit,  711—767  d.  St. 

Götti.  1824.  A.  Haakh  in  Paulis  Real-Enc.  ü.  S.  355-357.  P.  S.  Frj 
C.  Cilnins  Maecenae,  eine  historische  Untersuchung  über  dessen  Leb 
Wirken,  Altona  1843.  238  S.  Vgl.  W.  Teuffei  in  den  Jahrbüche 
Gegenwart  1843,  Nr.  23  f.  W.  E.  Weber,  Q.  Horatius  Flaccus  (Jen; 
S.-  143  ff.    H.  J.  Matthes  in  den  Sjmibolae  literariae  V.  p.  1 — 36. 

7.  M.  Yipsanius  Agrippa,  geboren  691,  somit  Altersgenoss 
auch  Jugendfreund)  des  Octavian,  Prätor  714,  Cos.  717,  Aedil  7t 
durch  glänzende  Fürsorge  für  die  Interessen  Roms  den  Gegensatz  zy 
Oct.  und  dem  mit  Kleopatra  schwelgenden  M.  Antonius  zu  heben; 
und  Cos.  II  J.  726;  Cos.  III  J.  727.  Octavians  kriegerisches  Facto 
Wasser  und  zu  Lande,  auch  als  Diplomat  nicht  ohne  Glück  öfters  (1 
Orient)  verwendet,  ergeben  und  zuverlässig,  aber  dabei  seiner  Ver 
wohl  bewusst  und  daher  ausser  Caesars  Erben  Niemand  über  sich  erti 
seit  733  Augusfs  Schwiegersohn;  f  '^^I  =  13  v.  Chr.  Er  besai 
nerische  Bildung,  belangte  J.  711  den  C.  Cassius  als  Caesarmörder 
Brut.  27  vgl.  Vellej.  II,  69,  6)  und  trat  noch  später  als  Vertheidij 
(Sen.  Controv.  II,  12,  13.  p.  155,  13  Bu.);  auch  s.  Plin.  N.  H.  XXXV 
exstat  eins  oratio  magnifica  et  maximo  civium  digna  de  tabulis  o: 
signisque  publicandis.  In  der  Literatur  besass  er  einen  zwar  derber 
1.  1.:  M.  Agrippa,  vir  rusticitati  propior  quam  delicüs),  aber  gesund 
schmack(vgl.  oben  S.  372,  A.  3)  und  stofflich  eine  praktische  Richtung.  F 
aquaed.  98:  M.  Agrippa  .  .  descripsit  quid  aquarum  publicis  operibu 
lacibus,  quid  privatis  daretur.  ib.  99:  qui  ex  commentarüs  Ag 
aquas  haberent.  Reichsvermessung  und  Reichskarte.  Der  angeblic 
thicus  Ister  Expos,  in.,  an  Gronov's  Mela:  lulius  Caesar  .  .  cum  con 
sui  fasces  erigeret  ex  Sc.  censuit  omnem  orbem  iam  romani  nomi 
metiri  per  prudentissimos  viros  et  omni  philosophiae  munere  dec 
ergo  a  lulio  Caesare  et  M.  Antonio  coss.  orbis  terrarum  metiri  co< 
usque  ad  consulatum  Augusti  III  et  Crassi,  annis  XXI  .  .  .  a  Zei 
omnis  oriens  dimensus  est.  .  .  a  consulatu  item  lulii  Caesaris  et  ] 
tonii  usque  in  consulatum  Augusti  X.,  annis  XXIX  .  .  a  Theodoto  i 
trionalis  pars  dimensa  est.  .  .  a  consulatu  similiter  lulii  Caesaris  ug 
consulatum  Saturnini  et  Cinnae  a  Poljclito  meridiana  pars  dimen 
annis  XXXII,  .  .  ac  sie  omnis  orbis  terrae  intra  annos  XXXII  a  di 
ribus  peragratus  est  et  de  omni  eins  continentia  perlatum  est  ad  sei 
Abgekürzt  und  zugleich  vervollständigt  im  Vat.  3864:  lulio  Caes 
M.  Antonio  coss.  omnis  orbis  peragratus  est  per  sapientissimos  et 
viros  IV,  Nicodemo  orientis,  Didymo  occidentalis,  Theudoto  Septem 
lis,  Polyclito  meridiani.  Frontin.  de  colon.  p.  239  Lachm.:  Balbi  mc 
qui  temporibus  Augusti  omnium  provinciarum  et  formas  civitati 
mensuras  compertas  in  commentarüs  contulit.  Vgl.  F.  Ritschi,  di 
messung  des  röm.  Reichs  unter  Augustus,  die  Weltkarte  des  Agripj 
die  Kosmographie  des  Aethicus,  Rhein.  Mus.  N.  F.  I  (1842)  S.  481 
bes.  S.  486  ff.  Chr.  Petersen,  die  Kosmographie  des  Kaisers  Augusti 
die  Commentarien  des  Agr.,  Rhein.  Mus.  VIII.  S.  161—210.  377—40 
S.  85—106.  K.  Müllenhoff,  über  die  Weltkarte  und  Chorographie  d( 
sers  AQgust,  Kiel  18.56.  4.  nebst  A.  v.  Gutschmid,  Rhein.  Mus.  XII.  S. 
Ueber  Agrippa's  Antheil  s.  besonders  Plin.  N.  H.  III»  2,  16  f.:  longitc 
universam  eius  (Baeticae)  prodidit  M.  Agrippa  475  m.  p.,  latitudine: 


Agrippa.  Asinius  Pollio  und  Messala.  381 

.  .    ^grippam  quidem,  in  tanta  viri  diligentia  praeterque  in  hoc  opere  cara, 
cirm  orbem  terrarum  urbi  epectandum  propoaitarus  esset,  errasse  quis  cre- 
dat  et  cum  eo  divum  Augustum?  is  namque  complexam  eam  porticum  ex 
destinatione  et  commentariis  M.  Agrippae  a  sorore  eins  inchoatam  peregit. 
Hienach  hinterliess  Agr.  nur  einen  Entwurf  zu  der  Weltkarte  und  choro- 
graphische  Commentarien,   ertheilte  jedoch  seiner  Schwester  (Pola)  testa- 
mentarisch den  Auftrag  aus  beiden  die  grosse  Welttafel  für  eine  öiientliche 
Porticus  anfertigen  zu  lassen,  was  dann  aber  vielmehr  August  selbst  aus- 
führte.   Vgl.  noch  Plin.  IV,  12,  81:  Agrippa  totum  eum  tractum  ab  Bistro 
ad   oceanum  .  .  in  longitudinem ,  .  .  in  latitudinem  prodidit.    ib.  91:  Sar- 
ma^tia«  .  .  longitudo  .  .,  latitudo  .  .  a  M.  Agrippa  tradita  est.    ego  incer- 
tam    in  hac  terrarum  parte  mensuram  arbitror.    Aus  ihm  Martian.  Cap. 
VI,   632  (p.  212Eyss.)  und  634  (p.  213E.).    Endlich  verfasste  auch  Agrippa 
eine  Autobiographie.    Philargyr.  zu  Verg.  Georg.  II,  162:   Agrippa  in  se- 
cundo  vitae  suae  dicit  excogitasse  se  ut  ex  Lucrino  lacu  portum  faceret. 
Vg"!.  Plin.  N.  H.  VII,  45,  148:    (Augusti)  Philippensi  proelio  morbidi  fuga 
et    triduo  in  palude  aegroti  et,  ut  fatentur  Agrippa  et  Maecenas,   aqua 
»ubter  cutem  fusa  turgidi  latebra.    Literatur  über  Agrippa,  ausser  den 
S.lteren  Arbeiten  von  F.  W.  Sommer  (1717.  4.),  G.  C.  Gebauer  (1777),  Le 
Blond  (1780)  und  Haphael  Mecenas  (de  vita  rebusque  gestis  M.  Vips.  Agr. 
conamentarius,   testimoniis   scriptorum  veteram   concinnatus,   Rom  1821): 
P-  S.  Frandsen,  M.  Vipsanius  Agrippa,  eine  historische  Untersuchung  über 
dessen  Leben  und  Wirken,  Altena  1836.    260  S.    D.  v.  Lakeren-Matthes, 
de  A^.  in  remp.  rom.  meritis,  Amsterdam  1840.    J.  H.  van  Eck,  quae- 
«tiones  historicae  de  M.  V.  A.,  Lejdeu  1842.  69  pp.    A.  Preuner  in  Pauly's 
fieal-Enc.  I,  1.  S.  599—609. 

208.    Nächst  diesen  leitenden  Männern  sind  in  der  augu- 
steischen Zeit   die    durch  Vergangenheit   wie  Stellung   in    der 
^^g'^iiwart  bedeutendsten  Asinius  Pollio  und  Valerius  Messala. 
C.     asinius  Pollio  (679—758  d.  St.),  in  den  Bürgerkriegen 
thä.t.ig  für  Caesar  und  Antonius  (Cos.  714,  Triumph  ex  Parthi- 
^is    715),   zog  sich,  mit  dem  Letzteren  zerfallen  und  doch  für 
^Gt^avian  nicht  gewonnen,   von  dem  politischen  Leben  zurück 
^^    -widmete   sich    der  Literatur   und  Thätigkeit   als    Redner. 
'^^i^t  verfasste  er  Tragödien,   dann  eine  Geschichte  der  Bür- 
^^^kriege  vom   ersten  Triumvirat   an,    ohne   aber  dieses  Werk 

S6  J  Kw 

*öei»  zu  vollenden.     Als  Redner  und  Stilist  strebte  er,  im  Ge- 

8  ^s^tz  zur  Ciceronischen  Glätte,  nach  alterthümlicher  Strenge 

^    schuf  sich,   als  die  rednerische  Wirksamkeit    verkümmert 

,p^^>    einen  Ersatz  in  den  öfiFentlichen  Vorträgen  (recitationes). 

iT^^^-  F^"^al*^g  ^^^  ^^^  ^^^^  sich  gleichzeitig  seine  Stel- 

^^S  wie  den  Ruf  der  Unabhängigkeit  rettend  übte  er  um  so 

^^Hgere  Kritik  innerhalb  der  Literatur.     Auch  den  M.  Vale- 

^J^  Messala  (J.  690—762  d.  St.)  hatte  seine  Missachtung  des 

^'  Antonius  in  das  Lager  des  Octavian  getrieben,  dem  er  fortan 


382  Augusteische  Zeit,  711—767  d.  St. 

mit  Aufrichtigkeit  und  Treue,  aber  ohne  Selbstentwürdigung 
Dienste  leistete.  Als  Redner  stand  er  dem  Pollio  zur  Seiti 
hatte  aber  etwas  Vornehmes  und  Weichliches,  das  ihn  wol 
auch  hinderte  den  Uebergang  zur  Declamation  mitzumachei 
Dafür  beschäftigte  er  sich  später  mit  antiquarischen  und  gran 
matischen  Forschungen,  in  jenen  den  eifersüchtigen  Stolz  eine 
Altadeligen  verrathend,  mit  diesen  auch  in  Detail  (wie  übe 
den  Buchstaben  S)  herabsteigend.  In  seinen  jüngeren  Jahre 
aber  theilte  er  eifrig  die  Richtung  der  Zeit  auf  Bewunderunj 
des  Hellenischen,  übersetzte  Griechisches  imd  schrieb  selbs 
auch  griechisch,  in  gebundener  Form  wie  in  Prosa  (Denkwüi 
digkeiten). 

1.  C.  Asinius  Cn.  f.  Pollio,  geb.  679  =  75,  Ankläger  des  C.  Cat 
J.  700,  praetor  709.  Nach  Caesar's  Tode  wäre  er  gern  zur  Senateparti 
übergetreten,  hätte  diese  mehr  Mut,  Geschicklichkeit,  Glück  und  £ntgegec 
kommen  gegen  ihn  bewiesen.  So  aber  entschied  er  sich,  nach  langei 
Zögern,  für  M.  Antonius.  Bei  der  Yertheilung  der  Aemter  unter  di 
Parteigänger  der  Triumvim  im  J.  711  wurde  PolUo  zum  Consul  designiei 
und  bekleidete  das  Amt  J.  714  =  40  v.  Chr.  In  demselben  bekämpfte  € 
die  Parthiner,  welche  zu  Brutus  gehalten  hatten;  Eroberrmg  von  Salonl 
Triumph  ex  Parthineis  a.  d.  VIIl  Kai.  Nov.  (Ftisti  cap.  und  Barb.).  Wa 
ihn  darauf  mit  M.  Antonius  entzweite  ist  nicht  positiv  bekannt;  Stoff  das 
aber  gab  es  (wohl  beiderseits)  vielen,  und  dass  es  geschah  erheUt  aus  de 
Anführung  bei  Charis.  I.  p.  80,  2  K. :  Asinius  contra  maledicta  Autonl 
Andrerseits  hatte  er  zu  viel  Selbstachtung  um  sich  dem  Octavian  anzi 
schliessen  (Vellej.  II,  86,  .3  f.)  und  unterzuordnen,  behielt  vielmehr  bis  z 
Ende  gegen  ihn  eine  zurückhaltende  Stellung,  ohne  ihm  in  WesentUchei 
offen  entgegenzutreten,  aber  auch  ohne  sich  vor  ihm  zu  beugen.  Hierox 
ad  Euseb.  chron.,  a  Abr.  2020  =  Ol.  195,  4  =  a.  Aug.  47  =  6  n.  Chr.  = 
758  d.  St.:  Asinius  Pollio  orator  et  consularis,  qui  de  Dalmatis  triumpl 
averat,  LXXX  aetatis  suac  anno  in  villa  Tusculana  moritur.  Bestätig 
wird  diese  Angabe  durch  Sen.  Contr.  IV.  praef.  5  (p.  376  Bu.),  wonac 
Pollio  J.  4  n.  Chr  noch  lebte,  und  Tac.  dial.  17:  Asinius  paene  ad  extrc 
mum  (Augusti  principatum)  duravit.  —  J.  R.  Thorbecke,  disputatio  histc 
rico-critica  de  C.  A.  P.,  Leyden  1820.  Drumann  G.  R.  II.  S.  2—12.  Clemei 
C.  A.  P.,  Lemgo  1842.  4.  F.  Jacob,  A.  P.,  Lübeck  1852.  4.  0.  Hendecour 
diss.  de  vita,  gestis  et  scriptis  A.  P. ,  Löwen  1858.  W.  Teuffei  in  Pauly 
Real-Enc.  I,  2.  S.  1859—1865.  B.  Luzzato,  ricerche  storiche  su  Cajo  Asini 
Pollione,  Padua  1867. 

2.  Schriften  des  Pollio.  a)  Gedichte.  Carmina  Sophocleo  dign 
cothumo,  also  Tragödien,  hat  er  verfasst  (oder  geht  damit  um)  schon  zu 
Zeit  von  Vergil  Ecl.  8,  10  (J.  716),  vgl  ib.  3,  86  (Pollio  et  ipse  focit  nov 
carmina).  Hör.  S.  I,  10,  42  f.  (ums  J.  718):  Pollio  regum  facta  canit  ped 
ter  percusso  (im  Trimeter).  0.  II,  1,  9—12  (J.  724  oder  725):  paulum  8( 
verae  Musa  tragoediae  desit  theatris,  nämlich  während  A.  P.  seine  Gc 
schichte  der  Bürgerkriege  schreibt.    Dass  A.  P.  Tragödien  wirklich  hei 


Aainius  Pollio.  383 

ausgab  erhellt  aus  Tac.  dial.  21:  Asinius  .  .-  videtur  mihi  inier  Menenios 
et  w^ttioB  staduisse;  Pacuvium  certe  et  Attium  non  solum  tragoediis  sed 
etiskxn  orationibas  suis  ezpressit:  adeo  dorus  et  siccos  est  Dass  sie  auf- 
ge:f^t3.hrt  wnrden  zeigt  theatris  bei  Hör.  1.  1.  Irgend  etwas  Näheres  über 
sie  ist  aber  sonst  nicht  bekannt.  Nach  dem  Geschichtswerke  scheint  A.  P. 
nidit  mehr  zur  Tragödie  zurückgekehrt  zu  sein.  Miss  verständlich  wohl 
Se-^^w.  Verg.  Ecl.  8,  10:  alii  ideo  hoc  de  Pollione  dictum  volunt  quod  et 
ips^  otriosque  linguae  tragoediarum  scriptor  fuit.  Da  nach  Plin.  Ep.  V, 
3,  .&  (oben  26,  1)  vgL  VII,  4,  4  auch  A.  P.  erotische  Gedichte  verfasste,  so 
isfe  "wahrscheinlich  aus  diesen  (oder  vielmehr  einer  Sammlung  von  Erotika) 
en't^viommen   Charis.   I.   p.    100,  24  K.:    Polio   „Yeneris    antistita   Cupra" 

b)  Geschichte  der  Bürgerkriege  vom  ersten  Triumvirat  an  (J.  694, 

li^'bello  cousule,  Uor.  0.  II,  1,  1  vgl.  Suid.  y.  n<oXL<ov:  nsgl  tov  i(iq>vUov 

T^S*   'P(6(ifig  nolifiov  ov  inoXiiirjaav  Kaiadg  ts  nal  nofinri'Cog) ^  in  latei- 

nisoher  Sprache  {gonfiammg ,  Suidas  v.  'jlaLViog)^  und  wohl  kurzweg  Histo- 

riske  betitelt  (Sen.  saas.  15,  p.  33,  2:  Pollio  in  Historiis  suis.   ib.  25,  p.  37: 

in   Historiis  eins  .  .  ne  Historias  eius  legere  concupiscatis ;   vgl.  Val.  Max. 

VIII,  13.  ext.  4).  Abgehandelt  war  darin  die  Schlacht  bei  Pharsalos  (Suet 

Caes.  30  u.  a.    H.  Peter,  die  Quellen  Plutarchs  S.  124—127),  der  spanische 

Krieg  (Suet  Caes.  56) ,  Cicero's  Tod  (Sen.  suas.  24.  p.  36  f.  Ba.)  und  wohl 

noch  die  Schlacht  bei  Philippi  (vgl.  Tac.  A.  IV,  34:  Asinii  Pollionis  scripta 

cgregiam  eorundem  —  nämlich  des  Cassius  und  Brutus  —  memoriam  tradunt). 

Nach  Hör.  0.  II,  1 ,  1—8.  17  S.  arbeitete  er  daran  ums  J.  724  oder  725, 

^d  mindestens  drei  Bücher  wurden  auch  herausgegeben  (Val.  Max.  VIII, 

13.  ext  4:  Asinius  Pollio,  non  minima  pars  romani  stili,  in  tertio  Histo- 

*^*ruin  suarum  libro);  ob  aber  17  (Suidas  v.  'Aa^viog  TlmXCayifi  'Pa}(iaCog, 

Affro^^'a^  Q(oftai%dg  avvixa^tv  iv  ^i^iliOiff  i^')  ist  zweifelhaft,  da  diese  Zahl 

sich    auf  eine  Fortsetzung  des  Werkes,  Melleicht   aus  den  Papieren  des 

Conaularen,  durch  dessen  Freigelassenen,  A.  P.  aus  Tralles  (W.  TeafFel  in 

^auly's  Real-Enc.  I,  2.  S.  1868,  Nr.  25),  beziehen  kann.    Das  Fehlen  von 

^^ülirongen  über  die  Kämpfe  zwischen  Octavian  und  Antonius  (denn  dass 

die  Stelle  über  Tiberius,  Priscian.  VIII,  19.  p.  386,  9  f.  Htz.,  aus  den  Hi- 

storia«  y/rox  ißt  unerwiesen)  macht  wahrscheinlich  dass  das  Werk  des  A.  P. 

^  ^Üeae  sich  nicht  erstreckte,  somit  nicht  zu  Ende-  geführt  wurde,  ver- 

ni«tlich  weil  A.  P.  selbst  es  als  periculosae  plenum  opus  aleae  (Hör.  0. 

^f  ^9  6)   erkannte.     Dass   das   Veröffentlichte  keine   rhetorische  Fassung 

^^^  Bagt  Sen.  suas.  25,  und  Atejus  (oben  197,  1)  hatte  ihm,  historiani 

''^Poixere  aggresso,  gerathen  ut  noto  civilique  et  proprio  sermone  utatur 

^^^^t,  gramm.  10,  p.  109,  2  ff.  R.). 

^   ^)  Pollio  als  Redner,  gerichtlicher  und  politischer  (Hör.  0.  ll,  1,  13 f.), 

^^••ter  ^mjii  ^  declamator ;  s.  die  Stellen  bei  H.  Meyer,  orat.  rom.*  p.  487 

7^^    xmd  F.  Blass,  die  griech.  Beredts.  (1865)  S.  141—144.    Sen.  Epist. 

^  '^ :  compositio  Pollionis  Asinii  salebrosa  et  exsiliens  et  ubi  minime  ex- 

■P^ct^  relictura.    denique  omnia  apud  Ciceronem  desinunt,  apud  PoUio- 

^^^   cadunt,    exceptis  paucissimis   quae  ad  certum  modum  et  ad  unum 

®*^nipiar  adstricta  sunt.    Quintil.  X,  1,  113:  multa  in  Asinio  Pollione  in- 

^^^tio,  summa  diligentia,  adeo  ut  quibusdam  etiam  nimia  videatur,  et  con- 


384  Augusteische  Zeit,  711—767  d.  St. 

silii  et  animi  satis;  a  nitore  et  iucunditate  Ciceronis  ita  longe  abest 
videri  possit  saeculo  prior.  Vgl.  die  (vom  Standpunkte  des  dortigen  Sp 
chers  übertreibende)  Schilderung  bei  Tac.  dial.  21  (oben  2  a),  Tgl.  25  (i 
merosior  Asinius).  In  seinen  Uebungsreden  aber  war  er  floridior  aliquai 
(Sen.  Contr.  p.  376,  5  f.  Bu.)  als  in  den  gerichtlichen.  Beispiele  aus  jei 
bei  dem  älteren  Seneca,  z.  B.  p.  185.  192.  223.  382  Bu. ;  Zusammenstelle 
der  Ueberreste  aus  den  gerichtlichen  bei  Meyer  1.  1.  p.  491—501.  üu 
letzteren  sind  die  späteren  alle  Yertheidigungsreden,  falls  nicht  bei  Chai 
I.  p.  97,  11  E.  mit  den  excerpta  Cauchiana  zu  lesen  ist  Asinius  in  Va 
riam.  Die  Schilderungen  seiner  Redeweise  wie  die  Polemik  gegen  die  < 
Cicero  (Quintil.  XII,  1,  22)  lassen  den  A.  P.  als  Verwandten  der  Attikis^ 
in  der  ciceronischeu  Zeit  erscheinen;  doch  wird  er  von  diesen  unterschied 
bei  Quintil.  X,  2,  7. 

d)  Sonstige  prosaische  Schriften  des  PolHo.  Daraus  dass  Aristius  F 
cus  dem  A.  P.  eine  grammatische  Schrift  widmete  (Eichenfeld,  Anal,  gram 
p.  452),  sowie  aus  Charis.  I.  p.  84,  5  ff.  (puer  et  in  feminine  sexu  antic 
dicebant,  ut  .  .  in  Nelei  carmine,  .  .  ubi  tamen  Yarro  .  .  a  puera  pul 
dictum,  sed  AeUus  Stilo,  magister  eins,  et  Asinius  contra),  sowie  Priscis 
X.  p.  888  P.  s»  513,  7  f.  Utz.  (nanciscor  etiam  nactum  facit,  absque  n, 
Probo  et  Capro  et  Pollioni  et  Plinio  placet)  u.  A.  hat  M.  Haupt,  im  B 
Hner  Katalog  für  Sommer  1855,  p.  3 — 5,  geschlossen  dass  A.  P.  an 
grammatische  Schriften  verfasst  habe,  welchen  er  die  Hterarisch-ästhetiscb 
Urteile  desselben  zuweist  (vgl.  unten  A.  3),  sowie  Charis.  I.  p.  97,  11 
oben  c)  Asinius  in  Yalerium,  womit  CatuU  gemeint  sein  solle.  Briefe,  s.  A. 

3.  PoUio  als  Kritiker.  Sen.  Controv.  lY.  praef.  3  (p.  376,  7  ff.  Bu 
illud  strictum  eins  (des  A.  P.)  et  asper  um  et  nimis  iratum  in  censen 
(nach  0.  Jahn)  iudicium  adeo  cessabat  (in  den  declamationes  des  A.  ! 
ut  in  multis  illi  venia  opus  esset  quae  ab  ipso  vix  impetrabatur.  Wie  c 
Urteil  über  Cicero  (oben  163,  1)  sicher,  so  wird  wohl  auch  das  über  d 
sars  Commentarien  (Suet.  Caes.  56;  s.  oben  183,  1)  aus  den  Historiae  c 
A.  P.  stammen;  das  über  Porcius  Latro  (Sen.  p.  144,  6  ff.  Bu.)  ist  aus  eii 
declamatio;  der  Tadel  gegen  Cicero  (Sen.  suas.  15,  p.  32  f.  Bu.)  ist  a 
einer  Rede  (Sen.  1.  1.),  und  ebenso  wohl  auch  der  gegen  einen  Ausdru 
des  Labienus  (Quintil.  IX,  3,  13  vgl.  ib.  lY,  1,  11).  Ausserdem  Suet< 
gramm.  10,  p.  108,  3  Rffsch. :  Asinius  Pollio  in  libro  quo  Sallustii  8cri{ 
reprehendit  (vgl.  oben  194,  5).  Yielleicht  dass  dieser  liber  BriefTorm  hati 
vgl.  Gell.  X,  26,  1:  Asinio  Pollioni  in  quadam  epistola  quam  ad  Planci 
scripsit  .  .  dignum  nota  visum  est  quod  (Sallustius)  in  primo  Historiart 
u.  s.  w.  Yielleicht  dass  in  diesem  liber  auch  die  Kritik  des  cicerouisch 
Stils  (Quintil.  XII,  1,  22)  und  das  Urteil  über  den  paduanischen  Bei( 
schmack  der  Schreibweise  des  Livius  (Quintil.  YIII,  1,  3)  enthalten  w: 
Asinius  Pollio  ad  Caesarem  I  bei  Charis.  I.  p.  134,  3  K.  Erhalten  si 
aber  nur  drei  Briefe  des  A.  P.  an  Cicero  vom  J.  711,  bei  Cic.  ad  fa 
X,  31  —  33.    Ygl.  oben  204,  3. 

4.  Ueber  die  Gründung  einer  Bibliothek  durch  A.  P.  und  seine  E 
führung  von  recitationes  s.  oben  S.  373  f. 

5.  M.  Yalerius  M.  f.  Messala  Corvinus.  Hieronym.  ad  a.  Abr.  1958 
Ol.  180,  2  =  58  V.  Chr.  s=  696  d.  St.:  Messala  Corvinus  orator  nascitur 


Asinius  Pollio.  M.  Meseala.  385 

T.  lL.iyiu8  Patayinus  scriptor  historicus;  und  zu  a.  Abr.  2027  =  54  Aug.  = 
7  AjTchelai  =  11  n.  Chr.  =  764  d.  St.:   Messala  Corvinus    ante  biennium 
qaajxi  moreretur  ita  memoriam  ac  eensum  amisit  ut  vix  pauca  yerba  con- 
ion^eret,  et  ad  eztremum  .  .  inedia  se  confecit,  anno  aetatis  LXXII  (Fre- 
herMuiuB:  LXXVII).    Hier  ist  die  Datieni^g  des  Todes  (ins  J.  11  n.  Chr.) 
jed ^xifalls  unrichtig,  da  Ovid,  der  schon  im  December  9  n.  Chr.  in  die 
Verbannung  gieng,  noch  zu  Rom  den  Tod  des  Messala  erlebte  (Ovid.  ex 
PoEmt^.  I,  7,  27 — 30).    Messala  kann  daher  spätestens  Anfangs  9  n.  Chr.  = 
762     ^.  St.  gestorben  sein.    War  er  damals  72  J.  alt,  so  wäre  er  J.  690  d.  St. 
=  6^  V.  Chr.  geboren  gewesen,  also  im  gleichen  Jahre  wie  der  junge  Cicero 
(Cic^.    ad  Att.  I,  2,  1),  mit  welchem  (und  dem  jungen  Horaz,  geb.  Ende  689) 
Messala.  gleichzeitig  zu  Athen  studierte  ( J.  709  f.)  und  Cos.  wurde  (Messala  am 
1.  J^n.  723,  Cicero  an  den  Iden  des  September  724).    C.  Nipperdey,  Rhein. 
Mas.   XIX.  S.  282—288.    Vgl.  ßorghesi  Oeuvres  numism.  I.  p.  408  ff.    ün- 
ricHing  ist  jedenfalls  die  Angabe  bei  Tac.  dial.  17:  Corvinus  in  medium 
usqi^u«  Augusti  principatum  .  .  duravit;   s.  Bhein.  Mus.  XIX.  S.  288—292. 
Ob^^ohl  bei  Caesars  Ermordung  nicht  in  Rom  anwesend  kam  Messala  doch 
im    J.  711  auf  die  Proscriptionsliste ,  wurde  zwar  wieder  gestrichen,  blieb 
aber  trotzdem  bei  Brutus  und  Cassius,   in  deren  Lager  er  eine  hervor- 
ragende Stellung  einnahm  (Vellej.  II,  71, 1:  Messala,  fulgentissimus  iuvenis, 
proximus  in  illis  castris  Briiti  Cassiique  auctoritati).   Nach  der  Niederlage 
ihrer  Sache  bei  Philippi  (J.  712)  wandte  er  sich  zu  Antonius,  fand  sich 
aber  bald  durch  dessen  Treiben  gründlich  abgestosseu  (Plin.  N.  H.  XXXIII^ 
3,  14.    Charis.  I.  p.  129,  7  E.:  Messala  contra  Antonii  litteras.   ib.  p.  104, 
18:    M.   Messala   de   Antonii    statuis)    und   versöhnte    sich    mit  Octavian 
(Appian.  b.  c.  FV,  38),  der  ihn  mit  offenen  Armen  aufnahm  und  (J.  718  ff.) 
mehrfach   verwendete,   auch  J.  723  =  31   an   Antonius'   Stelle   zum   Cos. 
°^A<^hte.    Messala  blieb  dem  Octavian  auch  fortan  treu,  ohne  jedoch  an 
■^uien  bisherigen  Freunden  und  Grundsätzen  zum  Verräther  zu  werden 
^yßl.  Plut.   Brut.  63).     IIsqI  "A-axiov   vavaQxr^aag  (Appian.  b.  c.  IV,  38). 
^^^  am  Atax  über  die  Aquitanier  an  seinem  Geburtstag  (Tibull.  I,  7)  und 
Triumph  (ex  Gallia,   a.  d.  VII  Kai.  Oct.)  727  ==  27  v.  Chr.    Im  J.  729  = 
Messala  Corvinus  primus  praefectus  urbis  factus  sexto  die  magistratu 
*®  ^bdicavit,   incivilem  potestatem  esse  conlestans  (Hieronym.  chron.  ad 
*•  -A.br.  1991,   vgl.  Tac.  A.   VI,  11.    Rhein.   Mus.   XIX.    S.  285).    Curator 
*^^arum  J.  743  ==  11  V.  Chr.,  Frontin.  aq.  99  vgl.  102.     J.  752  beantragt 
^en  Titel  pater  patriae  für  August  (Suet.  Aug.  58).    Unechtes  elogium 
j^  Messala  bei  Orelli-Henzen  5346.    Vgl.  im  Ganzen  A.  Haakh  in  Pauly^s 
^^-Bnc.  VI,  2.  S.  2352  f.  Anm. 

^»  Schon  J.  711  schreibt  Cicero  ad  Brut.  I,  16,  1  über  Meesala: 
.^  putes  probitate,  constantia,  cura,  studio  reip.  quidquam  illi  esse  si- 
j  ^;  ut  eloquentia,  qua  mirabiliter  excellit,  vix  in  eo  locum  ad  laudan- 
^^/^/^  habere  videatur.  quamquam  in  hac  ipsa  sapientia  plus  apparet:  ita 
^/7^^  iudicio  multaque  arte  se  exercuit  in  verissimo  genere  dicendi.  tauta 
^^  iudustria  est  tantimique  evigilat  in  studio  ut  non  maxima  ingenio 
^*  ^ratia  habenda  videatur.  Das  verissimum  genus  dicendi  zeigt  dass 
^_?^^ala  sich  nicht  den  Neuattikern,   sondern  der  Weise  des  Cicero  an- 


Y^-^*Ogs.    Vgl.  Tac.  dial.  18:  Cicerone  mitior  Corvinus  et  dulcior  et  in  ver- 
^nagis  elaboratus.    Quintil.  X,  1,  113:  Messala  nitidus  (vgl.  I,  7,  35)  et 

**euffel,  Rom.  Literaturg-escliichle.  25 


386  Augusteische  Zeit,  711  — 767  d.  St.    ^ 

candidua  et  quodammodo  praeferens  in  dicendo  nobilitatem  snam,  viribnfle 
minor.  Sen.  controv.  II,  12,  8  (p.  152  Bu.):  fuit  Messala  exactissimi  in— 
genii  quidem  in  omni  studiorum  parte,  latini  utique  sermouis  obserratoca 
diligentissimus.  Bei  Sen.  ludus  de  m.  Claud.  10,  2  disertissimus  vir 
Suet.  Tib.  70:  in  oratione  latina  secutus  est  Corrinum  Messalam,  qaen:^ 
senem  adolescens  observarat.  Ueber  MessaWs  Einleitungen  s.  Qointil.  IV^ 
1,  8  und  Tac.  dial.  20  in.  Seine  Rede  gegen  die  von  Ser.  Sulpidus  (f  71Lfl 
8.  oben  161,  3)  vertheidigte  Aufidia  kannte  noch  Quintilian  (X,  1,  22^ 
Anderes  bei  Meyer,  orator.  fragm.'  p.  510 — 513. 

7.  Quintil.  X,  5,  2:  vertere  graeca  in  latinum  veteres  nostai  orator^ 
Optimum  iudicabant.    .  .  id  Messalae  placuit,  multaeque  sunt  ab  eo  scn^ 
ptae  ad  hunc  modum   orationes^  adeo  ut  etiam  cum  illa  Hyperidis  p^ 
Phryne  difficillima  Romanis  subtüitate  contenderet.    Verfasser  bukolische  , 
Gedichte  in  griechischer  Sprache  (oben  25,  2)  und,  wie  es  scheint,  in  d 
allegorisierenden  Weise  der  vergilischen;    eine   (metrische)   Ueberseizu^« 
derselben  kündigt  der  Verfasser  von  Vergil.  Catal.  11  (vgl.  unten  215, 
Anm.  2)  an.    Desswegen  oder  wegen  anderer  Gedichte  unter  den  Er(^f 
kern  bei  Plin.  Ep.  V,  3,  5  (oben  26,  1).    Auf  (griechisch  geschriebene 2 
Denkwürdigkeiten  des  Messala  (über  die  Schlacht  bei  Philippi  n.   s.  ^w— 
lässt  Plut.  Brut.  40.  42.  45  schliessen,  und  auch  von  Appian  scheinen  diV  - 
selben   benutzt  zu  sein   (vgl.  z.  B.   b.  c  IV,  38.   121).    Sueton.    Aog.   74;s= 
Valerius  Messala  tradit  u.  s.  w.    Plin.  N.  H.  XXXIII,  8,  14:  Messala  ora- 
tor prodidit  u.  s.  w.    Ibid.  XXXV,  2,  8:  exstat  Messalae  oratoris  indigna- 
tio,  quae  prohibuit  inseri  genti  suae  Laevinorum  alieuam  imaginem.  similid 
causa  Messalae   seni   expressit  volumina   illa   quae    de  familiis   condidii 
Vgl.  XXXIV,  38:  verba  ipsa  de  ea  re  Messalae  senis  ponam:   Serviliorum 
familia  u.  s.  w.    Im  Quellenverzeichniss  von  B.  XXXIII  (und  XXXIV)  nennt 
Plinius  auch  Messala,  B.  XXXV  ex  .  .  Messala  oratore,  Messala  sene.  — 
Quintil.  I,  7,  35:   ideo  minus  Messala  nitidus  quia  quosdam  totos  libellos 
uon  verbis  modo  singulis^ed  etiam  litteris  dedit?   vgl.  ib.  23:  Messala  in 
libro  de  S  littera.    IX,  4,  38:    quae  fuit  causa  et  Servio  .  .  subtrahendae 
S  litterae  (im  Auslaut  vor  anlautendem  Consonanten),  qnod  reprehendit 
Luranius,  Messala  defendit.    Vgl.  ib.  I,  5,  15.    Dergleichen  Erörterungen 
stellte  Messala  auch  in  Briefform  an;  Suet.  gramm.  4  (p.  103  Rff.):   eos- 
dem  litteratores  vocitatos  Messala  Corvinus  in  quadam  epistola  ostendit 

8.  Gedicht  zu  Ehren  des  Messala  Tibull  I,  7  u.  a.  Panegyricus  auf 
ihn  bei  Tibull  IV,  1.  Elegia  ad  Messalam  unten  215,  5,  Anm.  2.  Jm  All- 
gemeinen vgl.  D.  G.  MoUer,  disputatio  de  M.  Valerio  Messala  Corvino, 
Altorf  1689.  4.  C.  van  Hall,  M.  Val.  Mess.  Corvinus,  Amsterdam  1820. 
2  Voll.  L.  Wiese,  de  M.  Val.  Messalae  Corvini  vita  et  studiis  doctrinae, 
Berlin  1829.  79  pp. 

9.  Ein  Product  des  Mittelalters  ist  das  den  Namen  des  Messala  tra- 
gende Schriftchen  de  progenie  Augusti  Caesaris,  gedruckt  herausgegeben 
zuerst  von  J.  Bedrot  1532.  1540,  später  in  Ausgaben  der  scriptores  bist 
rom.,  des  Eutropius  u.  s.  w.,  zuletzt  von  C.  H.  Tzschucke,  Lips.  1793,  und 
Raphaele  Mecenate,  Rom  1820. 

209.    Unter  den  Dichtern  der  augusteischen  Zeit  ist  der 
älteste  L.  Varius  Rufus  (um  680— 740  d.  St.),  ein  Bewunderer 


M.  Messala.  L.  Varius.  387 

sclion  des  Caesar^  dann  des  Octavian^  und  Verfasser  von  Epen 

auf  sie,  am  berülimtesten  aber  geworden  durch  seine  Tragödie 

Thyestes  (J.  725)  und  durch  seine  Freundschaft  mit  Vergilius 

d  Horatius^  namentlich  seine  Herausgabe  der  Aeneis  des  Erste- 

ungefähr  gleichaltrig  mit  ihm  und  gleichfalls  ein  Freund 

des  Vergilius  war  Aemilius  Mac  er  aus  Verona  (f  738  d.  St.), 

\rerfasser   von   Lehrgedichten    nach    Nikandros,    Ornithogonia, 

Tlieriaca  und  wahrscheinlich  auch  eines  botanischen  (de  herbis). 

1.  DasB  Varius  ein  ungefährer  Altersgenosse  des  Helvius  Cinna   (oben 

^OO,  2)  und  jedenfalls  älter  war  als  Vergil  erhellt  aus  Verg.  Ecl.  IX,  35: 

neque  adhuc  Yario  videor  nee  dicere  Cinna  digna.    Epos  auf  Caesar,  de 

morte,   woraus  Proben  (12  Hexameter)  bei  Macrob.  VI,  1,  39  f.  2,  19  f. 

Daher  Hör.  S.  I,  10,  51  f.:   forte  epos  acer  ut  nemo  Varius  ducit.    Hin- 

weisuug  auf  Verherrlichung  der  Thaten  des  Agrippa  (und  Octavian)  durch 

ein  Epos  des  Varius  bei  Hör.  0.  I,  6,  1 — 4.    Erfüllung  dieser  Erwartung 

nach  Porphyrio  zu  Hör.  Ep.  I,  16,  25:  versus  Tene  magis  etc.    .  .  sunt 

notdssimo  ex  pauegyrico  Augusti;  vgl.  Acro  ib.:  haec  enim  Varius  de  Au- 

gxisto  scripserat.    Zusammen  mit  Vergil  (als  Epiker)  bei  Hör.  Ep.  II,  3,  55. 

Glaublich  ist  dass  er  auch  Elegisches  verfasste;  Porph.  zu  Hör.  0.  I,  6,  1: 

ftdt  L.  Varius  et  ipse  carminis  et  tragoediarum  (bekannt  ist  aber  nur  der 

eine  Thyestes)  et  elegorum  (oder  elegiarum)  auctor,  Vergilii  contubernalis. 

Nur  als  Tragiker  erwähnt  bei  Martial.  VHI,  14,  7  f.     Zur  Zeit  der  Ab- 

faasuDg  von  Hör.  Ep.  II,  1,  247  (um  J.  742)  war  Varius  bereits  gestorben. 

2.  Scholion   in   einem  Pariser  codex  rescriptus   etwa  aus  saec.  VIII 
(Rhein.  Mus.  I.  S.  107),  nach  der  Ueberschrift  Incipit  Thuestes  Varii:  Lu- 
cius Varius  cognomento  Kufus  Thyesten  tragoediam  magna  cura  absolu- 
y^^^  post  actiacam  victoriam  Augusti  ludis  eius  (J.  725,  vgl.  Dio  LI,  19.  21) 
^^   8cena  edidit.    pro  qua  fabula  sestertium  deciens  accepit.    Vgl.  F.  W. 
^chxieidewiu,  Rhein.  Mus.  I  (1842).  S.  106—112.  II.  S.  638  f.     Citat  daraus 
^^  Quintil.  HI,  8,  45.    Zwei  anapästische  Fragmente  ohne  Nennung  des 
P^^öckes  bei  ßibbeck,   trag.  lat.  p.  195  f.  vgl.  p.  347.    Quintil.  X,  1,  98: 

^'^i  Thyestes  cuilibet  graecarum  comparari  potest.    Tac.  dial.  12  extr.: 

^^    nUus  Asinii  aut  Messalae  liber  tarn  illustris  est  quam  Medea  Ovidii 

^^*   A^arii  Thyestes.    Philargyr.  zu  Verg.  Ecl.  8,  10:   Varium,  cuius  exstat 

^^^yestes  tragoedia,  omnibus  tragicis  praeferenda.  F.  G.  Welcker,  die  griech. 

^"^«ödien  III  (1841)  S.  1426—1430. 

,^      3.  Verhältniss  zu  August  (Hör.  Ep.  II,  1,  245  11'.),  Maecenas  (Martial. 

^  *-I^,  56,  21.  XII,  4,  1  f.),  Horaz  (welchen  Varius  bei  Maecenas  einführte, 

^^^.  S.  I,  6,  55;  vgl.  5,  40.  93.   9,  23.   10,  89.    II,  8,  21.  63)  und  Vergil. 

^^^usgabe  der  Aeneis,  s.  unten  214,  2.    Schrift  über  Vergil;  Quintil.  X, 

^  ^:   Vergilium  paucissimos    die   composuisse   versus   auctor   est   Varius. 

%1.  Gell.  XVn,  10,  2:    amici  familiaresque  T.  Vergilii  in  iis  quae  de  in- 

^^ȟo  moribusque  eius  memoriae  tradiderunt. 

4.  Die  von  Heerkens  dem  Varius  zugeschriebene  Tragödie  Tereus  hat  zum 
'erfasser  einen  Italiener  des  16.  Jahrb.,  Gregorius  Corrarius,  und  wurde  unter 
^em  Titel  Progne  gedruckt,  Venedig  1558  4.  Weichert  de  L.  Vario  p.  1 18—120. 

25* 


388  Augusteische  Zeit,  711— 7C7  d.  St. 

5.  A.  Weichertf  de  L.  Varii  et  Cassii  Parmensis  vita  et  carminil 
(Grimma  1836)  p.  1—120.  R.  ünger,  de  Valgii  Rufi  poemafcis  (Hai.  18 
p.  296—303. 

6.  Hierouym.  zu  Eus.  Chron.  a.  Abr.  2001  =  Ol.  191 ,  1  =  28  Aug. 
738  d.  St.:  AemiliuB  Macer  Veronensis  poeta  in  Asia  moritur.  Serv.  V< 
Ecl.  y  in.:  Mopsus  (intellegitur)  Aemilius  Macer  Yeronenais  poeta,  ami 
Vergilii.  Ovid.  Trist.  IV,  10,  43  f. :  saepe  suas  volucres  legit  mihi  granc 
aevo  quaeque  necet  serpens,  quae  iuvet  herba  Macer.  Quintil.  X,  1, 
Macer  et  Lucretius  legendi  quidem,  sed  non  ut  phrasin  .  .  faciant;  < 
gantes  in  sua  quisque  materia,  sed  alter  (Macer)  humilis,  alter  dif&d 
ib.  56:  Nicandrum  frustra  secuti  Macer  atque  Vergilius  (oder  Valgiu 
XII,  11,  27:  neque  post  Lucretium  ac  Macrum  Vergilius.  VI,  3,  96:  C 
dius  ex  tetrastichob  Macri  carmine  Hbrum  in  malos  poetas  composi 
Tibull.  II,  6  in.    Manil.  astr.  II,  43  ff. 

7.  Hexameter  aus  Macer  Aemilius  Ornithogonias  secundo  bei  Diom 
I.  p.  374,  21  K.  vgl.  Non.  Marc.  p.  220,  18  (Licinius  Macer  in  Homit 
gouia).  518,  25  (Aemilius  Macer  in  Omithogoniae  libro  I).  Isidor.  Oj 
XII,  7,  19.  ünger  p.  2—6.  Macer  Theriacon  (II?)  bei  Charis.  I.  p. 
18  K.  vgl.  Isidor.  Orig.  XII,  4,  24.  ünger  p.  6 — 10.  Sonstige  unbestinu 
Anführungen  bei  Serv.  Aen.  I,  435.  Schol.  Bern.  Georg.  II,  160.  Cha 
p.  65,  7.  107,  4.  133,  11.  14,  sowie  72,  17.  100,  33;  letztere  beide  Stel 
wohl  aus  dem  botanischen  Werke  (Unger  p.  11 — 14).  unter  seinen  Quell 
Schriftstellern  nennt  Plinius  den  Aemilius  Macer  zu  Buch  IX,  X,  XI,  X^ 
und  es  ist  daher  wahrscheinlich  (Unger  p.  16  f.)  dass  auch  in  Buch  X 
XXI  f.,  XXVIII,  XXIX,  XXX,  XXXn,  wo  bei  ganz  ähnlichen  Stoffen  ( 
Quellenverzeichniss  Licinius  Macer  nennt,  dieselbe  Namensverwechali 
zu  Grunde  liegt  wie  bei  Non.  p.  220,  18  und  Diomed.  p.  369,  15  E. 

8.  Broukhusius  zu  Tibull  II,  6.  p.  274  f.  Maffei,  Verona  illustr.  III, 
p.  41  ff.  R.  ünger,  de  Aemilio  Macro  Nicandri  imitatore,  Friedland  18 
18  pp.  4. 

9.  Fälschlicher  Weise  trägt  den  Namen  des  Aemilius  Macer  das  W' 
(in  Hexametern)  eines  Arztes  Odo  im  karolingischen  Zeitalter  de  viril 
herbarum;  s.  Unger  1.  1.  p.  10  f. 

210,  P.  Vergilius  Maro  wurde  geboren  zu  Ändes  1 
Maiitua  den  15  October  684  =  70  v.  Chr.  in  bescheidenen  V 
hältnissen;  aber  sorgfältig  ausgebildet.  Als  im  J.  713  und  7 
d.  St.  das  Gut  seines  Vaters  wiederholt  Veteranen  Oetavic 
zugetheilt  worden  war  bewirkte  die  Fürsprache  hochgestell 
Freunde  Rückgabe  oder  Ersatz.  Seitdem  lebte  Vergilius  theils 
Rom  theils  in  Campanien  (Neapel),  vielfach  gehemmt  durch  sei 
schwache  Gesundheit,  aber  allmählich  in  behagliche  äussere  ü 
stände  gekommen.  Nachdem  er  die  Bucolica(713— 715)und  Ge 
gica  (717 — 724)  vollendet  und  herausgegeben  hatte,  die  Aen 
(seit  725)  schon  weit  vorgerückt  war,  wollte  Vergil  zu  dei 
Vollendung  sich  nach  Atlien  und  Asien  zurückziehen,  liess  si 


Dichter:  Aelnilius  Macer.  Vergilius  (Leben).  389 

ab^jr  in  Athen  von  August  zur  Umkehr  bewegen,  erkrankte 
baul<3  darauf  und  starb  zu  Brundisium,  den  22  September  735 
=      19  V.  Chr.,  51  Jahre  alt. 

1.  Quellen,  a)  Vita  VergilÜ  de  commentario  Valeri  Probi  sublata, 
bei  B.  Keil,  M.  Valerii  Probi  comm.  (Halle  1848)  p.  1  f.  und  in  Reiffer- 
Bcki-eids  Sueton  p.  52—54  vgl.  p.  398  f.  0.  Jahn's  Persius  p.  CXLI  iF.  Der 
Auszug  ist  nachlässig  gemacht,  hält  sich  aber  von  Fabeleien  frei;  Ribbeck 
in   JF^leckeisens  Jahrbb.  1863,  S.  351  ff. 

b)  Donaths  vita  Vergilii  bei  Reifferscheid  1.  1.  p.  54—68,  und  H.  Ha- 
gere   in  Fleckeisens  Jahrbb.  Suppl.  TV.  p.  734—745;  nach  einer  Pariser  Hds. 
her«iU8gegeben  von  E.  Wölfflin,  Philologus  XXIV.  S.  153—155.    Sie  steht 
vor    Donats  Commentar  zu  Vergil  und  ist  wohl  grösstentheils   geschöpft 
aus   Sueton  de  viris  illustribus,  welcher  selbst  das  Meiste  dem  Ascouius  und 
dieser  weiterhin  den  Schriften  des  L.  Varius  (oben  209,  3)  und  C.  Meli8Sus(A.4) 
verdankte;  sie  enthält  viele  werthvolle  Angaben,  ist  aber  interpoliert  durch 
Zae^tze  aus  dem  Commentar  des  Servius  und  namentlich  durch  allerlei 
widersinnige  mittelalterliche  Erßndungen,  die  in  den  späteren  Handschriften 
dem  ursprünglichen  Texte  angefügt  sind.     Vgl.  Reifferscheid  L  1.  p.  399— 
403.    Hagen  p.  676—689. 

c)  HieronymuB  zu  Euseb.  Chron.  ad  a.  Abr.  1948.  1959.  1964.  1999  » 
Ol  177,  4.  180,  3.  181,  4.  190,  3.    Gleichfalls  aus  Sueton. 

d)  Die  den  Namen  des  Servius  tragende  vita  (vor  dem  Commentar 
*ur  Aeneis),  welche  aber  die  echte,  von  Servius  in  seiner  Einleitung  zu 
*^eii  Bucolica  (II.  p.  97)  erwähnte  nicht  ist;  s.  Reifferscheid  p.  399. 

Ausserdem  eine  (nicht  vollständig  erhaltene)  vita  von  Phocas,  gram- 

'^ticus  urbis  Romae,  in  Hexametern ;  fast  ganz  aus  Donats  vita  entnommen ; 

*•  Reifferscheid  p.  68—72  und  p.  403  f.     Vgl.  W.  Fröhner,  Philologus  XVIII. 

ö-  3^0^    Endlich  vitae  von  geringem  Werthe  in  einzelnen  Vergilhdss.,  wie 

^^^    fernem,  einem  Monacensis  und  einem  ReginensiB;^8.  Reifferscheid 

P-  5^  f.    Hagen  1.  1.  p.  746. 

^«  Namen.  Die  Inschriften  aus  der  Republik  und  den  ersten  christL 
ahrlixtinderten  haben  ganz  überwiegend  Vergihus  (nicht  Virgilius);  ebenso 
^^  ältesten  Hdss. ,  wie  der  Mediceus;  und  auch  die  Griechen  schreiben 
.*  <3urchaus  Bsgyiltog  oder  OvsQyiliog.  Erst  im  Mittelalter,  ungefähr 
^^^^  ^aec.  IX,  fangt  daneben  die  Schreibung  Virgilius  an  aufzukommen, 
^^r^a^laast  besonders  durch  phantastische  Ableitungen  des  Namens  (von 
^'S'o  oder  virga,  die  aber  wohl  selbst  früher  vergo  und  verga  lauteten), 
°°^  im  14.  und  15.  Jahrh.  erscheint  diese  als  die  siegreiche.  Doch  erwies 
^  ^^  damals  Angelus  Politianus  ihre  Unrichtigkeit.  Vertheidigungsversuch 
^^  Xetzteren  durch  F.  Schultz,  orthographicarum  quaestionum  decas  (Pa- 
^^'^^tDm  1855)  p.  42 — 44.  Dagegen  s.  E.  Hübner,  in  Fleckeiseua  Jahrbb.  77, 
8.  ^^f.  H.  Hagen,  ebds.  95,  S.  608.  Th.  Creizenach,  ebds.  97,  S.  294 
"'^^.    F.  RitBchl,  kleine  philolog.  Schriften  H.  S.  779  ff. 

3.  Die  Belege  zu  den  Angaben  über  die  Lebensumstände  des  Vergil 

*\>>€i  W.  Teuffei  in  Pauly's  Real-Enc.  VI,  2.   S.  2644—2648,  sowie  bei 

*^^\>eck  vor  seiner  Textausgabe  des  Vergil  (Bibl.  Teubneriana,  Lips.  1867) 

P  ^  VIII— XXXVI.  Name  von  VergÜ8*Mutter  Magia  Polla,  des  Vaters  aber 


I: 


390  Augußteiscbe  Zeit,  711—767  d.  St. 

Maro.  Letzterer  ^^ar  mercenDarius  oder  figulus  und  brachte  es  durch  seine 
Thätigkeit  allmählich  zu  einem  kleinen  Vermögen.  Unterricht  zu  Cremona 
seit  696.  Nach  Anlegung  der  toga  virilis  (15.  Oct.  699  =  65  v.  Chr.)  nach 
Mediolanum,  701  =  53  nach  Rom,  wo  Verg.  studuit  apud  Epidium  (oben 
197,  3)  oratorem  cum  Caesare  Augusto  (vita  Bern.),  ohne  aber  mehr  als 
einmal  vor  Gericht  als  Redner  aufzutreten.  Desto  eifriger  studierte  et 
Philosophie,  worin  sein  und  des  (Alfenus)  Varus  (oben  195,  2)  Lehrer  der 
Epikureer  Siro  (ZsiQtoVf  M.  Haupt,  Hermes  I.  S.  40  f.)  war,  sowie  Mathe- 
matik und  andere  Naturwissenschaften,  auch  Medicin.  Zeit  der  Ruckkehr 
in  die  Heimat  unbekannt.  J.  713  Erstreckung  der  Güteranweisungen  yon 
Cremona  aus  auf  das  nahe  Gebiet  von  Mantua  durch  den  limitator  Octa- 
vius  Musa;  Vergils  väterliches  Gut  fiel  einem  Centurionen  Arrius  zu.  Für- 
sprache des  Asinius  Pollio  und  Cornelius  Gallus  bei  Octavian.  Nach  Be- 
endigung des  perusinischen  Kriegs  ersetzte  Octavian  den  Asinius  Pollio  in 
Gallia  transpadana  durch  den  ihm  ergebeneren  Alfenus  Varus,  der  dem 
Vergil  zwar  Schutz  versprach,  aber  nicht  verhinderte  dass  durch  den  Primipi- 
lar  Milienus  Toro  sein  väterliches  Gut  abermals  in  Besitz  genommen  wurde, 
er  selbst  durch  einen  Clodius  beinahe  getödtet  worden  wäre.  Flucht  Ver- 
gils und  seines  Vaters  auf  ein  Gut  das  dem  Siron  gehört  hatte  (Cat.  10). 
Cornelius  (Gallus)  und  (Aemilius?)  Macer  riethen  sich  nach  Rom  zu  wen- 
den, wo  der  inzwischen  durch  seine  Bucolica  bekannt  gewordene  Dichtei 
durch  Verwendung  des  Mäcenas  Entschädigung  für  seinen  Verlust  erhalter 
zu  haben  scheint,  etwa  in  Campanien  (Gut  bei  Nola,  Gell.  VI  (VII),  20,  1). 
Ende  715  stand  Vergil  mit  Maecenas  schon  so  vertraut  dass  er  den  Horaa 
in  diesen  Kreis  einführen  konnte.  J.  717  trafen  Beide  auf  dem  itei 
Brundisinum  zusammen.  Hör.  S.  I,  5,  40  ff.  Vergils  weiteres  Leben  ist 
durch  keine  äusseren  Ereignisse  bezeichnet.  Dum  Megara  .  .  ferventissimc 
sole  cognoscit  languorem  uactus  est  eumque  non  intermissa  navigationc 
(aus  Griechenland  nach  Italien)  auzit  ita  ut  aegrior  ahquanto  Brundisiun 
appelleret,  ubi  diebus  paucis  obiit,  XI  Kai.  Oct.  Gn.  Sentio  Q.  Lucretic 
C0S8.    Ossa  eiu9^  Neapolim  translata  sunt.    Donaths  vita  35  (51). 

4.  Person*.  Corpore  et  statura  fuit  grandi,  aquilo  colore,  facie  rusti 
cana,  varia  valetudine.  uam  plerumque  a  stomacho  et  a  faucibus  ac  do 
lore  capitis  laborabat,  sanguinem  etiam  saepe  reiecit.  Donats  vita  8  (19) 
Daher  ist  sehr  glaublich  dass  dem  Horaz,  bei  seiner  Schilderung  S.  I,  3 
29  ff.  das  Bild  des  Vergil  vorschwebte.  Zuverlässige  Abbildungen  voi 
ihm  sind  nicht  auf  uns  gekommen.  Donaths  vita  16  (27):  in  sermone  tar 
dissimum  ac  paene  indocto  similem  eum  fuisse  Melissus  tradidit.  ib.  28  (43) f. 
pronuntiabat  autem  (seine  Arbeiten)  cum  suavitate  tum  lenociniis  miris. 

5.  Persönliche  Verhältnisse:  Donaths  vita  13(24):  possedit  prop4 
centicns  sestertium  ex  liberalitatibus  amicorum  (Hör.  Ep.  H,  1,  246  f.  mi 
Schol.  Martial.  VIII,  56,  5  ff.  Serv.  Ae.  VI,  862)  habuitque  domum  Roma^ 
Esquiliis  iuxta  hortos  Maecenatianos,  quamquam  secessu  (Tac.  dial.  13 
Campaniae  Siciliaeque  plurimum  uteretur.  Bei  seiner  Bedürfiiisslosigkei 
konnte  denn  Vergil  ein  ziemliches  Vermögen  hinterlassen.  Heredes  fed 
ex  dimidia  parte  Valerium  Proculum  fratrem  alio  patre,  ex  quarta  Augu 
stum,  ex  duodecima  Maecenatem,  ex  reUqua  (je  Vit)  L-  Varium  et  Plotiun 
Tuccam,  Donat  37  (56).    Vermählt  w5r  Vergil  nie. 


Dichter:  Vergilius  (Leben  und  Charakter).  391 

311.  Vergil  war  persönlich  eine  kindlieh  harmlose  liebens- 
iriii-dige  Natur,  sanft  und  lauter  und  friedlich,  ein  guter  Sohn 
imcl    treuer  Freund,   von  ehrenhafter  Gesinnung  und  voll  Hin- 
gebung an  Personen  wie  ideale  Interessen,  aber  den  Anforder- 
ungen und  Schwierigkeiten  des  wirklichen  Lebens   wenig  ge- 
waolisen.    Wenn   er  daher  doch  Feinde  hatte,  so  galten  diese 
niclit  seinen  persönlichen  Eigenschaften,  sondern   seiner  poli- 
tiscl-literarischen  Richtung  und  Stellung.     Auch  als  Dichter  ist 
er    'wesentlich  derselbe.     Am  besten  gelingen  ihm  in  allen  Dicht- 
gattungen solche  Gegenstände  welche  gemütliche  Wärme   erre- 
gen oder  zulassen,  wie  die  leblose  Natur,  das  Heimatland,  die 
Famihe  und   die  Liebe.     Aber  er  ist  zu  weich  imd  zu  wenig 
genial   als  dass  er  auf  dem  seiner  Natur  zusagendsten  Gebiete 
hatte  beharren  und  darauf  Ruhm  ernten  können.     Er  lässt  sich 
von  aussen  auf  StoflFe  führen  für  die  er  nicht  geboren  war;    er 
sammelt  für  diese  mit  dem  Fleisse  des  Gelehrten  und  feilt  an 
der  Form  mit  der  Un Verdrossenheit  eines  Künstlers;   aber  die 
gewissenhafteste  Arbeit  ersetzt  nicht  den  Mangel  an  Schöpfer- 
kraft und  Erfindungsgabe,  an  ursprünglicher  PVische,  Anschau- 
lichkeit und  Lebendigkeit.     Dagegen  erwirbt  ihm  die  treue  Ar- 
beit jene  Correctheit  uad  Eleganz  in  Compositiou,  Sprache  und 
Versbau  durch  welche  Vergil  für  den  poetischen  Sprachgebrauch 
^d  Stil  der  Römer  auf  lange  hinaus  mustergültig  geworden  ist. 

1.  Nähere  Ausführung  obiger  Charakteristik  bei  W.  Teuffei  in  Pauly's 
fiealEnc.  VI,  2.  S.  2648—2651. 

2.  Charakter  als  Mensch.  Horaz  nennt  (S.  I,  6,  54)  den  Vergil  opti- 
^^  Und  (ib.  5,  40  f.)  eine  anima  Candida;  vgl  S.  I,  3,  32  f.:  bonus  ut  me- 
Ijor  vir  etc.  Auch  die  Schüderung  eines  Dichters  bei  Hör.  Ep.  II,  1, 119  ff. 
^  sichtlich  nach  Vergü's  Bilde  entworfen.    Aus  Donaths  vita  z.  B.  11  (22): 

or^  g^  animo  tarn  probum  constat  ut  Neapoli  TlaQ&evtag  vulgo  appel- 

^^   sit  ac  si  qoando  Romae,  quo  rarissime  commeabat,  viseretur  in  pu- 

jT^    sectantes   demonstrantesque   se  subterfugeret  in  proximum  tectum. 

^    iGatsch  bei  Douat  9  f.  (20  f.)  über  sein  Verhältuiss  zu  seinen  Lieb- 

P^^^^klayen  Alexander  (=  Alexis  in  Ecl.  II)  und  Kebes,  sowie  zu  Plotia 

7*^*^,  einer  amica  (Hagen  in  Ribbecks  prolegg.  p.  VI— VIII,  der  auch 

^    ^echischen  Namen  dafür  anführen  konnte)  des  L.  Varius,  beurteüto 

f^^^  sich  selbst  das  was  ihm  an  Vergü  unbegreiflich  war.    Ib.  12  (23): 

^^^  cuiusdam  exulantis  offerente  Augusto  non  sustinuit  accipere. 

8.    Donat.  48  (61):    obtrectatores   Vergilio   nuraquam   defuerunt.    Als 

^^^be  werden  von  ihm  angeführt  Numitorius  mit  seinen  Antibucolica  (s. 

^^^ ,  A.  1),  die  Aeneidomastix  des  Carrilius  Pictor,   Herennius,   welcher 

^tom  vitia  eins,  Perellius  Faustus,  welcher  furta  (eins)  contraxit.   sed  et 

Q.  Octa^i  Aviti  'Ofioiofqrmv  octo  Tolumina  quos  et  unde  versus  transtule- 

xit  continent,  ib.  43^46  (61—63).    Dazu  Bavius  und  Maevius  (unten  227,  2), 


392  Augusteische  Zeit,  711—767  d.  St. 

der  Antonianer  Anser,  ComificioB  (s.  oben  196,  2),  Cimber  (QuintiL  VIII^ 
3,  27  f.)  u.  A.  Nachklänge  daraus  bei  Macrob.  Sat.  I,  24,  6  f.  III,  10—12 
und  bes.  V,  3—16  über  die  angeblichen  furta  desVergil.  Dagegen  schrieb 
AscouiuB  Pedianus  einen  liber  contra  obtrectatores  Yergilü,  Donat  46  (64). 
Vgl.  Ribbeck  Prolegomena  p.  96—113. 

4.  Hör.  8.  I,  10,  45:  moUe  atque  facetum  Vergilio  annuerunt  .  .  Ca- 
menae.  Schilderungen  aus  der  leblosen  Natur  in  den  Ecl.  und  Ge.,  sowie 
Ae.  V,  213  ff.  IX,  436  ff.  XI,  68  ff.;  halbidyllisch  auch  Ae.  X,  803  ff.  XI, 
456  ff.  vgl.  XII ,  473  ff.  Malerisch  treffende  Bezeichnungen  für  einzelne 
Pflanzen,  E.  Meyer,  Gesch.  der  Botanik  I.  S.  374  f.  Patriotische  Wärme, 
Ge.  II,  136  ff.  Ae.  VI,  809  ff.  842  ff.  Tiefes  Gefühl  für  Familienglück  und 
Mutterschmerz  Ge.  II,  523.  Ae.  VI,  680  ff.  VIII,  408  ff.  IX,  283  ff.  475  ff.; 
auch  die  empfinduugsreiche  Stelle  über  Marcellus  am  Schlüsse  von  Ae.  VI. 
Von  Vergils  zartem  Verständniss  der  Liebe  zeugt  das  ganze  vierte  Buch 
der  Aeneis,  das  wohl  für  den  gelungensten  Theil  des  gesammten  Werkes 
gehalten  werden  darf.  Von  Sarkasmus  dagegen  findet  sich  bei  Vergil  fast 
keine  Spur,  W.  Hertzberg  zu  Aen.  XII,  321.  Alle  seine  Gestalten  zeigen 
ein  mild  menschliches  Wesen,  ohne  Schroffheiten  und  Härten,  aber  auch 
ohne  viel  Energie. 

5.  Quintil.  X,  3,  8 :  Vergilium  paucissimos  die  composuisse  versus  auctor 
est  Varius  (oben  209,  3);  vgl.  ib.  1, 86.  Gell. XVII,  10,  2 f.  Donat.  vita  22  f.  (33  f.) 
vgl.  34  (49).  An  den  Georg,  arbeitete  Vergil  mindestens  7  Jahre,  und  an 
der  Aen.  hatte  er  schon  mindestens  zehn  gearbeitet  und  gedachte  ihr  noch 
triennium  coutinuum  zu  widmen  (Donat  35  =  51),  dann  aber  die  Feder 
für  immer  niederzulegen  und  sich  ganz  einem  oeschaulichen  Leben  zu  er- 
geben (ut  reliqua  vita  tantum  philosophiae  vacaret,  Donat.  1.  1.).  Da  das 
Dichten  ihm  eine  Arbeit  war,  so  sehnte  er  sich  herzlich  nach  deren  Be- 
endigung. Der  unpraktische  Gelehrte  verräth  sich  oft  genug  in  Vergils 
Gedichten,  z.  B.  Ge.  I,  281  f.  III,  26  ff.  IV,  408.  Ph.  Wagner  bei  Heyne 
IV.  p.  590—595.  W.  Hertzberg  zur  Aen.  VIII,  660.  708.  726.  lieber  den 
Mangel  an  Originalität  s.  bei  den  einzelnen  Gedichten  und  die  Nachwei- 
sungen von  F.  Ursini,  Virgilius  coUatione  graecorum  scriptorum  illustratus, 
Antv.  1568,  Leov.  1747.  F.  G.  Eichhoff,  fitudes  grecques  sur  Virgile,  ou 
Becueil  de  tous  les  passages  des  po^tes  grecs  imites  dans  les  Buc,  les 
G6oTg,  et  TEn^ide,  Paris  1825.  3  Bde.  Auch  W.  Ribbeck  in  seines  Bru- 
ders Ausgabe. 

6.  Seiner  politischen  Ansicht  nach  ist  Vergil  correcter  Augusteer. 
Zwar  blickt  er  mit  schwärmerischer  Begeisterung  zurück  auf  Roms  grosse 
Vergangenheit  (Vergilius,  amantissimus  vetustatis,  Quintil.  I,  7,  18),. aber 
für  die  Gegenwart  freut  er  sich  doch  vor  Allem  des  gewonnenen  Friedens 
und  versäumt  keine  Gelegenheit  den  Urheber  dieses  Zustandes  in  jeder 
Tonart  zu  preisen.  Dennoch  ist  er  von  dem  —  gegen  Horaz  mit  so  viel 
Geräusch  und  viel  weniger  Grund  geschleuderten  — ^Vorwiufe  des  Servi- 
hsmus  ziemlich  verschont  geblieben,  vielleicht  weil  man  es  verzeihlich 
fand  dass  „Virgil  die  Mächtigen  der  Erde  mit  kindlicher  Hingebung  und 
mit  dem  Respecte  verehrt  welchen  eine  grossartige  praktische  Thätigkeit 
immer  auf  die  Seele  eines  Dichters  gewinnen  wird  der  nur  Dichter  ist^' 
(C.  Peter,  Gesch.  Roms  III.  S.  109).    Dem  Antonius  gegenüber  erscheint 


Dichter:  Vergilius  (Charakter.  Bucolica).  393 

auch  ILm,  wie  demHoraz  undProperz,  die  Sache  des  Octavian  als  die  nationale, 
Ae.  Vül,  685  ff.  Eine  philosophische  Weltanschauung  tritt  nirgends  scharf 
hervor;  auch  hier  ist  vielmehr  Alles  in  Gemütlichkeit  aufgeweicht.  Vgl. 
übrigens  Aldenhoven,  über  den  virgiHschen  Fatalismus,  Ratzeburg  1860.  4. 
ß.  Dietsch,  theologumenon  Vergilianorum  particula ,  Grimma  1853.  4. 

7.  Quintil.  X,  1,  86:  curae  et  diligentiae  vel  ideo  in  hoc  (Verg.)  plus 
(quam  in  Homero)  est  quod  ei  fuit  raagis  laborandum,  et  quantura  emi- 
nenübuB  vincimur  fortasse  aequalitate  pensamus.  Nur  wird  diese  aequa- 
Utas  selbst,  wenn  sie  durch  Nichts  unterbrochen  wird,  schUesslich  ermüdend. 
—  C.  6.  Jacob,  de  epithetorum  nonnullorum  apud  Verg.  vi  atque  natura, 
Cöb  1829.  4.  Th.  Eppelin,  über  die  Vergleichungen  Vergils,  Lahr  1862. 
Spitta,  Quaestiones  Yergilianae,  Götti.  1867.  4.  (über  den  Gebrauch  des 
PluraÜB  zur  Bezeichnung  Eines  Gegenstandes  oder  Begriffes).  Ueber  Ver- 
gÜ8  Anwendung  der  Hjpallage,  Metonymie  und  des  Hendiadys  s.  W.  Hertz- 
bergg  Aeneis  (Stuttg.  1859)  S.  XIV-XVIIT. 

212.  Die  erhaltenen  Gedichte  des  Vergil  sind  folgende: 

1)  Bucolica^  zehn  eclogae,  verfasst  713 — 715,  Nachahm- 
ungen, theilweise  Uebersetzungen  Theokrits,  aber  mit  künstli- 
chem Hereinragen  von  Personen  und  Vorgängen  der  Gegen- 
wart. Symmetrische  Anlage  ist  ebenso  unzweifelhaft  als  durch- 
gängige strophische  Gliederung  unerweislich. 

1.  Donat.  yita  19  (30):  cum  res  romanas  iuchoasset  offensus  materia 
ad  Bucolica  transiit,  maxime  ut  Asinium  Pollionem  Alfenumque  Varum  et 
Cornelium  Gallum  celebraret,  quia  in  distributione  agrorum  .  .  indemnem 
se  praestitissent.  25  (40) :  Bucolica  triennio  .  .  perfecit.  (Vgl.  Servius'  vita 
'Crg.:  tunc  ei  proposuit  Pollio  ut  carmen  bucolicum  scriberet,  quod  eum 
congtat  triennio  scripsisse  et  emendasse.)  26  (41):  Bucolica  eo  successu 
^<Üt  ut  in  scena  quoque  per  cantores  crebro  pronuntiarentur  (vgl.  Tac. 
di^  13.  Serv.  Ecl.  VI,  11).  4.3  (61):  prolatis  Bucolicis  Numitorius  quidam 
fBscnpsit  Antibucolica,  duas  modo  eclogas,  sed  insulsissime,  nagtodi^aag, 
^oter  den  einzelnen  Stücken  gibt  X  sich:  selbst  als  letztverfasstes;  auch  I 
^^^  IX,  IV  und  VIII,  sowie  VI  bieten  sichere  Handhaben  für  Bestimmung 
ibrer  Abfassungszeit;  von  V  ist  wenigstens  sicher  dass  es  nach  II  und  III 
^^rfaast  ist,  welche  beiden,  zusammen  mit  der  ähnlichen  VII,  die  Gattung 
^och  am  wenigsten  getrübt  durch  Zeitanspielungen  zeigen  und  daher  die 
ä^t«3ten  Stücke  sein  mögen.  Vgl.  Ribbeck,  Prolegomena  p.  1-10.  C.  Scha- 
P^f  in  Fleckeisens  Jahrbb.  89,  S.  633—657.  769—794  und  dagegen  Ribbeck 

*•  p.  10—13.  Die  Eclogae  wurden,  wie  es  scheint,  zuerst  einzeln  heraus- 
gegeben und  hatten  eigene  Ueberschriften  (Ecl.  VI,  12).  Dass  bei  der 
'le^aagabe  der  ganzen  Sammlung  Ecl.  I  von  Vergil  selbst  vorangestellt 
^'^de  (somit  wohl  überhaupt  die  überlieferte  Ordnung  von  ihm  herrührt) 
^^ellt  aus  Georg.  IV,  566  vgl.  Ovid.  Amor.  I,  15,  25. 

2.  Theokrit  gegenüber  zeigen  die  Eklogen  mehr&ch  ein  Verfahren 
^Uch  der  Contamination  bei  den  Palliatendichtern  (oben  16,  8),  wie  z.  B. 
^-  Hl  nach  Theokr.  IV  und  V  gearbeitet  ist,  Ecl.  VIII  nach  Theokr.  II 
^dUL    Die  Vergleichung  mit  dem  griechischen  Dichter  fällt  selten  zu 


394  Augusteische  Zeit,  711 — 767  d.  St. 

Gunsten  des  römischen  aus;  oft  ist  die  Verschlechterung  handgreiflich,  -w 
YIII,  43  ff.  vgl.  mit  Theokr.  111,  16  ff.  Die  Einmischung  ganz  fremdartig 
Dinge  aus  der  nächsten  Gegenwart  kann  gewiss  auch  nicht  fOr  eine  Vc 
besserung  gelten.  Die  Gestalten  haben  dadurch  nicht  an  Leben  gewoun< 
dass  Tityrus  und  Menalcas  eigentlich  Vergii  selbst  ist,  Daphnia  (Eel.  ^ 
Caesar,  oder  dass  Ecl.  III,  84  ff.  von  Amyntas  kurzweg  zu  Pollio  überg 
Sprüngen  wird.  „Theilweise  ist  von  dem  eigentlichen  bukolischen  Charakt 
gar  nichts  übrig  geblieben,  z.  B.  Ecl.  IV,  worin  das  mit  dem  Consulat  d( 
Pollio  und  mit  dessen  gleichzeitig  geborenem  Sohne  angeblich  beginnen<i 
goldene  Zeitalter  in  einer  übertriebenen,  trotz  einzelner  ansprechende 
Stellen  dennoch  im  Ganzen  wenig  geschickten  Weise  geschildert  wird. 
C.  Peter,  G.  ß.  III.  S.  105.  —  Gell.  IX,  9,  4  ff.  G.  A.  Gebauer,  de  poefa 
rum  graecorum  bucolicorum,  imprimis  Theocriti,  carmiuibus  in  Eclogis 
VergiUo  expressis  libri  duo.  Vol.  I  (librum  I  partemque  posterioris  coi 
tiuens),  Lips.  1861.  256  pp.  8.  (früher  Part.  I.  1856);  und  Quatenus  Verg 
lius  in  epithetis  imitatus  sit  Theocritum,  Lips.  1863.  4.  (Programm  vo 
Zwickau.)  Aelteres:  J.  G.  Mensel,  de  Theoer.  et  Virg.  poetis  bucolici 
Götti.  1766.  4.  J.  C.  Jahn,  compar.  Id.  XI  Theocriti  cum  Ecl.  II  Virgili 
Cidmbach  1781.  4. 

3.  Die  Modeliebhaberei  der  sogen,  strophischen  Composition  hat  ai 
die  Eklogen  zuerst  angewendet  Bibbeck  in  Fleckeisens  Jiüirbb.  75,  S.  65- 
79  und  dann  in  seinen  Ausgaben.  Vgl  B.  Peiper  ebds.  91,  S.  344—35. 
95,  S.  456—460.  97,  S.  167  f.,  und  das  nüchterne  Urteil  von  Ph.  Wagne 
Lect.  Vergii.  (1859)  p.  92.  Wem  etwa  durch  die  Ausstattung  der  Gedichl 
mit  Aaß  a  ß\  aaaa,  aVaV  u.  s.  f.  das  Yerständniss  derselben  und  di 
Freude  daran  erhöht  worden  sein  sollte,  dem  sei  das  von  Herzen  gegönnt 
wir  können  es  nicht  von  uns  rühmen  und  haben  die  Ueberzeugung  dat 
die  ganze  Hypothese  vor  einer  unbefangenen  Betrachtung  der  Ekloge 
selbst  nicht  Stand  hält.  Auch  konnte  dieselbe  ohne  die  herkömmlich 
Auswerfung  einer  Anzahl  Verse  die  ihr  hinderlich  waren  und  ohne  Ai 
nähme  etlicher  Lücken  an  Stellen  wo  sonst  Niemand  etwas  vermisse 
würde  (wie  VIII,  58.  X,  47)  nicht  durchgeführt  werden.  Was  bei  de 
Wechselgesängen  (wie  III,  60  ff.  VH,  21  ff.)  selbstverständliche  Forderun 
war,  das  durfte,  schon  zur  Unterscheidung  von  jenen,  nicht  kurzweg  ai 
die  Gedichte  im  Ganzen  übergetragen  werden. 

4.  Virgils  ländliche  Gedichte  (Text,  metrische  Uebersetzung  und  aui 
führliche  Erklärung)  von  J.  H.  Voss  in  4  Bdn.  (Thl.  I  und  II  enthält  di 
Eklogen,  III  und  IV  die  Georg.),  Altena  1797.  1830.  Uebersetzt  vo 
0.  N.  Osiander,  Stuttgart  (Metzler)  1834.  16.  und  (kürzer)  Stuttgart  185 
(Class.  d.  Alt.).  F.  W.  GenÜie,  Virgils  Eklogen,  metrisch  übersetzt,  mi 
einer  Einleitung  über  Virgils  Leben  (S.  3—32)  und  Fortleben  als  Dichte 
(S.  35 — 44)  und  Zauberer  (S.  47 — 85)  und  einem  Versuch  über  die  Eklog 
(S.  89—134),  Magdeburg  1830.  Leipzig  1855  (zweite  umgearb.  Aufl.).  Uebei 
setzt  (mit  Georg,  und  Jugendgedichten)  von  W.  Binder,  Stuttgart  (Hofl 
mann)  1856. 

5.  Varianten  der  Weissenauer  Hdschr.  zu  Verg.  bukolischen  Gedichtes 
im  Feldkircher  Programm  1861.  4.  P.  Hofman-Peerlkamp,  ad  Virgiliui] 
(Ecl.  und  Georg.),   Mnemosyne  X.  p.  1—49.  113—162.  229—308.  367—38? 


Dichter:  Vergilius  (Bucolica  und  Georgica).  395 

Th.  Ladewig,  Beurteilung  der  Peerlkampschen  Bemerkungen  zu  den  länd- 
lichen Gedichten  Vergils,  Neustrelitz  1864.  26  S.  4. 

Freymüller,  über  die  mesaianische  (!)  Weiaeagung  in  Vergils  Ecl.  TV, 
Progr.  von  Metten  1862.  29  S.  4.  L.  Giesebrecht,  Daraaris  IT  (1861)  S. 
197  ff.  Zu  Ecl.  Vm  vgl.  E.  V.  Leutsch,  Philologus  XXII.  S.  214—220  und 
Peiper  in  Fleckeisens  Jahrbb.  1864,  S.  456—460.  G.  Gevers,  die  zehnte 
Ekl.  des  V.  eine  Parodie  (Verden  1864)  mit  Ph.  Wagner  in  Fleckeisens 
Jahrbb.  91,  S.  773—776. 

213.  2)  Georgica,  vier  Bücher,  verfasst  717—724  d.  St. 
Das  erste  Buch  hat  den  Ackerbau  zum  Gegenstande,  das  zweite 
die  Baumzucht,  das  dritte  die  Viehzucht,  und  das  vierte  die 
Bienenzucht.  Das  Werk  ist  ein  Lehrgedicht,  veranlasst  durch 
Maecenas  und  ihm  gewidmet,  aber  den  eigenen  Neigungen  und 
Anschauungen  des  Dichters  vollkommen  entsprechend.  Der  StoflF 
ist  daher  mit  sichtlicher  Liebe  und  Wärme  behandelt  und  so 
weit  verklärt  und  vergeistigt  als  seine  Natur  zuliess,  so  dass 
auch  die  lehrhaften  Abschnitte  sich  von  dem  Tone  der  rein  poe- 
tischen nicht  auffallend  unterscheiden.  Diese  ihre  meisterhafte 
Form  macht  die  Georgica  zum  vollendetsten  grösseren  Erzeug- 
nisse der  romischen  Kunstpoesie. 

1.  Donats  vita  20  (31):  deinde  (nachBuc.)  edidit  Georgica  in  honorem 
Maecenatis.  25  (40):  Georgica  septem  .  .  perfecit  aunis  (Vgl.  Serv.  vita 
Verg.:  item  proposnit  Maecenas  Georgica,  quae  scripsit  emendavitque 
Beptem  aunis.)  27  (42):  Georgica  reverso  post  actiacam  victoriam  Augnsto 
^ue  Atellae  refidendarum  faucium  causa  commoranti  per  continuum 
quadriduum  legit,  suscipieute  Maecenate  legendi  vicem  quotiens  interpel- 
laretur  ipse  vocis  offensione.  Das  Werk  war  also  damals  (Mitte  des  J.  725 
^'  St.)  vollständig  fertig  und  zur  Herausgabe  reif,  kann  in  diesem  Zustande 
aber  bereits  mehrere  Monate  gewesen  sein.  Dass  nunmehr  aber  mit  der 
Veröffentlichung  nicht  länger  gezögert  wurde  macht  der  Beginn  der  Ar- 
b«iten  fär  die  Aeneis  wahrscheinlich,  vor  welchen  Vergil  die  Georg,  so 
gewiBs  abgeschlossen  haben  wird  als  die  Buc.  nachdem  er  den  Entschluss 
^  den  Georg,  gefasst  hatte.  Auf  eine  zweite  Ausgabe  durch  Vergil  fahrt 
^^-  Ecl.  X,  1:  fuit  autem  (Cornelius  Gallus,  s.  unten  217)  amicus  Vergi- 
liii  adeo  ut  quartus  Georgicorum  (liber)  a  medio  usque  ad  finem  eins  lau- 
pea  teneret,  quas  postea  (nach  des  Gallus  Ungnade  und  Tod,  J.  727  d.  St.) 
iubente  Augusto  in  Aristaei  fabulam  commutavit.  Vgl.  zu  Georg.  IV,  1: 
8ciendum  .  .  ultimam  partem  huius  libri  esse  mutatam.  nam  laudes  Galli 
»^abüit  locus  ille  qui  nunc  Aristaei  et  Orphei  continet  fabulam,  quae  in- 
*^  est  postquam  irato  Augusto  Gallus  occisus  est.  Ein  solches  Ansin- 
^^&  hätte  mau  dem  Horaz  gewiss  nicht  gemacht,  und  noch  gewisser  hätte 
^  es  unberücksichtigt  gelassen.  Der  weiche  Vergil  aber  entsprach  ihm, 
ond  go  entstand  eine  zweite  authentische  Ausgabe,  yeröffentlicht  etwa  728 
<^  Si,  da  die  Umarbeitung  nur  für  die  Oeffentlichkeit  bestimmt  sein 
bnnte.  Dass  bei  dieser  Gelegenheit  der  Dichter  auch  sonstige  Aender- 
ongen  vomahm  ist  an  sich  glaublich,  und  manche  Spuren  weisen  positiv 


396  Augusteische  Zeit,  711 — 767  d.  St. 

darauf  hin  (Ribbeck  Prolegg.  p.  23.  24.  30);  tiefgreifend  können  sie 
nicht  gewesen  sein,  da  noch  im  jetzigen  Bestände  keine  Zeitandei 
über  das  J.  717  einerseits  und  724  x- 725  andererseits  hinausführt  (i 
14—22).  Auf  eine  dritte  Ausgabe  lässt  schliessen  Donats  vita  40  (53); 
rio  ac  simul  Tuccae  scripta  sua  sub  ea  condicione  legavit  ne  quid  ed 
quod  non  a  se  editum  esset,  sofern  diess  eine  Vollmacht  zn  neaer 
ausgäbe  der  Buc.  und  Georg,  mitenthält.  Daas  bei  dieser  dritten  Ao8( 
durch  fremde  Hand  und  nach  zweierlei  authentischen,  einzelne  Ver 
ungen  entstehen  konnten  ist  begreiflich;  von  einer  Nichtvollendung 
Georg,  kann  man  aber  desshalb  nicht  reden,  während  doch  Anfang 
Schluss  zeigen  dass  der  Dichter  in  seinem  Theile  das  Werk  fertig  gen 
hat.  Die  in  jenen  Prolegg.  p.  31—48  geltend  gemachten  Auastellu 
sind  theils  unerheblich  theüs  beweisen  sie  höchstens  dass  das  Gedicht 
vollendeter  sein  könnte. 

2.  Für  den  Stoft'  standen  dem  Vergil  die  Anschauungen  und  Er 
ungen  seiner  eigenen  Jugend  zu  Gebote.  Daneben  wird  er  aber,  s« 
ganzen  Natur  nach,  nicht  unterlassen  haben  auch  Bücher  zu  Rathi 
ziehen,  zumal  da  wie  die  griechische  so  auch  die  römische  Literatui 
rade  für  die  Landwirtschaft  reichhaltig  genug  war  (s.  oben  44).  j 
Georg.  I,  43:  sane  sciendum  Xenophontem  scripsisse  unum  librnm  C 
nomicon,  cuius  pars  ultima  agriculturam  continet.  de  qua  parte  mult 
hoc  opus  Vergilius  transtulit,  sicut  etiam  de  Georgicis  Magonis  Afri  (< 
44,  1),  Catonis  (oben  111),  Varronis  (oben  156),  Ciceronis  quoque  1 
tertio  Oeconomicorum  (oben  173,  18),  qui  agriculturam  continet.  Macrol 
2,4:  vulgo  nota  sunt  quod  (Vergilius)  Theocritum  sibi  fecerit  pasto 
operis  auctorem,  ruralis  Hesiodum  et  quod  in  ipsis  Georgicis  tempee 
serenitatisque  signa  de  Arati  Phaenomenis  traxerit.  GelL  IX,  9,  3: 
et  considerate  Vergilius,  cum  aut  Homeri  aut  Uesiodi  aut  ApoUonii 
Parthenii  (vgl.  ib.  XIII,  27,  1  f.)  aut  Callimachi  aut  Theocriti  aut  quc 
dam  aliorum  locos  efBngeret,  partem  reliquit,  alia  expressit.  Prob,  co 
in  Georg,  p.  42,  13  ff.  K.:  hanc  universam  disputationem  (Georg.  I,  23 
certnm  est  Vergilium  transtulisse  ab  £ratosthene,  cuius  Über  est  hexi 
tris  versibus  scriptus,  qui  Hermes  inscribitur.  (Bei  Quintil.  X,  1,  56: 
andrum  frustra  secuti  Macer  atque  Vergilius?  ist  sicher  mit  R.  Unge 
schreiben  atque  Valgius.)  Plin.  N.  H.  XVIII,  76:  Vergilius  etiam  in 
meros  lunae  digerenda  quaedam  putavit,  Democriti  secutus  ostentatioi 
Planmässiges  Befolgen  einer  einzigen  Hauptquelle  lässt  sich  aber  nich 
weisen.  —  Nach  Suidas  v.  'jQQiavog  verfasste  ein  Arrianos  pLBxct€pQ 
rmv  rnoQyL'ucov  rov  BsQyiXUov  ininmg, 

3.  Ausgabe  von  G.  Wakefield,  Cantabrig.  1788.  Lateinisch  und  det 
von  J.  C.  Manso  (Jena  1783)  und  J.  H.  Voss  (ländl.  Gedichte  III  u. 
Uebersetzt  von  F.  W.  Genthe  (Quedlinb.  1829)  und  C.  N.  Osiander  (S 
gart.  Metzler,  1835  und  1853). 

Ueber  die  Georgica  s.  in  Heyne-Wagner's  Ausgabe  I.  p.  265 — 278 
Tegner,  de  digressionibus  in  Georg.  Verg.,  Lund  1799.  De  Verg.  Ge 
von  E.  L.  Posselt  (Carlsruhe  1786),  A.  G.  Rein  (Gera  J829.  4.).  Brt 
de  carm.  didascal.  (Helsingsf.  1840)  p.  41—50.  Jos.  Schiestl,  Virg.  Ge 
tantum  abest  ut  sint  poema  omnibus  numeris   absolutum  ut  potius 


Dichter:  Vergilius  (Georgica  und  Aeneis).  397 

p^ocma  verae  genuinaeque  poesi  omnino  repugnans,  Amberg  1830.  4.  Jahn, 
I^i-Äef.  p.  XXXI -XXXVI.  XL.  Genthe  a.  a.  0.  S.  17—23.  Titler,  über 
<Li^  Zeit  der  Veröffentlichung  der  Georg.,  Brieg  1857.  21  S.  4.  Unter- 
täniger, Virg.  Georg.,  ein  literaturgeschichtlicher  Versuch,  Brisen  1863.  4. 

Hanow,  schedae  criticae  ad  Verg.  Georgica,  Lissa  1863.  4.  Th.  Momm- 
B^n,  zu  den  Scholien  der  vergilischen  Georg.,  Rhein.  Mus.  XVI.  S.  442 — 453 
v^l.  XVII.  S.  143  f.  G.  Thilo,  Serrii  in  Verg.  Georg.  I,  1  —  100  commen- 
ios,  Halle  1866.  4. 


214,    3)  Aeneis,    zwölf  Bücher,    ums  J.   725  begonnen, 

a.l>cr  bei  dem  Tode  des  Dichters  (J;735)  noch  unvollendet  und, 

«lessen  dringendem  Wunsche  zuwider,  von  L.  Varius  und  Tucca 

liexaasgegeben.     Gegenstand  des  Epos  ist  Aeneas  als  Gründer 

eixies  neuen  Ilion  mittelst  der  Stadt  Rom  und  in  dieser  des  ju- 

lischen  Geschlechtes.     Für  die  Ausführung  benützte  der  Dichter 

tiheils  griechische  Epiker  theils  machte  er  umfassende  Studien 

ober  italische  Sagen,  Geschichten  und  Oertlichkeiten,  und  mischte 

Griechisches   und    Italisches    absichtlich   durch    einander,    zum 

Schaden  der  Naturwahrheit.     Aber  in  der  Darstellung  seelischer 

Ztistände  zeigt  er  Feinheit  und  tiefes  Verständniss.  .Im  Uebri- 

gen  bleibt  die  Begründung  des  Geschehenden   aUzu  äusserlich, 

die  Handlung  selbst,    ausser   im   zweiten   und  vierten   Buche, 

<>hne  frisches  Leben,  der  Held  zu  marklos.     Der  Ton  ist  etwas 

einförmig  pathetisch  und  vom  Natürlichen  abgekehrt.     Auf  ro- 

nianische  Ohren  aber  hat  zu  allen  Zeiten  diese  vornehme  Rundung 

der  Sprache  einen  Zauber  geübt  wie  wir  ihn  wenigstens  bei 

dem  Wohlklang  der  männlich  schönen  Verse  empfinden. 

1.  Das  Yersprecben  Georg.  III,  46  f.  (mox  tarnen  ardentis  accingar 
«cere  pagnas  Caesaris  u.  b.  w.)  würde  eher  auf  ein  Epos  zu  Ehren  Octa- 
^D8  Bchliessen  lassen;  wohl  mit  dessen  Zustimmung  (oder  nach  Servius 
aof  seinen  Wunsch)  wurde  aber  der  Gegenstand  erweitert.  Ums  J.  728 
^4t  PropertiuB  bereits  Kenntniss  von  dem  erweiterten  Plane;  s.  III,  32 
(|^34),  61—66.  Vgl.  Donat  30  (45).  Ib.  25  (40):  Aeneida  XI  perfecit  (rela- 
^v)  annis.  23  (34):  Aeneida  prosa  prius  oratione  firmatam  digestamque 
^  Xll  libros  particulatim  componere  instituit,  prout  liberet  quidque,  et 
^  in  ordinem  accipiens.  (24  =  35.)  ac  ne  quid  impetum  moraretur 
^'^Äedam  imperfecta  transmisit,  alia  levissirais  verbis  veluti  fulsit,  quos 
P^  iocom  pro  tibicinibus  interponi  aiebat  ad  sustinendum  opus,  donec 
*®üdae  columnae  advenirent.  Vergil  griff  also  die  poetische  Ausarbeitung 
de«  IQ  Pfosa  Entworfenen  an  verschiedenen  Enden  an,  je  nach  Stimmung, 
^^e  tich  an  die  Ordnung  seines  Entwurfes  zu  binden,  ib.  30  (45):  Aene- 
7^  vixdum  coeptae  tanta  exstitit  fama  ut  Sex.  Propertias  non  dubitaverit 
^^  praedicare  (s.  oben),  (31  =  46)  Augustus  vero  —  nam  forte  expeditione 
'^^otabrica  (J.  729)  aberat  —  supplicibus  atque  etiam  minacibus  per  io- 
^  litteris  efflagitaret  ut  „sibi  de  Aeneide  vel  prima  carminis  vnoyQUfpi^ 
vel  quodUbet  nmXov  mitteretur^^    cui  tarnen  multo  post  perfectaque  de- 


398  Augusteische  Zeit,  711—767  d.  St. 

mum  materia  (nicht  auch  die  ganze  Form)  tres  omnino  hbroa 
secundum,  quartum  et  sextum. 

2.  Donats  vita  37  (56):  .  .  L.  Varium  et  Plotium  Tuccain 
Aeneida  post  obitum  iussu  Caesaris  emendaverunt.  39  (52):  eg 
gilius)  cam  Yario,  prius  quam  Jtalia  decederet,  ut  si  quid  ipsi 
Aeneida  combureret;  at  is  ita  facturum  se  pemegarat;  igitur  ii 
yalitudine  assidue  scrinia  desideravit,  crematurus  ipse;  yerum  i 
ferente  nihil  quidem  nominatim  de  ea  cavit.  (40  =»  53.)  ceter 
Vario  ac  simul  Tuccae  scripta  sua  sub  ea  condicione  legavit  ne 
rent  quod  non  a  se  editum  esset.  (41  =  59.)  edidit  autem  auctoi 
Yarius,  sed  summatim  emendata,  ut  qui  versus  etiam  imperff 
erant  reliquerit.  Hieronym.  zu  Euseb.  chron.  a.  Abr.  2000  =  A 
737:  Varius  et  Tucca,  Vergili  et  Horati  contubemales,  p.oetae  ha 
lustres.  (Yon  Tucca  ist  sonst  nicht  bekannt  dass  er  selbst  Dichter 
qui  Aeneidum  postea  libros  emendarunt  sub  lege  ea  ut  nihil 
Serv.  prooem.  zur  Aen.  p.  1  f.  L. :  postea  ab  Augusto  Aeneidem  p 
scripsit,  annis  undecim;  sed  nee  emendavit  nee  edidit,  unde  eai 
praecepit  incendi.  Augustus  vero,  ne  tantum  opus  periret,  Tue« 
rium  hac  lege  iussit  emendare  ut  superflua  demerent,  nihil  ad< 
men.  Zweifelhafte  Proben  ihrer  redigierenden  Thätigkeit  wer 
führt  von  Servius  zu  Ae.  If,  667 — 588  (vgl.  K.  Kappes,  zur  Erkl 
Aeneis,  Freiburg  1859).  lY,  436.  Y,  871.  YII,  468.  Ygl.  di( 
Yergil.  p.  90 — 95.  Das  superflua  demere  konnte  sich  nur  auf 
erstrecken,  läast  sich  aber  nicht  mehr  sicher  verfolgen,  üebi 
noch  Gell.  XYII,  10,  6  f. :  quae  procrastinata  sunt  ab  eo,  ut  pos 
rentiur,  et  absolvi  quoniam  mors  praeverterat  nequiveruut,  n 
poetarum  elegantissimi  nomine  atque  iudicio  digna  sunt,  ii 
morbo  oppressus  adventare  mortem  videret  petivit  oravitque  a 
cissimis  impense  ut  Aeneida,  quam  nondum  satis  elimavisset,  ad< 

3.  Die  Yermutung  von  L.  Lersch  (Süddeutsche  Schulzeitung 
88  ff.),  dass  die  Aeneis  ursprünglich  auf  24  Bücher  berechnet  ge 
je  von  dem  Umfange  eines  Buches  der  Georgica,  und  die  jetzig* 
ung  nicht  von  Yerg.  selbst  herrühre,  hat  nur  etwa  die  Analogie  d 
ischen  Gedichte  für  sich  (welche  aber  für  den  bescheidenen  Di« 
leicht  eher  eine  Abmahnung  von  der  Zahl  24  war)  und  das 
Zeugniss  Donats  (bzhgsw.  Suetons),  vita  23  (34),  gegen  sich.  Di 
aber  als  hätte  Yergil  die  Absicht  gehabt  den  Stoff  über  den 
Turnus  hinaus,  bis  zu  Aeneas'  Ansiedlung  in  Latium,  weiterzufüh 
spricht  der  Gesammtheit  der  Nachrichten,  die  nur  eine  qualitat 
Vollendung  kennen,  und  bestimmten  Andeutungen  des  Gedichts 
XII,  803.  819  ff.  833  ff.    Ygl.  W.  Hertzbergs  Aeneis  S.  lY  f. 

4.  Bei  einem  so  zweifellos  unvollendeten  und  von  seinem 
selbst  zur  Yemichtung  bestimmten  Werke  ist  es  selbstverständli« 
—  ausser  den  grossen  künstlerischen  (s.  A.  5)  —  Mängel  im  Einz 
Kleinen,  Incongruenzen ,  Lücken,  Widersprüche,  Yergesshchkeil 
nungsfehler  u.  dgl.  enthält.  So  hat  schon  Markland  (praef  zu 
a.  E.)  bemerkt  dass  in  der  Aeneis  nonnulla  sunt  contradictor 
languida,  exilia,  nugatoria,  spiritu  et  maiesiat«  carroinis  heroi< 


Dichter:  VergiliuB  (Aeneiß)i  399 

nnd.    Peerlkamp  hat  (in  seiner  Ausg.  der  Aen.,  Lngd.  Bat.  1843)  diesg  in 
seixk^r  Weise   näher  nachzuweisen  gesucht,   mit  obligater  Folgerung  auf 
Interpolation  der  getadelten  Stellen.  (Gegen  Peerlkamp  s.  J.  Freudenberg, 
Viz&<üciar.  Virg.  spec,  Bonn  1845.   4.    J.  Siebeiis,  in  Aen.  ab  H.  P.  editae 
libimm  I.  adnotationes,  Hildburgh.  1345.  29  pp.  4.    S.  J.  E.  Rau,  de  verss. 
spixx-ÜB  in  Aen.  I.,  Leyden  1845.    Jahn's  Jahrbb.  XLIU.    S.  3—53.)    In- 
con^menzen  in  den  sechs  ersten  Büchern  hat  hervorgehoben  Fr.  Conrads, 
Qii&€8tiones  Yirgilianae,  Trier  1863.  4.;  für  alle  Bücher  ist  in  Peerlkamps 
Fassstapfen  getreten  Bibbeck  Prolegg.  p.  59 — 87,  wo  gleichfalls  der  unter 
den    gegebenen  Umständen  vergebliche  Versuch   gemacht  ist  bei   diesen 
kleinen  Unvollkommenheiten  zu  unterscheiden  zwischen  solchen  die  ihren 
Grund  in  der  Unfertigkeit  des  Gedichts  haben  und  anderen  die  von  angeb- 
lichen Interpolatoren  herrühren.     Dass  alle  Bücher   (wenn   auch   in   ver- 
schiedenem Masse)  unvollendet  sind  beweisen  schon  die  in  allen  ohne  Aus- 
nahme vorkommenden  unvollständigen  Verse  (im  Ganzen  58).    Vgl.  noch 
Th.  Ladewig,  über  einige  Stellen  des  Vergil,  Neustrelitz  1853.    26  S.  4. 

5.    Der  Glaube  dass  die  Römer,  von  einer  Colonie  her  welche  Aeneas 

in  Latium  gegründet,  die  in  den  sibyllinischen  Büchern  genannten  Aenea- 

<len  und  Abkömmlinge  der  Trojaner  seien,  vielleicht  ursprünglich  durch 

^hmeichlerische  Griechen  den  eiteln  römischen  Grossen  eingepflanzt,  fand 

*chon  zur  Zeit  des  ersten  punischen  Krieges  in  Rom  offizielle  Verwerth- 

oög;   s.  Justin.  XXVUI,  1,  6  f.    Suet.   Claud.  25.    Seitdem  ist  dieser  Zu- 

^^'nmenhang  ein  stehender  Glaubensartikel  der  römischen  Geschichtschrei- 

'^er  in  Prosa  und  Versen.    A.   Scheben,   de  poetis  Aeneae  fugam  atque 

^ata  ante   Virgilium   describentibus,    Münstereifel   1828.   4.      Namentlich 

^Ujrde  er  angeknüpft  an  die  angebliche  Uebersiedlung  der  troischen  Hei- 

'^^Msgötter  nach  Latium  (Lavinium) ;  W.  Hertzberg  zur  Aeneis  S.  334—338, 

'^d  im  Allgemeinen  Schwegler,   Rom.  Gesch.  L   S.  279  flf.  bes.  S.  307  ff. 

^-^^ens  behandelt  war  er  aber  vor  Vergil  noch  nicht  geworden.    In  der 

^^It  des  Angustus  kam  zu  den  nationalen  Beweggründen  noch  das  dynast- 

'^^^lie  dass  Aeneas  mittelst  seines  Sohnes  lulus  ^=  Ascanius   der  Stamm- 

^^t;er  der  gens  lulia  sein  sollte.    Vergil  hebt  an  seinem  Helden  ganz  be- 

'^ anders  diese  seine  providentielle  Mission  hervor,   so  sehr  dass  derselbe 

3^Tuber  zu  keinem  selbständigen  Handeln  kommt.    Er  ist  überhaupt  von 

*^^rgil  sehr  nach  seinem  eigenen  Bilde  geschaffen :  weichmütig,  zu  Thränen 

^^neigt,  pietätsvoll,  für  die  edelsten  Empfindungen  zugänglich,  aber  ohne 

%ene  Initiative,  von  aussen  her  —  insbesondere  von  den  Göttern  —  ge- 

Ltet  und  geschoben.  Wie  der  zarte  Stammhalter  eines  glänzenden  Hauses 

er  von  den  Göttern  ängstlich  gehütet  und  geht  auch  selbst,  im  Be- 

'^^lastsein  seiner  Aufgabe,    gefährlichen  Abenteuern  möglichst  aus    dem 

^    ^ege.    Für  den  Helden  eines  Epos  ist  diess  eine  sehr  bedenkliche  Stel- 

.^^^^ng,  und  die  dumpfe  Leblosigkeit  eines  grossen  Thei^es  der  Aeneis  hat 

^^erin  ihre  Wurzel.    Zudem  war  die  ganze  Aeneassage  ein  Erzeugniss  der 

^^^flexion,  ohne  Boden  im  Volke,  ohne  Verzweigung  mit  dem  öffentlichen 

^^ben,   und   Vergil  musste  ihr  erst  künstlich  solche   Berühruugspuncte 

Schaffen.    Er  sucht  jeden  Zweifel  niederzuhalten  durch  conseqnente,  plan- 

>)iä88ige  Identifiderung  des  Troisch-Hellenischen  mit  Italischem,  und  Durch- 

^inandermengung  des  Mythischen  und  Geschichtlichen;   aber  dadurch  ist 

^twas  Schiefes,  Widerspruchsvolles,  Haltnngsloses  in  seine  Darstellung  ge- 


400  Augusteische  Zeit,  711 — 767  d.  St. 

kommen,  eine  Unsicherheit  des  Bodens  und  der  Beleuchtung  die  c 
keine  Localfärbung  gut  zu  machen  war  wie  sie  Vergil  unverkennba 
strebt  und  auch  vielfach  erreicht  hat.  Vgl.  seinen  Brief  an  Augued 
Macrob.  I,  24,  11:  paene  vitio  mentis  tantum  opus  ingressus  mihi  yv 
cum  praesertim  .  .  aUa  quoque  studia  ad  id  opus  multoque  potiora 
pertiar.  So  wird  ib.  16  f.  die  in  der  Aen.  zu  Tage  tretende  Eenntnist 
ius  pontificium  und  ins  augurale  gerühmt;  III,  1,  6  ff.  ebenso  in  Bezu^ 
inferorum  deorum  cultus;  2,  7  seine  profunda  scientia,  wie  sie  sich  ix 
verborum  proprietaE  bei  der  Technik  des  Opfems  u.  s.  w.  zeige;  I,  2- 
dass  er  astrologiam  totamque  philosophiam  .  .  operi  suo  .  .  adsp< 
Ebenso  Serv.  zu  Aen.  VI  in. :  totus  quidem  Vergilius  scientia  plenui 
etc.;  zu  II,  67:  saepe  dictum  est  Vergihum  inventa  occasione  mentic 
iuris  pontificii  facere  in  quacunque  persona.  VgL  auch  Niebuhr,  I 
Gesch.  P.  S.  112.  217  f.  Helliez,  Geographie  de  Virg.,  Paris  1771.  : 
Bonstetten,  Voyage  sur  la  scäne  des  dix  derniers  livres  de  Pän^ide,  • 
1804  f.  (deutsch  von  K.  G.  Schelle,  Leipzig  1805.  2  Bde.).  H.  Töpfer, 
gilii  geographia  in  Aeneide  ezhibita,  Arnstadt  1828  — 1834.  4  Parti 
0.  N.  Osiander,  de  carmine  epico  Virgilii  vere  populari,  Stuttg.  181 
L.  Lersch,  de  morum  in  Virg.  Aen.  habitu,  Bonn  1836;  Die  Idee  und 
quarische  Bedeutung  der  Aeneis,  im  Mus.  d.  rhein.-westph.  Schulm.  1 
S.  18 — 35;  und:  Antiquitates  Vergilianae,  ad  vitam  populi  rom.  descri] 
Bonn  1843.  A.  Göbel  in  Fleckeisens  Jahrbb.  89,  S.  668—662.  Ch.  1 
antiquitates  rom.  in  Virg.  Aen.  illustratae,  Halle  1864.  A.  NoSl,  Vi 
et  ritalie,  Paris  1865. 

6.    Macrob.  I,  24,  18:   praedicarim  quanta  de  Graecis  cautus  et 
quam  aliud  agens  modo  artifici  dissimulatione  modo  professa  imitai 
transtulerit.     Dagegen  Asconius  vertheidigte  den  Verg.  gegen  Vorvi 
circa  historiam  fere  et  quod  pleraque  ab  Homero  sumpsisset  (vita  4 
64).   Aus  den  homerischen  Gedichten  entnahm  Vergil  theils  die  allgen 
epische  Oekonomie  und  Technik  theils  vieles  Einzelne,  insbesondere 
er  mit  dem  letzten  Theile  der  Irrfahrt  des  Aeneas  beginnt  und  seine 
heren  Erlebnisse  ihn  nur  nachträglich  erzählen  lässt;  wie  auch  B.  VI  j 
Odyss.  XI  nachgebildet  ist  und  überhaupt  der  ersten  Hälfte  (den  Im 
ten)  ebenso  die  Odyssee  zu  Grunde  liegt  wie  der  zweiten  (Kämpfe] 
Ilias.    Ton  und  Geist  der  Aeneis  steht  freilich  zu  Homer  in  diametri 
Gegensatze.    Literatur  ausser  dem  oben  211,  6  Angeführten:  A.  G.W 
de  eo  quod  nimium  est  in  imitatione  Homeri  Virgiliana,  Schleud.  178 
J.  A.  H.  Tittmann,  de  Virg.  Homerum  imitante,  Wittenb.  1787.  4.    F. 
bold,  Vergleichung  Virgils  und  Homers,  nebst  Bemerkungen  z.  Kritili 
Ersteren,  Pirmasens  1789.   4.    G.  C.  Lauter,   de  Virg.  imitatore  Hoi 
Heidelb.  1796.   4.    Andrea,   locorum  Homero -Virgilian.  spec.  I.  H. , 
1804.  1814.    H.  Müller,  Hom.  u.  Virgil,   eine  Parallele,    Erfurt  1807 
Eckert,  Parallele  zw.  d.  Ilias  u.  Virg.  Aen.,  München  1829.  4.  E.  A.  S 
metz,  de  aliquot  locis  Odysseae  et  Aen.  ad  orci  maniumque  descri 
nem  pertinentibus,  Merseb.  1840.  4.    H.  Wederer,  Homer,  Virgil,  T 
Münster  1843;  und:   üeber  die  Episoden  in  der  Aeneis,  Museum  d.  rl 
westphäl.  Schulmänner  I.   S.  78  tf.      L.  Müller,   de  re  metr.   p.  219. 
307.  322.    M.  Wilms,   qua  ratione  Verg.  in  Aen.  aut  locutnrum  aliq 
aut  locutum  esse  indicaverit,   Duisburg  1865.   4.    Der  Stoff  des  zw« 


Dichter:  Vergilius  (Aeneis).  401 

Budes  ferner  ist  den  Kyklikem  (Pisander?  Macrob.  V,  2,  4)  entnommen, 
6.  lY  dem  vierten  Buche  des  ApoUonius  Rhodius  (lason  und  Medea)  nach- 
gebildet. Von  römiBchen  Dichtem  hat  Vergil  besonders  den  Ennius  be- 
nutzt (z.  B.  VI,  846),  wie  Servius  in  seinem  Commentar  an  vielen  Stelleu 
un«!  Macrob.  VI,  1  f.  nachgewiesen;  ebenso  non  verba  sola  sed  versus 
prope  totoa  et  locos  quoque  Lucreti  plurimos  sectatum  esse  Vergilium  vi- 
demus  (Gell.  I,  21,  7  vgl.  Macrob.  1.  1.).  Zufällig  dagegen  ist  wohl  das 
zeitiireise  Zusammentreffen  im  Ausdrucke  mit  Naevius,  A.  Furius  und  an- 
dern römischen  Epikern.  —  Im  Allgemeinen  Kuschel,  über  die  Quellen  von 
Vergila  Aeneis,  Breslau  1858.    32  S.  4. 

7.  „Zwar  ist  Vergil  noch  weit  entfernt  von  jenem  ewigen  Gelärm  und 
Gepolter  seiner  bramarbasierenden  Nachahmej^;  .  .  aber  es  bleibt  auch  so 
noch  genug  von  erkünsteltem  Pathos  übrig,  das  sich  .  .  besonders  in 
'Wichtigen  Attributen  Luft  macht,  die  denn  freilich  durch  masalose  Wie- 
«l^rholung  ihren  eigenen  Eindruck  schwächen.  So  kommt  z.  B.  das  Ad- 
jectiv  ingeuB  in  der  Aeneide  152  mal,  immanis  43  mal  vor«**  W.  Hertzberg 
vor  seiner  Aeneis  S.  IX. 

Die  Sorgfalt  VergiVs  in  Ausfeilung  seiner  Verse  ist  besonders  von  L. 
MuUer  de  re  metr.  p.  140  f.  183.  190  f.  nächgewiesen.  Sie  gilt  auch  von 
der  Aeneis,  obwohl  hier  Stoff  und  NichtvoUendung  eine  gewisse  Locker- 
ung der  Strenge  mit  sich  brachten.  Von  Aelterem  s.  z.  B.  Gossrau,  de 
hexametro  Vergilii,  in  seiner  Ausg.  der  Aen.  p.  624  ff. 

Allgemeines  Preisen  der  Aeneis  (bzhgsw.  des  Vergil)  bei  Ovid  Amor. 
I,  15,  25  f.  A.  A.  III,  337  f.  Rem.  am.  396.  Trist.  II,  533  ff.  Prop.  III, 
32,  66  f.    Quintil.  X,  1,  56.  85  ff.    Stat.  Theb.  XII,  816  u.  A. 

8.  Einfluss  der  Aeneis  auf  die  deutsche  Literatur,  zuerst  durch  Heinr. 
▼.  Veldek's  Eneide  (um  1180);  s.  G.  Gervinus,  Gesch.  der  poetischen  Na- 
tionalliteratur I.  S.  238  ff.  Cholevius,  Gesch.  der  deutschen  Poesie  nach 
ihren  antiken  Elementen  I  (1854).  S.  101  ff. 

9.  Fr.  Drück,  de  vitiis  virtutibusque  Hom.  et  Virg.  saeculi  ipsorum 
indole  aestimandis,  Stuttgart  1780.  4.  C:  G.  Heyne,  de  carmine  epico 
VirgiJiano,  in  seiner  Ausgabe  II.  p.  1 — 36;  de  rerum  in  Aeneide  tractata- 
rum  inventione,  ib.  p.  37—56;  censura  eorum  quae  in  Aen.  oeconomia  re- 
Pi^ehendi  possunt,  ib.  III.  p.  854  —  859.  P.  F.  Tissot,  fitudes  sur  Virgile, 
^^^^pta6  avec  tous  les  poätes  ^piques  et  dramatiques  des  anciens  et  des 
^odemes,  Paris  1826.  4  Bde.  Segrais,  Tfin.  consid^räe  par  rapport  ä  l'art 

®  la  guerre  (M^m.  de  Pacad.  des  inscr.  XXIV),  in  welcher  letztem  Bezieh- 
^S  auch  Napoleon  I  (pr^cis  des  guerres  de  Cäsar  p.  209  ff.)  dem  Vergil 
^^8^  Unkenntniss  vorgeworfen  hat.  Ferd.  Winkelmann  in  Jahn's  Archiv 
^3,  jj.  s,  566 — 5g4,  L.  Magnier,  analyse  critique  et  littäraire  de  l'Jfinäide, 
^^i%  1S44.   Cadeubach,  Prolegomena  ad  Virg.  Aen.,  Essen  1844.  4.  Breier, 

^  Vergilio  epico  poeta  recte  aestimando,  Lübeck  1855.  4. 

^^      10.  Sonderausgaben  von  B.  F.  Schmieder  (Berlin  1800.  2  Bde.),  E.  Th. 
^^Mer  (Wien  1826  f.  2  Bde.),    C.  Thiel  (mit  Erläut.  f.  Gymn.,  Berl.  1834. 
|f^B.  2  Bde.),  P.  Hofman-Peerlkamp  (ed.  et  adnot.  instruxit,  Lngd.  1843), 
•   AV.  Gossrau  (in  us.  schol.  annot.  perp.,  Quedlinb.  1846). 

J.  Stanko,  de  P.  Victorii  commentariis  originalibus  ineditis  in  libr.  IV 
^^»ieidos,  München  1851.  4.    J.  Henry,  notes  of  a  twelve  years'  voyage  of 

Tearrel,  Rüoi.  Literatarffcfchichte.  26 


402  Augusteische  Zeit,  711 — 7G7  d.  St. 

discovery  in  the  first  six  books  of  the  Eneis,  Dresden  1853.  588  pp. ;  deu 
bearbeitet  in  seinen  Adversaria  Virgiliana  im  Philologus  XL  S.  480 — 
597—642.  XII.  S.  248—270.  XUI.  S.  629-644.  XVII.  S.  627-648.  K.  I 
pes,  zur  Erklärung  von  Verguß  Aeneis,  I.  Freiburg  1859.  II.  Consi 
1863.  J.  M.  van  Gent,  annotationes  criticae  in  Aen.,  Lugd.  Bat.  1864. 
Friedreich,  Beitrag  zur  Erklärung  von  Aen.  II,  Teschen  1868.  4. 

üebersetzt  von  C.  L.  Neuffer  (Frankfurt  1816,  Stuttgart  1830  fF.), 
Binder  (Stuttgart,  Hoffmann,  1857),  P.  E.  L.  Lots  (in  gereimten  Otta 
Leipzig  1857),  und  am  besten  von  W.  A.  ß.  Hertzberg  (mit  trefflicher '. 
leitung  und  Anmerkungen),  Stuttgart  (Metzler,  Class.  d.  Alt.)  1859.  47 

216.  Ausser  diesen  grösseren  und  unzweifelhaft  ech 
Dichtungen  des  Vergil  kennen  wir  auch  noch  eine  Anz 
kleinerer  Gedichte  welche  seinen  Namen  mit  ungleicl 
Rechte  tragen.     Unter  diesen  ist 

1)  Culex  soweit  vollständig  beglaubigt  dass  es  festsi 
Vergil  habe  in  seiner  Jugend  ein  (kleines)  Epos  mit  die« 
Titel  und  von  dem  ungefähren  Inhalt  des  erhaltenen  verfai 
die  nähere  Beschaffenheit  des  letzteren  macht  aber  wahrschi 
lieh  dass  dasselbe  vielmehr  eine  —  wenige  Jahrzehnte  n 
Vergils  Tod  verfertigte  —  Nachdichtung  an  die  Stelle  des 
Vergil  selbst  vernichteten  echten  Gedichtes  ist. 

1.  Donats  vita  17  (28):  poeticam  puer  adhuc  auspicatus  in  Balis 
ludi  magistrum  ob  infamiam  latrociniorum  coopertum  lapidibus  distic 
fecit:  monte  sub  hoc  u.  s.  w.  deinde  Catalecton  et  Priapeia  et  Epigr 
mata  et  Diras,  item  Cirim  et  Culicem  cum  esset  annorum  XVI.  F 
eine  Inhaltsangabe  des  letztem.  (19  :=  30.)  scripsit  etiam  de  qua  ax 
gitur  Aetnam.  mox  cum  res  romanas  inchoasset  .  .  ad  Bucolica  trän 
Die  vorher  genannten  sind  somit  nach  Donaths  Meinung  sämmtlich  Jag« 
gedichte  Vergils.  Servius  (vor*  seinem  Comm.  zur  Aen.)  p.  1:  primui 
Vergilio  hoc  distichon  factum  est  in  Balistam  latronem:  monte  u.  s 
scripsit  etiam  septem  sive  octo  libros  hos:  Cirin,  Aetnam,  Culicem,  I 
peia,  Catalecton,  Epigrammata,  Copam,  Diras.  Das  Moretum  fehlt  als* 
beiden  Aufzählungen.  In  beiden  ist  die  üukritik  so  gross  dass  di 
Theil  unmöglich  auf  Sueton  zurückgehen  kann,  sondern  das  enthält 
in  der  Zeit  des  Donatus  (bzhgsw.  Servius)  für  Jugendgedichte  des  Ve 
angesehen  und  in  deren  Sammlung  (als  Anhang  zu  den  übrigen  Gedicl 
Vergils)  aufgenommen  zu  werden  pflegte.  Spätere  Jahrhunderte  vermeh: 
dann  die  Sammlung  noch  durch  ihre  eigenen  Erzeugnisse;  s.  unten  5,  i 

2.  Zusammenstellung  der  carmina  minora  besonders  von  J.  Si 
im  vierten  Bande  des  Heyne-Wagiierschen  Vergil,  in  Chr.  Jahu's  Text 
gäbe,  im  vierten  Bande  von  Ribbecks  Vergil  (als  Appendix  Vergili; 
Lips.  1868)  und  in  dessen  Textausgabe,  üebersetzt  und  erläutert  von 
A.  B.  Hertzberg,  Stuttgart  (Metzler)  1856  (Gedichte  des  Vergil,  zw 
Abthlg.;  Class.  d.  Alt.). 

3.  Zeugnisse  für  die  Abfassung  eines  Culex  durch  Vergil  (au 
Donat,  A.  1).    Sueton.  vita  Lncani  (p.  50  Rfftch.):  nt  praefatione  qua< 


Dichter:  Vergilius  (Culex).  403 

aet^^atem  et  initia  sua  cum  Vergilio  comparauB  ausus  sitdicere:  et  quantum 
milii  restat  ad  Culicem!    Vgl.  Stat.  Si^.  II,  7,  73  f.:  haec  primo  iuvenis 
csLXMes  8ub  aevo,  ante  annos  Culids  maroniani.   Statius  scheint  also  geglaubt 
za      liaben  dass  Vergil  seinen  Culex  XXVI  (nicht  XVI)  Jahre  alt  verfasst 
ha.l3€.    Stat.  Süv.   I  praef.:   et  Culicem   legimus  et  Batrachomyomachiam 
et£^in  agnoscimus;    nee  quisquam  est  illustrium  poetarum  qui  nou  aliquid 
op^xibus  suis  stilo  remissiore  praeluserit.   Er  glaubte  also  den  vergilischen 
Cia.l«x  noch  zu  besitzen,  obwohl  er  ihm  (seiner  Beschaffenheit)  keine  An- 
erkennung zollte.    Martial.  XIV,  185  (nach  zwei  Epigrammen  auf  die  Ba- 
ir^Lohomyomachie) :   accipe  facundi  Culicem,  studiose,  Maronis,  ne  nucibus 
positis  Anna  virumque  legas.    Das  vermeintlich  vergilische  Gedicht  war 
also   damals   noch   nicht  in   die    Gesammtausgabe   aufgenommen.     Doch 
z^^eifelte  Martial  nicht  an  dem  vergilischen  Ursprung;  s.  auch  VIII,  66, 19  f.t 
proüuus  Italiam  concepit  et  Arma  virumque  qui  modo  vix  Culicem  fleverat 
ore  rudi.    Ebensowenig  die  Quelle  von  Nonius,  (Probus?)  p.  211:  labrusca, 
genere  feminino,  Verg.  in  Bucolicis  (V,  7);  neutro  Vergilius  in  Culice  (v. 
53).    Um  dieser  Zeugnisse  willen  haben  Nake  (zu  Val.  Cat.  Dir.  I.  p.  227), 
W.   Teuffei  (in  Pauly's  Real-Enc.  VI,  2.  1861.  S.  2667),  Ribbeck  (Rhein. 
üixs.  XVIII.  S.  100  f.    Append.  Verg.  p.  20—22)  den  auf  uns  gekommenen 
Culex  fnr  vergilisch  gehalten.    Es  ist  aber  ganz  wohl  möglich  dass  Martial 
un^  Statins  bei  ihrer  Identification  des  erhaltenen  mit  dem  vergilischen 
sieb  getäuscht  haben.    Verdacht  erregt  schon  die  Sonderexistenz  des  erstem 
^   der  Zeit  Martials.    Sodann  kann  der  Ausgangspunkt  des  Gedichts  nur 
gewesen  sein  dass  die  Schnake  desswegen  weil  sie  sonst  nicht  zur  Ruhe 
der  Unterwelt  eingehen  könne  den  Hirten  (dem  sie  das  Leben  gerettet) 
^m  ein  Begräbniss  gebeten  habe.    Aber  gerade  diese  Motivierung,  ohne 
welche  die  Conception  der  ganzen  Idee  keinen  Sinn  hat,  fehlt  in  dem  vor- 
handenen Culex,  erdrückt  durch  das  Bestreben  eine  möglichst  voUsÜindige 
**^®cbreibung  der  Unterwelt  zu  geben.    Dazu  kommen  noch  Nachahmungen 
^^^  Stellen  aus  sämmtlichen  echten  Dichtungen  Vergils   (besonders  von 
*'^J.  Vi  und  Aen.  VI,  s.  Fr.  Baur  S.  371—373),  wenn  dieselben  auch  nicht 
*^   ^eck  ausgeführt  sind  wie  in  der  Ciris. 

^      4.  Ueber  die  künstlerische  Beschaffenheit  des  erhaltenen  Culex   (412 

^^^ameter)   besteht  keine  Meinungsverschiedenheit.     Es  ist  unbestritten 

r^*8  das  Gedicht  in  Bezug  auf  Composition  und  Ausführung  ebenso  schüler- 

P?"^  ist  wie  musterhaft  hinsichtlich  des  Versbaues.    Es  zeigt  in  letzterer 

^*^^cht  „Sorgfalt  im  Detail  der  Versbildung  und  empfindliches  Gehör  für 

^^^te  Aequabilitat  und  Vermeidung  von  Hilrten"  (W.  Hertzberg  S.  61). 

|.  ^^^  glauben  die  Einen  diese  Merkmale  noch  unter  dem  Begriffe  der  Jugend- 

^^teit  befassen  zu  können  (Ribbeck),  während  die  Andern  (W.  Hertzberg, 

^^^^i".  Baur;  auch  L.  Müller,  de  re  metr.  p.  42)  in  der  einseitig  technischen 

y^'^^endung   neben   Stümperhaftigkeit   in    allen   andern  Beziehungen    ein 

^^^lien  erkennen   dass  das  Gedicht  von  Vergil  nicht  verfasst  ist,    auch 

^^Ui  sein  Ursprung  bis  in  die  augusteische  Zeit  hinauf  reichen  sollte  (so 

^-  Baur;  dagegen  W.  Hertzberg:  aus  der  ersten  Hälfte  des  ersten  christl. 

^fh.,  zvnschen  Ovid  und  Persius).    Eingehende  Beleuchtung  des  Culex 

^öti  "\^^  Hertzberg  in  der  Einleitung   zu  seiner  Uebersetzung,   S.  6—25. 

*^«dr.  Baur,  ist  der  uns  überlieferte  Culex  ein  Jugendgedicht  des  Vergi- 

^^^8?  in  Fleckeisens  Jahrbüchern  93   S.  357-377. 

26* 


404  Augusteische  Zeit,  711—767  d.  St. 

5.  M.  Haupt,  Verbesserungen  des  Textes  des  Culex,  Monatsberichte  d 
Berliner  Akad.  1858,  S.  646—659^  Ribbeck,  Vermutungen  zum  Cule 
Rhein.  Mus.  XVIII.  S.  100—112. 

2)  CiriS;  die  Geschichte  von  dem  Verrathe  der  megarische 
Königstochter  Skylla  an  ihrem  Vater  Nisus  und  ihrer  Verwani 
hing  in  den  Vogel  Ciris.  Das  Epyllion  stammt  wohl  aus  dei 
Kreise  des  Messala  und  ist  dessen  Sohn  (Cos.  751  d.  St.)  g 
widmet.  Vergils  Gedichte  sind  stark  ausgebeutet;  daneben  ab< 
zeigt  sich  der  Verfasser  als  Schüler  und  Nachahmer  Catull 
und  klingt  ausserdem  manchfach  an  Lucretius,  sowie  an  Tibu 
lus  und  andere  augusteische  Dichter  an.  In  seiner  feinen  Schi 
derung  von  Seelenzuständen  erinnert  das  Gedicht  an  Vergi 
Der  Versbau  ist  weniger  gefeilt  als  bei  diesem,  die  Spracl 
aber  bewegter. 

1.  Für  den  vergilischen  Ursprung  der  541  Hexameter  spricht  nicht 
Alles  ab^r  dagegen,  und  der  Verf.  simuliert  auch  keineswegs  eine  sold 
Urheberschaft,  äussert  sich  vielmehr  im  Eingange  ausführlich  über  seil 
persönlichen  Verhältnisse.  Darnach  ist  er  ein  schon  älterer  Mann,  d« 
nach  einem  bewegten  (politischen)  Leben  am  Liebsten  sich  ganz  der  (ej: 
kureischen)  Philosophie  widmen  und  ein  Lehrgedicht  in  deren  Sinne  ve 
fassen  möchte.  Der  Name  desselben  ist  unbekannt.  Cornelius  Gallus,  a 
welchen  J.  H.  Voss  gerathen  hatte  (so  dass  vielmehr  Verg^il  die  Ciris  g 
plündert  hätte),  ist  es  nicht;  e.  W.  Hertzberg  S.  63—66.  Der  Vermutui 
(von  W.  Teuffei,  in  Pauly's  Real-Enc.  VI,  2.  S.  2657),  dass  der  Messa 
(v.  54)  welcher  v.  36  iuvenum  doctissime  angeredet  wird  der  älteste  Sol 
des  Redners  Messala,  Mesaalinns  (A.  Haakh  ebds.  S.  2356  f.  Nr.  100),  Co 
761,  sei,  haben  auch  W.  Hertzberg  S.  56  und  Ribbeck  Append.  p.  16  z\ 
gestimmt.  Das  Gedicht  mag  also  um  736—740  verfasst  sein.  Für  d 
Entstehung  in  der  augusteischen  Zeit  macht  L.  Müller,  de  re  metr.  p.  4 
den  weiteren  Umstand  geltend  dass  in  der  Ciris  auch  die  Elegieen  Catulls  m 
das  kleine  Epos  de  Peleo  et  Theti  nachgeahmt  seien,  während  nach  A 
gustus  sonst  immer  nur  Catulls  Jamben  und  Hendekasyllaben  berücksichtij 
werden. 

2.  Nachweis  der  Entlehnungen  aus  Vergil  (welchem  ganze  Verse  en 
nommen  werden,  vgl.  v.  96  f.  125.  167.  185.  210.  282.  267.  299.  302.  31 
349.  370.  398.  406  f.  430.  437.  474.  638  ff.),  aus  Catull  (v.  168  ff.  177  1 
195  ff.  241.  360.  387  ff.  442.  511;  vgl.  M.  Haupt,  Quaest  Catull.  p.  45.  76 
Observ.  crit.  p.  6.  14)  und  andern  Dichtem  s.  bei  Schrader,  Emendation« 
p.  34  ff.  vgl.  Sillig  IV.  p.  165  ff'.  Abweichungen  vom  Sprachgebrauche  Ve 
gils,  besonders  im  Gebrauche  der  Partikeln,  Jacob  zu  Propert.  p.  166  ut 
bei  Sillig  IV.  p.  143  f.  Haupt,  Observ.  crit.  p.  48.  Abweichungen  vc 
dessen  Versbau,  W.  Hertzberg  S.  61  Anm.,  dessen  ganze  Einleitung  (1 
61 — 68)  überhaupt  die  beste  Charakteristik  des  Gedichtes  enthält.  Vg 
auch  Ribbeck,  Appendix  Vergil.  p.  16—18.  Im  Ganzen  steht  die  Weil 
des  Verfassers  Catull  (bzhgsw.  Ovid)  näher  als  der  vergilischen. 


Dichter:  Vergilius  (Ciris  und  Moretum).  405 

3.  Dass  das  Gedicht  stofflich  nach  einem  griechischen  (alexandrinischen) 
Voirhild  gearbeitet  ist  macht  theils  der  mythologische  Charakter  des  Stoffes 
seilest  theils  die  Nennung  des  Paläphatus  (v.  88),  sowie  (y.  488)  die  ety- 
mologische Ausdeutung  des  Namens  Ciris  (von  hbiqsiv)^  wahrscheinlich. 
ÜEaloekannt  aber  ist  ob  Eallimachos  oder  Parthenios  (Meineke,  Anal.  alex. 
p.     S73)  oder  ein  Anderer  dieser  Vorgänger  war. 

4.  F.  W.  Graser,  Epist.  ad  Richter,  qua  I.  Silligii  de  Cir.  poem.  ex- 
orcLio  disputatio  examinatur,  Guben  1835.  4.  Kritische  Beiträge  von 
M.  Haupt  (Quaestiones  Catull.  p.  75 — 78;  Monatsberichte  der  Berliner 
AWad.  1858,  S.  659—671),  G.  Pütz  (Adnotationes  ad  Virg.  Cirin,  Cöln  1846. 
4.),   ßibbeck  (Rhein.  Mus.  XVIII.  S.  112-122). 

3)  Moretum  (der  Kräuterkloss),  eine  anmutige  Idylle  aus 
der  Zeit  des  Vergilius,  vielleicht  von  diesem  selbst  nach  einem 
griechischen  Gedichte  des  Parthenios  gearbeitet,  voll  anschau- 
licher Detailmalerei  und  liebenswürdiger  Laune,  sowie  in  mei- 
sterhafter Form. 

1.  Nach  J.  G.  Vossius,  de  poet.  gr.  9  fand  sich  in  einem  cod.  Ambros. 

dea  Gedichts  die  Angabe:  Parthenius  Moretum  scripsit  in  Graeco,  quem 

Virgilius  imitatus  est.    Sie  bildet  wohl  die  Vermittlung  mit  der  Thatsache 

dass  die  ,JPrische  der  Anschauung,  Plastik  der  Ausführung  und  sinnliche 

Scharfe  der  Charakteristik"  (W.  Teuffei  in  Pauly's  Real-Enc.  VI,  2.  S.  2658) 

in    dem  Gedichte,    „die  scharfe,  jeder  Phrase  abholde  Bezeichnung    der 

Dinge  wie  sie  sind"  (W.  Hertzberg  S.  95),  sonst  gar  nicht  Vergils  Art  ist. 

Und  dass  das  gpriechische  Original  ziemlich  wortgetreu  übertragen  sei  hat 

W.  Hertzberg  (S.  95.   100.   101  f )  aus  dem  Namen  Simylus,  dem  Masse 

y-    18  und  aus  v.  116  erschlossen.    Die  124  Hexameter  schildern  wie  der 

Bauer  Simylus  in  der  Morgendämmerung  aufsteht,  sein  Brod  bäckt,  sein 

inoretum  fertig  macht  und  dann  an  die  Arbeit  geht.    Auch  Suevius  hatte 

®ui  Moretum   verfasst   (oben  25,  2),   und  die  Vermutung  ist  nicht   ohne 

•Wahrscheinlichkeit  dass  der  Wunsch  es  besser  als  Suevius  zu  machen  den 

V^ergii   zu   neuem  Anfassen  der  Aufgabe  veranlasst  habe.    Jedenfalls  ist 

r*®  Gedicht  aus  der  besten  Zeit  der  römischen  Literatur,  wie  schon  die 

^^llung  beweist  welche  v.  76  die  lactuca  im  Vergleich  mit  der  Zeit  Mar- 

*^J'8  (Martial.  XIII,  14,  1)  einnimmt  (Stauder  in  der  Zeitschr.  f.  Alt.-Wiss. 

^^>  S.  290).    Vgl.  Lachmann  zu  Lucret.  p.  326:  in  Moreto,  quod  Carmen 

^''gilianis   aetate   par   esse   existimo.    M.  Haupt,   Quaest.  Catull.   p.  52. 

•   llertzberg's  Einleitung  S.  93—96.    Ribbeck  Appendix  p.  14  f. 

^.  F.  G.  Klopfer,  Moretum  quod  vulgo  Virgiho  adscribitur,   cum  ver- 

'^oixe  vemacula  et  animadversionibus,  Zwickau  1806.  4.    Schneidewin  in 

|*lx's  Archiv  H.   S.  426  f.     Chr.  Jahn  ebds.  IV   (1836).    S.  627-639.    M. 

^pt»  Quaest.  Catull.  p.  49—63.    Stauder,  zu  Vergil's  Moretum,  Zeitschr. 

^-  ^.  Alt.-Wiss.  1863,  Nr.  37  f. 

4)  Copa  (die  Schenkwirtin) ,  eine  kleine  Elegie  aus  bester 

^^it,  in  ihrer  Technik  ganz  der  Weise  Vergils  entsprechend, 

^in  so  weniger  a|;>er  mit  ihrem  lebenslustigen  Inhalt  und  Ton 

ftn  ihn  erinnernd,  zudem  mit  Anklängen  an  vergilische  Stellen. 


406  Augusteische  Zeit,  711—767  d.  St. 

1.  Als  vergilisch  bezeichnet  i/v  erden  die  19  Distichen  durch  einige  Hd 
und  auch  Charisius  hielt  sie  dafür;  s.  Charis.  I.  p.  47  P.  =  63,  11  ! 
quamvis  Vergilius  librum  suum  Cupam  inscripserit.  Auch  Lachmann 
Lucret.  III,  374.  p.  164  citiert  Vergilius  .  .  in  Copa  31.  Die  üebere 
Stimmung  der  Copa  mit  der  vergilischen  Technik  im  Bau  des  Pentamet 
hat  W.  Hertzberg  S.  105  nachgewiesen,  aber  auch  S.  104  die  mit  Prop 
tius  (da  an  Catull  der  Zeit  nach  nicht  zu  denken  sei),  und  S.  103:  „• 
reinliche  und  scharfe  Detailmalerei,  die  Kurze  des  Ausdrucks,  die  Yolu 
lität  der  Satzbildung,  und  die  lebensfrohe  übermütige  Stimmung  die  ( 
Ganze  durchzieht,  diesB  sind  gerade  nicht  charakteristische  Eigenthümli 
keiten  Vergil's**.  V.  27  cantu  rumpunt  arbusta  cicadae  =  Georg.  III,  85 
V.  35  cineri  ingrato  =  Aen.  VI,  213;  vgl.  umbrosis  harundinibus  (v. 
mit  Aen.  VIII,  34  umbrosa  harundo.  V.  31  =  Calpum.  ecl.  XI,  46.  1 
pendix  Vergil.  p.  14.  Das  Gedicht  über  die  augusteische  Zeit  hinab 
rücken  liegt  jedenfalls  keinerlei  Grund  vor. 

2.  C.  D.  Ilgen,  Animadversiones  philolog.  et  criticae  in  carmen  Vi 
quod  Copa  inscribitur,  Halle  1820.  4.  (hält  ohne  Grund  den  Valgius  Ru 
für  den  Verfasser).    Heyne-Sillig  IV.  p.  281  ff.    üebersetzt  (mit  den  Cat 
von  F.  Fiedler,  Wesel  1830.  4.    K.  Zell,  Ferienschriften  I.  S.  5—52. 
Müller,  Rom  und  die  Römerinnen  II.  S.  171  ff. 

5)^Catalecta,  eine  Sammlung  von  vierzehn  Gedichten 
elegischen  und  iambischen  Masse  und  von  manchfaltigem  ] 
halte.     Der  vergilische  Ursprung  ist  nur  bei  wenigen  bezeu 
aber  auch  nur  bei  wenigen  unmöglich.    Mindestens  aus  der  Z 
Yergils  scheinen  alle  zu  stammen. 

1.  AuBonius  grammaticomast.  (Idyll.  12)  5  f.:  die  quid  significent 
talecta  Maronis?  in  his  (2,  3)  al  Celtaruin  posuit,  sequitur  non  lucidius  t 
Die  Hdss.  der  Cat.  selbst  nennen  sie  catalepton  und  cathclepton;  da 
Bergk,  Rhein.  Mus.  XX.  S.  291  für  den  eigentlichen  Namen  %axa  Xbu 
erklärte,  was  aber  für  eine  Sammlung  vermischter  Gedichte  kaum  ein 
passender  Titel  wäre  wie  %azttXi%za.  Dagegen  Prolnsiones  (scherzhi 
Jugendgedichte)  scheint  man  vorzugsweise  die  (vermeintlich  vergiÜscb 
Priapeia  genannt  zu  haben;  s.  Diomed.  III.  p.  512  P.  undE.:  Priapei 
quo  Vergilius  in  prolusionibus  suis  usus  fuit,  tale  est:  incidi  patulun 
gpecum  procumbente  Priapo ,  welcher  sinnlose  Vers ,  wie  das  Folge 
zeigt,  von  dem  Grammatiker  zur  Veranschaulichung  der  metrischen  F( 
gebildet  ist  und  keineswegs  vergilisch  sein  soll.  Solcher  Priapeia  ste 
in  den  Hdss.  der  Catal.  an  deren  Spitze  drei  (Append.  Vergil.  p.  147 — II 
das  erste  ganz  kurz  und  unbedeutend,  v.  1  mit  fehlerhafter  Synalö 
und  in  seiner  Pointe  gleich  Martial.  VIII,  40;  das  zweite  (iambische 
nare)  und  dritte  (im  Priapeius)  Variationen  desselben  Thema's,  ohne  sieb 
Urheberschaft;  s.  W.  Hertzberg  S.  110  f.  Append.  Verg.  p.  4  f.  I 
Plin.  Ep.  V,  3,  6  den  P.  Vergilius  (oben  26,  1)  unter  den  boni  aufzl 
welche  erotische  lusus  verfasst  haben  wird  aufgewogen  durch  das  Sch^ 
gen  Ovids,  welcher  (Trist.  U,  535—538)  aus  diesem  Gebiete  nur  Aen. 
und  die  Bucolica  zu  nennen  weiss.  Vgl  noch  J.  E.  Wemicke,  Priap 
(Thorn  1853)  p.  9—11.  108—112.    F.  Bücheier,  Rhein.  Mus.  XVHI.  p.  2 


Dichter:  Vergilius  (Copa  und  Catalecta).  407 

2.  Von  den  Catalecta  haben  elegisches  Mass  Nr.  1,  6,  9—14;  iambisches 
Nr.     3,  4,  5  und  8,  sowie  (choliambisches)  Nr.  2  und  7.    Als  vergilisch  be- 
gl^ia.bigfc  ist  Nr.  2  (auf  Annius  Ciraber,  oben  196,  10)  durch  Quintil.  VIII, 
3,    ^S  und  Ansonius  (s.  A.  1).    Ein  bestimmtes  Merkmal  welches  die  Ur- 
hel>er8chaft  Vergils  ausschlösse  trägt  nur  Nr.  5  an  sich,  dessen  Eingang 
pex"»önliche  Verhältnisse   seines  Verfassers   andeutet  die  den  vergilischen 
widerstreiten.    Auch  die  servile  Elegie  an  Messala  (Nr.  11)  aus  J.  727  kann 
niclit  von  Vergil  sein  (schon  wegen  v.  17),  sondern  ist  von  einem  Anfänger 
dex-    seine  mythologische  Gelehrsamkeit  zur  Schau  trägt  und  eher  in  der 
Manier  des  Ovid  als  des  Vergil  dichtet.    Ribbeck  Append.  Verg.  p.  12  f. 
rkttk  auf  Lygdamus  (unten  228,  4),  was  wenigstens  glaublicher  ist  als  R.  ün- 
gerH  Verwendung  für  Valgius  Rufus  (de  Valg.  Ruf.  p.  304  ff.).  Die  Bitterkeit 
der  lamben  (bes.  von  Nr.  3  f.  und  8)  stimmt  zwar  wenig  zu  dem  sanften 
Wesen  welches  Vergil  später  an  sich  hatte,  erklärt  sich  aber  genügend 
auB  der  Hitze  der  Jugend,  der  Erregung  der  Zeit,  und  dem  Vorgange  des 
Catull.  Sie  und  das  catullische  Citat  in  3,  6,  die  Travestie  eines  catullischen 
Gedichts  in  Nr.  8,  sowie  die  Hinkiamben  Nr.  7,  und  in  Nr.  13  catullische 
ELeminisceuzen,   lassen  auf  eine  literarische  Durchgaugsstufe  schüessen  auf 
welcher  Vergil  von  CatulPs  Geist  und  Weise  hingenommen  war.    Zu  Ver- 
gils persönlichen  Verhältnissen  passen  genau  Nr.  6,  7,  10;   Männern  aus 
seinem  Kreise  gelten  1,  9,  13,  14.    Im  Allgemeinen  s.  W.  Hertzberg's  Ein- 
leitung zu  seiner  üebersetzung  der  Catalecta,  S.  108—110,  und  Ribbeck, 
Appendix  Vergil.  p.  6—14. 

3.  Vgl.  den  Heyne- Wagner 'sehen  Vergil  IV.  p.  341—382.^  F.  Fiedler, 
«  Verg.  Catalectis  epigramm.  VII  et  Copa,  Wesel  1830.  4.  F.  Näke, 
Valer.  Caton.  (1847)  p.  221  ff.  M.  Haupt,  Emendationes  Catalect.  Vergil., 
^ün  1859.  13  pp.  4. 

4.  Von  den  Epigrammata  welche  des  Donatus  und  Servius  Aufzählung 
(oben  1,  A.  1)  enthält  ist  eine  Probe  das  Epigramm  auf  Balista.  Mehrere 
iatte  man  vielleicht  früher;  oder  war  diess  der  ältere  Titel  für  die  später 
^f^ecta  genannte  Sammlung.    Wenigstens  Gedichte  im  epischen  Masse, 

^®  Vir  bonus  und  Est  et  non,  können  zu  keiner  Zeit  als  Epigrammata 

^^ichnet  worden  sein. 

ö.  Ueber  die  Dirae  s.  oben  187,  2.    Ueber  das  Lehrgedicht  Aetna  s- 
^^  bei  dem  Lucilius  des  Seneca.   Dieses  dem  Vergil  zuzuschreiben  ver- 
r^^«ten  wohl  dessen  theologische  Studien  und  Vorliebe  für  Unteritalien, 
^"^icht  auch  die  Nachahmung  des  vergilischen  Stils  in  dem  Gedichte. 

^       ^.  In  einigen  Handschriften  (s.  Append.  Vergil.  p.  24)  werden  dem 

^^%ü  zugeschrieben  auch  drei  spätlateinische  Gedichte,  de  viro  bono  et 

'^'^^ente,  de  est  et  non  monosyllabis,  de  rosis  nascentibus  et  senescentibus, 

%enommen  in  die  lateinischen  Anthologien  von  Burmann  und  H.  Meyer 

?^^    in  Bibbecks  Appendix  Vergil.  (p.   181  ff.).    Die  Elegie  Rosetum  (50 

^^e)  kann  nach  Latinität  und  poetischem  Stil  nicht   vor  dem  vierten 

^^^^istüchen  Jahrh.  verfasst  sein  und  findet  sich  auch  in  einer  Hdschr.  des 

^^^%oniu8.    Die  25  Hexameter  über  Est  et  non  (Ja  und  Nein)  werden  in 

^^hreren  Hdss.  dem  Priscianus  eloquentissimus,  also  wohl  dem  Gramma- 

^>ker  des  Namens,  beigelegt  und  werden  auch  nicht  älter  sein.    Die  26 

Q^xameter  über  den  vir  bonus  sind  eine  Ausweitung  horazischer  Gedan- 


408  Augusteische  Zeit,  711—767  d.  St. 

ken  (bes.  S.  II,  7,  86  f.  Ep.  II,  2,  206  ff.)  und  begegnen  sich  mehrfach  i 
den  apokryphen  XQ'^^^  ^^^'  ^gl-  Näke,  Val.  Cat.  p.  240.  Auch  zwei  E 
gieen  auf  Maeceuas  (Appendix  Yergil.  p.  193  ff.)  tragen  in  zwei  Hai 
Schriften  den  Namen  des  Vergil,  und  ihre  sorgfältige  Technik  weist 
den  ersten  christl.  Jahrhunderten  zu;  vgl.  L.  Müller  de  re  metr.  p.  52  i 
Ribbeck  Append.  p.  61. 

7.  Von  prosaischen  Schriften  des  Vergil  ist  nur  sein  Briefwech 
mit  August  bekannt,  welcher  wohl  auf  August's  Betrieb  veröffenÜi 
wurde.  Proben  daraus  in  Donats  vita  Verg.  31  (46)  und  bei  Macrob 
24,  11  (oben  214,  5).  Vgl.  Tac.  dial.  13  (testes  Augusti  epistolae),  Claudi 
Epist.  3,  23  (dignatus  tenui  Caesar  scripsisse  Maroni),  und  das  Urteil  < 
älteren  Seneca  exe.  controv.  III,  8.  p.  361,  14  f.  Bu.:  Vergilium  illa  f* 
citas  ingenii  in  oratione  soluta  reliquit. 

8.  Unter  den  Handschriften  der  sog.  kleineren  Gedichte  ist  • 
Helmstädter  die  reichhaltigste.  Von  den  andern  enthält  die  eine  Cla 
Aetna,  Ciris,  Catalecta  u.  A.,  die  andere  den  Culex,  Dirae,  Copa,  Moret 
nebst  dem  Vir  bonus  u.  s.  w.  Von  der  ersten  Classe  ist  am  vollständ 
sten  der  codex  Rhedigeranus.  Andere  sind  aus  beiden  Classen  gemisc 
Beschreibung  dieser  Hdss.  bei  Ribbeck,  Appendix  Vergil.  p.  24—38.  V 
R.  Peiper  in  der  Berliner  Ztschr.  f.  Gymn.  1868,  S.  770—777. 

9.  Von  den  übrigen  vergilischen  Gedichten  besitzen  wir  siel 
Handschriften  in  Capitalschrift,  wovon  jedoch  drei  nur  eine  Anzahl  Blät 
umfassen,  nämlich  die  schedae  rescriptae  Sangallenses  (G  bei  Ribbec 
die  schedae  rescr.  Veronenses  (V),  und  die  drei  Berliner  Blätter  ( 
welche  ursprünglich  zu  einer  vaticanischen  Handschrift  (Nr.  3256)  gehört 
Die  älteste,  aber  ebenfalls  sehr  unvollständige,  Handschrift  sind  die  schei 
Vaticanae  Nr.  3225  (F)  aus  dem  zweiten  christl.  Jahrh.  Von  den  umfa 
reicheren  (aber  gleichfalls  nicht  ganz  vollständigen)  Handschriften  ist  1 
sonders  wichtig  der  Mediceus  (M)  aus  dem  fünften  Jahrb.;  cod.  Palatü 
(P),  Nr.  1631  in  der  Vaticana,  aus  4—6.  Jahrb.;  cod.  Vaticanus  Nr.  3) 
(R)  aus  dem  vierten  Jahrh.  Dazu  der  cod.  Gudianus  (y)  saec.  IX,  i 
Berner  Hdss.  (a,  b,  c)  aus  saec.  IX  und  X,  sowie  (aus  saec.  X — XU)  < 
codex  Minoraugiensis  (m).  Ueber  diese  Hdss.  s.  Ribbeck  Prolegomena 
tica  ad  Verg.  (1866)  p.  218 — 230;  de  scriptura  codicum  antiquissimor 
ib.  p.  231—264;  und  libronma  manu  scriptorum  rationes  explicantur 
p.  265—361  (wo  p.  363  do  codicibus  Vindobonenaibus  und  p.  353—361 
aliis  recentioris  aetatis  libris).  Ergebniss  p.  361 :  redire  omnem  nostram  i 
moriam  ad  uuum  archetypum  currenti  stilo  parnm  nitide  scriptum  oppleti 
que  nube  coniecturarum,  glossematum  atque  interpolationum  (vgl.  oben  ^ 
3.  214,  4).  Sonstige  neuere  Literatur  über  die  Vergilhandschriften.  J.  G.  I 
Varietas  lect.  ex  cod.  membr.  acad.  bibl.  Lundeusis,  Lund  1844,  9  Par 
G.  Butler,  codex  Vergilianus  qui  nuper  ex  bibliotheca  abbatis  Matt.  L 
Canonici  Bodleianae  accessit  (angeblich  aus  saec.  XI)  cum  Wagneri  te 
coUatus,  Oxon.  1854.  G.  H.  Pertz,  über  die  Berliner  und  die  vaticaniFcl 
Blätter  u.  s.  w.  Berlin  1863.  4.  (Abhandl.  der  Berl.  Akad.)  nebst  d 
Nachtrag  in  den  Monatsberichten  1864,  S.  278  ff.  und  J.  Henry  in  Fle 
eisens  Jahrbb.  95,  S.  419—423.  E.  Hoffmann,  zur  Eenntuiss  und  Beurteilt 
einiger  Vergilhdss.,    Ztschr.   für  Ostreich.   Gymnasien  XVI.   S.  129—1 


Dichter:  Vergilius  (Handschriften  und  Ausgaben).  409 

47  •7' — 508.    Winnefeld,  ein  Ueberrest  eines  Codex  von  Vergils  Aeneis  mit 
SoboHen  des  Servius,  Eos  IL  S.  533—540. 

10.  Gesammt ausgaben  der  vergilischen  Gedichte.    Vgl.  die  Notitia 
lit-^xaria  in  der  Zweibrücker  Ausg.,  in  der  Heyne-Wagnerschen  Ausg.  IV. 
p.     €36—742,  und  Schweigers  class.  Bibliogr.  II,  2.  S.  1145  11'.,  auch  F.  W. 
W^fifc^er,  Grundriss  der  class.  Bibl.  (Breslau  1840.)  S.  539—547.    Wir  nen- 
nen nur  die  wichtigsten.    Ed.  princ. ,  Rom  um  1469.  fol.    Venet.  ap.  Aid. 
l&Ol.  8.  u.  oft.    Cum  comment.  Donati,  Serv.  etc.  per  Ge.  Fabricium,  Basil. 
1&^  1.  fol.  u.  oft.    Argumentis,  explicationibus  et  notis  iUustrata  a  J.  L.  de 
l&    Cerda,  Madrit.  1608—1617.  fol.  3  Voll.    E  recens.  Dan.  Heinsii,  Lugd. 
E^i^.  1636.  12.    Rec.  Nie.  Ueinsius,  Amstelod.  1664.  1676.  12.    Interpretat. 
e^    notis  illnstr.  Car.  Ruaeus,  in  us.  Delph.,  Paris  1675  etc.  4.,  ed.  noviss. 
oi>era  J.  J.  Roquete,  3  Voll.  12.  Paris  1850.    Cum  comment.  Serv.,  Philarg. 
e-fco.,  ürsini,  N.  Heinsii  etc.    ed.  P.  Burmann.,  Amstelod.  1746.  4  Voll.  4. 
V'^riet.   lect.    et  perp.   adnot   illustr.    a   C.   G.  Heyne,   Lips.  1767—1775. 
VSr    Voll.;  ed.  II.  1788;  ed.  HI.  1798—1800.  V  Voll.;  ed.  IV.  cur.  G.  Ph.  E. 
W^agner,  Lips.  1830—1832.  IV  Voll.  (Vol.  IV:  Virg.  quae  vulgo  feruntur 
cajnnm.  Culex  etc.,  rec.  et  Heynii  suasq.  obss.  add.  J.  Sillig),  wozu  1841 
a.ls  Vol.  V.:  P.  Vergili  Mar.  carmm.  ad  pristinam  orthographiam  .  .  .  re- 
v^ocata,  nebst  Indices.    Auszug  der  Heyne'schen  Ausgabe:  in  tironum  grat. 
I>«rp.  adn.  ül.  C.  G.  Heyne,  Lips.  1779.  1788.  1799.  2  Voll.,  cum  auimadvv. 
e<i,  E.  C.  F.  Wunderlich  et  F.  E.  Ruhkopf,  ib.  1816  f.  1822.   2  Voll.    Ad 
t>I>tiin.  librr.  fidem  recogn.  et  in  us.  schol.  ed.  J.  Chr.  Jahn,  Lips.  1825. 
e<i.  II.  1838.  ed.  IV.  1850.    Rec.  et  illustr.  A.  Forbiger,  Lips.  1836—1839. 
®<i-  II.  1845.  ed.  III.  1852.    Perpetuo  comm.  ad  modum  J.  Bond  explicuit 
^r.  Dübner,  Paris  (Didot)  1858.  16.    Recensuit  0.  Ribbeck,  Lips.  Teubner 
1B59— 1862,  3  Bde.,  wozu  1866  Prolegomena  critica  und  (als  Vol.  IV)  1868 
-Appendix  Vergiliaua.    Oeuvres  de  Vergile,  texte  latin  .  .  avec  un  com- 
^Xftentaire  critique  et  explicatif,  une  introduction  etc.  par  E.  Benoist,  Paris 
^»67  ff. 

Schulausgaben  von  K.  F.  Süpfle  (Carlsruhe  1842.  1847),  Ph.  Wagner 
^*'eviter  enarravit,  Lips.  1845.  1849.  1861;  in  deutscher  Bearbeitung  von 
^^cb,  Leipz.  1849),  Th.  Ladewig  (Berlin,  Weidmann,  1850-1852;  3  Bdchn.; 
*^^Ue8te  Aufl.  die  fünfte). 

Textausgaben  von  Paldamus  (Lips.  Tauchnitz  1854,  mit  Einleitung), 
r^-  Haupt  (ed.  nitida,  Lips.  Hirzel  1858),  Th.  Ladewig  (Berlin  1866),  Rib- 
^^<ib  (Bibl.  Teubner.,  Lips.  1867). 

Ph.  Wagner,  Quaestiones  Vergilianae  (in  der  Heyne'schen  Ausgabe  IV. 

^*    ^3 — 587)  und  Lectionum  Vergilianarum  libellus,  Philologus  Suppl.  I. 

^-    307—426;    nebst  Philologus  XV.    S.  351  f.    XVI.  S.  537—542.    XVII.  S. 

*JO— 172.    C.  Regel,  Quaest.  Verg.  criticarum  specimen,  CeUe  1866.  30  pp.  4. 

*^^.  Spitta,  Quaestiones  Vergilianae,  Göttingen  1867.  47  pp.  4. 

216.  Vergils  Gedichte  erhielten  frühzeitig  Eingang  in  den 
Schulen,  fanden  Nachahmer ;  Uebersetzer  und  Erklärer,  unter 
Welchen  M.  Valerius  Probus  einer  der  ältesten  und  bedeutend- 
sten war,  späterhin  Servius.     Des  Letztem  Commentar  besitzen 
wir  noch,  von  den  anderweitigen  Arbeiten  Ueberreste  in  den 


410  Augusteische  Zeit,  711—767  d.  St. 

verschiedenen  Scholiensammlungen.  Daneben  lyurden  die  v< 
gilischen  Gedichte  auch  für  centones  verwendet  und  vom  Ab 
glauben  als  Stechbuch.  Vergil  selbst  aber  wurde  im  Mun 
des  Volks  allmählich  zu  einem  Wunderthäter  und  Zauber 
auf  dessen  Namen  bis  tief  in  das  Mittelalter  hinein  die  Voll 
des  Abendlandes  wetteifernd  ihre  phantastischen  Erfindung 
und  Sagen  häuften. 

1.  Suet.  gramm.  16:  Q.  Caecilias  Epirota  .  .  primus  dicitur  .  .  Ver 
lium  et  alioB  poetas  novos  praelegere  coepisse.  Quintil.  I,  8,  5:  optii 
institutam  est  ut  ab  Homero  atque  Yergilio  lectio  inciperet.  Oros.  I,  1 
Aeneae  .  .  adventus  in  Italiam  qnae  arma  commoverit  .  .  ladi  littera 
disciplina  nostrae  quoqne  memoriae  inustum  est.  Augostin.  civ.  dei  I, 
apud  Vergilium,  quem  propterea  parvuli  legunt  ut  videlicet  poeta  magE 
omniumque  praeclarissimus  atque  optimus  teneiis  ebibitus  auimis  non' 
eile  oblivione  possit  aboleh.  lul.  Capitol.  Clod.  Albin.  5,  2:  fertur  in  sei 
lis  saepissime  cantasse  inter  puerulos  „Arma  amens**  etc.  (Aen.  II,  31 
Auson.  epigr.  137,  1:  Arma  virumque  docens  atque  Arma  virumque  p 
ituB.  Auflösung  vergilischer  Stellen  in  Prosa  als  Schulaufgabe,  August 
confess.  I,  17.  —  Anspielungen  auf  Yergilisches  oft  bei  Ovid  (z.  B.  Met. 
165.  III,  501).  Anführungen  der  Aeneis  (II,  77)  auch  bei  Phädrus,  fab.  I 
praef.  27;  bei  Sulpicia  sat.  32  (Ae.  I,  279),  luvenal  II,  99  f.  III,  197.  1 
102.  Vgl.  Wehle,  Observ.  in  Petron.  p.  44  ff.  Ribbeck  prolegg.  crit. 
200  ff.  Schon  Livius  hat  aus  der  yergilischen  Phraseologie  Vieles  ei 
nommen;  noch  mehr  Tacitus;  s.  E.  Wölfflin,  Philologus  XXVI.  S.  130— IJ 
Benutzung  in  den  Bhetorschulen ;  Serv.  Aen.  X,  18:  et  Titianus  et  Call 
(Var.  Catulinus),  qui  themata  omnia  de  Vergilio  elicuerunt  et  adformaverv 
ad  dicendi  usum.  Vgl.  Ribbeck  prolegg.  p.  188.  Vergilstellen  fand  m 
in  Pompeji  au  den  Wänden  angeschrieben,  bes.  Ecl.  VIII,  70.  II,  56.  A< 
II  in.  Rhein.  Mus.  XII.  S.  260  f.  Auf  einem  silbernen  Löffel  steht  £ 
U,  17;  auf  einem  Relief  der  Villa  Albani  Aen.  I,  607  ff.  über  dem  Ko] 
einer  Wildbräthändlerin,  0.  Jahn  Berichte  der  sächs.  6.  d.  W.  1861,  S.  3» 
Verwendung  auf  Grabschriften ,  Marini  fratr.  Ar?,  p.  826  f.  papiri  dipl. 
332  f.  Anführungen  im  täglichen  Leben,  Suet.  Dom.  9.  Dio  LXXV, 
Lamprid.  Diadum.  3,  7.  Vopisc.  Tac.  5,  1.  Car.  13,  3.  Apulej.  apoL 
(Aemilianus  habe  ob  deorum  contemtum  den  Beinamen  Mezentius)  u.  c 

2.  Q.  Glitius  Felix,  Vergilianus  poeta,  auf  einer  Inschrift  aus  Rom  1 
Orelli  1179.  Nachahmer  Vergils  aber  sind  kurzweg  alle  römischen  Epil 
und  Didaktiker  mehr  oder  weniger,  am  meisten  Persius,  Valerius  Flacc 
Statins,  Silius  Italicus,  Aubonius,  Prudentius,  Paulinus  (L.  Müller  de 
metr.  p  136).  Anfang  von  centonenartiger  Verwendung  der  vergilisch 
Gedichte  schon  in  der  Ciris,  s.  oben  215,  2.  A.  2.  Aus  späterer  Zeit  des  Am 
nius  cento  nuptialis  u.  A.;  s.  oben  29,  3.  F.  Haseubalg,  de  centonil: 
Vergilianis,  Putbus  1846.  4.  W.  H.  D.  Suringar,  Anonymi  cento  Vergil 
nus  de  ecclesia,  Utrecht  1867.  Noch  von  A.  Rosäus  wurde  die  Aeneis 
einer  Christiade  umgearbeitet:  Virgilii  evangelisantis  Christiados  libri  XI 
Tigur.  1664. 

3.  Verwendung  als  Stechbuch,  um  in  zweifelhaften  Lagen  daraus  Ra 


Dichter:  Vergiliue  (Fortleben  seiner  Gedichte).  411 

zu  schöpfen,  sortes  Vergilianae,  auch  ofBziell  in  Tempeln;  s.  lul.  Capitol. 
Clod.  Albin.  5,  4:  in  templo  Apollinis  Cumani  .  .  cum  BOrtem  de  fato  euo 
tolleret,  hie  versibus  ei  dicitur  esse  responsum  (Aen.  VI,  857  f.).  Lamprid. 
Ale3.  Sev.  4,  6:  huic  sors  in  templo  Praenestinae  talis  exßtitit  (Aen.  VI, 
8B^^.  14,  5:  ipse  .  .  Vergilii  sortibus  huiusmodi  illustratus  est  (Ae.  VI, 
843  ff.).  Spartian.  Hadr.  2,  8:  cum  sollicitus  .  .  Vergilianas  sortes  consu- 
leret ,  Quis  procul  etc.  (Ae.  VI ,  808  ff.)  sors  excidit.  Trebell.  Poll.  Claud. 
lO  ,  4  ff. :  cum  in  Apennino  de  se  consuleret  responsum  huiusmodi  accepit 
(Ä.e.  I,  265);  item  cum  de  posteris  suis  (Ae.  I,  278);  item  cum  de  fratre 
(Ae.  VI,  669).  Schwarz,  de  sortibus  poeticis,  Altorf  1712  =  diss.  sei.  p. 
17  ff.  Im  Mittelalter  wurde  namentlich  die  einen  prophetischen  Ton  an- 
st-ixumende  vierte  Ekloge  messianisch  gedeutet;  Th.  Creizeuach,  die  Aeneis, 
die  vierte  Ekloge  imd  die  Pharsalia  im  Mittelalter,  Frankfurt  a.  M.  1864. 
37  S.  4.  Nachklang  davon  oben  212,  5  g.E.  und  F.Piper,  Virgilius  als  Theolog 
und  Prophet  des  Heidenthums  in  der  Kirche,  Berlin  1862  (evangel  Kalender 
Ar  1862,  S.  17—83).  So  sollte  Vergil  auf  die  Bekehrung  Constantins  Einfluss 
^eliabt  haben;  vgl.  Rossignol,  Virgile  et  Constantin  le  graud,  Paris  1845. 

4.  Uebersetzer  Arrianos  (s.  oben  213,  2  a.  E.)  und  vgl.  Sen.  Consol. 
ad  Poljb.  8,  2:  Homerus  et 'Vergilins,  tam  bene  de  humano  genere  meriti 
q\iam  tu  et  de  omnibus  et  de  illis  meruisti,  quos  pluribus  notos  esse  vo- 
liusti  quam  scripserant. 

5.  Ueber  die  Erklärer  der  vergilischen  Gedichte  s.  Ribbeck  prole- 

g'omena  critica  c.  9,  p.  114—200,  wo  abgehandelt  sind  Q    Caecilius  Epi- 

rota,  Pollio,  C.  lulius  Hjginus,  lulius  Modestus,  L.  Annans  Comutus,  Ae- 

ixiilius  Asper,  M.  Valerius  Probus  (p.  136—165),  Flavius  Caper,  Urbanus, 

VeliuB  Longus,  Q.  Terentius  Scaurus,  Caesellius  Vindex  und  Sulpicius  Apol- 

lükaris,  Helenius  Acro,  Haterianus,  Aelius  Donatus,  Carminius,  Avienus, 

Sexvius,  die  angeblichen  commentarii  des  Probus,  lunius  Philargyrius,  die 

scliolia  Bemeusia  und  scholia  Veronensia.    Dazu  H.  Hagen  vor  seiner  Aus- 

^^^e  der  Scholia  Bemensia  p.  696—708.    Ueber  die  einzelnen  Gramma< 

•***ter  B.  unten,  je  in  ihrer  Zeit.   Hier  nur  über  die  Scholien  Sammlungen. 

^^tej  diesen  geben  sich  die  Bemer  (zu  Buc.  und  Georg.)  selbst  als  Aus- 

^^^e  aus  den  Commeutarien  von  T.  Gallus,  Gaudentius  und  lunilius  Fla- 

^^^  (aus  Mailand);  s.  H.  Hagen  L  1.     De  scholiorum  Bemensium  codi- 

r^i  ^^  bei  Hagen  p.  689—696.    Ausgabe  derselben  zuerst  von  C.  W.  Müller 

^^dolstadt  1847.  1852.  1853.  1854.  4.),  besser  von  H.  Hagen  in  Fleckeisens 

^^rbb.  SuppL  IV.  p.  749—983,  wozu  Appendices  und  Indices  p.  984—1014. 

^^^    (trümmerhaften)  Scholia  Veronensia  zuerst  aus  einem  Palimpsest  zu 

^<X)na  herausgegeben  von  A.  Mai,  dann  abgedruckt  an  Lion's  Servius  II. 

*.'    305  ff.   und  am  besten  von  H.  Keil,  M.  Valerii  Probi  in  Vergilii  Buco- 

.  ^  et  Georgica  commentarius  (p.  1 — 68).    accedunt  scholiorum  Veronen- 

*^^tö  (p.  71—108)  et  Aspri  quaestionum  Vergilianarum  (p.  111—115)  frag- 

^^ta,   Halle   1848.    Dazu  Rhein.  Mus.  VI.  S.  369  ff.  und  in  Fleckeisens 

^.^bb.  93,  S.  65—72.    Vgl.  noch  G.  Thilo,  Beiträge  zur  Kritik  der  Scho- 

^^ten   des    Vergil,   Rhein.   Mus.   XIV.    S.  535  ff.    XV.  S.  119—154.    Th. 

Vommsen,  über  die  Münchner  Hds.  der  vergilischen  Scholien,  Rhein.  Mus. 

^Vl  S.  137—140.    A.  Riese,   de   commentario   Vergiliano   qui  M.   Valeri 

^robi  dicitur,  Bonn  1862.  —  J.  M.  Dozio,  Cynthii  Cenetensis  in  Vergil. 


412  Augusteische  Zeit,  711—767  d.  St. 

Aen.  commentar.  (zuerst  herausgg.   von  A.  Mai,  auct.  class.  VII)  e    a^' 
Ambros.,  Mailand  1845. 

6.  Ueber   die   versificierten  Inhaltsangaben   zu  Vergils  Werken   8. 
Müller,  Rhein.  Mus.  XIX.  S.  114—125.    Bibbeck,   Prolegomena  critica        ^' 
369—380. 


X 


et 

% 
d 


7.  Das  grosse  Ansehen  welches  Vergil  bei  der  Nachwelt  als  Dicht  . 

genoss  und  welches  sich  auch  in  Verehrung  seiner  Grabstätte  bekunde'  "^^^^ 
(Plin.  Epp.  m,  7,  8.  Vgl.  Martial.  XI,  48  f.  Stat.  Silv.  IV,  4,  61  ff.),  d 
Buperstitiöse  Gebrauch  den  man  von  seinen  Gedichten  machte  (oben  A.  3 
zusammen  mit  Ausdeutungen  seines  Namens  (von  virga  Zauberstab)  an» 
des  seiner  Mutter  (maga),  bewirkte  dass  die  Person  Vergils  allmähhch  in.^^^^  *^* 
Mythische  verflüchtigt  wurde.  Schon  in  Donats  vita  finden  sich  derartig»":^^  8^ 
Züge,  §.  3—5,  dann  in  den  späteren  Zusätzen  8—18,  69  f.  und  78,  und  }^  O  3^ 
tiefer  ins  Mittelalter  hinein,  desto  abenteuerlicher  wird  die  Ausmalung^^ -^^Si 
desto  mehr  wird  Vergil  zu  einer  Gestalt  wie  Faust  oder  Theophrasto-Ä:^  ^^8 
Paracelsus.  Im  Unterschied  von  diesen  erscheint  er  aber  stets  als  q\w.^^^^ 
wohlwollender  Genius,  der  überall  gern  helfend  eingreift.  Nur  eine 
merin  die  seine  Liebe  schnöd  getäuscht  hatte  bekommt  auch  seine  Bach» 
zu  fahlen.  Wie  für  die  romantische  Phantasie  die  Namen  aller  Zeiter 
und  Völker  wild  durcheinandertaumeln,  so  wurde  auch  Vergil  bald  un 
den  fabelhaften  Kaiser  Octavianus  gesetzt  bald  unter  den  König  Servi 
(in  den  sieben  Weisen),  bald  unter  Titus  (Gest.  Rom.  c.  67),  bald  un 
Darins  in  Rom  (ib.  c.  120),  auch  in  die  Bretagne  unter  den  König  Artu 
oder  ist  er  Sohn  eines  Ritters  aus  „Campanien  im  Ardenner  Wald'*  u 
einer  römischen  Senatorstochter  unter  dem  Kaiser  Remus,  der  sein 
Oheim  Romulus  erschlug  und  dessen  Nachfolger  sein  Sohn  Perseus  wurd 
unter  dessen  Regierung  Vergiüus  an  der  Schule  zu  Toledo  studiert  ^^rte 
(deutsche  Volksbb.  S.  3—7).  Der  Schauplatz  seiner  Thaten  sind  die  Städ^' 
Rom  und  Neapel.  In  Rom  thut  er  seine  Wunder  meist  auf  Veranlassu 
des  Kaisers,  der  ihn  nach  einem  nutzlosen  Kampfe  mit  ihm  zu  seines: 
obersten  Rathsherm  gemacht  hat,  und  dieselben  bezwecken  theils  diz 
Sicherung  des  Staats  nach  aussen  (wie  die  Salvatio  Romae)  theils  0 
nung  im  Innern.  In  seinem  geliebten  Neapel  aber,  das  er  gründete 
im  Grunde  der  See  auf  Eier  stellte,  sorgt  er  durchgängig  aus  eigene 
Antrieb  für  die  Wohlfahrt  der  Stadt.  Von  seinem  Leben  in  Neapel  i 
ein  besonders  grotesker  Zug  dass  er  auf  einer  durch  die  Luft  geschlagener 
Brücke  sich  die  Sultanstochter  aus  Babylon  holt.  Vgl.  im  Allg.  Genth»^ 
vor  seiner  üebersetzung  der  Eklogen  S.  58—97  =  47—  85  der  zweiten  Aus, 
Ad.  Keller,  Li  Romans  des  sept  Sages,  p.  CCIII  f.  Siebenhaar,  de  fabuli^^ 
quae  media  aetate  de  P.  Virg.  circumferebantur,  Berl.  1837.  4.  F.  Michel 
quae  vices  quaeque  mutationes  et  Virgilium  ipsum  et  eius  carmina  pe 
mediam  aetatem  exceperint,  Paris  1816.  Grässe,  Beiträge  zur  Lit.  un 
Sage  des  Mittelalters  (Dresden  1850.  4.).  II:  zur  Sage  vom  Zauberer  Vir-' 
gilius.  G.  Zappert,  Virgils  Fortleben  im  Mittelalter,  Wien  1851  (Denk- 
schriften der  Wiener  Akad.  II).  Schwubbe,  P.  Virgilius  per  mediam  ae- 
tatem  gratia  et  auctoritate  florentissimus,  Paderborn  1852.  4.  K.  L.  Roth« 
über  den  Zauberer  Virgilius,  in  Franz  Pfeiffers  Germania  IV.  (1859)  S. 
267—298;  vgl.  K.  Bartsch  ebds.  S.  237—240.    C.  G.  Milberg,  Memorabilia 


) 


Dichter:  Vergilius  (als  Zauberer).  Cornelius  Gallus.  413 

rer-^liana  (Meissen  1857.  4.)  und  Mirabilia  Vergiliana  (Meissen  1867.  4.). 
•'.  GregoroviuB,  Geschichte  d.  Stadt  Rom  IV  (1866)  g.  E.  Comparetti,  Vir- 
plio  mago  ed  innamorato,  1867  ff.  Les  faictz  merveilleux  de  Yirgile,  Genf 
867.  64  pp.  24.  (Wiederabdruck  eines  Volksbuchs  des  15.  Jahrb.). 

217.  Vergils  Jugendfreund,  Cornelius  Gallus  aus  Forum 
ulii  (J.  685—727  d.  St.),  war  der  Erste  welcher  die  erotische 
Slegie  der  Alexandriner  auf  römischen  Boden  verpflanzte.  Aber 
lurch  Octavians  Gunst  in  kriegerische  und  politische  Stellungen 
jerathen,  wurde  er  übermütig  und  endete  frühzeitig  tragisch. 

1.  Asinius  Pollio  bei  "Cic.  ad  fam.  X,  32  extr.  (J.  711):  Gallum  Corne- 
ium,  familiärem  meum.  Probus  zu  Yergil.  Buc.  p.  6,  1  Keil:  insinuatus 
^.u^rQgto  per  Cornelium  Gallum,  condiscipulum  suum,  promeruit  (Vergilius) 
it  etc.  An  ihn  gerichtet  ist  Vergil.  £cl.  X  (J.  715),  wonach  er  damals 
^»ereits  Gedichte  verfasst  und  die  Untreue  seiner  Geliebten  Lycoris  (oben 
199,  1)  erfahren  hatte;  s.  v.  2  —  6.  10.  22  ff.  42  ff.  72  ff.  Dazu  Servius: 
Gallus  ante  omnes  primus  Aegypti  praefectus  fuit,  poeta  eximius.  nam 
et  Euphorionem  .  .  transtulit  in  latinum  sermonem  et  amorum  suorum  de 
Cytheride  scripsit  libros  quattuor.  .  .  fuit  autem  amicus  Vergilü,  adeo  ut 
quartus  Georgicorum  a  medio  usque  ad  finem  eins  laudes  teneret;  s.  oben 
213,  1.  vgl.  210,  3.  Prob,  zu  Ecl.  10,  50:  Euphorion,  .  .  cuius  in  scribendo 
»ecutus  colorem  videtur  Cornelius  Gallus.  Ovid.  Trist  II,  445:  nee  fuit 
opprobrio  celebrasse  Lycorida  Gallo.  Vgl.  rem.  am.  765.  Martial.  VIII, 
73,  6.  Quintil.  X ,  1 ,  93  nennt  ihn  als  Elegiker  durior.  Vgl.  noch  oben 
196,  2.  215,  2,  A.  1. 

2.  Theilnahme  des  Gallus  am  Kriege  gegen  Antonius,  Dio  LI,  9. 
Sueton.  Aug.  66:  Cornelium  Gallum,  quem  ad  praefecturam  Aegypti  (J. 
7^-4)  ex  infima  fortuna  provexerat  (vgl.  Dio  LI,  17.  Strab.  XVII.  p.  819. 
Eiitrop.  VII,  7).  .  .  ob  ingratum  et  malevolum  animum  domo  et  pro- 
v^mciis  suis  interdixit.  Gallo  et  accusatorum  denuntiationibus  et  senatus 
consultis  ad  necem  compulso  etc.  Hieronym.  chron.  a  Abr.  1990  =  Aug. 
^7  «=»  Ol.  187,  2  =  27  V.  Chr.  =  727  d.  St.:  Cornelius  Gallus  Foroiulien- 
"^^  poeta,  a  quo  primum  Aegyptum  rectam  supra  diximus,  XLIII  aetatis 
^^^«  anno  propria  se  manu  interfecit.  Vgl.  Ovid.  Trist  II,  446.  Amor. 
^  d,  63  f.  Propert  III,  32,  91  f.  Dio  LIU,  23  f.  Anunian.  Marc.  XVII, 
^  ^.  w.  A.  Beckers  Gallus^  L  S.  16  ff.  —  Suet.  gramm.  16 :  Q.  Caecilius 
"pirota  .  .  ad  Cornelium  Gallum  se  contulit  vixitque  una  familiarisaime. 

*  Post  deinde  danmationem  mortemque  Galli  etc. 

3.  Sehr  zweifelhaft  ist  Jacobs'  Zutheüung  zweier  griechischen  Epi- 
^*^tume  (Anal.  II.  p.  106.  AnthoL  gr.  II .  p.  93)  rdXXov  an  Cornelius 
*^^Ufl.    Ueber  eine  Fälschung  mit  dem  Namen  des  Gallus  s.  oben  29,  2  E. 

4.  C.  Ch.  C.  Völker,  commentatio  de  C.  G.  .vita  et  scriptis,  P.  I.  Bonn 
^^^.  II.  Elberfeld  1844. 

218.  Q.  Horatius  Flaccus,  geboren  8  December  689  d.  St. 

^^  Venusia,  als  Sohn  eines  Freigelassenen,   erhielt  seinen  Un- 

^^richt  zu  Rom  und  dann  (etwa  J.  709)  zu  Athen.     Dorthin 

*^^in  im  August  710  M.  Brutus  und  gewann  auch  den  jungen 


414  Augusteische  Zeit,  711 — 767  d.  St. 

Horaz  für  seine  Sache.  Von  ihm  zum  tribunus  militum  ernan 
zog  Horaz  mit  ihm  in  Makedonien  und  Asien  herum ,  bis  c 
Schlacht  bei  Philippi  (Herbst  712)  seiner  kriegerischen  Lai 
bahn  ein  jähes  Ende  machte.  Er  benützte  die  Amnestie  z 
Rückkehr  nach  Rom  und  kaufte  sich,  durch  die  Ackerverthe 
ung  unter  die  Veteranen  seines  väterlichen  Vermögens  beraul 
die  Stelle  eines  Quästorenschreibers.  Daneben  veröflFentlichte 
Satiren  und  Epoden.  Hierdurch  bekannt  geworden  wnrde 
Ende  715  von  Vergil  und  L.  Varius  dem  Maecenas  vorgeste 
und  (Herbst  716)  in  dessen  Gesellschaft  aufgenommen.  So  l 
gleitete  er  diesen  J.  717  auf  seiner  Reise  nach  Brundisiui 
Von  Maecenas  erhielt  er  ums  J.  721  ein  Landgut  im  Sabii 
sehen  zum  Geschenke.  Auch  wurde  er  wohl  durch  ihn  n 
Octavian  bekannt.  Horaz  starb  kurz  nach  Maecenas,  am  27  N 
vember  746,  und  wurde  neben  diesem  bestattet. 

1.  Die  reichste  Quelle  für  Kenntniss  von  Horatius^  Leben  sind  sei 
eigenen  Gedichte.  Nächstdem  verdanken  wir  eine  Reihe  wichtiger  Na< 
richten  der  Lebensbeschreibung  des  Dichters  welche,  als  ein  Auszug  a 
dem  de  poetis  handelnden  Theile  von  Suetons  Schrift  de  viris  illustrib 
durch  Horazhandschriften  uns  erhalten  ist.  Sie  wurde  frühzeitig  den  A 
Schriften  der  horazischen  Gedichte  vorgesetzt,  insbesondere  solchen  die  n 
Schollen  versehen  waren.  Aus  letzteren  gelangten  in  den  Text  der  vi 
bald  auch  Interpolationen,  wie  über  das  specnlatum  cubieulum  (aus  Seh 
Ep.  I,  19,  1;  B.  Roth  im  Rhein.  Mus.  XIII.  S.  531.  Reifferscheid ,  Suet 
p.  389  f.).  Andererseits  zog  diese  Verwendung  der  suetonischen  Arb 
auch  Abkürzungen  derselben  nach  sich,  wie  in  der  Aufzählung  der  hoi 
zischen  Gedichte  (0.  Jahn  bei  Reifferscheid  p.  390).  Text  der  vita  in 
L.  Roths  Ausgabe  des  Sueton  p.  297  f.  vgl.  p.  LXXX — LXXXV,  sowie  d( 
selben  im  Rheinischen  Museum  XIU.  S.  517—532.  F.  Ritter  in  den  Pi 
legomena  seiner  Horazausgabe ,  p.  Y— VII.  A.  Reifferscheid,  C.  Su^t< 
Tranquilli-  praeter  Caesarum  hbros  reÜquiae  (Lips.  1860)  p.  44  48  vgl. 
387 — 392.  Auf  Benützung  dieser  vita  deutet  schon  Porphyrie  zu  S.  I,  6, 4 
patre  libertino  natum  esse  Horatium  et  in  narratione  quam  de  vita  ips: 
habui  ostendi.  Vgl.  Schol.  zu  0.  IV,  1,  1  (ut  refert  Suetonius  in  vita  I 
ratii)-  und  zu  Ep.  II,  1,  1  (cuius  rei  etiam  Suetonius  auctor  est). 

2.  Reliquae  Horati  vitae  in  libris  poetae  . .  repertae  .  .  ne  uUam  q 
dem  antiquam  memoriam  nisi  quae  ex  ipsis  carminibus  recepta  alt  coi 
neut,  Reifferscheid  1.  1.  p.  387  f.  Aufzählung  und  Beurteilung  dersell 
bei  C.  Kirchner,  Novae  quaestiones  horatianae  (Naumburg  1847.  4.)  p. 
—44  (not.  6). 

3.  Neuere  Darstellungen  des  Lebens  von  Horaz,  besonders:   Mass« 
vita  Horatii,  Lugd.  Bat.  1708.    Mitscherlich  vor  seiner  Ausgabe  der  Od 
I.  p.  CXLIV— CLXXIX.   C.  Passow,  über  das  Leben  und  Zeitalter  desi 
raz,  vor  seiner  Ausgabe  der  Briefe.    Franke,  fasti  horatiani  p.  5—20. 
Walckenaer,  histoire  de  la  vie  et  des  po^sies  d^Horace,  2  Bde.  Paris  lÄ 


Dichter:  Horatius  (Persönliches).  415 

^.  Teuffei,  Horaz  (Tübingen  1843)  S.  1—13;  in  Pauly's  Real-Enc.  III.  S. 
1^^0—1469.  Nogl  de  Vergers,  vie  d'Horace,  fitude  biographique  sur  Ho- 
T*<3«,  Paria  1855.  84  pp.  mit  2  Karten  und  6  photograph.  Ansichten. 

4.  Der  Yomame  Quintus  aus  Sat.  11,  6,  37;  das  cognomen  Flaccus  Epo. 
1&>  15.  S.  11,  1,  18.  Der  Tag  der  Geburt  aus  Sueton,  der  Monat  auch  aus 
ttor.  Ep.  1,  20,  27;  das  Jahr  aus  Epo.  LS,  6.  0.  III,  21,  1.  Ep.  1,  20,  27  f. 
Der  Geburtsort  bes.  aus  S.  II,  1,  34  f.  Stand  des  Vaters:  Sat.  I,  6,  6.  45. 
86.  Ep.  1,  20,  20.  Erziehung,  Sat.  I,  6,  72  ff.  4,  105  ff.  Unterricht,  Ep. 
U,  1,  69.  2,  42  ff.  Tribunus  militum,  S.  I,  6,  48.  üeber  die  Feldzüge  mit 
Brutus  und  die  Flucht  bei  Philippi  0.  II,  7,  wo  v.  9  (relicta  non  bene 
parmula)  vorheriges  tapferes  Kämpfen  (vgl.  Ep.  1,  20,  23)  nicht  ausschliesst 
tuid  die  allgemeine  Folge  jeder  Niederlage  aussagt;  vgl.  z.  B.  Liv.  XXXIX, 
20:  quattuor  milia  militum  amissa  .  .  et  arma  multa,  quae  quia  impedi- 
i^eiito  fugientibus  per  silvestres  semitas  erant  passim  iactabantur.  Horaz 
konnte  die  allgemeine  Flucht  nicht  verhindern  und  war  mit  der  Sache  des 
firutus  nicht  so  enge  verwachsen  dass  ein  Gebot  der  Ehre  ihm  den  Tod 
zu  suchen  vorgeschrieben  hätte.  Sueton:  vicüs  partibus  venia  impetrata 
scriptum  quaestorium  comparavit.  Vgl.  S.  II,  6,  36  nebst  Ep.  1,  14,  17. 
Hinbusse  des  väterlichen  Vermögens  Epp.  II,  2,  50  f.,  wo:  paupertas  im- 
poÜt  audax  ut  versus  facerem.  Sie  benahm  ihm  die  Furcht  vor  den  Au- 
at/Vssen  die  er  etwa  geben  könnte  und  pflanzte  ihm  das  Verlangen  ein  sich 
bekannt  zu  machen,  um  dadurch  irgendwie  in  eine  zusagendere  Lage  zu 
kommen.    Vgl.  Franke,  fasti  hör.  p.  17—20. 

5.  Bekanntwerden  mit  Mäcenas  S.  I,  6,  41—61.  vgl.  II,  6,  40.  Ge- 
»chenk  des  Sabinum  J.  721;  s.  W.  Teuffel's  Coramentar  zu  Sat.  II,  S.  63  f. 
v^l.  S.  158  f.  G.  F.  Grotefend,  wann  erhielt  Horaz  sein  sabinisches  Land- 
gut? Rhein.  Mus.  Ul.  S.  471 --473.  Erwähnung  des  Sabinum  bes.  Epo. 
1,  25  ff.  Sat  11,3,  6.  308.  6,  1  ff.  16.  60  ff.  0. 1,  17.  Ep.  1,  16,  1—14.  Literatur 
^larfiber,  ausser  den  älteren  Werken  von  Dom.  de  Sanctis  (Roma  1761.  4. 
1 7€8.  4.),  Capmartin  de  Chaupy  (3  Bände,  Rom.  1767—1769)  imd  Campenon: 
W'^ci^euaer  I.  p.  409—413  (mit  Karte).  Strodtmann  vor  seiner  Uebers. 
der  \yx.  Gedichte  S.  52  —  69.  NoSl  de  Vergers  im  Didot'schen  Horaz  p. 
-^^III-XXX.    P.  Rosa,  ViUa  d'Orazio,  im  Bull,  dell'  inst.  arch.  1857,  p. 

^Oö^UO.  Vgl.  Jahn's  Jahrbb.  LXXVD,  S.  479—481.  W.  Pfitzner,  über 
^^  Babinische  Landgut  des  Horaz,  Parchim  1864.  20  S.  4.  —  Eine  Quelle 
^*^  ijeinem  Gute  (S.  II ,  6,  2.  Ep.  1 ,  16,  12  f.)  nannte  Horaz  nach  einer 
^^^  Venusia  befindlichen,  einer  lieben  Jugenderinnerung,  fons  Bandusiae 
^^<*»^off^a?),  0.  III,  13.    Vgl.  Strodtmann  a.  a.  0.  S.  59—66. 

*y^   ^  6.    Nach   seinen  eigenen  Angaben  war  Horaz  von  Person  das  Gegen - 

^^U  des  Vergil  (oben  210,  4),  kurz  (S.  II,  3,  309.   Ep.  I,  20,  24)  und  dick 

^>  I,  4,  15),  daher  August  seine 'Gestalt  mit  einem  bauchigten  sextariolus 

^^%lich.    Auch  hatte  er  in  der  Jugend  dunkles  Haar  (Ep.  I,  7,  26  vgl. 

^-   XI,  11,  15.  III,  14,  25).     Spätere  Gichtleiden  Ep.  I,  20,  24  vgl.  7,  10  ff.; 

^ochondrische  Anwandlungen  Ep.  I,  8.    Auf  einen  gewissen,  wenigstens 

^^Vativen,  Wohlstand  lassen  manche  Angaben  schliessen,  wie  über  seine 

Bibliothek  (S.   I,  6,   J22.    II,  3,   11  f.  6,  61.    Ep.  I,  7,  12.   18,  108  f.),  seine 

^en  (Ep.  I,  15,  l  ff.  vgl.  7,  11  f.),  seine  Sklaven  (Sat.  I,  6,  116.  II,  7,  118) 


41G  Augusteische  Zeit,  711 — 767  d.  St. 

und  seine  Parasiten  (Sat.   11,  7,  36).     Ueber  Abbildungen   des  Horaz 
Visconti,  iconographie  roraaiue  I.  p.  389  ff.  (pl.  13)* 

219.  Die  von  Horaz  zuerst  bearbeitete  Dichtgattung  isr 
die  der  Satire.  Wie  sein  Vorgänger  Lucilius  macht  sie  Horas 
zu  einer  Darlegung  seiner  Persönlichkeit  und  seiner  personli- 
chen Ansichten  über  mancherlei  Gegenstände.  Aber  nach  den 
greuelvollen  Erlebnissen  der  jüngsten  Vergangenheit  war  es 
nicht  möglich  das  Gebiet  der  Politik  zu  betreten  ohne  alte 
Wunden  aufzureissen;  und  vollends  ein  Schriftsteller  weichet 
auf  der  unterlegenen  Seite  eine  thätige  Rolle  gespielt  hatte 
konnte  über  Politik  ohne  Gefährdung  seines  Charakters  nui 
schweigen.  Die  Stoffe  des  Horaz  und  die  Gegenstände  seinez 
Kritik  sind  daher  ausschliesslich  sociale  und  literarische.  De' 
Satiriker  geht  von  einer  ernsten  Grundlage  aus,  er  will  für  da« 
ethische  Ideal  gewinnen  durch  Bekämpfen  seiner  Entstelluna 
gen;  aber  seine  Waffen  sind  die  des  Scherzes,  er  behandelt  das 
Verkehrte  und  Verwerfliche  als  lächerlich.  Der  Gang  der  Er, 
örterung  hat  mehr  den  Schein  der  Lässigkeit  als  dass  er  wiiW 
lieh  planlos  wäre.  Die  Satiren  des  zweiten  Buchs  haben  übe^ 
wiegend  dramatische  und  dialogische  Einkleidung  und  zeig^ 
eine  reifere  Kunststufe  als  die  des  ersten.  In  der  äussere. 
Form  hat  Horaz  freiwillig  sich  auf  das  epische  Ver8n[ia8S  bzs 
schränkt,  als  das  dem  überwiegend  lehrhaften  Inhalte  seiner  ^ 
tiren  entsprechendste  und  durch  den  Vorgang  des  LucretS 
empfohlene;  in  der  Handhabung  desselben  hat  er  künstlerisch 
Gesetzmässigkeit  mit  Leichtigkeit  zu  verbinden  gewusst. 

J.    Die  Frage  nach  der  Abfassungszeit  der  horazischen  Gedieh 
wurde  zuerst  behandelt  von  Massen,  lani  templum  Christo  nascente  res^^ 
tum  (Rotterdam  1700)  und  vita  Horatii  (1708).  Bündig  und  treffend  spr^^ 
sich  darüber  Bentley  in  der  praefatio  seiner  Ausgabe  aus.    Vgl.  hierüV 
MasBon,   histoire  critique  de  la  rdpublique  des  lettres,   Amstei^dam  IT' 
V.  p.  148—203.    C.  Kirchner,  Quaestiones  horatianae  (Naumburg  1834. 
p.  1  —  41.    Joh.  Apitz,  de  aetate  poematum  Horatianorum  a  R.  Bentl«^ 
inventa,  Berlin  1853.    Eine  selbständige  chronologische  Ordnung  befolg 
Sanadon  in  seiner  ersten  Horaz -Ausgabe,  1728.     In  neuerer  Zeit  zuer-^ 
wieder  Vanderbourg  in  seiner  Ausgabe  der  Oden,  wo  I.  p.  313  ff.  sur 
publicatiou  des  trois  premiers  livres  des  Pdes;    II,  2.  p.  656  —  563  sur 
publication  des  Epodes;   p.  626—631  ordre  chronologique  des  Ödes  d'Ö^ 
race.    Besser  Begründetes  stellte  6.  F.  Grotefend  auf  im  Artikel  Horatii 
der  Ersch  und  Gruber'schen  Encyclopädie  II,  10  (1833).  S.  457—476.    Vgf 
dessen   Schrift:    die   schriftstellerische  Laufbahn   des   Horatius,    Hano^er 
1849.    Gleichzeitig  gab  C.  Kirchner  a.  a.  0.  von  seinem  System  eine  Ta- 
belle.   Neue  Untersuchung  durch  C.  Franke,  fasti  horatiani,  Berlin  1839; 


219.    Dichter:  Horatius  (Satiren).  417 

mit  einer  Epistola  Lachmanni,  p.  235—240.  Eevifiion  der  Frage  durch  W. 
TeufTel,  Prolegomena  zur  horazischen  Chronologie,  Ztschr.  f.  d.  Alt.  Wias. 
1S4:2,  S.  1103—1116;  über  die  Abfassimgszeit  der  Epoden,  ebds.  1844, 
Nr-  64—66,  S.  608—525.  1845,  Nr.  75—77,  S.  596-616;  über  die  der  Sa- 
tLrex^  Rhein.  Mus.  IV  (1845),  S.  93—119.  208—241.  Ausserdem:  W.  Pür- 
8teiiau,  de  carminum  aliquot  hör.  chronologia,  Hersfeld  1838.  S.  Cahn, 
tria«  quaestionum  horat.,  Bonn  1838.  B.  Sökeland,  über  die  Zeitfolge  der 
horaz.  Gedichte.  I.  Coesfeld  1841.  4.  W.  Tb.  Streuber,  über  die  Chrono- 
loge der  horaz.  Dichtungen,  Basel  1843.  C.  G.  Zumpt  bei  Wüstemann 
S.  20—42  (vgl.  Rhein.  Mus.  IV.  S.  224  ff.).  Ueber  die  Abfassungszeit  ein- 
zelner Gedichte  Abhandlungen  von  W.  Fr.  Wiedasch  (Quaestiones  chrono- 
lo^cae,  Nordhausen  1847.  4.;  über  0.  I,  2),  Fr.  Ueberweg  (Philoiogus  VI. 
p.  306—323;  über  ü.  I,  34),  C.  F.  Sehrwald  (de  tribus  Hör.  carminibus, 
Alt€nburg  1858.  20  pp.  4.). 

2.    Die  Ordnung  in  welcher  die  horazischen  Gedichte  in  den  Hand- 
seliTifben  stehen  ist  allgemein  folgende:  4  Bücher  Carmina,  Epoden,  Car- 
men saecolare,  Satiren,  Briefe.    Nur  die  sogenannte  Ars  poetica  steht  in 
deu  Hilss.  bald  nach  den  Epodeu  und  dem  carmen  saec.  bald  zwischen  den 
Ssktireii  und  Briefen,  vielleicht  weil  dieses  Stück,    als  das  «letztverfasste, 
nicht  noch  von  Horaz  selbst  seine  Stellung  zugewiesen  erhielt.    Die  über- 
lieferte Ordnung  befolgt  das  Princip  das  metrisch  Gleichartige  zusammen 
zu  stellen,  und  zwar  in  der  Folge  der  Entstehungsweise  der  einzelnen  Bü- 
clier,  nur  dass  die  Oden  den  Vortritt  haben,  offenbar  weil  der  Ordner  auf 
sie  den  meisten  Werth  legte.    Innerhalb  der  einzelnen  Bücher  tritt  der 
Gesichtspunkt  hervor  die  an  besonders  verehrte  Freunde  gerichteten  Ge- 
dichte möglichst  auch  durch  ihre  Stellung  hervorzuheben;   im  üebrigen 
und  in  den  Epoden  die  Gedichte  von  gleichem  Maasse  zusammen  gestellt, 
in   den  Oden  dagegen  möglichst  getrennt;  wenigstens  stehen  nie  zwei  sap- 
pliische  Oden  unmittelbar  hinter  einander,  wohl  aber  einige  Male  alkäische, 
deren  es  auch  mehr  sind.    0. 11,  1—10  wechseln  alkäische  und  sapphische 
Gedichte  regelmässig  unter  einander  ab.    Diese  Ordnung  war  um  so  zweck- 
**^^*S8iger  da  die  einzelnen  Gedichte  ursprünglich  nur  durch  die  Verschie- 
^^nheit  ihres  Maasses,  nicht  aber   durch  Ueberschriften,  gegei^  einander 
?y gegrenzt  waren.    H.  Stephanus,  diatribe  de  tituHa  et  ordine  librorum 
'f^^'^tii,  in  seiner  Ausgabe  des  Horaz.    S.  Cahn,  trias  quaestionum  hör. 
^^^xui  1838)  p.  1— 17.    W.  Teuffei,  Ztschr.  f.  d.  Alt.  Wiss.  1842,  S.  1108 
Z^^Xll.    A,  Herrmann,  Curae  horatianae,    Celle  1861.  4.     AI.  Biese,  in 
^^c^eisens  Jahrbb.  93,  S.  474—476. 

^        3.    Horaz  selbst  befasst  unter  dem  Namen  Sermones  sowohl  seine  Sa- 

^^'^ti  (S.  I,  4,  42.  Ep.  I,  4,  1)  als  seine  Briefe  (Ep.  H,  1,  4.  250),  weil 

>  ^*^e  in  der  Weise  des  sermo,  der  Sprache  des  gewöhnlichen  Lebens,  ge- 

^^^t«n  sind  mfid   sich   von   dieser  nur  durch   das  Metrum  unterscheiden 

^^'    I,  4,  56  ff.  vgl.  Musa  pedestris,  S.  H,  6,  17.  Ep.  II,  3,  95).    Aber  eben 

^^Q  auch  die   Briefe  sermones  sind  empfiehlt  sich  für  die  Satiren  mehr 

^^  Bezeichnung  als  satirae,  zumal  da  S.  II,  1,  1.  6, 17  zeigt  dass  sie  dem 

T^^e  des  Dichters  entspricht  und  diese  Benennung  überdiess  die  literar- 

^^^•torische  Stellung  der  betreffenden  Gedichte,  ihr  Verhältniss  zu  den  Vor- 

ä^Qgem  und  Nachfolgern,  besser  charakterisiert. 

TcuTfel,  Rom.  Litcraturg-esdilchte.  ^>'J 


418  Augusteische  Zeit,  711—767  d.  St. 

4.  Bearbeitungen  sämmtlicher  Satiren  (ausser  den  Gesammtausgabei 
der  horazischen  Gedichte).  Uebersetzt,  mit  Einleitungen  und  Anmerkungen 
von  C.  M.  Wieland,  Leipzig  1786.  2  Thle.  Vierte  Auflage  1819.  ErkläH 
von  L.  F.  Heindorf,  Breslau  1815;  neu  bearbeitet  von  E.  F.  Wüstemann 
Leipzig  1843;  dritte  Auflage,  mit  Berichtigungen  und  Zusätzen  von  L.  Döder- 
lein,  Leipzig  1859.  Kritisch  berichtigt,  übersetzt  und  erläutert  von  C.  Kirch- 
ner,  I  (Stralsund  1829.  4.).  Uebersetzt  und  erklärt  durch  W.  E.  Weber; 
herausgegeben  von  W.  S.  Teufl'el,  Stuttgart  1852.  Satiren  und  Briefe, 
erklärt  von  G.  T.  A.  Krüger,  Leipzig  (Teubner),  sechste  Aufl.  1869.  Aue 
dreissig  unverglichenen  und  allen  bisher  verglichenen  Hdss.  .  .  kritisch  her- 
gestellt, metrisch  übersetzt  und  mit  erklärendem  Commeutar  versehen  vod 
C.  Kirchner.  I.  Text,  Uebersetzung  und  kritischer  Apparat,  Leipzig  1854 
n,  1 :  Commentar  zum  ersten  Buche  der  Satiren,  Leipzig  1855.  II,  2 :  Com- 
meutar zum  zweiten  Buche  der  Satiren,  verfasst  von  W.  S.  Teuffei,  Leip 
zig  1857.  Sermonendichtungen,  lat.  und  deutsch  mit  Anm.  von  J.  S.  Strodt: 
mann,  Leipzig  1855.  Satiren  und  Briefe  in  deutsche  lamben  übertrage^ 
von  Fr.  Frölich,  Schleswig  1856.  Lateinisch  und  deutsch  von  L.  DOderlei« 
Leipzig  1860.  Becensuit  P.  Hofman  Peerlkamp,  Amstelod.  1863.  Satire 
imd  Episteln,  deutsch  mit  Einleitungen  und  Anmerkungen  von  E.^Sifua^ 
Berlin  1867. 

5.  Unter  den  Bearbeitungen  einzelner  Satiren  (vgl.  W.  Teuffei,  ül^ 
Horaz  1868,  S.  11)  sind  besonders  erwähnenswerth:  I,  1  (von  F.  A.  WcWl 
Berlin  1813.  4.  K.  Reisigs  Vorlesungen  über  Sat.  I,  1,  herausgegeben  v^^ 
Eberhard,  Coburg  1840.  4.  Vgl.  W.  Teuffei  in  Jahns  Jahrb.  XXXII.  S.  ^ 
— 363.  F.  A.  Eckstein,  familiaris  interpretatio ,  Lips.  1865.  4.  —  1,3  un-^i^ 
von  C.  PasBow,  Berlin  1827.  1828.  4.  Joh.  Apitz,  Coniectanea  in  Uor.  ^ 
tiras,  cum  var.  lectt.  cod.  ms.  Berolinensis,  Berlin  1856.  C.  Nipperdey, 
locis  quibusdam  Hör.  ex  I  Satt,  commentaiio  I.  II.   Jena  1858.  4. 

6.  Dan.  Heinsius,  de  sat.  horatiana  libri  II.  Lugd.  Bat.  1612.  8. 
berland,  de  iusto  pretio  satiris  horat.  statuendo,  Lips.  1774.  4.  Manso- 
den  Nachträgen  zu  Sulzer  IV.  S.  446  ff.  Niebuhr,  Brief  an  einen 
lologen,  herausgeg.  von  Jacob  S.  135 — 138.  W.  Teuffei,  Charakteris^ 
des  H.  (1042)  S.  47—50.  H.  Beming,  de  satirica  poesi  Hör.  collata  c^ 
luvenaH,  Recklingshausen  1843.  4.  F.  A.  Beck,  über  das  Wesen  der  hoi 
Satire,  Giessen  1859.  4.  C.  J.  Bolia,  de  Hör.  et  luv.  satt,  auctoribus,  Fi — ' 
bürg  1861.  Grothof ,  Hör.  als  Satiriker,  Heiligenstadt  1863.  4.  E.  Szelins-3 
de  nominibus  personarum  .  .  apud  poetas  satiricos  rom.  (Königsberg  18^ 
p.  10—42. 

220.    Die  ungefähr  gleichzeitig  mit  den  Satiren  verfasstei 
Epoden  sind  in  ihrem  aggressiven  Charakter  den  Satiren  we- 
sentlich gleichartig  und  theilen  hierin  mit  ihnen  den  Standpunkt 
der  Jugendlichkeit;  nur  sind  sie  ebensosehr  gegen  einzelne  Per- 
sonen gerichtet  wie  die  Satiren  eine  Kritik  allgemeiner  Verhält- 
nisse enthalten.    Andererseits  sind  sie  durch  ihre  melische  Fonn 
eine  Vorbereitung  auf  die  spätere  Ijrrische  Dichtung  des  Horaz. 
Horaz  zeigt  sich  darin  als  einen  Nachahmer  des  ArchilochoS; 


220.    Dichter:  Horatius  (Epoden).  419 

er  als  einen  selbständigen.    Neben  der  zum  Wesen  der  Gat- 
^ng  (des  lambos)  gehörigen  Schärfe  und  Bitterkeit  hat  Horaz 
ch  die  ihr  nicht  minder  eigenthümliche  aiöxQoXoyia  nachge- 
lomUdet.     Die  späteren  Stücke  sind  abgeklärter  und  reifer   und 
em  sich  dem  Charakter  der  carmina^  wie  umgekehrt  unter 
^en  manche  sind  die  nach  Form  oder  Inhalt  in  der  Epoden- 
omnlung  stehen  könnten.     Die  Yierzeiligkeit   findet   auf  die 
en  noch  ebensowenig  Anwendung  als  sich  antistrophische 
Federung  erweisen  lässt. 

1.  Der  Name  intpdol  und  ra  inmdd,  epodon  liber,  ist  wohl  eine  Zn- 
he  der  Grammatiker,  entnonunen  von  der  metrischen  Beschaffenheit  der 

^sten  Stücke.    Die  Benennung  Epode  wurde  nämlich  später  gebrauch* 
för  alle  diejenigen  Versarten  (mit  Ausschluss  des  elegischen  Distichon) 
aus  einer  Vereinigung  einer  längeren  und  einer  kürzereu  Zeile  (letztere 
o    dnaSog  sc.  arixos,  der  Nachvers)  bestehen,  besonders  aus  einem  iambi- 
»olaen  Trimeter  und  einem  solchen  Dimeter,  wie  Epo.  1  —  10.     So  z.  B. 
Solol.  Hermog.  in  Walz*s  Rhetores  graeci  VII.  p.  820:  ictl  dh  del  ro  ixm- 
dov  ßQaxvtBQOif  tov  TCifo  avtov  oxi%ov  cvXXaßäg  tivtaffag,    Porphyrio  zu 
Epo.  1.    Horaz  selbst  nennt  (Epo.  14,  7.   Od.  I,  16,  3.  24.   Epi.  I,  19,  23. 
^I»  2,  59)  diese  Gedichte  sachgemäss  iambi;  daher  auch  Epo.  17  ein  Recht 
1^^^  in  dieser  Sammlung  zu  stehen.    Verhältniss  zu  Archilochos  s.  Epi.  I, 
19,  23—25.    Ueber  die  nahe  Beziehung  zwischen  den  spätesten  Epoden 
^^>^d  den  frühesten  Oden  vgl.  Epo.  9  mit  0.  I,  37.     Ganz  ähnlichen  Geist 
^^e  die  meisten  Epoden  hat  noch  0.  III,  15;  und  0.  I,  4.  7.  28.  II,  18. 
^^}  7  könnten  ihrer  metrischen  Form  nach  ebenso  gut  in  der  Epoden- 
^^Jumlung  stehen,  wenn  diese  zur  Zeit  ihrer  Abfassung  nicht  schon  abge- 
schlossen gewesen  wäre. 

2.  Blühdorn,  de  natura  epodonmi  H.,  Brandenburg  1795.  4.  Ph.  Butt- 
^^nn,  Mythologus  I.  S.  318  f.  Vanderbourg's  Ausg.  II,  2.  p.  549—563.  Franke, 
^^ti  hör.  p.  43 — 50.  W.  Fürstenau,  de  carm.  hör.  chronologia  p.  11 — 16. 
^-  Teuffei,  Ztschr.  f.  d.  Alt.  Wiss.  1844  f.  (s.  oben  219,  1).  M.  Axt,  zur 
'^^^^rung  und  Kritik  der  hör.  Epoden,  Creuznach  1846.  4.  Leidloff,  de 
^^^don  Hör.  aetate,  Holzminden  1856.  F.  Martin,  de  Hör.  epodorum 
^^one  antifltrophioa  et  interpolationibus,  Posen  1860.  4.  Vgl.  dagegen 
'^^    Buttmann  in  Mützell's  Ztschr.  f  Gynm.  1862,  S.  673  —  704.  753—780. 

221.    Als  Horaz  schon  in  der  Mitte  seiner  Dreissiger  Jahre 
^^nd  entschloss  er  sich  die  bei  den  Epoden  gewonnene  tech- 
^^che  Fertigkeit  und  Formbeherrschung  dazu  zu  benützen  um 
^Xin  auch  den  Alkaios  und  die  Sappho   auf  romischen  Boden 
^ti  verpflanzen.     Diesen  Entschluss  führte  Horaz  eine  Reihe  von 
Jahren  (mindestens  sieben)  durch,  und  die  PYucht  desselben  sind 
die  drei  Bücher  carmina,  woran  sich  nach  längerer  Unterbre- 
chung (von  etwa  sechs  Jahren)  aus  äusserer  Veranlassung  das 
vierte  Buch  anschloss.     So  ein  Erzeugniss   der  reifsten  Jahre 

27* 
# 


420  Augustei^e  Zeit,  711—767  d.  St. 

des  Horaz  prägen  seine  lyrischen  Gedichte   seine  Eigentht 

lichkeit  am  schärfsten  und  reinsten  aus  und  sind  die  fonr 

vollendetsten   unter    seinen  Hervorbringungen.     Zugleich   al 

sind  dieselben  nicht  ein  Ausfluss  drängender  Begeisterung  v 

übersprudelnder  Phantasie,  sondern  verrathen  vorzugsweise  g 

stige  Klarheit,   Ruhe  und  Reife,   die  Richtung  auf  scharfe  1 

obachtung  der  Menschen  und  Nachdenken  über  die  Fragen  < 

Lebens,   sowie  künstlerische  Besonnenheit,    namentlich  in  < 

bewussten  Durchsichtigkeit  ihrer  Anlage,    der  Ebenmässigk 

ihrer  Ausführung,  welche  mit  Vorliebe  trichotomisch  sich  gl 

dert,  der  strengen  Gesetzmässigkeit,  Schönheit  und  dem  Wol 

laut  ihrer  metrischen  Form  und  dem  feinen  Sprachverstandni 

Andererseits  fehlt  es  freilich  auch  nicht  an  Zügen  von  Nü< 

temheit  und  Frost,  an  prosaischen  Wendungen,  Masslosigkeit< 

bei  denen  wir  oft  sogar  des  Dichters  sonstigen  guten  Geschma 

vermissen,  Selbstwiederholungen,  in  allen  Büchern  nicht  seit« 

am  häufigsten  aber  in  dem  nachgeborenen  vierten  Buche.    Di< 

Mängel  treten  am  stärksten  zu  Tage  in   denjenigen  Gedicht 

deren  Ausgangspunkt  nicht  eigene  wahre  Empfindung  ist,  sc 

dern  ein  abstracter  Vorsatz  oder  gar  blose  Bestellung;  wo  E 

raz  aber  wirklich  fühlt,  da  erhebt  er  sich  oft  zu  wahrer  Sehe 

heit.    Horaz  beginnt  seine  lyrische  Laufbahn  mit  Stilübung 

nach  griechischen  Vorbildern,  steigt  allmählich  auf  zu  Nac 

dichtungen  in  deren   Geiste  und  wagt   zuletzt   selbständig  { 

wählte  Gegenstände,  Stoffe  aus  der  unmittelbaren  Gegenwa 

Darlegungen  seiner  persönlichen  Denkweise,  in  den  Formen  d 

Griechen  zu  behandeln. 

1.  Selbstwfirdigung  des  Horaz:  operosa  parvus  carmina  fingo,  O.  ] 
2)  31  f.  Noch  Sat.  If  4,  39  ff.  hatte  er  sich  ausdrücklich  aas  der  Zi 
der  eigentlichen  Dichter  aasgenommen.  Wenn  er  anderwärts  mit  Selb 
gefühl  von  seinen  lyrischen  Leistungen  spricht  (besonders  in  dem  Schlu 
gedieht  von  0.  II  und  III),  so  gab  üim  dazu  eben  die  Mühe  und  der  iFle 
den  er  darauf  verwendet  die  subjective,  und  der  Ruhm  den  er  sich  < 
durch  gewonnen  eine  objective  Berechtigung. 

2.  Horaz  nennt  seine  Gedichte  öfters  aeolium  oder  lesbium  carmc 
z.  B.  0.  HI,  30,  13.  IV,  3,  12.^  I,  26,  11.  32,  4  f.  vgl.  IV,  6,  35,  Der  A 
schluss  an  die  subjective  äolische  Melik  ist  wirklich  ein  Hauptmerkn: 
derselben,  und  es  ist  auch  ein  besonderes  Verdienst  des  Horaz  dass  er  c 
durch  ihren  musikalisch-orchestischen  und  rituellen  Charakter  zur  JJehi 
tragung  auf  fremden  Boden  nicht  geeignete  dorische  Chorlyrik  bei  Sei 
liess  und  ebenso  wenig  den  Missgriff  der  meisten  Römer  begieng,  d 
alexandrinischen  Dichter  zu  Vorbildern  zu  wählen,  sondern  auf  die  echte 
classischen  und  zugleich   allgemein  menschlichen  Meliker  der  Griechei 


221.   Dichter:  Horatius  (Oden).  421 

auf  Alkäos,  Sappho  und  den  in  ähnlicher  Weise  dichtenden  Anakreon, 
zurückgieng.    Nachweisliche  Uebersetzungen  (Nachdichtungen)  sind  beson- 
ders I,  9  n.  18,  sowie  der  Anfang  von  I,  37.    In  allen  solchen  Fällen  sieht 
man  zwar  wie  weit  Horaz  entfernt  ist  von  der  frischen  naiven  Energie 
seiner  Vorbilder,  aber  zugleich  auch  wie  klar  er  sich  darüber  war  welche 
Züge  er  weglassen  oder  abändern  müsse  und  welche  er  aufiiehmen  könne, 
wie  angelegentliche  Sorgfalt  er  verwendet  auf  die  Vermittlung  des  Ge- 
dankengangs, die  Ausführung  des  Details,  wie  er  derbe  Wendungen  ab- 
schwächt, durch  Einmischen  concreter  Züge  aus  der  Gegenwart  das  Gedicht 
dem  Leser  näher  rückt.    Neben  den  bewussten  Nachbildungen  finden  sich 
aach  häufig  Reminiscenzen  aus  griechischen  Dichtem,  die  man  sich  nur 
mcht  bienenartig  zusammengetragen  denken  darf.  —  Literatur  über  das 
Verhältniss  des  Horaz  zu  den  Griechen.    H.  Wagner,  Hör.  carmina  col- 
hitione  scriptorum  graecorum  illustrata,  Halle  1770.    Additamenta  dazu, 
1771.    Wensch,  de  Hör.  Graecos  imitandi  studio  ac  ratione,  Viteb.  1829.  4. 
^tter,  de  Horatii  studiis  graeds,  Gleiwitz  1836.  4.    G.  F.  Grotefend,  über 
<tie  Originalität  des  Hör.  in  seinen  Oden,  Ztschr.  f.  d.  A.  Wiss.  1844,  Nr.  19. 
^h,  Arnold,  quaestionis  de  Horatio  Graecorum  imitatore  particula, 'Halle 
1845;  über  die  griechischen  Studien  des  Horaz,  Halle  1865.  1856.  4.    Göbel, 
Horaz  und  Euripides,   Mützell*B  Ztschr.   f.  Gymn.  1.  1851.   S.  298—323. 
H-  H.  Garcke,  Hör.  carm.  libri  1  coUatis  scriptoribus  graecis  illustraii  spe- 
<^en,  Halle  1853.  1860.  4.;  Quaestionum  de  graecismo  Hör.  pars  prior, 
^^e  1860.  240  pp.  8.    Versuch  einer  griechischen  Uebersetzung  der  Oden 
^es  Horaz  von  B.  Arnold,  München  1858.  4. 

3.    Klares  Bewusstsein  seiner  Aufgabe  und  der  ihm  zu  Gebote  stehen- 
^^n  Mittel  spricht  auch  aus  der  Art  wie  Horaz  die  griechischen  Masse, 
^^Bbesondere  das  sapphische  und  alkäische,  behandelt  hat,  und  zwar  mit 
steigender  Consequenz.    Erstens  nämlich  hat  er,  in  richtiger  Erkenntniss 
^^8  gravitätischen,  an  Spondeen  reichen  Charakters  der  lateinischen  Sprache, 
^;5^  allen  Stellen  wo  die  Ersetzung  des  Trochäus  (bzhgsw.  lambus)  durch 
^Uien  SpondeuB  gestattet  ist  sich  diese  Ersetzung  zum  unverbrüchlichen 
^e%etze  gemacht.    Nur  1,  15  erweist  sich  als  einer  der  allerirühesten  Ver- 
^^che  dieser  Art  auch  darin  dass  dort  V.  24  und  36  Horaz  dieses  Gesetz 
^^c^  nicht  durchgeführt  zu  haben  scheint;  eine  andere  Ausnahme  macht 
r^»    3,  17.    Ebenso  hat  Horaz  in  der  Anakrusis  des  alkäischen  Verses  zwar 
^^    ersten  Buche  fünfmal,  im  zweiten  dreimal,  im  dritten  zweimal  sich  die 
^^Xze  gestattet,  dagegen  im  vierten  Buche  sie  vermieden.    Zweitens  hat 
^^^az  aus  der  redtierenden  (epischen)  Poesie  die  Cäsur  herübergenom- 
^^n,  weil  er  vorauswusste  dass  auch  seine  melischen  Gedichte  nicht  wür- 
^^ti  gesungen  werden  (was  der  Bömer  als  einen  Verstoss  gegen  den  An- 
^^*^iid  betrachtete,  s.  oben  1,  1),  sondern  nur  redtiert,  beziehungsweise 
^^lesen.    Zwar  heisst  es  0.  IV,  9,  4:  verba  loquor  socianda  chordis,  und 
^^  spricht  Horaz  von  seiner  lyra,  cithara,  testudo,  barbitos,  von  plectrum 
^^d  von  fides,  von  canere,  cantare,  dicere.'    Die  Stellen  darüber  hat  gesam- 
^^It  0.  Jahn  im  Hermes  U.  S.  418—433  und  daraus  den  Schluss  gezogen 
^ass  die  lyrischen  Gedichte  des  Hör.  wirklich  bestimmt  waren  mit  Instru- 
mentalbegleitung gesungen  zu  werden.    Aber  hierbei  wird  in  Abzug  zu 
l>ringen  sein  was  nur  eine  Nachahmung  der  Redeweise  der  griechischen 
Originale  ist,  andererseits  eine  Beschränkung  auf  gräcisierende  Kreise,  wie 


422  Augusteische  Zeit,  711—767  d.  St. 

den  des  Horaz ,  und  auf  solche  die  mit  dem  musicierenden  demi-monde  yer- 
kehrten  einzutreten  haben.  Wenigstens  bilden  gegen  die  Allgemeinheit 
der  Sitte  schon  in  der  damaligen  Zeit  theils  Ep.  II,  1,  214  die  Bez^h- 
nung  der  lyrischen  und  epischen  Dichter  als  solcher  qui  se  lectori  credere 
malunt  (quam  spectatoris  fastidia  ferro  superbi^  wie  die  dramatischen), 
theils  die  Thatsache  der  Cäsur  schwerwiegende  Einwendungen  die  nicht 
ausser  Acht  bleiben  durften.  Eine  genauere  Beobachtung  des  Verfahrens 
von  Horaz  in  Bezug  auf  die  Cäsur  zeigt  überdiess  wie  er  stätig  an  der 
Vervollkommnung  der  äusseren  Form  seiner  Gedichte  arbeitete.  In  den 
alkäischen  Strophen  nämlich  (welche  mehr  als  ein  Drittheil  sämmtlichei 
Oden  ausmachen,  37  von  104)  hat  Horaz  den  zweiten  Bestandtheil  (dec 
dritten,  neunsilbigen  Vers)  in  den  Oden  der  beiden  ersten  Bücher  so  ge^ 
bildet  dass  derselbe  gleichfalls,  wie  der  erste  Bestandtheil  (die  beides 
ersten  Verse  der  Strophe)  und  wie  der  sapphische  Vers  des  Horaz,  di* 
TtBvQ'rjfiifiBQrls  hatte  (also  Theilung  von  5  -{-  4).  Später  aber  gelangte  e^ 
zu  der  Einsicht  dass  dadurch  der  Bau  einförmig  werde  und  hat  daher  in 
dritten  und  vierten  Buche  diese  Art  von  Cäsur  des  dritten  Verses  consE 
quent  vermieden  und  durch  andere  ersetzt  (besonders  die  Theilung  6  -{-  S 
theilweise  auch  7  -|-  2,  doch  so  dass  der  erste  Bestandtheil  dann  viriedG 
in  sich  gegliedert  ist,  in  5  -f  1  oder  2  -f  ^  ^^^^^  4  -f~  2  oder  3  -f"  31 
Dieses  Verhältniss  ist  viel  zu  constant  durchgeführt  als  dass  es  blosse 
Zufall  sein  könnte.  Vgl.  C.  Lachmann  an  Frankens  fasti  hör.  p.  238—244 
Ueber  die  Maasse  der  horazischen  Oden  überhaupt  s.  vor  den  meiste 
Ausgaben  derselben,  und  W.  Teuffei  vor  G.  Ludwigs  neuer  Uebersetzunj 
der  Oden  (Stuttgart  1860),  S.  24  ff.  =  Stuttgarter  Correspondenzblatt  1860 
Nr.  3.  A.  Schnitz  (Köki  1831.  4.),  G.  Pinzger  (Liegnitz  1833),  Richter  (de 
Hör.  metris  lyricis  I.  Becklingshausen  1863.  4.),  H.  SchiUer  (für  den  Schul- 
gebrauch, Leipzig  Teubner  1869).  üeber  die  Verschleifungen  (vulgo  Eli- 
sionen) 8.  K.  Lehrs,  in  seinem  Horatius  (1869)  S.  I — XXII.  Lindemann,  de 
hiatu  in  versibus  Hör.  lyricis,  Zittau  1825.  4.  Cadenbach,  de  alliterationis 
apud  Hör.  usu,  Essen  1838.  4.  W.  Christ,  über  die  Verskunst  des  Hör.  in 
Lichte  der  alten  Ueberlieferung,  Sitzungsberichte  der  Münchner  Akademie 
1868,  S.  1  ff. 

4.  Strophische  Gliederung  gehört  zum  Begriffe  des  antiken  fj^ilog 
Daher  haben  auch  die  horazischen  carmina  eine  solche.  Doch  findet  nichl 
blos  bei  Pindar  sondern  auch  bei  Alkaios  und  Sappho  häufig  ein  Ueber 
greifen  des  Sinns  und  der  sprachlichen  Construction  über  die  Grenzen  dei 
Strophen  hinüber  Statt  (Westphal,  griech.  Metrik  H'.  S.  295),  dabei 
auch  Horaz  sich  diess  gestattet  hat,  was  er  noch  unbedenklicher  thui 
konnte,  da  er  für  den  musikalischen  Vortrag  seiner  carmina  weniger  be 
sorgt  zu  sein  brauchte  (s.  A.  3).  Der  kleinste  Umfang  einer  Strophe  ist 
die  Zusammensetzung  aus  zwei  Versen.  Diesen  Umfang  hat  wie  das  ele 
gische  Distichon  so  die  archilochisch-horazische  Epode.  Vierzeilig  dagegei 
sind  die  sapphischen  und  die  alkäischen  Strophen;  ebenso  von  den  askle 
piadischen  Versen  diejenigen  Formen  wo  drei  Asklepiadeen  mit  einen 
Glykoneus  oder  zwei  Asklepiadeen  mit  einem  Glykoneus  und  einem  Phere 
krateus  verbunden  sind.  Wo  ein  asklepiadeischer  mit  einem  glykonischei 
Verse  verbunden  ist  ergibt  sich  eine  zweizeilige  Strophe;  wo  der  ascle 
piadeuB  minor  oder  der  maior  durch  das  ganze  Gedicht  hindurch  einfiEicl 


221.    Dichter:  Horatius  (Oden).  423 

wiederholt  wird  haben  wir  scheinbar  monoatichiBche  Anlage.    Indessen 
bAben  C.  Lachmann  (ygL  Ztschr.  f.  d.  Alt.  Wiss.  1846,  S.  461)  und  A.  Mei- 
neke  (Praef.  seiner  Ausgabe)  die  Bemerkung  gemacht  dass  nicht  nur  bei 
den  letzteren  Versarten  sondern  auch  bei  den  eigentlich  epodenartig  gehal- 
tenen in  den  vier  Büchern,  überhaupt  bei  sämmtlichen  Gedichten  der  yier 
3u.cher  (mit  einer  einzigen  Ausnahme),  die  Yerszahl  mit  Vier  theilbar  sei 
nxid  haben  daraus  den  zwar  nicht  ganz  sicheren,  aber  doch  sehr  wahr- 
solieinHchen  Schluss  gezogen  dass  Uoraz    überhaupt  seine  Gedichte  als 
vierzeilige  Strophen  angelegt  habe,    üeber  den  Einfluss  dieser  Entdeckung 
äo£  die  Kritik  des  Horaz  vgl.  L.  Döderlein,   Oeffentliche  Beden  (1860) 
S.   388  ff.  403  f.    Die  einzige  Ausnahme  yon   der  Theilbarkeit  mit  Vier 
l>ildet  0.  lY,  8,  welche  aus  34  Versen  besteht.    Man  hat  daher  bei  dieser 
entweder  eine  Lücke  von  zwei  Versen  angenommen  oder  eine  Literpolation 
▼on  2  (oder  6  oder  10  oder  14  oder  18)  Versen.    Da  aber  diese  Form 
(des  einfach  wiederholten  asclepiadeus  minor)  sich  im  vierten  Buche  über- 
liaupt  nur  dieses  eine  Mal  findet,  so  ist  die  Möglichkeit  nicht  auszuschliessen 
dass  Horaz  nach  Herausgabe  der  drei  Odenbücher  zu  der  Ansicht  gelangte 
dasB  diese  stricte  Durchführung  der  tetradischen  Theilbarkeit  auch  bei 
stichisch  gehsdtenen  Gedichten  nicht  nur  völlig  überflüssig  sondern  sogar 
unförmig  sei  und  daher  beim  vierten  Buche  sich  die  üeberschreitung  jenes 
früher  befolgten  Grundsatzes  mit  Bewusstsein  erlaubte.    Diess  hat  um  so 
mehr  Wahrscheinlichkeit  da  auch  sonst  Horaz  im  vierten  Buche  andere 
Onmdsätze  befolgt  hat  als  in  den  früher  verfassten  drei  ersten  Büchern. 
So  besonders  in  den  sapphischen  Oden.    Hier  hat  er  die  Cäsur  %atä  %qC' 
Toy  xqoiaiov  jetzt  als  gleichberechtigt  neben  der  9r£y'8^^t^£^i}g  behandelt, 
hat  femer  eingesehen  dass  der  Adonius,  unmittelbar,  ohne  Wortende,  an 
<^eD  dritten  Vers  anzureihen  für  den  Vortrag  misslich  und  daher  zu  ver- 
meiden sei.     Endlich  hat  Horaz  im  vierten  Buche  die  Synaloephe  eines 
^gen  Vocals  immer  vermieden  (Lachmann  zu  Lucretius  p.  219). 

5.    Quintilian.  I.  0.  X,  1,  96:   lyricorum  (rom.)  Horatius  fere  solus 

'^gi  dignus.  nam  et  insurgit  aliquando  et  plenus  est  iucunditatis  et  gratiae 

^^  varüs  figuris  et  verbis  feHcissime  audax.    Jani  vor  seiner  Ausgabe  I. 

^    CrV— CIX.     Manso  in   den  Nachträgen    zu   Sulzer   V.   S.   301—322. 

■?•   Hanow,  ist  Horaz  ein  kleiner  Dichter?  Halle  1838.  4.    Ad.  Stahr,  in 

^^^  Hall.  Jahrb.  1840,  S.  1652  ff.     W.  Teuffei,  ebds.  1841,  Nr*  106—112, 

^^   Charakteristik  des  Horaz  (Leipzig  1842),  S.  13  ff.  73-85.    A.  G.  Gem- 

7^^  de  compositione  carminum  Hör.  explananda  I.  Weimar  1841.  H.  1842.  4. 

^   Sieischer,  meditationum  ad  Hör.  poesin  lyricam  pertinentium  part.  I. 

^^^Ve  1843.  4.   Hagelüken,  de  Hör.  carminum  elegantia,  Münstereifel  1851.  4. 

^thmaler,  de  Horatio  verborum  inventore,  Berlin  1862.    G.  Zange- 

^^J^%ter,  de  Horatii  verbis  singularibus,  Berlin  1862.    E.  L.  Trompheller, 

l'^trag  zur    Würdigung    der   horazischen  Dichtweise,  I.   Coburg   1855. 

|r*  Coburg  1858.  4.    C.  Prien,  der  symmetrische  Bau  der  Oden  des  Horaz, 

T^Qin.  Mos.  Xni.  8.  321—376.    Kirchhoff,  das  melische  Compositionsgesetz 

*^  Horaz,  Mützells  Ztschr.  XH.  S.  717—740.  1860,  8.  81—106.    F.  Martin, 

^Q  aliquot  Hör.  carminum  ratione  antistrophica  et  interpolationibus,  Posen 

.^5.  4.    Auch  hier,  wie  bei  den  Epoden,  befolgt  Martin  das  System,  das- 

Reuige  was  sich  der  von  ihm  aufgestellten  Symmetrie  nicht  fügen  will  für 

^terpoliert  zu  erklären;  ebenso  C.  Prien,  F.  J.  Schwerdt  u.  A.    Zu  sol- 


424  Augusteische  Zeit,  711—767  d.  St. 

chen  mechanischen  Auffassungen  der  gesammten  Dichtweise  des  Horaz  hai 
die  verstandesmässig  angelegte  und  durchgeführte  Disposition  manche] 
seiner  lyriachen  Gedichte  verführt. 

6.  Die  Vorliebe  des  Horaz  für  die  Dreizahl  der  Beispiele  tritt  starl 
hervor,  wie  auch  die  Wiederholungen  zahlreich  sind;  W.  Teuffei,  übei 
Horaz  (1868)  S.  18  f.    Prosaische  Ausführungen  und  Wendungen  z.  B.  111 

I,  25.  34  ff.  4,  69  f.  5,  12.  11,  18  f.  IV,  4,  37  f.  Prosaische  Partikehi  wie 
ergo  (Epo.  2,  9),  quodsi  (T,  1,  35.  III,  i,  41.  Epo.  2,  39.  10,  21.  11,  15.  14,  13) 
atqui  (I,  23,  9.  III,  5,  49.  7,  9),  quatenus  (III,  24,  30),  eius  atque  (III,  11,  li 
vgl.  IV,  8,  18),  auch  wohl  namque  (I,  22,  9.  34,  5.  IV,  1,  13).  Der  höh 
Ton  ist  nicht  des  Horaz  Sache;  wo  er  ihn  anstimmt  fällt  er  leicht  au 
demselben  heraus,  doch  so  dass  man  manchmal  zweifelhaft  ist  ob  dies 
nicht  mit  bewusstem  Humor  geschieht,  wenn  er  z.  B.  IV,  1 ,  21  f.  zu  Vene 
sagt:  naribus  duces  tura,  oder  II,  20,  9  ff.  So  klingt  es  wie  Travest^ 
wenn  in  einer  sapphischen  Ode  von  teretes  surae  die  Bede  ist  (II,  4,  2^ 
oder  in  einer  alkäischen  von  dentis  uxores  mariti  (I,  17,  7).  Oft  ahm 
sind  solche  Geschmacksfehler  Ausflüsse  römischer  Derbheit  und  Merkm^ 
des  „furchtbaren  Realismus"  (Goethe)  von  Horaz.  Dergleichen  GeschmacK 
fehler  sind  die  auritae  quercus  (I,  12,  11  f.),  die  libido  quae  solet  mat:== 
furiare  equorum  (I,  25,  13  f.),  die  clavi  trabales  u.  s.  w.  (I,  35,  18  ff.),  «^ 
hydrops  und  aquosus  languor  (II,  2,  13  ff.)  und  die  Massivitäten  U,  5,  S 

II,  21.  III,  11,  19.  IV,  13.  Epo.  9,  35.  Auch  vitrea  Circo  (I,  17,  20)  -^ 
purpurei  olores  (IV,  1,  10)  sind  keine  geschmackvolle  Epitheta.  0.  KeU 
Bhein.  Mus.  XIX.  S.  211—213.  —  Auch  der  Fall  kommt  nicht  selten 
dass  Horaz  in  Ausführungen  sich  nicht  genug  thun  kann,  sondern  mit  4 
Unersättlichkeit  eines  Bhetors  Beispiel  auf  Beispiel  häuft.  So  I,  1.  J 
1,  9  ff.  41  ff*.  27, 1—16.  Epo.  2.    Massvoll  ist  gewiss  auch  weder  II,  20  c^c 

III,  30.    Unzeitige  Einmischung  von  Gelehrsamkeit  II,  17, 13 — 20.  18,  35 
Am  meisten  Anstösse  enthalten  die  umfangreichsten  Oden,  weil  hier 
Unzulänglichkeit  des   lyrischen  Talentes   von  Hör.  am   meisten  zu   X** 
tritt.    Im  Uebrigen  ist  gleich  extrem   und  unrichtig  der  Ausspruch     "^ 
Gruppe  (Minos  S.  412):  „Horaz  ist  Horaz  erst  durch  die  Oden"  wie     * 
Paradoxon  von  K.  Lehrs  (Neues  Schweiz.  Mus.  1861,  S.  64):  „Hora^ 
nicht  in  den  Oden";  vielmehr  ist  der  Horaz  der  Satiren  und  Briefö 
allem  Wesentlichen  auch  der  Horaz  der  Oden,  und  daraus  eben  erkl^^r 
sich  Vorzüge  wie  Mängel  der  letzteren. 

7.  Die  heutzutage  herrschende  Meinung  geht,  mit  den  naivsten  B' 
wunderem  des  Horaz  in  alter  Zeit,  von  der  Voraussetzung  aus  dass  Horfl 
ein  vollkommener  tadelloser  Dichter  sei.  Da  dieser  selbstgemachten  Voe 
anssetzung  aber  der  Augenschein  widerstreitet,  so  hat  diess  die  Folge  - 
nicht  etwa  dass  man  jene  Voraussetzung  als  eine  unberechtigte  aufgibt 
sondern  vielmehr  —  dass  man  das  was  derselben  widerspricht  kurzwe] 
fSr  unecht  erklärt  und  streicht.  Freilich  bleibt  auch  nach  den  ausgedebt 
testen  Streichungen  immer  noch  gleichbegründeter  Stoff  zu  weiteren  Am 
Stellungen  übrig,  somit  —  auf  diesem  Standpunkte  —  Grund  zu  weitere 
Streichungen,  so  dass  es  mit  diesen  eigentlich  kein  Ende  nimmt.  8 
augenscheinlich  unlogisch  diese  ganze  Ansicht  ist,  so  gilt  sie  doch  med 
würdiger  Weise  heutzutage  noch   bei  Vielen  für  höchste  Weisheit,  nn 


221.   Dichter:  Horatius  (Oden\  425 

sogar  hochyerdieute  Gelehrte  streichen  unbefangen  drauflos  wenn  sie  in  den 
horazischen  Oden  auf  irgend  eine  Unvollkoramenheit  stossen.  Diese  Me- 
iJiode  auf  einen  InterpolaJbor  abzuladen  hat  dann  weiter  zur  Folge  gehabt 
dass  man  gegen  die  Gedichte  ungerecht  wurde,  dass  man  auch  tadelte 
^aa  in  Wahrheit  keinen  Tadel  verdient  und  in  masslosem  Tone  tadelte. 
I>er  Erste  welcher  die  Voraussetzung  von  der  Vollkommenheit  der  lyri- 
sclien  Gedichte  des  Horaz  mit  der  Conseqnenz  einer  fixen  Idee  durchge- 
fahrt  und  zum  Massstabe  der  Echtheit  oder  Unechtheit  der  einzelnen  Ge- 
dichte gemacht  hat  ist  der  Holländer  P.  Hofmann  Peerlkamp  (Aufgabe 
der  Oden  von  1834).  Vgl.  W.  TeufFel,  Peerlkamp  und  seine  Bestreiter, 
in  Jahn's  Jahrb.  41,  S.  438—463;  sowie  in  den  Jahrbüchern  der  Gegep- 
'wrart  1843,  Nro.  50—52  =  Stuttgarter  Correspondenzblatt  1859,  Nr.  9, 
S.  196—213;  vgl.  Ueber  Horatius  (Tübingen  1868.  4.)  S.  20—22.    L.  Müller, 

in  Fleckeisens  Jahrb.  87,  S.  171  f.  176—184.    F.  W.  Graser,  de  Peerlkampi 
in  Hör.  carminibus  criticam   factitandi  ratione,   Magdeburg   1868.  4.    in 

Peerlkamp^s  Fussstapfen  trat  F.  Martin  (de  aliquot  Horatii  carminibus 
comm.  cntica,  Posen  1844.  4.),  A.  Meineke,  S.  Dyckhoff  (de  aliquot  Ho- 
ratii carminum  locis  suspectis,  Münster  1857),  C.  Prien,  G.  Linker  (Aus- 
gabe von  1856  und  Verhandlungen  der  Bresl.  Vers-,  Breslau  1858.  4., 
S.  100  —  109),  N.  W.  Ljungberg  (Jahn's  Jahrbb.  80,  S.  440—470),  0.  F. 
Gruppe  (Minos;  über  die  Interpolationen  in  den  römischen  Dichtem  u.  s.  w., 
Leipzig  1859)  und  K.  Lehrs  (Horatius,  1869,  S.  XXVI  —  CXXXVIU).  Vgl. 
noch  L.  Gesell,  de  interpolationibus  mythologicis  apud  Hör.  Bonn  1865. 

8.    Neuere  Sonderausgaben  der  Oden  (und  Epoden)  besonders  von 

Ch.  D.  Jani  (2  Voll.,  Lips.  1778—82.  Ed.  II.  ib.  1809),  Ch.  W.  Mitscherlich 

(2  Bde.  Lips.  1800),  C.  F.  Preiss  (Leipzig  1805—1807.  4  Bde.),  Ch.  Vander- 

boarg  (ad  fidem  XVJII  mss.  Paris,  rec.  etc.  2  Voll.  Paris  1812),  P.  Hofman- 

^^rlkamp  (Harlem  1834.  Ed.  altera  emendata  et  aucta,  Amsterdam  1862. 

^gl.  oben  Anm.  7),  F.  Lübker  (Commentar  zu  Buch  I— III,  Schleswig  1841), 

'^h.   Obbarius   (kritisch  berichtigt,    erklärt  u.  s.  w.   Jena  1848;    für  den 

®chulgebrauch,   herausgegeben  von  L.    S.  Obbarius,    Jena  1856),   C.  I. 

^rysar  (mit  CXXXIV  pp.  Einleitung,  Wien  1853),  C.  W.  Nauck  (für  den 

^«hulgebrauch  erklärt,  Leipzig  1853.  1856.  1860.  1863.  1865),  0.  Keller  (re- 

^H8uit,  Lips.  1864.    Vgl.  0.  Keller  im  Rhein.  Mus.  XVIU.  S.  271  —  285. 

^JX.  S.  211—227). 

Sehr  zahlreich  sind  die  Bearbeitungen   einzelner  Oden;  s.  W. 

'^^xiflfel,  über  Horatius  (1868)  S.  23  f.    Hier  erwähnen  wir  nur:  I,  1  von 

^-  Hermann  (Lips.  1842.  4.),  Chr.  Jahn  (Lips.  1845.  4.    vgl.  Jahn's  Jahrb. 

^,  8.  462—466).    I,  28  von  C.  Prantl  (München  1842),  L.  Döderlein  (Ver- 

^^jidlungen  der  Erlanger  Philologen vers.,  Erl.  1852.  4.,  S.  51—58  vgl.  59  f.), 

^.  Göttling  (Jena  1854.  4.  =  Gesanmielte  Abhandlungen  II.  S.  214-233), 

^.  A.  Mahly  (Rhein.  Mus   N.  F.  X.  S.  127—136),  F.  Martin  (Posen  1858.  4.), 

H.  J.  Heller  (Philologus  XVI.  S.  731—736).     I,  20.  30.   II,  11.   IV,  3  in 

^.  A.  Eckstein's  scholae  Horatianae  (Lips.  1869.  4.)  p.  1  —  41.  50.     II,  1 

Von  F.  Ritschi   (Rhein.  Mus.  XL   S.  628—636  vgl  XII.    S.  457  ff.  630), 

P.  Martin  (Posen  1858.  4.).     UI,  3  von  C.  L.  Struve  (Opusc.  sei.  II.  p.  369 

-409),   C.  Kiesel  (Düsseldorf  1845.  4.),  Bamberger  (Opusc.  S.  200—211), 

R.  Rauchenstein  (Neues  Schweiz.  Museum  I.  1861.  S.  129-142),  H.  Schwalbe 


426  Augusteische  Zeit,  711—767  d.  St. 

(Eisleben  1863.  4.).    UI,  27  von  Th.  Schäfer  (Lips.  Tenbner  1868).    Carmeii 
saeculare  von  G.  F.  Hermann  (de  loco  Apoliinis  in  C.  s.,  Gotting.  1843.  4.) 

Uebersetzungen  der  Oden  von  E.  W.  Bamler  (Berlin  1800.  1818 
2  Bände),  W.  Binder  (4te  Ausg.,  Stuttgart  1855),  v.  d.  Decken  (Braun 
schweig  1838,  2  Bände),  Ed.  Bürger  (in  Reimen,  Stuttgart  1852),  J.  S 
Strodtmann  (mit  lat.  Text  und  Anm.  Leipzig  1852),  G.  Ludwig  (Stuttgart 
Metzler,  1853.  1860)  u.  A. 

Zu  einzelnen  Oden  sind  auch  Melodien  erhalten,  zum  Beweise  dasf 
man  in  den  Klöstern  Horaz  gelegentlich  gesungen  hat;  s.  OrelÜ-Baiter'f 
Ausg.  IL  p.  915  S.   Kirchner  Novae  quaest  Hör.  p.  37. 

222.  Die  Briefe  sind  in  demselben  Masse  gehalten  wii 
die  Satiren  und  theilen  auch  sonst  mit  ihnen  den  allgemeinei 
Charakter  von  sermones ;  aber  das  Product  einer  reiferen  Alters 
stufe  als  die  Satiren^  verzichten  die  Briefe  darauf  durch  indivr 
duelles  Bemühen  Wirkungen  auf  die  ganze  Zeit  hervorzubringes 
und  haben  in  Ton  und  Form  das  Gepräge  grösserer  Ruhe^  err 
ster  Gemessenheit  und  selbstbewusster  Kunst.  Bald  Darsto 
lungen  der  Persönlichkeit  ihres  Verfassers^  bald  aufgehend 
dem  persönlichen  Zwecke  eines  Briefes^  bald  ein  bestimmte 
Thema  mit  der  Absicht  der  Belehrung  abhandelnd^  zeichnen  im 
sich  demgem'ass  das  eine  Mal  durch  den  feinen  Tact  aus  v^ 
mit  schwierige  persönliche  und  gesellschaftliche  Aufgaben  ^ 
löst  werden ;  bald  durch  die  reiche  Fülle  gediegenen  Inhalt^ 
Das  Letztere  findet  besonders  bei  den  drei  Briefen  des  zweite 
Buches  Statt,  welche  den  literarischen  Standpunkt  des  Horr: 
mit  Wärme,  theilweise  sogar  mit  Einseitigkeit,  verfechten,  Je 
Grundsatz  des  Zurückgehens  auf  die  echten  hellenischen  Moste 
und  des  Erstrebens  ihrer  Formvollendung  im  Gegensatze  zu  dei 
formalen  Sorglosigkeit  der  älteren  römischen  Dichter.  Der  be- 
rühmteste dieser  drei  Briefe  ist  der  dritte,  an  die  Brüder  Piso 
gerichtet,  worin  eine  Reihe  ästhetischer  Fragen  mit  verständi- 
gem treffendem  Urteile  abgehandelt  ist,  im  Anschlüsse  an  grie- 
chische Vorgänger,  doch  mit  unverkennbarer  Selbständigkeit. 

1.  Als  sermones  (im  Gegensatze  zu  Gattungen  mit  gehohener  Sprache) 
bezeichnen  sich  die  Briefe  selbst  (Ep.  11,  1,  250),  ohne  aber  damit  ihren 
Titel  angeben  zu  wollen,  welchen  vielmehr  Grammatiker  und  Handschrif- 
ten übereinstimmend  Epistulae  nennen.  Vgl.  Schol.  zum  Anfang  der  Sa- 
tiren: Sermon  um  libri  ideo  dicti  quia  vili  sermone  potius  quam  tumeuti 
sive  quia  ad  praesentes  scribuntur.  epistuHs  enim  ad  absentes  loquimur, 
sermone  cum  praesentibus.  quamvis  igitur  hoc  opus  Satiram  esse  HoratiuB 
ipse  profiteatur  (S.  II,  1, 1),  tarnen  proprios  titulos  voluit  ei  adcommodari, 
hos  priores  libros  duos  Sermonum,  posteriores  Epistularum  inscribens.  Die 
gereifkere  Kunst  der  Briefe  zeigt  sich  auch  im  Einzelsten.     So  hat  leep 


k 


222.    Dichter:  Horatius  (Briefe).  427 

(de  elisionibus  Horatianis,  Wolfenbüttel  1844.  4.)  berechnet  dass  Fälle  von 
Sjnaldphe  in  den  2113  Versen  der  Satiren  mehr  als  900mal  yorkommen, 
ia  den  1968  Versen  der  Briefe  aber  nur  etwa  500mal;  und  wenn  der  erste 
Vocal  ein  langer  ist  wird  wenigstens  in  Ep.  II,  3  die  Synalöphe  nicht  vor- 
genommen (M.  Haupt,  Observ.  ciit.  p.  18  vgl.  ib.  p.  48.    Lachmann  zu 
Lacretius  p.  77). 

2.  Sonderausgaben  der  Briefe.  Erklärt  von  Fr.  E.  Th.  Schmid,  Hal- 
berstadt 1828.  1830.  2  Bde.  (die  Ars  poet.  fehlt).  Für  Gymnasien  bear- 
beitet von  Fr.  v.  P.  Hocheder,  Regensburg  1831.  2  Bde.  Gommentariis 
nberrimis  instructas  ed.  S.  Obbarius,  Lips.  1837 — 1847.  2  Voll.  (Buch  II 
feblt).  Mit  den  Satiren,  von  O.  T.  A.  Krüger,  Leipzig  1853.  1856.  1860.  1866. 
1869.  Mit  Einleitung  und  kritischen  Anmerkungen  von  0.  Ribbeck,  Berlin 
1869.  Lateinisch  und  deutsch  von  J.  S.  Strodtmann  (Leipzig  1854),  L.  Dö- 
clerlein  (Leipzig  1856. 1858.  2 Bde.),  F.  S.  Feldbausch  (Leipzig  1860.  2^dchn.; 
Uebersetzung  in  Prosa).  Sonstige  Uebersetzungen:  von  C.  M.  Wieland 
(2  Thle.,  Dessau  1782.  Leipzig  1837  und  sonst),  E.  Günther  (Leipzig  1824), 
C.  Passow  (Leipzig  1833;  ohne  Ep.  II,  3),  J.  Merkel  (Aschaffenburg  1841), 
'W.  E.  Weber  und  W.  Teuffei  (Stuttgart  1853.  1859),  Fr.  Fröhlich  (Satiren 
tmd  Briefe,  im  blank  verse,  Schleswig  1866). 

3.  C.  Morgenstern,   de  sat.  et  epist.  hör.  discrimine,  Lips.  1801.  4. 
C.    Passow  (s.  A.  2)  S.  CXXXIX  ff.  Anm.  178.   180.  282.    A.  G.  Rein,  de 
f^ersii  satiris  et  Horatii  epistolis,  Gera  1839.  4.    W.  Teuffei,  Charakteristik 
<ie^  Hör.  (1842)  S.  61  —  64.     Düntzer,  Kritik    und  Erkl.  III.   S.  73—85. 
^^V,  E.  Weber,  Horatius  (1844),  S.  281—298.    Schierenberg,  über  die  Per- 
sonen der  Briefe  des  Horaz,  Detmold  1846.  4.    Estienne,  dtude  morale  et 
liiit^raire  sur  les  Epitres  d'Horace,  Paris  1851.    Manso,  über  Hor.'s  Beur- 
"fc^ilung  der  älteren  röm.  Dichter,  in  seinen  Vermischten  Abh.  und  Auf- 
»SMaen  (Breslau  1821)  S.  87—106.    K.  Reichel,  Horaz  und  die  ältere  römi- 
»olie  Poesie,  Pressburg  1852.  4.    E.  Meissner,  der  Kampf  des  Hör.  f[ir  eine 
^>«88ere  Geschmacksrichtung  in  der  Poesie,  Dresden  1867.    Beming,  über 
^en  Geist  der  horazischen  Briefe,   Recklingshausen  1866.  4.    H.  Keck,  de 
^or.  Epist.   libro  I   critica   ad   L.  Doederleinum   epistola,   Kiel  1857.   4. 
^  Muther,  Beiträge  zur  Erklärung  und  zur  Emendation  der  horaz.  Epi- 
«^Ui,  Coburg  1864.   4.     K.  Lehrs,   Horatius  (1869)   S.  CLVII  — CCXXI. 
^'  H.  Kolster,  über  die  Episteln  des  Horaz  welche  ersichtlich  Antwort- 
schreiben sind,  Meldorf  1867.  4.    F.  Pahle,  zur  Erkl.  von  Epp.  I,  in  Fleck- 
^^»eii'8  Jahrbb.  97,  S.  185—206.  269—294. 

Bearbeitungen  einzelner  Briefe,  z.  B.  I,  15  von  M.  Schanz  in  den  Ver- 
^^^«IL  der  Würzburger  Philologenvers.  (Leipzig  1869)  S.  115—119.  Courtoy, 
'^^^me  de  Tinstr.  publ.  en  Belgique  XI,  4  f.  II,  1  von  K.  Zell  (Heidelberg 
^^  *  ^),  H.  Riedel  (Groning.  1831). 

4.  Ep.  II,  3  wird  schon  von  Quintilian  (VIII,  3,  60:  Horatius  in  prima 
*^^^te  libri  de  arte  poetica)  nach  ihrem  Hauptinhalt  unter  dem  Titel  Ars 
^  ^  etica  angeführt  (vgL  Sidon.  Apoll.  IX,  20.  Symmach.  Ep.  I,  4.  Pri- 
*^^iM  XVm,  101.  p.  1149  F.  =  II.  p.  254,  16  Htz.:  Horatius  de  arte  poetica), 
^^Icher  jedoch  sicher  von  Horaz  nicht  herrührt,  da  für  ihn  die  Anrede 
^^^ones  genügte.  Dass  der  Brief  zu  don  spätesten  Arbeiten  des  Horaz 
%%hdrt  oder  geradezu  die  späteste  ist  machen  seine  Zeitanspielungen  (vgl. 


428  Augusteische  Zeit,  711—767  d.  St. 

W.  Teuffers  üebersetzung  davon,  Stuttgart  1859,  S.  304  f.)  wahrschein- 
lich, sowie  seine  formelle  Beschaffenheit  (vgl.  Anm.  1),  auch  wohl  seine 
schwankende  Stellung  in  den  Handschriften  (s.  oben  219,  2).  —  Porphyrie 
zum  Anfang  (IL  p.  649  Hauthal) :  hnnc  librum,  qui  inscribitur  de  arte  poe-- 
tica,  ad  L.  Pisonem  .  .  eiusque  filios  misit.  .  .  in  quem  librum  con( 
praecepta  Neoptolemi  tov  üaQiavov  de  arte  poetica,  non  quidem  oi 
sed  eminentissima.  Diese  ausdrückliche  Angabe  des  Porphjrio  verbietet^- 
(mit  Meineke)  an  die  Schrifb  dieses  Alexandriners  nsgl  datsXantov  zu  denkei 
nöthigt  aber  keineswegs  zu  glauben  dass  Horaz  einer  so  untergeordnetere^^ 
Quelle  sich  bedient  habe  bei  einem  Gegenstande  dessen  er  selber  so  vol 
ständig  Herr  war.  Dagegen  konnte  die  Poetik  des  Aristoteles  wed( 
ignoriert  werden  noch  dem  Horaz  entgehen;  Parallelen  derselben  mit 
serem  Briefe  gibt,  wenn  auch  in  Einzelnem  zu  weit  gehiend,  Streub^E:^-^^ 
p.  72-77. 

Ausgaben  der  Ars  poetica  z.  B.  von  Fr.  v.  P.  Hocheder  (Passau  IS^^^^j 
P.  Hofman  Peerlkamp  (Leidae  1845).    Uebersetzungen  (vgl.  A.  2)  von  ^' 

Arnold  (Berlin  1836.  4.)  und  einem  andern  A.  Arnold  (in  Reimen,  Er^^f^ 

1853.  Halle  1860),  M.  Enk  (Wien  1841),  J.  A.  Mähly  (Jahn's  Archiv  X jx, 

S.  436—449)  u.  A. 

Erläuterungsschriften  der  ars  poet.   Van  Beenen,  dissertat.  philol.-«z:=iit. 
etc.,  Amst.  1806.  4.  Eichstädt,  quo  tempore  et  ad  quos  scripta  sit,  Jenae  1  ^BJi. 
fol.  Bosch,  curae  secundae  in  Hör.  Epist  ad  Pis.  Jenae  1812.  fol.  vgL  EnzzMesti 
Parerga  p.  LI — LXXI.    Dohm,  einige  Bemerkungen  über  u.  s.  w.,  Itz^^loe 
1824.  4.    Mittermayer,  Progr.  Aschaffenburg  1827.  4.    Lidberg,  Lund  L.  ^33. 

Ed.  Müller,  Gesch.  der  Theorie  der  Kunst  bei  den  Alten  II.  S.  269 'S84 

Lilie,  Breslau  1839.    W.  Th.  Streuber,  Basel  1839.    Lindemann,  Pa^zart.  I 
und  II.  Zittau  1841.  4.    J.  Hilgers,  Bonn  1841.    Fr.  Jacob,  über  das     ^ei- 
hältniss  zu  den  Satiren  des  Horaz,  Lübeck  1841,  S.  7—15.     W.  Temjaffel, 
Charakteristik  des  Horaz  (1842)  S«  64 — 73.    J.  Eckert,  Beleuchtung  u.  ^  .  w., 
Laudshut  1843.  4.     G.  Bernhardy,  prooemium  de  Hör.  Ep.  ad  Pis^^nes, 
Halle  1847.  4.    J.  Fr.  Fischeri  dictata  in  Hör.  A.  p.,  ed.  L.  S.  Obba^^nus, 
Rudolstadt  1848.  1850.  4.    Hantschke,  de  sententiarum  ordine  in  Hör«   Ep. 
ad  P.,   Wetzlar  1853.   4.     J.  Piechowski,   de   Ep.   ad  P.,  Moskau    :t-S5S. 
J.  Freudenmann,  über  Veranlassung  und  Zweck  u.  s.  w.,  Ehingen  185^*  ^* 
G.  C.  Mezger,  Ezpositio  Ep.  ad  P.,  Augsburg  1855.  4.    J.  M.  £.  Feys,   T^ 
poätique  d'H.  considärde  daus  son  ordonnance,  Brüssel  1856.    A.  Michfl^ü^»       j 
de  auctoribus  quos  Horatius  in  Hbro  de  arte  poetica  secutus  esse  videatuXi 
Kiel  1857.  4.    Rührmund,  in  Mützell's  Ztschr.  f.  Gymn.  1858,  S.  250—25^^- 
B.  Büchsenschütz,  Philologus  XII.  S.  150—161.     L,  Spengel,  zur  A.  p.  i^^ 
Hör.,  ebds.  XVIII.  S.  94—108.     A.  Kiene,  Composition  der  u.  s.  w.,  Sta^^^ 
1861.    F.  A.  Beck,  Beitrag  zur  Würdigung  u.  s.  w.,  Giessen  1863.  4.   P^^^^ 
Beck,  die  Ep.  a.  d.  P.  nach  ihrem  Zusammenhang  dargestellt  und  metrisc^-^^ 
übertragen,  Eos  I.  S.  196—214.    J.  Vahlen,  Ztschr.  f.  österr.  Gynm.  X\V^'^' 
S.  1  —  16. 

223.    Die  Gedichte  des  Horatius  wurden  schon  bald  nac 
dem  Tode  ihres  Verfassers  als  Schulbuch  benützt.     Das  dadur 
bedingte  Vorhandensein  zahlreicher  Abschriften  erschwerte 


223.   Dichter:  Horatias  (Schicksale  seiner  Werke).  429 

Interpolation ;  und  die  derartigen  Versuche  sahen  sich  daher 
alsbald  zurückgewiesen  und  blieben  ohne  Einfluss  auf  den  Text. 
Auch  Erklärer  fanden  die  horazischen  Gedichte  frühzeitig,  an 
Julius  ModestuS;  Valerius  Probus,  Q.  Terentius  Scaurus,  Hele- 
nius  Acro,  Pomponius  Porphyrio,  vielleicht  auch  Claranus.  Er- 
halten sind  Scholien  von  Porphyrio.  'Die  den  Namen  des 
Acro  tragenden  sind  aas  späterer  Zeit.  Die  Zahl  der  auf  uns 
gekommenen  Handschriften  der  horazischen  Gedichte  ist  eine 
sehr  grosse;  über  das  neunte  Jahrhundert  geht  aber  keine  zu- 
rück. Auf  die  deutsche  Literatur,  besonders  des  achtzehnten 
Jahrhunderts,  war  namentlich  die  horazische  Lyrik  von  grossem 
£iiifluss;  und  in  welchem  Grade  Horaz  die  Gelehrsamkeit  be- 
schäftigt hat,  davon  zeugt  die  ganz  unübersehbare  Anzahl  der 
Ausgaben  seiner  Werke  wie  der  ihm  gewidmeten  Schriften. 

1.  Dass  er  eiu  Schulschriflsteller  würde  hat  Horaz  sich  Ep.  I,  20, 17  f. 
selbst  geweissa^;  und  schon  in  der  Zeit  des  Juvenal  (S.  VII,  226  f.)  war 
diess  ganz  regelmässig  der  Fall.  Von  Qointilian  wird  er  gleichfalls  oft- 
nials  citiert,  theilweise  auch  Stellen  (wie  0.  I,  12,  40  f.  bei  Quintil.  IX, 
^t  18)  die  von  der  Hyperkritik  neuerer  Zeit  angefochten  worden  sind; 
ebenso  dtieren  ihn  Martialis  und  Caesius  Bassus.  W.  Dillenburger,  Te- 
«timonia  zu  Horaz,  Berliner  Ztschr.  f.  Gymn.  1868,  S.  322—332. 

2.  Sueton  (Ausgabe  von  Reifferscheid  p.  47  f.):  venferunt  in  manus 
ixieas  et  e|egi  sub  titulo  eins,  et  epistola  prosa  oratione  quasi  commen- 
(i^ntis  se  Maecenati.  sed  utraque  faba  puto.  nam  elegi  vulgares,  epistola 
etiam  obscura,  quo  vitio  mininie  tenebatur.  Die  Ueberlieferung  wies  diese 
^älschungsversuche  so  nachdrücklich  zurück  dass  dieselben  durch  keine 
Handschrift  auf  uns  gekommen  sind;  und  ebenso  wenig  macht  sich  in  Be- 
zug auf  den  Bestand  des  Erhaltenen  irgend  welches  Schwanken  bemerk- 
lich.  Die  zwei  neuen  Oden  welche  Pallavicini  in  der  Vaticana  gefunden 
i^aben  wollte  (abgedruckt  bei  Villoison,  Animadv.  ad  Longin.  p.  310,  in 
<ier  Ausgabe,  von  Jani  I.  p.  CXV;  bei  Preiss  I.  S.  110  ff.  Peerlkamp 
P-  XXVIII— XXX  u.  sonst)  sind  ein  Machwerk  sehr  späten  Ursprungs;  vgl. 
^anderbourg  I.  p.  366  ff.  Ballenstedt,  Hannover  1788.  A  dissertation  con- 
^^ming  two  ödes  of  Hör.,  London  1789.  4.  Richter,  vita  Horatii  p.  127—130. 

3.  Die  vita  des  cod.  Paris,  y,  womit  Pseudo-Acro  seine  Expositionen 
^  Horaz  einleitet,  sagt:  commentati  in  illum  sunt  Porphyrion,  Modestus 

^'  Unten  266,  1)  et  Helenius  Acren  Omnibus  melius.    Ueber  Yalerius  Pro- 
**^  8.  unten  283,  3.    Ueber  den  vermeintlichen  Ausleger  des  Horaz,  C. 
^®*iülius,  g.  F.  Hauthal  im  Rhein.  Mus.  V  (1846)  S.  616—532. 

Der  Scaurus  welcher  von  Porphyrio  zu  Sat.  II,  6,  92  citiert  wird  ist 

^e  Zweifel  Q.  Terentius  Scaurus.     Dagegen  das  Citat  (bei   Charisius 

^'    188  P.  =3  210,  21  K.)  Q.  Terentius  Scaurus  commentariis  in  artem  poe- 

,  5^^^n  libro  X' weist  nicht  auf  einen  Commentar  zur  Ars  poetica  des  Horaz 

p^  sondern  wird  auf  ein  selbständiges  Werk  dieses  Grammatikers  über 

^^ük  zu  beziehen  sein. 


430  Augusteische  Zeit,  711—767  d.  St. 

Helenius  Acro  lebte  wahrscheinlich  am  Ende  des  zweiten  christL  Jahrii 
Vgl.  Ribbeck,  Proleg.  ad  Vergil.  p.  174  f.  Der  ursprüngliche  echte  Com 
mentar  dieses  Grammatikers  ist  untergegangen;  Porphyrien  citiert  ihn  & 
Sat.  I,  8,  25:  memini  me  legere  apud  Helenium  Acronem  u.  s.  w.  Daa 
seinen  Namen  eine  Scholienpartie  mit  Unrecht  trägt  erhellt  schon  daraa 
dass  in  dieser  eben  Acron  als  einer  der  besten  Erklärer  des  Horaz  ac: 
geführt  wird;  s.  A.  3.     * 

Porphyrie  zu  Sat.  II,  3,  83:  Anticjra  oppidum  et  insula  hoc  nomi« 
ut  Claranus  testatur.  Diess  bezieht  sich  am  wahrscheinlichsten  auf  (^ 
auch  von  Martial.  X,  21  genannten  Grammatiker  Claranus,  und  ma^ 
wenigstens  glaubUch  dass  derselbe  den  Horaz  commentiert  habe,  obw — 
eine  sonstige  Spur  davon  sich  nicht  findet. 

Auch  hatten  Schriftsteller  deren  Namen  uns  unbekannt  sind  schon 
der  Zeit  des  Porphyrie  de  personis  Horatianis  geschrieben;  s.  Porphyr  _ 
Sat.  I,  3,  21.  91. 

Pomponius  Porphyrion,  der  Verfasser  der  ältesten  auf  uns  gek:o. 
menen  Scholien  zu  Horaz,  lebte  zwischen  140  und  300  n.  Chr. ,  wahrsclsei 
lieh  um  200—250,  und  war  wohl  aus  Africa  gebürtig  imd  ein  Frontoni^ 
ner,  jedoch  auch  mit  Rom  und  einem  grossen  Theile  Italiens  wohlbekannt 
Sein  Conmientar  war  wohl  für  die  Zwecke  des  rhetorischen  Üntem'cli^ 
und  für  Africaner  abgefasst  und  beschäftigt  sich  vorzugsweise  mit  der  Ic7 
gischen,  rhetorischen  und  grammatischen  Erläuterung,  wogegen  die  Sack 
erklärung  sehr  spärlich  ist;  s.  0.  Keller  in  der  Symbola  philol.  Bonnen- 
sium  S.  491—499. 

Die  ungefähr  seit  dem  15ten  Jahrhundert  den  Namen  des  Acron  tra- 
genden Scholien  haben  im  cod.  Veronensis  zwar  an  der  Spitze  '  ur  seinen 
Namen,  im  Contexte  aber  ist  dieser  Name  blos  einem  TheOe  der  Scho 
lien  auf  dem  Rande  beigeschrieben;  s.  J.  Schienger  im  Mainzer  Progr 
1868,  p.  1  f.  Anm.  0.  Keller  (a.  a.  0.  S.  499  —  502)  will  zwei  Partiei 
unterscheiden :  eine  ältere ,  aus  dem  Anfange  des  fünften  Jahrhunderts,  voi 
einem  Verfasser  herrührend  welcher  aus  Apulien  gebürtig  und  somit  eii 
Landsmann  des  Horaz  war,  dem  alten  Glauben  noch  anhieng  und  imte 
Benützung  seiner  Vorgänger  (namentlich  nachweisbar  starker  Ausbeutun] 
des  Porphyrion)  Expositiones  zu  Horaz  verfasste,  die  zu  Anfang  von  £po.  1 
plötzlich  ohne  Schluss  abbrechen  und  für  die  Sacherklärung  manches  Be 
achtenswerthe  enthalten;  andererseits  eine  jüngere  Partie,  aus  dem  Schluss 
desselben  fünften  Jahrhunderts,  von  einem  vielleicht  mit  Fabius  Planciade 
Fulgentius  identischen  Verfasser,  welcher  bis  zum  Anfang  von  0.  IV  jenei 
älteren  Vorgänger  abschrieb,  von  da  an  selbständig  wird,  aber  ohne  and 
nur  den  bedingten  Werth  der  älteren  Partie  zu  erreichen.  Vgl.  Usenei 
de  scholüs  Horatianis,  Bern  1863,  und  Rhein.  Mus.  XXIH.  S.  490  £ 

Der  sogenannte  Commentator  Cruquianus  ist  eine  von  dem  Horaz 
Herausgeber  J.  Cruquius  aus  seinen  Handschriften,  besonders  den  Blan 
dinii,  gemachte  Zusammenstellung  aller  Scholien  und  Glossen  denen  e; 
Werth  beilegte;  vgL  Cruquius  zu  Ep.  I,  18,  15  (p.  581  a):  Blandin.  anti 
quissimns,  ex  quo  comment.  descripsimus.  Rhein.  Mus.  X£K.  S.  S33  f. 

Ausgaben  der  Scholien  von  Georg  Fabridus  (Basel  1555.  foL),  voi 
Franz  Pauly  (Prag  1858  f.  2  Bde.)  und  von  Ferd.  Hauthal,  Berolin.  1864 


223.    Dichter:  Horatius  (Schollen  und  Handschriften).  431 

1866.  2  Voll.    Vgl.  0.  Keller  in  Fleckeisen's  Jahrb.  91,  S.  176—183.  Hauthal 
in  der  Berl.  Ztechr.  f.  Gymn.  1866,  S.  398—409. 

üeber  die  Scholien  s.  W.  H.  D.  Suringar,  historia  critica  schoiiasta* 
mm  latinorum,  Vol.  III,  Lugd.  Bat.  1835.  W.  Dillenburger,  Horatiana, 
Aachen  1841.  4.  W.  Teuffei  im  Rhein.  Mus.  III.  1844.  S.  473—476.  C.  Kirch- 
ner, Novae  quaestiones  hör.  1847.  p.  69—64.  C.  L.  Roth,  Rhein.  Mus.  XIII. 
S.  617.  6.  Linker,  de  Hör.  scholiastis  qui  feruntur  Acrone  et  Porphyrione 
adnotationes  subsecivae,  Ztschr.  f.  Ostreich.  Gymn.  1868.  p.  813—823. 
H.  Usener,  de  scholiis  horatianis  commentatio,  Bern  1863.  32  pp.  4.  0.  Kel- 
ler, zur  Kritik  der  sog.  acronischen  Scholien,  Rhein.  Mus.  XIX.  S.  164 — 160, 
and  üeber  Porphyrion,  Pseudo-Acron  und  Fulgentius,  Scholiasten  des  Ho- 
raz,  in  der  Symbola  philolog.  Bönnens.  (Lips.  1867)  S.  491—602.  W.  Hirsch- 
felder, Quaest.  horat.  spec.  (über  die  Hdss.  und  den  Commentator  des  Gru- 
quius),  Berlin  1862.  4.  E.  Schweikert,  de  Porphyrionis  et  Acronis  scho- 
liis horatianis,  Münster  1864. 

4.  Handschriften  des  Horaz  gibt  es  mehr  als  von  irgend  einem 
alten  Schriftsteller.  Die  Zahl  derselben  belauft  sich  auf  ungefähr  260, 
von  denen  die  meisten  aus  Frankreich  stammen,  wo  im  Beginne  des  Mittel- 
alters besonders  die  Benedictiner  fleissig  den  Horaz  abschrieben.  In  Ita- 
lien sind  die  Horazhandschriften  sehr  viel  seltener,  und  die  älteste  bis 
jetzt  dort  aufgefundene  ist  aus  dem  Uten  Jahrhundert.  Aufzählungen  bei 
Jani  I.  p.  I— XXI.  Mitscherlich  I.  p.  I— XLI.  Vanderbourg  I.  p.  387  — 
411.  Hauthal,  über  die  Horazmanuscripte  in  Italien,  Jahn's  Jahrb.  XIII. 
S.  427  ff.;  über  die  älteste  spanische  Handschrift  des  Horaz  und  des  Acron 
(den  cod.  Heinianus),  Bonn  1847 ;  •Ztschr.  f.  d.  Alt.  Wiss.  1847.  S.  398—403. 
C.  Kirchner,  Novae  quaestiones  horatianae.  I.  Quinquaginta  cocQcum  qui- 
^Ti8  osi  sumuB  descriptio.  II.  De  codicum  Horatianorum  stirpibus  ac  fa- 
^xiilüg,  Naumburg  1847.  4.  Vgl.  dessen  Ausgabe  der  Satiren  (1864)  p.  XX 
— -XXXVI.  Unter  diesen  Handschriften  sind  besonders  die  Blandinii  des 
Jacob  Cruquius  (aus  der  abbaye  de  St.-Pierre  au  mont  Blandin  zu  Gent) 
▼on  bestrittenem  Werthe.  Während  sein  antiquissimus  von  M.  Haupt  u,  A. 
2iir  Hanptgrundlage  der  Textesgestaltung  gemacht  wurde,  stellte  Th.  Bergk 
^en  s^tz  auf:  die  Angaben  des  Cruquius  über  die  von  ihm  benützten  Hand- 
f^^hiiften  des  Horaz  beruhen  zum  Theil  auf  Fälschung,  und  0.  Keller  ist 
*^  beigetreten  (Ehein.  Mus.  XVIH.  S.  281—283),  wogegen  K.  Zangemei- 
^^  (ebds.  XIX.  S.  321-339,  mit  0.  Keller's  Replik,  ebds.  S.  634—637) 
2*®  Wichtigkeit  des  Bland,  verfochten  hat.  Vgl.  auch  Mützell  in  seiner 
^*^^r.  f.  Gymn.  IX  (1866)  S.  860—877  nebst  8.  946.  F.  Ritter,  ebds. 
^7^  S.  369-361  und  dagegen  H.  Düntzer,  der  6te  cod.  Blandinius  des  Ho- 
'^»  ebds.  1867,  S.  927—937.  1864.  S.  876—878. 

Die  Classification  dieser  Handschriften  ist  dadurch  sehr  erschwert  dass 
y^^  einzelne  derselben  durch  EinfQhrung  von  Lesarten  anderer  Classen 
^  ursprünglichen  Charakter  ihrer  eigenthümÜchen  Recension  mehr  oder 
?^^^iiger  verwischt  hat  (0.  Keller,  Rhein.  Mus.  XIX.  S.  226).  Indessen 
.?^^en  sich  drei  Hauptclassen  unterscheiden.  Die  erste  besteht  hauptsäch- 
^^  ans  Pajrisin.  7976  und  Turicens.  Carolin.  6  (y  r  bei  Keller),  beide  aus 
^tn  zehnten  Jahrb.,  beide  aber  auch  vielfach  nach  Handschriften  der 
^^tten  Classe  abgeändert.  Auch  Paris.  10310  saec.  X  (n  bei  0.  Keller) 
%^|iört  hieher.    Die  zweite  bilden  die  Handschriften  der  Recension  des 


432  AuguBteische  Zeit,  711—767  d.  St. 

MavortiuB  (Cos.  527);  also  diejeuigeD  welche  die  Subscription  hal 
tius  AgoriaB  Basilias  Mavortius  Y.  C...  legi  et  ut  potui  emendavi 
rente  mihi  magistro  Feiice,  oratore  urbis  Bomae;  sowie  die  au 
abgeleiteten.  Zu  dieser  Classe  gehören  Paris.  7900  (saec.  IX— 2 
Keller),  Bemensis  (saec.  IX,  B  bei  Keller),  Gothanns  B  (saec.  XI 
Keller),  Sangallensis  oppid.  (saec.  X,  a  bei  Keller),  und  ande 
dritte  Classe  ist  die  durch  Coujecturen  und  Schreibfehler  aller 
frühesten  und  meisten  entstellte,  wenn  sie  auch  theilweise  Site 
Sprungs  ist  als  die  zweite  Classe.  Dahin  gehören  einige  Paris« 
saec.  X  (7972  =  il;  7973  =  u;  F,  als  Urhandschrift  von  qp  und  ^). 

5.  EinfluBs  des  Horaz  auf  die  deutsche  Literatur;  s.  W.  Teufi 
rakteristik  d.  H.  (1842)  S.  50  ff.  H.  Fritzsche,  Horaz  und  seiu  Ein 
die  lyrische  Poesie  der  Deutschen,  in  Fleckeiaens  Jahrb.  88,  S.  1( 
C.  L.  Cholevius,  Geschichte  der  deutschen  Poesie  nach  ihren  anti] 
menten  I  (Lpzg.  1854),  S.  335  f.  469  ff.  488  ff.  II  (1856).  S.  75  ff. 

6.  Gesammt ausgaben  der  Werke  des  Horaz.  Beichhalt 
Zählungen  bei  J.  A.  Fabricius,  Bibliotheca  latina  I.  p.  405  ff.  Ci 
editionum  Horatii  ab  a.  1476—1739  quae  in  bibliotheca  Jac.  Dou 
servantur,  Lond.  1739.  4.  (J.  W.  Neuhaus,)  Bibliotheca  horatiana, 
labus  editionum  Horatii,  interpretationum,  versionum  ab  a.  1470  ad 
Lips.  1770.  1775.  Jani  I.  p.  XXII— LXXHI.  Praef.  der  Zweibrücl 
gäbe.  Mitacherlich  I.  p.  XLII-CLIV.  Preiss  I.  S.  240-385.  Sd 
Handbuch  der  class.  Bibliographie,  Bömer,  S.  386—464.  Wagner, 
riss  der  class.  Bibliographie  (Breslau  1840),  S.  423  ff.  Kirchner  vo 
AuBg.  der  Satiren  (1854 J  p.  XXXVI  bis  LH. 

Die  Ed.  princ.  (fol.)  ist  s.  1.  et  a.,  stammt  aber  jedenfiEÜIs  aui 
und  den  Jahren  1470—73.  Die  weiteren  Hauptausgaben  sind:  m 
Commentar,  Mailand  1474.  2  Voll.  4.  Zugleich  mit  dem  des  Po 
s.-l.  et  a.  (Patav.  1481).  Mit  Landins  Commentar,  Florenz  1482,  fc 
den  von  Mancinellus,  Venedig  1462,  fol.  und  oft.  Venet.  1519  (Aid.) 
1519.  fol.  Ge.  Fabricius,  Basel  1555.  fol.  Mit  Murets  Comm.,  Ven 
fol.  (Paul.  Mannt.)  Lambins  Ausg.,  2  Voll.  Lugd.  1561.  4.  Pari 
fol.  1579.  1587.  2  Voll.  fol.  und  öfters;  neu  abgedruckt  Confluei 
2  Voll.  8.  Ex  castigatione  Th.  Pulmanni  u.  s.  w.  Antv.  1566.  12. 
Stephanus,- 1577.  1588.  1600.  Ed.  J.  Cruquius  zuerst  einzeln  (Od.  I 
Epod.  und  carm.  saec.  1567;  Satt.  1573),  dann  vereinigt  Antverp. 
(vgl.  Mutzen  in  seiner  Zeitschrift  1855,  S.  850—877);  darauf  (mit  J. 
Commentar)  1597  u.  1611.  4.  Ed.  Laev.  Torrentius,  Antv.  1608.  < 
Heinsius  (mit  Abh.  de  satira),  Lugd.  B.  1612.  u.  ö.  Französ.  Uebe 
und  histor.  Anmerkungen  von  Dacier,  Paris  1681.  10  Bde.  12.;  viert 
Amstel.  1727.  Ed.  R.  Bentley,  Cantabrig.  1711.  4  1713.  Amst^rd. 
Lips.  1764.  1826.  Berolin.  1869.  2  Voll. ;  die  Anm.  ohne  den  Text  hei 
von  Sachse,  Quedlinb.  1S25.  Ed.  Cuningam,  Hag.  Com.  1721.  ( 
Ordnung,  französ.  Uebers.  xmd  Anmerkungen  von  N.  C.  Sanado] 
1728.  4.  2  Voll.  Amst.  1756.  3  Voll.  W.  Baxter  und  Gesner,  Li| 
1772.  J.  Valart,  Paris  1770.  J.  Oberlin,  Argent.  1788.  4.  Zeui 
1788.  1802.  1815.  Wakefield,  Lond.  1794.  2  Voll  J.  Baden,  Hafhi 
Wetzel,  Liegnitz  1799.  2  Voll.    J.  H.  M.  Emesti,  Berlin  1800,  2  V< 


i 


« ,- 


223.   Dichter:  Horatius  (Literatur).  433 

l>erfeldt,  Vorlesungen  über  die  class.  Dichter  der  Römer,  4  Bde.,  Leipzig 
IBOO.  C.  Fea,  Rom  1811.  2  Voll.,  neu  herausgeg.  von  F.  H.  Bothe,  Hei- 
adberg  1821.  1827.  Döring,  Lips.  1803.  Vol.  I,  ed.  6,  cur.  Regel  1839;  Vol.  II, 
..  2.  1828;  ed.  minor,  Lipa.  1830.  Pottier,  Paris  1823.  W.  Braunhard, 
>8.  1831  —  1838.   4  Abth.    J.  C.  Orelli,  2  Voll.  Zürich  1837  f.  1843.  1850 

1852.    Zugleich  eine  editio  minor  (quinta,  1868).    Textausgaben  von  J. 

iJYki.  Jahn,  Lips.  1824  und  sonst;  ed.  sexta,  cur.  Th.  Schmid,  Lips.  1855. 
C.    Zell,  Stuttg.  1828.    A.  Meineke,  Berlin  1834.   1864.    H.  Düntzer,  Kritik 
iux.d  ErklSjung    der  horazischen  Gedichte  (ohne  Text),  5  Bde.,   Braun- 
soliweig  1840—1845;    mit  Text,  Braunschweig  1849;    erklärende  Schulaus- 
gabe, Paderborn  1868  f.     W.  Dillenburger,  Bonn  1844.  1848.  1854.  1860. 
1»€7.   C.  F.  Süpfle,  Heidelberg  1846.  recogn.  M.  Haupt,  Lips.  1851.  1861.  16. 
Oi.  Q.  Stallbaund,  Lips.  1854.    Cum  novo  comm.  ad  modum  Bondii,  Paris 
1B^5.  16.    Rec,  codicum  selectorum  varias  scripturas  addidit  Fr.  Pauly, 
H-ipa.  1855.    Scholarum  in  usum  ed.  G.  Linker,  Wien  1856.    Ad  Codices 
sa^ec.  IX  et  X  exact.  comm.  critico  et  exeget.  illustr.  ed.  Fr.  Ritter,  Lips. 
XS56  f.  2  Voll.    In  US.  scholarum  brevi  annot.  instr.  Fr.  Ritter,  Lips.  1857. 
Cura  W.  H.  Milman,  London  1868. 

7.    Allgemeine  Erklärungsschriften    zu   den   horazischen   Ge- 
rüchten.   Mitscherlich ,  Racemationum  Venusinarum  fasc.  I — IX,  Gotting. 
1828-1834.  4.    Eichstädt,  Paradoxa  horatiana,  12  Thle.,  Jena  1832—1843.  4. 
A.  Weichert,  Lectiones  Venusinae,  Grimma  1843.  4.    L.  Döderlein,  Lectio- 
nes  hör..  Erlangen  1828.  1830.  4.;  Scherflein  zum  Verständniss  des  Horaz, 
klangen  1853.  4.    W.  Dillenburger,  Quaestiones   hör.  I.    Cöln  1838.  4.; 
Horatiana  I.  Aachen  1841.  4.    II.  Emmerich  1845.  4.    J.  W.  Steiner,  Com- 
^«ntationes  horatianae,  I.  Coblenz  1841.  4.    II.  Kreuznach  1847.  4.    H.  Pal- 
damus,  Horatiana,  Greifswald  1847.  4.    Schröter,  Quaestiones  horatianae  I. 
^rbrücken  1847.  4.    IL   1856.  4.     Werner,   Quaest.   hör.   Breslau  1847. 
^-'ir.  Herbst,  Lectiones  Venusinae,  Danzig  1848.  4.    II.  1858.  4.    J.  Horkel, 
^i^alecta  Horatiana,  Berol.  1852.  152  pp.    Brandt,  Quaestiones  horatianae,  I. 
Booster  1864.    Trompheller,  Beitrag  zur  Würdigung  der  horazischen  Dicht- 
^eise  I.  Coburg  1865.  4.    II.   1858.  4.     III.   1862.  4.     IV.   1866.   4.    E.  C. 
^fa^cke,  Scidae  Horatianae,  Weilburg  186ft.  4.    A.  Eiessling,  Horatiani- 
■^^^e  Kleinigkeiten,  Basel  1867.  4.  —  F.  S.  Feldbausch,  zur  Erklärung  des 
«01*^2 .   Einleitungen   in   die   einzelnen   Gedichte,   3  Bdchen,   Heidelberg 
I8öl_lg53. 

J.  A.  Voigt,  über  den  Gebrauch  des  Adjectivs  bei  Horaz,  Halle  1844.  4. 
-^^  W.  Dahleke,  de  usu  infinitivi  horatiano,  I.  Breslau  1854.  Fr.  J.  Hester, 
^^  infinitivi  natura  et  apud  Hör.  usu,  Münster  1858.  G.  EbeUng,  de  ca- 
*^^»i  Q8U  horatiano,  Wernigerode  1866.  4. 

Treteri  index  horatianus,  Antverp.  1576;   nach  Büchern  und  Versen 
*^^etheilt  von  D.  Avermann,  Braunschweig  1668.    Daraus  des  J.  Verbur- 
°^^^^  Index  an  Ausgaben  von  Bentley.    Vollständiger  Wortindex  auch  an 
^*  Ritter's  und  an  0.  Keller's  Ausgabe. 

J.  H.  M.  Emesti,  (Jlavis  horatiana,  3  Voll.  Berol.  1802—1804.  Lips. 
^^.  Brevior,  Halle  1818.  J.  G.  F.  Estr^,  Horatiana  prosopographia, 
T^^tterdam  1846.  F.  S.  Feldbausch,  erklärendes  Register  der  Eigennamen 
^^i  Horaz,  Heidelberg  1853  (Einleitungen,  drittes  Bdchen). 

Teuf  fei,  Rom.  Litera(ur{$^esc*hichte.  28 


■K||k« 


434  Augusteische^Zeit,  711—767  d.  St. 

8.  üebersetzungen  sämmtÜcher  Gedichte  in*8  Deutsche  von  Jonck- 
heim,  Uz  und  Hirsch  (AnBbach  1797,  2  Thle),  J.  H.  Vobs  (Heidelberg  1816. 
1820.  2  Bde),  Th.  Obbarius  (Berlin  1847.  1857.  16.),  J.  S.  Strodtmann  (Leip^ 
2ig  1862.  1855.  1860),  W.  Binder  (Stattgart  1865),  F.  0.  t.  Nordenflych- 
(Berlin  1866),  E.  G.  Neumann  (2te  Aufl.  Trier  1868)  u.  A. 

9.  Abbildungen  zu  Horaz.  Horatii  emblemata  imaginibuB  aer 
incisis  notisque  illustrata  studio  Oth.  Vaenii,  Antverp.  1607.  4.  und  oP 
Dreissig  Bilder  zu  Hör.  Werken,  gezeichnet  von  Frommel  (Karlsruhe  182S 
nebst  Erklärung  von  Sickler).  Bilderhoraz  von  Mihnan,  London  (J.  Mcu 
raj)  1850.  Auch  die  Didot'sche  Ausgabe  ad  modum  Bondii  (Paris  18S 
16.).  Hör.  opera  illustrated  from  antique  gems,  by  C.  W.  King.  The  te% 
revised  with  an  introduction  by  H.  A.  J.  Munro,  London  1869.  484  pp. 

224.  Horaz  ist  ein  fein  organisierter  Verstandesmensch 
Schwung  der  Phantasie^  idealen  Flug  der  Gedanken  und  G 
fühle  ^  begeistertes  und  Begeisterung  weckendes  Wesen  d.^ 
man  bei  ihm  nicht  suchen.  Was  man  aber  bei  ihm  findet 
eine  unvergleichliche  Klarheit  ^  Ruhe  und  Schärfe  des  Gei^fc« 
eine  durchdringende  Kenntniss  des  eigenen  Selbst  und  and^j 
Personen  und  Verhältnisse.  Zuverlässig  imd  treu  gegen  Freun.< 
ist  er  scharf  gegen  Feinde.  Sein  Unabhängigkeitsgefühl  ^i 
leidet  ihm  die  Hauptstadt  und  gewinnt  ihn  für  die  Stille  d 
Landlebens.  Sein  politisches  Bekenntniss  und  seine  Haltnzi 
gegenüber  von  August  ist  ein  fortwährendes  Compromiss  z^ 
sehen  diesem  Unabhängigkeitsgefühl  imd  seiner  Einsicht 
das  unter  den  gegebenen  Umständen  Mögliche  und  Unvermei 
liehe.  Er  triflFt  auch  hier  die  schwierige  Mittellinie,  weder  gl. 
zustossen  noch  sich  etwas  zu  vergeben.  Er  ist  kein  Mann  A* 
Opposition,  aber  er  hält  auf  politischen  Anstand.  Seine  W^3 
anschauung  ist  die  des  r^feren  Alters,  welches  die  Leidenseh^ 
ten  hinter  sich  hat  und  vor  sich  den  Tod.  Der  Ton  wechs^ 
daher  zwischen  mutigem  Erfassen  dessen  was  das  Leben  B' 
freuliches  bietet  und  resigniertem  Hinblick  auf  das  was  es  \e^ 
sagt;  er  bewegt  sich  am  liebsten  in  den  mittleren  Stimmungen 
und  gedämpften  Accorden.  Das  Ziel  wonach  er  unablässig 
strebt  ist  die  ruhige  Glätte  des  Gemüts,  unentwegt  durcC 
Stürme  des  eigenen  Innern  wie  durch  äussere  Begegnisse  ode 
Ansinnen  anderer  Menschen.  Sein  Verstand  schärfte  feme$ 
seinen  Geschmack  und  verlieh  seiner  Sprache  die  wohlthuend^ 
Durchsichtigkeit  die  ihr  nur  da  abgeht  wo  er  nicht  sich  selbst 
geben  kann.  Sonst  aber  liegt  nichts  ihm  femer  als  Gesuchtem 
und  Geschraubtes.  Sein  Bewusstsein  der  Begrenztheit  mensch- 
lichen Seins  lässt  ihn  mit  Humor  über  sich  selbst  reden,  mil 


224.   Dichter:  Horatius  (Charakterietik).  435 

Ironie  über  das  was  sich  gross  dünkt^  und  äussert  sich  besonders 
liebenswürdig  in  einem  Anstrich  gutmütiger  Schalkhaftigkeit. 

1.  Jani,  de  moribus  Horatii  prolusio  (Halle  1774.  4.  und  in  seiner 
Ausgabe  I,  p.  C  —  CIU).  B.  van  Onuneren,  Horaz  als  Mensch  und  als 
Bürger  von  Born,  aus  dem  Holland,  übers,  von  Walch,  Leipzig  1802.  Seiz, 
Horaz  nach  seinem  Leben  und  seinen  Dichtungen,  Nürnberg  1815.  W.  Teuf- 
fei, Charakteristik  des  Horai  (Leipzig  1842),  bes.  S.  65  ff.;  über  Horatius 
(1868.  4.)  S.  34  f.  W.  E.  Weber,  Q.  Horatius  Flaccus  als  Mensch  und 
IHchter,  Jena  1844.  Andaltshauser,  über  Horaz  und  seine  Dichtungen, 
Straubing  1846.  4.  Lysauder,  Comm.  de  Horatio  homine  ac  poeta,  Lund 
1B48.  4.  S.  Karsten,  Q.  Hör.  FI.,  ein  Blick  in  sein  Leben,  seine  Studien 
und  Dichtungen,  ans  dem  Holland,  übersetzt  von  M.  Schwach,  Leipzig  1863. 
^.  D.  Gerlach,  Leben  und  Dichtung  des  Horaz,  Basel  1867. 

2.  YerhältnisB  zu  Freunden.  F.  Jacobs,  Vermischte  Schriften  Y. 
8.  3  ff.  Knebel,  zur  Charakteristik  des  Horaz,  insbes.  sein  Verhältniss  zu 
Macenas,  Ztschr.  f.  d.  Alt.  Wiss.  1841 ,  Nr.  93.  Frandsen ,  Mäcenas  (1843) 
S.  193—220.  C.  G.  Zumpt  vor  Wüstemann's  Ausg.  der  Satiren,  S.  12—19. 
^.  F.  Grotefend,  des  Horaz  Freunde  und  Bekannte,  Philologus  U.  S.  280 
— ^288.  H.  PaldamuB,  Horaz  und  Mäcenas,  Ztschr.  f.  d.  Alt.  Wiss.  1848, 
Nr.  113.    Fr.  Jacob,  Horaz  und  seine  Freunde,  Berlin  1852  f.    2  Bde. 

3.  Ueber  das  Verhältniss  des  Horaz  zu  August  gibt  Sueton  merk- 

'^^rdige  Einzelheiten,  vv^elche  zeigen  -wie  viel  dem  Letzteren  daran  lag  den 

f^chter  för  sich  zu  gewinnen  und   wie  zurückhaltend  sich  dieser  gegen 

^^  benahm.    Ganz  dasselbe  beweisen  auch  des  Letzteren  Gedichte,  theils 

^^^  ihrem  langen  Schweigen,  trotz  der  manchfachen  persönlichen  Beruh- 

^UQgen  welche  die  Freundschaft  mit  Mäcenas  herbeiführen  musste,  theils 

^Uch,  alfl  es  endlich  gebrochen  wurde,  in  der  an  das  Thatsächliche ,  offen 

^^^egende  sich  haltenden  und  die  eigene  persönliche  Ueberzeugung  nicht 

^^tverwickelnden  Weise  der  Ausführung.     Wo  Horaz  positiven,  dringen- 

^^u  Aufforderungen  sich  nicht  zu  entziehen  vermochte,  da  fühlt  sich  die 

^^laaere  Nöthigung  in  der  Haltung  des  betr.  Gedichtes  sehr  deutlich  durch. 

^ftas  er  schliesslich  dem  Erfolge  gehuldigt  hat  lässt  sich  nicht  leugnen. 

-^ber  er  that  es  erst  nach  langem  Sträuben,  als  die  Monarchie  unabänder- 

^ch  feststand  und  ferneres  Schmollen  kaum  mehr  verständig  gewesen  wäre. 

Auch  gibt  es  heutzutage  nicht  Viele  welche  ihm  aus  jener  Haltung  einen 

Vorwurf  zu  machen  berechtigt  oder   geneigt  wären.     Neuerdings  ist  es 

▼^Imehr  Sitte  geworden  aus  den  horazischen  Gedichten  tiefe  und  feine 

politische  Berechnungen  herauszulesen.    So  will  man  die  Entdeckung  ge- 

*^^^cht  haben  dass  Horaz  die  Empfehlungen  der  Mässigung  und  des  ruhi- 

^u  ehrgeizlosen  Lebensgenusses   vorzugsweise   an  solche  Männer  richte 

^eren  hohe  Geburt,  Reichthum  oder  stolzer  Sinn  dem  Augustus  am  meisten 

»ettorgnisie  einflössen  konnte  (C.  Peter,  Gesch.  Roms  HI.  S.  110).    Aber 

^^^  er  sie  an  Solche  richtete  bei  denen  sie  wohlangebracht  waren  ist 

^^h  wohl  selbstverständlich;  dass  er  diess  jedoch  im  Dienste  des  Augu- 

"^  gethan  habe,  dafür  spricht  auch  nicht  das  Geringste. 

Literatur  über  die  Frage.  Wieland's  Einl.  zu  Brief  II,  1.  Boost,  über 
«be  Anklage  des  Horaz,  Frankfurt  1807.  F.  Jacobs,  Vermischte  Schrif- 
**^  V.  S.  318  ff.    E.  Salverte,  Horace  et  Tempereur  Auguste,  Paris  1828. 

28* 


436  Augusteiache  Zeit,  711—767  d.  St 

Giesebrecht,  quid  de  Horatio  senserit  Augustus,  Prenzlau  1829.  4.    Feld- 
baasth,  de  Horatio  non  adulatore,  Heidelberg  1839  (vgl.  W.  Teuffei  i 
Jahn's  Jahrbb.  XXVHI,  S.  327  ff.).    Hempel,  wie  ist  Horaz  zum  Herold  d 
monarchischen   Princips   geworden?   Bromberg   1840.   4.     W.   E.  Webe 
Horaz  als  Mensch  (1844)  S.  168  ff*.    Werner,  Quaestiones  horatianae,  Gö 
1847  (de  Horatio  Augusti  laudatore).    Paul,  de  Hör.  in  Augustum  adnl; 
tione,  Thom  1847.  4.    0.  Jahn,  Grenzboten  1868,  S.  96  f. 

4.  Hinsichtlich  der  Sittlichkeit  des  Horaz  ist  zuzugeben  dass  sei 
Ansichten  über  die  Beziehungen  der  Geschlechter  sich  erst  in  seinen  s 
testen  imd  reifsten   Gedichten  über   die  seiner  Zeit  erheben.     Doch 
keineswegs  alles  in  den  Oden  in  dieser  Hinsicht  Gesagte  wörtlich  zu  n 
men.  Vgl.  im  Allgemeinen  Lessing,  Bettung  des  Horaz  (Werke  IV.  8. 215 
Ausgabe  von  1867.  VIU.  S.  1  —  40).    Les  amours  d'Horace,  Cologne  17 
W.  Teuffei,  de  Horatii  amoribus,  Jahn's  Archiv  VI  (1840).  S.  325—3^ 
VU.  S.  648-650;    Charakteristik  des  Horaz  (1842)  S.  85-89.    DüntÄ=. 
Kritik  und  Erklärung  des  Horaz  HI.  8.  35—42.    W.  E.  Weber  in  Jalm^xa*« 
Archiv  IX.   S.  248—273. 

5.  Von  einer  Philosophie  des  Horaz  kann  man  reden  theils  in  (S^n 
Sinne  einer  Weltansicht,  theils  sofern  Horaz  zu  den  beiden  in  seiner  !^^it 
zu  Rom  geltenden  griechischen  Systemen,  dem  epikureischen  und  d.^zD 
stoischen,  in  seinen  Schriften  Stellung  nimmt.  Anfänglich  ein  entschi^ eig- 
ner Bekenner  des  Epikureismus  (S.  I,  5,  101  ff.  Ep.  I,  4, 16)  und  Bekämx>^^^ 
des  Stoidsmus,  verräth  Horaz  doch  schon  durch  das  Oftmalige  und  flua- 
gehende  seiner  Beschäftigung  mit  dem  letztem  System  (S.  I,  3.  II,  3«  7) 
ein  geheimes  Interesse  dafür  (vgl.  W.  Teuffei  zu  Sat.  II,  7.  S.  175  f.).  "Von 
Anfang  an  neben  allem  Lebensgenüsse  einen  nachdenkhchen  Sinn  ^«rer- 
rathend  lernt  Horaz  allmählich  den  sittlichen  Ernst  achten  den  der  Stxii- 
cismus,  trotz  seiner  Wunderlichkeiten,  in  sich  schliesst  und  hört  daher-  ^^' 
mählich  auf  ihn  zu  bekämpfen  und  nimmt  immer  mehr  von  ihm  an  C^^^^ 
Ep.  I,  1, 17),  obwohl  er  niemals  zu  ihm  übertritt,  vielmehr  eine  kritische  €>^^^ 
eklektische  oder  dilettantische  Stellung  zu  den  verschiedenen  SystexKx^Q 
einninunt  (Ep.  I,  1,  14).  0.  I,  34  ist  mehr  Ausdruck  einer  augenbl^^' 
liehen  Stimmung  als  Ausfluss  einer  gründlichen  Aenderung  der  Ansi^^^^ 
Die  dortige  angebliche  Bekehrung  hinderte  den  Dichter  nicht  sich  n^^^ 
später  Epicuri  de  grege  porcum  zu  nennen  (Ep.  I,  4, 16).  Wohl  aber  ^^^^ 
0.  II,  2,  19  ff.  dass  er  mit  den  vierziger  Jahren  (um  J.  730)  dem  Stoi^^" 
mus  mehr  Gerechtigkeit  widerfahren  zu  lassen  anfieng.  Schriften  de  j^^"' 
losophia  Horatii  oder  horatiana  von  J.  Berger  (Viteberg.  1704.  4.),  F<^^^^ 
lius  Henning  (üpsala  1706),  Isr.  Noräus  (üpsala  1706.  4.),  Briegleb   (^^^^' 


bürg  1777.  4.);  de  poenitentia  Horatii  philosophica  (0. 1,  34)  Schriften  ^"^  "^^ 
Benner  (Giessen  1734.  4.)  und  List  (Giessen  1785).    Pflugradt  (praeside 


£.  J.  Walch),  de  philosophia  Hör.  stoica,  Jena  1764.  4.    J.  H.  B.  Foi 
läge,  de  praeceptis  Hör.  ad  artem  beate   vivendi  spectantibus,    Cobu^^^^ 
1835.  4.    Werner,  de  Horatio  philosopho  (Quaest  hör.,  Götüngen  \SÜ^     '' 
Munding,  die  sittlichen  und  religiösen  Ansichten  des  Horaz,  Kottweil  1853.  ^^ 
J.  Crautecein,  de  Horatii  ratione  theologica  et  philosophica,  Münster  185*^"  '^  . 
A.  Arnold,  das  Leben  des  Horaz  und  sein  philosophischer,  sittlicher  un^^ 
dichterischer  Charakter,  Halle  1860.  G.  Bemhardy,  röm.  Lit-Gesch.  Anm.  17: 


224  f.   Dichter:  Höratdus  (Charakter).  Valgius.  437 

6.  Ueber  Horaz  als  Dichter  überhaupt  8.  Urteile  aus  dem  Alterthum 
bei  Ovid.  Trist.  IV,  10,  49.  Persiua  T,  116  f.  Petron.  Sat.  118.  Quinta. 
X,  1,  96.  Juvenal.  VII,  53  tf.  Sidon.  Apollin.  Ep.  VIIT,  11.  IX,  13.  Carm. 
IX,    223.    Auch  Ygl.  Paneg.  ad  Pison.  229  f. 

226.  Dem  Horatius  befreundet  war  C.  Valgius  Rufus, 
CJos.  742,  Verfasser  von  Elegieen  und  Epigrammen,  eines  Wer- 
kes über  Kräuter,  einer  lateinischen  Bearbeitung  der  Rhetorik 
des  Apollodoros  aus  Pergamon  und  von  grammatischen  Unter- 
suchungen in  Briefform. 

1.  Fasti  cap.  ad  a.  742  =  12  v.  Chr.  (C.  I.  lat.  I.  p.  441):  .  .Ruf. 
a,bdic.  in  e.  1.  f.  e.    Faati  Colotiani  (ib.  p.  466):   euf.  C.  Valgiua  C.  f. 
Fragm.  fast,  municip.  (ib.  p.  472,  IX).    Quirinio  et  Valgio  cos.  in  den  fasti 
pruenestini  (ib.  p.  314.  317).    Mit  Quirinius  genannt  auch  bei  Orelli  3693. 
7041.     (Das  cognomen  Satuminus  gehört   dem  Nachfolger  des  Quirinius, 
L-  Volusius.)    Porphyrie  zu  Hör.  0.  II,  9  (p.  188  H.):  Valgium  consularem, 
amicum  suum  (vgl.  v.  5),  consolatur  morte  delicati  pueri  graviter  adfectum. 
Vgl.  Sat.  I,  10,  82.    Vielleicht  ist  er  auch  der  Pyrrhus  [nvQQog  =  rufus) 
von  0.  III,  20  (Bamberger).    Tibull.  IV,  1,  179  f.  an  Messala:  est  tibi  qui 
possit  magnis  se  accingere  rebus  Valgius,  aeterno  propior  non  alter  Ho- 
mere, was  wenigstens  die  Erwartungen  ausdrückt  die  man  in  diesem  Kreise 
'^on  seiner  Befähigung  zum  Epos  hegte;  vgl.  Hör.  0.  II,  9,  18  ff.   Plin.  N. 
H.  XXV,  2:  post  eum  (s.  oben  43,  1)  unus  illustrium  tentavit  C.  Valgius 
eruditione  spectatus,  imperfecto  volumine  ad  Divum  Augustum,  inchoata 
^tiam  praefatione  religiosa,  ut  omnibus  malis  humanis  illius  potissimum 
principis  semper  mederetur  maiestas.    Hienach  muss  das  Werk  doch  ver- 
öffentlicht worden  sein.    Auch  wird  G.  Valgius  von  Plinius  unter  seinen 
Quellen  für  B.  XXI  angeführt,     Wahrschemlichkeit  hat   daher   die   Ver- 
mutung von  R.  Unger,  dass  bei  Quintilian  X,  1,  56  zu  schreiben  sei  Nican- 
^'"uin  frustra  secuti  Macer  (oben  209,  7)  atque  Valgius  (vgl.  oben  213,  A.  2)? 

2.  Schol.  Veron.  zu  Verg.  Ecl.  7,  22  (p.  74,  10  tf.  Keil):  similiter  hunc 
^ocinmi  in  elegiis  Valgius  honorifice  appellat  et  quadam  in  ecloga  de  eo 
^^  u.  s.  w.  (s.  228,  2).  Servius  ib.:  Codrus  poeta  eiusdem  temporis  fuit, 
^^  Talgius  in  elegiis  suis  refert.  ad  Aen.  XI,  457:  Valgius  in  elegis.  Isidor. 
^^g.  XIX,  4,  8  (Valgius:  ein  Distichon).  Unger,  Valg.  p.  223—265.  In 
^^^en  Gedichten  hatte  er  wohl  auch  den  Mystes  (Hör.  0.  II,  9,  9  f.)  be- 
^*>tigen  und  beklagt.     Charis.  I.  p.  108,  7  K.:   Valgius   in   epigrammate. 

^ger  p.  215—223.  Letzterer  hält  den  Valgius  auch  far  den  Verfasser  der 
^^^udo-vergilischen  Elegie  auf  Messala;  s.  oben  215,  5.  A.  2.  Philargyr.  zu 
j*^org.  III,  177  (ut  Valgius  ait)  führt  zwei  Hexameter  von  ihm  an,  welche 

^ger  p.  265  ff.  angeblichen  Bucolica  des  Valgius  zutheilt. 

3.  Gell.  XII,  3, 1 :  Valgius  Bufus,  in  secundo  librorum  quos  inscripsit 
^^  rebus  per  epistulam  quaesitis,  lictorem  dicit  a  ligando  appellatum  esse, 
'^^ris.  I.  p.  108,  28  K.  (Valgius  de  rebus  per  epistulam  quaesitis  solitau- 
^"^^  dicta  ait  esse  a  etc.).  135,  23  (Valgius  de  rebus  per  epist.  quaes.  für 
^<ie  Form  lacer).  Daraus  wohl  auch  Charis.  I.  p.  102,  10  K.  (et  Valgius 
^^  Verrius  et  Trogus  de  animalibus  lacte  dicunt)  und  143,  24  f.  (secunda 
^^tio,  qua  Plinius  ait  Valgium  niti).    Unger  Valg.  p.  163—198.    Diomed.  I. 


438  AugUBteische  Zeit,  711 — 767  d.  St. 

p.  387,  6  K.:  Valgias  de  translatione  (alt):  comesa  (nicht  comesta)  patL 
Vielleicht  ein  Theil  der  Bearbeitung  von  ApoUodor's  Ti%vfi.  Qointil.  ] 
1, 18  (oben '36,  8).  5, 17  (causam  finit  Apollodorus,  ut  interpretatione  Va]| 
discipuli  eiu8,  utar,  ita).  V,  10, 4  (epichirema  YalgiuB  aggresaioneni  yoci 
Auf  den  iambiechen  Rhythmus  der  Citate  aus  Valgius*  Ars  bei  Quintü  '. 
5,  17  macht  Ritschi  aufinerksam,  in  Reifferscheid's  Sueton  p.  529.  YgL  n< 
Unger  p.  145  —  162.  Unbestimmte  Anführungen  bei  Sen.  Ep.  51 ,  1  (Aetn 
quare  dixerit  Messala  unicum,  sive  Valgius,  apud  utmmque  enim  legi), 
generib.  nom.  p.  91, 13  (VaUius:  perfusam  pelvem),  wo  Haupt:  fortasse  Valgi 

4.  Weichert,  poetar.  lat.  yitae  etc.  p.  209—240.  R.  Unger,  de  C.  "V 
gü  Rufi  poematis  commentatio,  Halle  1848   (510  nebst  XVIH  pp.!). 

226.  Andere  Freunde  des  Horaz  welche  sich  selbst  an 
mit  Arbeiten  in  gebundener  Form  beschäftigten  waren  Aristi 
FuscuS;  wie  Valgius  zugleich  Verfasser  von  grammatisch 
Schriften^  Fundanius^  Titius  und  Servius  Sulpicius. 

1.  Ueberschriften  von  Hör.  0. 1,  22:  ad  M.  Aristi  um  FuBCum.  k. 
Hör.  Ep.  I,  10  ist  an  ihn  gerichtet  (Ueberschriften:  ad  Fuscum  Aristi 
grammaticum) ;  vgl.  Sat.  1,  9,  61  ff.  10,  83  =»  91.  Porphyrie  zu  Ep.  I, 
(p.  425  H.):  ad  Aristium  Fuscum  scriptorem  comoediarum;  dagegen 
einem  Theile  der  Hdss.  des  Acro  zu  Ep.  I,  10,  1  (p.  422  H.):  alloq«. 
Aristium  scriptorem  tragoediarum ,  so  dass  die  ganze  Angabe  zweifeU 
wird.  Sicher  aber  ist  seine  Eigenschaft  als  Grammatiker;  wir  kennen  A^ 
Fusci  (die  Handschrift  hat  abnesti  fusti)  grammatici  über  adAsinium  . 
Honem  (oben  208,  2  d)  aus  Eichenfeld  und  Endlicher,  Analecta  gnum 
tica  (Wien  1836)  p.  452  not. 

2.  Hör.  Sat.  1, 10,  48—50:  arguta  meretrice  potes  Davoque  Chrezs 
eludente  senem  comis  garrire  libellos  unus  vi  verum,  Fundani.  Hiem 
müssen  mindestens  im  Freundeskreise  Versuche  des  F.  auf  dem  Geb» 
der  palliata  bekannt  gewesen  sein;  eine  Spur  derselben  findet  sich  £ 
nirgends.    Vgl.  noch  Hör.  S.  II,  8,  19. 

3.  Hör.  S.  1, 10,  86  a^  94 :  te  dicere  possum  (unter  den  docti  et  am 
.  .  Servi.  Wohl  identisch  mit  dem  Ser.  Sulpicius  welchen  Plinius  (Ep. 
3,  5;  s.  oben  26,  1)  unter  den  Verfassern  erotischer  Gedichte  anfz&l 
vgl.  Ovid.  Trist.  II ,  441 :  nee  sunt  minus  improba  Servi  carmina.  Der  Z 
nach  könnte  er  (oder  der  Historiker  Sulpicius  Galba,  unten  239,  1)  ( 
Vater  der  tibullischen  Sulpicia  (unten  229,  3)  sein. 

4.  Hör.  Ep.  I,  3,  9  ff.  (J.  734  d.  St.):  quid  Titius,  romana  br 
venturus  in  ora?  Pindarici  fontis  qui  non  expalluit  haustus,  fastidire  Um 
et  rivos  ausus  apertos?  .  .  fidibusne  latinis  Thebanos  aptare  modos  stui 
auspice  Musa  an  tragica  desaevit  et  ampullatur  in  arte  ?  Ob  irgend  etv 
dieser  Art  fertig  wurde  ist  unbekannt.  Vielleicht  ist  er  der  Sohn  des 
Titius,  COS.  suff.  723  (A.  Haakh  in  Pauly's  Real-Enc.  VI,  2.  S.  2011  f.  Nr.  5 
Jedenfalls  gehOrt  er  zu  des  Horaz  jüngeren  Freunden.  Vgl.  F.  Jaco 
Vermischte  Schriften  V.  S.  344 — 366.  W.  Teuffei  in  seiner  Uebersetzi 
der  Briefe  des  Horaz  (Stuttg.  1859)  S.  208. 

5.  Auch  von  Celsus  Albinovanus  (Hör.  Ep.  I,  8,  1),  dem  comea  t 


■►25»^ 


226  f.    Dichter:  Aristias  Fuacus  u.  A.  DomitiuB  Marsus.  439 

Bcriba  des  (TiberioB)  Nero  (ib.  2)  ums  J.  734  d.  St.,  welcher  (ib.  I,  a,  15  ff.) 
?or  anselbstäiidiger  Ausbeutung  fremder  Arbeiten  gewarnt  wird,  ist  unbe- 
kannt ob  er  mit  seinen  Gedichten  jemals  hervorgetreten  ist.  Er  ist  wohl 
der  Celsus  dessen  Tod  von  Ovid  ex  Pont.  I,  9  beklagt  wird.  Vgl  ib.  87 
—  40  zu  Fabius  Maximus:  multos  habeas  cum  dignus  amicos,  nou  fuit  e 
multis  quolibet  ille  minor;  si  modo  nee  census  nee  darum  nomen  avorum, 
BeU  probitas  magnos  ingeniumque  facit. 

227.  Niemals  von  floraz  genannt  wird  sein  jüngerer  Zeit- 
genosse Domitius  Marsus  (J.  700 — 750?),  der  Vorgänger 
des  Martialis  auf  dem  Gebiete  des  spitzigen  Epigramm,  zugleich 
Verfasser  erotischer  Eiegieen  (Melaenis)  und  eines  Epos  (Ama- 
zonis),  sowie  von  fabellae  und  einem  rhetorischen  Werke  de  ur- 
bÄnitate. 

1.  Marsus  geuoss  noch  den  Unterricht  des  Orbilius  (oben  187,  3),  ob- 
^'ohl  schwerlich  gleichzeitig  mit  Horaz.  Er  lebte  noch  nach  736  (dem 
^odeqahr  des  Vergil  und  Tibull),  vrar  aber  zur  Zeit  von  Ovids  Verbannung 
(J.  762)  längst  todt;  s.  Ovid.  Pont.  IV,  16,  3  ff.:  famaque  post  cineres  maior 
venit;  et  mihi  nomen  tunc  quoque  cum  vivis  adnumerarer  (vor  meiner  Ver- 
^luinung)  erat;  cum  foret  et  Marsus  magnique  Babirius  oris  etc.  Beziehung 
zu  August  oder  dessen  nächster  Umgebung,  bes.  Maecenas;  s.  Martial.  VIII, 
^^j  21  (vgl.  oben  209,  3):  quid  Varios  Marsosque  loquar  ditataque  vatum 
nomina?  ib.  VII,  29,  7  f.  (A.  2).  Dass  ihn  Horaz  trotzdem  nicht  nennt 
^^uin  seinen  Grund  darin  haben  dass  der  selbstbewusste  und  reizbare  Sa- 
^^liker  durch  die  Schärfe  des  Epigrammatikers  sich  verletzt  ftihlte.  Mit 
Biedermännern  wie  Vergil  und  Tibull  war  leichter  auszukommen;  Epigramm 
<ie8  Marsus  auf  des  Letztem  Tod  in  Tibullhandschrifben;  s.  229,  1. 

2.  Von  Martialis  oft  als  Vorgänger  genannt;  so  Vorwort  zu  I  in  Be- 

^^%  auf  die  lasciva  verborum  veritas:  sie  scribit  Catullus,  sie  Marsus,  sie 

^edo,  sie  Gaetulicus  etc.    V,  5,  5  f.:  sit  locus  et  nostris  aliqua  tibi  parte 

^bellis,  qua  Pedo,  qua  Marsus,  quaque  Catullus  erit.    VII,  99,  7:  nee  Marso 

^rnium  minor  est  doctoque  CatuUo.    VIII,  56,  24:  Vergilius  uon  ero.  Mar- 

fttis  ero.    n,  71,  3  f.  77,  5  f.  (Marsi  doctique  Pedonis  saepe  duplex  unum 

pa^ii^a  tractat  opus).    VII,  29,  7  f.:  et  Maecenati  Maro  cum  cantaret  Alexin 

nota  tarnen  Marsi  fusca  Melaenis  erat.    Die  Sammlung  der  Epigramme 

scbeint  Cicuta  (Bergk:  Scutica)  betitelt  gewesen  zu  sein.   Daraus  bei  Phil- 

^"^SJ^-  zu  Verg.  EL  3,  90  eines  auf  Bavius  und  seinen  Bruder,  neuerdings 

^i'Säozt  aus  einer  Pariser  Hds. ;  s.  H.  Sauppe,  Berichte  der  sächs.  G.  d.  W. 

1^2,  S.  136—140,  und  die  Verhandlungen  im  Philologus  XIII.  S.  222  f. 

^^.  8.  217.  XIX.  S.  160;  Rhein.  Mus.  XV.  S.  132.  162  ff.  XVIII.  S.  476  f. 

^^3  f.    Daraus  wohl  auch  die  Hexameter  auf  Orbilius  (Suet.  gramm.  9)  und 

CaeciliuB  Epirota  (ib.  16),  der  (unvollständige)  bei  Priscian.  V,  41.  p.  168, 

^^f.  Htz.,   sowie  das  Hemistich  bei  Diomed.  I.  p.  304  P.  =  319,  13  K. 

^-  Hi^er,  Epistola  de  D.  ML  Cicuta,  Friedland  1861.  8  pp.  4. 

3.  MartiaL  IV,  29,  7  f.:  saepius  in  libro  numeratur  Persius  uno  quam 
^^  (wegen  seiner  Erotika?)  in  tota  Marsus  Amazonide.  Charis.  I.  p.  66  P. 
*'''^,  4f.  K.:  Marsus  fabellarum  Vim.  (Hexameter).    QuintiL  VI,  3, 102: 


^. 


";-j& 


440  Augusteische  Zeit,  7 11-— 767  d.  St.^ 

Domitius  Marsus,  qoi  de  urbanitate  düigentissime  scripsit.  Daraus  di«^^ 
Definitionen  der  urbanitas  und  des  urbauus  ib.  104  f.  mit  Anklängen  ar^ 
daktylischen  Rhythmus.  Vgl.  ib.  108  (Mand,  hominis  emditissimi)  und  11  _ 
(dictum  Pompeii,  quod  refert  Marsus,  in  Ciceronem).  Daher  könnte  er 
meint  sein  auch  ib.  III,  1,  18:  ceteras  missa  ad  Domitium  epistola  nc 
agnoscit  (Apollodorus).  Den  Marsus  poeta  nennt  Plin.  N.  H.  als  Quelle  i 
B.  XXXIV  (aeris  metalla). 

4.    Ueber  Marsus  s.  Weichert,  poetarum  latinorum  vitae  etc.  p.  2 
—264,  und  die  Ueberreste  ib.  p.  ^64—269. 


238.    Zu  den  Dichtern  dieser  Zeit  gehören  auch  der 

hänger  des  M.  Antonius,  Anser,  Verfasser  erotischer  Lieder, 

wie  ein  (pseudonymer?)  Codrus,  dem  Vergilius  befreundet 

wie  es  scheint  Verfasser  von  Elegieen;  femer  die  Gegner 

Vergilius,  Bavius  und  Maevius;  Pupius,  der  Verfasser  von 

renden  Tragödien,  und  Mäcen's  Freigelassener  C.  Meliss 

Verfasser  eines  Werkes  von  scherzhaftem  Inhalte  imd  Urh^ 

der  trabeata.     Von  dem  Lynceus  des  Propertius  ist  nicht      1 

kannt  ob  seine  Gedichte  veröflfentlicht  wurden. 

1.  Ovid.  Trist,  ü,  435:  Cinna  (s.  200,  2)  bis  (Erotikem  wie  Ticii^ 
und  Memmius)  comes  est  Cinnaque  procacior  Anser.  Er  heisst  poetEm»  i 
Serv.  zu  Vergii.  Ecl.  7,  21  (s.  A.  2).  Ohne  Zweifel  ist  er  derselbe  -Cil 
welchen  Cicero  (Phil.  XIII,  5,  11)  witzelt:  ii  qui  nunc  Mutiuam  oppugzi^i* 
D.  Brutum  obsident,  de  Falemo  Anseres  depeliantur.  Hienach  war  eir  c 
eifriger  Parteigänger  des  M.  Antonius.  Vielleicht  nur  auf  einer  Com  "bin 
tion  beruht  die  Angabe  des  Servius  (zu  Verg.  Ecl.  9,  36):  alludit  ad  ^ 
serem  quendam  Antonii  poetam  (Unger  p.  18  f.  will  comitem),  qui  ei 
laudes  scribebat.  .  .  de  hoc  etiam  Cicero  (1.  1.)*  •  •  ipsnm  enim  agrcii 
(Faleruum)  ei  donarat  Antonius.  Ebenso  das  alphabetische  glossarium  V^ 
gilianum  in  Lion's  Servius  IL  p.  373:  Anser  poeta  erat  Antonii,  de  gi^ 
Mel(issus?  vgl.  A.  5  g.  E.)  in  Philippica  Ciceronis  dixit  u.  s.  w.  Sicli< 
aber  beruht  es  auf  irriger  Auslegung  wenn  Servius  1.  1.  behauptet:  qu^^ 
ob  hoc  (als  Antonianer)  per  transitum  carpsit  (Vergilius).  Denn  die  Wo*^ 
(Ecl.  9,  35  f.)  „neque  adhuc  Vario  videor  nee  dicere  Cinna  digna,  sed  ^fc^ 
gutes  inter  strepere  anser  olores^*  sind  ein  Ausdruck  der  Bescheidenh^^ 
des  jungen  Dichters,  der  sein  Verhältniss  zu  jenen  älteren  Kunstgenoas^ 
mit  dem  der  Gans  zu  Schwanen  vergleicht  (vfJ^Symmach.  Episi  I,    -- 

liceat  inter  olores  canoros  anserem  strepere,  und  AlRMIes  bei  Unger  p.  9  f - 

Ebenso  wenig  spielt  Propertius  auf  Anser  an  in  der  schwierigen  Stelle  IT^ 
32,  83  f. :  nee  minor  his  animis  aut,  si  minor,  ore,  canorus,  anseris  indoct^ 
carmine  cessit  clor  =  ov^h  xbCqohv  &v  xovtcdv  (Georg,  und  Aen.,  vg'^ 
haec,  81)  to  nvsvficc  rj,  eCnsQ  %BiQ(ov^  x6  ys  atofia  ifiovov)  6  Xiyvg  hvkvo^ 
(Vergii)  vnsxfOQTiasv  dvaßalofiBvog  to  «t^x*'©*'  ''Ov  xV^^S  aoft^a  (die  B\]0 
colica).  Unbegründet  ist  daher  auch  die  Aufzählung  des  Anser  unter  de^ 
obtrectatores  Vergilii  (vgl.  Anm.  3),  womit  einen  noch  bescheidenen  nni^ 
glaubhaften  Anfang  macht  ein  im  Bemensis  nicht  sich  findender  Theü  vo^ 
Donat's  vita  Vergilii  67  (in  Reift'erscheid's  Sueton  p.  66):  coaevos  omne^ 


228.   Dichter:  Anser,  Codrus,  MelissuB  u,  A.  441 

poetas  ita  adiunctos  habnit  ut,  cum  inter  se  plurimum  invidia  ardercnt, 
illoin  Qua  omnes  colerent,  Yarias,  Tucca,  UoratiuSt  Gallus,  Propertius. 
Aziser  vero,  quoniam  Antonii  partes  secutus  est,  illam  non  observasse  di- 
ciiiur.  Comificias  (oben  196,  2)  ob  perversam  naturam  illum  non  tulit. 
Gegen  Weichert,  poett.  latt.  vitae  etc.  p.  159—168,  vgl.  R.  ünger,  de  Ansere 
poeta  (zum  Jubiläum  von  G.  G.  Buchka) ,  Neubrandenburg  1868.  19  pp.  4. 

2.  Yergil.  Ecl.  7,  21  ff.:  nymphae  . .  Libethrides,  . .  mihi  Carmen  quäle 
meo  Codro  concedite:  prozima  Phoebi  versibus  ille  facit.  Vgl.  ib.  25  f. 
&,  11.  Aehnlich  sagte  Yalgius  (oben  225,  2)  von  ihm:  ille  canit  quali  tu 
voce,  Catulle,  canebas  atque  soles  numeros  dicere,  Cinna,  tuos;  dulcior  ut 
liniaquam  pylio  profluxerit  ore  Nestoris  aut  docto  pectore  Demodoci.  Ygl. 
Ung-er,  Yalg.  p.  XI.  Müssige  Yermutungen  über  seinen  wahren  Namen 
CComificius  oder  Cinna  oder  gar  Yergil)  bei  den  alten  Auslegern  zu  d.  St. 
Am  ehesten  wäre  noch  an  den  römischen  Namen  Cordus  zu  denken.  Ygl. 
XJnger,  Yalg.  p.  405  ff. 

3.  Hieronym.  in  Eus.  chron.  ad  a.  Abr.  1982  =  Ol.  186,  2  =  Aug.  9 

=   720  d.  St.:  M.  Yavius  poeta,  quem  Yergilius  in  Bucolicia  notat,  in 

Ca-ppadocia  raoritur.    Porphyrie  zu  Hör.  Epo.  10,  1  f.  (p.  490  H.):  hie  est 

Maevius  importunissimus  poeta,  quem  et  Yergilius  consimili  contumelia 

notat;  und  zu  Sat.  II,  3,  239  (p.  276  H.):  de  hoc  (dem  Sohne  des  Aesopus) 

Maevius  poeta  scribit.    Yergil.  Ecl.  3,  90:  qui  Baviunii  non  odit  amet  tua 

ca.muna,  Maevi.    Dazu  Servius:  pro  poena  ei  contingat  ut  diligat  Maevium 

peiorem  poetam.   nam  Maevius  et  Bavius  pessimi  fuerunt  poetae,  inimici 

tarn  Horatio  quam  Yergilio.    unde  Horatius  (Epo.  10,  1  ff.).    Ebenso  Phil- 

^i^^^rius:  duos  sui  temporis  poetas  dicit   pessimos,   quorum  carmina  ob 

Humilitatem  abiecta  sunt.    . .  ex  quibus  Yavius  curator  fuit,  de  quo  Demi- 

tiuB  m  Cicuta  refert  (dass  er  mit  seinem  Bruder  in  Gütergemeinschaft  und 

Frieden  lebte,  bis  sich  jene  auch  auf  die  Frau  ausdehnte).    Serv.  zu  Ecl. 

7,  21:  ut  sit . .  Thyrsis  .  .  Yergilii  obtrectator,  scilicet  aut  Bavius  aut  Anser 

(A..  1)  aut  Maevius  poetae.    Zu  Ge.  I,  210:  reprehensus  Yergilius  dicitur 

a  Bavio  et  Maevio  hoc  versu:  hordea  qui  dixit  superest  ut  tritica  dicat 

(ygl  Ecl.  5,  36).    Weichert,  poetar.  lat.  vitae  etc.  p.  308—312. 

4.  Hör.  Ep.  I,  1,  67:   ut  propius  spectes  lacrimosa  poemata  Pupi. 

Dazu  Acre  (p.  364  H.):  tragoedi  vel  tragoediographi.    Pupius  tragoedio- 

^^phus  ita  adfectus  spectantium  movit  ut  eos  flere  compelleret,  unde  di- 

^chon  fecit:  flebunt  amici  et  bene  uoti  mortem  meam;  nam  populus  in 

^®  vivo  lacrimavit  satis.    Yiehnehr  werden  diese  Senare  ein  über  ihn  ge- 

^*chter  und  ihm  in  den  Mund  gelegter  Witz  sein. 

5.  Sueton.  gramm.  21  (p.  115  f.  Rffsch.):  C.  Melissus  Spoleti  natus 
l'^ß'enuus,  sed  ob  discordiam  parentum  expositus,  cura  et  industria  educa- 
^^'^  Bui  altiora  studia  percepit  ac  Maecenati  pro  grammatico  muneri  da- 

^   ^si    cui  cum  se  gratum  et  acceptum  in  modum  amici  videret,  quam- 

^^^^xi  asserente  mal^e,  permansit  tamen  in  statu  servitutis,  .  .  quare  cito 

«   ^^timissus  et  Augusto  insinuatus  est,  quo  delegante  cnram  ordinandarum 

^ olJo^ß^;a^y^m  in  Octaviae  porticu  suscepit.    atque,  ut  ipse  tradit,  sexa- 

F   ^^^umn  aetatis  annum  agens  libellos  Ineptiarum,  qui  nunc  locorum  inscri- 

^/^^tiur,  componere  instituit,  absolvitque  CL,  quibus  et  alios  diversi  operis 

'^^^^a  addidit    fecit  et  novum  genus  togatarum  inscripsitque  trabeatas 


442  Augusteische  Zeit,  711 — 767  d.  St. 

(oben  17,  1).    Seine  schrütstellerisohe  Thätigkeil  wird  also  in  die 
Zeiten  Augusts  fallen.     Hieron.  chron.  ad  a.  Abr.  2013  =^  Aug.  40  =  751 
d.  St. :  Melissus  Spolitinus  grammaticus  agnoscitur.    Ovid.  ex  Pont.  IV,  1< 
30 :  tua  cum  socco  Musa,  Melisse,  levis.   Panegyr.  in  Pis.  227  f. :  Maecei 
apta  togatis  eruit  et  populis  ostendit  acumina  6ai  (nach  Lachmann*s  Ei 
dation).    PUn.  N.  H.  XXYIIl,  6, 17:  triennio  Maecenatem  Melissum  aocepi 
mus  Silentium  sibi  imperavisse.     Er  (mit  seinen  Ineptiae)  ist  wohl  am 
der  von  Plinius  zu  Buch  YII,  IX,  X,  XI,  XXXV  als  Quelle  genannte  Mt^- 
lissus.    Eben  daher  mag  die  Nachricht  über  Vergil  in  Donats  vita  Yerp 
16  (27)  sein.    Dagegen  die  Angaben  bei  Serv.  Aen.  IV,  146  (hos  Meliss 
ab  Homero  Achabas  appellari  ait);  VII,  66  (Melissus,  qui  de  apibua  s< 
psit,  ait),  und  dem   Anonym,  de  gener.  nom.,  No.  61,  werden  eher 
den  Grammatiker  Aelius  Melissus  in  der  Zeit  des  Gellius  (N.  A. 
6,  1  ff.)  zurückzuführen  sein,    is  praeter  alia  quae  scripsit  complura  libi 
composuit  .  .  de  loquendi  proprietate  (ib.).    Auch  vgL  oben  A.  1. 

6.  Der  Lynceus  gegen  welchen  Propertius  (II,  34  =  III,  32)  ^t^cli 
eifersüchtig  anstellt  ist  ein  Freund  desselben  (v.  1  ff.)i  ^^o  ^ohl  gle»^^^. 
falls  aus  dem  Kreise  des  Messala,  aber  älter  als  Prop.  (v.  25  f.) ;  auch  ^Siat 
er  Interesse  für  Philosophie  (y.  27  f.  61  ff.)  und  erinnert  durch  diese  Z^i^3^e 
stark  an  den  Verfasser  der  Ciris  (oben  215,  2,  A.  1).  Inzwischen  stud^zmert 
Lynceus  den  Aeschylos  (t.  29  f.  41  f.) ,  offenbar  in  der  Absicht  ihn  nackzMJEu- 
ahmen,  wird  jedoch  von  Prop.  aufgefordert  sich  lieber  der  alexandrinis(^Xien 
Liebeselegie  zuzuwenden  (t.  31  f.  41  f.).  Sein  wirklicher  Name  ist  nichts  Ix- 
kannt;  vielleicht  dass  Lynceus  auf  Lucius  hindeutet. 

229.  Unter  den  Elegikern  der  augusteischen  Zeit  ist  Albi^^s 
Tibullus  (c.  700—735  d.  St.)  den  Alexandrinern  zwar  gefolgt 
in  der  fast  ausschliesslichen  Wahl  erotischer  Gegenstände,  l^^t 
aber  dabei  bald  die  Gelehrsamkeit  abgestreift  und  zur  GnxX»-^" 
läge  seiner  Gedichte  wahres  und  warmes  Gefühl  gemacht.  ,^5-*i 
aller  Natürlichkeit  aber  und  aller  Einfachheit  der  Sprache  w^i^ 
TibuU  doch  sowohl  die  einzelne  Stimmung  farbenreich  zu  schild^^^^ 
als  das  Auf-  und  Abwogen  der  Empfindungen  mit  vollendefc-'^' 
Kunst  darzustellen.  Tibulls  Schwärmerei  für  den  stillen  Fried  ^^^ 
des  Landlebens,  seine  tiefe  Sehnsucht  nach  treuer  Liebe  verlei--** 
seinen  Gedichten  einen  Hauch  sanfter  Schwermut.  Die  vcf^^^' 
endetsten  uuter  diesen  sind  die  an  Delia.  Bei  andern  ist  ^ 
sichtbar  dass  der  Dichter  vom  Tode  überrascht  wurde  ehe  ^^ 
sie  ausgefeilt  hatte.  Der  erste  Herausgeber  hat  der  Sammlu^^^ 
auch  noch  andere  elegische  Gedichte  beigefügt  welche  in  A^^-^ 
Kreise  des  Messala  entstanden  waren,  wie  die  der  Sulpicia  u*^" 
(als  drittes  Buch)  die  eines  Lygdamus. 

1.    Vorname  unbekannt,  vielleicht  A.  —  Domitius  Marsus  (s.  227,  -^^ 
te  quoque  Vergilio  comitem  non  aequa,  Tibnlle,  mon  iuvenem  caml^ 


misit  ad  elysios.    Er  starb  also  noch  735,  und  zwar  als  iayenii.    Qrt^^ 


'qjßSr-  ^x'^r^- 


229.    Dichter:  TibuUuB.  443 

Trist.  IV,  10,  51  £P.:   Vergiliom  vidi  tantam,  nee  amara  TibuUo  tempus 
amicitiae  fata  dedere  meae.    saccessor  fuit  hie  tibi,  Galle  u.  s.  w.  (oben 
29,  1).    ib.  n,  463  f.:  legitorqae  Tibullus  et  placet  et  iam  te  (Augnut)  prin- 
cipe notos  erat.    Vita:  Albins  Tibullus,  eques  rom.,  insignis  forma  (Hör. 
Bp.  I,  4,  6)  . .  ante  alioB  Corvinum  Messalam  oratorem  (oben  208,  5  £F.)  di- 
lent,  cuius  et  contubemalis  aquitanico  hello  (J.  726  f.)  militaribuB  donis 
cionatus  est.    hie  multorum  iudicio  principem  inter  elegiographos  obtinet 
looam  (vgl.  Qnintilian  oben  29, 1).    epistolae  quoqne  eins  amatoriae,  quam- 
lixam  breves  (die  von  B.  IV?),  omnino  utiles  sunt.    MisBverständliehe  Aub- 
^v-eitong  des  Letztem  in  einer  andern  vita,  angeblich   von  Hieronymus: 
epistolas  familiäres  ad  amieos  eomplures  et  delectabiles  metro  et  prosa 
«i«4iit.    Ursprünglich  begütert  (El.  I,  1,  41  f.   vgl.  IV,  1,  183  fF.)»  scheint 
A^i^ch  er  durch  die  Ackervertheilungen  des  J.  713  geschädigt  worden  zu 
B^in;  doch  kam  er,  vielleicht  durch  Verwendung  von  Messala,  wieder  in 
l>«hagliche  Verhältnisse  (Hör.  Ep.  I,  4,  7.  11.  vgl.  Tib.  I,  1,  49  ff.  77  f.).    Als 
BA'eBsala  in  einer  Sendung  nach  Asien  abgieng  lehnt  Tibull   zuerst   die 
^«gleitimg  ab  (El.  1, 1),  reist  ihm  aber  dann  doch  nach  (I,  3,  9  ff.),  bleibt 
jedoch  erkrankt  auf  Coreyra  zurück  (I,  3,  3  ff.).    An  Tibull  gerichtet  sind 
Horaz  0.  I,  33  und  £p.  I,  4;   ein  Gedicht  auf  seinen  Tod  ist  Ovid 
tor.  UI,  9.  —  H.  A.  W.  Spohn,  de  TibuUi  vita  et  carminibus  disputatio 
Cl^artis  I.  e.  1—4),  Lips.  1819.  103  pp.    N.  Oestling,  de  Albii  Tibulli  vita 
et;  carminibus  quaestiones,  Upsala  1860.  21  pp. 

2.  Ovid.  Amor.  lU,  9,  31  f.:  sie  Nemesis  longum,  sie  Delia  nomen 

<^^bebunt,  altera  (Nemesis,  b.  v.  57  f.)  cura  recens,  altera  primus  amor. 

^M:aartial.  VIH,  73,  7:  fama  est  arguti  Nemesis  formosa  Tibulli.   XTV,  193, 1: 

^^Bsit  amatorem  Nemesis  lasciva  Tibullum.    Apulej.  apol.  10:  aceusent  . 

Tibiillum  quod  ei  sit  Plania  in  animo,  Delia  in  versu.    Wohl  als  üeber- 

^etzung  (planus  ==  9ijXog)  gewählt.    Eine  dritte  Geliebte  des  Tibull  ist  die 

"^  Horaz  (0.  1,  33,  2  ff.)  genannte  Glyeera.    üeberreste  von  den  misera- 

't^iles  elegi  auf  sie  sind  wahrscheinlich  Tibull  IV,  13  f.    Vgl.  W.  TeuffePs 

^^inleitung  vor  seiner 'Uebersetzung,  S.  6—10.    Spohn  1.  1.  p.  32  ff.    H.  A. 

^ieterich,  de  Tibulli  amoribus,  ßive  de  Delia  et  Nemesi,  Marburg  1844. 

3.  Unter  den  Gedichten  des  Tibull  ist  das  früheste  der  Panegjrikus 
^uf  Messala  (IV,  1),  211  Hexameter  aus  J.  723  d.  St.    Dieses  Epos  vertritt 
^^ns  des  Dichters  alexandrinische  Durchgangsperiode.    Es  zeugt  von  Talent, 
aber  noch  ungeläutertem  Geschmack,  und  verräth  in  Inhalt  und  Behand- 
long  vielfach  die  Mass-  und  Tactlosigkeit  eines  friach  von  der  Rhetorsehule 
herkommenden  jungen  Mannes,  was  Manche  bestimmt  hat  das  Gedicht  dem 
Tibull  abzusprechen;  s.  W.  TeuffePs  Einleitung  S.  11—14.    Noch  wesent- 
lich von  gleicher  Art,  obwohl  etwas  besser,  ist  das  Gedicht  auf  den 
Trininph  des  Messala  (J.  727),  El.  I,  7.    Auch  die  Elegieen  auf  Marathus 
(^  4-  9.  8)  sowie  I,  10  zeigen  noch  Missgriffe  und  Mängel  (namentlich  I,  4 
^^^Iben  entlegenen  mythologischen  Anspielungen  und  dieselbe  rhetorische 
Manier  wie  IV,  1  und  I,  7),  neben  entschiedenen  Fortschritten  in  künst- 
^'iacher  Gestaltung  des  Stoffes  (W.  Teuffei  a.  a.  0.  S.  16-21).    Dagegen 
.  ®  Höchste  Stufe  der  dichterischen  Entwicklung  des  Tibull,  seine  Meister- 
^'^e,  stellen  die  Elegieen  auf  Delia  (I,  1.  3.  6.  2.  6)  dar  (etwa  J.  730  ff.). 
^  bilden  einen  Cyclus  der  ein  ganzes  Stück  Lebensgeschichte,  einen  voU- 
•***äigen  Boman,  enihftlt.    Vgl.  W.  Teuffei  S.  21—27.    Auf  derselben  Höhe 


444  Augußteißche  Zeit,  711—767  d.  St. 

halten  sich  auch  noch  die  Elegieen  welche  die  Liebe  zwißdien  SulpicL 
(vgl.  oben  226,  3)  und  Cerinthus  behandehi  (IV,  2—7,  nebat  II,  2,  wo  d 
fingierte  Name  durch  den  wirklichen,  Comutuß,  erßetzt  ißt),  Variation 
über  daß  Thema  welches  die  eigenen  kleinen  poetischen  Briefe  der  Sul* 
cia  (IV,  8—12)  angeßtimmt  hatten  (W.  Teuffei  S.  27—32),  ßowie  IV, 
und  14  (ebd.  S.  32  f.).    Dagegen  fehlt  die  letzte  Feile  den  Elegieen  d 
zweiten  Buchß,  welche  daß  Verhältniss  von  TibuU  zu  Nemeßiß  zum  Geg« 
stände  haben  (ebd.  S.  33—36).    Im  Allgemeinen  ß.  die  Hauptschrift  ü 
dieße  Fragen,  0.  F.  Gruppe,  die  römißche  Elegie;  kritißche  Untersuchun 
mit  eingeflochtenen  üebersetzungen ,  Leipzig  1838,  nebst  W.  Hertzbe 
Halliflche  Jahrbücher  1839.  L  S.  1009  —  1081.     Franz  Paßßow,  de  or" 
temporum  quo  primi  libri  elegiaß  ßcripßit  TibuUuß,  Breßlau  1831  «  Op 
acad.  (Lipß.  1835)  p.  280  ff.    Kindßcher,  Chronologie  der  Gedichte  Tib 
Berl.  Ztßchr.  f.  Gyran.  XIIL  S.  289  —  301.    Peterßen,  de  quarti  libri 
elegiiß  earumque  auctore,  Glückßtadt  1849.  4. 

4.  Von   den  im    dritten    Buche    vereinigten  ßechß   Elegieen         be- 
handeln fünf   daß    Verhältnißs    zwißchen    Lygdamuß    und    Neära,         die 
ßechßte  (III,  5)  ißt  ein  Brief  an  Freunde.    Der  Verfasßer  ißt  ein  jOug^yer, 
im  J.  711  d.  St.  geborener  (III,  5,  17  f.)  Zeitgenoßße  und  Nachahmer      de« 
Tibull,  aber  ohne  ßeinen  Geißt,  überhaupt  von  ßehr  mäßßigem  Talent,       und 
in  jeder  Hinßicht  von  Tibidl  weßentlich  verßchieden  (W.  TeuffePß  ELzMiilei- 
tung   S.  36  —  44).     Ebenßo   wenig  kann  Ovid   der    Verfaßser  ßein   C   ^bd. 
S.  44  —  47).    Auch  ob  Lygdamus  der  wirkliche  oder   ein   angenomnm  «ner 
Name  ist  läsßt  sich  nicht  ermitteln.    Bei  Propert.  IV,  5  (6)  und  V,  7  ,  35. 
8,  37.  70  ff.  ißt  Lygdamuß  ein  Sklaveuname.    Jedenfallß  aber  gehörte      der 
Verfosßer  gleichfalls  zum  Kreiße  deß  Messala  (Fr.  Uaase  hielt  sogar  diesen 
Sohn,  den  Valerius  Messalinus,  für  den  Verfasser),  daher  seine  Eleg^®*** 
der  Sammlung  der  tibullischen  einverleibt  wurden,  was  dann  hinwied^r^™ 
zur  Folge  hatte  dass  seine  Person  völlig  dunkel  blieb  (W.  Teuffei  a.  s^  ^• 
S.  47—49).    Im  Allgemeinen  vgl.  Eichstädt,  de  Lygdami  carminibus,  <j**^ 
nuper  appellata  ßunt,  Jena  1819.  1823  f.  1835.     R.  Töruebladh,  de  e 
Lygdami  commentatio,  Calmar  1861.  37  pp.  4.    M.  W.  Fußs,  de  ele 
libro  quem  Lygdami  esse  putant,  Münster  1867.  77  pp.  (unglücklicher  "^  *'* 
such  Tibulls  Urheberschaft  zu  erweißeu).    C.  Stumpe,  de  Lygdami  qui     **^ 
catur  elegüs,  Halle  1867.  24  pp.    Vgl.  noch  oben  215,  5,  A.  2. 

5.  Zwei  Stücke  aus  der  Sammlung  der  Priapeia,  das  eine  (Nr.  82)  ^ 
elegischen  Masse,  das  andere  (Nr.  83)  aus  iambischen  Senaren  bestell^  ^^/ 
finden  sich  in  einer  Handschrift  der  tibullischen  Gedichte  (in  Lachmann^  ^^' 
das  erste  ursprünglich  eine  Inschrift  aus  Padua,  das  andere  durch  F^^^''^ 
und  Inhalt  von  der  Weise  des  Tibull  geschieden.  Vgl.  W.  TeuffePs  B^^^* 
leitung  S.  50  f,    Wemicke,  Priap.  p.  134—137. 

6.  Urteile  des  Ovid  (Amor.  I,  15,  27  f.:  donec  enmt  ig^es  arca0^^^ 
Cupidinis  arma  discentur  numeri,  culte  Tibulle,  tui)  und  Quintilian  (X<^     ' 
93;  s.  oben  29,  1).    Wie  Horaz  hat  auch  Tibull  eine  Vorliebe  für  tric^^^. 
tomische  Gliederung;  s.  Ritschi  über  Tib.  I,  4.  S.  15  f.  18  f.    Aber  es      ^ 
nicht  wohlgethan  das  was  ein  instinctives  Gefühl  für  Symmetrie  eixi^^ 
zu  steigern  bis  zu  mechanischem  Ausrechnen ,  wie  H.  Bubendey,  Quaes^^^ 
nes  Tibullianae  (Bonn  1864)  und  C.  Prien,  die  symmetrische  Anlage  ^^ 


1 


■a^Tüi^«!»-^^  ■'^. 


229.    Dichter:  TibulluB.  445 

Salpicia-Elegieen  (Fleckeisens  Jahrbb.  83,  S.  149 — 157)  und:  die  Symmetrie 
and  kesponsion  d.  röm.  Elegie  (Lübeck  1867.  4.)  S.  3—36.  —  Mit  welcher 
Ajamut  Tibull  besonders  den  Pentameter  zu  bauen  versteht,  so  dass  er 
zum  Hexameter  einen  wohlthuenden  Parallelismus  bildet  und  doch  dabei 
neu  und  spannend  bleibt,  hat  Gruppe,  d.  röm.  Elegie  S.  15  —  22  uachge- 
Für  die  Richtung  auf  Beschränkung  der  Elisionen,  auch  der  min- 
anstössigen,  ist  Tibull  das  erste  Beispiel;  nachgefolgt  sind  Ovid,  der 
Oulex,  Gratius  Faliscus ,  Manilius  und  Spätere.  Sonstiges  über  die  dichte- 
nache  Eigenthümlichkeit  des  Tibull  s.  in  L.  Dissen's  Prolegomeua  p.  XXXVII 
CXCII,  bei  Gruppe  S.  3  ff .  und  in  W.  TeuffeFs  Einleitung  S.  52-55. 

7.  Von  den    vorhandenen    Handschriften  des   Tibull   geht   keine 
öl>er  saec.  XIV   oder  XV   zurück;   doch   gibt   es   ältere  Excerpte.     Von 
^^x^bedeutendem  Umfang,  aber  über  alle  vier  Bücher  sich  erstreckend,  sind 
^e  der  Freisinger  Handschrift  saec.  XI  (jetzt  Monac.  lat.  6292;  s.  L.  Müller 
^^=^    Fleckeisens  Jahrbb.  99,  S.  63 — 69);    ausgedehnter  (aber  nur  die  drei 
^Psten  Bücher  berücksichtigend)  diejenigen  welche  Scaliger  in  einer  Hds. 
S^efunden  und  benutzt  hatte,  aus  welchen  Vinceutius  aus  Beauvais  (f  um 
1^64)  in  seinem  speculum  doctrinale  B.  V  — VII  Manches  citiert  (0.  Rich- 
^^i*«  de  Vinceutii  Bellovacensis  excerptis  Tibullianis,  Bonn  1865)  und  welche 
K.   Wölfflin  (Philologus  XXVII.  S.  152  —  157)  mit  C.  L.  Roth  (ed.  Sueton. 
P-   XXXIUf.)  in  einem  Pariser  Miscellancodex  saec.  XIII  (Notre  Dame  188) 
''^edererkenut.    Der  Text  ist  in  denselben  (E  bei  Lachmann)  vielfach  will- 
kürlich abgeändert.    Vgl.  L.  Müller  a.  a.  0.  S.  70—74.    Bis  III,  4,  64  be- 
^^t  der  Text  auf  Einer  Handschrift,  von  welcher  die  erhalteneu  alle  niu: 
(verderbte)  Abschriften  sind;  erst  von  III,  4,  65  an  kommt  die  alte  Hds. 
^es  Cigacius  (F  bei  Lachmann)  hinzu.    L.  Müller  a.  a.  0.  S.  74—77.    Von 
^er  erstem  Classe  aber  sind  die  besten  Vertreter  die  Yorker  (Eboraccnsis) 
vom  J.  1425,  LachmannV  A,  und  Parisiensis  regius  7989  vom  J.  1423,  Lach- 
XK^ann's  B,  neben  welchen  Lachmann  C  drei  Hdss.  von  spätem  Ursprung 
i^ennt,  eine  pergamentue  (c)  und  zwei  Berliner  auf  l*apier  (d  und  e).    Vgl. 
Lachmann  in  der  Haller  AUg.  Lit.-Ztg.  1836,  Juni,  S.  251  f.    C.  M.  Francken 
in    den  Verslagen  en  Mededeelingen  etc.  X  (1866).  S.  30—64. 

8.  Unter  den  Ausgaben  scheint  nur  die  des  Puccius  (1502}  sich  auf 

^ine  Handschrift  zu  gn'inden  welche  älter  war  als  die  uns  bekannten;  um 

»o    willkürlicher  ist  der  Text  in  den  andern  gestaltet.     Erwähnenswerth 

sind  aber  die  Commentare  von  Broukhusius   (Amsterdam   1708.  4.)  und 

Vixlpi(Padua  1738--1755.  4  Voll.  4.).    Aus  neuerer  Zeit  die  von  C.  G.  Heyne 

(Liiw.  1755.  1777.  1798;  mit  Wunderliches  notae,  Lips.  1817;  supplementum 

^onL.  Bissen,  1819),  J.  H.  Voss  (nach  Hdss.  berichtigt,  Heidelberg  1811), 

^-  C.  C.  Bach  (Lips.  1819),   J.  G.  Huschke  (Lips.  1819.  2  Voll.),   Ph.  de 

öolbery  (Paris  1826).    Erste  kritische  Ausgabe  von  C.  Lachmann  (mit  Ca- 

^^  Und  Properz),  Berol.   1829.     Deren  Text   auch  in  der  Ausgabe  von 

^-  Ibissen  (Gotting.  1835.  2  Voll.),  zu  welcher  vgl.  C.  Lachmann's  Recen- 

■*^^^  flaller  Allg.  Lit.  Ztg.  1836,  Nr.  109  f.  S.  251—263.    Text  von  M.  Haupt 

^t   CatuU  und  Properz,   Lips.   1853.  1861.   1868.  16.)    und  A.  Rossbach 

^PB.  1855);  angekündigt  von  L.  Müller  (Lips.  Teubner). 

9.  Beiträge  zur  Kritik  und  Erklärung  von  G.  Klindworth  (I,  10  c. 
^^ott»,  Lips.  1818.  4.;  dasselbe  lat.  u.  deutsch  mit  Bemerk,  von  L.  Tross, 


'V. 


t  ■ 


446  Augusteische  Zeit,  711—767  d.  St. 

Hamm  1819),  Präfcke  (de  difficilioribus  quibosdam  Ti.  locis,  Branc 
1837. 4.),  F.  A.  Rigler  (annotationes  ad  T.,  3  Partes,  Potsdam  1839.1842 
100  pp:),  0.  Dressel  (Tib.  I,  1.  Wolfenbüttel  1842.  4.),  F.  Haase  (d< 
Ti.  locis  transposiüone  emendandis,  Breslau  1855.  4.),  H.  Kempei 
stiones  TibuUianae,  Münster  1857),  0.  Drenckhahn  (zur  Kritik  des  ' 
buB  1862.  4.},  H.  Graf  (annotationes  ad  T.,  Memel  1865.  4.),  F.  Ritscl 
Tibull  I,  4.  Berichte  der  sächs.  Ges.  d.  W.  von  1866,  S.  56-74),  0.  ] 
(de  Tib.  I,  1  et  Prep.  HI,  34.  Kiel  1867.  4.),  Kindscher  (über  I,  10  in 
Mus.  XVn.  S.  148—152).,  0.  Korn  (über  I,  6  und  II,  5  ebds.  XIX. 
—504;  vgl.  W.  Wagner,  ebds.  XX.  S.  314—319;  Korn,  ebds.  S.  4*3 
de  codice  archetypo  carm.  Ti.  ebds.  XX.  p.  167 — 175). 

10.  Metrische  Uebersetzungen  von  J.  F.  Degen  (Ansbad 
Graf  Reinhardt  (Zürich  1783),  F.  K.  v.  Strombeck  (GöttL  1789 
J.  F.  Koreff  (Paris  1810),  J.  H.  Voss  (Tübi.  1810),  E.  Günther  (Leipzi 
F.  W.  Richter  (Magdeburg  1831),  E.  F.  Leopold  (Buch  I,  Budissin  li 
W.  S.  Teuffei  (Stuttgart,  Metzler  1853;  zum  Theil  wiederholt  in  de 
sehen  Elegikem,  ebds.  1855,  Class.  d.  Alt.,  S.  73—134),  Fr.  Frö 
lamben,  Hamburg  1860),  W.  Binder  (Stuttgart,  Hofimann  1862),  A 
(Frankfurt  1865 ;  vgl.  J.  Schlüter  in  der  BerL  Ztschr.  f.  Gymn.  1867, 


330.  Sextus  Proper tius  aus  Umbrien  (ungefähr 
739  d.  St.);  aber  in  Rom  gebildet  und;  nachdem  er  sich 
sein  Buch  Cynthia  bekannt  gemacht;  in  den  Ereis  des  ] 
nas  aufgenommen.  Seine  späteren  Gedichte  sind  in  B.  I] 
enthalten.  Auch  Propertius  ist  ausschliesslich  Elegike 
Dichter  der  Liebe ;  wie  TibulluS;  aber  mehr  in  der  Wei 
alexandrinischen  Vorgänger;  voll  mythologischer  Gelehrs 
und  häufig  dunkel;  indessen  an  Leben;  sinnlicher  Friscl 
Leidenschaft  hat  er  seine  Vorbilder  weit  tibertroffen.  S< 
er  fühlt;  so  ist  doch  noch  kräftiger  die  Reflexion  womit  i 
über  seine  Gefühle  stellt  und  die  Kunst  womit  er  sie 
dichten  verkörpert.  Auch  Sprache  und  Versbau  ist  marki 
ill  Gedankenfolge  aber  oft  abspringend.    In  seinen  letzten  L 

Jahren  kam  Propertius  auf  einen  Plan  seiner  Jugend  z 
einheimische  Gegenstände  in  der  Form  der  Elegie  zu 
delU;  etwa  in  der  Art  von  Ovid's  Fasti. 

1.    Der  Vorname  aus  Donat.  vita  Vergil.  30  (45).    Interpoliert 
und  Ausgaben  des  Dichters  gehen  ihm  fälschlich  noch  einen  zweit« 
tiluamen,  Aurelius,  der  von  dort  in  eine  unechte  Inschrift  aus  Am« 
^k  Aurelio  Propertio  L.  f.)  übergegangen  ist;  M.  Haupt,  Berichte  dei 

*4  Ges.  d.  W.  1849,  S.  260—266,  vgl.  Th.  Mommsen,  ebds.  S.  266— 2i 

jf||  Der  Dichter  nennt  sich  selbst  nur  Propertius,  z.  B.  II,  8, 17.    Heim 

brien  (s.  I,  22,  9  f.  V,  1,  64.  121  ff.),  und  zwar  wahrscheinlich  di 
^  Asisium  (V,  1, 125  f.  C.  Lachmann,  Zeitschr.  für  gesch.  Rechtswiss.  X 

S.  117),  wo  Propertii  auf  Inschriften  gefunden  worden  sind  (M.  H 
a.  0.  S.  261—263).    Geburtsjahr  unbekannt  und  nur  durch  Schlüs» 


-  i^-^^^-m 


230.    Dichter:  Propertius.  447 

Fälxr   zü  ermitteln.    Propertius  ist  jedenfalls  jünger  als  TibuU  und  älter 
als    Ovid;  s.  Trist.  IV,  10,  53  f.  (oben  29,  1)  und  II,  465  ff.:  invenies  eadem 
(^^e  bei  Tibull)  blandi  praecepta  Properti.    .  .  bis  ego  successi.    Er  muss 
also  zwischen  700  und  710  geboren  sein.     Andererseits  führt  keine  Zeit- 
anspielung  über  das  J.  788  d.  St.  hinaus  (V,  6  zu  den  quinquennales  und 
V,   1 1,  65  f.  auf  den  Cos.  Cornelius  d.  J.).    Freilich  sind  deren  überhaupt 
nicht  viele.    So  II,  7,  1  flF.  die  Aufhebung  der  lex  lulia  vom  J.  726  gegen 
£3ie-  und  Kinderlosigkeit,  und  die  oftmaligen  EUndeutungen  auf  angeblich 
l>eab8ichtigte  Kriegszüge  Octavians  gegen  die  Parther  und  den  Osten  (III, 
1»    13  ff.  IV,  3  und  sonst);  die  Rückgabe  der  römischen  Feldzeichen  durch 
<üe  Parther  (J.  734;  s.  V,  6,  80).    Weiterhin  weist  die  Bezeichnung  Octa- 
vians als  Augustus  (III,  1,  15.  IV,  10,  50.  V,  6,  29.  38.  81)  auf  Abfassung 
i^^&ch    dem  Januar  727;    modo  Gallus  mortuus  (III,  32,  91  f.)  nach  728 
(vgL  oben  217,  2).    Auf  Kränklichkeit  des  Dichters  (und  frühen  Tod)  deutet 
<^e  überaus  häufige  Beschäftigung  mit  dem  Sterben  (z.  B.  I,  9.  II,  1,  71  ff. 
f.   17  ff.  III,  6,  1  ff.  7,  64.  19,  19  ff.  IV,  15,  21  ff*.  21,  33  f.).    Nur  Unsicheres 
iHt  zu  gewinnen  aus  den  Angaben  des  Dichters  über  die  Geschichte  seiner 
^^nores.    Hienach  war  seine  erste  Bekanntschaft  nach  Anlegung  der  toga 
'^iHlis  (15—16.  Lebensjahr)  Lyciuna;  s.  IV,  14  (15),  3—6.    Die  Dauer  dieses 
Verhältnisses  ist  unbekannt;  Lachmann  gibt  ihm  ein,  W.  Hertzberg  (Prop. 
^'  p.  17  not.)  zwei  Jahre.    Darauf  das  zu  Cynthia.    Dieses  dauerte  schon 
^ — 3  Jahre  als  IV,  14  (15)  verfasst  wurde  (s.  ib.  v.  7);  fünf  Jahre  zur  Zeit 
*i«8  (endgültigen?)  Abbruchs  in  IV,  25,  3;  vgl.  multos  annos  ET,  8,  13.   Da 
^i  fragt  sich  noch  ob  das  Jahr  des  Schmollens  von  IV,  15  (16),  9  einge- 
i'eclinet  ist  oder  nicht    Fest  steht  nur  dass  Cynthia  älter  war  als  Properz 
(lU,  10,  19  f.;  vgl.  oben  201,  2)  und  vor  diesem  starb  (V,  7,  1  ff.).   Apulej. 
^pol  10:  accusent .  .  Propertium,  qui  Cynthiam  dicat,  Hostiam  dissimulet. 
Vgl.  oben  138,  6  E.    Im  Allgemeinen  Martial.  VRl,  73,  5:  Cynthia  te  vatem 
fecit,  lasdve  Properti.    XIV,  189  mit  der  üeberschrift  Monobiblos  Properti: 
Cynthia  facundi  carmen  iuvenale  Properti  accepit  famam  nee  minus  ipsa 
de<üt    Juv.  VI,  7.    Vgl.  Prop.  III,  20,  3.   32,  93. 

2.    Früher  Verlust  des  Vaters  und  Beschädigung  durch  die  Acker- 

vertheilungen  von  713;  s.  V,  1,  127  ff.  vgl.  III,  32,  55.    Früher  Beginn  mit 

('ecüchten  in  der  Weise  des  Kallimachos,  aber  mit  römischem  Stoffe,  s.  V, 

U    133  f.  vgl  59  ff.     Verhältniss  zu  Ovid,  Trist.  IV,  10,  45  f.:  saepe  suoa 

"^Ixtos  recitare  Propertius  ignes,  iure  sodalicio  qui  mihi  notus  erat.    Be- 

^^^indet  mit  dem  jungen  (Volcatius)  Tullus,   dem  Neffen  des  Cos.  721; 

*•     I,  1,  9.  6,  2.  14,  20.  22,  1.  IV,  22.    Die  Einführung  bei  Maecenas  scheint 

®5^^*  '^^^  Veröffentlichung  des  ersten  Buches  erfolgt  zu  sein;   an  ihn  ge- 

'^«iitet  ist  II,  I  (v.  17)  und  IV,  8;  letztere  Elegie  lehnt  die  Aufforderung 

^**  Behandlang  grösserer  Stoffe  ab,  stellt  aber  doch  zuletzt  (falls  dieser 

*^^Q«8  wirklich  zu  der  Elegie  gehört,  s.  Heimreich  p.  23  ff.)  Gedichte  na- 

^''Älen  Inhaltes  (etwa  virie  die  meisten  von  Buch  V)  in  Aussicht.    Prop. 

^^^te,  wie  Vergil  (oben  210,  5),  Esquiliis  (IV,  23, 24),  vielleicht  bei  Mae- 

^^;  eine  solche  Innigkeit  wie  zwischen  Maec.  und  Horaz  machte  aber 

"^T^^U  die  Altersverschiedenheit  unmöglich.    Zu  Auguat's  Preis  Wendungen 

j^^^  arma  deus  Caesar  dites  meditatur  ad  ludos  (IV,  3,  1);  Caesar  dum 

^**^tiir,  qoaeso,  luppiter  ipse  vaces  (IV,  6,  14);  vix  timeat  salvo  Caesare 

^**'^  lovem  (IV,  10,  66);  lacrimas  vidimus  ire  deo  (IV,  11,60).    Zur  Be- 


Ikiiki.. 


448  Augusteische  Zeit,  711—767  d.  St. 

urteilung  vgl.  III,  7,  40:  nocte  una  quivis  vel  deus  esse  poteal  IV,  8,  45  ^K 
haec  urant  scripta  puellas  meque  deum  clameut  et  mihi  sacra  feracrr: 
Auch  III,  32,  18.  46.  Horaz  wird  nie  genannt,  so  wenig  als  Tibull;  Ar^. 
klänge  an  den  Ersteren  sind  aber  bei  Prop.  nicht  selten ,  wie  hoc  erat 
primis  III,  19,  1  =  Hör.  S.  II,  6,  1;  pyramidnm  sumptus  ad  sidera  du  ^^ 
lY,  1,  57  vgl.  Hör.  0.  III,  30,  2;  est  quibus  eleae  concurrit  pakna 
drigae  IV,  8,  17  vgl.  Hör.  0.  I,  1,  3  ff.;  i  puer  et  citus  haec  IV,  23,  23^ 
Hör.  S.  I,  10,  100;  mit  V,  6,  65  f.  vgl.  Hör.  Epo.  9,  23  f.;  mit  ib.  79  (i 
confessum  foedere  Parthum)  Hör.  0.  III,  8,  22  u.  dgL  Eher  durfte 
aus  des  Horaz  Schweigen  über  Prop.  zu  schliessen  sein  dass  des  Erst^-^: 
klare  Verständigkeit  von  dem  leidenschaftlichen  Wesen  des  jungen  £1^^ 
kers  sich  nicht  sonderlich  angezogen  fühlte.  Vgl.  oben  227,  1  und  S.  3? 
mit  Anm.  5. 

3.  Eintheilung  in  Bücher  und  Herausgabe  des  ersten  (monobil>io£ 
s.  A.  iE.;  daher  die  subscriptio  I,  22)  durch  den  Dichter  selbst;  s.  II,  3,  -^ 
turpis  de  te  iam  liber  alter  erit;  III,  18,  If.:  cum  sis  iam  uoto  fabixX 
libro  et  tua  sit  toto  Cynthia  lecta  foro.  Die  Aufechrift  Propertii  CynihiJ^ 
monobiblos,  in  codd.  ist  also  sachlich  richtig.  Das  zweite  Buch  entha^ 
besonders  viel  Fragmentarisches,  das  fünfte  auch  Unfertiges  und  jugen 
liehe  Versuche  aus  dem  Nachlasse  des  Dichters  (Heimreich,  Symb.  Boni^^ 
p.  674 — 679,  meint  theilweise  von  Passennus  Paullus).  Für  Lachmann*^ 
(Ed.  1816.  p.  XXI — XXIII)  Zerlegung  des  zweiten  Buches  in  zwei  Büchei^ 
sprechen  zwei  Gründe:  erstens  dass  II,  10  (=  HI,  1)  sichtlich  zur  Wid-^ 
mung  eines  Buches  an  August  bestimmt  ist,  parallel  mit  II,  1  (an  Maece-^ 
nas),  obwohl  dadurch  B.  II  einen  unverhältnissmässig  kleinen  Umfang  er-^ 
hält;  zweitens  dass  IH,  5,  9  f.  in  der  Ausmalung  des  eigenen  Leichenbe-  - 
gängnisses  es  heisst:  sat  mea,  sat  magna  est  si  tres  sint  pompa  Ubelli,.« 
quos  ego  Persephonae  maxima  dona  feram;  welche  SteUe  also  dem  dritten^ 
Buche  angehören  muss.  Vgl.  V,  7,  50:  longa  mea  (der  Cynthia)  in  libris^ 
regna  fuere  tuis.  Scharfsinnige,  aber  wenig  beifallswerthe  Modificationeu: 
von  Lachmann's  Ordnung  bei  Chr.  Heimreich ,  Quaest.  Propert.  p.  22—39  ^ 
Ueber  die  Zeit  der  Herausgabe  der  einzelnen  Bücher  auch  B.  Eschenbur@ 
im  liber  miscell.  soc.  Bonn.  (1864)  p.  83  ff.;  zum  fünften  Buche  R.  Mer^ 
kel's  Ausg.  von  Ovid's  Fasti  p.  CCXLVIII  —  CCLIV.  Den  properzischei^ 
Ursprung  des  letzteren  bestreitet  mit  unzureichenden  Gründen  Dom.  C 
rutti  (Sex.  Aurelii  Propertii  Cynthia,  cum  hbro  quarto  elegiarum  qui 
pertii  nomine  fertur.  Editio  in  novum  ordinem  digesta,  Hagae  Com.  1869iE 
p.  XXXIV  ff. 

4.  Unter  den  Alexandrinern  nennt  Propertius  als  seine  Vorbilder  be-< 
sonders  den  Eallimachos  und  Philetas  (IV,  1,  1  ff.  2,  52.  V,  1,  64.  6,  3  f.]C 
Vgl.  W.  Hertzberg's  Ausg.  I.  p.  186—210.  Nach  Seiten  der  Natur  ware^ 
diese  trockenen  Gelehrten  eigentlich  Antipoden  des  phantasievollen  Pro-^ 
perz,  und  die  Flammen  seiner  Leidenschaft  schlagen  oft  genug  empor  a^ 
den  mythologischen  Bausteinen;  aber  was  ihn  zu  denselben  dennoch  bin^ 
zog  war  ihre  Formbeherrschung,  und  dieser  Anschluss  ist  zugleich  ein  Be^ 
weis  dass  Properz  bei  aller  sinnlichen  Glut  doch  innerlich  sich  frei  erhiell^ 
Die  Bücher,  der  unerschöpfliche  Born  der  Weltstadt  und  das  reiche  eigeD-  - 
Gemüt  spendeten  dem  Dichter,  so  einförmig  sein  äusseres  Leben  verHen^ 


230.    Dichter:  Propertius.  449 

die  Folie  von  Anschauimgen  durch  die  er  sich  von  dem  ärmeren  und  ein- 
Hacberen  Tibull  unterscheidet,  sie  raubten  ihm  aber  zugleich  das  schöne 
Grleichgewicht  der  Kräfte,  das  Ebenmass  der  Zeichnung  und  die  klare  Ste- 
tigkeit der  Gedankenfolge,  und  sie  kürzten  auch  seinen  Lebeusfaden.  Ueber 
d&8  rhetorische  Element  seiner  Darstellung  s.  die  sorgfältigen  Zusammen- 
stellungen in  W.  Hertzberg's  Prolegomena  p.  105—186.  Ueber  den  kunst- 
vollen Bau  seiner  Elegieen  ib.  p.  80 — 103,  bis  zum  Zahlenschematismus 
übertrieben  von  K.  MüUenhoff  (in  der  Allg.  Monatsschrift  1854,  S.  186— 
20I)  und  C.  Prien  (die  Symmetrie  und  Responsion  der  römischen  Elegie, 
Liübeck  1867,  S.  36  —  53).  Drenckhahn,  die  strophische  Composition  im 
dritten  Buche  des  Properz,  Berliner  Ztschr.  f.  Gymn.  1868,  S.  177—205. 
257—275. 

5.  Von  den  Handschriften  des  Propertius  ist  die  am  wenigsten 
^lurcb  die  Emendationen  italienischer  Gelehrten  entstellte  der  NeapoUta- 
»^us  (jetzt  in  Wolfenbiittel ,  Gudiani  Nr.  224).  Von  dem  früher  hochge- 
schätzten Groninganus,  saec.  XY  in  Italien  geschrieben,  ist  neuerdings 
i^^chgewiesen  worden  dass  auch  er  stark  interpoliert  und  ohne  selbständi- 
gen Werth  ist;  s.  M.  Haupt  im  Berliner  Katalog  für  1854  f.  und  bes.  Chr. 
Heimreich,  Quaestiones  Propert  (Bonn  1863)  p.  2—21.  W.  Gmmme,  de 
*^odd.  Prop.  Groningano  et  Neapolitano,  Aurich  1869.  4.  Auch  Petrarca 
^esass  eine  Hds.  des  Prop.,  s.  M.  Haupt,  Ber.  der  sächs.  G.  d.  W.  1849, 
S-  267 — 260.  Ueber  die  properzischen  Hdss.  im  Allgemeinen  s.  W.  Hertz- 
^rg'g  Ausg.  p.  231—248.  Th.  Struve,  Varianten  der  Helmstädter  Hds.  des 
^»t>p.,  Philologus  XIII.  S.  387—394. 

6.  Ausgaben.    Die  älteste  gedruckte  Ausgabe  ist  von  Venedig  1472. 

^ol.     Die  späteren  führt  Hertzberg  p.  248 — 259  auf.    Zu  erwähnen  sind  die 

von   .1.  Broukhuis  (Amsterd.  1702.  1727.  4.),    J.  A.  Vulpi  (Padua  1755.  4. 

2  Bde.),  F.  G.  Barth  (Lips.  1777.  8.),  P.  Burmann  und  Santen  (Utrecht 

*78o.  4.),    C^  T.  Kuinöl  (Lips.  1804.  2  Bde.),    C.  Lachmann  (Lips.  1816. 

Berol.  1829),  F.  Jacob  (Lips.  1827),  Paldamus  (Halle  1827),  und  besonders 

von  W.  A.  B.  Hertzberg  (Vol.  I,  1  quaestiones  Propertianae;  I,  2  Text  mit 

kritischen  Anmerkungen;  II  Commentar,  Halle  1843.  1844.  1845),  wozu  vgl. 

H.    Keil  in  d.  Ztschr.  für  die  Alt.  Wiss.  1845.  Nr.  65  ff.    Schneidewin,  Gott.. 

gel.  Anz    1846.  St.  97—100. 

Text  von  H.  Keil  (Lipsiae,  Teubner  1850;  im  Obigen  bei  den  Anfüh- 
J'angen  zu  Grunde  gelegt)  und  von  M.  Haupt  (Lips.  1853.  1861.  1868.  16.). 

'7.    Beiträge  zur  Textkritik  von  C.  F.  A.  Nobbe  (Lips.  1818),  Schip- 

P<^r«  (in  librum  IV,  Groning.  1818),  J.  H.  Bormans  (Lovan.  1836).    H.  Keil, 

^*^**nrationes  criticae  in  Prop.,  Bonn  1843.     W.  Fürstenau,  quaestiones 

^opertianae,  Rinteln  1845.  4.    Fr.  Jacob  im  Philologus  II.  S.  446—463. 

|r  ^^ger,  analecta  Philetaea  et  Propertiana,  Neubrandenburg  1850.  102  pp.  4. 

•  Haupt,  emendationes  nonnuUorum  Prop.  locorum,  Berlin  1854.  4.  und 

1856.  4,    Tb.  Struve,  Ztschr.  f.  Alt.  Wiss.  1857,  S.  237-246.    F.  Kindscher, 

^^«in.  Mus.  XVII.  S.  216-227.    H.  Kaffert  im  Philologus  XX  ff.    A.  Lind- 

J^**  in  Fleckeisen's  Jahrbb.  89,  S.  836—839.    W.  Fischer,  de  locis  quibus- 

1^^  Prop.,  Bonn  1863.    Chr.  Heimreich,  quaestiones  Propertianae  (Bonn 

^)  p.  40—66,  und  novae  quaest.  Prop.,  in  der  Symbola  philolog.  Bonn. 

•*iiffel,  Rom.  LileralurgreschichU*.  29 


450  Augusteische  Zeit,  711—767  d.  St. 

p.  669—684.    B.  Eschenburg,  im  über  miscellaneus  (Bonn.  1864)  p.  8^—1 
und  observationes  criticae  in  Prop.,  Bonn  1865. 

L.  Krahner,  Versuch  einer  Analyse  von  Prop.  IV,  1,  1—70,  im  Phi 
logas  XXVII.  S.  68—87.  Prop.  el.  IV,  11  recens.  et  illustr.  P.  Hofinan  Fem 
kamp  (ed.  J.  C.  G.  Boot),  Amsterdam  1865;  vgl.  L.  Müller  in  Fleckeise 
Jahrbb,  91,  S.  777—791. 

8.  Ueber  Propertius  s.  Manso,  Nachträge  zu  Sulzer  III.  S.  5  — 
H.  Paldamus,  römische  Erotik  S.  58 — 72.  Gruppe,  die  römische  ElegL 
S.  274  fL  und  dazu  W.  Hertzberg  in  den  Hallischen  Jahrbüchern  L  i 
Nr.  127  ff.  Fr.  Jacob,  Properz,  Lübeck  1847.  32  S.  4.  W.  Teuffei  in  Paia 
Real-Enc.  VI,  l.  S.  99—101. 

9.  Metrische  üebersetzungen  von  Knebel,  v.  Strombeck  (Braunsch^v« 
1822),  J.  H.  Voss  (Braunschweig  1830),    W.  Hertzberg  (Stuttgart  1^ 
4  Bdchn;  ausgewählte  Elegieen,  Class.  d.  Alt.  1855,  S.  137—224),  Fr. 
cob  (Stuttgart,  Hoffmann,  1860).    C.  W.  Schmetzer,  die  drei  letzten   E 
gieen  von  Prop.  FV  übersetzt  mit  Anm.,  Hof  1850.  4. 

231.  P.  Ovidius  Naso^  aus  einem  bemittelten  ritterlicii« 
Hause  in  Sulmo  (711 — 770  d.  St.),  von  umfassender  rednerisck 
Bildung,  aber  bald  ausschliesslich  der  Dichtkunst  zugewandt;  T 
die  er  ein  ganz  ungewöhnliches  Formtalent  besass.  Indessen  Ria 
tor  bleibt  er  auch  in  der  Poesie,  mit  den  Gedanken  und  Stoffe 
spielend,  im  Glänze  der  Figuren  imd  witzigen  Wendungen  sie 
spiegelnd,  ohne  Ernst,  höhere  Ziele  und  Charakter,  leichtsiniu 
gegenüber  den  Anfordenpigen  und  l^Vagen  des  Lebens,  ab« 
geistreich,  pikant  und  originell,  und  in  allem  Formellen  vc 
unübertroffener  Meisterschaft,  imnachahmlicher  Leichtigkeit,  (S 
wandtheit  und  Anmut.  In  seiner  ersten  Periode  ist  die  siiL 
liehe  Liebe  der  Stoff  den  er  fast  ausschliesslich  behandelt, 
den  Formen  der  alexandrinischen  Elegiker,  aber  Mythologi 
Elegie  und  Lehrgedicht  ironisierend  durch  die  Frivolität  sein 
Gegenstände.  In  der  zweiten  bearbeitet  er  Stoffe  aus  der  grd 
chischen  Mythologie  und  der  einheimischen  Sage,  wesenthch 
der  gleichen  Manier,  aber  mit  mehr  Fleiss  und  Hingebung.  C 
Arbeiten  der  dritten  Periode  sind  die  aus  Tomi,  wechselnd  im 
zwischen  endlosen  Klagen  über  die  Verbannimg  und  demütigt 
liehen  um  Zurückberufung. 

1.  Der  Name  aus  Hdss. ;  Naso  nennt  sich  der  Dichter  selbst  oft,  z« 
Am.  I,  11,  27.  II,  1,  2.  Geboren  20.  März  (Trist.  IV,  10,  13  f.  vgl.  F^ 
III,  813  ff.)  711  (Trist.  IV,  10,  6  vgl.  Hieronym.  zu  Eus.  chron.  a.  Abr.  1^' 
zu  Sulmo  (Am.  III,  15,.  11  ff.  Pont.  IV,  14,  49  und  sonst)  in  Paelignis  (^ 
II,  1, 1.  U,  16,  37.  HI,  15,  3.  8  imd  sonst),  als  zweiter  Sohn  eines  vermöglicl:^ 
(Trist.  U,  113  f.)  Vaters.  Der  Bruder  starb  aber  schon  im  208ten  Leb^^ 
jähr  (ib.  IV,  10,  31  f.).  Studium  der  Rhetorik;  s.  Sen.  Controv.  II,  10,^ 
(p.  135  ff.  Bu.):  hanc  controversiam  memini  ab  Ovidio  Nasone  declaim^ 


231.    Dichter:  Ovidius  (Leben  und  Charakter).  451 

upxzd  rhetorem  Arellium  Fnscum,  cuius  auditor  foit;  nam  Latronis  admi- 
'&tor  erat,  cum  diversum  sequeretur  dicendi  genus.  habebat  ille  comptum 
rt  cLecens  et  amabile  Ingenium,  oratio  eius  iam  tum  nihil  aliud  poterat 
rideri  quam  solntum  Carmen,  adeo  autem  studiose  Latronem  audiit  ut 
xiultas  illius  eententias  in  versus  suos  transtulerit.  .  .  (9.)  tunc  autem  cum 
studeret  habebatur  bonus  declamator.  .  .  (12.)  declamabat  autem  Naso 
tc^ro  controversias,  et  non  nisi  ethicas;  libentius  dicebat  suasorias.  molesta 
Qli  erat  omnis  argumentatio.  verbis  minime  licenter  usus  est,  nisi  in  car- 
uünibus,  in  quibus  non  ignoravit  vitia  sua,  sed  amavit.  .  .  adparet  summi 
ixi^enii  viro  non  iudicium  defuisse  ad  compescendam  licentiam  carminum 
suormn,  sed  animum.  aiebat  Interim  decentiorem  fadem  esse  in  qua  ali- 
quis  naevos  inesset. 

2.    Amtliche  Laufbahn  des  Ovid:  triumvir  capitalis  (Trist.  IV,  10,  33  f.); 
decemvir  (stlitibus  iudicandis,  Fast.  IV,  383  f.) ,  Mitglied  des  Centumviral- 
gerichts  (Trist.  II,  93  f.  ex  Pont.  HI,  5,  23  f.);  Einzelrichter  (Trist.  II,  95  f.). 
Specielle  Kenntniss  des  ins  civile  tritt  aber  bei  Ovid  wenig  hervor,  trotz 
C.  Iddekinge,  de  insigni  Ovidii  peritia  iuris  rom.,  Amsterdam  1811.  104  pp. 
Am  weiteren  Verfolgen  dieser  Laufbahn  hinderte  den  Ovid  seine  Bequem- 
lichkeit  und  Neigung  zur  Poesie  (Trist.  IV,  10,  35  ff.).    Bildungsreise  nach 
Athen,  Asien,  Sicilien  (Trist.  I,  2,  77  f.  Pont.  II,  10,  21  ff.).    Frühe  zwei- 
mal vermählt  und  bald  wieder  geschieden  (Tr.  IV,  10,  69 — 72) ;  seine  dritte 
Frau,  eine  Fabia  und  persönliche  Freundin  der  Livia,  überlebte  ihn.   Seine 
Tochter,  Perilla,  verfasste  selbst  auch  Gedichte  (Tr.  III,  7,  11—32;   vgl. 
V.  Lörs,  de  P.  Ovidii  Nasonis  filia,  Bonn  1832).    Freunde  und  Befreundete: 
Gallio  (Pont.  IV,  11.  Sen.  suas.  3,  7.  p.  21,  30  Bu.),  Hyginus  (Suet.  gramm. 
20),  die  Dichter  Ponticus,  Bassus,  Macer,  Sabinus,  Tuticauus  (s.  unten  236, 
1  ff.),  Cotta  (unten  261,  6),  Graecinus  (Amor.  U,  10),  Atticus  (Amor.  I, 
%  2.  Pont.  II,  4)  u.  A.;   M.  Koch,  prosopographiae  Ovidianae  elementa, 
Breslau  1865. 

3.    Verbannung.    Decem  lustris  peractis  (Trist.  IV,  8,  33  vgl.  10, 

^5  f.  Ib.  1)  Tomitas  quaerere  me  laesi  principis  ira  iubet  (Tr.  IV,  10,  97  f.). 

Auf  Elba  erste  Nachricht  von  der  Anklage  (Pont.  II,  3,  83  ff.).    Er  war  re- 

legatus,  non  exsul  (Tr.  II,  137),  behielt  daher  sein  Vermögen  (Ibis  24). 

Schilderung  der  Abreise  aus  Rom  Tr.  I,  3.     Sie  erfolgte  im  Spätherbst 

[m  December  ^chon  im  adriatischen  Meer,  Tr.  1, 11,  3)  des  J.  762  =  9  n. 

^'  (s.  Pont.  IV,  13,  40,  wonach  der  Winter  767  f.  als  sexta  bruma  rele- 

gatum  videt).    Die  Ursache  waren  duo  crimina,  Carmen  et  error  (Tr.  II, 

207).    Von  diesen  bespricht  Ovid  die  erstere,  seine  zuchtlose  und  sitteu- 

^^^^liche  Ars  amandi,  oftmals  und  sucht  sich  desshalb  zu  rechtfertigen 

("^r-  II,  211  ff.  m,  1,  7  f.  Pont.  II,  9,  69  f.  10,  15  f.  III,  3,  69  f.  IV,  13,  41  f. 

^^  6  und  sonst),  und  Sidon.  Apoll,  c.  23,  167  f.,  Vict.  Epit.  I,  27  nennen 

^aner  tres  libellos   amatoriae   artis   einzig   als  Ursache   der  Verbannung 

(Md  ex  Pont.  IV,  13,  42  dagegen  prima  causa).     Wirklich  ist  es  ganz 

glaubUch  dass  dem  August  eine  Schrift  höchlich  zuwider  war  die  seinen 

I^üzeiüchen  Veranstaltungen  zur  Beförderung  der  Sittlichkeit  und  der  Ehe 

^  ^eck  entgegenwirkte.    Aber  seit  dem  Erscheinen  derselben  waren  zehn 

^fe  verflossen;  der  nächste  Anstoss  muss. daher  eine  andere  Verfehlung 

^^eseu  Rein.    Ueber  letztere  (seinen  error,  nicht  ein  scelus,  Tr.  I,  3,  37  f. 

;  29* 


452  Augusteische  Zeit,  711—767  d.  St. 

IV,  10,  90.  Pont.  III,  3,  75.  vgl.  I,  6,  25.  II,  9,  75  f.)  spricht  sich  Ovid  im 


nur  in  geheimnissvollen  Andeutungen  aus.    Aber  die  Begründung  diea 
Schweigens,  um  nicht  Augusts  Schmerz  zu  erneuern  (Tr.  II,  209  f.  vgl. 
6,  27),  zeigt  dass  dieser  dadurch  in  seinen  persönlichen  Beziehungen  v 
letzt  gewesen  sein  muss  (vgl.  Tr.  II,  133  f.:  tristibus  invectus  verbis 
ultus  es  offensas  .  .  ipse  tuas).    Und  da  Ovid  seine  Augen  als  den  sc! 
digen  Theil  anklagt  (Tr.  II,  103  f.:  cur  aliquid  vidi,  cur  noxia  luminafi 
cur  imprudeuti  cognita  culpa  mihi  est!  vgl.  III,  5,  49  f.:  inscia  quod 
men  viderunt  lumina   plector,   peccatumque   oculos   est  habuisse  mei 
ib.  6,  27  f.  Pont.  III,  3,  74  f.),  so  ist  höchst  wahrscheinlich  dass  er  bei 
Mitgliede  der  kaiserlichen  Familie  Zeuge  und  Mitwisser  einer  schuldhsLft:« 
Handlung  war  und  sie  nicht  verhinderte,  vielleicht  in  dem  irrigen  Glac&\>« 
(partem  nostri  criminis  error  habet,  Tr.  III,  5,  52)  dass  August  selbst  ^ue 
darum  wisse  und  es  conniviere.    Und  zwar  war  diess  wahrscheinlich     d« 
jüngeren  Julia  (Augustes  Enkelin)  ehebrecherisches  Verhältniss  mit  D.     Sf 
lanus  (Tac.  A.  III,  24).    Gegen  Letzteren  selbst  wurde  zwar  non  ultra,  »tte- 
vitum  quam  ut  amicitia  Caesaris  prohiberetur  (Tac.  1.  1.),  aber  vielleicht 
eben  darum  weil  die  Hauptschuld  auf  Ovid  abgeladen  wurde,  gegen    ^wr ei- 
chen August  noch  von  der  ars  amandi  her  verstimmt  sein  mochte,  zumal 
da  deren  Veröffentlichung  in  dem  gleichen  Jahre  erfolgte  wo  August  seine 
Tochter  Julia  verbannen  musste,  so  dass  Ovid  als  rückfälliger  VerfCilirer 
erscheinen  konnte.    Vgl.  Th.  Dyer,  on  the  cause  of  Ovid's  exile,  im   Clas- 
sical  Museum  1847,  p.  229  —  247.     G.  Boissier,  Texil  d'Ovide,  Revue    des 
deux  mondes  LXIX  (1867)  p.  580—612.     (C.  L.  Roth  im  Stuttgarter  Corre- 
spondenzblatt  f.  d.  Schulen  Würtembergs  1854,  S.  185—187  sucht  den  Grund 
in  einem  Besuche  bei  Agrippa  Postumus  auf  Planasia;  A.  Deville,   easai 
sur  Texil  d'Ovide,  Paris  1859,   darin  dass  Ovid  die  Livia  im  Bade   ul>^r-, 
rascht  habe!) 

4.  Die  Art  wie  Ovid  seine  Verbannung  ertrug  lässt  sich  nur  mit  ^< 
Zerknirschung  des  durch  mehrjährigen  Kerker  gebrochenen  Schubart  v^ 
gleichen;  das  Gewinsel  etwa  mit  dem  des  verbannten  Cicero;  die  Krieche 
gegen  August  geht  bis  zum  delire  d'adulation  (Boissier).    Mit  Rom  ha*' 
er  sich  selbst  verloren.     Wie  Alles  vergebens  ist,  beschränkt  er  sich 
letzt  auf  die  Bitte  ihm  wenigstens  einen  andern  Verbannungsort  anzuw" 
sen  (z.  B.  Ib.  28).     Schon  hatte  August  durch  des  Dichters  fortwährem 
Flehen  sich  erweichen  oder  ermüden  lassen,  als  er  starb  (Pont.  IV,  6, 15 
und  an  seines  Nachfolgers  kühler  Brust  prallten  Seufzer  wie  Schmeicheleif 
gleich  wir*kung8los  ab  (ib.  17  f.).    So  fand  denn  Ovid  in  Tomi  (oder  Toi 
beim  heutigen  Kostendsche)  sein  Grab,  in  demselben  Jahre  mit  Liviu8,| 
der  zweiten  Hälfte  von  770  =  17  n.  Chr.    Hieronyra.  zu  Eus.  chron.  a. 
2033  =  Tib.  4  =  19  August  770  bis  18  August  771  (im  Amandinus 
zu  a.  2032) :  Ovidius  poeta  in  exsilio  diem  obiit  et  iuxta  oppidum  T< 
sepelitur. 

5.  Die  handschriftlicheu  vitae  Ovidii  (bes.  Vindob.,  Vat.  und  Fi 
sind  ohne  Werth;  desto  reicher  sind  Ovid's  eigene  Gedichte  fQr 
schichte  seines  Lebens,   besonders  Trist.  IV,  10.     Von  neueren 
luugen  ist  die  beste  J.  Massen,  .Ovidii  vita  ordine  chronologico  sie  de| 
ut  poetae  fata  et  opera  veris  assignentur  anuis  etc.,  Amstelod.  170^ 


231.   Dichter:  Ovidiiis  (Leben  und  Charakter).  453 

»taadliche  Ausmalang  von  E.  v.  Leutech  in  Ersch  und  Gruber's  Enc.  III,  8 
(1S36).  S.  39—54. 

6.  Zur  Charakteristik   des   Ovidius   s.    Sen.   Controv.  II,  10  (oben 

Anxn.  1)  und  IX,  28,  17  (p.  281,  8  f.  Bu.):  Ovidius  neseit  quod  bene  cessit 

relinquere.    Sen.  nat.  quacst  ELI,  27,  13:  poetarum  ingeniosissimus,  .  .  nisi 

i>a»iit;um   impetum    ingenü    et    materiae    ad    pueriles    ineptias  reduxisset. 

Quintil.  X,  1,  88:  lascivus  quidem  in  herois  quoque  Ovidius  et  nimium 

ajuator  ingenii  sui,  laudandus  tarnen  in  partibus.     Vgl.. ib.  93  (OvidiuH 

titroque  —  Tibull  und  Properz  — -  lascivior).    98:   Ovidii  Medea  videtur 

uailii  ostendere  quantum  ille  vir  praestare  potuerit,  si  ingenio  suo  impe- 

räre  quam  indulgere  maluisset.     Von  Ovid's   eigenen  Aeusserungen  sind 

folgende  besonders  bezeichnend.    Trist.  IV,  10,  26:  quidquid  tentabam  di- 

cere  versus  erat;   ib.  40:  otia  iudicio  semper  amata  meo.    Er  fühlt  sich 

als  Sohn  seiner  Zeit  (A.  A.  III,  121  ff.:  prisca  iuvent  alios,  ego  me  nunc 

denique  uatum  gratulor;  haec  aetas  moribus  apta  meis.    .  .  quia  cultus 

adest,  nee  nostros  mansit  in  annos  rusticitas).    Ueber  die  Götter  denkt  er 

sehr  aufgeklärt:  expedit  esse  deos,  et  ut  expedit  esse  putemus.    . .  innocue 

vivite,  numen  adest  (A.  A.  I,  637  ff.  vgl.  III,  654.  Amor.  III,  3,  23  ff.).   Ueber 

Ovid*B  Stellung  zur  Moral  vgl.  A.  J.  Reichart ,  die  sittliche  Lebensanschau- 

ung  des  P.  Ovidius  Naso,  Potsdam  1867.  58  S. 

7.  Als  sein  eigentlichstes  Gebiet  und  seine  Hauptleistuug  betrachtet 

Ovid  selbst  die  (erotische)  Elegie  (Amor.  III,  1. 15, 13  ff.  A.  A.  III,  343  f  Rem. 

ain.  389  ft*.  395  f.    Trist.  IV,  10,  54),  in  deren  Masse  er  denn  auch  solche 

Stoffe  behandelt  hat  die  sonst  dem  Epos  zugehören  (Fasti)  oder  der  lam- 

bik  (Ibis).    Unter  seinen  Vorgängern  war  ihm  der  liebste  libull  (vgl.  Amor. 

111,  9),  von  virelchem  er  häufig  Stoffe,  Gedanken,  Bilder,  Wendungen  und 

Worte  entlehnt  (z.  B.  A.  A.  II,  447  f.  =  Tib.  I,  10,  63  f.;  Amor.  1,  6,  55 

=  Tib.  II,  4,  12),  freilich  oft  sie  ins  Frivole  verkehrend  (vgl.  A.  A.  II, 

^ö  f.  mit  Tib.  I,  1).    Auch  an  die  sonstige  Literatur  der  Zeit  finden  sich 

iQanche  Anklänge  (wie  Met.  lU,  501  =  Verg.  Ecl.  3,  79  und  Anderes  bei 

^^lerkel  Fasti  p.  CCXLVII  f.;  Met.  XV,  871  u.  Amor.  I,  154,  2  =  Hör.  0. 

^^'i  30,  1.  6  f.),  wie  bei   einem  Dichter  von  so  fabelhaftem  Gedächfcniss 

^^Ibstverständlich  war,  und  er  gibt  solchen  Citaten  gern  eine  mythische 

Einkleidung  (Fast.  III,  465  ff.  =  CatuU.  64,  132  ff.;  Met.  XIV,  812  ff.  u.  Fast. 

^  487  f.  =  Enn.  Ann.  I,  47  Va.).    Auch  sich  selbst  wiederholt  er  manch- 

*^  (z.  B.  Amor.  III,  2  =  A.  A.  I,  135  ff.),  theilweise  wohl  mit  berech- 

^ender  Absicht  (wie  A.  A.  II,  77  =  Met.  VIII,  217).    Diese  Selbstwieder- 

oliUigen  und  die  Reminiscenzen  aus  seinen  Vorgängern  in  der  Elegie  sind 

^^^atuinengestellt  und  besprochen  von  A.  Zingerle,  Ovidius  und  sein  Ver- 

r^^iss  zu  den  Vorgängern  und  gleichzeitigen  röm.  Dichtem,  Erstes  Heft, 

^^^»bruck  1869.  136  S.    Das  mythologische  Rothwelsch  seiner  Zeit  spricht 

^^  mit  Virtuosität,  nimmt  es  aber  dabei  mit  dem  Einzelnen  so  wenig 

^^*iaxi  als  bei  andern  positiven  Angaben  (z.  B.  Amor.  III,  6,  31.   12,  21  ff*. 

^^^^^  am.  783).    Der  Versbau  ist  glatt,  fliessend  und  elegant,  wird  aber 

^   deiner  gleichmässigen  Anwendung  auf  alle  Gegenstände  leicht  eintönig. 

^*   Schmidt,  de  Ovidii  versibus  hexametris,  Cleve  1856.  26  pp.  4.   L.  Müller, 

^   ^«  metr.  p.  91.  408  f. 


454  Augusteische  Zeit,  711—767  d.  St. 

232.     Die  treueste  Darstellung  der  Eigenthümlichkeit  des 
Ovid  enthalten  die  erotischen  Dichtungen  womit  er  seine  dien- 
terische  Laufbahn   begann,   die  drei  Bücher  Ä mores,  üpp^?^ 
Bilder,   an  den   Namen  Corinna  angeknüpft,    die   EpistoH^ 
(Heroides),  fingierte  Liebesbriefe  von  Frauen  der  Heroenzei'^  ^^ 
ihre  Liebhaber,  mit  Unechtem  zersetzt;  sodann  besonders  di^  ^^^ 
Bücher  der  Ars  amatoria  für  beide  Geschlechter,   von  Ic^cke- 
rem  Sinn   und  Ton,   aber  mit  viel  Sachkenntniss  und  ^sy^^^ 
logischer  Feinheit,   und  das  Gegenstück  dazu,    die  Rem^^^* 
amoris,  sowie  das  Gedicht  über  die  weiblichen  Toilettenkü^^»ß^ 
Medicamina  forma e.     Aus  derselben  Periode  Ovids  star^canite 
seine  Tragödie  Medea  und  Anderes  was  nicht  auf  uns  ge^Miom- 
man  ist. 

1.  Verse  aus  den  Amores  und  der  Ars  als  Wandinschrifben  zu  JPom- 
peji;  s.  Rhein.  Mus.  XII.  S.  251  f.  Die  Handschriften  sammtlicheixr  cor- 
mina  amatoria  des  Ovid  gehen  auf  einen  archetypus  (von  je  26  Z  ^iien) 
zurück  welcher  dieselben  in  der  Reihenfolge  enthalten  zu  haben  sdbeint: 
Ars  am.,  Remedia,  Amores,  Epistulae,  Medicamina,  vielleicht  die j  ^ni^^ 
Ordnung  quo  temporum  intervallo  fuerint  ab  Ovidio  propter  lima^  s**^ 
dium  retractati  (L.  Müller,  de  re  metr.  p.  43—46  vgl.  Rhein.  Mus.  XVII. 
S.  524  f.).  Ausgaben:  Ovidii  amatoria  c.  var.  lect.  ed.  C.  G.  Weni-S<lort 
Helmstedt  1788;  recogn.  (ohne  Epist.  und  medic.)  Luc.  Müller,  Berol.  186 1-  ^^ 
Vgl.  L.  Müller,  zur  Kritik  des  ersten  Theils  der  ovid.  Dichtungen,  Bhßi"* 
Mus.  XVII.  S.  622—642.  XVHI.  S.  71—90.  XX.  S.  266—264.  Des  Ovi<i  ^ro 
tische  Werke,  übersetzt  von  A.  Berg,  Stuttgart  (Hoffmaun)  1867.  3  Bdiohn. 

2.  Jugendgedichte.  Trist.  IV,  10,  57  ff.:  carmina  cum  primurxx  P^' 
pulo  iuvenilia  legi  barba  resecta  mihi  bisve  semelve  fuit.  moverat  iöge* 
nium  totam  cantata  per  urbem  nomine  non  vero  dicta  Corinna»  <^^ 
(vgl.  Am.  ni,  13,  1.  A.  A.  IH,  343.  538.  Martial.  V,  10, 10.  VIH,  73, 10  ti.  «•)• 
Der  Stoff  der  Amores  beruht  sicher  auf  Selbsterlebtem  (vgl.   Axtx^   *^y 

I,  16  f.  22.  53  ff.  III,  12),  doch  so  dass  die  Gestaltung  desselben  eine  fr^® 
war.    Die  Unsauberkeit  geht  manchmal  ins  Widerliche  (wie  U,  15  uncl  l>®^^ 

II,  13  f.  III,  7).    Daneben  aber  auch  so  Reines  wie  die  Elegie  auf  den  ^^ 
des  TibuUus  (HI,  9).    Ovid  veranstaltete  von  den  Amores  zwei  AuBg»t>^"- 
die  erste,  in  fünf  Büchern  (nach  dem  voranstehenden  Epigranmi),  um    ^^ 
d.  St.  (Masson  vita  Ovidii  p.  93),  die  zweite  (erhaltene)  wurde  jeden^^^^ 
vor  der  A.  A. ,  also  vor  752  d.  St.,  abgeschlossen;    s.  Amor.  II,  18,  ^^ 
A.  A.  III,  343.  538.    Der  lEpilog  (Am.  III,  15,  18)  kündigt  ein  gröss^^ 
Werk  (die  Metamorph.?)  an.    Vgl.  Gruppe,  röm.  Elegie  I.  S.  374  ff. 

S.  205  ff.    L.  Müller,  de  Ovidi  Amorum  libris,  im  Philologus  XI.  p.  60-  ^  [ 
192.    Metrisch  übersetzt  von  W.  Hertzberg  (Stuttgart,  Metzler  1864;  A^^ 
wähl  in  den  röm.  Elegikem,  Gl.  d.  Alt.,  S.  225—287),  H.  Lindemann  {Le^-^ 
zig  1869)  u.  A.  Berg  (s.  A.  1). 


3.    Ars  am.  III,  345  f.  (nach  Erwähnung  der  Ars  und  der  Amote^^i^ 
vel  tibi  composita  cantetur  Epistola  voce;  ignotum  hoc  aliis  ille  {On^^^ 


232.    Dichter:  Ovidius  (erotische  Dichtungen).  455 

ävit  opus.  Es  ist  eine  von  0?id  zuerst  aufgebrachte  Spielart  der  poe- 
^en  Epistel  (oben  22).  Das  Versetzen  in  bestimmte  Zeiten  und  Lagen 
sich  der  Dichter  ziemlich  leicht  gemacht;  fein  ist  aber  auch  hier  die 
Ahnung  der  Charaktere  und  Stimmungen.  Briefe  der  Penelope ,  Phyllis, 
sna,  Kanache,  Medea,  Phädra,  Dido  und  Sappho  erwähnt  als  fertig 
5r  beabsichtigt)  Ovid.  Am.  II,  18,  21  —  26,  sowie  Antwortsschreiben 
iuf  von  seinem  Freunde  Sabinus  ib.  27 — 38.  Die  wirkliche  Sammlung 
lält  Briefe  von  1)  Penelope  (116  V.),  2)  Phyllis  (148),  3)  Briseis  (154), 
*hädra  (176),  5)  Oenone  (168),  6)  Hypsipyle  (164),  7)  Dido  (196),  8)  Her- 
ne (122),  9)  Deianira  (168),  10)  Ariadne  (150),  11)  Kanache  (128), 
Hedea  (212),  13)  Laodamia  (166),  14)  Hypemmestra  (132),  15)  Sappho  ^ 
0,  16)  Paris  (376),  17)  Helena  (268),  18)  Leander  (218),  19)  Hero  (210), 
Acoutius  (242),  21)'Kydippe  (248).  unter  diesen  weichen  die  sechs 
ten  schon  äusserlich  (durch  ihre  Duplicität)  vom  Plane  der  übrigen 
unlung  ab,  Nr.  16  und  17  noch  überdiess  durch  ihren  Umfang;  und 
b  ihrer  Beschaffenheit  nach  erweisen  sich  diese  sechs  letzten  Stücke 
Fortsetzungen  der  Gattung  in  der  Manier  des  Ovid,  aber  ohne  sei- 
Geist,  verfertigt  von  einem  versgewandten  Bhetor  der  sich  gleich- 
3  solche  erotische  Suasorien  in  Disticha  zu  bringen  getraute.  Die 
Ten  Hdss.  bieten  nur  19  Briefe  und  von  Nr.  20  zwölf  Verse;  Nr.  15 
i  16,  39—142.  21,  13—248  (Heins.)  fehlen  dort;  Nr.  15  steht  in  den 
geren  Hds».  meist  vereinzelt  und  hinter  den  andern  Briefen.  Ueberdiess 
cht  sich  letzterer  (Brief  der  Sappho)  durch  Nachahmung  von  Stellen 
de  (v.  79  =  Trist.  IV,  10,  66  f.),  Carikieren  seiner  Eigenthümlichkeiten 
l  durch  Plumpheit  (z.  B.  v.  24.  93.  207.  49  f.  133  f.  144  ff.)  sehr  ver- 
:htig.  Gegen  Schneidewin's  Einwendung  (Rhein.  Mus.  IL  S.  138  ff.  III. 
144  f.)  8.  J.  Mähly  (ebd.  IX.  S.  624  f.).  Vgl.  Welcker  im  Rhein.  Mus. 
S.  241,  A.  10  und  kleine  Schriften  IL  S.  116—118.  C.  Lachmanu  (Ber- 
r  Sommerkatalog  1848)  p.  7:  sex  epistulas  (Nr.  8,  9,  14,  16,  17,  19) 
tis  observationibuB  (bes.  metrische  und  prosodische  Differenzen)  plane 
futavimus,  de  ceteris  (Nr.  3,  12,  13,  18,  20  und  21,  1—12),  quamvis  ma- 
a.  sit  dubitandi  causa,  certiora  tamen  argumenta  quaerenda  sunt. 
Füller,  de  re  metr.  p.  46—49  erkennt  nur  die  Verdachtsgründe  gegen 
14,  15,  16,  17,  19,  20  als  erheblich  an,  nimmt  aber  auch  blos  von 
X5  Abfassung  durch  einen  Zeitgenossen  des  Lucanus  an,  von  den  übri- 
«,nullam  .  .  post  Augusti  ac  Tiberii  esse  scriptam  tempus"  (p.  48).  Vgl. 
I  Gruppe,  Minos  S.  495  ff.  K.  Lehrs  in  seinem  Horatius  (1869)  S.  CCXXII 
CLIV.  L.  Müller  im  Rhein.  Mus.  XVU.  S.  192  —  195.  XVIU.  S.  87  f. 
ierausgaben  von  D.  J.  v.  Lennep  (ed.  illustr.  Amsterd.  1809.  ed.  IL  1812), 
terpstra  (ed.  illustr.,  Lugd.  Bat.  1829),  V.  Lörs  (2  Partes,  Cöln  1829  f.). 
tikenii  dictata  ad  0.  Her.  ed.  Friedemami,  Lips.  1831.  üebersetzt  von 
[enning,  E.  F.  Metzger  (Stuttgart,  Metzler,  1865),  H.  Lindemann  (Leip- 
1867). 

4.  Die  unter  dem  Titel  A.  Sabini  Epistolae  tres  in  den  Ovidaus- 
en  (zuerst  Vicent.  1480,  Venet.  1486)  laufenden  Briefe  sind  von  dem 
iener  Angelus  Quirinus  Sabinus  (Sabini  poetae  opera,  Rom  1474,  als 
lang  zu  seinem  Ammianus);  s.  Gläser  im  Rhein.  Mus.  I.  S.  437  ff. 
theidigungsversuch  von  J.  Chr.  Jahn,  de  Ovidii  et  Sabini  epistohs, 
3.  1826. 


j6  Augusteische  Zeit,  711—767  d.  St. 


5.  Ars  amatoria  ist  der  Titel  in  den  Hdss.,  wogegen  wenig  L 
feist  I,  1  f . :  si  quis  .  .  artem  .  .  non  novit  amandi  me  legat,  und  Amor. 
^8}  19:  artes  teneri  profitemur  amoris  (vgl.  Sen.  exe.  controv.  III,  7.  p.  3' 
j^l  f.:  est  eiuB  qui  hoc  saeculum  amatorüs  non  artibus  tantum  sed  sen 
tüs  implevit).  Bei  Ovid  gewöhnlich  einfach  Ars  (z.  6.  Trist.  II,  303). 
beiden  ersten  Bücher  sind  eine  Anleitung  für  Männer  wie  man  Mädct:^ 
(Libertineu)  gewinnen  (B.  I)  und  fesseln  (B.  II)  könne;  B.  III  eine  glei 
für  Mädchen.  Vergebens  verwahrt  sich  der  Verfasser  öfters  (II,  59 
III,  483.  615  f.),  spielt  ab  und  zu  den  Moralischen  (III,  494.  613  f.)  und 
das  Gedicht  solis  meretricibus  (Trist.  1. 1.  vgl.  Pont.  III,  3,  50  ff.)  gesck 
ben  haben,  da  die  Liebe  durchweg  nur  als  sinnliche  gemeint  ist. 
Ironisierung  der  Form  des  Lehrgedichts  fliesst  von  selbst  aus  dem  heit^ 
Behagen  womit  der  frivole  Stoff  in  dieselbe  gekleidet  wird.  Genaue  Ke^ 
niss  gewöhnlicher  Weiblichkeit,  z.  B.  I,  99:  spectatum  veniunt,  ven. 
spectentur  ut  ipsae;  705  f.:  .  .  ut  pudor  est  quondam  coepisse  prioren^^  i 
alio  gratumst  incipiente  pati.  Veröffentlicht  wahrscheinlicli  752  oder  7 
d.  St.  Zeitanspielungen  I,  177  ff.,  z.  B.:  Parthe  dabis  poenas;  .  .  -uiJ-t 
adest  .  .  bellaque  non  puero  tractat  agenda  puer.  parcite  natales,  tixxri< 
numerare  deorum  u.  s.  w. 

Uebersetzt  von  Chr.  F.  Adler  (nachgedichtet,  Leipzig  1843)  und  iDi 
sonders  von  W.  A.  B.  Hertzberg  (mit  trefflicher  Einleitung  und  Anznei 
kungen,  Stuttgart,  Metzler,  1854),  auch  von  H.  Criepen  (=  Pemice),  I^oip 
zig  1856. 

6.  Bemedia  amoris,  in  Einem  Buch,  verfasst  wohl  754  oder  7^^ 
Anleitung  wie  man  einer  lästigen  Leidenschaft  loswerde,  verglichen  w^^^^ 
der  Ars  ziemlich  schwach,  aber  doch  auch  nicht  ohne  psychologisch "Ä 
Schärfe  und  Feinheit  und  mit  Virtuosität  im  Technischen.  —  Ueberso 
von  Strombeck  (Braunschweig  1796.  1829),  Schlüter  (Leipzig  1796), 
Hertzberg  (Stuttgart,  Metzler,  1855). 

7.  Ovid.  A.  A.  III,  205  f.:  est  mihi  quo  dixi  vestrae  (der  Fraucj 
medicamina  formae  parvus,   sed  cura  grande  Ubellus  opus.    Es  wl 
also  vor  der  A.  A.  oder  deren  letzter  Ausgabe  verfasst;   die  lebend] 
Einleitung  ist  ihrem  Inhalte  nach  vollständig,  zum  Theil  wörtlich,  in 
A.  A.  III,  101  ff.  II,  97  ff',  übergegangen.    Erhalten  smd  nur  100  Vei 
das  Weitere  gieng,  weil  es  am  Schlüsse  des  archetypus  stand  (s. 
verloren;  L.  Müller  de  re  metr.  p.  43;   Rhein.  Mus.  XX.  S.  256.    U< 
Setzung  von  W.  Hertzberg  (1855,  Rom.  Dichter  59,  S.  1653—1665)  u. 

8.  Tac.  dial.  12  extr. :  nee  uUus  Asinii  aut  Messalae  liber  (Rede 
illustris  est  quam  Medea  Ovidii   aut  Varii  Thyestes.    Quintil.  X, 
(oben  231,  6).    Vgl.  Ovid.  Amor.  U,  18,  13  f.  III,  1,  11  ff.  67  ff.    S< 
3,  7.  p.  22,  2  f.  Bu.    Noch  im  fünften  christl.  Jahrb.  angeführt  in 
siola  Valerii  ad  Rufinum  (ne  uxorem  ducat):  lege  .  .  Medeam  Ni 
vix  pauca  invenies  impossibilia  mulieri.    L.  Müller,  in  Fleckeisens 
95,  S.  496.    Erhalten  ist  davon  nichts,  falls  nicht  etwa  daraus  ist; 
führung  bei  Quintü.  XII,  10,  75. 

9.  Gedicl^t  auf  die  Hochzeit  des  Fabius  Maximus  (Cos.  743) 
I,  2,  133. 


232  f.    Dichter:  Ovidius  (Erotisches  und  Metamorph.).  457 

10.  Quintil.  VI,  3,  96:  Ovidius  ex  tetrastichon  Macri  (oben  209,  6) 
e£i.rxnine  librum  (ein  ganzes  Bach)  in  malos  poetas  composuit.  Pentameter 
£kud    einem  Epigramm  des  Ovid  ib.  IX,  3,  70. 

233.    Im  epischen  Masse  gehalten  sind  die  fünfzehn  Bü- 
cher  Metamorphoseon;  eine  Bearbeitung  derjenigen  Mythen 
i«relche  Verwandlungen  enthalten,  vom  Chaos  an  bis  zu  Caesars 
Verwandlung  in  einen  Stern.    Der  Stoff  ist  den  Griechen  ent- 
nommen, aber  frei  behandelt,  eine  bunte  Reihe  heiterer  und 
düsterer  Bilder  aus  einer  wunderreichen  Welt.    Gleichfalls  noch 
vor  Ovids  Verbannung  verfasst  sind   die  sechs  Bücher  Fasti, 
im    elegischen  Masse,    ein  astronomisch -historischer  Kalender, 
nach  den  Monaten  angelegt  und  daher  auf  zwölf  Bücher  be- 
reclmet,  deren  zweite  Hälfte  aber  in  Tomi  auszuarbeiten  nicht 
niöglich  war. 

1.  lieber  den  Stoff  z.  B.  Mellmann,  de  caasis  et  auetoribus  narratio- 

num  de  mutatis  formis,  Lips.  1786.    Bearbeiter  desselben  waren  unter  den 

Griechen  Boiog  {'OQvi&oyovia)  und  besonders  der  Alexandriner  Nikandros 

C E-üfQoioviiBva),  sowie  Parthenios  (^MstafiOQqxoads).    Beide  sind  wohl  von 

Ovid  benutzt  worden;  von  Nikandros  wird  diess  durch  Antoninus  Liberalis 

gei^iss.    Auch  die  griechischen  Tragiker,  besonders  Euripides  (Hecabe  und 

Bacchae),  lieferten  Ausbeute  (durch  Vermittlung  des  Hyginus?  vgl.  unten 

246,  5).  -—  Quintil.  IV,  1,  77:  illa  vero  frigida  et  puerilis  est  in  scholis  af- 

fectftfio,  ut  ipse  transitus  efßciat  aliquam  utique  sententiam,  .  .  ut  Ovidius 

lascivire  in  MstaitOQtpoiaBaiv  solet,  quem  tamen  excusare  necessitas  potest 

res  diversissimas  in  speciem  unius  corporis  colligentem.    Sen.  nat.  quaest. 

^^U  27,  13  ff.  (vgl  oben  231,  6). 

2.  Ovid.  Trist.  I,  7,  13  ff.:  carmina  mutatas  hominum  dicentia  for- 
^^^«  infelix  domini  quod  iuga  rupit  opus,  haec  ego  discedens,  sicutbene 
^'^'ilta  meorum,  ipse  mea  posui  maestus  in  igne  manu.  .  .  (23  f.)  quae 
"looxumn  non  sunt  penitus  sublata,  sed  exstant,  pluribus  exemplis  scripta 
^*fi8e  reor.  .  .  (26  ff.)  nee  tamen  illa  legi  poterunt  patienter  ab  ullo, 
^^ciet  his  sununam  si  quis  abesse  manum.    ablatum  mediis  opus  est  in- 

^^il>U8  illud,  defuit  et  scriptis  ultima  lima  meis.     .  ,  (39  f.)  quidquid  in 

i^f^^  i^tur  vitii  rüde  Carmen  habebit  emendaturus,  si  licuisset,  eram.    Vgl. 

.    *^t,  II,  555  f. :  dictaque  sunt  nobis  (quamvis  manus  ultima  coepto  defuit) 

.    ^^^cies  Corpora  versa  novas.    559  f.:  pauca  quibus  prima  surgens  ab  ori- 

^^^^  mundi  in  tua  deduxi  tempora,  Caesar,  opus.    Auszug  aus  den  Met. 

j^  *^  Lactantius  (oder  Lutatius)  Placidus  (z.  B.  in  der  Ausgabe  der  Met. 
/^*^^^erp.  1591).  Im  J.  1210  verfasste  Albrecht  von  Halberstadt  eine  üeber- 
1  fc  T.^^^2  ^'  ^®^'  ^  Reimen,  welche  Jörg  Wickram  1545  umarbeitete  (Mainz 
^^^5^^.  fol.);  K.  Bartsch,  Albrecht  von  Halberstadt  und  Ovid  im  Mittelalter, 
»j.^^^ilinburg  1861.  CCLX  und  501  S.  *Oßidiov  MhtanoqqxoaBig  (griechische 
^^«rsetzung  von  Maximus  Planudes)  ed.  Fr.  Boissonade,  Paris  1822. 

^  3.    Ausgaben  der  Met.  von  Gierig  (2  Partes,  Lips.  1784.  1804;   neue 

*^^^age  durch  J.  Chr.  Jahn,  Lips.  1821—1823),  E.  C.  Chr.  Bach  (mit  Anm., 


458  Augusteische  Zeit,  711—767  d.  St. 

2  Bde.,  Hannover  1831—1836),  Baumgarten  -  Crusius  (Lips.  1834  f.),  V. 
(Lips.  1843).    Probe  einer  neuen  Ausgabe  von  Bormann,  Halberstadt  1858 

Schulausgaben  von  Nadermann  (Münster  1828;  dritte  Ausgabe  1( 
Seidel  (vierte  Ausgabe,  von  Ideler,  Berlin  1837),   Feldbausch  (Karl 
1836;  dritte  Aufl.  1848),  Lörs  (Trier  1837),  0.  Eichert  (Auswahl  für  Sc^ 
len,  Breslau  1850),  J.  Siebeiis  (Auswahl  fdr  Schulen,  Leipzig,  Teubi 
1854  f.;   fünfte  Auflage  1867  f.  2  Bde.;    Wörterbuch  dazu,  ebda.  1867)^ 
Haupt  (Bd.  I,  Leipzig  1853;  vierte  Ausgabe   Berlin  1867). 

Henneberger,  Ov.  Met.  contin.  seriesque,  Hildburgh.  1846.  4.    I.  Bek' 
variae  lectt.  cod.  Berol.  Ov.  Met.,  Berlin  1853.     R.  Suchier,  Kritische; 
^O.  M.,  Hanau  1853.  4.;  Fleckeisens  Jahrbücher  79,  S.  570—576.  639- 
M.  Haupt,  Berolin.  1861.  4. 

Uebersetzungen  von  A.  v.  Rode  (Berlin  1816.  2  Bde),  J.  H. 
(zweite  Aufl.,  Braunschweig  1829.  2  Bde),  H.  Chr.  Pfitz  (Stuttgart,  MetzS  ^j 
5  Bdchn),  H.  Lindemann  (Leipzig  1853-1856,  3  Thle),  R.  Suchier  (Stu»^ 
gart,  Hoffmann,  1858,  3  Thle).    Buch  II  von  J.  Böschl,  Speier  1850.  4. 

4.  Trist.  II,  549  3*.:  sex  ego  Fastor  um  scripsi  totidemque  libeil-^^>s 
cumque  suo  finem  mense  volumen  habet,  idque  tuo  nnper  scriptum  m^  '^^ 
nomine,  Caesar,  et  tibi  sacratum  sors  mea  rupit  opus.  Das  erhalt^sr- Q( 
Werk  ist  vielmehr  dem  Germanicus  (unten  259,  4  f.)  gewidmet,  wie  ai^^^^' 
noch  andere  Spuren  (z.  B.  IV,  78—84)  darauf  hinweisen  dass  Ovid  in  Tonr::^^ 
nach  dem  Tode  Augusts,  das  Fertige  einer  Umarbeitung  unterwarf  (M^^^^ 
kel,  Quaest.  Ovid.  criticae,  Halle  1835:  de  tempore  quo  Ovidii  Fasti  bc^  '^ 
pti  fuerint  librorumque  diversa  condicione;  sowie  Praef.  seiner  Ausga^^^* 
der  Fasti  p.  CCLVII — CCLXIX.  V.  Lörs,  commentarii  in  Ov.  Fast  part.  ^ 
Trier  1851.  4.).  Ueber  den  Inhalt  s.  Fast.  I,  If.:  tempora  cimi  causis 
tium  digosta  per  annum  lapsaque  sub  terras  ortaque  signa  canam.  7  1 
sacra  recognosces  annalibus  eruta  priscis  et  quo  sit  merito  quaeque  nota' 
dies.  IV,  11  f.:  tempora  cum  causis  annalibus  eruta  priscis  lapsaque  .  . 
(wie  I,  2).  Im  astronomischen  Theile  fehlt  es  nicht  an  irrigen  Angaben  (Pfa 
de  ortu  .  .  siderum,  p.  62  fi^.  Ideler  in  den  Abhh.  der  Berl.  Akad.  18'i 
S.  137  fi^.),  die  Ovid  seinen  Quellen  (hauptsächlich  dem  Clodius  Tu8( 
meint  Merkel,  s.  unten  247,  6)  verdanken  mag.  Glaublich  ist  dass  den  A 
stosa  zur  Wahl  dieses  Stoifes  das  unvollendete  fünfte  Buch  des  Properti 
gab  (Merkel  p.  CCXLVIII  ff.}.  In  seinen  national  geschichtlichen  Th( 
len  enthält  das  Werk  viele  werthvoUe  Nachrichten.  Die  elegische  Foi 
zeigt  sich  vielfach  dem  erzählenden  Inhalte  weniger  angemessen.  Uni 
den  zahlreichen  Handschriften  der  Fasti  sind  die  ältesten  (saec.  LX^  u| 
wichtigsten  der  Petavianus  I  (A  bei  Merkel),  ArundeUanus  (B)  und  Vof 
nus  (C);  8.  die  Aufzählung  bei  Merkel  p.  CCLXXI  —  CCLXXXII  und 
interpolati  ib.  p.  CCLXXXII— CCXCIV.  Dazu  V.  Lörs,  de  tribus  Ov. 
codd.  mss.  (nebst  var.  lect.  des  cod.  Trevir.),  Trier  1857.  74  pp. 

5.  Neuere  Ausgaben  der  Fasti  von  G.  E.  Gierig  (lips.  1812—; 
2  Voll.)  und  besonders  R.  Merkel  (ed.  et  interpr.,  Berol.  1841;   vgj 
Hertzberg,  Ztechr.  f.  d.  Alt  W.  1846,  Nr.  19—21.  31—34).    Schulai 
von  J.  Ph.  Krebs  (Wiesbaden  1826),  J.  Conrad  (Lips.  1831). 

Observationes  in  Ov.  Fast,  von  W.  Gesenius  (Altona  1806.  V 
J.  Chr.  Elster  (Hehnstädt  1840.  4.). 


233  f.    Dichter:  Ovidius  (Fasti,  IVistia,  ex  Ponto).  459 

üebersetzungen  von  E.  F.  Metzger  (Stuttgart,  Metzler,  5  Bdchn)  und 
E.    JClussmann  (Stuttgart,  Hoffmann,  1859). 

6.  Gleichfalls  noch  in  der  letzten  Zeit  vor  seiner  Verbannung  (J.  761 
o^ex"  762)  verfaaste  üvid  eine  Elegie  auf  den  Tod  des  Messala  (oben  208,  5); 
8.    g:x  Pont.  I,  7,  30:  cui  nos  .  .  dedimus  medio  scripta  canenda  foro. 

234.    Aus  der  Zeit  der  Verbannung  Ovids  sind  die  fünf 
Bticher  Tristia,    theilweise    schon  auf  der  Reise  nach  Tomi 
^veirfasst,   und   deren  Fortsetzung,    die  vier  Bücher  Briefe   ex 
Ponto,  an  bestimmte  beim  Namen  genannte  Personen  gerich- 
iiet    und  v^eniger  gefeilt;   ferner  Ibis,  ein   Schmähgedicht  im 
elegischen  Masse  und  im  Änschluss  an  Eallimachos,  gegen  einen 
Ungenannten  zu  Rom  der  dem  Verbannten  zu  schaden  suche. 
Nicht  erhalten  sind  die  gleichfalls  zu  Tomi  geschriebenen  Lob- 
gedichte auf  Augustus  und  Tiberius,  auf  Ersteren  sogar  eines 
in    der  getischen  Landessprache ;  unvollendet  hinterlassen  ist  das 
Lielirgedicht  über  die  Fische  des  schwarzen  Meeres  (Halieu- 
ti  ca),  wohl  nach  alexandrinischen  Vorbildern. 

1.  Die  Sammlung  der  Tristia  kann  wegen  V,  3  nicht  vor  dem  Früh- 
ling 766  abgeschlossen  worden  sein.    Buch  II  besteht  aus  einem  inhalts- 
reichen und  lebendigen  Briefe  au  August.    I,  3  schildert  die  Abreise  aus 
Hon.    Besonders  rührend  sind  die  Briefe   des  Dichters   an  seine  Gattin 
(I,   6.  III,  3.  IV,  3.  V,  5.  11.  14).    Ausgaben  mit  ex  Ponto  von  Verpoor- 
ten  (Coburg  1712),  Th.  Chr.  Harless  (Erlangen  1772),  J.  J.  Oberlin  (Strass- 
burg  1726.  1778);    der  Tristia  allein  von  F.  Th.  Platz  (Hannover  1825), 
Klein  (Coblenz  1826),  R.  Merkel  (Berol.  1837),  V.  Lörs  (Trier  1839).    Bei- 
lage zur  Handschriftenkunde  und  Kritik  von  J.  P.  Binsfeld  (Quaestiones 
^^id.   criticae,   I.  Bonn  1853.  8.   II.  Cöln  1855.  4.   III.  Rhein.  Mus.  XIV. 
P.  30—40;  Observationes  0.  er.,  Bonn  1860.  4.).    üebersetzung  von  H.  Wölf- 
^^\  (Stuttgart,  Metzler,  Rom.  Dichter  69  u.  70)  und  AI.  Berg  (mit  Pont., 
^^ia  und  Halieut.,  Stuttgart,  Hoffmann,  1865,  2  Bdchn). 

2.  Die  Briefe  ex  Ponto  sind  meist  aus  dem  J.  766  f.,  die  Mehrzahl 
^   vierten  Buche  aber  aus  J.  767—769;  s.  Wölffel  S.  2053—2057.    Verhält- 

**^   2u  den  Tristia;  s.  Pont.  I,  1,  16—18:  non  minus  hoc  illo  triste  quod 

•  *ito   dedi.    rebus  idem  titulo  differt,  et  epistola  cui  sit  non  occultato  no- 

•*iUi^  missa  docet.    Die  Wortfülle  ist  unerschöpflich  und  auch  in  Bezug 

^^**     Abwechslung  das  Mögliche  gethan;  nur  kann  diess  nach  der  Natur 

?^     Gegenstandes  nicht  viel  sein.     Wiederholungen    und  Sorglosigkeiten 

.   ^X"  Art,  in  Gedanken,  Sprache  und  Versbau,  sind  in  diesen  Erzeugnissen 

j^*^^^  gedrückten  Stimmung  nicht  selten.    Auch  die  Schmeichelei  gegen 

^^^^onen  übersteigt  oft  die  Grenze  des  Zulässigen.    Die  Haupthandschrif- 

5^    fär  diese  Briefe  sind  (ausser  dem  Wolfenbüttler  Bruchstück  saec.  VI 

^^^ir  VH)  der  Hamburg,  und  der  von  Harless  (s.  A.  1)  verglichene  Bava- 

^^^Xs  (in  München),  beide  saec.  XII;    die  andern  sind  interpoliert.    Kri- 

Xt^^lie  Ausgabe  von  0.  £om  (ad  codicum  fidem  emendavit,  adparatu  cri- 

^o  instruxit,  Lips.  Teubner  1868).    B.  Dinter,  de  Ov.  ex  P.  librie  comm. 


ii^. 


460  Auguateiache  Zeit,  711—767  d.  St. 

I.  Grimma  1858.  4.  II.  1865.  4.    0.  Korn,  Bemerkungen  zur  Handschri 
künde  der  B.  ex  R,  Wesel  (Berlin)  1866.  4.;  de  carm.  Ov.  ex  P.  dato 
compositione  strophica,  Rhein.  Mus.  XXII.  p.  201 — 216.    üebersetzt 
H.  Wölffel  (mit  Einleitung  und  Anm.,  Stuttgart,  Metzler,  1858,  2 
und  A.  Berg  (b.  A.  1). 


08 


3.  Der  Titel  Ibis  rührt  von  dem  ähnlichen  Gedichte  des  Eallim 
gegen  ApoUonios  aus  Rhodos  her  (v.  55  ff.).    Verfasst  in  der  ersten    Zcii 
des  Aufenthalts  in  Tomi  (v.  1),  veröffentlicht  aber  vielleicht  (vgL  Pont.    XT, 
14,  44:  exstat  adhuc  nemo  saucius  ore  meo)  erst  später,  da  die  Vermu^feiLEzig 
von  Wölffel  (üebersetzung  der  Pont.  Br.  S.  2068  —  2070)  WahrscheirUicOi- 
keit  hat,  dass  dieses  Gedicht  als  fünftes  Buch  der  Briefe  ex  Pento  gedwdt 
sei  und  darin  eine  ähnliche  Stellung  einnehmen  sollte  wie  in  den  TriertaA 
Buch  II.     Der  Name  des  Angegriffenen  wird  vorerst  noch  verschwiegen 
(v.  9.  51  f.  61  f.  637  f.),  für  später  aber  eigentliche  lamben  und  Nennix^»« 
desselben  angedroht  (v.  53  f.  641  f.).    Nach  v.  19  (debuerat)  sollte  man  i^^° 
für  einen  Verwandten  oder  firüheren  Freund  des  Dichters  halten.    Die  ^^M^' 
congruenz  von  Form  und  Inhalt  erkennt  Ovid  selbst  an  (v.  46),  sowie  dh^^^ 
die  ambages  des  Eallimachos  und  seine  entlegenen  (caecae)  Geschieht?^ — ^ 
(bes.  mythologische)  sonst  nicht  seine  Sache  seien  (v.  57 — 60).    Ausgal 
an  den  Tristia,  namentlich  von  R.  Merkel   (mit  einer  prolusio  ad  Ib 
p.  333—408),  wo  auch  (p.  460—475)  ein  vetus  interpres  Ibidis.    Ueberse 
(mit  Haheut.  u.  Nux)  von  H.  Wölffel  (Stuttgart,  Metzler,  1867)  u.  A. 

4.  Plinius  N.  H.  XXXII,  5:  mihi  videntur  mira  et  quae  Ovidius  pr^^"^^ 
didit  piscium  ingenia,  in  eo  volumine  quod  Halieuticon  inscribiti^^-^^'^^* 
ib.  54:  bis  adiciemus  ab  Ovidio  posita  nomina,  quae  apud  neminem  aliur:-^-''^ 
reperiuntur ;  sed  fortasse  in  Pento  nascuntur,  ubi  id  volumen  supremis  vo^^^^^ 
tcmporibus  inchoavit.  Im  Quellenverzeichniss  zu  B.  31  ex  .  .  Ovidio,  ur^^-^°" 
zu  B.  32  ex  .  .  Ovidio  poeta.  Der  undankbare  Stoff  ist  mit  wenig  Glü^  ^^ck 
in  (1.32)  Verse  gebracht,  die  Authentie  aber  nicht  zu  bezweifeln.  Heran^i^  ^^^' 
gegeben  (mit  Gratius  u.  A.,  s.  237,  7)  von  M.  Haupt,  Lips.  1838.  A.  Zingerf"'"^*''^' 
de  Hai.  fragmento  Ovidio  non  abiudicando,  Verona  1865.  28  pp.  4. 

5.  Gedicht  auf  den  IViumph  des  Tiberius  (16  Januar  765  d.  St.),  wo 
das  Begleitschreiben  an  Rufinus,  ex  Pont,  ill,  4. 

6.  Linguistisch  sehr  bedauerlich  ist  der  Untergang  des  getischen 
dichtes  zu  Ehren  des  Augustus,   seines  Nachfolgers   und  seiner  Fami 
worüber  s.  ex  Pont.  IV,  13,  19  ff.  vgl.  III,  2,  40. 

7.  Anderes  Gedicht  auf  den  Tod  des  Augustus,  s.  ex  Pont.  IV,  6, 1 

235,  Das  Ansehen  welches  Ovid  während  des  ersten  chri^^^ 
liehen  Jahrh.  in  den  Rhetorschulen  und  bei  den  Dichtem  no«^^^ 
länger  genoss,  sowie  die  Leichtigkeit  seiner  Verse  gab  Vei 
lassung  dass  frühzeitig  und  dann  wieder  im  Mittelalter  Erzeuj 
nisse  namentlich  im  elegischen  Masse  sich  unter  seinen  Nam^^^^ 
stellten.  So  die  gewiss  alte  Elegie  Nux,  und  im  Mittelalt^^^ 
Scherzgedichte  wie  die  elegia  de  pulice,  pediculo,  vetula^       ^'" 


234  f.    Dichter:  OvidiuB  (Ibis,  Halieut.  und  Unechtes).  461 

>x^e  de  philomela  u.  A.,  und  ganz  zuletzt  die  Consolatio  ad 
fcriam. 

1.  Der  Philosoph  Seneca  verräth  seine  Geiatesverwandtschaft  mit  Ovid 
ili  durch  die  Vorliebe  womit  er  diesen  citiert,  "wie  de  benef.  IV,  14,  1. 

16,  3.  nat  quaest.  II,  44,  1.  III,  1,  1.  20,  3.  26,  4.  Ebenso  erhellt  aus 
r  Häufigkeit  womit  Quintilian  ihn  berücksichtigt  seine  Geltung  in  den 
letorschulen  der  Zeit.  Unter  den  Dichtem  aber  zählt  L.  Müller,  de  re 
itr.  p.  186,  freilich  mit  etwas  freigebiger  Hand,  folgende  als  Nachahmer 
icb  auf:  Lucanus,  Homerus  latinus,  Calpurnius,  auctor  ad  Pisonem,  Se- 
CA,  qui  scripsere  Priapea,  Palladius,  Nemesianus,  Claudianus,  Butilius, 
irobaudes,  Avianus,  Sedulius,  Arator,  Boethius,  et  plerique  poetarum 
norum. 

2.  Von  den  Priapeia  wird  Nr.  2  von  Sen.  controv.  I,  2,  22  (p.  77, 
".  Bu.)  dem  Ovid  zugeschrieben  (Ovidianum  illud:  inepta  loci,  welche 
alle  sich  Priap.  2,  8  findet  =  Meyer  anthol.  lat  JI,  Nr.  1618).  Glaub- 
h  ist  dass  auch  andere  Stücke  dieser  Sammlung  von  Ovid  herrühren 
?1.  Wemicke,  Priapei.  p.  120—124.  126—131),  obwohl  nicht  mit  Sicher- 
et zu  ermitteln  ist  welche.  Diejenigen  aber  welche  mit  ovidischen  Stel- 
i  übereinstimmen  werden  am  ehesten  Andern  als  ihm  selbst  beizu- 
^en  sein. 

3.  Die  Elegie  Nux  (182  Verse)  ist  etwas  redselig  und  mit  mancherlei 
elorischem  Schmuck  ausgestattet  (z.  B.  v.  108  ff.  175  ff.),  aber  von  fliessen- 
'in  Versbau  und  theilweise  anmutiger  Darstellung.  Der  Stoff  ist  nicht 
blecht  gewählt,  eine  Klage  des  Nussbaimies  über  Misshandlung,  mit 
bmerzlichen  Bückblicken  auf  bessere  Zeiten  und  Sitten  (z.  B.  v.  23  f.). 
a«sar  .  .  deus  v.  142  ff.  Nichts  hindert  das  Gedicht  mit  L.  Müller  (de  rc 
^tr.  p.  49  extr.)  in  die  ovidische  Zeit  zu  setzen.  Abgedruckt  z.  B.  in 
^-  E.  Weber's  Corpus  poett  latt.  p.  1393  f.  und  mit  Commentar  von  F. 
indemann,  Zittau  1844.  4.    üebersetzt  von  H.  Wölffel  (s.  234,  3). 

4.  Sammlung  der  meisten  ovidischen  Apokrypha  bei  Goldast,  Cata- 
^^  Ovidii,  Francof.  1610.  Dieser  will  (p.  71)  als  Name  des  Verfassers 
^  elegischen  Verse  de  philomela  in  einer  St.  Galler  Hdschr.  Albius 
l^idiufl  luventinus  gefunden  haben,  welcher  ohne  Zweifel  freigewählt  wäre. 
^®  70  Verse  (zuletzt  bei  Reifferscheid ,  Sueton.  p.  308 — 311)  enthalten 
•**pt8ächlich  eine  Nomenclatur  der  verschiedenen  Vogel-  und  Thierstim- 
'^  und  stammen  aus  dem  Mittelalter  (Brüsseler  Hdschr.  saec.  XI)  und 
stachen  Kreisen  (z.  B.  v.  11:  dulce  per  ora  sonat  quam  dicunt  nomine 
^stam).  Prosodische  Fehler  sind  darin  nicht  selten.  Gleichfalls  mittel- 
^^Ucheu  Ursprungs  sind  die  Verse  in  pediculos,  de  annulo,  de  medica- 
^^  aurium  (Hdschr.  in  Bern,  Sinner  I.  p.  543  ff.) ,  de  pulice  (von  Ofilius 
^^ianus)  und  die  drei  Bücher  de  vetula,  über  welche  s.  Hipp.  Cocheris, 

^ieille,  ou  les  demiers  amours  d'Ovide,  po^me  fran^ais  du  XFV  siöcle, 

"^tiit  du  latin  de  Rieh,  de  Foumival  par  J.  Leßvre,  publik  et  pr^c^dö 

^echerches  sur  Tauteur  de  Vetula,  Paris  1861.    Von  der  Consolatio 

taiviam  Augustam  de  morte  Drusi  Neronis  (z.  B.  bei  Weber  Corpus 

^tl.  latt.  p.  1389 — 1392),  welche  Scaliger  dem  Pedo  Albinovanus  zutbeileu 

**^te,  gibt  es  gar^  keine  Handschrift,  vielmehr  erscheint  dieselbe  erstmals 


462 


Augusteische  Zeit,  711—767  d.  St. 


«n 


n. 


in  der  editio  princeps  des  Ovid  vom  J.  1471.    Der  hierdurch  entstehe  rsrikc^e 
Verdacht  dass  sie  erst  im  löten  Jahrh.   von  einem  Italiener  verfasse 
wird  fast  zur  Gewissheit  erhoben  durch  den  Mangel  alles  thatsächlic^ 
Inhaltes  der  nicht  aus  bekannten  Schriftstellern  zu  gewinnen  wäre,  die 
reichen  ovidischen  Reminiscenzen  und  die  moderne  Färbung  der  Gedaal^^ 
Vgl.  M.  Haupt,  Epicedion  Drusi  cum  commentarüs,  Lips.  1849.  4.,  mit  w 
Erfolg  bekämpft  von  Adler,  de  Ovidii  consolatione  etc.,  Anclam  1851. 

6.    Die  wichtigsten    Gesammtausgaben   der   ovidischen  Gedicxl^te 
sind:  ed.  princeps  gleichzeitig  eine  zu  Bologna  (1471  fol.)  und  zu  ^(^oq 
(1471  f.  fol.  2  Voll.).    Aldina  3  VoU.  1503  und  (von  A.  Naugeriuß)  15l  sf 
luntina  (von  A.  Francinus  u.  A.),  Flor.  1525,  3  Voll.    Anmerkungen.    -%ron 
Herc.  Ciofanius  aus  Sulmo,  gesammelt  Antverp.  1583,  und  auch  in  G.  B^m- 
manns  Ausgaben  (Lips.  1582  —  1620).    Text  mit  Noten  von  Glareanus  i_ud 
Longolius  Lips.  1589,  3  Voll.  u.  sonst.    Ausgaben  von  D.  Heinsius  (Lim^d. 
Bat.  1629,  3  Voll.),  besonders  aber  Nicol.  Heinsius  (Amstelod.  1652.  Iß- 48, 
am  besten  1661,  3  Voll.;  N.  Heinsii  comra.  in  Ov.  ed.  J.  F.  Fischer,  Lij)»- 
1758,  2  Partes).     Vermehrung  des   Erklärungsstoffes    durch  P.  Burm^mJon 
(Amstelod.  1727.  4.    Praefatio  ib.  1756.  4.).    Texte  von  Miller  (BeroL  1'^  ^'^^ 
4  Voll.),  J.  F.  Fischer  (Lips.  1758,  2  Voll.),  Bipont.  1783  (3  Voll.),  Chr. 
Mitscherlich  (Gotting.  1796-1798,  2  Voll.;  1819),  J.  Chr.  Jahn  (Lips.  l 
—1832,  2  Voll.,  unvollendet),  in  W.  E.  Weber's  Corpus  poetarum  1 
rum  (Francof.  1833),  imd  besonders  rec.  R.  Merkel,  Lips.  (Teubner)  185; 
3  VoU. 


tO- 


BC- 


el 


6.  M.  Isler,  Eclogae  Ovidianae,  Hamburg  1853.    Ovidii  carmina 
lecta  in  usum  schol.  ed.  C.  I.  Grysar,  Wien  1854. 

7.  Beiträge  zur  Textkritik   (Quaest.   Ovid.  criticae)  von  R.  Mer! 
(s.  233,  4),  Linder  (üpsala  1852),  J.  P.  Binsfeld  (oben  234,  1),  G.  M. 
mas  (Symbolae  crit.,  München  1840;  Zeitschr.  f.  Ostreich.  Gjrmn.  V.  8. 
—279),  H.  Schütze  (Quaest.  I.   Spandau  1861.  4.). 

8.  Ueber  Ovid  und  seine  Schriften  s.  Leutech  in  Ersch  und  Grub 
Encycl.  DI,  8.  S.  54—95.  W.  Teuffei  in  Pauly's  Real-Enc.  V.  S.  1028-10 
M.  Haupt  vor  seiner  Ausgabe  der  Metamorphosen  S.  Ul — XII.  W.  A 
Hertzberg  in  den  ausgewählten  Gedichten  der  römischen  Elegiker  (St 
gart,  Metzler,  1855)  S.  227 — 248.  Cavallin,  ad  hbros  Ovidii  prolegom 
Lund  1859. 


236.    Unter  den  Freunden  des  Ovid  die  sich  selbst  au 
mit  Dichtungen  versuchten  sind  die  ältesten  der  auch  mit 
pertius  befreundete  Epiker  Ponticus,  der  üebersetzer  Tuticanir:::^^^' 
sodann    der  jüngere    Macer ^    der   den   troischen  Mythenkre^^* 
episch  behandelte,  und  Sabinus,  der  Verfasser  von  Antwoi 
briefen  auf  die  des  Ovidius  und  von  einem  Werke  ähnlich  d« 
Fasti  des  Letzteren;  weiterhin  Cornelius  Severus,  ein  Epiker  df 
seinen  StoflF  aus   der   nächsten   Vergangenheit  wählte   (belli 
siciilum);  Pedo  Albinovanus,  Verfasser  sowohl  einer  Theseis 
eines  Epos  auf  die  Seefahrt  des  Germanicus,  sowie  von  Epij 


;-.'-*^v*  ',  • 


236.    Dichter:  PonticuB,  Macer,  Sabinus  u.  A.  463 

men;  u.  A.  Ausserhalb  dieses  Kreises  wurde  das  mythische 
Epos  angebaut  durch  Camerinus,  Largus,  Lupus  u.  A.,  während 
ßabirius  und  Sextilius  Ena  aus  Corduba  ihre  Stoffe  dem  letz- 
ten Bürgerkriege  entnahmen.  Die  meisten  Epiker  aber  wandten 
sich  dem  alexandrinischen  Geleise  zu,  und  neben  Homer  wurden 
auch  die  Kykliker  ausgebeutet. 

1.  Trist.  IV,  10,  47:  Ponticus  heroo,  Bassus  quoque  clarus  iambo, 
dulcia  convictus  membra  fuere  mei.  Auf  Ersteren  ißt  angespielt  ex  Pont. 
IV,  16,  21  f.:  velivolique  maris  vates,  cui  credere  possis  carmina  caeruleos 
composuiBse  deos.  Dass  er  eine  Thebais  verfasste  erhellt  aas  Prop.  I,  7, 
1' — 3:  dum  tibi  Cadmeae  dicuntur,  Pontice,  lliebae  armaque  fratemae  tri- 
Bti^  militiae,  atque,  ita  sim  felix,  primo  contendis  Homero  etc.  vgl.  ib.  9, 
9  tF.:  quid  tibi  nunc  misero  prodest  grave  dicere  Carmen  aut  Amphioniae 
nioenia  flere  lyrae?  Er  wird  sich  also  wohl  an  Antimachos  angelehnt 
haben.    Zur  Zeit  von  Pont.  IV,  16  scheint  er  noch  gelebt  zu  haben. 

2.  Tuticanus  wird  als  Jugendfreund  und  Altersgenosse  des  Oyid  be- 
zeichnet ex  Pont.  lY,  12,  20  ff.  Ausser  diesem  Briefe  ist  auch  14  an  ihn 
gerichtet,  beide  mit  der  Bemerkung  dass  der  (trochäische)  Name  sich  dem 
dj^lctylischen  Masse  nicht  fügen  wolle.  Daher  wird  auch  sein  Name  ver- 
loieden  ib.  16,  27:  et  qui  maeoniam  Phaeacida  vertit  (Uebersetzer  der 
Od^rseee).  Dass  aber  er  gemeint  ist  erhellt  aus  ib.  12,  27  f.:  dignam  maeo- 
lüia  Phaeacida  condere  chartis  cum  te  Pierides  perdocuere  tuae.  Dass  er  es 
^^"fc  der  Form  streng  nahm  zeigt  ib.  26  f. 

3.  Macer  (zu  unterscheiden  von  dem  älteren  Didaktiker,  oben  209, 

^ — 8),  Oyids  Reisegefährte  in  Asien  und  Sicilien  (Pont.  II,  10,  21—28.  31 

~~**2).    Iliacus  nennt  ihn  dieser,  Pont.  IV,  16,  6;  und  er  behandelte  sowohl 

^en  der  Ilias  vorausliegenden  Stoff,  also  Antehomerica  (Am.  II,  18,  1  f.: 

Carmen  ad  iratum  dum  tu  perducis  Achillen  primaque  iuratis  induis  arma 

^^^t  nos.  Macer,  .  .  cessamus),  als  das  ihr  Nachfolgende,  also  Posthomerica 

(^ont.  II,  10,  13  f. :  tu  canis  aeterno  quidquid  restabat  Homero,  ne  careant 

f^^iJama  troica  bella  manu),  ohne  Zweifel  nach  den  Kyklikern.    Vielleicht 

^  er  der  Macer  bei  Quintil.  VI,  3,  96  (s.  oben  209,  6).    Viele  Wahruchein- 

!\^^eit  hat  die  Annahme  (von  J.  B.  Pius,  Walther,  Wölffel  u.  A.)  dass  er 

^utisch  sei  mit  dem  (Enkel  des  Pompejaners  Theophanes  aus  Mytilene) 

^^^ pejus  Macer  welchem  Augustus  ordinandas  bybliothecas  delegaverat 

L  ^^.  Caes.  66  extr.)  und  dessen  Sohn  wohl  der  Prätor  des  J.  768  d.  St. 

^*^peiu8  Macer  (Tac.  A.  I,  72,  vgl.  VI,  18  praetorius)  war,  welcher  sich, 

_^^ieich  mit  seinem  Vater  (illustris  eques  rom.,  Tac.  A.  VI,  18),.  J.  786 

^T7   ^  n.  Chr.  den  Tod  gab,  als  seine  Schwester  Pompeia  Macrina  maie- 

^ti^  angeklagt  und  der  Verurteilung  nahe  war  (Tac.  A.  VI,  18). 

4.  Ovid.  Amor.  II,  18,  27;  mens  Sabinus.    Pont.  IV,  16,  13  —  16: 
^tii  Penelopae  rescribere  iussit  Ulixen  (vgl.  Amor.  II,  18,  27—34)  .  .  qui- 

J^^^  tuam  Troezena  (?  Merkel  ed.  Fast.  p.  CCLIV:  heroon,  sehr  unwahr- 
j.  T^^inlich  neben  rescribere  iussit  etc.;  Röper:  Chrysen)  imperfectumque 
^^^^tmm  deseruit  celeri  morte  Sabinus  opus.  Das  Epos  mit  verdorbenem  Titel 
'   also  vollendet.    Der  Zeit  nach  könnte  er  der  bei  Hör.  Ep.  I,  5,  27 


^ 


464  Augusteische  Zeit,  711—767  d.  St. 

genannte  Sabinus  sein.    Sein  Gentilname  ist  nicht  bekannt.      Vgl   Tmoch 
oben  232,  4. 

5.  Quintil.  X,  1,  89:  Cornelius  Severus,  etiamsi  versificator  q^nam 
poeta  melior,  si  tarnen  ad  exemplar  primi  libri  bellum  Siculum  (mit    Sex. 
Pompejus,  J.  716  ö.)  perscripsisset,  vindicaret  sibi  iure  secundum  looun 
(unter  den  röm.  Epikern).    Aus  diesem  wohl  das  Citat  bei  Sen.  suas.  2,    12 
(p.  14,  13  r  Bu.),  der  anovSattmv  bei  Schol.  Pers.  I,  95,  die  Anfahmng-en 
bei  Charis.  p.  80,  7  f.  81,  16  f.  86,  7  ff.  100,  24  f.  107,  29  f.  Diomed.  p.    378, 
2  f.  K.,  sowie  die  Beschreibung  des  Aetna  von  welcher  Sen.  Ep.  79,  5  spriclii 
Unsicher  sind  die  Citate  bei  Charis.  p.  287,  4  (ohne  Nennimg  des  Naraez») 
und  p.  105, 19,  wo  die  Lücke  aus  dem  gramm.  de  gener.  nom.  p.  94  H.  ergfänzt 
und  dann  fortgefahren  wird:  cuius  (des  Com.   Sev.?)  moveremur,  inqiiit 
Plinius,  auctoritate,  si  quidquam  eo  carmine  puerilius  dixisset.    Zweifel- 
haft ist  auch  Diomed.  p.  375,  22  K. ,  wo  nach  Severus  das  durch  PrisciaD. 
X,  67  (p.  546  f.  Htz.)  erhaltene  (corrupte?)  Citat  (in  VIII  de  statu  suo:    sA 
quem  etc.)  ausgefallen  zu  sein  scheint,  dessen  bis  jetzt  vorgeschlag^^^^ 
Besserungen  nur  zu  wenig  von  der  metrischen  Eleganz  der  sonstigen  Uel>^f' 
reste  des  Com.  Sev.  zeigen.    Ebenso  werden  die  25  beredten  und  wol^^* 
gebauten  Hexameter  über  den  Tod  des  Cicero  bei  Sen.  suas.  6,  26  (p.  5*^' 
,Bu.,  mit  der  Einleitung:  nemo  ex  tot  disertissimis  viris  melius  Cicer(^^^^^ 
mortem  deflevit  quam  Severus  Cornelius),  wofern  sie  nicht  einen  Exc«^^ 
bildeten,  aus  einem  anderen  Epos  sein.    Doch  spricht  Ovid.  Pont.  IV,  1*  -» 
nur  von  ^inem  Carmen  regale  welches  Severus  Latio  dedit.    An  ihn       ^'^ 
Pont.  IV,  2  (v.  1:0  vates  magnonmi  maxime  regum;  11  f.:  fertile  pec^^^* 
habes  interque  Uelicona  colentes  uberius  nulli  provenit  ista  seges,  näml^  ^^ 
carmina),  und  wohl   auch  I,  8  (v.  2:  pars  animae  magna,  Severe,  mec^*^' 
25:  0  iucunde  sodalis),  trotzdem  dass  IV,  2  Ovid  sich  entschuldigt  e^- 
adhuc  nomen  nostros  tacuisse  libellos  (v.  3).    Im  Allgemeinen  Wemsd^^^'^ 
poetae   latt.   min.  IV.   p.  25—27   und   die   Ueberreste    ib.   p.   217-2^^*- 
.1.  Becker,  Ztschr.  f.  d.  Alt.  Wiss.  1848,  Nr.  74  f.  S.  687  ff. 

6.  Pedo  Albinovanus  (Sen.  Ep.  122,  15;  Alb.  Pedo  bei  Sen.  contr^:=-^ 
p.  138,  7  =  351,  19  Bu.),  doctus  bei  Martial.  II,  77,  6  (oben  227,  2),  sider^^^ 
bei  Ovid.  Pont.  IV,  16, 6;  carissime  ib.  IV,  10, 3.  Der  Philosoph  Seneca  kant::^^ 
ihn  noch  persönlich  und  nennt  ihn  fabulator  (mündlich)  elegantissimus  (1 
122,  15  f.).    Witzwort  von  ihm  bei  Quintil.  VI,  3,  61  vgl.  Sen.  controv. 
10,  12  (p.  138  Bu.).    Als  Epiker  überhaupt  beurteilt  von  Quintil.  X,  1, 
Kabirius  ac  Pedo  non  indigni  cognitione,  si  vacet.    lieber  seine  These 
Ovid.  Pont.  IV,  10,  71.  75  f.    Sen.  suas.  1,  14  f.  (p.  7  f.  Bu.):  latini  decl 
matores  in  descriptionem  Oceaui  non  nimis  viguernnt.     .  .  nemo  illoi 
potuit  tanto  spiritu  dicere  quanto  Pedo,  qui  navigante  Germanico  (v{ 
Tac.  A.  II,  23  f.)  dicit:  iam  pridem  etc.  folgen  24  Hexameter  von  wol 
tönendem  Bau,  ihrem  Inhalt  nach  aber  phraseologisch  (commentiert 
Wernsdorf  poetae  lat.  min.  IV,  p.  229 — 235,  vgl.  M.  Haupt  im  Hermes 
p.  209  f.).    Als  Epigrammatiker  Nachfolger  des  Domitius  Marsus;   s.  o1 
227,  2.    Die  Zutheilung  verschiedener  ddianora  aus  verschiedener  Zeit  (Ej 
cedion  Drusi,  de  obitu  Maecenatis,  de  Maecenate  moribundo  u.  s.  w.,  s.  o1 
215,  5,  A.  6  E.  235,  4)  an  Pedo  beruht  auf  bioser  Mutmassung. 

7.  Carus  (Gentilname  unbekannt),  Erzieher  der  Söhne  des  Germanici 


236.   Dichter:  Cornelius  Severus,  Pedo,  Babirius  u.  a.  465 

out.  IV,  13,  47  f.),  non  dubios  inter  sodales,  vere  carus  (ib.  1  f.  vgl.  Trist. 
If  5,  17  f.).  Gemeinsame  (dichterische)  Bestrebungen,  Pont.  lY,  13,  43. 
Qspielung  auf  sein  Epos  über  Hercules  ib.  11  f.  und  16,  7  f.:  et  qui  lu- 
>iiein  laesisset  in  Hercule  (durch  Besingung  desselben)  Carus,  lunonis  si 
>n  iam  gener  ille  foret  (also  war  wohl  Carus  mit  einer  nahen  Ver- 
andten  der  Livia  vermählt). 

8.  Au&ählung  von  Epikern  mit  mythologischem  Stofife  bei  Ovid  ex 
>iit.  rV,  16,  17 — 19:  ingeniique  sui  dictus  cognomine  Largus,  gallica 
li  phrygium  duxit  in  arra  senem.  quique  canit  domitam  Cameriniis 
»  Hercule  Troiam.  ib.  26  f.:  Trinacriusque  suae  Perseidos  auctor,  et  au- 
or  Tantalidae  reducis  Tyndaridosque  Lupus.  Largus,  der  hienach  die 
ythische  Ansiedlung  des  Antenor  im  cisalpinischen  Gallien  behandelte, 
Lrd  für  den  treulosen  Freund  und  Ankläger  des  Cornelius  Gallus,  Valerius 
krgas  (Dio  LIII,  23  f.),  gehalten.  Camerinus,  welcher  die  angebliche  Er- 
>en]ng  Troja's  durch  Herakles  zum  Gegenstande  wählte,  könnte  der  Q.  Sul- 
doB  Camerinus  sein  welcher  J.  762  Consul  war.  Den  Lupus  (welcher  ein 
poB  über  die  Bückkehr  des  Menelaos  und  der  Helena  verfasste)  identificiert 
aji  mit  dem  Bhetor  Butilius  Lupus  (unten  254),  wobei  zweifelhaft  bleibt 
>  der  Siculer  welcher  eine  Perseis  schrieb  dieselbe  Person  ist  oder  eine 
Ldere.  Vgl.  Merkel's  Ausg.  der  Tristia  etc.  p.  376  f.  Letzterer  hält  auch 
'-  373)  den  Tuscus,  welcher  Pont.  IV,  16,  20  (quique  sua  nomen  Phyl- 
ie  Tuscus  habet)  zwischen  lauter  Epikern  genannt  wird,  für  den  Gram- 
^tiker  Clodius  Tuscus  (unten  247,  6). 

9.  Yellej.  Pat.  H,  36,  3:  inter  quae  (ingenia)  mazime  nostri  aevi  emi- 
^nt  princeps  carminum  Yergilius  Babiriusque  (wogegen  Horaz  in  der 
txizählung  fehlt!).  Verständiger  Quintil.  X,  1,  90  (oben  Anm.  6).  Qyid 
^>ii  IV,  16,  5:  maguique  Babirius  ons.  Ein  Hexameter  von  Babirius  bei 
^aris.  I,  p.  65,  9  f.  E.  Anderes  beim  Anonymus  de  generibus  nominum 
^iessen  1860.  4.)  Nr.  107.  110.  315  =  p.  78,  11  f.  17  f.  99,  8  f.  an  Haupt's 
^^eut.,  und  Bhein.  Mus.  lU.  S.  307  f.    Ueber  den  Gegenstand  seines  Epos 

Seil,  de  benef.  VI,  3,  1:  egregie  mihi  yidetur  M.  Antonius  apud  Babi- 
^^  poetam  .  .  exclamare:  hoc  habeo  quodcumque  dedi.  Nach  diesem 
'^ffe  hält  man  ihn  ziemlich  allgemein  für  den  Verfasser  des  aus  Bollen 
*^  Herculaneum  gewonnenen  Bruchstückes  worin  die  Schlacht  bei  Actium 
^  der  Tod  der  Kieopatra  beschrieben  wird ;  s.  Volumina  Hercul.  (Neapel 
^.  foL)  IL  p.  7  ff.  und  sonst  (z.  B.  im  Horaz  von  Pea  p.  XXI— XXIII). 
^h.  Kreyssig,  carminis  latini  de  hello  actiaco  sive  alexandrino  fragmenta, 
^H«  1814.  4.,  und  hinter  seiner  conmi.  de  Sali.  bist,  fragm.  (Meissen  1835) 
1X7  ff.  Vgl.  A.  Weichert,  de  L.  Vario  etc.  p.  157—159.  163  f.  Wirklich 
^en  jene  Ueberreste  eine  Vorliebe  für  diejenige  Cäsur  die  auch  das  Citat 
^  8en.  1.  1.  hat.  Die  Erwähnung  der  Atropos  deutet  auf  eine  Behandlung 
^  Stoffes  wie  in  der  Aeneis  (vgl.  oben  214,  A.  5).  Ueber  das  erdichtete 
"^t  Babirius  in  satyra  bei  Fulgent.  de  abstr.  serm.  s.  v.  abstemius  s.  M. 
^Upt,  Bhein.  Mus.  HL  S.  308  f. 

10.  Sen.  suas.  6,  27  (p.  38,  8  ff .  Bu.):  Sextilius  Ena  fuit  homo  inge- 
^^U8  magis  quam  eruditus,  ioaequalis  poeta  et  plane  quibusdam  locis 
^  quales  esse  Cicero  (p.  Arch.  10,  26)  Cordubenses  poetas  ait,  pingue 
^ddam  sonantes  atque  peregrinum.    is  hanc  ipsam  proscriptionem  (des 

Teuf  fei,  Rom.  Literaturg'eschichte.  3Q 


466  Augusteische  Zeit,  711—767  d.  St. 

Cicero)  recitaturus  in  domo  Messalae  Corvini  .  .  in  prindpio  hunc  vei 
.  .  recitavit:  deflendns  Cicero  est  etc.    Dass  er  selbst  aus  Corduba  v 
erhellt  hieraus  und  aus  dem  ib.  vorangehenden  municipem  nostrum. 

11.  Ovid.  ex  Pont.  IV,  16,  10:  et  cum  subtili  Priscus  uterque  Nu:: 
Nach  dem  Zusammenhange  der  Stelle  scheinen  beide  Priscus  und  Ni 
gleichfalls  Epiker  gewesen  zu  sein.    Indessen  sind  sie  völlig  unbekann^^ 

12.  Ebenso  dunkel  ist  die  Beziehung  von  Ovid.  ex  Pont.  IV,  16,  2-3 
quique  acies  libycas  romanaque  proelia  dixit,  et  Marius,  scripti  dext^sr 
omne  genus.  Der  Erstere  scheint  sonach  ein  bellum  punicum  verfasse 
haben.  Ganz  corrupt  ist  ib.  33 :  Tityrus  antiquas  et  erat  qui  pasceret  l:^ 
bas,  und  H.  WölffePs  Vermutungen  dazu  (S.  2233  d.  Uebers.)  sind  so  wej 
glaublich  als  Kom's  Vorschlag. 

13.  Ovid.  Pont.  IV,  16,  11  f.:  quique  vel  imparibus  numeris,  MEo 
tane,  vel  aequis  sufficis  et  gemino  carmine  nomen  habes.  Dieser  in  <: 
Elegie  ¥rie  im  Epos  gleich  berühmte  Montanus  ist  wohl  lulius  Montazi 
bei  Sen.  Controv.  VII,  16,  27  (p.  195  Bu.) :  Montanus  lulius,  qui  comis  dFi 
quique  egregius  poeta;  vgl.  des  Sohnes  Seneca  (Epist.  122,  11)  Urteil:  'i 
lerabilis  poeta  et  amicitia  Tiberii  notus  et  frigore  (W.  Teuffei  zu  S^ 
Sat.  n.  S.  28).  ortus  et  occasus  libentissime  inserebat  (vgl  Apocoloc.  ' 
Darauf  (11 — 13)  Proben  seiner  Verse.  Donat  vita  Vergil.  29  (44):  Sen^' 
tradidit  lulium  Montaniun  poetam  solitum  dicere  etc. 

14.  Idyllen  scheint  in  dieser  Zeit  Fontanus  verfasst  zu  haben,  s.  o\^^ 
25,  2. 

15.  Nicht  bekannt  ist  die  Dichtgattung  in  welcher  der  jüngere  So^ 
des  Redners  Messala,  Cotta,  sich  versuchte.  Vgl.  Ovid.  ex  Pont.  IV,  16,  - 
(Pieridum  lumen)  und  III,  5,  39  (recitas  factum  modo  Carmen  amicis).  Ao^ 
B.  unten  251,  6. 

237.    Didaktiker  hat   die    augusteische  Zeit  an  Gratis 
Faliscus,  dessen  Lehrgedicht  über  die  Jagd  (Cynegetica) 
grössteniheils  erhalten  ist;  besonders  aber  an  ManiliuS; 
Verfasser    der    fünf  Bücher   Astronomica.     Durch  Originj 
Energie  gegenüber  von  einem  spröden  Stoffe^  Ernst;  Gedai 
gehalt;  wie  durch  Ungleichheit  und  Schwerfälligkeit  der 
Stellung  am  meisten  an  Lucretius  erinnernd  unterscheidet! 
Manilius  von  diesem  durch  das  Abergläubische  in  der 
führung  seines  Gegenstandes   neben   aller  Vielseitigkeit 
Bildung  und  Unabhängigkeit  seiner  Denkweise  ^  zugleicl 
auch  durch  vollendete  Kunst  in  allem  Technischen.     Di 
das  Carmen  de  figuris  gehört  erst  einer  viel  späteren  Zeil 

1.    Ovid.  ex  Pont.  IV,  16,  34:  (cum)  aptaque  venanti  Gratij 
daret,  mit  Beziehung  auf  Grat,  cyneg.  23:  carmine  et  arma  dab< 
et  persequar  artes  armorum.    Sonst  wird  er  nirgends  erwähnt,^ 
536  Hexameter  aus  denen  jetzt  sein  Lehrgedicht  besteht  sind 
eine  (stellenweis  h'lckenhafbe)  Wiener  Handschrift  saec.  IX  (= 


237.    Dichter:  Gratius  Faliscus  und  Manilius.  467 

rii)  zasammen  mit  Ovids  Halieut.,  Nemesianus  und  ButiliuB  Nam.  uns 
halten,  woneben  der  Thuaneus  (saec.  X,  in  Paris)  bis  zu  v.  159  reicht. 
1  Yindob.  folgen  auf  536  noch  5  Verstrümmer,  mit  denen  aber  das  Ge- 
cht  gleichfalls  noch  nicht  zu  Ende  war.  Die  Darstellung  in  dem  Ge- 
chte  ist  fachmässig  trocken  und  schwerHlllig  und  erhebt  sich  nur  selten, 
ie  V.  312  ff.  in  der  rhetorischen  Ausführung  über  die  Nachtheile  der 
Lzuria.  Die  Episoden  427  ff.  479  ff.  enthalten  besonders  viele  Anklänge  an 
ergil.  y.  348  (Fatum  .  .  nigris  circumvolat  alis)  erinnert  an  Hör.  S.  II, 
.  58.  Ed.  princeps  (mit  Halieut.,  Nemes.  u.  Calpumius)  cura  Ge.  Logi, 
en.  1534.  Dann  in  den  Auetores  rei  venaticae  ed.  I.  ülitius  (Lugd.  B. 
B45.  1655)  und  S.  Havercamp  (Lugd.  Bat.  1728.  4.);  in  Vol.  I  der  poetae 
^tini  minores  von  P.  Burmann  (Lugd.  B.  1731.  4.)  und  von  Wemsdorf 
ytenburg  1780),  sowie  in  Webers  corpus  poetar.  lat.  p.  595 — 600.  Cum 
omm.  varior.  ed.  B.  Stern,  Halle  1832  (mit  Nemesianus).  Ex  rec.  M. 
(auptii,  Lips.  1838  (mit  Halieut.,  Nemes.  u.  A.). 

2.  Ueberschrift  im  Yöbs.  II:  M.  Mallii  equom  (eq.  rom.?)  astronomi- 
OQ  divo  oct.  quirino  aug.;  im  Lips.,  Cusanus,  Voss.  I  u.  a.:  Arati  philo- 
ophi  astr.,  so  jedoch  dass  dafür  im  Voss.  I  a  m.  sec.  M.  Manilii  gesetzt 
^.  Die  Person  des  Manilius  ist  völlig  unbekannt.  Dass  er  kein  gebo- 
-Der  Römer  war  macht  die  fremdartige  Färbung  seiner  Sprache  wahr- 
-heinlich,  die  erst  in  den  späteren  Büchern,  mit  zunehmender  Uebung, 
slenker  und  flüssiger  wird.  Auch  ist  sein  geographischer  Horizont  ein 
gewöhnlich  weiter;  vgl.  z.  B.  IV,  715  ff".  749  ff.  Kenntniss  der  griechi- 
=^eu  Literatur  bes.  II,  1  ff.  III,  5  fi*.  V,  461  ff.  Zusammenhang  mit  Manir 
^  Antiochus  (oben  198,  2)  zweifelhaft. 

3.  Zeitandeutungen.  Buch  I  muss  nach  der  teutoburger  Schlacht 
•  762),  aber  noch  vor  dem  Tode  Augustes  (J.  767),  verfasst  sein;  s.  I, 
^  ff'.:  ut  foedere  rupto  cum  fera  ductorem  rapuit  Germania  Varum  infe- 
'^Qe  trium  legionum  sanguine  campos.  922  ff. :  sed  satis  hoc  (Philippi, 
-«Um,  Sex.  Pompeius)  fatis  fuerit.  iam  bella  quiescant.  (925  f.)  sit  pater 
^ctas  patriae,  sit  Boma  sub  illo,  cumque  deum  caelo  dederit  non  quaerat 

^«"be.  Auch  noch  der  Schluss  von  B.  IV  setzt  August  als  lebend  voraus; 
»  935 :  maius  et  Augusto  crescet  sub  principe  caelum.  Tiberius  war  aber 
f^its  als  Nachfolger  anerkannt;  IV,  764:  est  Rhodos,  hospitium  recturi 
^cipis  orbem.  Das  fünfte  Buch,  das  nach  einer  Unterbrechung  hinzu- 
^^  scheint  (V,  1  ff  :  hie  alius  finisset  iter,  signisque  relatis  .  .  non  ultra 
^Xißset  opus  etc.  me  properare  viam  mundus  iubet)  und  ohne  Schluss 
»    ^rd  in  den  ersten  Regierungsjahren  des  Tiberius  verfasst  sein,  falls 

^  13  f.  (hinc  Pompeia  manent  veteris  monumenta  triumphi,  non  exstincta 
^  aemperque  recentia  flammis)  auf  das  im  J.  775  (22  n.  Chr.)  abge- 
^^nte  Theater  des  Pompejus  (Tac.  A.  III,  72  vgl.  Suet.  Tib.  47)  zu  be- 
*^^n  ist.  Fr.  Jacob  p.  XVI.  Vielleicht  dass  die  Gefährlichkeit  der  Astro- 
^^  unter  Tiberius  von  der  Vollendung  des  Werkes  abschreckte.  Die 
'^Xarchie  rechtfertigt  Manilius,  wie  alle  Augusteer,  mit  der  Alternative: 
^^vian  oder  —  Kleopatra  (I,  914  —  918).  Correcte  Apotheosierung  des 
%tt8t,  8.  I,  7  ff.:  tu,  Caesar,  patriae  princepsque  paterque,  qui  regis  au- 
^tjs  parentem  legibus  orbem  concessumque  patri  muudum  deus  ipse 
-^eris.    I,  384  ff.:   cetera  (sidera)  non  cedunt;   uno  vincuntur  in  astro 

30* 


m 


468  Augusteisclie  Zeit,  711—767  d.  St. 

Augusto,  sidus  nostro  quod  contigit  orbi;  Caesar  nunc  terris,  poBt 
maximus  anctor. 

4.    Die  Astronomie  fasst  Manilias  in  dem  Sinne  des  Alterthums, 
gleich  die  Astrologie  mitenthaltend,  die  bei  ihm  sogar  sehr  überwiegt, 
in  jener  seine  Kenntnisse  nicht  tief  giengeu  ist  schon  darum  glanbLiS.  .^i^}, 
Wunderliche  Eintheilung  der  signa  II,  150  if.    Schwierigkeit  den  Sto 
Verse  zu  bringen:  I,  20  ff.  III,  26  ff.    Entschuldigung  der  Anwendung  fx^-^^^sn- 
der  technischer  Ausdrücke:  III,  40  ff.     Lebhaftes  Selbstgefühl  als  er-^^^rCer 
poetischer  Bearbeiter   dieses  Stoffes   innerhalb   der  römischen  Liter^.^Crc^; 
I,  4  ff.  113  f.  II,  67  ff.  136  ff*.  III,  1  ff.  V,  1  ff.    Hervorkehrung  der  D£«^po- 
sition:  I,  120  ff.  II,  750  ff.  IV,  119  ff.    Verzicht  auf  schöne  Form:  ne  dxil<aa 
carmina  quaeras.    omari  res  ipsa  negat,  contenta  doceri  (III,  38  f.).    1Z>  ocfa 
sorgen  Excurse  (namentlich  die  Einleitungen,  auch  I,  884  ff.  und  besond^n 
im  fünften  Buche  die  mancherlei  Beschreibungen)  auch  für  Schmuck,    rn^sd 
namentlich  wo  der  Dichter  auf  den  Werth  des  Menschen  und  seiner    "^«r- 
nunft  (11,  106  ff.  IV,  883  ff.)  oder  die  menschliche  üngenügsamkeit  (IV,  1     :ff.) 
zu  sprechen  kommt  wird  er  beredt,  warm  und  schön.    Fatalismus  IV^  14    :£; 
über  dessen  Verhältniss  zur  Willensfreiheit  und  Zurechnungsföhigkeit    ^^ 
Menschen  IV,  108  ff.  (z.  B.  117:  non  refert  scelus  unde  cadit:  scelus  ^^sae 
fatendumst).    Herrschaft  der  ratio  in  der  Welt:  I,  483  ff.  (gegen  die  A^^^' 
misten).  U,  60  ff*,  vgl.  IV,  920  ff.  (932:  ratio  omnia  vincit).    Uebermasa  r^-^^ 
torischer  Ausmalung  in  der  Erzählung  von  Andromeda   und  Persens        ^> 
640—619. 


6.    lieber  die  Sprache  des  ManiUus  s.  Fr.  Jacob  p.  XVIU:  lingt 
legibus  eum  saepe  yim  afferre  videmus ,  .  .  tanta  praeterea  est  oratio: 
inaequalitas  ut  modo  libero  yolatu  sese  efferat,  modo  licenter  verbis  abi 
det  ac  non  quid  velit  dicere,  sed  quo  abripiatur  trahi  videatur,  modo 
dissima  rerum  ieiunitate  per  inanes  artis  numeros  evagatus  nos  defati^^'^^ 
modo  constipatis  fabularum  aenigmatis  yix  ex  miro  verborum  involac^^^ 
enucleandis  nos  ezerceat.    Lange  Parenthesen  und  verwickelte  Periode^^'^^ 
Archaismen  (wie  itiner,  ollis,  Nepai,  clepere,  apisci);  Gräcismen  (bes.    ^^"* 
Gebrauche  der  Casus  imd  des  Infinitiv) ;  Alliteration,  kühne  Metaphern  u^^^'^ 
Figuren  (bes.  Antithesen)  häufig;  s.  Jacob^s  index  p.  199—225.    Die  MeL^^"* 
und  Prosodie  ist  überaus  correct  und  streng;  vgl.  L.  Müller  im  Philologus  !^   ^  * 
S.  481.  492  und  metr.  lat.  z.  B.  p.  329.  333.    Anklänge  an  Ovid  (z.  B.  IE,       ^)' 
im  Ganzen  aber  Anschluss  an  Lucretius. 

6.  Die  Handschriften  gehen  alle  auf  einen  (bereits  schadhaft^^^^ 
archetypus  zurück.    Die  meisten  sind  aus  saec.  XV,  etwas  älter  nur  G^' 
blacensis  (saec.  XI),  Cusanus  und  Lipsiensis.    Der  Voss.  U  stammt 
einer  noch  etwas   vollständigeren  Abschrift   des   archetypus;   neben 
bildet  der  Gembl.  die  einzige  Grundlage  der  Kritik.    Die  andern  haL:^^^ 
alle  mehr  oder  weniger  grobe  mittelalterliche  Interpolationen,  wovon 
stärkste  Beispiel  IV,  776  ist    Vgl  Jacob's  praefatio  p.  V— XV.    C.  T.  Brr* 
ter,  de  emendatione  Manilü,  Hamm  1864.  24  pp.  4. 

7.  Ed.  princeps  zu  Nürnberg  um  1472.  4.;  s.  C.  G.  Schwarz,  depi 
Manilü  astr.  editione,  Altorf  1764.  4.     Hauptausgaben  von  Jos.  RaoI^ 
(Paris  1579.  Heidelberg  1590.  Leiden  1600.  4.),  R.  Bentiey  (London  1739.    ^^^'^ 
und  Fr,  Jacob  (rec,  Berlin  1846). 


237.   Dichter:  Manilius.   Cannen  de  figuris.  469 

Programme  Ton  Fr.  Jacob,  Posen  1830.  4.  (epec.  ed.)  Lübeck  1832.  4. 
(de  Manilio  poeta).  1833.  1835  f.  (de  yersibus  a  Benüeio  abiudicatis). 

Buch  I  mit  deutscher  Uebersetzung  von  J.  Merkel  (des  Maniliüs  Hirn- 
melakngel  u.  s.  w.),  Aschaffenborg  1844.  1867.  4. 

8.    Das  Carmen  de  figuris  wurde  in  einer  Pariser  Handschrift 
(Nr.  7530)  von  Quicherat  aufgefunden  und  veröffentlicht  (Bibl.  de  Täcole 
des  chartes  I.  p.  51  ff.)»  dann  von  Schneidewin  (Qötti.  1841),  am  vollstän- 
digsten und  besten  in  Halm*s  rhetores  latini  minores  p.  63—70,  unter  Be- 
nützung der  Beiträge  zur  Kritik  von  H.  L.  Ahrens  (Ztschr.  f.  d.  Alt.  Wiss. 
1S4:3,  S.  162  ff.),  Bergk  und  Mommsen  (ebds.  1845,  S.  81  ff.),  H.  Sauppe 
(Epißt.  crit.  ad  G.  Hermann,  p.  152  ff.) ,    F.  fütschl  (Rhein.  Mus.  XVIII. 
8.    138—141.  320)  u.  A.     Es  besteht  aus  185—186  Hexametern  und  behan- 
delt die  figurae  lezeos  in  der  Weise  dass  jeder  Figur  drei  Verse  gewidmet 
sind,  von  welchen  in  der  Regel  einer  auf  die  Definition,  zwei  auf  die  Bei- 
spiele fallen.    Nach  einem  Vorwort  von  drei  Versen  (collibitum  est  nobis 
in    lexi  Schemata  quae  sunt  trino  ad  te,  Messi,  perscribere  singula  versu 
eii  prosa  et  versu  pariter  planare  virorum)  folgen  zuerst  die  drei  Grund- 
begriffe xopkfia,  xcoXoy,  negMog^  die  auch  Aquila  aus  Alexander  Numenius 
bat;  dann  die  einzelnen  Figuren  in  der  alphabetischen  Reihenfolge  der 
Snechischen  Kunstausdrücke,  in  der  Art  dass  sie  für  jeden  Buchsta.ben 
zuerst  aus  RutOius  Lupus,  und  in  dessen  Ordnung,  entnommen,  dann  aus 
andern  Quellen  (besonders  Alexander  Numenius)  einige  nachgetragen  wer- 
<ien  (Dzialas,  quaest  Rutil,  p.  21  ff.  vgl.  F.  Haase  S.  389— 391).    Von  v.  151 
***  folgt  ein  weiterer  Nachtrag  von  (minder  vdchtigen)  Figuren  die  im 
Vorhergehenden  übergangen  waren.    Die  Beispiele  sind  meist  treffend  und 
^eils  selbstgebildet  theils  aus  griechischen  und]  römischen  Schriftstellern, 
Prosaikern  wie  Dichtem,  geschöpft,  mit  demjenigen  Umgestaltungen  welche 
Alling  und  hexametrische  Form  mit  sich  brachte.    So  aus  Sallust  (Catil. 
^.  4)  V.  8f.,  aus  Ennius  (Trag.  47  V.)  v.  51  (auch  bei  Rutilius  Lupus), 
*^  Vergil  (Aen.  I,  664  f.)  v.  78,  aus  Horaz  (S.  I,  5,  23)  im  Nachtrag  v.  179. 
^Qr  archaistische  Charakter  ist  stark  ausgeprägt  und  erstreckt  sich  nicht 
'^^    auf  prosodisches  Ignorieren  von  auslautendem  s   und  Formen  wie 
*^em,  indupetravi,  prosiet,  süäsi  sondern  auch  auf  Wortzerth eilungen  wie 
^'    lO)  peri-quam  dicunt  -odos;  namentlich  mit  Lucretius  findet  vielfache 
^t'ülirung  statt  (differitas,  bucera  saecla  u.  dgl.].    Diese  Archaismen  sind 
t^  ^^hlreich  und  auffallend  dass  man  sie  gesucht  nennen  muss.    Während 
r^*^er  die  ersten  Herausgeber  das  Gedicht  der  augusteischen  Zeit  zutheil- 
*^  bat  es  W.  Christ  (Rheiu.  Mus.  XX.  S.  67  f.)  in  die  nach  den  Autoninen 
I  ^*^ckt.    Noch  tiefer  herab  führt  aber  die  durchgängige  Kürzung  des  aus- 
'^^nden  o,  sowie  v.  167   die  missverständliche  Benützung  eines  selbst 
^**^Oii  tändelnden  späten  Epigramms  (Nr.  210  in  Meyers  AAhol.  lat.).    Das 
^  ^^icht  ist  daher  wohl  die  spielende  Versification  eines  im  Griechischen 
^  ^^^odes  150  >=  Irjfimdrjg)  und  in  der  alterthümlichen  wie  classischen  Literatur 
^^    Römer  wohlbewanderten  Schulmannes  aus  der  Zeit  des  Julius  Rufinia- 


1^^»  Ansonius  und  Paulinus  aus  Nola,  wo  auch  die  Apokope  des  auslau> 
^^^en  s  wieder  vorkommt.  Fr.  Haase,  Haller  Allg.  Lit.  Ztg.  1844,  Nr.  217  f. 
-  ^86— 400.  L.  Müller  metr.  p.  345  und  Rhein.  Mus.  XXIII.  S.  683  f. 
solcher  mochte  sich  auch  Wortbildungen  wie  parimembris  {iaonmlos), 
•^buela,  fluffragiolum  erlauben.     Den  Rutilius  Lupus  hatte  der  Verf. 


470  Augusteische  Zeit,  711—767  d.  St. 

gauz  schon  in  der  verstümmelten  Gestalt  vor  sich  in  welcher  wir  ihn  Idc- 
sitzen,  sogar  mit  der  Lücke  zwischen  I,  5  und  I,  6;  s.  Dzialas  qo^a^^^ 
Rutil,  p.  16—28. 

2S8.    Auch  auf   andern   Gebieten  der  Poesie  brachte       ^'e 
letzte  Zeit  des  Augustus  nur  Mittelmässigkeiten  hervor.    So    <3ie 
erotischen  Elegiker  Proculus  und  wohl  Alfius  Flavus,  den  I^m- 
biker  Bassus,  den  Lyriker  Rufus,  die  Tragiker  Turranius     viaid 
Gracchus.    Mimen  verfasste  der  Grieche  Philistion,  wahrscbioxn- 
lieh  in  griechischer  Sprache. 

1.  Ovid.  Pont.  IV,  16,  32:    (cum)  Callimachi  Proculus  moUe  ten^ret 
iter.    Üeber  Tuscus  s.  oben  236,  8  a.  E. 

2.  Ueber  Alfius  Flavus,  den  Verfasser  erotisch  tändelnder  Gediclate, 
8.  unten  252,  9. 

3.  Ovid.  ex  Pont.  IV,  16,  36;  (cum)  clauderet  imparibus  verba  ^^^ 
pella  modis.  Vgl.  ib.  11  (oben  236,  13).  Vielleicht  verfasste  er  also  H^pi' 
gramme. 

4.  Der  mit  Ovid  befreundete  lambograph  Bassus  (s.  oben  236^  ^) 
ist  wohl  der  auch  von  Propertius  I,  4,  1.  12  angeredete  und  vielleicht  ^^* 
gleich  der  Rhetor  dieser  Zeit,  lulius  Bassus,  homo  disertus,  cui  dempt>^^ 
volles  quam  eonsectabatur  amaritudinem  et  simulationem  actionis  oratoi<^^ 
(Sen.  Controv.  X.  praef.  12),  und  welcher  consectari  solebat  res  sordi< 
et  inveniebat  qui  illas  unice  suspiceret  (ib.  X,  30.  p.  303,  23  ff.  Bu.).  A^ 
führliche  Proben  seiner  Schulreden  ib.  I,  6,  2 — 6.  7,  8  f. 

5.  Ovid.  Pont.  IV,  16,  28:  Pindaricae  fidicen  tu  quoque.  Rufe,  lyr^^^* 
Schwerlich  ist  er  der  ib.  II,  11  angeredete  und  in  Fundi  begüterte  Rut^'^'^^ 
da  von  diesem  dichterische  Thätigkeit  nicht  gerühmt  wird;  ebenso  we^^^^**^^ 
Valgius  Rufus  (oben  226);^  eher  Antonius  Rufus,  wenn  bei  diesem  Glandor"'!!^' 
Angabe,  dass  er  teste  Acrone  vertit  Homerum  et  Pindarum,  nicht  -^^  ^ 


mehr  auf  eigener  Combination  beruhen  würde.     Denn  Acro  su  Hör.         ^ 
p.  288  sagt  nur:  praetextas  et  togatas  scripserunt  Aelius  Lamia,  Anton^^^^ 
Rufus,  6n.  Melissus  etc.    Ein  Grammatiker  Antonius  Rufus  bei  Quintü^ 
5,  43  vgl.  Vel.  Long,  de  orthogr.  p.  2237  P, 

6.    Ovid.  Pont.  rV,  16,  29:  Musaque  Turrani  tragicis  innixa  cothi 
Der  falsche  Apulejus  (de  orthograph.)   will   wissen   dass  er  eine  HeU 
verfasst  habe. 


7.    Ovid.  Pont.  IV,  16,  31:  cum  Varius  (oben  209,  2)  Gracchus 
darent  fera  6mA  tyrannis.     Schon   die  Zusammenstellung  macht  w 
scheinlich  dass  auch  Gracchus  einen  Thyestes  schrieb;  überdiess  aber  fü 
Priscian.  VI.  p.  719  P.  =  269,  8  f.  Htz.  aus  Gracchus  in  Thyeste 
rein  gebauten  Senar  an.    Ebenso  gehalten  ist  der  aus  Gracchus  in  A 
lanta  (ib.  p.  683  P.  =  206  Htz.).    Ein  anapästischer  Dimeter  von  Gra::^**^ 
in  Peliadibus  bei  Non.  p.  202,  20.    Welcker,  griech.  Trag.  S.  1431.   Tr^*^' 
lat.  (ed.  Rb.)  p.  196.    Er  ist  wohl  der  Sempronius  Gracchus  familia  M^^' 
büi,  sollers  ingenio  et  prave  facundus  welchen  Tiberius  im  J.  767  we^^^ 
seines  einsogen  Verhältnisses  zu  Julia  (Augusts  Tochter)  auf  der  ht^ 


238  f.   Dichter:  Bassus,  Gracchus  u.  a.  —  Geachichtschreiber.     471 

Cerciiia,  wo  er  schon  14  Jahre  als  Verbannter  lebte,  tödten  Hess  (Tac.  A. 
I,  53  vgl.  Vellej.  II,  100,  6).  Es  wären  so  bei  Ovid  1.  L  zwei  Todte  zu- 
sammen genannt. 

8.  Hieronym.  zu  Eus.  chron.  ad  a.  Abr.  2023  (im  cod.  Petav.  schon 
zu  2022)  =  50  Aug.  ==  761  d.  St:  Philistio  mimographus  natione  Magnes 
AaianQs  (nach  Suidas  aus  Nikäa  oder  Prusa)  Bomae  clarus  habetur.  Da 
er  aber  weder  von  Ovid  unter  den  Dichtem  seiner  Zeit  genannt,  noch 
sonst  jemals  eine  Stelle  in  lateinischer  Sprache  aus  ihm  angeführt  wird, 
wohl  aber  verschiedene  Titel  in  griechischer  {Miito^riquaxaC^  ^iXoyslms 
u.  8.  w.  bei  Suidas),  so  gehört  er  wahrscheinlich  der  griechischen  Litera- 
turgeschichte an.  Er  war  es  vielleicht  welchem  (als  Dolmetscher  und  Ge- 
hülfe) der  Tarentiner  Crassicius  diente  (circa  scenam  versatus  est  dum 
Daimographos  adiuvat,  Suet.  gramm.  18);  wie  er  wohl  auch  der  spöttische 
Philistus  (Augusto  familiaris,  orator  et  poesin  mediocriter  doctus)  sein  soll 
von  Welchem  in  einem  vom  codex  Bemensis  nicht  gebotenen  Theile  von 
Donats  vita  Vergilii  (18,  77,  in  Reifferscheids  Sueton.  p.  67  f.)  die  Rede  ist. 

239.  Unter  den  Prosaikern  der  augusteischen  Zeit  neh- 
Q^en  die  Geschichtschreiber  den  ersten  Rang  ein.  Die  älte- 
sten derselben;  wie  Sulpicius  Galba  und  Octavius  (Musa),  schei- 
^^n  noch  in  der  früheren  Weise  die  ganze  römische  Geschichte 
^^fasst  zu  haben.  Eine  grössere  Anzahl  aber  wendet  sich  be- 
'ühmten  Persönlichkeiten  der  jüngsten  Vergangenheit  zu,  meist 
^  apologetischer  Richtung.  So  Volumnius  und  Bibulus  mit 
^en  Schriften  über  M.  Brutus,  Q.  Dellius  über  M.  Antonius, 
^  ^^o  über  Cicero,  und  auch  die  Verfasser  von  Denkwürdigkeiten 
iber  ihre  eigene  Thätigkeit,  wie  Augustus,  Agrippa  und  M,  Mes- 
^la,  verfolgen  dieselbe  Bahn.  Asinius  Pollio  beginnt  in  einem 
^öaser  angelegten  Werke  die  ganze  Zeit  der  Bürgerkriege  zu 
^tändeln,  findet  aber  bald  die  Gegenwart  für  freimütige  Dar- 
^Hung  des  Geschehenen  ungünstig.  Dagegen  unternimmt  es 
*^cius  die  römische  Geschichte  in  dynastischem  Sinne  zu  be- 
't^^iten. 

1.  Sueton.  Galb.  3:  avus  (des  am  24  Dcbr.  751  geborenen  Kaisers 
^ba)  clarior  studiis  quam  dignitate  (nou  enim  egressus  praeturae  gra- 
'^^)  multiplicem  nee  incuriosam  historiam  edidit.  Plut.  RomuL  17:  <og 
^ßag  €pfjai  Fdlßav  ZovlnUiov  tarogeiv.  Oros.  V,  2.3:  fuisse  tunc  (J.  678 
•  Si)  Pompeio  XXX  milia  peditum  .  .  Galba  scribit,  Sertorium  autem 
~^X  m.'ped.  .  .  habuisse  commemorat. 

2.  Ps.  Vergil.  Catal.  14,  1:  quis  deus,  Octavi,  te  nobis  abstulit? 
^  £:  scripta  quidem  tua  nos  multum  mirabimur  et  te  raptum  et  romanam 
flebimns  historiam.  Er  ist  wohl  auch  der  bei  Uor.  S.  I,  10,  82  genannte 
Octavius  und  der  Musa  von  Vergil.  Cat.  13  (vgl.  10),  somit  der  Octavius 
Mosa  bei  Serv.  Verg.  EcL  9,  7  und  Schol.  Bern.  Ecl.  8,  6.    Zweifelhaft 


472  Augusteische  Zeit,  711—767  d.  St. 

aber  ist  ob  auch  der  Octayius  venerandus  puer  der  im  Culex  anger-^^det 
wird  (oben  216,  1).    Ribbeck,  Appendix  Verg.  p.  8—10. 

3.  üeber  das  Geschichtswerk  des  Q.  Tubero  s.  oben  195,  1. 

4.  Plut.  Brut.  48:  IlonUog  BoJLoviiviog,  dvrjg  g>il60oq>os  xal  «'^«^9^;- 
axQatsvfiivos  an  ocQX^g  Bgovrip,  .  .  Xiyst,  ib.  61:  dvo  at£%ovgy  w  -^^ 
^TSQOv  Boloviiviog  aviygailjs  u.  s.  w.  Auch  die  Erzählung  des  Appcuui 
(b.  0.  IV,  112—135)  scheint  theilweise  auf  diese  Quelle  (und  Messala,  s.  otp^^ 
208,  7)  zurückzugehen,  s.  H.  Peter,  die  Quellen  Plutarchs  S.  137—139. 

5.  L.  Calpumius  Bibulus,  der  einzige  Sohn  welchen  Porda  aus  ä^^""^ 
ersten  Ehe  in  die  mit  M.  Brutus  brachte,  nachdem  die  beiden  älteren  J.  T"      , 
getödtet  worden  waren.    Er  war  mit  seinem  Stiefvater  bei  Philippi,  wur^^^. 
von  M.  Antonius  gefangen ,  trat  in  desselben  Dienste  und  starb  als  se^  ^^  • 
Legat  in  Syrien  ums  J.  723  (W.  Drumann  G.  E.  II.  S.  105  f.  Nr.  41);  %^^  '^ 


Tt  ßißX^diov  fiiTiQOv  dnoiivrjfiovsvfjLdTODV  Bqovxov,  ysygaiifiivov  vn*  aito^^ 
öiaa<6if.tai,  Plut.  Brut.  13.  vgl.  ib.  23:  tavTa  6  rijg  TLogyLlag  vtog  iaxogiiim^ 
BvßXog.    H.  Peter  a.  a.  0.  S.  139  f. 

6.  Strab.  XI,  13,  3.  p.  523  C:  äg  (prjaiv  6  JelXiog  6  xov  'AvtatvCo' 
(piXog^  avyyqdipag  trjv  inl  IlaQd'vaCovg  avtov  orgatsiavj  iv  ^  nagTJv  %i 
avrog  rjysfiov^av  ^xtDV,    Plut.  Anton.  69:  noXXovg  xal  twv  aXXmv  tplXi 
Ol  KXsondtQag  xoXaxcg  i^sßaXov,  .  .  mv  aal  Magnog  rjv  SiXavog  %al  diX^ 
Xiog  6  tatogiiLog.  ovxog  de  .  .  (prialv  u.  s.  w. 

7.  Tiro  über  Cicero  s.  oben  178,  2;  Munatius  Rufiis  über  den  jünger 
ren  Cato  oben  202,  2. 

8.  Autobiographien  (Memoiren)  von  August  (s.  oben  207,  3  f.),  Agripp«:^KPa 
(oben  207,  7),  M.  Messala  (oben  208,  7). 

9.  Ueber  des   Asinius  Pollio  Geschichte   der  Bürgerkriege  s.  obg:^^  en 
208,  2,  b.    Ueber  das  Geschichtswerk  des  Bhetors  Seneca  s.  unten  253,  :-        ^* 

10.  üeber  Cincius  s,  oben  106,  4.  Für  dessen  dynastische  RichtuBcr^^Ä 
führt  Pluess  (de  Cinciis  p.  38  ff.  und  im  N.  Schweiz.  Mus.  VI.  1866.  S.  45  f^^^-) 
an  dass  er  die  Gründung  Roms  ins  J.  729  v.  Chr.  setzte,  somit  729  e^ 
neues  Jahrhundert  beginnen  liess,  auch  in  dem  Aufbringen  eines  nea( 
Stammbaums  der  lulii  und  möglichster  Identificierung  der  Latiner  ui 
Römer  mit  Vergil  übereinstimme. 

240.    Der  bedeutendste  Prosaist  der  augusteischen  Zeit 
T.  Li  vi  US,  aus  Patavium  (J.  695—770  d.  St.),  rhetorisch  g 
bildet  und  den  grössten  Theil  seines  Lebens  zu  Rom  verbringen 
fern  von  politischer  Thätigkeit,  aber  dem  Augustus  befreunde 
Er  verfasste  Schriften  (populär-)  philosophischen  Lihalts  mit  di 
logischer  Einkleidung,  eine  andere  in  Form  eines  Briefes 
seinen  Sohn  über  die  Bildung  zum  Redner,  insbesondere  abe: 
eine   umfassende   Bearbeitung    der   gesammten   romischen    Ge 
schichte  von  Gründung   der  Stadt   bis   zxmi  Tode   des  Drus 
(J.  745  d.  St.)  in  142  Büchern,  wovon  jedoch  nur  35  auf 


239  f.   Geschieh tschreiber:  T.  Livius  (Leben  und  Sehriften).      473 

gekommen  sind^  namUch  die  -erste  Dekade  und  Buch  XXI  bis 
XXi\.  Einen  ganz  ungenügenden  Ersatz  fOr  den  Verlust  des 
Uebrigen  bilden  die  Inhaltsangaben  (periochae)  welche  von  140 
Büchern  erhalten  sind. 

1.  Literatur  über  Liyius  überhaupt.  L.  Preller  in  Pauly's  Beal-Enc. 
rV-  S.  1120—1128.  C.  J.  Grysar's  praef.  vor  äieiner  Ausg.  der  part.  sei.  Liv.  I 
(^^ien  1864  u.  1857).  W.  Weissenbom's  Einleitung  vor  seiner  Ausg.  mit 
deutschen  Anm.,  und  Prolegg.  (CXXXV  pp.)  vor  seiner  zweiten  Teubner'schen 
Tex-tausgabe  (1860).  M.  Hertz  (Prolusio,  XLVpp.)  vor  seiner  Textausg. 
(1&Ö7).  L.  E.  Köhler,  de  T.  L.  vita  ac  moribus,  Berlin  1861.  31  pp.  8. 
M.   IVeingärtner,  de  T.  L.  vita  part.  L  Berlin  1862.  65  pp.  8. 

2.  Hieronjm.  zu  Eus.  chron.  a.  Abr.  1968  =»  695  d.  St. :  Messala  Cor- 
vix&ns  orator  nascitur  et  T.  Livius  Patavinus  scriptor  historicus;  und  zu 
Al>r.  2033  =  770  d.  St.:  Livius  historiographus  Patavi  moritur.  Der  ar- 
menische Eusebius  gibt  697  als  Geburtsjahr  an.  Geburt  in  Padua  bestä- 
ti^i;  theils  durch  die  patavinitas  (unten  241 ,  14) ,  theils  durch  Martial.  I, 
61,  3  (censetur  Apona  Livio  suo  tellus)  und  Stat.  Silv.  IV,  7,  65  f.  (Timavi 
alrunnum),  sowie  Plut.  Caes.  47  {iv  Uataßito  rd'iog  Kogv-qXiogf  .  .  Aißiov 
TO'i^  cvyyQaq>iiog  nolCxr^g  xal  yvco^tfiOff). 

3.  Liv.  lY,  20,  7:  hoc  ego  cum  Augustum  Caesarem  .  .  se  ipsum  .  . 

legisse  audissem.    Tac.  A.  IV,  34:  T.  Livius  .  .  Gn.  Pompeium  tantis  lau- 

dil>iiB  tulit  ut  Pompeianum  eum  Aiigustus  appellaret;  neque  id  amicitiae 

eonun  offecit.    Sdpioneni,  Afranium,  hunc  ipsum  Cassium,  hunc  Brutum 

nosqiiam  latrones  et  parriddas,  quae  nunc  vocabula  imponuntur,  saepe  ut 

^*^«igne8  vires  nominat.    Vgl.  Sen.  nat.  quaest.  V,  18,  4:  quod  de  Caesare 

^aiore  volgo  dictatum  est  et  a  T.  Livio  positum,  in  incerto  esse  utrum 

fUiim  nasci  magis  reip.  profiierit  an  non  nasci.    Suet.  Claud.  41 :  historiam 

'**  adulescentia  hortante  T.  Livio  .  .  scribere  adgressus  est  (Claudius,  geb. 

^-    744  d.  St.).    G.  Schwab,  de  Livio  et  Timagene  bist,  script.  aemuUs, 

^*^t*gart  1834.  4. 

4.  Sen.  Epist.  JIOO,  9:  nomina  adhuc  (als  philosophischen  Schriftstel- 
^^)    T.  livium.    scripsit  enim  et  dialogos,  quos  non  magis  philosophiae 

jT^j^Umerare  possis  quam  historiae,  et  ex  professo  philosophiam  continentes 

^Ofi.    Weiterhin  wird  er  (neben  Cicero  und  Asinius  Pollio)  tribus  elo- 

^^^xxtissimis  zugezählt.    Quiutil.  X,  i;  39:  apud  Livium  in  epistola  ad  filium 

^ta,  legendos  Demosthenem  atque  Ciceronem,  tum  ita  ut  quisque  De- 

^^^tiheni  et  Ciceroni  simiUimus.    Vgl,  ib.  II,  5,  20  (quemadmodum  Livius 

dpit).    Daraus  wohl  auch  ib.  VTII,  2,  18  (cum  iam  apud  T.  Livium 

^     ^^niam  fuisse  praeceptorem  aJiquem  qui  disdpulos  obscurare  quae  dicerent 

,^/^*-^^ret),  sowie  die  Anführungen  des  Vaters  Seneca,  controv.  IX,  24,  14. 

^'^    ^49  vgl.  p.  433  f.  Bu.  (über  SaUust,  s.  oben  194,  7)  und  26,  26  (p.  259 

jfc.^-).    Wunderliche  Angaben  bei  Suid.  v.  Koffvovxog  (ü.  p.  346  f.  Bnh.): 

^^  övyygacpis  *PiofiaioDV  rjatrjv,  Titog  Aißiog,  ov  diccQQSt  noXv  xal  %lsi- 

^^'^  ovofiUy  x«l  KoQPovtog,  von  welchen  der  Letztere  als  reich  und  kin- 

^^lo»  einen  grossen  Zulauf  rmv  dyiQOiofiivav  gehabt  habe.    6  XQ^^^S  ^^ 

"    mal  i  dl-q^Htt  .  .  tov  p^lv  dvicprivav  .  .  äansg  %£iiQV(i(iivov  d'rjaavQOv, 

^^^^ov  tov  AißlOV  U.  8.  f. 


474  AuguBteiBche  Zeit,  711—767  d.  St. 

5.  Beginn  des  GeschichtswerkB  zwischen  J.  727  and  729,  weü  I,  ^S 
Octavian  Augustus  genannt  wird  und  die  zweite  Schliessung  des  Jaxx 
tempels  durch  ihn  (J.  729)  noch  nicht  bekannt  ist.  Das  letzte  erweidi 
von  Livius  erzählte  Ereigniss  ist  des  Drusus  Tod  und  Bestattung  imW^j: 
ter  745/6;  es  ist  aber  eine  sehr  wahrscheinliche  Vermutung  dass  Liv^ 
sein  Werk  bis  zum  Tode  des  Augustus  (767)  fortzuführen  und  somit  wer 
auf  150  Bücher  zu  bringen  beabsichtigte.  Die  einzelnen  Theile  (Dekadei^ 
wurden,  wie  es  scheint,  von  dem  Verfasser  selbständig,  mit  eigenen  Titefl 
veröffentlicht;  so  hat  B.  109 — 116  im  cod.  Nazar.  der  periochae  den  Ti^ 
bellum  civile.  VgL  noch  Suid.  1.  1.  (A.  4),  Flinius  praef.  16  (A.  6).  üebc^ 
schrift  der  periochae  libri  CXXI  im  cod.  Nazar.:  ex  lib.  CXXI,  qui  edit^ 
post  excessum  Augusti  dicitur.  Auch  das  Anm.  7  Angeführte,  sowie  dJ 
Urteile  des  Augustus  (A.  3)  und  Asinius  Follio  setzen  Bekanntsein  gröss^ 
rer  Theile  des  Werkes  voraus.  Anfänglich  scheint  Livius  selbst  sein  Wea 
nach  Dekaden  und  Halbdekaden  gegliedert  und  so  veröffentlicht  zu  haba 
(E.  Wölfflin,  liv.  Kritik  S.  30),  er  Hess  diess  jedoch  später  fallen  (vgl.  d^ 
bellum  civile  B.  109  ff.).  Später  aber  wurde  diese  Eintheilung  beim  A^ 
schreiben  des  Werkes  zu  Grunde  gelegt.  Die  früheste  uns  bekannte  1^ 
wähnung  letzterer  Eintheilung  findet  sich  in  einem  Briefe  des  Papsts  Ga 
lasius  vom  J.  492  —  496;  dass  sie  aber  älter  ist  zeigt  die  Recension  dl 
Victorianus  (Anm.  10).  Vgl.  noch  .Liv.  X,  31,  10:  Samnitium  bella,  qu— 
continua  per  quartum  iam  volumen  .  .  agimus.  VI,  1,  1:  quiuque  Ub~ 
exposui. 

6.  Liv.  XLin,  13,  2:  ea  pro  indignis  habere  quae  in  meos  annal" 
referam.  Plin.  N.  H.  praef  16:  profiteor  mirari  T.  Livium,  auctorem  •• 
leberrimum,  in  historiarum  suarum,  quas  repetit  ab  origine  urbis,  quod^ 
volumine  sie  orsum.  Der  eigenthche  Titel  ist,  nach  dem  Veroneser  1^ 
limpsest  und  anderen  alten  Udss.  des  Livius  und  der  periochae,  ab  u^ 
condita  libri;  vgl.  Liv.  VI,  1,  1:  quae  ab  condita  urbe  Roma  ad  capt.^ 
.  .  Romani  .  .  gessere  u.  s.  w. 

7.  Schätzung  durch  Zeitgenossen.  Sen.  Controv.  X,  praef.  2  (p.  2^^ 
Bu.]:  L.  Magius,  gener  T.  Livi,  .  .  cum  illum  homines  non  in  ipsius  1 
norem  laudarent,  sed  in  soceri  ferrent.  Plin.  Epist.  II,  3,  8:  rnrnquaiac 
legisti  Gaditanum  quendam  Titi  Livi  nomine  gloriaque  commotum  ad 
sendum  eum  ab  ultimo  terrarum  erbe  venisse  statimque  ut  viderat  ahimet 
Vgl.  Hieronym.  Epist.  63. 

8.  Die  erhaltenen  Bücher  (die  der  fünften  Dekade  haben  maik.^ 
Lücken)  behandeln  die  römische  Geschichte  von  Gründung  der  Stadt 
zum  J.  461  (erste  Dekade),  dann  vom  Beginn  des  zweiten  punischen  Kri.^ 
(J.  536)  bis  zum  Triumph  des  Aemilius  Paulus  über  Makedonien  (J.  5^ 
Die  spärlichen  Ueberreste  aus  den  andern  Büchern  in  den  Ausgaben,  &'- 
in  der  von  M.  Hertz,  VoL  IV.  p.  224—235.  Vgl.  M.  Hertz,  de  fragme:»^ 
T.  Livii  commentatio.  Part.  I  u.  IL  Breslau  1864.  4.  Den  Untergang  ^ 
grössteu  Theiles  veranlasste  wohl  der  bedeutende  Umfang  des  gan^ 
Werkes  (Martial.  XIV,  190).  Vgl.  van  Heusde,  Verslagen  etc.  V, 
p.  374—387. 

9.  Von  den  periochae  sind  die  zu  Buch  136  und  137  durch  Zi^ 
verloren  gegangen.   Der  Verfasser  derselben  ist  unbekannt.    Sie  dem  Flo^ 


240,    Greschichtschreiber :  T.  Livius  (Literaturj.  475 

Kuznschreiben  veraxüasfto  der  Umstand  dass  sie  sicli  gewöhnlich  in  den 
Hciss.  desselben  finden.  Ausgabe  derselben  von  0.  Jahn  (rec.  et  emend.), 
Läps.  1853.  Yerbesserungsvorschläge  dazu  von  C:  Hahn,  in  Fleckeisens 
JflklxTbb.  81,  8.  607 — 609.  E.  y.  Leutsch,  Exercitaiiones  criticae,  Qöttingen 
18S9.  4. 

10.  Die  Handschriften  haben  in  der  ersten  Dekade  verschiedene  Sub- 
scriptionen.  Unter  allen  Büchern  derselben  kommt  vor:  Victorianus 
V.  C.  emendabam  domnis  Symmachis;  mit  ihr  vereint  hinter  B.  VI,  VII 
und  Vni:  Nicomachus  Flavianus  V.  C.  III  praefect.  urbis  emendavi  apud 
Hermam,  hinter  B.  HI,  IV  und  V:  Nicomachus  Dexter  V.  C.  emendavi  ad 
exemplum  parentis  mei  Clementiani.  Es  scheint  sonach  als  hätte  Victoria- 
nxxs  die  ganze  Dekade  emendiert,  die  beiden  Nikomachus  aber  nur  je 
einige  Bücher.    0.  Jahn,  Berichte  d.  sächs.  G.  d.  W.  1851,  S.  335—338. 

11.  Für  die  erste  Dekade  gibt  es  ungefähr  dreissig  Handschrif- 
ten.   Die  älteste  ist  das  Palimpsest  aus  der  Capitelsbibliothek  zu  Verona 
(fSx  B.  3—6),  veröffentlicht  zuerst  durch  Fr.  Blume  in  Niebuhrs  Rhein. 
Mus.  n  (1828).  S.  336—343.    Vgl.  A.  W.  Zumpt,  de  Livianorum  librorum 
inscriptione  et  codice  antiquissimo  Veronensi ,  Berlin  1859.  39  pp.  4.    Th. 
MEommsen,  über  den  rescribierten  cod.  Veron.  des  Livius,  Berliner  Monatsber. 
1868,  Januar.    Vgl.  Hermes  III.  S.  479-482.    Nach  Mommsen  ist  der  Pa- 
limpsest nicht  aus  dem  archetypus  der  libri  Nicomach,  geflossen,  hat  aber 
nait  diesem   einen  ürarchetypus  gemeinsam.     Die  besten  Vertreter  der 
lükomach.  Becension  sind  der  cod.  Vormaciensis  und  der  ihm  gleiche  Me- 
diceus  saec.  XI  (bibl.  Flor.  Laur.  plut.  LXII,  19),  jetzt  die  Hauptgrundlage 
^er  Textkritik-    Ihm  zunächst  kommt  der  Paris.  6725  (früher  Colbert.), 
von  einer  etwas  jüngeren  Abschrift   des  gleichen  ürcodex   abstammend, 
beide  von  Aischefski  zuerst  vollständig  verwerthet.    Aischefski,  über  die 
Wtische  Behandlung  der  Geschichtsbücher  des  T.  Livius,  Berlin  1839.  4. 
und  vor  seiner  Ausgabe.     Daran  schliessen   sich  an   der   cod.  Bamberg. 
(Heerwagen,  Excerpta  e  cod.  Bamb.  ad  Liv.  libr.  I,  Baireuth  1856.  4.)  und 
^insiedl.  saec.  X  (Orelli  in  Seebode's  Neuen  Jahrbb.  I.  1831.  p.  396  ff.). 
•^Grvvandt  sind  Helmstad.  I,  Harlei.  I  (B.  1 — 8),  Leidens.  I,  Voss.  I,  Florent. 
(**€r  Marcus-Bibl.)>  mit  welchem  am  genauesten  stimmt  der  von  J.  Schienger 
*^  Mainzer  Gymn.-Programm  1868  (26  pp.  4.)  beschriebene  Veronensis  se- 
5^^^<ins  (saec.  XHI).    Die  andern  dieser  Classe  sind  ohne  Werth.    Aufzäh- 
^**S  der  Hdss.  in  Drakenborch's  Ausg.  XV,  1.  p.  613  ff.    Beurteilung  bei 
Leerwagen,  Münchner  Gel.  Anz.  XIX.  Nr.  139,  S.  29—31. 

Die  dritte  Dekade  ist  am  besten  überliefert,  nämlich  durch  Paris. 
•30  (Puteaneus)  saec.  VIII  (in  Uncialschrift) ,  der  aber  am  Anfang  und 
^UltiMe  lückenhaft  ist;  nächst  ihm  Medic.  Laur.  LXIII,  20  und  Paris.  5731 
^^Xbert.),  sowie  Bamberg.  (J.  Meyer,  Nürnberg  1847  f.  Progr.).  Vgl.  H. 
^^tihes,  Quaest.  Liv.,  Bonn  1863.  J.  Hasenmüller  im  Rhein.  Mus.  XEX. 
^-    ^13-^17. 

Die  vierte  Dekade  beruht  auf  Bamberg,  (welcher  XXXIU,  1  —  17 
?^^in  bietet)  und  dem  jetzt  verlorenen  Moguntinus.  L.  Urlichs,  die  Bam- 
^^er  Handschriften  des  Livius,  Eos  I  (1864).  S.  84—91.  W.  Weissenbom, 
^^  codice  Livii  Moguntino,  Eisenach  1865.  4.  L.  Eühnast  (unten  241,  11) 
^-  8.  22. 


476 


Augusteische  Zeit,  711 — 767  d.  St. 


'■j* 


1. 


S. 


Was  wir  von  der  fünften  Dekade  haben  gründet  sich  auf  den 
Laurishamiensis  (aus  dem  Benedictinerkloster  Lorsch),  jetzt  Yindoboneiu^^^^» 
aaec.  VI.  Vgl.  Lambecius  bei  Drakenborch  XV.  p.  428  ff.  Ereyssig,  a^^^°* 
notationes  ad  Liv.  XLI— XLV  ex  cod.  Vindob.  I.  Meissen  1849.  4.  Madw^^^» 
de  Liv.  libr.  XLIII  initio  e  cod.  Vindob.  emendando,  Kopenhagen  1852.  ^' 

J.  Vahlen  in   der  Ztschr.   f.  Ostreich.  Gymn.  1861,   S.  5—19.  249-2 
1866,  S.  307—309.     W.  Hartel,  ebd.  1866,  S.  1—20. 

12.  Gesammtausgabeu.  Vgl.  Drakenborch  XV,  1.  p.  628—65 
Fabricius  bibl.  lat.  L  p.  279  ff.  Schweiger,  class.  Bibliographie  II, 
S.  524  ff.  u.  A.  Ed.  princeps  Rom  um  1469  fol.  cura  lo.  Aleriengis  (o 
B.  33  u.  41—45),  vervollständigt  (aus  cod.  Mogunt.)  in  der  Mainzer 
von  1519  (Klein-Fol.)  und  noch  mehr  (aus  dem  cod.  Laurisham.)  durch 
Grynäus  (Basel  1531.  fol.);  endlich  (aus  cod.  Bamb.)  J.  1616  £  besondeK^^^sn 
durch  J.  Horrio.  Durch  Benützung  guter  Hdss.  wichtig  die  Ausg.  von  ^El  B. 
RhenanuB  und  S.  Gelenius,  Basel  1535.  fol.  Gum  scholiis  C.  Sigonii,  Vene^^  ^et. 
1555.  fol.  Erste  kritische  Ausgabe  ex  reo.  I.  Fr.  Gronovü,  Lugd.  Bat.  1 
1679.  3  Voll.  Reichhaltigste  Stoffsammlung  von  A.  Drakenborch  (e 
comm.  Dukeri  et  variorum),  Amsterd.  1738  —  1746,  7  Voll.  4.;  Stuttga^^&vt 
1820—1828,  15  Voll.  8.  Diese  Ausgabe  enthält  auch  die  unnützen  supp 
menta  librorum  deperditorum  von  J.  Freinsheim  (erstmals  mit  den  v 
Crevier  vollständig  gedruckt  Paris  1679).  Texte  in  der  Mannheimer  uz. 
Zweibrücker  Sammlung,  von  A.  G.  Emesti  (mit  Glossar,  Lips.  1769.  3  VolL^i 
Ausg.  von  Kreyssig,  Lips.  1823—1827,  5  Voll.),  L.  Tafel  (Stuttgart  182^ 

3  Voll.)  und  Kreyssig  (Lips.  1828.  4.).    Handausgabe  von  A,  F.  Stroth 
F.  W.  Döring  (Lips.  1780—1784.  3  Voll.;  Gotha  1796—1819),  G.  A.  Rup 
(Göttiug.  1807—1809,  6  Voll.),  I.  Becker  und  Raschig  (Berlin  1829  f.,  3  Vo 
Kritische  Ausgaben  von  C.  F.  S.  Aischefski  (ad  fidem  codd.  em.,  Be 
1841—1846,  3  Voll,  nur  bis  B.  XXIII  incL;  Textausg.  4  Voll.,  bis  B. 
Berl.  1843  f.),  N.  Madvig  und  J.  L.  üssing  (Kopenhagen  1861  ff.).    T 
mit  kritischer  Rechtfertigung  von  W.  Weissenborn  (Lips.  Teubner,  185' 
iterum  recogn.  1860  ff.  6  Voll.)  und  M.  Hertz  (Lips.  Tauchu..l857— l 

4  Voll.).    Mit  erklärenden  Anmerkungen  von  G.   Chr.  Crusius  (Hanne 
1846  ff.)  und  G.  Mühlmann  (Hannover  1854  ff.),  besonders  aber  von 
Weissenborn  (Leipzig  und  Berlin  bei  Weidmann  1853  ff.  10  Bde ,  Bd. 
vierter  Aufl.),   sowie   von  J.  Frey   (Leipzig,  Teubner  1865  ff.,  bis  j 
2  Hefte). 


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4. 

f. 

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f.; 
64, 

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W. 

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13.  Bearbeitungen  einzelner  Theile.  Buch  XXI  u.  XXII  mit 
von  E.  W.  Fabri  (Nürnberg  1837 ;  neu  bearb.  von  H.  W.  Heerwagen,  N'^^»^" 
berg  1852).  Lib.  XXIII  et  XXIV  recogn.  et  comm.  instr.  E.  W.  F»-'*"' 
Nürnberg  1840.  Lib.  XXX  ad  codd.  fidem  emend.  ed.  C.  F.  S.  Alßche:^«*^' 
Berl.  1839.  Lib.  XXXIII  emend.  ed.  illustr.  Fr.  Göller,  Frankf.  1822;  <^«" 
nuo  rec.  J.  G.  Kreyssig.  Aec.  var.  lect.  in  libris  XXX— XXXVIII  ex  ^:^o^- 
Bamberg.,  Meissen  1837.  1839. 

14.  Beiträge  zur  Textkritik.    Emendationes  Livianae  von  G.  L.  W^^^ 
(Berlin  1815),  E.  W.  Fabri  (Nürnberg  1842),  E.  Webs  (Breslau  1844),  Hi-   ^ 
Koch  (Brandenburg  1860  f.  4.),  H.  Alanus  (Dublin  1864.  1867)  und 
ders  von  J.  N.  Madvig  (Kopenhagen  1860.  638  pp.     Vgl.  G.  Qneck,       ^ 
Madv.  em.  Liv.  libr.  I— lU.  Sondershausen  1861.  4.).    Observationes 


^e 


i*»»  —     SP- 


240  f.    Geschichtschreiber:  T.  Livius.  477 

von  H.  Wiminer  (Dresden  1839),  Ch.  W.  Mttbogen  (Frankf.  a.  0. 1842), 
^reudenberg  (Bonn  1864  u.  1862.  4.),  A.  Giers  (Bonn  1862),  H.  Wachen- 
f  (Bonn  1864).  Lectiones  Livianae  von  A.  Linsmayer  (München  1864); 
imentationes  von  Fischer  (Speier  1840.  4.);  Quaestiones  Liv.  von  F. 
sler  (Salzwedel  1847.  4.),  H.  Perthes  (Bonn  1863),  Qaaestiunculae  von 
3artorius  (Baireuth  1860.  4.).  E.  Wölfflin,  livianische  Kritik  und  liv. 
achgebrauch,  Berlin  1864.  31  S.  4.  (bes.  zu  B.  XXII);  Boot  in  den  Vers- 
Mi  en  mededeelingen  IX,  1865  (zu  B.  21);  M.  Müller  (Beiträge  zur  Kritik 

ErkL,  Stendal  1866.  4.)  u.  s.  f. 

15.  Uebersetzungen  von  K.  Heusinger  (Braunschweig  1821,.  5  Bde), 
tel  (München  1822  ff.  9  Bde),  C.  F.  Klaiber  (Stuttgart  1826  —  1834. 
Bdchn;   neue  Ausgabe,  in   den  drei  ersten  Bänden  umgearbeitet  von 

Teuffei,  in  den  Class.  d.  Alt.,  Stuttgart,  Metzler,  1854—1856,  6  Bde), 
D.  Gerlach  (Stuttgart,  Hoffmann,  1856  ff.,  17  Bdchn). 

241.  livius  zeigt  in  seinem  Geschichtswerke  grosse  Schwä- 
m:  mit  mühsamer  Urkundenforschung  hat  er  sich  nicht  be- 
st^ noch  auch  die  Schauplätze  der  Ereignisse  selbst  besucht, 
idem  sich  begnügt  die  Erzählung  je  eines  Vorgängers,  am 
ifigsten  des  Fabius  Pictor  und  des  Polybios,  stilistisch  um- 
irbeitet  wiederzugeben.  Auch  fehlt  es  ihm  an  genügender 
nntniss  des  Staatsrechts  und  vollends  des  Kriegswesens;  nicht 
mal  ein  festes  chronologisches  System  befolgt  er.  Aber  für 
le  Mängel  entschädigt  die  eine  grosse  Tugend,  dass  er  un- 
eifelhaft  die  Absicht  hat  die  Wahrheit  zu  sagen  und  nie 
ssentlich  sie  verletzt  oder  verschweigt;  und  auch  über  die 
iwersten  Verschuldungen  geschichtlichen  Leichtsinnes  breitet 
5  Schriftstellers  unwiderstehliche  Liebenswürdigkeit  einen  ver- 
tuenden Schleier.  Milden  Wesens  hat  er  eine  Abneigung 
gen  alles  Schroffe,  aber  auch  Mitgefühl  mit  den  Bedrück- 
1  und  Unterliegenden,  und  an  den  markigen  Gestalten  aus 
'JUS  Vergangenheit  blickt  er  empor  mit  schwärmerischer  Innig- 
it.  Diese  Wärme  des  Anempfindens,  verbunden  mit  einer 
i'stellungsgabe  von  wunderbarer  Vielseitigkeit,  hat  bewirkt 
s  er  ebenso  gross  dasteht  als  Geschichtschreiber  wie  er  klein 
als  Forscher.     Seine  Hauptstärke  besteht  in  der  Schilderung 

Vorgängen,  Stimmungen  und  Persönlichkeiten.  Besonders 
tx  lässt  er  die  Handelnden  sich  selbst  zeichnen  durch  ßeden 

er  ihnen  in  den  Mund  legt  und  in  denen  sich  des  Histori- 
a  rednerische  Bildung  in  ihrem  vollen  Glänze  zeigt.  Ueber- 
t>t  überwiegt  auch  bei  ihm  das  rhetorische  und  stilistische 
Presse,  der  Zweck  der  Unterhaltung  über  das  Bestreben  das 
bsachlich    Richtige    zu  ermitteln.     Die   Sprache    des   Livius 


478  Augusteische  Zeit,  711—767  d.  St. 

lässt  in  Einzelheiten  häufig  die  strenge  Classicitat  und  gleicr^ 
massige  Ausfeilung  vermissen ;  aber  sie  ist  lebendig,  geschmacJ^ 
voll  und  mit  feinem.  Yerständniss  jeder  Lage  angepasst. 

'  1.  Selbstbekenntnisse  des  Livius.  Praef.  5:  ego  hoc  quoque  labor^ 
praemium  petam  ut  me  a  conspectu  malorum  quae  nostra  tot  per  annc^ 
vidit  aetas  tantisper  certe  dum  prisca  illa  tota  mente  repeto  avertanc 
omnis  ezpers  curae  quae  scribentis  animum  etsi  non  flectere  a  yero,  soUü 
dtum  tarnen  efficere  posset.  XLIII,  13,  2:  et  mihi  vetustas  res  scriben^ 
nescio  quo  pacto  anticus  fit  animus  et  quaedam  religio  tenet  quae  illi  pru 
dentissimi  viri  publice  suscipienda  censuerint  (Prodigien),  ea  pro  indignii 
habere  quae  in  meos  annales  referam. 

2.  Urteile  aus  dem  Alterthum.  Sen.  suas.  6,  21  f.  (p.  35  Bu.):  quo 
tiens  magni  alicuius  viri  mors  ab  historicis  narrata  est,  toties  fere  com 
summatio  totius  vitae  et  quasi  funebris  laudatio  redditur.  hoc  .  .  T.  Lü 
vius  benignius  onmibus  magnis  viris  reddidit.  .  .  ut  est  natura  candidis 
simus  omnium  magnonmi  ingeniorum  aestimator  T.  Livius.  Sen.  de  ira 
20,  6:  apud  disertissimum  virum  Livium.  Tac.  Agr.  10:  Livius  veteruc: 
Fabius  Busticus  recentium  eloquentissimi  auctores.  Ann.  lY,  34:  T.  Liviiz: 
eloquentiae  ac  fidei  praeclarus  inprimis.  Quintil.  YIII,  1,  3:  in  T.  LivK 
mirae  facundiae  viro.  Besonders  treffend  aber  ib.  X,  1,  101:  neque  k 
dignetur  sibi  Herodotus  aequari  T.  Livium,  cum  in  narrando  mirae  iuci:^ 
ditatis  clarissimique  candoris  tum  in  contionibus  supra  quam  enarrsr 
potest  eloquentem;  ita  quae  dicuntur  omnia  cum  rebus  tum  personis  ^ 
commodata  simt.  affectus  quidem  praecipueque  eos  qui  sunt  dulcio 
ut  parcissime  dicam,  nemo  historicorum  commendavit  magis.  Ib.  32: 
que  illa  Sallustiana  brevitas  .  .  neque  illa  Livii  lactea  ubertas.  II,  5, 
ego  candidissimum  quemque  (Schriftsteller)  et  mazime  expodtum  ve 
ut  Livium  a  pueris  magis  quam  Sallustium.  Dagegen  Galigula  (Suet. 
34)  ut  verbosum  in  historia  neglegentemque  carpebat  (T.  Livium). 

3.  Neuere  Urteile  über  Livius  als  Geschichtschreiber.  Niebuhr, 
Gesch.  I.  S.  3  —  5.  IL  S.  609  f.;  Vorträge  über  R.  G.  L  S.  45  —  58;  «n 
andere  Bearbeiter  der  (älteren)  römischen  Geschichte,  wie  Wachsn»^"« 
(S.  32—43),  Blume  (8.  123  ff.  146  f.),  Schwegler  (I.  S.  103-115.  11.  S_ 
—13),  C.  G.  Lewis  (Unters,  üb.  d.  Glaubwürdigkeit  u.  s.  w.  übers,  voä» 
Liebrecht,  I.  S.  47  ff.  242  ff.).  J.  M.  Söltl,  T.  Livius  in  seiner  GeschicJfc» 
München  1832.  4.  H.  Ulrid,  Charakteristik  der  antiken  Historiograp 
S.  120  —  125.  F.  D.  Gerlach,  die  Geschichtschr.  d.  Römer,  8.  133—: 
Kallenbach,  über  T.  Livius  im  Verhältniss  zu  seinem  Werke  und  se 
Zeit,  Quedlinburg  1860.  43  S.  4.  u.  A. 

4.  Politische  Ansicht  des  Livius.  Programm  darüber  von  Fr.  X.  Ftl^  ^ 
Constanz  1851.  Ein  politisches  System  hat  Livius  nicht;  dafür  ist  er 
zusehr  Romantiker,  Idealist  und  Gefühlsmensch.  Auch  Parteihass 
sein  mildes  Wesen  nicht;  wohl  aber  hat  er  ausgeprägte  Antipathien.  AJ^ 
Gewaltthätige,  Lärmende,  Zelotische,  Harte  ist  ihm  unangenehm,  auf 
eher  Seite  es  sich  finden  mag,  und  App.  Claudius  ist  daher  ebensowes^^ 
sein  Mann  als  C.  Terentius  Yarro,  C.  Flaminius  oder  die  ungeduldig  V^ 
wärtsstürmenden  Volkutribuuen ;  sogar  der  ältere  Scipio  ist  ihm  nicht 


m^ 


241.    Geschichtschreiber:  T.  Livina  (Charakteristik).  479 

^^  genng.    Am  onbedingtesten  bewundert  er- Römer  alten  Schlages,  wie 
v^iucinnatus,  Papirios  Cursor,  Camillus,  Sex.  Tempanius,  P.  Decius,  Pabius 
^^ctator;  wo  die  Parteien  einander  gegenüberstehen  hält  er  es  mit  den 
Gemässigten,  Billigen,  Versöhnlichen.     Am   wenigsten  kann  er  sich  be- 
freutijen  mit  der  Masse,  deren  Unverstand,  ünzuverlässigkeit  und  Zucht- 
^oaigkeit  er  oft  genug  geisselt  (2.  B.  XXUI,  2.  XXIV,  25,  8.  XXXI,  34.  44.). 
^^gen  findet  er  im  alten  Rom  sein  Ideal  verwirklicht,  so  dass  romanus 
^J"  ihn  ein  Inbegriff  alles  Edlen  ist  (z.  B.  I,  53,  4.  V,  28,  3.  36,  1;  38,  5. 
XXII,  57,  6.  XXV,  36  extr.   Vgl  oben  1,  1).    Unwillkürlich  wird  er  dadurch 
öfters  parteiisch  für  Rom,  ungerecht  wider  dessen  Gegner;   s.  Weissen- 
borns  £inl.  S.  32  f.    Jener  schöneren  Zeit  gegenüber  erscheint  ihm  die 
^Gg'enwart  als  herabgekommen,  und  unzählige  Male  beklagt  er,  wehmütig 
luicl  bitter,    das  Schwinden  des  alten  pudor,    der   simplidtas,   modestia, 
Aequitas,  altitudo  animi  imd  besonders  der  pietas.    Dafür  ist  neglegentia 
deum,  omnis  divini  humanique  moris  die  Signatur  der  Gegenwart  gewor- 
den.   Und  nicht  nur  beredt  macht  ihn  diese   sentimentale  Anschauungs- 
weise sondern  auch  mutig;  vgl.  VII,  40,  2:  nondum  erant  tam  fortes  ad 
san^ruinem  civilem,  nee  praeter  externa  uoverant  bella,  ultimaque  rabies 
se cessio  ab  suis  habebatur. 

5.  Die  Frömmigkeit  des  Livius  ist  wesentlich  pantheistisch  gefärbt. 

t>e]r  Mensch  soll  sich  im  Bewusstsein  seiner  Kleinheit  und  Schwäche  unter- 

OT^^nen,  auf  die  Zeichen  göttlichen  Waltens  achten,  die  Gottheit  ehren  und 

^oli  hüten  irgendwie  sich  gegen  sie  zu  versündigen.    Damit  hängt  auch 

der  Fatalismus  des  Livius  zusammen,  der  namentlich  in  der  ersten  Dekade 

cixie  grosse  Rolle  spielt,  in  Ermanglung  klarerer  Einsicht  in  den  vemünf> 

ti^en  Zusammenhang  der  Dinge.    Z.  B.  I,  42,  2:  nee  rupit  tamen  fati  ne- 

ceamtatem  hnmanis  consiliis.    V,  37,  1:  adeo  obcaecat  animos  fortuna,  ubi 

▼ixn  suam  ingruentem  refringi  non  volt.     VIII,  24,  4:  ut  forme  fiigiendo 

in  media  fata  rnitur.    XXV,  6,4:  nulla  Providentia  fatum  imminens  mo- 

veri  potuit.    Verhältnissmässig  rationaHstisch  ist  daher  VIII,  7,  8:  movet 

ferocem  animum  iuvenis  seu  ira  seu  .  .  pudor  seu  inexsuperabilis  vis  fati. 

Vgl.  m,  8, 1.    Ferner  gehört  dahin  sein  Glaube  an  die  Prodigien  (die  aber 

erst  vom  J.  505  d.  St.  an  regelmässig   durch   die  Pontifices   verzeichnet 

^nrden,   s.  J.  Bernays  im  Rhein.  Mus.  XII.  S.  436  f.);  vgl.  XXVII,  23,  6: 

^  capita  consulum,  rep.  incolumi,  exitiabilis  prodigiorum  eveutus  vertit. 

^I^ni,  13,  1:  non  sum  nescius  ab  eadem  neglegentia  qua  nihil  deos  por- 

^Qdere  volgo  nunc  credant  neque   nuntiari   admodum   uUa  prodigia  in 

P^licum  neque  in  annales  referri.    Einschränkungen  III,  5,  14.   V,  21,  9. 

f^V,  4,  8.   10,  6.  XXVII,  23,  3.   —   Queck,  Beiträge  zur  Charakteristik 

®®  Livius,  I.   Sondershausen  1847.  4.     0.  Fabricius,  zur  religiösen  An- 
^^^Uungsweise  des  Livius,  Königsberg  1865.  35  S.  4. 

6.  Abgrenzung  seines  Geschicht«stoffes.    XXXIII,  20  extr.:  non  operae 
persequi  ut  quaeque  acta  in  bis  locis  sint,  cum  ad  ca  quae  propria 

^*>i^au  belli  sunt  vix  sufficiam.    Fast  gleichlautend  XLI,  25  extr.   XXXIX, 

'   ^:  cuins  belli  et  causas  et  ordinem  si  expromere  velim  immemor  sim 

^^Pf)8iti,  quo  statui  non  ultra  attingere  externa  nisi  qua  romanis  cohae- 

1^^   rebus.    Vgl.  VIII,  24,  18.  XXIX,  29,  5  (excedere  paululum).    XXXV, 


480  Augusteische  Zeit,  711—767  d.  St 

7.  Für  den  ästhetiscben  Standpunkt  welchen  Livius  seinem  Sto: 
gegenüber  einnimmt  ist  bezeichnend  sein  öfteres  piget  scribere,  enumi 
u.  dgL  (z.  B.  X,  18,  7.  31,  16.  XXVI,  49),  sowie  Aeusserungen  wieXXV 
37  (oben  82,  6).  Von  den  beiden  Beweggründen  die  er  praef.  2  an 
scheidet  (dum  novi  semper  scriptores  aut  in  rebus  certius  aliquid  allatari 
se  aut  scribendi  arte  rüdem  vetustatem  superaturos  credunt)  hat  ihnjed 
falls  der  zweite  geleitet. 


8.    Von  seinen  Vorgängern  hat  Livius  nicht  von  Anfang  an  a] 
gekannt  oder  benützt,  sondern  erst  allmählich  seinen  Gesichtskreis 


tert.    So  hat  er  Cato's  Origiues  erst  in  der  vierten  Dekade  verwerthc 
und  Polybios  nicht  vor  B.  XXIII.     Ueber   Yalerius   Antias  ist  ihm  ei 
spät  das  rechte  Licht  aufgegangen;  s.  oben   142,  3.    Auch  dass  er  di 
Polybios  nicht  vollständig  zu  würdigen  gewusst  habe  sollte  man  glaub« 
nach  der  kühlen  Wendung  XXX,  45  (haud  spernendus  auctor),  wenn  m<^ 
der  Augenschein  zeigen  würde  dass  er  ihn  in  der  Geschichte  des  Kriege  es 
mit  Philipp  III  und  mit  Antiochos,  sowie  bei  den  griechischen  Händ^^ln 
fast  wörtlich  übersetzt,   obwohl  bald  kürzend  bald  ausmalend.    Für 
punischen  Kriege  scheint  Livius  hauptsächlich  dem  Fabius  Pictor  (ol 
105,  1  f.)  und  Antipater  (oben  132,  4)  gefolgt  zu  sein;   in  der  ersten 
kade  aber  neben  Fabius  Pictor  dem  Yalerius  Antias.    Den  Dionysios  ^amMa 
Halikarnass  hat  er  so  wenig  benützt  als  dieser  ihn.    F.  Lachmann,      de 
fontibus  historiarum  T.  Livii  comm.  I.  U.  Gotting.  1821  f.  4.    G.  Peter,  ^las 
Verhältniss  des  Liv.  und  Dionysios  v.  Hai.  zu  einander  und  zu  den  ält^K^en 
Annalisten,  Anclam  1853.  13  S.  4.    L.  Kieserling  (s.  oben  32,  4).    H.  ^^is- 
sen,  kritische  Untersuchungen  über  die  Quellen  der  vierten  und  fanden 
Dekade  des  L.,  Berlin  1863.  342  S.    Th.  Lucas,  disp.  de  ratione  qua  Urvdua 
in  libris   bist,    conscribendis  usus   est  opere  Polybiano,  I.   Glogau  18^4. 
18  pp.  4.    W.  Michael,  in  wie  weit  hat  L.  den  Pol.  als  HauptqueUe    1>^ 
nützt?  Torgau  1859.  16  S.  4.    L.  Tillmanns,  qua  ratione  L.  (in  B.  31 — 45) 
Polybii  historüs  usus  sit,  Part  I.  Bonn  1860.  60  pp.,  und  Quo  libro  ILav. 
Polybii  bist,  uti  coeperit,  in  Fleckeisens  Jahrbb.  83,  p.  844—864.    C.  Peter, 
Livius  und  Polybius;  über  die  Quellen  des  XXI  und  XXII  B.  des  L.,  Ha^^ 
1863.  4.    C.  Böttcher,  quaestiones  criticae  de  T.  Livii  1.  XXI  et  XXII  fo»' 
tibus,  Königsberg  1867.  39  pp.    W.  Michael,  de  ratione  qua  L.  in  tertu* 
decade  opere  Polyb.  usus  sit,  Bonn  1867.    K.  W.  Nitzsch,  Quelienanaly^ 
von  Liv.  n,  1  —  IV,  8  und  Dionys.  Hai.  V,  1  —  XI,  63,  im  Rhein.  M«^ 
XXIII.  S.  600—631.  XXIV.  S.  145—180.    Auch  H.  Müller,  die  Schlacht  ^» 
der  Trebia,  Berlin  1867.  34  S.  4. 

9.    Handhabung  der  historischen  Kritik   durch  Livius.     Wo  oä»*^' 
seinen  Vorgängern  keine  Meinungsverschiedenheit  herrscht,  da  muss   ^^^ 
innere  ünwahrscheinlichkeit  sehr  stark  sein  (wie  V,  21,  8  f.  VI,  12,  S  ^■' 
wenn  dem  Livius  ein  Zweifel  dagegen  aufsteigen  solL    Worüber  die  Q*^^' 
len  zusammenstimmen,  das  hält  er  in  der  Begel  für  richtig  und  gibt    ^ 
nur  die  vulgäre  Tradition  wieder.    Wo  seine  Vorg^ger  getheilter  3*-^*' 
nung  sind,  da  lässt  er  sehr  häufig  dahingestellt  was  das  Richtige  sei,  ^>^ 
er  entscheidet  sich  für  das  was  die  Mehrzahl  angibt  oder  für  den  älfe^^^ 
Gewährsmann  oder  den  unverdächtigeren,   oder  für  die  innerlich 
scheinlichere,  nicht  selten  auch  für  diejenige  Darstellung  welche  den 


«^ 


-^m 


241.    GeschiclitscliTeiber:  T.  Livius  (Charakterifitik).  481 

mem  günBÜger  ist  (z.  B.  VII,  27,  9.  X,  37)  oder  die  mildeete  (wie  IV,  29,  6. 
VI,  38,  10.  Vm,  18,  2)  oder  die  farbenreichste  (wie  VII,  39  fF.  X,  37.  XXI, 
4*>  10.  XXVI,  16)  oder  einfach  die  mittlere  (wie  XXVI,  49,  6).    Besonders 
in  der  älteren  Zeit  ist  sein  Urteil  häufig  unsicher;  vgl.  V,  21,  9:  in  rebus 
taia  antiquis  si  quae  similia  veri  sint  pro  veris  acdpiantur  satis  habeani. 
^er  besonders  sind  die  Incompetenzerklärungen  sehr  zahlreich.     Aber 
auch  sonst  wählt  er  gern  diesen  Ausweg,  theils  aus  Mangel  an  eigent- 
lichen Quellenstudien  und  von  tieferer  Einsicht  in  die  streitigen  Gegen- 
stände, theils  auch  aus  natürlicher  Bescheidenheit  und  Hinneigung  zum 
Vertrauen.    Diese  geht  so  weit  dass  er  auch  durch  schlimme  Erfahrungen 
nielit  gründlich  gewitzigt  wird.    Trotz  dem  dass  er  durch  Valerius  Antias 
^ox'  allen  hohen  Zahlen  in  Schlachtberichten  gewarnt  sein  sollte  spricht 
«i"    doch  XXXVII,  44  unbedenklich  von  gegen  54000  Erschlagenen,  XXVII, 
^^    gar  von  56000.    Dergleichen  beweist  zugleich  seinen  Mangel  an  prakti- 
Bcl^^er  Anschauung.    Ueber  seine  Bescheidenheit  vgl.  z.  B.  XXIX,  14,  9:  id 
•   .     sicut  proditum  a  proximis  memoriae  temporum  iUorum  scriptoribus 
lil>^n8  posteris  traderem,  ita  meas  opiniones  coniectando  rem  vetustate 
o1>xutam  non  interponam. 

10.  Folge  der  Abhängigkeit  von  seinen  Quellen  und  einer  gewissen 

—    bei  dem  Umfange  der  Aufgabe  leicht  erklärlichen  —  Flüchtigkeit,  zum 

1^l3.eil   auch    der   stückweisen    Ausarbeitung  und  Veröffentlichung,   sind 

iKxs^nche  Verstösse  im  Einzelnen,  Wiederholungen,  Widersprüche,  Auslas- 

s^^xigen,    Verwechslungen,  Missverständnisse,    unrichtige  Uebersetzungen 

^.    dgl.    Beispiele  davon  in  Weissenboms  Einleitung  S.  28  f.    Nach  allem 

^^esem  ist  Livius  als  Geschichtsquelle,  namentlich  für  die  älteren  Zeiten, 

ii>i:ar  mit  Vorsicht  zu  benützen,  so  wenig  seine  persönliche  Absicht  die 

Vvahrheit  zu  sagen  irgend  welchem  Zweifel  unterliegen  kann.     Abhand- 

lixxigen  de  fide  Livii  (ausser  Aelterem)  von  C.  Kruse  (I  et  II,  Lips.  1812.  4.) 

tftzid  Bäumker  (Liv.  antiquiss.  rerum  rom.  bist,  etc.,  Paderborn  1863.  4.). 

I^irotzdem  wurde  et  in  den  nächsten  Jahrhunderten  fast  ohne  alle  Kritik 

Genützt,  ausgeschrieben  und  epitomiert;  s.  oben  33,  6  und  U.  Köhler,  qua 

■^tione  T.  Livii  annalibus  usi  sint  historici  latini  atque  graeci,  Gotting. 

1B61.  99  pp.  4. 

11.  In  seiner  Anlage  gleicht  das  Werk  des  Livius  denen  der  Anna- 
^^n,  nicht  nur  sofern  es  die  Begebenheiten  nach  der  Ordnung  der  Jahre 
^i^ählt  sondern  auch  darin  dass  es,  bei  der  ältesten  Zeit  verhältnissmässig 
^^^  gehalten,  um  so  ausführlicher  wird  je  mehr  es  in  bekanntere  Zeiten 
^latigt;  vgl.  oben  32  und  105, 1.  Die  ersten  60  Bücher  behandelten  sechs 
.  ^^Imnderte,  die  letzten  80  etwa  120  Jahre.  Das  erste  Drittel  von  B.  I 
^   besonders  dürftig  und  versucht  sich  (wie  der  Anfang  von  B.  11)  mit 

^  wenig  Glück  im  Pragmatisieren  und  Motivieren.   Bei  nebelhaften  Ge- 
rieten war  wenig  auszurichten  mit  dem  was  sonst  eine  Hauptstärke  des 
^Vi^ig  igt^  deiQ  psychologischen  Ausmalen.    Wie  Stimmungen  (z.  B.  VIII, 
'  ^f.  IX,  2,  10  f.  6  f.  XXXIII,  32)  so  weiss  er  auch  äussere  Vorgänge 
^  B.  V,  39  ff^.  XXI,  58.  XXni,  27,  6  f.  XXIV,  26)  mit  lebendigster  An- 
!!^^^^nlichkeit  zu  erzählen.    Diese  Eigenschaft,  sowie  seine  humane  milde 


|.     ^«udung,  macht  den  Livius  besonders  geeignet  für  jüngere  Altersstufen. 
"    Kühnast,  über  Livius  als  Schullectüre,  I  — III.  Bastenburg  1863.  1867. 

1'euffel,  Rom.  Literaturg-eschichte.  g^ 


ei 


482  Augusteisclie  Zeit,  711—767  d.  St. 

1868.  4.  Je  mehr  indesBen  geschiclitlicli  verbürgte  Nachrichten  an  die 
Stelle  der  Sage  oder  Dichtung  treten  und  der  Phantasie  des  Hbtorikera 
den  Raum  entziehen,  desto  mehr  nimmt  der  Reiz  der  Daratellong  ab.  So 
macht  die  fünfte  Dekade  nicht  mehr  denselben  Eindruck  wie  die  früheren. 
Es  ist  daher  zu  vermuten  dais  auch  die  verlorenen  Bücher,  einige  Glanz- 
partien abgerechnet  (wie  Charakteristiken,  Reden  u.  dgl.),  stilistisch  sich 
kaum  auf  der  Höhe  der  vorhandenen  gehalten  haben  werden. 

12.  Ein  von  Livius  häufig  und  mit  VirtuosiiS.t  angewendetes  Mittel 
der  Charakterzeichnung  sind  die  eingeflochtenen  Reden,  welche  ein  simu- 
lacrnm  des  betreffenden  Mannes  geben  sollen  (XLV,  25,  3),  die  Beweg- 
gründe der  Handelnden  darstellen  (z.  B.  YHI,  7.  vgl.  HI,  47,  5)  und  daher 
auf  unmittelbare  geschichtliche  Wahrheit  so  wenig  Anspruch  erheben  (in 
haue  sententiam  locutum  accipio  HI,  67,  1}  dass  sie  weder  im  Einzelnen 
Anachronismen  scheuen  (wie  Y,  4,  12)  noch  den  Versuch  machen  den  To 
der  Zeit  nachzubilden.    Desto  treuer  aber  pflegen  sie  dem  Charakter 
Stande  des  Redenden  zu  entsprechen;   vgl.  z.  B.  VU,  34.    In  einzelnec^-^^ 
Fällen  lässt  sich  noch  verfolgen  wie  Livius  das  kurze  Thema  eines  Yo 
gängers  rhetorisch  auszuspinnen  gewusst  hat;  vgl.  Polyb.  HI,  64  mit  Li 
XXI,  40  f.    Ueber  den  ganzen  rhetorischen  Charakter  der  Geschichte  d 
Livius  vgl.  H.  Taine,  essai  sur  Tite-Iive,  Paris  1856.  348  pp. 

13.  Die  Darstellung  des  Livius  hat  den  Charakter  behaglich 
Fülle  und  Rundung,  ähnlich  der  des  Herodot  (vgl.  Quintilian  oben  A.  ^^      2) 
80  dass  sie  manchmal  zur  Umständlichkeit  wird.    Quintil.  YIII,  3,  53:  ^^      yj. 
tanda  nangoXoyia,  i.  e.  longior  quam  oportet  sermo,  ut  apud  T.  liviuKr^^Q^ 
YgL  Chans,  p.  242  P.  =»  271  K.  mit  den  dort  von  Keil  nachgewiese 
Parallelstellen  und  M.  Hertz,  prolusio  not.  77.     Auch  an  die  Weise  ^        fa 
Cicero,  welchem  Livius  nachstrebte  (s.  oben  240,  4)  und  näher  kam 
irgend   ein  anderer  römischer  Prosaiker,   erinnert  jene  Eigenschaft, 
unverkennbar  überall  die  (rednerische)  Kunst  zu  Tage  tritt,  so  wird  sie  d 
nie  zur  Künstelei  imd  Unnatur.     Die  Yirtuosität  des  Livius  sich  in  e 
gegebene  Lage  hineinzufühlen  verleiht  auch  seiner  Darstellung  die 
jedesmaligen  Umständen  entsprechende  Stimmung  und  f^rbung. 

14.  Die  Sprache  des  Livius   strebt  grundsätzlich  (s.  240,  4)  n^B^h 
Classicität;  und  sie  kommt  diesem  Ziele  jedenfalls  viel  näher  als  dem  Qi:uii- 
tilian  und  dem  Tacitus  in  seiner  dceronischen  Jugendschrift  gelungen    :^^* 
Aber  das  nahende  silberne  Zeitalter  verräth  sich  schon  bei  Livius  in  seuc^®^ 
zahlreichen  poetischen  Wendungen  (haec  ubi  dicta  dedit;   ubi  Mars     ^^^ 
atrodsBimus;  ad  arma  constematum  esse;  cogitationibus  animom  volota.«^ « 
adversa  montium;  stupens  animi;  laeta  pascua  u.  dgL),  und  auch  dieV"^'^ 
liebe  für  starke  Ausdrücke  (wie  attonitus,  ingens;  vgl.  oben  214,  7)  geb^^^^^ 
dahin.     Hauptsächlich  wohl  in  seinem  Wortgebrauch  war  es  wo  Sol<^^ 
die   im  sermo   urbanus  aufgewachsen  waren   vielfach  auf  Fremdartk^T^^ 
stiessen.    Quintil.  I,  5,  55  f. :  peregrina  (verba)  ex  Omnibus,  prope  dizeri^^ 
gentibus  . .  venerunt;  .  .  qnemadmodum  Pollio  (s.  oben  208,  3)  depreher»^^ 
in  Livio  patavinitatem.    YgL  ib.  YIII,  1,  2:  ut  sint  (verba)  quam  miidS^^^ 
peregrina  et  externa.    (3.)  et  in  T.  Livio,   mirae  facundiae  viro,   ptg-t*"^ 
inesse  Pollio  Asinius  quandam  patavinitatem.    D.  G.  Morhof ,  de  patari^^^?^ 
täte  Liviana,  Kil.  1685  (auch  in  Drakenborchs  Livius  XY,  1.  p.  60  ^^  -'* 


leiz 


241  f.   Geschiclitschreiber:  T.  Livius.  Pompeius  Trogus.         483 

C      G.  Wiedemann,  quaestio  de  patavinitate  Livii,  I~  III.   Görlitz  1848. 
19^.  1855.  4. 

15,  In  Bezug  auf  den  Sprachgebrauch  „zeichnet  sich  namentlich  die 
ec-^'te  Dekade,  welche  livius  wohl  besonders  herausgegeben  hat,  durch 
iche  Eigenthümlichkeiten  aus:  der  Stil  zeigt  noch  viel  Schwankendes, 
sich  in  den  späteren  Büchern  fester  gestaltet;  Livius  selbst  hat  sich 
iu.  den  ersten  zehn  Büchern  seinen  historischen  Stil  erst  recht  geschaffen 
uxx<3  durchgebildet.  .  .  Dieser  Unterschied  zeigt  sich  nicht  nur  in  der  Be- 
dexitang  und  der  Gonstruction  einzelner  Worte,  sondern  im  Wortvorrathe 
s^l^st.  So  hat  Livius  in  der  ersten  Dekade  gewissen  Verba  frequentativa 
eix&«n  ganz  unverhältniBsmässigen  Spielraum  gegeben.*'  E.  Wöltflin,  livia- 
ni«che  Kritik  und  livianischer  Sprachgebrauch  (Berlin  1864.  4.)  S.  29.  Son- 
s^^ige  Literatur  über  die  Sprache  des  Livius.  F.  Hand ,  Lehrbuch  des  lat. 
StÜB  S.  64—66.  C.  J.  Grysar,  Theorie  des  lat.  Stils«  S.  7  ff.  und  vor  sei- 
oer  Auflg.  part.  sei.  Liv.  p.  XXXVII  ff.  Weissenboms  Einleitung  S.  37  ff. 
Qo.eck,  Beitr.  z.  Charakt.  d.  L.  II:  die  Darstellung  des  Livius,  Sonders- 
Krisen  1863.  4. 

£.  F.  Poppe,  de  latinitate  falso  aut  merito  suspecta,  Frankf.  a/0. 

^^^1.  4.     Stange,   de  discrepantia  quadam  inter  sermonem  Cic.  et  Liv., 

^^^.  1843.  4.    Kreizner,   de  propria  orationis  Livianae  indole,  Hadamar 

^^^4.  4.    E.  Wesener,  de  quibusdam  Liv.  orationis  proprietatibus,  Goblenz 

1BS4.  4.  und  De  periodorum  liv.  proprietatibus,  Fulda  1860.  4.    G.  Hilde- 

^x^and,  über  dnige  Abweichungen  im  Sprachgebrauche  des  Cic,  Caesar, 

I^ivios  u.  s.  w.  Trem.  1854.  4.    E.  Kräh,  spec.  grammaticae  Liv.,  Inster- 

bürg  1859.  4.    Baur,  de  aliquot  translationum  Liv.  generibus,  Augsburg 

1-064.  4.    C.  E.  GrüthÜng,  de  T.  Livii  oratione.    c.  I:  de  usu  verborum  sim- 

plidam,  Lauban  1867.  4.    Eine  Syntax  des  Livius  bei  L.  Kühnast  (s.  A.  11) 

I.  S.  24  -  HL  S.  35. 

J.  E.  EUendt,  de  praepos.  a  cum  nominibus  urbium  iunctae  apud  Liv. 
D^axiine  usu,  Königsberg  1843.  4.  H.  Löwe,  de  praepos.  de  usu  apud 
Livitun,  Grimma  1847.  4.  Kleine,  de  genetivi  usu  Liviano,  Part.  I.  Cleve 
18«ö.  4. 

Emesti,  Glossarium  Livianum,  ed.  G.  H.  Schaefer,  Lips.  1804. 

243.    Ungefähr  gleichzeitig  mit  Ldvius   und  wie  zur  Er- 

8a^l^Tmg  desselben  schrieb  Pompeius  Trogus  seine  Univer- 

^Igeschichte,  Historiae  Philippicae,  in  44  Büchern;  mit  Ninus 

^Sinnend  und  bis  auf  seine  Zeit  herabgeführt;  nach  griechi- 

^^hen  Quellen,  hauptsächlich   wohl  TheopompoS;    in   lebhafter 

yüisierung  und  classischer  Sprache,  dabei  stoffireicher  und  we- 

^^er  rhetorisch  gehalten  und  dessbalb  zuverlässiger  als  Livius. 

J^iir    kennen  das  Werk  hauptsächlich   durch  den  Auszug   des 

^^^%inus.    Ausserdem  verfasste  Trogus  zoologische  imd  botani- 

^*x^  Werke,  nach  den  besten  Gewährsmännern,  Aristoteles  und 

"^^^ophrastus. 

1.    Justin.  XLUI,  5,  11  f.:  in  postremo  libro  Trogus  maiores  suos 

31* 


484  Augusteische  Zeit,  711—767  d.  St 

a  Vocontiis  originem  ducere,  avom  suum  Trogum  Pompeiom 
belio  civitatem  a  Cn.  Pompeio  percepisse  dicit,  patraum  Mithrid 
turmas  sub  eodem  Pompeio  duxisse,  patrem  quoque  sub  G.  Ca« 
tasse  epistularumque  et  legationum,  simul  et  anuli  curam  habi 
Grossvater  wird  sonach  Cn.  Pomp.  Tr.  geheissen  haben;  der  pal 
nach  einer  Inschrift  aus  Yaison  (J.  Becker,  Jahrb.  d.  rheinl.  Alt 
S.  127—130)  wahrscheinlich  Q. ;  der  Vater  war  wohl  der  im  J.  700 
Caesar  als  Dolmetscher  verwendete  Cn.  Pompeius  bei  Caes.  b. 
daher  denn  auch  der  Geschichtschreiber  den  Vornamen  Cn.  gefQ 
wird.    J.  Becker,  Philologus  VIT.  S.  389—391. 

2.  Charis.  I.  p.  102,  10  f.  K.:  Valgius  et  Verrius  et  Trogi 
malibus.  ib.  p.  137 ,  9  f. :  Trogum  de  animalibus  libro  X.  La 
führung  daraus  (Trogus,  et  ipse  auctor  e  severissimis)  bei  Plin. 
52,  275  f.,  welche  Stelle  eine  ungenaue  Uebersetzung  aus  Aristoi 
ist  Plinius  citiert  den  Trogus  in  B.  7,  10,  11,  17,  31,  sowie  ii 
verzeichniss  zu  B.  8,  9,  12,  13  —  16,  18.  Da  B.  12  —  18  von  de 
und  dem  Ackerbau  handeln,  so  wird  Trogus  auch  eine  Schrift 
verfasst  und  diese  ebenso  aus  Theophrast  geschöpft  haben  wie 
logisches  Werk  aus  Aristoteles.    A.  v.  Gutschmid  (s.  A.  4)  S.  18 

3.  Hauptwerk  die  44  Bücher  historiarum  philippicari 
ethnographischen  Gesichtspunkten  geordnet,  mit  besonderer  E 
tigung  der  makedonischen  Geschichte  und  der  Diadochenzeit  un 
nissmässiger  Hintansetzung  der  römischen  Geschichte  (die  Köni^ 
in  B.  43  nachgetragen),  vielleicht  weil  diese  von  Livius  behai 
B.  1  — 6  erzählen  einleitungsweise  die  Geschichte  von  Asien  u] 
Die  späteste  in  dem  Werk  erwähnte  Thatsache  ist  die  Rückgab 
den  Parthem  eroberten  Feldzeichen  J.  734  d.  St.  (XLII,  5,  11). 
ist  die  Vermutung  dass  XLII,  4,  16  (Parthiae,  in  qua  iam  quas 
est  reges  parricidas  haberi)  sich  auf  die  Ermordung  des  Phraatei 
seinen  Sohn  Phraatakes  (ums  J.  9  n.  Chr.)  beziehe.  Der  Fatal 
antiken  Geschichtschreibung  trat  auch  bei  Tr.  zu  Tage  (XLII,  4, 
Parthiae  fecit  ut  etc.).  Die  lebendige  Stilisierung  des  Werkes 
durch  den  Auszug  Justins  hindurch  oft  genug  erkennbar.  Einen 
eloquentiae  nennt  den  Tr.  Justin,  praef.  1.  vgl.  Vopisc.  Prob.  2, 
Sallustios,  Livios,  Tacitos,  Trogos  atque  omnes  disertissimos  imit 
Auf  achtungswerthe  historische  Grundsätze  lässt  schliessen  XXX^ 
quam  (orationem)  obliquam  Pompeius  Trogus  exposuit,  qnoniai 
et  in  Sallustio  reprehendit  quod  contiones  directas  pro  sua  orat 
suo  inserendo  historiae  modum  excesserint  Berücksichtigung  s* 
genossen  Vergilius;  s.  Serv.  ad  Aen.  VI,  783:  de  hoc  loco  et 
Probus  quaenmt.  Der  englische  Chronist  Roger  Wendover  und 
Matthäus  von  Westminster,  Flores  histor.  (ed.  1570)  I.  p.  81  (s. 
schndd  S.  260  f.  Reifferscheids  Sneton  p.  382  f.  vgl.  unten  263, 1 
divinae  incamationis  nono,  Caesare  Augusto  imperii  sui  LI""^  age 
(J.  762  d.  St.),  Trogus  Pompeius  chronica  sua  terminavit.  .  .  R< 
remp.  .  .  ab  initio  usque  ad  praesens  tempus  prosequitur. 

4.  Erhalten  ist  uns  die  Universalgeschichte  des  Trogus  ihi 
prologi  (Inhaltsverzeichnissen)  zu  sämmtlichen  Büchern  theils  in 


242.    Geschichtschreiber:  Pompeius  Trogus.  (lustinus.)  485 

^^e   ües  JustiuuB,  "welcher  in  seiner  praefatio  sagt:  Trogus  Pompeius 
pf^ecas  et  totius  historias  orbis  latino  sermone  conposuit.    .  .  cuius  Hbris 
onunum  saeculorum,  regum,  natiouum  populorumque  res  gestae  continen- 
^^*     .  .  ea  omnia  Pompeius  divisa  temporibus  et  sehe  rerum  digesta  con- 
posuit.   horum  igitur  XLIV  voluminum   (nam  totidem  edidit)  per  otium 
quo  in  orbe  versabamur  cognitione  quaeque  dignissima  excerpsi.    Ausser- 
dem   eiuzehie  Stellen  bei  Priscianus,  Jordanes  (de  rebus  geticis),  Servius 
oad    Junilius  Plagrius;   s.  A.  v.  Gutschmid   S.  186— -202.    Alle  übrigen 
Schriftsteller  haben,  auch  wenn  sie  Trogus  als  Quelle  nennen,  doch  nur 
*U8  Justinus  geschöpft.    Die  von  Bielowski  (A.  5)  aus  polnischen  Chroniken 
entnommenen  angeblichen  Fragmente  des  Trogus  sind  als  trüglich  erwiesen 
forden  durch  A.  v.  Gutschmid,  über  die  Fragmente  des  P.  Tr.  und  die 
Glaubwürdigkeit  ihrer  Gewährsmänner,  in  Fleckeisens  Jahrbb.  Suppl.  II 
l^Böe  f.)  S.  202—282.    Vgl.  du  Rieu  in  der  Mnemosyne  UI  (1864)  p.  177 
— 183.    J.  Bemays,  Rhein.  Mus.  X.  S.  293—298. 

5.  Pompei  Trogi  fragmenta  .  .  una  cum  prologis  historiarum  Philipp. 
^t  critids  annotationibus  edidit  Aug.  Bielowski,  Lemberg  1853.  XXVI  und 
^^  Pp.  Sammlung  der  Ueberreste  aus  den  Bist,  auch  in  den  Ausg.  des 
Justinus  von  Protscher  I.  p.  XCVIII— CIV,  sowie  von  Johanneau  undDüb- 
^er  (Paris  1833)  II.  p.  221—225.  Vgl.  noch  R.  Sascke  in  Jahns  Archiv 
■^^^X.  S.  156—169.  A.  H.  L.  Heeren,  de  Trogi  fontibus,  in  den  comment. 
soc.  Gotting.  XV.  J.  1804  (wiederholt  in  der  Ausg.  von  Protscher),  wo 
ausser  Theopomp  (und  Timäus)  auch  Klitarchos  (C.  Raun,  de  Clitarcho  Dio- 
^^li,  Curtii,  lustini  auctore,  Bonn  1868),  Polybios  (s.  H.  Nissen,  kritische 
^i^tersuchungen  S.  305 — 307),  Poseidonios  als  Quellen  nachgewiesen  wer- 
^®ii.  H.  Woltfgarten,  de  Ephori  et  Dinonis  historiis  a  Trogo  Pompeio 
^xpressis,  Bonn  1868.  86  pp. 

6.  Das  Zeitalter  des  Justinus  ist  unbekannt;  der  Erste  der  ihn  nennt 
^t  Hierouymus  (Opp.  ed.  Vallars.  V.  p.  621 :  praedpue  nostri  Livii  et  Pom- 
P^^  Trogi  atque  lustini,  qui  omnem  extremae  visionis  narrant  historiam). 
^^<^Ii  dem  noch  gut  antiken  Gedankengang  und  Ausdruck  seiner  praefotio 
^^cl  der  Berufung  auf  den  Siteren  Gato  möchte  man  ihn  nicht  später  setzen 
^^  den  Epitomator  des  Livius,  Florus.  Ueber  sein  Verfehren  praef.  4: 
^^'^^issis  his  quae  nee  cognoscendi  voluptate  iucunda  nee  exemplo  erant 
^^<^^88aria  breve  veluti  florum  corpusculum  (Blumenstrauss,  Anthologie) 

'^^^  Vgl.  A.  4.  Augustin.  de  civ.  d.  IV,  6  in.;  lustinus,  qui  graecam  vel 
^^t^us  peregrinam,  Trogum  Pompeium  secutus,  non  latine  tantum  .  .  ve- 
'^^^^  etiam  breviter  scripsit  historiam.  Gros.  I,  8;  Pompeius  historicus 
^^^X^ae  breviator  lustinus;  ib.  10:  Pompeius  sive  lustinus.  Die  Sprache 
^^  Trogus  scheint  Justin  wenig  verändert  und  nur  mit  mancherlei  neue- 
Zuthaten  zersetzt  zu  haben.  Justins  eigene  geistige  Befähigung  ist 
^ing. 

^^  7.  Die  Handschriften  in  welchen  der  Auszug  aus  Trogus  über- 
^^fert  ist  zerfallen  in  zwei  Classen,  eine  lückenhafte  und  vielfach  verdor- 
^^ne,  aber  dabei  von  Interpolationen  freie,  deren  bester  Vertreter  der 
^ttteaneus  saec.  IX  (»»  Bongarsii  optimus),  nächstdem  die  Giessener  (F. 
^^.  Otto,  commentar.  crit.  de  codd.  bibl.  Giss.  1843,  p.  201—250)  und  die 
'^^arburger  Hds.  ist,  weiterhin  zwei  Wolfenbüttler;  andererseits  vollstän- 


486  Augustoiache  Zeit,  711—767  d.  Si 

digere,  aber  stark  und  willkürlich  interpolierte,  die  deteriores  bei  J^3    — CP; 
8.  dessen  Praefatio  und  Wolfenbüttler  Programm  1855.  30  pp.  4. 

8.  Ausgaben  des  Justinus.  Ed.  princ.  Venet.  1470  und  Rom.  1470*  —  ^' 
Aid.  1522.  Nach  guten  Hdss.  J.  Bongarsius  (cum  notis),  Paris.  1581; 
mehrt  durch  Fr.  Modius  (Francof.  1587).  Cum  notis  Is.  Vossü,  Lugd. 
1640.  Cum  notis  Tariorum  ed.  I.  G.  Graevius,  Utrecht  1668.  Lugd.  B.  1( 
1701.  Sammelausgabe  Ton  Abr.  Gronovius,  Lugd.  B.  1719.  1760;  emeai 
und  vermehrt  von  C.  H.  Frotscher,  Lips.  1827—1880.  8  VolL  Ed.  J. 
Fischer  (Lips.  1757),  J.  C.  F.  Wetzel  (Lignit.  1806),  Benecke  (mit  Aül 
Leipzig  1830),  Fr.  Dübner  (adnot.  crit.  instr.,  Lips.  Teubner  1881),  W.  Fii^  -^^' 
bogen  (mit  Anm.,  Halle  1835),  Johanneau  et  Dübner  (Paris  1838.  2  VolL^^)' 
und  besonders  rec.  Just.  Jeep  (Lips.  1859,  Bibl.  Teubner.;  mit  comm.  a^c^^^ 
ticus  p.  1—188;  ed.  minor  1862).  Auch  ed.  Fr.  Arnulf  (varias  lectt.  ex  !^  ^ 
codd.  Taurinens.  adiecit,  Turin  1848,  608  pp.),  G.  H.  Th.  Hartwig  (Schr^:-^^- 
ausgäbe,  Braunschweig  1852),  H.  Domke  et  G.  Eitner  (in  us.  schol., 
lau  1865). 

Trogi  prölogi  ed.  G.  H.  Grauert,  Münster  1827. 

9.  J.  F.  Recke,  über  die  Spracheigenthümlichkeiten  Justins, 
hausen  1855.  25  S.  4.    J.  F.  Müller,  de  casuum  ap.  lust.  usu,  Budissin  11 
20  pp.  4.    Rozek,  de  natura  latinitatis  lustinianae,  Hermanstadt  1865. 
Fr.  Fischer,  de  elocutione  lustini,  Halle  1868.  66  pp. 

Rzesinski,   de  lustino  Trogi  epitomatore,  Krakau  1826.    U.  Eöhlc 
Kritisches  zu  Justin,  in  Fleckeisens  Jahrbb.  91,  S.  427—430. 

10.  Uebersetzungen  von  Gstertag  (Frankfurt  a/M.  1781,  2  Bde),  Koll 
(1824)  und  Chr.  Schwarz  (Stuttgart,  Metzler  1834—1837,  6  Bdchn). 


243.    Am  Schlosse  der  augusteischen  Zeit  und  vielleicE — fc** 
noch   unter  Tiberius   schrieb    der  sorgfaltige  Forscher  Feni 
Stella^   welcher  sich  den  Yarro   zum  Muster   gewählt   hati 
Wie  dieser  gab  er  selbst  von  seinen  Annales  auch  eine  kürzi 
Bearbeitxmg  heraus  und  widmete ,  in  den  Annales  selbst 
einem  eigenen  WerkC;  der  Sittengeschichte  Roms  imd  den  staai 
rechtlichen  Verhältnissen  eingehende  Aufmerksamkeit.    Dageg- 
L.  Arruntius  ahmte  in  seiner  Geschichte  des  punischen 
in  übertreibender  Weise  den  Sallust  nach.    Eine  Bearbeitu^  "^S 
der  älteren  romischen  Geschichte  verfasste  vielleicht  schon        ^•-^ 
dieser  Zeit  Annius  Fetialis^  eine  Darstellung  der  jüngsten  Yi 
gangenheit  A.  Cremutius  Cordus. 

1.    Hieronym.  zu  Eus.  Chron.  ad  a.  Abr.  2036  c=s  6  Tiberü  «» 
d.  St.:  Fenestella  historiarum  scriptor  et  carminum  septuagenarius 
ritur  sepeliturque   Cumis.     Geboren  wäre  er  hienach  702  d.  St.     Di 
stimmt  Plut.  Crass.  5  extr.:  tovtiov  tpriol  tiqv  itiQav  (die  im  J.  668 
gefähr  18  J.  alt,  somit  c.  650  geboren  war)  {jdti  nQicßvtiv  oiaav  6  ^' 
veOTÜlag  Iditv  avTog  %al  nollanis  inovcai  (in  Spanien?).    Wenig 
scheinlich  ist  hienach  die  Angabe  von  Plin.  N.  H.  XXXIII,  62:  sua  memo: 
coeptum  Fenestella  tradit,  qui  obiit  novissimo  Tiberü  Caesaris  prindj 


^LflS 


243.    Gescbichtschreiber:  Fenestella.  487 

>a  Tiberios  790  =  37  starb,  so  müsste  nach  Plinius  Fenestella's  Leben  um 
19 — 789  gesetzt  werden  (Mercklin  p.  3).  Dass  er  erst  unter  Tiberius  (das 
etr,  Werk)  geschrieben  habe  erhellt  nicht  aus  Plin.  N.  H.  VIII,  74:  togas 
asaa  .  .  divi  Augusti  (Worte  des  Plinius?)  novissimis  temporibos  coepisse 
cribit  Fenestella.  Sicher  schrieb  er  TOr  Asconius,  der  öfters  gegen  ihn 
K>lemisiert.  8ehr  unrichtig  jedenfalls  Lyd.  de  mag.  III,  76:  ms  ^eviötil- 
•^9  «ffl  Ziciifag  ot  'Pm/iaiöi  (paöiv^  av  rag  XQijcng  6  BccQQtop  inl  xoiv 
€v%^amCtmv  nQuyficiTOüp  dvrifayBV  iycj  dh  rag  ßißlovg  ovnat  nd'iafiat* 
Tenestella  wird  wohl  den  Sisenna  und  Yarro  angeflihrt  und  des  Lydus 
2^elle  die  drei  Namen  durch  einander  gebracht  haben.  Praenomen  und 
Lomen  des  Fenestella  ist  unbekannt;  ebenso  die  carmina  desselben. 

2i  Auf  Fenestella  werden  zahlreiche  Staats-  und  sacralrechtli(^e  An- 
aben zurückgefilhrt,  wie  über  die  provocatio,  die  Quästoren,  die  XVviri, 
e  leges  Aureliae,  die  festi  und  profesti  dies,  das  römische  Jahr,  die  ludi 
rcenses,  libri  sibyllini,  auch  über  die  Kosten  der  aqua  Marda;  ebenso 
teilgeschichtliche  über  Kleidertracht  (togae  rasae,  uniones,  anuli  aurei, 
loei,  Silbergeräthe),  Lebensweise  (Fische,  Einführung  der  olea,  Aufkom- 
'Tx  des  Luxus)  und  literaturgeschichtliche  (über  Terenz  und  Cicero).  Nir- 
ci^s  aber  werden  bei  diesen  Angaben  (etwa  abgesehen  von  der  ganz 
sicheren  Stelle  bei  Non.  v.  praesente)  ausdrücklich  seine  Aunales  als 
eile  genannt.  Vielmehr  hat  das  aus  diesen  Angeführte  den  C!harakter 
i^Y  Erzählung  von  Vorgängen,  jene  culturgeschichthchen  Nachrichten 
eir,  bei  aller  Anknüpfung  an  bestimmte  Jahreszahlen  (Mercklin  p.  10), 
^Gn  reflectierenden.  Auch  sagt  Sen.  Epist.  108,  31:  aeque  ndtat  (Cicero 
S«p.)  .  .  provocationem  ad  populnm  etiam  a  regibus  fuisse:  id  ita  in 
x^tificalibus  libris,  et  alii  putant  et  Fenestella.  Zu  der  Art  wie  hier  Fe- 
Bi^ila  zu  den  pontificales  libri  in  Beziehung  gesetzt  ist  stimmt  seine  Zu- 
Kx^menstellung  mit  Qracchanus  (oben  133,  2)  und  Trebatius  (der  de  reli- 
^Hibus  schrieb,  oben  189,  3)  bei  Ulpian,  Dig.  I,  13,  1,  1:  et  lunius  et 
^ebatius  et  Fenestella  scribunt.  Vielleicht  gehört  dahin  auch  seine  Be- 
lohnung als  annalium  commentator  (oder  »=  scriptor?)  bei  Tertull.  adv. 
^l«nt.  34,  p.  303.  Plinius  nennt  und  benützt  ihn  als  Quelle  in  B.  VIII 
^  elephantds  etc.),  IX  (de  aquatilium  natura),  XV  (frugiferae  arbores), 
CXm  (Metalle),  XXXV  (Malerei). 

3.  Genauere  AnfCLhrungen  aus  den  annales  des  F.  finden  sich  nur  bei 
^i:iius,  nämlich  p.  221  f.  v.  reticulum  (vielleicht  aus  einer  Sittenschilde- 
>^g):  Fen.  annalium  (III),  p.  154,  20  (v.  praesente):  Fenestella  annali  1.  11 
:X8  unbekannter  Zeit),  und  p.  385,  9  (v.  rumor):  F.  annali  1.  XXII  (aus 

C98  d.  St.)<  Auch  stammen  daraus  unzweifelhaft  die  Nachrichten  bei 
^t.  SulL  28  und  Crass.  4  f.  Selbst  wenn  die  culturhistorischen  Angaben 
^  den  annales  waren  beweisen  sie  nichts  für  deren  Zurückreichen  in  die 
^nigszeit,  da  sie  (z.  B.  Phn.  N.  H.  XV,  1)  Excurse  gewesen  sein  können. 
^  IrrthÜmer  welche  Asconius  und  Gellius  dem  Fenestella  nachweisen 
)d  theÜB  unerheblich  (Mercklin  p.  9  f.)  theils  beruhen  sie  auf  Meinungs- 
trschiedenheit,  widerlegen  daher  nicht  das  Urteil  von  Lactant.  (inst.  div. 

6,  14):  Fenestella  diligentissimus  scriptor,  das  vielmehr  durch  Stellen 
ie  Sueton.  vit.  Terent.  1  und  Macrob.  I,  10,  5  f.  bestätigt  wird.  Vgl. 
>ch  Lactant.  de  ira  dei  22,  5:  plurimi  et  mazimi  auctores  tradidenmt, 


488  Augusteische  Zeit,  711—767  d.  St 

.  .  nostrorum  Yarro  et  Fenestella.  Die  wenigen  zusammenhängenden 
Stellen  die  wir  kennen  (besonders  bei  Non.  v.  rumor,  auch  Priscian.  YÜI, 
20.  p.  386,  13  f.  Htz.)  zeigen  eine  Darstellung  von  behaglicher  Umst&nd- 
lichkeit  Daher  der  Auszug,  bei  Diomed.  L  p.  365,  7  f.:  apud  Fenestellam 
in  libro  epitomarum  secundo:  quemadmodum  Caesar  a  piratis  captos  sit  etc. 
Also  eine  Art  Inhaltsverzeichniss,  wie  die  Prologe  des  Trogus,  jedoch  aus- 
führlicher als  diese.  Nur  auf  Fulgentius  (mythol.  III,  2)  beruht  und  ist 
darum  fast  werthlos  das  Citat:  ut  Fenestella  in  Achaicis  (oder  Arch.) 
scribit. 

4.  Sammlung  der  Ueberreste   des  Fenestella  zuletzt  an  Frotschers 
Ausgabe  von  Corte*s  Sallust  (Lips.  1825)  I.  p.  489—494.     Dazu  Nachträge 
von  L.  Mercklin,  de  Fen.  p.  12,  und  danach  von  J.  Poeth,  de  Fen.  p.  21 
— 56.    L.  Mercklin,  de  Fenestella  historico  et  poeta,  Dorpat  1844.  12  pp. 
Gedehnt  J.  Poeth,  de  Fen.  historiarum  scriptore  et  carminum,  Bonn  1849. 

5.  Die  unter  dem  Namen  L.  Fenestella  veröffentUchten  zwei  Bückew  ^^^mßz 
de  magistratibus  et  sacerdotiis  Bomanorum  (z.  6.  Yindob.  1510.  4.  Parift^c-^Eons 
1530.  1535)  hatten  den  Canonicus  Andr.  Dom.  Fiocchi  (f  1452)  zum  Yer-s^^^er- 
fasser,  und  wurden  auch  unter  dessen  Namen  (Floccus)  von  Aegid.  'Witsiui.B::9^^:4iiis 
1561  herausgegeben.  Die  Fälschung  war  so  naiv  dass  sie  unter  den  sacerK:  ^^^er- 
dotia  auch  episcopi  und  archiepiscopi  aufführte. 

6.  Suet.  gramm.  20:  fuit  (Hyginus)  familiarissimus  Ovidio  poetae  e^       ^  et 
Clodio  Licino  consulari  historico,  qui  eum  .  .  tradit  liberalitate  sua  quoi 
vixerit  sustentatum.    Er  ist  wohl  der  cos.  suff.  des  J.  757  d.  St.  (ex 
lul.)  C.  Glodius  Lidnus.    Ygl.  auch  oben  132,  5. 

7.  Sen.  Epist  114,  17:  L.  Arruntius,  vir  rarae  finigalitatis  (Yell^^XXllcj.^ 
II,  86,  2  vom  J.  723:  L.  Arruntii,  prisca  gravitate  celeberrimi,  fldes),  gm  m^^  Q^ 
historias  belli  punid  scripsit,  fuit  Sallustianus  etc.  (oben  194,  7).  ib.  1?  -K:  19: 
Arruntius  in  primo  libro  belli  punicL  Tac.  A.  XI,  6:  meminissent  .  .  rmf^  t^' 
centiorum  Arruntii  et  Aesemini;  ad  summa  provectos  incorrupta  vita  et  ^»  ^  fo- 
cundia.  Als  Gegner  der  neumodischen  Beredtsamkeit  erwähnt  ihn  Set^^^3ßea. 
controv.  YII.  praef.  7  (p.  182,  2  ff.  Bu.).  Er  ist  wohl  der  L.  Arruntius  L.  ^  •.lÄ^L.  f- 
welcher  J.  732  d.  St.  mit  Aeseminus  Consul  war  und  der  Yater  des  gleicL^^-^^ch- 
namigen  Consuls  von  759  d.  St,  welcher  Letztere  J.  790  starb.  Der  G»  SzJ^  Ge- 
schichtschreiber ist  ohne  Zweifel  auch  der  Arruntius  welchen  Plinius  i'g  ^  ^ 
Quellenverzeichniss  seiner  n.  h.  zu  Buch  III,  Y  und  YI  (Beschreibung  vc^"^^  ^OJ^ 
Spanien,  Africa,  Asien)  aufführt. 

8.  Annius  Fetialis,  von  Plinius  im  Quellenverzeichniss  zu  B.  33  u.  ^ 
genannt  und  XXXIY,  13,  29  als  Gewährsmann  fElr  die  Angabe  dass 
Cloeliastandbild  vielmehr  eine  Yaleria  darstelle;  eine  Angabe  welche  wo 
auf  Yalerius  Antias  zurückgeht  (Schwegler  R.  G.  II.  S.  8.    H.  Peter,  Qu« 
len  Plutarchs  S.  45.  49  f.)  oder  von  einem  Yerehrer  des  Yalerius  Hess 
(oben  208,  5  ff.)  herrührt. 


9.  lulius  Marathus,  libertus.et  a  memoria  eins  (des  August),  .  . 
dit,  Suet.  Aug.  79  vgl.  94:  auctor  est  I.  M.  (von  einem  verherrlichend^  ^ea 
Mythus  über  August). 

10.  Ueber  Cremutius  Cordus  s.  unten  261,  1. 


244.    Gramiuatiker:  Santra.  Sinnias  Capito.  489 

11.    Ueber  T.  Labienus  b.  unten  251,  8.     Ueber  die  geschicHüichen 
Schriften  des  Hyginos  und  Verrius  Flaccus  s.  unten  245,  1  f.  246,  2. 

244.  Unter  den  Grammatikern  umfassten  Santra  und 
Sinnius  Capito  in  der  Weise  der  Aelteren  neben  grammati- 
sdien  zugleich  auch  literarhistorische  und  antiquarische  Studien. 
^^T  Einfluss  des  Yarro  zeigt  sich  bei  Sinnius  in  der  nationalen 
Richtung  seiner  Forschung  sowie  in  der  Wahl  der  Briefform, 
öantra  aber  verfasste  auch  eine  Tragödie  mit  griechischem  Stoffe. 

1.  Hieronym.  de  vir.  illustr.  (II.  p.  821  YaU.)  praef.:  fecerunt  hoc 

2<iexn  (literarhistorische  Schriften  verfassen) . .  apud  Latinos  Varro,  Santra, 

^epos,  Hyginus.    Gell.  YII,  15,  5:  ne  si  AeUi  quidem,  Cincii  et  Santrae 

^cendum  ita  censuissent.    Verrius   Flaccus   (bei  Festus  p.  277  M.)  und 

QcLixitil.  XII,  10,  16  erwähnen  den  Santra  bei  literarhistorischen  Fragen, 

(bei  Säet,  gramm.  14;  s.  oben  187, 4  E.)  den  Curtius  Nikias.  Sueton. 
.   Terent  4  (p.  31,  10  Rffsch.):  Santra  Terentium  existimat  etc. 

2.  Festus  p.  277  M.:    quam  rem  (über  reciniati  mimi  planipedes) 
^enter  ezsequitur  Santra   libro  11  de  antiquitate  verborum.     SchoL 

OD.  Aen.  V,  95  (p.  95, 4  f.  K.):  Santra  de  antiquitate  verborum  libro  IIl 
etc.  ad  Aen.  II ,  171  (p.  86,  15  K.):  ut  Santra  antiquitatium  libris. 
.  p.  170,  21:  Santra  de  verborum  antiquitate  III  (oder  1.  U):  quod 
Naevius  b.  puuicum,  s.  oben  83,  8)  volumen  unum  nos  lectitavimus 
postea  (in  andern  Handschriften)  invenimus  septemfariam  divisum.  Aus 
^^.xitra  Nuntüs  Bacchi  führt  Nonius  (s.  Tragg.  latt.  reliqq.  p.  195  Rb.  vgl. 
1E>-  347)  vier  (nicht  ganz  vollständige)  Senare  an,  von  denen  mindestens 
^^x-^  hellenisch  correcten  Bau  haben.  —  L.  Lersch,  Sprachphilosophie  III. 
S.  165  ff.  und  Ztschr.  f.  d.  Alt.  Wiss.  1839,  Nr.  13  f.  43.  A.  E.  Egger, 
^st^t;^  serm.  vet.  reliqq.  p.  18—21.    L.  ProUer,  ausgew.  Aufsätze  S.  377  f. 

3.  M.  Hertz,  Sinnius  Capito,  eine  Abhandlung  zur  Geschichte  der 
X'Oziiigchen  Grammatik,  Berlin  1845.  Sammlung  seiner  Ueberreste  ebda. 
S.     27—37.    Vgl.  Egger,  vet.  serm.  lat.  reliqq.  p.  63—68. 

4.  GelL  y,  20,  1:  soloecismus,  .  .  a  Sinnio  Capitone  eiusdemque  ae< 
'ta.iug  aliis  imparilitas  appellatus,  vetustioribus  Latiuis  stribiHgo  dicebatur. 
^^9  9—11:  Sinni  Capitonis,  doctissimi  viri  (vgl  Hieron.  in  A.  5),  epistulae 
B^^xit  tmo  in  libro  multae  positae  .  .  in  templo  Pads.  prima  epistula  scripta 
^^^  a^  Pacuvium  Labeonem.  .  .  in  ea  rationes  grammaticas  posuit  per 
^)2Aa  docet  „pluria**  latinum  esse,  „plura^'  barbarum.  20,  2:  Sinnius  Ca- 
^^^  in  literis  quas  ad  Clodium  Tuscum  dedit.  VgL  Festus  p.  162  (si  dili- 
^^*^tiu8  inspidatur,  ut  fecit  Sinnius  Capito).  170  M.  Dahin  gehört  wohl 
_^^h  der  Über  de  syllabis  .  .  Sinni  Capitonis  bei  Pompejus  p.  110,  2  Keil 

^^^^anm.  lat.  V).    VgL  J.  Becker,  Ztschr.  f.  d.  Alt.  Wiss.  1847,  Nr.  133. 


^.   deinen  Wortableitungen  (Fest.  p.  138.  230.  340)  zeigt  sich  Capito,  wie 
^^'^dius  (s.  186,  4),  als  Puristen. 

5.    Lactant.  Inst.  div.  VI,  20,  35:  Sinnius  Capito  in  libris  spectaculo- 

docet.    Vgl.  Festus  p.  326  u.  364  M.   Hertz  S.  20  f.    Erklärung  sprüch- 

^^^^^tJicher  Redensarten  (Festus  p.  145.  261.  282.  322.  325.  334)  in  einem 

en  Werke?    Hertz  S.  22.  32  ff.   Philologus  I.  S.  610  ff.   Geographisch- 


490  Augusteische  Zeit,  711—767  d.  St 

ethnographische  Forschungen?    Hieronym.  in  Gen.  III.  p.  319  Vall.:  lega- 
mus  Yarronis  de  antiquitatibus  libros  et  Sinnii  Capitouis  et  Graecum  Phle- 
gonta  ceterosque  eruditissimos  vires,  et  videbimus  omnes  paene  insulas  etc. 
Hertz  S.  23.  30  f.,  welcher  hienach  S.  25  ein   dem  yarronischen  gleich 
betiteltes  umfassendes  Werk  des  Sinn.  Cap.  vermutet,  Antiquitates  ode~ 
De  antiquitatibus,  worin  die  Forschungen  über  Gegenstände  der  römischec^^..^ 
Religion,  Verfassung^  und  des  Eechtswesens  untergebracht  waren.  C.  Wacl 
muth,  Ausg.  von  Ljdus  de  ostent.  p.  XX,  bezieht  darauf  auch  Ljd.  ost. 
<p.  6,  16)  und  de  magistr.  prooem.  (o  ti  KcatCtmv  %u\  ^ovtifvotf). 

245.    Die  Richtung  des  Fenestella  auf  Alterthumsforschi 
und  seinen  Anschluss  an  Yarro  theilte  der  gelehrte  Freigelass« 
M.  Verrius  Flaccus,  besonders   bekannt  durch  seine  Fa.^ti 
und  das  umfassende  lexikalische  Werk  de  verborum  significa^tu; 
eine  reiche  Fundgrube   der  wichtigsten  Nachrichten  über  c^as 
romische  Alterthum.     Wir   besitzen   von  demselben  nur  eii^^n 
namhaften  Theil  des  Auszuges  welchen  Pompeius  Festus   da- 
von gemacht  hatte^  nebst  dem  Auszuge  welchen  diuin  wiederxim 
der  Priester  Paulus  von   dem  Excerpte  des  Festus  anfertigi;e, 
Beide  in  der  Absicht  das  nicht  mehr  gebräuchliche  Alte  etus- 
zumerzen. 

1.  Suet.  gramm.  17:  M.  Verrius  Flaccus  libertinus  docendi  gexiere 
maxim^  inclaruit.  .  .  quare  ab  Auguste  quoque  nepotibus  eius  (geb.  754 
und  787)  praeceptor  electus  transiit  in  Palatium  cum  tota  schola.  .  .  de- 
cessit  aetatis  exactae  Eub  Tiberio.  statuam  habet  Praeneste  in  inferiore 
fori  parte,  circa  hemicydium  in  quo  fastos  a  se  ordinatos  et  marmoreo 
parieti  iucisos  publicarat.  üeber  diese  s.  oben  64,  3  und  64,  8,  9.  P^' 
Verrius  Flaccus,  iuris  pontifidi  peritissimus,  von  welchem  eine  Aeusserung 
(Witzwort?)  aus  Varro  bei  Macrob.  I,  15,  21  angefahrt  wird  könnte  etwa 
sein  Freilasser  sein. 

2.  Sammlung  der  Ueberreste  des  Verrius  in  den  Ausgaben  des  Festti^ 
von  Dader,  Lindemann  und  0.  Müller  (Praef.  p.  XIII— XVI).    Gellius  I^* 
5,  6:  in  Verri  Flacd  libro  primo  rerum  memoria  dignarum.    Daraus  ^obl 
das  was  PHnius  in  N.  H.  lü,  VU,  VHI,  IX,  XIV,  XV,  XVIII,  XXVIÖ, 
XXIX,  XXXm— XXXV  von  Verrius  Flaccus  entnahm.    Gell.  XVII,  6,  *' 
libri . . .  Verrii  Flacd  de  obscuris  Catonis  (oben  108,  4)  in  libro  secundo  scri- 
ptum est  etc.    V,  17,  1  (und  18,  2):  Verrius  Flaccus  in  quarto  de  vef^^' 
rum  significatu.    Schol.  Veron.  ad  Aen.  X,  183  u.  200  (p.  108  K.):  Flaoc^ 
primo  Etruscarum.    Macrob.  I,  4,  7  (vgl.  ib.  8,  5):  Verrius  Flaccus  ix>  ^ 
libello  qui  Satumus  inscribitur.    Unbestimmte  Anfühmngen  ans  dem   '^ 
mischen  Cultus  ib.  6,  15.  10,  7.  12,  16.    Lactant.  Inst.  I,  20,    Serv.  A^^' 
VIII,  203.  XI,  143  (alii,  sicut  Varro  et  Verrius  Flaccus,  dicunt).    S^^ 
granun.  19:  Scribonius  Aphrodisius  .  .  docuit  quo  Verrius  ten^K>re,  c^^ 
etiam  libris  de  orthographia  rescripsit  non  sine  insectatione  studiof*^^^''^ 
morumque  eius.    Daraus  wohl  die  Angaben  von  orthographischen  Besti^^ 
mungen  des  Verrius  Flaccus  bei  (^harisius,  Diomedes  imd  Velins  Lod^^^^ 


j 


245.    Grammatiker:  Yerrius  Flaccus.  491 

daraas  auch  die  dortigen  Erörterungen  über  Geschlecht,  Flexion  tuid 
i^^eutung  von  Wörtern,  so  hat  Yerrius  die  Orthographie  als  sprachlich 
tC^tiges  Schreiben  verstanden.  Auch  der  Briefform  bediente  er  sich  (wie 
'.suro)  bei  seinen  grammatischen  Darlegungen;  8ery.  Aen.  YlII,  423:  antea 
o  c  adverbium  loci  fuit;  .  .  nam  crebro  in  antiquis  lectionibus  invenitur, 
<^mit  in  epistolis  probat  Yerrius  Flaccus  ezemplis,  auctoritate,  ratione. 

3.  Das  Werk  de  verborum  significatu  war  von  Yerrius  alpha- 
^^isch  angelegt,  so  dass  jeder  Buchstabe  eine  Anzahl  Bücher  umfasste, 

!£.  P  mindestens  fünf  (Festus  p.  326  b,  2  f.  M.:  causam  Yerrius  in  libro  Y 
cKorom  prima  est  P  litera  reddidit),  A  zum  Mindesten  vier  (s.  Gell,  in 
L  2),  ebenso  S  mehrere  Bücher  ^est.  p.  309  a,  6  f. :  Suburam  Yerrius 
libro  —  bei  Festus  p.  302  a,  15  ff.  —  a  pago  Succusano  dictam  ait, 
o«  vero  mazime  probat  eorum  auctoritatem  qui  etc.).  Innerhalb  der  ein- 
^Ijien  Buchstaben  scheint  in  der  Hauptsache  gleichfaUs  die  alphabetische 
>x'dnang  eingehalten  worden  zu  sein,  aber  ohne  Consequenz  und  mit  Durch - 
Lx-«azung  durch  andere  Rücksichten,  besonders  sachliche.  0.  Müller  p.  XYI 
— ^^IX,  wo  das  ErgebniBs:  Yerrium  apparet  libros  de  verb.  sign,  omnes 
»^CQiidum  literas  disposuisse,  neque  in  ea  re  primas  tantum  sed  etiam  se- 
cixxidas  tertiasque  literas  respezisse,  sed  ita  ut  saepe  literas  inter  se  affines, 
v'elat  E  et  I,  0  et  Y,  uno  capite  comprehenderet  et  consonantibus  malus 
ponduB  tribueret  quam  vocalibus,  denique  ut  singulorum  capitum  .  .  ordi* 
nem  ad  arbitrium  magis  quam  ex  alphabeti  lege  constitueret.  idcirco  pu- 
^verim  Yerrium  quae  ex  variis  scriptoribus  .  .  excerpsisset  vel  ipse  ex- 
^firitasset  in  singulas  Chartas  coniedsse  easque  deinde  non  certo  ordine 
^^^eatas  librarüs  tradidisse  describendas.  In  dem  Werke  werden  sämmt- 
^che  Gedichte  des  Yergilius  angeführt,  Horaz  niemals.  Yon  Yarro  werden 
^ci^ischiedene  Schriften  citiert,  das  Werk  de  lingua  latina  nie,  vielleicht 
^eil  es  Yerrius  für  verfehlt  hielt  (vgL  oben  155,  2)  und  doch  nicht  dagegen 
^lexnisieren  mochte.  Die  Schriften  des  Antistius  Labeo,  des  Yeranius  und 
^^Jlls  Capito  werden  erst  in  der  zweiten  Hälfte  des  Werkes  angeführt. 
^^^  die  Abfassungszeit  lässt  schliessen  p.  154  b,  7  f.:  cum  mansisset  ab 
^^^e  condita  ad  principatum  Augusti  Caesaris  inviolatum,  und  (v.  senacula) 
**  ^47,  25:  ubi  nunc  est  aedis  Concordiae  inter  Capitolium  et  forum,  wel- 
-h^*-  Tempel  im  J.  763  d.  St.  eingeweiht  wurde.  Das  Werk  scheint  daher 
-^^«  der  spätesten  des  Yerrius  zu  sein.  Ygl.  Merkel  zu  Ovid's  Fast. 
^-    XCIY  ff. 

4.  Ueber  sein  Yerhalten  zu  dem  Werke  des  Yerrius  spricht  sich 

^  Qstus  selbst,  V.  porriciam,  p.  218  b  so  aus:  cuius  (des  Yerrius)  opinio^ 

^em  neqae  in  hoc  neque  in  alüs  compluribus  refutare  minime  necesse  est, 

^Tun  propositom  habeam  ex  tanto  librorum  eius  numero  intermortua  iam 

^  sepolta  verba  atque  ipso  saepe  confitente  nullius  usus  aut  auctoritatis 

]iraeterire,  et  reliqua  quam  brevissime  redigere  in  libros  admodum  paucos. 

(Glücklicherweise  führt  er  diesen  Yorsatz  sehr  inconsequent  durch.)    ea 

autem  de  quibus  dissentio  et  aperte  et  breviter,  at  sdero,  scripta  in  his 

übris  meia  invenientur  (qui)  inscribuntur  „priscorum  verborum  cum  ezem* 

pHs".    Letzteres  Werk  des  Festus  ist  spurlos  verschwunden.    Das  Excerpt 

ans  Yerrius  ist  mechanisch  gemacht,  mit  Zusätzen  besonders  aus  andern 

Sduiften  des  Yerrius,  selten  eigenen,  die  dann  möglichst  wortreich  sind 


» 


5.    Das  Zeitalter  des  Sex.  Pompeias  Festus  ist  onbekannt; 
citiert  er  p.  369  den  Martialis  und  p.  277  a  den  Granios  (?)  und  wi 
Ton  Macrobius  (Sat.  III,  3,  10  und  6,  7  Pompeius  Festus;   III,  8, 
h|  Festus  de  verborum  significationibus  libro  XIII)  und  Charisius  (p. ' 

K.:  Porphyrie  ex  Verrio  et  Festo)  angeführt.  Er  mag  also  den 
christlichen  Jahrh.  angehören.  Er  theilte  seinen  Auszug  in  20  Bü 
ungefähr  gleichem  Umfang  ein,  ohne  Bücksicht  darauf  dass  jec 
einen  neuen  Buchstaben  beginne  (0.  Müller  p.  XXXI  f.).  Erhalte 
sein  Werk  durch  eine  einzige  (vgl.  Rhein.  Mus.  XVII.  S.  810}  Hai 
den  cod.  Famesinus  saec.  XI  (jetzt  in  Neapel),  damals  ohne  Zwei 
vollständig.  Von  dieser  bi*achte  um  1480  der  lUyrier  Manilius  Bh 
neun  letzten  (mit  der  Mitte  des  M  beginnenden)  der  16  Quatemi< 
welchen  das  Exemplar  ursprünglich  bestand  ungebunden  nach  ] 
Pomponius  Laetus),  und  auch  diese  sämmtlich  auf  der  linken 
durch  Brand  schwer  beschädigt.  Von  diesen  neun  sind  seitden 
drei  verloren  gegangen  (quat.  VIII,  X,  XVI)  und  uns  nur  durch 
Schriften  bekannt  welche  im  löten  Jahrh.  davon  genommen  wur< 
Ursinus  irrig  schedae  Pomponii  Laeti  genannt).  Namentlich  den  Q 
XVI  besassen  noch  Manche  (wie  Politianus  und  der  Schreiber  i 
2731)  denen  vom  üebrigen  mehr  oder  weniger  fehlte  (wie  dem  P 
die  Quatemionen  VIU,  IX  und  X).  Vgl.  0.  Müllers  Ausg.  p.  II— 
Th.  Mommseu  in  den  Abhandl.  der  Berl.  Akad.  1864,  p.  57—66. 


:  m 


6.    Wie  der  Auszug  des  Festus  zum  frühen  Untergange  des 
;'  im  digen  Originalwerkes  beigetragen  haben  wird,  so  wurde  Festus  se! 

j    hM  derum  verdrängt  durch  seinen  Epitomator,   den  Priester  Paulu 

fi   \^  sichere  Berechtigung  Diaconus  genannt,  s.  Bethmann  in  Pertz  A 

S.  320  ff.)  unter  Karl  dem  Grossen.  In  dem  als  Vorwort  dienendei 
ben  an  Letzteren  heisst  es:  Sextus  Pompeius  .  .  opus  suum  ad  X 
prolixa  volnmina  extendit.  ex  qua  ego  prolixitate  superflua  qu£ 
minus  necessaria  praetenrrediens  et  auaedam  abstrusa  Denitus  stUo 


I 
1  k 


245.   Grammatiker:  Verriua  Flaccus.  (Festus.  Paulas.)  493 

Da  er  aach  die  Schreibfehler  des  cod.  Farnes,  von  Feetus  abschreibt  oder 
durch  Weglassxmg  der  betreffenden  Worte  umgebt,  so  scheint  es  dass  er 
die  gleiche  Hdschr.  des  Festus  vor  sich  hatte  wie  der  Schreiber  des  Far- 
nesinns.    Vgl.  0.  Müllers  Praef.  p.  XXXII  f.  Vni  f.    Der  Auszug  des  Pau- 
Un  ist  in  zahlreichen  Hdss.  auf  uns  gekommen.    Derselben  sind  zweierlei 
Classen.    Die  eine  gibt  mit  blinder  Treue  die  Worte  des  Paulus  wieder, 
wie  die  Münchner  saec.  XI  und  die  Wolfenbüttler  saec.  X.    Die  andere 
rührt  von  Solchen  her  die  den  vorgefundenen  Text  mit  ihren  unzureichen- 
den Kräften  zu  verbessern  versuchten,  wozu  besonders  ein  Lipsiensis  und 
oin  Berolinensis  gehört;  s.  0.  Müller  p.  IX— XII.    Auch  zu  Trojes  soll 
sich  ein  cod.  saec.  IX  befinden;  s.  Catalogue  g^näral  des  mss.  (Paris  1856) 
n.  Nr.  2291. 

7.  Ausserdem  ist  uns  Einzelnes  durch  Schriftsteller  erhalten  welche 
TTr  Festus  den  Verrius  benützten  oder  ror  Paulus  oder  unabhängig  von 
ihm  den  Festus.  Das  Erstere  findet  Statt  bei  dem  Excerpt  aus  Suetons 
I^i^ta,  hbr.  IX  bei  Isidor  de  nat.  rer.  44,  in  Reiiferscheids  Sueton  p.  242 
—  244;  das  Zweite  bei  den  Glossarien  des  Pladdus  und  den  griechisch- 
lateinischen, namentlich  in  den  ersten  Buchstaben;  s.  0.  Müller's  Festus 
P-  XXXni  f.  und  p.  380  f. 

8.  Ausgaben  des  Festus  und  Paulus  (vgl.  Müller*s  praef.  p.  XXXV 
— ^11).  Ed.  princ.  de«  Letzteren  Mediol.  1471  und  darnach  öfters.  Festus 
^uid  Paulus  durcheinander  (nebst  Nonius  und  Varro)  nach  J.  B.  Pius'  Pa- 
pieren von  Conagus,  Mediol.  1510  und  später.  Aid.  Venet  1513.  Sonde- 
'^^^g  des  Festus  und  Paulus  und  kritische  Behandlung  durch  Ant.  Augu- 
'^na,  Yenet.  1559  und  sonst.     Vorzügliche  Beiträge  zur  Kritik  in  Jos. 

^^^^ger's  Ausgabe,  1565.  Mit  Erg^zungen  des  Fnlvius  ürsinus,  Bom  1581  f. 

^otia  et  emend.  illustr.  A.  Dacier,  Paris  1681  und  Amsterd.  1700.    In  Lin- 

^^iDanns  Corp.  gramm.  lat  II,  und  abgesondert  Lips.  1832.  4.    Edidit  A. 

r  r  ^8?6i'>  P&ns  1838.    Hauptausgabe:  emendata  et  annotata  a  C.  0.  Müller, 

^PB.  1839.  4. 

9.  Beiträge  zur  Textkritik  von  L.  Mercklin  (Observationes  ad  etc. 
P^^t^at  1860.  14  pp.  4.),  W.  Corssen  (Philologus  XX.  S.  730—737),  Th. 
■"^Onaniaen  (Festi  codicis  quatemionem  XVI«»"  den uo  edidit,  Abh.  d.  Berl. 
-^^ad.  1864,  p.  66-86)  u.  A. 

A.  Baumstark  in  Pauly's  Real-Enc.  III.  S.  463—466.  H.  E.  Dirksen, 
^e  römisch-rechtlichen  Quellen  des  Verrius  Flaccus  und  Festus,  Abhandl. 
^er  Berliner  Akad.  1852,  S.  133—184. 

246.  Der  Freigelassene  des  Augustus  und  Bibliothekar  C. 
Julias  Hyginus  (um  690 — 770?)  verband  die  Richtung  des 
Varro  mit  der  des  Nigidius  Figulus.  Dem  Varro  strebte  er 
nach  in  Vielseitigkeit  der  literarischen  Thätigkeit  und  in  natio- 
naler Richtung  derselben.  Wie  er  de  situ  urbium  italicarum 
sehrieb  so  auch  über  berühmte  Männer  der  vaterländischen  Ge- 
schichte; daneben  verfasste  er  Schriften  über  ein  Gedicht  des 
CSnna  und  über  die   Werke  des  Vergil,    sowie  eigene  Bücher 


] 


494  AugnsteiBche  Zeit,  711—767  d.  St. 

über  Ackerbau  und  Bienenzucht.    Nach  dem  Vorgange  des  "^J^  ^'     f  ^  ^ 

gidius  verfasste  Hyginus  theologische  (und  astrologische)  Schrx^'     I  ^ 

ien,  die  aber  wohl  nüchterner  gehalten  waren  als  die  von  jeneo^' 

Den  Namen  Hyginus  tragen  zwei  auf  uns  gekommene  Seh 

bücher  über  Mythologie,  nämlich  277  Fabulae,  werthvoll  ^ 

sonders  durch  ausgedehnte  Benützung  der  tragischen  Literatu^^.      I^ia 

der  Griechen,  aber  in  sehr  abgekürzter  Fassung  und  unclassi^ 

scher  Sprache  erhalten;  und  vier  Bücher  de  astronomia  aus 

alezandrinischen  Quellen,  besser  erhalten,  aber  gleichfalls  gekürzt 

Beide  Schriften  sind  ohne  Zweifel  von  demselben  Verfasser;  ob 

dieses  aber  der  Augusteer  Julius  Hyginus  war  ist  zweifelhaft. 

1.    Suet.  gramm.  20:    C.   lulius  Hyginus,  Augusti  libertus,  natione 
Hispanus  —  nonnulli  Alexandrinum  putant  et  a  Caesare  pueraxn  Romam 
addüctum  Alezandria  capta  (J.  707  d.  St.)  —  etadiose  et  audüt  et  imita-        "^* 
tus  est  Comelium  Alexandmm  grammaticum  graecum,  quem  propter  anti-        — Mi- 
quitatis  notitiam  PolyhiBtorem  multi  .  .  vocabant.     (Daher  vielleicht  die       ^»ie 
Bezeichnung  des  Hyginus  als  Alezandrinus.)    Praefuit  palatinae  bybliothe- 
cae  (gegründet  726  d.  St.)»  nee  eo  «ecius  plurimos  docnit;  fuitqae  familia- 
rissimus  Ovidio  poetae  (der  yielleicht  an  ihn  Trist.  HI,  14  gerichtet  hat) 
et  Clodio  Licino  (oben  243,  6),  .  .  qui  eum  admodum  pauperem  decesdese 
tradit.  .  .  Huius  libertus  fiiit  lulius  Modestus,  in  studiis  atque  doctrina 
vestigia  patroni  secutus.     Ungenauer  Auszug  hieraus  bei  Hieronym.  zu 
Euseb.  chron.  ad  a.  Abr.  2008  —  Aug.  35  =  746  d.  St. :  C.  lulius  Hyginus, 
cognomento  Polyhistor,  grammaticns  habetur  inlustris.    Zur  Zeit  da  Coln 
mella  (I,  1,  13  f.)  schrieb  war  Hyginus  todt.    Schon  bei  Festus  v.  erb 
(p.  182  a)  wird  neben  Aelius  Gallus  und  Comificins  auch  Yginus  angefOhrt* 
Chr.  B.  Bunte,  de  C.  lulii  Hygini  .  .  vita  et  scriptis,  Pars  prior,  Marb 
1846.  63  pp.;  auch  vor  seiner  Ausg.  der  Fabulae  p.  1—16. 


2.    Ascon.  ad  Cic.  Pis.  p.  13  Or. :  Varronem  tradere  .  .  lulius  Hygin 
dicit  in  libro  priore  de  viris  claris.    (xelL  I,  14,  1:  lulius  Hyginus  in  libr 
de  vita  rebusque  inlustrium  virorum  sexto.    Also  zweierlei  Eintheilunge: 
(wie  oben  122,  4)  oder  (wie  bei  Varro's  Antiquitates  und  Imagines,  obe 
S.  232  u.  234)  zweierlei  Bearbeitungen,  eine  kürzere  und  eine  ausf&hrliche. 
In  letzterer  büdete  wohl  jeder  Behandelte  ein  eigenes  Buch;  daher  GelL 
VI,  1,  2  (u.  6):  et  C.  Oppius  (oben  184,  2)  et  lulios  Hyginus  aliique 
de  vita  et  rebus  Africani   scripserunt.     Vgl.   Hieronymus,   oben  244,  1. 
Gell.  X,  18,  7:  Hyginus  in  Exemph's  refert  (vgl.  oben  185,  3  u.  4).    Serv^ 
Aen.  V,  389:  secundum  Hyginum,  qui  de  familiis  troianis  scripsit  (wie  Varro^r 
oben  S.  233,  e).    Macrob.  III,  4,  13:  Hyginus  in  libro  quem  de  dis  pena — 
tibus  scripsit.    IH,  8,  4:  Hyginus  De  proprietatibus  deorum,  cum  de  astri^ 
ac  de  stellis  loqueretur,  ait  etc.    Vgl.  Non.  Marc.  v.  Picumnus.    Darau^^^ö 
(oder  aus  den  Genealogiae,  s.  A.  5)  wohl  auch  was  Paulin.  NoL  carm.  36r 
131—143  als  des  Hyginus  Ansicht  über  Vesta  anführt.    Serv.  Aen.  HI,  563 
secundum  Hyginum,  qui  scripsit  De  situ  urbium  italicarum;  vgl.  ib.  I,  277^ 
530.  VII,  412  (H.  in  ital.  urb.).  VIH,  597  u.  600  (in  urb.  it.).  VH,  678  (d^ 
urb.  it.).  VIII,  638  (de  origine  urbium  it.).    Macrob.  V,  18,  16  (lulius  Hyg— 


-8 


246.    Grammatiker:  Hyginus.        *  495 

ii»  lilDro  II  ürbiam)  vgl.  ib.  7,  19  (ut  Hyginus  Protarchum  TraUianum  se- 
cutins  tradit). 

3.  Charig.  I.  p.  115  P.  —  142, 15  K.:  Hyginus  *de  agricultura  II.  Vgl. 
Colu.xn.  I,  1,  13:  nee  postremo  qaatii  paedagogi  eius  (des  Vergil  in  den 
Geox-g.)  meminiBse  dedignemur,  lolii  Hygini.  .  .  non  minorem  tarnen  lau- 
dem  meruenmt  nostrorum  temporum  viri,  Cornelius  Celsus  etc.  III,  11,  8: 
hyginus,  secutus  TremeUium  (oben  147,  2).  XI,  2,  83.  3,  62.  Plinius,  der 
ilin  im  Qaellenverzeichniss  zu  B.  III  bis  VI,  X  bis  XXII  auffuhrt  (immer 
als  Hyginus),  nennt  ihn  h,  n.  XUI,  47.  XVI,  84.  XVIII,  63.  XIX,  27.  XX,  45. 
^^I«  29.  Dazu  ein  eigenes  Werk  (oder  wahrscheinlicher  ein  Theil  des 
Werke«  de  agricultura)  über  Bienenzucht.  Colum.  IX,  13,  8:  Hyginus  in 
eo  lil>ro  quem  de  apibus  scripsit;  vgl.  ib.  6.  11,  5  (U.,  auctoritatem  Grae- 
cortixn  sequens).  13,  3  f.  14,  1—18.  Plin.  h.  h.  XX,  45,  116.  üeber  den 
Cluurakter  dieser  Schrift  s.  Colum.  IX,  2, 1  f.:  de  quibus  (Bienenkörbe)  ne- 
que  diligentius  quidquam  praecipi  potest  quam  ab  Hygino  iam  dictum  est 
i^ec  omatius  quam  Vergilio  nee  elegantius  quam  Celso.  Hyginus  veterum 
ftQctorum  placita  secretis  dispersa  monimentis  industrie  collegit.  . .  ea  quae 
^ys^us  fabulose  tradita  de  originibus  apum  non  intermisit  poeticae  magis 
licentiae  quam  nostrae  fidei  concesserim. 

4.  Charis.  I.  p.  108  P.  a»  134  K. :  lolius  Hyginus  in  Cinnae  propemptico 
(▼gl-  oben  200,  2).  Gellius  XVI,  6,  14  (über  Aen.  IV,  57):  Hyginus  lulius, 
qai  ius  pontificum  non  videtnr  ignorasse,  in  quarto  librorum  quos  de  Ver- 
SÜio  fedt  Daraus  dasselbe  Macrob.  VI,  9,  7:  Hyginus,  qui  ius  pontificium 
non  ignorant,  in  quinto  librorum  quos  de  Ver^io  fedt.  Gellius  I,  21,  2: 
^ygpnus,  non  herde  ignobilis  grammaticus,  in  commentarüs  quae  in  Vergi- 
liuxKi  fedt,  versichert  dass  Georg.  II,  245  in  libro  qui  fuerit  ex  domo  atque 
Gx  familia  Vergilii  er  amaror  gefunden  habe.  VU,  6,  2  ff.  nimmt  Gellius 
den.  Vergil  gegen  einen  Tadel  des  luUus  Hyginus  (wegen  praepes)  in  Schutz 
^^^  führt  X,  16  eine  Reihe  von  Ausstellungen  au  welche  Hyginus  als  Merk- 
^^le  der  Nichtvollendung  der  Aeneis  geltend  gemacht  habe  (1 :  reprehen- 
^^  Hyginus  Vergilium  correcturumque  enm  fuisse  ezistimat.  11:  item  hoc 
^5^0que  in  eodem  libro  reprehendit  et  correcturum  fuisse  Vergilium  putat 
^^X  mori  occupasset.    14:  item  in   his  Terubus  errasse  Vergilium  didt. 

^  «    Fersos  .  .  quem  VergiHus  procul  dubio  exempturus  fuit).    Vgl.  noch 
5^^^.  zu  Aen.  II,  15.  VU,  47.  XII,  120.    Bunte  p.  22—33.    Ribbeck,  Pro- 
^%g.  VergiL  p.  117-121. 

5.  Hygin.  poet.  astr.  U,  12:  de  quo  in  primo  libro  Genealogiarum 
^^psimus.    Das  Citat  triffb  zu  auf  fab.  p.  29,  6  Bte,  wie  überhaupt  der 

^te  Theil  der  fabulae  genealogisierend  ist,  daher  sicherlich  ein  Excerpt 
^X^  Hygins  Genealogiae  darstellt.     Dosith.  ^Efffirivtvticita  libr.  UI.  p.  65 
^^.  Böcking:  Maximo  et  Apro  coss.  (J.  207  n.  Chr.)  a.  d.  III  id.  Sept.  Hy- 
%$xii  genealogiam  omnibus  notam  descripsi,  in  qua  erunt  (erant  emendiert 
^^ursian  S.  769)  plures  historiae  interpretatae  in  hoc  libro  =  Magium  %al 
^TfQW  vndtotg  ngo  y'  tidäv  Zhnxfyk^qCmv  *TyCvfiv  yBVBtiloyiav  naatv  yvos- 
^-g-^v  ptBtiyQctrpttj  h  ^  iöortat  nXsiovig  IfstOQiai  duifiifivsvtitvat  iv  tovtip 
>fi9  ßgßUfo,    Die  Vergleichung  dessen  was  Dodtheus  gibt  mit  den  erhalte- 
nen fabidae  des  Hyginus  (Bunte,  Hyg.  fab.  p.  18  f.    Lange  de  nexu  p.  6 
— 8)  zeigt  zwar  die  Identität,  aber  zugleich  dass  Dositheus  bereits  ein  in- 


496 


Augusteische  Zeit,  711 — 767  d.  St 


terpoHertes,  durch  Zusätze  aus  andern  Schriften  (den  Nigidius  wird  Bchon 
Hygin  selbst  benützt  haben)  erweitertes  Exemplar   der  Genealogiae  vot 
sich  hatte.    Schon  damals  also  waren  diese  als  Schulbuch  verwendet.  Von 
dem  genealogischen  und  dem  katalogartig  gehaltenen  Theile  untenchei-^ 
den  sich  die  Stücke  erzählenden  Inhalts ,  mit  zusammenhängender  Daniel-' 
lung,   wie  es  scheint  grossen theik  aus  den  argumenta  von  grieduBche^^^ 
Tragödien  entnommen.    Dieser  zweite  Theil  scheint  nicht  aus  Hjgiiis  g^^^ 
nealogiae  zu  stammen,  zumal  da  zwischen  den  verschiedenen  BestandÜie^ 
len  Wiederholungen  und  Widersprüche  häufig  sind  (Bursian  S.  771  f.).  Ai 
diesen  zweiten  Theil  bezieht  sich  der  Titel  Fabulae,  der  dem  Werke  ab 
erst  von  Micyllus  gegeben  wurde.    Ausser  jenen  Quellen  ist  es  aus  de 
epischen  Dichtem  der  Griechen  geschöpft,  Homer,  Hesiod,  den  Kyklik 
und  Alexandrinern  (Lange  p.  25—63),  Anderes  (fab.  273)  aus  Vergil.   Aue 
mit  Ovid  hat  das  Werk  viele  Berührungspunkte;  aber  die  Abweichungen 
von  ihm  machen  nicht  wahrscheinlich  dass  er  benützt  ist  und  deuten  eh 
auf  Gemeinsamkeit  der  Quellen,  wo  nicht  gar  Benützung   durch  0 
(Lange  p.  68);  vgl.  A.  7.    Vielfache  Verwechslungen  mythischer  Name 
Lange  p.  19—25  vgl.  Bursian  S.  784.    Ausser  den  von  Niebuhr  in  der  V 
ticana  entdeckten  zwei  Palimpsestblättem  (herausgegeben  Rom.  1820)  sa&— 
V  oder  VI  scheint  das  Werk  nur  durch  eine  Handschrift  überliefert 
sein  (Bursian  im  Programm  von  1868,  p.  VII— IX),  nämlich  den  jetzt  v< 
schollenen  Frisingensis  des  J.  Micyllus  (Bursian  ib.  p.  FV— VII).    Fab.  1 
— 163  scheint  durch  eine  Blätterversetzung  vom  Anfange  in  die  Mitte  g^ 
rathen  zu  sein  (Bunte  Fab.  p.  17.    Lange  p.  14.  30.    Bursian  S.  773  f.).  — 
Ausgaben  von  Micyllus  (Basileae  1535  u.  1549.  foL),  CommeUnus  (Heid 
berg  1599),  J.  Schelf  er  (Hygini  quae  hodie  ezstant  eta    Hamburg  16 
mit  einer  Abhandlung  de  Hygini  scriptoris  fiabularum  aetate  atque  stiL 
Tho.  Muncker  (Mythographi  latini,  Amsterdam  1681),  van  Staveren  (Aucto 
mythogr.  lat.,  Lugd.  Bat.  1742),  Bemh.  Bunte  (Hyg.  fabulae  ed.,  Lips^ 
a.,  aus  1857).    Vgl.  Buntes  praef.  p.  22 — 25.    0.  Lange  de  nexu  inter 
lulii  Hygini  opera  mythologica  et  fabularum  qui  nomen  eius  prae  se 
librum.  accedunt  fabulae  transmutationum  selectae  (p.  69—74),  Mainz  18 
K.  Bursian  in  Fleckeisens  Jahrbb.  93,  S.  761  —  784  und  Ex  Hygini  Gen 
logiis  excerpta  .  .  restituta,  Zürich  1868.  4.    E.  Wölfflin,  zur  Kritik 
H.  Fabehi,  Philologus  X.  S.  303—309.    M.  Schmidt,  ebds.  XXÜI,  S.  47- 
XXV.  S.  416—433;  Rhein.  Mus.  XX.  S.  459—462. 

6.    Der  handschriftliche  Titel  des  gewöhnlich  Poetica  astronomica 
nannten  Werkes  ist  de  astronomia,  de  ratione  sphaerae  u.  dgL;  s.  B 
sian  a.  a.  0.  S.  761  f.  A.  1.    Es  ist  einem  unbekannten  M.  Fabius  gewi 
den  die  praefatio  anredet:  etsi  te  studio  grammaticae  artis  inductum 
flolum  versuum  moderatione  .  .  sed  historiarum  quoque  varietate  .  .  p 
8tare  video,  .  .  tamen  .  .  ne  nihil  in  adolescentia  laborasse  dicerer  et  i 
peritorum  iudido  desidiae  subirem  crimen,  hoc  velut  rudimento  seien 
scripsi  ad  te.   Folgt  das  luhaltsverzeichniss.    Dann:  in  bis  igitur  tarn  m 
et  variis  rebus  non  erit  mirum  aut  pertimescendum  quod  tantum  nume 
versuum  scripserimus;  .  .  quodsi  longior  in  sermone  visus  fuero,  non 
facunditate,  sed  rei  necessitate  factum  existimato.    .  .  etenim  praeter 
stram  scriptionem  sphaerae  quae  fuerunt  ab  Arato  obscuriufi  dicta 
cuti  planius  ostendimus.    .  .  quodsi  vel  optimis  usus  auctoribus  effeci 


C 


246.   Grammatiker:  Hyginus.  497 

neque  brevius  neque  verius  diceret  quispiam  etc.   ideoqae  maioribus  etiam 

niti  laboribas  cogitamus.    .  .  etenim  necessariis  nostris  hominibus  scientiB- 

sunia  maximas  res  scripsimus,  non  levibas  occupati  rebus  populi  captamus 

existimi^onem.    Die  benutzten 'Quellen  sind  besonders  Eratosthenes  imd 

^e  Bearbeiter  des  Aratos;  dabei  zeigen  sich  grobe  Fehler  der  Flüchtigkeit 

(Borsian  S.  765  f.).    Claudius  Ptolemäus  kennt  der  Verf.  noch  nicht;  Ci- 

cero's  üebersetzung  des  Aratos  wird  III,  29  und  IV,  3  angeführt.  Benützung 

des  Werks  durch  Plinius  lässt  sich  nicht  erweisen.    Der  Schluss  ist  lücken- 

haSt.   Handschriften  saec.  IX  ff.  gibt  es  mehrere,  in  der  Vaticana,  in  Bern, 

St,    Gallen,  Wolfenbüttel,  Brüssel,  Paris,  Montpellier  u.  sonst.    Ausgaben 

(ed.  princeps  Ferrar.  1475.  4.)  meist  mit  den  Fabulae,  namentlich  in  den 

Afl^rthographi  von  Commelinus,  Muncker  und  van  Staveren;  s.  A.  5.    Kiehl, 

emosyne  II.  p.  88  ff.    L.  W.  Ilasper,  Hyginus  philosophus  de  imagini- 

coeli,  d.  i.  das  dritte  Buch  des  poet.  astr.  des  C.  Julius  Hyginus,  nach 

Pariser  Hdschr.  zum  ersten  (?)  Mal  herausgegeben,  Leipzig  1861.   Vgl. 

ian  im  Lit  Centralbl.  1861,  S.  854  f.  und  a.  a.  0.  S.  785,  A.  46. 

7.  Die  Identität  des  Verfassers  der  Genealogiae  und  der  Astronomie 
is't^  unzweifelhaft;  s.  A.  5  z.  A.  Auch  findet  sich  niemals  ein  anderer  Name 
*^^  Hyginus.  Ob  dieser  aber  der  Augusteer  ist?  Die  breite  täppische 
^^^Älmredigkeit  des  Vorworts  zur  Astronomie  (s.  A.  6),  die  schülerhaften 
'*^^^amtzer  in  beiden  Schriften  stimmen  wenig  zu  dem  Bilde  das  man  sich 
^^^^  dem  (nachmaligen?)  Vorstande  der  Palatina  machen  möchte.  Indessen 
^^^■«s  von  Letzterem  keine  Schriften  dieser  Art  angeführt  werden  will,  bei 
^^>:  Zußiligkeit  imd  Unvollstäudigkeit  solcher  Erwähnungen,  wenig  besa- 
nn; ebenso  dass  deren  Verfasser  niemals  ausdrücklich  lulius  Hyg.  genannt 
d,  was  auch  bei  andern  Schriften  der  Fall  ist  (s.  A.  3).  Und  da  von 
Genealogiae  gewiss  ist  dass  sie  frühzeitig  für  den  Schulbedarf  ausge- 
gen  und  umgewandelt  wurden  (dreierlei  Rcdactionen  von  verschiedener 
^Bsung  haben  wir  bei  Dositheus,  in  den  Niebuhr'schen  Blättern  und  dem 
«zte  von  Micyllus)  imd  bereits  auch  einen  Abschnitt  de  rerum  inventione 
^thielten,  andrerseits  nachaugusteische  Quellen  sich  nicht  nachweisen 
^^ssen,  und  die  imgelenke  Handhabung  der  lateinischen  Sprache  an  einem 
usläuder  nicht  befremdet,  so  ist  die  Unmöglichkeit  dass  beide  Schriften 
ugendarbeiten  des  lulius  Hyginus  seien  noch  nicht  festgestellt  Der  Gro. 
^^mtiker  Hyginus  ist  der  Verfasser  jedenfalls  nicht  (Bursian  S.  767).  Bur- 
^ian  (Fleckeisens  Jahrb.  93,  S.  773)  denkt  sich  den  Hergang  so  „dass  etwa 
Xu  der  zweiten  Hälfte  des  zweiten  Jahrh.  n.  Chr.  ein  Grammatiker  aus  dem 
f^enealogiae  betitelten  Werke  des  Hyginus,  welches  die  Eosmogonie  und 
rrheogonie  in  ausführlicher  Erzählung  behandelte,  einen  ganz  knappen 
Auszug  machte  und  daran  (fab.  164  ff.)  eine  nach  mythologischen  Gesichts- 
punkten (Heroenmythen  nach  den  verschiedenen  Sagenkreisen,  fiBTafiOQ- 
tptocBig,  ahia)  geordnete  Darstellung  des  gesammten,  besonders  zum 
Verständniss  der  Dichter  erforderlichen,  mythologischen  Stoffes  aus  ver- 
schiedenen, zum  Theil  sehr  guten,  Quellen  anschloss.  Dieses  Handbuch 
der  Mythologie,  dem  von  seinem  ersten  .  .  Theile  her  der  Name  des  Hy- 
ginus und  der  Titel  Genealogia  geblieben  war,  wurde  bald  in  den  Schulen 
der  Gnunmatiker  allgemein  gebraucht  imd  erlitt  in  Folge  dieses  Jahrhun- 
derte laug  fortgesetzten  Gebrauches  manchfache  Umgestaltungen,  theile 
Veränderungen  des  Ausdrucks,  Umstellungen  .  .  theils  Zusätze  und  Erwei- 

Tcaffol,  Rom.  Literalurgcschiclilc*.  32 


498  Augusteische  Zeit,  711— 767  d.  St. 

terungen*^  Dass  das  unter  dem  Namen  des  M7thogn^)lius  Vaticanus  pri- 
mus  bekannte  (von  A.  Mai  herausgegebene)  spätlateinische  Compendium 
der  Mythologie  nach  Mai  den  Titel  C.  Hygini  libri  fabularum  trägt  erklärt 
sich  wohl  daraus  dass  der  Name  Hyginus  im  spätem  Alterthuni  typisch 
geworden  war  für  mythologische  Compendien  zum  Sohnlgebrauch  (ebd. 
S.  776). 

247.  Ausser  den  Genannten  hatte  die  augusteische  Zeit 
noch  eine  namhafte  Anzahl  minder  bedeutender  Grammatike 
(wie  CaeciliusEpirota,  L.  Crassitius,  ScriboniusÄphrodisius  u.A.) 
Forscher  auf  dem  Gebiete  des  Älterthums  (wie  Glodius  Tuscu 
u.  A.)  und  der  Natur  (wie  Statius  SebosuS;  Sabinus  Tiro  u.  A. 
welche  meist  zugleich  schriftstellerisch  tiiätig  waren.  Erhalte 
ist  nur  ein  astronomischer  Kalender  des  Glodius  Tuscus  in  d^^i 
^echischen  Uebersetzung  des  Laurentius  Lydus.  Die  Schriffe:» 
die  den  Namen  des  Arztes  Antonius  Musa  tragen  sind  spätere»  ji 
Ursprunges. 

1.  Suet.  gramm.  16:  Q.  CaeciliusEpirota,  Tusculi  natus,  libertus .A^t- 
tici  (oben  159,  1),  .  .  cum  filiam  patroni  nuptam  M.  Agrippae  (oben  207*.  7) 
doceret,  suspectus  in  ea  et  ob  hoc  remotus  ad  Comelium  Gallum  (oben  2:17) 
se  contulit  vixitque  ima  fomiliarissime ,  quod  ipsi  Gallo  iuter  grayissixxia 
crimina  ab  Augusto  obicitur.  post  deinde  damnationem  mortemque  6&lli 
scholam  aperuit,  sed  ita  ut  paucis  et  tantum  adolescentibus  praedpez-^t, 
praetextato  nemini.  .  .  primus  dicitur  latine  iex  tempore  disputasse  pTi- 
musque  Vergilium  et  alios  poetas  novos  praelegere  coepisse. 

2.  Suet.  gramm.  18:  L.  Crassitius,  genere  Tarentinus  ordinis  Ul>^f~ 
tini,  cognomine  Pasicles,  mox  Pansam  se  transnominavit.  hie  initio  cLK'ca 
scenam  versatus  est  (oben  8,  1),  .  .  deinde  in  pergula  docuit,  donec  coxu- 
mentario  Zmymae  (oben  200,  2)  .  .  inclaruit.  .  .  sed  cum  .  .  doceret  %^J^ 
multos  ac  nobiles,  in  bis  lulum  Antonium,  triumviri  filium,  ut  Verrio  a^^^ 
que  Fiacco  compararetur,  dimissa  repente  schola  transiit  ad  Q.  Sexti  pl^' 
losophi  sectam. 

3.  Suet.  gramm.  19:  Scribonüji^  Aphrodisius,  Oxbili  (oben  187,  3)  m^^' 
vus  atque  discipulus,  mox  a  Scribonia,  .  .  quae  prior  Augusti  uxor  in^X^^ 
redemptus  et  manumissus  docuit  quo  Yerrius  tempore,  cuius  etiam  lil>^ 
de  orthographia  rescripsit  ejbc.  (oben  245,  2). 

4.  Suet.  gramm.  1 :  quod  nonnulli  kudunt  duos  iibros  de  litteris  ^^1' 
labisque,  item  de  metris  ab  eodem  Ennio  (dem  Dichter,  oben  89  ff.)  edÜ^^ 
iure  arguit  L.  Cotta  (also  ein  Litterarhistonker   des   ersten  ohristliol^ 
Jahrh.)  non  poetae,  sed  postenoris  Euni  esse,  cuius  etiam  de  aagur»»^ 
disciplina  volumina  feruntur.    Dieser  Grammatiker  EnniuB  war  es  au^ 
wohl  der  die  notae  Tironianae  ausbildete,  s.  oben  178,  4.    Festus  v.  top- 
per  (p.  352  b.  M.):  Ennius  vero  sie:  topper  fortasse  yalet  in  Enni  et  f^' 
cuyi  scriptis.    Ist  auf  ihn  auch  Varro  L.  L.  Y,  86  (foedus,  quod  fidus  Sa- 
nius  scribit  dictum)  zu  beziehen,  so  würde  er  in  die  Zeit  der  oben  §.  06 
genannten  Grammatiker  gehören.     Y^  noch  Chans,  p.  76  P.  «^  98  K.: 


247.    Grammatiker:  Clodius  Tuscus  u.  a.  499 

enxxiQiiam  Emiias  ait  per  e  solum  scribi  posse.    M.  Hertz,  Sinnius  Cap. 
S.    ^  f. 

5.  FestuB  V.  topper  (p,  852  b):  topper  significare  ait  Artorius  cito, 
for^esae  etc.  Quintil.  I.  0.  IX,  1,  2:  nee  desnnt  qui  tropis  figuramm  nomen 
iia^>oiiant,  quorum  est  C.  Artorius  Proculus. 

6.  Serv.  Aen.  I,  176:  Clodius  scribit,  commentariomm  quarto.    Vgl. 

I,    ^"2  (ClodiuB  commentariomm).    U,  229  (Clodius  scriba  comm.).    XII,  657 

(CTlodius  Tuscus:  mussare  est  ex  graeco  etc.).    Dieser  Clodius  Tuscus 

y^TT^zeste  einen  astronomischen  Kalender,  welchen  wir  in  der  griechischen 

ü^l^ersetzung  des  Laurentius  Lydus  (de  ostentis  p.  114  ff.  Wachsm.)  noch 

benutzen,    üeberschrift:  i<prifisQlg  xov  navtog  iviavxov,  "^yow  cruieiaiaig 

tac^^olov  xe  %al  dv6u6iv  tcov  iv  ovqavai  ipaivofkivatVj  in  toiv  KXavdiov  xov 

^€>^0xov  %0L^*  iqfATjvsictv  nffOQ  li^iv;  vgl.  p.  155:  x«l  xama  pL%v  6  Kltodiog 

lic  'Ka»v  naga  Govüyioig  tsgmv  ngog  li^iv,    Alis  der  vielfachen  Uebereinstim- 

lATnig  dieses  Kalenders  mit  den  Angaben  von  Ovids  Fasti  hat  Merkel 

(Ovid.  Fast.  p.  LXVI  —  LXXTV)  gefolgert  dass  Ovid  vorzugsweise  diese 

Ajrlieit  des  Clodius  Tuscus  benützt  (imd  Tuscus  sein  Werk  für  Ovid  ver- 

fasst)  habe.    Gell.  V,  20,  2:  Sinnius  Capito  in  literis  (grammatischen  In- 

lialtB)  quas  ad  Clodium  Tuscum  dedit.    Vielleicht  ist  er  auch  der  bei  Ovid. 

ex  Pont.  rV,  16,  20  (vgl.  oben  236,  8)  als  Dichter  genannte  Tuscus.   Ueber 

den  hiatoricus  Tuscus  s.  imten  261,  4.    Ein  Fabricius  Tuscus  bei  Plinius 

"Ä  Quellenverzeichniss  zu  B.  IV  und  VI  (Geographie). 

7.  Verwandter  Art  ist  die  Schriftstellerei  des  Cornelius  Labeo, 
^■^neii  Zeit  aber  unbekannt  ist.  Macrob.  I,  16,  29:  Cornelius  Labeo  primo 
"«•torum  libro;  vgl.  12,  21  (stimmt  mit  Festus  v.  Maius,  p.  134  M.,  viel- 
leicht weil  auch  Labeo  aus  Verrius  Flaocus  schöpfte).  III,  4,  6  (Cor- 
Aeliua  Labeo  de  dis  penatibus  eadem  ezistimat).  I,  18,  21:  Cornelius 
jj'^beo  in  libro  cui  titulus  est  De  oraculo  ApoUinis  Clarii.  Er  ist  wohl  auch 
^^  Labeo  in  libris  qui  appellantur  De  dis  animaUbus  bei  Serv.  Aen.  III, 

7^  Vgl  I,  378  (alii,  ut  Nigidius  et  Labeo,  deos  penates  .  .  tradunt),  sowie 

^^Ueicht  der  Labeo  bei  Augustin.  civ.  dei  II,  11  (cum  Labeo,  quem  hu- 

v^^^^^tnodi  remm  peritissimum  praedicant,  numina  bona  .  .  etiam  cultus 

T^^ersitate  distinguat).    14  (Platonem  Labeo  inter  semideos  commemoran- 

^^  putavit).    III,  25.  Vni,  13.  IX,  19  (nonnulli  istorum  .  .  daemonicola- 

.^11^  in  quibus  et  Labeo  est,  eosdem  perhibent  ab  aliis  angelos  did  quos 

^^  daemones  nuncupant,  —  wonach  dieser  Labeo  der  christlichen  Zeit 

J^M^ohören  würde),  und  wahrscheinlich  der  AaßBav  welchen  Lyd.  de  mens. 

^>  1.  20  und  de  ostent.  3  extr.  42  (üeberschrift:  xad'oUnrj  intxjJQriütg 

^(  üilTpffiv  negl  %BQavv£v  %al  allmv  iiaxaüXf)fiax<ov ,  i%  x&v  Aaßsmifog 

^*  igiAtjvsiav  ngog  Xi^tv  ano  xrjg  &sg(i'^g  xgonijg  anführt.    Vgl,  C.  V^'achs- 

^ttths  Prolegg.  p.  XXÜ  f.    Der  Fälscher  Fulgentius  (expos.  serm.  ant.  s.  v. 

^^Unale«,  p.  769  Stav.):  Labeo,  qui  disciplinas  etruscas  Tagetis  et  Bacche- 

^idii  XV  voluminibus  expUcavit.    Andrerseits  ist  er  wohl  identisch  mit 

^m  Comehos  (die  Hdss.  CoruiUus)  welcher  quattuor  Mercurios  esse  scri- 

lit  bei  SchoL  Stat.  Theb.  IV,  482,  was  sonst  von  quidam  oder  noKiulli 

anflgesagi  wird;  s.  8erv.  Aen.  I,  297.  IV,  577.   Ampel.  9  (p.  10,  5  Wn.). 

Mjthogr.  Vat.  II,  42.    0.  Jahn,  Rhein.  Mus.  IX.  S.  627. 

8.  In  der  augusteiachen  Zeit  verfassten  grammatische  Schriften  auch 

32* 


500  AuguBteiBche  Zeit,  711—767  d.  St 

Asinius  Pollio  (?  vgl.  208,  2  d),  M.  Messala  (oben  208,  7),  Aristiiifi  Fnflcor^« 
(oben  226,  1),  antiquarische  Cincius  (oben  106,  4)  und  Feneetella  (obe^E-^ 
243,  2);  naturwissenschaftliche  Pompejus  Trogus  (oben  242,  2). 

9.  Statins  Sebosus,  von  Plinius  genannt  im  Quellenyerzeichniss 
B.  II  und  IX,  sowie  als  Sebosus  zu  B.  III,  V,  VI,  VII,  Xn,  XIII.  Ni 
richten  aus  ihm  ib.  VI,  36  (Angabe  der  Fahrzeit  zu  den  insulae  Hesperidi 
und  IX,  17  (Wunder  des  Flusses  Ganges).  F.  F.  Uudeman,  der  römie 
Seefahrer  Statins  Sebosus,  Ztschr.  f.  d.  Alt  Wiss.  1852,  Nr.  3.  Einen 
bosus  nennt  als  Freund  des  Lutatius  Catulus  und  lästigen  Nachbar  Oicei 
ad  Att.  II,  14,  2.  15,  3  (J.  695  d.  St.). 

10.  Plin.  n.  h.  XIX,  57:  Sabinus  Tiro  in  libro  Cepuricon  (Ärptoir^^g^, 
%mv)  quem  Maecenati  dicavit  Auch  im  Quellenverzeichnisse  zu  B.  XV^XU 
(Sabine).  In  dem  zu  B.  XIX  werden  neben  ihm  genannt  Caesennius,  <^ui 
KrjnovQina  scripsit,  Castricius  item,  Firmus  item. 

11.  Macrob.  III,  18,  7:  vir  doctus  Oppius,  in  libro  quem  fedt  De  aü- 
vestribus  arboribus;  ebenso  ib.  19,  4.  Er  ist  wohl  auch  der  von  Plinlaa 
im  Quellenverzeichniss  zu  B.  XI  (zoologisch)  genannte  Oppius. 

12.  Von  dem  Arzte  Antonius  M  usa  (Pauly's  Beal-Enc.  I,  1.  S.  1188  f. 
Nr.  65)  wird  zwar  öfters  angefahrt  welche  Mittel  er  angewandt  habe  (z-  R 
Plin.  N.  H.  XXX,  39  und  bei  Galenos),  ohne  dass  aber  daraus  auf  <i^^ 
Vorhandensein  von  Schriften  desselben  geschlossen  werden  könnte;  s.  K 
Meyer,  Gesch.  der  Botanik  II.  S.  48  —  52,  welcher  für  den  Schriftsteller 
über  Arzneimittel  bei  Galen.  XII.  p.  989  K.  (in  griechischer  Sprache)  viel- 
mehr den  Petronius  Musa  (t  um  50  n.  Chr.)  erklärt  Unter  dem  Nam^^ 
des  Antonius  Musa  gibt  es  eine  an  M.  Agrippa  gerichtete  Schrift  de  her^i=»& 
betonica  mit  Recepten.  Eine  Leidner  Uds.  saec.  VI  davon  beschreibt  X. 
Müller,  Rhein.  Mus.  XXIII.  S.  189  (am  Schlüsse:  explidt  herbarium 
nini  Musae  de  herba  vettonica).  Ausserdem  ein  Bruchstück  de  tuenda 
litudine  ad  Maecenatem;  s.  Antonii  Musae  fragmenta  quae  exstant,  eoU^* 
git  Flor.  Caldani,  Bassano  1800. 

248.    Der  Architekt  Vitruvius  Pollio  widmete  in  seixLcn 

spätem  Lebensjahren  dem  August  seine  zehn  Bücher  de  arclu* 

tectura,  worin  der  Begriff  des  Faches  im  weitesten  UmfangT^ 

genommen  ist.     Der  Verfasser  zeigt  sich  vielseitig  unterrichte^ 

belesen  und  nachdenklich;  aber  zu  feinerer  Bildung  und  zu  G^ 

schmack  ist  er  nicht  vorgedrungen.     Stofflich   ist  sein  Wert; 

schon  als  das  einzige  dieser  Art  das  auf  uns  gekommen  H 

wichtig,   die  Form  desselben  aber  ist  vielfach  abstossend  und 

wunderlich.     Ausser  dem  Werke  selbst  besitzen  wir  auch  eiiieü 

Auszug  daraus  von  imbekanntem  Verfasser. 

1.  Persönliche  Verhältnisse.  Das  Werk  selbst  gibt  nur  den  Namen 
Vitrfiviud;  das  Cognomen  stammt  aus  der  Epitome  (s.  A.  5).  Den  Vor- 
namen haben  die  italienischen  Gelehrten  des  löten  Jahrh.  auf  Grund  von 
allerlei  Vermutungen  verschieden  gewählt.  Ebenso  die  Abstammung  «» 
Verona  gründet  sich  einzig  auf  die  dortige  Inschrift  (bei  OrelU  4145):  L- 


V*J 


248.    Vitruvius  Pollio.  501 

Yitraviua  L.  1.  Cerdo.    Sicher  sind  nur  die  Angaben  des  Vitruvius  selbst, 
besonders  in  der  Vorrede  zu  Buch  I,  welche  wie  eine  in  den  Geschmack 
dm  Vit;raviu8  übersetzte  Umschreibung  des  Eingangs  von  Horaz  Epist.  II,  1 
auflsielit:  cum  divina  tua  mens  et  numen,  imperator  Caesar  (August),  im- 
peno    potiretur   orbis  terrarum  invictaque  virtute  cunctis  hostibus  stratis, 
triiuapho  (August  725)  victoriaque  tua  cives  gloriarentur  .  .  populusque 
rom.     et  senatus  liberatus  timore  amplissimis  tuis  cogitationibus  consiliis- 
qae  gnbemaretur,  non  audebam  tantis  occupationibus  de  architectura  scri- 
pta .    .  edere,  metuens  ne  non  apto  tempore  interpellans  subirem  tui  animi 
offeaaionem  (vgl.  Hör.  S.  II,  1,  20.   Ep.  I,  13,  4  f.   II,  1,  220  f.).    cum  vero 
atteaclerem  te  etc.     .  .  ut  civitas  per  te  non  solum  provinciis  esset  aucta 
(A^gfypten  724,  Galatien  72*9)  verum  etiam  etc.    non  putavi  praetermitten- 
doin  quin  .  .  ea  tibi  ederem,  ideo  quod  primum  parenti  tuo  (dem  Caesar) 
de  eo   fueram  notus  et  eins  virtutis  studiosus.    cum  autem  .  .  imperium 
parentis  in  tuam  potestatem  transtulisset,  idem  studium  meum  in  eins  me- 
nioria  permanens  in  te  contulit  favorem.     itaque  cum  M.  Aurelio  et  P. 
^^dio  et  6n.  Comelio  ad  apparaüonem  ballistarum  et  scorpionum  reli- 
quorumque   tormentorum  refectionem   fui  praesto  et  cum    eis   commoda 
*<^<^pi.    quae  cum  primo  mihi  tribuisti,    recognitionem  per   sororis   (der 
Octavia,  f  743)  commendationem  servasti.    cum  ergo  eo  beneficio  essem 
oblig^atus  ut  ad  exitum  vitae  non  haberem  inopiae  timorem,  haec  tibi  scri- 
bere  coepi,  quod  animadverti  multa  te  aedificasse  et  nunc  aedificare.    Er- 
^ähöt  den  pronauS  aedis  Augusti  V,  1,  7  (p.  107,  3  R.).    Beziehungen  zu 
^aeaar;  II,  9,  15  (p.  59,  18  ff.  R.):  divus  Caesar  cum  exercitura  habuisset 
circ^  Alpes  etc.  mit  ausführlicher  Beschreibung,  welche  den  Augenzeugen 
^errath;  VIII,  3,  25  (p.  203,  11  ff.  R.):  G.  lulius,  Masinissae  filius,  ,  .  cum 
patre  Caesari  miUtavit  (J.  708).    is  hospitio  meo  est  usus.    Den  Augustus 
^edet  er  immer  Imperator  oder  Caesar  an,  kennt  aber  auch  den  im  J.  727 
^hin     verliehenen  Titel  Augustus.    Die  Erwähnung  der  vielen  Bauten  Au- 
^'^^t^  weist  gleichfalls  über  727  hinaus,  sowie  über  738,  die  Zeit  wo  der 
^^^i^inus-Tempel  in  Rom  erbaut  wurde,  Vitr.  III,  2,  7  (p.  70,  4):  dipteros 
'  /   Ost  aedis  Quirini  dorica.    Andererseits  spricht  Vitruv  III,  2,  2  nur  von 
^^^^m  einzigen  steinernen  Theater  in  Rom,  deren  J.  741  zwei  weitere  er- 
l^^tet  wurden.    Also  fällt  die  Abfassung  ums  J.  740.    A.  Hirt,  in  Wolfs 
■*^Ub.  der  Alt.-Wiss.  I  (1806)  8.  228  f. 

2.    Zur  Charakteristik.    Vitr.  II,  prooem.  5:  mihi  autem,  Imperator, 

^^turam  non  tribuit  natura,  faciem  deformavit  aetas,  valetudo  detraxit 

^ires.    itaque  quoniam  ab  bis  praesidiis  sum  desertus  per  auxilia  scientiae 

^^criptaqne,  ut  spero,  perveniam  ad  commendationem.    VI,  prooem.  4  f.: 

t!um  et  parentium  cura  et  praeceptorum  doctrinis  auctas  haberem  copias 

disdplinarum  philologis  et  philotechnis  rebus  commeutariorumque  scripturis 

me  delectans  eas  possessiones  animo  paravi  e  quibus  haec  est  fructuum 

Bumma,  .  .  nihil  desiderare.    .  .  ego,  Caesar,  non  ad  pecuniam  parandam 

ex  arte  dedi  studium.    .  .  ideo  uotities  parum  est  adsecuta,  sed  tamen  bis 

voluminibuB  editis,  ut  spero,  etiam  posteris  ero  notus.    neque  est  miran- 

dnm  quid  ita  pluribus  sim  ignotus.    ceteri  architecti  rogant  et  ambiunt  ut 

architectentur,  mihi  autem  a  praeceptoribus  est  traditum  rogatum,  non 

rogantem,  oportere  susdpere  curam.    I,  1,  17:  peto,  Caesar,  et  a  te  et  ab 

is  qoi  ea  volumina  sunt  Iccturi  ut  si  quid  parum  ad  regulam  artis  gram- 


502  Augueteische  Zeit,  711—767  d.  St 

maticae  fuerit  explicatiim  ignoscatur.    namque  non  uti  summus  phüosophos 
nee  rbetor   disertus   nee  grammaticus  .  .,   sed  ut  architecius  bis  litteris 
imbutus  baec  niBus  sum  scribere.    Doeb  kramt  er  sebr  gern,  besonders  in 
den  redseligen  Einleitungen  die  er  jedem  Bacbe  yoranssebickt  (Scbneider'B 
Ausg.  I.  p.  LUX— LXYII),  seine  Kenntnisse  in  Pbilosopbie  nnd  Gescbichte 
aus,  freilieb  oft  mit  wenig  Glück,  wie  VI,  prooem.  3:   non  minus  poetae 
qui  antiquas  coraoedias  graece   seripserunt  easdem  sententias  verbis  in 
seona  pronuntiaverunt,  ut  £ucrates,  Cbionides,  Aristopbanes,  maxime  etiam 
eum  bis  Alexis.    Vorsatz  der  Kürze  V,  prooem.  3:  eum  animadTertissem.« 
distentam  oeeupationibus  eivitatem  publicis  et  privatis  negotiis,  paucis  in — . 
dieavi  scribendum,  uti  angusto  spatio  vacuitatis^  ea  legentes  breviter  per—  - 
eipere  possent,  und  abermals  ib.  5:  eum  ergo  .  .  animo  advertam  inusita^i^ 
tas  et  obscuras  multis  res  esse  mibi  seribendas,  quo  facilius  ad   seusu:^ 
legentium  pervenire  possint,  brevibus  voluminibus  iudicavi  scribere. 

3.  Den  Inbalt  der  einzelnen  Bücber  (volumina)  gibt  Vitruv  selbst  SLi^m 
Anfange  und  Scblusse  derselben  umständlieb  und  wiederbolt  an.  Die  si«^ 
ben  ersten  Bücber  baben  das  eigentlicbe  Bauwesen  (kircblicbe  und  priTa^*^ 
Gebäude)  zum  Gegenstande.  Das  acbte  Bueb  bandelt  vom  Wasser  ur=s 
Wasserleitungen,  das  ueunte  von  der  Zeitmessung  (bes.  Sonnenubren),  (L  ^ 
zebnte  von  Mascbinen,  uti  totum  corpus  omnia  arebitecturae  membra  in  <S^< 
cem  voluminibus  babeat  explieata  (X,  22, 12).  1, 1,  3  wird  von  dem  Arcbit^^J 
ten  gefordert  ut  litteratus  sit,  peritus  grapbidos,  eruditus  geometria,  bistorm^^s 
eomplures  noverit,  pbilosopbos  diligenter  audierit,  musicam  seierit,  medm.^«= 
nae  non  sit  ignarus,  responsa  iurisconsultorum  noverit,  astrologiam  coelic»  -c 
rationes  cognitas  babeat.  Vitruv's  Quellen  sind  vorzugsweise  Griecb^^i 
aufgezäblt  besonders  VII,  prooem.  11—14,  mit  der  Erklärung:  quorum  ^ 
commentariis  quae  utilia  esse  .  .  animadverti  eollecta  in  unum  eoegi  (^^o 
pus.  Docb  zeigt  seine  Kenntniss  des  Grieebiseben  Mängel,  trotz  Kübnbei^fc-^ 
wie  dviatQoXoyrjros.  Seine  Meinung  verständlicb  auszudrücken  ist  ibm  s^s^l 
bäufig  nicbt  gelungen;  es  feblt  ibm  an  schriftstelleriscber  Fälligkeit  vmj^ 
Fertigkeit.  Seine  Darstellung  ist  bald  uumässig  breit,  bald  ungebärLmc 
knapp,  bier  seltsam  geziert  und  gescbraubt,  dort  plebejiscb  (wie  cf  ^^ 
faciuntur). 

4.  Von  den  erbaltenen  Handscbriften  sind,  wie  Böse  erkannt  W:m^ 
nur  zwei  von  selbständigem  Wertbe,  der  Harleianus  (H)  saec.  IX  nnd  ^^^ 
Gudianus  (G)  saec.  XI.  Beide  selbst  aber  gehen  auf  dieselbe  ürbandscl^*-=3ai 
zurück,  da  sie  die  gleichen  Lücken  und  Fehler  baben,  sowie  VTI,  6  ^ 
gleiche  Blattversetzung.  Schon  durch  das  Alter  des  Uarl.  widerlegt  t-^^^ 
die  Meinung  von  C.  Fr.  L.  Schultz  (Untersuchung  über  das  Zeitalter  '^ 
.  .  Vitruvius,  berausgg.  von  0.  Schultz,  Leipzig  1866.  55  S.)  dass  die  Scl^^-^ 
aus  dem  zehnten  Jahrb.  sei,  wo  nicht  gar  aus  dem  13ten;  ebenso  daduE^^'^ 
dass  Pliniüs  den  Vitruv  unter  seinen  Quellen  zu  Buch  XVI,  XXXV  ^l:^^* 
XXXVI  nennt  (ex  Vitruvio)  und  seine  Benützung  der  uns  erbaltenen  Scl»-^^ 
des  Vitruv  sich  zum  Theil  noch  nachweisen  lässt;  s.  H.  Brunn,  de  in^^^* 
Plin.  (Bonn  1856.  4.)  p.  57—60.  Vgl.  auch  Serv.  Aen.  VI,  43:  Yitruvri^ 
qui  de  architectonica  scripsit,  .  .  ostium  dicit. 

5.  Der  Auszug  (von  einem  auetor  satis  antiquus,  nach  Rose)  hat  ^ 
den  Hdss.  die  Ueberschrift  De  diversis  fabrids  architectonicae  und  begins^' 


248.    Vitnivius  PoUio.  503 

De  artis  architectonicae  peritia  mulia  oratione  Vitnivius  Polio  aliiqae 
aaetores  scientissiine  scripsere.  verum  ne  longa  eorum  disertaque  facun- 
dia  Iramilioribus  ingeniis  alienum  faceret  studium,  pauca  ex  his  mediocri 
licet  sermone  privatis  usibus  omare  fuit  consilium.  Die  Ordnung  des  Vitruv 
iBt  verändert,  der  Stoff  auf  die  Privatgebäude  beschränkt.  Am  Schlüsse 
(c  29)  ist  eine  Erörterung  des  horologium  pelecinum  und  hemicycliimi  aus 
anderer  Quelle  angehängt;  auch  c.  30  (über  die  maltae)  ist  anderswoher 
and  jtbiger.  Das  Ganze  nach  drei  Hdss.  saec.  X.  bei  Rose  p.  285—313. 
Vgl.  ib.  p.  XII. 

6-  Ausgaben  des  Vitruv.  Vgl.  Schneider's  Ausg.  1.  p.  XI— XXVIII. 
Ed.^  princeps  von  Jo.  Sulpicius  s.  1.  et  a.  (Rom  zwischen  1484  und  1492), 
fol.  'Willkürliche  Textbehandlung  durch  Jo.  Jucundus,  Ven.  1511.  fol.  Cum 
comra.  G.  Philander,  Lugd.  Bat.  1552.  4.  Cum  notis  variorum  ed.  lo.  de 
I'aet,  Amsterd.  1649.  fol.  (mit  Baldi's  Lex.  Vitruv.).  Cum  vers.  ital.  ed.  B. 
Oaliaiii,  Neapel  1758.  fol.  Ed.  illustr.  A.  Rode,  BerHn  1800.  2  Voll.  4. 
^c,,  emend.,  illustr.  I.  G.  Schneider,  Lips.  1807  f.  3  Voll.  Cum  notis  varr. 
^d.  Stratico,  üdine  1825 — 1830,  4  Voll.  4.  Sammelausgabe  von  A.  Marini, 
^^nx  1836.  4  Voll.  fol.  Rec.  atque  emend.  et  in  germ.  serm.  vertit  C.  Lo- 
"^utzen,  I,  1.  Gotha  1856.  Ad  antiquiss.  codd.  nunc  primum  ediderunt  Val. 
^Be  et  Herm.  Müller-Strübing,  Lips.  (Teubner)  1867. 

7.  Uebersetzungen.  Erstmahls  verteutscht  durch  G.  H.  Rivium,  Nüm- 
^®i^  1548.  fol.;  mit  zahlreichen  Holzschnitten  Basel  1614.  fol.  Von  A.  Rode, 
^ipzig  1796.  4.  2  Bde.;  Kupfer  und  Erklärung,  Berlin  1801.  fol.  Ueber- 
*«tzt  und  durch  Anm.  und  Risse  erläutert  von  Fr.  Reber,  Stuttgart  (Hoff- 
^^4:111)  1864  f.  12. 

Französische  (mit  Erläuterungen)  par  J.  Martin  (Paris  1547.  fol.).  Gl. 
^^tTcault  (Paris  1673.  1684.  fol.).  Mit  Text  und  Atlas,  von  Tardieu  und 
^oußin  (Paris  1839.  4.);  par  Maüfras  (Paris  1847  ff.  2  Voll.). 

Englische  Von  W.  Newton  (London  1771—1791.  2  Voll,  fol.,  with  47 
^^ates),  Wükins  (London  1813.  2  Voll.  fol). 

ItalieniBche  von  Bald.  Orsini  (Perugia  1802.  2  Voll.),  Quir.  Viviani 
^^^d  Vinc.  Tuzzi  (üdine  1830). 

8.  Zur  Erläuterung.  B.  Baldus,  de  verborum  Vitruv.  significatione, 
^Dgsburg  1614.  4.  J.  Polenus,  Exercitationes  Vitruvianae,  Padua  1739.  fol. 
^741.  fol.  H.  C.  Genelli,  exegetische  Briefe  über  Vitruv.,  Braunschweig 
:i801.  Berlin  1804i  4.  J.  Rösch,  Erläuterungen  über  Vitr.,  Stuttgart  1802. 
^fiaubold,  Exercitationes  Vitr.,  Lips.  1821.  4.  C.  Lorentzen,  Observationes 
criticae  ad  Vitr.,  Gotha  1858.  4.  Vitr.  X,  13—15  in  Köchly  und  Rüstow's 
griech.  Kriegsschriftst.  I  (Leipzig  1853).  S.  347  —  405.  E.  H.  F.  Meyer, 
Geschichte  der  Botanik  I.  (Königsberg  1854.)  S.  382—391. 

üeber  den  modulus  des  Vitr.  (die  Einheit  bei  seinen  Angaben  über 
die  Massverhältnisse  des  antiken  Tempels)  s.  Aur^s,  nouvelle  th^orie  du 
modale,  Nimes  1862  (Säulendurchmesser  in  der  mittieren  Schafthöhe)  und 
dagegen  Fr.  Reber,  Philologus  XXVII.  S.  185—191  (Durchmesser  des  untern 
Schafkendes  der  Säule). 

249.  Von  den  Juristen  der  augusteischen  Zeit  berührt 
sich  am  nächsten  mit  den  Grammatikern  C.  Aelius  Gallus, 


504  Augusteische  Zeit,  711—767  d.  St. 

als  Verfasser    eines  Verzeichuisses  juristischer   Ausdrücke  mit 
Sacherklärungen.     Auch  des  M.   Antistius  Labeo   (um  695 
— 765  d.  St.)  Rechtskenntniss  ruhte  auf  der  breiten  Grundlage 
einer  umfassenden  Bildung  und  war  überdiess  getragen  durch 
einen  Charakter  von  unbeugsamer  Festigkeit;  die  seinem  Name 
noch  lange  fort  nicht  minder  Achtung  verschaffte  als  seine  zahl 
reichen  juristischen  Schriften.     Sein  Gegenfüssler  war  der  höfi- 
sche Jurist  C.  Ateius  Capito  (J.  720 — 775  d.  St.),  der  auc 
an  wissenschaftlicher  Bedeutung  und  schriftstellerischer  Thäti 
keit  mit  Labeo  sich  nicht  messen  konnte.     Aus  derselben  Ze 
ist  wohl  ferner  der  Jurist  Fabius  Mela. 

1.    GeU.  XVI,  5,  3:  C.  Aeliua  Gallus  in  libro  De  significatione  ve=^ 
borum  quae  ad  ius  civile  pertinent  secundo  (Definition  von  vestibulum) 


Macrob.  VI,  8,  16,  nur  mit  dem  Beisatze  von  vir  doctissimus.    Dig.  L,  \ «, 

157:  C.  Aelius  Gallus  libro  I  de  verborum  quae  ad  ius  civile  pertin^oELt 
significatione  (Definition  von  paries  und  via).    Abgekürzter  Titel  bei  Se»^   v  . 

Georg.  I,  264:  Aelius  Gallus  de  vcrbis  ad  ius  civile  pertinentibus  vallos     

appellat;  und  Festus  p.  218  ^:  postliminium  receptum  Gallus  Aelius  in  lib^  :x~o 
primo  significationum  quae  ad  ius  pertinent  ait  esse  eum  qui  etc.;  p.  27: 
reus  nunc  dicitur  qui  causam  dicit.    .  .  at  Gallus  Aelius  libro  II  signifii 
tionum  verbonun  quae  ad  ius  pertinent  ait:  reus  est  qui  etc.;  p.  301 
saltum  Gallus  Aelius  1.  II  significationum  quae  ad  ius  pertinent  ita 
p.  352^:  flumen  recte  dici  ait  Aelius  Gallus  libro  II  quae  ad  ius  pertin( 
Mehr  als  ein  zweites  Buch  wird  niemals  angeführt,  da  Festus  p.  352,  5 
(nota)vit  Aelius  in  XII  (tabulis)  signi(ficare),  auf  Aelius  Stilo  (oben  137,       ^) 
sich  bezieht;  s.  ß.  Scholl,  de  legis  XII  tabb.  reliqq.  p.  29.    Vielleicht  wi^-^^r 
die  Anlage  alphabetisch.    Aelius  Gallus  oder  Gallus  Aelius  kurzweg  citx.^^^ 
Festus  ausserdem  noch  19  Male.    Diese  ausgedehnte  Benützung,  sowie    <cS^e 
Gegenüberstellung  von  nunc  mit  at  Gallus  Aelius  p.  273*  zeigt  dass   ^3^^^ 
Werk  des  Gallus  schon  dem  Verrius  Flaccus  als  Vorarbeit  vorlag.    GaÜ"«3s 
Aehus  bei  Gajus  Dig.  XXII,  1,  19  pr.;  C.  Aelius  bei  Priscian  VIII.  p.  382, 1-    ^^^ 
C.  W.  E.  Heimbach,  C.  Aelii  Galli  Icti  iragmenta  rec   et  illustr.,  I#iX**- 
1823.    Ph.  E.  Huschke,  iurisprud.  anteiust.  (Lips.  1861)  p.  28-32  =  p.      '^^ 
—33  (1867).    W,  Teuffei  in  Pauly's  Real-Enc.  I,  1.  S.  337,  Nr.  1. 

2.    Pompon.  Dig.  I,  2,  2,  47:  post  hunc  (Aelius  Tubero,  oben  19S»     ^^ 
maximae  auctoritatis  fuerunt  Ateius  Capito,   qui  Ofilium  secutus  est^     ^^ 
Antistius  Labeo,  qui  omnes  hos  (alle  damaligen  Rechtslehrer,  s.  ot^^^ 
189  und  195)  audivit,  institutus  est  autem  a  Trebatio  (oben  189,  3).       ^* 
his  Ateius  consul  fait  (J.  758  d.  St.  =  6  n.  Chr.),  Labeo  noluit,  cum  otf'^''* 
retur  ei  ab  Augusto  consulatus,  quo  suffectus  fieret,  honorem  suscip^'^' 
sed  plurimis  studiis  operam  dedit  et  totum  annum  ita  diviserat  ut  Ror*'^ 
sex  mensibus  cum  studiosis  esset  (und  consulentibus  de  iure  publice     ^^ 
sponsitaret,  Gell.  XIII,  10,  1),  sex  mensibus  secederet  (wohl  auf  seis^^'^ 
fundus  Gallianus,  s.  Gell.  XIII,  12,  4)  et  conscribendis  libris  operam  di^X^^ 
itaque  reliquit  quadringenta  volumina,   ex   quibus  plurima  inter  maHD^ 
versantur.    hi  duo  primum  veluti  diversas  sectas  fecerunt  (s.  oben  S.  ^^ 


249.   JuriBten:  Aelius  Gallus,  Labeo.  505 

m^d   S.  370  f.) ;  nam  . .  Labeo  ingenii  qualiiate  et  fidacia  doctrinae,  qui  et 

cet^exifi  operis  sapientiae  operam  dederat,  plurima  innovare  iustitait  (oben 

S.    371,  A.  1).     GelliuB  XIII,  10,  1:  Labeo  Antistius  iuris  quidem  civilis 

disciplinam  prindpali  studio  ezercuit,  .  .  sed  ceterarum  quoque  bonarum 

arüozii  non  expera  fuit  et  in  grammaticam  sese  atque  dialecticam  literas- 

que   a.ntiquiores  altioresque  penetraverat  latinarumque  vocum  origines  ratio- 

nes<]^ti6  percalluerat  eaque  praecipue  scientia  ad  enodaudos  plerosque  iuris 

la>qneoB  utebatur.    Das  Beispiel  ib.  3  (soror  von  seorsum)  zeigt  ihn  als 

I^uristen  (oben  S.  50,  9  f.).    Tac.  A.  III,  75:  dem  Capito  consulatum  adce- 

leraverat  Augustus,  ut  Labeonem  Antistium,  isdem  arübus  praecellentem, 

di^n^fttione  eins  magistratus  anteiret.    namque  illa  aetas  duo  pacis  decora 

sixnul  tulit    sed  Labeo  incorrupta  libertate  et  ob  id  fama  celebratior,  Ca- 

pitonis  obsequium  dominantibus  magis  probabatur.    illi  quod  praeturam 

^tr&   stetit  commendatio  ex  iniuria,   huic  quod  consulatum  adeptus  est 

oditun  ex  invidia  oriebatur.    Gell.  XIII,  12,  1  f.:  in  quadam  epistula  Atei 

^^pitonis  scriptum  legimus  Labeonem  Antistium  legum  atque  morum  po- 

puli   jfoiQ,  iurisque  civilis  doctum  adprime  fuisse.    sed  agitabat,  inquit,  bo- 

p^Qein  libertas  quaedam  nimia  atque  vecors,  tarn  quam  eorum  divo  Augusto 

^^3ci    principe  et  remp.  obtinente  rat  um  tamen  pensumque  nihil  haberet 

'^^^i'    quod  iustum  sanctumque  esse  in  romauis  antiquitatibus  legisset.    Mit 

^eiüiger  Servilismus,  trotz  grösserer  persönlicher  Berechtigung  dazu,  Por- 

P*^yirio  zu  Hör.  S.  I,  3,  82  (p.  70  H.):  Marcus  Antistius  Labeo  praetorius, 

iiu-18   etiam  peritus,  memor  libertatis  in  qua  natus  erat  multa  contumaciter 

'^^'^^Tsus  Caesarem  dixisse  et  fedsse  dicitur,  propter  quod  Horatius  nunc 

?^^lans  Augusto  insanum  eum  dicit.    Vgl.  Acre  ib.  (p.  58  H.).    Sollte  sich 

f5^*"*  1-  1-  (Labeone  insanior  inter  sanos  dicatur,  aus  J.  716  oder  717)  wirk- 

^^'^    auf  diesen  Sohn  seines  ehemaligen  Kriegsgefährten  beziehen,  so  könnte 

^  O^denfalls  noch  nicht  seiner  politischen  Richtung  gelten.    Ueber  Labeo 

8.   "W.  Teuffei  in  Pauly's  Real-Enc.  I,  1.  S.  1163-1165,  Nr.  26. 

_  3.    Die  Schriften  des  Labeo  umfassten  400  Bücher  (s.  A.  2).    Die 

^*^  Arreste   aus    den   Digesten   bei  Hommel,   Palingenesia  libr.  iur.  vet. 
."^^^^^s.  1767)  I.  p.  321-  338;   die  aus  andern  Schriftstellern  bei  Huschke, 
^^^^^^pr.  anteiust.^  p.  43-48.*  p.  44—50.    Gell.  XIII,  10,  2:  sunt  libri  post 
^^^^m  eius  editi,  qui  Posteriores  inscribuntur,  quorum  librorum  tres  con- 
^*^X^  XXXVni  et  XXXIX  et  XL,  pleni  sunt  id  genus  (s.  A.  2)  rerum  ad 
*"     randam  et  inlustrandam  linguam  latinam  conducentium.    Sonst  war 


j  Werk  ein  System  des  Civilrechts,  nach  dem  Plane  des  Q.  Mucius  (oben 

v^X  ,  2)  angelegt.     Epitome  davon  durch  lavolenus,  die  in  den  Digesten 

l^^ötzt  ist,   wie  die  der  acht   Bücher  Probabilium  {icid'avöiv)  nach  der 

X^itome  des  Paulus;  beide  Werke  sind  im  Ganzen  63mal  in  den  Digesten 

^-t-iert.    Labeo  libris  Epistolarum  (Dig.  XLI,  3,  30,  1);  libri  responsorum, 

^^^deatens  15  Bücher  (Collat.  XII,  7,  3).    Gell.  XIII,  10,  3:  in  libris  quos 

^^  praetoris  edictum  scripsit  multa  posuit  partim  lepide  atque  argute  rc- 

^Qrta.     sicuti  hoc  est  quod  in  quarto  ad  edictum  libro  scriptum  legimus 

^tc.     Dig.  L,  16,  19:  Labeo  libro  primo  praetoris  urbani;  IV,  3,  9,  4:  La- 

^eo  libro  trigesimo  praetoris  peregrini.    GelL  I,  12,  18:  in  commentarüs 

labeonis  quae  ad  XII  tabulas  composuit;  vgl.  ib.  XX,  1,  13  und  VI  (VII), 

15,  1:  Labeo  in  libro  de  XII  tabulis  secundo.    Festus  v.  prox  (p.  253*): 

Labeo  de  iure  pontifido  L  XI;  darauf  v.  penatis:  Labeo  Antistius,  und  v. 


506  AuguBieische  Zeit,  711— 7«7  d.  St. 

proculiunt:  Antistios  de  iure  pontificali  l.  IX;  v.  spurcom  (p.  348,  wo  er 
auch  sonst  angefahrt  wird):  Labeo  Antistius  1.  X  commentari  iuris  pouild- 
ficii;  V.  sistere  (p.  35  P):  Antistius  Labeo  in  commentario  XY  iuris  ponlafid. 
Vielleicht  auch  (de)  officio  augu(rum),  ib.  p.  290*.    Gell.  I,  12,  1:  qui  de 
virgine  capienda  scripserunt,  quorum  diligentissime  scripsit  Labeo  Antistius. 
Macrob.  III,  9,  4  (nachdem  vorher  Ateius  Capito  ex  libro  I  de  iure  sacri- 
ficiorum  angeführt  wark   Labeo  vero  sexagesimo  et  octavo  libro  intolit 
etc.    Noten  zu  Labeo  schrieben  die  Juristen  Procains,  Aristo  u.  A.    C.  Tho- 
masius,  comparatio  Labeonis  et  Capitonis,  Lips.  1683.    C.  v.  Eck,  de  vita 
.  .  Labeonis  et  .  .  Capitonis,  Franeker  1692  und  in  Oelrichs  thesaur.  no?. 
I,  2.  p.  825—856.    F.  A.  Biener,  Ant.  Labeo  iuris  ciTilis  novator,  in  seinen 
opusc.  (1830).    I.  p.  196 — 213.     Bach,  historia  iurisprad.  rom.  p.  403  ff.^ 
S.  W.  Zimmern,  Gesch.  d.  röm.  Privatrechts  I,  1.  S.  306—311.    A.  F.  Ru — , 
dorlf,  röm.  Rechtsgesch.  L  S.  178  f.  236. 

4.  C.  Ateius  (C.  1.  lat.  L  p.  198,  nr.  760  f.    Fasti  praenest.  ib.  p.  47 
Xin)  Capito,  principem  in  civitate  locum  studiis  civilibus  adsecutus,  se' 
avo  centurione  Sullano,  patre  praetorio.    consulatum  ei  adceleraverat  A 
gustus  etc.  (Anm.  2),  Tac.  A.  III,  75.    Wenn  das  von  dem  Consulat  d 
J.  758  gesagt  werden  konnte,   so   wird   Capito   etwa   ums  J.  720  geh^^ 
ren  sein.     Curator  aquarum  vom  J.  13  n.  Chr.  bis  zu  seinem  Tode,  J. 
n.  Chr.  (Tac.  l.  l.),  Frontin.  aq.  102.    Als  Jurist  Schüler  des  Ofilius  (ob 
189,  2),  imd  in  his  quae  ei  tradita  fuerant  perseverabat  (Pompon.,  s.  A. 
Gellius  X,  20,  2:  Ateius  Capito,  publici  privatique  iuris  peritissimus. 
crob.  VII,  13,  11:   apud  Ateium  Capitonem,  pontificii  iuris  inter 
peritum.    Tac.  A.  III,  70:   Capito  insignitior  infamia  fuit   (wegen  se 
Kriecherei^  vgl.  Suet.  gramm.  22.   Dio  LVII,  17),  quod  humani  divini 
iuris    sciens    egregium    publicum    et    bonas    domi   artes   dehonestari 
Schriften:  Coniectanea  (Gell.  II,  24,  2.  16.   XX,  2,  3;  ib.  IV,  14,  1:  c 
librum  VIII  Atei  Capitonis  coniectaneorum  legeremus,  qui  inscriptus 
De  iudiciis  publicis;  X,  6,  4);  liber  de  officio  seuatorio  (Oell.  FV,  10,  T 
vielleicht  B.  IX  der  Coniectanea,  s.  ib.  XIV,  7,  12  f.:  quod  Ateius  Cap> 
in  Coniectaneis  scriptum  reliquit;  nam  in  libro  IX  .  .  ait  nullum 
consultum  fieri  posse  etc.    ib.  8,  2:  Ateius  Capito  in  Coniectaneorum 
ius  esse  praefecto  senatus  habendi  dicit);  de  pontificio  iure  (B.  VbeiGS-^^* 
IV,  6,  10;  Capito  Ateius  in  1.  VII  pontificali,  Festus  v.  mundus,  p.  IS^  *»* 
vgl.  Macrob.  VII,  13,  11  ff.);  Epistolae  (Gell.  XIII,  12,  1  ff.  vgl.  Anm-     2> 
Vgl.  Huschke,  iurisprud.  anteiust.  '  p.  48  —  56.  •  p.  50—58.    Oefters  acm^^ 
führt  bei  Festus,  sowie  bei  Plinius  im  Quellenverzeichniss  zu  den  Bücki.ern 
III,  IV,  XIV,  XV,  XVIII,  wahrscheinlich  aus  den  Coniectanea.    In  dea  I^J* 
gesten  findet  sich  von  ihm  kein  fragmentum  purum,  wohl  aber  mehjr«'^ 
Anfuhrungen  aus  zweiter  Handi    Zimmern,  Gesch.  d.  röm.  Privatrechte  ^> 

S.  307  f.    Th.  Frederking  (und  L.  Mercklin),  Philologus  XIX.  S.  650— 6<^- 
W.  Teuffei  in  Paul/s  Real-Enc.  I,  2.  S.  1955  f.  Nr.  4. 

5.  Fabius  Mola  (Dig.  XLIII,  28,  1,  12),  in  den  Digesten  oft  nebea 
Labeo  und  Trebatius  angeführt  (XV,  3,  7,  2  f.  XIX,  2,  13,  8.  5,  20.  XXVH, 
3,  1,  5  f.  XL  VII,  10,  17,  2),  also  wohl  ungefähr  ihr  Zeitgenosse,  zumal  ds 
er  selbst  den  Aquilius  Gallns  (oben  161,  1)  citiert  (Dig.  XIX,  1,  17,6: 
Gallus  Aquilius,  cuius  Mela  refert  opinionem).    Er  schrieb  Digests  in  min* 


r  3« 


249  f.   Juristen  (Capito)  und  Philosophie.  507 

38  Büchern  (Dig.  XLVII,  2,  52,  30;   vgl.  XLVI,  3,  39  pr.:  Mela 
li^«^o    X).    De  Fabio  Mela  Abhandlungen  von  J.  L.  G.  Beck  (Lips.  1806.  4.) 
B.  E.  Dirksen  (Königsberg  1808.  4.). 

C  VitelliuB,  zu  welchem  Masuriua  Sabinus  und  Cassius  Longinus  unter 
ius  Anmerkungen  schrieben  (s.  unten  265,  1  u.  3),  scheint  der  augu- 
stexscjhen  Zeit  anzugehören,  ist  aber  sonst  unbekannt,  falls  er  nicht  der 
TG^frxjk^m  Augusti  procurator  Vitellius  bei  Suet.  Vitell.  2  ist. 

7.    Ueber  Veranius  s.  oben  186,  14. 

250.  Interesse  für  Philosophie  war  in  der  augusteischen 
Z^i'fc  sehr  verbreitet:  alle  bedeutenderen  Schriftsteller,  wie  be- 
sonders Vergilius,  Horaz  und  Livius,  zeigen  dergleichen,  und 
Äel3^n  ihnen  auch  Labeo,  Vitruvius,  Varus,  Ljnkeus  u.  A.  Zu- 
^^^■xi  dehnt  es  sich  jetzt,  hauptsächlich  unter  dem  Einflüsse  des 
v'orzugsweise  begünstigten  epikureischen  Systems,  auch  auf  die 
Pl^ysikalische  Seite  aus,  obwohl  der  ethischen  fortwährend  das 
Uol>ergewicht  bleibt.  Aber  über  das  Dilettai^tische  geht  dieses 
*-^^ toresse  nicht  hinaus,  auch  bei  denen  welche  eigens  über  Phi- 
iosophie  schreiben,  wie  August  und  Livius  und  wohl  auch  den 
Stoikern  Crispinus  und  Stertinius.  Bedeutender  waren  einzig 
^a.tcr  und  Sohn  Q.  Sextius  Niger,  die  an  Crassitius,  Papirius 
*^^l>ianu8  u.  A.  Anhänger  fanden.  Ihre  Schriften  waren  in 
chischer  Sprache  yerfasst.  Der  Vater,  ein  energischer  Mann 
grosser  Sittenstrenge  und  ein  selbständiger  Denker,  erstrebte 
*^  Verwirklichung  des  Guten  im  Leben  des  Einzelnen;  in  den 
^P^^^^chen  die  unter  seinem  Namen  auf  uns  gekommen  sind 
T^^en  sich  neben  stoischen  und  pythagoreischen  bereits  auch 
J^^iisch  -  iheistische  Bestandtheile. 

1.  VgL  oben  8.  375.  Ueber  Vergils  phüosophisehe  Richtung  s.  oben 
^^^»  3;  über  Horaz  oben  224,  5;  T.  Idvius  s.  oben  240,  4;  August  oben 
^*^  ,  3;    Alfenus  Varus  oben  195,  2;    über  den  Verfasser  der  Ciiis  oben 

•  -404,  1;  über  Lynkeus  oben  228,  6;  P.  Volumnius  oben  239,  4;  Labeo 
^\^n  249,  2.  Auch  Seneca's  Mutter,  Hei  via,  hätte  gern  Philosophie  stu- 
^^^H,  wenn  ihr  Gatte  es  zugelassen  hätte,  s.  unten  253,  1. 

2.  Vitruv.  I,  1,  7:  philosophia  perficit  architectum  animo  magno  et 
^ti  non  sit  adrogans,  sed  potius  facilis,  aequus  et  fidelis  sine  avaritia  etc. 

«  .  praeterea  de  rerum  natura  .  .  philosophia  explicat,  quam  necesse  est 

Btodiosins  novisse,  quod  habet  multas  et  varias  naturales  quaestiones,  ut 

etiam  in  aquarum  ductionibus.    .  .  quorum  (der  spiritus  naturales)  offen- 

donibns  mederi  nemo  poterit  nisi  qui  ex  philosophia  principia  rerum  na- 

torae  noverit.    Aber  auch  ohne  solches  praktisches  Interesse  wird  in  dieser 

Zeit  neben   dem  ethischen  Theile   der  Philosophie  die  Naturphilosophie 

betrieben  von  Iccius  (Hör.  0.  I,  29,  13  f.  Ep.  I,  12,  15  fi".),  dem  Verfasser 

der  Ciris  (Cir.  5  if.  11  £f.  39  ff.),  Lynkeus  (Prop.  ÜI,  32,  27  f.  51  ff.)  und 


u 


508  AugoBteische  Zeit,  711—767  d.  St. 

ManiliuB  (Astr.  I,  96  ff.  118  ff.  IV,  866  ff.).  Ebenso  zeigt  der  ältere  SeztiuB 
Niger  (A.  5 — 7)  und  weiterhin  Papirias  Fabiauus  (unten  Anm.  10)  und 
CelsuB  (unten  264,  3  o.  5)  Verbindung  von  philosophischen  und  natorwis- 
senBchafUichen  Studien. 

3.  Porphyrie  zu  Hör.  S.  I,  1,  120  (p.  23  H.):  Plotius  Crispinus  phüo- 
sophiae  studiosus  fuit.    idem  et  carmina  scripsit,  sed  tarn  gamile  ut  are- 
taloguB  diceretur.    Acro  ib.  (p.  16  H.):  hie  Ciispinus  poeta  fuit,  qui  sec 
stoicam  versibus  scripsit. 

4.  Acro  zu  Uor.  Ep.  I,  12,  20  (p.  434):  Stertinius  philosophus,  q 
CCXX  libros  Stoicorum  latine  scripsit.  hos  notat  quod  versibus  suis  ob^—^%^j 
scuriorem  philosophiam  fecerint.  Erstere  an  sich  wenig  wahrscheinlich^tr^^jj^ 
Angabe  findet  sich  nicht  bei  Porphyrie,  der  nur  sagt  (p.  436):  hunc  ^  g^ 
alibi  tangit  ut  Stoicum  qui  de  paradoxis  loquitur,  und  zu  S.  ü,  3,  ^  33 
(p.  270):  Stertinius  uuus  e  Stoids  fuit,  wo  Acro  (p.  237):  fuit  Stertiniv-^fdog 
de  Stoicis. 

5.  Sen.  Epist  98, 13:  honores  reppulit  pater  Sextius,  qui  itanai 
ut  remp.  deberet  capessere  latum  clavum  divo  lulio  dante  uon  rece 
Auch  für  den  Sohn  zu  spät  ist  daher  die  auch  sonst  einseitige  Angabe 
Hieronym.  zu  Eus.  Chr.  a.  Abr.  2017  =  Aug.  44  =  765  d.  St.:  Sextns 
thagoricus  philosophus  nascitur.    Sen.  Epist.  59,  7 :  Seztium  .  .  lege,  vir 
acrem,  graecis  verbis,  romanis  moribus  philosophantem.    64,  2  f.:  1 
est  über  Quinti  Sextii  patris,  magni  .  .  viri  et,  licet  neget,  Stoid. 
tus  in  illo  .  .  vigor  est,  quantum  animi!  .  .  cum  legeris  Sextium  dic^^Bces: 
vivit,  viget,  liber  est,  supra  hominem  est,  dimittit  me  plenum  iugentis  ir       idu- 
dae.    ib.  5:  hoc  quoque  egregium  Sextius   habet   quod  et  ostendet 
beatäe  vitae  magnitudinem  et  desperationem  eins  non  &det.    73,  12: 
bat  Sextius  dicere  lovem  plus  non  posse  quam  bonum  virum.   ib.  15: 
damus  itaque  Sextio  .  .  clamanti:  hac  itur  ad  astra.    De  ira  III,  3 
faciebat  hoc  Sextius  ut  consummato  die  .  .  iuterrogaret  a-nirnnm  g 
quod  hodie  maliun  tuum  sanasti?    ib.  II ,  36,  1.   Epist  108,  17  f.:  di 
quare  Pythagoras  auimalibus  abstinuisset,  quare  postea  Sextius.    Letzt^-^^rer 
betrachtete  die  Fleischnahrung  als  Förderung  der  Grausamkeit,  Ueppi^^^l^eit 
und  als  ungesund.    Plin.  n.  h.  XVIII,  68,  274:  hoc  (Weissagen  einer  ^ft^Eiss- 
ernte)  postea  Sextius  e  Romanis  sapienüae   adsectatoribus  Athenis     ^edt 
eadem  ratione. 

6.  Schon  Sextius  scheint  seinen  Grundsätzen  gern  Spruchform  geg^^^hen 
zu  haben;   Beste  davon  als  Zi^tov  tov  Jlv^ayoQBiov  yvmfiai  in  Orr^üi's 
Opusc.  sent.  I.  p.  244  und  Mullachs   fragm.  philosoph.  gr.  (Paris.  M^SBO) 
p.  522.    Als  der  Kampf  zwischen  Polytheismus,  Judenthum  und  Chn^^ten- 
thum  ausbrach  wurden  diese  Sprüche,  vermöge  ihrer  monotheistischen    Qod 
asketischen  Richtung,  in  denselben  hineingezogen,  wahrscheinlich  (M.    Ott) 
in  der  allgemeinen  Brutstätte  solcher  literarischen  Producte  (wie  Faeudo- 
Phokylides,  Sibyllinen),  zu  Alexandria,  und  stark  mit  weiteren  monotbeiBti- 
Bchen  Bestandtheilen  zersetzt.    Diesen  gab  dann  Rufinus  bei  seiner  Ue^e^ 
Setzung  derselben  noch  eine  specifischer  christliche  Färbung.    Vgl  dessen 
Vorrede  an  seinen  Sohn  Apronianus:  Sixtum  in  Latinum  verti,  quem  Siz- 
tiun  ipsum  esse  tradunt  qui  apud  vos  idem  in  urbe  romana  SixtuB  vocator, 
episcopi  et  martyris  gloria  decoratus.    .  .  omne  opus  ita  breve  ut  de  manu 


250.    Philosophie  (Sextius).  509 

^iua  numquam  poceit  recedere,  totua  hie  über  ibi  pristim  alicmns  pretiosi 
c^btineDB  anali  locum.  .  .  nunc  ergo  interim  habeatur  in  manibus  pro 
s&niilo  liber.  .  .  addidi  et  electa  qaaedam  religiosi  parentis  (des  Sextius) 
filium,  sed  breve  totum,  ut  merito  omne  opusculum  vel  enchiridion,  si 
,  vel  latine  anulus  appelletur.  In  dieser  Uebersetzung  des  Rufinus 
fcaben  wir  427  Sprüche,  abgedruckt  z.  B.  bei  Orelli  L  1.  p.  246—268,  und 
Ibei  MoUach  1.  1.  p.  523 — 531;  ausserdem  (zu  Xisti  corrumpiert)  in  einer 
Byrischen,  mehr  erweiterten  und  noch  mehr  christiamsierenden  Ueber- 
^etzung.  Merkwürdig  wäre  es  den  Uebergang  dieser  Sprüche  aus  dem 
siU^mein  Menschlichen  (oder  Stoisch-Pythagoreischen)  ins  Theologische  zu 
^werfolgen.  Bei  Hieronymus  (adv.  lovin.  1, 30)  wird  aus  Sextius  in  Senten- 
'Cdis  noch  ganz  bezeichnend  und  fein  angeführt:  adulter  est  in  suam  uxorem 
^mator,  Rufinus  Nr.  222  bereits :  .  .  omnis  impudicus  vel  amator  ardentior. 
"^gl.  Meinr.  Ott,  Charakter  und  Ursprung  der  Sprüche  des  Philosophen 
SextiuB,  Rottweü  1861.  71  S.  4.;  und:  die  syrischen  auserlesenen  Sprüche 
^es  Xistus,  Bischofs  von  Rom,  eine  überarbeitete  Sextiusschrifk,  Rottweil 
01862  f.  48  u.  87  S.  4.  Sänger,  die  Sprüche  des  Sextius,  in  Geigers  Ztschr. 
:Äar  jüd.  Wiss.  V,  1  (1867). 

7.  Wie  das  praktisch -philosophische  Werk  des  Sextius  so  war  auch 
sein  naturwissenschaftliches  in  griechischer  Sprache  gehalten  und  (minde- 
stens ein  Theil)  nsQl  vlrjg  (materia  medica)  betitelt  (Erotian.  Lex.  v.  Xsi- 
4ft>ov).    Sextius  Niger,  qui  graece  de  medicina  scripsit,  wird  von  Plinius  im 
<)uellenyerzeichnis8  zu  allen  Büchern  welche  vom  medidnischen  Gebrauche 
^er  Pflanzen,  Thiere  und  Metalle  handeln  aufgefahrt  und  XXXll,  3,  13 
diligentissimus  medicinae  genannt.    Auch  Dioscorides  benützte  den  Sextius 
stark.    0.  Jahn,  Berichte  d.  sächs.  Ges.  d.  W.  1850,  S.  277—280. 

8.  Der  Sohn  (vgl  A.  6)  setzte  des  Vaters  Werk  fort;  vgl  Sen.  nat. 
quaest.  YII,  32,  2:  Sextiorum  nova  et  romani  roboris  secta  inter  initia 
sua,  cum  magno  impetu  coepisset,  extincta  est.  Ueber  L.  Crassitius 
8.  oben  247,  2;  über  Papirius  Fabianus  unten  Anm.  10.  Später  scripsit 
non  parum  multa  Cornelius  Celsus,  Sextios  secutus  (Quintil.  X,  1,  124). 
Auch  Sotion  (Sen.  Epist.  108,  17  flP.)  scheint  zu  den  Schülern  des  Sextius 
gehört  zu  haben. 

9.  Quintil.  II,  14,  2 :  haec  interpretatio  non  minus  dura  est  quam  illa 
Plauti  essentia  atque  entia.  Vgl.  III,  6,  23:  ovciav,  quam  Plautus  essen - 
tiam  Tocat.  VÜI,  3,  33:  multa  ex  graeco  formata  nova,  ac  plurima  a 
Sergio  Flavo,  quorum  dura  quaedam  admodum  videntur,  ut  ens  et  essentia; 
quae  cur  tantopere  aspememur  nihil  yideo.  Dagegen  Sen.  Ep.  58,  6  über 
essentia:  Giceronem  auctorem  huius  verbi  habeo,  puto  locupletem.  si  re- 
centiorem  quaeris,  Fabianum,  disertum  et  elegantem,  orationis  etiam  ad 
Qoctnim  fastidium  nitidae.  Allerlei  willkürliche  Vermittlungsversuche  zwi- 
schen den  Quintilianstellen  imter  sich  (nebst  X,  1,  124:  Plautus  in  Stoicis 
remm  cognitioni  utilis)  und  mit  der  des  Seneca  bei  Höfig,  de  Papir.  p.  2 
— 17.  Seneca  macht  wenig  Schwierigkeit,  da  er  nur  zwei  Stilisten  ver- 
schiedener Zeit  anfährt  welche  gleichfalls  essentia  gebraucht  haben.  Bei 
Qnintilian  könnte  Plauti  in  Flavi  verwandelt  werden,  wenn  es  zulässig 
wftre  drei  Stellen  nach  einer  zu  emendieren.  Doch  sagt  VIII,  3,  33  nicht 
daas  Sergius  Flavus  auch   ens  und  essentia  neugebildet  habe;  vielmehr 


|10  Augasteische  Zeit,  711^767  d.  St. 

Iirerdeii  diese  Wörter  hier  in  Schute  genommen  und  also  nicht  zu  den  dai 
ides  Sergios  Flavus  gerechnet,  sondern  als  Beispiele  der  molta  ex 
formata  aufgeführt.    Ebenso  wenig  behaupten  die  beiden  andern  Stellei 
dass  Plautus  die  Wörter  zuerst  gebraucht  habe.    So  werden  drei  Schrift:::^ 
steller  zu  unterscheiden  sein:  der  kühne  Wortbildner  Sergius  Flayus,  d( 
Stoiker  Plaptus  und  der  Anhänger  des  Sextius,  Papirius  Fabianus. 

10.    P^irius  Fabianus,   philosophus  genannt  bei  Sen.  soas.  1, 
controY.  II,  9,  25.  13,  18.  VII.  praef.  4.    Sen.  Ep.  40,  12:  Fabianus, 
egregius  et  Tita  et  sdentia  et  .  .  eloquentia  quoque.    de  brev.  yitae  10,      ^u 
Fabianus,  non  ex  his  cathedrarüs  philosophis,  sed  ex  veris  et  antiqi&..^e 
Beginn  mit  Rhetorik.    Sen.  controv.  11.   praef.   1:  Fabianus  phüosoph  i^^xa 
qui  adolescens  admodum  tantae  opinionis  in  dedanuindo  quaato  postea       in 
disputando  fuit.     exercebatur  apud  Arellium  Fuscum  etc.     ab  hac  (c^er 
oratio  lasciva  des  Ar.  F.)  cito  se  Fabianus  separavit  et  luxuriam  quid^^m 
cum  Yoluit  abiecit,  obscuritatem  non  potuit  evadere;  haec  illum  in  phSJo- 
sophiam  persecuta  est.    (2.)  deerot  illi  (dem  Fab.)  Oratorium  robur  .    . ; 
splendor  vero  .  .  orationi  aderat.    voltus  dicentis  lenis  et  pro  tranquSJli- 
tate  morum  (vgl.  Sen.  Epist.  11,  4)  remissus.    {4.)  cum  aliquando  Sezti.vini 
audiret  (vgl.  A.  8)  nihilominus  dedamitabat.    .  .  (5.)  habuit  et  BlandLviin 
rhetorem  (oben  37, 1)  praeceptorem.    .  .  apud  Blandum  diutius  quam  a^pad 
Fuscum  Arellium  studuit,   sed   cum  iam  transfugisset   (zur   PhilosoplDLie). 
.  .  nee  iUe  deolamationibus  vacabat  et  ego  tanto  minorem  natu  quam  xpse 
eram  (Fabianus  mag  also  715  —  720  geboren  sein,  vgL  Sen.  contror.   II, 

12,  12)  audiebam  quotiens  inciderat,  non  quotiens  volueram.    Ausfuhrldche 
Probe  einer  Declamatiou  des  Fab.  ib.  II,  9, 10—13;  andere  ib.  12,  3.  JtO  £ 

13,  6  f.  14,  4.    Von  daher  auch  wohl  seine  Gewohnheit  öffentlicher  Vor- 
träge (über  Philosophie);  vgl.  Sen.  Epist.  52, 11:  disserebat  populo  Fabia- 
nus, sed  audiebatur  modeste.    erumpebat  interdum  magnus  damor  l^xa- 
dantium,  sed  quem  rerum  magnitudo  (vgl.  Epist.  100, 10)  evocaverat. 
Zuhörer  von  ihm  war  Albudus  Silus  (s.  unten  252,  4)  und  der  PhiloBOp^^ 
Seneca  (Epist.  100,  3.  12).    Ueber  seine  Schreibweise  s.  Sen.  Epist  58, 
(Anm.  9)  und  besonders  Ep.  100,  wo  1:  Fabiani  Papirii  libros  qui  insc 
buntur  (artium)  civilium  legisse  te  scribis  et  non  respondisse  expectatioi 
tuae;  deinde  oblitus  de  philosopho  agi  compositionem  eins  accusas;  worai 
Seneca  den  Fabianus  ausführlich  vertheidigt  und  charakterisiert  und  z.  B^ 
sagt  (9)  dass  als  philosophische  Schriftsteller  (in  süUstiscber  Hiosichjt) 
Cicero  (cuius  Ubri  ad  philosophiiun  pertinentes  paene  totidem  ewoi  qi 
Fabiani,  9),  Asinius  PoUio  und  T.  Livius  ihm  voi^^hen.    Im  Untersi 
von  Cicero  erstreckte  sich  aber  seine  SohriftsteUerei  hauptsftchttch  auf  i 
turgegenstände;  Fabianus  causarum  naturüium  IX  bei  Chaos,  p.  106, 14  ff.^ 
ungenauer  causarum  libro  II  et  IXI  ib.  p.  146,  28;  causaEom  tertio 
Diomed.  I.  p.  375,  22  K.    Vgl.  noch  Val.  Prob.  p.  200,  21  und  Berg. 
p.  542,  16  K.  (gramm.  lai  IV).    Fabianus  de  animalibus  piimo  bei 
p.  105,  14  f.  vgl.  p.  142,  14.    Vgl.  Plin.  n.  h.  IX,  8,  26.    Wie  Zoolc 
scheint  auch  die  Botanik  (Pharmakologie)  von  ihm  behaiikdelt  su  adn, 
den  Anführungen  bei  Plin.  n.  h.  ZU,  8.  XV,  2.  XYIII,  28,  277  (a 
graedsque  auctoribus).    XXIII,  30.  XXYIII,  14  (Aristoteles  et  Fabi 
Auf  viel  Kritik  deutet  aber  nidit  die  Angahe  ib.  XXXVI,  StAi  ioter 
alia  Italiae  miracula  ipsa  marmora  in  lapiddinis  cresoere  auestor 


250  f.    Philosophie  (Fabionos)  und  Beredtsamkeit.  511 

'    Tabianns,  naturae  renun  peritisaimus.    Anderes  ib.  II,  46.  105.   Herrn. 
st;.  Höfig,  de  Papirii  Fabiani  philosophi  vita  scriptisque,  Br68la^  (1852) 


2&1.  Die  Vertreter  der  augusteischen  Beredtsamkeit; 
Veit  sie  noch  in  der  Republik  wurzelt^  sind  Asinius  Pollio 
d  M.  Messala;  neben  ihnen  noch  Fumius^  AtratinuS;  L.  Ar- 
atius,  Q.  Haterius  (690—779  d.  St.)  u.  A.  Die  jüngere  Ge- 
r&tion  entspricht  mit  ihren  Fähigkeiten  meist  nur  dem  engen 
bxune  welchen  die  Monarchie  gelassen;  so  die  Söhne  des  Mes- 
la^  Messalinus  und  Gotta^  Fabius  Maximus  u.  A.  Bedeutender 
td  T.  Labienus  und  Cassius  Severus,  welche  durch  ihren  Frei- 
it  in  Conflicte  geriethen,  Labienus  mittelst  eines  Geschichts- 
srkes.  Der  wegen  seines  scharfen  Witzes  vielgehasste  und  ge- 
rchtete  Cassius  Seyerus  ist  noch  ein  eigentlicher  Bedner  und 
fasst  sich  nur  ungern  mit  den  Schuldeclamationen^  verräth 
er  in  der  Art  seiner  Beredtsamkeit  dennoch  seine  Verwandt- 
iioft  mit  ihnen. 

1.  Ueber  Asinius  Pollio  und  Messala  als  Redner  s.  oben  208,  2  c  und  6. 
I>er  Fumius  oben  196,  7;  Sempronius  Atratinus  196,  8.  Ueber  die  red- 
:uche  Bildung  und  Beredtsamkeit  des  Augustus  s.  207,  2;  des  Maecenas 
^9   6;  des  Agrippa  207,  7. 

2.  Der  Torquatus  welcher  Moschi  (unten  252,  12)  causam  (Hör. 
.  I,  5,  9  etwa  aus  J.  735  d.  St.)  führte  und  an  welchem  Hör.  0.  lY,  7, 
^.  genoB,  facundia  und  pietas  rühmt  ist,  da  die  Manlii  Torquati  wahr- 
^einUch  in  den  Bürgerkriegen  ausgestorben  waren,  vermutlich  (s.  Wei- 
ex-t  de  Cass.  Farm.  p.  804—314)  der  bei  Suet.  Aug.  43  Genannte:  in  hoc 
KXMae)  ludicro  Nonium  Asprenatem  lapsu  debilitatum  aureo  torque  do- 
Vxt  passusque  est  ipsum  posterosque  Torquati  ferre  cognomen.  Vgl.  ib. 
5  com  Asprenas  Nonius  artius  ei  (dem  Augustus)  iunctus  causam  vene- 
u.  accuaante  Caasio  Severo  diceret  etc.  Dann  ist  dieser  wohl  auch  einer 
^  zwei  A»prenatej  von  deren  Dedamationen  der  Bhetor  Seneca  be- 
'^*iß%  häufig  über  PnbliuB,  z.  B.  suas.  7,  4.  oontr.  I,  1,  5.  2,  9  f.  8,  4-6 

1^2  f.  n,  10,  4.  YII,  23,  6.  X,  38,  26  (P.  Asprenates  dixit),  einmal  auch 
^T  Lucius,  ib.  X.  praef.  2  (pertinere  non  ad  rem  puto  quomodo  .  .  L. 
X^renates  aut  Quintilianus  senex  declamaverit;  transeo  istos  quorum  fama 
K^  ipdfl  extincta  est).  Ein  L.  Nonius  Asprenas  war  Cos.  759  d.  St. ,  ein 
*^^erer  J.  782  «=  29  n.  Chr.;  ein  P.  Nonius  Asprenas  (Sohn  des  Schul- 
^i^re?)  Cos.  791  =  38  unter  Caligula. 

8.    Ueber  L.  Arruntius  (A.  8)  s.  oben  243,  7. 

4.    Q.  Lucretius  Vespillo,  Cos.  735;  s.  W.  Teufifel  in  Pauly's  Real-Enc. 

''.  8.  1198,  Nr.  23.    Grabrede  auf  seine  Gattin  Turia,  die  nach  41jähriger 

^  um  746—752  gestorben  war,  ein  warmer  Erguss  des  Gefühls,  erhalten 

dar  Inschrift  bai  Orelli  4869.    Th.  Mommaen,  Abhandl.  d.  Berl.  Akad. 

^,  8.  456  iL  477  f. 


512  Augußteiaclie  Zeit,  711—767  d.  St. 

5.  Hieronym.  zu  Euseb.  ehr.  a.  Abr.  2040  =  Tib.  11  =  777  d.  St.: 
Q.  Haterins  promptus  et  popularis  orator  usque  ad  XC  prope  aimam 
cum  summo  honore  consenescit.    Ttb.  A.  IV,  61:  fine  amii  (779  =  26  n. 
Chr.)  excessere  insignes  viri,  Asinius  Agrippa  .  .  et  Q.  Haterius,  famiha^ 
seuatoria,  eloquentiae  quoad  vizit  celebratae.    monimenta  ingeni  eius  haadli^ 
penude  retinentur.    scüicet  impetu  magis  quam  cura  yigebat    .  .  Hateri^S 
canornm  illud  et  profluens  cum  ipso  simul  extinctum  est.     Seneca  £x( 
controv.  IV.  praef.  6 — 11  (p.  376— 378  Bu.):  Q.  Haterium  scio  .  .  imbecill- 
animo  mortes  sex  filiorum  tulisse.    .  .  declamabat  Haterius  admisso  popuk^^ 
ex  tempore,    solus  omiiium  Romanorum  quos  modo  ipse  cognovi  in 
nam  linguam  transtulerat  graecam  facultatem.     tanta  erat  illi   velocit 
orationis  ut  Vitium  fieret.    .  .  nee  verborum  illi  tantum  copia  sed  elu 
rerum  erat.    .  .  quaedam  antiqua  et  a  Cicerone  dicta,  a  ceteris  deinde 
serta  dicebat.    .  .  multa  erant  quae  reprehenderes,  multa  quae  suspicei 
etc.    Sen.  Epist.  40,  10.    Proben  aus  seinen  Declamationen  sind  bei  di 
älteren  Seneca  nicht  selten;   s.  p.  15.  27,  14  ff.  39,  4  fF.  97.  185.  193.  1_ 
236.  272.  284.  285.  286.  287.  334  ßu.     Vgl.  noch  Tac.  A.  11,  33  (consulac-Ss). 
Suet  Tib.  27.  29. 

6.  M.  Valerius  Messala  oder  Messalinus,  ältester  Sohn  des  E«dik.^n, 
Cos.  751;  s.  A.  Haakh  in  Pauly's  Real-Enc.  VI,  1.  S.  2355  f.  Nr.  100.  I'ac 
A.  III,  34:  Valerius  Messalinus,  cui  parens  Messala  ineratque  imago  p&;^r- 
nae  facundiae.    Vgl.  oben  215,  2,  A.  1  und  229,  4.    Z\ix  Feier  seiner     Er- 
nennung zum  XVvir  sacr.  Tibull  II,  5  (vom  J.  735?  Lachmann  729  o^er 
730).    Briefe  Ovids  an  ihn,  Trist.  IV,  4  (v.  5:  cuius  in  ingenio  patriae  h- 
cundia  liuguaest)  und  ex  Ponte  I,  7.   II,  2.    Sein  jüngerer  Bruder  Iiiess 
M.  Aurelius  Cotta  Maximus,  seit  er  (nach  J.  762)  in  das  Geschlecht  seiner 
Mutter,  die  gens  Aurelia,  adoptiei-t  worden  war,  nahm  aber  nach  des  Mes- 
salinus (kinderlosem?)  Tode  dessen  Cognomen  an.    Politisch  wenig  thä% 
und  mit  Servilismus  sich  durchhelfend,   führte   er  im  üebrigen  ein  epi- 
kureisches Leben  (egens  ob  luxum,  per  flagitia  infamis,  Tac.  A.  VI,  7),  zu 
welchem  neben  Genüssen  der  Küche  (Plin.  n.  h.  X,  22)  auch  das  Versemachen 
(oben  236,  15)  und  Witzereissen  (Tac.  A.  VI,  5)  gehörte.    Mit  Ovid  war  er 
näher  befreundet;  s.  ex  Ponte  1,5.  II,  3.  8.  III,  2.  5,  auch  wohl  Trist.  IV,  5. 
Eine  von  ihm  vor  dem  Centumviralgericht  gehaltene  Bede  welche  Ovid  i^ 
Tomi  las  ex  Pont.  III,  5,  7  ff.  (legimus,  o  iuvenis  patrii  non  degener  oris, 
dicta  tibi  pleno  verba  diserta  foro).    Ueber  ihn  A.  Haakh  in  Pauly's  Beal- 
Enc.   VI,  2.    S.  2356,   Nr.  100.     W.  Henzen,   Annali   dell'  inst   archeoL 
XXXVIL  p.  5—17. 

7.  Paulus  Fabius  Maxiraus,  Cos.  743  d.  St.  An  ihn  Ovid.  ex  Ponto 
I,  2.  9.  III,  3.  8.  Ueber  ihn  ib.  IV,  6,  9  (Fabiae  laus,  Maxime,  gentiß). 
I,  2,  69  (romanae  facundia,  Maxime,  linguae),  119  (doetae  dulcedine  Ho* 
guae)  u.  137  (tua  nonnumquam  .  .  scripta  legebas);  Heraz  0.  IV,  1,  9  ff. 
(centum  puer  artium).  Quintil.  VI,  3,  52.  Zweifelhaft  aber  ist  ob  er  der 
Fabianus  Maximus,  nobilissimus  vir,  ist  qui  primns  foro  romano  hniic  so* 
Vitium  morbum  quo  nunc  laborat  intulit  (Sen.  controv.  II,  12,  11.  p.  15*) 
14  ff.  Bu.).    A.  Haakh  in  Pauly's  Real-Enc.  VI,  2.  S.  2919  f.  Nr.  67. 

8.  Tac.  A.  XI,  6  (aus  der  Zeit  des  Claudius,  J.  47  n.  Chr.):  mm- 
nissent  Gai  Asinii,  M.  Messalae  ac  recentiorum  Arruntii  (A.  3)  et  Aeser* 


251.   Redner:  Haterius,  Labienus  u.  a.  513 

ima  provectos  incomipta  vita  et  facimdia.  Aeserninus  ist 
in  des  Cos.  732,  M.  Claudius  Marcellus  Aeserninus,  und  Enkel 
Pollio  (Suet  Aug.  43),  geboren  etwa  725 — 730,  von  seinem 

1  die  Beredtsamkeit  eingeleitet;  s.  Sen.  ezc.  controv.  IV. 
>.  376  Bu.),  wo  z.  B.:  Marcellus,  quam  vis  puer,  iam  tantae 
ut  Pollio  ad  illum  pertinere  successionem  eloquentiae  suae 
oben  (meist  kurze)  aus  seinen  Dedamationen  bei  Sen.  suas. 

controv.  p.  160.  185.  192.  200,  23—30.  p.  208  Bu.  Vgl.  noch 
11. 

US  n.  h.  XXXIV,  18,  47:  duo  pocula  .  .  quae  Cassio  Salano 
ri  suo  Germanicus  Caesar  .  .  donaverat.  Diess  ist  der  Sala- 
tien  Ovid.  ex  Pont.  II,  6  gerichtet  ist,  worin  er  doctissimus 
,  sein  eloquium  (40),  seine  faeundia  (69)  gerühmt  wird,  auch 
poetische  Arbeiten  von  ihm  hingewiesen,  und  seine  Stellung 
IS  (41—56)  erwähnt. 

sr  T.  Labienus  s.  besonders  den  älteren  Seneca  Contr.X.  praef. 
94  Bu.,  wo  z.  B. :  declamavit  non  quidem  populo,  sed  egregie. 
rator,  qui  multa  impedimenta  eluctatus  ad  famam  ingeni  con- 
gis  hominibus  pervenerat  quam  volentibus.  summa  egestas 
infamia,  summum  odium.  .  .  color  orationis  antiquae,  vigor 
i  inter  nostrum  ac  prius  saeculum  medius.  libertas  tanta  ut 
cien  excederet  et,  quia  passim  ordines  hominesque  laniabat, 
itur.    .  .  in  hoc  primum  excogitata  est  nova  poena:  effectnm 

inimicos  eins  ut  omnes  eius  libri  (ex  senatus  consulto)  com- 
.  .  non  tulit  hanc  Labienus  contumeliam  nee  superstes  esse 
roluit,  sed  in  monumenta  se  maiorum  suorum  ferri  iussit  atque 
im  765  d.  St.?).  .  .  memini  aliquando,  cum  recitaret  histo- 
m  partem  illum  libri  convolvisse  et  dixisse :  haec  quae  transeo 

meam  legentur.  Suet.  Calig.  16:  Titi  Labieni,  Cordi  Cre- 
»everi  scripta,  senatus  consultis  abolita,  requiri  et  esse  in  ma- 
ique  permisit.  Sen.  controv.  p.  375, 17:  homo  mentis  quam  lin- 
is.    Proben  aus  seinen  Dedamationen  ib.  p.  310,  21.  312,  21. 

2  £F.  325,  4  ff.  In  dem  Processe  um  die  Hinterlassenschaft  der 
d  Labienus  als  Sachwalter  des  Figulus  dem  Asinius  Pollio 
rgl.  Quintil.  I,  5,  8.  IV,  1,  11.  IX,  3,  13.  Chans,  p.  77,  14. 
uf  eine  Rede  des  Lab.  gegen  Bathyllus  deutet  Sen.  contr.  X. 
594,  3  Bu.).    Weichert  de  L.  Vario  p.  319-324. 

).  A.  I,  72:  primus  Augustus  cognitionem  de  famosis  libellis 
commotus  Cassii  Severi  libidiiie,  qua  viros  feminasque  in- 
cibus  scriptis  diffamaverat.  Der  Unwille  des  adeligen  Qe- 
3ers  über  diese  Vermessenheit  fühlt  sich  durch  ib.  IV,  21: 
lassio  Severe  exule,  qui  sordidae  originis,  maleficae  vitae,  sed 
IS,  per  imroodicas  inimicitias  ut  .  .  Cretam  amoveretur  effe- 
illic  eadem  actitando  recentia  veteraque  odia  advertit,  bo- 
B  ,  .  saxo  Seripho  consenuit.  Hieronym.  ad  a.  Abr.  2048  = 
)5  d.  St.:  Cassius  Severus,  orator  egregius,  qui  Quintianum 
dum  Inserat,  XXV  exilii  sui  anno  in  summa  inopia  moritur 
srenda  contectus.    Er  mag  also  um  710  d.  St.  geboren  sein; 

(im.  Litcralurg-cschiclilo.  ß^ 


514  Augusteische  Zeit,  711—767  d.  St. 

schon  desshalb  kann  Hör.  Epo.  6  sich  nicht  auf  ihn  beziehen;  s.  W.  Teuff^^ 
Ztschr.  f.  d.  Alt.  Wiss.  1845,  S.  596  —  598.     Charakteristik  desselben 
Sen.  Exe.  controv.  III.  praef.  (p.  359  ff.  Bu.):  oratio  eius  erat  valenscult^ 
ingentibuB  plana  sententiis.    .  .  non  est  quod  illum   ex   his   quae  edi< 
aestimetis;  .  .  eloquentia  eius  longo  maior  erat  quam  lectio.    .  .  corpo 
magnitudo  conspicua  (vgl.  Plin.  n.  h.  VII,  10:  Gassio  Severo  celebri  o 
tori  armentarii  mirmillonis  obiecta  similitudo  est),  suavitas  yalentisainft 
Tocis.    .  .  gravitas,  quae  deerat  vitae,  actioni  supererat.    .  .  uno  die 
vatas  plures  agebat,  .  .  publicam  vero  numquam  amplius  quam  unam 
die.    nee  tarnen  scio  quem  reum  illi  defendere  nisi  se  (gegen  die  Ankl 
des  Fabianus  Maximus,  ib.  p.  154, 16)  contigerit.    .  .  omnia  habebat  qxtae 
illum  ut  bene  declamaret  instruerent:  phrasin  .  .  lectam,  genus  dicendi    .  . 
ardens  et  concitatum,  .  .  explicationes  plus  sensuum  quam  yerborum  La- 
bentes.    .  .  tamen  non  tantum  infra  se  cum  declamaret,  sed  infra  moltos 
erat,    itaque  raro  declamabat  et  non  nisi  ab  amicis  coactus.    Er  selbst 
erklärt  diess  ib.   12  damit   dass   er  nur   das   causas   agere,   in   foro   di- 
cere,    nicht  aber    dieses  zwecklose   Thun    mit   Ernst   behandeln   könne. 
Vgl.  suasor.  6,  11.     Proben   seines   Witzes   ib.   controv.  II,  12,  11.  IV. 
praef.  11.  IX,  26,  14.  X.  praef.  8.  34,  20.    Quintil.  VI,  3,  27  vgl.  78  f.  1,43. 
VIII,  2,  2.  3,  89.  XI,  3,  133.  Suet.  gramm.  22.    Proben  seiner  Dedamaüo- 
nen   bei  Sen.  controv.  VII,   18,  10.  IX,  25,  12  und  besonders  X,  33,  2 
(p.  316  f.).    Letztere  bestätigt  mit  ihrer  Masslosigkeit  der  Ausmalimg  i^ 
der  Hauptsache  das  Urteil  bei  Tac.  dial.  19:  antiquorum  admiratores  .  • 
Cassium  Severum  .  .  primum  affirmant  flexisse  ab  ista  vetere  atque  direota 
dicendi  via,  und  ib.  26:  equidem  non  negaverim  Cassium  Severum,  .  .  ^ 
iis  comparetur  qui  postea  fuerunt,  posse  oratorem  vocari,  quamquam  i^ 
magna  parte  librorum  suorum  plus  viri  habet  quam  sanguinis ;  primos  enii^ 
contempto  ordine  rerum,   omissa  modestia  ac  pudore  verborum  .  .  iio<^ 
pugnat,  sed  rixatur.    ceterum  .  .  et  varietate  eruditionis  et  lepore  urbani^' 
tatis  et  ipsarum  virium  robore  multum  ceteros  superat.    Quintil.  X,  1,  ll^J 
multa,  si  cum  iudicio  legatur,  dabit  imitatione  digna  Cassius  Severos,  qtx^ 
si  ceteris  virtutibus  colorem  et  gravitatem  orationis  adiedsset,  ponend^^ 
inter  praecipuos  foret.    (117.)  nam  et  ingenii  plurimum  est  in  eo  et  ace^^ 
bitas  mira  et  urbanitas  eius  summa;  sed  plus  stomacho  quam  consiUo  dedi^^- 
Er  belangte  (J.  745  nach  Dio  LV,  4)  den  Freund  des  Augustus,  Noni^^^ 
Asprenas,  wegen  Giftmords,   wobei  ihm  Asinius  Pollio  als  Vertheidig^^ 
gegenüberstand  (Quintil.  X,  1,  22).    Anfuhrung  aus  einer  Rede  von  ih»^ 
bei  Diomed.  I.  p.  371,  19  K.;    Cassius  Severus  ad  Maecenatom  (BrieT^) 
bei  Chariß.  I.  p.  104,  11  K.  ==  Priscian.  VII,  55.  p.  833,  11  H.;  CassiuB 
Tiberium  secundo  bei  Diomed.  I.  p.  373,  20  =  Priscian.  IX,  53.  p.  489, 8 
Vgl.  noch  Hertz  zu  Priscian.  VIII,  15.  p.  380, 1.    Dass  er  aus  Longols  gT 
bürtig  gewesen  sei  ist  weggefallen  seitdem  im  Quellenverzeichniss  zu  Pü*^* 
n.  h.  XXXV  aus  guten  Gründen  interpungiert  wird:  ex  .  .  Casaio  Sever^^' 
Longulano.    Dieser  Longulanus  selbst  aber  ist  uns  so  unbekannt  wie  d^^' 
ib.  gleich  darauf  genannte  Fabius  Vestalis  qui  de  pictura  scripsit,  der  i 
Verzeichniss  auch  zu  B.  VII  u.  XXXVI  aufgeführt  wird. 

12.    Varius  Geminus,  sublimis  orator  (L.  Seueca  bei  Hieronym.  ad 
lovin.  I),  apud  Caesarem  dixit:  Caesar,  qui  apud  te  audent  dicere 
tudinem  tuam  ignorant,  qui  non  audent,  humanitatem  (Sen.  exe.  cod 


251  f.   Redner  und  Ehetoren :  Cassius  Severua,  Latro  u.  a.       515 

VI,  ^  -»    6).    Proben  seiner  Declamatdonen  bei  Sen.  euas.  6,  11  —  14.  contr. 
Yll,  ^«,  18  f.  u.  23.    19,  5.   21,  10  u.  16-17.  22,  11. 

252.    Unter  den  Rhetoren  der  augusteischen   Zeit  sind 
iimöx-lialb  der  älteren  Generation  die  namhaftesten  der  Lands- 
maiLxi  und  Jugendfreund  des  älteren  Seneca,  M.  Porcius  Latro; 
Arellius  Fuscus,  welcher  der  in  seiner  Heimat  Asien  herrschen- 
den Geschmacksrichtung  huldigte ;  C.  Albucius  Silus  aus  Novara ; 
der  altere  Passienus;  der  eitle  Cestius  Pius  aus  Smyrna;  L.  lu- 
nius    Gallio,  gleichfalls  ein  Freund  des  älteren  Seneca.    Aus  der 
jüngeren  Generation  gehören  zu  den  verhältnissmässig  bedeutend- 
sten  der  philosophisch  angeregte  Papirius  Fabianus  und   Alfius 
Flavns,  der  auch  Verse  machte.     Eine  grosse  Schaar  anderer 
Schulredner  kennen  wir  durch  den  älteren  Seneca. 

1.  Sen.  controv.  X.  praef.  13:  primum  tetradeum  quod  faciam  quae- 
ntig?  Latronis,  Fusci,  Albuci,  Oallionis.  Als  Beweis  des  herrschenden 
üng-eschmackes  wird  ib.  III.  praef.  14=  angeführt:  et  PoUionem  Asiniom  et 
MeesaJam  Corvinmn  et  Passienum  .  .  minns  bene  videri  quam  Cestiam  aut 
^*^oiiem.  Im  Allgemeinen  vgl.  Andr.  Schott,  de  claris  apud  Senecam 
rhetoribus,  an  der  Pariser  Ausg.  des  Seneca  von  1607  und  1613. 

2.  Hieronym.  chron.  a.  Abr.  2013  =  Aug.  40  =  751  d.  St.:  M.  Por- 
^^us  Latro  (vgl.  Suet.  ind.  rhet.  p.  99  ßflfsch.)  latinus  declamator  taedio 
duplicis  quartanae  semet  ipsum  interficit.  Charakteristik  desselben  bei 
°^ß-  controv.  I.  praef.  13—18.  20 — 24,  z.B.:  Latronis  Porcii,  carissimi  mihi 
BodaJxs^  memoriam  .  .  et  a  prima  pueritia  usque  ad  ultimum  eins  diem 
P^^'ivictam  familiärem  amicitiam.  .  .  nihil  illo  viro  gravius,  nihil  suavius, 
•  •  tÄ.emo  plus  ingenio  suo  imperavit,  nemo  plus  indulsit.  in  utraque  parte 
▼ehementi  viro  modus  deerat.  .  .  (16.)  corpus  illi  erat  natura  solidum  et 
Diult;^  exercitatione  duratum.  .  .  vox  robusta,  sed  sordida  lucubrationibus 
et  KiQglegentia  .  .  iufuscata.  .  .  nulla  umquam  illi  cura  vocis  exercendae 
luit  r  illum  fortem  et  agrestem  et  hispanae  consuetudinis  morem  non  poterat 
deAi^^jgjß  (17.)  .  .  memoria  et  natura  quidem  felix,  plurimum  tamen  arte 
*^^t.a.    (20.)  .  .  cum  in  illo,  si  qua  alia  virtus  fuit,  et  subtilitas  fuerit. 

'  C22.)  cum  condiscipuli  essemus  (zu  Rom)  apud  Marilium  rhetorem,  ho- 
^^*^*^^m  satis  aridum.  .  .  (24.)  controversia  .  .  quam  primam  Latronem 
^^vixn  declamasse  memini  admodum  iuvenem  in  Marilli  schola.  IX.  praef.  3. : 
T^^onem  Porcium,  declamatoriae  virtutis  unicum  exemplum,  cum  pro  reo 
^  ^ispania  Rustico  Porcio  propinquo  suo  diceret  etc.  =  QuintiL  X,  5,  18 
^"*  Xi.,  qui  primus  clari  nominis  professor  fuit).  X.  praef.  15:  Latro  num- 
^^^^m  solebat  disputare  in  couvivio  aut  alio  quam  quo  declamare  poterat 
^^pore.  .  .  negabat  itaque  ulli  se  placere  posse  nisi  totum  nossent  se 
^^  Buas  vires.  Zahllose  Proben  aus  seinen  Declamationen  bei  dem  älteren 
T^iieca  (z.  B.  contr.  VIT,  16,  16  ff.},  die  ihn  als  einen  verhältnissmässig  na- 

^t'lichen  und  einfachen  Schulredner  erscheinen  lassen.  Vgl.  Lindner  p.  25 
^^i4.    Messala  fand  seine  Sprache  nicht  rein  römisch  (Sen.  controv.  II, 

%  8).    Aus  einer  declamatio  de  raptore  (Sen.  contr.  II,  11)  des  Latro  eine 

33* 


516  Augusteische  Zeit,  711—767  d.  St. 

Stelle  bei  Quintil.  IX,  2,  91.    Anhänglichkeit  seiner  Schüler  an  ihn;  s.  Sen 

controv.  IX.  praef .  23 :  nee  uUi  alii  contigiase  scio  quam  apud  Graecos  Ni  — . 
ceti,  apud  Romanos  Latroni  ut  discipuli  non  audiri  desiderarent,  sed  con^ 
tenti  essent  audire.    Tranken  sie  doch  sogar  cuminum  silvestre  um  blas...^ 
auszusehen  wie  ihr  Meister  (Plin.  n.  h.  XX,  160).     Unter  diesen  Schülei 
war  Ovid  (oben  231,  1),  Florus  (Sen.  controv.  IX.  praef.  23  f.),  Fulvii 
Sparsus  und  Arbronius  Silo  (Sen.  suas.  2,  19).    G.  Lindner,  de  M.  Porc^^ 
Latrone  commentatio,  Breslau  1855.  52  pp.  Diss. 


3.    Sen.  controv.  IX,  29,  16:  Puscus  Arellius  cum  esset  ex  Asia  ei 
schloss  sich  am  nächsten  an  seine  Landsleute  Addaios  (ib.  IX,  24, 12  f.)  xvt^d 
Uybreas  (ib.  IX,  29,  16)  an.    Suas.  4,5:  quia  soletis  mihi  molesti  esse   <]e 
Fusco,   quid  fuerit,   quare  nemo  videretur  dixisse  cultius,  ingeram  vo\>28 
Fuscinas  explicationes.    dicebat  autem  suasorias  libentissime,  et  frequen^os 
graecas  quam  latinas.    Eine  Charakteristik  seiner  Weise  gibt  der  ältere 
Seneca  wiederholt;  so  suas.  2,  10:  ut  sciretis  quam  nitide  Fuscus  dixiaset 
vel  quam  licenter.    .  .  nihil  fuisse  me  iuvene  (also  war  Fuscus  wohl  etwa« 
älter  als  Seneca)  tam  notum  quam  has  explicationes  Fusci  etc.  vgl.  ib.  3,  7: 
descriptionibus  Fusci  vos  satiem?     Controv.  II.  praef.  1:   erat  expUcatio 
Fusci  Arelli  splendida  quidem  sed  operosa  et  implicata,  cultus  nimis  ad- 
quisitus,  compositio  verborum  mollior  .  .;  summa  inaequalitas  oratioxiis, 
quae  modo  exilis  erat,  modo  nimia  licentia  vaga  et  ettusa;  principia,  ar^* 
menta,  narrationes  aride  dicebantur;  in  descriptionibus  extra  legem  omoi- 
bus  verbis,   dummodo  niterent,   permissa  libertas;  nihil  acre,  nihil  soli- 
dum,  nihil  horridum;  splendida  oratio  et  magis  lasciva  quam  laeta.    Dazu 
suas.  3,  5:  solebat  Fuscus  ex  Yergilio  multa  trahere,  ut  Maecenati  impu- 
taret;  vgl.  ib.  4,  5.    Der  ältere  Seneca  gibt  in  seinem  Werke  sehr  zahl- 
reiche Proben  der  Beredtsamkeit  des  Fuscus,  die  längsten  suas.  2,  ift- 
controv.  II,  9,  4—8.  VII,  21,  7  f.    Vgl.  Lindner  p.  11—23,  wo  p.  22:  eanai» 
sectabatur  eloquentiam.    sanos  plerumque  habet  colores,  sanas  sententia^ 
splendidam  descriptionem  et  copiosam,  quamvis  interdum  nimis  cultam  et 
luxuriosam;  figuras  plurimas  quidem   nee  vero  inepte  cumulatas.    oratio 
argenteae  est  aetatis.    .  .  divisio  denique  .  .  apud  Fuscum  arida  depr^' 
henditur.    Dass  Seneca  ihn  in  einem  Theile  der  Stellen  Arellius  Fobco^ 
(oder  Fuscus  Arellius)  pater  nennt  beweist  nur  dass  er,  gerade  vne  Clodia^ 
Turrinus  (Sen.  contr.  X.  praef.  14  fF.),  zur  Zeit  da  Seneca  schrieb  einei» 
erwachsenen  Sohn  hatte  welcher  sich   vielleicht  gleichfalls   der  RhetorU^ 
widmete,  ohne  dass  desshalb  die  Stelleu  wo  pater  fehlt  und  blos  Arellio^ 
Fuscus  oder  Fuscus  Arellius  gesetzt  ist  (niemals  mit  dem  Beisatze  filiuis) 
auf  den  Sohn  zu  beziehen  wären.    Dass  vielmehr  alle  Stellen  des  Senec^ 
nur  auf  den  berühmten  Rhetor,  den  Vater,  zu  beziehen  sind  zeigen  di^ 
vielen  Fälle  wo  innerhalb  des  gleichen  Beispieles  pater  bald  gesetzt  bal*^ 
weggelassen  ist;  s.  W.  Teuffei  in  Pauly's  Real-Enc.  I,  2.  S.  1496,  Nr.  ^- 
Lindner  p.  4—6.    Unter  seinen  Schülern  war  Ovid  (oben  231,  1)  und  Papi' 
rius  Fabianus  (oben  250, 10).  Keinenfalls  von  ihm,  vielleicht  aber  von  seineJ^ 
Sohne,  sagt  Plin.  n.  h.  XXXIII,  54:  vidimus  et  ipsi  Arellium  Fuscum  (m^^' 
tum  equestri  ordine  ob  insignem  calumniam,  cum  celebritate  assectarei»' 
tur  adolescentium  scholae)  ex  argento  anulos  habeutem.    F.  G.  Lindner, 
de  ArelUo  Fusco  commentatio,  Breslau  1862.  4. 


i 


252.   Rhetoren:  Arellius  Fuscub,  AlbuciuB  Silus  u.  a.  517 

4.    Suet.  rhet.  6  (=  gramm.  30):  C.  AlbaciuB   Silus  Novariensis 
cum  aedilitaie  in  patria  fongeretur  .  .  contendit  .  .  inde  Bomam,  receptus- 
que  in  Planci  oratoris  (oben  196,  6)  contubernium  .  .  ex  eo  clarus  propria 
aiiditoria  institoit,  solitos  declamare  genere  vario:  modo  splendide  atqne 
adornate,  tum  .  .  circumcise  ac  sordide  et  tantum  non  trivialibos  verbis. 
egit  et  causaa,  verum  rarius,  dum  amplissimam  quamque  seetatur  nee  alium 
in  Ulla  locum  quam  perorandi.     postea  renuntiavit  foro,  partim  pudore 
partim  metu  (namentlich  seitdem  ihm  vor  dem  Centumviralgericht  L.  Ar- 
nmtius  den  Unterschied  zwischen  Redefiguren  und  Rechtsausführungen  zu 
fahlen  gegeben  hatte,  Sen.  controv.  VIL  praef.  7.    Suet.  1.  1.    Quintil.  IX, 
'^)  95).    et  rursus  in  cognitione  caedis  Mediolani  apud  L.  Pisonem  procon- 
Bülem  (Cos.  739  d.  Si)  defendens  reum  .  .  paene  poenas  luit.    iam  autem 
senior  ob  vitium  vomicae  Novariam  rediit  convocataque  piebe  causis  pro- 
pter  quas  mori    destiuasset   diu   ac  more  contionantis   redditis  abstinuit 
cibo.    ffieronym.  ad  a.  Abr.  2011  ==  Aug.  38  =  749  d.  St.:  Albucius  Silo 
^orariensiB  clarus  rhetor  agnoscitur.    Allem  nach  war  er  ein  Altersgenosse 
Je8  altem  Seneca  (Lindner  p.  7  f.).    Quintil.  II,  15,  36:  Albucius,  non  ob- 
»cnnis  Professor  atque  auctor,  nach  welcher  Stelle  er  auch  über  Theorie 
^Pf  Beredtsamkeit  geschrieben  hatte.    Vgl.  ib.  IIT,  3,  4.  6,  62.  Ps.Vergil. 
Catal.  7,  3  f.:  vos,  Sile  Albuci  Arquitiqne  Varroque,  scholasticorum  natio 
niadeng  pingui.     Charakteristik   seiner  Redeweise   bei  Sen.  controv.  VII. 
P^aef.,  worin  z.  B.:  (1.)  instatis  mihi  quotidie  de  Albucio.    non  ultra  vos 
uifferam,  quamvis  non  audierim  frequenter,  cum  per  totum  annum  quin- 
quiens  seziensve  populo  diceret  (d.  h.  öffentlich  declamierte).    .  .  alius  erat 
com   torbae  se  committebat,  alius  cum  paucitate  contentus  erat.    .  .  illa 
intexxipegtiva  in  declamationibus  eins  philosophia  sine  modo  tunc  .  .  eva- 
^b^-tnr.    cum  populo  diceret  omnes  vires  suas  advocabat  et  ideo  non  de- 
*niel>^t.    .  .  argumentabatur  moleste   magis  quam  subtiliter.    .  .  (2.)  .  . 
*piexidor  orationis  quantus  nescio  an  in  nullo  alio  fuerit.    .  .  dicebat  citato 
et  efipQgo  cursu,  sed  praeparatus.    .  .  sententiae  .  .  simplices,  apertae.    .  . 
(3.)  .   .  non  posses  de  inopia  sermonis  latini  queri  cum  illum  audires:  tau- 
^^^^^    orationis  cultae  fluebat.     .  .  (4.)  timebat  ne  scholasticus  videretur. 
*  ^tiem  proxime  dicentem  commode  audierat  imitari  volebat.     memiui 
mnttx  .  .  apud  Fabianum  philosophum  tanto  iuveniorem  quam  ipse  erat 
cuid    codidbus  sedere;  (5.)  memini  admiratione  Uermagorae  ^tupentem  ad 
iQutq^tionem  eins  ardescere.    nulla  fiducia  ingenii  sui  et  ideo  adsidua  mu> 
^^o.    .  .  (5.)  raro  Albucio  respondebat  fortuna,  semper  opinio.    .  .  (7.) 
^^^    homo  sommae  probitatis,   qui  nee   facere  iniuriam  nee  pati   sciret* 
'?«-   noch  ib.  I,  4,  14  (Albucius,  qui  Graecos  praeminet).    Zahlreiche  Pro- 
^^   «einer  Declamationen  bei  Seneca  d.  ä.,  z.  B.  controv.  VII,  16,  1  —  3. 
>    ^5,  6  —  8.    F.  G.  Lindner,  de  Gaio  Albucio  Silo  commentatio,  Breslau 
^^1-  18  pp.  4. 

5.  Hieronym.  ad  a.  Abr.  2008  =  Aug.  35  £=  746  d.  St:  Passienus 
^^r,  declamator  insignis,  diem  obit.  Seneca  controv.  II,  13,  17:  Passie- 
^^^>  vir  eloquentissimus  et  temporis  sui  primus  orator.  Exe.  contr.  III. 
P^i^ef.  14:  Passienum,  qui  nunc  primo  loco  stat.  X.  praef.  11:  Passieno 
'  *  declamatori  subtili,  sed  arido.  III.  praef.  10:  Passienus  noster  (Cassius 
^Verus  spricht)  cum  coepit  dicere,  secundum  principium  statim  fuga  fit, 
^  epilogum  omnes  revertimur,  media  tantum  quibus  necesse  est  audiunt. 


518  Augusteische  Zeit,  711—767  d.  St. 

Von  Augustus  geschätzt  (tantus  vir),  ib.  X,  34,  21.     Vgl.  noch  ib.  VIH  ^ 
16,  20.    Sein  Sohn  ist  Passienus  Crispus  bis  consul  (iterum  J.  44  i^, 
Chr.),  orator,  Agrippiuae  matrimonio  et  Nerone  privigno  clarior  poste.^ 
(Plin.  n.  h.  XVI,  242).   Vgl.  Schol.  luv.  IV,  81  (soweit  er  dort  nicht  mit  Vibicī 
Crispus  —  unten  280,  2  —  verwechselt  wird):  plurimas  sponte  causas  apift^^ 
centumviroB  egit.    .  .  consulatus  duos  gessit.    uxores  habuit  duas,  prima::«:^] 
Domitiam,  deinde  Agrippinam.    .  .  omnium  principum  gratiam  adpetiv^^ 
sed  praecipue  C.  Caesaris.    .  .  periit  per  fraudem  Agrippinae  etc.    T^l<;. 
A.  VI,  20  (scitum  Passieni  oratoris  dictum).    Quintil.  VI,  1,  50.   X,  1,   ^4 
(nobis  pueris  insignes  pro  Voluseno  Catulo  Domitii  Airi,  Crispi  Passiv  xii^ 
D.  LaeUi  orationes  ferebantur).    An  ihn  gerichtet  ist  des  Philosophen  ^«. 
neca  Epigramm  (6)  aus  der  Verbannung  (v.  2:  Crispe,  vel  antiquo  conapi- 
ciende  foro.    v.  8  f. :  cuius  cecropio  pectora  melle  madent,  maxima  facondo 
vel  avo  vel  gloria  patri). 

6.  L.  Cestius  Pius  (Suet.  ind.  rhett.,  p.  99  Rffsch.)  Smyrnaeus  rhetor 
latine  Eomae  docuit,  Hieronym.  ad  a.  Abr.  2004  =s  Aug.  31  =»  742  d.  St 
Sen.  suas.  7,  13:  erat  Cestius  nullius  quidem  ingenii,  Ciceroni  etiam  in- 
festus,  quod  illi  non  inpune  cessit.    nam  cum  M.  Tullius  filius  Ciceronia 
Asiam  optineret  (J.  725)  .  .  servus  .  .  interroganti  domino  quis  ille  voca- 
retur  qui  in  imo  recumberet  ait:  hie  est  Cestius  qui  patrem  tuum  negabat 
litteras  scisse ;   adferri  protinus  flagra  iussit   et  Ciceroni  .  .  de  corio  Cestii 
satisfecit.    Exe.  controv.  III.  praef.  15:  pueri  fere  aut  iuvenes  scholas  fre- 
quentant;  hi  non  tantum  disertissimis  viris  (der  Gegenwart)  Cesüum  suum 
praeferunt  sed  etiam  Ciceroni  praeferrent  ni  lapides  timerent.    .  .  haius 
declamationes  ediscunt,  illius  orationes  non  legunt  nisi  eas  quibus  Cestius 
rescripsit.   (16.)  memini  (sagt  Cassius  Severus)  me  intrare  scholam  eiuscom 
recitaturus  esset  in  Milonem  Cestius  (vgl.  Quintil.  X,  5,  20:  rescribere  veteri- 
bus  orationibus ,  ut  fecit  Cestius  contra  Ciceronis  actionem  habitam  pro  BÜ* 
lone).    .  .  Cestius  Ciceroni  responsurus  mihi  quod  responderet  non  inveiü^ 
.  .  (17.)  deinde  libuit  (mihi)  Ciceroni  de  Cestio  in  foro  satisfacere.   .  .  diximo- 
lestum  me  amplius  non  futurum  si  iurasset  disertiorem  esse  Ciceronem  qaam 
se.    nee  hoc  ut  faceret  vel  ioco  vel  serio  effid  potuit.    Contr.  VII.  praef.  Ö; 
Cestii,  mordacissimi  hominis.    16,  27:  Cestium  latinorum  verborum  inopi^ 
hominem  graecum  laborasse,  sensibus  abundasse.    Proben  aus  seinen  D^- 
clamationen  zahlreich  bei  Seneca.    Schüler  von  ihm  Surdinus  (oben  15,  ^'ji 
Aietius  Pastor  (Sen.  contr.  I,  3,  11),  Quintilius  Varus  (Sohn  des  durch  seine 
Niederlage  Berühmten  und  Schwiegersohn  des  Germanicus,  ib.  I,  3,  1^)' 
und  besonders  Argentarius,  s.  Sen.  contr.  IX,  26,  12  (p.  265  Bu.):  CestiaB 
.  .   quid  putatis,  aiebat,  Argentarium  esse?    Cesti  simius  est.    .  .  fuerat 
enim  Argentarius  Cesti  auditor  et  erat  imitator.    aiebat  invicem :  quid  pu- 
tatis esse  Cestium  nisi  Cesti  cinerem?  (13.)  Omnibus  autem  insistebat  (Arg) 
Cesti  vestigiis :  aeque  ex  tempore  dicebat,  aeque  contumeliose  multa  ioter- 
ponebat;  illud  tamen  optima  fide  praestitit,  ciun  uterque  Graecus  esset, 
ut  numquam  graece  declamaret.     Vgl.  W.  TeufFel  in  Pauly's  Real-Eo^ 
I,  2.  S.   1518,  Nr.  1.    F.  G.  Lindner,    de  L.   Cestio  Pio,  Zülüchau  1858. 
17  pp.  4. 

7.  (L.)  lunius  Gallio,  Freund  des  altern  Seneca  (Gallio  noster,  Seu. 
p.  21,  15.   130,  2.   160,  11.   162,  2.   181,  10.  359,  15  Bu.),  sowie  des  Ovid 


J 


252.    Rhetoren:  Passienus,  Cestius  Pius,  Gallio  u.  a.  519 

(Ifcksoni  Bao,  ib.  p.  21,  30)  und  daher  wohl  der  Gallio  welchen  Ovid  ex 
Poxit.  IV,  11  über  den  Tod  seiner  Gattin  tröstet.    Gleichaltrig  scheint  er 
m^liM:  dem  Ovid  als  dem  Vater  Seneca  gewesen  zu  sein;   s.  Sen.  contr.  VII. 
pr«fcr«f.  5  f.    Ver&sser  einer  rhetorischen  Schrift  (Quintil.  III,  1,  21:  pater 
Gei»Uio)  und  von  Declamationeu  (ib.  IX,  2,  91:  remissius  et  pro  suo  ingenio 
pa.l^r  Gallio;   vgl.  Tac.  dial.  26:  tinnitus  Gallionis),  die  noch  in  der  Zeit 
de»    Hieronymus  vorhanden  waren  (comm.  in  Esaiam,  praef.:  qui  .  .  cou- 
ciKUDas  declamationes  desiderant  legant  Tullium,  Quintilianum ,  Gallionem, 
6^T3iiiianum).    Proben  daraus,  welche  auf  relative  Nüchternheit  schliessen 
kssen  (s.  6.  Schmidt  p.  22—24),  bei  Seneca  häufig;    längere  suas.  5,  8. 
controv.  I,  1,  4  u.  14.  2,  11  f.  7,  12.   8,  9.    II,  11,  6  f.  u.  14.    VII,  16,  12  f. 
22,    3~5.  23,  4.   24,  8  u.  10.    IX,  26,  2  f.  u.  6.   27,  12  f.   28,  1.  7  f.  11.  21. 
X^   31,  1—3.  34,  13 — 17.    Vgl.  noch  X.  praef.  8:  monstrabo  bellum  vobis 
lil:>ellum,  quem  a  Gallione  vestro  petatis.    recitavit  rescriptum  Labieno  pro 
Bathyllo  Maecenatis.    Tac.  A.  VI,  3.    Dio  LX,  35.  LXII,  25.    B.  Schmidt, 
de  L.  lunio  Gallione  rhetore,  Marburg  1866.  33  pp.  8.    Er  adoptierte  den 
^testen  Sohn  seines  Freundes  Seneca,  M.  Annaeus  Novatus,  welcher  seitdem 
L.  lunios  Gallio  (Dio  LX,  35)  hiess.    Letzterer  wurde  unter  Claudius  Con- 
B^l  und  verwaltete  dann  (J.  52  n.  Chr.)  Achaja.    Stat.  Silv.  II,  7,  32  nennt 
^n  dulcis.    Sein  Bruder  Seneca  hat  an  ihn  (als  Novatus)  seine  Abhand- 
lungen de  ira  und  (ad  Gallionem)  de  vita  beata  gerichtet.    Er  überlebte 
o*ch  Tac.  A.  XV,  73  den  Tod  von  Seneca  (f  65),  sah  sich  aber  bald  ge- 
ööthigt  ihm  nachzufolgen;  s.  Hieron.  a.  Abr.  2080  =  Ner.  10  =  64  n.  Chr. 
(statt  65):  lunius  Gallio,  frater  Senecae,  egregius  declamator  (vielleicht 
»erwechslung  mit  seinem  Adoptivvater),  propria  se  manu  interficit.    W. 
Teaffel  in  Pauly's  Real-Enc.  I,  1.  S.  1015 ,  Nr.  13  a. 

8.  lunius  OÜio  pater  .  .  edidit  quattuor  libros  colorum,  quos  belle 
^&Uio  noster  Antiphontis  libros  vocabat:  tantum  in  illis  somniorum  est, 
^Q.  controv.  II,  9,  33.  Vgl.  I,  3,  11:  Othonem  lunium  patrem  memini 
^^orem  stultum  inducere,  quod  minus  ferendum  est  quod  libros  colorum 
^didit.  Auch  von  diesem  Proben  seiner  Declamationen  bei  Seneca.  Prä- 
^*  J.  775  =  22.  üeber  ihn  Tac.  A.  III,  66:  lunio  Othoni  litterarium  ludum 
^^ercere  vetus  ars  fuit;  mox  Seiani  potenüa  Senator  obscura  initia  impu- 
^entibus  ausis  propolluebat 

9.  Sen.  controv.  I,  1,  22:  hanc  partem  memini  apud  Cestium  decla- 
^ari  ab  Alfio  Flavo,  ad  quem  audiendum  me  famaperduxerat;  qui  cum 
t^raetextatus  esset  tantae  opinionis  fuit  ut  populo  rom.  puer  eloquentia 
^otos  esset.  .  .  tanto  concursu  hominum  audiebatur  ut  raro  änderet  post 
illom  Cestius  dicere.  ipse  omnia  mala  faciebat  ingenio  suo.  naturalis  ta- 
teen  illa  vis  eminebat  quae  post  multos  annos,  iam  et  desidia  obruta  et 
carminibus  (also  wohl  erotische)  enervata,  vigorem  tarnen  suum  tenuit. 
Vgl.  II,  14,  8:  Flavum  Alfium,  auditorem  suum,  qui  eandem  rem  lascivius 
dixerat,  obiurgavit  (Cestius).  Exe.  contr.  III,  7,  3:  Alfius  Flavus  hanc  sen- 
tentiam  dixit:  .  .  hunc  Cestius  quasi  corrupte  dixisset  obiurgans,  apparet, 
inquii,  te  poetas  studiose  legere:  iste  sensus  eins  est  qui  hoc  saeculum 
amatoriis  uon  artibus  tantum  sed  sententüs  implevit  (des  Ovid).  Proben 
der  Declamationen  des  Alfius  bei  Sen.  contr.  I,  1,  23.  7,  7.  II,  10,  3.  Er 
ift  wohl  der  Alfius  Flavus  welcher  bei  Plin.  n.  h.  IX,  8,  25  (ni  res  Mae- 


**1  -1 


520  AuguBteiache  Zeit,  711—767  d.  St. 

cenatiB  et  Fabian!  et  Flavi  Alfii  multoromque  esset  litteris  mandata),  Tgl. 
ind.  auci  1.  IX,  als  Gewährsmann  für  eine  Anekdote  ans  der  Zeit  des 
Augustus  angeführt  wird. 

10.  Unter  den  übrigen  Schulrednem  von  welchen  der  ältere  Seneca 
Proben  mittheilt,  und  welche  zum  Theil  der  Zeit  des  Tiberius  angehören, 
sind  die  am  häufigsten  genannten  Argentarius  (oben  A.  6),  P.  (Nonim) 
Asprenas,  Blandus  (vgl.  oben  250,  10),  Bruttedius  Brutus,  (Fabius?)  Boteo, 
Capito  (Sen.  contr.  X.  praef.  12),  Clodius  Sabinus  imd  Turrinus  (X.  praef. 
14  fi'.),  Cornelius  Hispauus,  Fulvius  Sparsus  (Nachahmer  des  Latro,  Sen. 
contr.  X.  praef.  11;  homo  inter  scholasticos  sanus,  inter  sanos  scholasticns, 
ib.  I,  7,  15),  Oavius  Sabinus  und  Silo  (X.  praef.  14),  Julius  Bassas  (TgL 
oben  238,  4)^  Licinius  Nepos^  Marillus  (praeceptor  noster,  Sen.  contr.  VII, 
17,  11;  vgl  oben  A.  2),  Murredius  (von  Seneca  sehr  geringschätzig  be- 
handelt, 8.  Eörber  S.  64  f.),  Musa  (X.  praef.  9),  Oscus  (ib.  10  f.),  Pom- 
peius  Silo  (sedens  et  facundus  et  litteratus  est  et  haberetur  disertos  si 
a  praelocutione  dimitteret;  declamat  male,  ib.  III.  praef.  11;  homo  qoi 
indicio  censebatur,  ib.  IX,  25,  22;  Zeitgenosse  des  Porcius  Latro,  s.  ib.  Vn, 
23,  10.  IX,  28,  10.  Ausführlichere  Proben  suas.  7,  '5  u.  10  f.  contr.  1, 2, 20. 
5,  3.  7,  13.  II,  9,  16  u.  20  f.  IX,  25,  17  f.  29,  14  f.  X,  32,11);  der  Delator 
Bomanius  Hispo  (erat  natura  qui  asperiorem  dicendi  viam  sequeretor, 
ib.  IX,  26,  11  vgl.  VII,  17,  13.  Tac.  A.  I,  74.  XIV,  65.  QuintiL  VI,  3, 100), 
Sepullius  Bassus,  Triarius  (compositione  verborum  belle  cadentinm  multos 
scholasticos  delectabat,  Sen.  contr.  VII,  19,  10;  Zeitgenosse  des  Asinius 
PoUio,  Latro  und  Cestius,  ib.  II,  11,  19.  VII,  19,  10.  IX,  29,  11;  längere 
Proben  suas.  7,  6.  contr.  I,  2,  21.  II,  12,  8.  VII,  20,  1  f.  IX,  25,  20  f.  29, 
9  u.  11.  X,  33,  4.  34,  5);  Vallius  Syriacus,  Vibius  Gallus  (fuit  tam  magnae 
olim  eloquentiae  quam  postea  insaniae,  Zeitgenosse  des  Papirius  Fabia&o^ 
Sen.  contr.  II,  9,  25  f.;  Proben  ib.  II,  9,  9.  VII,  20,  3.  23,  5.  IX,  24,  4. 
29,  2)  und  Vibius  Rufus  (erat  qui  antiquo  genere  diceret,  ib.  IX,  25,  25. 
Proben  ib.  II,  9,  2.  11,  8.  14,  10.  VII,  18,  4;  dagegen  derjenige  welchen 
PliniuB  in  seinem  Quellenverzeichniss  zu  B.  XIV,  XV,  XIX,  YYT  auffuhrt 
heisst  Vib.  Bufinus),  L.  Vinicius  (quo  nemo  dvis  rom.  in  agendis  causis 
praesentius  habuit  ingenium,  Sen.  contr.  II,  13,  20;  Illvir  monetalis  J.  733 
d.  St.  und  mit  Beziehung  darauf  eleganter  dizit  divus  Augustus:  L.  Tvoi- 
cius  ingenium  in  numerato  habet,  ib.;  Probe  ib.  19)  und  sein  Bruder 
(ib.  19)  P.  Vinicius  (exactissimi  vir  ingenii,  qui  nee  dicere  res  ineptas  nee 
ferre  poterat,  ib.  VII,  20.  p.  217,  3  ff.  Bu.;  summus  amator  Ovidi,  ib.  X, 
33,  25;  Probe  ib.  I,  2,  3;  dagegen  Sen.  Epist.  40,  9.  Consul  756  d.  St.; 
s.  A.  Haakh  in  Pauly's  Real-Enc.  VI,  2.  S.  2627  f.  Nr.  4  u.  5);  Votienos 
Montanns  (s.  unten  260,  1). 

11.  Ein  Popilius  Laenas  wird  als  Rhetor  und  Verfasser  von  rhetorischen 
Schriften  genannt  bei  Quintil.  X,  7,  32  vgl.  DI,  1,  21.  XI,  3,  183  (quod  a 
Grraecis  sumptum  P.  L.  posuit).  Er  lebte  wohl  erst  unter  Tiberius;  vg^- 
unten  264,  1. 

12.  Porphyrie  zu  Hör.  Ep.  I,  5,  9:  Moschus  hie  Pergamenus,  rhetor 
notissimus,  reus  veneficii  fuit,  cuius  causam  ex  primis  tunc  oratores  ege- 
runt,  Torquatus  (s.  oben  251,  2)  hie  de  quo  nunc  dicit  (Horatius),  cuius 
extat  oratio,  et  Asinius  PoUio.   Vgl.  Sen.  controv.  II,  13, 13:  novi  dedam»" 


252  f.    Rhetoren:  Seneca  der  Vater.  521 

tores  post  Moechum  Apollodoreum,  qui  reos  veneficii  fuit  et  a  Pollione 
Asinio  defensus,  damnatos  Masaüiae  docoit.  Also  wohl  in  griechischer 
Sprache,  wie  Artemon,  Damas,  Diokles,  Euktemon,  Glykon  Spiridion,  Hy- 
breas,  Niketes,  Potamon  u.  a.  bei  Seneca. 

353.  Fast  über  das  ganze  achte  Jahrhundert  d.  St.  er- 
streckte sich  das  Leben  des  Seneca  aus  Corduba,  des  Vaters  von 
Novatus,  dem  Philosophen  L.  Seneca  und  von  Mela,  dem  Vater  des 
Lucanus.  Ein  Mann  von  altrömischer  Strenge  und  Derbheit,  von 
nüchternem  Urteil,  als  Stilist  Bewunderer  des  Cicero,  scheint 
er  selbst  unter  den  Schönrednern  seiner  Zeit  nicht  hervorgeragt 
zu  haben.  Aber  er  verfasste,  ausser  einem  Geschichtswerke,  in 
seinen  späteren  Lebensjahren  eine  üebersicht  der  in  seiner  Zeit 
behandelten  Schulthemen,  10  Bücher  controversiae  und  ein  Buch 
suasoriae,  unter  dem  Titel:  oratorum  et  rhetorum  sententiae, 
divisiones,  colores,  ein  Zeugniss  seines  wunderbaren  Gedächt- 
nisses und  eine  reiche  Fundgrube  für  die  Geschichte  der  Rhe- 
torik unter  Augustus  und  Tiberius.  Uns  ist  dieses  Werk  nur 
lückenhaft  erhalten.  Ein  Theil  wird  ergänzt  durch  eine  gleich- 
falls auf  uns  gekommene  abgekürzte  Bearbeitung  (Excerpta)  aus 
dem  vierten  oder  fünften  christlichen  Jahrhundert. 

1.  Vorname  unbekannt,  da  L.  (in  einem  Theüe  der  Hdss.)  wohl  von 
der  Vermischung  mit  dem  Sohne  herrührt    Bitterstand  (Tac.  A.  XI V,  53) 
und  Wohlstand  (Sen.  ad  Helv.  14,  3)  der  Familie.     Heimat  Corduba,  s. 
HartiaL  I,  61,  7  f.  (duosque  Senecas  .  .  facunda  loquitur  Corduba).    Per- 
sönlicher Charakter.    Sen.  ad  Helv.  matr.  17,  3  f.:  patris  mei  antiquus  rigor. 
.  .  utinam  .  .  pater  mens,  minus  maiorum  consuetudini  deditus,  voluisset 
te  praeceptis  sapientiae  erudiri  potius  quam  inbui !    .  .  propter  istas  quae 
litteris  non  ad  sapientiam  utuntur,  sed  ad  luxuriam  instruuntur,  minus  te 
iiidalgere  studiis  passus  est.    Dazu  stimmen  Aeusserungen  des  Vaters  wie 
controv.  I.  praef.  6  (insolens  Graecia)  und  8  f.  (cantandi  saltandique  ob- 
^oena  studia  etc.).     6,  12   (valde  levis   et  graeca  sententia).     X,  33,  23 
(latinam  lingpiam  facultatis  non  minus  habere,  licentiae  minus  als   die 
^^echische). 

2.  Lebenszeit.     Controv.  I.  praef.  11:   omnes  magni  in    eloquentia 
^ominiB  excepto  Cicerone  videor  audisse;  ne  Ciceronem  quidem  aetas  mihi 
^ripuerat,  sed  beliorum  civilium  furor,  qui  tunc  orbem  totum  pervagaba- 
l^ir,  intra  coloniam  meam  me  continuit;  alioquin  in  illo  atriolo  in  quo  duos 
^^randes  praetextatos  ait  secum  declamare  solitos  potui  adesse  illudque  iu- 
^enium  .  .  cognoscere  et  .  .  potui  vivam  vocem  audire.    Er  muss  daher 
spätestens  J.  700  geboren  sein.    Tod  um  792;  s.  Anm.  5.    Jedenfalls  er- 
lebte er  seines  Sohnes  Verbannung  (J.  796)  nicht  mehr;  s.  L.  Sen.  ad  Helv. 
^,  4  f.    Zweimaliger  Aufenthalt  in  Rom;  contr.  lY.  praef.  3:  audivi  illum 
<;<leii  Asinins  PoUio,  J.  679-^758)  et  viridem  et  postea  iam  senem.    Dass 
er  beidesmal  länger  dauerte  zeigt  die  genaue  Kenntniss  der  Rhetoren  des 


isL. 


522  Augusteische  Zeit,  711—767  d.  St. 

damaligen  Rom.  Lehrer  (s.  oben  252 ,  10)  und  Freunde  (oben  252,  2  und.  1) 
daselbst  Im  reiferen  Mannesalter  heiratete  er  zu  Gorduba  Helviam,  b^&% 
in  antiqua  et  severa  institutam  domo,  Sen.  ad  Uelv.  16,  3;  TgL  ib.  2^4: 
carissimum  virum,  ex  quo  mater  trium  liberorum  eras,  eztulisti.  X)er 
älteste  von  diesen  war  (vgl.  A.  4)  Novatus  (s.  oben  252,  7) ;  der  zweite  der 
Philosoph  L.  Seneca  (unten  271,  1);  über  den  dritten,  Mela,  s.  Tac^«  A. 
XVI,  17  vgl.  Polyän.  VIII,  62. 

3.  Schriften.  L.  Seneca  de  vita  patris  (III.  p.  436  f.  Hse):  si  q^vae- 
cumque  composuit  pater  mens  et  edi  voluit  iam  in  manus  populi  errkim- 
sem,  ad  claritatem  nominis  sui  satis  sibi  ipse  prospexerat;   nam  nisi  ine  1^1 

decipit  pietas,  .  .  inter  eos  haberetur  qui  ingenio  meruerunt  ut  puris  scri- 
ptorum  titulis  nobiles  esseni    quisquis  legisset  eins  historias  ab  initio  bei- 
lorum  civilium  .  .  paene  usque  ad  mortis  suae  diem,  magni  aestimar^^ 
scire  quibus  natus  esset  parentibus  ille  qui  res  romanas  (so  trefflich  b^^' 
schrieb).   Dieses  Geschichtswerk  war  also  damals  noch  nicht  herausgegeben^' 
Vielleicht  ist  daraus  die  Nachricht  über  den  Tod  des  Tiberius,  Suet.  Ti  ^^.' 
73  (Seneca  eum  scribit  etc.,   wenn   nicht   der  Sohn   gemeint  ist),  scwr-^ 
Lactant.  instit.  VII,  15,  14  (non  inscite  Seneca  romanae   urbis  tempo^^^^ 
distribuit  in  aetates).    Die  Anführung  von  Quintil.  IX,  2,  98  (est  a  Senec^^^^^^^ 
dictum  eleganter,  non  patronorum  hoc  esse  —  das  Schwören  —  sed  testiui    ^■^^' 
trifft  weder  auf  die  erhaltene  Schrift  des  Vaters  noch  auf  eine  des  Sa 


«3 


nes  zu. 


e- 


4.    Die  erhaltene  Schrift.    Controv.  I.  praef.:  Seneca  Novato,  Sen 
cae,  Melae  filiis  salutem.    (1.)  Exigitis  rem  magis  iocundam  mihi  qua; 
facilem:  iubetis  enim  quid  de  his  declamatoribus  sentiam  qui  in  aetate 
meam  inciderunt  indicare  et  si  qua  memoriae  meae  nondum  elapsa  sva^c^^^^ 
ab  illis  dicta  colligere.    .  .  est,  fateor,  iocundum  mihi  redire  in  antiqir^^'-i^ 
studia  melioresque  ad  annos  respicere  etc.    (2.)  sed  cum  multa  iam  mil^^''^'^ 
.  .  senectus  fecerit,  oculorum  aciem  retuderit,  aurium  sensum  hebetave 
nervorum  firmitatem  fatigaverit,  inter  ea  quae  retuU  (retinui?)  memo 
est.    .  .  hanc  aliquando  in  me  floruisse,  ut  .  .  in  miraculum  quoque  usq 
procederet,  non  nego:  nam  et  duo  milia  nominum  recitata  quo  erant 
dine  dicta  reddebam  etc.    (3.)  .  .  ex  parte  bene  spero  (für  die  Darlegm^c:-*^^ 
des  Gewünschten);  nam  quaecumque  apud  illam  aut  puer  aut  iuvenis  <d-*^®" 
posui  quasi  recentia  aut  modo  audita  sine  cunctatione  profert.    .  .  (4.)  i^c^  ^^ 
ex  memoria  quantum  vobis  satis  sit  superest.    .  .  illud  necesse  est  imfc::^V^ 
trem,  ne  me  quasi  certum  aliquem  ordinem  velitis  sequi  in  contrahendo^  ^ 
quae  mihi  occurrunt.    (5.)  .  .  necesse  est  me  ad  deUcias  componam  um — ^le- 
moriae  meae.    (10.)  quaecumque  a  celeberrimis  viris  facunde  dicta  ten^^^^> 
ne  ad  quemquam  privatim  pertineant,  populo  dedicabo  (also  wohl  ni(^=^^^ 
erst  nach  seinem  Tode  herausgegeben).    (13.)  facile  est  mihi  ab  incunat=^°' 
lis  nosse  rem  post  me  natam  (die  declamatio).    Am  Schlüsse  (X.  praef.         ^) 
das  Geständniss:  sinite  me  ab  istis  iuvenilibus  studiis  ad  senectutem  mei^^'" 
reverti.    fiatebor  vobis,  iam  res  taedio  est    primo  libenter  adsilui,  veff-^^ 
optimam  vitae  meae  partem  mihi  reducturus;  deinde  me  iam  pudet,  ta^^^' 
quam  diu  non  seriam  rem  agam.    Doch  fugte  er  den  controversiae  n^w^ 
die  suasoriae  an;  s.  controv.  II,  12,  8:  quae  dixerit  suo  loco  reddam,  c%^^^ 
ad  Bua&orias  venero.    Auch  diese  vollendete  er;  s.  suas.  6,  27:  si  hie  ^C' 


253.   Khetoren:  Seneca  der  Vater.  523 

siero,  scio  futurum  ut  vos  .  .  desinatis  legere.  .  .  ergo  ut  librum  velitis 
Qsqae  ad  umbilicum  revolvere  adiciam  suasoriam  proximae  similem  (Nr.  7, 
die  letzte). 

5.  AbfassungBzeit  die  senectus  des  Seneca  (s.  A.  4),  nach  dem  Sturze 
les  SejanuB  (J.  784;  s.  suas.  2,  12)  und  dem  Tode  des  Scaurus  (J.  787). 
i.  Boas.  2,  22:  TuscuB  ille  qui  Scaurum  Mamercum,  in  quo  Scaurum  fami- 
isL  extdncta  est,  maiestatis  reum  fecerat).  Die  spätesten  Theile  weisen  auch 
iber  den  Tod  des  Tiberius  (f  März  790)  hinaus;  s.  suas.  3,7:  Tiberius  .  . 
»ffendebatur  Nicetis  ingenio,  sowie  die  Aeusserungen  über  den  Ankläger  des 
>cauruB  (suas.  2,  22),  über  das  gerichtliche  Verbrennen  von  Büchern  (controv. 
SI.  praef.  5  f.),  und  die  Mittheilung  aus  dem  unter  Tiberius  amtlich  yer- 
»rannten  V^erke  des  Cremutius  Cordus,  suas.  7,  19  ff. 

6.  Eintheilung  der  controversiae  in  zehn  Bücher  (Hbelli,  IL  praef.  5 
rg\,  IV.  praef.  1),  abgegrenzt  je  durch  ein  Vorwort  worin  ein  Rhetor  oder 
nelirere  charakterisiert  werden  und  die  nach  Form  wie  Inhalt  sehr  lesens- 
werth  sind.  Die  zu  Buch  5,  6  und  8  sind  nicht  erhalten,  das  zu  B.  9  un- 
r  oÜBtändig.  Bei  den  einzelnen  Themen  wird  in  der  Hauptsache  die  Ein- 
teilung befolgt  nach  sententiae  (Ansichten  der  Rhetoren  über  die  An- 
9^rendung  des  Gesetzes  auf  den  gegebenen  Fall),  divisio  (Zerlegung  in 
einzelne  Fragen)  und  colores  (Beschönigungsmittel  der  strafbaren  Hand- 
Lxuig^),  doch  in  freier  V^eise,  mit  häufigen  Abschweifungen.  Die  Berichte 
aber  die  Ausfährungen  der  einzelnen  Rhetoren  haben  einen  so  gleich- 
cnäsBigen  Anstrich  dass  diese  nur  dem  Sinne  nach  wiedergegeben  sein 
können.  Einflechten  von  Anekdoten  und  V^itzen.  Die  Beurteilung  der 
Einzelnen  ist  nüchtern  und  streng,  oft  hart.  Bewunderung  Ciceros,  s.  contr. 
L  praef  11.  X.  praef.  6.  Die  Sprache  zeigt  in  den  Proömieu  wenig  Ein- 
fiuss  der  silbernen  Latinität,  mehr  in  den  controversiae  und  suasoriae  selbst. 

7.  Von  den  zehn  Büchern  Controversiae  ist  nur  die  Hälfte,  B.  I,  II, 

^11,  IX  und  X,  mit  35  Themen,  auf  uns  gekommen,  theilweise  mit  Lücken, 

xiamentlich  wo  Aussprüche  griechischer  Rhetoren  im  Original  angefahrt 

^^erden.   Citat  aus  einer  nicht  erhaltenen  controversia  bei  Quintil.  IX,  2,  42  f. 

IStwa  im  4ten  oder  5ten  chrisü.  Jahrh.  wurde  von  dem  Werke  durch  einen 

Unbekannten  für  den  Schulgebrauch  ein  ziemlich  ungeschickter  (s.  Bursian 
p.  VII  f.)  Auszug  gemacht,  welcher  sich  auch  auf  die  sonst  verlorenen  Bü- 
cher erstreckt  und  uns  die  vollständigen  Proömien  zuB.  I,  II,  III  und  IV 
gerettet  hat.  Die  suasoriae  stehen  in  den  Handschriften  vor  den  controver- 
siae, weil  diesB  die  Stufenfolge  im  rhetorischen  Unterrichte  war.  Die  Hand- 
schriften des  unverkürzten  Originals  stammen  aus  der  gleichen,  selbst 
schon  verdorbenen  und  lückenhaften  Quelle.  Die  treueste  Abschrift  die- 
ses archetypns  ist  der  Bruzellensis  9594  saec.  IX  oder  X  (B  bei  Bursian), 
nächstdem  der  Autverpieusis  (A).  Die  Excerpta  existieren  in  vielen  Hand- 
schriften, unter  welchen  die  älteste  und  beste  ist  die  in  Montpellier 
(Montepessulanus)  saec.  X  (M  bei  Bursian).  Der  Epitomator  hatte  von  dem 
vollständigen  Werke  ein  Exemplar  vor  sich  das  von  jenem  archetypus  ver- 
schieden war.    Vgl.  Bursians  praefatio  p.  IX— XX. 

8.  In  den  ältesten  Ausgaben  (z.  B.  Venei  1490.  1492.  fol.  Basel  1515. 
1529.  fol.  und  1537.  1557.  fol.  von  Erasmus)  ist  das  Werk  des  Vaters  ver- 
mischt mit  denen  des  Sohnes;  abgetrennt  erst  in  denen  von  Nie.  Faber 


524  Augusteische  Zeit,  711—767  d.  St. 

(Paris  1587.  1598.  fol.)  und  Andr.  Schott  (Paris  1607.  1613.  fol.);  dannTO 
J.  Fr.  Gronovius  (Lugd.  Bat.  1649)  und  cum  notis  variorum  ex  rec.  Grono?. 
Amsterdam  1672.    Text  der  Bipontina,  1783.    Erste  kritische  Ausgabe  rec 
et  emend.  Conr.  Bursian,  Lips.  1857.    Dazu  kritische  Beiträge  von  H.  Höfi 
(de  Sen.  rhet.  quattuor  codd.  mss.  Schottianis,  Görlitz  1858.  4.),  J.  Yahle 
(Rhein.  Mus.  XIII.  S.  546—564),  A.  Kiessling  (ebd.  XVI.  S.  50—61  und  i 
den  Beiträgen  zur  Kritik  lat.  Prosaiker,  Basel  und  Genf  1864,  S.  32—47 
Herm.  Müller  (Rhein.  Mus.  XXI.  S.  405—428.    Berliner  Ztschr.  f.  Gy 
1868,  S.  81—93.  715  f.   Vgl.  490  f.),  Cl.  Konitzer  (ebd.  S.  966—970;  Quaes^ 
in  Sen.  patrem  criticae,  Breslau  1864,  und  Beiträge  zur  Kritik  des  R 
Sen.,  Breslau  1866.  4.),   R.  Wachsmuth  (Quaest.  crit.  in  Sen.  rh.,  Pos 
1867.  4.),   0.  Rebling  (Observati  critt.  in  S.  patrem,  Götting.  1868), 
Haupt  (Hermes  lU.  p.  344  f.) ,  C.  Bursian  (Spicilegium  crit.  in  Sen.  lib 
suas.  et  contr.,  Zürich  1869.  4.). 

J.  Körber,  über  den  Rhetor  Seneca  (S.  1—23.  58—66)  und  die  rö; 
sehe  Rhetorik  seiner  Zeit  (S.  23—58),  Marburg  1864. 

254.     Den  späteren  Lebensjahren  des  Seneca  gleichzei^^:dg 
war  wohl   der  Rhetor  P.   Rutilius  Lupus,    der  Verfasser 
erhaltenen  zwei  Bücher  Schemata  lexeoS;  welche  eine  abgekü 
Uebersetzung  eines  W^erkes  von  Gorgias  über  die  Redefigui^^^3i 
sind;  aber  nur  einen  Theil  des  ursprünglichen  Werkes  gebilcJL^t 
zu  haben  scheinen. 

1.  Dass  Seneca  den  Rutilius  Lupus  nie  nennt  beweist  nicht  dass 
ihn  nicht  mehr  erlebt  hat,  erklärt  sich  vielmehr  aus  dem  Plane  sei 
Werkes;  s.  controv.  I.  praef.  4:  neque  de  his  me  interrogatis  quos  L 
audistis,  sed  de  his  qui  ad  vos  usque  non  pervenerunt.    Dass  Rutilius 
dererseits  vor  Celsus  schrieb  erhellt  aus  Quintil.  IX,  2,  102:  praeter 
quae  Cicero  inter  lumina  posuit  sententiarum  multa  alia  et  Rutilius,  G- 
gian  secutus,  non  illum  Leontinum,  sed  alium  sui  temporis  (welcher 
Athen  Lehrer  des  jungen  Cicero  war,  ad  fam.  XVI,  21,  6  vom  J,  71 
St.),  cuins  quattuor  übros  in  unum  suum  transtuht  (die  Eintheilung  in  z 
Bücher  ist  also  späteren  Ursprungs),  et  Celsus,  videlicet  Rutilio  acced^^ 
pOBuerunt  Schemata.    Vgl.  noch  ib.  101.  106  (Rutilius  sive  Gorgias).  3, 
84.  89  (qui  proprie  libros  huic  operi  —  den  Figuren  —  dedicavenmt, 
Caeciüus,  Dionysius,  RutiHus,  Cornificius,  Yisellius).  91—94.  99.    Viellei 
war  Lupus  ein  Sohn  des  gleichnamigen  Pompejaners  (Pauly^s  Real-E?:'^^ 
VI,  1.  S.  688,  Nr.  14). 

2.  Das  erhaltene  Werk  veranschaulicht  die  unnütze  und  kleinlic?^^ 
Vervielfältigung  der  Redefiguren  in-  der  späteren  Rhetorik,  wobei  Gorgi^^ 
entweder  selbständig  verfahren  zu  sein  oder  andere  als  die  uns  bekannt^^ 
Quellen  benützt  zu  haben  scheint,  da  seine  Aufzählung  und  Terminologie 
viel  Eigenthümliches  hat  (Dzialas,  quaest.  p.  15 — 21).  Werth  hat  das  8chrif^ 
chen  hauptsächlich  durch  die  zahlreichen  und  gut  übersetzten  Beispiele  ans  M^ 
griechischen  Rednern,  zum  grossen  Theil  aus  verlorenen.  Abgekürzte  6e- 
arbeitung  des  griechischen  Originals;  s.  II,  12:  quid  intersit  .  .  cognoscere 
poteris  .  .  multo  diligentius  ex  graeco  Gorgiae  libro,  ubi  pluribus  unios-  i^ 
cuiusque  ratio  redditur.                                                                                           9  ^ 


254.   Rhetoren:  Rutilius  Lupus.  525 

3.  Daas  das  Werk  nicht  vollständig  erhalten  ist  zeigen  die  Rede- 
:en  {axTJiiLccta  Siayotag)  welche  Quintil.  IX,  2,  103.  106  (vgl.  3,  89)  aus 
lius  anführt  ohne  dass  sie  sich  in  demselben  fänden,  so  wie  aus  dem 
1  der  Schrift  in  den  Hdss. :  P.  Rutilii  Lupi  Schemata  dianoeas  ex  Graeco 
a  Gorgia,  während  sich  das  Erhaltene  doch  nur  auf  die  axT^fiaxa  li- 
r  bezieht.  Der  Titel  wird  daher  ursprünglich  gelautet  haben:  sche- 
nk dianoeas  et  lexeos  ex  graecis  Gorgiae  versa  (Ruhnken).  Vgl.  Dzialas 
est.  p.  14  f.  28  ff.  Bei  dieser  Sachlage  hat  wenig  Sicherheit  die  Vermutung 
L  Dzialas,  ib.  p.  36—38),  Rutilii  librum  quem  nos  habemus  non  esse  e 
lu  Rutilii  profectum,  sed  magistri  alicuius  epitomen.  Das  Carmen  de 
ris  kannte  bereits  nur  den  jetzigen  Umfang;  s.  oben  237,  8.    Nach 

ist  in  allen  Hdss.  eine  Lücke,  über  deren  Ausfüllung  durch  C.  Schöpfer 
sdlinburg  1837)  s.  F.  Haase,  de  fragmentis  RutiHo  Lupo  a  Schöpfero 
>08itis,  Breslau  1856.  4. 

4.  Ausgaben.  Yenet.  1519.  Aid.  1523.  Von  B.  Rhenanus,  Basil. 
.  4.;  R.  Stephanus,  Paris  1530.  4.  In  den  Rhetores  antiqui  von  Fr. 
oeus  (Paris  1599.  4.),  Capperonnier  (Strassburg  1756.  4.)  und  besonders 
Rhetores  latini  minores  von  C.  Halm  (Lips.  1863}  p.  3 — 21.    Rec.  et 

3t.  adi.  D.  Ruhnken,  Lugd.  Bat.  1768  (Lips.  1831).    In  us.  schol.  ex- 
lavit  F.  Jacob,  Lübeck  1837. 

Kritische  Beiträge  von  J.  Mähly  (Philologus  XIV.  S.  764—768) ,  J.  G. 
alich  (Fleckeisens  Jahrbb.  89,  S.  202—208),  J.  Simon  (Philologus  XXVII. 
42—659)  u.  a. 

G.  Dzialas,  (juaestioues  Rutilianae,  Diss.  Breslau  (1860),  und  Rhetorum 
quorum  de  figuris  doctrina  (Breslau  1869.  4.).  C.  Schmidt,  de  Rutilio 
o,  Breslau  1865.  4. 


IV. 

Dritte  Periode. 

Die  römisclie  Eaiserzeit. 

256.  Wie  die  augusteische  Zeit  in  der  Geschichte  eine 
)pelstellung  hat,  als  Ende  der  Republik  und  Anfang  der 
serzeit,  so  auch  in  der  Literatur,  da  ihre  grössere  Hälfte  zu 
m  goldenem  Zeitalter  gehört,  die  kleinere  spätere  aber  zum 
ernen.  In  letzterem  wirken  die  ursprünglichen  nationalen 
kfte  noch  fort,  aber  abgeschwächt  und  getrübt  durch  die 
en  politischen  Verhältnisse,  welche  nach  Augustus  die  Mon- 
iiie  zum  Despotismus  steigern.  Der  Despotismus  bewirkt 
aahlich  den  Tod  alles  selbständigen  geistigen  Lebens.  Dieses 
^ebniss  tritt  zu  Tage  sowie  unter  den  Antoninen  die  krank- 
te Spannung  auf  eine  Reihe  von  Jahrzehnten  nachlässt  und 


■SiT^»" 


526  Die  Eakerzeit.    Erstes  Jahrhundert. 

nun  der  Versuch  zu   neuen  Hervorbringungen  gemacht  wir-^. 
Aber  die  völlige  Erschöpfung  bringt  es  nur  zu  einem  Schei-im- 
leben  und  zu  Nachahmungen.     Wie  am  Ende  des  zweiten  Jah^Krh. 
n.  Chr.  Gommodus  den  alten  Despotismus  erneuert  und  SchKi^ag 
um  Schlag  auf  Volk  und  Reich  niederfallt;    wird  die   iun—^re 
Auflösung  nur  durch  das  Leben  in  den  Provinzen  noch  lang— :^ere 
Zeit  aufgehalten  und  verdeckt;   aber  in  der  Literatur  ged^^^iht 
einzig  noch  die  Jurisprudenz  und  etwa  die  Gelehrsamkeit.  Di^ 

Literatur  überlebt  sogar  noch  längere  Zeit  den  äusseren  Uii 
gang  des  römischen  Reichs  (J.  476)  und  endet  erst  mit 
sechsten  Jahrhundert.     So  zerfällt  die  Eaiserzeit  in  drei 
schnitte  von  stufenweise  abnehmender  literarischer  Bedeutc:::^^«. 
das  erste  christliche  Jahrhundert ,  das  zweite  Jahrhundert  '^^cx/e/ 
das  Zeitalter  der  Antonine,  und  endlich  das  dritte  bis  aec^^Mste 
Jahrhundert  n.  Chr.  /^^ 

A.    Das  silberne  Zeitalter  der  römischen  Literatnr. 
Erstes  christliches  Jahrhundert,  J.  14 — 117  n.  Chr. 


^ 


256.    Das  erste  Jahrhundert  umfasst  die  Regierungen  vo^ 
Tiberius  (J.   14—37  n.  Chr.),   Caligula  (J.  37—41  n.  Chr^\ 
Claudius  (41—54),  Nero  (54-68),  Vespasianus  (69-79),  Titc:::^ 
(79-81),  Domitianus  (81-96),  Nerva  (96—98)  und  Trajan^^^ 
(98—117).    Es  zerfällt  wiederum  in  drei  Abschnitte,  die  Ze-^. 
der  Julier   (J.   14 — 68  n.  Chr.),    die    der   flavischen  Dynast^^^v 
(J.  69-96  n.  Chr.),  und  die  des  Nerva  und  Trajan  (J.  96— 117;^     ^'^ 
Der  Charakter  des  Jahrhunderts  wird  bestimmt  durch  seine  Ail^^'\ 
fange.     Die  Monarchie,  welche  unter  Augustus  sich  noch  mei?'^^" 
in  milde  Formen  gekleidet  hatte,  wird  unter  den  Nachfolgenx^^^'^i 
aus  seinem  Hause  allmählich  nackter  Despotismus,  tückisch  uu^^      , 
brutal,  stumpf  und  wahnsinnig,   aber  immer  gleich  mörderisch^ "^ 
gegen  alle  Selbständigkeit,  nur  Sklaven  und  Werkzeuge  nebeir:^"^, 
sich  duldend,  den  Besseren  nur  die  Wahl  lassend  zwischen  TocS^"^^ . 
und  Heuchelei.     Yespasian   und    Titus   kommen   zu   spät  un(&^-^ 
werden  zu  bald  gefolgt  von  dem  bösartigen  Wüterich  Domitian:^^^^ 
als  dass  durch  sie  eine    wesentliche  Besserung  hätte  erfolgei^:^^^^ 
können,  und  die  Zeit  des  Nerva  und  Trajan  bringt  nur  zjiac:^^^ 
Bewusstsein    was   man  alles   in  der  schlimmen  Yergangenhei 
erlitten  und  eingebüsst  hat.    Für  die  Literatur  kommt  zu  diBse 
üebeln  noch  der  besondere  Umstand  dass  alle  Kaiser  dieser  ZeiP^  * 
persönlich  für  sie  Sinn  und  Verständniss  haben;  denn  um  so  arg^ 
wöhnischer  überwachen  sie  jede  Lebensregung  auf  diesem  G 


^ 


256.    Charakteristik  und  üebersicht.  527 

lete  und  empfinden  wohl  gar  Eifersucht  auf  die  schriftstelle- 
schen  Erfolge  Anderer.  Daher  bekommt  die  Literatur  die 
(Wirkungen  des  Despotismus  in  verstärktem  Masse  zu  fühlen.^) 
Die  Wirkungen  welche  der  Despotismus  auf  die  Geister 
issert  sind  theils  negativer  theils  positiver  Art.  Fürs  Erste 
hafft  er  um  sich  die  Stille  des  Kirchhofes^  indem  alle  Selb- 
ändigkcit  gemordet  wird,  sich  in  Schweigen  hüllt,  verkriecht, 
erstellt  und  der  Kriecherei  das  Wort  überlässt,  sich  selbst  er- 
^bend  in  das  Unabänderliche,  ja  sich  anstrengend  um  sich 
nerlich  ihm  möglichst  anzubequemen.  ^)  Die  positive  Wirkung 
eser  Zurückdrängung  der  Selbständigkeit  in  das  tiefste  Innere 
t  einerseits  eine  Verinnerlichung  und  Vertiefung  welche  dem 
imilienleben  zu  Gute  kommt  und  Gestalten  wie  die  Arria  und 
innia  hervorbringt,  zugleich  aber  auch  Verbissenheit  und  Ver- 
hrobenheit.  Da  man  sich  nicht  geben  kann  wie  man  ist  und 
;h  bemüht  den  Schein  zu  erregen  als  wäre  man  anders  als 
ui  ist,  so  geräth  man  in  Heuchelei  und  Affeetation.  Die  Na- 
r  ängstlich  zu  verbergen  genöthigt  verfällt  man  in  Künstelei 
d  Unnatur.  Jeden  Augenblick  von  Spähern  beobachtet  oder 
doch  meinend  fühlt  man  sich  fortwährend  wie  auf  der  Bühne: 
ui  denkt  an  den  Eindruck  seines  Thuns  auf  Gegenwart  und 
icbwelt,^)  man  lebt  sich  in  eine  Rolle  hinein,  man  nimmt 
eatralische  Posituren  an,  man  declamiert  statt  zu  sprechen, 
mehr  der  Einzelne  sich  anstrengen  muss  um  in  schwerer 
it  nicht  unterzugehen,  um  so  grösser  kommt  er  sich  vor: 
le  gewisse  Eitelkeit  haftet  allen  Persönlichkeiten  dieser  Zeit 
,  und  genährt  wird  sie  durch  die  öffentlichen  Vorträge  ohne 
deren  Zweck  als  Schaustellung  des  eigenen  Ich  und  gegen- 
itige  Bewunderung.^)  Die  Unsicherheit  alles  Seins  und  Ha- 
ns, die  stete  Angst  in  der  man  lebt^,  bewirkt  eine  unruhige 


1)  Plin.  Ep.  III,  5,  5:  sab  Nerone,  com  omne  studiorum  genas  paulo 
erioB  et  erectius  periculosum  servitus  fecisset. 

2)  Lucan.  III,  146  f.:  cuius  (der  libertas]  servareris  umbram  si  quid- 
Ld  iubeare  velis. 

3)  Plin.  £p.  in,  16,  6:  ista  facienti,  ista  dicenti  gloria  et  aetemitas 
be  ocolos  erant.  Tac.  A.  XIY,  49  extr. :  Thraaea  saeta  firmitudine  animi 
ne  gloria  intercideret. 

4)  QnintU.  X,  1,  18 :  et  vitiosa  plnribus  placent  et  a  corrogatis  laudan- 
•  etiam  quae  non  placent.  Vgl.  Fers.  1,  83  ff.  Auch  auf  die  Beredt- 
nkeit  übte  diese  Einfluss;  Quintil.  lY,  3,  2:  qnod  natum  ab  ostentatione 
damatoria  iam  in  forum  venit,  postquam  agere  causas  non  ad  utilita- 
n  litigatoruni,  sed  ad  patronorum  iactationem  repertum  est;  vgl.  oben  37, 3 


528  Die  Eaiserzeit.   Erstes  Jahrhundert. 

Beweglichkeit;  krankhafte  Gereiztheit  und  Hast,  die  nicht 
genug  beginnen  zu  können  glaubt  und  den  Äugenblick  gieri 
ausbeutet;  die  Einen  in  Sinnentaumel;  die  Andern  in  leiden. — 
schaftlichen  Vorkehrungen  für  ihre  Unsterblichkeit. 

Dieser  Charakter  der  Zeit  prägt  sich  auch  in  ihrer  Schreib^ 
weise  aus.  Das  Einfache;  Natürliche  gilt  für  geistlos :  ^)  schim- 
mernd; pikant;  interessant  sucht  die  Rede  zu  sein;  sie  umhängt 
sich  daher  mit  dem  Flitterstaate  von  Sentenzen;^)  rhetorischen 
Figuren^)  und  poetischen  Wendungen.*)  Aber  nach  dem  glei- 
chen Ziele  strebt  man  auf  verschiedenen  Wegen:  der  Eine 
kokettiert  (wie  Seneca)  durch  kurze  zerhackte  Sätzchen  ;^)  der 
Andere  durch  alterthümliche  Rauhheit  oder  (wie  Persius)  durch 
künstliche  Dunkelheit;^)  bald  erstrebt  man  Wirkung  durch  epi- 
grammatische Schärfen  und  Spitzen  (wie  Seneca;  CurtiuS;  Ta- 
cituS;  Plinius  d.  J.),  bald  durch  grelles  Colorit  (wie  Juvenal); 
den  Einen  ist  es  vor  Allem  um  äussere  Glätte  zu  thun;  auch 
auf  Kosten  des  Inhaltes^)  (wie  Valerius  Flaccus  und  Statius); 
den  Anderen  um  den  Eindruck  der  Gedankentiefe.  Die  Manier 
tritt  an  die  Stelle  des  Stils ;  gespreiztes  Pathos  an  die  Stelle 


1)  Qnintil.  II,  5,  11.  YIII.  prooem.  24  ff.,  z.  6.  26:  nos  quibus  sordet 
omne  quod  natura  dictavit. 

2)  Quintil.  VII,  1,  44.   XII,  10,  46.  48. 

3)  Quintil.  YIII.  prooem.  24:  nihil  iam  proprium  placet  etc.  IX,  3, 1: 
paene  iam  quidquid  loquimur  figura  est. 

4)  Tac.  dial.  20:  exigitur  iam  ab  oratore  etiam  poeticus  color. 
Quintil.  Vin.  prooem.  25:  a  corruptissimo  quoque  poetarum  figuras  ac 
translationes  mutuamur. 

5)  Quintil.  IX,  4,  66:  mediis  .  .  cura  sit  .  .  ne,  quod  nunc  maxime^^^^e 
Vitium  est,  brevium  contextu  resultent  ac  sonum  reddant  paene  puerilium^raazn 
crepitaculorum. 

6)  Quintil.  VIII.  prooeiti*^  25:  tum  demum  ingeniosi  scilicet  si  ad  in — .^cn- 
tellegendos  nos  opus  sit  ingenio.  31 :  quidam  etiam  cum  optima  sunt  re—  -g"=3B- 
perta  quaerunt  aliquid  quod  sit  magis  antiquum,  remotum,  inopinatum-  .^nH' 
XI,  3,  10  f.  Tac.  dial.  23:  isti  qui  Lucilium  pro  Horatio  et  Lucretium  prcz^^o 
Vergilio  legunt,  .  .  quos  more  prisco  apud  iudicem  fabulantes  non  audi-^Ki-i- 
tores  sequuntur  etc. 

7)  Quintil.  IX,  4,  142:  duram  potius  atque  asperam  compo8itionen=:^c=v 
malim  esse  quam  effeminatam  et  enervem,  qualis  apud  multos,  et  cotidi^^-*^ 
magis,  lascivissimis  syntonorum  modis  saltat.  V,  12,  18:  nos  habituii  ^  ''^ 
orationis  virilem  .  .  tenera  quadam  elocutionis  cute  operimus  et  dum  laevi^^  -^ 
sint  ac  nitida,  quantum  valeant  nihil  Interesse  arbitramur.  II ,  5,  22:  r 
centis  huius  lasciviae  flosculi,  .  .  praedulce  illud  genus.  X,  1,  43:  recen^ 
haec  lascivia  deliciaeque  et  omnia  ad  voluptatem  multitudinis  imperita»»  ^ 
composita.    Sen.  Epist.  114,  15.    Pers.  I,  63  ff. 


rar- 


266.    CharakieriBtik  und  Uebersicht.  529 

ruHiger  Kraft.     Wohl  erkennen  .  unter  Vespasian  Manche    die 
Unnatur  in  die  man  hineingerathen  uud  streben  grundsätzlich 
nacli  der  Gedankeneinfachheit  und  dem  abgerundeten  Satzbau 
der    Ciceronischen  Zeit.     So  Julius  Secundus,  Vipstanus  Messala, 
Churiatius  Maternus  und   besonders  Quintilian.     Aber  dem  Zuge 
der  Zeit  entspricht  diess  so  wenig  dass  es  ohne  Wirkung  bleibt 
und   von  ihnen  selbst  sich  nicht  rein   durchführen  lässt.    Taci- 
tus    verlässt  diese  Bahn  nachdem  er  es  nur  einmal  auf  ihr  ver- 
sucht,   und  der  jüngere  Plinius   weiss  Redefülle  und  glitzernde 
Antithesen  mit  einander    zu  verbinden.     Die  meisten  Schrift- 
steller halten  die  Weise  ihrer  Zeit  für  einen   Fortschritt  und 
sehen  auf  die  voraugusteische  als   formlos  herab.*)     Der  Sieg 
des    Modernen  über  das  Alterthümliche  ist  in  der  Literatur  Voll- 
bild et;   nur   in  Kreisen    ohne  literarische   Bedeutung    lebt   das 
Antike  noch  lange  fort  und  äussert  sich  gelegentlich  ablehnend 
gegen  die  neue  Künstelei, 2)  und  technische  Schriftsteller,  wie 
Gelsus  und  Columella  und  die  Juristen,  wissen  sich  davon  frei 
^u.    erhalten.     Für  die  Literatur  im  Ganzen  aber  bleibt  die  Füh- 
lung  mit   dem  Volke   verloren;   die   meisten  Kaiser   erweitern 
®ogar  planmässig  die  Kluft  zwischen  den  Gebildeten  und  der 
Masse,   so  dass  diese  mit  Gleichmut,   wo  nicht  mit  Schaden- 
""^vide,    zusieht    wie    jene    gepeinigt   und    geplündert   werden. 
Ti*otzdem  ist  die  Monarchie  auch  bei  den  Schriftstellern  allge- 
^^^ine  Voraussetzung;  auch  die  Kühnsten  kehren  sich  nur  gegen 
^^i^en  Ausschreitungen;  Aengstlichere   reden  von  der  Zeit  der 
^^publik  nicht  ohne  stilles  Grauen;^)    verhältnissmässig  klein 
^1>^T  ist  die  Zahl  derer   die  ihr  Talent  zur  Kriecherei  erniedri- 
g^ii,  wie  Vellejus  und  Valerius  Maximus  unter  Tiberius,  Mar- 
^'^^lis  unter  Domitian.    Doch  verstand  schon  Vespasian  die  Li- 
^^atur  durch  amtliche  Stellung  und  Gehalte  an  seine  Dynastie 
^^  letten;  öffentliche  Wettkämpfe  in  griechischer  und  römischer 
^^:redtsamkeit  und  Poesie  wiederholten  sich   seit  Caligula  oft- 
**^^l8^)  und  steigerten  die  Production  wie  die  Künstelei.    Eine 


1)  Tac.  dial.  20:  volgus  quoque  .  .  adsuevit  iam  exigere  laetitiam  et 
^^Ichritadinem  orationis  nee  perfert  in  iudiciis  tristem  et  impexam  anti- 
^^Uiatem. 

,,^       2)  Vgl.  besonders  Persius  I,  127  ff.   lU,  77  ff.    V,  189  ff.   VI,  37  ff. 
"^^^^jrtiaL  XI,  90. 

3)  Vgl  z.  B.  Quintil.  II,  16,  5.    Die  neue  Beredtsamkeit  oharakteri- 
^^it  modos  et  temperamentum  (Tac.  dial.  41  extr.). 

4)  Orelli  inscr.  1185:  poeta  latiniiB  coronatus  in  munere  patriae  suae 

TeuTfel,  Rum.  Literalurg-eschichte.  ^^ 


530  Die  Kaiserzeit.    Erstes  Jahrhundert. 

gewisse  geistige   und   literarische  Bildung  ist  durch  die  zah!? 
reichen  Lehrer   und  Schulen  weitverbreitet/)  auch  unter  de^ 
weiblichen  Geschlechte  ;^)  doch  ist  es  häufig  nur  dilettantisch^ 
Naschen  ohne  Gründlichkeit.^)  Die  Provinzen,  besonders  Spani^ 
und  Gallien ;  liefern  der  Literatur  ihre  bedeutendsten  Talent^ 
Spanien  die  Seneca  (Vater  und  Sohn),  den  Äcilius  Lucanus  an, 
Annans  Lucanus,  Columella;  Pomponius  Mela^  QuintiliaU;  Martaa 
lis/)  Gallien  die  Redner  und  Rhetoren  Votienus  MontanuS;  Domf- 
tius  Afer;  Julius  Florus  und  AfricanuS;  Quirinalis^  Ursulus,  RofuS; 
M.  Aper  u.  A.  ^)   Später  beginnt  Africa  tonangebend  zu  werden/j 
Die  Rhetorik  und  Declamation  beherrscht  das  ganze  Jahr- 
hundert, Prosa  wie  Poesie,  artet  selbst  aber  immer  mehr  aas 
in  kleinliche  Scholastik  und  Zungendrescherei.  ^)    Formgewandt- 
heit ist  sehr  verbreitet,  und  die  Gesetze  des  Versbaues,  wie  die 
augusteische  Zeit  sie  eingeführt,   werden  sorgfältig  beobachtet. 
Aber  das  Formgefühl  ist  im  Schwinden  begriffen.     Die  poeti- 
schen Gattungen  werden    durcheinander   geworfen.    Poetisches 
wird  der  Prosa  beigemischt,  die  Synonymik  getrübt,  der  Wort- 
schatz diirch  Schöpfungen  der  Willkür  verunstaltet;  mit  dem 
gelockerten  Satzbau  werden  manche  Partikeln  ganz  aufgegeben/) 
andere  ihrer  eigentlichen  Bedeutung  zuwider  verwendet.^)   Da- 

(Beneventam).  2603:  coronatus  inter  poetas  latinos  certamine  sacro  lovis 
Capitolini.  Mommsen  I.  R.  N.  5252.  Friedländer  Sittengesch.  II.  S.  309. 
393  f.    Vgl.  unten  301,  4. 

1)  Tac.  dial.  19:  pervolgatis  iam  Omnibus  (Philosophie,  Rhetorik  u.  s.  w.), 
cum  vix  in  Corona  quisquam  adsistat  quin  elementis  studiorum  .  .  certe 
imbutuB  sit. 

2)  Friedländer,  Sittengeschichte  Roms  I.  S.  289—293. 

3)  Tac.  dial.  32 :  quod  (die  vielseitige  Bildung  der  alten  Redner)  adeo  ne- 
glegitur  ab  horum  temporum  disertis  ut  etc.  Friedländer  a.  a.  0.  S.  290f.  A.4. 

4)  Kortüm,  geschichtliche  Forschungen  (Leipzig  1863)  S.  209—252: 
über  das  gleichartige  und  abweichende  Element  der  spamsch-röinidcheD 
Dichterschule  in  der  zweiten  Hälfte  des  ersten  Jahrh.  n.  Chr. 

5)  Gallia  causidicos  docuit  facunda  Britannos,  Juv.  XV,  111.  vgl.  VH« 
147  fF.  213  f.    Quintil.  X,  3,  13:  lulius  Florus,  in  eloquentia  GaUiarum  • 
princeps. 

6)  Schon  Juv.  VII,  148  f.:  nutricula  causidicorum  A£rica. 

7)  Petron.  Sai  1:  rerum  tumore  et  sententiarum  vanissimo  strcpit^ 
hoc  tantum  proficiunt  ut  cum  in  forum  venerint  putent  se  in  alium  orbeiQ 
terrarum  delatos. 

8)  F.  Haase  vor  seiner  Ausgabe  des  Seneca,  T.  III.  p.  XIII— XV. 

9)  So  die  Verbindungen  quin  immo,  nempe  enim ,  ergo  igitur  a.  ^j 
auch  der  Gebrauch  von  interim  und  vieles  Andere.  Vgl.  E.  »Opiti,  8p^* 
men  lexilogiae  argenteae  latinitatis,  Naumburg  1852.  4.  ' 


258.    Die  Zeit  des  Tiberius.  531 

b   erhält    die   sog.    silberne  Latiuität   ihre   eigenthümliche 

»UBg. 

1.    Die  Zeit  der  jaliscilen  Dynastie,  J.  14—68  n.  €lir. 

257.  Anfänglich  geht  Herrscher  und  Literatur  in  den 
sstapfen  der  augusteischen  Zeit  weiter.  Je  offener  aber  all- 
ilich  der  Despotismus  sich  entwickelt  und  je  unmittelbarer  die 
ser  selbst  auf  die  Literatur  einwirken,  desto  entschiedener 
k  auch  deren  Umgestaltung  ein.  Die  Zeit  zerfällt  daher  in 
i  Abschnitte,  die  Regierung  des  Tiberius  (J.  14  —  37)  und 
seiner  Nachfolger  (J.  37—68), 

1.    CA.  Knabe,  de  fontibus  historiae  imperatorum  luliorum,  Halle  1864. 

a.     Die  Regicrungszeit  des  Tiberius. 

258.  In  diesen  Jahrzehnten  sinkt  die  Schulberedtsamkeit 
;sam  von  der  Höhe  die  sie  am  Ende  der  augusteischen  Zeit 
iegen;  einzelne  ihrer  Vertreter,  wie  Votienus  Montanus,  Mam. 
arus,  Romanius  Hispo,  sind  auch  im  Senat  und  in  den  Ge- 
lten thätig.  Von  den  Geschichtschreibem  büsst  Cremutius 
dus  seinen  Freimut;  Vellejus  und  Valerius  Maximus  helfen 
i  mit  Schmeichelei.  Durch  ihren  Stoff  den  Conflicten  ent- 
tt  waren  der  Polyhistor  Celsus,  Juristen  wie  Massurius  Sabi- 
;  Cassius  Longinus,  und  die  Grammatiker  wie  Julius  Modestus, 
aponius  Marcellus,  Remmius  Palämon.  Am  wenigsten  gedeiht 
ier  dumpfen  düstern  Zeit  die  Poesie.  Manilius  reicht  zwar 
b  in  sie  herein*,  sonst  aber  ist  der  Fabulist  Phädrus  für  uns 
Üinzige  was  sie  aufzuweisen  hat,  und  auch  dieser  hatte  Ver- 
Ungen  zu  erfahren.  Ebenso  der  Tragödiendichter  Pomponius 
mdus,  der  jedoch  mit  seinen  Arbeiten  erst  nach  dem  Tode 
Tiberius  hervorgetreten  zu  sein  scheint. 

1.  Säet.  Tib.  42:  Asellio  Sabino  sesterüa  duccnta  donavit  pro  dia- 
in  quo  boleti  et  ficedulae  et  ostreae  et  turdi  certamen  indoxerat. 
A.  UI,  49:  fine  anni  (21  n.  Chr.)  Lutorium  Priscum  eq.  rom.  post 

>re  Carmen  quo  Germanici  snprema  defleverat  pecunia  donatum  a 
are  corripuit  delator,  obiectaus  aegro  Druse  composuisse  quod,  si  ex- 
^8  eeset,  maiore  praemio  volgaretur.  Derselbe  wurde  hingerichtet, 
i  ohne  Mitwirkung  des  Tiberius.    Vgl.  Dio  LVII,  20. 

2.  Tac  A.  IV,  31:  C.  Cominium  eq.  rom.  probrosi  in  se  carminis 
ictom  Caesar  precibus  fratris  .  .  concessit.  VI,  39:  (Sextius)  Paconia- 
in  carcere  ob  carraina   illic   in  principem  factitata  strangulatus  est. 

34* 


532  Die  Kaiserzeit.    Elasten  Jahrhundert. 

Dio  LVn,  22:  AtXiov  Zatogvivov  <og  aal  inri  xiva  ig  avtov  ov%  Jxtrifd^^ 
a.noQqC'tpoLvza.  ,  .  ano  tov  KaniToaXiov  nars^gi^iiviasv.     Suet.  Tib.  61:    ob 
iectum  est  poetae  (dem  Mam.  Scaurus,  s.  unten  260,2)  quod  intragoe<Ü£ 
(betitelt  Atreus,  Dio  LVIII,  24)  Agamemnonem  probris  lacessisset  (versi- 
buB  qui  in  Tiberium  flecterentur,  Tac.  A.  VI,  29),  obiectum  et  histonco 
(dem  Cremutius  Cordus,  s.  unten  261,  1)  quod  Bnitum  Cassiomque  ultimo« 
Romanorum  dizisset:  animadversum  statim  in  auctores  scriptaque  aboÜta, 
quamvis  probarentur  ante  aliquot  annos,  etiam  Augusto  andiente  recitata. 
Proben  der  Pasquille  auf  Tiberius  bei  Sueton.  Tib.  59. 

3.  Ueber  Julius  Montanus  (tolerabilis  poeta  et  amicitia  Tiberü  notus 
et  frigore)  s.  oben  236,  13. 

4.  Ueber  die  Gedichte  des  Remmius  Palaemon  s.  unten  266,  8;  über 
Gaetulicus  s.  unten  275,  1. 

5.  Einschreiten  gegen  das  oscum  ludicrum,  oben  10,  2. 

6.  Verfolgung  des  Phädrus  durch  Sejanus  (Phädr.  III ,  40  ff.)  s.  unten 
268,  1. 

7.  Tac.  A.  V,  8:  relatum  (J.  784  =  31  n.  Chr.)  inde  de  .  .  Pompo- 
nioSecundo.    ..  huic  obiectabatnr  Aelii  Galli  (des  Sohnes  von  Sejan) 
amicitia.    .  .  Pomponius,  multa  morum  elegantia  et  ingenio  inlustri, . . 
Tiberio  superstes  fuit  (nach  mehrjähriger  Haft  im  Hause  seines  Bruders, 
während  welcher  er  wohl  sich  literarisch  beschäftigte).    XI,  13:  Claudius 
(J.  800  =  47)   .   .  theatralem   populi   lasciviam  severis   edictis  increpuiti 
quod  in  Publium  Pomponium  consularem  (cos.  suff.  776  d.  St.?)  —  is  caX' 
mina  scenae  dabat  —  .  .  probra  iecerat.    XII,  28:  apad  posteros  .  .  car- 
rainum  gloria  praecellit.    Vgl.  dial.  13.    Plin.  n.  h.  VII,  19,  80:  in  Pom- 
ponio  consulari  poeta;  und  XIII,  12,  83:  apud  Pomponium  Secundom,  ^' 
tem  civemque  clarisaimum,  vidi.    Plin.  Ep.  VII,  17,  11:  Pomponius  Secuö* 
dus  (hie  scriptor  tragoediarvun)  .  .  dicere  solebat.    Quintil.  X,  1,  98:  eo- 
rum  (Tragödiendichter)  quos  viderim  longe  princeps  Pomponius  Secundom 
quem  seues  quidem  parum  tragicum  putabant,  eruditione  ac  nitore  pra^' 
Stare  confitebantur.    VIII,  3,  31:  memini  iuvenis  admodum  inter  Pomp^ 
nium  ac  Senecam  etiam  praefationibus  esse  tractatum  an  ^gradus  elimiDa^*' 
in  tragoedia  dici  oportuisset.    Auch  sonstiges  Reflectieren  über  die  Spracb^i 
Charis.  I.  p.  137,  23  f.  K. :  Pomponius  Secundus  poeta,  ut  refert  (in  seinem 
Leben  des  Pomp.  See.)  Plinius,  (wollte  omneis  statt  omnes).    Dergleichen 
verhandelte  er  wohl  in  Briefen;  ib.  p.  125,  23  K.:  cetarüs  Pomponius  Se- 
cundus  ad   Thraseam.     Andere   bewusste   Spracheigenthümlichkeiten  bei 
Diomed.  I.  p.  371  K.  und  Priscian.  X.  p.  538  H.  (Pomponius  Secimdus  a^ 
Thraseam:  sancierat  ins).     Als  Titel  ist  nur  Aeneas  bekannt  (Charis.  ^ 
p.   132  K.:  P.  S.   in  Aenea),  der  also  eine  praetexta  gewesen  sein  wirf' 
(vgl.  Acro  oben  17,  4).     Armorum  iudicium  (Lactant.  zu  Stat.  Theb.  X 
841)  wird  von  Pacuvius  sein;    Atreus  (bei  Non.  p.  144,  24)  vielleicht  von 
Pomponius  Bononiensis  (oben  125,  1  f.);    s.  B.  Schmidt,  Rhein.  Mus.  XTI. 
S.  588-— 597.    M.  Hertz  de  Scaevo,  Breslau  1869.  4.  p.  4,  not.  3.    Anderes 
Tragg.  lat.  p.  197  f.  Rb.,  besonders  Terentian.  Maur.  2135  f.:  in  trag«» 
iunxere  choris  hunc  (den  daktylischen  Tetrameter)  saepe  diserti  Annaeos 


258  f.    Tiberius  und  Germanicus.  533 

acca  et  Pomponias  ante  Secundus.    Welcker  im  Rhein.  Mus.  Suppl.  II,  3. 
1440—1442.    Haakh  in  Paul/s  Real-Enc.  VI,  1.  S.  1879,  Nr.  34. 

259.  Unter  den  Mitgliedern  des  kaiserlichen  Hauses  be- 
ss  Tiberius  selbst  (J.  712—790  d.  St.)  eine  gründliche  red- 
rische  Bildung  und  bethätigte  sie  schriftlich  wie  mündlich, 
ch  noch  als  Herrscher,  so  weit  sein  verschlossenes  hinter- 
Itiges  Wesen  es  gestattete.  Auch  Denkwürdigkeiten  voll 
cker  Unwahrheiten  verfasste  er,  sowie  Verse  in  lateinischer 
ie  griechischer  Sprache.  Der  unglückliche  Germanicus 
.  739 — 772  d.  St.)  war  gleichfalls  hochgebildet  und  verfasste 
ancherlei  in  gebundener  Form.  So  namentlich  die  poetische 
earbeitung  von  Aratos'  astronomischem  Lehrgedichte  welche 
mmt  Scholien  auf  uns  gekommen  ist. 

1.  Literatar  über  Tiberius  überkaupt,  ausser  den  Geschicbtswerken 
n  Hock  (I,  3.  S.  1—194),  Merivale  (T.  V),  C.  Peter  (III,  1.  S.  137—230), 

V.  Wietersheim  (Gesch.  d.  Völkerwand.  I.  S.  110  ff.)  u.  A.,  W.  Teuffei, 
Pauly's  Real-Enc.  VI,  2.  S.  1931—1943.  Wigand,  Kaiser  Tiberius,  Ber- 
i  1840.  4.  G.  R.  Sievers,  Tiberius  und  Tacitus,  Hamburg  1850  f.  4. 
.  Duruy,  de  Tiberio  imperatore,  Paris  1853.  J.  J.  Bemouilli,  über  den 
tiarakter  des  Kaisers  Tiberius,  Basel  1859.  A.  Stahr,  Tiberius,  Berlin 
i63.  E.  Pansch,  zur  Kritik  der  Gesch.  d.  K.  Tib.,  Altenburg  1866.  L.  Frei- 
ig, Tib.  u.  Tacitus,  Marburg  1868.  Beul^,  Tib^re  et  l'h^ritage  d'Auguste, 
ans  1868.  A.  Schröder,  de  eorum  scriptorum  qui  de  Tib.  .  .  tradiderunt 
de  et  anctoritate,  Königsberg  1868,  u.  A. 

2.  Suet  Tib.  70:  artes  liberales  utriusque  generis  (griechische  wie 
^mische)  studiosissime  coluit.  in  oratione  latina  secutus  est  Corvinum 
[essalam  (oben  208,  6),  .  .  sed  adfectatione  et  moroBitate  nimia  obscura- 
ftt  stüom,  ut  aliquante  ex  tempore  quam  a  cura  praestantior  haberetur. 
^-  A.  XIII,  3:  Tiberius  artem  quoque  callebat  qua  verba  ezpenderet, 
^  validus  sensibus  aut  consulto  ambiguus.  IV,  31:  compositus  alias  et 
'lat  elactantium  verborum,  solutius  promptiusque  eloquebatur  quotiens 
tbveniret.  Schüler  des  Rhetors  Theodoros  aus  Gadara,  Sen.  suas.  3,  7. 
oei  Tib.  57.  Quintü.  III,  1,  17.  Purismus,  Suet.  Tib.  71.  Die  LVII, 
*•  17.  Vorliebe  für  alterthümliche  Ausdrücke,  Suet.  Aug.  86.  gramm.  22. 
^ichenreden  von  ihm,  Suet.  Tib.  6.  Aug.  100.  Tac.  A.  IV,  12.  Sen.  cons. 
^  Marc.  15,  3.  Die  LVII,  11  u.  A.  Anklage-  und  Vertheidigungsreden, 
^et.  Tib.  8.  Meyer  erat.  rem*,  p.  553—556.  Urkunden  von  ihm  bei 
ac.  A.  III,  6.  53  f.  rV,  40.  Suet.  Tib.  67.  ib.  61:  commentario  quem  de 
ta  8ua  Bummatim  breviterque  composuit  (wie  August,  s.  oben  207,  3) 
108  est  scribere  etc.  Domit.  20:  praeter  commentarios  et  acta  Tiberii 
«saris  nihil  lectitabat. 

3.  Suet.  Tib.  70:  composuit  et  Carmen  lyricum,  cuius  esttitulus  Con- 
^0  de  morte  L.  Caesaris.  fecit  et  graeca  poemata  imitatus  Euphorio- 
n  et  Rhianum  et  Parthenium,  quibus  poetis  admodum  delectatus  etc. 
xime  tarnen  curavit  notitiam  bistoriae  fabularis,  usque  ad  iueptias  atque 
isum.    nam  et  grammaticos,  quod  genus  hominum  praecipue  appetebat} 


534  Die  Kaiserzüit.    Erstes  Jahrhundert. 

eiusmodi  fere  quaestionibus  experiebatur,  quae  mater  Hecubae  etc.  Nac^^ 
Suidas  (v.  KaiaaQ  TißBQiog)  ^ygaipsv  iniyQdf^f^ata  nal  xB%vriv  QrjXü^tr^^^^ 
Letzteres  wohl  ein  Missverständniss. 

4.  üeber  Germanien s,  den  Neffen  und  Adoptivsohn  des  TibericL^^ 
8.  A.  Haakh  in  Pauly's  Real-Enc.  III.  S.  838—848  und  G.  F.  Hertzbei— 3 
in  Ersch  und  Grubers  Encyclopädie  I,  61  (1855)  S.  172—209.  Peterek,  Ge:^ 
manicus,  ein  biograph.  Versuch,  Trzemesno  1843.  4. 

5.  Suet.  Calig.  3  von  Germanicus:  ingenium  in  utroque  (vgl.  A  ^S 
eloquentiae  doctrinAeque  genere  praecellens.  .  .  oravit  cansas  etiam  trii 
phalis,  atque  inter  cetera  studiorum  monimenta  reliquit  et  comoedias 
cas.  Plin.  n.  h.  YIII,  42,  155:  fedt  et  divns  Augustus  equo  tumulmn, 
quo  Germanid  Caesaris  carmen  est.  Tac.  A.  II,  83:  veteres  inter  scriptxiD 
res  haberetur.  Ovid.  Fast.  1 ,  19  ff. :  docti  .  .  principis.  quae  dt  culti  Eie» 
cundia  sensimus  oris  civica  pro  trepidis  cum  tulit  arma  reis.  25:  vi 
rege  vatis  habenas.  ex  Pont.  II,  5,  53  ff.  IV,  8,  67  (non  potes  ofiBd 
yatis  contemnere  vates)  ff.  70:  gloria  Pieridum  summa  futurus 
73:  modo  bella  geris,  numeris  modo  verba  coerces.  77:  tibi  nee  d(x:s^ 
desuut  nee  prindpis  artes. 

6.  Unter  dem  Titel  Claudii  Caesaris  Arati  Phaenomena  (auch  Ar&'fexz 
Germanici  ad  Augustum)  ist  uns  durch  Hdss.  deren  älteste  sind  (s.  Br^^ 
sig's  Ausg.  p.. XIII  — XXVI)  die  Basler  saec.  VHI  (A  bei  Breysig) 
Paris.  7886  (=  Puteaneus)  saec.  IX  (P)  überliefert  eine  lateinische 
beitung  des  astronomischen  Lehrgedichtes  des  Aratos  aus  Soloi,  in  wolil 
gebauten  Hexametern,  die  ^aiv6yi>Bva  in  725,  wozu  drei  grössere  Bracli 
stücke  über  den  Einfluss  der  Gestirne  auf  die  Witterung  [diocruiBta  cxie 
prognostica)  von  mehr  als  200  Versen.    Gegenüber  von  den  Ueberres'tei 
der  ähnlichen  Jugendarbeit  des  Cicero  (oben  176,  2)  und  der  Arbdt   doi 
Avienus  zeichnet  sich  jene  durch  Selbständigkeit,  Sachkenntniss  und  Ter* 
hältnissmässige   poetische  Begabung  aus.     Vgl.  J.  Frey,   de   Germ.   Aj* 
interpr.  p.  XXIV:  Germanicus  prooemium  de  suo  praemisit,  fabulas  nozi- 
nullas  Arato  plane  iutactas  addidit.    quae  apud  Aratum  non  recte  dispo- 
sita  intellexit  in  meüorem  ordinem  redegit,  plura  quae  falsa  ab  Arat^ 
prodita  esse  ex  posterions  aetatis  astrologorum  libris  cognoverat  correxi^ 
Den  Mythen  gegenüber  verhält  dch  der  Verfasser  kritisch;  s.  Phaen.  Si- 
166.  264.    Die  Vergleichung  mit  Aratos  und  Avienus,  sowie  die  Venren- 
dung als  Lehrbuch  der  Astronomie  hat  dem  Texte  viele  Interpolationen 
zugezogen;  s.  A.  Breydg's  praef.  p.  V  ff.    Dass  der  Verfasser  nicht  der 
Claudier  Germanicus  (Sohn  des  Drusus),  sondern  der  Flavier  Domitianas 
sei  wollten  Rutgersius  u.  A.  folgern  aus  v.  2  ff. :  carminis  at  nobis,  genitor, 
tu  maximus  auctor,  te  veneror,  tibi  sacra  fero  doctique  laboris  primitias 
(vgl.  16:  pax  tua  tuque  adsis  nato),  während  v.  558  ff.   (welche  Breysig 
p.  XI  f.  den  Prognost.  zutheilt)  Abfassung  nach  dem  Tode  Angosts  be- 
weisen.   Aber  genitor  vom  Adoptivvater  (hier:  TiberiuaJ  ist  nicht  unge- 
wöhnlich (Merkel  ad  Ibin  p.  379),  Ti.  Caesaris  Aug.  filius  (Divi  Aog-nep^ 
Di  vi  luli  pronepos)  heisst  Germanicus  auch  offidell  (z.  B.  Orelli-UemeQ 
5380),  und  diese  Arbeit  mag  ganz  wohl  die  erste  fertig  gewordene  des 
Verf.  sein,  namentlich  gegenüber  von  den  später  verfassten  (Phacn.  444  f.) 
Prognostica.    Gegen  die  Beziehung  auf  Domitian  spricht  das  Sdiweig» 


269.    GermanicuB  (Aratea).  535 

sSüUntlicher  Lobhadler  desselben  über  eine  derartige  Leistimg,  sowie  der 

Üniat«nd  dass  Domitianus  sich  den  Titel  Germanicus  erst  als  Kaiser,  nach 

ßeiaem  Chattenfeldzuge  im  J.  84  n.  Chr.,  beilegte;   s.  Frontiu.  Strat.  II, 

11t   7:  Imperator  Caesar  Domitianus  Augustus  Germanicus   eo  beUo  quo 

Tiefeis  hostibus  cognomen  Germanici  meruit,  cum  in  finibus  Chattorum  ca- 

stell^,  poneret  etc.    Vgl.  Martial.  II,  2:  Greta  dedit  magnum,  maius  dedit 

Airi.oa  nomen;  nobilius  domito  tribuit  Germania  Rheno,  et  puer  hoc  dignus 

nonaine,  Caesar,  eras;  .  .  quae  datur  ex  Chattis  laurea  tota  tua  est;  wie- 

^olxl  hieraus   gefolgert   werden  könnte    dass  Domitianus   et  puer   diesen 

Nartxcn  geführt  habe,  was  sich  aber  sonst  nicht  erweisen  lässt.    A.  Imhof, 

Doöxitian  8.  131—135. 

7.  Ausgaben  der  Aratea  des  Germanicus.  Ed.  princeps  Bonon.  1474.  4. 
Vei:iet.  1488  und  (Aid.)  1499.  fol.  Ed.  Hugo  Grotius,  Lugd.  B.  1600.  4. 
CaxEL  comm.  varr.  ed.  J.  C.  Schwartz  (Coburg  1715).  An  Buhle's  Ausg. 
dea  Aratos  (Lips.  1801)  und  besonders  an  J.  C.  Orelli's  Ausg.  des  Phädrus 
(1^31)  p.  137—210.    Cum  scholüs  ed.  A.  Breysig,  Berol.  1867. 

J.  C.  Schaubach,  de  Arati  interpretibus  rom.  (Meiningen  1817.  4.) 
p.  Ö  ff.  J.  Frey,  im  Rhein.  Mus.  XIII.  S.  409—427  und  Epistola  critica 
de  Oermanico  Arati  interprete,  Culm  1861.  4.  M.  Haupt  im  Hermes  III. 
p.    X  53— 155. 

8.  Ausser  dem  Lehrgedichte  selbst  besitzen  wir  auch  Scholien  dazu 
aas  verschiedenen  Zeiten.  Die  älteren  (des  Basil.  und  Paris.)  waren  im 
viec^n  Jahrh.  (Lactantius)  schon  vorhanden  und  wohl  auch  schon  in  Ver- 
^^«Inng  mit  dem  Gedichte  des  Germanicus.  Sie  sind  eine  Bearbeitung 
d&Y-  nataaTSQKSfiol  des  Ps.  Eratosthenes.  Durch  Zuthaten  aus  Plinius,  Hy- 
S^i^K^'Qs,  Censorinus,  Martianus  und  Isidor,  vielleicht  für  Schulzwecke,  erwei- 
^^^  sind  diese  Scholien  im  cod.  Strozzianus  saec.  XIV  und  (corrupter)  im 
^^Vkinas  (Vatic.  1358)  saec.  XV.  Eine  dritte  Fassung,  welche  vorzugsweise 
^^^  Mythen  berücksichtigt  und  hauptsächlich  durch  den  Sangermanensis 
(7  i  saec.  IX  vertreten  ist,  weicht  von  der  älteren  Fassung  so  sehr  ab  dass 
*^^  wie  ein  selbständiges  Werk  erscheint.  A.  Breysig,  Philologus  XIII. 
S»  ^60  _  66g  uj2(j  Praef.  p.  XXVI  ff.  Ausgaben  derselben  an  denen  des 
^^imanicus  (s.  A.  7),  z.  B.  der  von  Breysig  p.  54—238.  Auch  an  Eyssen- 
^^^dt's  Martianus  Capella  (Lips.  1866)  p.  377  ff. 

Schaubach,  Observatt.  in  scholia  ad  Germanici  Caes.  Phaenomena, 
^  tartes,  Meiningen  1821  —  1834.  4.  Suringar,  de  mythographo  astrono- 
"^00  qui  vulgo  didtur  scholiastes  Germanici,  Lugd.  B.  1842.  4.  A.  Brey- 
^i%,  zum  scholiastes  Germanici,  Philologus  XIII.  S.  657—669,  und  Emen- 
^tionen  zum  Schol.  des  Germ.,  Posen  1865.  24  S.  4. 

260.  Unter  den  Rednern  der  Zeit  waren  die  bedeutend- 
sten und  zugleich  Herausgeber  eigener  Reden  und  rednerischer 
Schriften  der  ehlrenwerthe,  aber  als  Redner  masslose  Votienus 
Montanus  aus  Narbo;  der  talentvolle  aber  träge  und  lüderliche 
Mamercus  Scaurus;  Asinius  Gallus  (J.  714  —  786  d.  St.),  Ver- 
fasser einer  Vergleichung  zwischen  seinem  Vater  PolUo  und 
Cicero-,  der  Ritter  P.  Vitellius,  welcher  den  Piso  als  Mörder 


536  Die  Kaiserzeit.    Erstes  Jahrhimdert. 

des  Germanicus  belangte;  Domitius  Afer  (um  740 — 812  d.  St) 
aus  Nemausum,  der  unter  Tiberius,  Caligula  und  Nero  hohe 
Aemter  bekleidete  und  vor  den  Gerichten  wirkte,  jedoch  als 
Mensch  minder  achtbar  war  und  als  Redner  seinen  Ruhm  über- 
lebte. 

1.  Hieronym.  zu  Eus.  chron.  a.  Abr.  2043  =  Tib.  14  =  780  =  27  n. 
Chr.:  Votienus  MontanuB  Narbonensis  orator  in  Balearibus  insalis  mo- 
ritur,  illuc  a  Tiberio   relegatos.     Vgl.  Tac.  A.  IV,  42:  babita  per  iilos 
dies  (J.  778  d.  St.)  de  Votieno  Montano,  celebris  iugenii  viro,  cognitio. 
.  .  postulato  Votieno  ob  contumelias  in  Caesarem  dictas  (die  aber  wahr- 
heitsgemäss  waren)  etc.     Votienus  maiestatis  poenis   adfectus  est.    Sen. 
controY.  IX.  praef.  1 :-  Montanus  Votienus  adeo  numquam  ostentationis  de- 
clamayit  causa  nt  ne  exercitatis  quidem  declamaverit.    28,  17:  habet  hoe. 
Montanus  vitium:  sententias  suas  repetendo  corrumpit;  .  .  et  propter  h(v^ 
et  propter  alia  .  .  solebat  Scaurus  Montanum  inter  oratores  Ovidium  tc^ 
care  (oben  231,  6).     28,  15:  Montanus  Votienus,  homo  rarissimi,  eti 
non  emendatissimi  ingeni,   vitium  suum,  quod  in  orationibus  non  evi 
in  scbolastidB  quoque  evitare  non  pottiit.    .  .  memini  illum  pro  GallaNi 
misia  apud  centumviros  tirocinium   ponere.    .  .  (16:)  ex  iis  quaedam  : 
orationem  contuHt  et  alia  plura  quam  dixerat  adiecit.    29,  17:  Montani 
Votienus  Marcellum  Marcinm  amicum  suum,  cuius  frequenter  mentione 
in  scriptis  suis  facit  tanquam  hominis  diserti,  aiebat  dixisse  etc.    VII,  \ 
(p.  217,  18  if.  Bu.):  Vinicius  (obeu  262,  10)  erat  non  aequus  ipsi  Mon 
accusaverat  illum  apud  Caesarem,  a  colonia  Narbonend  rogatus.    at  M 
tanus  adeo  toto  animo  scholasticus  erat  ut  eodem  die  quo  accusatos  est— 
Vinido  disceptarit  in  Vinid  (Lücke).    Vom  debenten  Buche  des  Sem 
an  häufige  Proben  aus  den  Schulreden  des  Montanus.  ^ 

2.  Mam.  Aemilius  Scaurus,   insignis  nobilitate  (Urenkel  des  p 
ceps  senatus  oben  131,  10)  et  orandis  causis,  vita  probrosus  (Tac.  A 
29  vgl.  III,  66),  im  J.  787  =  34  n.  Chr.  durch  Tiberius  zur  Selbsttödt».»]^ 
getrieben,  vgl.  oben  258,  2  und  261,  4.    W.  Teuffei  in  Pauly's  ßeal-R:M3c. 
1,  1.  S.  374  f.,  Nr.  6.    üeber  ihn  Seneca  controv.  X.  praef.  2 — 4:  non  xkovi 
quemquam  cuius  ingenio  populus  rom.  pertinadus  ignoverit.    dicebat  vie- 
glegenter;  saepe  causam  in  ipsis  subsellüs,  saepe  dum  amicitur  discebal 

.  .  nihil  erat  illo  venustius,  nihil  paratius.    genus  dicendi  antiquum,  ver- 
borum  quoque  non  volgarium  gravitas,    ipse  voltus  habitusque  corpoxw 
mire   ad   auctoritatem   oratoriam    aptatus.     (3.)  sed  .  .  ignavus  Scaurus. 
.  .  pleraeque  actiones  malae,   in   omnibus   tamen   aliquod  magni  ingeiu 
vestigium  extabat.     .  .  orationes  septem  edidit,  quae  deinde  senatuscon- 
sulto  combustae  sunt  (vgl.  oben  258,  2).    bene  cum  illis  ignis  egerat;  eed       j 
extant  libelli  qui  cum  fama  eins  pugnant,  multo  quidem  solutiores  ipsis 
actionibus.    (4.)  declamantem  audivimus,  et  novissime  quidem  M.  Lepido. 
I,  2,  22:  Scaurus  non  tantum  disertisdmus  homo  sed  venustissimus.    Tac 
A.  III,  31 :  Mam.  Scaurus,  qui  .  .  oratorum  ea  aetate  uberrimus  erat  Pro- 
ben seines  treffenden  witzigen  Urteils  bei  Sen.  contr.  I,  2,  22.  II,  9,39. 
IX,  28,  17;  vgl.  X,  31,  19. 

3.  C.  Asinius  Gallus,  Sohn  des  Asinius  Pollio  (obeu  208, 1  ff.)»  Cos. 


„\^«dl 


260.    Redner:  Montanus,  ScauruB,  Afer  u.  a.  537 

46,  J.  786  durch  Tiberius  zum  Tode  getrieben;  s.  W.  Teufiel  in  Pauly'a 
teal-Enc.  I,  2.  S.  1865  f.  Nr.  9.  Plin.  Epist.  VII,  4,  3:  Hbri  Asini  Galli 
le  coxnparatione  patris  et  Ciceronis.  ib.  §.6:  libros  Galli  .  .  quibus  ille 
»arenti  ausns  de  Cicerone  dare  est  palmamque  decusque.  Claudius  schrieb 
lagegen;  s.  270,  2.  Quintil.  XII,  1,  22:  Asinio  utrique,  qui  vitia  orationis 
iiuB  (des  Cicero)  etiam  inimice  pluribus  locis  insequuntur.  Gellius  XVII, 
1,  1:  nonnulli  tarn  prodigiosi  tamque  vecordes  eztiterunt,  in  quibus  sunt 
jallus  Asinius  et  Largius  Licinus,  cuius  Über  etiam  fertur  infando  titulo 
jCiceromastix'^  ut  scribere  ausi  sint  M.  Ciceronem  parum  integre  atque 
mproprie  atque  inconsiderate  locutnm.  Epigramm  von  Gallus  auf  den 
Grammatiker  Marcellus  (unten  266,  2)  bei  Sueton.  gramm.  22. 

4.  P.  Vitellius,  Bruder  des  nachmaligen  Kaisers,  Germanici  comes, 
}n.  Pisonem  inimicum  et  interfectorem  eius  accusavit  condemnavitque 
Suet  Vitell.  2),  J.  772  =  19  n.  Chr.  Er  selbst  starb  784  =  31;  s.  W. 
Feuffel  in  Paul/s  ßeal-Enc.  VI,  2.  S.  2682,  Nr.  4.  Plin.  n.  h.  XI,  187: 
)xtat  oratio  Vitelli  qua  Gn.  Pisonem  eius  sceleris  (veneficii)  coarguit  hoc 
18U8  argumento  etc. 

6.  Hieronym.  a.  Abr.  2062  =  Claud.  6  =i  46  n.  Chr.:  Domitius  Afer 
^emausensis  clarus  orator  habetur,  qui  postea  Neroue  regnante  ex  cibi 
edundantia  in  cena  moritur.  Cos.  suff.  unter  Caligula  J.  792  ==  39  n.  Chr. ; 
ar.  aquarum  802—812  (Frontb.  Efcq.  102:  Cn.  Domitius  Afer).  J.  779  An- 
lä^r  der  Claudia  Pulchra,  Tac.  A.  IV,  62:  recens  praetura,  modicus 
i^nationis  et  quoquo  fadnore  properus  clarescere.  .  .  Afer  primoribus 
-atorom  additus,  divulgato  ingenio.  .  .  mox  capessendis  accusationibus 
it  reos  tutando  prosperiore  eloquentiae  quam  morum  fama  fuit,  nisi  quod 
»tas  extrema  multum  etiam  eloquentiae  dempsit.  FV,  66:  nullo  mirante 
lod  diu  egens  et  parte  nuper  praemio  male  usus  plura  ad  flagitia  accin- 
sretor.  XIV,  19:  sequuntur  (J.  812  =  59)  virorum  illustrium  mortes, 
omitii  Afri  et  M.  Servilii  (unten  275,  2),  qui  summis  honoribus  et  multa 
oquentia  viguerant,  ille  orando  causas,  Servilius  diu  foro,  mox  tradendis 
;ba8  rom.  celebris  et  elegantia  vitae,  quam  clariorem  effedt  (als  Afer), 
i  par  ingenio  ita  morum  diversus  (besser  als  Afer).  Vgl.  noch  Plin.  Ep. 
m,  18,  5  ff.  Quintil.  X,  1,  118:  eorum  quos  viderim  Domitius  Afer  et 
ilius  Africanus  longo  praestantissimi.  arte  ille  et  toto  genere  dicendi 
raeferendus  et  quem  in  numero  veterum  habere  non  timeas.  XII,  11,  3: 
idi  ego  longo  onmium  quos  mihi  cognoscere  contigit  summum  oratorem, 
»omitium  Afrum,  valde  senem  cotidie  aliquid  ex  ea  quam  meruerat  aucto- 
itate  perdentem,  cum  agente  illo,  quem  principem  Ibisse  quondam  fori 
on  erat  dubium,  alii  .  .  riderent,  alii  erubescerent.  Vgl.  noch  XII,  10,  11 
>ben  37,  2).  Tac.  dial.  13.  15.  Dio  LIX,  19.  Plin.  Ep.  II,  14, 10:  narrabat 
le  (Qnintilian) :  adsectabar  Domitium  Afrum;  cum  apud  centumviros  di- 
eret  graviter  et  lente,  hoc  enim  illi  actionis  genus  erat  etc.  Besonders 
»erühmt  seine  (herausgegebenen)  Reden  pro  Voluseno  Catulo  (Quintil.  X, 
,  24),  pro  Domitilla  (ib.  VIII,  5,  16.  IX,  2,  20.  3,  66.  4,  31),  pro  Laelia 
ib.  IX,  4,  31).  Meyer,  orat.  fragm.  p.  565  —  570.  Sonstige  Schriften: 
jointiL  V,  7,  7 :  sufficiebant  alioqui  libri  duo  a  Domitio  Afro  in  hanc  rem 
de  testibus)  compositi,  quem  adolescentulus  senem  colui.  VI,  3,  42:  mire 
tdt  in  hoc  genere  (witzigen  Beschreibungen)  yenustoB  Afer  Domitius,  cuius 


538  Die  Kaiserzeit.   Erstes  Jahrhundert. 

orationibuB  oomplures  huiosmodi   narrationes   insertae    reperiuntor;   sed 
dictorum  quoque  ab  eodem  urbane  sunt  editi  libri.    Vgl.  ib.  27  u.  32.  M^* 

6.  Bruttedius  Niger,  aedilis  J.  775  =  22  n.  Chr.,   Tac.  A.  m,  66  m,^ 
(Bnittedium  artibus  honestiB  copiosum  et,  si  rectum  iter  pergeret,  ad  cU-  9^ 
rissima  quaeque  iturum  festinatio  exstimulabat).    Freund  des  Sejan,  Jur.  1^ 
X,  83.    In  der  Rhetorik  war  er  Schüler  des  ApoUodorOB,  Sen.  contr.  U,  \^^ 
9,  36.    Proben  aus  seinen  Schulreden  ib.  35  und  wohl  auch  suas.  6,  20  £ 
die  Erzählung  über  Cicero's  Tod  und  die  Ausstellung  seines  Kopfes. 

7.  Sex.  Pompeius,  Freund  des  Germanicus  (Ovid.  ex  Pont.  IV,  5, 25  ^ 
vgl.  Tac.  A.  III,  11),  Consul  im  Todesjahre  des  AuguBtus  (767  =  14  n.  Chr, 
Gönner  des  Ovidius  (ex  Pont.  IV,  1,  21  ff.  5,  37  ff.  15,  3  f.  37),  welcher 
ihn  seine  Briefe  ex  Pont.  IV,  1.  4.  5.  15  gerichtet  hat,  sowie  des  Valerii 
Maximus  (unten  263,  1).    Wie  Ovid  dessen  facundum  os  erwähnt  (ex  Ponl 
IV,  4,  37),  so  Val.  Max.  II,  6,  8  (facundissimo  sermone,  qui  ore  eius  qi 
e  beato  quodam  eloquentiae  fönte  emanabat).    IV,  7.  ext.  2  (clarissimi 
disertissimi  viri). 

8.  Tac.  A.  in,  24:  M,  (lunii)  Silani  potentia,  qui  per  insignem  ^^^'  ^^Tj. 
litatem  et  eloquentiavi  praecellebat.     Cos.  772  =  19  n.  Chr.,  zum  Tod^^-^ 
genöthigt  (Suet.  Calig.  23)  von  Cahgula,  der  seine  Tochter  Junia  Claudillfg^  %M^ 
(ib.  12.  Tac.  A.  VI,  20)  zur  Frau  hatte. 

9.  Tac.  A.  VI,  48:  poenae  in  Laelium  Balbum  decernuutur  (J.  79C^^^^^ 
=  37).  .  .  Baibus  truci  eloquentia  habebatur,  promptus  adversuminsontes.  ^^^*' 
Vgl.  ib.  47.  Quintil.  X,  1,  24:  nobis  pueris  insignes  pro  Voluseno  Catalc^-Ä-*^^ 
(s.  A.  5)  Deoimi  Laelii  oraüones  ferebantur. 

10.  Tac.  A.  VI,  47:  (Vibius)  Marsus  quoque  vetustiB  honoribus  e'^^  ^* 
inlustns  studiis  (Beredtsamkeit)  erat.  A.  Haakh  in  Pauly's  Real-Enc.  VI,  2^  «  ^• 
S.  2671,  Nr.  23. 

11.  Ueber  Valerius  Messalinus  s.  oben  251,  6;  über  RomaniuB  Hispc:^  ^^>o, 
Vinicius  u.  A.  s.  oben  252,  10. 

261.  Das  Ende  der  Republik  uud  die  Gründung  der  Moi 
archie  hatte  noch  unter  Augustus  A.  Cremutius  Cordus 
freimütiger  Weise  behandelt,  was  jetzt  zu  seiner  Verfolgun 
den  Vorwand  gab.  Unter  Tiberius  bearbeitete  denselben  Stol 
in  der  rhetorischen  Manier  der  Zeit,  der  philosophisch  gebildei 
Aufidius  Bassus,  welcher  die  Bürgerkriege  und  die  Feldzü( 
gegen  die  Germanen  beschrieb  und  nachher  an  dem  alten 
Plinius  einen  Fortsetzer  fand.  Auch  der  Vater  Seneca  schrit^g^^> 
in  dieser  Zeit  sein  Geschichtswerk.  Ebenso  war  Tuscus  sowol 
Schulredner  als  Geschichtschreiber. 

1.    Tac.  A.  IV,  34:  Cremutius  Cordus  postulatur  (J.  778  =  25 
Chr.)  .  .  quod  editis  annalibus  laudatoque  M.  Bruto  (vgl.  Plut.  Brut  4^^>^ 
C.  Cassium  Eomanorum  ultimum  dixisset  (vgl.  oben  258,  2).  Vertheidigung^^' 
rede  desselben  ib.  34  f.     Egressus  dein  senatu  vitam  abstinentia  finivi"^' 
libros  per  aediles  cremandos  censuere  patres;  sed  manserunt,  occultati  ^^ 


261.   Historiker:  Cremutius  Cordus,  Aufidius  Bassus  u.  a.        539 

editif  ib.  35.    Sen.  cons.  ad  Marc.  1,  2  (A.  Cremutii  Cordi,  parenids  tui). 
22,  6  ff.   Dio  LVII,  24.    Die  eigentliche  Ursache  des  Angriffes  auf  ihn  wa- 
ren Aeussemngen  durch  die  er  den  Sejan  beleidigt  hatte,  Sen.  ad  Marc. 
22,  4  £  —  Dio  L  1. :  vüzsqov  Sl  i^s^od'rj  avd'is  (ta  avyyqdfmata  avtov)y 
alXoi  xs  yäg  xal  fLoiliüta  ^  d'vydtrjg  avtov  Magn^a  avvi'HQVipev  avtdc, 
Sen.   ad  Marc.   1,  3  f.    Sueton.  Calig.  16  (oben  251,  10).     Mittiieilungen 
iarans,  auf  den  Tod  des  Cicero  sich  beziehend,  bei  Seneca  suas.  7,  19.  23. 
^uf  Ausscheidung  der  stärksten  Stellen  bei  der  neuen  Herausgabe  würde 
leateu  Quintil.  X,  1,  104  (habet  ^matores,  nee  immerito,  Cremuti  libertas, 
[aamquam  drcumcisis  quae  dixisset  emacuerit),  wenn  dort  die  Schreibung 
estetände;   s.  Philologus  VI.  S.  139.  753  f.    C.  Rathlef,  de  A.  Cremutio 
>ordo,  Dorpat  1860.  78  pp.    C.  v.  P(aücker),  Domitian  und  Cremutius  Cor- 
iuBy  Mitau  1861  (Sitzungsber.  der  curländ.  Ges.  f.  Lit). 

2.  Sen.  Epist.  30,  1:  Bassum  Aufidium,  virum  Optimum,  vidi  quas- 
um,  aetati  obluctantem.  ib.  3:  Bassus  tamen  noster  alacer  animo  est. 
IOC  philosophia  praestat  etc.  ib.  5.  10.  14:  dicebat  ille,  Epicuri  prae- 
:eptds  obsequens  etc.  QuintiL  X,  1,  108:  quam  (die  auctoritas  historiac) 
)aulum  aetate  praecedens  eum  (den  Servilius,  unten  275,  2)  Bassus  Aufidius 
^gxegie,  utique  in  libris  belli  germanid,  praestitit,  genere  ipso  probabilis  in 
>iniiibus,  sed  in  quibusdam  suis  ipse  viribus  minor.  Proben  aus  seinem 
jSeschichtswerke,  über  Cicero's  Tod,  in  ziemlich  gesuchten  Wendungen, 
3ei  Sen.  suas.  6,  18  u.  23.  Vgl.  Plin.  n.  h.  VI,  9,  27:  universae  (Armeniae) 
3iagnitudinem  Aufidius  .  .  prodidit.  praef.  20:  diximus  .  .  temporum  no- 
itrorum  historiam,  orsi  a  fine  Aufidii  Bassi.  Da  des  Plinius  Werk  minde- 
stens die  spätere  Regierung  Nero's  behandelte  (s.  unten  294,  5),  so  wird 
Aufidius  mit  der  des  Claudius  geschlossen  haben.  Zweifelhaft  ist  ob  dio 
libri  belli  germanici  ein  selbständiges  Werk  waren  oder  ein  Bestandtheil 
des  grösseren.  Mommsen,  Cassiodor  S.  558  f.  Tac.  dial.  23:  (Alterthüm- 
ler)  quibus  eloquentia  Aufidi  Bassi  aut  Servilii  Noniaui  ex  comparationo 
Sisennae  aut  Varronis  sordet  W.  Teutfel  in  Pauly's  Rcal-Enc.  I,  2. 
S.  2129  f.  Nr.  11. 

3.  Ueber  Seneca  s.  oben  253,  3. 

4.  Sen.  suas.  2,  22:  historicum  quoque  vobis  fatuum  dabo.  Tuscus 
ille  qui  Scaurum  Mamercum  (oben  260,  2)  in  quo  Scaurum  familia  ex- 
tincta  est  maiestatis  reum  fecerat,  homo  quam  improbi  animi  tam  iufelicis 
ingenii,  cum  hanc  suasoriam  declamaret  dixit  etc.  Bei  Tac.  A.  VI,  29 
heissen  die  Ankläger  des  Scaurus  (J.  787  =  34)  Servilius  und  Cornelius; 
einer  von  beiden  wird  also  das  Cognomen  Tuscus  gehabt  haben. 

5.  Aemilius  Sura  de  annis  populi  rom.  (vgl.  oben  154,  4,  c  u.  d): 
Assyrii  prindpes  etc.  lautet  eine  alte  Glosse  welche  in  den  Text  des  Vel- 
lejns  (I,  6,  6)  als  Parallelstelle  hineingerathen  ist.  Das  Werk  scheint  ein 
Abriss  der  Weltgeschichte  gewesen  zu  sein,  etwa  in  der  Art  des  vellejani- 
sehen,  angelegt  nach  den  fünf  Weltmonarchien  (assyrische,  medische,  per« 
sische,  makedonische,  römische),  deren  fünfte  dann  die  anni  pop.  rom. 
gebildet  haben  werden.  Zeit  der  Abfassung  unbekannt.  Th.  Mommsen, 
Rhein.  Mus.  XVI.  S.  282—284. 

6.  Ueber  Annius  Fetialis  s.  oben  243,  8. 


540 


Die  Kaiserzeit.    Erstes  Jahrhundert. 


262.    Vorzugsweise  die  Geschichte  der  Monarchie  behau- 
delt  auch  der  Abriss  der  römischen  Geschichte  in  zwei  Bucher 
von  M.  Vellejus  Paterculus  aus  J.  30  n.  Chr.    Der  Ve 
fasser  ist  ein  Kriegsmann  der  unter  Tiberius  diente  und  i 
bewundern  lernte,  nun  aber  sich  in   ein  Pathos  der  Loyaliti 
und  des  Stils  hineingeschraubt  hat  welches  alles  was  mit  seines 
Kriegsherrn  zusammenhängt  in  überschwänglichster  Weise  preit 
und  verherrlicht,   auf  Gegnerisches    aber  losschlägt.     Für  d 
innern  Zusammenhang  der  Dinge  hat  er  kein  Verständniss,  ser 
Interesse  gilt  den  Personen.     Seine  Redeweise  ist  pomphaft 
geziert,  aber  an  Manchfaltigkeit  und  Gewandtheit  fehlt  es 
Besonders  ungelenk  ist  sein  Satzbau.     Der  Wortschatz  ist 
der  Hauptsache  noch  der  classische,    die   ganze  Behandlun 
weise  jedoch,  die  den  Stoff  vornehmlich  als  Mittel  der  Selb 
bespiegelung  verwendet,  vollkommen  im  Geiste  des  ersten  J; 
hunderts.    Das  Werk  ist  nur  durch  Eine  Handschrift  überliefi 
das  erste  Buch  in  trümmerhaftem  Zustande. 


rn 


ät 
m 
ist 
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ieiü 


1.    Üeber  seine  persönlichen  Verhältnisse,  wie  die  seiner  Familie, 
YellejuB  öfters  mit  eitler  Umständlichkeit  Nachricht.    II,  101,  2  f.:  q 
spectacnlum  (J.  754  d.  St.)  .  .  sab  initia  stipendiorum  meorum  tribuno 
litum  mihi  visere  contigit.    quem  militiae  gradum  ante  sub  patre  too,. 
Vinid,  et  P.  Silio  auspicatus  in  Thracia  Macedoniaque ,  mox  Achaia 
que  et  Omnibus  ad  orientem  visis  provinciis  et  ore  atque  utroque  m. 
pontici  latere,  haud  iniucunda  tot  rerum,  locorum  .  .  recordatione  perfrm:x^< 
104,  3:  hoc  tempus  (J.  767)  me  .  .  castrorum  Ti.  Caesans  militem  f^^i^t. 
quippe  protinus  ab  adoptione  (Juni  757)  missus  cum  eo  praefectus  equi'fc^»^'» 
in  Germaniam,  successor  offici  patris  mei,  coelestissimorum  eius  ope:r^^^ 
per  annos  continuos  VIII  praefectus  aut  legatus  spectator  et  .  .  adiia.'fc^r 
fui.     111,  3  f.:  habuit  in  hoc  quoque  hello  (pannonico,  J.  759)  mediocri**^^« 
nostra  speciosi  ministen  locum.    finita  equestri  militia  designatus  quaes^^^^^^'» 
uecdum  Senator,  aequatus  senatoribus  et  iam  designatis  tribunis  plebei  pa^^~ 
tem  exercitus  ab  urbe  traditi  ab  Augusto  perduxi  ad  filium  eius  (l?xl>^ 
rius).    in  quaestura  (J.  760)  deinde,  remissa  sorte  provinciae,  legatus  o^<^~ 
dem  ad  eundem  missus  sum.     113,  3:  hiemis  (760  auf  761)  iniüo  regr&^^^^ 
Sisciam  legatos,  inter  quos  ipsi  fuimus,  partitis  praefecit  hibernis.    114^=?  ^* 
erat  .  .  lectica  eius  (des  Tiberius)  pubHcata,  cuius  usum  cum  aUi  tum      ^S^ 
sensi.    121,  3:  triumphus  (des  Tiberius,  Januar  765),  quem  mihi  fralr  iq^e 
meo  (vgl.  II,  115,  1)  inter  praecipuos  praecipuisque  donis  adomatos  ^roros 
comitari  contigit.     124,  4:  quo  tempore  (J.  767)  mihi  iratrique  meo,    ^3an- 
didatis  Caesaris,  proxime  a  nobilissimis  ac  sacerdotalibus  viris  destm-^^^ 
praetoribus  contigit,  consecutps  ut  neque  post  nos  quemquam  divus  A^^i^' 
stus  (weil  er  starb)  neque  ante  nos  Caesar  commendaret  Tiberius.   V^^^^J* 
Name  bei  Priscian.  VI,  11,  63  (p.  248,  4  H.):  M.  Velleius  Paterculus.      ^ 
Schol.  Lucan.  IX,  178  (und  schol.  ant.  zu  VIII,  663)  nur  Paterculus.    T>Ba 
er  über  die  Prätur  nicht  hinauskam  ist  aus  seinem  Schweigen  zu  schHostf^A- 


262.    Velleins  Paterculus.  541 

•etzte  in  seinem  Werke  erwähnte  Thatsacbe  ist  der  Tod  der  Li  via  (II,  130,  5) 
.  782  =  29  n.  Chr.  und  das  Consulat  des  M.  Vinicius  J.  783  =  30.  In 
er  Müsse  nach  der  Prätur  scheint  sich  der  Verf.  die  mancherlei  Kennt- 
isse,  auch  der  grIechi^chen  Literatur,  erworben  zu  haben  die  er  in  sei- 
em  Werke  zeigt,  nachdem  er  ursprünglich  eine  rein  kriegerische  Lauf- 
ahn durchgemacht  hatte;  s.  II,  52,  4:  ut  militari  et  verbo  ex  consuetu- 
ine  utar. 

2.  Geschichtswerk  des  Vellejus.  Ueberschrift:  Vellei  Paterculi  histo- 
iae  romanae  ad  M.  Vinicium  consulem  Ubri  duo.  Doch  beschränkt  es  sich 
icht  ängstlich  auf  die  römische  Geschichte.  Nach  dem  Vorgänge  der 
nnalisten  wird  mit  den  Ansiedelungen  von  Griechen  in  Italien  begonnen, 
i  raschestem  üeberblick  Orient  und  Hellas  durchwandert  und  die  römi- 
:he  Geschichte  im  ersten  Buche  bis  zu  Earthago's  Fall  fortgeführt.  Die 
Erstellung,  von  Anfang  an  auf  einen  kurzen  flüchtigen  Abriss  gerichtet 

16,  1.  II,  41,  1.  65,  1.  86,  1.  99,  4.  108,  2.  124,  1  vgl.  29,  2.  52,  3.  86,  1), 
rd,  gleichfalls  in  der  Weise  der  Annalisten  (vgl.  oben  241,  11),  immer 
sfülirlicher  je  mehr  sie  der  eigenen  Zeit  des  Erzählers  sich  nähert,  ist 
er  schon  in  ihrem  summarischen  Theile  subjectiv  und  rhetorisch  gefärbt 
d  durch  die  Reflexionen  des  Geschichtschreibers  (z.  6.  I,  16.  17,  5  ff.) 
terbrochen.  Anekdoten  und  individuelle  Züge  werden  gern  eingefloch- 
ty  ^wie  überhaupt  der  ganze  Standpunct  der  Betrachtung  persönlich  und 
ler  vielfach  willkürlich  und  einseitig  ist  (Sauppe  S.  144  f.  155  — 160). 
bei  fehlt  es  nicht  an  Beweisen  sinniger  Beobachtung.  Viel  Raum  ist 
*  die  Charakterzeichnung  der  Handeluden  verwendet,  worin  die  Haupt- 
rke  des  Geschichtschreibers  liegt  und  die  bei  den  Männern  der  repubü- 
lischen  Zeit  manchmal  capriciös,  meist  aber  trefi'end  ist.  Dagegen  die 
stalten  des  Caesar,  August  und  Tiberius  werden  in  eine  Weihrauch- 
Ike  von  zunehmender  Dichtigkeit  gehüllt  (Sauppe  S.  161 — 168);  iusbe- 
Ldere  Tiberius  wird  von  II,  94  an  auf  eine  masslose  ekstatische  Weise 
b  einer  wahren  Verschwendung  von  Superlativen  gepriesen.  Allerdings 
tite  Vellejus  dem  Tiberius  in  dessen  besten  Jahren  nahe  gestanden  und 
trieb  noch  vor  dessen  letzten  und  schlimmsten  Jahren;  auch  ist  es  über- 
apt  seine  Art  den  Mund  voU  zu  nehmen  und  die  Farben  dick  aufzutra- 
a  (Kritz  p.  XL VIII  f.).  Doch  ist  man  froh  dass  er  den  Vorsatz  (falls  er 
L  -wirklich  im  Ernste  hegte)  nicht  ausgeführt  hat,  ein  eigenes  Werk  über 
berios  und  seine  Zeit  zu  schreiben  (s.  U,  48,  5.  96,  2.  99,  3.  103,  4. 
i,  4.  119,  1).  Dass  Germanicus  ein  tüchtiger  General  und  Agrippina  ein 
tgMed  des  kaiserlichen  Hauses  war  kommt  ihnen  zu  Gute;  über  die  heik- 
1  Beziehungen  des  Tiberius  zu  ihnen  weiss  Voll,  mit  allgemeinen  Wen- 
Lügen  glatt  hinwegzugehen. 

3.  Als  Quellen  werden  I,  7,  3  des  Cato  Origines,  und  II,  16,  3  des 
ortensiuB  Anualen  genannt.  Sonst  hat  sich  Vellejus  wohl  an  die  gang- 
krsten  Geschichtsdarstellungen  gehalten,  etwa  den  Abriss  des  Atticus,  sowie 
>meliu8  NepoB  und  Pompejus  Trogus  für  das  Ausseritalische  und  Bio- 
raphische.  Dem  Livius  scheint  er  als  einehi  verkappten  Republikaner 
cht  recht  getraut  zu  haben,  da  er  häufiger  von  ihm  abweicht  als  mit 
im  übereinstimmt.  Die  Studien  des  Vell.  gehen  sehr  wenig  tief;  eine 
aHliche  Sammlung  seiner  geschichtlichen  Verstösse  bei  Sauppe  S.  147 — 155. 


542 


Die  Kaiserzeit.   Erstes  Jahrhundert. 


Die  Gründung  Borns  setzt  er  (I,  8,  4)  mit  Varro  ins  J.  7o3  (Ol  6,  3) 
folgt  aber  nidits  desto  'weniger  der  aera  Catoniana  (751);  insbesondere 
nach  dieser  als  Consulatsjahr  des  Yinicius  781  angenommen   (Ü,  49, 
65,  2.  vgl.  I,  14,  6.  II,  103,  3.  Kritz  p.  XLI  ff.)-  DieVertheilung  des  Stofft 
in  die  zwei  Bücher  (I,  14,  1  vgl.  II,  131,  1)  nach  dem  Wendepunkte  d 
Zerstörung  Karthagos  ist  nicht  unpassend,  aber  vom  Standpunkte  des  Ye 
ist  es  inconsequent  den  Zerfall  des  Reiches  von  dem  Untergange  des  rep 
blicanischen  Sinnes  zu  datieren.    Hierin,  wie  in  Anderem  (Sauppe  S.  161 
169  f.),  folgt  er  einfach  der  hergebrachten  Auffassung.    Hierdurch,  so 
durch  die  Einmischung  persönlicher  Sympathien  und  Abneigungen, 
des  Vell.  geschichtliches  Urteil  widerspruchsvolL 

4.    Den  eigenthümlichen  Stil  des  Vellejus  erklärt  Kritz  p.  XL  VI — L] 
theils  aus  dem  Zeitgeschmacke,  der  auf  das  Gesuchte  und  Künstliche  geri 
tet  war,  theils  aus  dem  Charakter  des  Verf.  als  eines  schriftstellemc 
Dilettanten,  theils  aus  dessen  festinatio,  die  oft  in  die  Nachlässigkeit 
gewöhnlichen  Sprache  verfiel.  Insbesondere  die  ganz  unorganisch  angeles^ft^^sn 


Perioden,   wo  zvnschen   zwei   dünne  Satztheile   endlose  Parenthesen  -«ji^Ksd 
Relativsätze  aufgespeichert  sind  (z.  Q.  II,  18,  1  —  3.  28,  2.  41,  1  f.  7^  ,       ^. 
Kritz  p.  LXI— LXIY),  die  häufige  Wiederholung  desselben  Gedankens  iJLsnd 
der  gleichen  Worte  in  kurzen  Zwischenräumen  (Sauppe  S.  175 — 178.  KTiE^iz 
p.  LV  ff.  LXVI  ff.),   das   Bausbackige   und  Schwülstige  der  Dar8tell«:KS3.g, 
deuten  auf  Mangel  an  schriftstellerischer  Uebung  und  von  Feile.    Auf  E^c^li- 
nung  der  Zeit  aber  fällt  das  eitle  Spiel  mit  blendenden  Sentenzen,  spz>^C2- 
fiudigen  Contrasten,  gesuchten  Wendungen,  die  kokette  Energie  der  Spra^^i^lie 
und  ihr  geschminkter  Farbenreichthum.     Daraus   erklärt  sich  auch      «^e 
Vorliebe   für  poetische  Ausdrücke  und  anspruchsvolle  WortverbinduaS"^n 
(Sauppe  S.   178  f.).     Mit  dieser  bewussten  Künstlichkeit  erinnert  Vell^3  ns 
am  meisten  an  Sallust. 

5.  Die  einzige  uns  bekannte  Handschrift  des  Vellejus  ist  die   "V^o 
Beatus  Blienanns  J.  1515^  in  der  alten  Abtei  Murbach  (im  Elsass)  ge^mdezie, 
welche  aber  am  Ende  und  besonders  am  Anfang  (wo  das  Prooemium  rzxid 
weiterhin  die  Köni^eit  fehlt)  lückenhaft  und  auch  sonst  sehr  stark  ver- 
dorben war.    Nachdem  B.  Rhenanus  nach  ihr  seine  Ausgabe  verÖffentli<^i 
hatte  (Basel  1520  fol.),  mit  dem  Grade  von  Treue  der  in  seiner  Zeit  übÜ^ 
war,  gieng  die  Handschrift  wieder  verloren.    Nur  eine  Abschrift  derselb^^» 
gefertigt  von  Bonif.  Amcrbach  in  Basel,  wurde  in  neuerer  Zeit  wieder  BXi^- 
gefunden,  die  aber  der  ed.  princeps  an  Treue  nicht  gleichkommt.    Vgl.  ^^ 
praefationes  von  OreUi  (p.  VII  ff.)  und  Kritz  (c.  3,  p.  LXXVI— CXXV). 

J.  Fröhlich  und  J.  CM.  Laurent,  über  den  Werth  der  Amerbachsch^'' 
Handschr.  des  V.,  Leipzig,  1840.  D.  A.  Fechter,  die  Amerbachsche  Handsdu". 
des  V.  P.  und  ihr  Verhältniss  zum  Murbacher  Codex  und  zur  editio  pnß- 
ceps,  Basel  1844.    Laurent  in  Serapeum  1847,  Nr.  12,  und  im  Gratulations- 
programm der  Hamburger  Stadtbibliothek  (Hamburg  1856.  4.)  S.  17—«^ 

6.  Ausgaben  (ausser  ed.  princ,  s.  A.  5)  von  J.  Lipsius  (Lugd.  B.  159J. 
Antverp.  1607),  J.  Gruter  (Frankf.  1607),  N.  HeinsiusCAmstelod.  1678  u.  sonst], 
P.  Burmann  (Lugd.  B.  1719.  1744.  2  Voll.),  D.  Ruhnken  (Lugd,  B.  1779, 
2  Voll.,  wiederholt  von  C.  H.  Frotscher,  Lips.  1830—1839;  die  notae  beson- 
ders Hanover  1815),  J.  C.  H.  Krause  (Lips.  1800;  ed.  minor  1803),  J-  C- 


i 


^0 


w 


262  f.   VeileiuB  Paterculus.    Valerius  Mazimus.  543 

iHi  (Lips.  1835),  J.  Th.  Ereyssig  (recogn.,  Meissen  1836),  und  besonders 
Eritz  (rec,  annot.  et  indd.  instruxit,  Lips.  1840).    Vgl.  dessen  Prole- 
lena  c.  4  (p.  CXXV  ff.). 
Texte  von  F.  H.  Bothe  (Zürich  1837),  Fr.  Kritz  (Lips.  1847),  Fr.  Haase 
(ILÄ]|^:>8.  Teubner  1851  u.  1863)  u.  a. 

Uebersetzungen  von  Fr.  Jacobs  (Leipzig  1793),  Fr.  Walther  (Passau 
0,  W.  Götte  (Stuttgart,  Metzler  1833),  F.  Eyssenhardt  (Stuttgart,  Hoff- 
1865)  u.  A. 

7.  Abhandlungen  über  V.  P.    H.  Dodwell,  annales  Velleiani,  Oxon. 

1.6^S.  C.  Morgenstern,  comm.  critica  de  fide  historica  V.  P.,  imprimis  de 

acl^ilatione  ei  obiecta,  Danzig,  1798.    H.  Sauppe,  im  Schweiz.  Museum  f. 

lai»^- Wiss.  I  (Frauenfeld  1837)  S.  133—180.   L.  Speckert,  de  la  sinc^rit^  de 

V-    I^.,  Toulouse  1848.  Alf.  Pemices,  de  V.  fide  historica,  Lips.  1862.  50  pp.  4. 

J.     Stanger,  de  V.  fide,  München  1863.  38  pp.  8.  C.  Windheuser,  de  V.  fide 

in.    Ü8  locis  qui  ad  Tiberii  mores  spectant,  Neuss  1867.  14  pp.  4. 

8.  Beiträge  zur  Textkritik  von  C.  Halm  (Emend.  Vell.,  München  1836. 
4^0  T  Laurent  (loci  Vell.,  Altona  1836),  J.  Jeep  (emend.  V.,  Wolfenbüttel  1839. 4), 
M.  Haupt  (Berichte  der  sachs.  Ges.  d.  W.  1849,  S.  190—200),  B.  Martin 
(Beiträge  etc.,  Prenzlau  1862,  4),  und  in  den  Quaestiones  Velleianae  von 
N-  Alsters  (Münster  1866),  G.  A.  Koch  (Lips.  1866.  4.)  und  E.  Wilhelm 
(Jena  1866). 

M.  Hertz,  über  die  sog.  excerpta  Velleii  ,ex  historia  gallica,  in  Haupts 
Zeitechr.  f.  deutsches  Alterthum  X,  2  (Berlin  1855)  Nr.  10.  Vgl.  ebds.  VHL 
S.    587. 

263.    Auf  gleicher  Höhe  des  Servilismus ,  nicht  aber  des 
-"^^lentes,   steht  Valerius  Maximus,  der  Verfasser  einer  an 
"*^  ^V>erius  gerichteten  Anekdotensammlung  für  rhetorische  Zwecke, 
*Äetorum  et  dictorum  memorabilium  libri  novem.     Das  Werk 
^^   aus  wenigen,  aber  guten  Quellen  zusammengetragen,  jedoch 
?P^^e  Kritik,  Sinn  für  geschichtliche  Wahrheit  und  Geschmack. 
^^  beschränkt  übrigens  der  Verfasser  ist,  so  aufdringlich  ist  er 
^-^t  seinen  Reflexionen.     Die  Darstellungsweise  ist  declamato- 
^^ch,  der  Stil  schwülstig,  der  Wortvorrath  aber  auch  hier  noch 
y^^nig  getrübt.     Ein  zehntes  Buch  ist  nicht  erhalten  und  viel- 
^cht  niemals  fertig  geworden.     Ausser  dem  Werke  selbst  be- 
^J^tzen  wir  noch  Auszüge  daraus:  einen  nach  einer  sehr  guten 
^^^andschrift  durch  Julius  Paris  gemachten,  und  einen  sehr  dürf- 
tigen von  Januarius  Nepotianus.    Ein  kurzer  Anhang  de  prae- 
^ominibus  hat  gleichfalls  gute  Quellen,  steht  aber  zu  Valerius 
^laximus  in  keiner  Beziehung. 

1.  Beschränkte  persönliche  Verhältnisse  des  Val.  Max.;  s.  IV,  4,  11: 
Viis  adquiescere  soladis  debemus  qui  parvulos  censüs  nostros  numquam  que- 
^elifl  vacuos  esse  sinimus.  .  .  quid  ergo  modicam  fortunam  . .  diamis  eon- 
"Viciis  laceramus?    Verbindung  mit  Sex.  Pompeius,  Cos.  767  =  14  n.  Chr. 


544  Die  Kaiserzeit.   Eraiea  Jahrhundert 

(8.  oben  260,  7),  'welcher  später  (etwa  J.  780,  Kempf  Prolegg.  p.  5  f.)  Am 
als  Proconsul  verwaltete.   Val.  Max.  II,  6,  8:  quo  tempore  Asiam  cum 
Pompeio  petens  lulidem  oppidnm  intravi.     IV,  7.  ext.  2:  clanasimi  ac 
sertissimi  vir!  promtissimam  erga  me  benivolentiam  expertus.  . .  Pompeii 
meum,  .  .  a  quo  omnium  commodorum  incrementa  ultro  oblata  cepi, 
quem  tutior  ad  versus  casus  steti,  qui  studia  nostra  ductu  et  auspiciis  s^ 
lucidiora  et  alacriora  reddidit.     itaque  pavi  invidiam  quorundam   opi 
amici  iactura.    VI,  1  prooem.:  tu  .  .  sanctissimum  luliae  genialem 
adsidua  statione  celebras.  Ako  lebte  damals  Livia  (f  782  =»  29  n.  Chr.)  no< 
Dagegen  ist  die  Declamation  wider  Sejan  (am  Schlüsse  von  IX,  11)  imnc^^^f. 
telbar  nach  dessen  Sturze  (J.  785  =  32)  eingefügt.    Der  Verfasser  hat  so^xMzm.jt 
an  seinem  Werke  länger  gearbeitet,  oder  mit  Unterbrechungen.    VerÖ^en^^ 
licht  waren  aber  zur  Zeit  der  Abfassung  von  IX  die  früheren  Bücher  i&fx^fa 
nicht,  da  aus  ihnen  jede  Erwähnung  Sejan's  getilgt  ist.    Unrichtig  und  SLv^^sb 
deshalb   nicht  auf  Sueton   zurückgehend   ist  jedenfalls   die   Angabe     cücs 
Matthäus  von  Westminster  (oben  242,  3):  anno  diviuae  incarnationis  X^HX 
(==  772  d.  St.)   Valerius  historiographus   Romanorum   dicta  descripsit     et 
facta. 

2.  Zahl  der  Bücher  zehn,  nach  JuHus  Paris  (s.  A.  7)-,  entweder  untrer 
irriger  Hinzurechnung  der  Abhandlung  de  nominibus  (A.  9)  oder  (Hai  rm) 
weil  so  die  Ueberschrift  lautete.     Erhalten  sind  jedenfalls  nur  neun;    cia 
aber  am  Schlüsse  des  neunten  die  sonst  unvermeidlichen  Expectoratioaeo 
des  Verf.  fehlen,   so  ist  glaublich  dass  derselbe   sein  Werk  nicht  fertig 
gebracht  habe  oder  es  uns  nicht  vollständig  erhalten  sei.    Weniger  walir- 
scheinüch  ist  dass  das  Fehlende  ein  ganzes  Buch  sei.    Plan  und  2w&ck 
nach  praef.  in.:  urbis  Romae  exterarumque  gentium  facta  simul  ac  dicr'C^ 
memoratu  digna,   quae  apud   alios   latius  diffusa  sunt   quam  ut  brevit^^' 
cognosci  possint,   ab  iulustribus  electa  auctoribus  digerere  constitui,    ^ 
documenta  sumere  volentibus  longae  inquisitionis  labor  absit.    Also  el^^^ 
Beispielsammlung  für  den  Gebrauch  ohue  Zweifel   der  Redner  und  d,^^ 
Rhetorschuleu.  Daher  die  Anordnung  nach  bestimmten  sachlichen  Begriffe ^^' 
(z.  B.  de  reUgione,  auspiciis,  somniis,  institutis  antiquis,  repulsis,  testament^ 
danmatis  aut  absolutis),  besonders  moralischen  (de  fortitudine,  moderatioa 
humanitate,  pudiciüa,  felicitate,  luxuria  u.  s.  f.).    Innerhalb  der  einzeln^  ^ 
Capitel  wiederum  Zerlegung  in  Beispiele   aus  der  römischen  Geschieht 
und  solche  von  Auswärtigen,  wobei  die  ersteren  stark  überwiegen,  in  Fol 
der  Quellen  des  Val.  und  wohl  auch  aus  nationaler  Eitelkeit.    Die  Zü( 
aus  der  republikanischen  Zeit  werden  nicht  abgeschwächt,  wohl  aber 
Gegner  der  Monarchie  bereits  regelmässig  als  Hochverräther  behandel 
(vgl.  Tac.  A.  rV,  34,  oben  240,  3).    Ueber  Tiberius  und  die  ganze  kaisei 
liehe  Familie  werden  allenthalben,  auch  ohne  äusseren  Anlass  und  ohn^--^^^ 
dass  auf  den  Verf  anwendbar  wäre  was  den  Vellejus  entschuldigt  (obe: 
262,  2),  die  plumpsten  und  wahrheitswidrigsten  Schmeicheleien  ergossei 

3.  Die  inlustres  auctores  (praef.)  welche  Valerius  benützte  sind  haupt^=^^ 
sächlich  Livius  (besonders  die  dr^i  ersten  Dekaden),  obwohl  er  nur  einma*-«^ 
genannt  wird  (I,  8,  ext.  19:  serpentis  aT.  Livio  curiose  pariter  acfacuud^^ 
relatae);  s.  Kempf  p.  15— 17.  U.Köhler,  qua  rat.  Liv.  annal.  1860,  p.  11—23^ 
Fr.  Zschech,  de  Cicerone  et  Livio  Valeni  Maximi  fontibus,  Berlin  1866,  p.  36ffl^ 


<,..ii:^\\ 


263.    Valerius  Maximus.  545 

— ^  60);  nächstdem  Cicero  (Kempf  p.  13—15.  Zschech  p.  15—23),  der  gleich- 
[1l^  nur  einmal  genannt  wird  (VIII,  13,  ext.  1.:  qaemadmodnm  Cicero 
f^:rt  libro  quem  de  senectute  scripsit),  auch  Sallustius  (Kempf  p.  17)  und 
'olal  für  die  auswärtigen  Beispiele)  Pompeiue  Trogus  (Kempf  p.  21).  Dass 
^l^rios  noch  weitere  Originalquellen  benützt  habe  (z.  B.  den  Varro,  wegen 
r,  2,  24  XL  a.  Zschech  p.  43,  und  dagegen  Kettner,  Varr.  de  vita  pop. rom. 
X  2—16)  ist  nicht  erweislich  und  am  wenigsten  wahrscheinlich  von  griechi- 
ln-^n  (vgL  Kempf  p.  21—25);  wohl  aber  hat  er  gelegentlich  Selbsterlebtea 
xft^estreut  (Kempf  p.  12).  Auch  mag  Vieles  aus  'almlichen  Sammlungen  der 
eg-enwart  und  nächsten  Vergangenheit  entnommen  sein,  wohin  gehört 
er  einmal  (IV,  4  in.)  und  sonst  bei  keinem  Schriftsteller  angeführte  Pom- 
ocxius  Rufus  coUectorum  libro.  Die  Art  der  Benützung  seiner  Quellen 
eat^eht  meist  in  Abschreiben  derselben,  besonders  bei  Anführung  von 
k.eia£8erungen;  wo  er  sachlich  ändert,  geschieht  es  in  der  Regel  um  die 
hei;orische  Brauchbarkeit  der  Anekdote  zu  erhöhen  (durch  Steigerung, 
Verschönerung).  Ausserdem  kürzt  er  bald  ab,  bald  giesst  er  eine  Brühe 
linzu.  Von  der  Oberflächlichkeit  und  Gedankenlosigkeit  seiner  Quellen- 
Benutzung  zeugen  die  vielen  groben  Missverständnisse  (besonders  Verwechs- 
UTfcgen)  und  Verstösse  die  sich  ihm  nachweisen  lassen;  s.  Kempf  prolegg.  p. 
t6  — 33. 

4.  Als  Stilist  geht  Val.  Max.  mit  seiner  Zeit  durchaus  von  der  Ansicht 
ins  dass  das  Einfache  und  Natürliche  trivial  und  gemein  sei.  Gesucht, 
^ek^stelt  und  geschraubt  ist  bei  ihm  Alles,  Gedanke  wie  Ausdruck, 
^a.lil  und  Stellung  der  Worte,  und  seine  Darstellung  wird  dadurch  oft 
diiK&l^el,  noch  häufiger  schwülstig,  geschmacklos  und  albern.  Verschränkung 
^er-  Epitheta,  Verrenkung  der  Zeitwörter,  Metaphern  u.  dgl.  Schmuck  ist 
l^i  ihm  ganz  gewöhnlich.  Dabei  zeigt  seine  Manier  grosse  Eintönigkeit, 
"i^em  bestimmte  Lieblingswendungen  unaufhörlich  wiederholt  werden. 
K^rupf  p.  34—43.  Gelbcke  p.  8-23. 

5.  Plutarch  hat  den  Val.  Max.  schwerlich  benützt,  obwohl  er  ihn 
^«^^cell.  30  u.  Brut.  53  anführt;  s.  H.  Peter,  Quellen  d.  Plut.  S,  75  f.  136 
^^n.  Wohl  aber  Plinius  (n.  h.  VII),  Fronünus  Strat.,  Gellius  (XII,  7,  8), 
^^xterhin  Lactantius  u.  A.  Auch  die  vecjtürzten  Bearbeitungen  (A.  7  f.) 
^5^^-^eten  ihm  wenig,  und  er  wurde  noch  im  Mittelalter  nicht  selten  gelesen 
^^mpf  p.  43 — 49).  Davon  zeugt  die  grosse  Zahl  von  Handschriften 
^  ^enen  sein  Text  überliefert  ist  (Kempf  p.  71—96).  Die  wichtigste  unter 
^^^en  ist,  nächst  derjenigen  welche  dem  Julius  Paris  (Anm.  7)  vorlag  (C. 

^Im,  Emend.  Val.  p.  4—18),  der  Bemensis  saec.  IX  (vgl.  Ualm's  Ausgabe 
^^  IV  — XXI).  Die  andern  sind  viel  jungem  Ursprungs  und  haben  sehr 
^Iten  eine  bessere  Schreibung,  sind  aber  an  einigen  Stellen  vollständiger 
^d  stammen  daher  nicht  aus  dem  Bern,  selbst. 

6.  Ausgaben  des  Val.  Max.  zuerst  gleichzeitig  um  1471  zu  Strassburg 
l^d  Mainz  (fol.),  später  namentlich  von  Aldus  Manutius  (Ven.  1534),  St. 
^Hghius  (Antverp.  1567;  mit  vielen  willkürlichen  Aenderungen;  cum  notis 
'^^  Lipsii,  Antv.  1585  u.  sonst),  J.  Vorst  (cum  notis,  Berl.  1672),  A.  Torre- 
^UB  (cum  comm.  I.  Perizonii  et  variorum,  Lugd.  B.  1726.  4),  J.  Kapp  (Lips. 
^782),  C.  B.  Hase  (Paris  1823.  2  Voll.),  und  besonders  von  C.  Kempf  (rec. 
^t  emeud.,  Berlin  1854.  792  pp.)  und  C.  Halm  (rec,  Lips.  Teubner  1865). 

Teuf  fei,  Rom.  Lileraturg^cschirhte.  ß^ 


546  Die  Eaiserzeit.   Erstes  Jahrhundert. 

Kritische  Beiträge  von  Calmberg  (novae  ed.  Y.  M.  spedmen,  Hambui 
1844.  4),  Hahn  (Münchner  Gel.  Anz.  1854.  L  Nlr.  29 — 31  und  Emcndatiam 
Val.,  München  1854.  4),  J.  Vahlen  (Rhein.  Mus.  XL  S.  586—694),  R  J.  Helle 
(Philologus  XXVII.  p.  343-348.  XXVHI.  p.  361—364),  C.  Pörtsch  (Em.  Val^ 
I.  Naumburg  1855.  4.  11.  1864.  4.),  C.  Elschner  (Quaest.  YaL,  BerHn  1864^ 
C.  Fr.  Qelbcke  (Quaest.  Yal.,  Berlin  1865,  p.  23  —  36),  C.  Eempf  (nov 
quaest.  Yal.,  Berlin  1866.  37  pp.  4.). 

üeber  Yal.  Max.  vgl.  J.  Perizonius,  Animadversiones  historicae  (ed^ 
Harles,  Altenburg  1771),  H.  E.  Dirksen  (die  historische  Beispielsammlon 
des  Y.  M.,  Abhandl.  d.  Berl.  Ak.  d.  W.  Berlin  1847,  S.  99  ff.),  und  besonde 
Kempfs  Prolegomena. 

Uebersetzt  z.  B.  von  Fr.  Hoffinann  (Stuttgart,  Metzler  1828). 


7.  Epitoma  des  Julius  Paris,  Ende  des  vierten  oder  Anfang  d( 
fünften  Jahrh.  (vgl.  A.  9),  gleichfalls  ftir  Schulzweckc.  Vorwort:  lulii^Ks 
Paris  Licinio  Cjriaco  suo  salutem.  Exemplomm  conquisitionem  cum  setrei 
esse  non  minus  disputantibus  quam  declamantibus  necessariam,  dece: 
Valerii  Mazimi  libros  dictorum  et  factorum  memorabiHum  ad  imum  vob 
men  epitomae  coegi.  Der  Epitomator  brachte  die  Sammlung  des  Yal. 
ihren  sachlichen  Inhalt,  manchmal  aus  den  Quellen  ihn  berichtigend  (EeuL^ 
p.  51  f.],  und  hat  dabei  eine  Handschrift  benüzt  welche  besser  und  (I^  J, 
ext.  4  —  I,  4,  ext.  1)  vollständiger  war  als  alle  uns  erhaltenen.  Die  Ef>i- 
toma  ist  uns  überliefert  durch  einen  cod.  Yaticanus  saec.  X,  heraasgegel>^D 
zuerst  durch  A.  Mai,  scriptorum  vett  nova  coli.  III,  3  (1828)  p.  1  ff.  Nac^li- 
lese  dazu  von  du  Bieu,  Schedae  Vaticanae  (Lugd.  B.  1860)  p.  164— 2O0. 
Danach  jetzt  in  Halms  Ausg.  (1865).  Subscriptio  des  Yat.  (und  Bern.  dLes 
YaL):  fehdter  emendavi  descriptum  Rabennae  Rusticius  Helpidius  Domzui- 
lus  V.  C.  (um  500,  8.  Kempf  p.  59  f ). 

8.  Epitoma  des  lanuarius  Nepotianus.   Vorwort:  lanuarius  NepotiaxmuB 
Victori  suo  salutem.     Impendus  quam  ceteri  adolescentes  litteris  stucies, 
quo  tantum  profids  ut  exigas  scripta  veterum  coerceri.    . .  igitur  de  Yalerio 
Maximo  mecum  sentis  opera  eins  utilia  esse,  si  sint  brevia.    digna  eisi^ 
cognitione  componit,  sed  colligenda  produdt,  dum  se  ostentat  sententÜs« 
locis  iactat,  fundit  exceasibus.  . .  reddam  itaque  . .  eins  redundantia    ^^ 
pleraque  transgrediar ,  nonnalla  praetermissa  conectam.  . .  et  cum  inte^T*^"* 
fere  in  occulto  sint,  praeter  nos  duo  profecto  nemo  ejHtomata  cognoso^^ 
Der  erhaltene  Auszug  reicht  in  21  Capitehi  bis  Yal.  Max.  m,  2,  7  und  i^ 
sehr  frei  und  mager,  läset  ganze  Beispide  weg  und  fQgt  andere  aus  ander^^ 
Quellen  bei.    Hauptwertii  für  die  Lüc^e  im  ersten  Buche  des  Yal.  Ift^^* 
Handschrift:  Vatic  1321  saec.  XIY,  mit  sehr  verdorbenem  Texte;  veröflfei»*' 
licht  durch  A.  Mai,  scriptorum  vett  nova  coli.  III,  3  p.  93  ff.  (v0.  du  Rie«*» 
Schedae  Vatic.  1860,  p.  201  —  215)  und  Celle  1831.  4.;  jetzt  in  C.  H»to^ 
Ausg.  des  Yal.  Max.  p.  488—513.    Vgl.  Kempf  p.  67—69,  wo  p.  69:  Bp^' 
tomatoris  sermo  corruptus  et  interdum  fere  barbarus  dicendique  genus  rtf^^ 
atque  incultum  sextum  septimumve  saeeukun  prodere  videtur.   Andere  -A^ 
kilrzungen  des  Val.  Max.  aus  dem  Mittelalter  sind  in  Bibliotheken  nocb 
handschriftlich  vorhanden;  s.  Eempf  p.  69—71. 

9.  Nach  dem  Schlüsse  von  Val.  Max.  B.  IX  folgt  im  Bern,  die  übiieB^ 


263.    Valerias  Maximus.    lulius  Paris.   Nepotianus.  547 

Bab«ctxptio:  Valerii  Mazimi  .  .  über  nonus  explc.  und  darauf  (von  späterer 
EÄnd    x^d  aug  inüug  Paris):    üb.  X  de  praenomine.    In  jungem  Hand- 
acnruten  geht  diesem  Buche  ein  prooemium  voraus:   decimus  atque  ulti- 
mua  Uuius  operid  über  .  .  aetati  nostrae  perditus  est.    verum  lulius  Paris, 
abbreviator  Valerii,  post  novem  libros  explicitos  hunc  decimum  sub  infra 
äoipto  compendio  complexus  est.  .  .  verba  quidem  lulii  Paridis  haec  sunt: 
Liber  decimus  de  praenominibus  et  simiKbus.    Genauere  Inhaltsangabe  in 
Q6r  Handschr.  des  luKus  Paris  (Vat.):  incipit  liber  decimus  de  praenomi- 
Dibus,  de  nominibus,  de  cognominibus,  de  agnominibus,  de  appellationibus, 
°®  v^rbis.    Erhalten  ist  aber  auch  im  Vat.  nur  das  Capitel  de  praenomini- 
^°a  (bei  Kempf  p.  740—750,  bei  Hahn  p.  484—487),  dessen  Inhalt  auf  gute 
^'^  Quellen  (bes.  Varro)  zurückgeht  (Th.  Mommsen  im  Rhein.  Mus.  XV. 
°'    181,  A.  24).    Das  Ganze  kann  jedoch,  wenn  es  von  Anfang  an  ein  Ca- 
P'^1  de  agnominibus  enthielt,  nicht  vor  Beginn  des  vierten  christl.  Jahrb. 
Eitstanden  sein.     Am  Schlüsse   haben  Vat.   (und  Bern.)   die  subscriptio: 
^*    rriti  Probi  finit  epitoma  historiarum  diversarum  ezemplorumque  roma- 
DOrmn;  und  darauf  die  des  Rustidus  Helpidius  (Anm.  7).    Unklar  ist  das 
'  eirbältniss  dieses  C.  Titius  Probus  zu  lulius  Paris.     Vielleicht  hatte  auch 
jener  wirklich  eine  ähnliche  epitome  verfasst,  die  mit  der  aus  Val.  Max. 
vDzi.  Paris  gemachten  zusammenfloss ,  etwa  so  dass  von  Letzterem  nur  das 
prooemium  (A.  7)  erhalten  wäre;  während  die  grammatische  (aber  zugleich 
an^quarisch  gehaltene)  Schrift  über  nomen  (einschliesslich  der  nomina  pro- 
prio) und  verbum  (Kempf),  etwa  wegen  Verwandtschaft  des  pädagogischen 
Z^weckes,  einmal  (aber  nach  der  Zeit  der  Handschrift  aus  welcher  die  Co- 
dices des  Val.  Max.  herstammen)   an   das  Werk   des  Valerius  Maximus 
äDg'ehängt,  für  ein  zehntes  Buch  desselben  gehalten  und  als  solches  von 
Paris  mit  epitomiert  wurde.    Jedenfalls  muss  der  Verf  vor  lulius  Paris 
gelebt  haben,  während  von  C.  Titius  Probus  schon  sein  Name  unwahr- 
scheinlich macht  dass  er  einer  viel  späteren  Zeit  als  dem  ersten  christl. 
Jahrh.  angehöre.    Vgl.  Th.  Bergk,  Rhein.  Mus.  IV.  S.  120  ff.    Kempf  p.  53 
~~^7  tmd  im  Progr.  des  Berliner  grauen  Klosters  von  18Ö4.  4.  (De  incerti 
aoctoiig  fragmento  quod  inscribitur  de  praenominibus.) 

264,    Vielseitig  angeregt  und  mit  der  Gabe  gewandter  Dar- 

^llnng  ausgestattet  gab  A.  Cornelius  Celsus  nach  dem  Vor- 

gan^Q  Cato's  nicht  nur  Anleitung  zur  Beredtsamkeit  und  Bechts- 

^^^xxitniss  sondern  behandelte  auch  die  Disciplinen  der  Landwirt- 

sehaft^  Heilkunde  und  des  Kriegswesens ;.  verbunden  mit  prakti- 

?^^f  Philosophie  im  Sinne  der  Sextier,  in  einem  encyclopädischen 

^^^ke,  von  welchem  die  acht  auf  die  Heilkunde  sich  beziehenden 

,^^her  (VI  —  XIH)  auf  uns  gekommen  sind,  als  einziges  Werk 

^^er  Art  aus  der  besseren  Zeit  der  römischen  Literatur.    Es 

^}^d  darin  die  gesammte  Medicin   der   damaligen  Zeit  haupt- 

^^olxiieh  nach  Hippokrates  und  Asklepiades  mit  gesundem  Urteil 

^  einfacher  reiner  Sprache  kurz  dargestellt.     Besonders  werth- 

^^Ü  sind  die  chirurgischen  Partien;  nächstdem  auch  die  The- 

35* 


548  Die  Eaiserzeit.    Erstes  Jahrhundert. 

rapie.     Noch  unter  Nero  lebte  Celsus  und  verfasste  eine  Schrift 
über  eine  taktische  Zeitfrage. 

1.  Vorname  aus  den  Ueberschriften  des  erhaltenen  Werks.  Zeitalter. 
Columella  I,  1,  14:  non  minorem  tarnen  laudem  (als  die  Schriftsteller  der 
Vergangenheit,  wie  Vergil  und  lulius  Hyginus)  meruerunt  nostrormn  tem- 
porum  viri,  Cornelius  Celsus  et  lulius  Atticus.  lET,  17,  4:  mox  luliua  Atti- 
cus  et  Cornelius  Celsus,  aetatis  nostrae  celeberrimi  auctores,  patrem  atqne 
iilium  Sasemam  seciiti  etc.  IV,  8,  1 :  Celsus  et  Atticus,  quos  in  re  roatica 
maxime  nostra  aetas  probavii  Vgl.  ib.  HI,  1,  8.  IV,  1,  1.  Da  min  Co- 
lumella ein  Zeitgenosse  des  Seneca  war  (s.  unten  277,  1),  so  kann  Celsu-* 
nicht  wohl  früher  als  unter  Tiberius  geschrieben  haben;  aber  auch  nicl»^ 
später,  da  der  unter  Caligula  hingerichtete  lulius  Graecinus  dessen  We«"* 
bereits  benutzt  hatte  (Plin.  n.  h.  XIV,  2,  33:  Graecinus,  qui  alioqui  Co«" 
nelium  Celsum  transcripsit).  Vgl  A.  4.  Quintil.  III,  1,  21:  scripsit  ^* 
eadem  materia  (Rhetorik)  .  .  nonnihil  pater  Gallio  (oben  252,  7),  accar^' 
tius  vero  priores  [Gallione]  Celsus  et  Laenas  (oben  252,  11)  et  aetatis  u 
strae  Verginius,  Plinius,  Tutilius.  Hier  wird  das  sachlich  unrichtige  G 
lione  um  so  eher  ein  Glossem  sein  da  das  Verhältniss  zu  Gallio  berei.'t:^ 
durch  den  Comparativ  accuratius  ausgedrückt  ist.  Fr.  Bitter  in  JakM:^^ 
Jahrb.  38,  S.  54—58. 

2.  Quintil.  XII,  11,  24:  quid  plura  (von  der  Möglichkeit  alle  dem  R^^' 
ner  nützlichen  Disciphnen  zu  umfassen)  cum  etiam  Cornelius  Celsus,  hb.^^ 
diocri  vir  ingenio,  non  solum  de  his  omnibus  conscripserit  artibos 
amplius  rei  militaris  et  rusticae  et  medicinae  praecepta  reliquerit,  dign 
vel  ipso  proposito  ut  eum  scisse  omnia  illa  credamus?  Auch  sonst  po 
misiert  Quintilian  oft  gegen  diesen  Vorgänger,  z.  B.  II,  15,  22.  32.  111,  ^« 
13  f.  VIII,  3,  47.  IX,  1,  18:  Cornelius  tarnen  Celsus  adicit  (zu  den  ff^^V«^"^''' 
diavoCaq  und  Xil^to^)  figuras  colorum,  nimia  profecto  novitatis  cupidit^^^ 
ductus.  nam  quis  ignorasse  eruditum  alioqui  virum  credat  etc.  Auch  «^^ 
er  ihm  beistimmt  geschieht  es  mit  Kälte  und  Zurückhaltung,  wie  VII,  ^> 
10:  non  plane  dissentio  a  Celso,  qui  sine  dubio  Ciceronem  secutus  insf^^^ 
tarnen  huic  parti  vehementius.  Vgl.  X,  1,  124  (unten  A.  3).  Es  mod»*^ 
den  Quintilian  verdriessen  dass  das  worauf  er  sein  ganzes  Leben  verwai»^^ 
hatte  von  Celsus  nur  so  beiläufig  mitbehandelt  wurde;  auch  mochte  3^^^^ 
Eucyclopädiker  dem  speciellen  Fachmanne  wirklich  manche  BiÖsen  darUi^' 
ten.  Jedenfalls  wurde  das  rhetorische  Lehrbuch  des  Celsus  verdunk^'" 
durch  das  des  Quintilian.  Erwähnung  desselben  nur  bei  Fortunatiau.  IIT  9  ^ 
(p.  121,  10  H.). 

3.  Quintil.  X,  1,  124:  scripsit  non  parum  multa  (über  Philosoph^ ^^ 
Cornelius  Celsus,  Sextios  (oben  250,  5  ff.)  secutus,  non  sine  cultu  ac  nito:^'^' 
Augustin.  de  haeres.  prol.:  opiniones  omnium  philosophorum  qui  sec'C:^^ 
varias  condiderunt  usque  ad  tempora  sua  .  .  sex  non  parvis  voluminit7^ 
quidam  Celsus  absolvit;  nee  redarguit  aliquem,  sed  tantum  quid  sentir^'''^ 
aperuit,  ea  brevitate  sermonis  ut  tantum  adhiberet  eloquii  qnantum  -  * 
aperiendae  indicandaeque  (sententiae)  sufßceret. 

4.  Veget  r.  milifc.  I,  8  (p.  12,  12  ff.  Lang):  haec  necessitas  compc»^^ 
evolutis  auctoribus  ea  me  .  .  fideUssime  dicere  quae  Cato  ille  Censorios  ^^ 
disciplina   militari  scripsit,   quae   Cornelius   Celsus,   quae  Frontinos  p^*"' 


j 


264.    Cornelius  CelßUB.  549 

Btringenda  duxenmt.  LyduB  de  magistr.  I,  47:  iidgTvgsg  Kilaog  etc.  Vgl. 
il3.  III,  33 :  xal  avyygccqj^v  nsgl  rovtov  (über  die  letzte  Kriegführung  gegen 
die  Parther)  (iovijqtj  Kilcog,  6  gmfiaiog  rorxrtxo?,  dnoliXoine.  34:  aczB 
€t^t^6diOv,  qjfiülv  6  Kilcogy  a^oxijrcoff  avtotg  insX&sCv,  .  .  od'sv  d(p6grjrog 
ixvtotg  6  KovgßoXmv  inl  rov  Nsgmvog  itpdvri.  Diese  taktische  Einzelechrift 
war  also  später  verfasst  als  das  encyclopädische  Werk;  vgl.  oben  A.  1. 

6.  Columella  I,  1,  14  (vgl.  A.  1):  Cornelius  (Celsus)  totum  corpus 
disciplinae  (Landwirtschaft)  quinque  libris  complexus  est.  IX,  2,  1:  de 
Qoibiis  (Bienenstöcke)  neque  diligeutius  quidquam  praecipi  potest  quam 
ab  äygino  (oben  246,  3)  .  .  nee  elegantius  quam  Celso.  .  .  Celsus  utrius- 
jae  mdmorati  (Hygin  und  Vergil)  adhibuit  modum.  II,  2,  15:  Cornelium 
)elBum,  non  solum  agricolationis  sed  universae  naturae  prudentem  virum. 
Js  solchen  wird  er  sich,  wie  Sextius,  auch  in  den  philosophischen  Thei- 
a  seines  Werkes  (s.  A.  3)  bewiesen  haben.  Die  über  Landwirtschaft 
ig'^fahrt  z.  B.  von  Plinius  (n.  h.  X,  63,  150),  der  ihn  auch  im  Quellen- 
Jr-Ä^ichniss  zu  B.  7,  8,  10,  11,  14,  17,  18,  19,  20  If.,  29  f.,  31  nennt,  bald 
or-xieliuB  Celsus,  bald  Celsus. 


6.  Von  den  acht  Büchern  der  medicina  behandelt  das  erste,  nach 
LAOT  kurzen  Geschichte  der  Medicin  bei  den  Griechen,  die  Diätetik  und 
rophylaktik;  das  zweite  die  Semioük  und  allgemeine  Pathologie  und 
ih-erapie;  Buch  IM  und  IV  die  besonderen  Krankheiten,  V  die  Arznei- 
nifct^Uehre  mit  einer  grossen  Anzahl  von  Recepten;  VI  die  chirurgischen 
Krankheiten,  VII  die  chirurgische  Therapie,  VIII  die  Knochenkrankheiten. 
Da  die  zahlreichen  Handschriften  alle  dieselben  Lücken  haben  (bes.  FV,  27), 
so  baben  sie  gemeinsamen  Ursprang.  Die  ältesten  und  besten  sind  Vat. 
VIII  saec.  X  und  Med.  I  saec.  XII,  sowie  Paris.  7028  saec.  XI;  die  andern 
'^<i  aus  saec.  XV  und  XVI.  Ausgaben,  s.  L.  Choulant,  Bücherkunde  d. 
alt.  Med. «  S.  167  — 180.  Ed.  princeps  Florentiae  1478  fol,  Aldina  Venet. 
1528.  4.  Cum  not.  ed.  J.  Caesarius,  Hagenau  1528.  Willkürlicher  Text 
*^ön  Ant.  V.  d.  Linden,  Lugd.  Bai  1657.  Cum  not.  varr.  ed.  Th,  J.  ab 
^^eloveen,  Amsterd.  1687.  1713.  Ed.  C.  Ch.  Krause,  Lips.  1766.  Ex  rec. 
_;  T'argae,  Patav.  1769.  4.  und  besonders  Veron.  1810.  4.  (mit  lexicon  Cels.). 
*^^  P.  Ritter  et  H.  Albers,  Cöbi  1835.  Ed.  S.  de  Äenzi,  Neapel  1851.  Ad 
'^ein  opt.  libr.  denuo  rec.  C.  Daremberg,  Lips.  1859.  (Bibl.  Teubner.) 
^^Viersetzt  von  B.  Ritter,  Stuttgart  1840. 

7.  Zuriickverweisung  auf  frühere  Bücher  V,  28,  16:  sicut  in  pecori- 
y^  propoöui.  Die  fünf  Bücher  de  agricultura  (A.  5)  giengen  also  der  mo- 
.^^loa  unmittelbar  voraus,  wie  auch  viele  Hdss.  die  Ueberschrifb  haben: 
I^^nelii  Celai  artium  lib.  VI.  item  medicinae  I.  Kürzer  behandelt  war  das 
l^eggwescn;  s.  A.  4;  die  Philosophie  aber  in  6  volumina  (A.  3),  und  auch 
^^  Darlegung  der  Rhetorik  (A.  2)  muss,  nach  Quintilian  zu  schliessen, 
^ilsführlich  gewesen  sein.  Sie  scheint  aus  7  Büchern  bestanden  zu  haben; 
^  Schol.  luv.  VI,  245:  Celso,  oratori  illius  temporis  (unrichtig),  qui  septem 
^V)r08  Iiistitutionum  scriptos  reliquit.  Letztere  Angabe  kann  richtig  sein, 
^^ch  wenn  Juv.  selbst  nicht  diesen  Cebus  gemeint  hat  (welcher  damals 
keineswegs  die  erste  Autorität  für  Rhetorik  war),  sondern  seinen  Zeitge- 
loflsen,  den  Juristen  luventius  Celsus.  Der  Anschluss  an  Cato  (s.  oben 
10^  1_3)  ist  in  der  Wahl  der  behandelten  Discipliuen  unverkennbar.    Die 


550  Die  Eaiserzeit.  Erstes  Jahrhundert. 

Zusammengehörigkeit  derselben  bei  Celsus  erhellt  auch  ans  der  Gleichheit 
der  Urteile  über  ihren  Stil,  welcher  in  der  medicina  denselben  coltus  ac 
nitor,  dieselbe  elegantia  zeigt  wie  in  den  philosophischen  and  landwirt- 
schaftlichen Partien.    Vor  der  Verschrobenheit  seiner  Zeit  bewahrte  den 
Celsus  wohl  hauptsächlich  sein  eigener  gesunder  Sinn,  dasin  auch  die  Fülle 
des  zu  bewältigenden  Stoffes  und  die  Beschaffenheit  seiner  Quellen.   SchoL 
Plaut.  Bacch.  69:   Celsus  libros  suos   a  varietate  rerum  cestos  vocant. 
8.    0.  Jahn  in  den  Berichten  d.  sächs.  G.  d.  W.  1850,  S.  273-282- 
H.  Paldamus,  de  Comelio  Celso  (Greifswalde  1842.  4.)  und  dazu  Fr.  Rittet 
in  Jahns  Jahrbb.  38,  S.  52—66.    C.  Kissel,  Celsus,  eine  historische  Mono- 
graphie; I.  Leben  und  Werke  des  C.  im  Allgemeinen,  Giessen  1844.  179  S. 


265.    Unter   den  Juristen  ragte   in   dieser  Zeit  hervc^T 

Capito's  Schüler  Masurius  Sabinus,  nach  welchem  die  Schale 

der  Sabinianer  benannt  ist^  Verfasser  hauptsächlich  von  libri 

iuris  civiUs,   welche  später  Gegenstand  umfassender  Comme] 

tare  und  durch  diese  für  die  Digesten  einflussreich  wurden.    I>«- 

gegen  ein  Schüler  von  Labeo  war  M.  Coccejus  Nerva,  Cos. 

und  Lehrer  des  Proculus  nach  welchem  die  Proculianer 

nannt  wurden.     An  literarischer  Fruchtbarkeit  und  Bedeutsaa3ci- 

keit  hat  Proculus  seinen  Lehrer  übertroffen.    Ein  Schüler  ä^s 

Sabinus  war  G.  Cassius  LonginuS;   Cos.  783   und  gleichf&3^1c 

Verfasser  eines  Werkes  über  das  ius  civile. 

1.    Pompon.   de  orig.  iur.  (Dig.  I,  2,  2,  48):   Ateio  Capitoni  (ot»^» 
249,  4)  Masurius  Sabinus,  Labeoni  Nerva,  qui  adhuc  eas  dissension ^» 
auxerunt.    .  .  Masurius  Sabinus  in  eqnestri  ordine  fuit  et  publice  prim'vjis 
respondit,  posteaquam  hoc  coepit  beneficium  dari;  a  Tiberio  Caesare  li<:>c 
tamen  illi  concessum   erat.    (50.)  ergo  Sabine   concessum   est  a  Tibeirio 
Caesare  ut  populo  responderet;  qui  in  equestri  ordine  iam  grandis  natu  ^ 
fere  annorum  quinquaginta  (?)  receptus  est;  huic  nee  amplae  facultates  fa^ 
runt,  sed  plurimum  a  suis  auditoribus  sustentatus  est.    Er  lebte  noch  un^^f 
Nero;  s.  Gaj.  II,  218:  ut  Sabinus  existimaverit  ne  quidem  ex  SC.  Ner-o- 
niano    posse   convalescere.     Dass   er  zu  Verona  geboren  sei  vermute^>^ 
Borghesi  (Bull.  d.  inst.  arch.  1836,  p.  144)  nach  der  dort  gefundenen  I^s- 
schrift:  C.  Maaurius  C.  f.  Sabinus  (0.  Jahn  zu  Persius  p.  195).    Gellius  I V^t 
1,  21  u.  2,  15  (Masurii  Sabini  ex  libro  iuris  civilis  secundo,   vgL  XI,  tS, 
12  ft.  20  ff.).   V,  13,  5  (M.  S.  in  libro  i.  c.  tertio).    Per».  V,  90  (Itoiiri 
rubrica).    Arrian.  Epict.  lY,  3  (MattovQiov  vo^fOi).    Die  Anlage  scheint  die 
des  Q.  Mucius  (oben  141,  2)  gewesen  zu  sein.    Commentiert  wurde  dieses      '^ 
Handbuch  durch  Pomponius  in  mindestens  86,  von  ülpian  in  mindestenB  ^h 
von  Paulus  in  mindestens  17  Büchern,  welche  drei  Commentare  den  Kern 
des  sabinischen  (civilrechtlichen)  Drittels  der  Digesten  bilden.    Noten  zu 
Sabinus  schrieben  auch  Fufidius  und  Aristo.    Sonstige  Schriften  des  Ma- 
surius Sabinus:  commentarii  de  indigenis  (GelL  IV,  9,  8  f.),  memoriaÜoiD 
libri,  mindestens  11  (Gell.  V,  6,  13  f.  vgl.  IV,  20,  11.   VII,  7,  8.  Macrob. 
m,  6, 11.  Dig.  L,  16,  144  u.  a.),  fasti  in  mindestens  zwei  Bachern  (Maer^b. 
I,  4,  7.  15.  10,  8),  libri  responsorum  in  mindestens  zwei  Büchern  (Dif> 


265.   Juristen  unter  Tiberius:  Masurius  Sabinus  u,  a.  551 

XrV,  3,  4  pr.  u.  1.  Fragpn.  Vai  75),  libri  ad  edictom  praetoris  urbani  in 
mindeatens  fünf  (Dig.  XXX VIU,  1,  18),  Hbri  ad  ViteUium  (ib.  XXXH,  46. 
XXXIII,  7,  8  pr.  12,  27.  XXXIII,  9,  3  pr.),  sowie  ein  assessorium  (ib. 
XLYII,  10,  5,  8:  Sabinus  in  assessorio,  Tgl.  II ,  12,  12:  Puteolanus  libro 
pnmo  assessoriorom).  Anführungen  aus  (ungenannten)  Schriften  des  M. 
Sab.  auch  bei  Plin.  (wohl  aus  den  memorialia)  n.  h.  VII,  5,  40.  X,  7,  20. 
XV,  29,  126.  30,  135.  XVI,  18,  75.  44,  236.  XXVIII,  9.  Gellius  III,  16,  23. 
V,  19,  11  ff.  X,  16,  17  f.  P.  N.  Amtzen,  de  Mas.  Sabine,  Utrecht  1768  = 
Oelrichs  Theaaor.  nov.  UI,  2.  p.  1  ff.  Zimmern,  Gesch.  d.  röm.  Privatr. 
I,  1.  S.  312—315.    Rudorff,  röm.  Eechtsgesch.  I.  S.  168  f.  237. 

2.  Pompon.  L  L  (A.  1)  48:  hie  etiam  Nerva  (Grossvaier  des  nach- 
naJigen  Kaisers)  Caesari  (dem  Tiberius)  fiEuniliarissimus  fuit.  Tac.  A.  IV, 
8  :  profectio  (des  Tiberius  nach  Campanien)  arto  camitatu  fuit:  unus  sena- 
^z*  consulatu  fimctus  (J.  775  =»  22  n.  Chr.),  Cocceius  Nerva,  cui  legum 
evitia.  VI,  26:  haud  multo  post  (J.  786  »  33  n.  Chr.)  Cocceius  Nerva, 
[>zitinuas  prindpis,  omnis  divini  humanique  iuris  sciens  .  .  moriendi  con- 
üum  cepit  etc.  Dio  LVIII,  21.  Angeführt,  doch  ohne  Nennung  einer 
clirift,  Dig.  XLIII,  8,  2,  28  vgl.  VII,  5,  3.   XVI,  3,  32.   Zimmern  a.  a.  0. 

-  315  f. 

3.  Pompon.  1.  1.  (A.  1)  51:  huic  (dem  Masurius,  A.  1)  successit  Gaius 
asbIus  Longinus,  natus  ex  filia  Tuberonis  (oben  195,  1),  quae  fuit 
^ptis  Servii  Sulpidi  (oben  161,  2  ff.),  et  ideo  proavum  suum  Servium  Sul- 
iciuxn   appellai     hie   consul  fuit   cum  Quartino   (Surdino?   Orelli  4033; 

783  =  30  n.  Chr.)  temporibus  Tiberii,  sed  plurimum  in  civitate  aucto- 
^tifi  habuit,  eousque  donec  eum  Caesar  (Nero,  J.  65  n.  Chr.,  s.  Suet. 
^^'    37:  Cassio  Longino  iuris  consulto  ac  luminibus  orbato  etc.   vgl.  Tac. 

-  XVI,  7,  9)  civitate  pelleret.  ezpulsus  ab  eo  in  Sardiniam,  revocatus  a 
espasiano  diem  suum  obiit.  Vgl.  Tac.  A.  XII,  11  (J.  49):  Gaio  Cassio,  qui 
^i'i^e  praeerat  12:  ea  tempestate  Cassius  ceteros  praeminebat  peritia 
er^irn.  XIII,  41.  48.  XIV,  43  f.  Gromat.  vei  p.  403,  29:  Cassius  Longi- 
^»  prudentissimus  vir,  iuris  auctor.  Plin..epi8t.  VII,  24,  8:  domus  C. 
^^8i,  huius  qui  Cassianae  scholae  princeps  et  parens  fuit  (vgl.  A.  5).  Dig. 
'y  B,  19,  2:  Cassius  sententiam  magistri  sui  (des  Sabinus,  vgl.  auch  Arrian. 
P^ct.  rV,  8)  bene  excusat.  Auch  er  verfosste  ein  grosses  Werk  über  das 
'^  civile  (Dig.  VII,  1,  7,  3.  9,6  und  70,  2:  C.  Cassius  .  .  libro  octavo 
**^  civilis;  vgl  ib.  XXXV,  1,  54:  in  commentariis  Caii,  und  XLVI,  8,  78: 
^  Ubris  Gaii),   welches  sein  Schüler  Aristo  commentierte  und  Javolenus 

^^Ucns  in  15  Büchern  excerpierte;  ausserdem  Anmerkungen  zu  Vitellius 
^ig.  XXXIII,  7,  12,  27:  Cassius  apud  Vitellium  notat).  Ueber  das  Ver- 
^^UtnisB  zu  Ursaios  Ferox  s.  unten  281,  4. 

4.  Dig.  XXVTII,  5,  69:  Proculus  (A.  6):  Cartilio  assentio  et  .  .  puto. 
Vgl.  Ulp.  ib.  Xni,  6,  5,  13:  CartiUus  ait. 

6.  Pompon.  L  1.  (A.  1)  52:  Nervae  (A.  2)  successit  Proculus.  fuit  eo- 
dem  tempore  et  Nerva  fiUus  (Dig.  III,  1,  1,  3:  qua  aetate  —  von  17  Jah- 
ren -^  ftnt  paulo  maiore  fertur  Nerva  filius  et  publice  de  iure  responsi- 
tasse;  vgl.  Tac  A.  XV,  72  und  Dig.  XLI,  2,  47:  Nerva  filius  libris  de  usu- 
lapionibus).  fqit  et  alius  Longinus  ei^  equeatri  quidem  ordine,  qui  postea 
id  praetnram  usque  pervenit.    sed  Proculi  auctoritas  maior  fuit.    nam 


^ 


552  Die  Kaiserzeit.   Erstes  Jahrhundert. 

etiam  plarimum  potoit,  appellatique  sunt  partim  Caseiani  (vgl.  A.  3)  pai- 
tim  Proculiani.    Dig.  XXXVII,  14, 17  (Rescript  der  Divi  fratres) :  Proculum, 
sane  non  levem  iuris  anctorem.    Vgl.  XVIII  ,1,1,1  (Sabinos  et  CaeduB 
.  .  Nerva  et  Proculus.    .  .  verior  Nervae  et  Proculi  sententia).    Voller  Name 
wahrscheinlich  Sempronius  Procains;  vgl.  Dig.  XXXI,  47  f.    Budorfi,  Ztsdir. 
f.  gesch.  Rechtswiss.  XII.   S.  336  —  339.    Eine  seiner  juristischen  Schriften 
hatte  Briefform  (Anfragen  und  Antworten):    Epistolarum  libri,  mindesteuB 
11  Bücher;  s.  Dig.  XIX,  5,  12  und  XXIII,  4,  17:  Proculus  libro  XI  eputo- 
larum;  vgl  ib.  XVIII,  1,  69.    Ausserdem  Proculus  libro  III  ex  Posteriori- 
buB  Labeonis  (ib.  XXXIII,  6,  16),  vielleicht  identisch  mit  den  Notae  im 
Labeo  (ib.  III,  5,  10,  1  und  XXXV,  1,  69:  apud  Labeonem  Proculus  notat^ 
vgl.  ib.  XVII,  2,  65,  5).    Im  Ganzen  sind  von  Proculus  37  Excerpte  in  di 
Digesten  aufgenommen. 

266.  Die  bedeutendsteii  Grammatiker  der  Zeit  sind  Ju- 
lius Modestus,  der  wie  sein  Lehrer  Hyginus  die  sachliche  wie 
die  sprachliche  Seite  der  Forschung  umfasste,  der  strenge  M. 
Pomponius  Marcellus,  sowie  der  begabte^  aber  eitle  und  sitten 
lose  Q.  Remmius  Palämou  aus  Vicenza,  Verfasser  einer  berühm^ 
gewordenen  und  vielbenützten  Grammatik  (Ars).  Auch  Gavi] 
Bassus  lehrte  und  schrieb  in  dieser  Zeit  oder  bald  darauf. 

1.  Suet.  gramm.  20:  huius  (des  Hyginus,  oben  246)  libertus  fuit  T«»  - 
liusModestus,  in  studiis  atque  doctrina  vestigia  patroni  secutus.  Martia.»n. 
X,  21,  1:  scribere  te  quae  vix  intellegat  ipse  Modestus.  Gellius  in,  9,  ^^^ : 
Gavius  Bassus  (A.  4)  in  commentariis  suis,  item  lulius  Modestus  in  secun^B^o 
quaestionum  confusarum  historiam  de  equo  Seiano  tradunt  Macrob.  ^y 
^f  7  (vgl.  10,  9.  16,  28):  lulius  Modestus  de  feriis.  Commentator  des  Hor^-^^s, 
8.  oben  223,  3.  Auf  grammatische  Schriften  (oder  Commentare)  deuten  d^rme 
Anführungen  bei  Quintil.  I,  6,  36.  Charis.  p.  73.  75.  101.  103.  125. 
Diomed.  p.  365  K.  Bimte  in'seiner  Ausg.  von  Hyginus  fab.  p.  6—9.  RL' 
beck,  prolegg.  Vergil.  p.  121 — 123. 

2.  Suet  gramm.  22:  M.  Pomponius  Marcellus,  sermonis  latini 
actor  molestissimus,  in  advocatione  qnadam  —  nam  interdum  et  cauE^^"^ 
agebat  —  soloecismum  etc.  hie  idem,  cum  ex  oratione  Tiberium  repr'^' 
hendisset,  .  .  tu  (inquit)  Caesar  civitatem  dare  potes  hominibus,  verbis  n<^^ 
potes.  pugilem  olim  fuisse  Asinius  Gallus  hoc  in  eum  epigrammate  ost^^^' 
dit  etc. 

3.  Q.  Remmius  (nicht:   Fannius,  s.  W.  Christ,  Rhein.  Mus.  X.-X 
S.  69  f.)  Palaemon  Vicetinus  mulieris  verna  primo  .  .  textrinum,  deinf^^> 
erilem  filium  dum  comitatur  in  scholam,  litteras  dididt.    postea  manaoB^^' 
sus  docuit  Romae  ac  principem  locum  inter  grammaticos  tenuit,  quamqac^^ 
infamis  omnibus  vitiis  palamque  et  Tiberio  et  mox  Claudio  praedicantib^c^^ 
nemini  minus  institutionem  .  .  iuvenum  committendam.    sed  capiebat  bt^ 
mines  cum  memoria  rerum  tum  facilitate  sermonis;  nee  non  etiam  poem»^ 
faciebat  ex  tempore,    scripsit  vero  variis  nee  volgaribus  metns.   arrogantiA 
fiiit  tanta  ut  M.  Varronem  porcnm  appellaret  etc.  luxuriae  ita  indulsit  ut  etc. 
sed  maxime  flagrabat  Ubidinibus  in  mulier  es  etc.    Plin.  n.  h.  XIV,  4,  49t 


266.    Grammatiker  unter  Tiberius:  Palaemon  u.  a.  553 

•emmio  Palaemoni,  alias  grammatdca  arte  celebri,  in  hisce  XX  annis  mer- 
äto  ms  etc.  ib.  50:  vanitate,  quae  nota  mire  in  illo  fuit.  51 :  inviso  alias 
lern  Seneca).  Juv.  VII,  215  ff.  (docti  Palaemonis).  Hieronym.  chron.  ad 
-  Abr.  2064  =  Cland.  8:  Palaemon  Vicetinus  insignis  grammaticus  Bomae 
Abetar,  und:  M.  Antonius  Liberalis,  latiuus  rhetor,  gravissimas  inimid- 
üis  cum  Palaemone  exercet.  Vita  Persii:  studuit  Flaccus  .  .  Romae  apud 
rrammaticum  Bemmium  Palaemonem.  SchoL  Juv.  VI,  452  (Palaemonis 
^^m):  grammatici,  magistri  Quintiliani  oratoris.  Quintil.  I,  4,  20:  ut  .  . 
^te  nostra  Palaemon.  Charisius  erwähnt  ihn  öfters  (p.  187.  225  f.  231  f. 
38  K.)  und  hat  die  Abschnitte  über  die  CoDJunctionen,  Präpositionen,  In- 
»ijeddonen   (und  Adverbia)   aus  ihm   entnommen.     Keil  gramm.  lat.  I. 

XLIX.  Auch  die  excerpta  aus  Charisius  (Gramm,  lat.  I.  p.  533  ff.  K.) 
rohen  wohl  zur  Hälfte  auf  Palämon  (W.  Christ,  Philologus  XVIII.  S.  136  f.). 
Lae  Beispiele  sind  nur  aus  Terenz,  Vergil,  Horaz  und  Cicero  gewählt  und 
ir<ien  regelmässig  durch  velut  eingeleitet  (A.  Schottmüller,  de  Plini  libr. 
ucnm.  p.  8  ff.).  Gegen  Schottmüller,  welcher  (1.  1.  p.  26  —  32)  den  von 
skirisius  benützten  Palämon  in  das  vierte  Jahrh.  herabrücken  wollte, 
Cirist  a.  a.  0.  S.  125  —  127.     Ausser  Charisius  haben  auch  Diomedes 

403.  415  K.),  Consentius  (p.  375  E.),  Phokas  u.  A.  aus  ihm  geschöpft. 
b  Unrecht  (Keil  V.  p.  528  f.)  trägt  seinen  Namen  eine  triviale ,  zuerst 
3.  Jovianus  Pontanus  herausgegebene  Ars,  in  Keils  Gramm,  lat.  V.  p.  533 
>^7  (bei  Putsche  p.  1366  ff.).  Andere  Zutheilungen  von  Schriften  an  ihn 
i.^  der  Versification  de  ponderibus  et  mensuris,  der  differentiae  sermo- 
■33^)  beruhen  auf  grundlosen  Vermutungen. 

4.  Von  einem  Grammatiker  Gavius  Bassus  werden  angeführt  Schrif- 
*  de  origine  verborum  et  vocabulorum  (Gellius  II,  4,  3  ff.  III,  19,  1  f. 
7)  in  mindestens  7  Büchern  (ib.  XI,  17,  4),  de  verborum  significatione 
^^rob.  in,  18,  2),  commentarii  (Gell.  III,  9.  18,  3  f.),  de  diis  (Macrob.  I, 
^3  vgl.  III,  6,  17.  Lyd.  de  mens.  IV,  2.  vgl.  Quintil.  I,  6,  36.  Lactant. 
'^^  I,  22,  9).    Er  muss  vor  Quintilian  gelebt  haben. 

5.  Griechische  Grammatiker  zu  Bom  unter  Tiberius  waren  z.  B.  Phi- 
^^Hos  aus  Alexandria,  Apollonides  (Diog.  La.  IX,  109).  Ein  Grieche  war 
^^  Attalus  Stoicus,  qui  solum  vertit  a  Seiano  circumscriptus,  magnae  vir 
^^Uentiae,  ex  his  phiiosophis  .  .  longe  et  subtilissimus  et  facundissimus 
*^.  suas.  2, 12),  der  Lehrer  des  Philosophen  Seneca  (W.  Teuffei  in  Pauly's 
*^-Enc.  I,  2.  S.  2055  f.  Nr.  10). 

267.  Gleichfalls  in  dieser  Zeit  schrieben  die  Botaniker 
^epio  und  Antonius  Gastor ,  sowie  der  Schlemmer  Apicius, 
^ssen  Namen  ein  auf  uns  gekommenes  Kochbuch  trägt,  etwa 
te  dem  dritten  christl.  Jahrhundert.  Auch  die  Schriftsteller 
\)€r  den  Weinbau,  lulius  Atticus  und  lulius  Graecinus,  gehören 
ieser  Zeit  an. 

1.  Plinius  n.  h.  XXI,  §.  18:  Caepio  Tiberi  Caesaris  principatu  nega- 
t  etc.    Er  war  wohl  ein  Servilius. 

2.  Plinius  n.  h.  XXV,  5  von  den  Pflanzen:  nobis  certe,  exceptis  ad- 
odom  paucisy  contigit  reliquas  contcmplari  scientia  Antoni  Castoris 


554  Die  Kaiseneit.   Erstes  Jahrhundert 

cid  summa  auctoritas  erat  in  ea  arte  (Botanik)  nostro  aeyo,  visendo  bo^ 
tulo  eius,  in  quo  plurimas  alebat,  oentenmum  aetatis  annum  exoedeuB, 
nulLum  corporis  malum  exp^rtus  ae  ne  aetate  quidem  memoria  aat  rigore 
concussis.  Er  schrieb  auch  über  Botanik,  und  Flinius  nennt  ihn  als  Qaelle 
zu  Buch  2(V~27;  vgl.  XX,  174  (Castor  taliter  demonstrabat).  Er  war  wohl 
ein  Freigelassener  einer  Antonia  (oder  des  M.  Antonius). 

3.  Ueber  Asellius  Sabinus  s.  oben  268,  1 ;  über  Petronius  Musa  oben 
247,  12. 

4.  Der  Prasser  M.  Apicius  unter  Tiberius  (Tac.  A.  IV,  1.  DioLVEI- 
19.  Athen.  I.  p.  7  A.;  vgl.  W.  Teuffei  in  Pauly's  Real-Enc.  I,  1.  S.  124 J 
Nr.  2)  brachte  seine  Eüchenweisheit  auch  zu  Papier.    Sen.  cons.  ad  Hel^ 

10,  8:  Apicius  nostra  memoria  vixit,  qui  .  .  scieutiam  popinae  professiK' 
disciplina  sna  saeculum  infedt.  Schol.  Juv.  IV,  23:  Apicius  auctor  pn^ 
cipiendarum  cenarum,  qui  scripsit  de  iuscellis.  Isidor.  orig.  XX,  1,  1:  cc^ 
quinae  apparatum  Apicius  quidam  primus  composuit.  Was  aber  Flinio^ 
(n.  h.  Vm,  209.  IX,  66.  X,  133.  XIX,  137.  143)  als  culinarische  Ideen  de  - 
Apicius  anführt  trifft  auf  die  unter  dem  Namen  des  Gaelius  Apicius  (wohL 
Caelii  Apicius,  so  dass  Ap.  der  Titel  der  Schrift  war,  wie  Ciceronis  Laes 
lius)  laufende  Schrift  de  re  coquinaria  nicht  zu.  Diese  enthält  eine  nad 
Gegenständen  geordnete  Zusammenstellung  von  Kochrecepten  in  zehn  BiB 
ehern,  von  denen  jedes  eine  griechische  Ueberschrift  hat,  wie  auch  dL 
zahlreichen  griechischen  WOrter  und  Wendungen  darauf  hinweisen  das 
die  Schrift  auf  der  griechischen  Literatur  {'OtpaQtvTi%a)  beruht.  Die  £■ 
wähnung  eines  Varianus  pullus  (VI ,  9)  deutet  auf  Entstehung  nach  Helle 
gabalus  (=i  Varius).  Aber  es  mögen  verschiedene  Zeiten  ihre  Beiträge  ^ 
dieser  Sammlung  geliefert  haben.  Schuch  hat  aus  einem  cod.  Paris,  saec.  Y  ^ 
neue  Recepte  hinzugefügt.  Ausgaben  z.  B.  von  Hummelberg  (Turic.  1642. 4^ 
M.  Lister  (Londin.  1705},  Almeloveen  (Amstelod.  1709),  J.  M.  Bemhold(B^ 
reuth  1787)  und  C.  Th.  Schuch  (auxit,  emend.  explanavit  etc.,  Heidelbe^ 
1867.  202  pp.).  F.  H.  Dierbach,  Flora  Apiciana,  Heidelberg  1831.  E.  Meys 
Gesch.  der  Botanik  H.  (Königsberg  1855)  S.  236—249. 

5.  Columella  I,  1,  14:  nee  minorem  laudem  mernerunt  nostronm- 
temporum  viri,  Cornelius  Celsus  et  lulius  Atticus.  quippe  Cornelius 
(oben  264,  5);  hie  (Atticus)  de  una  specie  culturae  pertinentis  ad  vites 
gularem  librum  edidit.  cuius  velnt  discipulus  duo  volumina  similium  p: 
ceptorum  de  vineis  lulius  Graednus,  composita  facetius  et  eruditius,  pot^ 
ritati  tradenda  curavii    Anführungen  aus  Atticus  bei  Columella  lU,  3,  M^ 

11,  9  f.  16,  3.  17,  4  (oben  264,  1).  18,  1  f .  IV,  1,  1.  6.  2,  2.  8,  1  (ob^ 
264,  1).  10,  1  (Celsus  et  Atticus).  13,  1.  28,  2  (Celsus  quoque  et  Atti<?^ 
consentiunt).  29,  1.  4.  30,  1  f.  33,  4.  Von  Pliuius  aufgefiihrt  im  Quell« 
verzeichniss  zu  Buch  XIV,  XV,  XVH. 

6.  lulius  Graecinus,  s.  A.  5.  Von  Columella  angeführt  ÜI,  2, 
3,  4.  7.  9.  11.  12,  1.  IV,  3,  1.  6  (Graecinus  eo  libro  quem  de  vineis  scripsL^ 
28,  2.  und  von  Plinius  XIV,  33  (Graecinus,  qui  alioqui  Comelium  Celst^- 
transscripsit).  XVI,  241  sowie  im  Quellenverzeichniss  zu  B.  XIV  bis  XV^ 
Er  ist  wohl  der  Sohn  des  Graecinus  an  welchen  Ovid.  Amor,  n,  10  vl^ 
ex  Pont.  I,  6  gerichtet  ist  und  ohne  Zweifel  der  lulius  Graecinus  welcb.^ 
Vater  des  lulius  Agricola  war  und  unter  Caligula,  etwa  J.  39  n.  Chr.,  b»^ 


.■kirn.    .^^^J 


267  f.    Apicius,  GraecinuB  u.  a.   Phaedrus.  555 

erichiet  wurde;  8.  Tac.  Agr.  4  (senatorii  ordinis,  studio  eloquentiae  Bapien- 
iaeque  notus  etc.).  Sen.  de  benef.  II,  21,  5  (vir  egregius,  quem  C.  Caesar 
»Qcidit  ob  hoc  iinum  quod  melior  vir  erat  quam  esse  quemquam  tyranno 
Expedit).    Epist.  29,  6  (vir  egregius). 

268.  Theils  unter  Tiberius  theils  unter  dessen  Nachfolger 
veröffentlichte  der  Freigelassene  Phädrus  aus  Pierien  seine 
Int  Bücher  aesopischer  Fabeln  in  wohlgebauten  iambischen 
^narcD.  Den  eigentlichen  Fabeln  sind  auch  Anekdoten  aus 
^genwart  und  nächster  Vergangenheit  beigemischt.  Die  man- 
orlei  Verfolgungen  welche  der  Verfasser  zu  erfahren  hatte 
^:igerten  sein  Selbstgefühl.  Die  Darstellung  ist  fliessend  ^  in 
JEU  späteren  Büchern  öfters  redselig;  der  Ton  heiter ,  manch- 
a^l  derb;  die  Sprache  correct,  doch  nicht  ohne  Spuren  der  Zeit. 
3T)rigens  ist  die  Sammlung  nicht  ganz  vollständig  auf  uns  ge- 
►mmen. 

1.  üebersclirift:  Fhaedri,  Augusti  liberti,  fabularum  aesopiarum  libri. 
sr  patronus  war  wohl  Augustus  (divus  Aug.,  Phädr.  III,  10,  39),  da  Ti- 
nos als  Caesar  Tiberius  II,  5,  7  bezeichnet  wird.  Lebensumstände  nur 
ß  den  Gedichten  selbst  bekannt.  III.  prol.  1:  Phaedri  libellos.  17:  ego, 
lem  pierio  mater  enixa  est  iugo  .  .  (20:)  quamvis  in  ipsa  paene  natus 
^  schola.  (54:)  ego,  litteratae  qui  sum  propior  Graeciae.  Frühes  (Ver- 
^Aztw erden  nach  Italien  und)  Bekanntwerden  mit  römischer  Literatur. 
*  epiL  33  f.:  ego  quoudam  legi  quam  puer  sententiam  „palam  mutire 
5beio  piaculumst"  (Ennius  trag.  376  V.)  etc.    Verfolgungen.    III.  prol. 

^. :  servitus  obnoxia,  quia  quae  volebat  non  audebat  dicere ,  adfectus 
^pirios  in  fabellas  transtulit,  calumniamque  fictis  elusit  iocis.  ego  porro 
^^  (des  Aesop)  semita  feci  viam  et  cogitavi  plura  quam  reliquerat,  in 
'^^xtiitatem  deligens  quaedam  meam.  quod  si  accusator  alius  Seiano  fo- 
'>  .  .  digpium  faterer  esse  me  tantis  malis.  Stellen  der  beiden  ersten 
^^^er,  wo  nicht  die  Anekdote  über  Tiberius  (II,  6,  7  ff.)  so  doch  vielleicht 

^»  15  (qui  fictis  causis  innocentes  opprimunt)  und  2,  30  f.  (vos  quoque,  o 
^^B,  .  .  hoc  sustinete,  maius  ue  veniat  malum)  u.  dgl.,  scheinen  also  als 
'^^^sige  Anspielungen  auf  Zustände  der  Gegenwart  denuntiiert  worden 
^  Bein.  Worin  die  mala  bestanden  ist  nicht  bekannt.  Häufige  Erwäh- 
^^g  Ton  Neidern:  11  epil.  III  prol.  23  ff.  und  9,  4.  IV  prol.  15  ff.  21, 1  ff. 
^^.  III  epil.  29  ff. :  difficulter  continetur  spiritus  integritatis  qui  sincerae 
^HBciuB  a  noxiorum  premitur  insolentiis.  Mangel  äusserer  Güter;  III. 
>oL21  (quamyis  .  .  curamque  habendi  penitns  corde  eraserim)  Tgl.  epil., 
^t>  Entjchus  ziemlich  unverblümt  um  eine  Belohnung  gebeten  wird.  Selbst- 
^wusstsein  II  epil.  III,  1  u.  12.  IV  epil. 

2.  Verhältniss  zu  Aesop:  I.  prol.  1  f.  (Aesopus  auctor  quam  materiam 
q[>perit,  hanc  ego  polivi  yersibuB  senarüs).  IV.  prol.  11  ff.  (fabulis,  quas 
esopiafl,  non  Aetopi,  nomine,  qoia  paucas  ille  ostendit,  ego  plures  fero  etc.). 
V,  21.  V  prol.  Wenn  auch  die  Erzählungen  über  Simonides  (IV,  22.  25), 
okrates  (III,  9),  Menander  (V,  1)  aus  einer  späteren  attischen  Sammlung 
mmmeu  könnten,  so  jedenfaUs  nicht  die  über  Cn.  Pompeius  (App.  8),  aus 


556  Die  Kaiserzeit.   Erstes  Jahrhundert 

der  Zeit  des  Augustiis  (III,  10  und  V,  7)  und  Tiberius  (11,  6,  7  ff.).  Die 
zwei  ersten  Bücher  scheinen  zusammen  (unter  Tiberius)  herausgegeben,  da 
das  erste  keinen  Epilog  hat  und  im  dritten  von  den  Schicksalen  (proL  38  ff.) 
und  der  Aufnahme  (III,  10,  59  f.  vgl.  IV,  7,  1  ff.)  derselben  gesprockn 
wird.  Später,  nach  des  Tiberius  Tode  (vgl.  III  prol.  33  ff.  und  dulds  M^^ 
libertas  III,  7,  1),  das  dritte  Buch,  mit  Prolog  und  Epilog,  dem  Eu-  1;^ 
tychus  gewidmet,  und  bestimmt  die  Sammlung  abzuschliessen  (vgl.  Epilog  ^i^ 
u.  IV  proL).  Doch  folgte  noch  ein  viertes,  gerichtet  an  Particulo,  der  im 
Prolog  als  SchrifbsteUer  (17  f.:  mihi  parta  laus  est,  quod  tu,  quod  simile^ 
tui  vestras  in  Chartas  verba  transfertis  mea)  und  im  Epilog  als  vir  sanctis^ 
simus  bezeichnet  wird,  sowie  (als  der  Dichter  bereits  bejahrt  war;  s.  V,  10>^ 

ein  fünftes,  worin  (10,^10)  Philetes  angeredet  wird.    Der  Epilog  der  Ap ^ 

pendix  (A.  4)  könnte  zum  ersten  oder  fünften  Buche  gehören. 

3.  Martial.  III,  20,  6 :  an  aemulatur  improbi  iocos  Phaedri?  Das  Epi 
theton  wohl  wegen  der  mancherlei  Anzüglichkeiten,  Derbheiten  (z.  B.  l, 
20.  31.  III,  3.  IV,  15)  und  Plebejismen  (bes.  IV,  18)  in  der  Sammlung. 
Abstracto  Wendungen,  wie  ingemuit  corvi  deceptus  stupor  (I,  13,  12),  er- 
innern an  die  Manier  des  Valerius  Maximns.  Personification  der  Reügio 
rV,  11,  4.  Die  Anfangs  erstrebte  brevitas  (11.  prol.  12  vgl.  III.  epil.  8.  —  • 
IV  epil.)  lässt  schon  im  dritten  Buche  bedeutend  nach  (vgl.  III,  10,  60) —  ^ 

Wahl  des  Senars  vieDeicht  unter  dem  Einflüsse  des  Publilins  Syrus  (L.  Mül -i 

1er  p.  VIII).    Auch  in  der  Zulassung  von  Spondeen  im  zweiten  und  vierte 
Fusse  stimmt  er  mit  diesem  und  den  vorcatullischen  Dichtem  überein.  So 
aber  sind  seine  Verse  gefeilt  und  die  metrischen  Gesetze  darin  streng  be 
folgt;   8.  L.  Müllers  praef.  p.   VIII  — XII,    P.  Langen,  Rhein.  Mus. 
S.  197—208.    Dass  er  sich  auch  auf  höheren  Stil  verstände  zeigt  IV,  7,  6 
App.  6.    Seneca  (s.  oben  23,  2)  und  Quintihan  (I,  9,  2)  scheinen  von  P 
drus  nichfcs  zu  wissen.    Nach  Martialis  erwähnt  ihn  erst  wieder  Avian 
(Epist.  ad  Theodos.:  Phaedrus  etiam  partem  aliquam  quinque  in  libellc^zzi^d 
resolvit). 

4.  Die  UnVollständigkeit  der  erhaltenen  Sammlung  erhellt  aus  dp-     ^m. 
Ungleichheit  der  Fabelnzahl  in  den  einzelnen  Büchern  (I:  31;  lU:  19;  A^^^' 
pendix:  30;  dagegen  II  nur  8  und  V  nur  10),  aus  dem  Fehlen  einer  Fab  -^■bI 
worin  arbores  loquuntur  (I  prol.  6),  aus  der  Lücke  IV,  13  f.  und  besonde^^K* 
aus  dem  Vorhandensein  der  Appendix,   der  Fabeln  welche  in  der  Mit^^K« 
des  15.  Jahrh.  Nie.  Perotti  aus  einer  Handschrift  abschrieb  welche  vollstä^^ci- 
diger  war  als  der  cod.  Pithoeanus  (saec.  X)  imd  Bemensis  (saec.  X,  ab<«^*' 
1774  verbrannt),  welche  für  uns  die  Hauptquellen  der  übrigen  Fabeln  sin« 
s.  Orelli's  Ausg.  p.  5  —  17.    Nächstdem  für  einige  Stücke  die  chartula  D 
uielis  saec.  XU  in  der  Vaticana  (du  Rieu,  Schedae  Vatic.  1860,  p.  137- 
139).     Auch  die   prosaischen  Paraphrasen   durch  Bomulus   und  den  v( 
Nilant  zuerst  herausgegebenen  Unbekannten  setzen  einen  vollständiger^^^'^ 
Text  des  Phädrus  voraus. 

P.  Pithoeus,  Autun  1696.    Aussraben  von  N.  B^^^' 


5.    Ed.  princeps  von  P.  Pithoeus,  Autun  1596.    Ausgaben  von  N. 
galtius  (1617.  4.),  in  der  mythologia  aesopica  von  J.  Novolet  (Francof.  161 
von  P.  Burmann  (Amstelod.  1698.  Hag.  1718;  cum  novo  comm.  Lugd. 
1727.  4.),  Bentley  (bei  Terenz),  J.  G.  S.  Schwabe  (cum  comm.  perp.  Hi 
1779—1781,  3  Voll.,  und  Brunsvig.   1806.  2  Voll.),   N;  Titze  (Prag  1813^^' 


e 


268.   PhaedniB.  557 

J-  Berger  de  Xivrey  (Paris,  Didot,  1830),  J.  C.  Orelli  (Turic.  1831;  snpple- 
^entum  ib.  1832),  C.  6.  Dresgler  (recogn.,  Bautzen  1838  u.  Lips.  Teubner 
IB50),  Fr.  Eyssenhardt  (recogn.,  Berlin  1867),  L.  Müller  (recogn.  et  praef. 
^t,  Lipß.  Teubner,  1868). 

Schulausgaben  mit  Anm.  von  Beck  (Coblenz  1828),  C.  J.  HofFraann 
(Berlin  1836),  K.  F.  A.  Brohm  (5.  Aufl.  Berlin  1848),  J.  Seibt  (Prag  1850), 
J.  Siebeliß  (Leipzig,  Teubner,  1861.  1860. 1865),  F.  E.  Raschig  (Berlin  1863. 
i861),  C.  W.  Nauck  (Berhn  1855),  0.  Eichert  (Hannover  1865). 

üebersetzt  z.  B.  von  H.  J.  Kerler  (Stuttgart,  Metzler,  1838),  A.  R.  v. 
^-   (mit  lat.  Text,  Leipzig  1857). 

Üeber  Phädrus  s.  F.  Jacobs ,  Nachträge  zu  Sulzer  VI.  S.  34  ff.   L.  Prel- 

^er   in  Ersch  und  Grubers  Encycl,  III,  21.  S.  363  ff.    Glasewald,  spec.  disp. 

^ö    Ph.  fabulis,  Greifswald  1828.  4.     CoUmann,  index  Phaedrianus,  Mar- 

^^«•fiT  1841.  4.    Kunkel,  über  schwierigere  Stellen  des  Ph.,  Bensheim  1861.  4. 

^-      I>ie  Regierungszeit  des  Caligula,  Claudius  und  Nero, 

J.  37—68  n.  Chr. 

269.     War  unter  Tiberius,   bei   der  Neuheit  des  nackten 
^^spotismus  und  der  unheimlichen  Art  des  Regenten,  die  über- 
^^^g'ende  Stimmung  Gedrücktheit,  so  herrscht  unter  seinen  Nach- 
*^*8'^m  aus  dem  julischen  Hause  eine  krankhafte  Lebendigkeit, 
J*    oft  Lustigkeit.    Eine  Menge  der  aufregendsten  Scenen  geht 
^*^    eleu  Augen  der  Zeit  vorüber:  Herrscher  und  Günstlinge  sieht 
^^xi.   aufsteigen,   ihre  Stellung  wahnsinnig  ausbeuten  und  jäh- 
liixgg  wieder   fallen;    an  die   raschesten  Wechselfalle   und    das 
^^Wste  Gebaren  wird  man  gewohnt,   man  sieht  dem  zu  mit  der 
Ä^vigierigen  Spannung  die  ein  fesselndes  Schauspiel  erregt,  und 
S^Täth  aus  dieser  Stimmung  kaum  dann  wenn  die  eigene  Person 
^^>^   die  Reihe  kommt.     Vernunft   scheint  nirgends  zu  walten; 
^^triken  sind  es  welche  die  Aenderungen  herbeiführen,  Schlau- 
^^it,   Schlechtigkeit  oder  rohe  Gewalt:  man  ergibt  sich  einer 
^^hilistischen  Resignation,  welche  das  Heute  auskostet,  für  Mor- 
^^n  auf  Alles  gefasst  ist  und  im  besten  Falle  der  entfernteren 
Zukunft  sich  getröstet.    Das  Prototyp  dieser  Zeit  ist  Seneca; 
^ber  auch  Persius  und  Lucanus  und  Petronius    sind  nur  yer- 
^hiedene  Wirkungen  derselben  Ursachen.     Männer  von  ernste- 
rem Charakter,  wie  Pätus  Thrasea  und  Helvidius  Priscus,  klam- 
>nem  sich  an  den  Stoicismus  an  und  suchen  in  seiner  Selbst- 
genügsamkeit Ersatz  für  die  trostlosen  Zustände  der  Gegenwart. 
Jener  Charakter  der  Zeit  spiegelt  sich  am  treuesten  ab  in  dem 
reflectierenden  Theile  der  Literatur,  den  philosophischen  Schriften, 
wie  sie  Seneca  verfasste.     Für  unbefangene  Geschichtschreibung 


568  Die  Eaiserzeit.   Erstes  Jahrhundert. 

ist  die  Zeit  sehr  wenig  günstig;  doch  hat  daodins  personliches 
Interesse  für  Historisches^  und  so  finden  wir  nnter  ihm  neben 
rhetorisch  gefärbten  Historikern,  wie  Servilius  Nonianns  und 
Curtius  RufuS;  auch  nüchterne  Forscher  wie  Cornelius  Bocchus, 
Columella,  Asconius  und  Pomponius  Mela.  Dagegen  begünstigt 
Nero  die  Poesie;  zugleich  bietet  dieselbe  Gelegenheit  durch  reci- 
tationes  den  Durst  nach  Beifall  zu  stillen  und  gewährt  Hoff- 
nung auf  Unsterblichkeit  des  Namens.  Wir  finden  daher  die 
verschiedensten  Gattungen  derselben  betrieben,  die  Tragödie 
durch  Seneca  und  Curiatius  Matemus,  das  historische  Epos  durch 
Lucanus,  das  Lehrgedicht  durch  den  Aetna,  die  Satire  durch. 
Persius,  das  Idyll  durch  Calpumius  Siculus,  die  Lyrik  durc 
Bassus,  die  Schulbücherpoesie  durch  den  lateinischen  HomeE- 
Nur  für  die  Komödie  ist  neben  dem  Mimus  und  Pantomimen 
kein  Raum;  aber  der  lustig  ironisierende  Sittenroman  hat  seinem 
Petronius.  Auch  die  Schulberedtsamkeit  wird  eifrig  fortbetriebcKZÄ ; 
doch  das  ewige  Einerlei  und  der  Mangel  gesunder  Nahrung  mac!ft=it 
ihre  Kräfte  schwinden.  Daneben  geht  die  Jurisprudenz  ihreMi 
Weg  weiter,  und  die  Grammatik  ist  durch  Valerius  Prol^ms 
tüchtig  vertreten. 

1.  Aus  dieser  Zeit  der  Mimns  Laureolus  eines  Catullus.    Tertulli^ui. 
adv.  Valentin.  14:  nallum  Catolli  Laureolum  fuerit  exercitata.    Juv.  X.XII, 
111:  mimum  agit  iUe,   urbani   qualem   fiigitivus  scurra  Catnlli.    Suebon. 
Calig.  57:  in  Laureolo  mimo  .  .  cruore  scena  abundant.    Joseph.  Antiq. 
XIX,  1,  13  (p.  204,  13  f.  Bk.):  fiifiog  dadyerai  (kurz  vor  Caligula's  Emor- 
dung)  nad''  ov  aravQOVTcci  Irjarmv  TQyefKov,    Martial.  de  spect.  7.  Jut.  YTU^ 
187  mit  Schol.    Von  demselben  Catullus  auch  ein  Mimus  betitelt  Phasma 
(Juv.  Vni,  186  mit  SchoL).    Vielleicht  aus  derselben  Zeit  auch  Mamllofl 
mimographus  bei  Serv.  Ae.  VII,  499.    Andere  s.  oben  8,  1. 

2.  H.  Lehmann,  Claudius  und  Nero  und  ihre  Zeit.   I.  Claudios  uad 
seine  Zeit,  Gotha  1868.  378  u.  66  S. 

270.  Von  den  Kaisem  dieser  Zeit  war  Caligula  (J.  765 
— 794  d.  St.)  der  einzige  welcher  nicht  selbst  auch  formlich« 
Schriften  herausgab.  Claudius  (J.  744—807  d.  St.)  schrieb 
sogar  Vieles,  vor  seinem  Regierungsantritt  wie  als  Kaiser,  na- 
mentlich Geschichtliches,  und  versuchte  eine  Reform  des  latei- 
nischen Alphabets.  Aber  die  grenzenlose  Schwäche  seines  Gei- 
stes und  vollends  seines  Charakters  lastete  als  Fluch  auch  s^ 
dem  was  er  etwa  Vernünftiges  that  oder  schrieb  und  liess  nicits 
auf  die  Nachwelt  gelangen  als  was  durch  das  Localintereffle 
von  Lugdunum  gerettet  wurde.  Nero  (J.  790 — 821  d.  St «« 
37  —  68  n.  C5ir.)  war  zwar  für  Beredtsamkeit  wenig  ausgebildet, 


269  f.    Claudius  und  Nero.  559 

machte  aber  um  so  eifriger  Verse  in  epischen  (Troica)  wie  (im 
elegischen  und)  melischen  Massen,  und  deren  öffentlicher  Vor- 
trag bildete  eine  der  harmloseren  Seiten  seiner  Tollheit.  Seine 
Mutter  Agrippina,  Claudius'  Gattin,  verfasste  Memoiren,  ohne 
Zweifel  als  ein  Mittel  für  die  Zwecke  ihrer  Herrschsucht. 

1.  Sueton.  Calig.  53:  ex  disciplinis  Ifberalibus  minimum  eruditioni, 

eloquentiae  plurimum  attendit,  quantumyis  facundus  et  promptus,  utique 

si  perorandum  in  aliquem  esset,    irato  et  verba  et  sententiae  suppetebant. 

.  .   lenius  comptiusque  scribendi  genus  adeo  contemnens  ut  Seuecam  tum 

iziAxime  placentem  commissiones   meras   componere  et  arenam  esse  sine 

calce  diceret.    solebat  etiam  prosperis  oratorum  actionibus  rescribere  et 

in^»^orum  in  senatu  reorum  accusatioues  defensionesque  meditaii  ac,  prout 

Btiliu  cesserat,  vel  onerare  sententia  quemque  Tel  sublevare,  equestri  quo- 

({Ute  ordine  ad  andiendum  inyitato  per  edicta.    34 :  cogitavit  etiam  de  Ho- 

nosi  carminibus  abolendis.    .  .  sed  et  Vergilii  ac  Titi  Livi  scripta  et  ima- 

girft€8  paulum  afuit  quin  ex  omnibus  bibliothecis  amoveret,  quorum  alterum 

nf:    nullius  ingenii  minimaeque  (C.  Peter:  nimiaeque)  doctrinae,  alterum  ut 

Tev-l)08um  in  historia  neglegentemque  carpebat.    de  iuris  quoque  consultiS) 

quasi  Bcientiae  eorom  omnem  usum  aboliturus,  saepe  iactayit  se  mehercule 

eflEectorum  ne  quid  respondere  posaint  praeter  eum. 

2.  Suet.  Claud.  40:  principi  neque  infacundo  neque  indocto,  immo 
Cuajn  pertinaciter  liberalibus  studiis  dedito.  41 :  historiam  in  adulescentiai 
"ortaate  T.  Livio,  Sulpicio  vero  Flavo  etiam  adinvante,  scribere  adgressus 
^**^  et  cum  primum  frequenti  auditorio  commisisset  aegre  perlegit^  refri- 
^^ratuB  saepe  a  »emet  ipso.  .  .  in  principatu  quoque  et  scripsit  plurimum 
^  aaaidue  redtant  per  lectorem.  initium  autem  sumpsit  historiae  post 
^^*^<iem  Caesaris  dictatoris ,  sed  et  transiit  ad  inferiora  tempora  coepitque 
*  pace  dvili  etc.  (oben  S.  369,  A.  2).  prioris  materiae  duo  voluminä, 
Poaterions  XLI  reliquit.  composuit  et  De  vita  sua  VIII  yolumina,  magis 
'^pte  quam  ineleganter;  item  Ciceronis  defensionem  adversus  Asini  Galli 
"broB  (oben  260,  3)  satis  emditam.  42:  nee  minore  cura  graeca  studia  se- 
cxitoa  est,  amorem  praestantiamque  linguae  occasione  omni  professus.  .  . 
^Uique  et  graecas  scripsit  historiae,  TvffQjjvinav  XX,  KaQxr^doviayLmv  VIII. 

^'  Sen.  Apocol.  5:  Claudius  gaudet  esse  illic  pbilologos  homines,  sperat 
^^Urom  aliquem  historüs  suis  locum. 

3.  Suet.  Claud.  41:  novas  etiam  commentus  est  literas  tres  ac  nu- 
^^0  vetemm  quasi  maxime  necessarias  addidit;  de  quarum  ratione  cum 
^^▼stuB  adhuc  Tolumen  edidisset  mox  princeps  (aber  erst  Ende  800  »«  47 
^-  Chr.  als  Censor,  Tac.  A.  XI,  13)  non  difficulter  optinuit  ut  in  usu  quoque 
^^xmnscuo  essent.  extat  talis  scriptura  in  plerisqne  libris  ac  dinmis  titu- 
^^ue  operum.  Tac.  A.  XI,  13:  nOTas  liteiärum  formas  addidit  Yolga^it- 
^üe.  14:  Claudius  tres  literas  adiecit,  quae  usui  imperitante  eo,  post  ob- 
^teratae,  aspiciuntur  etiam  nunc  in  aere  publico  per  fora  ac  templa  fixo. 
fe  sind  diess  die  drei  Buchstaben  J  (umgekehrtes  F)  für  consonantisches  v, 
^  (antisigma)  fSr  bs  und  ps,  h  (linke  Hälfte  von  H)  für  den  Laut  zwischen 
i  nnd  u  (Y).  Dazu,  gleichfalls  nach  dem  Griechischen,  Rückführung  von  AI 
%talt  de«  Diphthongen  AE.    Diese  Vermehrung  des  lateinischen  Alphabets, 


560  Die  Eaiserzeit.   Erstes  Jahrhnndert. 

an  sich  Yon  sehr  zweifelhafter  Noth wendigkeit  und  Nützlichkeit  (nur  von 
der  ersten  Neuerung  Quintil.  I,  7,  26:  nee  inutiliter  Claudius  .  .  illam  . . 
literam  adiecerat,  und  Priscian.  I,  4,  20.  p.  16  H.:  quod  quamvis  illi  recte 
Visum  est,  tarnen  consuetudo  antiqua  superavit) ,  hätte,  auch  wenn  sie  Ton 
einem  geachteteren  Fürsten  ausgegangen  wäre,  schwerlich  Bestand  gehabt;  \ 
überdiess  hatte  sie  Claudius,  wie  es  scheint,  nur  empfohlen;  und  so  fand 
sie  schon  bei  seinen  Lebzeiten  in  den  entfernteren  Beichstheilen  sowie  auf 
den  Münzen  fast  niemals  Anwendung,  in  der  Nähe  der  Hauptstadt  nar 
ungleichmässige.  Das  antisigma  lässt  sich  nur  auf  ^iner  Inschrift,  und 
ohne  Sicherheit,  erweisen,  üeber  den  ganzen  Gegenstand,  nebst  Samm- 
lung der  einschlägigen  Inschriften,  Fr.  Bücheier,  de  Ti.  Claudio  Caesare 
grammatico,  Elberfeld  1856.  64  pp.    Vgl.  Rhein.  Mus.  XIII.  S.  155-157- 

4.  Erhalten  ist  von  Claudius,   auf  zwei  (zusammengehörigen)  Er2>' 
tafeln  die  J.  1524   zu  Lyon   ausgegraben   wurden,    ein   Theil  der  Be3« 
welche  er  J.  801  =»  48  n.  Chr.  im  Senat  zu  Gimsten  der  Zulassong  d^ 
gallischen  Adels  zu  den  römischen  Aemtem  hielt  und  wovon  Tacitos,  ^^' 
XI,  24  einen  Auszug  gibt.    Abgedruckt  ist  dieser  merkwürdige  üeberr^^ 
in  vielen  Ausgaben  der  Annalen  des  Tacitus,  wie  denen  von  J.  Lipsic^-^ 
Nipperdey,  Orelli-Baiter  (I.  p.  341—343),  und  auch  selbständig  ofhna-^^ 
So  C.  Zell,  Freiburg  1833.  4.  =  Opusc.  acad.  lat.  (1867)  p.  96-166.  245^ 

A.  Boissieu,  Inscriptions  antiques  de  Lyon,  Lyon  1846.    A.  Comarmoifeb-^ 
Description  .  .  des  tables  de  Claude,  Lyon  1847.  4.    J.  B.  Monfalcon, 
nographie  de  la  table  de  Claude,  Paris  1863.  foL 

5.  Tac.  A.  IV,  53:  id  ego  .  .  repperi  in  commentariis  A grippin 
filiae,  quae  Neronis  principis  mater  vitam  suam  et  casus  suorum  poste 
memoravit.    Plin.  n.  h.  VII,  8,  46:  Neronem  .  .  pedibus  genitum  scri 
parens  eins  Agrippina,  und  im  Quellenverzeichniss  zu  B.  VII:  Agripp 
Claudi.    Sie  lebte  16—59  n.  Chr.;  s.  A.  Preuner  in  Paaly's  Real-Enc.  I,. 
S.  613—616.    A.  Stahr,  Agrippina,  die  Mutter  des  Nero,  Berlin  1867. 
die  Schriftsteller  für  kein  Datum  von  Nero's  Regierung  sich  auf  das 
doch  so  wichtige  —  Zeugniss  dieser  Memoiren  berufen,  so  scheinen      ^ 
vor  der  Thronbesteigung  ihres  Sohnes  verfasst  und  veröffentlicht  zu  »^^ 
Vgl.  Lehmann,  Claudius  S.  5  f. 

6.  Suet.  Nero  52:  liberales  disciplinas  onmes  fere  puer  attigit.    ^^ 
a  philosophia  eum  mater  avertit,  monens  imperaturo  contrariam  esse  , 
cognitioue  veteram  oratorum  Seneca  praeceptor,  quo  diutius  in  admxr^^ 
tione  sui  detineret.     (Doch  lässt   Tac.  A.  XIV,  56  den  Nero  zu  Seae^^ 
sagen:  quod  meditatae  orationi  tuae  statim  occurram,  id  primum  tui  mo- 
neris  habeo,  qui  me  .  .  subita   expedire   docuisti.)    itaque  ad  poetican' 
pronus  cannina  libenter  ac  sine  labore  composuit.    .  .  venere  in  msto^ 
meas  pugillares  libellique  cum  quibusdam  notissimis  versibus,  ipsius  cbir^ 
grapho  scriptis,  ut  fädle  appareret  non  tralatos  aut  dictante  aliquo  ex- 
ceptos,  sed  plane  quasi  a  cogitante  atque  generante  exaratos;  ita  miüU 
et  deleta  et  inducta  et  superscripta  inerant.    ib.   10:  declamavit  saepios 
publice,    recitavit  et  carmina,  non  modo  domi  sed  et  in  theatro,  tants 
universorum  laetitia  (zu  Anfang  seiner  Regierang)  ut  ob  recitationem  sop- 
plicatio  decreta  sit  eaque  pars  carminum  aureis  literis  lovi  Capitolino  di* 
cata.    Tac.  A.  XIII,  3:  odnotabant  seniores  .  .  primum  ex  iis  qui  rsroa 


270  f.   Nero.  Seneca.  561 

poiiti  eBsent  Neronem  alienae  facandiae  egoisae.    (Die  Reden  welche  Säet. 
Ner.  7  erwähnt,  die  Dankrede  im  Senat,  pro  Bononiensibus  latine,  pro 
Rhodiid  atque  Iliensibus  graece,  werden  wohl  auch  von  Seneca  verfasst 
gewesen  sein.)    .  .  Nero  .  .  aliquando  carminibus  pangendis  inesse   sibi 
elemeuta  docirinae  ostendebat.    XIY,  16:  carminam  quoque  studiam  ad- 
fectavit.    So  iv  navdijfia)  xtvl  d-ia  (an  den  quinquennalia  des  J.  818  d.  St.) 
.  dviyvoa  TQmXncc  tiva  iavtov  non^fiata,  Dio  LXII,  29.  vgl.  Juv.  VIII,  221. 
Scbol.  Pers.  I,  121.    Aus  diesem  Epos  Angaben  bei  Serv.  Georg.  III,  36. 
Aen.  V,  370.    Daraas  wohl  die  drei  Hexameter  bei  Schol.  Lucan.  III,  261 
(de  hoc  ait  Nero  in  primo  libro:  Quique  etc.)  und  wohl  auch  der  Hexa- 
meter bei  Sen.  nat.  quaest.  I,  5,  6  (ut  ait  Nero  Caesar  disertissime) ,  das 
Hemistich  bei  Suet.  vita  Lucani  (p.  51,  10  Rff.),  sowie  die  formell  glänzen 
den,  aber  völlig  inhaltsleeren  Hexameter  bei  Persius  I,  93—95.  99  —  102, 
wozu  Schol.:  dicit  hos  versus  Neronis  (p.  269  J.),  und:  hi  versus  Neronis 
saut  (p.  271,  1  f.  J.);  vgl.  0.  Jahn^s  prolegg.  zu  Pers.  p.  LXXVIII— LXXXI. 
W.  Teuffei,  lieber setzung  des  Persius  (Stuttg.  1857)  S.  44  f.    Dio  LXII,  29: 
xix^ta%8vcciBT0  dl  atg  xal  rag  xmv  *P(ofiaiaiv  ngd^Big  andaag  avyyqd'^mv  iv 
^xs9iv  xal  TCBqC  ys  tov  nlijd'ovg  tcav  ß^ßlioav,  nglv  xal  oxiovv  ccvxmv  aw^ei- 
ir4xs,f  ianiiffccto. 

7.    Anderer  Art  sind  die  für  den  Vortrag  zur  Eithara  bestimmten 

öedichte  Nero's.    Dio   LXI,  20:    hi^aQoidrjai  ze  "Azxiv  xivd  Iq  B(i%%ag, 

'"^^I,  18  (J.  64  n.  Chr.) :  x-qv  <rx€vi)v  t))v  xi-O'apcoJixijv  Xotßdiv  ^asv  "AXataiv 

•  •    IXCovy  falls  diess  nicht  ein  Abschnitt  seiner  Troica  (A.  6)  war,  ohne 

^^tli^i^\)egleitung  vorgetragen  (Suet.  Ner.  38:  halosin  Ilii  in  illo  suo  sce- 

'"^^o    liabitu  decantavit,  vgl.  Tac.  A.  XV,  39).    Neroniana  cantica  bei  Suet. 

vitell.  11.    Stoffe  aus  griechischen  Tragödien;  Philostrat.  Apoll.  Tyan.  IV, 

,    •    ^$(ov  xd  xöv  Nigajvog  fiiJLrj.    .  .  inrjys  fiilri  xd  fihv  i^'ÖQsaxs^ag,  xd  dl 

*S  ^ %f^iy6vrig ,  xd  S'  onod'svovv  xav  xgaycodovfiivmv  avxm,  xal  tpddg  inccfi- 

^'c^'Bß    onocag  Nfgcov  iXvyt^i  xs  xal  nattmg  iaxQStpBv,    Vgl.  Suet.  Ner.  21. 

"lin.    n.  h.  XXXVII,  3,  12:  Domitius  Nero  .  .  quodam  carmine.    Gedichte 

(hle^ieen?)  la§civen  Inhalts,  Martial.  IX,  26,  9  f.  (Nero  .  .  lascivum  iuvenis 

*^^^     tibi  lusit  opus)  vgl.  VIII,  70,  8.     Plin.  Epp.  V,  3,  6  (oben  26,  1). 

*^ßViixlicher  Art  auch  wohl  poema  Neronis  quod  inscribitur  Luscio  gegen 

T'l^o^i^ja  pollio  (Suet.  Domit.  1)  und  das  gegen  Quintianus  (mollitia  corporis 

l?*^xiu8  et  a  Nerone  probroso  carmine  diffamatus,  Tac.  A.  XV,  49).    0.  Jahn's 

t^^olegg.  zu  Pers.  p.  LXXV-LXXVIII.    A.  Haakh  in  Pauly's  Real-Enc.  V. 

•  579  f  Anm.    Lehmann,  Claudius  S.  6  f 

27  !•  lieber  die  Kegierungszeit  sämmtlicher  drei  Kaiser 
^Irstreckt  sieb  die  scbriftstellerische  Tbätigkeit  des  L.  Annaus 
Seneca  (ungefähr  750  bis  J.  818  d.  St.),  unter  Caligula  Se- 
^atsmitglied,  unter  Claudius,  bald  nach  dessen  Regierungsantritt, 
^uf  Messalina's  Betreiben  nach  Corsica  verbannt  (J.  41),  jedoch, 
^ach  achtjähriger  Abwesenheit,  durch  Agrippina  zurückgerufen 
(J.  49),  mit  der  Erziehung  ihres  Sohnes  Nero  betraut  und  zum 
Prätor  ernannt;  unter  Nero  eine  Zeit  lang  thatsächlicher  Lenker 
des  Staates  und  Consul  (J.  57),   aber  auch  (J.  65),  wegen  an- 

Teaffel,  Rom.  Literaturg-eschichle.  3() 


562  Die  Eaiserzeit.    Erstes  Jahrhundert. 

geblicher  Theilnabme  an  der  pisonischen  Verschwörung,  zum 
Tode  genöthigt.  Seneca  ist  die  glänzendste  Erscheinung  dieser 
Zeit.  An  Geist  und  Formgewandtheit  nur  mit  Ovidius  vergleich- 
bar hat  er  zwar  zugleich  ein  lebhaftes  Gefühl  seiner  Vorzüge 
gehabt,  auch  den  Versuchungen  der  Gelegenheit  und  Macht  und 
den  Eingebungen  des  Augenblicks  keineswegs  immer  wider- 
standen. Aber  einen  verwerflichen  Gebrauch  hat  er  von  seiner 
grossen  Begabung  und  hohen  Stellung  doch  nur  selten  gemacht^ 
und  wenn  sein  Leben  die  Weisheit  oft  zur  Klugheit  abgeschwächt 
zeigt,  so  bewies  sein  Sterben  entschlossenen  Verzicht  auf  die 
Güter  dieses  Lebens. 

1.    Geboren  war  Seneca  zu  Corduba  (s.  oben  253,  1.    Cordubenses 
nostri,  III.  p.  434  Use.)  als  zweiter  von  drei  Brüdern  (oben  253,  2).    Mutter 
Helvia,  s.  die  Trostschrift  an  sie  und  oben  253,  1.    Von  deren  Schwefitec^ 
(nachher   Gattin   eines   Mannes   der   16  Jahre   lang  praef.   Aegypti  war^ 
wohl  des  Vitrasius  Pollio)  cons.  ad  Helv.  19,  2:  illius  mauibus  in  urbem  per  - 
latus  sum,  illius  pio  matemoque  nutricio  per  longum  tempus  aeger  coi 
valui;   illa  pro  quaestura   mea  gratiam  suam  extendit.     Seine  Lehrer 
Rom  waren  die  Philosophen  Attalus  (oben  266,  5)  und  Sotion  (Epist.  4i 
98.  108),  sowie  Papirius  Fabian us  (oben  250, 10).    Auch  von  Asinius  Poll 
(t  758,  oben  208,  1)  wusste  Seneca  noch  aus  persönlicher  Erinnerung  (( 
tranquill.  17,  7).    Epist.  49,  2:  quid  non  „modo"  est  si  recorderis?    mo( 
apud  Sotionem  puer  sedi,  modo  causas  agere  coepi,  modo  desii  velle  agei 
modo  desii  posse.    ib.  108,  22:  in  Tiberii  Caesaris  principatum  iuvenf 
tempus  inciderat.    Dio  LIX,  19,  7  (J.  39):  6  Zevitias  6  "Avviog  6  Aovyti^  -^mg 
•  .  dtf<p9'ciQrj  nag*  oXCyov  .  .  ort  9C%riv  tiva  iv  reo  awsSgCm  nagovtog  o^^v- 
xov  (des  Caligula)  xaZcog  slmv.    Als  J.  41   die  jüngste  (J.  18  geboren».«) 
Tochter  des  Germanicus  und  Schwester  des  Caligula,  lulia  Livilla,  dut^<3Ä 
Messalina  in  die  Verbannung  getrieben  wurde,  traf  gleiches  Loos  auch  dLcn 
Seneca,  als  ihren  Buhlen  (Tac.  A.  XIII,  42.  Dio  LXI,  10.  SchoL  Juv.  V,  lOÖ/ 
Nach  Corsica  begleitete  ihn  Caesonius  Maximus  (Martial.  VII,  44  f.).    T^^- 
A.  XII,  8  (J.  49):  Agrippina  .  .  veniam  exilii  pro  Annaeo  Seneca,  sinaui 
praeturam  impetrat,  .  .  ut  Domitii  pueritia  tali  magistro  adolesceret  et 
consiliis  eiusdem  ad  spem  dominationis  uterentur,   quia  Seneca  fidos  in 
Agrippinam  memoria  beneficii  et  infensus  Claudio  dolore  iuiuriae  crede- 
batur.     Suet.  Nero  7:   undecimo   aetatis   anno   a   Claudio    adoptatus   est 
Annaeoque  Senecae  iam  tunc  senatori  in  discipliuam  traditus.    Schol  Juf. 
1.  1.  (p.  254  J.):  revocatus  .  .  etsi  magno  desiderio  Athenas  intenderet  ftl> 
Agrippina  tarnen  erudiendo  Neroni  in  palatium  adductus.    Verdächtigoii^ 
seines  Verhältnisses  auch  zu  Agrippina;  Dio  LXI,  10:  ov  yag  aiti%Qriefv 
avTCüi  Tjjv  *lovXCttv  fioixsvoaif  ovöh  ßeltioav  ix  tijg  (fvyijg  iyivsro,  dUa  tal 
eil  *AyQiitnivri  .  .  inlrjc^a^Bv.    Dabei  könnte  aber  der  Veriuhrte  er  gewe- 
sen sein.    Cos.  suff.  57,  s.  Hermes  11.  S.  45.    Wie  er  sich  in  schwieriger 
Zeit  durchhalf  verräth  Seneca  öfters,  z.  B.  de  otio  3,  3:  si  resp.  cormptior 
est  quam  ut  adiuvari  possit ,  si  occupata  est  malis,  non  nitetur  sapiens  io 
supervacuum  nee  se  nihil  profuturus  impendet. 


■ä^Jt-^ 


271.    Seneca  (Leben  und  Charakter).  563 

2.    Einfluds  des  Seneca  auf  Nero  in  dessen  besseren  Anfängen,  zum 
Theil  durch  gefährliche  Mittel  aufrecht  erhalten.    Dio  LXI,  4:  avrol  (Se- 
ueca  und  Burrus)  rrjv  (XQxrjv  anaaav  nagilaßov  xal  Sicourjoav  i(p'  oaov 
^^vvijd^rjeav  äqiaxa  ■aal  dmaiotaxoc.     Tac.  A.  XIII,  2:    ibatur  in  caedes, 
^äi  AfrauiuB  Burrus  et  Annaeus  Seneca  obviam  issent.    hi  rectores  impe- 
^^toriae  iuventae  et  .  .  concordes  diversa  arte  ex  aequo  pollebant,  .  .  Se- 
neca  praeceptis  eloquentiae  et  comitate  honesta,  iuvantes  invicem,  quo 
faciliuB  lubricam  principis  aetatem,  si  virtutem  aspemaretur,  voluptatibus 
coQcessis  retinerent.    [Gegen  Letzteres  Dio  LXI,  4.)    ib.  11:  clementiam 
suam  obstringens  (Nero)  crebris  orationibus,  quas  Seneca,  testificando  quam 
honesta  praeciperet  vel  iactandi  ingenii,  voce  principis  vulgabat.    ib.  13: 
donec  .  .  exueret  obsequium   in  matrem   seque  Senecae  permitteret,  ex 
cuiru  familiaribus  Annaeus  Serenus  simulatione  amoris  adversus  eandem 
Übertam  (Akte)  primas  adolescentis  (Nero)  cupidines  velaverat.    Plin.  n.  h. 
^IV,  51:    Annaeo  Seneca,   principe  tum   eruditorum   ac  poteutia,   quae 
p08t;remo  nimia  ruit  super  ipsum,  minime  utique  miratore  inanium.     Ver- 
ve rthung  der  günstigen  Gelegenheit.    Tac.  A.  XIII,  42:  qua  sapientia,  qui- 
bii8    philosophorum  praeceptis  intra  quadriennium  regiae  amicitiae  ter  mil- 
^^B  eestertium  paravisset  (Seneca)?  Bomae  testamenta  et  orbos  velutinda- 
^ix^e  eins  capi,  Italiam  et  provincias  immenso  fenore  hauriri.  Beispiel  solcher 
felcJspeculationen  bei  Dio  LXII,  2.    Vgl.  ib.  LXI,  10:  xal  iv  alXotq  ndvta  xa 
^V€iC'aiti(aTaTa  olg  i(piXoa6(pBi  noiäiv  iJifi'yZ'^i?.   xal  yag  xvQotvvCdoq  naxr^yoQÖäv 

•  '  ovx  atpCcxoLxo  xov  nakaxiov  .  .  xotq  xs  nkovxovaiv  iy%almv  (?  vgl.  Sen. 
V'il;.  beat.  17)  ovaiav  Bnxa%icxiXi(ov  xal  nsvxwKoa^atv  fivQidd(ov  Ixrifffaro, 
'^'i    tag  TtoXvxslsias  xmv  dXXoDV  ulxtaftsvog  nevxa'Koaiovg  xqCnodag  .  .  Bl%k, 

•  '  'Kag  dasXysLceg  ag  nqdxx(ov  yd(i.ov  xs  initpaviaxaxov  ^yrifis  (mit  Pompeja 
^^vilina,  Tac.  A.  XV,  60)  xal  iitiganioig  i^oigoig  iictigs  xal  xovxo  xal  xov 
^^%f(ova  noisiv  idida^s.  Dagegen  Tac.  A.  XIV,  53  Seneca  zu  Nero:  tan- 
^^'^  honorum  atque  opum  in  me  cumulasti  ut  nihil  feücitati  meae  desit 
'^i  moderatio  eius.  Ueberhaupt  hat  Tacitus  den  Seneca  sehr  viel  besser 
^^*"%tanden  als  Dio,  der  häufig  den  neidischen  Stadtklatsch  gegen  ihn  wie- 

*^^bt  und  sogar  an  der  Art  seines  Sterbens  (Tac.  A.  XV,  60 — 65)  zu 

^^^eb  sucht  (LXII,  25).     Im  Ganzen  konnte  Seneca,  wenn  er  sich  mit 

^*^^em  verglich  und  erwog  was  er  alles  vermocht  und  unterlassen  hatte,  am 

*^^e  seines  Lebens  mit  Ruhe  auf  seine  Vergangenheit  zurückblicken;  Tac. 

.      ^V,  62 :  imaginem  vitae  suae  relinquere.    63 :  contemplatione  vitae  per 

^^^^^^iitem  actae.    Etwas  Berechnung  des  Effectes  ist  zwar  auch  in  der  Art 

*^*^^e»  Sterbens,  doch  mindert  das  kaum  den  Werth  der  wirklichen  Leistung. 

3.    Volquardsen,  Ehrenrettung  des  Seneca,  Hadersleben  1839.  4.   E.  F. 
^Ipke,  de  Senecae  vita  et  moribus,  Bern  1848.  4.    Peter,  Gesch.  Roms  III. 
-     344—351. 

272.  Auch  als  Schriftsteller  ist  Seneca  ein  treues  Abbild 
^^iner  Zeit,  welche  Glanz  höher  schätzte  als  Gründlichkeit;  er 
^^t  mit  Bewusstsein  in  ihrem  Geschmacke  geschrieben  und 
^^rüber  den  Beifall  der  nächsten  Generationen  verscherzt.  StoflF- 
*ich  war  seine  Schriftstellerei  vielseitig,  doch  von  Anfang  an 
^it  Vorliebe  und  zuletzt  ausschliesslich  dem  beschaulichen  Re- 

36* 


564  Die  Eaiserzeit.   Erstes  Jahrhundert 

fiectieren  über  Natur  und  Menschenleben  zugewandt.    Den  Ai 

gangspunct  bildet  dabei  das   stoische  System  ^   aber  sodass 

durch  Zuthaten  aus  andern  Systemen  abgeschwächt  wird^  sei 

Härten  abgeschliffen ,   seine  ethische  Strenge  gelockert  und 

Grübeleien   bei   Seite    gelassen.     Diese   populärphilosophiscl 

Schriften  fesseln  durch  Fülle  und    Feinheit  der  Beobachtm 

Reichthum   des  Wissens    ohne    gelehrten  Beigeschmack,    ed 

Anstrich  der  Gedanken  und  eine  glitzernde  Darstellung ,  bei 

durch  alle  Mittel  der  Rhetorik.     Aber  der  Mangel  eines  fest 

Planes  und  die  fortwährende  Wiederkehr  derselben  Manier 

müdet;  das  stark  hervortretende  Streben  zu  gefallen  verstim 

und  erregt  Verdacht  auch  gegen  Ernstgemeintes.     Sein  Lei 

lang  von  Seneca  festgehalten    und   mit   ihm    verwachsen   t] 

diese  Weise  in  allen  seinen  Schriften  gleich  sehr  zu  Tage, 

seiner  Prosa  wie  in  seiner  Poesie,  nur  dass  in  den  Gedicht 

die  rhetorische  Phrase  den  Inhalt  weit  überwuchert. 

1.  Tac.  XIII,  3:  fuit  illi  viro  (Seneca)  ingenium  amoenum  et  temp 
ris  eins  auribus  accommodatuin.  Quintil.  X,  1,  125:  ex  industria  Seneca 
in  omni  genere  eloquentiae  distuli,  propter  vulgatam  falso  de  me  opini 
nem  qua  damnare  enm  et  invisum  quoque  habere  sum  creditus.  qu( 
accidit  mihi  dum  corruptum  et  Omnibus  vitüs  fractum  dicendi  genas  r 
vocare  ad  severiora  iudicia  contendo.  (126.)  tum  autem  solus  hie  fere 
manibus  adolescentium  fiiit.  quem  .  .  potioribus  (besonders  dem  Cicer 
praeferri  non  sinebam,  quos  ille  non  destiterat  incessere.  . .  (127.)  placeb 
propter  sola  vitia.  .  .  (128.)  cuius  et  multae  alioqui  et  magnae  viriot 
fuerunt,  ingenium  facile  et  copiosum,  plurimum  studii,  multa  rerum  cogniti 
.  .  tractavit  etiam  omnem  fere  studiorum  materiam.  (129.)  nam  et  orati 
nes  eins  et  poemata  et  epistolae  et  dialogi  feruntur.  iu  philosophia  para 
diligens,  egregius  tameu  vitiorum  insectator  fuit  multae  in  eo  claraeqi 
sententiae,  multa  etiam  morum  gratia  legenda;  sed  in  eloquendo  cormp 
pleraque  atque  eo  pemiciosissima  quod  abundant  dulcibns  Titiis.  (130.) 
si  non  omnia  sua  amasset,  si  rerum  pondera  miuutissimis  sententiis  d 
fregisset,  consensu  potius  eruditorum  quam  puerorum  amore  comprobai 
tur.  (131.)  .  .  multa  .  .  probanda  in  eo,  multa  etiam  admiranda  soi 
eligere  modo  curae  sit;  quod  utinam  ipse  fecisset.  Noch  stärker  äuase 
sich  Seneca's  Gegenfussler  in  der  Manier,  Fronto  und  dessen  Anhang.  ^ 
Fronto  p.  155  N. :  eloquentiam  .  .  Senecae  mollibus  et  febriculosis  pnin 
leis  insitam  subvertendam  censeo  radicitus.  (156.)  .  .  neque  ignoro  copA 
sum  sententiis  et  redundantem  hominem  esse ;  verum  sententias  eins . 
Video  .  .  nusquam  pugnare  etc.  (157.)  at  eandem  sententiam  milliem  aüt 
atque  alio  amictu  indutam  referunt.  (158.)  .  .  quid  ego  verborum  sorda 
et  iliuvies,  quid  verba  modulate  collocata  et  effeminate  fluentia?  Gellioi 
XIT,  2,  1:  de  Annaeo  Seneca  partim  existimant  ut  de  scriptore  xniniinc 
utili,  cuius  libros  attingere  nullum  pretium  operae  sit,  quod  oratio  eiof 
vulgaris  videatur  et  protrita,  res  atque  sententiae  aut  inepto  inaniqae  in- 
petu  sint  aut  levi  et  quasi  dicad  argutia,   eruditio   autem  vemacola  ei 


jmäßa^ 


272.    Seneca  (als  Schriftsteller).  565 

ple\>eia  nihilqne  ex  Teterum  scriptis  habens  neqne  gratiae  neqne  dignita- 

üs.       aJii  vero  elegantiae  in  verbis  parum  esse  non  infitias  eunt,  sed  et 

remm  quas  dicat  scientiam  doctrinarnque  ei  non  deesse  dicunt  et  in  vitiis 

monxTxi  obiurgandis  severitatem  gravitatemque  non  invenustam.    Worauf 

weg^rerfende  urteile  desselben  über  Ennius,  Cicero  und  Vergil  aus  Epist. 

XXII    mit  Entrüstung  angeführt  werden. 

2.  Abfassungszeit  von  Seneca's  Schriften.     Vor  seiner  Verbannung, 
al&o   ixnt^r  Caligula,  verfasst  waren,  ausser  Reden  (oben  271,  1),  wohl  die 
Schriften  über  Aegypten  und  Indien,   sowie  die   consolatio   ad  Marciam 
(obexi  261,  1).    Aus  der  Zeit  seiner  Verbannung  sind  Epigramme,  vielleicht 
ftuch  ein  Theil  der  Tragödien,  sicher  die  Trostschriften  an  seine  Mutter 
Helvia  und  an  Polybius  (aus  J.  43  oder  44),  sowie  die  (später  von  Seneca 
unterdrückte,  Dio  LXI,  10)  Lobschrifb  auf  MessaJina.     Bald  nach  seiner 
Zurückberufung  veröffentlicht  wurden  wohl  die  Schriften  de  tranquillitate 
anioii  (Lehmann,  Claud.  S.  321  f.),  de  ira  (Lehmann,  ebd.  S.  315—321)  und 
de  brevitate  vitae  (vgl  13,  8).    Nach  dem  Tode  des  Claudius  (J.  54)  ver- 
fasst ist  die  ocito%oXo%vvTa}aig ;  in  den  ersten  Jahren  des  Nero  die  an  diesen 
gerichteten  Bücher  de  dementia,  die  Schrift  de  vita  beata,  gerichtet  an 
NovatuB  (jetzt  Gallio),  die  Bücher  de  beneficiis,  femer  de  constantia  sa- 
pientb.    Aus  dieser  Zeit  stammt  wohl  auch  ein  Theil  seiner  Tragödien 
(8.  unten  274,  2).    Nachdem  sich  Seneca  vom  Hofe  und  öffentlichen  Leben 
zurückgezogen  (J.  62)  verfasste  er  die  Schrift  de  otio  ad  Serenum,  sowie 
^ohl  auch  die  an  Lucilius  gerichteten  Werke  de  Providentia,  die  quaestio- 
*»««  naturales  und  die  Briefe  (J.  62—65).    H.  Lehmann,  Philologus  VIII. 
8.  30S— 328  =  Claudius  und  seine  Zeit  S.  8—17. 

3.  Volkmann,  Seneca,  eine  literarisch -pädagogische  Skizze,  in  Ma- 
^^^'b  Revue  1857,  S.  259—276.  F.  Böhm,  Sen.  und  sein  Werth  auch  für 
^Qaec>e  Zeit,  Berlin  1856.  47  S.  4.  Böhmer,  de  Senecae  latinitate,  Oels 
^8^-  4. 

4.  E.  F.  Werner,  de  Sen.  philosophia,  Breslau  1825.  B.  ten  Brink, 
^e  Seneca  eiusque  in  philosophiam  meritis,  Gandav.  1827.  4.  G.  Herzog, 
^^  Senecae  philosophia,  Bemburg  1828.  U.  Dörgens,  Senecae  disciplinae 
""^^T^lis  cum  Antoniniana  comparatio,  Lips.  s.  a.  (1857).  F.  Chr.  Baur, 
^tXQca  und  Paulus;  das  Verhältniss  des  Stoicismus  zum  Christenthum, 
^cli  den  Schriften  Seneca's,  in  Hilgeufeld's  Zeitschr.  f.  wiss.  Theologie  I 

^^^58)  S.  171—246.  441 — 463.    Holzherr,  der  Philosoph  Seneca ;  ein  Beitrag 

^^  Kenntniss  seines  Werthes  überhaupt  und  seiner  Philosophie  u.  s.  w. 

^>  Programm  von  Rastatt  1858.  122  S.    IL  1859.  76  S.    C.  Martha,  les  mo- 

^^tes  sous  Tempire  romain  (Paris  1865)  p.  20  ff. 

Baarts,  Seneca  de  deo,  Marienwerder  1848.  4.  C.  R.  Fickert,  Sen. 
^e  natura  deorum,  Breslau  1857.  4.  Siedler,  die  religiös  -  sittliche  Welt- 
anschauung des  Sen.,  Fraustadt  1863.  4.  W.  Bernhardt,  die  Anschauung 
des  Sen.  vom  Universum,  Wittenberg  1861.  4. 

273.  Von  den  prosaischen  Schriften  des  Seneca  ist  ein 
grosser  Theil  nur  in  Bruchstücken  oder  Erwähnungen  bekannt, 
unter  den  erhaltenen  zeichnet  sich  die  Sammlung  von  Briefen 


566  Die  Kaiserzeit.    Erstes  Jahrhundert. 

an  Lucilius  aus,  als  die  vollendetste  und  reichhaltigste  Darstel- 
lung der  Eigenthümlichkeit  des  Seneca.  Die  Spottschrift  auf 
den  todten  Claudius  beruht  zwar  auf  hässlicher  Denkweise,  ist 
aber  merkwürdig  als  Beispiel  der  satira  menippea.  Der  Werth 
welchen  man  auf  die  ethischen  Schriften  Seneca's  legte  veran- 
lasste fieissiges  Abschreiben  derselben,  frühzeitig  aber  auch 
Unterschiebungen,  wie  der  erdichtete  Briefwechsel  mit  dem  Apo- 
stel Paulus. 

1.  untergegangene  prosaische  Schriften  des  Seneca.  a)  Natur- 
wissenschaftlichen Inhalts.  De  motu  terrarum  (volumen  edidi  iuve- 
nis,  nat.  quaest.  VI,  4,  2),  de  lapidum  natura,  yielleicht  auch  de  pisciiun 
natura,  Monographien  de  situ  Indiae  und  de  situ  et  sacris  Aegyptiorum^ 
diese  beiden  Schriften  wohl  eine  Ausbeute  des  Aufenthalts  bei  dem  Gattea 
seiner  Tante  (oben  271,  1),  de  forma  mundi.  b)  Moralphilosophisches 
Exhortationes,  de  ofQciis,  de  immatura  morte,  de  superstitione  (gegen  de= 
Anthropomorphismus  und  Anthropopathismus  des  Volksglaubens)  dialogus 
de  matrimonio  (sehr  reichhaltig  und  pikant),  wahrscheinlich  de  amidtifli 
femer  moralis  philosophiae  libri;  de  remediis  fortuitorum  ad  Gallioneio 
de  paupertate,  und  yielleicht  de  misericordia.  c)  GeschichtUches :  de  vit: 
patris,  8.  oben  263,  3.  d)  Reden,  für  Nero  verfasst;  s.  Tac^  A.  XI,  3.  1 
XIV,  10  f.  Quintil.  VIII,  5,  18.  Dio  LXI,  3.  Vgl.  oben  270,  6.  e)  Lo« 
Schrift  auf  Messalina,  Dio  LXI,  10.  f)  Briefe:  in  decimo  epistolarum  sb 
Novatum  (Priscian.  11.  p.  410,  6  f.  H.).  Martial.  VII,  45,  3  f.  (an  Caesoniv 
Maximus).  Beste  Zusammenstellimg  der  üeberreste  des  Verlorenen  in  HaasG 
Ausgabe  III.  p.  419  —  467.  vgl.  p.  XV— XXI.  F.  Osann,  de  Sen.  scrip« 
quibusdam  deperditis,  Giessen  1846  — 1848.  4. 

2.  Handschriften  von  den  prosaischen  Schriften  des  Seneca  si^a 
zwar  viele  vorhanden ,  doch  meist  junge.  Die  ältesten  sind  der  Medic^H 
neusis  saec.  IX,  welcher  dialogorum  libros  XII  enthält;  der  Nazariacs. 
Gruters  fOr  de  benef.  und  de  dementia;  für  die  natur.  quaest,  nächst  äL^ 
verschollenen  Memmianus  und  Bongarsianus ,  ein  Berolinensis  saec.  XHl 
fi'ir  die  erste  Hälfte  der  Briefe  besonders  Parisinus  8540,  p  bei  Haase,  -f' 
die  zweite  die  Bamberger  imd  Strassburger  Handschrift  saec.  IX  oder  I 
L.  V.  Jan,  symbolae  ad  notitiam  codd.  atque  emend.  epist.  Senecae,  Schwei: 
furt  1839.  4.  C.  B.  Fickert,  prolegomena  in  novam  Sen.  editionem,  Naixz: 
bürg  1839.  4.  Die  praefationes  in  den  Ausgaben  von  Fickert  und  vc 
Haase  (bes.  III.  p.  VI— XIII). 

3.  Gesammtausgaben  der  prosaischen  Schriften  Seneca's.  Erste,  Nes 
pel  1475.  fol.  2  Voll.  Ex  recogn.  D.  Erasmi,  Basil.  1615.  1529.  fol.  Cul 
notis  Mureti,  Rom.  1585.  fol.  Ad  mss.  Palat.  rec.  J.  Gruter,  Heidelberg 
J593.  fol.  Cum  notis  J.  Lipsii,  Antverp.  1605.  fol.  Cum  comm.  J.  Fr.  Gro- 
novii  (dessen  Notae  ad  L.  et  M.  Ann.  Senecas  Lugd.  Bat.  1649  erschien^o) 
et  aliorum,  Amst.  1672.  2  Voll.  Recogn.  et  illustr.  F.  E.  Ruhkopf,  Li]»- 
1797  —  1811.  5  Voll.  Recensuit,  conmi.  adiedt  etc.  C.  R.  Fickert,  Ups. 
1842—1845.  3  Voll.    Text  von  Fr.  Haase,  Lips.  Teubner,  1852  f.  8  Voll. 

Fr.  Haase,   adnotationes  criticae  ad  Sen.,   Breslau  1852  f.  1859.  l 
K.  Schenkl,  Beiträge  zur  Kritik  des  Sen.,  Wien  1864.  67  S.  (Sitaung»ber. 


':^^tai^ 


273.    Seneca  (prosaische  Schriften).  567 

d.  "WTiener  Ak.  XLIV.  S.  3  ff.).  M.  Haupt,  emendationes  (Berol.  1864.  4.) 
un<i  Adnotationes  ad  L.  A.  S.  opera,  Berlin  1866.  21  pp.  4.  C.  F.  W.  Mül- 
ler-,  zu  beiden  Seneca,  Fleckeisens  Jahrb.  93,  S.  483-503.  0.  Matthiä, 
Ol^serrationeB  criticae  in  Sen.,  Berlin  1866. 

"üebersetzt  von  J.  M.  Moser,  A.  Pauly  und  A.  Haakh,  Stuttgart  (Metz- 
ler)    1828  ff.   17  Bdchn. 

4.  Die  im  Mediol.  als  dialogi  bezeichneten  Schriften  verdienen  diesen 
Namen,  sofern  sie  in  der  Weise  der  Stoiker  häufig  genug  einen  Gegen- 
redner  einfuhren.    Es  sind  zwölf:  1)  die  an  Lucilius  gerichtete  Abhandlung 
Ä^er   die  Frage  quare  aliqua  incommoda  bonis  viris  accidant  cum  Provi- 
dentia sit.    Herausgegeben  von  B.  A.  Nauta,  Lugd.  Bat.  1826.    2)  ad  (An- 
na.erun)    Serenum:    nee    iniuriam   uec   contumeliam   accipere    sapientem. 
3 — ö)   Drei  Bücher  de  ira,  ad  Novatum ,  den  älteren  Bruder  Seneca^s,  sicht- 
lich  nach  Caligula's  Tod  verfasst,  s.  I,  16,  29.    II,  33,  3.    III,  18,  3.  22,  1. 
^)   a.d.  Marciam  (die  Tochter  des  Cremutius  Cordus)  de  consolatione ,  über 
den   vor  mehr  als  drei  Jahren  erfolgten  Tod  ihres  Sohnes.    Abhandlung 
^^röber  von  Fr.  Heidbreeke,  Bielefeld  1839.  4.    Ausgabe  von  H.  C.  Michae- 
^^v   Sarlem  1840.    7)  ad  GalHonem  de  vita  beata.    Prolegomena  dazu  von 
^-    ^.  Schulze,  Lips.  1797.  4.     8)  ad  Serenum  de  otio.    9)  ad  Serenum  de 
^'^nquillitate   animi.     Monographisch   behandelt  von  A.  Hirschig,  Lugd. 
^*t-    1825.     10)  ad  Paulinum  (den  Schwiegervater  des  Seneca?)  de  brevi- 
tate    -vitae.    Adnotationes  dazu  von  Clumper,  Lugd.  Bat.  1835.    11)  ad  Po- 
lybiixm  de  consolatione,  Trostschrift  an  einen  Kammerherrn  des  Claudius 
^^^^    den  Verlust  seines  Bruders,  voll  massiver  Schmeicheleien  gegen  Clau- 
dius   (bes.  c.  13  f.),   um  seine  eigene  Zurückberufung  zu  erwirken;   Volk- 
^»ianxi  in  Mager's  Revue  1858,  S.  104—135.     12)  ad  Helviam  matrem  de 
con»olatiohe,  um  sie  über  seine  Verbannung  zu  trösten,  gleichfalls  eine 
'Oi'rrÄ  um  deren  Aufhebung  zu  betreiben.    Abhandlung  darüber  von  H.  C. 
f^cliji^lig^  Harlem  1841.    Sachlich  verwandten  Inhalts,  aber,  wie  es  scheint, 
^^  <i^r  Sammlung  der  dialogi  nicht  mitbegriffen,  sind  13)  die  zwei  an  Nero 
^^rtcihteten  Bücher  de  dementia,  14)  die  sieben  Bücher  de  beneficiis,  ge- 
^^*^tet  an  seinen  Freund  Aebutius  Liberalis  aus  Lugdimum;  sowie  15)  die 

^^  efe  an  seinen  jüngeren  Freund,  den  Procurator  Siciliens,  Lucilius,  von 

zj^^'^jig  an  mit  der  Absicht  der  Veröffentlichung  geschrieben,  aber  beim 

^^e  des  Seneca  wohl  noch  nicht  vollständig  abgeschlossen  und  zur  Ver- 

^^ntlichung  fertig,  aus  dem  Nachlasse  (vielleicht  durch  Lucilius)  der  Haupt- 

^^^Vie  nach  in   der  Reihenfolge  ihrer  Abfassung  herausgegeben  (Haasens 

^^aef.  p.  III— VI).    Wir  haben  124  Briefe,  in  20  Bücher  abgetheilt;  aber 

^«llius  XII,  2,  3  ff*,  theilt  mehrere  literarische  Urteile  des  Seneca  ex  libro 

^Xll  epistularum  moralium  quas  ad  Lucilium  composuit  (oben  272,  1  E.) 

^t.    Ausgaben  der  Briefe  von  J.  Schweighäuser  (Strassburg  1809.  2  Voll.) 

^.  A.    üebersetzt  von  J.  W.  Olshausen  (Kiel  1811.  2  Bde)  u.  A.    Zur  Kritik 

^.  Bartsch  im  Rhein.  Mus.  XXIV.  S.  271-288. 

5.  Die  sieben  Bücher  naturalium  quaestionum,  gleichfalls  dem 
Lucilius  gewidmet,  hauptsächlich  nach  stoischen  Quellen  gearbeitet,  mit 
Einflechtung  moralischer  Betrachtungen,  dienten  dem  Mittelalter  als  Lehr- 
buch der  Physik.  Ausgaben  von  G.  D.  Köler,  Gotting.  1819.  J.  Fr.  Qro- 
novii  notae  in  S.  n.  q.  ed.  Fickert,  Breslau  1846.  1848.  4.    H.  C.  Michaelis, 


568  Die  Kaiserzeit.    Erstes  Jahrhundert. 

notae  ad  SexL  n.  q.  .  .  coli,  cum  cod.  Yossiano,  Philologus  VIU.  p.  445- 
46a   IX.  p.  324—345.    L.  Crousl^,  de  Sen.  n.  q.,  Versailles  1863.  146  pp. 

6.  Dio  LX,  35:  Aovmog'lovviog  FallCmv  6  tov  Ssvina  a9el<p6g  actu- 
otatov  rt  dnetp^iy^ttto  (über  die  Apotheose  des  Claudius)'  awi^fjiti  fulw 
ydg  xal  o  Ssvimas  övyygapLfia  dnonolo'Kvvtmai  v  avto  aaneg  xivd  dxa- 
d'avdtmaiv  ovofidaag.  Die  erhaltene  Schrift  führt  aber  nicht  diesen  Titel, 
sondern  in  der  St.  Galler  Hds.:  Divi  Claudii  ATIOSHOZIZ  Annaei  Sene- 
cae  per  saturam,  wohl  weil  man  den  ursprünglichen  (bei  Dio)  nicht  ver- 
stand. Auch  enthält  die  Schrift  nichts  von  einer  Verwandlung  des  Clau- 
dius in  einen  Kürbis  (xoXoxvyTij) ,  indem  dieser  Witz  auf  den  Titel  selbst 
sich  beschränkte.  Sie  ist  eine  giftige  politische  Satire,  im  frischen  Ein- 
drucke von  Claudius'  Persönlichkeit  und  Regierungsweise  und  mit  tiefge- 
wurzeltem  Hasse  gegen  ihn  geschrieben.  Die  offizielle  Lüge  über  dessen 
Todesart  wird  kurzweg  acceptiert,  Agrippina  auffallend  geschont,  der  neue 
Kaiser  verherrlicht.  Der  Ursprung  in  dieser  Zeit  und  aus  Hofkreisen  ist 
daher  unzweifelhaft,  die  überlieferte  Abfassung  durch  Seneca  um  so  we- 
niger zu  beanstanden  da  mindestens  die  Verse  darin  völlig  in  seiner  Art 
sind.  Die  alten  Zweifel  gegen  diese  üeberlieferung  sind  aufgefriBcht,  nicbl 
verstHrkt,  worden  durch  A.  Stahr,  Agrippina  (Berlin  1867)  S.  330—343 
Vgl  A.  Riese,  Philologus  XXVII.  S.  321—323.  Die  Nichterwähnung  ba 
andern  Schriftstellern  beweist  höchstens  dass  sie  Anfangs  ohne  den  Na^ 
men  des  Seneca  veröffentlicht  und  *erst  aus  seinem  Nachlasse  heraus  dei 
Schriften  desselben  beigefügt  wurde.  Wechsel  von  Prosa  und  Versen^  ^ 
s.  oben  24  und  24,  3.  Die  zahlreichen  Handschriften  dieser  Schmähschrifl^^fc 
gehen  auf  eine  einzige  zurück  welche,  getrennt  von  den  übrigen  Schrift^ 
des  Philosophen,  in  einem  Miscellancodex  enthalten  gewesen  zu  sein 
und  aus  welcher  um  die  Mitte  der  Schrift  ein  Blatt  verloren  'gegang( 
sein  muss.  Der  getreueste  Vertreter  der  Üeberlieferung  ist  der 
lensis  saec.  X  oder  XI;  s.  Bücheier  S.  72 — 76.  Sonderausgabe  von  C. 
Schusler  (denuo  rec,  Utrecht  1844)  und  besonders  von  Fr.  Bücheier, 
der  Symbola  philol.  Bonn.  S.  31—89.  Beiträge  zur  Kritik  von  Fr.  LinA.< 
mann  (Emendationes  ad  etc.  Zittau  1832.  4.),  A.  Baumstark  (Philolo| 
XVm.  S.  543—549),  K.  Schenkl  (Beiträge  zur  Kritik  des  Seneca,  Sitzung 
berichte  der  Wiener  Ak.  XLFV.  Wien  1864.  S.  3—30).  Uebersetzt  v-^ 
Qröninger  (s.  1.  1798.  4.),  Güthling  (Minden  1861.  4.),  A.  Stahr  (Agrippii 
S.  307—329). 

7.  Angeblicher  Antheil  des  Seneca  an  den  notae  Tironianae,  s.  ot>'^D 
178,  4  und  W.  Schmitz,  Symb.  philol.  Bonn.  S.  538—540.  Ihm  als  der  p^r- 
sonificierten  Weisheit  glaubte  man  auch  diese  Sorte  davon  zuschreiben  su 
müssen,  sehr  gegen  seinen  Sinn;  s.  Epist.  90,  25:  quid  loquar  .  .  verl:>0' 
rum  notas,  quibus  quam  vis  citata  excipitur  oratio  et  celeritatem  lingi^K^^ 
manus  sequitur?  vilissimorum  mancipiorum  ista  commenta  sunt. 

8.  Unechtes.    Die  Wahrnehmung  dass  in  der  Bekämpfung  des  VoL^* 
glaubens  und  in  manchen  Puncten  seiner  Moral  Seneca  sich  mit  dem  CI>^* 
stenthum  berührt  führte  zu  der  Annahme  dass  er  ein  Christ  gewesen  \%tid 
weiterhin  zur  Erdichtung   eines  Briefwechsels  zwischen  Seneca  ii0^ 
Paulus,  welchen  schon  Hieronymus  kannte  und  für  echt  hielt  (de  scripior. 


..„v^ia 


273  f.    Seneca  (prosaische  Sclirift;eii.  Tragödien).  569 

^cdes.  12:  quem  non  pouerem  in  catalogo  sanctornm  nisi  me  epistolae 

1^  provocarent  quae  leguntor  a  plurimis,  Panli  ad  Senecam  et  Senecae 

^  Paulmn).    Vgl.  Augustin.  Epist.  153  (ad  Maced.  14):  Seneca,  .  .  coias 

etiam   quaedam  ad  Paulum  apostolum  leguntur  epistolae.    Abgedruckt 

aiod  diese  14  ganz  unbedeutenden  und  leeren  Briefe  zuletzt  in  Haasens 

iasgabe  III.  p.  476—481  vgl.  p.  XXII.    Dazu  C.  Wachsmuth,  Bhein.  Mus. 

XVI.  8.  301—303,  und  Fr.  X.  Kraus,  in  der  Tübinger  Quartalschrift  XLIX 

fl8€7)  S.  609—624.    A.  Fleury,  St.  Paul  et  Senöque,  Recherches  sur  les 

r&pportB  du  philosophe  avec  Tapötre  etc.  Paris  1863.  2  Voll.    F.  C.  Baur 

in    Älgenfeld's  Ztschr.  f.  wiss.  Theologie  1.  S.  161—170.  463—470.    C.  Au- 

bez^ün,  ^tude  critique  sur  les  rapports  supposäs  eutre  Sen^que  et  St.  Paul, 

Pajris  1867.  444  pp.    F.  X.  Kraus  a.  a.  0.  S.  603—609.    J.  B.  Lightfoot, 

Sfe.     Pauk  Epistle  to  the  Philippians  (London  1868)  p.  260—331. 

Ebenso  hielt  man  im  Mittelalter  Seneca  für  den  Verfasser  des  nach 
dex-  voranstehenden  Widmung  (gloriosissimo  .  .  Mironi  regi  Martinus  hu- 
™ili8  episcopus)  von  dem  Bischof  Martinus  Dumiensis  (um  660)  herrühren- 
den Schriftchens  de  formula  honestae  vitae  oder  de  quattuor  virtutibus 
cardinalibus,  abgedruckt  zuletzt  bei  Haase  III.  p.  468—476  vgl.  p.  XXI  f. 
li^  den  Uandschriften  findet  sich  diese  Abhandlung  vielfach  zusammen  mit 
gnoinischen  Excerpten  aus  den  Briefen  Seneca's  und  mit  Proverbia  Sene- 
cae per  ordinem  alphabeti  und  meist  in  Senaren;  s.  oben  198,  3.  Excerpte 
dieeei-  Art,  grossentheils  die  gleichen,  und  gleichfalls  mit  Sprüchen  aus 
Mid.ei-11,  namentlich  auch  christlichen,  Quellen  gemischt  (vgl.  z.  B.  66:  elee- 
mos^^a  non  tam  accipientibus  quam  dantibus  prodest),  enthält  auch  der 
"*  <ien  Hdss.  den  Namen  des  Seneca  tragende  liber  de  moribus  (in 
^i^elU's  opusc.  sent.  I.  p.  269— 276,  bei  Haase  IIL  p.  462— 467,  in  Wölfflin's 
^ublilius  Syr.  p.  136—148;  im  Ganzen  146  Sprüche),  welche  Sammlung 
«<^Hork  J.  667  im  Wesentlichen  ihre  jetzige  Gestalt  hatte;  s.  Haase  HI. 
P-  XX  f.  E.  Wölfflin,  Phüologus  VIII.  S.  184-187.  IX.  S.  680  fif.  K.  Schenkl, 
^«itiMicre  (8.  A.  6  E.)  S.  33—62. 


274.     In  flcebundener  Form  haben  wir  von  Seneca  theils 
^^t^^gramme,  welche  sich  alle  auf  seine  Verbannung  beziehen, 
'^^ils  Tragödien.     Deren  besitzen  wir  acht:  Hercules  furens, 
^^yestes,  Phaedra,    Oedipus,   Troades  (oder  Hecuba),  Medea, 
^^amemno,    Hercules  Oetaeus,    sowie   zwei  Scenen  von   einer 
^T^^ebais,   die  sich  vertheilen   an  einen  Oedipus  (Coloneus)  mit 
^^^2  Senaren  und  Phoenissae  mit  302  Senaren.     Unzweifelhaft 
^\18  einem  späteren  Jahrhundert  ist  die  praetexta  betitelt  Octavia. 
^ene  Tragödien  aber  stimmen  in  den  wesentlichen  Eigenthüm- 
Vichkeiten  theils  unter  einander  theils  mit  den  prosaischen  Schrif- 
ten Seneca's  überein.     Ueberall  derselbe  Reichthum  an  Worten, 
rhetorischen  Figuren   und   Sentenzen,    aber  in  den  Tragödien 
t)ft  ins  Unleidliche  gesteigert  und  hier,  bei  der  Art  des  Stoffes, 
selten    entschädigend   durch   den    Gehalt    der    Gedanken.     Die 
metrische  Form  ist  streng,  aber  wenig  manchfaltig. 


570  Die  Eaiserzeit.    Erstes  Jahrhundert. 

1.  Von  den  neun  Epigrammen  (z.  B.  in  Haasens  Ausgabe  I.  p.  261-^ 
ist  nur  bei  Nr.  1,  2  u.  7  die  Urheberschaft  Seneca's  bezeugt;  bei  den  übrigen 
ist  sie  weder  überliefert  noch  glaublich.  A.  Riese  in  Fleckeisens  Jahrbb.  99, 
S.  279  f. 

2.  Die  Abfassungszeit  der  Tragödien  ist  nicht  bekannt.  Auf  Cornea 
hatte  Seneca  zu  dergleichen  am  ehesten  Müsse  und  Stimmung.  Aber  noch 
Tac.  A.  XIY,  52  (obiciebant  .  .  carmina  crebrius  factitare  postquam  Ne- 
roni  amor  eorum  venisset],  vom  J.  62,  deutet  auf  derartige  Beschäftigmig, 
da  auch  Nero  Stoffe  der  griechischen  Tragödie  behandelte;  s.  oben  270,7. 
Die  Medea  erwähnt  Quintil.  IX,  2,  8  (ut  Medea  apud  Senecam,  sowie  Dio- 
medes  III.  p.  511,  23  K.  (anapaesticum  choricum  habemus  in  Seneca  := 
Med.  301);  die  Phaedra  Priscian.  VI,  13,  68  (p.  253  H.:  Seneca  in  Phaedra), 
die  Hecuba  (Troades)  Ps.  Probus  p.  224.  246  K.  (Seneca  in  Hecuba);  Se- 
neca in  Thyeste  bei  Lactant.  zu  Stat.  Theb.  IV,  530.  Bei  Serv.  Aen.  XII, 
395  ist  in  Folge  der  Gleichheit  des  Titels  Statins  mit  Seneca  verwechselt 
(Statins  in  Thebaide  =  Sen.  Oedip.  1079).  Ebenso  irrig  unterscheidet  Si- 
donius  Apoll,  carm.  IX,  229  —  231  (quorum  unus  colit  hispidum  Platona, 
.  .  orchestram  quatit  alter  Euripidis),  vielleicht  irregeführt  durch  MartiaL 
I,  61,  7  duosque  Senecas  (nämlich  Vater  und  Sohn)  unicumque  Lacanom, 
den  Tragiker  Seneca  von  dem  Philosophen.  Darüber  gestattet  die  nach- 
weisliche Identität  der  Denk-  und  Sprechweise,  sowie  zahlreicher  einzehier 
Aussprüche  keinen  Zweifel;  s.  F.  G.  G.  Klotzsch,  prolusio  de  Annaeo  Se- 
neca uno  tragoediarum  quae  supersunt  omnium  auctore,  Wittenberg  1802. 4. 
G.  Richter,  de  Seneca  tragoediarum  auctore,  Naumburg  1862.  p.  1—17. 
32—41.  Controvers  ist  heutzutage,  nachdem  G.  Richter  seine  Bedenken 
gegen  die  Echtheit  des  Oedipus  zurückgenommen,  nur  noch  ob  Agamenmo 
und  Hercules  II  (Oetaeus)  von  demselben  Verfasser  sind  wie  die  übrigen 
Stücke.  R.  Peiper  und  G.  Richter  (1.  L  p.  18—32)  verneinen  diess,  wegen 
mancher  Eigenthümlichkeiten  dieser  beiden  Stücke  welche  den  Einfloss  des 
Fronte  verrathen  sollen;  dagegen  L.  Müller,  B.  Schmidt,  J.  Köhler  u.  A. 
finden  diese  Abweichungen  keineswegs  so  erheblich  dass  daraus  Verschie- 
denheit des  Verfassers  zu  folgern  wäre. 

3.  Auch  diese  Tragödien  beweisen  ein  grosses  Formtalent,  Frucht- 
barkeit und  Lebhaftigkeit  der  Phantasie,  Schärfe  der  psychologischen Be 
obachtung;  nur  werden  diese  Vorzüge  meist  durch  die  rhetorische  Phrase 
erdrückt.  Zu  einer  Charakterzeichnung  kommt  es  nicht;  die  Personen 
sind  nur  da  um  Reden  zu  halten  und  Beschreibungen  vorzutragen.  ^^ 
Fruchtbarkeit  artet  aus  Mangel  an  Selbstbeherrschung  und  innerem  Hasse 
in  ermüdende  Weitschweifigkeit  und  Wiederholungen  aus,  und  die  Erfind- 
samkeit,  ungeleitet  durch  ernsten  Kunstsinn  und  Tact,  führt  nicht  selten 
auf  Geschmacklosigkeiten  und  Ungereimtheiten.  So  ist  es  eine  schwere 
Geschmacksverirrung  dass  im  Oedipus  (1026  ff.)  lokaste  nach  Entdeckung 
des  furchtbaren  Geheinmisses  noch  auftritt,  mit  Oedipus  verhandelt,  zum 
Sterben  sich  entschliesst,  aber  nun  darüber  reflectiert  wohin  sie  stechen 
solle,  ob  in  Brust  oder  Hals,  schliesslich  aber  für  den  Unterleib  sich  ent- 
scheidet (1060  f.:  hunc,  dextra,  hunc  pete  uterum  capacem,  qui  viram  et 
gnatos  tulit).  Am  löblichsten  ist  der  Versbau,  der  sich  an  die  strengsten 
Muster  der  augusteischen  Zeit  anschliesst,  besonders  in  den  Senaren. 
Nächstdem  sind  anapästische  und  sapphische  Verse,  Glykoneen  und  Adde* 


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274.   Seneca  (Tragödien).  571 

Kieen  besonders  häufig.  Aber  von  dem  Geistigen  in  der  Handhabung 
r  Form,  der  Uebereinstimmung  zwischen  Metrum  und  Stimmung ,  ist 
ni^  zu  verspüren.  Ins  Masslose  gesteigert  wäre  dieser  Mangel  wenn  die 
lesten  Herausgeber  Recht  hätten  mit  ihrer  strophischen  Gliederung  des 
rammten  tragischen  Nachlasses  von  Seneca,  so  dass  bei  ihm  z.  B.  auch 
)bi8ti8che  Darlegungen  und  sogar  lebhafte  Gespräche  (wie  Herc.  für. 
> — 441)  strophisch  angelegt  wären.  Doch  ist  diess  nur  eine  unglück- 
^e  Einbildung  seiner  Herausgeber,  welche,  um  ihre  Caprice  durchzufuh- 
I,  Bruchtheile  von  Versen  uud  Monometer  ungezählt  lassen,  sowie  eine 
.ttliche  Anzahl  von  Versen  streichen  müssen.  Verständige  Bemerkungen 
rüber  von  B.  Schmidt  in  Fleckeisens  Jahrb.  97,  S.  797—799. 

4.  Zur  Charakteristik  dieser  Tragödien  vgl.  ausser  Aelterem  (wie  D. 
G.  Pilgramm,  de  vitiis  tragoediarum^  quae  v.  Senecae  tribuuntur,  Götti. 

>5.  4.)  besonders  F.  Jacobs,  Nachträge  zu  Sulzer  IV.  S.  343  ff.  F.  G. 
elcker,  Bhein.  Mus.  Suppl.  ü,  3.  S.  1447—1456.  L.  Müller  in  Fleckeisens 
hrb.  89,  S.  409—422. 

üeber  die  Metrik  des  Seneca:  F.  A.  Lange,  Quaestioues  metricae 
onn  1851)  p.  23  ff.  B.  Schmidt,  de  emendandarum  Sen.  tragoediarum 
bionibus  prosodiacis  et  metricis,  Berlin  1860.  73  pp.  M.  Hoche,  die  Metra 
B  Tragikers  Seneca,  Halle  1862;  vgl.  L.  Müller  in  Fleckeisens  Jahrb.  89, 
473—492  und  de  re  metr.  p.  118—130.  G.  Eichter,  die  Composition  der 
lorlieder  in  den  Tragödien  des  Seneca,  Rhein.  Mus.  XIX.  8j  360 — 379. 
1—527.    R.  Peiper,  Berl.  Ztschr.  f.  Gymn.  XVIII.  S.  694  ff. 

5.  Sind  die  Tragödien  des  Seneca  für  die  Bühne  berechnet  oder  für 
3  Becitation?  Das  Erstere  wird  zwar  nicht  erwiesen  durch  die  Einhai- 
ag  der  Regel  von  den  drei  Schauspielern  (oben  13,  4  E.)*  da  diess  Folge 
r  allgemeinen  Nachahmung  der  griechischen  Tragödie  sein  kann  und 
3  römische  Bühne  sich  an  diese  Beschränkung  wenig  band  (oben  16,  3); 
lassen  in  der  Zeit  des  Nero  war  der  Gedanke  an  öffentliche  Aufführung 
ch  nicht  ausgeschlossen,  und  mancherlei  scenische  Winke  (wie  Phaedr. 
2  f.)  könnten  sich  darauf  beziehen.  Das  jedoch  worauf  mit  Sicherheit 
;h  rechnen  liess  war  allerdings  nur  die  Recitation  und  die  Leetüre,  und 
lexn  andern  Publicum  als  dem  dortigen  waren' so  breit  ausgesponnene 
sden  auch  nicht  wohl  zu  bieten.  G.  Boissier,  les  tragädies  de  Sän^que 
t-elles  6t6  reprösent^es?    Paris  1861.  22  .pp. 

6.  Da  zu  den  meisten  Tragödien  des  Seneca  die  griechischen  Origi- 
.le  (des  Sophokles  und  Euripides)  erhalten  sind ,  so  können  wir  die  grelle 
Übertreibung  verfolgen  welche  der  römische  Rhetor  ihnen  hat  zu  Theil 
3rden  lassen.  Die  Phaedra  scheint  in  wesentlichen  Zügen  dem  gleich- 
einigen  Stücke  des  Sophokles  zu  folgen.  C.  W.  Swahn,  de  Hippoljto 
»necae  fabula,  I.  Holm  1857.  Der  König  Oedipus  des  Sophokles  ist  in 
)r  Bearbeitung  des  Seneca  ein  einförmiges  Schauergemälde  geworden, 
18  dem  alle  feineren  Züge  weggelassen  sind  und  um  so  reichlichere  De- 
amation  zugegossen.  J.  Köhler,  Sen.  tragoedia  quae  Oed.  inscrib.  cum 
)ph.  0.  R.  comparata,  Neuss  1865.  16  pp.  4.  W.  Braun,  der  Oed.  des 
3iieca  in  seinen  Beziehungen  zu  den  gleichnamigen  Stücken  des  Soph. 
id  Eur.  und  zu  Statins'  Thebais,  Rhein.  Mus.  XXII.  S.  245—276.  üeber 
idere  Stücke   Widal,    etudes    sur   trois    trag^dies  de  S^näque  imit^es 


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572  Die  EaUerzeit.    Erstes  Jahrhundert. 

d'Eiiripide,  Paris  1854.  W.  Braun,  Rhein.  Mus.  XX.  S.  271—287  (die  Fb5- 
nissen  des  Sen.).  Medea  et  Troades  cum  adn.  Gronov.  ed.  A.  Matthiae, 
Lips.  1828. 

7.  Von  Seneca  kann  die  Octavia  schon  darum  nicht  herrühren  weil 
sie  Nero's  Sturz  miterwähnt,  welcher  erst  drei  Jahre  nach  Seneca's  Tod 
erfolgte.    Aber  alle  Versuche   einen  bestimmten  Urheber  (wie  Curiatias 
Maternus,  oder  den  der  Recension  A)  zu  ermitteln  haben  zu  keinem  Ziele 
geführt.    Das  Stück  findet  sich  in  der  Haupthandschrift,  dem  Florentinus 
(s.  A.  8),  nicht,  wohl  aber  in  allen  andern,  und  zeigt  gleichfalls  viele  Ver- 
derbnisse, so  dass  es  schon  darum  nicht  möghch  ist  seine  Abfassung  (mit 
W.  Braun,  die  Tragödie  Octavia  und  die  Zeit  ihrer  Entstehung,  Kiel  1863) 
in  den  Ausgang  des  Mittelalters  (12  —  14  Jahrh.)  zu  setzen,  wogegen  auch 
andere  Gründe  sprechen  (G.  Richter  in  Fleckeisens  Jahrb.  95,  S.  260—264. 
Ausgabe  p.  XII).    .Wahrscheinlich   ist  es  aus  dem  2—4.  Jahrh.  n.   Chr. 
(incerta  post  Traianum  aetate.  Fr.  Vater  p.  613).     Neben  Tacitus  (un 
Dio)  ist  darin  für  die  Handlung  auch  Seneca  de  dementia  benützt, 
hat  nicht  den  Wortschwall  der  Tragödien  des  Seneca,  imd  beschränkt  sii 
nicht  auf  drei  Schauspieler  wie  jene,  hat  auch  in  Sprache  und  Versbai 
manches  Abweichende.    Mit  jenen  verbunden  wurde  es  wohl  wegen 
gemeiner  Aehnlichkeiten  und  weil  Seneca  darin  eine  Rolle  spielt.    F. 
C.  Elotzsch,  prolusio  de  Octavia  Senecae,  Wittenberg  1804.    Octavia  p 
texta.    Curiatio  Matemo  vindicatam,  ad  libros  antiquos  recognitam,  br 
adnotatione  instructam  ed.  Fr.  Ritter,   Bonn  1848.  63  pp.     Fr.  Vater 
Jahn's  Archiv  XIX.  (1853.)  p.  565—618.    G.  Richter,  de  Sen.  tragg.  aucto 
(1862)  p.  2—6.    Analyse  des  Stückes  bei  A.  Stahr,  Agrippina  (Berlin  186'^ 
S.  271—303. 

8.  Der  Text  der  Tragödien  des  Seneca  ist  in  zwei  Reoension^^^n 
überliefert.    Die  bessere  (E)  ist  vertreten  durch  den  Etruscus  (=  Flor 
tinus  s  Mediceus  =»  Laurent.)  saec.  XI  oder  XU,  sowie  durch  die  we 
gen  Excerpte  in  dem  Miscellancodex  des  Thuanus  (oben  201,  8)  saec         7^ 
—X.    Zu  der  schlechteren  (A)  gehören  so  ziemlich  alle  andern  Handsch^z^rtf* 
ten,  von  denen  keine  über  saec.  XFV  zurückgeht;   die   1 1  ilillKiiinimllii^   iij^ 
besten  Vertreter  sind  der  verschollene  Melisseus  und  ein  Vossianus.   Ai^K-ch 
die  Reihenfolge  der  Stücke  ist  in  beiden  Recensionen  eine  andere. 
Abweichungen  sind  wahrscheinlich  dadurch  entstanden  dass  die  Unlesb 
keit  der  bei  A  zu  Grunde  liegenden  Handschrift  den  Abschreiber  zu  ei^S^- 
nen  Vermutungen  veranlasste,  bei  denen  er  sich  in  der  Regel  mit  ein^'^m 
scheinbaren  Sinne  und  ausser  lieber  üebereinstimmung  mit  dem  Versm^^sus 
begnügte.    Dass  aber  auch  A  in  ziemlich  frühe  Zeit  (vielleicht  saec.  IKV) 
hinaufreicht  zeigen  die  Blätter  des  ambrosianischen  Palimpsests  von  PL^'Q' 
tus  (oben  86,  S.  119),  welche  Theile  der  Medea  und  des  Oed.  bereits       ^ 
dieser  Recension  bieten.    Vgl.  im  Allgemeinen  die  praefatio  von  R.  Perp^^ 
und  G.  Richter  p.  XIV — XL. 

9.  Ausgaben.    Editio  princeps,  Ferrara  um  1484  fol.    Ascemrii*»'"* 
(cum  comm.)  Paris  1514  fol.    Von  späteren  sind  bemerkenswerth  die  A.^^* 
gaben  von  M.  A.  Delrio  (Antverp.  1576.  4.  und  im  T.  H  des  Syntajf««« 
tragg.  latt.,  Antv.  1594.  Paris  1620.  4.),  J.  Lipsius  (Lugd.  B.  1588),  J.  &^' 
ter  (Heidelberg  1604),  P.  Scriverius  (Lugd.  B.  1621.  1651)  und  besonder» 


274  f.    Seneca  (Tragödien).   Gaetulicus.  573 

r.  Fr.  Qronovios  (Lugd.  B.  1661.  Amsterd.  1682).  Sammelausgabe  von 
^.  C.  Schröder  (Delft  1728.  4.  2  Voll).  Spatere  von  F.  H.  Bothe  (Lips. 
819  und  Lipa.  1884),  T.  Baden  (Lips.  1821.  2  VolL),  J.  Pierrot  (Paris  1829 
—  1832,  3  Voll.),  und  besonders:  recensuerunt  B.  Peiper  et  G.  Richter, 
.rfips.  (Teubner)  1867;   wozu   vgl.  B.  Schmidt  in  Fleckeisens  Jahrb.  97, 

5.  781—800.  855—880. 

Beiträge  zur  Kritik  von  J.  H.  Withof  (praemetium  crucium  crit.,  Lugd. 
B.  1749.  4.),  A.  Henneberger  (adn.  ad  Sen.  Med.  et  Troad.,  Meiningen 
862.  4.),  B.  Peiper  (Observation,  in  Sen.  tragg.,  Breslau  1863.  4.),  G.  Rieh- 
«r  (Beispiele  von  Versversetzung  und  Interpolation  in  den  Tragg.  des  Sen., 
ihein.  Mus.  XYIIL  S.  29—46;  de  cantico  quodam  in  Oed.  Sen.,  Symbola 
»hilol.  Bonn.  p.  557  —  580),  B.  Schmidt  (Observationes  criticae  in  Sen. 
xagrg-,  Jena  1865;  auch  Rhein.  Mus.  XVI.  S.  589—591). 

Uebersetzt  und  erläutert  von  W.  A.  Swoboda,  Prag  1828—1830,  3  Bde. 

275.  Die  Gescbichtschreiber  dieser  Zeit  hatten  meist 
jine  rhetorische  Färbung  und  waren  zum  Theü  zugleich  Rhe- 
x)ren  oder  Redner.  So  wohl  schon  der  Dichter  Gaetulicus  unter 
Z^aligulft;  sicher  Servilius  Nonianus  unter  Claudius.  Diese  be- 
nandelten  StoflFe  der  Gegenwart  und  letzten  Vergangenheit,  sind 
OBS  aber  nur  aus  Anführungen  bekannt.  Ebenso  Domitius  Cor- 
Dido  unter  Caligula  und  Nero,  welcher  seine  eigenen  Erlebnisse 
in  Asien  beschrieb.  Cornelius  Bocchus  verfasste  unter  Claudius 
äin  Werk  chronographischen  Inhaltes. 

1.  Suet.  Calig.  8:  Cn.  Lentulus  Gaetulicus  Tiburi  genitum  scribit 
>on  Caligula).  .  .  Gaetulicum  refellit  Plinius  quasi  mentitum  per  adula- 
donem  etc.  Consul  779  (Tac.  A.  IV,  46  vgl.  42  u.  VI,  30),  von  Caligula 
getödtet  J.  792  (Dio  LIX,  22  vgl.  Suet.  Claud.  9).  Als  erotischer  Dichter 
aufgeführt  von  Pliu.  Ep.  V,  3,  5  (oben  26,  1)  vor  Seneca,  und  von  Martialis 
praef.  (oben  227,  2),  vgl.  Sidon.  Apoll,  epp.  II,  10  (saepe  versum  .  .  com- 
plevit  .  .  Caesennia  cum  Gaetulico).  carm.  IX,  256  (non  Gaetulicus  hie 
tibi  legetur,  non  Marsus,  Pedo,  Silius,  Tibullus).  Probus  zu  Georg.  I,  227 
(p.  38,  12  ff.  E.):  cuius  rei  testis  est  Gaetulicus,  cum  ait  de  Britannis:  non 
aries  etc.  (drei  Hexameter).  Und  da  Gaetulicus  zehn  Jahre  lang  Statthalter 
in  Germanien  war  (Dio  ,1.  1. :  rceiTOvlinov  Aivzovlov  td  ts  aXla  sidönifiov 
ovxa  aal  zrjg  FegfiavCag  8iiia  irsaiv  Sg^avTa^  vgl.  Suet.  Galb.  6),  so  ver- 
mutet 0.  Jahn  (Prolegg.  zu  Persius  p.  CXLII,  not.  1)  dass  Gaetulicus  über- 
haupt kein  Geschichtswerk  verfasst  habe,  sondern  ein  Carmen  de  ezpedi- 
tionibus  Bomanorum  contra  Germanos  et  Britannos,  fortasse  Germanici. 
Auf  die  neun  Epigramme  FaiTovliTiov  oder  raitoi^Uxiov  oder  Faitovlliov 
etc.  welche  in  der  griechischen  Anthologie  stehen  (II.  p.  151  ed.  lacobs) 
findet  das  über  die  Poesie  des  Gaetulicus  Berichtete  keine  Anwendung; 
s.  Jacobs  Anth.  gr.  XIII.  p.  896. 

2.  Plin.  n.  h.  XXVIII,  2,  5:  M.  Servilius  Nonianus,  princeps  ci- 
vitatis (wandte  gegen  lippitudo  ein  abergläubisches  Mittel  an).    XXXVII, 

6,  21:  avns  Servilii  Noniani,  quem  consulem  (J.  788,  Tac.  A.  VI,  81)  vidi- 
moB.    Adoptivsohn  des  Cos.  756  (W.  Teuffei  in  Pauly's  Beal-Enc.  VI,  1. 


574  Die  Kaiserzeit.    Erstes  Jahrhundert. 

S.  1122,  Nr.  78)?  f  812  =  59  n.  Chr.,  s.  Tac.  A.  XIV,  19  (oben  260,  5). 
Quintil.  X,  1,  102:  Servilius  Nonianus,  .  .  qui  et  ipse  a  nobis  auditos  est, 
clari  vir  ingenii  et  sententiis  creber,  sed  minus  pressus  quam  historiae 
auctoritas  postulat.  Vgl.  Tac.  dial.  23  (eloquentia  .  .  Servilii  Nonianij. 
Plin.  Ep.  I,  13,  3:  memoria  parentum  Claudium  Caesarem  ferunt,  cum  in 
palatio  spatiaretur  audissetque  clamorem,  causam  requisisse,  cumque  dictum 
esset  recitare  Nonianum,  subitum  recitanti  inopinatumque  yenisse.  Ver- 
hältniss  zu  Persius,  s.  unten  285,  2. 

3.  Tac.  A.  XV,  16:  prodiderit  Corbulo  etc.  Diess  geschah  wohl  in 
den  Memoiren  welche  dieser  Cn.  Domitius  Corbulo  (Cos.  suff.  unter  Cah- 
gula  J.  39  =  792,  von  Nero  hingerichtet  J.  67  =  820)  verfasst«.  Vgl  Plin. 
n.  h.  y,  24,  83:  oritur  (Euphrates)  etc.,  ut  prodidere  ex  üs  qui  prozime 
viderant  Domitius  Corbulo.  VI,  8,  23:  anzia  perquisita  cura  rebus  nuper 
in  eo  situ  gestis  «a  Domitio  Corbulone.  II,  70,  180:  Corbulo  duz  in  Ar- 
menia  .  .  prodidit.  Ueber  ihn  A.  Haakh  in  Pauly^s  Beal-Enc.  IL  S.  1218  K 
Held,  de  Cn.  Dom.  Corb.,  Schweidnitz  1862.  27  pp.  4.  E.  Egli  in  M.  Bü- 
dingers  Untersuchungen  zur  röm.  Kaisergeschichte  (1868)  I.  S.  336 — 343. 

4.  Cornelius  Bocchus  wird  von  Plinius  im  Quellenverzeichniss  zu  B.  16 
u.  37,  sowie  (Bocchus)  zu  B.  33  u.  34  aufgeführt  und  XV,  216.  XXXVII, 
24.  97.  127  für  Nachrichten  aus  Spanien,  vielleicht  aus  einem  Werke  de 
admirandis  Hispauiae  (Mommsen).    Solinus  p.  27,  3  (ut  Bocchus  auctor  est^ 
und  p.  38,  22  (Bocchus  autumat),  vgl.  p.  37,  8  M.,  erwähnt  ihn  für  chrono — 
logische  Angaben  die  sich  bei  Plinius  selbst  nicht  finden;  daher  Mommsen  ^^ 
Soliu.  p.  XVII  vermutet  dass  Solin's  Quelle  (vgl.  unten  295,  7)  eine  Chro  — 
uik  des  Bocchus  mitbenutzt  habe.    E.  Hübner  (Hermes  I.  S.  397)  identi^  — 
eiert  ihn  mit  L.  Cornelius  C.  f.  Bocchus,  flamen  prov.,  trib.  mil.,  welche 
die  colonia  Scallabitana  ob  merita  in  coloniam  ein  Denkmal  setzte,  nac 
einer  Inschr.  im  C.  I.  lat.  II,  35. 

276.     Gleichfalls    ein    Rhetor   war   Q.    Curtius    Rufu^   , 

welcher  unter  Claudius  zehn  Bücher  historiae  Alexandri  MagiLZB.i 

schrieb,   von  welchen  aber  die  beiden  ersten  nicht  auf  uns  g< 

kommen  sind.    Historische  Kritik  verräth  das  Werk  sehr  wenij 

desto  mehr  aber  Rhetorik,  Vorliebe  für  Reden  und  Senteuze: 

Der  Stil  zeigt  Aehnlichkeit  mit  dem  des  Seneca:  kurze,  ani 

thetisch  zugespitzte    Sätze,    wenig  Partikeln,    eine  rhetoriscfc»^ 

Wortstellung,  zahlreiche  Wendungen  von  poetischem  Anstrifcli- 

1.    Sueton  hatte  Q.  Curtius  Rufus  unter  den  rhetores  nach  M.  Porc£x2« 
Latro  und  vor  L.  Valerius  Primanus,  Verginius  Plavus  u.  s.  w.  abgeha-Ki- 
delt;  8.  Beifferscheids  Ausg.  p.  99  vgl.  128.    Dazu  stimmt  die  Da1iera:x>^ 
unter  Claudius,  auf  Grund  von  X,  9  (=  28),  3 — 6:  quod  imperium  sub  \mtjo 
stare  potuisset,  dum  a  pluribus  sustinetur,  mit.    proinde  iure  menUx^^^ 
pop.  rom.  salutem  se  principi  suo  debere  profitetur,  qui  noctis  quam  paen^ 
Bupremam  habuimus  novum  sidus  inluxit.    (4.)  hnius,  hercule,  non  soÜ^ 
ortuB  lucem  caliganti  reddidit  mundo,  cum  sine  suo  capite  discordia  meto- 
bra  trepidarent.    (5.)  quot  ille  tum  extinzit  faces,  quot  oondidit  gladios/ 
quantam  tempestatem  subita  serenitate  discussit!  non  ergo  revirescitsoItDD         M ^ 


%         •■  »cfl  4.. 


275  f.   Geschichtschreiber:  Corbulo  u.  a.    Curtius.  575 

^d  etiam  floret  Imperium.    (6.)  absit  modo  invidia,  excipiet  hmiis  saeculi 
^mpora    eiusdem   domus    utinam   perpetua,    certe    diutuma,   posteritas. 
(7.)  ceterum,    ut  ad  ordinem  a  quo  roe  contemplatio  publicae  felicitatis 
^verterat  redeam,  Perdicca  etc.  Denn  diese  Stelle  läset  bei  unbefangener  und 
%harf  eindringender  Auslegung  kaum  eine  andere  Beziehung  zu  als  auf  die 
Vorgänge  in  der  Nacht  vom  24  auf  den  25  Januar  41 ,  als  Caligula  ermor- 
det war,  seine  deutsche  Leibwache  in  der  Stadt  umher  mordete,  der  Senat 
an  die  Wiederherstellung  der  Republik  dachte,  bis  des  Claudius  Erhebung 
auf  den  Thron  alles  wieder  in  das  alte  Geleise  brachte.    Mützeirs  Ausg.  I. 
8.  :XLVII— LXXXI.    W.  Teuffei  in  Fleckeisen's  Jahrb.  LXXVII.  S.  282—284. 
Ebenso  Brissonius,  J.  Lipsius,  St,  Croix,  F.  D.  Gerlach.    Von  anderen  Da- 
tiemuigen  des  Curtius  können  ernsthaft  in  Betracht  kommen  nur  die  unter 
Au^Qstus  (verfochten  von  A.  Hirt,  C.  G.  Zumpt,  R.  Klotz)  und  die  unter 
F^^paaian  (Rutgers,  Freinsheim,  G.  J.  Voss,  F.  A.  Wolf,  Ph.  Buttmann, 
(r-     Pinzger,  A.  Baumstark,  Fr.  Eritz,  W.  Berger).    Aber  die  Versetzung 
ati^'fc€r  August  ist  unvereinbar  mit  der  Sprache  des  Curtius ,  welche  zwar 
^      Jolge  seines  engen  Anschlusses  an  Livius  viele  Aehnlichkeit  mit  der 
VOZ&  diesem  hat,  aber  zugleich  in  ihrer  gezierten,  poetisierenden  mid  rhe- 
tox-iaierenden  Färbung  auf  das  silberne  Zeitalter  hinweist.    Auch  ist  seine 
politische  Voraussetzung   die  Erbmonarchie.     Endlich  spricht  er  wieder- 
holt (V,  7,  9.  VI,  3,  12)  von  dem  Partherreiche  als  einem  blühenden,  wäh- 
^xid  die  augusteischen  Schriftsteller  wetteifernd  die  Erfolge  Augusts  über 
^^  Parther  ins  Grosse  ausmalen.    Für  die  Zeit  Vespasians  ungünstig  ist 
^^»  4,  21  über  Tyrus:  nunc  tandem,  longa  pace  cuucta  refovente,  sub  tutela 
^^anae  mansuetudinis  adquiescit.    Gegen  beide  Datierungen  gleichmässig 
aber   spricht  die   Unmöglichkeit  jene  Hauptstelle  (X,  9,  3  ff.)  vollständig 
^^  richtig  zu  deuten.    Ein  Paradoxon  war  Niebuhrs  (in  den  Abhh.  der 
^^^h  Akad.  1822  =  Kleine  Schriften  I.  S.  305—337)  Ansetzung  unter  Septi- 
^Us  SeveruB.    A.  Hirt,  über  das  Leben  des  Geschichtschreibers  Q.  Curtius 
^'^^^8,  Berlin  1820.    Ph.  Buttmann,  ü.  d.  L.  d.  G.  Q.  C.  R.,  Berlin  1820. 
•    iHiizger,  über  das  Zeitalter  des  Q.  CR.,  in  Seebode's  Archiv  1  (1824) 
^  «1^104.     Fr.  Kritz  in  der  Haller  AUg.  Lit.  Ztg.  1844,  S.  326  f.  733  ff. 
*    Öerger,  de  Q.  C.  R.  aetate,  Carlsruhe  1860.  31  pp. 

2.    Als  Quellen  nennt  Curtius  den  Kleitarchos  (IX,  5,  21.  9,  15.   Vgl. 

^  1?*^   242,  5),  Timagenes  und  Ptolomäus  (IX,  6,  21).    Auf  historische  Kritik 

*^eV>t  er  aber  keinen  Anspruch;  s.  VII,  8,  11  (utcumque  sunt  tradita  in- 

*"*^pta  perferemus).    IX,  1,  34  (equidem  plura  transscribo  quam  credo; 

5^j**^    niBC  adfirmare  sustineo  de  quibus  dubito,  nee  subducere  quae  accepi). 

«^^^ acher  Versuch  dazu  IX,  5,  21.    Das  Ueberwiegende  sind  Reden,  Schil- 

.  ^^"^^^gen  und  Paradescenen  (wie  IV,  10,  25  ff.  V,  12).     Die  Behandlung 

.        %ehr  romanhaft  als  historisch.    A.  Chassang,  histoire  du  roman  (Paris 

,^^)  p.  313—322.    Die  Schlachtbeschreibungen  verrathen  sehr  wenig  tech- 

^^che  Kenntnisse,  machen  daher  unwahrscheinlich  dass  der  Verf.  der  Cur- 

*j^^^  Ruf  US  sei  der  unter  Tiberius  procos.  Africae,  praetura  functus  war. 

V  ^  diesen  passt  auch  nicht  des  Historikers  verhältnissmässige  Freisinnig- 

^it  and  öfters  (vne  VIII,  10,  12)  derb  ausgesprochene  Aufklärung.   Gegen 

^^perititio,   Magie  u.   dgl.  IV,  3,  23.   6,  12.    7,  26.  29.    V,  4,  1  f.   VII, 

^>  8.  7,  8.    Sein  positives  Glaubensbekenntniss  ist  der  herkömmliche  Fa- 

^^lismoB  (inevitabile  fatum  IV,  6, 17).    Adulatio,  perpetuiun  malum  regum, 


1 


576  Die  Kaiserzeit.   Erstes  Jahrhandeii. 


qnoTum  opes  saepius  adsentatio  quam  hobtis  evertit,  VIII,  5,  6.  Der  sprach- 
liche Stoff  trägt  bei  Curtius  in  etymologischer,  lexikalischer  und  syntakti- 
scher Hinsicht  —  mit  wenigen,  nicht  eben  wesentlichen  Ausnahmen  — 
noch  entschieden  den  Charakter  der  Classicität,  aber  die  rhetorische  Be- 
handlung desselben  lässt  den  nachtheiligen  Einfluss  den  der  Büdungegang 
des  Schriftstellers  und  der  weniger  strenge  und  reine  Geschmack  des  Zeit- 
alters auf  die  gesammte  Darstellung  haben  musste  sehr  bestinmit  erken- 
nen (Mützell  S.  LXXXVI).  J.  H.  Emesti,  usurpata  a  Curtio  in  paiticolis 
latinitas,  tam  in  se  spectata  quam  cum  Comeliana  dictione  collata,  Lips. 
1719.  Mützell,  de  translationum  quae  vocantur  apud  Ourtium  usu,  Bertin 
1842.  4.  I 

3.  Die  mehr  als  70  Handschriften  zerfallen  in  zwei  Classen,  eine      ' 
ältere  (saec.  IX— XI),  vertreten  einerseits  durch  Paris.  5716  saec.  IX  und 
einzelne  Fragmente  in  Darmstadt,  Wien  und  Würzburg,  andererseits  darcV^ 
Leidensis,  Yossianus  I,  Flor.  A  und  Bern.  A;  s.  E.  Hedicke,  QuaestionuK^ 
Curtianarum  specimen  (Berlin  1862)  und  Praef.  seiner  Ausg.,  nebst  A.  Ens^' 
ner,  specimen  criticum  (Würzburg  1868)  p.  4—26,  und  üeber  die  TextkritU^ 
des  Curt.,  in  den  Verhandl.  der  Würzburger  Philologenvers.  (Leipzig  18^0) 
S.  158 — 160.    Alle  diese  gehen  auf  einen  selbst  schon  lückenhaften  ukb.^ 
fehlerreichen  archetypus  zurück.    Die  zweite  Classe  besteht  aus  der  Masse 
der  jüngeren  (saec.  XIV  f.),   durchcorrigierten  und  interpolierten  Haii.<i- 
schriften,  welche  keinen  selbständigen  Werth  haben.    Ausser  dem  Fehlen 
von  B.  I  und  II  sind  auch  sonst  Lücken  in  dem  überlieferten  Texte;    so 
am  Schlüsse  von  B.  V  und  Anfang  von  VI,  sowie  X,  3  f.    Bruchstücke  a^x&s 
B.  X  bei  Pseudo-Kallistheues,  s.  Jeep  in  Jahns  Jahrb.  LXXI.   S.  125 — 132- 

4.  Ed.  princeps,  Yenet.  um  1471  fol.    luntina  1507  ff.    Aldina  15^0. 
Ausgaben  von  Erasmus  (1518),   Fr.  Modius  (Colon.   1579),   J.  Freinsheixn 
(cum  comm.  et  suppl,  Strassburg  1648,  2  Voll,  und  1670.  4.),  H,  Snaken- 
bürg  (Sammelausg. ,  Delft  1724.  4.),  Fr.  Schmieder  (cum  comm.,  Göttin^'. 
1803),  J.  Mützell  (mit  krit.  u.  exeget.  Anm.,  Berlin  1841,  2  Bde)  und  be- 
sonders von  C.  6.  Zumpt  (ad  fidem  codd.  rec.  et  comm.  instr.,  Braazi.- 
schweig  1849,  und  schon  früher  die  unvollendete  Berol.  1826).    Schulaus- 
gaben von  J.  Mützell  (Berlin  1843)  und  C.  G.  Zumpt  (Braunschweig  184Ö. 
1864).    Texte  von  A.  Baumstark  (Stuttgart  1829),  H.  E.  Foss  (lips.  Teubiier 
1851)  und  besonders  (mit  kurzen  kritischen  Nachweisungen)  von  E.  Hedicke 
(Berol.  Weidmann.  1867). 

Beiträge  zur  Textkritik  von  Acidalius  (Animadvers.,  Frankfurt  1694)» 
H.  E.  Foss  (Epist.  crit.  ad  Mützell.,  Altenburg  1846.  4.  Qua-estiones  Cart, 
Altenburg  1852.  50  pp.  4.),  J.  Schmidt  (Quaeat.  Curt.  I.  Schweidnitz  1858.4.), 
A.  Hug  (in  den  Beiträgen  zur  Kritik  lat.  Prosaiker,  Basel  1864,  S.  1-W; 
und  Rhein.  Mus.  XX.  S.  117-129),  ü.  Köhler  (Rhein.  Mus.  XIX.  S.  184- 
196),  J.  Jeep  (Fleckeisens  Jahrb.  91,  S.  189—196),  H.  Alanus  (ObservatioDCs 
in  Curt.,  Dublin  1865),  besonders  aber  E.  Hedicke  und  A.  Eussner  (A.  3). 

üebersetzungen  von  Ostertag  (Frankfurt  1799),  J.  F.  Wagner  (Lemgo 
1854)  und  A.  H.  Christian  (Stuttgart,  Metzler,  4  Bdchn). 

277.    Der  Zeitgenosse  und  Landsmann  des  Seneca^  L.  Ja- 
nius  Moderatus  Columella  aus  GadeS;  ist  uns  bekannt  dureh 


276  f.    CurtiuB.    Columella.  577 

ine  zwölf  Bücher  De  re  rustica^  gerichtet  an  P.  Silvinus. 
iese  bilden  die  zweite  ausführlichere  Bearbeitung  des  Gegen- 
andes  durch  den  Verfasser,  während  von  der  kürzeren  ersten 
n  Buch  de  arboribus  miterhalten  ist.  Columella  ist  für  seinen 
toff  begeistert  und  beklagt  dessen  Vernachlässigung  in  seiner 
on  der  Natur  abgefallenen  Zeit.  Er  hat  es  darum  auch  nicht 
•n  Fleiss  fehlen  lassen  um  ihn  würdig  zu  behandeln.  Dem 
ehnten  Buche,  vom  Gartenbau,  hat  er  sogar,  im  Anschlüsse 
in  den  von  ihm  verehrten  Vergil,  gebundene  Form  gegeben; 
«  besteht  aus  436  wohlgebauten  Hexametern,  welche  freilich 
n  künstlerischer  Verarbeitung  des  Stoffes  ihr  Vorbild  bei  wei- 
5m  nicht  erreichen. 

1.  Inschrift  aus  Tarent  bei  Mommsen  I.  B..  N.  578  =  Orelli  -  Henzen 
»98:  L.  lunio  L.  f.  Gal.  Moderato  Colamellae)  trib.  mil.  leg.  VI  ferratae. 
'iiklich  gehörte  die  Vaterstadt  des  Columella,  Gades  (Colum.  X,  185:  mea 
UMJh  generant  Tartessi  littore  Gades,  vgl.  VII,  2,  4),  zur  tribus  Galeria, 
icl  die  legio  VI  ferrata  war  in  Syrien  stationiert  (Grotefend  in  Pauly*s 
^Al-Enc  IV.  S.  883  £) ,  vo  Columella  sich  längere  Zeit  aufgehalten  hat 
^y  10,  18:  hoc  quidem  semen  Cilidae  Syriaeque  regiouibus  ipse  vidi 
enae  lunio  lalioque  conseri  et  per  autumnum  .  .  tolli).    C.  L.  Grotefend 

der  Zeitschr.  f.  d.  Alt  Wiss.  1835,  S.  179.  Sein  patruus  war  M.  Colu- 
fllsL,  doctissimufi  et  diligentissimus  agricola  (II,  16,  4),  vir  iUustribus  disci- 
^is  eruditus  ac  diligentissimus  agricola  Baeticae  provinciae  (V,  5,  15), 
^s  vir  ingenii  atque  illustris  agricola  im  munieipium  Gaditanum  (VII, 
4).  Vgl.  Xn,  21,  4  f.  40,  2.  43,  5.  Zeitgenosse  des  Seneca;  s.  III,  3,  3: 
^^entana  regio,  .  .  quam  possidet  Seneca,  vir  excelleutis  ingenii  atque 
^^trinae.  Also  vor  dem  Tode  des  Seneca  (J.  65)  geschrieben,  aber  wohl 
l^bdem  er  sich  vom  Hofe  zurückgezogen,  also  etwa  J.  62;  vgl.  Plin.  n.  h. 
^V,  49  —  51.  E.  Meyer,  Gesch.  der  Botanik  IL  S.  59—62.  Jedenfalls 
'^eb  Columella  später  als  Celsus   und  Gräcinus,   die  er  beide   citiert 

oben  264,  1  u.  267,  5  f.),  und  früher  als  Plinius  der  iütere,  von  dem  er 
^ets  citiert  wird  (VIII,  153.  XV,  66.  XVII,  51  f.  137.  162.  XVIII,  70.  303. 
^,  68).  Vgl.  noch  Colimi.  I.  praef.  15:  sicut  M.  Varro  iam  temporibus 
^Omm  conquestus  est.  I,  7,  3:  ipse  nostra  memoria  veterem  consularem 
^^  J.  3  n.  Chr.)  virumque  opulentissimum  L.  Volusium  (t  56  n.  Chr.) 
^«everantem  audivi.  V,  1,  2:  cum  M.  Trebellius  noster  a  me  requireret 
ier  Legate  des  J.  36  bei  Tac.  A.  VI,  41?).  IX,  16,  2:  Gallioni  nostro  (t  65 
•  C!hr.,  8.  oben  252,  7  g.  E.).  P.  Silvinus  scheint  ein  Landsmann  und  Nach* 
^  des  Columella  gewesen  zu  sein;  s.  III,  3,  3  (in  nostris  Ceretanis).  9,  6 
i  me  .  .  ex  una  vite  quam  in  Ceretano  tuo  possides  .  .  consummata). 
Grundbesitz  des  Col.  in  Italien;  s.  III,  9,  2  (cum  et  in  Ardeatino  agro  quem 
inltis  temporibus  ipsi  ante  possedimus  et  in  Carseolano  itemque  in  Al- 
ane •  .  vites  .  .  habuerimus). 

2.  Schrifken.  XI,  1,  31:  contra  quam  observationem  multis  argumen- 
ktionibuB  disseruisse  me  non  infitior  in  iis  libris  quos  adversus  astrologos 
)inp08ueram.    II ,  22,  5  f. :  certum  habeo  quosdam  . .  desideraturos  lustra- 

Teuffel,  Rum.  Literalurgpeschichte.  ß7 


578  Die  Kaiserzeit.    Erstes  Jahrhundert. 

tionum  ceterorumque  sacrificiorum  quae  pro  frugibos  fiunt  morem  priacis 
usurpatum.  nee  ego  abnuo  docendi  curam,  sed  differo  in  eum  librum 
quem  componere  in  animo  est  cum  agricolationis  totam  disciplinam  per* 
Bcripsero.  Ob  diese  Absicht  ausgeführt  wurde  ist  nicht  bekannt.  Der 
Schreibfehler  XVI  statt  XII  bei  Cassiod.  div.  lect.  28  (Columella  XVI  libru 
per  diversas  agriculturae  species  eloquens  ac  facunde  illabitur)  kann  jeden- 
falls darauf  nicht  bezogen  werden.  Colum.  II,  11,  1  (escepta  cytiso,  de 
qua  dicemus  in  üs  libris  quos  de  generibus  surculorum  consciipsimüB) 
deutet  auf  B.  III—V  (speciell  V,  12),  welche  im  Florent.  (Medic.)  die  üeber- 
schrift  haben:  Surcularis  I,  II,  III. 

3.  De  arboribus  handelt  sowohl  B.  III  (III,  1,1:  sequitur  arborum 
cura  etc.)  als  auch  ein  eigenes  so  betiteltes  Buch,  welches  sich  selbst  als 
ein  zweites  bezeichnet  (quoniam  de  cultu  agrorum  abunde  primo  volamine 
praecepisse  videmur,  non  intempestiva  erit  arborum  .  .  cura)  und  in  kür- 
zerer Fassung  dasselbe  enthält  wie  die  nunmehrigen  Bücher  III — V,  auch 
dem  P.  Silvinus  nicht  gewidmet  ist.  Dass  es  zu  den  zwölf  Büchern  nicht 
gehört  erhellt  überdiess  aus  der  übereinstimmenden  und  geschlossenen 
Zählung  welche  in  diesen  selbst  gegeben  ist;  so  VIII,  1,  1  (quae  .  .  exi- 
gebat  ratio  septem  memoravimus  libris).  X.  praef  1  (superioribus  noTem 
libris).  XI,  1,  2  (hoc  undecimum  praeceptum  rusticationiB  tradidi).  XII, 
13,  1  (cui  septimo  libro  praecepta  dedimus  =  VII,  8).  Die  auBfShrlichere 
Bearbeitimg  sollte  ohne  Zweifel  an  die  Stelle  der  früheren  treten,  und  nur 
der  Zufall  hat  uns  auch  von  dieser  jenen  Theil  erhalten.  Sie  war,  wie  ee 
scheint,  dem  Eprius  Marcellus  gewidmet  (Schneiders  Ausg.  p.  19.  673). 

4.  Die  zwölf  Bücher  sind  vollständig  und  in  der  von  dem  Verfasser 
selbst  gewählten  Ordnung  auf  uns  gekommen,  wie  aus  den  regelmässigen 
praefationes  erhellt;  s.  A.  3  und  das  Schlusswort  XII,  57,  6  (clausolam 
peracti  operis  mei).  Die  zehn  ersten  entsprachen  den  etwa  vier  der  ersten 
Ausgabe  (A.  3);  an  diese  wurden  auf  persönliche  Veranlassungen  B.  XI 
und  XII  noch  angereiht;  s.  XI,  1,  2:  quod  nunc  aggredior  .  .  primo  rei 
rusticae  libro  (I,  8  f.)  videbar  aliquatenus  executus;  .  .  tamen  .  .  numemm 
quem  iam  quasi  consummaveram  voluminum  excessi  etc.  XII,  1,  1:  ut 
institutum  ordinem  teneamus  quem  priore  volumine  (XI)  inchoaYimuB. 
Aber  auch  die  früheren  Bücher  scheinen  an  P.  Silvinus  einzeln  gesandt  zu 
sein ,  da  die  Vorreden  zu  B.  II ,  IV  und  V  auf  Bemerkungen  Bezug  neh- 
men welche  über  das  Vorangehende  gemacht  worden  seien.  Für  erschöpft 
hält  der  Verfasser  seinen  Stoff  keineswegs ;  s.  V,  1 ,  1 :  neqne  infitior  ali- 
qua  me  praeteriisse ,  quamvis  inquirentem  sedulo  quae  nostri  saecoli  cul- 
tores  quaeque  veteres  litterarum  monumentis  prodiderunt;  sed  .  .  non  w- 
severaveram  quae  vastitas  eins  scientiae  contineret  cuncta  me  dictnrum, 
sed  plurima.  .  .  (2.)  nobis  satis  abuudeque  est  tam  diffusae  materiae  .  • 
maximam  partem  tradidisse.  XII,  57,  6:  nihil  dubitasse  me  paeneinfinita 
esse  quae  potuerint  huic  inseri  materiae,  verum  ea  quae  maxime  videban- 
tur  neccsaaria  memoriae  tradenda  censuisse.  Aber  er  fasst  auch  seine 
Aufgabe  im  weitesten  Sinne;  s.  I.  praef.  21  ff.:  ego  cum  aut  magnitudinem 
totius  rei  .  .  aut  partium  eins  .  .  numerum  recenseo  vereor  ne  supremus 
ante  me  dies  occupet  quam  universam  disciplinam  ruris  possim  cognoscere. 
nam  qui  se  in  hac  scientia  perfectum  volet  profiteri   sit   oportet  remu> 


.^ 


277  f.    Columella.    Asconius.  579 

naturae  sagacissimuB  efcc.  (32.)  ille  quem  nos  perfectum  esse  volumus 
agricolam  .  .  multum  tarnen  profecejf^  si  usu  Tremellios  Sasernasque  et 
Stolonea  nostros  aequaverit.  (33.)  .  .  illud  procul  vero  est  .  .  facillimam 
esse  nee  uUius  acuminis  rosticationem.  Echt  römisch  ist  aber  IX,  2,  5: 
haec  et  his  similia  magis  scrutantium  rerum  naturae  latebras  quam  rusti- 
corom  est  inquirere.  studiosis  quoqile  Jitterarum  gratiora  sunt  ista  in 
otio  legentibus  quam  negotio^is  agricolis,  quouiam  neque  in  opere  neque 
io  re  familiari  quidquam  iuvant.  üebrigens  zeigt  sich  Columella  überall 
als  ein  gebildeter  Mann,  der  seines  Gegenstandes  mächtig  und  dafür  be- 
geistert ist  und  ihn  mit  Geschmack  zu  behandeln  weiss  (Isidor.  Orig.  XVII, 
1,  1 :  Columella,  insignis  orator,  qui  totum  corpus  disciplinae  eiusdem  com- 
plexus  est).  Auch  für  die  ethischen  Seiten  desselben  hat  er  ein  warmes 
OefÜhl.  Wiederholt  preist  er  die  einfachen  Zustände  des  alten  Rom  und 
beklagt  das  Umsichgreifen  der  Unnatur  (I;  praef.  14  ff.  X.  praef.  2.  XII. 
praef.  8  f.).  An  dem  Herunterkommen  des  Bodens  tragen  die  Menschen 
selbst  die  Schuld  (II,  1,7:  non  fatigatione  .  .  nee  senio,  sed  nostra  inertia 
minoB  benigne  nobis  arva  respondent). 

5.  Colum.  IX,  16,  2:  quae  reliqua  nobis  rusticarum  rerum  pars  su- 
perest,  de  cultu  hortorum,  P.  Silvine,  deinceps  ita  ut  et  tibi  et  Gallioni 
nostro  complacuerat  in  Carmen  conferemus.  X.  praef.  3:  cultus  hortorum 
.  .  diligentius  nobis  quam  tradiderunt  maiores  praecipiendus  est;  isque  .  . 
prosa  oratione  prioribus  subnecteretur  exordiis,  nisi  propositum  meum  ex- 
pugnasset  frequens  postulatio  tua,  quae  pervicit  ut  poeticis  numeris  exple- 
rem  Georgici  carminis  omissas  partes ,  quas  tamen  et  ipse  Yergilius  signifi- 
caverat  (Georg.  IV,  148)  posteris  post  se  memorandas  relinquere.  neque 
enim  aliter  istud  nobis  fuerat  audendum  quam  ex  voluntate  vatis  maxime 
venerandi.  (4.)  cuius  quasi  numine  instigante  .  .  aggressi  sumus  tenuem 
admodum  .  .  materiam.  X,  433  f. :  hactenus  arvorum  cultus,  Silvine,  doce- 
bani,  siderei  vatis  referens  praecepta  Maronis. 

6.  Columella^s  Werk  wird  verhältnissmässig  sehr  wenig  citiert;  ausser 
von  Plinius  und  Gargilius  Martialis  fast  nur  von  Serv.  Aen.  III,  540.  Aus- 
geschrieben wurde  es  durch  Palladius,  und  dessen  Arbeit  sagte  dem  rohen 
Geschmacke  der  späteren  Zeiten  besser  zu.  Doch  sind  von  jenem  nicht 
wenige  Handschriften  auf  uns  gekommen,  die  aber  noch  nicht  gehörig 
▼erwerthet  sind.  Die  besten  sind  die  Florentiner  und  der  Sangermanensis 
in  Paris.  VgL  die  praefationes  von  Gesner  (p.  IX  f.)  und  J.  G.  Schneider. 
Aasgaben  in  den  Sammlungen  der  scriptores  rei  rusticae;  s.  oben  44,  2. 
Separatausgabe  von  J.  H.  Hess,  Flensburg  1795;  übersetzt  von  M.  C.  Cur- 
tiu»,  Hamburg  1769.  Ueber  Columella  vgl.  E.  H.  F.  Meyer,  Gesch.  der 
Botanik  IL  S.  58  —  67,  und  ein  Verzeichniss  der  weit  über  400  Pflanzen 
die  von  Columella  genannt  oder  besprochen  werden  ebds.  S.  68 — 80. 

278.  Dto  classischen  Schriftstellern  der  Vergangenheit; 
besonders  dem  Cicero  ^  Sallust  und  Yergil,  zugewandt  war  die 
literarische  Thätigkeit  des  gelehrten  Q.  Asconius  Pedianus  (ums 
J.  3 — 88  n.  Chr.).  Wir  besitzen  von  ihm  noch,  obwohl  in  trüm- 
merhafter Gestalt,  geschichtliche  Commentare  zu  fünf  Reden 
Cicero's,  welche  hohen  sachlichen  Werth  haben  und  auch  treff- 

37* 


580  Die  Kaiser/elt.   Erstes  Jahrhundert. 

lieh  geschrieben  sind.  Um  so  weniger  gilt  beides  von  den  mit 
Unrecht  seinen  Namen  tragenden  Scholien  zu  CJicero's  Verrinen. 
Mehr  Brauchbares  enthalten  die  scholia  Bobiensia,  in  welchen 
der  ursprüngliche  Commentar  des  Asconius  vielleicht  benützt  ist. 

1.    lÜeroD.   zu   Eu8.  chron.  ad   a.  Abr.  2092  =  Yespas.  8  (Freher. 
schon  2091):  Q.  Asconius  Pedianus  scriptor  historicus  (er  war  von  Sueio 
unter  den  historici,  zwischen  FenesteUa  und  dem  älteren  Plinius,  abge — 
handelt,  Sueton.  p.  91  Rit'sch.)  clarus  habetur,  qui  LXXIII  aetatis  su 
anno  captus  luminibus  XII  postea  annis  in  summo  omnium  honore  co 
senescit.    Die  Ansetzung  in  diesem  J.  kann  nur  dem  Erblinden  gelten;  di 
Blütezeit  des  Abc.  muss  unter  Claudius  und  Nero  fallen.    Bei  Suidas 

*Ani%Loq  erscheint  'Acatavioq  üaidiavog  schon  J.  781  =  28  n.  Chr.  (untc^ 

Tiberius)  in   der   Gesellschaft  des   Junius  Bläsus;   vgl.  Ascon.   ad  Sca 
p.  27  Gr.:  possidet  (das  Hans  des  Scaurus)  nunc  Larg^  Licinius,  qui 
fuit  cum- Claudio  (J.  795  =  42  n.  Chr.).    Angeführt  von  Plin.  n.  h,  VL 
48,  159  (auctor  est  Pedianus  Asconius)  und  Quintil.  I,  7,  24  (ex  P 
comperi,  vgl.  V,  10,  9).    Ascon.  ad  Comel.  p,  76  Or.  (Livius  noster);   d 
her  wohl  gleichfalls  aus  Patavium  gebürtig.    Serv.  zu  Vergil.  Ecl.  III,  1 
(Asconius  Pedianus  dicit  se  Yergilium  dicentem  audisse)  wird  berichti 
durch  Philargyr.  und  Schol.  Bern.  ibid.  (dicit  Comif.  oder  Comel.  se  £u 
divisse  Vergilium  etc.);  Ribbeck  Prolegg.  Vergil.  p.  97  f. 


2.  Acro  zu  Hör.  S.  I,  2,  41  (p.  29  Hth.):  quem  (den  Sallußt) 
uius  Pedianus  in  vita  eins  significat.  Buch  contra  obtrectatores  Yergil^^  ; 
s.  oben  211,  3  E.  Darauf  lassen  sich  alle  Aussagen  des  Abc.  über  Ver^gT^^ 
beziehen,  ohne  dass  man  höthig  hätte  einen  förmlichen  Commentar  d^^^ 
Abc.  zu  Vergil.  anzunehmen;  Suriiigar  bist.  er.  schol.  lat.  II,  p.  206 — 2  A  ^^2. 
Commentar  zu  den  Beden  Cicero's ,  gerichtet  an  seine  Söhne  (p.  44  O  :k-  -  • 
vestra  aetas,  filii,  facit;  vgl.  vos  ib.  p.  12.  14  f  26  f.  45.  68  u.  sonßt),  vo^«c"- 
zugsweise  das  Sachliche,  die  Zeitverhältnisse  u.  s.  w.  erläuternd  und 
den  besten  Quellen  (Madvig  p.  63  ff.  Klotz,  lat.  Lit.  I.  S.  109—111) 
Scharfsinn  und  Gründlichkeit  geschöpft.  Nach  den  Verweisungen  in 
erhaltenen  Theile  scheint  Ascon.  die  meisten  (oder  alle)  Beden  des  Cio^^*"^ 
in  dieser  Weise  commentiert  zu  haben ;  vgl.  Gell.  XV,  28,  4.  Auf  uns 
kommen  sind  aber  —  in  fragmentarischer  Gestalt  —  Commentare  zu  <1« 
Reden  in  Pisonem,  pro  Scauro,  pro  Milone,  pro  Cornelio  und  in  toga 
dida.  Poggio  fand  diese  in  St.  Gallen  J.  1416  und  nahm  davon  eine  flCLo tä- 
tige Abschrift,  welche  sich  zu  Florenz  befindet,  während  das  St.  OaXl^*" 
Original  alsbald  wieder  verloren  gieng.  Ausgaben  nach  jener  Abscbx'i^ 
(Madvig  p.  33  tf.;  bei  Orelli  V.  p.  I — XIII),  meist  mit  Interpolationen:  B^- 
princepg  Venet.  1477;  andere  von  P.  Manutius  (Ven.  1547  u.  sonst),  ^^• 
Hotomannus  (Lugd.  1551),  T.  Popma  (Colon.  1578),  Th.Crenius  [hvt^^- 
1698),  Jac.  Gronov  (Lugd.  Bai  1692.  2  Voll.  4.)  und  in  den  Gesammt»'*^«- 
gaben  des  Cicero  von  C.  G.  Schütz  und  besonders  Orelli- Baiter  (V,  2.  jp-  ^ 
—95).    Kritische  Beiträge  von  Binkes  in  der  Mnemosyne  X  und  XI. 

3.  Die  Commentare  zu  den  Verrinen  (einschliesslich  der  divinati^^ 
sind  ebenso  überwiegend  grammatisch  wie  die  andern  historisch,  hietc^ 
sehr  wenig  was  nicht  auch  aus  andern  Quellen  bekannt  oder  selbstve''* 


278  f.    Asconius.    Pomponius  Mela.  581 

siänclXich  wäre,  haben  eine  breite  Darstellung  und  unclassische  Sprache 
und  sind  nicht  wie  jene  an  eine  Mehrheit  gerichtet  (z.  B.  p.  119  Or.:  pri- 
maixmi,  subaudi  partium).  Hätte  der  Verfasser  derselben  (frühestens  aus 
dem  vierten  christl.  Jahrh.)  den  echten  Commentar  des  Asconius  zu  diesen 
Reden  auch  nur  vor  sich  gehabt,  so  müsste  er  ihn  ohne  Verständniss  für 
das  'Wichtige  ausgebeutet  und  in  seine  Sprechweise  übersetzt  haben.  Vgl. 
Madvig  p.  84  ff.   Diese  Commentare  selbst  bei  Orelli  V,  2.  p.  97—213. 

4.  Viel  weniger  dürftig,  daher  eher  aus  den  echten  Comment-areu 
<i68  Asconius  mitgeschöpft,  aber  doch  mit  diesen  selbst  an  historischem 
und  exegetischem  Werthe  und  gefeilter  Schreibweise  ebenso  wenig  zu  ver- 
gleichen sind  die  von  Ang.  Mai  aus  einem  Palimpseste  von  Bobbio  (dessen 
eratex"  Theil  in  der  Vaticana,  der  zweite  in  der  Ambrosiana  sich  findet) 
herausgegebenen  Reste  von  Scholien  zu  ciceronischen  Reden  (pro  Flacco, 
cum  in  senatu  gratias  egit,  cum  populo  gratias  egit,  pro  Plancio,  Milone, 
Seatio,  inVatinium,  in  Clodiura  et  Curionem,  de  aere  al.  Milonis,  de  rege 
alexandrino,  pro  Archia,  Sulla,  in  Catil.  IV,  pro  Marcello,  Ligario,  Deio- 
^^^i"©,  Scauro),  gewöhnlich  Scholia  Bobiensia  genannt.  A.  Mai  wollte 
bei  der  ersten  Herausgabe  (Mediol.  1814  =  Frankfurt  1815;  cum  Maü  notis 
^did.  Gramer  et  Heinrich,  Kiel  1816.  4.)  sie  dem  Asconius  beilegen  (comm. 
antiquus  ineditus  qui  videtur  Asconii  Pediani),  nahm  diess  aber  in  der 
zweiten  Ausgabe  (Auetores  classici  e  vaticanis  codd.  editi.  Vol.  II.  Rom 
I82S)  zurück.  In  der  That  ist  es  unmöglich  diese  Scholien  früher  als  ins 
vierte  oder  fünfte  Jahrhundert  zu  setzen.  Vgl.  z.  B.  p.  286  Or. :  quos  nunc 
^^^6*0  muliones  dicimus,  .  .  eos  veteres,  ut  animadvertis,  redarios  dicebant. 
^aa«  der  Verf  ein  Christ  war  zeigt  p.  266,  9  Or.  (secundum  veterem  super- 
»titioiiem).  Abdruck  bei  Orelli  V,  2  (Mai's  praefatio  etc.  p.  217-228) 
P-  228-376.    Vgl.  Madvig  p.  142  ff. 

5.  Suringar,  historia  critica  schol.  lat.  I.  p.  116 — 146.    Hauptschrift: 
•'*   ^-  Madvig,  de  Q.  Asconio  Pediano  et  aliorum  veterum  interpretum  in 

,^-     orationes  commentariis  disp.  critica,  Kopenhagen  1828;  wozu  Appen- 
^^  oritica,  ib.  1828.    Gräfenhan,  Gesch.  d.  class.  Philologie  IV.  S.  293—298. 

279.    unter  Caligula    oder   Claudius   verfasste  Pomponius 
^^Xa  aus  Tingentera  in  Spanien   seine  drei  Bücher  de  choro- 
^^J)hia,    für  uns  die   früheste   Beschreibung   der    alten   Welt. 
^^  Abriss  ist  aus  guten  Quellen  geschöpft,  wohlgeordnet  und 
^^"^^chhaltig.     Neben  dem  Geographischen  wird  auch  das  Sitten- 
S^Bchichtliche  berücksichtigt.     Der  Stil  zeugt  von  rhetorischer 
Bildung.     Wortstellung,  Constructionen  und    der    meist  abge- 
lassene Satzbau  verrathen  den  Zeitgenossen  des  Seneca. 

1.  Mela  II,  96:  Carteia  .  .  atque  unde  nos  sunms  Tingentera.  III,  49: 
^ritannia  qualis  sit  .  .  mox  certiora  dicentar.  quippe  tamdiu  clausam 
^perit  ecce  principam  maximus,  nee  indomitarum  modo  ante  se  verum 
Ignotarum  quoque  gentium  victor  propriarum  rerum  fidem  ut  hello  ad- 
tectjivit  ita  triumpho  declaraturus  portat.  Diess  deutet  entweder  auf  Ca- 
ligula's   Triumph  über  Britannien  (J.  40  n.  Chr.)  oder  den  des  Claudius 


ik. 


j2  Die  Kaiserzeit.    Erstes  JahrhundertT^' 


I.  43).    III,  90:  Eudoxus  quidam  avorum  nostrorum  temporibos  com  La> 
ihyrum  regem  (J.  117 — 81  v.  Chr.)  Alexandriae  profugeret. 

2.  Von  Plinias  wird  Mela,  Pomponius  Mela  und  Mela  Pomponias  ald 
Quelle  genannt  für  B.  EI— VI,  Vni,  XII  f.,  XXI  f.    Mela  selber  nennt 
als  Quellen  den  Hipparchos  (III,  70),  Hanno  (III,  90.  94)  und  Comeli 
Nepos  (III,  45:  Com.  N.  ut  recentior,  auctoritate  sie  certior;  vgl.  ib.  90)^ 
Die  Zahl  der  von  ihm  aufgeführten  geographischen  Namen  beträgt  übe 
1500.    Bei  aller  sonstigen  Kürze  sind  doch  über  merkwürdige  Punkte  au< 
ausführliche  Beschreibungen  eingefiochten ,  wie  über  den  specus  Corycii 
I,  72—76,  den  Berg  Ida  I,  94  f.;  ebenso  sittengeschichtliche  Erörterunge 
über  Aegypten  I,  57—59,  Britannien  III,  49—52.    Die  ganze  Anlage  se 
voraus  dass  dem  Verfasser  eine  Erdkarte  vorlag.    Nicht  ausgeführt  schei 
die  Absicht  den  Gegenstand  auch  ausführlicher  zu  behandeln;  s.  I,  2: 
cam  autem  aUas  plura  et  exactius,  nunc  ut  quaeque  sunt  clarissima 
Btrictim. 

3.  Handschrifi;en  des  Mela  zählt  Tzschucke  (vgl.  Parthey  p.  IX— XXVTÄTIS 
ungefähr  sechszig  auf,  Ausgaben  104.    Unter  den  ersteren  ist  die  äl 
und  wichtigste  der  Vaticanus  4929  saec.  IX  oder  X,  die  andern  alle  i 
saec.  XIV  ff.    Unter  den  Ausgaben  sind  hervorragend  die  von  Is.  V 
(Hag.  Com.  1658.  4.    Franeker  1700.  8.),    C.  H.  Tzschucke  (Lips.  1806 
6  Bde  mit  ausfährlichem  kritischem  und  exegetischem  Commentar),  G. 
they  (ad  librorum  mss.  fidem  edidit  uotisque  criticis  instruxit,  Berlin  1^67;. 
Ausserdem  ist  nennenswerth  die  von  J.  Gronovius  (Lugd,  Bat.  1685.  1696. 
1722.  1748.  1782). 

280.  Die  bedeuteudsten  Redner  in  dieser  Zeit  waren  Solcie 
die  sich  gewerbsmässig  mit  politischen  Anklagen  befassten^  wie 
P.  Suillius,  Vibius  Crispus  aus  Vercellä,  den  sein  ruhiges  Wesen 
ein  hohes  Alter  und  die  Zeit  Domitians  erreichen  liess^  der  leb- 
haftere Eprius  Marcellus;  Eunstredner  lulius  Africanus  und  der 
Sachwalter  Galerius  Trachalus  (Cos.  J.  68);  ausgezeichnet  haupt- 
sächlich durch  sein  volltönendes  Organ.  Andere  bethätigten 
ihre  Beredtsamkeit  vorzugsweise  im  Senat;  wie  die  Stoiker  Pae- 
tus  Thrasea  und  Helvidius  Priscus.  Auch  eine  Anzahl  von  Leh- 
rern der  Redekunst  kennen  wir  aus  dieser  Zeit,  wie  Verginiuf| 
FlavuS;  Clodius  QuirinaliS;  Antonius  Liberalis  u.  A. 

1.  Tac.  A.  XIII,  42:    P.  Suillius,  imperitante  Claudio  terribilis  0 
Ankläger)  ac  venalis.    .  .  eius  opprimendi  gratia  repetitum  credebatar 
poenaque  Cinciae  legis  adversum  eos  qui  pretio  causas  oravissent 
lius  .  .  praeter  ferodam  auimi  extrema  senecta  liber  etc.    ib.  43  wej 
u.  A.  equitum  rom.  agmina  damnata  ihm  schuldgegeben.    Er  wor^ 
insulas  baleares  verbannt,  J.  58  n.  Chr.    Vermählt  war  er  mit  der 
tochter  des  Ovid,  ex  Pont.  IV,  8  vom  J.  15  n.  Chr.    A.  Haakh.in 
Real-Enc.  VI,  2.  S.  1486  f.  Nr.  1. 

2.  Tac  dial.  8:  ausim  contendere  Marcellum  Eprium  (s.  A. 
Crispum  Vibium  .  .  notos  non  minus  esse  in  extremis  parÜbi 


280,   Redner:  Vibius  Crißpus,  lulius  Africanus  u.  a.  583 

J^Mö     quam  Capuae  aut  Vercellis,  ubi  nati  dicuntur  (vgl.  Schol.  Juv.  FV,  81: 
^^^F>^a8,  municeps  Viaelliensia;  dagegen  Schol.  des  Valla  ib.,  unter  Ver- 
weclxslung  mit  Passienus  Crispus,  oben  252,  6:  V.  Cr.  Placentinus).    hoc 
illiß    ^raestat  .  .  ipsa  eloquentia.    .  .  sine  commendatione  natalium,  sine 
sabstiantia  facultatum,  neuter  moribus  egregiua,  alter  habitu  quoque  cor- 
poris    contemptus,  per  multoa  iam  anuos  potentissimi  sunt  civitatis  ac  donec 
^"^^i'ti   principes  fori,  nunc  principes  in  Caesaris  (des  Vespasian)  amicitia 
fß^'^^^ti  geruntqne  cuncta.    Hist.  II,  10:  Vibius  Crispus,  pecunia,  potentia, 
i^S^Äiio  inter  claros  magis  quam  iuter  bonos.    .  .  Crispum  easdem  accu- 
^atioxies  cum  praemio  exercuisse  meminerant.    Juv.  IV,  81  —  93:  venit  et 
^i:ia5>i  iucunda  senectus,  cuius  erant  mores  quaUa  facundia,  mite  Ingenium. 
-  •    sie  multas  hiemes  atque  octogesima  vidit  solstitia,  his  armis  illa  (des 
I^oxnitian)  quoque  tutus  in  aula.    Er  lebte  also  etwa  J.  10  —  90  n.  Chr., 
'^^^    es  kann  daher  richtig  sein  die  Angabe  des  Schol.  Vall.  zu  Juv.  1.  L: 
^^   ^xxanu  promptus  et  lingua  sub  Claudio  et  consulatum  adeptus.    Vgl.  Pliu. 
?*    ^.  XIX.  prooem.  4:  C.  Flavio  legato  Vibi  Crispi  procos.  (von  Africa). 
*7^«  Jahr  seines  Consulats  ist  aber  nicht  bekannt.    Zechgenosse  des  Vitel- 
^^^^  (Suid.  V.  BitiXXios),    Quintil.  V,  13,  48:  quod  factum  venuste  nostris 
^^>nporibu8  elusit  Vibius  Crispus,  vir  ingemi  iucundi  et  elegantis.    X,  1, 
?^^^:  erant  clara  et  nuper  ingenia.    et  Trachalus  (A.  6)  .  .  fuit  .  .  et  Vi- 
^Vu8  Crispus  compositus  et  iucundus  et  delectationi  natus,  privatis  tarnen 
^^^osis  quam  publicis  melior.    XII,  10, 11  (iucunditatem  Crispi).    VHI,  5,  17 
v^ro  Spatale  Crispus,  vgl.  ib.  19:  Trachalus  contra  Spatalen). 

3.  Inschrift  aus  Capua  bei  Orelli-Henzen  5425:  T.  Clodio  M.  f.  Pal. 
ClTitterstaat  des  Emporkömmlings)  Eprio  Marcello  cos.  II  (J.  827  =  74; 
1^  zwischen  811  u.  814),  auguri,  curioni  maximo,  sodali  augustali,  pr(aetori) 
l>er(egr.,  im  J.  48,  s.  Tac.  A.  XII,  4),  procos.  Asiae  III  (J.  824—826)  provincia 
Cypros;  vgl.  Borghesi  Oeuvres  III.  p.  285  ff.    Geboren  zu  Capua  in  niedri- 
gen Verhältnissen  (s.  A.  2),  Delator  unter  Nero  (Tac.  A.  XVI,  22  extr. : 
Idarc.  Epr.  acri  eloquentia.    ib.  29:  cum  Marcellus,  ut  erat  torvus  ac  mi- 
Bax,  voce,  voltu,  oculis  ardesceret),  z.  B.  des  Thrasea,  und  als  solcher  spä- 
ter wiederholt  von  Uelvidius  Priscus  belangt  (Tac.  dial.  5:  quid  aliud  in- 
festis  patribus  nuper  Eprius  Marcellus  quam  suam  eloquentiam  opposuit? 
qua  aecinctus  et  miuax  disertam  quidem  sed  inexercitatum  et  eiusmodi 
certaminum  rüdem  Helvidi  sapientiam  elusit;  vgl.  unten  282, 12),  aber  noch 
unier  Vespasian  einflussreich  (s.  A.  2),   jedoch  J.  79   der  Verschwörung 
gegen  ihn  überwiesen  und  zum  Tode  getrieben.    A.  Haakh  in  Pauly^s  Real- 
Enc.  ni.  S.  207  f.    Tac.  hist.  IV,  7 :  esse  illi  (dem  E.  M.)  pecuniam  et  elo- 
quentiam ^  quis  multos  auteiret,  ni  memoria  fiagitiorum  urgeretur.    Ver- 
theidigung  des  E.  M.  ib.  8.    Vgl  noch  277,  3.  283,  2. 

4.  Quintil.  X,  1,  118:  eorum  quos  viderim  Domitius  Afer  (f  J.  59  n. 
Chr.,  s.  oben  260,  5)  et  lulius  Africanus  longo  praestantissimi.  .  .  hie 
concitatior  (als  Afer),  sed  in  cura  verborum  nimius  et  compositione  non- 
numquam  longior  et  translationibus  parum  modicus.  Vgl.  ib.  XII,  10,  11 
(oben  37,  2).  Tac.  dial.  15.  Phn.  Ep.  VII,  6,  11.  Quintil.  VIII,  5,  15 
(insigniter  Africanus  apud  Neronem  de  morte  matris,  J.  59  n.  Chr.).  Sein 
Vater  war  wohl  der  im  J.  32  verurteilte  lulius  Africanus  e  Santonis,  gal- 
hca  civitate  (Tac^  A.  VI,  7). 


584 


Die  Kai^erzeit.    Erstes  Jahrhundert. 


5.  Qointil.  X,  3,  13:  patruus  lulii  Secundi  fuit  I alias  Floras,  in 
eloquentia  Galliamm  (qnoniam  ibi  demum  exercoit  eam)  princeps,  alioqai 
inter  paucos  disertus. 

6.  Tac.  Hist.  I,  90:  in  rebas  urbanis  Galerii  Trachali  (Cos.  821 
=  68  mit  Silius  Italicus)  ingenio  Othonem  ati  credebatar.    et  erant  qai 
genus  ipsum  orandi  noscerent  crebro  fori  usa  celebre  et  ad  implendas  po- 
puli  aures  latam  et  sonans.    Qointil.  X,  1,  119:  erant  clara  et  naper  in- 
genia.    et  Trachalus  plerumqae  snblimis  et  satis  apertas  fiiit  et  qaem  velle 
optima  crederes,  auditus  tarnen  maior;   nam   et  vocis  qaantam  in  nollo 
cognovi  felicitas  et  pronuntiatio  vel  scenis  suffectara  et  decor,  omnia  deni- 
que  ei  quae   snnt   extra   saperfueraut.     Letzteres   näher   ausgeführt  XFL  ^ 
5,  5  f.  Tgl.   10,  11  (sonum  Trachali).     Veröffentlicht  war  jedenÜEills  seii^^ 
Rede  contra  Spatalen  (Quintil.  VIII,  6,  19).   Vgl.  noch  Qointil.  VI,  3,  78 

7.  A.  Fabricios  Veiento  (praetorius,  Dio  LXI,  6)  wurde  im  J.  62 
Chr.  angeklagt  quod  multa  et  probrosa  in  patres  et  sacerdotes  compos 
set  iis  libris  quibus  nomen  codicillorum  dederat  (Tac.  A.  XTV,  50).    A 
wohl  eine  Satire  in  Prosa  in  der  Form  eines  Testaments  (vgl.  oben  24, 
Convictum  Veientonem  Italia  depulit  (Nero)  et  libros  exuri  iussit,  conq^ 
sitos  lectitatosque  donec  cum  periculo  parabantur  (Tac.  1.  1.).    Unter 
mitian  finden  wir  ihn  als  niedrigen  Schmeichler  des  Herrschers  und  D< 
tor  bei  Juv.  III,  185.  IV,  113.  123  ff.  VI,  113.    Er  erlebte  noch  den  Ne 
(Plin.  Ep.  IV,  22,  4  vgl.  IX,  13,  13). 


^ 


a 


m- 


8.  L.  Valerius  Primanus,  von  Sueton  (p.  99  Bffsch.)  nach  Q.  Cur 
Rufus  und  vor  Verginius  Flavus  unter  den  clari  rhetores  aufgeführt. 

9.  Tac.  A.  XV,  71:  Verginium  Flavum  .  .  claritudo  nomiuis  4 
pulit  (J.  65  n.  Chr.);  nam  Verginius  studia  iuvenum  eloquentia  .  .  foveb 
Unter  Letzteren  war  auch  der  junge  Persius  Flaccus  (vita  Pers.).  In  3, 
suetonischen  Verzeichniss  von  rhetores  (Sueton.  p.  99  Rffsch.)  ist  er 
zehnte.  Quintil.  III,  1,  21:  scripsit  de  eadem  materia  (Rhetorik)  .  . 
tis  nostrae  Verginius.  VII,  4,  40:  Flavum,  cuius  apud  me  sununa  est 
ctoritas,  cum  Artem  scholae  tantum  componeret  etc.  Er  schloss  sich  dsLlop  «i 
an  griechische  Vorgänger  an;  s.  ib.  VII,  4,  24.  Erwähnungen  de88ei1>^o 
ib.  III,  6,  45.   IV,  1,  23.  XI,  3,  126. 

10.  Hieronym.  zo  Eos.  chron.  a.  Abr.  2063  =  Claud.  7  aus  Sue'to^ 
(vgl.  p.  99  Rffsch.) :  P.  Clodius  Quirinalifl  rhetor  Arelatensis  Romae  insig'oi^* 
sime  docet. 

11.  Hieronjm.  ib.  ad  a.  2064  =  Claud.  8:  M.  Antonius  Liberalis,  Is- 
tinus  rhetor,  gravissimas  inimicitias  cum  Palaemone  (oben  266,  3)  exerc^^- 
Dagegen  Liberalis  noster  aus  Lugdunum  bei  Sen.  Epist.  91,  1.  3.  13  Boheint 
Aebutius  Liberalis  (oben  273,  4)  zu  sein. 

12.  Hieronjrm.  ib.  ad  a.  2073  =  Neron.  3:  L.  Statins  ürsnlus  Tolo- 
seneis  celeberrime  in  Gallia  rhetoricam  docet. 

13.  Vita  Lucani:  matrem  habuit  Aciliam,  Acilii  Lucani  filiam,  ora- 
toris  (Sachwalter)  operae  apud  proconsules  (in  Spanien)  frequentis  et  »pud 
clarissimos  viros  non  nullius  ingenii.  adeo  non  improbandus  fuit  ut  in 
scriptis  aliquibus  hodieque  perduret  eius  memoria. 

14.  üeber  Passienus  Crispus  den  jüngeren  s.  oben  262,  5;  über  lo* 


4it 


Ükht 


t4. 


't.T 


280  f.    Redner  (TrochaJus  u.  a.)  und  Juristen.  585 

^ias  GalUo  oben  252,  7;  über  Paetus  Thrasea  und  Helvidius  Priscus  unten 
^^2,  7  a.  12;   über  Cluvius  Rufus  unten  296,  2;    über  Curiatius  Maternus 
^^ten  300,  1;  über  Silius  Italiens  unten  302, 1;  über  den  Vater  den  Statius 
^ten  300,  3. 

15.    üeber  die  rhetorischen  Schriften  des  L.  Annaeus  Cornutus  s.  un- 
^n  282,  2. 

■ 

281.    Namhaftere  Juristen  dieser  Zeit  sind  nächst  Pro- 

culus  besonders  der  Sabinianer  Caelius  Sabinus  (Cos.  69),   der 

Jängere  Nerva,  der  Vater  des  nachmaligen  Kaisers  Nerva,  Lon- 

ginus  und  ürseius  Ferox.     Ein  jüngerer  Zeitgenosse  des  Pro- 

cuJus  ist  Atilicinus,  und  auch  Fufidius  scheint  dieser  Zeit  anzu- 

g'eliören. 

1.  üeber  Proculus  s.  oben  265,  5. 

2.  Pompon.  Dig.  I,  2,  2,  53:  Cassio  (oben  265,  3)  Caelius  Sabinus 
iuc<*^88it,  qui  plurimum  temporibus  Vespasiani  potuit  (doch  war  er  cos. 
^^ÖT-  schon  69  ==  822,  Tac.  Hist.  I,  77),  .  .  Caelio  Sabino  Priscus  lavole- 
lua.  Gellius  IV,  2,  3:  Caelius  Sabinus  in  libro  quem  de  edicto  aedilium 
'^^*"^xlium  coraposnit.  Daraus  Gell.  VI,  4,  1  (Caelius  Sabinus  iurisperitus) 
—  3.  Dig.  XXI,  1  (de  aedil.  ed.),  14  (pr.  u.  3.  10).  17  (§.  1.  6.  8.  12  ff.). 
^^.  ^5  (2).  Aus  anderen  Schriften  desselben  Gaj.  Inst.  III,  70  u.  141.  Dig. 
^-X^XV,  1  (de  cond.  et  demonstr.),  72,  7. 

3.  Pompon.  Dig.  I,  2,  2,  52:  fuit  eodem  tempore  et  N^rva  filius 
^^^^  Vater  oben  265,  2),  fuit  et  alius  Longinus  (als  der  oben  265,  3  ge- 
'^^■^^rite)  ex  equestri  quidem  ordine,  qui  postea  ad  praetiüram  usque  per- 
^®*^^t.  Dig.  ni,  1,  1,  3:  qua  aetate  (pueritia,  bis  zum  17ten  Jahre  gerech- 
^^i  aut  paulo  maiore  fertur  Nerva  filius  et  publice  de  iure  responsitasse. 
p^^  ,  2,  47:  idque  Nerva  filius  libris  De   usucapionibus  retulit.     Er  war 

'"^^^ulianer.    Wohl  auf  ihn  bezieht  sich  Tac.  A.  XV,  72:  triumphale  decus 
dJocceio  Nervae,  praetori  designato,  .  .  tribuit  (Nero,  J.  65  n.  Chr.). 

4.  Ulpian  in  der  Collat.  leg.  mos.  et  rom.  XII,  7,  9:  libro  X  ür- 
^-^  Xi8  refert  Sabinum  respondisse.  In  Schriften  von  ihm  war  Proculus 
^i^^^.  IX,  2,  27,  1.  XXXIX,  3,  11,  2)  citiert,  und  zuUrsejus  selbst  verfasste 

^^«ius  (oben  265,  3)  Commentare  (Dig.  VII,  4,  10,  5:  Cassius  apud  ürseium 
^P^Vbit,  vgl.  ib.  XLIV,  5,  1,  10:  Cassius  existimasse  ürseium  refert),  sowie 
^Ivius  Julianus  in  seinen  libri  IV  ad  ürseium  Ferocem. 

6.    Dig.  XXni,  4,  17:  Proculus  libro  XI  epistolarum.    Atilicinus 

^^oculo  Buo  salntem.    Folgt  eine  juristische  Anfrage,  worauf  Proculus  re- 

^pondit.    Genannt  wird  er  ib.  X,  3,  6,  4  (Sabinus  et  At.  responderunt). 

^H,  4,  7  (Nerva,  At  responderunt).    XLV,  2,  17  (At.,  Sabinus,  Cassius  .  . 

^ont).    Inst.  last.  II,  14  (Atilicino  placuisse  Paulus  .  .  refert).    Fragm. 

Vat.  77  (Atüicinum  respondisse  Aufidius  —  oder  Fufidius,  s.  A.  6  —  refert). 

6.  Dig.  XXXIV,  2,  5  (aus  Africanus):  apud  Fnfidium  Quaestionum  libro 
II  ita  scriptum  est  etc.  XL,  2,  25  (aus  Gs^us):  Fufidius  ait;  Nerva  filius 
(A.  3)  contra  sentit,  quod  verius  est.  XLII,  5,  29  (aus  Paulus):  Fufidius 
refert  etc. 


586  Die  Kaiserzeit.    Erstes  Jahrhundert. 

7.    Sex.  PediuB  (Dig.  IV,  8,  3fi,  20  u.  IX,  2,  33  aus  Paulus;  ib.  XXXIX, 
1,  5,  9  aus  Ulpianus),  Verfasser  eines   Werkes  in  mehreren  Büchern  de 
stipulationibus  (PauL  ib.  XII,  1,6:  Pedius  libro  primo  de  st.)  und  eines 
grösseren,  von  mindestens  25  Büchern,  ad  edictum;  s.  Paul.  ib.  XXXVII,  1,  ^^ 
6,  2:  uotis  scriptae  tabulae  non  continentur  edicto,  quia  notas  literas  noi^^ 

esse  Pedius  libro  XXV  ad  edictum  scribit.    In  den  notae  Einsidlenses  ja     

ristischen  Inhalts  ivird  schliesslich  auch  aufgeführt  S.  P.  M.  und  diese--  _ 
aufgelöst  Sexti  Pedii  Medmani  (nach  Huschke's  Verbesserung,  aus  MednL___^ 
oder  Medama  in  Bruttium).  Danach  hätte  er  vor  Probus  (unten  283,  3) 
lebt.  Aus  den  Dig.  ersehen  wir  nur  dass  er  nach  Ofilius  (Dig.  XIV,  1,1, 
aus  Ulpianus:  unde  quaerit  Ofilius,  .  .  quam  distinctionem  Pedius  probi 

und  Sabinus  (ib.  L,  16, 13,  1  aus  Ulpianus:  ufSabinus  ait  et  Pedius  proba~: i^) 

andrerseits  vor  Julianus  (ib.  III,  5,  6,  9—11  aus  Julianus:  item  quaerii.==^  ut 
apud  Pedium  libro  VII  etc.)  und  vor  Pomponius  (ib.  IV,  3,  1,  4  aus  IZZUI- 
pian:  ut  et  Pedius  libro  VIII  scribat.  .  .  idem  et  Pomponius  libro  XXVI  II, 
et  adicit  etc.)  geschrieben  hatte.  Vgl.  Huschke,  inrisprud.  anteiu^»  U 
p.  67  f.  77.    T\jdemann,  de  Pedio  icto,  Lugd.  Bat.  1822. 

282.    Die  Lehrer  der  Philosophie  in  dieser  Zeit  schr-die- 
ben  meist  griechisch.    So  Sextius,  ComutuS;   Musonius   RuP^kjs, 
Epiktet.     Unter  den  Anhängern  derselben  waren  schriftsteUe- 
risch  thätig;  und  in  lateinischer  Sprache ;  ausser  Celsus,  P^.jpi- 
rius  FabianuS;  ein  Plautus^  und  besonders  Seneca.    Die  bes^fc^n 
Männer  wandten  sich  dem  Stoicismus  zu,  weil  er  die  Fähigkicit 
verlieh  mit  Würde  zu  leben  und  mutig  zu  sterben.    So  lulius 
EanuS;  Thrasea  Paetus,  Barea  Soranus,  Rubellius  PlautuS;  Sei- 
vidius  Priscus,  sowie  die  Dichter  Persius  und  Lucanus.    Da    sie 
alle  den  Kundgebungen  des  Servilismus  sich  möglichst  entzog^ezi^ 
manche  ihre  Abkehr  davon  freimütig  aussprachen ,    so   wurde 
das  stoische  Bekenntniss   ein  politischer  Verdachtsgruud.    Nor 
P.  Egnatius  Celer  verband  Stoicismus  imd  Denimtiantentbuiu. 
Selten  wird  jedoch   die   stoische  Lehre   von  ihren  Anhangeni 
rein  erhalten;  die  einen  schwächen  sie  ab  zu  einem  Gomplex 
von  Lehren  praktischer  Lebensweisheit,  wie  ausser  Seneca  auch 
Musonius  und  Epiktet,    Andere    steigern  sie   durch  asketische 
Zuthaten  aus  Pythagoreismus    und  kynischer  Praxis,   und  um 
die  Systematik  derselben  kümmern  sich  die  Wenigsten. 

1.  Ueber  Sextius  s.  oben  250,  5—7. 

2.  Suidas  8.  y.  Koqvovxos:  Asnxitrjg  tpilocotpog,  .  .  ysyovtoi  h^Ptofi^ 
inl  Nigcovog  nai  jtQog  avtov  dvaiQsd'tlg  avv  tm  Movcovim  (A.  3).  ifO^ 
noXXoc  fpiXocotpd  xs  xal  {rjxoQinci.    Hieronym.  chron.  ad  a.  Abr.  2084 
Ner.  14:  Nero  .  .  Cornutum  pbilosophum,  praeceptorem  Peraii  (s.  rmt 
284,  2),  in  exsilium  fugat.    Dio  LXII,  29  (AwccCov  Kogvovxov  svdomiioi 
x6x8  ys  inl  naiÖBioi).    Philosophische  Schriften  nqog  'Ad'rjvodiOQOv  toi 
axoxiXriv,  nB(fl  xrjg  xmv  d's^v  q>v6£CDg,  welche  letztere  Schrift  erhalt 


282.    Philosophie:  ComutuB.  Musonius.  587 

^om.  de  natura  deorom,  ex  schedis  C.  de  Villoisonis  reo.  et  comm.  instr. 
r.  Osann,  Gotting.  1844),  vielleicht  ein  Auszug  des  urspriinglichen  Werkes. 
emer  rhetorische:  rixvag  ^ijTO^ixag  in  griechischer  Sprache  und  de  figuris 
^nteuüarum  in  lateinischer  (Gell.  IX,  10,  5:  Annaeus  Cornutus,  homo  sane 
leraque  alia  non  indoctus  neque  imprudens,  in  secundo  librornm  quos  de 
IpixiB  sent.  composuit).  Dazu  granimatische.  Gell.  II,  6, 1:  nonnulli  gram- 
LAÜci  aetatis  superioris,  in  quibus  est  Cornutus  Annaeus,  haut  sane  indocti 
sque  ignobiles,  qui  commentaria  in  Yergilium  composuerunt,  reprehen- 
unt  etc.  Charis.  I.  p.  127,  20  E.:  L.  Annaeus  Cornutus  in  Maronis  com- 
lentarüs  X,  ohne  Zweifel  identisch  mit  ib.  p.  125,  16:  Annaeus  Cornutus 
i  Italicum  de  Vergilio  libro  X;  vgl.  0.  Jahn,  Pers.  p.  XV— XIX.  Ribbeck 
roleg.  Vergil.  p.  123—128.  Aus  seiner  Schrift  de  enuntiatioue  vel  ortho- 
raphia  Auszüge  bei  Cassiod.  p.  2281  ff.  P.  Corrupt  und  unverständlich 
}t  Charis.  11.  p.  201,  12  K.:  Annaeus  Cornutus  libro  tab.  castarum  patris 
oi.  Zweifelhaft  aber  ist  ob  Cornutus  auch  Tragödien  verfasst  habe.  Zwar 
leisst  es  in  der  vita  Persii  (p.  234  f.  J.):  cognovit  per  Comutum  etiam 
Lnnaeum  Lucanum,  aequaevum  auditorem  Comuti.  nam  Cornutus  illo  tem- 
>ore  tragicus  fuit,  sectae  stoicae,  qui  libros  philosophiae  reliquit.  sed  Lu- 
sanuB  etc.  Indessen  sind  die  Worte  nam  —  reliquit  ein  fremdartiger  Zu- 
latz,  da  aber  Cornutus  in  der  vita  schon  vorher  genauer  gesprochen  war, 
voLch  hier,  bei  dem  Unterrichte,  seine  Eigenschaft  als  tragicus  nicht  in 
Betracht  kam.  Unglaublich  ist  jedoch  dass  diese  Worte  ursprünglich  (wie 
If.  Hertz  meint,  de  Scaevo  p.  4  f.  not.  4)  sich  auf  den  nachher  kurz  ge- 
aannten  Seneca  bezogen  haben,  da  sie  in  ihrer  unlogischen  Fassung  nicht 
von  Probus  selbst  herrühren  können,  ein  späterer  Grammatiker  aber  den 
Tragiker  Seneca  und  den  Philosophen  nicht  identificiert,  geschweige  denn 
jene  Eigenschaft  an  Seneca  vorangestellt  hätte.  Im  Allgemeinen  G.  J.  v. 
Martini,  disp.  lit.  de  L.  Annaeo  Cornuto,  Lugd.  Bat  1825.  0.  Jahn,  Prolegg. 
zu  Pers.  p.  VIII— XXIV. 

3.  C.  Musonius  (Plin.  Ep.  III,  11,  5.  7)  Rufus.  Tac.  A.  XV,  71: 
(Musonium)  Rufum  claritudo  nominis  expulit  (J.  65  n.  Chr.  vgl.  Dio  LXII, 
27:  'Povtpog  Movadviog  6  tpilSöotpog  .  .  itpvyadsvd'rj),  nam  .  .  Musonius 
praeceptis  sapientiae  fovebat  (iuvenes).  XIV,  59:  doctores  sapientiae,  Coe- 
ranu8  graeci,  Musonius  tusci  (aus  Volsinii)  generis.  Hist.  ni,  81:  miscuerat 
se  legatis  (J.  69)  Musonius  Rufus,  equestris  ordinis,  studium  philosophiae 
et  placita  stoicorum  aemulatus.  Unrichtig  daher  Hieronym.  ad  a.  Abr. 
2095  (Freher.  ad  2096),  Tit.  1:  Titus  Musonium  Rufum  philosophum  de 
exilio  revocat.  Vgl.  Dio  LXVI,  13:  ndvtag  avtC%a  tovg  tpiloaotpovg  6 
Ovscnaciavogj  nlrjv  tov  Movatavlov^  i%  tr\g  'Pdfitig  i^ißalBv  (J.  71).  In- 
schrift (Eph.  Arch.  3833,  3) :  tsQsvg  UnokXanfog  JrjUov  diä  {ߣov)  Movcto- 
9iog  ^Povtpog,  Dass  er  in  griechischer  Sprache  lehrte  erhelllt  aus  GeU.  IX, 
2,  8.  XVI,  1,  1  f.  und  der  Sammlung  seiner  Aussprüche  über  Fragen  des 
sittlichen  Lebens  (dno^vriiiovsvnaxce  MovamvCov)  durch  den  jüngeren  PoUio, 
woraus  Stobäus  Florileg.  Vieles  excerpiert  hat.  Das  bei  Gellius  V,  1  von 
ihm  Angeführte  kann  übersetzt  sein;  aber  das  Wortspiel  zwischen  remit- 
tere  und  amittere  animum  (ib.  XVIII,  2,  1)  deutet  auf  ursprünglich  latei- 
nische Fassung.  C.  Mnsonii  Rufi  .  .  reliquiae  et  apophthegmata  cum 
annot.  ed.  J.  Venhuizen-Peerlkamp ,  Harlem  1822.  H.  Ritter  und  L.  Prel- 
ler, hist.   philos.   graeco-rom.  p.  438  ff.     J.  J.  Bäbler,  im  N.  Schweiz. 


588  Die  Kaiserzeit.   Erstes  Jahrhundert. 

Mus.  IV  (Bern  1864)  S.  23—37.    0.  Bernhardt,  zu  G.  Mus.  Rufus,  Sorau 

1866.  4. 

4.  Epiktet  aus  Hierapolis,  bekannt  durch  seines  Schülers  Arriano 
'EyxBiffidtov  'EntiixtJTOv.     Fr.   Spangenberg,    die  Lehre  Epiktets,  Hanai 
1849.  4.    Winnefeld,  die  Philosophie  des  Ep.,  ein  Beitrag  zur  Geschidit 
des  Eklekticismus  der  röm.  Kaiserzeit,  in  Fichte^s  Zeitschr.  f.  Philos 
S.  1  —  32.  193  —  226.    G.  Grosch,  die  Sittenlehre  des  Ep.,  Wemigerod 

1867.  4.  luid  vieles  Andere. 

5.  Quiutil.  X,  1,  124:  Plautus  in  stoicis  rerum  cognitioni  utilis.  V| 
oben  250,  9.  Ueber  Celsus  s.*  oben  264,  3;  über  Fabianus  oben  250,  1 
über  Seneca  oben  273,  4  u.  5;  über  den  Epikureer  Aufidius  Bassus  ob 
261,  2. 

6.  Sen.  de  tranq.  an.  (dial  IX,)  14,  4:  Kanus  lulius,  vir  inpri 
magnus,  cuius  admirationi  ne  hoc  quidem  obstat  quod  uostro  saeculo  nat 
est,  cum  Caio  (Caligula)  diu  altercatus,  wurde  von  ihm  zum  Tode  yen^m^-mr- 
teilt.    (9.)  prosequebatur  illum  philosophus  suus  (zum  Hinrichtungsplat^ss  ^ . 
.  .  promisitque  (I.  K.)  si  quid  explorasset  drcumiturum  amicos  (nach  seine 
Tode)  et  indicaturum  quis  esset  animarum  status. 

7.  P.  (Fanuius?)  Thrasea  Paetus  ausPatavium,  Schwiegersöhne! 
Caedna  Paetus,  Gemahl  der  jüngeren  Arria  und  Vater  der  Fannia  die 
HelvidiuB  Priscus  (A.  12)  vermählt  war,  Consular,  von  Nero  J.  66  zum  To 
verurteilt.    W.  Teuffei  in  Pauly's  Real-Enc.  VI,  2.  S.  1898  f.    A.  S.  Ho 
sema,  de  P.  Thr.  P.,  Groningen  1862.    G.  Joachim,  P.  Valerii  Paeti  T 
vita,  Lahr  1858.     Dio  LXII,  26:  o  Sgaasag  %al  6  Zmgccvog  (A.  8),  %al  - 
vovg  xal  nlovxov  tijg  te  cvfiknccarig  dQetfjg  ig  rd  nqdiza  dvri%ovzBg^  .  . 
^avov  .  .  0X1  xoiovxoi  Tjactv.    Tac.  A.  XVI,  21:  ad  postremum  Nero  vir^^^.- 
tem  ipsam  excindere  concupivit  interfecto  Thrasea  Paeto  et  Barea  Sora-xxo. 
Er  gehörte  zu  der  secta  quae  Tuberones  et  Favonios  .  .  genuit  (ib.  ^3> 
Zum  Tode  verurteilt,  war  er  maxime  intentus  Demetrio,  cjnicae  instituizio  - 
nis  doctori  (Sen.  de  benef.  VII,  8,  2:  virum  ezactae  .  .  saplentiae 
que  .  .  constantiae,  eloquentiae  vero  eins  quae  res  fortissimas  deceat 
Verbannt  unter  Vespasian,  Dio  LXVI  ,13).    cum  quo  .  .  de  natura 
et  dissociatione  spiritus  corporisque  inquirebat  etc.  (Tac.  A.  XVI,  34).   Ttir^ 
sea^s  Ideal  war  von  jeher  der  jüngere  Cato,  dessen  Leben  er  auch  in  eix&e^ 
panegyrisch  gehaltenen  Schrift  beschrieb,   die   dem  Plutarch   bei  seixier 
Biographie  desselben  als  Hauptquelle  gedient  hat;  v.  Plut.  Cat.  min.    ^7 
vgl.  26  und  H.  Peter,  d.  Quellen  Plutarchs  S.  65  f.  68. 

8.  Servilius  Barea  Soranus,  cos.  suff.  62  unter  Claudius,  gleichzeitig 
mit  Thrasea  (A.  7)  angeklagt  und  zum  Tode  getrieben.    Dio  LXII,    S^' 
xov  Zatgavov  Tlovitltog  *Eyv(xxiog  KiXsQ  (aus  Berytos)  (pil6aoq>Gg  xaxttf^^^' 
öofiaQxvQTjatv.    Tac.  A.    XVT,  32:  cliens  hie  (P.  Egnatius)  Sorani  et  t^cnc        |^ 
emptus  ad  opprimendum  amicum  auctoritatem  stoicae  sectae  praeferet''^ 
habitu  et  ore  ad  exprimendam  imaginem  honesti  exercitus,  ceterum  anXmo 
perfidiosus,  subdolus  etc.    Juv.  III,  116  ff.  mit  Schol.  zu  I,  33  (Soraof^^ 
Baream  Celer  philosophus  magister  ipsius  apud  Neronem  scelere  delatic^us 
occidit  et  ipse  postea  sub  Vespasiano  ob  hoc  ipsum  Musonio  Rufo  acco- 
sante  damnatus  est)  und  VI,  552. 

9.  Rubellius  Plautus  .  .  placita  maiorum  colebat,  habitu  severo,  ca^^ 


\f 


282  f.    Philosophie  (Paetus  u.  a.)  und  Grammatik  (Probus).       589 

et  »^c;reta  domo,  Tac.  A.  XIV,  22  (wo  ihm  Nero  J.  60  schreibt:  esse  illi 
peir  ^Asiam  avitos  agros,  iu  quibus  tuta  et  inturbida  iuventute  frueretur). 
i^-  ^7:  Plautom  .  .  veterum  Romanorum  imitamenta  praeferre,  assumpta 
etia,xx3.  Stoicorum  arrogantia  sectaque,  quae  turbidos  et  negotiorum  adpe- 
teot^fi  faciat.    Von  Nero  gemordet  J.  62,  ib.  58  f. 

«  

XO.  H.  Schiller,  die  stoische  Opposition  unter  Nero;  1, 1.  Wertheim  1867. 

XI.    Vita  Persii:  usus  est  apud  Comutum  duorum  convictu  doctissi- 
itioi^vKin  et  sanctissimorum  virorum,  acriter  tunc  philosophantiuro,  Claudii 
irrini  (Reinesius:  Agathemeri)  medici  Lacedaemonii  et  Petroni  Aristo- 
Magnetis,  .  .  cum  aequales  essent,  Cornuti  minores  et  ipsi. 

12.  Tac.  Hist.  IV,  5:  Helvidius  Priscus  Carecinae  municipio,  Clu- 
^^^  X^atre,  qni  ordinem  primi  pili  duxisset,  (also  von  einem  Helvidius  adop- 
tiert) ingenium  inlustre  altioribus  studiis  (vgl.  GeU.  XIII,  10, 1  oben  249,  2) 
luyenis  admodum  dedit,  non,  ut  plenque,  ut  nomine  magnifico  segne  otium 
^^^^ÄT-et,  sed  quo  firmior  adversus  fortuita  remp.  capesseret.  doctores  sapien- 
tiue  secutus  est  qui  sola  bona  quae  honesta,  mala  tantum  quae  turpia, 
P^teutiam,  nobilitatem  ceteraque  extra  auimum  neque  bonis  neque  malis 
i^Qumerant  (also  dem  Stoicismus).  quaestorius  adhuc  a  Paeto  Thrasea 
('^-    7)  gener  delectus  etc.    6:  erant  quibus  adpetentior  famae  videretur; 

*  •  x>uina  soceri  in  exilium  pulsus  ut  Galbae  principatu  (J.  69)  rediit  Mar- 
cellum  Eprium  (oben  280,  3)   delatorem   Thraseae  accusare   adgreditur. 

*  -  primo  minax  certamen  et  egregiis  utriusque  orationibus  testatum  etc. 
^ucH  ein  späterer  Angriff  auf  MarceUus  scheiterte,  obwohl  nicht,  wie  es 
'^^<^  dial.  6  seinen  Sprecher  dessen  Rolle  gemäss  darstellen  lässt,  in  Folge 
**®^    überlegenen  Beredtsamkeit  des  Marcellus;  vgl.  Hist.  IV,  43  f.    Prätor 

•    7o.    Als  er  auch  unter  Vespasian  das  Oppositionmachen  fortsetzte ,  theil- 

^^iae  allerdings  in  unmotivierter  und  demonstrativer  Weise,  riss  diesem 

^^^Üich  die  Geduld:  Helvidius  wurde  verbannt  und  bald  darauf,  halb  aus 

^s^erständniss,  getödtet.    Suet.  Vesp.  15.    Dio  LXVI,  12  {UqCo-ao^'EXovC- 

.  .  xotq  axaXuoig  doyfiaciv  ivtQaq>elg  aal  ti^v  xov  Ogccaiov  nagi^rja^av 

^  ^""w  HuiQa  pkipLOviisvos  etc.). 

283.    Auf  dem  Gebiete  der  Grammatik    ist  die  bedeu- 
^*^ eiste  Erscheinung  dieser  Zeit  M.  Valerius  Probus  aus  Be- 
ytos,  welcher  sich  die  kritische  Behandlung  classischer  Schrift- 
,^^Vler  in   der   Weise    der   Alexandriner   zur    Aufgabe   machte. 
^  ^Xnentlich  dem  Lucretius,  Vergilius,  Horatius  und  den  Gedich- 
^Ji  des  Persius  wandte  er  seine  Thätigkeit  zu.    Daneben  erörterte 
^'^  das  alterthümliche  Latein  theils  mündlich,  theils  in  Abhand- 
^^gen,  von  denen  die  durch  ihn  selbst  herausgegebenen  theil- 
"^eise  Briefform  hatten.     Von  seinem  Werke  de  notis  ist  ein 
^erthvoUer  Theil,  die  juristischen  Abkürzungen  enthaltend,  auf 
>iü8  gekommen.     Die  Berühmtheit  zu  welcher  sein  Name  ge- 
langte bewirkte  dass  in  späterer  Zeit  der  in  seinen  Schriften 
enthaltene  grammatische  Stoff  in  die  Form  eines  Lehrbuchs  (Ars) 
gebracht  und  in  ausführlicheren  oder  kürzeren  Bearbeitungen, 


590  Die  Eaiserzeit.   Erstes  Jahrhundert. 

mit  Zuthaten  anderer  Grammatiker  vermehrt   oder  abgekürzte 
lange  Zeit  hindurch  in  den  Schulen  fortgebraucht  wurde. 

1.  Sueton.  gramm.  24  (unmittelbar  nach  Remmius  Palaemon):  M.  Y^ 
lerius  Probus  Berytius  diu  centuriatum  petiit,  donec  taedio  ad  studia    «^ 
contulit.    legerat  in  provincia  quosdam  veteres  libellos  (lateinische)  ap^^^ 
grammatistam.    .  .  hos   cum   diligentius  repeteret  atque   alioB    deinc^^- 
cognoscere  cuperet  .  .  in  proposito  mansit  multaque  exemplaria  contra^c::^ 
emendare  ac  distinguere  et  adnotare  curavit,  eoli  huic  nee  nlli  praete:^rr( 
grammaticae  parti  deditus.    hie  non  tam  discipulos  quam  sectatores    ^^ 
quot  habuit;  numquam  enim  ita  docuit  ut  magistri  personam  sustine^^-et 
unum  et  alterum  yel,  cum  plurimos,  tres  ant  quatuor  postmeridianis  koh« 
admittere   solebat  cubansque  inter   longos  ac  volgares  sermonee  le^«re 
quaedam,  idque  perraro.    (Vgl.  A.  2.)    nimis  pauca  et  ezigoa  de  quiliijs. 
dam  minutb  quaestiunculis  edidit.    reliquit  autem  non  mediocrem  sil^^ 
observationum  sermonis  antiqui.    Hieronym.  ad  a.  Abr.  2072  »  Neron.  2 
(Amand.  erst  2078):  Probus  Berytius  eruditissimus  grammaticorum  Ronue 
agnOBcitur.    Nach  Martial.  (III,  2, 12  zu  seinem  Buche:  nee  Probum  timeto] 
scheint  er  noch  unter  Domitian  gelebt  zu  haben.    Gell.  IX,  9,  12:  Yalerü 
Probi,  .  .  docti  hominis  et  in  legendis  pensitandisque  veteribus  scriptis 
bene  callidi.    I,  15,  18  (grammaticum  inlustrem).    lY,  7,  1  (Y.  P.  gram- 
maticus  inter  suam  aetatem  praestanti  scientia  fuit).    Auson.  epigr.  praef. 
ad  Syagr.  18—20:  nomen  grammatici  merui,  non  tam  grande  quidem  quo 
gloria  nostra   subiret  Aemilium   aut   Scaurum  Berytiumye   Probum.  lä. 
profess.  15,  12  (Scaurum  Probumque).    20,  7  (grammatice  ad  Scaurum  at- 
que Probum).    Cassiod.  de  gramm.  p.  2321  P.  (Palaemon,  Phocas,  Probos 

et  Censorinus).  Analecta  gramm.  Yindob.  p.  514  ( ut  est  Probus  et  Cae- 
sar).   Gräfenhan,  Gesch.  d.  class.  PhiloL  lY.  S.  286—293. 

2.  Proben  von  des  Yal.  Pr.  mündlichen  Erörterungen  über  den  senno 
antiquus  bei  Gellius ,  der  sie  von  familiäres  desselben  (wie  Annianos  VI, 
7,  1  ff.)  hatte;  so  I,  15,  18.  III,  1,  5  f.  (zu  Sallust).  YI,  7,  3—5  (PlaatuB  u. 
Terenz).  9,  12  (Yalerius  Antias).  XlII,  21,  1—8,  und  ib.  9:  his  tum  Tcrbiß 
Probus  .  .  hominem  dimisit,  ut  mos  eins  fuit  erga  indodles,  prope  incle-  { 
nienter.  Auf  Schriftliches  hingedeutet  ist  ib.  YI,  9,  11  (über  die  Perfect-  | 
form  occecurri  Probus  adnotavit  et  haec  verba  apposuit).  XY,  30,  6  (ego 
cimi  Probi  multos  admodum  commentatiouum  libros  adquisierim  neqoe 
scriptum  in  his  inveni  etc.).  lY,  7,  1  ff.  (Yalerius  Probus  —  sprach  Hanni- 
bälem,  Hasdrubälem  —  teste  epistula  eins  scripta  ad  Marcellum,  in  qo^ 
Plautum  et  Ennium  .  .  eo  modo  pronuntiasse  affirmat  etc.).  Solche  com- 
mentationes  werden  sein  die  über  schwankende  Deponentia  (unten  A.  6), 
über  verba  communia  (Gellius  XY,  13  nebst  Eretzschmer  de  fönt.  Gell.  p.S6), 
und  andere  grammatische  Erörterungen,  s.  A.  6. 

3.  Sueton.  in  dem  anecd.  Paris,  (zuerst  herausgeg.  von  Th.  Bergl^i      | 
Ztschr.  f.  d.  Alt.  Wiss.  1845,  S.  85  ff.;  abgedruckt  bei  Sueton.  ed.  Beiffexsch. 

p.  137 — 141):  his  (21  kritische  Zeichen)  soHs  in  adnotationibus  Ennü,  Lacilü 
et  historicorum  usi  sunt  Yargunteius ,  Ennius  Aeliusque  et  postremo  ProboSr 
qui  illas  in  Yergilio  et  Horatio  et  Lucretio  apposuit  ut  Homero  Aiistarcbo^ 
(p.  138  R.).  Diese  Anwendung  kritischer  Zeichen  in  seinen  Ausgaben  Ton 
Dichtem  scheint  den  Probus  veranlasst  zu  haben  überhaupt  die  notae  - 


288.   Grammatik:  Valerius  Probus.  591 

8  Zeicheo,  Abkürzungen,  ^ie  als  Geheimschrift  —  zu  behandeln.  Gell. 
VII,  9,  5:  est  adeo  Probi  grammatici  commentarius  satis  curiose  factus 
i  occulta  literarum  significaticne  in  epistularum  C.  Caesaris  (oben  182,  8) 
riptura.  Die  in  iure  dvili  (und  zwar  in  legibus  et  plebiscitis,  in  legis 
stdonibus,  in  edictis  perpetuis)  gebräuchlichen  Abkürzungen  sind  verzeich- 
it  in  der  durch  mehrere  Hdss.  erhaltenen  Abhandlung  Yalerii  Probi  de 
ris  notarum,  ursprünglich  wohl  ein  Theil  eines  Werkes  von  Y.  Pr.  de 
otis  (antiquis)  oder  de  literis  singularibus  (sie  beginnt:  est  etiam  circa 
srscribeudas  vel  paudoribus  literis  notandas  voces  Studium  necessarium), 
>er  am  Schlüsse  unvollständig  und  wohl  überhaupt  in  verkürzter  Gestalt 
if  uns  gekommen.  Nichts  findet  sich  in  diesem  Tractat  was  über  die 
eit  des  Beryüers  hinauswiese,  abgesehen  von  Interpolationen  die  sich  in 
en  schlechteren  Hdss.  (nicht  aber  im  Ambr.  und  Chigianus)  finden.  Am 
esten  herausgegeben  durch  Th.  Mommsen  in  Keils  gramm.  lai  IV.  p.  271 
-276,  und  nach  ihm  in  Uuschke's  iurisprud.  anteiust.  p.  64—70  =  68—77 
i.  IL  Vgl.  Th.  Mommsen,  über  M.  Yal.  Pr.  de  notis  antiquis,  in  den 
>erichten  der  sächs.  Ges.  d.  W.  1853,  S.  91  —  134,  und  in  seiner  Ausg. 
.  267  —  270.  Huschke  1.  L  p.  61  — 64  =  63—68.  Die  Ordnung  in  dem 
on  Probus  herrührenden  Theile  ist  eine  sachliche,  systematische;  dagegen 
I  den  späteren  Yerzeichnissen  von  notae  (den  Lugdunenses,  ex  cod.  Be- 
inae,  Magnonianae,  Lindenbrogianae,  Yaticanae,  Papianae  und  Einsidlen- 
38,  zusammen  veröffentlicht  durch  Mommsen  bei  Keil  lY.  p.  277—230) 
ine  alphabetische.  Letztere  stammen  aus  dem  löten  Jahrh.  und  bilden 
as  Siglenverzeichniss  der  ältesten  Inschriftensammler  (Th.  Mommsen  a. 
.  0.  S.  129  ff.).  Nur  die  Einsidl.  enthalten  auch  einen  sonst  nicht  über- 
eferten  Theil  des  alten  Yerzeichnisses  von  Probus,  s.  Huschke  iurispr.' 
.  66—68.  74—77. 

4.  Mündliche  Erörterungen  des  Probus  über  Yergil  und  dessen 
prachgebrauch  bei  Gell.  IX,  9,  12  ff.  XIII,  21,  1—8.  Die  erstere  Stelle 
9igt  dass  sich  Probus  von  blinder  Bewunderung  fernhielt.  Bei  der  Ge- 
kaltung  des  Textes  in  seiner  Ausgabe  methodisches  Yerfahren,  Zurück- 
ehen auf  die  ältesten  QueUen;  s.  GeU.  XIII,  21,  4:  in  primo  Georg.,  quem 
^0,  inquit  (Probus),  librum  manu  ipsius  (des  Yergil)  correctum  legi, 
nföhrungen  aus  dieser  Ausgabe  des  Probus  bes.  bei  Servius,  s.  0. 
ahn'a  Pers.  p.  CXL  —  CL.  Ribbeck  Proleg.  Yergil.  p.  136  — 149.  Hand- 
abnng  der  Kritik  hauptsächlich  mittelst  der  kritischen  Zeichen  der  Alexan- 
riner,  die  im  Mediceus  theil  weise  erhalten  sind  (Bibbeck  p.  149  — 163 
^1.  A.  Riese  in  Fleckeiseus  Jahrb.  93,  S.  868—874).  Yon  der  Reichhaltig- 
eit  der  Arbeiten  des  Probus  für  Yergil  gibt  nur  einen  schwachen  Begriff 
er  imter  seinem  Namen  erhaltene  Commentar  zu  den  Bucolica  und  Geor- 
ica,  dessen  guter  Kern  auf  Probus  zurückgehen  mag,  aber  durch  eine 
[enge  fremdartiger  schlechter  Zuthaten  fast  erstickt  ist.  Herausgegeben 
lerst  von  J.  B.  Egnatius,  Yenet.  1607  und  seitdem  öfter  (vgl.  Keil  p.  Y 
-XI),  am  besten  von  H.  Keil,  M.  Yalerii  Probi  in  Yerg.  Bu.  et  Ge.  com- 
lentarius  etc.,  Halle  1848  (p.  1—68).  Wollenberg,  de  Probo  carminum 
ergiL  editore,  Berlin  1867.  4.  A.  Riese,  de  commentario  Yergiliano  qui 
[.  Yaleri  Probi  dicitur  (Bonn  1862)  p.  16—32  und  dagegen  Ribbeck,  in 
leckeisens  Jahrb.  87,  S.  351—356  und  Proleg.  Yerg.  p.  163—166. 

5.  Ausser  den   Ausgaben   des  Lucretius  imd   Horaz   (A.  3)  scheint 


592  Bie  Kaiserzeit.    Erstes  Jahrhundert. 

Prob  US  auch  von  Terentius  eine  solche  mit  Anmerkungen  veröffentlicht   ^u 
haben;   s.   0.  Jahn   Pers.   p.  CXL.    Ueber   seine   Thätigkeit  für  Pei 
8.  unten  284,  1.    Mit  Unrecht  hat  6.  Yalla  die  von  ihm  heransgegebei 
Scholien   zu  Juvenal  (in  welchen  z.  B.  zu  I,  35  Trajan  genannt  ist)  diesem 
Probus    zugeschrieben ;    s.   0.   Jahn*s   Persius  p.  CLIV  —  CL VII.     UeV>er 
Scholien   zu  Persius  von  einem  Probus  ib.  p.  CLVII  f. 

6.    Grammatische  Schriften.    Charis.  11.  p.  212,  7  K.:  Probns  de  in- 
aequalitate  consuetudinis;  vgl.  ib.  p.  118.  198.    Diomed.  p.  342.  352.  354/1 
(über  das  Zeitwort).    Serv.  Aen.  VII,  421:  Probus  de  temporum  coneziooe 
libellum  composuit.     Priscian.  p.  171  H.:  apud  Probum  de  dubüs  geneH" 
bu8  (vgl.  A.  2).    218:  Probus  in  libro  qui  est  de  catholicis  nominum.  283  r 
Probus  in   institutis   artium.     Auf   die    catholica  nominum   bezieht  dcl) 
Pompej.  bei  Keil  V.  p.  182,  30  f.:  habes  imum  librum  Probi  de  isto  gene- 
tivo  scriptum;  auf  dieselben  und  die  instituta  Pompej.  ib.  p.  165,  17 ff.; 
scripsit  ad  hunc  locum  (über  die  genera  der  nomina)  Probus  unum  libranu 
iste  institutor  iam  artem  scripsit,  non  scripsit  perfectis,  sed  ad  eos  qui 
volunt  se  perfectos  esse.    Keil  V.  p.  XVII — XXIV.    Wirklich  haben  wir 
unter  dem  Namen  des  Probus  1)  ein  Buch  Catholica,  vom  Nomen  und  Verbum. 
handelnd  (De  catholicis  Probi,  bei  Keil  IV.  p.  3—43);  2)  eine  ebenso  wort- 
reiche wie  triviale  Bearbeitung  der  gesammten  Grammatik  (zuerst  heraus- 
gegeben  J.  1833  von  A.  Mai,  Auct  class.  V.  p.  153  ff.,  dann  von  Endlicher 
unter  dem  Titel  Probi  .  .  ars  minor,  Analecta  Vindob.  I.  p.  227  ff.),  nach. 
Priscian.  p.  283,  7  H.  (Probus  in  institutis  artium)  von  Keil  betitelt  Insti- 
tuta artium  (Keil  IV.  p.  47—  192),  wozu  eine  Appendix  (de  differentüs)  bei^ 
Keil  IV.  p.  193—204,  und  Valerii  Probi  de  nomine  excerpta,  ib.  p.  207 — 
216;  dagegen  bei  der  Schrift  de  ultimis  syllabis  (über  ad  Caelestinum),  ib. 
p.  219 — 264,  beruht  die  Beifügung  des  Namens  von  Probus  nur  auf  eine:r" 
Vermutung  ihres  ersten  Herausgebers  Parrhasius.    Auch  von  den  anderca. 
genannten  Schrifben  ist  unzweifelhaft  dass  sie  in  der  uns  vorliegenden  Ge- 
stalt nicht  von  dem  Berytier  Probus  herrühren;  wohl  aber  behauptet  3-. 
Keü  (gramm.  lat.  I.  p.  LU-LIV.    IV.  p.  XVI- XXXI.    Symbola  phüol. 
Bonn.  p.  93—100;  Fleckeisens  Jahrb.  95,  S.  638—643)  dass  diess  von  dena 
Kerne  derselben  der  Fall  sei,  indem  die  hiuterlassenen  Schritten  des  Berytiex^ 
später  in  die  übliche  Form  eines  Lehrbuchs  gebracht  worden  seien,  in  zwei 
Theilen,  wovon  der  eine  (unter  dem  herkömmlichen  Titel  Instituta  artium) 
von  den  Buchstaben,  Silben  und  acht  Bedetheilen  gehandelt  habe,  der 
zweite  von  den  Nomina  und  Verba  (der  Anfang  bei  Keil  IV.  p.  3:  quoiiiain 
instituta  artium  sufficienter  tractavimus,  nunc  de  catholicis  nominum   et 
verborum  rationibus  doceamus).    Die  Instituta  seien  auch  in  eine  kürzere 
Fassimg,  für  die  Bedürfiiisse  von  Anfängern,  gebracht  worden  und  diese 
(in  der  Ars  minor  der  Wiener  Herausgeber)  auf  uns  gekommen,  währenii 
von  der  höheren  und  ausführlicheren  Ueberreste  sich  bei  Claudius  Sacer- 
dos  finden.    Die  meisten  Spuren  alter  Ueberlieferung  enthalten  die  Ca- 
tholica.    Gegenüber   von   der  sonst  verbreitetsten  Ansicht,  welche  zwei 
Grammatiker  des  Namens  Probus  unterschied,  den  Berytier  des  ersten 
Jahrhunderts  imd  den  Verfasser  einer  Ars  im  vierten  Jahrh.  (so  F.  OsanOt 
Beiträge  zur  griech.  u.  röm.  Lit.  Gesch.  IL   S.  166  ff.;   L.  Lersch  in  der 
Ztsehr.  f.  d.  Alt.  Wiss.  1843,   Nr.  79  f.;   0.  Jahn,  Persius  p.  CXXXVI; 
H.  Wentzel,  de  Probo  artifice  latino,  Oppeln  1867,  p.  7  —  16,  u.  A.),  h*^ 


283  f.   Valeritis  Probus.    Lobgedicht  auf  Piso.  593 

iscfaauung  die  Uebereinstimmung  mit  der  UeberlieferuDg  des  ge- 

Alt^rthnmes  für  sieb,  welches  nur  von  einem  einzigen  berühmten 

tiker  Probus  weiss    und   diesen   in  verschiedenen  Zusammenstel- 

aufföhrt.      So   Priscian    p.    31    (auctore    Plinio    et    Papiriano    et 

171  (apnd  Caprum  et  apud  Prob  um).     250  (Probus  et  Caesar). 

apud  Caprum .  quam  Plinium  et  Probum).    470  (et  Probus  et  Cha- 

Diomedes).     485  (Probus  et  Charisius   et  Celsus  et  Diomedes). 

bo  .  .  Charisio   .  .  Aspro).    503  (Nisus  et  Papirianus  et  Probus). 

bo  et  Capro   et  Pollioni  et  Plinio   placet).     534  (sie  Probus  .  . 

jnen  etc.).    Cledonius  (Keil  V.)  p.   10  (Probus  et  Varro)  u.  20 

et  Sabinus).     Consentiua  (Keil  V.)  p.  366  (sicut  Probus,  vir  doctis- 

Inotat).    Auch  fällt  keiner  der  dem  Probus  zugeschriebenen  Be- 

r  die  Zeit  des  Berytiers  hinaus,  wohl  aber  manche  genau  in  sie 

vie  Priscian.  p.  535:   quod  Probus  usu  Pomponii  (Secuudi,  oben 

3mprobat.    üeberall  aber  würden  die  Anführungen  der  Gramma- 

en  schulmässigen  Verarbeitungen  des  von  Probus  selbst  veroffent- 

der  nachgelassenen  Lehrstoffes  gelten,  nur  mit  dem  Unterschiede 

früheren  jene  Verarbeitungen  unmittelbar  vor  sich  hatten  (wie 

j),    die  späteren   ihre  Angaben   über  Probus   meist   abgeleiteten 

wie  Priscian  aus  Flavius  Caper)  entnahmen. 

[Jnter  Nero  schrieb   der  ältere   Plinius  seine   acht  Bücher   dubii 
8.  Plin.  Epist.  III,  5,  5  (unten  294,  2)' 

k  Wahrscheinlich  unter  Claudius  verfasst  ist  das  epische 
cht  auf  den  Consul  Piso  von  einem  unbekannten  jungen 
welcher  in  der  Literatur  der  augusteischen  Zeit  wohl- 
jrt  ist;  die  Mittel  der  Rhetorik  mit  Gewandtheit  hand- 
d  seine  Verse  elegant  und  fliessend  zu  bauen  versteht. 

Tac.  A.  XV,  48:  is  (C.  Piso,  t  65  =  818  d.  St.)  Calpurnio  genere 
claro.  apud  volgum  rumore  erat.  .  .  namque  facundiam  tuendis 
sercebat,  largitionem  adversum  amicos  et  ignotis  quoque,  comi 
et  congressu.  aderant  etiam  .  .  corpus  procerum,  decora  facies. 
il  gravitas  morum  aut  voluptatum  parsimonia.  Diese  Schilderung 
ständig  zu  auf  den  Piso  des  Panegyricus,  aber  nicht  so  dass  sie 
\  Thema  gebildet  haben  könnte.  Ebenso  Schol.  des  Valla  zu  Juv. 
'iso  Calphiimius,  ut  Probus  inquit,  antiqua  familia,  scenico  habitu 
s  actitavit,  in  latrunculorum  lusu  tarn  perfectus  .  .  ut  ad  eum 
concurreretur.  ob  haec  insinuatus  G.  Caesari  repente  .  .  rele- 
,  quia  cousuetudinem  pristinae  uxoris,  abductae  sibi  ab  ipso,  de- 
issae,  repetere  noluisse  (überliefert  ist  repetita  esse)  existimaba- 
:  sub  Claudio  restitutus  et  post  consulatum  (in  welchem  Jahre, 
annt;  810  kann  es  nicht  sein)  matema  hereditate  ditatus  magni- 
ae  vixit,  meritos  sublevare  inopes  ex  utroque  ordine  soHtus,  de 
o  certos  quötannis  ad  equestrem  censum  dignitatemque  provehere. 
Einstimmung  damit  preist  der  Panegyricus  seinen  Calpumius  Piso 
ten  Sachwalter  vor  den  Centumvirn  wie  in  Criminalprocessen, 
her  im  Senat  (z.  B.  tu,  reticente  senatu,  quom  tua  bis  senos  nu- 

1,  Rom.  Literaturgeschichte.  38 


594  Die  Kaiaerzeit.    Erstes  Jahrhundert. 

meraret  purpura  fasces,  Caesareum  grato  cecinisti  pectore  numen,  69  fi 
als  freigebig,  heiteren  Gesellschafter,  der  seine  Mussestanden  mit  V^i-a 
machen  (v.  151  ff.),  Saitenspiel  und  dem  Bretspiel  (latnmculorum  laau 
auszufüllen  pflege.  Daraus  dass  bei  der  ausführlichen  Rechtfertigung  (cd 4 
Entschuldigung)  von  Piso's  Musicieren  (v.  157  ff.)  Nero's  Vorgang  ni<?i 
mit  angeführt  wird  ist  zu  schliessen  dass  dieser  noch  nicht  vorlag.  IvgeMM 
etwas  das  über  die  Zeit  des  Claudius  hinaus  weisen  würde  findet  sich  ^ 
dem  Gedichte  nicht. 

2.  Anständig,  wenn  auch  nicht  sehr  glaubwürdig,  versichert  der  Ys^'^ 
fasser  (207  ff.),  nicht  divitis  auri  imperiosa  fames  habe  ihn  zur  BesiDgurB;^ 
des  reichen  und  freigebigen  Piso  veranlasst,  sed  laudis  amor.  Jagei:»^ 
v:  248  f. :  quamvis  nunc  iuvenile  decus  mihi  pingere  malas  coeperit  et  no«^ 
dum  vicesima  venerit  aestas.  Eenntniss  und  Erwähnung  der  augusteischc?^^ 
Dichter,  des  Vergil,  Horaz,  L.  Varius,  Melissus  (227  f.),  Ovid;  Reminiace«:» 
zen  aus  Horaz  (130  f.)  und  Ovid  (203).  Diesen  gemäss  sagt  er  v.  6  dess^'^ 
Nicht  von  der  Heerstrasse  aufgelesen  ist  die  hasta  der  decem  viri  welctm* 
den  Centumvirn  präsidieren  (41  f.).  Auch  der  Versbau  ist  derselbe  wi-* 
bei  den  sorgfältigsten  Dichtem:  die  Cäsur  correct  und  manchfaltig  (Ve*^ 
bindung  von  tgi^^.  und  itp^.  mit  tg^t.  tqox.  14mal  in  261  Hexameterm.^ 
die  Verschleifungen  selten  (atque  illos  24,  quare  age  259  =  81)  und  nvM. 
im  ersten  Fusse. 

3.  Der  Name  des  Verfassers  ist  nicht  überliefert,  und  die  Versoct* 
ihn  zu  ermitteln  sind  alle  gescheitert.  Auch  der  relativ  wahrscheinlichste 
die  Vermutung  dass  es  der  Bukoliker  Calpurnius  (unten  289)  sei  (M.  Haup>' 
de  carm.  bucol.  p.  26  f.),  steht  auf  schwachen  Füssen.  Vgl.  C.  F.  Web^ 
(1859)  p.  14  f.  Dass  das  Gedicht  von  keinem  Späteren  angeführt  od'^ 
benützt  wird  (wenn  es  nicht  dem  Probus  vorlag,  s.  A.  1)  erklärt  sich  a.»- 
dem  eng  Persönlichen  seines  Inhalts.  •» 

4.  Aelteste  bekannte  Handschrift  die  von  Jos.  Scaliger  benützte  lE^* 
riser  Notre-Dame  188  aus  der  ersten  Hälfte  von  saec.  XIII,  welche  in  all^^ 
Wesentlichen  mit  dem  von  Junius  benützten  Atrebateusis  (A  bei  Web^^ 
übereinstimmt;  s.  E.  Wölfflin  im  Philologus  XVII.  S.  340  ff.  Damit 
seitigt  sich  von  selbst  die  auch  sonst  haltlose  Versetzung  des  Gedichte 
sechszehnte  Jahrhundert. 

5.  Editio  princeps  von  Sichard  (Basil.  1627)  an  Ovidii  opera  T»cb 
einer  wahrscheinlich   aus  der  Abtei  Lorsch  (bei  Manheim)   stammendeo 
Handschrift.    Sonst  auch  au  Ausgaben  des  Lucanus,  (z.  B.  von  G.  Coitß 
(Lips.   1726).     Bearbeitung  von   Hadr.  Junius,   Animadversomm  libri  VI 
(Basel  1656)  p.  249  ff.    In  Wernsdorfs  poetae  latt.  min.  IV.  p.  236-282, 
vgl.  ib.  p.  36—48.  72  —  74;  in  W.  E.  Webers  corpus  poett.  lat,  p.  Uli- 
1413.    Sonderausgaben  von  J.  Held  (incerti  auctoris  etc.,  Breslau  1831.  4.), 
C.  Beck  (Statu  ad  Pis.  poemation,  Ansbach  1835),   C.  F.  Weber  (incerti 
auctoris  carmen  panegyricum  in  Pis.    cum   prolegomenis   et   adnotaliooe 
critica,  Marburg  1859.  44  pp.  4.). 

Ueber  den  Verfasser  und  das  Gedicht  s.  C.  F.  Webers  prolegomena 
und  J.  Mähly  in  Fleckeisens  Jahrb.  85,  S.  286  —  289.  Beiträge  zur  Kritik 
von  M.  Haupt  (de  carm.   buc.  1864,  p.  37  und  im  Hermes  HI.  p.  211  f.), 


284  f.    Lobgedicht  auf  Piso.    Pcr&ius.  595 

.  Weber  (annotationes  ad  etc.  Marburg  1860.  12  pp.  4.),    J.  Mähly 
0.  S.  289—294). 

285.  Unter  den  Dichtern  der  neronischen  Zeit  verfasste 
jugendlich  unreife,  aber  edelgesinnte  A.  Persius  Flaccus 
S4--62  n.  Chr.)  aus  Volaterrä,  neben  Anderem  was  ver- 
^lÄigieug,  sechs  Satiren,  von  welchen  die  meisten  versificierte 
andlungen  über  stoische  Sätze  sind,  in  der  Manier  der 
und  mit  ausgedehnter  Benützung  horazischer  Wendungen 
d  Gestalten.  Die  Ueberladenheit  und  Geschraubtheit  welche 
r"  Manier  der  Zeit  gehört  ist  in  diesen  Satiren  bis  zur  Dunkel- 
i*    gesteigert. 

1.  Ueber  das  Leben  des  Persius  s.  die  vita  Aulis  Persii  Flacd,  de 
>iKi.nentario  Probi  Valeri  sublata,  in  0.  Jahn's  Ausgabe  des  Dichters 
84r3)  p.  233—238  und  in  Reifferscheids  Sueton  p.  72  —  75,  und  dazu  die 
IrÖxrterungen  von  Jahn  ib.  p.  CL — CLII,  ReifFerscheid  p.  394—398.  Dass 
Qt^er  commentariua  ein  Commentar  (Anmerkungen)  zu  den  Satiren  gemeint 
si  l>ehauptet  Jahn,  bestreitet  Beiöerscheid ,  da  für  die  meisten  Angaben 
^  einem  Commentar  kein  Anlass  ge^^esen  wäre  und  der  Aulsatz  von  An- 
IJ^S^  an  auf  eine  förmliche  Lebensbeschreibung  angelegt  erscheine,  wenn 
^  %nch  in  der  jetzigen  Gestalt,  in  Folge  der  Abkürzungen  der  ursprüng- 
cH^n  Abhandlung  des  Probus  und  der  Zuthaten  aus  andern  Quellen  (z.  B. 
Q^t^n),  in  grosser  Unordnung  sich  befinde.  In  der  That  berichtet  Sueton 
iclx-^  davon  dass  Probus  von  der  Einschränkung  seiner  commentierenden 
^^&^gkeit  auf  die  veteres  (s.  oben  283,  1)  eine  Ausnahme  gemacht  hätte 
'  Cjronsten  des  Persius.  Hatte  er,  wie  sehr  glaublich,  ein  besonderes  In- 
'"^öse  für  die  Person  und  schriftstellerische  Eigenthümlichkeit  des  Per- 
J^^-»  80  wird  er  ihn  zum  Gegenstande  einer  (oder  mehrerer)  seiner  zahl- 
'^^^^en  commentationes  (oben  283,  2)  gemacht  haben,  und  daraus  wird 
^     "vita  geschöpft  sein. 

2.  Vita:  Aules  Persius  Flaccus  natus  est  prid.  non.  decembr.  Fabio 

^^^ico,  L.  Vitellio  coss.  (4  Dec.  787  ==  34).    decessit  VIII  kal.  decembr. 

^Virio  Mario,    Asinio  Gallo  coss.  (24  Nov.  815  =  62).     natus  in  Etruria 

'^^terris  eques  rom.  .  .  decessit  autem  vitio  stomachi  anno  aetatis  XXVIII. 

l^pvdtus  est)  ad  VIII  miharium  via  Appia  in  praediis  suis.    Hieronym.  a. 

^^T.  2050  =  Tiber.  21:  Persius  Flaccus  satiricus  poeta  Volaterris  nasci- 

^;  und  ad  a.  2078  (Freher.  ad  a.  2079)  =  Neron.  8:  Persius  moritur 

^tUio  aetatis  XXIX.  —  Vita:  pater  eum  Flaccus  pupillum  reliquit  moriens 

Quorum  fere  sex.    Seine  Mutter  Fulvia  Sisennia.     .  .  studuit  Flaccus  us- 

<)ue  ad  annum  XII  aetatis  suae  Volaterris,  inde  Bomae  apud  grammaticum 

fiemmium  Palaemonem  (oben  266,  3)  et  apud  rhetorem  Verginium  Flavum 

(oben  280,  9).    cum  esset  annorum  XVI  amicitia  coepit  uti  Annaei  Cor- 

Duti  (oben  282,  2),  ita  ut  nusquam  ab  eo  discederet;  inductus  (ab  eo)  ali- 

quatenus  in  philosophiam  est.    .  .  coluit  ut  patrem  Servilium  Nouianum 

(oben  275,  2).    .  .  idem  decem  fere  annis  summe  dilectus  a  Paeto  Thrasea 

(oben  282,  7)  est,  .  .  cognatam  eins  Arriam  uxorem  habente.     .  .  sero 

cognovit  et  Senecam,  sed  non  ut  caperetur  eius  ingenio.     .  .  fuit  morum 

38* 


596  Die  Eaiserzeit.   Erstes  Jahrhundert. 

lenissimorum,  verecundiae  virgiualiSf  formae  pulcrae,  pietatis  erga  matx^ 
et  Bororem  et  amitam  exemplo  BufficientU. 

3.  Vita:  et  raro  et  tarde  scripsit.   hunc  ipsum  librum  (die  6  Satire ji 
für  welche  die  vita  als  Einleitung  verwendet  wurde)  imperfectum  reliqui^ 
versus  aliqui  dempti  sunt  ultimo  libro,  ut  quasi  finitus  esset,    leviter  r«' 
tractavit  Cornutus  et  Caesio  Basso  (unten  287,  1)  petenti  ut  ipsi  ceder-e^ 
tradidit  edendum.    scripserat  in  pueritia  Flaccus  etiam  praetextam  Yesd^ 
(Vescia  nach  M.  Hertz,  der  es  auf  den  üeberfall  von  Vescia  bei  Liv.  IX,  ^^ 
bezieht),  et  ^O^otjro^txcov  librum  unum,  et  paucos  in  socrum  Thraseae,  i^ 
Arriam  matrem,  versus,  quae  se  ant^  virum  (Caecina  Paetus)  occidera^t- 
omnia  ea  auctor  fuit  Cornutus  matri  eins  ut  aboleret.    editum  librum  cok^' 
tinuo  mirari  homines  et  diripere  coeperunt.    Vgl.  Quintil.  X,  1,  94  (mul' 
tum  et  verae  gloriae  quamvis  uno  libello  Persius  meruit).    Martial.  IV,  29,  '^ 
(oben  227,  3). 

4.  Vita:  lecto  Lucilii  libro  X  vehementer  satiras  componere  insti-' 
tuit,  .  .  sibi  primo,  mox  omnibus  detracturus,  cum  tanta  recentium  poet^' 
rum  et  oratorum  insectatione  ut  etiam  Neronem  .  .  culpaverit  (s.  obe^^ 
270,  6  E.).    Diese  insectatio  geschieht  in  Sat.  I  und  dem  ihr  voranatehei»-' 
den  Prolog  in  (14)  Hinkiamben.    Sie  ist  die  einzige  eigentliche  Satire  d^^ 
Persius  und  handelt  von  dem  Geschmacke  der  Dichter  und  des  Publican»^ 
in  seiner  Zeit.    Die  übrigen  sind  Declamationen  über  Sätze  der  stoische^' 
Lehre,  voll  dramatischer,  offc  aus  Burleske  streifender  Scenen,  welche  a.^^ 
Sophron  erinnerten;  s.  Laur.  Lyd.  de  magistr.  I,  41  (oben  24,  2).    Alle  ab^^^ 
sind  mit  horazischen  Federn  behangen.     Wie  die  Personen  bei  Persio^*-» 
soweit  sie  nicht  blose  Schatten  oder  Kategorieen  sind,  grössteutheils  aix^^ 
Horaz  oder  Lucilius  stammen,  so  hat  er  auch  zahlreiche  Gedanken,  Bild^'^ 
und  Ausdrücke  dem  Horaz  entnommen,  nur  meist  durch  eigene  Zuthat^s^ 
ins  Irrationelle  oder  Geschmacks  widrige  verzerrt.    Vgl.  Casaubonus,  Pe«^- 
siana  Horatii  imitatio,  z.  B.  in  Dübners  Ausg.  des  Pers.  p.  344  —  367.    Seir:»^ 
Sprache  ist  durch  die  gesuchte  Kühnheit  seiner  Metaphern,  Tropen 
Beiwörter,  die  Seltsamkeit  seiner   Zusammenstellungen,   die  Manier  d 
Hineingeheimnissens,  zum  Theil  wohl  auch  in  Folge  von  schriftsteUerisch 
Ungewandtheit  des  Verfassers,  zu  einer  fast  unleidlichen  Dunkelheit 
langt.    Vgl.  W.  Teuffei  in  sr.  üebersetzung  1844,  S.  29-46  (1867,  S.  15-2&> 

5.  Da  Persius  das  ganze  Mittelalter  hindurch  als  ethicus  und  severtis 
bewundert  wurde,  auch  der  Umfang  seiner  Satiren  so  klein  ist,  so  sio«^ 
von  ihnen  zahllose  Handschriften  vorhanden.    Aufzählung  derselben   in 
0.  Jahns  Ausg.  (1843)  p.  CLXXHI-CCXIV.    Die  ältesten  und  wichtigsten 
sind  zwei  von  Montpellier  saec.  IX  (C)  und  X  (A),  letztere  mit  der  sab- 
scriptio:  Flavius  lulius  Tryfonianus  Sabinus  v.  c.   .  .  temptavi  emendju^ 
sine  antigrapho  meum  et  adnotavi  Barcellonae  coss.  .  .  Arcadio  et  Ho- 
norio  Q.  (J.  402),  s.  0.  Jahn  1.  1.  p.  CLXXIV- CLXXXI.  CXCH  f.  und  Be- 
richte der  Sachs.  G.  d.  W.  1851,  S.  332  f.    Dieselbe  wiederholt  sich  in  einen 
cod.  Vatic.  (B).    Auch  diese  Hdss.,  wie  alle  von  den  Satiren  des  Persios, 
wimmeln  von  Fehlern  in  Folge   davon   dass  ihre  Urheber  das  was  sie 
schrieben  selber  nicht  verstanden.    Um  so  weniger  kommen  Interpolatio- 
nen vor.    A.  Kidsel,    Persii  codicum  mss.  Leidensium  collatio,  una  com      1^ 
animadvers.  in  eins  satiram  I,  Zalt-Bömel  1848.  100  pp.    Ueber  eine  Wiener      ■  ^ 


<« 


285.    Persins  Flaccus.  597 

f.  gaec.  X  mit  Glossen  und  Schollen  s.  A.  Göbel  im  Philologus  XIV. 
L70ff.  379  ff.  vgl.  XV.  S.  128—135,  und  im  Conitzer  Programm  von 
3-  4.  M.  ZiUober,  eine  neue  Hds.  des  Pers.,  Progr.  d.  Stephan- Gyran. 
Augsburg  1862.  4. 

C  Die  Scholien  zu  den  Satiren  des  Persius  (abgedruckt  am  besten 
I>-  Jahn's  Ausg.  von  1843,  p.  245—350)  tragen  die  Ueberschrift:  (Annei) 
E^iati  commentum,  sei  es  dass  der  Verfasser  wirklich  Cornntus  hiess  oder 
i  Machwerk  nur  mit  dem  Namen  des  Lehrers  von  Persius  empfehlen 
l'fce.  Er  hat  aus  älteren  Glossen  und  kürzeren  Scholien  einen  fortlau- 
i^n  Commentar  zusammengeflickt,  der  meist  trivial,  oft  sogar  albern 
Eher  dürfte  er  dem  karolingischen  Zeitalter  angehören  (0.  Jahn 
^TXTII  ff.)  als  (wie  K.  F.  Hermann  annahm,  lectiones  Pers.  I,  Marb.  1842, 
l  ^nalecta  de  aetate  et  usu  schol.  Pers.,  Gotting.  1846.  4.)  der  Zeit  vor 
ox  (J.  636).  Ob  irgend  etwas  darin  auf  commentationes  des  Probus 
Sckgeht  (vgl.  A.  1)  ist  zweifelhaft.  Eine  Auswahl  aus  diesem  Commen- 
sind  die  glossae  Pithoeanae  (Jahn  p.  CLXIV— CLXVI). 

7.  Editio  princeps  ums  J.  1470  fol.  in  Rom,  meist  mit  Juvenal;  die 
l^entendsten  späteren  Ausgaben  sind  die  von  B.  Fontius  (Venet.  1480 
)  ,  J.  Britanniens  (zuerst  Brix.  1481  fol.),  N.  Frischlin  (Basel  1682.  4.), 
EHthoeus  (Paris.  1585),  E.  Vinetus  und  Th.  Marcilius  (Paris  1601.  4), 
Oasaubonus  (zuerst  Paris.  1605.  4.;    zuletzt,  mit  vielen  Zusätzen,  von 

IDübner,  Lips.  1833),  König  (Gotting.  1803),  Fr.  Passow  (Thl.  I,  Leipzig 
»>,  Achaintre  (Paris  1812),  E.  W.  Weber  (Lips.  1826),  Fr.  Plum  (Kopen- 
'en  1827),  J.  C.  Orelli  (Eclogae  poett.  latt.,  Zürich  1833),  F.  Hauthal 
1^.  I,  Leipzig  1837),  und  besonders  0.  Jahn  (cum  scholiis  antiquis  ed., 
3.  1843;  Textausg.  Lips.  1851,  und,  mit  Juvenalis  und  Sulpicia,  recogn. 
c>l.  1868).  Auch  C.  F.  Heinrich's  Vorlesungen  über  Pers.,  herausgg. 
O.  Jahn,  Leipzig  1844.  Text  (mit  Juvenal)  auch  von  C.  Fr.  Hermann, 
^«  (Teubner)  1854.    Edited  by  A.  Pretor,  London  1869. 

Uebersetzungen  z.  B.  von  Nasser  (Kiel  1807),  J.  J.  C.  Donner  (Stutt- 
^  1822),  W.  E.  Weber  (Bonn  1834),  Fr.  Passow  und  F.  Hauthal  (a.  a.  0.), 
XDüntzer  (Trier  1844),  W.  Teuffei  (Stuttgart  1844.  200  S.  16.;  umge- 
^itet  in  den  Class.  d.  Alt,  Stuttg.  1857). 

8.  Ueber  Persius  z.  B.  Nisard,  ätudes  sur  les  poHes  latins  de  la  dd- 
^nce  (Paris  1834)  L  p.  237—311.  0.  Jahns  Prolegomena  imd  in  Ersch 
i-  Gruber's  Encycl.  HI,  18.  S.  33—38.  W.  Teuffel's  Einleitung  zur  Ueber- 
^^mg.  C.  Martha,  uu  po^te  stoicien,  Revue  des  deux  mondes  September 
►3,  p.  291  ff.    Breuker,  A.  Persius  und  seine  Zeit,  Mors  1866.  21  S.  4. 

Fr.  Knickenberg,  de  ratione  stoica  in  Pers.  satt,  apparente,  Münster 
57.   122  pp. 

W.  Pierson,  die  Metaphern  des  Persius,  Rhein.  Mus.  XII.  S.  88—98. 
Erdmann,  observationes  aliquot  grammaticae  in  Pers.  satiras,  Witten- 
irg  1866.  4.    J.  Schlüter,  Quaestiones  Persianae,  Münster  1857. 

Zu  Sat.  I  B.  A.  Kissel  (A.  5),  F.  Hand  (Jena  1850.  4.),  H.  Lehmann 
tschr.  f.  d.  Alt.  Wiss.  1852,  Nr.  25  f.).  Zu  Sat.  II  H.  Lehmann  im  Phi- 
logus  VI.  S.  431—445;  zu  IV  Häckermann  in  Jahns  Archiv  XVIII.  S.  390 
410;  zu  V  H.  Lehmann  (Greifswald  1855.  34  pp.  4.)  und  Haudrick  (Tor- 
VI  1846.  4.;  Uebersetzung  Torgau  1853.  4.). 


598  Die  Kaiserzeit.    Erstes  Jahrhundert. 

286.     Dem  Persius  geistesverwandt  und  befreundet  war  So- 
neea's  Neffe  M.  Annäus  Lucanus,  für  die  Kürze  seines  Lel>eiis 
(J.  39—65)  ein  fruchtbarer  Schriftsteller  auf  verschiedenen  Ge- 
bieten,   in  Prosa  und  Versen.     Erhalten  ist  seine  Pharsalia  in 
zehn  Büchern,    ein  nicht  zu  Ende  gebrachtes  Epos  über  den 
Bürgerkrieg  zwischen  Pompejus  und   Caesar,  historisch  genaia^ 
aber  mit  entschiedener  Parteinahme  für  Pompejus,  dessen  Sach^ 
für  ihn   die  von  Rom's  Freiheit  und  Grösse  ist.     Die  Behand- 
lung ist  sehr  rhetorisch,  voll  Beschreibungen,  Reden  und  Sen- 
tenzen; die  Darstellung  künstlich  pathetisch;  das  Ganze  unreif^ 
aber  von  Talent  und  hochstrebendem  Sinne  zeugend. 

1.  Vitae    des  Lucanus   sind   zwei    überliefert,    die    eine  (in  Ikiffe^' 
Bcheids  Sueton  p.  50  —  52)  am  Anfang  lückenhaft  und  dem  Dichter  abg"^' 
neigt,  mit  Hieronymus  Auszug  übereinstimmend  und  daher  wahrscheinlich^ 
von  Sueton;  die  andere  (in  Reifferscheids  Sueton  p.  76  —  79)  vollständig  * 
weitschweifig,  den  Lucanus  bewundernd  und  in  Schutz  nehmend,  wahx 
Bcheinlich  von  dem  expositor  L  ucani ,  dem  Grammatiker  etwa  des  sechster x^ 
Jahrh.  Vacca;  s.  C.  F.  Weber,  vitae  M.  Anuaei  Lucani  collectae,  Part.     ^ 
(Marburg  1856.  4.).     Dazu  die  Nachrichten  bei  Tacitus  und  des  Static»^ 
genethliacon  Lucani  (Silv.  II,  7).    Lucani  vita  per  annos  digesta  von  C. 
Weber  1.  1.  Part.  II  u.  III,  Marb.  1857  f.  4.;  und  De  suprema  Lucani  voc- 
Marb.  1857.  4. 

2.  Vacca:  M.  Annaeus  Lucanus  patrem  habuit  M.  Auuaeum  Mela 
.  .  Cordubensem,  equitem  rom.  .  .  notum  Komae  et  propter  Senecam  fr^- 
trem  .  .  et  propter  Studium  vitae  quietioris.    .  .  matrem  habuit  et  regLo- 
nis  eiusdem  et  urbis  Aciliam  (oben  280,  13).    .  .  natus  est  III  non.  novemt^r- 
C.  Caesare  Germanico  II,  L.  Apronio  Caesiano  coss.  (3  Nov.  792  =39    d- 
Chr.).     .  .  octavum  mensem  agens  Romam  translatus  est.    .  .  a  praecept^:»- 
ribus  tunc  emiuentissimis  est  eruditus  (vgl.  vita  Persii:  cognovit  per  Cor- 
nutum  etiam  Annaeum  Lucanum,  aequaevum  auditorem  CornutL    Lucao  05 
mirabatur  scripta  Flacci  etc.).    declamavit  et  graece  et  latine  cum  magTia 
admiratione  audientium. 

3.  Suetonische  vita:  prima  ingenii  experimenta  in  Neronis  laudibus 
dedit  quinquennali  certaraine.     .  .  revocatus  Athenis  a  Nerone  cohortique 
amicorum  additus  atque  etiam   quaestura   honoratus  (sacerdotium  etiam 
accepit  auguratus,  Vacca)  non  tarnen  permansit  in  gratia  (wovon  der  Ver- 
fasser die  Schuld  auf  Seiten  des  Dichters  und  seiner  verletzten  Autoren- 
eitelkeit  findet,  Vacca  aber  in  Nero's  Eifersucht  auf  Lucan's  poetische  Er- 
folge, s.  A.  4).    .  .  sed  et  famoso  carmine  cum  ipsum  (Neronem)  tum  poteii- 
tissimoB    amicorum    gravissime    proscidit.     ad    extremum   paene   signifer 
Pisonianae  coniurationis  extitit.     .  .  verum  detecta  coniuratione  nequaqaam 
parem  animi  constantiam  praestitit  (vgl.  Tac.  A.  XV,  56.  70),    .  .  impe- 
trato  autem  mortis  arbitrio  hbero  .  .  brachia  ad  secandas  venas  praeboit 
medico  (vgl.  Hieronym.  ad  a.  Abr.  2079  =  Ner.  9  —  cod.  Freher.  erst  ad      1 1^ 
a.  2080  — :  M.  Annaeus  Lucanus  Cordubensis  poeta  in  Pisoniana  coniura- 
tione deprehensus  brachium  ad  secandas  venas  medico  praeboit.    Vacca* 


286.    Lucanua.  599 

j)Onie  coactos  vita  excedere  venas  sibi  praocidit  periitque  pridie  kal. 
^ttico  Vestino  et  Nerva  Siliano  coss.  =  30  April  818  =  66  n.  Chr.). 
ata  eias  etiam  praelegi  memini,  confici  vero  ac  proponi  venalia  non 
:m  operose  et  diligenter  sed  inepte  quoque. 

-4.  Vacca:  et  certamine  pentaeterico  acto  in  Pompei  theatro  laudibus 
b^stis  in  Neronem  fuerat  coronatus  et  ex  tempore  Orphea  scriptum  (in 
^Ä-metem)  in  experimentum  adversum  complures  ediderat  poetas  et  tres 
c^e  (der  Pharsalia)  quales  videmus.  quare^  inimicum  sibi  fecerat  impe- 
^^arem.  quo  .  .  interdictum  est  ei  poetica  (vgl.  Tac.  A.  XV,  49:  famam 
inum  eins  premebat  Nero  prohibueratque  ostentare,  vanus  adsimnla- 
;  Dio  LXU,  29),  interdictum  etiam  causarum  actionibus.  .  .  extaut 
conplures  et  alii  (libri),  ut  Iliacon  (Stat.  Silv.  TI,  7,  64 — 66;  R.  Unger, 
stio  de  Lucani  Heliacis,  Friedland  1868.  4.),  Saturnalia  (daraus  Martial. 
,  6?),  Catachthonion  (vgl.  Stat.  Silv.  II,  7,  67),  Silvarum  X,  tragoedia 
^ea  imperfecta,  salticae  fabulae  XIV  (vgl.  oben  8,  1  E.),  Epigraramata 
ti«  codd.:  appämata  und  et  ippamata);  prosa  oratione  in  Octavium  Sa- 
b^m  (Tac.  A.  XIII,  44.  Eist.  IV,  44)  et  pro  eo  (Stilübung),  de  incendio 
^16,  Epistolarum  ex  Campania , .  non  fastidiendi  quidem  omnes ,  tales  ta- 
tÄ  ut  belli  civilis  (Phars.)  vide^mtur  accessio.  Dazu  adlocutio  ad  PoUam 
i^tie  Gattin  Argentaria  PoUa)  nach  Stat.  Silv.  II,  7,  62  f.  R.  üngor,  de 
ii^^ni  carminum  reliquiis,  Friedland  1860.  4.  ^ 

6.  Qiiintil.  X,  1,  90:  Lucanus  ardens  et  concitatus  et  sententiis  cla- 
i^mus  et,  ut  dicam  quod  sentio,  magis  oratoribus  quam  poetis  imitandus. 
^^er  treffend  ist  eine  alte  (vielleicht  durch  Sueton  verbreitete)  Ausstel- 
^$  an  Lucan.  Serv.  Aen.  1 ,  382 :  Lucanus  ideo  in  numero  poetarum  esse 
^  meruit  quia  videtur  historiam  composuisse,  non  poema.  Fast  wört- 
^  übereinstimmend  Isidor.  Orig.  VIII,  7,  10.  Schol.  Phars.  I,  1 :  ideo  Lu- 
^Xis  dicitur  a  plerisque  non  esse  in  numero  poetarum  quia  omnino  histo- 
*=^  sequitur,  quod  poeticae  arti  non  convenit.  Ebenso  Jornand.  gct.  6. 
^  litt  zielt  ohne  Zweifel  schon  Petron.  Sat.  118:  belli  civilis  ingens  opus 
^^quis  attigerit,  nisi  plenus  litteris,  sub  onere  habetur,  non  enim  res 
^tae  versibus  comprehendendae  sunt,  quod  longo  melius  historici  faciunt, 
^  etc.  Vgl.  Martial.  XFV,  194:  Lucanus.  Sunt  quidam  qui  me  dicant 
^  esse  poetam,  sed  qui  me  vendit  bibliopola  putat.  Der  Stoff  ist  in  der 
^«rsalia  allerdings  massiger  aufgenommen  als  sich  vollständig  verarboi* 
ti  liess.  Aber  der  Hauptfehler  ist  die  declamatorische  Behandlung,  die 
iidenschaft  für  Beschreibungen,  womit  die  Grenzen  des  Masses  und  Ge- 
hmackes  nicht  selten  überschritten  werden.  So  die  Schauerbilder  am 
hlusse  von  B.  III  imd  von  VI,  530  an,  sowie  VII,  839  ff.  IX,  735  ff.  Sen- 
nentale Rhetorik  IV,  168  ff.  Fast  ovidische  Ausmalung  der  Sehnsucht 
»rnelia^s  nach  ihrem  Gatten  Pompejus  V,  806  ö*.  Unnütze  Schaustellung 
og^raphischer  und  mythologischer  Gelehrsamkeit  III,  169  ff.  IV,  693  ff. 
7  ff.   VI,  330  ff.  X,  193  ff. 

6.    Der  Stoff'  ist  fortgeführt  bis  zur  Belagerung  Caesars  in  Alexandria; 
er  schon  der  authentische  (IX,  983:  Pharsalia  nostra  vivet  etc.)  Titel  des 
erlis  zeigt  dass  die  Absicht  war  es  bis  zur  Schlacht  bei  Pharsalos  fort- 
setzen.   Die  ersten  drei  Bücher  wurden  von  Lucan  selbst  herausgegeben 
A.  4),  und  zwar  zu  einer  Zeit  wo  er  mit  Nero  noch  gut  stand;  daher 


600  Die  Kaieerzeit.    Erstes  Jahrhundert. 

I,  33  —  66  die  Lobpreisung  desselben  mit  obligater  Hindeutung  aaf  emne 
künftige  Apotheose  (anders  freilich  als  VII,  456  fi*.).  Indessen  eine  Ver- 
schiedenheit der  politischen  Ansicht  und  Richtung  (A.  Preime  p.  12  ff.) 
zwischen  den  ersten  drei  Büchern  und  ihrer  Fortsetzung  lässt  sich  dees- 
wegen  doch  nicht  behaupten.  Schon  in  jenen  tritt  die  Vorliebe  für  Pom- 
pejus  (11,  453  ff.  519  ff.  732  ff.)  und  Cato  nebst  Brutus  (IE,  234  ff.),  Bowie 
die  Abneigung  gegen  Caesar  (II,  439  ff'.  III,  82  f.)  unverkennbar  hervor. 
Nicht  eine  andere  Gesinnung  spricht  der  Dichter  in  den  späteren  Büchern 
aus,  wohl  aber  die  gleiche  mit  noch  grösserem  Freimut,  ja  Bitterkeit  und 
Feindseligkeit.  Des  Pompejus  Sache  ist  kurzweg  die  des  Rechts  und  der 
Freiheit  (z.  B.  VI,  139.  259.  VII,  579  ff.),  wogegen  die  des  Caesar  conse- 
quent  als  scelus  bezeichnet  wird  (z.  B.  VII,  751.  vgl.  auch  IV,  188.  V,  242. 
261  ff.  390  ff.  VI,  147  f.  298  ff*.  VII,  40.  168  ff.  243.  558  ff.  751.  777  ff.  VIII, 
782.  834).  Caesar's  Sieg  ist  die  Ursache  nicht  nur  des  Untergangs  der  Frei- 
heit (VII,  433  ff".  639  ff.  696  f.  IX,  204  ff.  252  f.)  sondern  auch  des  Schwin- 
dens  von  Roms  Macht  und  Grösse  nach  aussen  (VII,  427  ff.).  Auch  wo 
Caesar  unzweifelhaft  edel  gehandelt  hat  wird  es  ins  Gegentheil  verkehrt 
(VII,  798  ü\  IX,  1034  ff.),  und  seine  Ermordung  gerechtfertigt  und  geprie- 
sen (VII,  593  ff",  vgl.  VIII,  609.  X,  338  ff.  523  ff.).  Er  ist  der  negative  Held 
des  Epos,  und  ihm  wird  daher  höhniscB  Unsterblichkeit  verheissen  (IX, 
981  ff.).  Wie  an  ihm  lauter  Schatten,  so  ist  an  Pompejus  alles  Licht  (vgl. 
bes.  VIII,  841  ff.,  auch  V,  1  ff.  VI,  799  ff.  VII,  28  ff*.),  so  sehr  dass  an  ihm 
sogar  der  Landesverrat  Preis  findet  (VIII,  232  ff.).  Ueber  ihn  geht  dem 
Dichter  nur  sein  Cato  (IX,  697  ff.  vgL  ib.  187  ff.  254  ff.  553  ff.).  Das 
stoische  Bekenntniss  Lucans  tritt  oft  hervor,  z.  B.  VII,  814  ff.  IX,  302 f. 
572  ff.  X,  265  f.  413  f.  Epikureisch  klingende  Aeusserungen  (wie  VII,  446  ff. 
455  f.)  sind  Ausbrüche  der  Verzweiflung  an  dem  Walten  einer  gerechten 
Gottheit  (vgl.  III,  449).  Direct  gegen  Nero  gerichtet  ist  IX,  983  ff.  An- 
dere freimütige  Aeusserungen  IV,  807  ff.  823.  V,  385.  VI,  259.  VII,  210. 
433  ff.  456  ff.    VIII,  672.   IX,  252  f.  600  ff.   X,  24  ff. 

7.  Dass  das  zehnte  Buch  nicht  vollendet  ist  zeigt  schon  sein  Utnfang, 
der  um  mindestens  200  Verse  hinter  den  übrigen  Büchern  zurücksteht 
Aber  auch  B.  IV— -IX  wurden  nicht  von  Lucan  selbst  herausgegeben,  son- 
dern erst  nach  seinem  Tode  von  einem  Angehörigen  oder  Freunde  (Geuihe 
p.  75 — 82).  Uebrigens  können  diese  trotzdem  von  Lucan  nach  ihrem  Ab- 
schluss  öffentlich  vorgelesen  worden  sein.  Wenn  Vacca  sie  für  mendoei 
erklärt  und  das  o  vidi  sehe  emendaturus  si  licuisset  erat  auf  sie  anwendet, 
so  mag  diess  von  Einzelheiten  gelten:  im  grossen  Ganzen  würde  Lucan 
schwerlich  viel  geändert  haben.  Fronto  p.  157  N.:  unum  .  .  poetae  pro- 
oemium  commemorabo,  poetae  eiusdem  temporis  eiusdemque  nominis  (wie 
Scneca):  fuit  aeque  Annaeus.  is  initio  carminis  sui  (der  Phars.)  septem 
primis  versibua  nihil  aliud  quam  bella  plus  quam  civilia  interprelÄtaw 
est.  Missverständniss  dieser  'Worte  veranlasste  wohl  die  Sage  bei  Schol. 
Lucan.  I,  1  (p.  8  f.  Us.):  hos  VII  versus  primos  dicitur  Seneca  ex  suo  ad- 
didisse  .  .  ne  videretur  Über  ex  abrupto  inchoare.  Vgl.  gegen  F.  Osann 
(de  Sen.  scriptis  deperditis  spec.  III.  Giessen  1848.  4.)  Genthe  p.  77-81. 
C.  F.  Weber,  de  duplici  Pharsaliae  Lucaneae  exordio,  Marburg  1860. 26  pp*- 

8.  Lyd.  de  magistr.  III,  46:  mg  6  Uolificav  iv  nifjtTitjj  l^riYij<se<ov  ns 
%azcc  Aovnavov   xov  'Pcofiaiov  ifupvXicov  cvyyQaiprjg   a7C£q>i)vato,    ^^^^ 


286.    LucanuB.  601 

Vacca  8.  A.  1.  Reste  dieser  commentierenden  Thätigkeit  besitzen  wir  in 
den  Scholien  zu  Lucanus,  von  denen  es  eine  doppelte  Redaction  gibt, 
die  eine  betitelt  Commenta  und  vollständig  erhalten  allein  im  cod.  Bern. 
370  (C)  saec.  X,  die  andere  betitelt  Adnotationes ,  wovon  die  vollständig- 
sten und  wichtigsten  Hdss.  sind  der  Wallersteiuensis,  zwei  Vossiani  saec.  X 
in  Leiden,  und  ein  Gemblacensis  in  Brüssel  saec.  X.  Die  letzteren  sind, 
aber  ungenau,  von  Oudendorp  und  von  C.  F.  Weber  veröffentlicht;  beide 
werden  herausgegeben  von  H.  üsener,  wovon  erschienen  ist  Pars  prior, 
enthaltend  die  commenta  Bemensia,  Lips.  Teubner  1869.  Dazu  H.  Genthc, 
scholia  vetera  in  Luc.  e  codice  Montepessulano,  Berlin  1868.  29  pp.  4. 

9.  Das  Epos  selbst  ist  in  den  Hdss.  De  hello  civili  betitelt.  Die 
älteste  Handschrift  desselben  bilden  die  Palimpsestblätter  in  Wien, 
Neapel  und  Rom,  spätestens  aus  saec.  IV.  D.  Detlefsen  im  Philologus 
XIIL  S.  313-357.  XV.  S.  526—538.  XXVI.  S.  173—184.  W.  Steinhart,  de 
Lucani  schedis  rescriptis  Vindobonensibus,  Salzwedel  1860.  4.  und  in  Fleck- 
eisens Jahrb.  83,  S.  353  —  367.  Unter  den  übrigen  Hdss.  haben  Voss.  II 
(B  bei  Steinhart,  U  bei  üsener),  Montepess.,  Colbert.  und  Cassellanus  die 
subscriptio:  Paulus  Constantinopolitanus  emendavi  manu  mea  solus,  wel^ 
chen  Üsener  (Rhein.  Mus.  XXUI.  S.  497 — 505)  mit  dem  Papulus  Const. 
Theyderich  der  Pariser  Miscellanhdschr.  7530  aus  dem  J.  674  identificiert. 
Die  Hdss.  dieser  Recension  unterscheiden  sich  von  den  zahlreichen  übrigen 
dadurch  dass  sie  in  den  nicht  von  Lucan  selbst  herausgegebenen  Büchern 
ursprünglich  eine  beträchtliche  Anzahl  Verse  nicht  haben,  welche  zum 
Theil  aus  dem  Concepte  Lucans  stammen  könnten,  zum  grösseren  Theil  aber 
spätere  Interpolation  sind.  Auch  in  den  Hdss.  dieser  Recension  selbst 
aind  die  betreffenden  Verse,  aber  in  ungleichem  Masse,  aus  Hd8s.  der  an- 
dern Recension  nachgetragen.  W.  Steinhart,  de  Lucani  codice  Montepes- 
sulano, in  der  Symbola  philoL  Bonn.  p.  287 — 300;  vgl.  dessen  Diss.  de 
emendatione  Lucani,  Bonn.  1854.  C.  E.  C.  Schneider,  trium  codd.  Vratisl. 
Luc.  lectiones  variae,  Bresl.  1823.  4.  Imm.  Bekker,  über  einen  Lucancodex 
zu  Berlin,  Mouatsb.  der  Berl.  Akad.  1853,  S.  166—169. 

10.  Ed.  princeps  Rom  1469  fol.  Von  den  späteren  Ausgaben  sind 
besonders  nennenswerth  die  von  Th.  Pulmann  (Antverp.  I|ß4.  1576),  H. 
Grotius  (ex  emend.  H.  Gr.  cum  eiusdem  notis,  Antverp.  1614.  Lugd.  1626; 
vgl.  Üsener,  Lucani  pugnae  Pharsaliae  narratio  ex  H.  Gr.  rec.  ed.  cum 
comm.  critico,  Greifswald  1863.  4.  Rhein.  Mus.  XIX.  S.  148—150),  G.  Corte 
(Lips.  1726.  vgl.  H.  Genthe  in  Fleckeisens  Jahrb.  89,  S.  547—550),  Fr.  Ou- 
dendorp (Lugd.  Bat.  1728.  4.),  P.  Biurmann  (Lugd.  1740.  4.),  C.  Fr.  Weber 
(cum  notis  varr.  etc.  Lips.  1821 — 1831,  3  Voll.,  wovon  der  letzte  die  Scho- 
lien enthält;  und:  editionem  morte  Cortii  interruptam  absolvit,  Lips.  1828  f. 
2  Voll.).  Auch  Ausgaben  von  Lemaire  (Paris  1830,  2  Voll.)  und  C.  H. 
Weise  (rec.  schol.  interpr. ,  Quedlinb.  und  Leipzig  1835).  R.  Bentloy's  Be- 
merkungen zu  den  3  ersten  Büchern  in  der  Ausgabe  Strawberryhill  1760.  4. 
(Luc.  c.  notis  H.  Grotii  et  R.  Bentlei)  und  Glasgow  1816;  auch  bei  C.  F. 
Weber  1821. 

J.  Merkel,  Lucan's  Phars.  B.  I  lateinisch  und  deutsch,  Aschaffenburg 
1849.  4.  Vollständige  Uebersetzungen  von  F.  H.  Bothe  (Stuttgart,  Metzler 
L855  f.  3  Bdchn)  und  J.  Krais  (Stuttgart,  Hoffmann  1863). 


602  Die  Kaiserzeit.    Erstes  Jahrhundert. 

Meusel  uud  Gottfr.  Bürger,  de  Lacano,  üalle  1767  f.  4.  2  Parfc^^ 
Nachträge  zu  Sulzer  V,  1*.  S.  16  fF.  VII.  S.  334  ff.  Leloup,  de  poeai  epi^^ 
et  Phars.  Luc,  Trier  1827.  4.  A.  Preime,  de  Lucani  Pharsalia,  Marbm.:^ 
1859,  und  besondere  Herrn.  Genthe,  de  Lucani  vita  et  scriptis,  Berlin  18 
85  pp. 

P.  Kortüm,   geschichtl.  Forschungen   (Leipzig  und  Heidelberg  1&. 
S.  209  —  252.    A.  Schaubach,  Lucan's  Phars.  und  ihr  Verhältniss  zur 
schichte,  Meiningen  1869.  4.    Th.  Creizenach,  die  Aeneis  .  .  und  die  Pbi 
salia  im  Mittelalter,  Frankfurt  a.  M.  1864.  4. 


287.  Dem  Freundeskreise  des  Persius  gehört  auch  der 
riker  Caesius  Bassus  an,  welcher  wohl  zugleich  derjenig'^ 
dieses  Namens  ist  welcher  ein  Lehrgedicht  de  metris  verfas^* 
hatte.  Darin  hatte  er  sich  an  griechische  Quellen  und  an  Varr*^^ 
angeschlossen.  Im  dritten  Jahrh.  wurde  das  Werk  in  ein  prc^' 
saisches  Lehrbuch  der  Metrik  umgewandelt.  Der  den  Name: 
des  Caesius  Bassus  tragende  Abschnitt  de  metris  hat  aber  weoij 
Anspruch  auf  diesen  Titel.  Andere  Männer  aus  der  Zeit  d( 
Nero  von  denen  wir  wissen  dass  sie  Gedichte  verfassten  smi 
Vagellius,  Curtius  Montanus  und  Serranus. 

1.    Vita  Perdi  (s.  285,  1)  p.  234  J.:  amicos  habuit  a  prima  adolescenti^^^^ 
Caesium  Bassum  poetam  et  Calpumium  Staturam,  qui  vivo  eo  iuveni^^^ 
decessit  (und  kein  Dichter  war).     Herausgeber   der  Satiren   des  Persius^ 
8.  oben  285,  3.    Schol.  Pers.  6,  1  (p.  340  J.):  hanc  satiram  scribit  PersiiL-^^^ 
ad  Caesium  Bassum  poetam  lyricum,  quem  fama  est  in  praediis  suis  pc 
situm  ardente  Vesuvio  .  .  et  late  ignibus  abundante  cum  villa  sua  usini 
esse  (J.  79  n.  Chr.).    Vgl.  Plin.  Ep.  VI,  16,  8  (nach  0.  Jahn's  Emend.) 
accipit  codicillos  .  .  Caesi  Bassi  imminente  periculo  exterriti.    QuintiL 
1,  96:  lyricorum  Horatius  fere  solus  legi  dignus.    .  .  si  quem  adicere  ycli 
is  erit  Caesius  Bassus,  quem  nuper  vidimus.    Pers.  6,  1 — 6:  admovit  i{ 
bruma  foco  te,  Basse,  Sabino?  iamne  lyra  et  tetrico  vivunt  tibi  pectij 
chordae,  mire  opifex  numeris  veterum  primordia  vocum  atque  mareiji  sti 
pitum  fidb  intendisse  latinae,  mox  iuvenes  agitare  iocos  et  pollice  honeBl 
egregius  lusisse  senes?    Priscian.  X,  36.  p.  527  H.:  Bassus  in  II  lyricon 
Calliope  princeps  sapienti  psallerat  ore.    Die  Identität  mit  dem  Metriki 
wird  sehr  wahrscheinlich  durch  das  Citat  Bassins  (st.  Bassus)  ad  Nerone' 
de  iambico  sie  dicit,  bei  Rufin.  p.  2707  P.  =  379  Gaisf.    Aus  diesem  m 
trischen  Werke  ohne  Zweifel  Diomed.  III.  p.  513  K.:  huius  (des  moI( 
cum  metrum)  exemplum  dat  Caesius  Bassus  tale:  Romani  victores  Gernk^  ^^ 
nis  devictis.     Dass  dasselbe  ursprünglich  metrische  Form  hatte,  älmli^E=7li 
dem  des  Terentianus  Maurus,  wird  durch  Persius  (numeris  etc.)  wahrsche»^^*" 
lieh.    Vgl.  Ter.  Maur.  2358:  quae  (exempla)  locasse  Caesium  libro  notefc-"^ 
quem  dedit  metris  super.    2369 :  auctore  tanto  credo  me  tutum  fore.   Mi»-^- 
Vict.  de  carm.  her.  c.  5:  Caesius  Bassus,  vir  doctus  atque  eruditus,  inlil^^^ 
de  metris  .  .  ait.    Die  auch  von  Varro  angenommene  Ableitung  {jta^^' 
yooyi])  der  verschiedenen  Metra  aus  einem  metrum  principale  (dem  hetouB 
und  trimeter  iambicus),  mittelst  adiectio,  -detractio,  permutatio  u.  s.  ^-t 


287  f.    Caesius  BasBus  u.  o.    Pctronius.  603 

war  d^riu  vorgetragen.  Die  Beispiele  waren  auch  den  Zeitgenossen  Pom- 
pö«^vi.s  Secundus  (oben  258,  7),  Seneca  (und  Petronius  Arbiter?)  entnom- 
men_  Atilius  Fort,  scheint  aus  dem  ursprünglichen  Werke  selbst  geschöpft 
za  lia.l3en,  dagegen  Terentianus,  Diomedes  u.  A.  aus  einer  mit  Beispielen 
spa.tier'er  Dichter  (bes.  Septimius  Serenus)  vermehrten  prosaischen  Um- 
arbeitung.   R.  Westphal,  griech.  Metrik  L*  S.  169—174.    Vgl.  das.  S.  119  f. 

2.  In  der  Sammlung  der  lateinischen  Metriker  führt  ein  fragmenta- 
risolier  Abschnitt,  p.  2663— 2672  P.  =  302— 311  Gaisf.,  die  üeberschrift  Ars 
Caosü  Bassi  de  metris.  Er  besteht  theÜB  aus  einer  magern  Erläuterung 
von.  vier  Metren  des  Horaz,  als  üeberrest  eines  Werkes  de  metris  Horati^ 
theils  aus  einer  —  breviatio  pedum  betitelten  —  üebersicht  der  pedes, 
für  ^w^elche  die  Zurückführung  auf  C.  B.  ohne  Beglaubigung  ist.  Auch  von 
dem  ersten  Fragment  (über  Horaz)  ist  der  Ursprung  zweifelhaft,  ß.  West- 
phal,   griech.  Metrik  I.«  S.  118  f.  132  f.  204  f. 

3.  Im  Allgemeinen  vgl.  noch  Leutsch,  Philologus  XI.  S.  739—744. 
J-    Cäsar  in  Paulis  Real-Enc.  I,  2.  S.  2296,  Nr.  10. 

4.  Sen.  nat.  quaest.  VI,  2,  9:  egregie  Vagellius  mens  in  illo  in- 
clitio  carmine  .  .  inquit.  Danach  hat  Ritschi  in  ReiiFerdcheids  Suet.  reliqq, 
P-  Ö28— 531  mit  Wahrscheinlichkeit  die  Angabe  des  Donatus  (ib.  p.  35): 
Soip^ionis  fabulas  edidisse  Terentium  Vallegius  in  Actione  ait  (folgen  drei 
Sexxaj-e)  auf  diesen  Vagellius  bezogen.  Ein  declamator  mulino  corde  Va- 
gellius bei  Juv.  16,  23  vgl.  18,  119. 

ö.  Tac.  A.  XVI,  28  (J.  66  =  819):  qui  .  .  Curtium  Montanum  de- 
^®^^^«ada  carmina  factitantem  eludere  impune  sinerent.  29:  Montanum 
^*^^^2^  iuventae  neque  famosi  carminis,  quia  protulerit  ingenium,  extor- 
^®*^    ^gi.    Proben  seines  Freimuts  im  Senat  (J.  70)  Tac.  Hist.  IV,  40.  42. 

C  Quintil.  X,  1,  89  bei  den  Epikern:  Serranum  (G.  Sarpe;  die  Hdss. 
^^*'*'^num,  varrenum  etc.)  consummari  mors  immatura  non  passa  est; 
P^oriiia  tameu  eins  opera  et  maximam  indolem  ostendunt  et  admirabilem 
P/^^oipue  in  aetate  illa  recti  generis  voluntatem.  Dagegen  setzt  einen 
J^^^^S'er  Lebenden  voraus  Juv.  7,  79—81:  contentus  fama  iaceat  Lucanus  in 
5^^t.i8  marmoreis,  at  Serrano  tenuique  Saleio  gloria  quantalibet  quid  erit, 
^loria  tantumst?   Auch  möchte  man  hienach  Serranus  eher  später  setzen. 

7.    Ueber  Gaetulicus  s.  oben  275, 1;  über  Attius  Labeo  s.  unten  291,  3. 

288.  Ohne  Zweifel  aus  der  Zeit  des  Nero  stammt  ferner 
^^r  Sittenroman  welcher  unter  dem  Namen  des  Petronius 
Arbiter  auf  uns  gekommen  ist.  ursprünglich  ein  umfangreiches 
VVerk  von  etwa  zwanzig  Büchern  worin  allerlei  Reiseabenteuer 
Erzählt  waren,  besteht  es  jetzt  nur  aus  einer  Reihe  Trümmer, 
Von  denen  das  ansehnlichste  die  cena  Trimalchionis  ist.  die  Be- 
Schreibung  einer  Gasterei  welche  ein  reicher  ungebildeter  Em- 
;|)orkommling  gibt.  Obwohl  tief  in  Schmutz  getaucht  ist  der 
Homan  nicht  nur  hochwichtig  für  die  Geschichte  der  Sitten 
und  der  Sprache,  namentlich  für  die  Kenntniss  der  Volkssprache, 
sondern  auch  in  seiner  Art  ein  Kunstwerk,  voll  von  Geist,  feinster 


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288.    Petronius.  605 

eTlel>-fc    hat.    Auf  Erlebnisse  in  Massilia  deutet  Sidon.  Apoll,  c.  XXIII,  166  f. ; 
das  'Hl  vhaltene  aber  spielt  in  Unteritalien,  das  Meiste  in  einer  colonia  Cam- 
pai^i^"nj,  wahrscheinlicb  Neapel,  c,  116  ff.  in  Eroton.    Die  fingierte  Zeit 
ist    d.i.G  des  Tiberius  (Bücheler  p.  VII),  wozu   auch   die  Erwähnung  des 
(^^Jia,    Aemilius)  Scaurus  (oben  260,  2)  c.  77  stimmt;  daneben  eingefloch- 
tene   Anspielungen  auf  Persönlichkeiten  aus  der  Zeit  des  Caligula  und  Nero 
(Bücfeder  p.  VIII).    Meisterhaft  ist  die  Zeichnung  der  Charaktere,  meist 
darclü.    deren  Selbstdarstellung,  doch  so  dass  zugleich  ein  leisironischer  Ton 
oiödvir'chklingt.    In  genauester  üebereinstimmung  mit  Charakter  und  Ver- 
liältixisgen  der  Personen  ist  ihre  Sprechweise:  bei  Encolpius  selbst  die  der 
Gebilcleten  in  der  besten  Zeit  der  Literatur  (C.  Beck,  the  age  etc.  p.  135 
"~152)^  nur  mit  der  Zwanglodgkeit  des  Conversationstons  und  mit  einer 
^'^^Äiil  Wendungen  und  Constructionen  des  ersten  christl.  Jahrh.  (unkri- 
^oHe   Sammlung  bei  Beck  1.  1.  p.  152—157),   bei  den  .meisten  gelegent- 
"CJieii   Sprechern    aber    volksmässig,   voll  sprüchwörtlicher   Wendungen, 
^^^heiten,  Hyperbeln,  Solöcismeu,  Archaismen   und   (wegen   des  halb- 
^'^^cliischen  Schauplatzes)  Gräcismen;  s.  G.  Studer,  Rhein.  Mus.  II  (1843) 
^*    "^5 — 85.    C.  Beck,  the  age  etc.  p.  106 — 134.    Die  Stücke  in  gebundener 
.^^^"m  sind  meist  dem  eiteln  und  geschmacklosen  Dichter  Eumolpus  in  den 
^^^^d  gelegt;   so  besonders  c.  89  die  Troiae  halosis  in  65  Senaren  und 
'     -«^19 — 124  das  bellum  civile  m  295  Hexametern.    Aber  auch  sonst  geht 
^    Hede  sehr  gern  aus  der  Prosa  über  in  poetische  Form;   so  c.  5,  83, 
j^^,  127  f.,  131,  133  f.,  136  f.,  139  Hexameter;  c.  14,  18,  80,  82,  109,  126, 
j     ^,  137  elegisches  Mass;  c.  5  Hinkiamben;  Hendekasyllaben  c.  15,  79,  93, 
^    ^,  fr.  20;  Logaöden  132;  loniker  23;  Tamben  fr.  19,  21.    Dadurch  wird 
^>  Roman  zu  einer  satira  Menippea  (oben  24,  3). 

^  4.     Von  den  verschiedenen  Ansichten  über  das  Zeitalter  des  Werks 

^  ^irdient  Erwähnung  allenfalls  die  von  Niebuhr  (Abhandl.  d.  Berliner  Akad. 
^^^8.  IL  S.  250  ff.  =  kleine  philolog.  Schriften  S.  337  ff.),  welcher  das 
/^Vitte  Jahrh.  (unter  Alexander  Severus)  annahm,  veranlasst  durch  eine  In- 
^liiift  (Orelli  1 175)  die  er  irrig  in  jene  Zeit  versetzte  und  deren  Personen 
^^  irrig  mit  denen  bei  Petronius  identificierte ;  s.  W.  Teuffei  im  Rhein.  Mus. 
'^^.  S.  512—514.  Bücheler  p.  IV  f.  not.  Andererseits  C.  Beck,  the  age  of  Pe- 
^^onius  Arbiter,  Cambridge  (Mass.)  1866.  158  pp.  4.  (bes.  p.  100—104)  setzte 
^«  zwischen  6  und  34  n.  Chr.,  also  unter  Augustus  oder  Tiberius;  s.  da- 
^e^en  Bücheler,  Rh^.  Mus.  XI.  S.  608  f.  Heutzutage  darf  als  nahezu 
^^ll^emeiu  anerkannt  gelten  die  Datierung  unter  Nero ;  s.  besonders  G.  Stu- 
^er,  Rhein.  Mus.  II.  S.  50—92.  202  f.;  F.  Ritter  ebds.  S.  561  —  669; 
A^.  Teuffei  ebd.  IV.  S.  614  f.  Neque  homines,  res,  mores,  studia,  cultus 
^enique  omnis  humanus  civilisque  qualis  describitur,  neque  genus  sermo- 
arsque  metrorum  in  aliud  atque  Neronianum  tempus  conveniunt.  cer- 
igitor  est  Senecae  Petronium  et  Lucano  fuisse  aequalem  (Bücheler, 
.  p.  V).  Schon  in  der  Zeit  des  Nero  eine  Ausnahme,  wäre  in  den 
^olg^enden  Zeiten  die  einfache  natürliche  Sprache  dieses  Romans,  fern  von 
allein  falschen  Pathos  imd  rhetorischem  Flitter,  eine  Unmöglichkeit  gewe- 
sen. Anspielungen  auf  Seneca;  E.  Gottschlich,  de  parodiis  Senecae  apud 
X'etronium,  in  den  Mbcell.  philolog.  zu  Fr.  Haasens  Jubiläum  (Breslau  1863) 
p.  26 — 29.  Unverkennbar  ist  auch  dass  die  Troiae  halosis  behandelt  ist 
xnit  Bezug  aof  ein  gleichartiges  Gedicht  von  Nero  (oben  270,  6)  und  das 


606 


Die  Eaiserzeit.  Erstes  Jahrhundert. 


bellum  civile  die  Manier  des  Lncanas  durch  Uebertreibung  persifliert,  a 
ohne  ihn  (als  noch  Lebenden)  zu  nennen;  8.  J.  G.  Möseler,  de  Petr.  {^ 
mate  de   hello  civili  (Breslau  1842)   und   quaestionum  Petron.  spec 
poema  de  hello  civili  cum  Pharsalia  Lucani  comparatur,  Hirschberg  1^.^ 
spec.  n.,  Hirschberg  1865.  4. 

5.    Tac.  A.  XVI,  17;  paucos  intra  dies  eodem  agmine  Annaens 
.  .  C.  Petronius  ceddere  (J.  66  =  819  d.  St.).    18:  de  C.  Petronio  p&cx 
supra  repetenda  sunt,    nam  illi  dies  per  somnum,  nox  officiis  et  oblec^s^t^ 
mentis  vitae  transigebatur;  utque  aUos  industria,  ita  hunc  ignavia  ad  .^^^ 
mam  protulerat  habebaturque  non  ganeo  et  profligator,  .  .  sed  erudjx^^'^^ 
luxu.    ac  dicta  factaqne  eins  quanto  solutiora  et  quandam  sui  neglej 
tiam  praeferentia  tanto  gratius  in  spem  simplicitatis  accipiebantur.    p 
consul  tamen  Bithyniae  et  mox   consul  vigentem   se   ac   parem   nego 
ostendit.    dein  revolutus  ad  vitia  seu  vitiorum  imitatione  inter  paucos 
miliarium  Neroni  adsumptus  est,  elegantiae  arbiter,  dum  nihil  amoenu 
et  molle  afQuentia  putat  nisi  quod  ei  Petronius  adprobavisset.    ZumT 
bestimmt  audiebat  referentes  nihil  de  immortalitate  animae  et  sapienti 
placitis,  sed  levia  carmina  et  faciles  versus.    Dass  die  ib.  19  f.  erwähn' 
Schrift  des  Petronius,  worin  er  flagitia  principis  sub  nominibus  exoletora 
feminarumque  et  novitatem  cuiusque   stupri  perscripsit  atque   obsignai 
misit  Neroni,  mit  den  erhaltenen  satirae  nichts  zu  thun  hat  ist  durch  F 
Ritter  (Rhein.  Mus.  II.  S.  569  —  672)   nachgewiesen   und  durch  C.  Pete-^*^ 
(Rom.  Gesch.  III,  1.  S.  360  Anm.)  wahrlich  nicht  widerlegt  worden.    Di«*- 
Charakteristik  des  C.  Petronius  aber  würde  sehr  gut  auf  den  Charakte 
der  vorliegenden  satirae  passen ;  nur  aber  ist  schriftstellerische  Thätigke 
jenes  Petronius  der  Stelle  des  Tacitus  nicht  nur  unbekannt  sondern  du 
sie  ausgeschlossen;    s.  W.   Teuffei,  Rhein.  Mus.  IV.  S.  515—517.     Wo 
mochte  ein  ernsterer  Mann ,  wie  Tacitus ,   von   einer  Schrift  die  er  z 
Schmutzliteratur  zu  rechnen   ein  Recht  hatte   wenig  Kenntniss  nehmeiitf==^i 
aber  wenn  sie  unter  dem  Namen  des  von  ihm  charakterisierten  Consul^^^' 
ren  erschienen  wäre  durfte  sie,  als  sprechendstes  Symptom,  nicht  unecr  =^r* 
wähnt  bleiben,  und  es  konnte  dann  jedenfalls  nicht  mehr  kurzweg  behaupt 
werden:  illi  dies  per  somnum  transigebatur.    Auch  wenn  sie  eine  Jugent 
Schrift  desselben  war  oder  erst  aOs  seinem  Nachlasse  herausgegeben  wi 
war  dieses  Schweigen  und  jene  Charakteristik  immöglich.    Es  ist  dahi 
entweder  anzunehmen  dass  die  satirae  ursprünglich^nonym  und  viellei( 
ausserhalb  Roms  (in  iMassilia?  Sid.  Ap.  XXIH,  155)  erschienen  und  die 
theilung  an  den  taciteischen  Petronius  eine  spätere  Combination  ist,  vc 
anlasst  durch  die  Verwandtschaft  der  Zeit  und  des  Geistes,  wobei  die 
Zeichnung  des  Petronius    als    elegantiae    arbiter  Veranlassung   gegebi 
haben  kann  ihm  den  Beinamen  Arbiter  zu  schaffen;  oder,  falls  der  V( 
fasser  wirklich  Petronius  Arbiter  sich  nannte,  dass  er  nicht  der  taciteisc^fc^^' 
C.  Petronius  ist.    Frühestes  Vorkommen   des  Namens  bei  Terent. 
V.  2489  ff.  (Arbiter  disertus)  und  2852  ff.  (Petronius).    Sidon.  Apoll. 
IX,  268  nennt  Petr.  in  einer  Aufzählung  von  Dichtem,  XXIII,  155  Arbits^^f 
unter  den  berühmten  Schriftstellern  eloquii  latini.  Ohne  selbständige  Kenras'^ 
niss  urteilt  Lyd.  de  mag.  I,  41  (oben  24,  2).    Macrob.  comm.  in  somn.  &^- 
I,  2,  8:  fabulae  .  .  auditum  mulcent,  velut  comoediae  .  .  vel  argumen.'^ 
fictis  casibus  amatorum  referta  (Romane),  quibus  vel  multum  se  Arbit^' 


1 


288  f.    Petronius.    Calpumius  und  Nemesianus.  607 

ex^x"<5viit  vel  Apoleium  nonnumqaam  lusisse  miramur.  Anführungen  des 
P^'taroiaiuB  bei  Diomedes  (Arbiter),  Servius,  Prisoian,  Fulgentius  (Petr.  Arb.), 
Ser-grivM  u.  a.  zusammengestellt  in  Bücheler's  Ausg.  p.  206  ff.  ünbezeugt 
ist  deT  Name  des  Petr.  für  die  Gedichte  Nr.  81—40,  50—62  bei  Bücheier; 
A.     XUese  in  Pleckeisens  Jahrb.  99,  S.  281. 

ö.  Ueber  die  Ausgaben  der  satirae  s.  Bücheier  p.  XXXVII  it.  Von 
den.  ^vor  AufQndung  der  cena  Trimalc.  erschienenen  sind  nennenswerth  die 
^^^  J.  Dousa  (Lugd.  1586  u.  sonst),  Goldast  (Helenop.  1610.  Frankf.  1621), 
QoiÄs^lez  de  Salas  (Francof.  1629.  4.);  von  den  späteren  besonders  die  von 
^-  Biirmann  (Utrecht  1709.  4.  Amsterdam  1748.  4.;  J.  J.  Reiske,  Ubellus 
aJ*iixt.advers.  ad  alt.  ed.  Burmann.,  Lips.  4  Thle),  auch  C.  G.  Anton  (Lips. 
^^^J^)-  Texte  Lips.  1721,  Bipont.  1790.  Erste  kritische  Ausgabe  ex  recens. 
^-    ^Bücheleri,  Berol.  1862;  Textausgabe  (mit  den  Priapeia)  ib.  1862. 

iGeiträge  zur  Textkritik  von  J.  C.  Orelli  (lectiones  Petron.,  Zürich 
I^3e.  4.),  G.  Studer  (observatt.  critt.  in  Petr.  cen.  Trim.,  Bern  1839.  4.), 
^^-  Wehle  (observatt.  critt.  in  Petr.,  Bonn  1861),  0.  Keller  (Rhein.  Mus. 
^"^I.    S.  532-561),  C.  Beck  (oben  A.  2). 

Ueber  Petr.  und  sein  Werk  auch  W.  Teuffei  in  Pauly's  Real-Enc.  V. 
I*  X402  — 1406.  Fr.  Bücheier  im  Neuen  Schweiz.  Mus.  III  (Bern  1863) 
S«      17-31. 

Q  Uebersetzungen  von  W.  Heinse  (Rom  1773.  Schwabach  1783.  2  Thle), 

^  ^^^fiter  (Halle  1792,  2  Thle)  u.  a.     Das  Gastmahl  des  Trim.  von  Wel- 
^^er  (Jahns  Archiv  X.  S.  194—220)  und  Berlin  1843. 

289.  Zu  Anfang  der  Regierung  des  Nero  verfasste  Cal- 
^^Xirnius  die  sieben  Eklogen  welche  in  strenger  Technik  die 
^gegenstände  und  die  Art  des  Theokrit  und  der  vergilischen 
''^ucolica  übertreibend  nachahmen,  mit  leidlichem  Geschmack, 
^her  höfischer  Gesinnung.  Zwei  Jahrhunderte  später  wurde  Calp. 
Selbst  wieder  carikiert  und  geplündert  durch  Nemesianus, 
dessen  redselige  vier  Eklogen  in  Silbenmessung  und  Versbau 
andere  Grundsätze  befolgen,  aber,  räumlich  mit  denen  des  Cal- 
;j)umius  vereinigt,  lange  von  ihnen  nicht  unterschieden  wurden. 

1.    In  der  Handschrift  des  Thaddäus  Ugoletus  von  unbekanntem  Alter, 
^ach  welcher  die  Ausgabe  des  Angelus  Ugoletus  (Parma  um  1490)  gemacht 
Xst,  wird  der  Antheil  beider  Verfasser  scharf  geschieden  (nach  der  Aus- 
gabe:  Titi  Calphumii  Siculi  bucolicum  Carmen  .  .  incipit;  Aurelii  Neme- 
siani  poetae  Carthaginensis  ecloga  prima  incipit;  nach  Nie.  Angelius:  finis 
bacolicorum  Calphurnii.    Aurelii  Nemesiani   p.  carth.   ecloga  prima  etc., 
s.  M.  Haupt,  p.  11  f.).  und  auch  der  cod.  Neapel,  hat  wenigstens  noch  am 
Schlüsse  von  ecl.  11  die  Unterschrift:  Aureliani  Nemesiani  Garthag.  buc. 
explicit  (Haupt  p.  13).    Die  wesentliche  Verschiedenheit  der  Technik  ist 
nachgewiesen  worden  durch  M.  Haupt,  de  carminibus  bucolicis  Galpumii 
et  Nemesiani,  Berlin  1854.  4.,  p.  1  —  5.     Die  des  Calpumius  gebrauchen 
aaslautendes  o  als  Kürze  nur  so  wie  die  strengsten  Dichter,  die  des  Ne- 
mesianus haben  bereits  mulcendö,  laudandö,  ambö  u.  a.;  in  jenen  ist  die 
S^nalöphe   sehr  selten:  in  758  Versen  finden  sich  (ausser  drei  zweifei- 


608  Die  Eaiserzeit.    Erstes  Jahrhundert. 

haften  Fällen  von  V erschleif ung  des  que  in  späteren  Fassen)  sichere  &^ 
spiele  derselben  nur  acht  und  immer  nur  im  ersten  Fasse,  nämlich  ^r< 
Schleifung  von  e  6mal,  von  ä  und  von  um  je  einmal;  5  dieser  Fälle  finc^. 
sich  in  ecl.  3,  die  daher  vielleicht  die  früheste  ist,  je  einer  in  ecl.  1,  2  ^      ^ 
keiner  in  ecl.  4,  6,  7;  dagegen  in  den  319  Hexametern  des  Nemesia-cKzi.^^ 
39   Fälle   von   Synalöphe,  wovon   drei   (8,  21.  9,  14.  32)   einen   laa^-^^ 
Vocal  treuen  und  nur  die  Hälfte  den  ersten  Fuss.    Ein  Versschluss    "^v^e 
montivagus  Fan  (ecl.  10,  17)  oder  eine  Messung  wie  futuri  (venturi?>     ^jg 
Molossus  (ecL  10,  23)  findet  sich  bei  Calpumius  niemals.    Die  Cäsur     !>«• 
steht  bei  Calp.  mehr  als  70mal  in  der  Combination  von  xata  xgCxov 
laiovy  tQid^rifiififQ^g  und  iip^rjfitfisgijgf  bei  Nemesianus  ist  sie  so  auF 
nsvd'fjfiifisQrjg  eingeschränkt  dass  jene  Combination  nur  6mal  vorkomznt 
Dagegen  stimmt  die  Technik  der  4  letzten  Eklogeu  zu  der  von  Nein«- 
sian's  Cynegetica  (Haupt  p.  9  f.).    Femer  wird  die  Identität  des  YerCeLB- 
sers  aller  11  Eklogen  ausgeschlossen  durch  die  zahlreichen  Wiederholung-^^ 
ganzer  Verse  und  Variation  von  Gedanken  und  Wendungen  welche  sfc^l 
in  den  4  letzten  gegenüber  von  den  7  ersten  finden;   namentlich  ecl     ^ 
(Nemes.  2)  ist  fast  ganz  aus  ecl.  2,  3  und  7  zusammengeflickt;  aber  auc?^ 
in  ecl.  8  (Nem.  1)  ist  ecl.  1,  4  und  6  stark  ausgebeutet,  und  10  (Nem.  3),    ^ 
ist  identisch  mit  (Calp.)  5,  2.    Nachahmung  des  Statins  findet  sich  m^^ 
mals  in  ecl.  1 — 7,  wohl  aber  in  8—11,  wie  auch  in  Nemesians  Cynegetic^^ 
(Haupt  p.  10  f.).    Vorliebe  für  parenthetisches  memini,  fateor  zeigen  nc^^ 
die  7  ersten,  nicht  die  4  letzten  Stücke. 

2.  Die  Zeit  in  welcher  die  7  ersten  Eklogen  verfasst  sind  erhellt  m^ 
Sicherheit  aus  ihren  zahlreichen  Anspielungen,  besonders  in  ecl.  1,  4  und 
(Haupt  p.  16—26).    Der  Fürst  (deusj  ist  ein  iuvenis  (1,  44.  4,  85.  137.  1,^^^ 
von  jugendlicher  Schönheit  (7,  84),  matemis  causas  qui  lusit  in  ulnis  (1,4---^^ 
vgl.  oben  270,  6),   welcher   glänzende  Spiele   gibt  vor  denen  vilia  son^-- 
quaecunque  prioribus  annis  vidimus  et  sordet  quidquid  spectavimus  olii 
(7,  44  f.),  mit  dessen  Begierungsantritt  eine  Aera  des  Friedens,  der  Freihei 
und  der  dementia  begonnen  hat  (1,  42 — 88.  4  passim).    Diess  Alles  stimm 
zu  Nero  und  dem  hoffnungsvollen  Beginne  seiner  Regierung,  wie  auch  de 
im  Herbst  sichtbare  Komet  (1,  77  ff.)  zu  dem  kurz  vor  Claudius^  Lebenc 
ende  (J.  807)  erschienenen.    Auch  Sprache  und  Metrik  dieser  7  Eklogei 
passen  dazu  vollständig,  und  nichts  in  ihnen  weist  über  diese  Zeit  hinaus 
Der  Verfasser  klagt  über  seine  Armut  (4,  156  ff.)  und  sucht  durch  Mel 
böus  (nach  Sarpe,  quaest.  philol.  Rostock  1819.  4.  =»  Seneca,  nach  Hauj 
p.  26  f.  =  Calpumius  Piso)  seine  Lobgedichte  unter  die  Augen  des  Füi 
sten  zu  bringen.    Ob  Siculus  seine  Heimat  bezeichnet  oder  von  Theokri 
her  auf  ihn  übergetragen  ist  lässt  sich  nicht  entscheiden. 

3.  Schon  im  Antheile  des  Calpumius  sind  Themata  und  Gedankei 
von  Theokrit  und  Vergil  nachgebildet,  im  sentimentalen  und  declamato^^^--^ 
rischen  Charakter  des  ersten  Jahrh.  und  unter  Verstärkung  der  Farbei 
des  Originals  (z.  B.  2,  15).    Von  Nemesianus  werden  dann  wiederom  di« 
Gedanken  imd  Wendungen  des  Calpumius  ins  Plumpe  gesteigert,  nament- — ^ 
lieh  die  erotischen  Züge,  imd  die  Rhetorik  der  Ausführungen  pflegt  sie 
lange  um  sich  selbst  zu  drehen.    Ueberhaupt  zeigen  die  vier  letzten  Stficki 
bedeutend  geringere  dichterische  Beföhigung  als  die  7  ersten. 


289  f.    Calpurnius  Sic.  und  Nemesianiis.    Aetna.  G09 

Die  beste  Handschrift  der  11  Stücke  ist  der  Neapolitanus  aus  dem 
_  von  saec.  XV;  Paris.  8049  saec.  XIII  (=  Heinsii  cod.  bei  Burmann?) 
kkält  nur  ecl.  1,  2,  3,  und  4,  1—12.  Eine  Abschrift  des  codex  von  Th. 
öletus  (s.  A.  1)  ist  in  der  Riccardi'schen  Bibliothek.  Von  denjenigen 
Lclie  alle  11  Eklogen  dem  Calpurnius  zuschreiben  reicht  keine  über 
!0.    XV  zurück. 

ö.  Editio  princeps  Rom.  1471  fol.  (mit  Silius  It.).  Später  häufig  mit 
5  OratiuB  (oben  237,  1)  und  Nemesianus  Cynegetica  zusammen.  In 
emedorfs  poetae  lat.  min.  11.  p.  73  —  214.  Recognovit,  annotatione  et 
^Bsario  instruxit  Chr.  D.  Beck,  Lips.  1803.  In  W.  E.  Webers  Corp. 
etar.  lat.  p.  662  —  671.  Recens.  et  annott.  critt.  instr.  C.  E.  Glaeser, 
>ttmg.  1842. 

Beiträge  zur  Kritik  des  Calpurnius  bei  M.  Haupt  (s.  A.  1)  p.  27—32, 
Nemesianus'  ecl.  ib.  p.  32—35,  zu  seinen  Cyneg.  ib.  p.  35 — 37;  zu  Calp. 
Keines,  bei  J.  Mähly,  über  Soph.  0.  C.  (Basel  18G8)  S.  101—118. 

IJebersetzt  von  Adelung  (Petersburg  1804.  4.),  Wiss  (Leipzig  1805), 
ausen  (Altona  1807). 

290.  Der  Zeit  des  Nero  gehört  wohl  auch  das  Lehrgedicht 
ötxia  an,  G45  regebrecht  gebaute  Hexameter,  meist  in  trocke- 
'^  Lehrtone  und  mit  eifriger  Bekämpfung  der  Volksvorstel- 
^gen.  Der  Verfasser  desselben  ist  wahrscheinlich  der  litera- 
^Ix  gebildete  und  thätige  jüngere  Freund  des  Seneca,  LuciHus 
»^or. 

X.  Dass  das  Gedicht  vor  dem  grossen  Ausbruch  des  Vesuv  J.  69  ver- 
^"•i  ist  erhellt  aus  der  Nichterwähnung  desselben  (z.  B.  429  tf.  vgl.  605  fiP.). 
^^ ginnt  mit  einer  ausführlichen  Bekämpfung  der  durch  die  Dichter  ver- 
^"t^ten  mythischen  Vorstellungen  über  die  Ursachen  der  vulcanischen 
^^einungen  (fallacia  vatum  29  ff. ;  stolidi  mendacia  vulgi  366 ;  fabula 
'^^ax  511),  wie  überhaupt  der  anthropopathischen  Vorstellungen  (32  f. 
i  •  Anstreifen  an  Epikureisches  (32  f.)  wie  an  Stoisches  (173  f.  537  ff.). 
^it^a  carminibus  übertaa  ista ,  sed  omnis  in  vero  mihi  cura,  91  f.  Doctri- 
[^  Wendungen  sind  zahlreich;  s.  116  f.  143  f.  158  ff.  175.  188  ff.  219  ff*. 
^  ^.  329  f.  .348.  387  f.  391  f.  399  f.  415  f.  425  ff.  448  f.  510  f.  529.  536  f. 
i^iiix  wiederholen  sich  häufig  die  gleichen  Worte  und  Structuren.  Ueber- 
^^pt  fehlt  es  dem  eigentlich  didaktischen  Theile  an  Manchfaltigkeit 
^^  Leben;  eine  grosse  Rolle  spielt  die  Lava  (lapis  molaris).  Dagegen 
^^t  sich  die  Rede  und  wird  warm  wo  das  Genussreiche  und  Menschen* 
Erdige  der  Naturbeobachtung  im  Gegensatze  zu  kleinlichem  Treiben  (224 
"^281)  und  zu  entlegenen  Gegenständen  der  Thätigkeit  (568  —  598)  dar- 
r^legt  wird.  Auch  die  Beschreibung  des  Aetnaausbruches  608  ff.  ist 
^bendig.  Benützung  von  Seneca's  nat.  quaest.  (z.  B.  v.  119  ff.  282  ff.)? 
^g\.  Jacob  p.  XVIII  f.  Deutlicher  sind  Anklänge  an  Lucretius.  Im  All- 
gemeinen aber  ist  die  Sprache  die  besonders  durch  Yergil  in  der  römi- 
chen  Poesie  conventionell  gewordene.  Die  Metrik  zeigt  das  dem  ersten 
lalben  JahrL  nach  August  eigeuthümliche  Schwanken  in  der  einzuschlagen- 
en  Richtung.    In  den  wesentlichsten  Puccteu  an  Ovid  sich  anschliessend, 

Teaffel,  Rom.  Lileralur(j:cschichle.  39 


010  Die  Kaiserzeit.    Erstes  Jahrhundert. 

wiederholt  sie  andererseits  in  Cäsuren  u.  s.  w.   gewisse  Härten  Vergils, 
ähnlich  wie  Manilius  und  Statins  (L.  Müller). 

2.  Sen.  nat.  quaest.  IV.  praef.  9  an  Lucilius:  ita  est,  mi  lunior. 
Geboren  war  er  (etwa  um  ein  Jahrzehnt)  später  als  Seneca  (ib.  lü,  1,  l: 
apud  te,  iuvenis  carissime,  inveuio;  folgt  ein  Hexameter.  Epist.  26, 7:iQ- 
venior  es),  zu  Pompeji  oder  Neapel  (Sen.  Epist.  49,  1.  53,  1.  70, 1),  in  be- 
schränkten Verhältnissen  (nat.  quaest.  IV.  praef.  16:  eluctatus  nataliain 
angustias;  vgl.  Epist.  19,  5.  44),  aus  denen  er  sich  durch  seine  Thätigkeit 
emporarbeitete ;  Sen.  Epist.  44,  2 :  eques  rom.  es  et  ad  hunc  ordinem  toa 
te  perduxit  industria.  Vgl.  ib.  19,  ä:  in  medium  te  protulit  ingenii  vigor, 
scriptorum  elegantia,  clarae  et  nobiles  amicitiae.  iam  notitia  te  invaiit 
Nat.  quaest.  IV.  praef.  15 — 17  lässt  ihn  Seneca  sagen:  non  mihi  in  ami 
citia  Gaetulici  (oben  275,  1)  vel  Caius  fidem  eripuit,  non  .  .  Messala  etNax 
cissus.  .  .  videbam  apud  Caium  tormenta,  .  .  non  tamen  ferro  incuboi  etc 
Amtliche  Thätigkeit  in  Germanien,  Illyrieu,  Africa  (Sen.  Epist.  31,  9),  zu 
letzt  lange  Zeit  kaiserlicher  Intendant  (procurator)  in  Sicilien  (nat.  qoaesi 
IV.  praef.  1.  Epist.  19,  6.  31,  9.  43,  3  u.  oft).  Literarisches  Interesse.  Sen. 
nat.  q.  IV.  praef.  1.  Epist.  46,  1.  ib.  2,  2:  vide  ne  ista  lectio  auctorum 
multorum  et  omnis  generis  voluminum  habeat  aliquid  vagnm  et  instabile. 
Bildender  Einfluss  des  Seneca  (Epist.  34,  2:  adsero  te  mihi,  meum  opus  es. 
ego  cum  vidissem  indolem  tuam  inieci  manum  etc.).  Briefe  von  Ludlios 
an  Seneca  von  diesem  oft  erwähnt,  z.  B.  Epist.  59,  4:  audi  quid  me  inepi- 
stula  tua  delectaverit:  habes  verba  in  potestate.  non  effert  te  oratio  nee 
longius  quam  destinasti  trahit.  (5.)  .  .  pressa  sunt  omnia  et  rei  aptata. 
loqueris  quantum  vis  et  plus  significas  quam  loqueris.  .  .  (6.)  invenio  ta- 
men translationes  verborum,  .  .  invenio  imagines  etc.  Literarische  Thä- 
tigkeit. Bei  Sen.  nat.  quaest.  IV.  praef.  14  sagt  Lucilius:  liberaliboa  me 
studiis  tradidi.  quamquam  paupertas  alia  suaderet  et  ingenium  eo  dac^ 
ret  ubi  praesens  studii  pretium  est,  ad  gratuita  carmina  me  deflexi  et  ad 
salutare  Studium  philosophiae  me  contuli.  Aus  letzterem  Gebiete  war  vohl 
die  von  Sen.  Epist.  46  erwähnte  Schrift:  librum  tuum,  quem  mihi  pro- 
miseras,  accepi.  .  .  qui  quam  disertus  fuerit  ex  hoc  intellegas  lioe^- 
levis  mihi  visus  est,  cum  esset  nee  mei  nee  tui  corporis,  sed  qui  pruno  ad- 
spectu  aut  T.  Livii  aut  Epicuri  posset  videri.  Vgl.  ib.  23,  9:  Epicuri  tni. 
Ein  eigentlicher  Epikureer  war  aber  Lucil.  so  wenig  als  Seneca  ein  eigent- 
licher Stoiker;  vgl.  ib.  107,  1  (Epicurus  noster).  Nat.  quaest.  IV,  2,  2: 
quare  non  cum  poeta  meo  (Lucil.)  iocor  et  iUi  Oyidium  suum  inapingo? 
Insbesondere  war  Sicilisches  von  ihm  poetisch  bearbeitet;  ib.  III,  26,  6 
(hoc,  die  Sage  von  Arethusa,  et  a  te  traditum  est  ut  in  poemate,  l^^^ 
carissime),  vgl.  den  Hexameter  ib.  1,  1.  Ausführung  philosophischer  Ge- 
danken im  epischen  Masse,  Sen.  Epist.  24, 19—21.  Sentenzen  im  Trime*^^ 
il).  8,  10.  Ibid.  79,  1 :  exspecto  epistulas  tuas  quibus  indices  mihi  circunii- 
tus  Siciliae  totius  quid  tibi  novi  ostenderit.  ib.  5:  Aetnam  describas  ui 
tuo  carmine  et  hunc  solemnem  omuibus  poetis  locum  attingas.  quem  q"^ 
minus  Ovidius  tractaret  nihil  obstitit  quod  iam  Vergilius  (gelegentlich)  UQ- 
pleverat.  ne  Severum  quidem  Cornelium  uterque  deterruit  7 :  aut  ego  t« 
non  novi  aut  Aetna  tibi  salivam  movet.  iam  cupis  grande  aliquid  et  p^ 
prioribus  scribere. 


^.^Lääi 


290  f.    Aetna.    Lucilius  lunior.  Homerus  latinus.  611 

3.  Da  bei  Lacilius  hienach  sowohl  die  Lebenszeit  zutrifft  als  die  phi- 
losophische (epikureische)  und  literarische  (Ovid,  Seneca)  Richtung,  die 
Localkenntuiss  (Sicilien)  und  die  Absicht  den  Aetna  zum  Gegenstand  eines 
Gedichtes  zu  machen,  so  hat  die  Urheberschaft  des  Lucilius  hohe  Wahr- 
scheinlichkeit, und  es  fehlt  einzig  die  positive  Bezeugung.  Ueberliefert  ist 
das  Gedicht  im  Anhange  zu  den  vergilischen  Gedichten  und  als  eines  der- 
selben; s.  oben  S.  402,  A.  1  u.  S.  407,  A.  5.  Die  Zutheilung  an  Cornelius 
Severus  (oben  236,  5)  ist  eine  im  15ten  Jahrh.  aufgekommene,  aber  durch 
Nichts  empfohlene  Folgerung  aus  Sen.  Epist.  79,  5  (s.  A.  2  E.). 

4.  Das  Gedicht  ist  lückenhaft  erhalten.  Die  beste  Quelle  ist  der  ver- 
schollene Floreutinus  (ß  bei  Munro),  der  aber  nur  v.  138  —  286  enthielt 
(s.  Munro  p.  30 — 32);  die  vollständigste  und  allön  übrigen  weit  überlegene 
der  von  Munro  (s.  p.  29  f.)  verglichene  Cantabrigiensis  saec.  X  (a  bei 
Munro).  Mit  ihm  stimmt  meist  das  fragmentum  Stabulense  (aus  der  Abtei 
Stavelot);  s.  Bormans,  coUation  des  167  prcmiers  vers  de  TAetne  de  L.  J. 
avec  un  fragment  mscr.  du  Xl"*  si^cle,  Brüssel  1854.  124  pp.  (Bulletin 
p.  258-379);  vgl.  F.  W.  Schneidewin,  Götti.  Gel.  Anz.  1855,  St.  105.  Ver- 
treter der  interpolierten  Classe,  saec.  XIV  f.,  sind  Munros  y  (aus  dem  Bri- 
tish Mus.,  Arundel  133),  d  (Jacob*s  Helrastad.),  s  (Jacob's  ms.  3  =  VratisL), 
i  (aus  dem  Brit.  Mus.). 

5.  Ausgaben  zuerst  an  Vergils  Werken,  z.  B.  Aid.  1517.  1534,  von 
ScÄÜger,  Lyon  1672  oder  1573,  Leiden  1595;  s.  Munro  p.  26  f.;  eigens  von 
Th.  Gorallus  (=  John  Ledere),  Amsterdam  1703.  1715;  in  Wernsdorfs  poe- 
tae  lat.  min.  IV.  p.  (79)  87—214  (216);  vgl.  ib.  p.  3—25.  In  W.  E.  Webers 
corpus  poet.  lat.  p.  1405 — 1410.  Mit  deutscher  Uebersetzung  von  C.  A. 
Schmid  (Braunschweig  1769)  und  J.  H.  F.  Meineke  (Quedlinburg  1818). 
Hec.  notasque  los.  Scaligeri,  Fr.  Lindenbruchii  et  suas  adiecit  (auch  eine 
cnetrische  Uebersetzung)  Fr.  Jacob,  Lips.  1826.  XXIV  u.  270  pp.  Revised, 
emended  and  explained  by  H.  A.  J.  Munro,  Cambridge  1867.  84  pp. 

Kritische  Beiträge  von  M.  Haupt  (Quaest.  Catull.  1841,  p.  54—68,  vor 
dem  Berliner  Katal.  1854.  20  pp.  4.  und  1859.  11  pp^.  4.  sowie  im  Hermes 
III.  p.  338—341)  und  J.  Mähly  (Beiträge  zur  Kr.  d.  Lehrged.  Aetna,  Basel 
1862.   32  S.  4.). 

291.  Gleichfalls  noch  aus  dem  ersten  Jahrhundert  und  der 
Zeit  der  julischen  Dynastie  ist  eine  metrische  Bearbeitung  des 
Inhaltes  der  Ilias  für  den  Bedarf  der  Schule.  Anfangs  fast 
Uebersetzung,  wird  die  Arbeit  allmählich  immer  mehr  Auszug. 
Selbständiges  Talent  verräth  der  Verfasser  nicht,  vielmehr  beutet 
er  besonders  die  Äeneis  und  die  Metamorphosen  stark  aus ;  aber 
in  allem  Schulmässigen ,  besonders  der  Metrik,  ist  er  correct 
und  sorgfältig. 

1.  Von  den  1076  (1070)  Hexametern  aus  denen  das  Werk  besteht 
fallen  537  auf  die  ersten  fünf  Bücher  der  Ilias.  Besonders  genau  ist  der 
Schiffskatalog  wiedergegeben,  und  die  zahlreichen,  oft  schwierigen,  Namen 
sind  fehlerlos  übertragen.    Am  wenigsten  genau  sind  die  Bücher  XIX  bis 

39* 


612 


Die  Eaiserzeit.    Erstes  Jahrhundert. 


S'jI 


XXII  behandelt.     Vielleicht  legte   der  Verfasser  eine  prosaische  Inhalts- 
angabe der  Ilias  zu  Grunde.     Das  Ausschreiben  Vergils  und  Ovids  geht 
weit,  und  die  Versnoth  ist  oft  genug  erkennbar.    Auf  die  römischen  Dich- 
ter vor  den  augusteischen  erstreckt   sich  des  Verfassers  Horizont  nicbt; 
kaum  dass  auf  Lucretius  schwache  Spuren  hindeuten.     Der  Versbau    ist 
fast  pedantisch  streng.    Auf  Abfassung  unter  der  julischen  Dynastie,  spä- 
testens unter  Nero,  deutet  v.  904—907  W.  =  899—902  M. :  quem  (Aeneaa) 
nisi  servasset  magnarum  rector  aquarum,  ut  profugus  latiis  Troiam  rep^- 
raret  in  arvis  augustumque  genus  coeli  submitteret  astris,  non  clarae  g&'KS' 
tis  nobis  mansisset  origo.    Vgl.  235  (sacer  Aeneas).    483  (Veneris  pulc^^' 
rima  proles).    C.  Lachmann,  Monatsber.  der  Berl.  Akad.  Januar  1841  (f^^' 
dem  Tode  des  Tiberius).    Vgl.  zum  Iwein  S.  527  und  zu  Lucret.  III,  f 
L.  Müller,  über  den  Auszug  u.  s.  w.  S.  15,  imd  im  Philologus  XV.  S.  4 
—482.  502. 

2.  Die  epitome  wurde  im  Mittelalter  viel  benutzt  und  meist  als  Hom 
rus  bezeichnet.  Doch  findet  sich  schon  im  elften  Jahrh.  (erstmals  erweislic: 
bei  dem  Abt  Benzo,  vor  1106;  s.  Philologus  XV.  S.  475)  für  den  Verfessi 
derselben  der  Name  Pindarus  (Thebanus),  der  wohl  irgend  welchem  Mii 
verstaudniss  seine  Entstehung  verdankt;  L.  Müller,  Rhein.  Mus.  XXIV.  S.  492 
meint,  dem  Missverständniss  von  Horaz  0.  IV,  9,  5  if.  Von  den  zahlreiche 
Handschriften  reichen  wenige  (wie  der  Plorent.)  über  saec.  XII  zurück 
die  besten  (wenigst  interpolierten)  sind  eine  von  Burmann  (v.  1 — 644),  ein 
Erfurter  (Ritschi,  Rhein.  Mus.  I.  8.  137—140)  und  die  zweite  Leidner.  VonC^^ 
elften  Jahrh.  an,  wo  der  Auszug  in  Schulen  gelesen  wurde,  erfolgten  auctr^^^^^ 
zahlreiche  Interpolationen  und  Aenderungen.  L.  Müller,  über  den  Auszup^at  -^S 
u.  8.  w.  S.  11 — 14,  und  Ueber  die  zweite  Leidner  Hds.  des  Hom.  lat., 
Fleckeisens  Jahrb.  85,  S.  729  —  732.  Ueber  eine  Brüsseler  Hds.  s  Reiifen 
berg  im  Annuaire  III.  p.  189  ff.  Ausgaben  der  epitome.  Ed.  princeps^^^ 
Lips.  1494.  Von  späteren  bes.  die  Wernsdorfs  in  seinen  poetae  iatini  mi 
nores  IV.  p.  617—752,  wozu  vgl.  ib.  p.  546—567.  598—604.  608—616.  I 
certi  auctoris,  vulgo  Piudari  Theb.  epitome  Iliadis  homericae  e  rec.  et  cu 
notis  Th.  van  Kooten;  edidit  .  .  H.  Weytiugh,  Lugd.  Bat.  et  Amstelo 
1809.  L.  Müller,  über  den  Auszug  aus  der  Ilias  des  sog.  Pindarus  The 
(Berlin  1857)  S.  16  —  46,  und  dazu  seine  Nachträge  im  Philologus  X 
S.  483-507. 

3.  Th.  Bergk,  Philologus  XIV.  S.  184,  vermutet  dass  der  Verfasse 
der  bei  Persius  I,  50  (Ilias  Atta  ebria  veratri)  als  Verfasser  einer  uüchter 
neu  Ilias  genannte  Attius  sei,  welchen  man  häufig,  mit  ib.  4  (ne  mihi  . 
Labeonem  praetulerint)  combinierend ,   Attius  Labeo  nennt.    Vgl.  Seh 
Pers.  I,  4  (p.  248  J.):  quia  Labeo  transtulit  Biada  et  Odjsseam,  verbu 
ex  verbo,  ridicule  satis,  quod  verba  potius  quam  sensum  secutus  sit.    ei 
ebt  ille   versus:    crudum   manduces   Priamum  Priamique  pisinnos.     Nie! 
identisch  damit  und  daher  kaum  als  Quelle  jenes  Scholions  zu  betracht^^::^'^ 
ist  die  Fassung  (ib.  not.  5):  Labeo  poeta  latinus  fuit,  ut  Fulgentius 
libro  etymologiarum  ait,  qui  Carmen  et  opus  homericum  convertit  in  lai 
num  et  placuit  non  magis  auditoribus  quam  lectoribus;   eins  versus 
crudum  etc.    Auch  ist  es  wenig  glaublich  dass  dieser  Vers  von  Fulge; 
tius  erdichtet  sei,  wie  0.  Jahn  meint,  Berichte  der  sächs.  Ges.  d.  W.  1 
S.  301  f.  vgl.  Ausgabe  des  Pers.  p.  LXXII  f.    Combination  beider  Nam^^ 


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291  fF.    Homerus  latinus.    Die  Flavier.  613 

Schol.  Pers.  I,  50  (p.  259  J.):  Attius  Labeo  poeta  indoctus  fuit  illorum 
teraporum,  qui  Iliada  Homeri  versibus  foedisedine  composuit. 

4.     üeber  die  Elegieen  auf  Mäcenas  aus  dem  ersten  Jahrh.  s.  oben 
8.  408,   Z.  2  ff. 

r  ^  i2.    Die  Zeit  der  flayisehen  Dynastie,  J.  69-96  n.  Chr. 

292.  Nachdem  mit  Nero  die  julisch-claudische  Dynastie 
und  die  Erbmonarchie  erloschen  war  und  die  Kämpfe  über  des- 
sen Nachfolger  ein  Jahr  lang  das  Reich  in  allen  seinen  Thei- 
len  zerrüttet  und  die  letzten  Kräfte  des  Röraerthums  verzehrt 
Ixatten  gelangte  in  Vespasianus  (J.  69—79)  der  tüchtigste 
tinter  den  Bewerbern  auf  den  Thron.    An  die  Stelle  junkerhafter 

Willkür  und  Ausbeutung  des  Staates  für  die  Gelüste  des  Herr- 
Sehers   trat  nun    geschäftsmännische  Nüchternheit.     Nach   der 
-Aufregung  und  Erschöpfung  der  letzten  Zeit  konnte  das  Reich 
^u.nter  ihm  sich  wieder  sammeln.     Unbestritten  folgte  ihm  sein 
Sohn    Titus,   dessen   kurze  Regierung  (J.  79—81)   zum  Guten 
och   die  Freundlichkeit  zu  fügen  sich  bemühte.     Aber  schon 
ihrem  dritten   Gliede  entartete  die  Dynastie,    in  des  Titus 
Bruder  Domitianus  (J.  81 — 96),  dessen  Bösartigkeit  mit  den 
«schlimmsten  Herrschern  des  claudischen  Hauses  wetteiferte.    Die 
liiteratur,   die  unter  Vespasian  den   Segen  des  Friedens  miter- 
fahren hatte,  litt  unter  Domitian  durch  dessen  Eitelkeit  nicht 
xniuder  wie  durch  seine  Grausamkeit. 

1.  Darstellungen  der  Geschichte  der  Dynastie  bei  Tillemont,  E.  v^ 
'Wietersheim  (Gesch.  der  Völkerwanderung  I.  Cap.  VIII),  Merivale,  C.  Peter 
^.Geschichte  Roms  III,  2.  Halle  1869.  S.  1—140)  u.  A. 

|2.    C.  E.  Peter,  de  fontibus  historiae  imperatorum  Flaviorum,  Hallo 
1866. 

293.  Obwohl  überwiegend  praktisch  tüchtig  und  beherrscht 
von  dem  Streben  nach  den  tollen  Verschwendungen  der  letzten 
Jahrzehnte  den  Staatsschatz  wieder  zu  füllen,  besass  und  be- 
thätigte  Vespasianus  doch  auch  Interesse  für  Bildung  und 
Literatur,  und  verfasste  Denkwürdigkeiten.  Begünstigt  von  ihm 
und  seinem  Sohne  Titus  sammelte  und  schrieb  der  ältere  Plinius, 
dichteten  Valerius  Flaccus,  Saleius  Bassus,  Curiatius  Maternus, 
Silius  Italiens,  Turnus.  Von  den  Rhetoren  ist  der  angesehenste 
Julius  Gabinianus,  und  auch  Quintilians  Lehrthätigkeit  fällt 
grosstentheils  in  diese  Zeit.  Für  die  Geschichtschreibung  leistet 
das  Meiste  der  Jude  Josephus,  aber  in  griechischer  Sprache  und 
oft  genug  die  Wahrheit  selbstsüchtig  fälschend. 


614  Die  Kaiserzeit.    Erstes  Jahrhundert. 

1.  T.  Flavius  Vespasianus  geb.  17  Nov.  762  (9  n.  Chr.),  Coa.  804  = 
51,  Procos.  in  Judäa  J.  67  ff.,  von  wo  aus  ihm  seit  Juli  69  besonders  Mu- 
cianus  (unten  296,  1)  den  Thron  erkämpfte.  Seit  dem  Tode  des  Vitellius 
(22  Dec.  69)  anerkannter  Herrscher,  f  23  Juni  79  =  832;  s.  W.  Teuffei 
in  Pauly's  Real-Enc.  VI,  2.  S.  2478—2487. 

2.  Richter,  das  Verhältniss  des  K.  Vespasianus  zur  Literatur,  Plauen 
1866.  4.    Tac.  Hist.  II,  80:  concurrentes  (Antiochenses)  .  .  adloquitur  (Vesp.), 
satis  decorus  etiam  graeca  facundia.    Aus  einer  Rede  des  Vesp.  im  Senat 
Orelli  Inscr.  750.    Joseph,  vit.  65  (p.  340,  18  f.  Bk.):  h  roig  Ovsanacia- 
vov  Tov  avTOHQcctOQOg  vno^vrjfiaaiv  ovxco  yiyQantat.    (p.  343,  9:)  rotg  Kai- 
accQog  vTto^VT^it^aaiv  ivavttav  nsnoCriaai,  xriv  yQaq>jjv,    Vgl.  c.  Apion.  I,  10: 
totg  tmv  avtOTiQatOQmv  (Vesp.  und  Titus?)  ^noiivrjfiaaiv,    Suet.  Vesp.  18: 
primus  e  fisco  latinis  graecisque  rhetoribus  annua  ceutena  constituit.   prae- 
stantis  poetas  (wie  den  Saleius  Bassus,  unten  300,  2)  nee  non  artifices  .  . 
magna  mercede  donavit.    Dass  er  gegen  die  Philosophen  anders  verfuhr 
und  sie,  wie  die  Astrologen,  aus  Rom  verwies  geschah  auf  Betreiben  dea 
Muciauus  und  weil  die  damaligen  Vertreter  der  Philosophie  in  ihrer  Rück- 
sichtslosigkeit als  ein  gefährliches  Element  politischer  Unzufriedenheit  und^ 
Unordnung  erschienen.    Dio  LXVI,  13  (J.  71):  <og  ovv  xal  aXloi  nolXoi  irc-^ 
xav  axcommv  naXovfiivtov  Xoycav  ngoax&ivxsgj  fisd"*  (ov  xal  drjfiTiXQiog  6  %v — 
vixoff,  avxva  xal  ovx  inixrjdsia  xotg  nagovai  drifioaia,  xm  xijg  q)iXoaotpia^^ 
ngoaxrjficcxi  yiotxaxQdofisvoiy  dnXsyovxo  .  .  ^neiatv  6  Movmctvog  xov  OvBcna — 
aiavov  ndvxag  xovg  xoiovxovg  ix  x^g  noXsmg  ^nßaXsCv.   .  .  xcrl  ndvxag  av 


xC-Act  xovg  (piXoa6(povg  6  Ovsanaatavog,  nX^v  xov  MovatavCov  (oben  282,  3^    -» 
ix  T^s 'Pcfl/Uriyg  i^ißaXev,  xov  Sl  Sri  ^rifn^xQtov  xal  xov  *OaxiXiov  xal  lg  vt^ 
aovg  TiaxsyiXBiasv.     xal  o  (ilv^Oax^t-ogt  sl  xal  .  .  noXXm  nXBCm  xara  xr^g  iiov 
agxiceg  naxiSgafisv,  ofico?  naQCcxQTJ^cc  ^Bxiaxrj'   ro)  6s  dTjfirjxQ^co  firjS'  ä 
vns£%ovxL  iyisXsvasv  6  Ovsanaaiavog  Xsx&fjvai  oti  cv  filv  ndvxa  noisig  tt 
as  dTCOnxeiva,  iydt  Ss  nvva  vXanxovvxa  ov  (povevto.    Vgl.  oben  282,  12. 

3.    Titus  Vespasianus,  geb.  30  Decbr.  40  oder  41  (793  oder  794),  ei 
obert  Jerusalem  8  Sept.  70,    factischer  Mitregent  seines  Vaters  seit  7: 
Kaiser  seit  79,  f  13  Sept.  81  =  834.    Heimbrod,  Titi  .  .  vita,  in  Ji 
Archiv  VIII  (1842).  p.  383  —  399.    W.  Teuffei  in  Pauly's  Real-Enc.  VI, 
S.  2487 — 2493.    An  ihn  gerichtet  ist  des  älteren  Plinius  praefatio  zur  n. 
wo  z.  B.  11:  te  quidem  in  excelsissimo  generis  humani  fastigio  positi 
summa  eloquentia,  summa  eruditione  praeditum  etc.    Vgl.  ib.  5:  fulgui 
in  nullo  umquam  verius  dicta  vis  eloquentiae,  tribunicia  postestas  facui 
diae.    quanto  tu  ore  patris  laudes  tonas,  quanto  fratris  amas  (famas  Detl. 
quantus  in  poetica  es!    Ibid.  II,  25,  89:  ocissimo  significatü^aec  fuit  (stell 
crinita,  Komet)  de  qua  quinto  consulatu  suo  (J.  76  =  829)  Titus  imperatdi;:^^^'' 
Caesar  praeclaro  carmine  perscripsit. 

294.     Der  ältere  Plinius,  C.  Plinius  Secundus  aus  Oberr:::^^" 
Italien  (J.  23 — 79  n.  Chr.),  wusste  durch  angestrengten  Fleis=====^ 
und  geizigste  Zeitbenützung  eine  ausgedehnte  amtliche  Yfirlc:^' 
samkeit  als  Offizier  und  Pinanzbeamter  in  verschiedenen  The^^ 
len    des    Reiches    zu    verbinden    mit    den    umfassendsten    un« 


I 

i 


293  f.   Vespasianus.    Plinius  maior.  615 

vielsoitigsten  Studien  und. einer  fruchtbaren  literarischen  Thä- 
tigteit  auf  den   Gebieten  der  Taktik,   Geschichte,  Grammatik, 
Biietorik  und  der  Naturwissenschaften.    War  seine  Schriftstel- 
lerei    auch  auf   den    meisten  Gebieten   eine  zusammentragende 
utid    auf  Gleichmässigkeit  oder  gar  Schönheit  der  Form,  verzich- 
tende, so   erregt  sie   doch  Bewunderung  durch   ihren  Umfang, 
und    dass  sie  vom    lebendigsten  Wissensdrange  ausgieng  zeigt 
der  Tod  des  Plinius  beim  Ausbruche  des  Vesuv,  als  Opfer  seines 
Forschungseifers. 

1.  Suet.  ed.  Beiffsch.  p.  92  f.:   Plinius  Seeundus  Novocomensis  (er 

nennt  praef.  1   den  Catall  seinen  conterraneus)  equestribus  militiis  indu- 

Btrie    functus  (besonders  in  Germanien,   wo  er  wohl  auch  das  castrense 

contubernium  mit  Titus  hatte,  s.  n.  h.  praef.  3)  procurationes  quoque  (in 

CraJlia  Narbonensis,  Hispania  Tarraconensis,  unter  Yespasian  als  procura- 

^r   Caesaris]  splendidissimas  et  continuas  summa  integritate  administravit 

et  tarnen  liberalibus  studiis  tautam  operam  dedit  ut  non  temere  quis  plura 

^   otio  scripserit.    itaque  bella.  omnia  quae  umquam  cum  Germanis  gesta 

sunt   XX  voluminibus  comprehendit,  item  naturalis  historiae  XXXVIl  libros 

&l>8olTit.    periit  clade  Campaniae;  cum  enim  Misenensi  classi  praeesset  et 

"^€rra,nte  Vesuvio  ad  explorandas  propius  causas  liburnica  pertendisset  .  . 

^  pTÜTens  ac  favillae  oppressus  est,  vel,  ut  quidam  existimant,  a  servo 

8UO    ocdsus,  quem  aestu  deficiens  ut  necem  sibi  maturaret  oraverit.    ße- 

*^^*^«ibung  letzterer  Katastrophe  (IX  kal.  sept.)  in  dem  Briefe  des  Jüngern 

"^^^^^tis  an  Tacitus,  Ep.  VI,  16  (petis  ut  tibi  avunculi  mei  exitum  scribam, 

^}^o     Aerius  tradere  posteris  possis  etc.)   vgl.  VI ,  20  (ais  te  adductum  litte- 

^^     <^aas  exigenti  tibi  de  morte  avunculi   mei   scripsi  cupere  cognoscere 

^uo^    ego  Miseni  relictus  .  .  casus  pertulerim  etc.). 

2.  Plin.  Epist.  III ,  6, 1  ff.  (an  Baebius  Macer) :  pergratum  est  mihi  quod 
^^     ^iiügeuter  libros  avunculi  mei  lectitas  ut  habere  omnes  velis  quaerasque 

^^^  ^tint  omnes.  (2.)  fungar  indicis  partibus  atque  etiam  quo  sint  ordiue  scripti 
-  ^^^^m  tibi  faciam,  .  .  (3.)  ,De  iaculatione  equestri  unus'  (vgl.  n.  bist.  VIII, 
P  ^    nos  diximus  in  libro  de  iaculatione  equestri  condito).  hunc  cum  prae- 

^^^^8  alae  militaret  (in  Germanien)  pari  ingenio  curaque  composuit.    ,De 
Pomponi  Secundi  duo,*  a  quo  (oben  258,  7)  singulariter  amatus  hoc 
3^oriae  amici  quasi  debitum  munus  exolvit.     (4.)  ,BeIlorum  Germaniao 
^,  quibus  omnia  quae  cum  Germanis  gessimus  bella  collegit   (vgl.  A.  5 
^         l^    Tac.  A.  I,  69:  tradit  C.  Plinius,  germanicorum  bellorum  scriptor). 
^^^Vioavit  cum  in  Germania  militaret,  somnio  monitus.    .  .  (5.)  , Studiosi 
^*,  in  VI  Volumina  propter  amplitudinera  divisi,  quibus  oratorem  ab  iu- 
^^^abulis  instituit  et  perfidt  (vgl,  A.  3).    ,Dubii  sermonis  VIII*  (vgl.  A.  4). 
^^^psit  sub  Nerone  novissimis  annis,  cum  omne  studier  um  genus  paulo  li- 
^^etiua  et  erectius  periculosiun  servitus  fecisset.    (6.)  ,A  fine  Aufidii  Bassi 
-XXXI*  (vgl.  Anm.  5).    ,Naturae  historiarum  XXX VII  *,  opus  diffusum,  eru- 
^itum,  nee  minus  varium  quam  ipsa  natura.    (7.)  miraris  quod  tot  Volu- 
mina multaque  in  his  tam  scrupulosa  homo  occupatus  absolverit?    magis 
miraberis  si  sderis  illum  aliquamdiu  causas  actitasse,  decessisse  anno  sexto 
et  qninquagesimo ,  medium  tempus  distentum   impcditumque   qua  officiis 


616  Die  Kaiserzeit.    Erstes  Jahrhundert. 

maximis  qua  amicitia  principum  egisse.  (8.)  sed  erat  acre  Ingenium,  i» 
credibile  studium,  summa  vigilantia.  .  .  (9.)  ante  lucem  ibat  ad  Yespa 
sianum  imperatorem  (nam  ille  quoque  noctibus  utebatur),  inde  ad  delegs 
tum  sibi  officium,  reversus  domum  quod  relicum  temporis  studiis  reddc 
bat.  (10.)  post  cibum  saepe  .  .  liber  legebatur,  adnotabat  excerpebatqu< 
nihil  enim  legit  quod  non  excerperet.  .  .  (11.)  .  .  super  hanc  (cenan 
liber  legebatur,  aduotabatur,  et  quidem  cursim.  .  .  (13.)  tanta  erat  pai 
simonia  temporis.  .  .  (U.)  .  .  dum  destringitur  tergitarque  (im  Bade)  ai 
diebat  aliquid  aut  dictabat.  (15.)  in  itinere  .  .  huie  uni  vacabat:  ad  lati 
notarius  cum  libro  et  pugillaribus,  cuius  manus  hieme  mauids  muniebai 
tur.  .  .  (16.)  .  .  perire  omne  tempus  arbitrabatur  quod  studiis  non  in 
penderetur.  (17.)  hac  intentione  tot  ista  volumina  peregit  electorumqu 
commentarios  CLX  mihi  reliquit,  opisthographos  quidem  et  minutiBsim 
scriptos.  .  .  referebat  ipse  potuisse  se,  cum  procuraret  in  Hispania,  vei 
dere  hos  commentarios  Largio  Licino  CCCC  milibus  nummum,  et  tun 
aliquanto  pauciores  erant. 

3.  Gellius  IX,  16,  1  ff.:  Plinius  Secundus  existimatus  est  esse  aetati 
suae  doctissimus.  is  libros  reliquit  quos  Studiosorum  inscripsit,  non  m( 
diusfidius  usquequaque  aspemandos.  in  his  libris  multa  varie  ad  ol 
lectandas  eruditorum  hominum  aures  ponit.  refert  etiam  plerasque  sei 
tentias  quas  in  declamandis  controversiis  lepide  arguteque  dictas  puta 
Also  eine  Anleitung  zur  Beredtaamkeit  mit  Beispielen.  Quintil.  III,  1,  21 
scripsit  de  eadem  materia  (Rhetorik)  .  .  accuratius  .  .  aetatis  nostrae  Vei 
ginius,  Plinius,  Tutilius.  XI,  3,  143:  qui  de  gestu  scripserunt.  .  .  qn 
magis  miror  Plinii  Secundi,  docti  hominis  et  in  hoc  utique  libro  paen 
etiam  nimium  curiosi,  persuasionem  etc.  ib.  148:  quo  magis  miror  har 
quoque  succnrrisse  Plinio  curam  etc.  Seiner  sonstigen  schriftstellerische 
Bedeutung  gälte  es  daher  falls  er  gemeint  ist  ib.  III,  4,  2:  nunc  maxuc 
t^mporum  nostrorum  auctore  prope  impulsum  (est). 

4.  Plin.  n.  h.  praef.  28:  ego  plane  meis  adici  posse  multa  confitea 
nee  his  solis  sed  et  omnibus  quos  edidi,  ut  obiter  caveam  istos  Homer 
mastigas  .  .,  quoniam  audio  et  stoicos  et  dialecticos,  Epicureos  quoq^< 
(nam  de  grammaticis  semper  expectavi)  parturire  adversus  libellos  qo. 
de  grammatica  edidi.  Das  Werk  handelte  von  den  zweifelhaften  Fohä« 
in  Declination,  Conjugation  und  Wortbildung,  umfasste  neben  der  La.^ 
und  Plexions-Lehre  auch  die  Etymologie  und  die  Redetheile  und  wuwr 
bis  in  das  Mittelalter  hinein  von  den  Grammatikern  benützt  und  an^ 
führt.  Besonders  Charisius  citiert  es  häufig,  kennt  es  aber  nur  aus  luU 
Romanus;  Priscian  VI,  44  (p.  233,  13  H. :  Plinius  Secundus  in  I  artiixa 
und  78  (p.  262,  18  H.:  Plinius  Secundus  in  I  artis  grammaticae)  gibt  dti 
Titel  imgenau  wieder.  Lersch,  Sprachphilos.  d.  Alten  I.  S.  150  ff.  ^1^ 
Schottmüller,  de  C.  Plini  Secundi  libris  grammaticis  particula  prima,  Box 
ner  Diss.  von  1858.  44  pp.  D.  Detlefsen,  zur  Flexionslehre  des  altern  Fh 
nins,  in  der  Symbola  philol.  Bonn.  S.  697—714. 

5.  Plin.  Epist.  V,  8,  5:  avunculus  meus  idemque  per  adoptioneni 
pater  historias,  et  quidem  religiosissime ,  scripsit.  Plin.  n.  h.  praef.  20: 
vos  quidem  omnes,  patrem  (Vespasian),  te  (Titus)  fratremque,  diximuB  opere 
iusto,  temporum  nostrorum  historiam  orsi  a  fiue  Aufidii  Bassi  (oben  261, 2). 


294  f.    Pliniuö.    Naturalis  historia.  617 

ubi       st  ea  quaeres?   iam  pridem  per  acta  sancitum  et  alioqui  statutum  erat 

ber^^^^^ii  mandare,  ne  quid  ambitioni  dedisse  vita  iudicaretur.    proinde  oc- 

ca|>^s.:ntibu8  locum  faveo,  ego  vero  et  postens,  quos  scio  nobiscum  decer- 

tat'«is.:sro8,  sicut  ipsi  fecimus  cum  prioribus.    II,  199:  aDno  Neronis  principis 

gnp^'ir'^mo,  sicut  in  rebus  eius  exposuimus.    ib.  232 :  Neronis  principis  supre- 

mi^-v     eicut  in  rebus  eius  retulimus.    Benützung  (und  Verdunklung)  dieser 

Zei.'fc^eBchichte  durch  Tacitus;  s.  Hist.  III,  28:  Horroine  id  (die  Plünderung 

vor^     Oremona)  ingenium,  ut  Messala  (unten  296,  3)  tradit,  an  potior  auctor 

Bit       O.  Plinius,  qui  Antonium  (Primum)  incusat,  baud  fädle  discreverim. 

V^X.  A.  Xm,  20  (Pliniua  et  Cluvius  .  .  referunt).    XV,  63  (quod  C.  Plinius 

mexKiorat),  beides  aus  der  Zeit  des  Nero.    Sueton  hat  in  seinen  Biographien 

des»     Nero,  Galba,  Otho,  Vitellius,  Vespasian,  Titus  und  Domitian  das  Werk 

des     Plinius  sicherlich  benützt,   nennt  es  aber  niemals.     Die  Polemik  im 

Ca»li^.  8  (vgl.  oben  275,  1)  bezieht  pich  auf  die  Bella  Germaniae. 

295.     Erhalten  ist   von    den   Schriften    des  Plinius    allein 

seine  naturalis  historia  in  37  Büchern,  im  J.  77  dem  Titus 

überreicht,   aber  bis  zum  Tode  des  Verfassers  fortwährend  mit 

Na<»hträgen    und  Aenderungen    versehen.     Das  Werk   ist  eine 

Encyclopädie  der  Naturwissenschaften,   aber  mit  vorzugsweiser 

Berücksichtigung   ihrer  Anwendung   in  Leben  und  Kunst  der 

M^enschen,  und  umfasst  daher  auch  die  Erdbeschreibung,  Heil- 

Iftinde  und  Kunstgeschichte.  Der  Stoif  ist  aus  einer  grossen  Anzahl 

^c^xx  Schriften  zusammengetragen,   freilich  vielfach  ohne  genü- 

göxide  Sachkenntniss  und  Kritik,    daher    von   sehr  ungleichem 

*^^rthe.     Auch  die  Darstellung  ist   wenig  gleichmässig:    bald 

'^^^^  auf  die  Sache  gerichtet  und  mit  dem  nächsten  besten  Aus- 

dr^vick  zufrieden,   bald  manieriert  rhetorisch.     Im  Ganzen  aber 

^*^    das  Werk  eine  unerschöpfliche  Fundgrube   von  Nachrichten 

"^^d  zeugt  von  dem  ernsten,  strebsamen  und  patriotischen  Sinne 

•"^^^xies  Verfassers.     Theils  selbst,  theils  in  den  mancherlei  Aus- 

^^^en  die  es  erfuhr  bat  es  lange  fort  grossen  Einfluss  ausgeübt. 

p^  1.  Plin.  n.  h.  praef.  1:  libros  naturalis  historiae,  novicium  Camenis 
^^^ritium  tuorura  opus,  natoa  apud  me  proxima  fetura,  licentiore  epistula 

^Trare  constitui  tibi,  iucundissime  imperator.  .  .  (3.)  cenaorius  tu  sexies- 
^^e  consul  (J.  77  =  830).    (12.)  levioris  operae  hos  tibi  dedicavi  libellos. 

^m  nee  ingemi  sunt  capaces  .  .  neque  admittunt  excessus  aut  orationes 
^^Jmonesve  aut  casus  mirabiles  vel  eventus  varios,  iucunda  dictu  aut  Ic- 
^^ntibuB  blanda.  (13.)  sterilis  materia,  rerum  natura  h.  e.  vita,  narratur, 
^t;  haec  sordidissima  sui  parte,  ut  plurimarum  rerum  aut  rusticis  vocabu- 
^i^  aut  externis,  immo  barbaris.  .  .  (14.)  praeterea  iter  est  non  trita  au- 
^%oribu8  via  nee  qua  peregrinari  animus  expetat.  nemo  apud  nos  qui  idem 
^*^mptaverit,  nemo  apud  Graecos  qui  unus  omnia  ea  tractaverit.  .  .  iam 
^mnia  attingenda  quae  Graeci  x^g  ^y%v%Xonai8BCag  vocant.  .  .  (16.)  equi- 
^cm  ita  sentio,  peculiarem  in  atudiis  causam  eorum  esse  qui  difficultatibus 
Victig  utilitatem  iuvandi  praetulerunt  gratiae  placendi,   idque  iam  et  in 


6 18  Die  Kaiserzeit.    Erstes  Jahrhundert. 

alÜB  operibus  ipee  fed.    .  .  (17.)  vigibti  milia  reram  dignarum  cura  .  . 
lectione  yolummum  circiter  duum  miliam  .  .  ex  exquisitis  aactoiibus  cen- 
tum  incluBimus  XXXVI  yoluminibus,  adiectis  rebus  plarimis  qnas  aut  igno— 
rayerant  priores  aut  postea  invenerat  vita.    (18.)  nee  dubitamua  molta  ess^ 
quae  et  nos  praeterierint.    homines  enim  sumus  et  occupati  offidis,  sub^ 
sidvisque  temporibus  ista  curamus,  i.  e.  noctumis.     .  .  (21.)  in  bis  Tolomi^ 
nibus  auctomm  nomina  praetexoi.    .  .  (32.)  quid  singulis  contineretur  libris 
huic  epistulae  eubiunxi.    Der  Neffe  hat  bei  seiner  Herausgabe  des  Werk^ 
nach  dem  Tode  des  Verfassers  das  vorher  den  einzelnen  Büchern  vorge- 
setzte (vgl.  XVIII,  §.  23)  Quelleuverzeichnifis  mit  dem  Inhaltsverzeichm&s 
verbunden  als  Buch  I,  und  dadurch  die  Bücherzahl  auf  37  erhöht.    Dass 
der  Verfasser  selbst  nur  die  erste  Dekade  veröffentlichte  hat  Urlichs  (Vin- 
didae  I.  p.  19  und  Chrestom.  Plin.  S.  XIV  Anm.)  gefolgert  aus  der  Wie- 
derholung von  restant  immensae  subtilitatis  auimalia  X  extr.  und  XI  in., 
sowie  der  Unterschrift  von  XI  und  XII  im  Biccard.:  editus  post  mortem. 
Ueberhaupt  aber  finden  sich  im  ganzen  Werke  manche  Spuren  der  Nicht- 
Vollendung f  unausgeglichene  Verweisungen,    Randbemerkungen   die  noch 
kein  definitives  Unterkommen  gefunden  haben,  u.  dgl.    Vgl.  Th.  Bergk, 
exercitationes  Plin.,  Marburg  1847.  1851.  4.    D.  Noltenius,  quaestiones  Pli- 
nianae,  Bonn  1866,  mit  v.  Jan  in  Fleckeisens  Jahrb.  1866,  S.  698  ff. 

2.  Inhalt  und  Anlage  des  Werks.  I:  Inhalts-  und  Quelleuverzeich- 
niss.  II:  mathematisch  -  physikalische  Beschreibung  des  Weltgebäades. 
III — VI:  Geographie.  VII:  Anthropologie  und  Physiologie  des  Menschen. 
Vm— XI:  Zoologie  (VIII  Säugethiere;  IX  Fische;  X  Vögel;  XI  Insecten 
und  Käfer;  vergleichende  Anatomie  und  Physiologfie).  XII  — XXVII:  Bo 
tanik  (XII  u.  XIII  exotische  Bäume  und  Sträucher;  XIV  u.  XV  Obstbäume; 
XVI  wüde  Bäume;  allgemeine  Botanik;  XVII  Baumzucht;  XVIIl  u.  Xß 
Getreide;  Kohl;  Theorie  des  Feld-  und  Gartenbaus;  XX— XXVII  niedicini- 
sehe  Botanik).  XXVIII— XXXII :  medicinische  Zoologie.  XXXIII-XXXVU: 
Mineralogie  besonders  nach  ihrer  Verwendung  in  Leben  und  Kaust  (B- 
XXXrV  f.  Kunstgeschichte).  Im  Einzelnen  der  Ausführung  zeigt  sich  aber 
viele  Willkür,  wohl  unter  Einfluss  des  Werkes  welches  gerade  excerpier* 
wird.  So  werden  XXVII  alle  im  Vorhergehenden  nicht  abgehandelten 
Pflanzen  in  alphabetischer  Ordnung  nachträglich  aufgeführt.  Ueber  XXXI  f. 
vgL  Noltenius  p.  25  f. 

3.  Seine  Quellen  hat  Plinius  die  Absicht  vollständig  anzugeben:  est 
enim  benignum  .  .  et  plenum  ingenui  pudoris  fateri  per  quos  profeceri», 
non  ut  plerique  ex  his  quos  attigi  fecerunt  (praef.  21).  Er  scheint  sogar 
manchen  Schriftsteller  aufzuführen  den  er  nur  aus  Sammelwerken  oder  Ci- 
taten  kennt.  Wenn  er  daher  den  Dioskorides  nicht  mit  aufzählt  und  doch 
mit  ihm  zusammenstimmt,  so  wird  diess  aus  Gemeinsamkeit  ihrer  Quellen 
zu  erklären  sein.  Die  Ordnung  der  Aufzählung  im  Quellenverzeichni«* 
richtet  sich  in  der  Hauptsache  nach  der  Ordnung  worin  sie  für  das  betr« 
Buch  benützt  sind,  wobei  aber  durch  längere  Fortbenützung  derselben  Schrift- 
steller, Nachträge,  Umstellungen,  Sammelausgaben  u.  dgl.  Abweichungen 
herbeigefiihrt  wurden;  H.  Brunn,  de  auctorum  indicibus  Plinianis  disputatio 
isagogica,  Bonn  1856.  60  pp.  4.  Am  häufigsten  kehrt  der  Name  des  Varro 
wieder,  unter  den  extemi  der  des  Aristoteles,  Theophrast  und  anderer 


.311^ 


295.    PliniuB  naturalis  historia.  619 

fctetiker.  Mit  Vorliebe  aber  folgt  Plin.  römischen  Führern,  wie  für 
izucht  dem  Hyginus,  für  Medicin  dem  Pompejus  Lenäus,  fiir  Botanik 
Sextiiu  Nig*er.  Den  Werth  der  verschiedenen  Quellen  scheint  Fl.  nicht 
ig  abgewogen  zu  haben;  namentlich  den  Sammlern  von  allerlei  cu- 
Notizeu  schenkt  er  nicht  weniger  Glauben  als  den  gewichtigsten 
lern.  E.  Meyer,  Gesch.  der  Botanik  II.  S.  127—133.  G.  Montigny, 
>.  in  Plin.  n.  h.  de  animalibus  libros,  Bonn  1844.  74  pp,  Ueber 
igkeiten  in  der  Kunstgeschichte  s.  L.  Ross,  archäologische  Aufsätze 
ipzig  1861).  S.  362  —  377.  Vgl.  0.  Jahn,  über  die  Kunsturteile  bei 
a,  in  den  Berichten  der  sächs.  Ges.  d.  Wiss.  1850,  S.  105  — 142.  A. 
ir,  de  fontibus  librorum  Plini  XXXIII— XXXVI  quatenus  ad  rem  pla- 
i  pertinent,  Greifswald  1857.  78  pp.  8.  G.  Wustmann,  zu  Plin.  Kunst- 
chte,  Rhein.  Mus.  XXII.  S.  1 — 24.  J.  C.  Elster,  prolegomena  ad  ex- 
.  plin.  ex  libr.  XXXV,  Helmstedt  1838. 

.  üeber  die  Weltanschauung  des  Plinius  gibt  besonders  B.  II  Auf- 
B.  Hiemach  stand  er  zu  dem  Volksglauben  in  offener  Opposition, 
jedoch  zu  einem  bestimmten  philosophischen  Systeme  sich  ausschliess- 
u  bekennen.  Am  meisten  neigt  er  sich  in  seinen  religiösen  und 
ophischen  Ansichten  dem  Stoicismus  zu.  Klagen  über  den  Abfall 
er  Natur  und  die  Verschlechterung  der  Sitten  sind  auch  bei  ihm  so 
:  wie  bei  Columella  und  Seneca.  ürlichs,  Chrestom.  Plin.  S.  XV  f. 
rhauser,  die  religiös-sittliche  Weltanschauung  des  altern  Plinius,  Inns- 
1860.  32  S.  4.  L.  Rummler,  C.  Plini  See.  philosophumena,  Stettin 
66  pp.  Friese,  die  Kosmologie  des  Plinius,  I  (mit  2Tf.),  Breslau 
44  S.  4. 

K  Ueber  den  Wortschatz  des  Plinius  vgl.  Wannowski,  Pliniana,  Po- 
H7.  4.  Ueber  die  poetischen  Elemente  desselben  E.  Opitz,  quaestio- 
linianae,  Naumburg  1861.  32  pp.  4. 

i.  „Der  Stil  des  Plinius  ist  in  den  verschiedenen  Theilen  seines  Wor- 
in sehr  verschiedener.  Die  praefatio  ist  voll  von  auffallenden  Aus- 
en,  gesuchten  Wendungen,  schillernden  Gedanken.  Schwungvoll  aber 
on  tiefem  Ernste  getragen  sind  viele  der  Einleitungen  zu  den  einzel- 
Cüchern ;  in  ihnen  herrscht  ein  energisches  Pathos,  die  Gedanken  sind 
enigen  Worten  in  kräftiger  Weise  vorgetragen.  Diese  Theile  sind 
seh  mit  grosser  Sorgfalt  behandelt,  als  Beispiel  der  gravitas.  Da- 
in  den  beschreibenden  Ausführungen  welche  den  Körper  des  grossen 
es  ausmachen  häuft  Plinius  meist  nur  ein  Excerpt  an  das  andere; 
ielen  Gebieten,  besonders  dem  der  Botanik,  Medicin,  Mineralogie, 
LÜringt  er  aber  selber  nicht  den  spröden  Stoff;  meist  also  bleibt  es 
ner  trockenen  Nomenclatur  und  Beschreibung.  Im  Gefühl  dieses 
3l8  an  wissenschaftlicher  Systematik  sucht  er  seinen  Stoff  durch  rhe- 
le  Mittel  zu  beleben,  namentlich  durch  das  Streben  nach  Manchfal- 
b  und  Neuheit  in  Wendungen  und  Satzbau."  D.  Detlefsen,  Philologus 
II.  S.  317  f.  L.  Grasberger,  de  usu  pliniano,  Würzburg  1860.  128  pp. 
ie  brevitate  dicendi  und  de  dictionis  varietate).  Wannowski  (s.  A.  5) 
-36.     E.  Opitz  p.  2—16. 

.  Das  Werk  wurde  von  Anfang  an  viel  gelesen  und  frühzeitig  aus- 
3n.    Namentlich  wurde  schon  um  die  Zeit  Hadrians   aus  ihm  eine 


620  Die  Kaiserzeit.    Erstes  Jahrhundert. 

Chorographie  zusammengestellt  und  diese  mit  Zusätzen  aus  Pomponia^^ 
Mela  und  anderen  Werken  dieser  Art  vermehrt.  Diese  chorographia  plL__ 
niana  kannte  und  benutzte  schon  Apulejus.  Auch  Ammi&nus  Marcellinitr-^ 
hat  nicht  unmittelbar  aus  Piinius  geschöpft,  sondern  aus  diesem  Auszüge 
Ebenso  liegt  derselbe  den  Arbeiten  des  Soliuus  und  Martianus  Capella 
Grunde.    Th.  Mommseu,  Solini  collectanea  etc.  (Berlin  1864)  p.  XXI  ff. 

8.  Handschriften  des  Piinius  sind  ungefähr  200  erhalten,  die  m^j^ 
sten  aber  aus  saec.  XIV  und  XV  und  für  die  Textgestaltung  ohne  Werk^^ 
Die  wichtigen  selbst  aber  theilen  sich  einerseits  in  unvollständige  äIte^:r^e 
und  andererseits  vollständige  jüngere.    Jene  sind  von  den  ümstellungexi, 
Wiederholungen  und  Lücken  der  jüngeren  frei,  aber  fragmentarisch;  dker 
relativ  vollständigste  Bambergensis  (saec.  X)  enthält  nur  6  Bücher  (32-37;. 
Andere  Vertreter  dieser  älteren  Gruppe  sind  der  Nonantulanus  oder  Se«- 
sorianus  (saec.  V),  die  Blätter  von  Mone  saec.  VI,  der  Parisinus  10318 
(saec.  VII  oder  VIII),  Leidensis  Voss.  (saec.  IX),  Paris.  4860  (saec.  X),  so- 
wie der  codex  nach  welchem  die  wichtigsten  Uandschriften  der  jüngero 
Gruppe  corrigiert  und  ergänzt  sind.     Die  Hdss.  dieser  Jüngern  Gasse 
stammen  alle  aus  einem  jetzt  verlornen  archetypus  in  welchem  II,  187  — 
IV,  67  mit  IV,  67  —  V,  34  umgestellt  war.     Aus  ihm  entsprangen  zwei 
Handschrifbenfamilien:  die  erste  nahm  jene  Umstellung  unverändert  in  sich 
auf,  der  Stammvater  der  zweiten  aber  versuchte  eine  —  wenn  auch  unge- 
nügende —  Berichtigung  derselben.    Zur  ersten  Familie  gehören  Leidenas 
Lipsii  =  Chiftletianus  =  P    (saec.  XI;  Abkömmlinge  von  ihm  der  Tole- 
tanus,  Parisinus  6797,  Vaticanus  1953,  Laurentianus ,  saec.  XIII  f.,  bei  Sil - 
lig  T,  d,  X,  L),  Vaticanus  3861  =  D  (saec.  XI),  Paris.  6796  =  G  (Sillig:  c), 
Biccardianus  =  R  (um  J.  1100),  sowie  wahrscheinlich  einige  alte  Excerpte» 
wie  der  Lueensis  =  H  (saec.  VIII),  Monacensis-Frisingensis  (saec.  VEl 
oder  IX),  Bernensis  347  u.  265  (saec.  X).     Hauptvertreter   der  zweite» 
Familie  ist  Paris.  6795  =  E  (Sillig:  a)  saec.  X  oder  XI,  welchem  eine  Ai»' 
zahl  anderer  Hdss.  entstammt  (z.  B.  Paris.  6798  und  der  Luxemburgensiö 
von  M.  A.  Namur  und  M.  Michel,  Lnxemb.   1865.  4.),    ferner  Vindobon. 
(a,  bev  Sillig  w)   saec.  XIII   und  Leopoldo- Laurentianus    (vom  J.  1433>- 
S.  das  Nähere  bei  D.  Detlefseu,  Philologus  XXVIII.  S.  284—309,  vgl  Rhein- 
Mus.  XV.  S.  265-288.  367—390.    XVIII.   S.  227  —  240.  327  f.     A.  Fels,  de 
codicum  antiquorum  in  quibus  Plini  n.  h.  ad  nostra  tempora  propagat3 
est  fatis,  fide  atque  auctoritate,  Gotting.  1861.   114  pp.  4.    L.  v.  Jan,  de 
auctoritate  codicum  plin.,  1858.  4.  und  in  den  Sitzungsberichten  der  phJ' 
losophisch-philol.  Cl.   der  Münchner  Akad.  1862,  S.  •221—260.    L.  Urlichs, 
Rhein.  Mus.  XVHI.  S.  527—536,  Eos  1865,  S.  363  ff.  und  Vindiciae  pÜ- 
nianae  II.    C.  Mayhoff,  lucubrationum  plinianarum  capita  III,  NeustreliU 
1865.   136  pp.  8. 

9.  Beiträge  zur  Textkritik.  Th.  Bergk,  exercitationes  plinianae,  I 
(Marburg  1847.  4.).  II  (ib.  1851.  4.).  L.  v.  Jan,  Münchner  Gel.  Anz.  1852, 
Nr.  70  -  73,  u.  sonst.  C.  L*  ürlichs,  Vindiciae  plinianae  I  (Greifswald  1863. 
192  pp.).  II  (Erlangen  1866);  de  numeris  et  nominibus  proprüs  in  PÜdi 
n.  h  ,  Würzburg  1857.  4.;  Rhein.  Mus.  XIV.  S.  599-612  u.  A.  (a.  A.  8)- 
C.  Mayhoff  (s.  A.  8)  u.  A. 

10.  Von  den  zahlreichen  Gesammtausgaben  sind  nur  wenige  noch  immer 


295  f.    Plinius  nat.  historia.    Mucianus.  621 

inenswerth.  Ed.  princeps  Yen.  1469  fol.  Cam  castigationibus  Hemiol. 
liy  Born  1492  fol.  Rec.  I.  Dalecampius,  Lyon  1587  fol.  Cum  notis  I. 
ronovii,  Lugd.  Bat.  1669.  3  Voll,  (die  uotae  .  .  emendatius  editae, 
1855  =  Sillig  Vol.  VI).  Illustr.  I.  Harduin,  Paris  1685,  5  Voll.  4. 
r.,  3  Voll.  fol.  (Lips.  1778—1788,  10  Voll.  8.).  Recogn.  cum  var. 
ul.  Sillig,  Lipa.  1831  — 1836,  5  Voll.,  und  besonders  recens.  et  cum 
.  criticis  instruxit,  Gotha  1853 — 1855,  5  Voll,  (dazu  Suppl.  VI;  Indi- 
omposuit  0.  Schneider,  =  Vol.  VII  u.  VIII,  1857  f.).  Text  von  L.  v. 
[iipa.  Teubner  1854—1865,  6  Voll.  (Vol.  6  indices).  D.  Detlefsen  re- 
t,  Berol.  1866  tf. 

ranzösische  Uebersetzung  (mit  Anm.  von  Cuvier,  Letronne  a.  A.)  von 
>n  de  Grandsagne  (Paris,  Panckoucke,  1829 — 1833,  20  Voll.),  deutsche 
f.  Grosse  (Frankfurt  1781  —  1787,  11  Bde),  Ph.  H.  Külb  (Stuttgart, 
}r  1840—1856,  35  Bdchn),  C.  P.  L.  und  M.  E.  D.  L.  Strack  (Bremen 
.  3  Thle). 

1.  Chrestomathia  Pliniana  von  J.  M.  Gesner  (Lips.  1722.  1776),  F. 
ck  (Hadamar  1828),  L.  Urlichs  (herausgegeben  und  erklärt,  Berlin 

Excerpta  ex  Plin.  1.  XXXV  comm.  crit.  et  exeget.  instr.  etc.  J.  C. 
,  Helmstedt  1851—1853,  3  Partes,  74  pp.  4. 

2.  üebersichfen  über  die  neuere  Plinius-Literatur  von  L.  v.  Jan  im 
ogus  III,  XII  und  XXI,  von  D.  Detlefsen  in  Fleckeisens  Jahrb.  77, 
—493.  653—672,  und  im  Philologus  XXVIII,  2. 

i96«     Schon  durch  Plinius  benützt  waren  die  unkritischen 

Sammlungen  von  Vespasians  Parteigänger  Licinius  Mucia- 

Oagegen  schilderten   SelbsterLßbtes    zwei   ausgezeichnete 

ler  der   Zeit,   der  Redner  und  Consular  M.  Cluvius  Ru- 

dessen  Werk  sich  auf  die  Zeit  des  Nero  und  die  Vorgänge 

r.  69  erstreckte  und  geschichtliche  Treue  erstrebt  zu  haben 

nt,  sowie  Yipstanus  Messala,   welcher  gleichfalls  Red- 

und  zwar  von  der  Richtung  Quintilians,   aber  auch  sonst 

jitig  gebildet  war  und  durch  seine  unabhängige  Denkweise 

jhfach  anstiess.     Auch    das    Geschichtswerk  des   jüngeren 

ades   von  Seneca,  Fabius  Rusticus,   scheint  in  diese  Zeit 

ähoren. 

.  M.  Licinius  Crassus  Mucianus,  vir  seeundis  adversisque  iuxta  fa* 
insignes  amicitias  iuvenis  ambitiöse  coluerat,  mox  atteritis  opibus, 
specta  etiam  Claudii  iracundia,  in  secretum  Asiae  sepositus  (als  prae- 
^riae).  .  .  luxuria,  industria,  .  .  nimiae  voluptates,  cum  vacaret; 
tns  expedierat,  magnae  virtutes.  palam  laudares,  secreta  male  au- 
it;  Tac.  bist.  I,  10  vgl.  II,  5.  W.  Teuffei  in  Pauly's  Real-Enc.  IV. 
59  f.  Nr.  37.  Plinius  nennt  ihn  wiederholt  (n.  h.  III,  6.  XIX,  12. 
II,  5)  ter  consul  (vor  67,  J.  70,  72;  f  vor  77;  Borghesi  Oeuvres 
.  345  —  353).  Tac.  dial.  37:  haec  vetera  (Reden  aus  der  Zeit  der 
)lik),  quae  et  in  antiquariorum  bybliothecis  adhuc  mauent  et  cum 
ae  a  Muciauo  contrahuntur  ac  iam  undecim  (bis  jetzt),  ut  opinor. 


622  Die  Kaiserzeit.    Erstes  Jahrhundert. 

actoram  (vgl.  oben  203,  3)  libris  et  tribus  epistiilarum  composita 
edita  sunt.  Das  Werk  war  kurz  vor  der  n.  h.  des  Plinius  erschien« 
(n.  h.  XIX,  12:  nuperrime  prodidit  Mucianus  ter  consul)  und  scheint  au< 
allerlei  Curiositäten  enthalten  zu  haben.  Plinius  führt  es  in  seinem  Qa( 
lenverzeichnisB  oftmals  an,  nämlich  ex  Licinio  Muciano  zu  Buch  3,  4, 
6,  7;  ex  Muciano  zu  Buch  2,  8,  9,  10,  11,  12,  13,  16,  19,  31,  33,  35,  36.  W"^^ 
als  Mensch  abergläubisch  (Fun.  n.  h.  XXVIII,  5),  so  scheint  Muc.  auch  ^^^ 
Schriftsteller  leichtgläubig  gewesen  zu  sein  und  Plinius  verdankt  ihm 
seine  unglaubwürdigsten  und  abenteuerlichsten  Angaben.  Namentlich 
Aufenthalt  im^  Osten  lieferte  dem  Mucianus  hiezu  Stoff;  vgl.  Plin.  n.  I^ 
YII,  36  (Licinius  Mucianus  prodidit  visum  a  se  Argis  etc.  .  .  eiusderK 
sortis  et  Zmyrnae  puerum  a  se  visum).  159  (Tmolus).  XIX,  12  un<i 
XXXIY,  36  (Rhodus;  daher  Brieger  de  fontibus  p.  60  auch  die  sonstigexi 
Angaben  des  Plin.  über  Rhodos  auf  Muc.  zurückführt). 

2.  Tac.  bist.  IV,  43:  a  laude  Cluvii  Rufi  orsus,  qui  perinde  (me 
Eprius  Marcellus,  oben  280,  3)  dives  et  eloqueutia  clarus  null!  mnqaam 
sub  Nerone  periculum  facessisset.    Vgl.  ib.  I,  8:  Hispaniae  praeerat  {J.69j 
Cluvius  Rufus,  vis  facundus  et  pacis  artibus,  bellis  inexpertus.    ib.  76.  IL^ 
68.  65.  III,  65.  IV,  39.    Suet.  Ner.  21.    Dio  LXIII,  14  {Klovovioj  'Povtpm^ 
dvdgl  vnttxtvnoTi,  jj^^Tjcroff&fvo?).  Dessen  Identität  mit  dem  Geschichtschreibe^^ 
erhellt  ans  Plut.   Oth.  3:  KXovßiog  d^  'Povq>og  sCg  "ißiigCav  (wo  er  Statfc^- 
halter  war)  tprial  nofiiad'rjvcct,  dinXcanata  worin  Otho  sich  Nero  nannte;  vgl 
Suet.  Oth.  7.    Wahrscheinlich  war  er  für  Plutarch  in  seinem  Galba  un« 
Otho  die  Hauptquelle.    H.  Peter,  die  Quellen  Plutarchs,  S.  40—44.   Vgl 
lioch  Plut.  quaest.  rom.   107.     Auch   Tacitus   und   (ohne  ihn  zu  nennei 
Sueton  haben  sein  Geschichtswerk  benützt,  welches  Cluvius  in  seinen  spi 
teren  Jahren,  als  er  sich  von  <den  Geschäften  zurückgezogen,  verfasst 
haben  scheint.    Tac.  A.  XIII,  20  (oben  294,  5).  XIV,  2  (tradit  Cluvius  etc. 
wo  beide  Male  Cluvius  dem  für  Seneca  Partei  nehmenden  Fabius  Kosticc 
entgegengesetzt  wird.    Plin.  Epist.  IX,  19,  5  (Verginius  Rufus  erzählte^ 
ita  secum  aliquando  Cluvium  locutum :  scis ,  Vergini ,  quae  historiae  fidc 
debetur;  proinde  si  quid  in  historiis  meis  legis  aliter  ac  velis  (über  die 
selbst),  rogo  ignoscas. 

3.  Tac.  bist.  III,  9:  legioni  tribunus  Vipstanus  Messala  praeent'^ 
claris  maioribus  (vgl.  dial.  27,  wo  der  Redner  Valerius  Messala  —  oben  20S» 
6  ff ,  —  zu  seinen  maiores  gerechnet  wird) ,  egregius  ipse  et  qui  solus  *« 
id  bellum  (des  J.  60)  artes  bonas  attulisset.  ib.  III,  25:  rem  nominaqn^ 
auctore  Vipstauo  Messala  tradam.  28  (oben  294,  5).  IV,  42:  magnam  eo 
die  (J.  70)  pietatis  eloquentiaeque  famam  Vipstanus  Messala  adeptos  est, 
nondum  senatoria  aetate  ausus  pro  fratre  Aquilio  Regulo  (s.  W.  Teufel 
in  Pauly's  Real-Enc.  I,  2.  S.  1391,  Nr.  43)  deprecari.  dial.  15:  non  desinis, 
Messala,  vetera  tantum  et  antiqua  mirari,  nostrorum  autem  temponim  sta- 
dia  irridere  et  contenmere?  nam  himc  tunm  sermonem  saepe  excepi,  cnni 
oblitus  et  tuae  et  fratris  tui  eloquentiae  neminem  hoc  tempore  oratorem 
esse  contenderes  prae  antiquis.  ib.  32  lässt  ihn  Tac  an  den  diseiti  seiner 
Zeit  tadeln  dass  sie  ignorent  leges  nee  teneant  senatusconsulta,  ins  dtita- 
tis  nitro  derideaut,  sapientiae  vero  Studium  et  praecepta  prudentium  p^ 
nitus  reformident,  und  hinzufügen:  quodsi  forte  haec  audierint,  certnni 
habeo  dicturos  nie,  dum  iuris  et  philosophiae  scientiam  t^mquam  orafa>" 


296  f.    CluviuB  Rufus  u.  a.  Historiker.    Gabinianus.  Aper.'       623 

uecessariam  laudo,  ineptiis  meis  plausisse.  Ebenso  sagt  er  ib.:  ego  iam 
mecLxn  munus  explevi  et^  quod  mihi  in  consuetudine  est,  satis  miiltos  of- 
feofü.    F.  A.  Eckstein,  prolegomena  ad  dialog.  de  orat.  p.  14—19. 

4.  Ueber  das  Geschichtswerk  des  lulius  Secundus  s.  297,  4;  über  das 
des     Curtius  Rufus  oben  276. 

5.  Die  sieben  Bücher  zov  lov8a'C%ov  noXifLov  des  Josephus  wurden 
nocsli  unter  Vespasian,  ums  J.  75  n.  Chr.,  verfasst;.  s.  H.  Parets  Einleitung 
zu     seiner  Uebersetzung  (Stuttgart,  Metzler,  1855)  S.  18  f. 

6.  Tac.  Agr.  10:  formam  Britanniae  Livius  veter  um,  Fabius  Rusti- 
CHS  recentium  eloquentissimi  auctores,  .  .  adsimulavere.  Ann.  XIII,  20: 
Fa.l>iQ8  Rusticus  auctor  est  etc.  .  .  sane  Fabius  inclinat  ad  laudes  Senecae, 
caiias  amicitia  floruit.  XIV,  2  (F.  R.  memorat).  XV,  61  (tradit  F.  R.). 
Er  wird  im  Testament  des  Dasumius  neben  Tacitus  und  Plinius  zum  Erben 
eingesetzt,  war  somit  J.  108  oder  109  noch  am  Leben.  Vgl.  A.  Haakh  in 
Paixly's  Real-Enc.  VI,  2.  S.  2921  f.  Nr.  76.  Mommsen  im  Hermes  III. 
S.    Ol,  A.  4. 

297.  Wie  diese  Geschichtschreiber  war  in  der  Zeit  des 
V^^spasian  auch  der  Dichter  Curiatius  Maternus  zugleich  als  Red- 
iiöx"  thätig;  bei  Anderen  überwog  mehr  die  Declamation  und  die 
-AxiJeitung  zur  Beredtsamkeit.  So  bei  dem  Rhetor  Sex.  Julius 
Cr^,l}inianus  in  Gallien.  Gleichfalls  aus  Gallien,  gebürtig  war  M. 
A  j>«r,  welcher  aber  zu  Rom  vor  Gericht  und  im  Hörsaal  wirkte 
"Q-ci  Aemter  bekleidete.  Der  früh  gestorbene  lulius  Secundus 
^'^^ar  mit  Quintilian  befreundet,  theilte  aber  in  der  Beredtsamkeit, 
nvo:  weniger  schroflF  als  Aper,  die  Richtung  seiner  Zeit  auf 
^l^ganz  und  Künstlichkeit  der  Form. 

1.  Ueber  CuriatiuB  Maternus  s.  300,  1. 

2.  Im  Verzeichniss  der  von  Sueton  behandelten  rhetores  (p.  99  Rffsch.) 

^^t;    unmittelbar  vor  Quintilian  aufgeführt  Sex.  lulius  Gabinianus.    Aus 

^^«ton  dann  Hieronym.  zu  Euseb.  chron.  a.  Abr.  2092  =»  Ol.  213,  4  =  Vesp.  8: 

^^binianus  celeberrimi  nominis  rhetor  in  Gallia  docuit.  Vgl.  zu  Jesaj.  VIII. 

^\^^f.  (T.  IV.  p.  329  Vall.):  qui  flumeu  eloqnentiae  et  concinnas  declama- 

^Ones  desiderant  legant  TuUium,  Quintilianum,  Gallionem,  Gabinianum. 

^^.  dial.  26  extr. :  quotus  qiüsque  scholasticorum  non  hac  sua  persuasione 

*^Uitur  ut  se  ante  Ciceronem  numeret,  sed  plane  post  Gabinianum? 

3.  Im  dialogus  des  Tacitus  führt  M.  Aper  (c.  6—10.  16—23)  die 
^ertbeidigung  der  modernen  Art  der  Beredtsamkeit,  freilich  mehr  mit 
^phisterei  und  Wortprunk  als  mit  triftigen  Gründen.  Ib.  2:  M,  Aper  et 
lulius  Secundus,  celeberrima  tum  (unter  Vespasian)  ingeuia  fori  nostri, 
<^uo8  ego  in  iudicüs  .  .  studiose  audiebam,  .  .  quamvis  maligne  plerique 
opinarentur  nee  Secundo  promptum  esse  sermonem  et  Aprum  ingenio  po- 
Uofl  et  vi  uaturae  quam  institutione  et  litteris  famam  eloqnentiae  conse- 
cutum.  nam  et  Secundo  purus  et  pressus  et  in  quantum  satis  erat  pro- 
Quens  sermo  non  defuit  et  Aper  omni  eruditione  imbutus  coutemnebat 
potius  litteras  quam  nesciebat.     11:  cum  dixisset  Aper  acrius,  ut  solebat. 


624  Die  Kaiserzeit.    Erstes  Jahrhundert. 

et  intento  ore.    7:  equidem  (Aper)  non  eum  diem  laetiorem  egi  quo  mihi 
latus  clavus  oblatus  est  vel  quo  homo  novus  et  in  cintate  minime  favora- 
bili  natos  quaesturam  aut  tribunatum   aut  praeturam   accepi   quam   eo^ 
quibus  mihi  (einen  wirklichen  Process  mit  Erfolg  zu  fuhren)  datur.  10:  n^ 
quid  de  Gallis  nostris  (des  Aper)  loquar,  und  17:  ipse  ego  in  Britanni^ 
vidi  seuem. 

4.  Quintil.  X,  3,  1*2:  memini  narrasse  mihi  lulium  Secundum  illun^ 
aequalem  meum  atque  a  me,  ut  notum  est,  familiariter  amatum,  mirae  f^ 
cundiae  virum,  infinitae  tamen  curae.    ib.  1,  120:  lulio  Secundo  si  longic^ 
contigisset  aetas  clarissimum  profecto  nomen  oratoris  apud  posteros  fore^ 
adiecisset   enim   atque    adiciebat   ceteris   virtutibus   suis   quod   desiden^^^ 
potest.    id  est  autem  ut  esset  multo  magis  pugnans  et  saepius  ad  cura.:^ 
rerum  ab  elocutione  respiceret.    (121.)  ceterum  interceptua  quoque  magni^^jQ 
sibi  vindicat  locum.    ea  est  facundia  etc.    Vgl.  XII ,  10,  11:  elegantia.xi 
Secundi.    Vgl.  Anm.  3.    Im  dialogus  gibt  ihm  Tacitus  (c.  4  f.)  die  Bolle 
eines  Schiedsrichters  zwischen  den  Vertretern  entgegengesetzter  Richtungen, 
der  republikanischen  und  der  kaiserlichen  Beredtsamkeit.     Ib.  14:  proban 
Video  in  te,  Secunde,  quod  luli  Aaiatici  (Africani  Nipperdey,  s.  oben  280,  4) 
vitam   componendo    spem   hominibus   fecisti  plurium   eiusmodi   librorum. 
Plut.  Oth.  9:  TOVTO  pLSv  dirjysito  (pflegte  anzugeben)  Usuovvdog  6  gijtmQ, 
inl  tmv  iiciatoXav  ysvofisvog  tov''09'(ovog.   Brigtov  d'  rjv  aiiovsiv  etc. 

5.  Quintil.  IV,  1,  19:  fuerunt  etiam  quidam  rerum  suarum  iudioes. 
nam  et  in  libris  Observationum  a  Septimio  editis  affuisse  Ciceronem  taii 
causae  invenio  et  ego  etc.  Hiernach  scheint  Sept.  ein  rhetorischer  Schrift- 
steller gewesen  zu  sein.  Möglicherweise  ist  er  der  Septimius  Severus,  coo- 
discipulus  des  Victorius  Marcellus  (Stat.  Silv.  IV  praef.),  an  welchen  Sta- 
tins Silv.  IV,  6  (v.  3:  fortem  atque  facundum  Severum)  gerichtet  hat 
Vgl.  unten  308,  8. 

6.  Ueber  des  Plinius  Anleitung  zur  Beredtsamkeit  s.  oben  294, 8; 
über  Verginius  und  Tutilius  oben  264,  1. 

298.  Unter  den  Juristen  waren  zur  Zeit  des  Vespasianus 
die  einflussreichsten  der  Sabinianer  Caelius  Sabinus  und  der 
Proculianer  Pegasus.  Auch  der  ältere  luventius  Celsus  und  ein 
Plautius,  dessen  Werk  später  viel  comraentiert  wurde,  scheinen 
dieser  Zeit  anzugehören. 

1.  Pompon.  Dig.  I,  2,  2,  63:  Cassio  (oben  265,  3)  Caelius  Sabim» 
(oben  281,  2)  successit,  qui  plurimum  temporibus  Vespasiani  potuit  (wo  er 
aber  schon  in  vorgerückten  Jahren  stand);  Proculo  (oben  266,  6)  Pegaaus, 
qui  temporibus  Vespasiani  praefectus  urbi  fuit;  Caelio  Sabino  Priscus  la- 
volenus;  Pegaso  Celsus  (der  Vater). 

2.  Juv.  4,  77  ff.:  properabat  Pegasus,  attonitae  positus  modo  vili- 
cus  urbi,  .  .  interpres  legum  sanctissimus,  omnia  quamquam  temporibin 
diris  (des  Domitian)  tractanda  putabat  inermi  iustitia.  Dazu  Schol.  (p»  ^ 
J.):  filius  tiierarchi,  ex  cuius  liburnae  parasemo  nomen  accepit,  iuris  s^' 
dio  gloriam  memoriae  meruit,  ut  liber  vulgo,  non  homo,  diceretor.  ^^ 
functus  omni  honore,  cum  provinciis  plurimis  praefuisset,  urbis  curam  w* 
miuistravit.    hinc  est  Pegasianum  SCtum.    Inst.  II,  23,  5;  postea  Vöp*' 


JL 


a. 


298  f.  Juristen.    Valerius  Flaccus.  625 

u  Aug.  temporiboB,  Pegaso  et  Pusione  consulibus,  senatus  ceneuit  etc. 
^^S"X.  Gai.  I,  31:  SCto  quod  Pegaso  et  Pusione  consulibus  factum  est.  III, 
^^  (idque  maxime  Pegaso  placuit;  quae  sententia  aperte  falsa  est).  In 
^^"*=^>  Digesten  kommt  sein  Name  öfters  vor,  aber  keine  Fragmente  von  ihm. 

3.  Celsus  Dig.  XXXI)  20:  et  Proculo  placebat  et  a  patre  sie  accepi; 
^^'^^^^  29  pr.:  pater  mens  referebat,  cum  esset  in  consilio  Dnceni  Veri  con- 
^'^^^-^s  itum  in  senteutiam  suam.  Vgl.  ib.  XII,  4,  3,  7:  refert  (Celsus)  patrem 
^^^'^^^m  existimasse  etc.    XVII,  1,  39:  et  Aristoni  et  Celso  patri  placuit  etc. 

4.  Die  Zeit  des  Plautius  wird  dadurch  bestimmt  dass  er  den  Gas- 
^^'^^^^  und  Proculus  citierte  (Dig.  XXXIV,  2,  8:  Plautius:  .  .  Cassius  ait. 

-^CXV,  1,  43  pr.:  Plautius:  .   .  Proculus,  Cassius  .  .  aiunt),  andererseits 
Neratius  Priscus,  Javolenus,  Pompouius  und  Paulus  commentiert  wurde, 
Iche  alle  Ubri  ex  Plautio  oder  ad  Plautium  verfassten. 


299.  Der  einzige  auf  uns  gekommene  Dichter  aus  der 
^eit  des  Vespasianus  ist  C.  Valerius  Flaccus,  von  welchem 
Wir  acht  Bücher  Argonautica  besitzen,  frei  nach  ApoUonios  aus 
ühodos  gearbeitet,  mit  Kürzung  der  alexandrinischen  Gelehr- 
samkeit und  weiterer  Ausführung  eflFectvoUer  Scenen ,  sowie 
Srosserer  Sorgfalt  in  Gharakterzeichi^ung  und  psychologischer 
Motivierung.  Die  Darstellung  ist  rhetorisch  belebt  und  wort- 
i'eich.  Der  poetische  Sprachschatz  ist  in  der  Hauptsache  dem 
Vergil  entnommen,  hat  aber  durch  kühne  Figuren  und  Wort- 
verbindungen und  künstliche  Gedrängtheit  des  Ausdrucks  Klar- 
heit und  Ebenmass  verloren.  Uebrigens  ist  es  höchst  wahr- 
scheinlich dass  das  Werk  in  der  uns  vorliegenden  Gestalt  nicht 
zu  Ende  geführt  ist. 

1.  Name  in  der  subscriptio  des  Vatic.  3277  (saec.  IX)  zu  B.  II:  G. 
Valerius  Flaccus  Balbus  Setinus,  also  mit  zwei  cognomina  und  der  Be- 
stimmung der  Heimat  (Setia).  Tod  vor  J.  90  n.  Chr.;  vgl.  Quintil.  X,  1, 
90:  multum  nuper  in  Yalerio  Flacco  amisimus.  Dass  er  jung  gestorben 
geht  hieraus  nicht  hervor.  Abfassung  seines  Werkes  imter  Vespasian, 
^ohl  nicht  lange  nach  der  Eroberung  Jerusalems  durch  Titus  (J.  70); 
B.  Argon.  I,  7  ff. :  tuque  o,  pelagi  cui  maior  aperti  fama,  Caledonius  post- 
qnam  tua  carbasa  vezit  oceanus  (vgl.  Tac.  Agr.  13),  phrygios  prius  indi- 
gnatus  lulosy  eripe  me  populis  .  .  sancte  pater,  veterumque  fave  veneranda 
canenti  facta  virum.  versam  proles  tua  pandet  Idumen  (namque  potest), 
Solymo  nigrantem  pulvere  fratrem  etc.  Auf  Bekleidung  des  Quindecim- 
viratB  sacr.  fac.  deutet  I,  5  f. :  Phoebe,  mone,  si  Cymaeae  mihi  conscia  va- 
ÜB  stat  casta  cortina  domo,  si  laurea  digna  fronte  viret.  Martials  Freund 
FlaccuB  aus  Patavium  (Mart.  I,  61,  3  f  76,  1  f.),  der  gleichfalls  Dichter  ist, 
aber  nicht  von  Argonautica  (ib.  76,  3  ff. :  pierios  differ  cantus  citharamque 
sororum.  .  .  quid  petis  aPhoebo?  .  .  quid  possunt  hederae  Bacchi  dare? 
.  •  quid  tibi  cum  Cirrha,  quid  cum  Permesside  nuda?  Vgl.  ib.  IV,  49,  3  ff.), 
und  in  ziemlicher  Dürftigkeit  lebt  (ib.  I,  76,  4  ff.  VIII,  56),  ist  ohne  Zweifel 
ein  Anderer  und  etwas  Späterer  dieses  Namens  (Thilo  prolegg.  p.  V—Vll). 

Teuf  fei,  Rom.  Ljtcra!tirg"eschifhte.  ^Q 


626  Die  Kaiserzeit.   Erstes  Jahrhundert. 

2.  Vergleichung  mit  Apollonios  bei  A.  Weiohert,  Aber  Leben  und 
Gedicht  dee  Ap.  (Meissen  1821)  S.  270  ff.,  und  G.  Thilo,  Prolegg.  p.  VIII 
— Xni.    Vor^ua  hat  der  Römer  vor  dem  Griechen  den  einheitlicheren  Plan 
und  die  kräftigere  Charakterzeichnung  besonders  des  Ias<m  und  Aeetes; 
andererseits  hat  er  den  ohnehin  wenig  günstigen  und  iremdartigen  Sto^c 
durch  declamatorische  Behandlung  allzu  sehr  in  die  Breite  gezogen.    Be — 
uüt^ung  des  Diodor?    G.  Thilo  p.  VIII  not.  2.    Der  im  Epos  herkdnimlioh^ 
Apparat  von  Göttern  ist  in  grossem  Umfange  in  Anspruch  genommen  (wc-^ 
mentlich  Juno  imd  Minerva  greifen  vielfach  ein)  und  die  psycho! ogiscU.^ 
Ausmalung  auch  auf  die  Götter  angewandt.    Die  kalte  Gelehrsamkeit  i^^ 
durch  das  Vorherrschen  der  pathetischen  und  sentimentalen  Rhetotrik  In 
den  Hintergrund  gedrängt,  aber  immer  noch  stark  genug  vertreten.   Ana- 
chronismen  (wie  Lagus  und  Arsinoe),  Thilo  p.  XXVIII.   Anspielungen  auf 
Vorgänger,  z.  B.  I,  17  f.  auf  Germanic.  Arat.  40  f.    In  Bezug  auf  poetische 
Sprache  und  Technik  des  Versbaues   verhält  sich  Valerius   zu  Vergilius 
ungefähr  wie  Persius  zu  Horatius :  hier  wie  dort  Steigerung  der  EünBÜicIi- 
keit,  in  der  Sprache  oft  bis  zur  Geschraubtheit  und  Dunkelheit  (vgl.  TMo 

p.  XIII— XXV),  in  der  Technik  zu  der  im  silbernen  Zeitalter  üblichen 
Strenge.  Scharfe  Beurteilung  des  künstlerische]»  Werthee  von  Val«  Flm 
den  Nächtigen  zu  Sulzer  VIII.  S.  305  ff. 

3.  Da  der  Schluss  von  B.  VIII  abrupt  ist  und  wesentliche  Thdle  des 
Mythus,  wie  die  Tödtung  des  Absyrtos  und  die  Heimführt  der  ArgODao- 
ten,  in  dem  Ueberlieferteu  nicht  behandelt  sind,  so  ist  mit  Sicherheit  an- 
zunehmen dass  Weiteres  folgen  sollte;  imd  das  Rückständige  konnte  noch 
zu  2 — 4  Büchern  Stoff  geben.  Zweifelhaft  ist  nur  ob  dieses  Weitere  von 
dem  Dichter  selbst  ausgeführt  wurde  und  nur  verloren  gieng  (N.  Heindos) 
oder  der  Dichter  an  der  Weiterführung  durch  den  Tod  odet  andere  Um- 
stände gehindert  wurde  (G.  Thilo).  Für  letztere  Annahme  ist  nicht  gün- 
stig die  Länge  der  Zeit  welche  Valerius  an  seinem  Werke  arbeitete  (vgl- 
A.  1).  Gestützt  würde  dieselbe  durch  sonstige  Spuren  der  NichtvoUendong, 
falls  dieselben  sicherer  wären  als  die  von  Thilo  p.  XXVI — XXXIX  vorge- 
brachten, da  die  Voraussetzung  dass  „Valerius,  si  Carmen  emendare  po- 
tuisset,  ad  usum  ceterorum  poetarum  et  scriptorum  magis  se  accommodft- 
turuB  fuerit"  (p.  XXXIII)  nicht  nur  unerweislich  sondern  sogar  unwahr- 
scheinlich ist.  Von  einiger  Beweiskraft  ist  nur  eine  Anzahl  unaosge- 
glichener  Widersprüche  (ib.  p.  XXVII  f.);  denn  einzelne  Versdonbletten 
wie  V,  565  f.  VII,  201  f.  lassen  sich  auch  aus  der  Beschaffenheit  des  ur- 
sprünglichen Manuscriptes  erklären.  Künstlerische  Mängel  aber  beweisen 
die  NichtvoUenduug  kaum  bei  einem  Dichter  ersten  Ranges,  geschweig« 
bei  Valerius  Flaccus. 

4.  Der  Dichter  und  seine  Arbeit  wird  ausser  von  Quintilian  (oben 
A.  1 )  von  keinem  Schriftsteller  des  Alterthums  erwähnt  Erhalten  isfc  uns 
das  Epos  durch  den  Vaticanus  ^277  (V  bei  Thilo)  saec.  IX,  von  weichem 
alle  übrigen  Hdss.  Abschriften  sind,  auch  die  St.  Galler  (P)  welche  Poggio 
im  J.  1417  auffand  und  welche  nur  die  drei  ersten  Bücher  und  die  eote 
Hälfte  von  B.  IV  enthielt.  Letztere  ist  seitdem  verloren  gegangen»  doch 
existieren  davon  vier  Abschriften  aus  saec.  XV,  wovon  drei  zu  Bom  in  der 
Vaticana,  eine  in  Oxford  sich  befindet.    Der  Vaticanus  3277  selbst  aber 


^äHl-t'si 


299  f.    ValoriuB  FlaccQS.    Cnriatius  Maternus.  627 

viele  Lüeken  nnd  VerderbniBse,  welche  in  den  (itatienisclien)  Abschrif- 
«ieuelben  (wie  der  von  Carrio  benützten  und  dem  Monacensis  lat.  802, 

^  XV}  öfters  mit  Glück,  meist  mit  Willkür  zu  beseitigen  versacht  sind. 

riulo  prolegg.  p.  XL-LXXXVI. 

6.    Ed.  princeps  Bonon.  1474  fol.    Cum  comm.  ed.  J.  B.  Pius,  Bonon. 

>  hh  Ed.  L.  Carrio,  Antverp.  1565  f.  Ad  fidem  codd.  emend.  N.  Hein- 
,  Amatelod.  1680.  Cur.  P.  Burmami.,  Utrecht  1702.  Leiden  1724.  4. 
Th.  Ch.  Harles,  Altenb.  1781,  2  Tomi.     Cum  comm.  perp.  ed.  J.  A. 

^pier,  Gotting.  1805.  Text  mit  traduction  etc.  par  Dureau  de  la  Malle, 
ia  1811,  3  Voll.  Cum  comm.  ed.  N.  E.  Lemaire,  Paris  1824,  2  Voll. 
ih  VIII  cum  notis  criticis  etc.  ed.  A.  Weichert,  Meissen  1817.    Recen- 

>  Georg.  Thilo,  Halle  1863.  CII  und  256  pp. 

Beiträge  zur  Textkritik  von  C.  Förtsch  (Emendationes  Valerianac, 
rt  I.  Naumburg  1855.  4.  II.  1864.  4.),  F.  Eyssenhardt  (Rhein.  Mus.  XVII. 
378—392),  Koch  (ebd.  XVIII.  S.  163  f.),  Ph.  Wagner  (Philologus  XX. 
617—647),  Q.  Thilo  (Prolegg.,  bes.  c.  3) ,  G.  Meyncke  (Quaestiones  Val., 
on  1865,  und  Rhein.  Mus.  XXII.  S.  362-376),  M.  Haupt  (Hermes  III. 
212—215). 

300.  Wie  schon  unter  Nero  Tragödien  (z.  B.  Medea)  so 
hteie  unter  Vespasian  auch  Prätexten  (Domitius,  Cato)  und 
len  Thyestes  der  rednerisch  gebildete  freisinnige  Curiatius 
item  US,  welchem  Taoitus  im  dialogus  ein  schönes  Denkmal 
setzt  hat.  Der  von  Freunden  gepriesene  und  auch  von  Vespa- 
u  anerkannte  Saleius  Bassus  scheint  vorzugsweise  Epen 
•fasst  zu  haben y  vielleicht  gleichfalls,  wie  Valerius  Flaccus, 
b  mythischem  Gegenstande.  StofiFe  aus  der  Gegenwart  be- 
cxdette  des  Statius  Vater.  Auch  Domitianus  beschäftigte  sich 
trend  der  Regierung  seines  Vaters  mit  epischen  Versuchen. 

1.  Tac.  dial.  11  lässt  den  Curiatius  Maternus  sagen:  sicut  in 
^moE  agendis  efficere  aliquid  et  eniti  fortasse  possum,  ita  redtatioue  trag- 
^iarum  et  ingredi  famam  auspicatus  sum,  cum  quidem  inperante  Ne- 
^e  (so  L.  Muller;  s.  Fleckeisens  Jahrb.  97,  S.  417—420;  die  Hdss.  in 
tone)  improbam  et  studiorum  quoque  sacra  profanantem  Vatinii  (?  Gro- 
^;  die  Hdss.  vatidnii)  potentiam  fregi  (etwa  indem  er  ihn  unter  der 
^on  des  Thersites  geisselte,  meint  L.  Müller),  et  hodie  si  quid  nobis 
4iiae  ac  nominis  est  magis  arbitror  carminum  quam  orationum  gloria 
rtum.  ac  iam  (J.  75  n.  Chr.)  me  deiungere  a  forensi  labore  constitui. 
1.  ib.  5:  natus  ad  eloquentiam  virilem  et  oratoriam  .  .  omittit  studium. 

2:  postero  die  quam  Curiatius  Matemus  Catonem  recitaverat,  cum  of- 
idisse  potentium  animos  diceretur,  tanquam  in  eo  tragoediae  (vgl.  oben 

2)  argumento  sui  obHtus  tantum  Catonem  cogitasset,  eaque  de  re  per 
>em  frequens  sermo  haberetur  etc.  3:  si  qua  omi&it  Cato,  sequenti  re- 
fttione  Thyestes  dicet;  haue  cnim  tragoediam  didposui  iam  (Maternus 
icht)  et  intra  me  ipse  formavi.  Darauf  Aper:  adeo  te  tragoediae  istae 
1  aatiant  quo  minus  omisais  orationum  et  causarum  studiis  omne  tem- 

40* 


628  Die  Kaiserzeit.   Erstes  Jahrhundert 

pus  modo  circa  Medeam,  ecce  nunc  circa  Thyesteu  consumac 
si  non  novum  tibi  ipse  negotium  importasses,  Domitium  (etwa 
Domitius  bei  Lucan.  VII,  601,  also  der  Gegner  Caesars,  L.  Domi 
barbus,  Cos.  700;  s.  A.  Haakh  in  Paulj's  Real-Enc.  IL  S.  121 
Catonem,  id  est  nostras  quoque  historias  et  romana  nomina,  G 
fabulis  aggregare.  Also  Zeitfolge:  Tragödie  gegen  Vatinius,  d 
Domitius,  Cato,  Thjestes.  Glaublich  ist  dass  auf  ihn  sich 
LXVII,  12 :  MdtSQVOv  GO(piaTrjvy  Sri  xara  tvgävvtov  sins  tl  aa-n 
der  Recitation  des  Thjestes  geschehen  sein  könnte),  dnf%xnvBt 
J.  91  n.  Chr.).  Ein  Anderer  aber  ist  Maternus,  iuris  et  aequ: 
Banctissimus  legum  bei  Martial.  X,  37. 

2.  Tac.  dial.  5:  quis  nescit  neminem  mihi  (dem  lulius  Seci 
297,  4)  coniunctiorem  esse  et  usu  amicitiae  et  assiduitate  contul 
Saleium  Bassum,  cum  Optimum  virum  tum  absolutissimi 
(freundschaftliche  Ueberschätzung)?  Aper  ib.:  Saleius  Bassus . 
gloriam  fovet,  cum  causas  agere  non  possit;  und  9:  Saleiuj 
egregium  poetam.  .  .  versus  .  .  Basso  domi  nascuntur,  pule 
et  iucundi.  .  .  laudavimus  nuper  .  .  Vespasiani  liberalitatem , 
genta  sestertia  Basso  donasset  Quintil.  X,  1,  90  (bei  den  Epili 
mens  et  poeticum  ingenium  Salei  Bassi  fuit,  nee  ipsum  seneci 
vit  (oder  senectute  maturuit).  Juv.  VII,  80  f.:  Serrano  tenuiqi 
vgl.  Stat.  Silv.  y,  3,  158  tenuis  .  .  Corinnae)  Saleio  gloria  quan 
erit,  si  gloria  tantum  est  (ohne  materiellen  Ertrag)?  Der  bei 
47.  58,  1.  V,  23.  VIII,  10.,  VII.  96,  1.  genannte  Bassus  ist,  nach 
sönlichen  Verhältnissen  zu  schliessen,  ein  anderer,  obwohl  die 
falls  Dichter  (von  Tragödien)  war;  s.  V,  53:  Colchida  quid  s« 
scribis,  amice,  Thyesten?  quo  tibi  vel  Nioben,  Basse,  vel  Anc 
J.  Held,  de  Saleio  Basso  poeta,  Breslau  1834.  4. 

3.  Des  Statins  Vater  war  schon  in  früher  Jugend  in  poet 
nen  Neapels  mit  Erfolg  aufgetreten  (Stat  silv.  V,  3,  112  ft.  13 
Lehrer  der  Beredtsamkeit  (gemina  facundia  lingua,  ib.  90)  und 
erst  in  Neapel  (ib.  146—175),  dann  zu  Rom  (ib.  176 — 194)  ge^ 
den  Brand  des  Capitols  J.  69  alsbald  besungen  (ib.  199  ff.: 
flammae  .  .  excisis  cum  tu  solatia  templis  .  .  concipis  ore  pio 
fulmina  defles.  mirantur  Latii  proceres  ultorque  deorum  Caesai 
im  Begriffe  auch  den  Ausbruch  des  Vesuv  (J.  79)  flere  pio  cani 
als  er  (frühestens  J.  80,  vgL  unten  303,  3)  starb  (206  ff.),  65 
253  f.),  somit  frühestens  J.  15  ==  768  geboren. 

4.  lieber  Domitians  epische  Versuche  s.  unten  301,  2. 


b)    Domitianus. 

301.  Das  oberflächliche  Interesse  für  Literatur  welc 
tianus  früher  zur  Schau  getragen  hatte  schwand  nachde 
Thron  bestiegen.  Zwar  erstreckten  sich  die  capitolinw 
albanischen  Wettkämpfe  auch  auf  die  Poesie;   aber  s 


300  f.    Saleius  Bassus.   Domitianus.  629 

teten  nur  Verherrlichung  des  eiteln  Despoten.  Dessen  Arm 
lastete  schwer  auf  allem  geistigen  Leben.  Am  drückendsten 
empfand  ihn  die  Geschichtschreibung.  Von  Beredtsamkeit  blühte 
nur  die  der  Delatoren.  Ohne  Gefährdung  entweder  der  Existenz 
oder  der  persönlichen  Ehre  war  unter  Domitian  nur  das  mög- 
lich was  Juvenal ,  Tacitus  und  Plinius  die  ganze  Zeit  über  thateii, 
—  schweigen.  Von  denen  die  da  schrieben  schmeichelten  dem 
gekrönten  Ungeheuer  die  einen  aus  Schwäche,  die  Andern  aus 
Selbstsucht:  aus  Schwäche  Silius  Italiens,  Statins  und  Quintilian, 
aus  berechnendem  Servilismus  Josephus  und  Martialis.  Kaum 
dass  technischen  Schriftstellern ,  wie  Sex.  Julius  Frontinus  und 
den  Juristen,  es  gelang  die  drohenden  Klippen  zu  vermeiden. 
Desto  grösser  war  die  Zahl  der  Dilettanten  die  durch  Versemachen 
ihre  Ungefährlichkeit  zu  beweisen  wussten. 

1.    T.   Flavius   Domitianas,    geb.   24    Oct.  61    (804),    Kaiser   seit 
^3  Sept.  81  (834),   ermordet   den  18  Sept.  96  (849).     Die  gleichzeitigen 
Schriftsteller,  InBchriften  und  Münzen  gestatten  von  den  15  Jahren  seiner 
*%iening    ein   so    anschauliches   Bild    zu   entwerfen    wie    von    wenigen 
andern  Theilen  der  alten  Geschichte.    Freilich  ist  für  die  Ausführung  noch 
nicht   viel  geschehen.    A.  Imhof,  T.  Fl.  Dom.,  nach  den  Quellen  darge- 
stellt,  Halle  1857.  144  S.    E.  v.  Wietersheim,  Gesch.  der  Völkerwanderung  I 
(I^iparig  1859),   Cap.  VIII.     C.  Peter,   Gesch.  Roms  III,  2   (Halle  1869) 
S.  112—140. 

^.    Suet.  Dom.  2:  siroulavit  poeticae  studium,  tam  insuetum  antea 
Bibi  q^uam  postea  spretum  et  abiectum  (s.  A.  3),  recitavitque  etiam  publice. 
Tac.  Hist.  ly,  86:  Domitianus  .  .  studiiun  Utterarum  et  amorem  carminum 
^molans.    Hauptsächlich  scheinen  diess  epische  Versuche  gewesen  zu  sein. 
Q^tü.  X,  1,  91:  hos  nominavimus  (als  Epiker),  quia  Germanicum  Aug. 
ab  Uistitutis  studiis  deflexit  cura  terrarum  parumque  diis  visum  est  esse 
c^un  maximum  poetarum.    quid  tamen  his  ipsis  eins  operibus  in  quae  do- 
i^ato  imperio  iuvenis  secesserat  sublimius,  doctius,  omnibus  denique  nume- 
^  praestantius?  quis  enim  caneret  bella  ^melius  quam  qui  sie  gerit?   Viel- 
leicht war  es  das  bellum  iudaicum  an  das  er  sich  machte  oder  machen  zu 
Collen  behauptete;  s.  Val.  Fl.  I,  7  ff.  (oben  299,  1).    Vgl.  unten  302,  3. 
^ie  Aratea  hat  er  nicht  verfasst;  s.  oben  259,  6.    Suet.  Dom.  18:  quamvis 
^bello  quem  de  cura  capillorum  ad  amicum  edidit  haec  etiam,  simul  illum 
^Qqne  consolans,  inseruerit  etc. 

3.  Suet.  Dom.  20:  liberalia  studia  imperii  initio  neglexit,  quaraquam 
bjbliothecas  incendio  absumptas  impensissime  reparare  curasset,  exempla- 
tibus  undique  petitis  missisque  Alexandriam  qui  describerent  emendarent- 
^ae.  numquam  tamen  aut  historiae  carminibusve  noscendis  operam  ullam 
^ot  stilo  vel  necessario  dedit.  praeter  commentarios  et  acta  Tiberi  Cae- 
%arifl  nihil  lectitabat;  epistolas  orationesque  et  edicta  alieuo  formabat  in- 
^enio.  Danach  ist  zu  beurteilen  Quintil.  IV.  prooem.  3:  principem  ut  in 
QmniboB  ita  in  eloquentia  quoque  emineutissimum. 


630  Die  Eaiserzeit.   Erstes  JaJirhundert. 

4.  Suet.  Dom.  4:  mstiituit  (J.  86)  et  qninquenhale  certamen  ( 
lino  lovi  triplex,  musicum,  equestre»  gymnicum.  .  .  certabant  et 
oratione  graece  latineque.  .  .  celebrabat  et  in  Albano  quotannis 
quatria  Minervae  .  .  et  scenicos  ludos  superque  oratorum  ac  po( 
certamina.  Plin.  paneg.  54:  quis  iam  locus  miserae  adulationis  mi 
ignanis,  com  laude«  imperatorum  ludis  etiam  et  commissionibus  oc 
rentiir?  Nach  der  Inschrift  bei  Orelli  2603  (Pauly's  ßeal-fk^c. 
S.  2364,  Nr.  142)  L.  Valerius  L.  f.  Pudens  cum  esset  annomm  XIII  ] 
certamine  sacro  lovis  Capitolini  lustro  sextx)  claritate  ingenii  corona 
inter  poetas  latinos  omnibus  sententiis  iudicum.  Vgl.  die  aus  Ace 
Hermes  I.  S.  151  —  155.  Dagegen  Statins  (Silv.  III,  6,  31  ff.  V,  3,  1 
und  der  junge  Annius  Florus  (W.  Teuffei  in  Panly*8  Real-Ena  1, 1.  8 
Nr.  27)  hatten  Misserfolge.  Den  albanischen  Olivenkranz  aber  g 
Statius  mehrmals  (Silv.  III,  6,  28  ff.). 

5.  Tac.  Agr.  2:  legimus,  cum  Aruleno  Rustico  (unten  311,  2) 
Thrasca,  Herennio  Senecioni  Priscus  Helvidius  laudati  essent,  capitalc 
neque  in  ipsos  modo  auctores  sed  in  libros  quoque  eorum  saevitum,  de 
triumviris  ministeho  ut  monumenta  clarissimorum  ingeniorum  in  oon 
foro  urerentur.  . .  expulsis  insuper  sapientiae  professoribus  atque  omr 
arte  in  exsiüum  acta.  .  .  sicut  vetiis  aetas  vidit  quid  ultimum  in 
täte  esset,  ita  nos  quid  in  Servitute,  adempto  per  ihquisitiones  eti 
quendi  audiendique  commercio.  Suet.  Dom.  10:  occidit  Hermogenei 
sensem  propter  quasdam  in  historia  figuras,  librariis  etiam  qui  ea 
scripserant  cruci  fixis.  .  .  interemit  .  .  Mettium  Pompusiauum  qi 
depictum  orbem  terrae  in  membrana  contionesque  regum  ac  ducua 
Livio  circumferret;  .  .  lunium  Rusticum  quod  Paeti  Thraseae  et  ] 
Prisci  laudes  edidisset  appcUassetque  eos  sanctissimos  vires ,  cuius  c 
occasione  philosophos  omnis  urbe  Italiaque  summovit.  Unter  Letzter 
ren  Artemidoros  (Plin.  Ep.  III,  11).  Lucceius  Telesinus,  Demetrios,  Die 
Bostomos,  Epiktetos.  Hieronym.  ad  a.  Abr.  2105  =  9  Dom.  r=  89  i 
Domitianus  mathematicos  et  philosophos  romanos  (Var.  romana)  ui 
pulit.  ad  2111  =  15  Dom.  =  95  n.  Chr.  (richtiger  J.  93;  s.  Moi 
im  Hermes  HL  S.  84  f.  A.  4):  Domitianus  rursum  philosophos  et  i 
maticos  Roma  per  edictum  «xtrudit. 

6.  Hieronym.  ad  a.  Abr.  2109  =  13  Dom.  =  93  n.  Chr.:  Flar 
scphus  vicesimum  librum  Antiquitatum  h.  temp.  scribifc.  lieber  die 
tantischen  Schriftsteller  in  Versen  s.  unten  306. 

302.  Unter  Domitian  vollendete  sein  Epos  über  den 
ten  punischen  Krieg  C.  Silius  Italiens  (J,  25— 101  nJ 
der  nach  einer  rednerischen  und  amtlichen  Thätigkeit  di 
bis  zum  Consulat  (J.  68)  geführt  sich  ganz  in  behagliche  1 
und  auf  literarische  Beschäftigung  zurückgezogen  hatte, 
siebenzehn  Bücher  Punica  sind  stofflich  nach  Lirius  gearl 
in  ihrer  Behandlungs weise  und  Form  nach  Homer  und  V 
so  dass  die  mythologische  Motivierung  selbst  auf  diesei 
schichtlichen   Stoff  angewendet  wird.     Die  Ausführung  ii 


802.   Siliua  ItaücuB.  631 

clairm^itorisch  gedehnt  ntid  episodenreich,  indem  der  Verfasser 
die  iierkommlicheu  epischen  Requisiten  möglichst  vollständig 
sein^xn  Werke  einzuverleiben  bemüht  ist.  Die  Verstechnik  ist 
stre^CÄ  g  bis  zur  Einförmigkeit. 

3-.    Plinius  Episi  III,  7  vom  J.  101  n.  Chr.:  modo  nuntiatas  est  Si- 
lias      Utalicusiu  Neapolitano  suo  inedia  finivisse  vitam.    (2.)  causa  mor- 
tis y^a-letudo.    erat  illi  oatus  inBaDabilis  clavus  (Leichdorn,  vgl.  die  medi- 
cima<5lie  Diss.  de  morte  Silii  It.  von  Laur.  Heister,  Helmstedt  1734.  4.), 
cuin^     taedio  ad  mortem  irrevocabili  coustantia  decueurrit,  usque  ad  extre- 
miurx     diem  beatus  et  felix ,  nisi  quod  minorem  ex  liberis  duobua  amisit, 
sed     banalerem   melioretaque   florentem   atque    etiam  consularem   (Martial. 
Vlir^   C6)  reliquit.    (3.)  laeserat  famam  suam  sub  Nerohe:  credebatur  sponte 
accix^^sse.    sed  in  Vitelli  amicitia  (vgl.  Tac.  Hist.  III,  65)  sapienter  se  et 
coma:t^r  gesserat,  ex  proconsulatu  Asiae  gloriam  reportaverat,   maculam 
vetexris  industriae  laudabili  otio  abluerat.    (4.)  fuit  inter  principes  civita- 
^  aix3e  potentia,  sine  invidia:  salutabatur,  colebatur,  multumque  in  lectalo 

• 

laceüe  cubiculo  semper  nön  ex  fortuna  frequenti  doctissimis   sermonibus 

die»     "transigebat,  cum  a  scribeudo  vacaret.     (5.)  scribebat  carmina  maiore 

car%     quam  ingenio,  nonnumquäm  iadicia  hominum  redtationibiis  experie- 

batcTK-.    (6.)  novissime  ita  suadentibus  aunis  ab  urbe  secessit  seqoe  in  Cam- 

pan5.^  tenuit,  ac  ne  adventu  quidem  novi  principis  (des  Trojan,  J.  99)  inde 

conxxnotus  est.    (7.)  .  .  erat  q>iX6%aXog  usque  ad  emacitatis  reprehensionem. 

planlos  isdem  in  locis  villas  possidebat  (darunter  auch  eine  die  früher  dem 

Cice:ro  gehört  hatte,  etwa  sein  Cumanum;  s.  Martial.  XI,  48:  Silius  haec 

^^i^^^tii  celebrat  monimenta  Maronis,  iugera  facundi  qui  Ciceronis  habet. 

hei:eclem  dominumque  sui  tumuUve  larisve  nou  alium  mallet  nee  Maro  nee 

Cicero)  adamatisque  novis  priores  neglegebat.    multum  ubiqne  librorum, 

^^tom  statuarum,  multum  imaginum,  quas  non  habebat  modo  verum  etiam 

^^uerabatur,   Vergilii  ante  omnes,  cuius  natalem  religiosius  quam  suum 

^lebrabat,  Neapoli  maxime,  ubi  monimentum  (<=  tumulus,  s.  Martial.  1. 1. 

^  XI,  49;  oben  216,  7)  eins  adire  ut  templum  solebat.    (9.)  in  hac  tran- 

^uilUtate  annum  LXXV"'°  excessit,  delicato  magis  corpore  quam  infirmo; 

Utque  novissimus  a  Nerone  factus  est  consul  (J.  68  =  821  d.  St.    Vgl. 

Äfartial.  VII,  63,  9  f )  ita  postremus  ex  omnibus  quos  Nero  consules  fece- 

^at  decessit.    (10.)  illud  etiam  notabile:  ultimus  ex  Neronianis  consularibus 

Qbiit  quo  consule  Nero  periit  (nämlich  eben  Silio  Italico).    Frühere  red- 

^lerische  Thätigkeit:  Martial.  VII,  63,  5  ff.:  sacra  cothurnati  uon  attigit 

Hnte  Maronis  implevit  magni  quam  Ciceronis  opus,    hunc  miratur  adhuc 

centum  gravis  hasta  virorum,    hunc  loquitur  grato  plurimus  orc  cliens. 

Nachdem  er  das  Consulat  bekleidet:  (11  f.)  emeritos  Musis  et  Phoebo  tra- 

didit  annos  proque  suo  celebrat  nunc  Helicona  foro.     Auf  frühes  Inter- 

esae  für  Vergil  deutet  aber  des  Cornutus  (oben  282,  2)  Widmung  seiner 

Schrift  de  Vergilio. 

2.  Dass  MartiaKs  den  wohlhabenden  Dichter  und  dessen  Werk  aus 
vollen  Backen  preist  ist  selbstverständlich;  s.  Anm.  1  und  IV,  14,  1  if.: 
Sili,  Casialidum  decus  sororum,  qui  periuria  barbari  furoris  ingenti  preniis 
ore  perfidosque  astus  Hannibalis  lovesque  Poenos  magnis  cederc  cogis 
Africanis.    VI,  64,  10:  perpetui  .  .  Sili.    VII,  63,  If.:  perpetui  nunquam 


632  Die  Eaiserzeit.    Erstes  Jahrhundert. 

moritura  volamina  Sili  qui  legis  et  latia  carmina  digna  toga  eto.    Daraus 
dass  er  ihn  nie  als  Landsmann  bezeichnet  erhellt  mit  Sicherheit  dass  Si — 
lius  nicht  aus  Italica  stammt.    Das  Schweigen  des  Quintilian  über  Siliuss. 
auch  in  seiner  Aufzählung  der  römischen  Epiker  X,  1,  85 — 90,  erklärt  sietr 
daraus  dass  zur  Zeit  der  Abfassung  von  dessen  Schrift  Silius  noch  lebt^ 

und  sein  Epos  noch  nicht  veröffentlicht  hatte.    Statins  (Silv.  IV,  7,  14  ff 

spielt  auf  Sil.  I,  233  an. 

3.  Preis  der  flavischen  Kaiser  Sil.  III,  594—629,  wo  über  Domitia..^ 
V.  607  ff. :  at  tu  transcendes,  Germanice,  facta  tuorum  (von  Vater  and  Brs^iz 
der!),  iam  puer  auricomo  praeformidate  Batavo  (vgl.  Martial.  II,  2,  4  ob^ 
259,  6  E.).  nee  te  terruerint  Tarpei  culminis  ignes:  .  .  servabere  .  . 
te  longa  manent  nostri  consortia  mimdi.  Darauf  bombastischer  Preis  d 
Misserfolge  Domitians  im  Osten  und  Norden  und  zuletzt  (618  ff.):  quin 
Romuleos  superabit  voce  nepotes  quis  erit  eloquio  partum  decus; 
sua  Musae  sacra  ferent,  meliorque  Ijra  (als  Orpheus)  .  .  Phoebo  minuLcS. 
loquetur.  Wahrheitsgemässer  am  Schlüsse  von  XIV:  at  ni  cura  viri  c^u 
nunc  dedit  otia  mundo  effrenum  arceret  populandi  cuncta  furorem  nuds 
sent  avidae  terrasque  fretumque  rapinae.  Dagegen  XVI,  533  f.  der  Seufz« 
quid  iam  nou  regibus  ausum?  aut  quod  iam  regnis  restat  scelus? 
des  Vergil  VIII,  593  f.:  Mantua  Musarum  domus  atque  ad  sidera  can^ 
evecta  aonio  et  smyrnaeis  aemula  plectris.  Gelegentliche  Verherrlichixn-i 
Befreundeter  durch  die  Gestalten  seines  Epos,  wie  durch  Pedianus  (XX J 
212 — 222)  wohl  einem  Sohne  des  Asconius  Ped.  (oben  278)  eine  Freaiic5 
lichkeit  erwiesen  werden  soll. 

4.  In  Ermangelung  eigener  Erfindungsgabe  bildet  Silius  die  homerm 
sehen  Epen  und  den  Vergil  fast  pedantisch  nach.  So  muss  er  seinen  ''Opsige^i 
(III,  163  ff.)  und  seinen  KatdXoyog  (III,  222  ff.)  haben,  seineu  Hektors  (Hanzu- 
baPs)  Abschied  (III,  62  ff.),  seine  Schildbeschreibung  (II,  395  ff.),  seine  a^t^x 
(XVI,  277  ff.),  seine  fiocxrj  naganotafiios  (IV,  667  ff.),  seinen  Proteus  (VIT, 
415  ff.)  und  seine  vB%vCa  (XIII,  395  ff.);  ebenso  seine  ThürenbeschreibuiiÄr 
(III,  32  ff.)  wie  die  Georgica.     Wie  Herakles  steht  Scipio  (XV,  20  ff.)  am 
Scheidewege  zwischen  Virtus  und  Voluptas,  wie  Turnus  kämpft  Hannibal 
bei  Zama  mit  einem  Gaukelbilde.  Juno  spielt  dieselbe  Rolle  wie  in  der  Aeneis 
und  greift  oft  zu  Gunsten  Hannibals  ein  (I,  648  ff.  II,  526  ff.  III,  163  ff.      I 
IV,  417  ff.);    andererseits   sind   Venus   und   Vulcan   thätig  (IV,  667  ff),      j 
Die  Charakterzeichnung  ist  dürftig.    Zu  den  rhetorischen  Appertineiizien 
gehören  die  häufigen  Schlachtbeschreibungen.    In  nationaler  Haltung  (aocli 
im  Topographischen)  wetteifert  Silius  mit  der  Aeneis.     Gegen  Hannibal 
nimmt  der  Dichter  sehr  entschieden  Partei  (z.  B.  II,  696  ff.).    Von  B.  XII 
an  wird  die  Behandlung  des  Stoffes  sehr  ungleich,  und  vollends  in  B.  XVII 
eilt  der  Verf.  sichtlich  zum  Schlüsse:  kein  Wort  über  Scipio's  üeberfahrt 
nach  Africa  und  Hannibals  Landung  daselbst.    Mit  Scipio's  Triumph  nach 
der  Schlacht  bei  Zama  endet  das  Werk,  nachdem  zuvor  der  Ausblick  anf 
Hannibals  schliessUche  Schicksale  und  auf  Earthago's  Zerstörung  eröffioet 
worden  ist  (v.  371  ff.).    Vgl.  im  Allgemeinen  die  Nachträge  zu  Sulzer  VII. 
S.  374  ff.    W.  Cosack,  quaestiones  Silianae  (bes.  p.  16—56  de  fide  bistorica 
Silii,  namentlich  sein  Verhältniss  zu  Livius),  Halle  1844.    L.  Cholevius,  «P^" 
theta  ornantia  quibus  utitur  Vergilius  cum  iis  comparata  quibus  poeterio- 


vifc 


...,^1^ 


302  f.    Siliu8  Italicus.    Statius.  633 

res  epid  latini,  maxime  quidem  Silius,  carmina  sua  distinxeraiit,  I.  Kö- 
iii^sl>erg  1865. 

ö.  Das  Werk  war  im  Mittelalter  verschollen ,  und  auch  Petrarca 
Bcheint  es  nicht  gekannt  zu  haben  als  er  seine  Africa  verfasste;  s.  0.  Oc- 
cioni  (A.  7)  p.  116—143.  Erst  J.  1417  fand  Poggio  oder  vielmehr  Bartho- 
lomäxis  Politianus  (de  monte  Puliciano)  zu  St.  Gallen  eine  Handschrift  auch 
(vgl.  299,  4)  des  Silius,  welche  seitdem  verschollen,  aber  durch  die  in  Ita- 
lien Baec.  XY  davon  gemachten  Abschriften  in  der  Hauptsache  ersetzt  ist. 
AucH    die  von  Carrio  in  Cöln  gefundene  Handschrift,  angeblich  aus  der 

Zeit  Karls  d.  Gr.  und  nur  bis  XVI,  555  reichend,  welche  »ausser  ihm  nur 

Fr.   IModius  direct  benutzt  zu  haben  scheint,  ist  verloren  gegangen.    Vgl. 

A.    Drakenborch  vor  seiner  Ausgabe  und  daraus  bei  Ruperti  p.  XLY  ff. 

G.  Xhilo,  Quaestiones  Silianae,  Halle  1858.  4.  und  in  der  Symbola  phil. 

Bonm.  p.  399—401. 

6.  Zwei  ed.  principes  Rom.  1471  fol.  gleichzeitig.  Keck  interpoliert 
(durcli  Ambrosius  Nicander  Toletanus)  die  luntina  1515.  L.  Carrio,  Emen- 
dationum  etc.  libri  (Antv.  1576.  Paris  1583),  nebst  Fr.  Modii  novantiq. 
lectt,  (Frankf.  1584),  beide  in  Gruters  Lampas  III,  2.  p.  90  ff.  u.  V.  p.  1  ff. 
Ed-  I>.  Heinsius  (nebst  seinen  Crepundia  Siliana),  Lugd.  B.  1600.  Ed.  Claud. 
I^auaqueiuB  (Paris  1618),  Cellarius  (Lips.  1695)  und  besonders  cum  animadv. 
N-  fieinsii  etc.  ed.  A.  Drakenborch,  Utrecht  1717.  4.  Ed.  J.  B.  Lefebvre 
de  Villebrune  (mit  französ.  üebersetzung),  Paris  1781.  3  Voll.  Comm.  perp. 
^«iBt;r.  J.  C.  Th.  Ernesti,  Lips.  1791.  2  Voll.  Perpet.  annot.  ill.  G.  A.  Ru- 
P««^,  Gotting.  1795—98,  2  Voll.  Text  von  Lünemann  (Gotting.  1824)  und 
^  "W.  E.  Webers  corpus  poett.  latt.  p.  799—897. 

Metrisch  übersetzt  von  F.  H.  Bothe  (Stuttgart,  Metzler,  1855—57, 
^  Bdchn)  und  Braunschweig  1866  (2  Bde). 

7.  Quaestiones  Silianae  von  Wilh.  Cosack  (s.  A.  4)  und  G.  Thilo 
\*-  A.  5).  Emendationes  Silianae  von  G.  Thilo  in  der  Symbola  phDol. 
^Otm.  p.  397—410. 

Cajo  Silio  Italico  e  il  suo  poema;  studi  di  Onor.  Occioni,  Padova  1869 
Cp.  149  ff.  ital.  üebersetzung  von  B.  III  u.  XI). 

303.  Unter  Domitianus  lebte  und  schrieb  ferner  P.  Papi- 
^us  Statius  aus  Neapel  (um  J.  45 — 96  n.  Chr.).  Hochge- 
bildet und  von  dichterischer  Begabung ,  fähig  warmer  Empfin- 
düng;  überaus  gewandt  und  geschliffen  in  der  Form,  stösst 
Statius  dennoch  mehr  ab  als  dass  er  fesselte,  wegen  der  Un- 
wahrheit die  in  seinen  Gedichten  herrscht,  weil  er  nicht  blos 
wirkliche  Gedanken  und  Gefühle  ausspricht  sondern  auch  er- 
heuchelte, gemachte  und  bestellte,  und  den  Ausdruck  derselben 
so  häufig  durch  die  rhetorische  oder  mythologische  Phrase  er- 
drückt oder  ersetzt.  Wenig  geniessbar  ist  sein  frühestes  und 
grösstes  Werk,  die  Thebais  in  zwölf  Büchern,  stofflich  wohl 
nach  Antimachos,  in  der  epischen  Technik  nach  Vergil  gear- 
beitet;  unvollendet  blieb  seine  Achilleis,  deren   zweites  Buch 


634  Die-KaiBerzeit.   Erstes  Jahrhundert. 

bereits  unfertig  ist;   am  anziehendsten  sind  die  Silvae,  fünf 
Bücher   Gelegenheitsgedichte    meist   im   epischen   Masse,    zum 
kleineren  Theile  in  meh'schen,  werthvoUe  Zeitbilder,  Denkmäler  - 
achtbarer  Gesinnung,  aber  auch  schwächlicher. 

1.  Bei  Bestimmung  der  ZeitverhältnisBe  des  Statius  ist  völlig  abzu — 
sehen  von  den  bodenlosen  Behauptungen  DodwelPs  in  smnen  Annsdes  Sta--«, 
tiani  (Oxon.  1698,  zugleich  mit  annales  Velleiani  und  Quintilionei).    VgL^ 
Grosse  Obeerv.  p.  4  —  10.    Als  sein  Vater  (oben  300,  3)  ums  J.  80  =  83^ 
starb  hatte  Statius  schon  in  seiner  Heimat  (Silv.  III,  5,  78  f.)  Neapel  i — 
poetischen  Agonen  Siege  gewonnen  (Silv.  V,  3,  226  ff.)  imd  in  Rom  TfaeüH^ 
seiner  Thebais  vorgelesen  (ib.  215  E  vgl.  233  ff.  upd  Juv.  VII,  82  ff.).   Ak= 
dererseits  sagt  er  Silv.  V,  2,  158  f.  (ums  J.  95  oder  96)  von  sich:  nos  forti^i=3 
aetas  iam  fugit,  vgl.  IV,  4,  69  f.  ( J.  95) :  nos  facta  aliena  canendo  vergimc::» 
in  Senium.    V,  4  spricht  er  von  seiner  langen  Schlaflosigkeit,  wie  scher»'] 
III,  5,  37  ff.  von  einer  überstandenen  schweren  Krankheit.    Das  fünfte  Bu^r^l 
der  Silvac ,  in  welchem  das  dritte  Stück  aus  früherer  Zeit  stammt  (J.  8<I>}, 
das  vierte  ein  kurzer  Seufzer  vom  Krankenlager  ist,  das  fünfte  unvoUend^^t 
vorliegt,  scheint  erst  nach  des  Verfassers  Tode  diese  Gestalt  erhalten    aEii 
haben.  Nichts  weist  darauf  hin  dass  Stat  den  Domitian  überlebt  hatte.  F*  Cr 
seine  Geburtszeit  liegen  nur  ungefähre  Anhalte  vor  in  dem  Alter  des  Va- 
ters (s.  300,  3;  vgl.  C.  F.  Weber,  Panegyr.  in  Pis.  p.  12  f.)  und  den  Lmei- 
stungen  des  Sohnes  bei  dessen  Lebzeiten ;  über  das  J.  800  d.  St.  wird  <Ja- 
her  keinenfalls  weit  herabgegangen  werden  dürfen.    Dass  seine  Zunick- 
ziehung nach  Campanien  durch  den  Misserfolg  in  den  capitoliuischen  Spie- 
len (oben  301,  4)  veranlasst  war  ist  möglich,  aber  durch  Nichts  bezeugt 

2.  Statius'  Gattin  war  eine  Römerin  und  Wittwe  Claudia  (Silv.  IH,  5j, 
die  ihm  eine  Tochter  beibrachte  (ib.  54  ff.),  in  ihrer  zweiten  Ehe  aber 
nicht  gebar  (Silv.  V,  5,  79  f ).  Ohne  Vermögen  wird  sie  schwerlich  gewe- 
sen sein,  wiewohl  des  Statius  etwaige  Besitzungen  in  Neapel  von  seinem 
Vater  herrührten  und  das  Gut  bei  Alba  (Silv.  III,  1,  61  f.  vgl.  iuj^era  no- 
stra  ib.  V,  3,  37)  ein  (von  Domitian?)  geschenktes  war  (Silv.  III  1.1). 
Auch  dass  Statius  seinen  vornehmen  Freunden  gegenüber  niemals  (demi 
Silv.  IV,  9  ist  ein  Scherz)  eine  so  bettelhafte  Haltung  zeigt  wie  Martial 
spricht  für  relative  materielle  Unabhängigkeit.  Juv.  7,  86  f. :  (Statius)  cum 
fregit  subsellia  versu  esurit,  intactam  Paridi  uisi  vendit  Agaven  (vgl  oben 
8,  1  £.)  besagt  nur  dass  St.  von  seiner  Vorlesung  der  Thebais  keinen  ma- 
teriellen Vortheil  habe.  Die  Feilheit  von  Statins'  Muse  gegenüber  tou 
Bestellern  wie  dem  Eunuchen  und  kaiserlichen  Lustknaben  Earinus  (Sil?. 
III,  4)  wird  mehr  aus  politischer  Angst  als  finanziellem  Bedürfmss  zu  er- 
klären sein.  Als  Gönner  erscheinen  Metius  Celer  ( rex  mens ,  Silv.  HI,  2, 
92  f.)  und  Plotius  Grypus  (IV,  9,  48  ff.);  mit  Andern  aber  verkehrt  der 
Dichter  auf  dem  Fusse  der  Gleichheit,  wie  mit  Claudius  Etruscus  (diiec^ 
sodalis,  Silv.  I,  5,  9;  mens,  ib.  IIL  praef.;  vielleicht  ein  Verwandter  seiner 
Frau),  Pollius  Felix  (mens,  ib.  IV  praef.)  und  dessen  Schwiegersohn  luÜiw 
Menccrates  (ib.  IV,  8).  Dem  IGjährigen  Vettius  Crispinus,  dessen  Vater 
todt  ist,  ertheilt  der  Dichter  (ib.  V,  2)  halb  väterliche  Ermahnungen.  Da- 
gegen gegenüber  von  Domitian  und  allem  was  mit  dessen  Person  zuflsun* 
menhängt  (Silv.  IV  pra^f. :  latus  onmo  divinae  domus  semper  demeroiip^ 


.^03.  StatinB.  635 

aea  mediocritate  oonitor;  nam  qui  bona  fide  deos  colit  amat  et  saoerdotes) 
'eht  das  Schweifwedeln  ins  Unleidliche.  Nicht  nur  dass  er  den  Earinua 
iücklich  preist  weil  er  um  ihn  sein  dürfe  (III,  4,  60  ff.)  und  über  den  Tag 
ro  er  von  ihm  zu  Tische  geladen  wurde  sagt:  haec  aevi  mihi  prima  dies, 
aeo  limina  vitae  (lY,  2,  13),  sondern  er  stellt  auch  dessen  klägliche  Er- 
ylgB  gegen  auswärtige  Feinde  als  grossartige  dar  (z.  B.  IV,  3,  158  ff.). 
Sinnt  seine  dementia  (III,  3,  167  ff.)  und  behauptet  derselbe  würde,  wenn 
r  kdnnte,  den  Tod  abschaffen  (Y,  1, 165  ff.)  und  dass  filr  seine  Erhaltung 
idera,  undae  terraeque  beten  (III,  4, 101  ff.),  preist  überdiess  seine  Schön- 
eit  (III,  4,  44  f.  vgl.  lY,  2,  41  f.)  und  vergleicht  den  bei  Tische  Liegen- 
en  mit  einem  ruhenden  Herakles  (lY,  2,  46  ff.).  I,  1,  94  ff.  lässt  er  Do- 
litians  Vater  und  Geschwister  nächtlicher  Weile  vom  Himmel  kommen 
nn  Domitians  Reiterstandbild  zu  küssen.  Indessen  über  den  todten  Cali- 
:u1a  (in,  3,  70  ff.)  und  den  ferus  Nero  (V,  2,  33)  wagt  er  sich  freimutig 
»nsBiisprechen. 

3.  Abfassung  der  Thebais  (daktylisch  gemessen,  z.  B.  Silv.  III,  5, 
S  vgl.  Juv.  7,  83)  in  langer  (Silv.  III,  5,  35.  lY,  7,  26),  zwölf  Jahre  hiii- 
Inrch  (Theb.  XII,  811)  fortgesetzter  Arbeit.  Silv.  lU,  2,  142  f.  ist  sie  noch 
lieht  fertig,  wohl  aber  ib.  lY,  4,  88->92  (iam  sidonios  emensa  laborCs 
ßtebais  optato  collegit  carbasa  portu  etc.) ,  vgl.  ib.  7,  7.  25  ff.  Da  schon 
le«  Statins  Vater  das  Werk  entstehen  sah  (Silv.  Y,  3,  233  f.),  so  scheint 
lie  Abfassung  J.  80->92  zu  fallen.  Gegenstand  die  Kämpfe  zwischen  Po- 
yneikes  und  Eteokles.  Nachdem  in  den  ersten  zehn  Büchern  die  Hand- 
lang überaus  langsam  von  der  Stelle  gerückt  ist,  vor  den  langathmigen 
Eteden,  Zurüstungen  und  Beschreibungen,  wird  sie  in  den  beiden  letzten 
Büchern  vollends  summarisch  zu  Ende  geführt;  in  diese  f^t  nicht  nur 
ier  Zweikampf  der  Brüder,  Kreons  Regierungsantritt  und  Verbot  der  Be- 
Btattung  des  Polyneikes  sondern  auch  Antigenes  Hülfegesuch  bei  Theseus, 
dessen  Einschreiten  und  Erlegung  des  Kreon.  Der  Mythus  ist  im  EHnzel- 
nen  ndt  Freiheit  behandelt.  Griechisches  und  Römisches  (wie  die  abstrac- 
ten  Figuren  der  Virtus,  Furores  u.  s.  w.)  durcheinaud ergemischt.  Die  Cha- 
raktere sind/  willkürlich  und  oft  crass  ausgemalt.  Anordnung  und  Moti^ 
vierung  hält  sich  äusserlich.  Epische  Gleichnisse  finden  sich  im  Uebermass 
eingestreut.  Mit  Schlachtbeschreibungen  wechseln  rührende  Episoden.  Die 
mythologische  Gelehrsamkeit  äussert  sich  auch  im  Umschreiben  mythischer 
Namen  in  der  Weise  des  Lykophron.  Die  Sprache  artet  oft  in  Schwulst 
aus  und  ist  durch  künstliche  Kürze  lücht  selten  dunkeL  Welcker,  kleine 
Schriften  I.  S.  396 — 401.  Ueberall  blicken  die  augusteischen  Vorbilder 
hindurch,  zugleich  aber  das  Bestreben  sie  durch  Künstlicbkeit  und  Pathos 
zu  überbieten.  Zuletzt  (XII,  816  f.)  jedoch  ruft  Stat.  seinem  Werke  zu:  vivo, 
precor,  nee  tu  divinam  Aeneida  tempta,  sed  longo  sequere  et  vestigia 
semper  adora.  Zuversichtlicher  Achill.  I,  10  ff.  und  Silv.  II,  3,  63.  V, 
3,  213  f. 

4.  Der  Plan  zur  Achilleis  war  weit  angelegt  und  sollte  auch 
die  der  Ilias  vorauHÜegcnden  und  nachfolgenden  Theile  der  Sage  mitbe- 
fassen. Ach.  I,  Iff.:  magnanimum  Aeaciden,  .  .  Diva,  refer,  quamquani 
acta  viri  multum  inclita  cantu  maeonio,  sed  plura  vacant.  nos  ire  per 
omnem  sie  amor  est  heroa  velis  Scyroque  latentem  duUchia  proferre  tuba, 


636 


Die  Eaiserzeit.   Erstes  Jahrhundert. 


3, 

08 
f- 


nec  in  Hectore  tracto  sistere,  sed  tota  iavenem  deducere  Troia.    Das  erste 
Buch  erzählt  in  674  Versen  wie  Thetis  ihren  Sohn  bei  Lykomedes  in  Wei- 
berkleidem  verbirgt,  aber  Kalchas  seinen  Aufenthalt  prophetisch  entdeckt, 
nachdem  das  vermeintliche  Mädchen  bereits  eine  der  Töchter  seines  arg- 
losen Beherbergers,  die  Deidamia,  verfdhrt  hat.    Die  453  Yerse  die  vo 
zweiten  Buche  fertig  sind  schildern  wie  Odysseus  den  Achilleus  heraus 
findet  und  nach  Troja  mitnimmt.     Der  Ton  ist  viel  weniger  schwülsti 
und  geschraubt,  aber  ebenso  redselig  wie  in  der  Thebais.    Wie  schon  i 
dieser  (Theb.  I,  17  ff.),  nur  jetzt  kürzer  (Ach.  1, 19:  te  longo  necdum 
paratu  molimur,  magnusque  tibi  praeludat  Achilles),  verspricht  Statins  de 
Domitian  ein  eigenes  Epos  auf  dessen  Thaten;  vgl.  Silv.  IV,  4,  93  ff.:  nun 
.  .  Troia  quidem  magnusque  mihi  temptatur  Achilles,    sed  vocat  arci 
nens  aHo  pater  armaque  monstrat  ausonii  maiora  ducis.    trahit  impeti 
illo  iam  pridem  retrahitque  timor.    Anfänge  davon  müssen  sich  in  de 
Nachlasse  des   Statins   gefunden  haben  und  veröffentlicht  worden  sei 
daraus  die  vier  Hexameter  in  den  Scholien  des  Ge.  Yalla  zu  Juv.  lY,  9 
0.  Jahn  im  Rhein.  Mus.  IX.  S.  627. 

5.  Als  Buchtitel  (Gell,  praef.  6)  bedeutet  Silvae  nach  Quintil.  X, 
17  rasch  hingeworfene  Arbeiten,  Improvisationen;  vgl.  Silv.  I  praef.:  L 
libellos,  qui  mihi  subito  calore  et  quadam  festinandi  voluptate  .fluxe 
.  .  nullum  ex  illis   biduo  longius  tractum,  quaedam  et  singulis  diebus 
fusa.    n  praef.:  epicedio  prosecutus  sum  adeo  festinanter  ut  etc.   III  pra^ :^.' 
(libellos)  subito  natos.    Nach  IV  praef.  fand  Statins  Tadler  quod  hoc  tMz^U 
genus  (opuscula,  leves  libeUi,  II  praef.;   ioci,  IV  praef.)  edidisset.    CÄ'e 
32  Stücke  sind  zuerst  einzeln  verfasst  und,  wenn  eine  Anzahl  beisamm.  ^n 
war,  zu  einem  Buche  vereinigt  und  mit  einem  Begleitschreiben  in  Prc^^^ 
einem  Einzelnen  gewidmet  worden;   Buch  I  dem  Stella,  II  dem  Atedx'vis 
Melior,  III  dem  PoUius  Felix,  IV  dem  Victorius  Marcellus;   das  VorwoTt 
von  B.  V  bezieht  sich  nur  auf  das  erste  Stück,  war  aber  wohl  bestinuz^^ 
weiter  ausgeführt  zu  werden  wenn  der  Dichter  das  Buch  noch  selbst  h&f;^ 
abschliessen  können;  s.  A.  1.    Ausser  V,  3  scheinen  alle  Stücke  aus 
6  letzten  Lebensjahren  des  Statius  zu  stammen,  da  schon  das  erste 
nicht  vor  J.  90  verfasst  und  die  Ordnung  der  einzelnen  Bücher  nachw^^^' 
Hch  die  chronologische   ist;   s.  L.  Friedländer,    de  temporibus  Marti^^^^ 
librorum  et  Silvarum  Statu  (Königsberg  1862.  4.)  p.  14—16.    Vgl  III  prae^-  - 
securus  itaque  tertius  hie  silvarum  nostrarum  über  ad  te  mittitur.  habue: 
quidem  et  secundus  testem,  sed  hie  habet  auctorem.    IV  praef:  plur& 
quarto  silvarum  quam  in  prioribus.    Silv.  III,  5  wird  eine  Reise  nach  N^^ " 
pel  beabsichtigt,  IV  praef.  ist  bereits  von  Neapel  aus  geschrieben.   IV,    ^ 
verherrlicht  Domitians  XVIItes  Consulat  (J.  95).    Andere  Gegenstände  &i^^ 
der  Tod  Nahestehender  (auch  von  pueri  delicati),  in  welchen  epicedia  häufig 
ein  weinerlicher  Ton  angestimmt  wird,  Abreise  von  Freunden  (propemptioa)» 
Besitzthümer  von  solchen  (villae,  balnea,  Kunstwerke,  auch  ein  psittaci:i^>^r 
Vermählungen,  Geburten  und  Geburtstage  (Lucani,  II,  7),  Saturnaüenfei^^ 
u.  s.  w.    Als  bestellt  sind  ausdrücklich  bezeichnet  I,  1  u.  2.  U,  7.  HI,  ^• 
Phaläkisches  Mass  haben  I,  6.  II,  7.  IV,  3.  9,  alkäisches  IV,  5  und  sapphi* 
sches  IV,  7. 

6.  Den  Wortreichthum,  die  gesuchte  Eleganz,  die  Kühnheit  in  der 


.  .jiwBi'i 


303.    Statius.  637 

ildung  und  dem  Oebraache  der  Wörter  hat  Statius  mit  seiner  glänzen 
eit  gemein;  eigen  ist  ihm  (wenigstens  in  den  Silvae)  die  Baschheit  des 
rbeitens,  woraus  manche  Flüchtigkeiten  (wie  Wiederholungen,  Hand  Silv. 
.  269  ff.)  sich  erklären.  Vgl.  die  Nachträge  zu  Sulzer's  Theorie  VIII. 
.  344  ff.  und  Hand  zu  Silv.  p.  X  ff.  J.  Danglard,  St%ce  et  ses  Silves,  Cler- 
lOnt-Ferrand  1864.  Ueber  seine  Sprache  s.  Suriugar,  Observationes  in  Stat. 
Iv.,  Ling  1810.  E.  Grosse,  Observat.  p.  11—37.  46—60.  E.  Nauke,  Ob- 
irrat.  criticae  et  gramm.  in  Stat.  p.  16 — 36.  Ueber  die  Metrik  des  Statius 
Grosse,  Observ.  p.  37—44.    0.  Müller,  Quaest.  Statianae,  Berlin  1861.  4. 

7.  Statius  fand  in  späterer  Zeit  Nachahmer,  besonders  an  Sidonius 
pollinaris,  und  wurde  noch  im  Mittelalter  bewundert  (vgl.  Dante  Purgat. 
XI)  und  fleissig  gelesen.  Daher  besonders  von  seiner  Thebais  zahlreiche 
[andschriften,  mindestens  70,  worunter  die  wichtigste  scheint  Paris. 
051  (Puteaneus)  saec.  X.  Kleiner  ist  die  Zahl  der  Hdss.  der  Silvae,  und 
lese  stammen  alle  aus  einer  Hds.  welche  Poggio  aus  Frankreich  nach 
hallen  brachte  und  deren  Varianten  Politianus  am  Rande  der  ed.  princ. 
eischrieb;  seitdem  ist  sie  verloren  gegangen;  doch  ist  die  Breslauer  eine 
lechanisch  treue  Abschrift  davon  (Imhof  de  condicione  p.  4.  39  ff.).  Am 
ächsten  kommt  letzterer  der  Budeusis  in  Wien  (ib.  p.  4.  36  f.).  F.  Hand, 
>ilv.  p.  XX  ff.  C.  F.  Weber,  de  codice  Statii  Cassellano  (saec.  XI),  Mar- 
burg 1853.  54  pp.  4.  Dübner  und  G.  Queck  vor  ihren  Ausgaben.  A.  Im- 
lof,  de  Silvarum  Statianarum  condicione  critica,  Halle  1869.  44  pp.  4. 
C.  Grosse,  über  eine  Trierer  Handschrift  des  Statius,  Königsberg  1866. 
9  S.  4.  Ueber  eine  in  Münster  F.  Deycks,  Münster  1865.  4.  W.  Schmitz, 
in  Düsseldorfer  Statiusfragment,  Rhein.  Mus.  XXI.  S.  438—443. 

8.  Ausgaben.    Ed.  princeps  1472.  Parmae  1473.  Romae  1476.  Venet. 

Aid.)  1502.    Rec.  J.  Bemartius,  Antverp.  1595.    Ed.  Fr.  Tiliobroga  (Lin- 

enbrog),  Paris  1600.  4.    Cura  Em.  Crucei,  Paris  1618.  4.    Ex  rec.  J.  Fr. 

ronovii,  Amsterd.  1653.    Ex  rec.  et  cum  animadv.  C.  Barthii,  Cygn.  1664  f. 

Voll.  4.  (mit  Ind.).    Ed.  Amar  et  Lemaire,  Paris  1825.  4  Voll.    W.  E. 

reber  im  Corpus  poett.  latt.  p.  898 — 1029.  Cum  notis  ed.  Fr.  Dübner, 
ariß  1835  f.  2  VoU.  Rec.  G.  Queck,  Lips.  Teubner  1864.  2  Voll.  (vgl. 
nhof,  de  condic.  p.  43  f.). 

Beiträge  zur  Textkritik  von  M.  Haupt  (Monatsber.  der  Berl.  Ak.  1861, 
.  1074  ff.),  O.Müller  (Quaestiones  Statianae.  Berlin  1861.  34  pp.  4.  Rhein. 
MS.  XVIII.  S.  189—200),  E.  Nauke  (Observationes  criticae  et  gramm.  in 
tatium,  Breslau  1863,  p.  1—16),  A.  Imhof  (Emendationes  Statianae,  Halle 
^67.  4.). 

lani  Gruteri  suspiciones  in  St.  Theb.  I  cum  animadv.  F.  Handii,  Jena 
^1.  4. 

Ausgaben  der  Silvae  von  Jer.  Markland  (rec.  et  emend.,  London  1728.  4. 
nd  wiederabgednickt  durch  Sillig,  Dresden  1827.  4.  Vgl.  Imhof,  de 
ondic.  p.  12—36)  und  Ferd.  Hand  (Lips.  1817;  nur  Silv.  I,  1—3). 

J.  Fr.  Gronovii  in  St.  Silvas  diatribe,  Hag.  Com.  1637;  cum  annotatt. 
d.  F.  Hand,  Lips.  1811.  2  Voll.  Silv.  IV,  6  cum  comment.  F.  Handii, 
ena  1849.  33  pp.  4.  Silv.  I,  4  e  codd.  et  schedis  Handii,  in  Jahns  Archiv 
lVUI.  p.  121  ff.  C.  H.  Volckmar,  specimen  nQvae  Silv.  St.  editionis,  II- 
ßld  1860.  4.  (Silv.  I,  1).    Silv.  III,  5  emend.  et  adn.  A.  Imhof,  Halle  1863. 


638  Die  Kaiserzeit.   Erstes  Jahrhundert. 

28  pp.  4.  Ecloga  ultima  (Silv.  V,  5)  emeüd&tiorem  ed.  E.  Unger;  acce- 
dant  de  Siatii  locis  controv.  coniectanea,  Neustrelitz  1868.  308  pp.  E.  Grosse, 
Obserratorum  in  St.  Silvis  Bpecimen,  Berlin  1861. 

üebersetzungen  der  Silven  von  J.  G.  Dölling,  Plauen  1837— 184t. 

9*    Schollen  zur  Thebais,  deren  Werth  hauptsächlich  in  dem  mytho- 
logischen Material  besteht  das  aus  Hyginus,  Servius  u.  A.  zusammenge- 
bracht ist,  sind  ans  unter  dem  Namen  des  Lactantius  (richtiger  als  Luta^ 
Ulis)  Placidus  erhalten,  wahrscheinlich  dem  Verfasser  der  Argumenta  Me 
tamorphoseon  Ovidii  (oben  233,  2).    Abgedruckt  sind  sie  in  den  altes 
Ausgaben  des  Statius,  sowie  in  den  von  Lindenbrog,  Barth  ii.  A.    Vgl 
Dübner  vor  seiner  Ausg.  p.  VIII  ff.    Herrn.  Schottky,  de  pretio  Lactanti 
comm.  in  St.  Th.  et  (p.  25 — ^39)  de  nomine,  philosophia  (mystisch-heidnisi 
et  aetate  (ötes  Jahrh.)  commentatoris,  Breslau  1846.    E.  Wölfflin,  Philol 
gus  XXIV.  S.  166—158.    R.  Unger,  Electa  e  Lact,  in  St.  Th.  comm.,  Prie 
laud  1863.  4.    M.  Schmidt,  ein  Scholion  zum  Statins^  Philologus  XXH 
S.  541—547. 

Zur  Achilleis  unbedeutende   Schollen   bei  Lindenbrog  und  bei 
Spioileg.  rom.  IX,  appendlx.   Dommericb,  ad  Stat.  Ach.  ex  membranls  ^e<3^ 
dota,  Wolfenbüttel  1758.  4. 

304.    In  Domitians  Regierungszeit  fallt  auch  der  grossfc^ 
Theil  der  literarischen  Thätigkeit  des  M.  Yalerius  Martialm  £i 
(ums  J.  42 — 102  n.  Chr.)  aus  Bilbilis  in  Spanien,  von  welche 
wir  15  Bücher  Epigramme  besitzen.     Gegenstand  derselben  i^ 
das  sociale  Leben  des  damaligen  Rom  mit  all  seinem  Schmutz 
und  seiner  Unterwürfigkeit.     Martialis  zeigt  sich  darin  dem  Ori. 
nahezu  ebenbürtig  an  Leichtigkeit  und  Eleganz  der  poetischi 
Form,  noch  mehr  in  Mangel  an  Charakter  und  in  Zuchtlosi 
keit;  er  theilt  Seines  Zeitgenossen  Juvenalis  Vorliebe  für  d 
Hässliche,   aber  ohne  sich  wie  dieser  darüber  zu  erheben;  u 
seines  Nebenbuhlers  Statius  Kriecherei  vor  dem  Herrscher  über- 
bietet er  noch.     Er  ist  ein  grosses  Talent,  aber  abschreckend 
durch   die   Abwesenheit  von   Gefühl   für  das  was  sittlich  un^ 
ästhetisch  zulässig  oder  mit  Manneswürde  verträglich  sei.    Neben 
dem  elegischen  Mass  bedient  sich  Martialis  für  seine  Epigramme 
besonders  häufig  der  Hendekasyllaben  und  der  Hinldamben. 

1.    Das  Todesjahr  des  M.  Yalerius  Martialis  (über  das  vermeintliclie 
cognomen  Coquus  s.  Schneide wins  Ausg.  von  1842,  p.  21  f.)  war  spätestens 
102,  vielleicht  aber  schon  101  n.  Chr.;  wenigstens  weist  in  seinen  Gedich- 
ten nichts  mit  Sicherheit  über  dieses  Jahr  hinaas;   s.  Th.  Mommsen  im 
Hermes  111.  S.  120—126.     Wohl  aber  scheint  der  seinen  Tod  meldende 
Brief  des  PUnins  (s.  A.  7)  aus  dem  J.  102  zu  sein,-^  Stobbe  im  Phüologus 
XXVII.  S.  640.    Für  die  Bestimmung  seines  Geburtsjahrs  bietet  einen  Aei- 
lieh  unsichem  Anhalt  X,  24:  natales  mihi  Martiae  kalendae,  .  .  quinqna- 
gosima  liba  septimumque  vestris  addimus  hanc  locis  aeerram.    Ist  auch 


^  r^.  •^^iS*f  1 


804.    Maiü&liB.  639 

g'l&ix1>üch  dass  dieees  Gedicht  erst  der  zweiten  Ausgabe  des  zehnten  Bu- 
chesy    aus  dem  J.  98  (oder  Anfang  99),  angehört,  so  ist  es  doch  nicht  ge- 
wi.»e    und  anch  die  ßechnimgsweise  nicht  klar.    Nach  34jährigem  Aufent- 
halt  in  Rom  (X,  103,  7  ff.  104,  9  f.  vgl.  XII,  31,  7.  34,  1),  also  etwa  e4--98 
n*    Olix.,  Bückkehr  in  die  Heimat,  wohl  hauptsächlich  darum  weil  mit  Nerva 
UT\<1    dsum  Trajan  in  ßom  ein  neuer  Geist  eingezogen  war,  in  welchem  Mar- 
üskX    sich  nicht  zurechtfand  und  von  dem  er  für  sich  nichts  hoffen  durfte. 
Aotoli  vorher  schon  war  in  Bom  seine,  Lebensweise  kümmerlich  genug»  da 
er   eigentliche  Arbeit  verschmähte  und  weder  die  schriftstellexlschen  Ho- 
norare noch  das  Anbetteln  Beicher  und  Mächtiger  zureichende  Ausbeute 
ge^wälirten;  vgl.  III,  38  und  oft.    Doch  war  wohl  ein  Geschenk  das  klein« 
nui^^e  Landgut  das  er  seit  J.  83  (s.  II,  38  vgl.  mit  I,  55)  bei  Nomentum 
im  Scibinischen  besaas,  neben  einem  kleinen  Hause  in  der  Hauptstadt  Wie 
M^bon  von  Titus  (UI,  95,  5.  IX,  97,  5  f.)  erhielt  er  auch  von  Domitian  auf 
seine  Bitte  für  seine  Gedichte  das  ius  trium  liberorum  (II,  92  vgl.  IV,  27, 
^  £.),  sowie  die  Würde  eines,  tribunus  (lU,  95,  9).    Dem  Bitterstande  (lU, 
Ö5,   10.   V,  13,  2.  17,  2.   IX,  49,  4.   XII,  26,  2)  gehörte  er  wohl  schon  von 
Geburt  an.     Auch  in   der  Heimat  erhielt  er,  von  der  domina  Marcella 
C^U»  31),  wohl  aus  Bewunderung  seiner  literarischen  Leistungen  (vgl.  XII, 
^^)9  ein  Landgut  zum  Geschenke.  —  A.  Brandt,  de  Martialis  poetae  vita, 
^«•lin  1858.   38  pp. 

2.  Zahlreich  sind  die  Gönner  welche  Martialis  ansingt;  unter  ihnen 
^^sonders  die  nächste  Umgebung  des  Kaisers,  wie  Parthenius  (unten  306,  2), 
^'j^j>inus  (z.  B.  VII,  99),  Earinus  (oben  303,  2)  u.  A.  Auch  die  literarischen 
Notixljxlitäten  der  Zeit  sind  ziemlich  vollständig  in  seinen  Gedichten  vertreten; 
^ocH  kommt  Tadtus  nie  bei  ihm  vor,  und  auch  niemals  Statins,  sowenig  als 
^^rtäal  bei  Statins.  Letzteres  ist  um  so  auffallender  da  beide  Dichter 
^^'^S'^JUhr  gleichaltrig  waren  und  zu  derselben  Zeit  in  denselben  Kreisen 
^  *^^^i^ ehrten  und  dieselben  Gegenstände  behandelten.  So  ist  Stat.  Silv.  I, 
^-  S  =  Mart.  VI,  21.  42;  Süv.  II,  1.  7  =  Mart.  VI,  28  f.  VII,  21-23;  Silv. 
JJ^>    3  f.  =  Mart.  VII,  40.  IX,  11-13.  16.  36;  Silv.  IV,  6  =  Mart.  IX,  43  f. 

br^^  Zweifel  erklärt  sich  dieses  Schweigen  aus  der  Concurrenz  die  sie 

^^^tider  machten.    Daher  denkt  Martial  bei  seinen  häufigen  Sticheleien 

?^^   die  Dichter  langathmiger  Epen  (z.  B.  von  12  Büchern,  wie  die  Thebais, 

^^^.  IX,  50,  3  vgl.  noch  IX,  19.  X,  21.  XIV,  1,  11)  wohl  besonders  an 

^^tius.    Friedländer,  Progr.  von  1862,  p.  13  f. 

3.  Nicht  Martialis  Schuld  ist  es  dass  die  Geschichte  nicht  in  Domitian 
^^^  Ausbund  aller  Tugenden  eines  Menschen  und  Begenten  bewundert, 
^ena  alle  seine  Handlungen  in  Krieg  und  Frieden  preist  Maftial  als  Be- 
^^^tigimgen  der  grössten  Weisheit  und  Tapferkeit  und  kann,  wenn  der 
Haiser  im  Felde  ist,  nicht  Worte  genug  finden  um  Borns  Sehnsucht  nach 
^er  Bückkehr  dieses  milden  Herrschers  und  Vaters  des  Vaterlandes  aus- 
zudrücken, unter  welchem  Bom  freier  sei  als  je  (V,  19,  6).  Mamentlich 
-b.  VIU  wimmelt  von  solchen  Speichelleckereien.  Spect.  33  ruft  er  gar  aus: 
Jlavia  gens,  quantum  tibi  tertius  abstulit  heres  I  paene  fuit  tanti  non  ha- 
hoisse  duos.  Und  IX,  3  versteigt  er  sich  zu  dem  frivolen  Gedanken,  die 
Götter  seien  dem  Domitian  so  viel  (Dank  für  Tempel)  schuldig  dass  er  sie 
eigentlich  auspfänden  könnte.    Um  so  grösser  ist  dann  seine  Verlegenheit 


640  Die  Eaiserzeit.    Erstes  Jahrhundert. 

unter  Ner?a,  wo  mit  den  blanditiae   nicht  mehr  auszukommen  ist  ui^ 
rustica  veritas  herrscht  (X,  72).    Die  Wahrheit  über  Domitian  XII,  6,  11 
vgl.  15,  9  f.    Die  gegentheiligen  früheren  Aeusserungen  beruhten  also  nic3 
auf  Selbsttäuschung. 

4.    Den  Epigrammen  voraus  geht  ein  nichtnumeriertes  Bach  mit   ^ 
Epigrammen  welches  seinem  Inhalte  nach  liber  spectaculorum  heisst, 
den  Hdss.  aber  nur  epigrammaton  liber  betitelt  ist.    J.  Kehrein  in  Jakc 
(Archiv  IV.  S.  641  —  653.     F.  Schmieder,  Martial.  de  spect.  liber,   Brie 
1837.  4.    Von  den  14  Büchern  Epigrammen  hat  XIII  den  besondem  Titi 
Xenia,  XIV  Apophoreta,  und  diese  beiden  sind  auch  allein  von  Mart.  selbe 
mit  Ueberschriften  über  den  einzelnen  Distichen  versehen.    Beide  sind  zi 
Festgeschenken  an  den  Saturnalien   bestimmt  und  umfassen   meist  Epi- 
gramme  im   ursprünglichsten   Sinne,    Inschrifben   auf  einen    Gegenstand, 
während  die  übrigen  Bücher  Epigramme  im  späteren  Wortsinne  enthalten, 
Gelegenheits-  und  Sinngedichte,  gleichsam  Aufschriften  auf  ein  Vorkomni' 
niss  oder  eine  Person.    Die  einzelnen  Bücher  haben  in  der  Regel  an  ihrer 
Spitze  eiue  Widmung  mit  einem  Vorworte ,  theilweise  (B.  I,  II,  VIIl,  XII)  in 
Prosa,  wie  bei  Statins.  Jedes  Buch  enthält  durchschnittlich  100  Epigramme. 
Die  Ordnung  derselben  innerhalb  der  Bücher  ist  bestimmt  durch  das  Inter- 
esse der  Abwechslung  (auch  in  den  Metren).    Dagegen  die  Aufeinanderfolg'e 
der  Bücher  ist  in  der  Hauptsache  (mit  Ausnahme  von  XIII  und  XIV)  die  chro- 
nologische,  indem  der  Dichter  die  einzeln  verfassten  und  wohl  auch  gele- 
gentlich  (mündlich)  veröffentlichten  Epigramme,  wenn  er  deren  eine  ge- 
nügende Anzahl   beisammen  hatte,   sammelte   und  als   Buch   herausgab, 
ungefähr  in  Zwischenräumen  von  einem  Jahre  (X,  70,  1.  vgl.  IX,  84,^)- 
Nur  die  drei  letzten  Bücher  (X,  XI,  XII)  sind  nach  Domitians  Tod  heraus- 
gegeben; das  erste  mag  auch  einzelne  ältere  Gedichte,  aus  der  Zeit  de  £ 
Vespasian  und  Titus,  enthalten,  welchen  (Caesares)  Martial  bereits  Gedichte 
überreicht  hatte   (I,  101,  2).     Der   über   spectaculorum   ist   aus  Dom-i 
tians  ersten  Regierungsjahren,  wie  auch  B.  I  und  II  (J.  82  bis  spätestei:»^ 
87);  B.  III  (ohne  Beziehung  auf  den  Kaiser  oder  sonstige  Zeitaudeotuu^ 
ißt  aus  Forum  Comelii  datiert  und  nach  B.  II  wie  vor  IV  verfasst;  IV  at»^ 
J.  88  und  89;  V  aus  J.  90;  VI  aus  Ende  90  und  erster  Hälfte  von  91;  VI  ^ 
und  VIII  aus  J.  92  und  93;  IX,  X  (erste  Bearbeitung)  und  XI  aus  J.  S^-^ 
—  96.    Die  beiden  Bücher  XIII  und  XIV  zwischen  J.  88  und  93     B.  ^ 
ist  zwar  wohl  seinem  grössten  Theile  nach  unter  Domitian  verfasst,  ve^" 
Öffentlicht  aber  unter  Nerva,  December  96.    Das  Nächste  war  ein  puri^ 
cierter  Auszug  aus  X  u.  XI  der  dem  Kaiser  überreicht  wurde  (XII,  ^ 3 
etwa  Mitte  97.    Darauf  die  (uns  vorliegende)  zweite  (gesäuberte)  Bearbe^ 
tung  von  X,  unmittelbar  vor  der  Rückreise  nach  Bilbilis  (J.  98);  endlich 
von  Spanien  aus,  nach  contumacissima  trienni  desidia  (XII  praef.),  B. XC' 
wobei  es  kein  Bedenken  hat  triennium  von  27,  Jahren  zu  verstehen  u»-^ 
das  Buch  (mit  Mommsen)  in  den  Anfang  von  J.  101  zu  versetzen,  wahrei^ 
Stobbe  eine  doppelte  Bearbeitung  annimmt,   eine   kürzere  für  Terentic»^ 
Priscus  (Ende  101)  und  eine  erweiterte  für  Rom  (Anfang  102).    Das  Näher-* 
bei  L.  Friedländer,  de  temporibus  librorum  Martialis  Domitiauo  imperan*^ 
editorum,  Königsberg  1862.  4.  und  De  temporibus  libr.  Mart.  X  et  XI,  i^- 
1866.  4.    H.  F.  Stobbe,  im  Philologus  XXVI.  S.  44—80  und  (gegen  Momiö- 
sen,  s.  A.  1)  ebd.  XXVII.  S.  630-641. 


304.    Martialis.  641 

5.  Den  Gegenstand  der  Epigramme  bildet  da«  wirkliche  Leben  (VIII, 
iO  Tgl.  X,  4,  10),  aber  überwiegend  nach  seiner  schmutzigen  Seite,  dem 
(chinacke  des  grossen  Haufens  entsprechend.    Epigrammata  illis  scribun- 

qui  solent  spectare  Florales  (I  praef.).  Keusche  oder  Prüde  sollen  sie 
gelesen  lassen  (ib.  und  III,  69.  XI,  IC).  Am  schamlosesten  ist  B.  XI, 
B  mit  den  Saturnalien  entschuldigt  wird  (c.  2.  6.  15,  11  f.).  Dagegen 
jenigen  Bücher  die  dem  Kaiser  gewidmet  sind  (V  u.  VIII)  rühmen  sich 
er  (relativen)  Anständigkeit;  auch  IV  enthält,  wohl  aus  ähnlichem  Grunde 
IV,  1),  nur  etwa  7  Stücke  dieser  Art.  Aber  auch  sonst  hatte,  selbst 
jener  Zeit,  nicht  Jedermann  Gefallen  daran.  Wiederholt  verwahrt  sich 
rtml  dagegen  als  ob  er  ebenso  unflätig  lebe  als  schreibe  (I,  4,  8:  las- 
i  eet  nobis  pagina,  vita  proba  est;  vgl.  VII,  55,  6.  XI,  15,  13);  und  die 
ärbeitung  von  B.  X  bestand  wohl   hauptsächlich  in  einer  Säuberung 

«lern  ärgsten  Schmutze,  welche  sich  vielleicht  auch  auf  B.  XI  noch 
reckt  haben  v/ürde,  wenn  Martial  nicht  Rom  verlassen  hätte  (Stobbe, 
ologus  XXVI.  S.  72—74).    Indessen  hatte  Mart.  hierin  Vorgänger  ge- 

innerhalb  der  römischen  Literatur,  besonders  an  Catull  und  theilweise 


6.  Lebende  Personen  nennt  Martial  nur  dann  bei  Namen  wenn  er 
ol)t  oder  etwas  Gleichgültiges  über  sie  aussagt.  Vgl.  I  praef.:  spero 
^e<!ntum  in  libeUis  meis  tale  temperamentum  ut  de  Ulis  queri  non  pos- 
Lxaisquis  de  se  bene  senserit,  cum  salva  infimarum  quoque  personarum 
C'entia  ludant;  quae  adeo  antiquis  auctoribus  defuit  ut  nominibus  non 
^xn  veris  abusi  sint  sed  et  magnis.  VII,  12,  3:  mea  nee  iuste  quos  odit 
KXsi  laesit.  Vergebens  bemüht  er  sich  oft  als  humanitas  und  natürliche 
O^ütigkeit  oder  Grundsatz  (parcere  personis,  dicere  de  vitiis,  s.  X,  33, 
einzustellen  was  einfach  die  Kehrseite  seiner  Unterwürfigkeit  ist.  Bei 
■=i^  Anzüglichen  wählt  er  daher  die  Namen  rein  nach  metrischem  Be- 
i^iss  und  verwahrt  sich  dagegen  dass  man  sie  auf  bestimmte  Personen 
^>ie  (II,  23.  III,  11.  IX,  96»»  vgl.  I,  96,  14).  Manche  Namen  gebraucht 
^:^isch,  wie  Fidentinus  für  einen  Plagiator,  Selius  für  einen  Schmarotzer, 
^^^nnus  von  einem  Recitator,  Postumus  von  Patronen,  und  Caecilianus, 
CilianuB,  Candidus,  Classicus,  Ponticus,  Zoilus,  Flaccus^  Tucca  u.  s.  f. 
^Ues  Mögliche.  Dagegen  Gestorbenen  gegenüber  ist  auch  er,  wie 
^^ds  (oben  303,  2  E.),  freimütig;  so  namentlich  in  Bezug  auf  Nero  (I,  20,  4. 
^3.  VII,  21,  3.  44  f.  34,  4:  quid  Nerone  peius?),  und  Arria  (I,  13)  wie 
^Hbrasea  (I,  8,  1.  IV,  54,  7)  preist  er  offen;  sie  sind  zu  festen  Charak- 
^^llen  geworden  wie  Cato  oder  Porcia. 

7.  Plinius  Epist.  III,  21,  1:  audio  Valerinm  Martialem  decessisse  et 
^cte  fero.  erat  homo  ingeniosus,  acutus,  acer,  et  qui  plurimum  in 
^endo  et  salis  haberet  et  fellis  (vgl.  Mart.  VII,  25,  3)  nee  candoris 
Vu.  (2.)  prosecutus  eram  viatdco  secedentem:  dederam  hoc  amidtiae, 
^ram  etiam  versiculis  quos  de  me  composuit  (Mart.  X,  19).  Seine  Jagend- 
^chte  (I,  113.  YgL  XII,  94)  sind  spurlos  untergegangen;  der  Ruhm  den 
^  seiner  Zeit  gewann  und  von  dem  er  so  oft  und  gern  spricht  g^n- 
^  sich  nur  auf  seine  Epigramme.  Um  dieser  willen  stellt  er  sich  selbst 
HJerholt  dem  Domitius  Marsus  und  Catull  gleich.  Dass  er  nicht  noch 
»Vieres  erreicht  habe  erklärt  er  hauptsächlich  aus  der  Kümmerlichkeit 

Tfttffel,  fli'un.  üteratargpschichl«'.  41 


642  Die  Kaiserzeit.    Erstes  Jahrhundert. 

seiner  äusseren  Lage.    Vgl.  I,  107.  VII,  99,  5  tf.  VIII,  56.  X,  78,  14  ff. 
3.  24.    Aber  der  ziemlich  eng  umschriebene  Kreis  seiner  Ideen,  wie  8e=^ 
Mangel  an  Ernst  und  Arbeitslust  lässt  bezweifeln  dass  er  in  günstige— 
Verhältnissen  Grösseres  geleistet  hätte.    Spartian.  Hei.  Ver.  5,  8:   id^^ 
Apicii  Caelii  relata,  idem  Ovidii  libros  amorum  in  lecto  semper  habui^^ 
idem  Martialem,  epigrammaticnm  poetam,  Vergilium  suum  dixisse. 

8.  Aufzählung  der  Handschriften  von  Martials  Gedichten  in  Schneid 
wins  Prolegg.  p.  LXII — C  nebst  p.  678—684;  Würdigung  derselben  ib.  ^. 
— CXXVII.    Die  Mehrzahl  ist  von  Italienern  interpoliert  (deteriores).   ünt^ 
den  älteren  haben  T  (Thuaneus]  und  H  (Haupt's  Vindobonensis),  beicL 
saec.  X  und  aus  derselben  Quelle  stammend,  allein  den  Über  spect.  (IM. 
p.  CXXVn— CXXXII),  der  in  einem  Theile  der  übrigen  (FamiHe  C  b)  nacfa 
getragen  ist.    Nächstdem  sind  die  ältesten  (Familie  C  a)  der  Puteaneuj  (S) 
saec.  X,  Edinburgensis  (E)  saec.  X  (vgl.  Scheidewins  Textausg.  p.  V  &.\  drei 
Vossiani,  R  (saec.  IX),  A  (saec.  XI)  und  B  (saec.  XII),  ein  Vaticanus  (V)  saec.  J 
oder  XI.  Einer  anderen  Classe  (B)  gehören  der  Florentinus  (F)  und  Palatinos 
(P)  saec  XV  an,  mit  der  Subscription:  ego  Torquatus  Gennadius  emendavi 

9.  Ueber  die  Ausgaben  s.  Schneidewin's  Prolegg. p.  XI— LXII.  Ed. 
princeps  s.  1.  et  a.  (Rom  um  1470).  4.  Ferrara  1471.  4.  Rom  1473.  Cura 
G.  Morulae,  Ven.  1475.  Cum  comm.  D.  Calderini,  Ven.  1474  fol.  Bec.  I. 
Gruter,  Francof  1602.  Ramirez  de  Prado,  Paris  1607.  4.  Cum  comm.  M. 
Raden,  Ingoist.  1607.  1611;  Mogunt.  1627  fol.  Cum  notis  varr.  ed.  P.  Scri- 
verius,  Lugd.  Bat.  1619.  1621.  Cum  animadv.  J.  Fr.  Gronovü  ed.  C.  Schreve- 
lius,  Amsterd.  1661.  1670.  Bipont.  1784.  Ed.  N.  E.  Lemaire,  Paris  1825. 
3  VoU.  In  W.  E.  Webers  Corp.  poett.  latt.  p.  1030—1136.  Edidit  F.  Gail. 
Schneidewin,  Grimma  1842.  CXXXII  u.  739  pp.;  ex  rec  sua  denuo  recog- 
nita,  Lips.  Teubner  1853. 

Rooy,  Coniecturae  criticae  in  Mart,  Utrecht  1764.  Osk.  Gutimami, 
Observationum  in  M.  Val.  Mart.  particulae  quinque  (bes.  über  den  Gebrauch 
des  Dativ  p.  1—30;  de  metria  M.  p.  46—52),  Breslau  1866.  L.  Friedländer, 
de  nonn Ullis  locis  corruptis  in  M.  epigr.,  Königsberg  1867.  4.  A.  Scotland, 
PhilologuB  XXIX.  S.  184—187.  van  Eldik  in  den  Verslagen  en  Med.  der 
Akad.  V.  W.  1868,  XL 

Metrisch  übersetzt  im  Auszug  von  Ramler  (Leipzig  1787),  vollständig 
von  AI.  Berg  (Stuttgart,  Hoflinann  1864  ff.  7  Bdchn.). 

Ueber  Martial  vgl.  G.  E.  Lessing's  Werke  I.  S.  190  ff.  Mart.  aU 
Mensch  und  Dichter,  Berl.  1843.  W.  Teutfel  in  Pauly's  Real-Enc.  IV. 
(1846)  S.  1600—1606. 

306.  Unter  den  andern  zahlreichen  Dichtem  welche  die  Regie- 
rungszeit Domitians  aufweist  sind  besonders  bemerkenswerth  Ar- 
runtius  Stella  (Cos.  um  101),  Freund  des  Statins  undMartialis  und 
Verfasser  von  erotischen  Elegieen  deren  Gegenstand  seine  nach- 
malige Gattin  Violantilla  war;  der  Satiriker  Turnus  und  sein 
Bruder,  der  Tragiker  Scaevus  oder  Scaevius  Memor;  Verginius 
Rufus  und  Vestricius  Spurinna,  beide  nach  einer  rühmlichen  poli- 


.M'     .*..&.  iWAtAi^di 


304  f.    Martialis.    Stella.    Turnus.  643 

tisclxcn  und  kriegerischen  Laufbahn  Verfasser  von  Tändeleien 
i'i  trxelischen  Metren ;  endlich  des  Calenus  Gattin  Sulpicia,  welche 
gleiolifalls  erotische  Gedichte  verfasste.  An  den  Namen  des  Tur- 
uus  yfie  an  den  des  Spurinna  und  der  Sulpicia  haben  sich  Täusch- 
^^^S^n  aus  neuerer  Zeit  angehängt. 

1.  Inschrift  bei  Orelli  784:  L.  Arruutio  Stella,  L.  lulio  Marino  coss. 
^1^     Kai.  Nov.     Da  Trajan  darin  den  Titel  Dacicns  noch  nicht  hat,  so 
^Ubb  sie  vor  dem  J.  103  verfertigt  sein,  und  das  betreffende  Conaulatßjahr 
^   Wahrscheinlich  101  (Th.  Mommsen  im  Hermes  III.  S.  124—126;   vgl. 
^y>bbe  im  Philologus  XXVI.  S.  76  f.  XXVII.  S.  632  ff.).    Dass  der  bei  Mar- 
^^  imd  Statius  oft  vorkommende  Stella  mit  diesem  Consul  identisch  ist 
^^d  nahezu  sicher  dadurch  dass   dieser   ein   iuvenis  patriciis   maioribus 
^*i;u8  (Stat.  Silv.  I,  2,   71)  war,  die  SteUe   eines  XVvir  libr.  sibyll.  be- 
kleidete (ib.  177.  Martial.  IX,  42),  Spiele  zu  Ehren  des  nordischen  (sarma- 
^schen)  Triumphes  des  Domitian  (wahrscheinlich  als  Prätor,  vgl.  Martial. 
X,  41)  zu  halten  hatte  (Mart.  VIII,  78,  3  ff.),  auf  das  Cousulat  hoffen  durfte 
(Üart  IX,  42,  6  f.  vgl.  Stat.  Silv.  I,  2,  174  ff.)  und  es  auch  erlangte  (consul 
öjeus,  Mart.  XII,  3, 10  ff.).    Geboren  war  er  in  Neapel  (Stat.  Silv.  I,  2,  260  f.; 
aus  Patavium  nach  Martial.  I,  61,  3  f.)  und  von  daher,  sowie  durch  Ge- 
meinsamkeit der  poetischen  Bestrebimgen ,  dem  Statius  befreundet  (Silv.  I,  2, 
256 — 262),  welcher  auf  Stella^s  Vermählung  mit  Violantilla  das  Epithala- 
miam  Silv.  I,  2  verfasst  hat.    Aus  demselben  Anlasse  in  seiner  Weise  Mar- 
tial VI,  21.    £r  war  jünger  als  Statius,  der  ihn  (Silv.  I.  praef.)  iuvenis 
opüme  anredet.    Stella  hatte  im  elegischen  Masse  (Mart.  IV,  6,  4  f.    Stat. 
Silv.  I,  2,  253  ff.)  seine  Geliebte,  die  schöne  und  reiche  (Stat.  Silv.  I,  2, 
121}  Violantilla,  unter  dem  Namen  Asteris  (Stat.  Silv.  I,  2,  197  ff.;  Mar- 
tial pflegt  sie  mit  Bezug  auf  ihren  wahren  Namen  lanthis  zu  nennen;  s. 
VIT,  14  f.  50,  1.  XII,  3,  12.  vgl.  VI,  21,  1)  besungen  und  namentlich  den 
Tod  von  ihrer  Lieblingstaube  (Martial.  I,  7.  VII,  14).     Martial  nennt  ihn 
disertus  (V,  59,  2),  facundus  (XII,  3,  11),  meus  (V,  11,  2.  12,  7.  VI,  47,  1. 
IX,  55.  XII,  3,  10).    Vgl.  noch  Mart.  IX,  89.    Sidon.  Apoll,  carm.  IX,  264. 
DdUing,  über  den  Dichter  Stella  aus  Patavium,  Plauen  1840.  4. 

2.  SchoL  des  Valla  zu  Juv.  I,  20:  Turnus  hie  libertini  generis  ad 
honores  ambitione  provectus  est,  potens  in  aula  Vespasianorum  Titi  et 
Domitiani.  Martial.  XI,  10:  contulit  ad  saturas  ingentia  pectora  Turnus; 
vgl.  VII,  97,  7  f.:  nam  me  diUgit  ille  proximumque  Tumi  nobiUbus  legit 
libellis.  Rutil.  Namat.  I,  603  f.:  huius  vulnificis  satura  ludente  Camenis 
nee  Turnus  potior  nee  luvenalis  erit.  Sidon.  Ap.  carm.  IX,  266.  Lyd. 
magistr.  I,  41  (oben  24,  2).  Schol.  luv.  I,  71:  unde  ait  Turnus  in  satura 
(folgen  zwei  corrupte  Hexameter  auf  die  Giftmischerin  Locusta  unter  Nero). 
Die  30  Verse  (Indignatio  in  poetas  Neronianorum  temporum)  welche  J.  L. 
G.  Balzac  unter  dem  Namen  des  Turnus,  angeblich  aus  einer  alten  Hand- 
schrift, herausgab,  wurden  noch  bei  seinen  Lebzeiten  in  die  Sammlung 
seiner  Gedichte,  unter  der  Rubrik  Ficta  pro  antiquis,  in  erweiterter  Fas- 
BODg  (lU.  p.  194  der  Ausgabe  von  1650)  aufgenommen.  L.  Quicherat  in 
der  Revue  de  Instruction  publique  1869,  p.  341—346.  vgl.  ib.  p.  371  f.  397. 

3.  Schol.  des  Valla  zu  Juv.  I,  20:  Lucilium  dicit  .  .  vel,  ut  Probua 

41* 


644  I^i^  Eaiserzeit    Erstes  Jahrhundert. 

exponit,  Tarnnm  (Anm.  2)  dicit  Scaevi  Memoris  tragici  poetae  fratrei 
Martial.  XI,  9  auf  ein  Bild  desselben:  clarus  fronde  lovis  (Sieg  im  capitc;^;;-;;^ 
linischen  Agon),  romani  fama  cothurni ,  spirat  Apellea  redditus  arte  Memo^^ 
ib.  10:  contulit  etc.  (A.  2)  cur  non  ad  Memoris  carmina?  frater  erat.    D^^ 
aus  wohl  Sidon.  Ap.  IX,  263  (non  Turnus,  Memor).    6  Anapäste  von 
vus  in  tragoedia  (üecuba  oder  Troades)  bei  Serg.  in  Keils  gramm.  1 
IV.  p.  537,  14.     Der  Titel  Hercules  für  eine  Tragödie  von  Memos  o<^^^ 
Memmius  beruht  nur  auf  dem  Zeugniss  des  Fulgentius  (expos.  s.  ant.  s«     ^ 
suppetias,  p.  563,  23  M.).     M.  Hertz,  de  Scaevo  Memore   poeta  trag-ico 
commentariolum ,  Breslau  1869.  8  pp.  4. 

4.  L.  Verginius  Rufus,  Cos.  J.  63  (unter  Nero),  69  (durch  Otbo) 
und  97  (mit  Nerva),  während  seines  letzten  Consulats  83  J.  alt  gestorbeo 
(Plin.  Ep.  II,  1),  väterlicher  Freund  des  jüngeren  Plinius,  der  ihn  Ep.  V, 
3,  5  unter  den  Verfassern  erotischer  Gedichte  aufzählt  und  VI,  10,  4.  IX, 
19,  1  das  Epigramm  anführt  welches  derselbe  sich  auf  sein  Grabmal  äctzen 
üess.    Vgl.  Haakh  in  Pauly's  Real-Enc.  VI,  2.  S.  2666  f.  Nr.  26. 

5.  Plinius  Epist.  III,  1  (vom  J.  101)  beschreibt  die  Tagesordnung  des 
greisen  Spurinna,  z.  B.  (7.)  se  cubiculo  ac  stilo  reddit.     scribit  enim,  et 
quidem  utraque  lingua,  lyrica  doctissima.    mira  illis  dulcedo,  mira  saari- 
tas,  mira  hilaritas,  cuius  gratiam  cumulat  sanctitas  scribentis.     (10.)  ül^ 
post  septimum  et  septuagesimum  annum  (also  geboren  J.  24  n.  Chr.)  atx- 
rium,  oculorum  vigor  integer.     Vgl.  ib.  IV,  27,  5  f.  (gravissimus  seoex)- 
II,  7,  1  ff.:  heri  a  senatu  Vestricio  Spurinna  principe  auctore  triumphali« 
statua  decreta  est,  wegen  seiner  Erfolge  gegen  die  Bructerer;  ebenso  sei^ 
nem  Sohne  Cottius,  quem  amisit  absens  (ib.  7,  3).    In  den  Kämpfen  d^^ 
J.  69  war  er   auf  Otho's  Seite  gestanden;  Tac.  Hist.  II,  11.   18.  23.3^- 
Plut.  Oth.  5—7.     Consul  war  er  unter  Domitian,  zum  zweiten  Mal  wahr 
scheinlich  im  J.  100;  s.  Th.  Mommsen  im  Hermes  111.  S.  39  f.    Schreibe: 
an  ihn  und  seine  Gattin  Cottia  Plin.  Ep.  HI,  10;   an  ihn  V,  17.     Von  ihr 
wollte  Caspar  Barth   in   einer  Merseburger   Handschrift   neben  Anderen*^ 
auch,  unter  der  Aufschrift  Incipit  Vesprucius  Spurinna  de  contcmtu  secul-^ 
ad  Martium ,  vier  Gedichte  in  horazischen  Metren  von  künstlicher  Lücken-  ^ 
hafkigkeit   gefunden   haben,  die  er  in   seinen  Venatici  et  bucolici  latii»^'^ 
(Hanov.  1613)  hinter  Gratius,  sowie  in  seinen  Adversaria  XIV,  5  heratu«-  "^ 
gab.    Wie  bei  andern  seiner  Erdichtungen  (vgl.  Bursian,  ex  Uygini  genea^^* 
exe,  Zürich  1868,  p.  VII  f.)  so  fand  Barth  auch  hiefür  Gläubige,  zalett^^ 
einen  sehr  zuversichtlichen  an  C.  A.  M.  Axt,  in  der  Compilation  V.  Sj^  ^ 
lyricae  reliquiae,  ,  .  recogn.,  in  germanicum  convertit  et  cum  annotati(^ — 
nibus  (p.  29—144!)  .  .  edidit,  Prankfurt  1840.    Dagegen  vgl.  Otto  und  L-^j' 
Lersch  in  der  Ztschr.  f.  d.  Alt.  Wiss.  1842,  S.  845  ff.  873  ff.    In  der  Tha-^' 
zeichnen  sich  die  Gedichte  durch  Nichts  aus  als  durch  Trivialität  des  h 
halts  und  metrische  Schnitzer;  und  die  Angaben  Barths  über  den  Code: 
sind  so  unbestimmt  dass  sie  auch  bei  einem  glaubwürdigen  Gewährsmann 
verdächtig  wären.    Vgl.  noch  G.  S.  Baorer,  de  Vestr.  Sp.  lyrico  et  üli«^ 
fragmentis,    in   den  commentationes   der  Petersburger  Akad.  v.  J.  175C^^ 
p.  311  ff.  Wemsdorf,  poetae  latini  minores  III.  p.  325—336.  351—368.  1^- 
p.  839—853. 

6.  Martial.  X,  36,  Iff. ;  omnes  Sulpiciam  legant  etc.    haec  casto^ 


305.    Verginias  Rnfus.     Spurinna.    Sulpicia.  645 

docet;   et  piod  amores  etc.    cuius  carmina  qui  bene  aeätimarit  nuUam  dize- 
rit  eaee  sanctiorem,  nullam  dizerit  esse  nequiorem.    Ib.  38,  1  ff.:  o  molles 
tibi    cfüindecim,  Calene,  quos  cum  Sulpicia  tua  iugales  indulsit   deus  et 
pere^rit  aunos!     Auson.  Id.  XIII  (cento  uupt.)   s.  f.:    prurire   opusculum 
Sulpiciae,  frontem   caperare.     Fulgent.    myth.  I.   p.  598:   Sulpiciae  pro- 
cacit^a^.    Sidon.  Apoll,  carm.  IX,  262  f. :  quod  Sulpiciae  iocus  Thaliae  scripsit 
blaadiloquum  suo  Caleuo.     Rest  davon  (zwei  Senare)  in  Valla's  Probus- 
Scholion  zu  Juv.  VI,  537.     Hievon  sehr  im  Tone  verschieden  sind  die  70 
Hexameter  welche  als  Sulpiciae  satira  zuerst  Venetiis  per  Bemardinum 
I        Venetum  a.  1498  (wiederholt  Strassburg  1509)  mit  lai.  Gedichten  von  Ita- 
\       lienern,  dann  von  Th.  ügoletus  an  seinem  Ausonius  (Parma  1499.  Veu.  1501) 
berausgegeben  worden  sind  und  seitdem  oft  an  Ausgaben  des  Ausonius, 
PetroniuB  und  der  Satiriker  (vgl.  0.  Jahn  p.  10  f.),  zuletzt  an  der  des  Per- 
sius  und  Juvenal  von  0.  Jahn  (Berlin  1868)  p.  145—147.    Wernsdorf,  poetae 
j        lat.   min.  III.  p.  83—95;  vgl.  p.  LX— LXV.     Sonderausgaben  von  C.   G. 
1        Schwarz  und  J.  Gurlitt  (Hamburg  1819.  4.  2  Partes),  sowie  Ch.  L.  Schläger 
fr<^c.,    explic,    Mitau  1846).     Französische   üebersetzung   von  C.  Monnard 
(Paris  und  Frankf.  1820),  schwedische  von  C.  A.  F.  Möller  (Malmö  1859). 
^ör   Inhalt  ist  ein  Zwiegespräch  zwischen  der  Dichterin  und   der  Muse. 
Jene  ^u  diessmal  im  heroischen  Mass  fabellara  detexere  pacis,  nicht  im 
P^äkifichen,  „nee  trimetro  iambo",  noch  im  hipponaktischen.    Cetera  quin 
eüaiu  quondam  quae  milia  lusi  .  .  constanter  omitto.     Nach  dieser  Ein- 
ieitung«   die  Frage  was  der  Vater   der  Götter  mit  Rom  vorhabe?     Quid 
reputemug   enim:    duo    sunt   quibus    extulit  ingens    Roma   caput,    virtus 
'*^'ii    et  sapientia  pacis.     Mit  der  virtus  sei  es  längst  zu  Ende,  und  die 
^pieutia  jage   in   der   Person  der  Philosophen  aus  Rom  fort  nunc   qui 
res  romanas  imperat  inter,  non  trabe  (ovx  ano  Öonov)  sed  tergo(!)  prola- 
^.?*    et  ingluvie  albus.    Aber  schon  der  alte  Cato  habe  gesagt  dass  Un- 
glück Koms  Glück  sei;  Romulidarum  igitur  longa  et  gravis  exitium  pax. 
noc  fabcUa  modo  pausam  facit.    optima  posthac  Musa  velim  moneas  wohin 
"^  Jetzt  mit  ihrem  Calenus  wandern  solle.    Zur  Antwort  tröstet  die  Muse  sie 
^^  der  Hindeutung  auf  die  baldige  Ermordung  des  Tyrannen  und  schliesst: 
^^^»   vale.     manet  hunc  pulchrum  sua  fama  dolorem  etc.     Mit  vollstem 
gellte   hat  J.  C.   G.  Boot,  commentatio  de  Sulpiciae  quae  fertur  satira, 
^^ötordam  1868.  4.  22  pp.  (Abhandl.  d.  niederl.  Ak.),  die  Verse  für  ein 
^^Owerk  des  15.  Jahrh.  erklärt.     Eine  Handschriffc  davon  ist  nicht  be- 
.    ^^t,  xmd  ob  wirklich  Georgius  Merula  Alexandrinus  (f  1494)  im  J.  1493 
,       Kloster  Bobbio  eine  solche  fand  sehr  zweifelhaft.    Wir  erfahren  aus 
..         ^ersen  Nichts  was  nicht  in  allen  Büchern  stünde;  nur  hat  sich  Domi- 
.     ^^    obesitas  ventris  aus  Versnoth  in  einen  Kropf  verwandelt,  seine  Röthe 
Y    "^A^sse.    Solche  Kühnheit  der  Zeichnung  wie  das  Prophezeien  war  dem 
,    ^^^«er  sicherlich  viel  leichter  als  der  Sulpicia  Caleni.     Ton  und  Aus- 
.   ^^   verräth  überall  den  Halbgelehrten ,  der  dabei  mit  dem  Versemachen 
.      ^^   recht  umgehen  kann.    Daher  die  vielen  Flickereien  und  ungeschick- 
.         ^^endungen  (z.  B.  somnus  obesus  der  Wespen)  und  wohl   auch   die 
^Jr^^^tive  defendier  armis,  me  dignarier  infii     Um  so  weniger  gelehrt  ist 
.       ▼  orUebe  für  Synalöphe  und  Setzung  von  et  in  der  Hauptcäsur  (Sicaniae 
-*    ^onsilio  et  etc.)  und  gar  die  Messung  nee  trimetro  iambo.    üb  v.  19 
^^^Uli  als  Anapäst  gemessen  oder  ein  Deminutiv  Remulus  geschaffen  ist 


646  I^ie  Kaiserzeit.    Erstes  Jahrhundert. 

"wiegt  für  Beurteilung  der  künstlerischen  Fähigkeit  des  Verfassen  n 
gleich. 

306.     Ausser   diesen  nennt  besonders  Martialis  noch  e 
Menge  Personen  aus  allen  Ständen  welche  in  ihren  Mussestund 
Verse  machten  und  in  den  fast  zur  Landplage  gewordenen  R^oi- 
tationen  dieselben  zu    hören  gaben,    theilweise  wohl  auch    bi^ 
durch   den  Buchhandel  veröflFentlichten,     Die  Einen  versuchtexi     i 
sich  auf  verschiedenen  Gebieten,  Andere  hatten  sich  einer  be- 
stimmten Gattung  zugewandt. 

1.  Vom  Öffentlichen  Leben  hatten  sich  Viele  zurückgezogen,  wie  At<5 — 
diud  Melior  (Stat.  Silv.  II,  S,  64  ff.) ,  Marius  aus  Atina  (MartiaL  X,  92, 1  ff.>  « 
Pollius  Felix  aus  Puteoli  (Silv.  11,  2,  112—141.  III  praef.).    Die  unverdäd«.— 
tigste  Art  die  Müsse  auszufüllen  war  dann  das  Versemachen,  wie  Pollix^s 
that  (Sih.  III,  1,  67;  vgl.  facundus  ib.  65  und  III  praef.).     Literarisch ^^^ 
Thätigkeit  konnte  daher  als  eine  Form  des  Müssiggangs  erscheinen  (Mair  ^ 
tial.  U,  7).    Welchen  Umfang  die  recitationes  gewonnen  hatten  zeigt  z. 
Juv.  I,  1—14,  MartiaL  III,  44  f.  60.  X,  70,  10—12.    Das  Anhören  derselbe 
war  für  Manchen  ein  Nahrungszweig  (Mart.  II,  14,  2  ff.  II,  27). 

2.  Dichter  auf  verschiedenen  oder  unbekannten  Gebieten  sind  w 
dieser  Zeit  Bassus  (nach  Martial.  V,  53  —  falls  nicht  Name  oder  Persor    -^^ 
fingiert  ist  —  Verfasser  von  Epen  und  Tragödien) ;  Canius  Rufus  aus  Gad«^^^ 
(Mart.  I,  61,  9.  III,  20.  64,  6);  Cn.  Octavius  Titinius  Capito  (s,  unten  314,2 
Carus  (gekrönt  im  albanischen  Agon,  Martial.  IX,  23  f.),  Faustinus  (Ma 
I,  26),  Flaccus  aus  Patavium  (oben  299,  1);  ManHus  Vopiscus  (vir  eru 
tissimus  et  qui  praedpue  vindicat  a  situ  literas  iam  paene  fngientes,  Sta^ 
Silv.  I.  prooem.  vgl.  ib.  I,  3,  1  facuudi  Vopisci,  und  v.  99—104);  Novii 
Vindex  (Kunstkenner  und  Dichter,  Stat.  Silv.  IV,  6,  22—31.  97  ff.  vgl. 
tial.  IX,  43  f.);  Domitians  Kämmerer,  der  im  J.  97  ermordete  Parthenitx^ 
(vates,  Mart.  IX,  49,  3.  vgl.  V,  6,  2.  XII,  11,  2  ff.  XI,  1,  6);  Rufus  (Dich- 
ter und  Redner,   nach  der  Grabschrift  bei  Mart.  XII,  52);  Sabina  (Ate- 
stinae   nondum   vulgata  Sabinae  carmina,  Mart.  X,  93,  3  f.);  Septimiiz^ 
SeveruB  (unten  308,  9);  Sosibianus  (?  Mart.  IV,  33);  L.  Stertinius  Avitas, 
Cos.  92  (sublimi  pectore  vates,  Mart.  IX,  1,  1.  vgl.  praef.);  L.  Valeritu 
Pudens  (oben  301,  4);  Varro  (Tragiker,  Elegiker  und  Lyriker,  Mart  V,  30). 

3.  Epische  Stoffe,  wie  die  Theseis  des  Codrus  (Juv.  I,  2),  behandel- 
ten ausser  Statins  auch  Julius  Cerealis  (Martial.  XI,  52,  1.  17  f.:  tuos  nobis 
relegas  licet  usque  Gigantas,  rura  vel  aeterno  proxima  VergiUo),  and 
vielleicht  (wenn  nicht  der  Name  fingiert  ist)  Paulinus  (Mart.  II,  14,  3  f.: 
tuosque  laudat  Achilleos  .  .  pedes). 

4.  Elegiker  (ausser  Stella):  Voconius  Victor ,  Verfasser  vonElegieen 
auf  seinen  Thestjlus  in  der  Manier  der  Alexandriner  (doctos  .  .  libeUos), 
Martial.  VII,  29.  vgl.  VIII,  63  (vates);  Nerva  (unten  312,  1);  Unicua,  Ver- 
wandter  des  Martial,  Verfasser  von  Qedichten  in  der  Weise  des  Cahill 
und  Ovid  (Mart.  XÜ,  44).  Andere  bei  Mart.  II,  14,  6  f.  VU,  46,  6.  Ver- 
fasser von  Epigrammen  (ausser  Martialis)  Brutianus  (Mart.  IV,  23,  4  ff) 


306  f.    Dichterlinge.    Quintilianus.  647 

i.  A.  (Mart.  VIII,  18) ;  von  graeca  epigrammata  und  iambi  ArriuB  Antoni- 
us (Plin.  Ep.  IV,  3,  3.  vgL  IV,  18.  27,  5  f.:  gravissimus  senex.  V,  15),  Cos. 
.  J.   69,  mütterlicherseits  Grossvater  des  Antoninus  Pius. 

5.  Verfasser  von  Tragödien  (Telephus,  Orestes  u.  dgl.  Juv.  I,  5  f.) 
kOseer  Scaevius  (oben  305,  3),  Bassus  (oben  300,  2),  Canius  Kufus  und 
^arro  (Anm.  2),  vielleicht  Tucca  und  Ligurinus  (Mart.  III,  45) ,  sowie  Pac- 
äu8  (Alcithoe,  Juv.  VII,  12),  Faustus  (Thebais,  Tereus,  Juv.  VII,  12)  und 
iubrenus  Lappa  (Atreus,  Juv.  VIT,  72).  Vgl.  auch  unten  317,  4.  Vielleicht 
kuf  Satyrdramen  bezieht  sich  Mart.  X,  99:  si  romana  forent  haec  Socratis 
>ra,  fuissent  Julius  in  Satyris  qualia  Rufus  habet.  Auf  neue  togatae  deutet 
^uv.  I,  3.  Palliatae  schrieb  vielleicht  schon  in  dieser  Zeit  M.  Pomponius 
^aasnlus  (unten  314,  8).  Mimographen  s.  oben  269,  1.  Suet.  Domit.  10: 
>ccidit  et  Helvidium  filium,  quasi  scenico  exodio  sub  persona  Paridis  et 
)enones  divortium  suum  cum  uxore  taxasset.  üeber  die  Agave  des  Statius 
.  oben  8,  1  E.  Berühmte  Mimen  (Schauspieler)  der  Zeit  sind  Latinus 
W*.  TeufFel  in  Pauly's  Real-Enc.  IV.  S.  801)  und  sein  secundarum  Panni- 
Qlas   (Mart.  II,  72,  4.  III,  86,  3.  V,  61,  11),  sowie  Tettius  Caballus  (Mart. 

>  4rl,  17  ff.)  und  Thymele. 

6.  Schmutzliteratur.  Mart.  XII,  43,  1  ff.:  facundos  mihi  de  libidi- 
^sis  legisti  nimium,  Sabelle,  versus  etc.  (11.)  tanti  non  erat  esse  to 
8ei"tum. 

307.  Unter  den  prosaischen  Schriftstellern  der  Zeit  ragt 
•  I^abius  Quintilianus  hervor  (ums  J,  35 — 95  n.  Chr.),  ge- 
^*tdg  aus  Calagurris  in  Spanien,  aber  in  Rom  gebildet  und  lange 
^^t  ein  gefeierter  öffentlicher  Lehrer  der  Beredtsamkeit,  zuletät 
^'^  Domitian  mit  der  Erziehung  seiner  Neffen  betraut  und  zum 
^^Usul  ernannt.  Als  Schriftsteller  trat  er  erst  in  seinen  späte- 
'^U  Jahren  auf,  zuerst  mit  einer  Schrift  über  die  Ursachen  des 
Verfalls  der  Beredtsamkeit,  dann  mit  einem  grösseren  Werke, 
^en  erhaltenen  zwölf  Büchern  über  die  gesammte  Bildung  zum 
Hedner  (Institutio  oratoria),  einschliesslich  der  grammatischen 
Vorbildung.  Die  Behandlung  des  Gegenstandes  hält  sich  hier 
in  der  Mitte  zwischen  den  populären  Schriften  Ciceros  und  den 
i-hetorischen  Fachwerken.  Sie  erstrebt  Vereinfachung  der  Tech- 
nik und  zeigt  mehr  Geschmack  und  Milde  des  Urteils  als  Schärfe 
und  wissenschaftliche  Tiefe.  Besonders  werthvoll  ist  in  Buch  X 
iie  Musterung  der  für  rednerische  Zwecke  förderlichen  Literatur. 
Selbst  ganz  in  seiner  Zeit  stehend  und  von  ihr  gefärbt  erkennt 
^ointilian  doch  deren  grosse  Mängel  und  sucht  sie  wenigstens 
m  der  Schreibweise  durch  Zurückgehen  auf  die  alten  Muster  zu 
bessern.  Insbesondere  den  Cicero  stellt  er  allenthalben  als  Vor- 
3ild  hin.  Eine  Anzahl  mittelmässiger  Schulreden  die  auf  uns 
gekommen  sind  tragen  Quintilians  Namen  mit  Unrecht» 


548  ^ic  Kai&erzeit.    Erstes  Jahrhundert. 

1.  Hieronym.  a.  Abr.  2<)81  =  Ner.  14  =  68  n.  Chr.:  M.  Fabios  Qoin- 
tilianus  Romam  a  Galba  perdiicitur.  Abr.  2104  =  Dom.  8  =  88  n.  Chr.: 
QuintilianuB  ex  Hieiiania  Calagtirritanus  primns  Romae  publicam  scholam 
et  salarium  o  fisco  accepit  et  claruit.  Auson.  prof.  Burd.  1,  7:  asserat 
usque  licet  Fabium  Calagurris  alumnum.  Jedenfalls  muss  er  seine  Jugend 
in  Rom  zugebracht  haben,  wo  sein  Vater  Rhetor  war  (IX,  3,  73:  pater 
meus  contra  eum  qui  etc.  Sen.  contr.  X.  praef.  2:  quomodo  .  .  Quiutilia- 
nus  senex  declamaverit,  und  ib.  33,  19:  circa  hunc  sensum  est  et  ille  a 
Quintiliano  dictus).  Vgl.  Quintil.  X,  1,  24:  nobis  pueris  insignes  pro  Yoluseuo 
Catulo  .  .  orationes  ferebantur.  Diese  wurden  noch  unter  Tiberius  (f  37) 
gehalten  (s.  oben  260,  5  u.  9);  aber  im  Umlauf  und  gerühmt  waren  sie 
noch  später.  VI,  1, 14:  nobis  adolescentibus  accusator  Cossuüani  Capitonis 
(J.  57  n.  Chr.)  etc.  X,  1,  86:  quae  ex  Afro  Domitio  (f  59)  iuveniß  excepl 
Hienach  wird  Quintiliaus  Geburt  nicht  später  als  J.  35  n.  Chr.  angesetzt 
werden  dürfen.  Vgl.  noch  X,  3,  12:  lulium  Secundum  (oben  297,  4),  aequa- 
lem  meum  atque  a  me  .  .  familiariter  amatum.  Auf  Quintiliaus  rednerische 
Ausbildung  waren  die  oben  280  Genannten  und  Nonianus  (oben  275,  2] 
als  Lehrer  und  Vorbilder  von  Einfluss.    Ausserdem  Palämon  (oben  266,  3). 

2.  Thätigkeit  als  Gerichtsredncr.  Quint.  VII,  2,  24:  id  est  in  causa 
Naevii  Arpiniani  solum  quaesitum.  .  .  cuius  actionem,  et  quidem  eolam  in 
hoc  tempus,  emiseram,  quod  ipsum  me  fecisse  ductum  iuvenili  cupiditatc 
gloriae  fateor.  nam  ceterae  quae .  sub  nomine  meo  feruntur  neglegentia 
excipientium  in  quaestum  notariorum  corruptae  minimam  x>artem  mei 
habent.  IV,  1,  19:  ego  pro  regina  Berenice  (unter  Vespasian)  apud  ipsam 
causam  dixi.  IX,  2,  73:  equidem  et  in  personas  incidi  tales  et  in  rem 
quoque  quae  etc.  ream  tuebar  quae  subiecisse  dicebatur  mariti  testamen- 
tum  etc.  (74.)  ita  ergo  fuit  nobis  agendum  ut  iudices  illud  intellegerent 
factum  etc.,  et  contigit  utrumque.  quod  non  inseruissem  .  .  nisi  probare 
voluissem  in  foro  quoque  esse  his  figuris  locum.  IV,  2,  86  t  me  certe  .  . 
fecisse  hoc  in  foro  .  .  scio.  VII,  2,  5:  fucrunt  tales  uostris  etiam  iempo- 
ribuB  controversiae,  atque  aliquae  in  meum  quoque  patrocinium  iucidcrunt 

3.  Schulreduer.    XI,  2,  39:  sie  contingit  ut  etiam  quae  ex  tempore 
videbantur  effusa  ad  verbum  repetita  reddantur.    quod  meae  quoque  me- 
moriae  mediocritatem  sequebatur,   si  quando  interventus   aliquorum  qai 
hunc  honorem  mererentur  iterare  declamationis  partem  coegisset.    nee  est 
mendado  locus  salvis   qui   interfuerunt.     Juv.  VI,  280:   die  aliquem,  .  . 
Quintiliane,  colorem.    Auson.  prof.  Burd.  1,  15  f.:  seu  libeat  fictas  ludorom 
evolvere  lites  ancipitem  palmam  Quiutilianus  habet.    Dabei  liegen  wohl  die 
angeblichen  Declamationen  des  Q.  (Anm.  11)  im  Sinne.    Ebenso  bei  TrebelL 
Poll.  trig.  tyr.  4,  2  (II.  p.  93  P.):  Quintiliano,  quem  declamatorem  romani 
generis  acutissimum  vel  unius  capitis  lectio  prima  statim  fronte  demonstrat 

4.  Lehrer  der  Beredtsamkeit  Vgl.  A.  1.  MarüaL  II,  90,  1  f.:  Qoioia- 
liane,  vagae  moderator  summe  iuventae,  gloria  romanae,  Quintiliane,  togae. 
Plin.  Epist.  II,  14,  10:  ita  certe  ex  Quintiliano,  praeceptore  meo,  audisse 
memini.  VI,  6,  3:  prope  cotidie  ad  audiendos  quos  tunc  ego  frequentabam 
Quintilianum ,  Niceten,  Sacerdotem  ventitabat.  Quintil.  III,  6,  68:  freqaen- 
ter  quidem,  sicut  omnes  qui  me  secuti  sunt  meminisse  possunt,  teetatos 
et  in  ipsia  etiam  iUis  sermonibus  (über  Rhetorik,  Anm.  6)  me  nolentevul- 


307.    Quintilianus.  649 

gatis  hoc  tarnen  complexus  etc.  Uober  die  Richtung  seiner  Thätigkeit  als 
Lehrer  X,  1, 125  f.  (Warnung  vor  Senecas  Art).  I  prooem.  1 :  i^ost  impetratam 
BtudÜB  meis  quietem,  quae  per  viginti  annos  erudiendis  iuvenibus  impenderam. 
II,  12,  12:  quando  et  praecipiendi  raunus  iam  pridem  deprecati  sumus  et  in 
foro  quoque  dicendi.  Nachträglich  aber  wurde  er  Prinzenerzieher.  IV.  prooem. 
2 :  cum  mihi  Domitianus  Aug.  sororis  suae  nepotum  (vgl.  Suet.  Dom.  15 :  Fla- 
vium  Olemeutem  patruelera  suum,  .  .  cuius  filios  etiam  tumparvulos  succes- 
sores  palam  destinaverat  et  abolito  priore  nomine  alterum  Vespasianum 
appellari  iusserat,  alterum  Domitianum)  delegaverit  curam.  Auson.  gratiar. 
aet.  p.  290  Bip.:  Quintilianus  consularia  per  dementem  ornamenta  sorti- 
tus  (vgl.  Juv.  VII,  197:  si  fortuna  volet  fies  de  rhetore  consul).  Auch  zu 
Wohlstand  scheint  Q.  durch  seine  Lehrthätigkeit  gelangt  zu  sein;  b.  Juv. 
VII,  186  ff.:  .  .  unde  tot  Quintilianus  habet  saltus?  was  als  ausnahmswcises 
Glück  hingestellt  wird.  Der  Quintilianus  welchem  Plin.  Epist.  VI,  32  (quam- 
vis  et  ipse  sis  continentissimus  et  filiam  tuam  ita  institueris  etc.  te  porro 
auimo  beatissimum,  modicum  facultatibus  scio)  einen  Beitrag  zur  Mitgift 
seiner  Tochter  Übermacht  muss  ein  anderer  sein,  da  ib.  II,  14,  10  (ums 
J.  97—100)  und  VI,  6,  3  (J.  106  f.)  den  Rhetor  als  gestorben  voraussetzt 
und  in  dem  Briefe  selbst  auf  kein  Dankbarkeitsverhältniss  Bezug  genommen 
ist.  Auch  überlebte  den  Rhetor  Q.  keines  seiner  Kinder;  s.  VI.  i)rooem.  4: 
ut  incusem  deos  superstes  omuium  meorum.  erepta  prius  mihi  matro 
eonmdem,  quae  nondum  expleto  aetatis  XIX'*  anno  duos  enixa  filios  .  . 
decessit.  6:  mihi  filius  minor  quintum  egressus  annum  prior  alterum  ex 
duobuB  eruit  lumen.  9:  mia  post  haec  Quintiliani  mei  spe  ac  voluptato 
nitebar.  . .  iam  dccimum  aetatis  ingrcssus  annum  (starb  auch  dieser).  — 
H.  Dod^cll,  aunales  Quintilianei ,  Oxon.  1698  (auch  in  Burmanns  Ausg. 
p.  1117  ff).  £.  Hummel,  Quintiliani  vita,  Gotting.  1843.  4.  L.  Driesen, 
de  Q.  vita,  Cleve  1845.  4.  C.  Pilz,  Quintilianus,  ein  Lehrerleben  aus  der 
röm.  Kaiserzeit,  Leipzig  1863. 

5.  Juv.  VI,  75  nennt  den  Q.  als  Beispiel  eines  gesetzten,  ernsthaften 
Mannes  und  Gegenfüssler  eines  Komödianten.  Die  erhaltene  Schrift  zeigt 
ihn  als  eine  milde,  humane  (vgl.  I,  3,  13  ff.  II,  4,  10  ff.)  Persönlichkeit, 
kritteligem  Wesen  abhold  (X,  1,  26.  vgl.  56  f.  80)  und  zum  Anerkennen 
geneigt  (X,  1,  40  f.),  ehrenhaft  (vgl.  XII,  7,  3)  und  gemütlich  (vgl.  VI,  2, 
36),  wie  auch  die  Tiefe  seines  Schmerzes  über  sein  häusliches  Unglück 
beweist;  s.  VI  prooem.  Die  Huldigungen  die  er  IV.  prooem.  3—5  (vgl. 
oben  301,  3)  imd  X,  1,  91  f.  (vgl.  oben  301,  2)  dem  Domitian  darbringt 
sind  zwar  sehr  wahrheitswidrig  (z.  B.  X,  1,  92:  nunc  ceterarum  fulgoro 
virtutum  laus  ista  —  als  Dichter  —  praestriugitur)  und  dick  aufgetragen 
(FV.  prooem.  5:  mihi  .  .  poterit  ignosci  si  .  .  nunc  omnes  in  auxilium  deos 
ipsumque  in  primis  quo  neque  praesentius  aliud  nee  studiis  magis  propi- 
tium  numen  est  invocem  ut  .  .  tantum  ingenii  adspiret  etc.),  entschuldigen 
sich  aber  durch  die  Dankbarkeit  für  das  unmittelbar  zuvor  ihm  bewiesene 
Vertrauen  (s.  A.  4)  und  den  damaligen  offiziellen  Stil.  Lob  des  Cato  üticen- 
818  XII,  7,  4;  vgl.  auch  oben  261,  1. 

6.  Frühere  Schriften.  I.  0.  II,  4,  42:  an  ab  ipso  (Demetrio  Phal.) 
id  genus  exercitationis  sit  inventum,  ut  alio  quoque  Hbro  sum  confessus, 
parum  comperL    V,  12,  23:  haec  et  in  alio  nobis  tractata  sunt  opere  etc. 


650  ^io  Kaiserzeit.    Erstes  Jahrhundert. 

VIII,  3,  58:  de  hac  parte  {%tt%6ifjXov)  et  in  alio  nobis  opere  plenius  dictui 
est  etc.    Genauer  ib.  VI.  prooem.  3i  ita  forte  acddit  iit  eum  qaoqne  libi 
quem  de  oausis  corruptae  eloquentiae  emisi  iam  scribere  aggreasu^  (meine 
jüngeren  Sohn  verlor).    Als  der  ältere  lOjährig  starb  (A.  4)  wäre  dör 
gere  etwa  9  J.  alt  gewesen;  jene  Schrift  war  somit  (s.  A.  4)  ongefäir^ 
4  Jahre  vor  I.  0.  VI  praef.  veröffentlicht.     VIII,  6,  76:   eundem  loci 
plenius  in  eo  libro  quo  causas  corruptae  eloquentiae  reddebamus  tracta^^  ^ 
mus.    Im  Unterschied  von  dem  früher  erschienenen  dialogus  de«  Tacibn 
waren  darin  wohl  mehr  die  stilistischen  als  die  politischen  Seiten  der  Fr%^^ 
erörtert.    Wider  Quintilians  Willen  veröffentlicht  wurden  nachgeschrieben^ 
Heden  (s.  A.  2)  und  Lehrvorträge  (sermones,  s.  A.  4)  von  ihm.     I.  O.  x* 
prooem.  7:  duo  iam  sub  nomine  meo  libri  ferebantur  artis  rheioricae  neqa^ 
editi  a  me  ueque  in  hoc  comparatL    namque  alterum  sermone  per  bidunz 
habito  pueri  quibus  id   praestabatur  excei)erant,   alterum   pluribns  sau* 
diebus  quantum  notando  consequi  potuerant  interceptum  boni  iuvenes, 
nimium  amantes  mei,  temerario  editionis  honore  vulgaverant 

7.  Das  erhaltene  Werk.  Vorwort  an  seinen  Verleger  Trypho:  effla^  — 
gitavisti  .  .  ut  libros  quos  ad  Marcellum  meum  De  iustitutione  orato 
scripseram  iam  emittere  inciperem.  nam  ipse  eos  nondum  opinabar  sati 
maturuisse,  quibus  componendis  .  .  paulo  plus  quam  bienuinm  tot  aüoqu  ^ 
negotiis  districtus  (als  Prinzenerzieher,  A.  4)  impendi,  welche  Zeit  grössten 
theils  die  Sammlung  des  Stoffes  in  Anspruch  genommen  habe.  Er  hätt^^»^ 
gern  das  Werk  in  Müsse  überarbeitet,  wolle  es  aber  jetzt  doch  nicht  länge  ^^^ 
zurückhalten.  Adressat  ist  (vgl.  I.  prooem.  6.  IV.  pr.  1.  VI.  pr.  1.  XII,  11, 31  — ^) 
Victorius  Marcellus  (cum  amicissimus  nobis  tum  eximio  literarum  amor— 
flagrans,  I.  pr.  6;  vgl.  unten  308,  8),  dessen  Sohn  Gallus  (Stat.  Sil?.  I 
4,  20)  Talent  verrieth  (Quintil.  I.  pr.  6).  Zugleich  hatte  der  Verfasser  d 
bei  ursprünglich  seinen  eigenen  älteren  Sohn  im  Auge  (VI.  pr.  1).  Ueb 
haupt  aber  hat  er  sein  Werk  bestimmt  nicht  für  pueri  (VIII,  6,  13),  sonder- :«: 
für  boni  und  studiosi  iuvenes  (III,  6,  64.  VI.  pr.  1.  XII,  11,  31.  vgl.  V,  ir>, 
96.  Vn,  3,  30.  XI,  1,  5.  65).  Abfassungszeit  ums  J.  90  ff.,  da  die  dr^/ 
ersten  Bücher  schon  voUendet  waren  als  dem  Q.  die  cura  über  die  Söhne  M^ 
des  zu  AnfEing  96  durch  Domitian  getödteten  Flavius  Clemens  übertragen  fl/.,. 
wurde  (A.  4).  Volbtändige  Erhaltung;  vgl.  III,  8,  42:  duodecimo,  q«/  M.^; 
summus  futurus  est,  libro.  |  ^ 

8.  Plan  und  Ausführung.  I.  prooem.  5:  ego  .  .  non  aliter  quam  si 
mihi  tradatur  educandus  orator  studia  eius  formare  ab  iufantia  indpiäm. 
21:  liber  primus  ea  quae  sunt  ante  officium  rhetoris  (also  Aufgabe  des 
grammaticus)  coutinebit.  secundo  prima  apud  rhetorem  elementa  et  quae 
de  ipsa  rhetorices  substantia  quaeruntur  tractabimus.  (22.)  quinqae  de* 
inceps  (III — VII)  inventioni,  nam  huic  et  dispositio  subiungitur,  quattaor 
(VIII — XI)  elocutioni,  in  cuius  j>artem  memoria  ac  pronuntiatio  veniunt, 
dabuntur.  unus  (XII)  accedet  in  quo  nobis  orator  ipse  informandus  est, 
ut  qui  mores  eius,  quae  in  suscipiendis ,  discendis,  agendis  causis  ratio, 
quod  eloquentiae  genus,  quis  agendi  debeat  esse  finis,  quae  post  finem 
studia,  .  .  disseramus.  (25.)  nos  .  .  quidquid  utile  ad  instituendum  orato- 
rem  putabamus  in  hos  XII  libros  contulimus,  breviter  onmia  demonstraton. 
Polemik  gegen  die  affectata  subtilitas  der  gewöhnlichen  rhetorischen  Lehr- 


e 


307.    QuintilianuB.  651 

Dlier  (I  prooem.  24.  III,  11,  21.  vgl.  II,  15,  37)  und  ihre  unpraktische 
danterie  (V,  13,  69.  14,  27—32).  Seine  eigene  Theorie  gründet  sich  auf 
rsOnliche  Erfahmng  (VI,  2,  26)  und  die  Praxis  der  bedeutendsten  Red- 
r  (T,  13,  60).  Eklektisches  Verfahren.  III,  1,  6:  hie  liber  .  .  pleraque 
a  inventa  per  me,  sed  ab  aliis  tradita  continebit.  ib.  22:  neque  me 
iasc|uam  sectae  velut  quadam  snperstitione  imbutus  addixi.    4, 11:  nobis 

i^txtisdmum  est  auctores  plurimos   sequi   et   ita  yidetur  ratio   dictare. 

B,  6:  libera  vel  contra  receptas  persuasiones  rationem  sequenti  senten- 
>  est.  VI,  2,  25:  quodsi  tradita  mihi  sequi  praecepta  sufHceret,  satis- 
^eram  huic  parti;  .  .  sed  eruere  in  animo  est  quae  latent,  .  .  quae  qui- 
na  non  aliquo  tradente,  sed  experimento  meo  ac  natura  ipsa  duce  accepi. 
iiische  Grundlage  der  Beredtsamkeit;  I.  prooem.  9  ff.  II,  2.  15,  1.  32  ff. 
,  11.  20,  4.  8.  XII,  1,  1;  daher  auch  XII,  7,  7:  non  convenit  oratori  in- 
8tÄ  tuen  scientem;  vgl.  V,  7,  32.    Etwas  lockerer  II,  17,  27  f.  36.  vgl.  VI, 

5.  24.  Opposition  gegen  den  herrschenden  Zeitgeschmack  (oben  S.  528), 
iröckgehen  auf  die  Natur  (II,  5,  11  f.  vgl.  X,  7,  15;  pectus  est  quod  di- 
rt^o«  fadt  et  vis  mentis)  und  die  veteres  (II,  6,  22  ff.  V,  12,  20.  VIII.  prooem. 

ft.  5,  34.  X,  1,  43  f.),  namentlich  Cicero,  der  immer  mit  höchster  Ach- 
genannt wird  (V,  11,  11.  17.  13,  52.  VIII,  3,  64.  66.  IX,  1,  26.  X,  1, 
-112.  2,  25.  7,  31.  XI,  1,  67  ff.  73  f.  85.  89.  93.  3,  184.  XII.  pr.  4.  1, 
•  10,  12  ff.  39.  45  f.)  und  selbst  in  seinen  Schwächen  vertheidigt  (vgL 
.  1,  17-21.  23  ff.  XII,  1,  16  f.  VIII,  3,  51);  auf  ihn  gründet  sich  die  Dar- 
'^^ng  hauptsächlich  und  weicht  nur  ungern  von  ihm  ab  (z.  B.  IV,  2,  64. 

X  1,  2.  VII,  3,  8.  IX,  4,  2.  16.  65  f.  XI,  3,  123).  VI,  3,  3  schreibt  er  sich 
^Oy  immodicus  praecipui  in  eloquentia  viri  zu  und  ruft  X,  1,  112  aus: 
^Q  spectemus,  hoc  propositum  nobis  sit  exemplum,  ille  se  profeoisse 
^t:  cui  Cicero  valde  placebit.  Die  theoretische  Ausführung  idt  überall 
"^^nrzt  durch  Beispiele  aus  den  Rednern  der  classischen  Zeit.  In  diesen 
^  Q.  besonders  zu  Hause,  aber  auch  sonst  seine  Studien  vielseitig,  ob- 
^hl  die  mitunter  wenig  treffende  Charakteristik  der  SchrittsteUer  in  X,  1 
^rs  wirkliche  Bekanntschaft  mit  denselben  zweifelhaft  macht.  H.  Ba- 
*^cke,  de  Q,  doctrina  et  studiis  capita  duo  (de  philosophia  Qi,  p.  6—32; 
U  ratione  inter  Q.  et  Graecos  intercedeute,  p.  33—46),  Königsberg  1866. 
(^e  Darstellung  ist  nicht  selten  rhetorisch  belebt;  vgl.  III,  1,  3:  admiscere 
temptavimus  aliquid  nitoris,  .  .  ut  hoc  ipso  alliceremus  magis  iuventutem. 
Häufigkeit  von  Bildern  und  Vergleichungen  besonders  aus  dem  Gebiete  der 
Mur  und  der  Landwirtschaft  (I,  2, 14.  II,  6,  7,  10,  6.  16,  13  f.  XII,  10,  76. 
fg\.  II,  19,  2.  VIII,  5,  26.  X,  3,  2.  7,  28.  XII,  1,  7.  10,  19),  aber  auch  aus 
ndem  Kreisen  menschlicher  Thätigkeit  (IV,  5,  5.  14.  22.  V,  10,  21.  IX, 
,  113.  129.  X,  3,  6.  7,  23.  XII,  2,  11.  8,  10.  9,  2  f.).  Die  Sprache  strebt 
rraodsätzlich  nach  Classicität,  kann  sich  aber  gleichfalls  dem  Einflüsse  der 
ieit  nicht  ganz  entziehen.  E.  Bonneil,  de  grammatica  Quintil.,  in  Spaldings 
Lusg.  VI.  p.  XXI  ff.  und  dessen  Lexicon  Quintilianeum.  R.  Törnebladh, 
le  elocutione  Qi,  Upsala  1858;  de  usu  particularum  apud  Q.,  Holm  1861. 
0  pp.    Voigtland ,  de  brevitate  Q.,  Schleusingen  1846.  4. 

9.  Von  den  Handschriften  der  Inst.  or.  ist  die  wichtigste  der  Am- 
»rosianus  saec.  XI  (A  bei  Halm),  von  mehreren  Händen  und  in  den  späte- 
en  Büchern  (IX,  4,  135— XII,  11,  22  fehlen  darin)  viel  nachlässiger  als  in 
len  vier  ersten.     Zur  Ergänzung  seiner  Lücken  und  Verbesserung  seiner 


652  ^^6  Kaiserzeit.    Erstes  Jahrhundert. 

Fehler  dient  eine  ältere  Classe  mit  besserem  Texte,  aber  zugleich  dur^^^^^.-^ 
wiederholten  Ausfall  von  Blättcrlagen  etwa  um  V?  defect,  vertreten  besc^j--^^ 
ders  durch  den  Bemensis  (Bn)  saec.  X,  von  welchem  Ambr.  II  (saec.    T3^    i 
und  der  Bambergensis  saec.  X  (Bg)  abstammen.    In  letzterem  ist  zugle^c^:^ 
durch   eine   spätere  Hand  (G  bei  Halm)  aus    einem  vollständigen  Coci^^^f 
(vgl.  Halm  im  Rhein.  Mus.  XXIII.  S.  218—222)  das  ursprünglich  Fehleiid^^ 
ergänzt.    Aus  ihm  stammen  der  Florentinus  saec.  XI  und  der  TuricenaMLis 
saec.  XII.    Ausser  A  besteht  die  vollständige  aber  theils  verderbte  theiM^ss 
inteq)olierte  Classe  aus  Hdss.  des  XV.  Jahrb.,  wie  dem  Lassbergensis  (L»  J 
in  Freiburg,  dem  Mouacensis  (M)  Nr.  23473  und  dem  Argoratensis  Obrecht;:^ 
(S).    Oefters  bietet  auch  des  Julius  Victor  Compilation  Abhülfe.    C.  Haks^-* 
über  den  Rhetor  Julius  Victor  als  Quelle  der  Verbesserung  des  quintiS  - 

Textes,  in  den  Sitzungsberichten  der  Münchner  Akad.  1863.  L  S.  889 

419;  Ueber  die  Textesquellen  der  Rhetorik  des  Q.,  ebend.  1866.  S.  493-524^  ^ 
Rhein.  Mus.  XXII.  S.  38  f.,  und  vor  seiner  Ausgabe  p.  V — ^IX.  A.  Reiffer-  — 
scheid,  die  Quintilianhds.  des  Poggio,  Rhein.  Mus.  XXIII.  S.  143— ll^^- 
Euderlein,  comm.  de  Bamberg,  cod.  Quint.,  Schweinfurt  1852.  4.  J.  Si&i^  ' 
der,  Quaest.  Quint.  p.  5—13  (de  Ambr.  I  et  Bamberg,  codd,). 

10.    Ausgaben.    Ed.  princeps  Rom.  1470  fol.  Venet.  1471  fol.  Aldin- 
Ven.  1514.   1521.  4.     luntina  Flor.   1515.  4.     E  codd.  emend.   E.  Gibsoi 
Oxon.  1693.  4.   London  1714.  1716.  4.    Ed.  Ulr.  Obrecht,  Strassburg 
4.  2  Voll.    Recogn.  et  era,  P.  Burmann,  Lugd.  Bat.  1720.  4.  2  Voll.    Recogr=::=3i 
et  emend.  Gl.  Capperonnier ,  Paris  1725  fol.    CoU.  codd.  et  perp.  comiL    ^"i- 
illustr.  J.  M.  Gesner,  Gotting.   1738.   4.      Ad  codd.  fidem  rec.  et  anno^^^ 
expl.  G.  L.   Spalding,  Lips.  1798—1816,  4  Voll.,  wozu  Vol.  V  von  C. 
Zumpt,  1829,  und  VI  (Lexicon  Q.  et  indices)  von  E.  Bonneil,  1834.    Inw^ 
schol.  cur.  G.  A.  B.  Wolff,  Lips.  1816—1821,  2  Voll.     Notas  critt.  adiecEi— "* 

A.  G.  Gemhard,  Lips.  1830,  2  Voll.     Reo.  C.  G.  Zumpt,  Lips.  1831.   A ^ 

codd.  Lassb.,  Turic,  Ambr,  fidem  rec.  et  illustr.  H.  Meyer,  Lips.  1833,  Vol.       ^ 
Ad  fidem  codd.  rec.  E.  Bonnell,  Lips.  Teubner  1854,  2  Voll.   Hauptausgal 
rec.  C.  Halm,  Lips,  Teubner  1868  f. 

Ausgaben  des  Buchs  X  von  C.  H,  Frotscher  (Lips.  1826),  C.  G.  Hrx^ 
zog  (Leipzig  1829.  1830.  1833),  Augusti  (=  Schneidewin,  Helmstedt  183»  1. 
G.  A.  Herbst  (Lips.  1834),  E.  Bonnell  (Leipzig  1851.    Berlin  1855.  186HA 
E.  Alberti  (Leipzig  Engelmann  1858),  G.  T.  A.  Krüger  (Leipzig  Teubnerl861), 
C.  Halm  (Lips.  Teubner  1869).  .  ^ 

Zur  Kritik  und  Erklärung.  Raph.  R«gii  ducenta  problemata,  Venet.  ■  4^ 
1492.  4.    Quaestiones  Quintiliancae  von  F.  Müller  (Halle  1840),  F.  Bahlmann 

(Berlin  1859.  4.),  F.  Meister  (Liegnitz  1860.  4.  Breslau  1865.  4.     Vgl.  Halm  ■  ^^ 

im  Rhein.  Mus.  XXII.  S.  39—61),  R.  Törnebladh  (Calmar  1860),  J.  Ständer  I  ^ 

(Bonn  1865).    Dörry,  de  locis  al.  Q.  emend»,  Torgau  1860.  4.    F.  Ritschi,  I  ^,. 

Grammatisches  bei  Q.,  Rhein.  Mus.  XXIJ.  S.  599—614.    J.  Ständer  p.  U-  I  ^ 
29  (de  Q.  grammatico). 

Zu  Buch  X  adnotatt.  critt.  von  F.  Osann,  6  particulae,  Giessen  1B41.  9  ^ 
1842.  1845.  1850.  1857.  1858.  4.  J.  Jeep,  de  locis  al.,  Wolfenbüttel  1863.  4.  §  ^ 
L.  Mercklin,  der  Parallelismus  in  Q.  X,  Rhein.  Mus.  XIX.  S.  1—32. 

Deutsche  Uebersetzung  von  Bossler  und  Baur,  Stuttgart  (Metzler)  1863  f.  _  ^ 
9  Bdchn. 


307  f.    Quintilianus.    Kegulus  u.  A.  ß53 

11.  Quiniilian,  der  seine  frühere  Schriftsiellerei  in  der  I.  0.  mehr- 
^h  erwähnt  (s.  A.  6)  und  bald  nach  Herausgabe  der  I.  0.  gestorben  zu 
in  scheint,  gedenkt  nirgends  veröffentlichter  declamationes.  Es  ist 
er   möglich  dass  auch  solche  nach  seinem  Tode  aus  Nachschriften  (vgl. 

2  u.  6)  herausgegeben  wurden.  Wenigstens  nennt  ihn  als  Verfasser  von 
ncinoae  declamationes  Hieronymus  (in  Esaiam  VIII  praef.),  sowie  Auso- 
us  (oben  A.  3)  und  Trebell.  Poll.  XXX  tyr.  4,  2:  fuit  autem  (Postumus 
nior)  . .  ita  in  declamationibus  discrtus  ut  eins  controversiae  Quintiliano 
c&ntur  insertae,  wonach  dieselben  auch  noch  für  spätere  Schulreden  als 
blägerung  dienten.  Bei  den  imter  Quintilians  Namen  erhaltenen  19  grösse- 
n  und  vollends  den  145  kleinereu  declamationes  (den  Resten  einer  Samm- 
ng  Ton  388  Stücken)  spricht  nichts  für  ihre  Abfassung  durch  den  berühm- 
Q  Hhetor,  wohl  aber  ihre  ünbedeutendheit  dagegen.  In  Hdss.  werden 
3  einem  M.  Florus  zugeschrieben.  Erste  Gesammtausgabe  derselben  Tre- 
3o  1482  fol.  Ascens.  1580  u.  öfter.  Ex  bibl.  Pithoei,  Paris  1580.  Heidel- 
^^S  1594.  Notis  illustr.  Ozon.  1675.  1692.  In  den  Ausgaben  der  I.  0. 
)u   Obrecht,  Burmann  u.  A. 

12.  Lactant.  inst.  div.  I,  21:  optime  Quintilianus  in  Fanatico:  istud, 
luit,  si  deus  cogit  iratus  est.     V,  7:  quod  ipsum  Quintilianus  egregie 

l>x-eviter  ostendit  in  Capite  obvoluto.  VI,  23 :  quod  optime  Quintilianus 
>res8it;  horao,  inquit,  neque  etc.  Wie  es  scheint,  ein  christlicher  Schrift- 
Her. 

308.  Aus  der  Zeit  des  Quintilian  kennen  wir  noch  als 
-tierischen  Schriftsteller  den  Tutilius  und  als  Rhetor  den  Prin- 
^^i  Unter  den  Rednern  machten  sich  als  Delatoren  gefürch- 
der  charakterlose  M.  Aquilius  Regulus,  welcher  auch  schrift- 
•Herte,  sowie  Baehius  Massa,  Mettius  Carus  und  Palfurius  Sura. 
^  Vertheidiger  thätig  waren  ausser  Tacitus,  Plinius  und  Hereh- 
^a  Senecio  besonders  Victorius  Marcellus,  Septimius  Severus 
^^  Africa,  Flavius  Ursus,  Vettius  Crispinus,  Satrius  Rufus, 
^cinius  Sura  u.  A. 

1.  Quintil.  III,  1,  21:  scripsit  de  eadem  materia  (Rhetorik)  . .  aetatis 
Ostrae  Verginiua,  Plinius  (oben  294,  .3),  Tutilius.  Martial.  V,  56,  5:  famae 
f^utihura  suae  relinquas.    Vgl.  noch  Plin.  Epist.  VI,  32,  1. 

2.  Suet.  gramm.  4:  rae  quidem  adolescentulo  repeto  quendam  Prin- 
ipem  nomine  alteruis  diebus  declamare,  alternis  disputare,  nonnullis  vero 
lane  disserere,  post  mcridiem  remoto  pulpito  declamare  solitum.  Den 
Uli  US  Tiro  (vgl.  Plin.  Ep.  VI,  31,  7)  welcher  im  Verzeichniss  der  von 
ueton  abgehandelten  Rhetorcn  nach  Quintilian  aufgeführt  ist  ersetzt  Ileif- 
rscheid  (Suet.  p.  99.  418  ff.)  durch  M.  Tullius  Tiro,  welcher  von  einem 
bschreiber  als  Urheber  der  notae  tironianae  (oben  178,  4)  eingeschwärzt 
orden  sei. 

3.  Plin.  Epist.  I,  5,  1:  vidistine  quemquam  M.  Begulo  timidiorem, 
imiliorem  post  Domitiaui  mortem?  sub  quo  non  minora  flagitia  commi- 
jrat  quam  sub  Ncronc  (admodum  iuvcnie,  Tac.  Uist.  IV,  42),  pcd  tectiora, 


654  ^i^  Eaiserzeit.    ErsteB  Jahrhundert 

(2.)  RuBÜci  Aruleni  periculom  foverat,  ezultaverat  morte,  adeo  ut  libnim 
recitaret  publicaretque  in  qno  BusticDm  insectatur  atque  etiam  Stoiconnn 
simiam  appellat;  adicit  Yitelliana  cicatrice  stigmosum.     agnosciB  eloquen- 
tiam  Beguli.     (3.)  lacerat  Herennium   Senecionem  .  .  intemperanter.  .  . 
(4.)  praeterea  reminiscebatur  quam  capitaliter  ipsum  me  apad  centomviros 
lacessisset.    (5.)  aderam  Arrionillae,  . .  .  Regulus  contra  etc.    (14.)  ecripsit 
(Mettius  Modestus)  in  epistula  quadam  quae  apud  Domitiannm  recitata  est: 
Regulas  omnium  bipediim  nequissimus.     .  .  (15.)  est  (Regulas)  locuples, 
factiosus,  curatur  a  multis,  timetur  a  pluribus.     11,  11,  22:  est  Begulo 
tarn  mobile  ingenium  ut  plurimum  audeat,  plurimum  timeat.     IV,  2,  1: 
Regulus  filium  amisit.    .  .  (3.)  amissum  luget  insane.    7,  2 :  nnper  adhibito 
ingenti  auditorio  librum  de  vita  eins  recitavit;  .  .  eundem   in  exemplaria 
mille  transcriptum  per  totam  Italiam  provindasque  dimisit.    (6.)  hunc  Inc- 
tuosum  Beguli  librum  etc.      (7.)  est  tam   ineptus  ut  risum  magis  possft 
exprimere  quam  gemitum;  credas  non  de  puero  scriptum,  sed  a  puero. 
. .  (4.)  inbecillum  latus  (des  Regulus),  os  confusum,  haesitans  lingua,  tar- 
dissima  inventio,  memoria  nulla,  nihil  denique  praeter  ingenium  insanum; 
et  tamen  eo  impudentia  ipsoque  illo  furore  pervenit  ut  orator  habeator. 
Als  solchen  preist  den  mächtigen  und  reichen  Mann  der  servile  Martial 
1,  111  (vgl.  12  u.  82).    II,  74,  2  L  (quanta  reduci  Regulus  solet  tarba,  ad 
alta  tonsum  templa  cum  reum  misit).    IV,  16,  6.  V,  28,  6  (licet  viocas  . . 
oratione  Regulos).    63,  4  (ipse  tuo  cedet  Regulus  ingenio).    VI,  38.  64,.  11. 
Gemeint  ist  er  vielleicht  (aber,  als  noch  lebend,  nicht  genannt)  von  Jar. 
I,  33—36.    Er  starb  ums  J.  105;  vgl.  Plin.  Ep.  VI,  2,  1:  soleo  nonnumquani 
in  iudicüs  quaerere  M.  Regulum.    . .  (2.)  habebat  studiis  honorem,  timebat, 
pallebat,  scribebat,  quamvis  non   posset  ediscere.     i]lud  ipsum  qaod  . . 
semper  haruspices  consulebat  de  actionis  eventu  a  nimia  superstitione,  sed 
tamen   et  a  magno  studiorum   honore  veniebat.     (3.)  iam  illa  perquam 
iucuuda  uua  dicentibus,  quod  libera  tempora  petebat,  quod  audituros  cor* 
rogabat.    W.  Teuffei  in  Pauly's  Real-Euc.  I,  2.  S.  1391,  Nr.  43. 

4.  Ueber  Baebius  Massa,  der  noch  unter  Domitian  gestürzt  'worde, 
8.  Plin.  Ep.  VII,  33,  4  tf.;  über  Mettius  Carus  s.  W.  Teuffei  in  Pauly'sEeal- 
Enc.  IV.  S.  1905,  Nr.  6.  Schol.  Juv.  I,  35:  Massa  morio  faisse  dicitur  et 
Carus  nanus.  .  .  hl  omnes  Neronis  fuerunt  Hberti,  .  .  sed  et  neqtiissmu 
delatores.    . .  Massa  et  Carus  Heliodoro  deferente  occisi  sunt. 

5.  Juv.  IV,  53—55:  si  quid  Palfurio,  si  credimus  Armillato,  quid- 
quid  conspicuum  pulchrumque  est  aequore  toto  res  fisd  est,  ubicumqne 
natat.  Dazu  Schol.  des  Valla:  Palfurius  Sura,  ut  inqiut  Probus,  cod- 
sularis  viri  filius  sub  Nerone  luctatus  est  cum  virgine  lacedaemonia  io 
agone ;  postea  a  Vespasiano  summotus  e  senatu  transiit  ad  stoicam  sectaiO} 
in  qua  cum  eloquentia  (et  artis  poeticae  gloria,  fügen  die  andern  Scholien 
bei)  praecelleret,  Domitiano  familiaritate  coniunctus  delationem  acerbiBsime 
exercuit,  sed  interfecto  Domitiano  accusatus  est  a  senatu  et  damnatos. 
Die  andern  Schollen:  cum  fuissent  inter  delatores  potentes  apud  Domitia- 
num  hi,  Armillatus,  Demosthenes  et  Latinus  archimimus  (oben  306,  5), 
sicut  Marina  Maximus  scribit.  Vgl.  Suet.  Dom.  13:  capitolino  certamiue 
cunctos  ingenti  consensu  precantis  ut  Palfarium  Suram  restitueret,  pnlsam 
olim  senatu  ac  tunc  de  oratoribus  coronatum  etc. 


308.    Regulus ,  Victorius  Marcellus  u.  a.  Redner.  655 

6.    Ueber  Tacitus  und  Pünius  als  Gerichteredner  b.  unten  316  u.  317. 

'^  7.  Herennins  Senecio,  aus  Hispania  Baetica  (Plin.  Ep.  VII,  33,  5), 
Vertheidiger  des  Licinianua  (ib.  IV,  11,  12  f.)  und  (mit  Plinius)  Ankläger 
des  Baebiua  Massa  (Plin.  Ep.  VII,  33,  4  fF.).  Ueber  seine  Schrift  über 
Helvidius  Priscus  und  seine  Hinrichtung  durch  Domitian  s.  unten  311,  2. 

8.  An  Victorius  Marcellus  gerichtet  ist  Quintilians  Werk  (oben 
307,  7)  und  Stat.  Silv.  IV  (prooem.:  Marcelle  carissime),  4  (vom  J.  95), 
worin  z.  B.  die  Einladung  sich  zu  erholen:  certe  iam  latiae  uon  miscent 
iurgia  leges,  .  .  nee  iam  tibi  turba  reorum  vestibulo.  .  .  cessat  centeni 
moderatrix  iudicis  hasta,  qua  tibi  .  .  iam  nunc  celeberrima  fama  eminet 
et  iuvenes  facundia  praeterit  annos  (v.  39—45).  nee  tibi  sola  potentis  elo- 
quii  virtus,  sunt  membra  accommoda  bellis  (v.  64  f.).  Daher,  si  latii  du- 
cis  (des  Domitian)  sie  numina  pergant,  quem  tibi  posthabito  studium  est 
coloisse  Tonante,  quique  tuos  alio  subtexit  munere  fasces  et  spatia  anti- 
quae  mandat  renovare  Latinae  (also  curator  viae  latinae) ,  forsitan  ausonias 
ibis  frenare  cohortes  (v.  56—61)  etc.  magna  pater  dignosque  etiam  nunc 
belliger  actus  poscit  avus  praestatque  domi  novisse  triumphos  (v.  72  f.). 

9.  Stat  Silv.  IV.  prooem.  (an  Victorius  Marcellus)  vom  J.  95:  proxi- 
mum  est  lyricum  Carmen  (Silv.  IV,  5)  adSeptimium  Severum,  iuvenem 
.  .  inter  omatisaimos  secundi  ordinis,  tuum  quidem  etiam  condiscipulum, 
sed  mihi  .  .  artissime  carum.  Auch  Martial.  V,  80  mens  Severus  und  VII, 
38,  1  noster  S.  Aus  Africa  gebürtig,  aber  schon  als  puer  nach  Italien  ge- 
kommen (Stat.  Silv.  IV,  5,  29—48)  ist  er  wohl  der  Grossvater  des  gleich- 
namigen späteren  (J.  146  in  Africa  geborenen)  Kaisers.  Est  et  frementi 
vox  hilaris  foro,  venale  sed  non  eloquium  tibi,  ensisque  vagina  quiescit, 
staringere  ni  iubeant  amici.  sed  rura  cordi  saepius  et  quies  (Stat.  1.  1.  49 
— 53).  hie  plura  pones  vocibus  et  modis  passu  solutis,  sed  .  .  iuterim  .  . 
barbiton  ingeminas  (ib.  57 — 60  vgl.  Martial.  XI,  57).    Vgl.  oben  297,  5. 

10.  Statins  Silv.  II,  6:  consolatio  ad  Flavium  Ursum  de  amissione 
pueri  delicati,  worin  v.  95:  ubi  (tua)  nota  reis  facundia  raptis?  II.  prooem.: 
ad  Ursum  nostrum ,  iuvenem  candidissimum  et  sine  iactura  desidiae  doctis- 
simum.  Er  ist  wohl  der  Sohn  des  Ursus  bei  Dio  LXVII,  3  u.  4  (J.  84): 
OvQOov  T^$  'lovXiag  altrjaa(iivrjg  vnatov  aitidBi^Bv, 

11.  An  Crispinus,  Sohn  des  Vettius  Bolanus  und  vielleicht  identisch 
mit  dem  Cos.  113  C.  Clodius  Crispinus,  ist  gerichtet  das  propempticon  Stat. 
Silv.  V,  2  (vom  J.  95—96),  wonach  er  schon  in  zartem  Alter  Salier  ge- 
worden war  (v.  129—131)  und  nuper  einen  unschuldig  angeklagten  Freund 
vor  Gericht  vertheidigt  hatte ,  quamquam  non  ante  forum  legesque  severas 
passus,  sed  tacita  studiorum  occultus  in  umbra  (v.  99—110). 

12.  Stat.  Silv.  rV.  pr.;  Plotio  Grypo,  maioris  gradus  iuveni.  An 
ihn  ib.  9,  wo  v.  14—19:  tua  dicta,  .  .  quae  trino  iuvenis  foro  tonabas  aut 
centom  prope  iudices,  priusquam  te  Germanicus  (Domitian)  arbitrum  .  . 
anuonae  dedit  omniumque  late  praefecit  stationibus  viarum. 

13.  Nach  PHn.  Ep.  I,  5,  11  hatte  Aquilius  Regulus  (A.  3)  unter  Do- 
mitian in  centumvirali  iudicio,  cum  responderet  .  .  Satrio  Rufo,  spöttisch 
gesagt:  Satrios  Rufus,  cui  non  est  cum  Cicerone  aemulatio  (wie  dem  Pli- 
nius) et  qui  contentus  est  eloquentia  saoculi  nostri.    Vgl.  ib.  IX,  13,  17. 


(356  ^^6  Eaiserzeit.    Erstes  Jahrhundert. 

14.  L.  Licinius  C.  f.  Sura,  Cos.  U  J.  102  u.  III  J.  107,  Gönner  des 
Martialis  (VI,  64,  12  f. :  has  nugas  .  .  quas  .  .  laudat  .  .  Sara)  vgl.  VII, 
47,  1  f.:  doctorum  Licini  celeberrime  Sura  virorum,  cuius  prisca  graves 
lingua  rediixit  avos.  An  ihn  die  Anfrage  wegen  einer  Naturerscheinung, 
Plin.  Ep.  IV,  30  (1:  quaestionem  altissima  ista  eruditione  dignissimam. 
11:  scrutare  tu  causas,  potes  enim).  Dio  LXVIII,  15  (J.  107):  xm  Zov^ 
ro)  Ai%ivCtp  xal  raqpr/i/  dj^aoaiav  ncil  dvdgtdvTa  idtons  (Trajan)  TBkivxij' 
aavri.  Victor  Caes.  13,  8.  Epit.  13,  6.  Julian.  Caess.  p.  22  (ed.  1736). 
Ürelli-Hcnzen  150.  5448.  Borghesi  Opp.  V.  p.  32  ff.   C.  I.  lat.  II,  4282.  4508. 

15.    L.  (Marl.  IV,  55,  1)  Valerius  Licinianus  aus  Bilbilis  (ib.  und  I,  61^ 
11),  Gerichtsredner  (ib.  I,  49,  35.    IV,  55,  1  ff.,  wo  er  gar  Cicero  gleich- 
gestellt wird).    Unter  Domitian  verbannt,  von  Nerva  nach  Sicilien  begnadigt 
(Plin.  Ep.  IV,  11,  11  ff*.)  wurde   er  dort  Lehrer  der  Beredtsamkeit.     PKo. 
Ep.  IV,  11,   1   (J.  101):  audistine  Valerium  Licinianum  in  Sicilia  profiteri? 
.  .  praetorius  hie  modo  inter  eloqucntissimos  causarum  actores  habebatur, 
nunc  eo  deddit  ut  exul  de  senatorc,  rhetor  de  oratore  fieret.    (2.)  itaque 
ipse  in  praefatione  (einer  declamatio  oder  einer  Schrift?)  dixit  etc.    (3.)  . . 
latine,  inquit,  declamaturus  sum.    Vgl.  ib.  14. 

16.  Maternus  aus  Spanien,  iuris  et  aequarum  cultor  sanctissime  legum, 
veridico  latium  qui  regis  ore  frenum,  angeredet  von  Mart.  X,  37  vgl.  II, 
74,  4  f. 

17.  Ausserdem  werden  als  facundus  oder  disertus  bezeichnet  Pollins 
Felix  (s.  306,  1),  Erucius  Clarus  (Plin.  Ep.  II,  9,  4),  Marcus  (Valerius?  Mart. 
X,  73),  Sextus  (Mart.  V,  5,  1),  Restitutus  (Mart.  X,  87,  2  ff.),  Caediius 
Secundus  (Mart.  VII,  84  vgl.  V,  80),  Atticus  (Mart.  VII,  32),  Aelianus 
(Mart.  XII,  24,  3).  Der  Votienus  welcher  in  Narbo  ein  hohes  Amt  beklei- 
det (Mart.  VIII,  72)  ist  ohne  Zweifel  ein  Sohn  des  Redners  (oben  260,  1). 

309.  Eine  allgemein  geachtete  Stellung  nahm  in  dieser 
Zeit  ein  Sex.  Julius  Frontinus  (ums  J.  40 — 103),  ein  tüch- 
tiger Geschäftsmann  im  Felde  wie  als  Civilingenieur,  dabei  ebenso 
charaktervoll  wie  anspruchslos.  Die  Früchte  seiner  reichen  Er- 
fahrung und  Studien  legte  er  auch  in  Schriften  nieder.  Von 
einer  gromatischen  sind  Auszüge  auf  uns  gekommen.  Eine  theo- 
retische über  Taktik  ist  untergegangen,  aber  von  Vegetius  be- 
nutzt; erhalten,  jedoch  durch  viele  fremdartige  Zuthaten  ent- 
stellt, ist  eine  populär  taktische,  die  Bücher  Strategematon,  deren 
viertes  ein  Nachtrag  (Strategematica)  sein  will,  aber  zum  Plan 
und  Charakter  des  Uebrigen  nicht  stimmt  und  in  hohem  Grade 
verdächtig  ist.  Ausserdem  haben  wir  von  Frontin  eine  Schrift 
in  zwei  Büchern  de  aquis  urbis  ßomae,  wichtig  durch  eine  Fülle 
geschichtlicher  Nachrichten  und  Urkunden  und  in  bündiger,  nüch- 
terner, aber  gebildeter  Sprache  gehalten. 

1.    Leben.    Tac.  Hist.  IV,  39  (J.  823  =  70) :  lulius  Frontinus  praetor 
irbauus.    Somit  spätestens  J.  41  geboren.    Frontin.  Strat.  IV,  3,  U;  auspi* 


.itm 


309.    IjYontinus.  G57 

ciis   Imperatoris  Caesaris  Domitiaiii  Augusti  Germaiiici  (proleptische  Titu- 
latur) eo  bello  quod  Civilis  in  Gallia  raoverat  (J.  823)  Lingonum  .  .  civi- 
tas  .  .  ad  obsequium  redacta  LXX  milia  anuatonim  tradidit  mihi.     Tac. 
Agr.   17:  sustinuit  molem  luliua  Froutinus  (in  Britannien,   als  Nachfolger 
des  Petilius  Cerealis,  wohl  76—78  =829--831,  nach  seinem  Consulat),  vir 
magnus,  quantum  licebat,  validamque  et  pugnacem  Silurum  gentem  armis 
subegit  etc.    Vgl.  E.  Hübner,  Rhein.  Mus.  XII.  S.  52—56.    Mitwirkung  im 
Chattenkriege  ist  zu  folgern  aus  Strat.  I,  1,  8.  3,  10.  II,  3,  23.  11 ,  7.    Zurück- 
gezogenes,  der  Literatur  gewidmetes  Leben  an  der  campanischen  Küste, 
Martial.  X,  58.     Cos.  I  unter  Domitian  (vor  Abgang  nach  Britannien);  II 
(bis  Frontino  consule,  Martial.  X,  48,  20?  vgl.  Philologus  XXIX.  S.  187) 
unter  Nerva  (Plin.  paneg.  61),  wahrscheinlich  J.  97;  III  J.  100  mit  Trajan. 
Curator  aquarum  J.  97  (aq.  1.  102  extr.).    Ums  J.  103  scheint  er  gestor- 
ben zu  sein,  da  (J.  103  oder  104)  Plinius  sein  Nachfolger  im  Augurat  wurde 
(Pün.   Epist.  IV,  8,  3.    Vgl.  ad  Trai.   13).     Nach  Plinius  (Ep.  IX,  19,  1) 
Frontinus  vetuit  omuiuo  monumentum  sibi  fieri ,  mit  der  charakteristischen 
Begründung:  impensa  monumenti  supervacua  est:    memoria  nostri  durabit 
si  vita  raeruimus  (ib.  6). 

2.  Unter  Domitian  verfasst  ist  die  gromatische  Schrift  (p.  54,  11  ft'.: 
praestantissimus  postea  Domitianus  ad  hoc  beneficium  procurrit  et  uno 
edicto  totius  Italiae  metum  liberavit,  in  Bezug  auf  die  subsecivae)  und 
die  über  die  Strategeme,  und  zwar  wohl  vor  dem  Beginn  der  Kämpfe 
mit  den  Dakem,  da  immer  nur  die  mit  den  Germanen  erwähnt  werden 
(s.  A.  1).  Dabei  wird  die-  offizielle  Illusion,  dass  der  Kaiser  selbst  das 
gethan  habe  was  seine  Generale  ausführten,  mit  correcter  Consequenz 
durchgeführt,  wie  später  (aq.)  auch  dem  Nerva  gegenüber.  Eigentliche 
Schmeicheleien  gegen  Domitian  finden  sich  aber  nirgends  (tantus  dux  I, 
1,  8  bezieht  sich  nur  auf  die  Stellung),  und  Plinius  kann  daher  Ep.  V,  1,  5 
sagen:  duos  quos  tunc  (unter  Domitian)  civitas  nostra  spectatissimos  habuit, 
Corellium  et  Frontinum.  Vgl.  ib.  IV,  8,  3:  lulio  Frontino,  principi  viro.  Die 
Schrift  über  die  Wasserleitungen  endlich  verfasste  Frontinus  J.  97,  bald 
nach  Uebernahme  der  cura  aquarum.  Vgl.  A.  6.  Bezeichnend  c.  118: 
qciem  reditum  .  .  proximis  temporibus  in  Domitiani  loculos  conversum 
iustitia  divi  Nervae  populo  restituit,  nobtra  sedulitas  ad  certam  regulam 
redegit.  101  extr.:  nobis  circumeuntibus  rivos  fides  nostra  et  auctoritas  a 
principe  data  pro  lictoribus  erit.  130  extr.:  officii  fidem  ctiam  per  offen- 
sas  tueri  praestiterit.  Die  von  den  schlechteren  Hdss.  dem  Frontinus  zuge- 
schriebene Expositio  et  ratio  omnium  formarum  ad  Celsum  (Schriften  der 
röm.  Feldmesser  II.  p.  91—108)  theilt  der  Arcerianua  vieiraehr  dem  Baibus 
zu;  s.  unten  321,  3. 

3.  Von  der  gromatischen  Schrift,  die  mindestens  zwei  Bücher 
umfasste,  sind  uns  nur  commentierende  Auszüge  erhalten  (am  besten  in 
den  Schriften  der  röm.  Feldmesser  von  Lachmann  u.  A.  I.  p.  1  —58),  welche 
handeln  de  agrorum  qualitate,  de  controversiis  (im  Allgemeinen),  de  limi- 
tibos,  de  controversiis  agrorum.  Ueber  deren  kritische  Behandlung  s. 
Lachmann  a.  a.  0.  II.  S.  101—131. 

4.  Hindeutung  auf  ein  den  Strat.  vorausgegangenes  theoretisches 
Werk  über  das  Kriegswesen  zu  Anfang  der  Strat.:  cum  ad  instruendam 

Tfuffel,  löiii.  Lilcralurj^eschichU?.  42 


(558  Die  Kaißerzeit.    Erstes  Jahrhundert. 

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rei  militaris  scientiam  unus  ex  numero  studioBorum  eiua  accesserim,  eiqae 
destinato,  qaantum  nostra  cura  valuit,  satisfecisse  visus  sim,  deberi  adhuc 
institutae  arbitror  operae  ut  sollertia  ducam  facta  .  .  expeditis  amplect^r 
commentÄriis.  Auf  dieseß  bezieht  sich  wohl  Veget.  I,  8  (p.  12  L.:  qua« 
Cato  ille  censorius  de  disciplina  militari  scripeit,  quae  Coruelius  Celsus, 
quae  Froutinus  perstringenda  duxerunt)  und  II,  3  (p.  36  L. :  Cato  ille  uiaior 
. .  se  reip.  credidit  profuturum  si  disciplinam  militarem  conferret  in  lit- 
teras.  .  .  idem  fecerunt  alii  coraplures,  sed  praecipue  Froutinus,  divo 
Traiano  ab  eius  modi  comprobatus  industria).  Erstreckung  seines  Inter- 
esses auch  auf  die  Kriegskunst  der  Hellenen;  s.  Aelian.  Tact.  praef.  (griech. 
Kriegsschriftst.  II.  S.  236  f.):  lit^l  Üi  inl  tov  d'Bov  natf^g  eov  Niifovag 
nagä  ^govtCvoi  ta  intaijfKp  vnati%<p  iv  ^OQfiiaig  i^fiigag  xiväg  diitgi^a, 
do^av  dnBvBY%afJLSV(p  nsgl  xr^v  iv  toig  noXifiot,g  ifi^nf ig^av,  .  .  bvqov  ovu 
tXdzzova  anovSijv  l^ovra  tlg  t^v  icagu  toig^ElXriüi,  te^tcagruiivvjv  ndQ'rjCiv 
(als  für  die  römische).  Auf  ihn  bezieht  sich  daher  auch  wohl  Aelian.  de  ordin. 
inst.  1:  ntgl  x^g  ytad"* '^OfirjQOv  raxrtx^g  ivsxvxofiev  avyygatptvoi  Sxguro- 
nXsC  XF  xal  ^govxcavi  (vielmehr  ^govxivcp)^  xai  %a&'  rjfiäg  vnaxixm  ävSgi. 

5.    Gegenstand  der  Strateg.  sind  die  sollertia  ducum  facta,  quae  a 
Graecis  una  axgaxriYraiuxi'Kav  appellatioue  comprehensa  sunt  (praef.).  . .  in 
tres  libros  ea  diduximus.    in  primo  erunt  exempla  quae  competant  proelio 
nondum  commisso,  in  secundo  quae  ad  proelium  et  confectam  pacationeni 
pertineant;  tertius  inferendac  solvendaeque  obsidionis  habebit  strategemata. 
.  .  cum  etiam  hoc  opus,  sicut  cetera  (vgl.  A.  3  u.  4),  usus  potius  aliorum 
quam  meae  commendationis  causa  adgressus  sim  etc.    Die  Beispiele  sind 
mit  Geschick  ausgewählt  uud  vorzugsweise,  aber  nicht  ausschliesslich,  der 
römischen  Kriegsgeschichte  entnommen.    Innerhalb  der  Bücher  ist  die  An- 
ordnung sachlich,  in  den  einzelnen  Capiteln  nach  Personen,  aber  im  üebri- 
gen  in  keiner  erkennbaren  Ordnung.     Wenn  Froutinus  (praef.)  auf  VoU- 
sUindigkeit  mit  Bewusstsein  Verzicht  leistet  und  meint    man    könne   die 
Beispiele  bei  andern  Schriftstellern  leicht  in  dem  von  ihm  gewählten  Rahmen 
unterbringen,  so  scheint  dieser  Einladung  zur  Interpolation  frühzeitig  und 
in   reichem  Masse   entsprochen    worden   zu   sein.      Die    fremden  Zusätze 
verrathen  sich  dadurch  dass  sie  die  Personenordnung  kreuzen  mit  einer 
sachlichen  (idem  fecit,  similiter,  quoque,  z.  B.  I,  3,  7.  II,  9,  3—5),  und 
wegen  einer  äussern  Aehnlichkeit  der  Handlung  eingefugt  sind  (II,  9,  3 
u.  5  Caput;  IV,  3,  14  Nibhtplünderung) ,  sowie  durch  Einführung  mittelst 
dicitiu-,  traditur  u.  dgl.  (wie  I,  5.  13.   II,  12,  4.  IIE,  4,  4.   12,  3)  oder  durch 
sonst  abweichende  Darstellung  (wie  I,  7,  7).    Theilweise  sind  sie  aus  Fron- 
tin selbst  (wie  I,  5,  13.    II,  12,  4)  und  haben  auch  wohl  den  Ausfall  des 
exemplum  an  der  richtigen  Stelle  herbeigeführt  (wie  II,  9,  3.  5  in  III,  H 
und  IV,  3,  14  in  II,  11).    Besonders  häußg  sind  solche  Fälle  in  ß.  IV,  wel- 
ches an  die  strategemata  (Kriegslisten)  der  drei  ersten  Bücher  noch  Strate- 
gematica   (Handlungen   und  Aeusserungen   strategischen   Sinnes)   aofSgen 
will  und  mit  einer  dem  Froutinus  fremden  Buhmredigkeit  beginnt:  molta 
lectione  conquisitis  strategematibus  et  non  exiguo   scrupulo  digestis,  ot 
promissum   trium   librorum   implerem,    werde  jetzt   noch   angereiht  was 
sich   in   den   aufgestellten   Rubriken  nicht  habe  unterbringen  lassen  und 
eigentlich  auch   keine  strategemata  sei;   auch  dabei  wolle  er  eine  Saeli- 


309.    Frontinus.  659 

Ordnung  befolgen,  nämlich  de  disciplina,  de  eifectn  disciplinae,  de  con- 
tinentia,  de  iastitia,  .  .  de  variis  consiliis.  Diese  Eintheilung  nach  Moral- 
begriffen  hat  sehr  wenig  Aehnlichkeit  mit  der  Weise  des  Frontinus,  stimmt 
aber  um  so  auffallender  mit  der  des  Valerius  Mazimus  überein,  wel- 
chem ein  sehr  grosser  Theil  der  exempla  dieses  Buches  entnommen  ist; 
sahireiche  andere  sind  Wiederholungen  aus  den  drei  ersten  Büchern,  theils 
freiere,  theils  genauere,  zu  welchen  Frontin  selbst  keinen  Anlass  haben 
konnte.  Der  Interpolator  hat  dann  auch  das  Vorwort  zu  B.  I  durch  eine 
vorbereitende  Hinweisung  auf  dieses  vierte  Buch  erweitert,  welche  gleich 
bezeichnend  beginnt:  si  qui  erunt  quibus  volumina  haec  cordi  siut,  memi- 
nerint  etc.  Dieses  Buch  und  die  andern  Interpolationen  finden  sich  bereits 
in  der  ältesten  vorhandenen  Handschrift,  dem  Gothanus  saec.  IX,  und  die 
Erweiterung  wird  überhaupt  nicht  später  als  ins  4— 6te  Jahrh.  fallen,  die 
Zeit  des  Julius  Paris,  Exuperantius ,  Vibius  Sequester  u.  dgl.  C.  Wachs- 
muth,  Rhein.  Mus.  XV.  S.  574-583.  Der  heutige  Text  ruht  noch  immer 
auf  dem  Apparat  Oudendorps.  Ausgaben  der  Strateg. :  Rom.  1487.  4.  Mit 
Vegetius  u.  a,  Colon.  1580.  Cum  notis  Stewechii  ed.  Fr.  Modius,  Lugd.  B. 
1607.  4.  In  Scriverii  scriptores  rei  militaris,  Lugd.  B.  1644.  Emend.  illustr. 
Sam.  Tennulius,  Lugd.  B.  1675.  Hauptausgabe  von  F.  Oudendorp,  Lugd. 
B.  1731.  1779.  Ed.  N.  Schwebel,  Lips.  1772.  Ueber  eine  Capitelver\virrung 
in  B.  II  Fr.  Haase,  Rhein.  Mus.  III  (1845)  p.  312—319.  G.  Masson,  notices 
et  extraits  des  manuscripts  .  .  au  BritiBh  Museum,  I  les  strat.  de  Fr., 
Revue  arch^ol.  1869.  I.  p.  447—451.   1870.  L  p.  19—21. 

6.  Durch  eine  einzige  Handschrift  von  Monte  Cassino  (saec.  XI?  vgl. 
Bücheier  p.  VII— XIII.  Sauppe  Götti.  G.  A.  1859,  S.  993),  von  welcher  alle 
übrigen  nur  Abschriften  sind,  ist  erhalten  das  Schriftchen  de  aquis  urbis 
Bomae  (Heinrich  und  Bücheier;  Cassin. :  de  aquaeductu  u. R. ;  Sauppe:  de  cura 
aquarnm  u.  R.  oder  de  officio  aqq.),  in  allem  Wesentlichen  verfasst  J.  97, 
herausgegeben  nach  dem  Tode  des  Nerva  (divus  Nerva,  87.  118),  unter  Trojan 
(93  extr.:  uovum  auotorem  Imperatorem  Caesarem  Nervam  Traianum  Augustum 
praescribeute  titulo),  etwa  98  n.  Chr.  Wie  bei  den  Strat.  gibt  ein  Vorwort 
Rechenschaft  über  Zweck  und  Plan.  Cum  .  .  me  seu  naturalis  sollicitudo 
seu  fides  sedula  non  ad  diligentiam  modo  verum  ad  amorem  qnoque  com- 
missae  rei  instigent,  sitque  nunc  mihi  ab  Nerva  Augusto  .  .  aquarum  in- 
iunctum  officium,  .  .  primum  ac  potissimum  existimo,  sicut  in  ceteris  nego- 
tܣ  institueram,  nosse  quod  suscepi.  (2.)  .  .  quapropter  ea  quae  ad  uni- 
versam  rem  pertinentia  contrahere  potui  more  iam  per  multa  mihi  offida 
servato  in  ordinem  et  velut  in  corpus  diducta  in  hunc  commentarium  con- 
toli.  .  .  in  aliis  autem  libris,  quos  post  experimenta  et  usum  composui 
(vgL  A.  3 — 5),  succedentium  res  acta  est;  huius  commentarii  fortassis  per- 
tinebit  et  ad  successorem  utilitas,  sed  cum  inter  initia  administrationis 
meae  scriptus  sit  inprimis  ad  meam  institutionem  regulamque  proficiet. 
Folgt  dann  die  Angabe  der  Disposition.  Mit  patriotischem  Stolze  ruft  Fr. 
c.  16  aus:  tot  aquarum  tam  multis  necessariis  molibus  pyramidas  videlicet 
otiosas  compares  aut  inertia,  sed  fama  celebrata  opera  Graecorum?  Buch  II 
beginnt  mit  c.  64.  Editio  princeps  zwischen  1484  und  1492.  Juntina  von 
locundus,  1513.  Oft  mit  Vitruvius  zusammen  herausgegeben;  abgesondert 
hauptsächlich  von  J.  Polenus,  Patav.   1722.  4.     Dessen  notae  auch  in  der 

42* 


0    T~ 


ÜGO  Die  KaiBerzeit.    Erstes  Jahrhundert. 

Ausg.  von  G.  C.  Adler,  Altona  1792.  Rec,  illustr.  etgermauice  redd.  (mit 
den  Anm.  von  Heinrich  und  Schultz)  A.  Dederich,  Wesel  1841.  XXXV  und 
318  pp.  Rec.  Fr.  Bücheier,  Lips.  (Teubner)  1868.  XIV  und  54  pp.  Vgl. 
H.  Sauppe,  Götti.  G.  A.  1859,  S.  990—997. 

7.  Gesammtausgabe  von  R.  Keuchen  (Amstelod.  1661).  Texte  ed, 
Bipont.  1788  und  von  Dederich  (Lips.  1855,  Bibl.  Teubner.). 

8.  Frontiui  vita  in  der  Ausg.  des  Polenus.  A.  Dcdericli,  Bruchstucke 
aus  dem  Leben  des  Sex.  Julius  Frontinus,  Ztschr.  f.  d.  Alt.  Wiss.  1839, 
Nr.  105-107.    134—136,  S.  834-855.   1077—1094. 

310,  Der  Zeit  Doinitians  gehört  femer  aii  der  juristische 
Schriftsteller  Aufidius  Chius,  während  des  luventius  Celsus  und 
Neratius  Priscus  Wirksamkeit  zu  ihrem  bedeutenderen  Theile 
erst  unter  Trajan  und  dessen  Nachfolger  fällt.  Als  Gramma- 
tiker ist  hauptsächlich  Aemilius  Asper  bekannt ,  der  kenntniss- 
reiclie  und  besonnene  Commentator  des  Terenz,  Sallust  und  Ver- 
gil;  ausserdem  Claranus  und  Martials  Freund  Apollinaris. 

1.  Martial.  V,  61,  10:  acrior  (procurator)  hoc  Chius  non  erit  Aufidius. 
Pragm.  Vat.  77:  contra  quam  Atilicinuni  respondisse  Aufidius  Chius  referi 

2.  Ueber  Neratius  Priscus  und  luventius  Celsus  (den  Sohn)  s.  unten 
319,  1  u.  2. 

3.  Unter  den  berühmten  Grammatikern   nennt  Ausonius   praef.  ad 
Syagr.  20  (Aemilius,  s.  oben  283,  1)  und  Epist.  XVIII,  26  (quem  Claranus, 
quem  Scaurus  et  Asper,  quem  sibi  couferret  Varro)  den  Aemilius  Asper; 
vgl.  Augustin.  de  util.  cred.  17  (Asper,  Comutus,  Donatus).    Er  ist  später 
als  Cornutus  (oben  282 ,  2) ,  da  er  gegen  diesen  polemisierte  (Schol.  Veron. 
zu  Aen.  III,  691);  und  da  er  von  Suetou  de  gramm.  nicht  mit  behandelt 
war,  so  ist  er  wohl  auch  später  als  der  Berytier  Probus  (oben  283)  und 
war  zur  Zeit  da  Sueton  schrieb  noch  am  Leben.    Uiegegen  beweist  nichts 
das«  der  den  Namen  des  Probus  tragende  Commentar  wiederholt  den  Asper 
nennt  (p.  15,  24  K.:  Aemilius  Asper  cum  hunc  locum  adnotaret.    p.  19,  9: 
non,  ut  Asper  putat);  s.  oben  283,  4.    Ebenso  wenig  dass  Schol.  Veron.  ad 
Aen.  IX,  373  (p.  101,  6  K.)  und  bei  Serv.  Aen.  X,  539  Asper  vor  Probos 
genannt  ist,  da  nichts  dort  auf  Befolgung  der  chronologischen  Ordnung 
hindeutet.    Ungenau  im  Vatic.  1492  (saec.  XV):  Asper  grammaticus  civis 
rom.  tempore  Antonini  philosophi  fuit.    Aspers  Commentar  zu  Terenz  er- 
wähnt Donat.  zu  Phorm.  I,  2,  24.    Ad.  III,  2,  25.  IV,  2,  20;  vgl.  Rufin.  de 
metr.  Ter.  p.  2705  P.;    Aspri  in  Vergilium  et  Sallustium  commentarios 
Hieron.  apol.  c.  Rufin.  I,  16  (IV,  1.  p.  367  Bened.).     Der  zu  Sallust  wird 
von  Charisius  öfters  berücksichtigt;  s.  bes.  II.  p.  216,  28  K.:  Asper  com- 
mentario  Sallustii  historiarum  1.   Vgl.  oben  193,  7.  Am  bekanntesten  ist  der 
zu  Vergil;  s.  Ribbeck  prolegg.  p.  128—136.   Nach  den  zahlreichen  erhaltenen 
Proben  daraus  war  A.  in  der  Textkritik  conservativ,  berücksichtigte  bei  der 
Erklärung  ebenso  das  Sachliche  wie  das  Sprachliche,  und  zeigte  dabei  gntes 
Urteil   und   Geschmack.     Auch   systematisch    behandelte   Asper  die  Ab- 
weichungen Vergils  vom  gewölmlichen  Sprachgebrauche  in  Formenlelire 


\->*^ 


310  f.    Grammatiker  und  Historiker  imter  Domitian.  ßß] 

wie  Syntax.  Die  üeberreste  dieser  Qoäestiones  Vergilianae  oder  gramma- 
tica  VergiJiana  bei  Keil,  Probi  comm.  (Halle  1848)  p.  109  —  115.  Vgl. 
p.  XV— XVII  und  H.  Hagen,  Philologiw  XXV.  S.  363-357.  Daraus  viel- 
leic}it  auch  sie  (pexui  vel  pectui)  Asper  de  verbo  bei  Priscian.  (partit.  II. 
p.  489,  36  H.  vgl.  Inst.  X.  p.  536,  6.  499,  18  f.  H.) ,  falls  es  nicht  auf  eine 
allgemeine  Grammatik  (Ars)  sich  bezieht.  Im  Allgemeinen  s.  Suringar,  bist. 
Grit,  schol.  lat.  p.  95—97.  124— U2.  255-258.  Bergk,  Ztschr.  f.  Alt.  Wiss. 
1845,  S.  118  f.  125  f.  129  (der  ihn  für  einen  Aristarchecr  halt).  Gräfenhan, 
Gesch.  d.  class.  Philol.  IV.  S.  75—78.   285  f. 

4.  Martial.  IV,  86:  si  vis  aurifeus  atticis  probari,  exhortor  moneoquc 
te,  Hbelle,  ut  docto  placeas  Apollinari,  da  er  ein  feiner  ästhetischer  Kri- 
tiker sei.  Vgl.  VII,  26  (meum  .  .  facetae  aures).  89,  2  (noster).  X,  30. 
XI,  15,  12.  Wohl  der  Domitius  Apollinaris  an  welchen  Plin.  Epist.  (II,  9 
und  V,  6)  gerichtet  ist;  ygl.  ib.  IX,  13,  13  (cos.  design.  für  J.  97).  C.  I.  gr.  4236. 

5.  Martial.  X,  21,  1  f.:  quae  vix  intellegat  ipse  Modestus  (oben  246,  1) 
et  vix  Claranus.    Vgl.  oben  A.  3  und  S.  430.    Vielleicht  auch  bei  Serv.  Aen 
XI,  316  (qnod  otiam  Clanarius  ait)  gemeint. 

6.  Martial.  X,  70,  2:  doctus  Potitus.  De  Gadibus  improbus  magister 
ib.  I,  41,  12. 

7.  Aus  dieser  Zeit  ist  vielleicht  Largius  Licinus ,  der  Verfasser  eines 
Buches  Ciceromastix  (oben  260,  3  g.  E.),  was  auf  eine  Zeit  hindeutet  wo 
Cicero  Partei  -  Schiboleth  geworden  war.  Er  schrieb  wohl  nach  Asinius 
Qallus  und  jedenfalls  ziemlich  vor  Gellius;  s.  260,  3.  Ein  Larcius  Licinus 
bei  Plin.  Ep.  H,  14,  9.  III,  5,  17  u.  sonst. 

31  !•  Geschichtliches  verfasste  zu  Domitians  Zeit  in  harm- 
loser Weise  lunius  Maximus,  oppositionell  und  dadurch  ihr  Leben 
verwirkend  Arulenus  Rusticus  und  Herennius  Senecio,  Arulenus 
zugleich  Bekenner  des  Stoicismus.  Auch  ein  Fronto  wird  als 
Stoiker  genannt,  sowie  Decianus  aus  Emerita,  der  aber  diese 
Richtung  mit  Vorsicht  zu  paaren  wusste.  Zur  epikureischen 
Lehre  hielt  Pollius  Felix.  Die  gastronomischen  Schriften  eines 
Priscus  und  eines  Calvus  scheinen  gleichfalls  dieser  Zeit  anzu- 
gehören. 

1.  Statins  Silv.  IV.  prooem.:  Maximum  lunium  et  dignitatis  et  elo- 
quentiao  nomine  a  nobis  diligi  satis  eram  testatus  epistula  quam  ad  illum 
de  editione  Thebaidos  moae  publicavi;  sed  nunc  quoquo  eum  reverti  matu- 
rius  e  Delmatia  rogo  (in  Silv.  IV,  7).  Vgl.  Silv.  IV,  7,  45  ff.  und  53  ff. : 
tuas  artes,  .  .  omne  quis  mundi  Senium  remensus  orsa  Sallusti  brcvis  et 
Timavi  reddis  alumnum.  Also  eine  Weltgeschichte,  somit  stofflich  weder 
dem  Sallost  noch  dem  Livius  ähnlich. 

2.  lunius  Rusticus  Arulenus,  Volkstribun  J.  66  (Tac.  A.  XVI,  26),  Prätor 
J.  69  (Tac.  hist.  111,80),  nach  Suet.  Dom.  10  von  Domitian  (J.  93)  getödtct 
quod  Paeti  Thraseae  et  Helvidi  Prisci  laudcs  edidisset  (lobende  Biographie) 
appellassetquo  eos  sanctissimos  vires.  Genauer  Tac.  Agr.  2  (oben  301,  5). 
Dio  LXVII,  13:  tov  'Povatmov  tov  'Jgovltivov  dnintetvsv  ort  itpUoaotpti 


652  ^^^  Eaiserzeit.    Erstes  Jahrhundert. 

(vgl.  oben  308,  3)  xttl  Sri  top  Bgitaiciv  ttgov  lovofMxtBj  xal  'E^cvrioy  Zbvb- 
%itovcc  OTft  T£  ovSsfttttv  ciQXfiv  iv  nollai  ßitp  [ist«  tr^v  rafutiav  'gttJKit  %al 
Ott  tov  Tlpiü%ov  xov  *EloviSiov  xov  ßiov  avviyQaffjev,  Plin.  Ep.  VII,  19,  5: 
cum  Senecio  reus  esset  (durch  Mettius  Carus]  quod  de  vita  Helvidi  libros 
composuisset;  und  ib.  6:  illos  ipsos  libros  .  .  abolitos  senatus  consulio. 

3.  Martial.  XIV,  106,  2:  stoicus  hoc  (urceo)  gelidam  Fronte  pet^bat 
aquam.   Ueber  Palfurius  Sura  s.  oben  308, 6.   Andere  Philosophen  oben  301, 5. 

4.  Martial.  I,  8:  Thraseae  et  Catonis  dogmata  sie  sequeris  salvus  ut 
esse  velis,  pectore  nee  nudo  strictos  incurris  in  enses,  .  .  Deciane.  Vgl. 
ib.  39  (cecropiae  madidus  latiaeque  Minervae  artibus  etc.).  61,  10.  II  praef. 

5.  Chaeremon  stoicus  bei  Martial.  XI,  56,  1.  Heliodorus  stoicus  in 
dem  Probus-Scholion  zu  Juv.  I,  35. 

6.  Stat.  Silv.  II,  2,  112  f.:  hie  ubi  siderias  exercet  Pollius  (oben  306, 1) 
artes,  seu  volvit  monitua  quos  dat  Gargettius  auctor  etc. 

7.  Flavius  Archippus,  philosophus,  nach  Domitian  bonus  vir  et  pro- 
fessioni  snae  etiam  moribus  respondens,  dagegen  seutentia  Veli  Paulli 
proconsulis  .  .  crimine  falsi  damnatusin  metallum;  s.  Plin.  ad  Trai.  58—60. 

8.  Martial  IX,  77:  quod  Optimum  sit  disputat  convivium  facanda 
Prisci  pagina.    XIV,  196:  Calvus  de  aquae  frigidae  usu. 

9.  Martial.  XII,  95:  Musaei  pathicissimos  libellos  (griechisch?),  qui 
certant  Sybariticis  libellis,  .  .  lege  etc. 

8.    Die  Zeit  de8  Nerva  und  Trajan,  J.  96—117  n.  Chr. 

812.  Was  unter  der  verständigen  Regierung  Vespasians 
gewachsen  war,  dann  aber  vor  Domitian's  Despotismus  sich  scheu 
verkrochen  und  verleugnet  hatte,  das  wagte  unter  Nerva's  und 
Trajans  mildem  Scepter  sich  an  das  Tageslicht.  Wir  finden 
daher  in  dieser  Zeit  eine  grosse  Menge  von  Schriftstellern  auf 
allen  Gebieten  der  Literatur.  Die  Recitationen  sind  noch  in 
Blüte,  aber  bereits  im  Rückgange  begriflFen,  in  Folge  der  Unbe- 
deutendheit der  meisten  Erzeugnisse,  der  Uebersättigung  der 
Hörer,  und  weil  auch  die  praktische  Beredtsamkeit  jetzt  wieder 
grosseren  Raum  gewonnen  hatte.  Kein  Wunder  freilich  dass  die 
Erinnerung  an  das  Erlebte  die  meisten  Schriftsteller  mit  Bitterkeit 
und  Zorn  erfüllte,  nicht  blos  einen  Juvenal  imd  Tacitus  sondern 
sogar  den  zahmen  Plinius.  Persönlich  hatte  Nerva  Interesse  für 
Poesie  und  Literatur,  regierte  aber  zu  kurz  um  es  bethätigen 
zu  können.  Trajan's  (um  54 — 117  n.  Chr.)  Sinn  war  idealen 
Gebieten  weniger  zugekehrt  und  förderte  sie  nur  mittelbar.  Die 
alten  Klagen  über  das  Undankbare  der  Beschäftigung  mit  Kunst 
und  Poesie  wiederholen  sich  daher  auch  jetzt  mit  gleicher  Leb- 
haftigkeit. 


312.    Nerva  und  Traianus.  663 

1.  M.  Cocceius  Nerva,  Sohn  und  Enkel  von  Juristen  (oben  265,  2. 
,  3),  Cos.  I  mit  Vespasian  J.  71  —  824,  IL  mit  Doraitian  J.  90  =  843, 
iser  vom  18  Sept.  96  (849)  bis  27  Januar  98  (851);  vgl.  A.  Haakh  in 
iiljr's  Real-Enc.  V.  S.  692  f.  Nerva,  nostri  temporis  Tibullus,  sagt  Mar- 
L  VIII,  70  vgl.  IX,  26.  Plin.  Ep.  V,  3,  5 ;  oben  270,  7.  Erlass  bei  seinem 
^erongeantritt  Beilage  zu  Plin.  ad  Trai.  58. 

2.  M.  UIpiuB  Traianus  aus  Italica,  geb.  18  Sept.  53  =  806  (Die- 
ler  S.  9  f.  A.),  Cos.  91  =  844,  von  Nerva  adoptiert  Ende  Oct.  97,  Cos. 
38,  Kaiser  vom  27  Jan.  98  bis  7  oder  8  Aug.  117,  wo  er  (in  Kilikien) 
rb.  W.  Teuffei  in  Pauly's  Real-Enc.  VI,  2.  S.  2702-2711.  C.  Völker, 
imp.  .  .  Traiani  vita,  I.  Elberfeld  1859.  4.  J.  Dierauer,  Beiträge  zu 
er  kritischen  Geschichte  Trajan's,  in  M.  Büdinger's  Untersuch,  zur  röra. 
isergesch.  I  (1868)  S.  1—186.  C.  Peter,  Gesch.  Roms  III,  2.  S.  144—168. 
»  LXVIII,  7:  naii^f^ag  dnQißovg,  oarj  iv  Xoyoig^  ov  (ibtsöxs'  x6  ys  filv 
ov  avtr^g  %al  -qnicxazo  %al  ItcoCu.  Victor  Epit.  13,  7  f.:  magis  sim- 
dora  ingenia  aut  eruditissimos,  quamvis  ipse  parcae  esset  scientiac 
ierateque  eloquens,  diligebat.  Julian.  Caess.  p.  22  f.:  ytainsg  dvvdfisvog 
Biv  —  vno  (oid^vi/kiccg  knixQinnv  yuQ  elcid'si  tu  noXXa  zm  Zovga  (Lici- 
3  Sura)  ygatpeiv  vnsQ  ccvtov  —  (pd'syyonsvog  fiaXXov  ^  Xiyatv  iitedt^- 
ev  ttvtoCg  etc.  Plin.  paneg.  47:  quem  honorem  dicendi  magistris,  quam 
nationem  sapientiae  doctoribus  habes!  ut  sub  te  spiritum  et  sanguincm 
[>atriam  receperunt  studia!  quae  priorum  temporum  immanitas  exiliis 
iebat  etc.  .  .  at  tu  easdem  artes  in  complexu,  oculis,  auribus  habes. 
estas  enim  quaecumque  praecipiunt  etc.  Vgl.  A.  8.  Daher  ist  wahr- 
einlich  dass  auf  Trajan  (nicht:  Hadrian)  sich  bezieht  Juv.  7,  1  ff.:  et 
B  et  ratio  studiorum  in  Caesare  tantum;  solus  enim  tristes  hac  tempe- 
e  Camenas  respexit  etc.  Vgl.  W.  TeuffePs  Uebersetzung  S.  233  f.  Be- 
ders  begünstigte  Trgyan  den  Rhetor  Dio  Chrysostomoa  (Or.  XLV,  2, 
imp).  Vgl.  J.  Burckhardt,  im  N.  Schweiz.  Mus.  IV  (1864)  S.  97—122. 
ichtung  von  Bibliotheken,  bes.  der  Ulpia  (Dio  LXVIII,  16).  Auf  Denk- 
rdigkeiten  Trajans  deutet  Priscian.  VI,  13.  p.  205,  6  f.  H. :  Traianus  in 
aciconim:  inde  Berzobim  .  .  processimus.  Üeber  eine  Rede  Trajans  im 
at  am  1  Jan.  100  s.  Plin.  paneg.  67.  Dagegen  Fronto  ad  Ver.  II,  1. 
123  N. :  Nerva  (Trai.)  facta  sua  in  senatu  verbis  rogaticiis  commendavit. 
.  oben  aus  Julian.  Die  Antworten  Trajans  auf  die  Anfragen  des  Plinius 
unten  317,  6  u.  9)  sind  von  schlichter  Kürze  und  treffendem  Ausdruck. 
i8s  des  Tr.  bei  Plin.  Ep.  V,  13,  8. 

3.  Plin.  Ep.  V,  14,  6:  tandem  homines  non  ad  pericula,  ut  prius, 
am  ad  honores  virtute  perveniunt.  Unter  Domitian  (bes.  in  seinen  letz- 
Jahren,  cum  profiteretur  odium  bonorum,  Plin.  paneg.  95)  war  suspecta 
US,  inertia  in  pretio  (ib.  VIII,  14,  7).  Helvidius  z.  B.  metu  temporum 
len  ingens  paresque  virtutes  secessu  tegebat  (ib.  IX,  13,  2).  Priorum 
iporam  servitus  .  .  reducta  libertas,  ib.  VIII,  14,  2  f.  vgl.  IX,  13,  4  (red- 

b  libertas).    Liberius  ideoque  etiam  libentius  scribitur,  ib.  III,  18,  6.' 
dia,  quae  prope  extincta  refoventur,  ib.  III,  18,  6.    Vgl.  A.  2  und  ib. 
I,  12,  1:  htterarum  senescentium  reductor  (Capito).     V,  17,  6:  faveo 
solo,  ne  Bit  sterile  et  effetum.    Dagegen  I,  10,  1:  si  quando  urbs  nostra 
»raliboB  studüs  floroit,  nunc  maxime  floret. 


^04  I^i<5  Kaiserzeit.    Erstes  Jahrhundert. 

4.  PHn.  Ep.  I,  13,  1:  magnum  proveutum  poetaruin  annus  hie  (97) 
attulit.  toto  mense  aprih  nullus  fere  dies  quo  non  recitarct  aliquis.  iuvat 
me  quod  vigent  studia,  ,  .  tametsi  ad  audiendum  pigre  eoitur,  was  dann 
näher  ausgeführt  wird.  Vgl.  ib.  III,  18,  4:  numquam  aut  valde  vacat 
Romae  aut  commodum  est  audire  recitantem.  VI,  17.  Juv.  1,  1  IF.  7,  40  ff. 
Tac.  dial.  9.  Plinius  selber  behandelte  diese  Vorträge  mit  grosser  Wich- 
tigkeit (ib.  VII,  17,  13.  VIII,  21,  4  ff.)  und  erstreckte  sie  auch  auf  gehal- 
tene Reden  (ib.  VII,  17). 

5.  Zahlreiche  Redner,  s.  unten  318,  1—5.  Indessen  vgl.  Plin.  Ep. 
II,  14,  2  ff.:  pauci  (sunt)  cum  quibus  iuvet  dicere.  ceteri  audaces  atque 
etiam  magna  ex  parte  adulescentuli  obscuri  etc.  (4.)  sequuntur  auditores 
actoribus  similes,  conducti  et  redempti  etc.  VI,  2,  5  ff.:  et  qui  dicunt  egisse 
malunt  quam  agere  et  qui  audiunt  finire  quam  iudicare.  Tac.  dial.  19: 
apud  iudices  qui  .  .  saepe  ultro  admonent  (oratorem)  atque  alio  transgrc- 
dientem  revocant  et  festinare  se  testantur. 

6.  Ueber  die  äussere  Lage  der  Schriftsteller  imd  Gelehrten  in  Rom 
8.  Juveuals  siebente  Satire. 

7.  J.  G.  Hulleman,  oratio  de  hterarum,  praesertim  latinarum,  apud 
Romanos  studiis  Nerva  Traiano  imperatore,  Lugd.  Bat.  1858.  46  pp. 
H.  Thiersch,  Politik  und  Philosophie  in  ihrem  Verhältniss  zur  Religion 
unter  Trajauus,  Hadrianus  und  den  beiden  Antoninen,  Marburg  1853. 

313.  Von  den  Dichtern  der  trajanischen  Zeit  ist  der  be- 
deutendste D.  Junius  Juvenalis  aus  Aquinum  (etwa  J.  47— 
130  n.  Chr.),  welcher  bis  dahin  der  Rhetorschule  und  dem  Kriegs- 
dienste sich  gewidmet  hatte,  jetzt  aber  Satiren  zu  veröffentlichen 
begann.  Wir  haben  deren,  in  fünf  Bücher  abgetheilt,  sechs- 
zehn. Die  letzten  und  spätesten  sind  greisenhaft.  Die  eigent- 
lich charakteristischen  behandeln  die  socialen  Laster  Roms  in 
beredter  Ausmalung  und  oft  grausiger  Anschaulichkeit.  Die 
vorwiegend  dunkle  Grundfärbung,  die  immer  pathetische,  ge- 
hobene und  gedrungene  Sprache  und  die  Befolgung  eines  schul- 
gerechten Planes  bewirken  eine  gewisse  Eintönigkeit.  Die  Nainen 
sind  theils  typisch  oder  fingiert,  theils  der  Vergangenheit  ent^ 
nommen,  besonders  der  Zeit  des  Nero  und  Domitian.  Manches 
bleibt  unverständlich,   trotz  der  auf  uns   gekommenen  Scholien. 

1.  Für  Eenntniss  des  Lebens  von  Juvenal  bietet  am  meisten  die  von 
ihm  wahrscheinlich  unter  Domitian  im  Tempel  der  Ceres  Helvina  zu  Aqui- 
num gesetzte  Weihinschrift  (Mommsen  I.  R.  N.  4312  =  Orelli-Henzen  5599): 
(Cere)ri  sacrum  (D.  Iu)nius  luvenalis,  trib(unus)  coh(orti8  I)  Delmatarum, 
Il(vir)  quinq(uennali8) ,  flamen  Divi  Vespasiani,  vovit  dedica?(itq)ue  sua 
pec(unia).  Von  den  verschiedenen  Vitac  (abgedruckt  in  O.  Jahn'e  Ausg. 
von  1851 ,  p.  386—390)  ist  die  älteste  die  von  Valla  dem  Probus  zugeschrie- 
bene (I.  bei  Jahn),  beginnend:  lunius  luvenaUs,  libertini  locupletis  incer- 
tum  filius  an  alunmus,  ad  mediam  fere  aetatem  declamavit,  animi  magis 


,313.    Juvenaliß.  665 

caasa  quam  quod  scholae  se  aut  foro   praepararct.     Sat.   15,  27  (nuper 

eonsule  lunco)  zeigt  dass  Jiiv.    das   Consulat   des  (Acmilius)  lunciis   vom 

J.  127  =  880  am  einige  Zeit  überlebt  hat.    üeber  sein  Lebensende  berichtet 

Viia  I:  octogenarius  urbe  summotus  est,  .   .     verum  intra   brevissimura 

tempus  angore  ac  taedio  periit;  II:  revertitnr  luvenalis  Romam,  qiü  tan- 

dem  ad  Nervae  et  Traiani  principatum  supcrvivens  senio  et  taedio  vitae 

confectns  .  .  spiritam  cum  tussi  expiüt;  III:  tristitia  et  angore  periit  anno 

aetatis  euae  altero  et  octuagesimo ;  IV:  decessit  longo  senio  confectus  exul 

Antonino  Pio  impcratore.    Jedenfalls  kann  er  nicht  früher  als  unter  Hadrian 

gestorben  sein,  da  er  in  Sueton's  viri  illustres  keine  Aufnahme  fand.   Vgl. 

auch  A.  2. 

2.  Dass  Juvcnalis  verbannt  wurde  ist  sicher;  fraglich  aber  warum, 
wann  und  wohin.  Das  Sicherste  bietet  Sidon.  Apoll,  carm.  IX,  267  ff. :  non 
qui  tempore  Caesaris  secundi  aeterno  incoluit  Tomos  reatu,  nee  qui  con- 
simili  deinde  casn  ad  vulgi  teuuem  strepentis  auram  irati  fuit  histrionis 
exul.  Die  vitae  bringen  es  mit  Sat.  7,  90  (quod  uon  dant  proceres  dabit 
histrio  etc.)  in  Zusammenhang,  welche  Worte  in  ihrem  Contexte  keine 
Beleidigning ,  kaum  einen  Tadel  des  histrio  enthalten  und  daher  Derartiges 
erat  durch  die  Art  ihrer  Verwendung  bekommen  haben  können.  Am  glaub- 
lichsten ist  desshalb  dass  unter  Trajan  oder  (wahrscheinlicher)  Hadrian  die 
Verse  im  Theater  vom  Volke  dem  betr.  histrio  zugerufen  wurden,  wofür 
dieser  seinen  Zorn  an  deren  unschuldigem  Dichter  ausliess,  da  er  am 
Volke  es  nicht  konnte.  W.  Teuffei,  Uebersetzung  S.  151  f.  Jedenfalls 
kann  die  Verbannung  nicht  (mit  Malala  und  Suidas)  unter  Domitian  gesetzt 
werden,  schon  weil  noch  für  dessen  letzte  Jahre  Juvenals  Anwesenheit  in 
Rom  durch  Martialis  (VII,  24.  91.  XII,  18)  be^^ugt  ist.  Die  Verbannung 
erfolgte  unter  der  Form  einer  militärischen  Verschickung,  wahrscheinlich 
nach  Britannien  (vita  des  cod.  Bonon.r  Traianus  .  .  fecit  oum  praefcctum 
militum  contra  Scotos,  qui  bellum  Romanis  moverant,  ibi  ut  luvenalis 
interficeretur),  wo  die  Cohorte  bei  welcher  Juvenal  früher  Offizier  gewesen 
war  (s.  A.  1)  in  den  Jahren  104,  106,  124  n.  Chr.  stand.  Dass  der  Ver- 
bannungsort Aegypten  war  schliessen  die  meisten  vitae  aus  Sat.  15,  45, 
welche  Stelle  nur  beweist  dass  Juv.  irgend  einmal  sich  dort  aufhielt. 

3.  J.  V.  Francke,  examen  criticum  luv.  vitae  (Altona  1820),  und  Do 
vita  luv.  quaestio  altera  (Dorpat  1827  fol.).  C.  A.  Bauer,  krit.  Bemer- 
kungen über  einige  Nachrichten  aus  d.  Leben  d.  Juv.,  Regensburg  1833. 
G.  Pinzger  in  Jahn's  Jahrb.  XIV  (1835)  S.  261  ff.  W.  Teuffcl,  ebd.  XLIII 
(1845)  S.  103—116;  Uebersetzung  d.  Juv.  S.  148—153.  B.  Borghesi,  intomo 
^r  etä  di  Giovenalc,  Rom  1847  =*  Oeuvres  V.  p.  49—76.  C.  Synnerberg, 
de  temporibus  vitae  carmiuumque  luv.  rite  constituendis ,  Helsingfors  1866. 
92  pp. 

4.  Die  Eintheilung  in  5  Bücher  ist  diejenige  nach  welcher  bes.  Pris- 
cian  zu  citieren  pflegt;  s.  M.  Hertz's  Ausg.  II.  p.  537  f.  Die  Ordnung  der 
einzelnen  Stücke  spheint  die  chronologische  zu  sein.  Die  Echtheit  der 
beiden  letzten  ist  mit  unzureichenden  Gründen  angefochten  worden  von 
Heinrich  und  C.  Kempf  (Observationes  in  luv.,  Berlin  1843 ,  und  De  luv. 
sat  XV  lavenali  abiudicanda,  Berlin  1853.  4.);  s.  W.  Touffel  und  W.  Hertz- 
berg in  ihrer  Uebersetzung  S.  153  f.  341  f.    Gegen  die  bodenlose  Kritik  von 


jB  Die  Kaiserzeit.    Erstes  Je^rhundert. 


.  Ribbeck,  zuerst  in  seiner  Textausgabo  (Lips.  1859)  and  in  der  Sjmb. 
Iiilol.  Bonn.  p.  1  —  30,  dann  zusammengofasst  in  der  Schrift  Der  echte 
^d  der  unechte  Juvenal  (Berlin  1865),  s.  W.  Teuffei  a.  a.  0.  8.  154.  209. 
146.  252.  250,  und  die  Vindiciae  iuvenalianae  von  B.  Lapns  (Bonn  1864) 
Ond  0.  Meinertz  (Königsberg  1866),  auch  0.  Jahn's  Ausgabe  von  1868,  p.  9  f. 
Vita  IV  (eine  der  kürzesten  und  besten):  in  exilio  ampliavit  satiras  et 
pleraque  mutavit.  Wirklich  führt  Vieles  auf  die  Annahme  einer  doppelten 
Redaction  durch  den  Dichter  selbst;  s.  W.  Teuffei  im  Rhein.  Mus.  XX^ 
S,  153  f.  473-479.  XXI.  S.  155—158.  Was  0.  Jahn  dagegen  bemerkt  (ed. 
von  1868,  p.  10)  wäre  nur  dann  von  Erheblichkeit  wenn  es  sich  in  den 
betr.  Stellen  (I,  73—80.  III,  113—118.  V,  92—100.  VI,  178  ff.  589  ff.  IX,  118ff.)i 
um  einfache  Wiederholungen  handeln  würde  und  nicht  vielmehr  um  zweier- 
lei einander  ausschliessende  Darstellungen. 

5.  Juv.  1,  22  ff.:  cum  teuer  uxorem  ducat  spado  etc.    .  .  difQcilc  es 
satiram  non  scriberc  (30).    (79  f.)  si  natura  negat,  facit  indignatio  versum 
qualemcumque  potest,  quales  ego  vel  Cluvienus.    150  ff.:  dicas  hie  forsik: 
an:  unde  .  .  illa  priorum  scribendi  quodcumque  animo  flagrante  tiber^ 
simplicitas,  cuius  non  audeo  dicere  nomen?  .  .    (170  f.)  ezperiar  quid  cod 
cedatur  in  illos  quorum  Flaminia  tegitur  cinis  atque  Latina.    Nicht  mehr 
Lebende  also  vrill  der  Dichter  zum  Gegenstande  seiner  Satiren  macheD; 
und  es  werden  von  Lebenden  auch  nur  Marius  Priscus ,  Isaeus ,  Archigene« 
und  Galliens  genannt,  mit  Ausnahme   des  Ersteren  alle  in  verbindlicbcr 
Weise,   also   ähnlich   wie   bei   Martial  (oben  304,  6}  und  Plinius  (unten 
317,  6).    Die  andern  Namen  gehören,  soweit  sie  wirkliche  Personen  be- 
zeichnen, der  Vergangenheit  an,  vielfach  einer  sehr  entfernten,  wie  der 
des  Cicero  oder  gar  Lucilius.     Es  sind  somit  Schatten  gegen  welche  der 
Satiriker  kämpft,  aber  solche  die  in  der  Gegenwart  Abbilder  genug  hab( 
Er  bekämpft  sie  daher  auch  als  gegenwärtige.     Das  rhetorische  P« 
lässt  es  aber  nur  sehr  selten  (wie  II,  29  ff.  IV,  37  ff.  VIII,  212  ff.)  zu 
genaueren  Zeitbestimmung  kommen.     Dieses  Pathos  sncht  und  hebt 
dunkelsten  Farben  und  lässt  den  Satiriker  als  das  Gegentheil  eines  I( 
listen ,  als  schwarzsichtigen  Pessimisten  und  Nihilisten  erscheinen.    U( 
haupt  haben  den  Juvenal  die  Gewöhnungen  der  Rhetorschule  (I,  1^ 
auch  zur  Satire  begleitet.     Daher  die  Aufstellung  fest  abgegrenzter 
men  für    die    einzelnen    Stücke   und  die   nüchterne,   geradlinige 
führung  des  jedesmaligen  Themas  bald  mit  einförmigen  Uebergänge| 
absichtlich  ohne  Vermittlung  der  einzelnen  Theile.    Daher  auch  der 
fort  gehobene  Ton,  die  künstüche  Gedrängtheit  der  Sprache  nebei 
rischer  UnersättUchkeit  in  Häufung  der  Wendungen  und  Beispiele, 
sind  die  Verse  mit  Absicht  markig  und  volltönend  gebildet.    W, 
in  der  üebersetzung  S.  155—167. 

6.  Unter  den  früheren  Schriftstellern  verräth  Juvenal  Bek< 
besonders  mit  Horaz  (z.  B.  5,  107  =  Hör.  Ep.  I,  1,  40)  und 
(z.  B.  2,  100  =  Aen.  XII,  94;  3,  198  =  Ae.  II,  311;  5,  138  ff.  = 
XII,  475;  6,  133  f.  =  Ge.  III,  282);  am  häufigsten  aber  berü] 
mit  seinem  Freunde  Martialis  (z.  B.    6,  184  =>  M.  X,  68;   6J 
M.  VI,  23;  6,  492  ff.  =  M.  II,  66). 

7.  Zu  den  Satiren  des  Juv.  sind  zwei  Glassen  von  Sohl 


313.    Juvenaliß.  667 

liefert.     Die  eine  reicht  in  ihrem  Kerne  wohl  bis  ans  Ende  des  vierten 

Jahrh.  zurück  und  enthält  trotz  grosser  Verderbniss  nicht  wenige  Spuren 

alier    echter  Gelehrsamkeit.    Sie  finden  sich  in  dem  codex  Pithoeanus  (jetzt 

in  Montpellier,  Nr.  125)  saec.  IX  und  dem  Sangallensis  (D  476)  saec.  XI 

und    Bind  darnach  herausgegeben  von  P.  Pithoeus  (J.  1585),  A.  W.  Gramer 

(J.  1823),  verbessert  von  L.  Schopen  in  Heinrich's  Aus^.  (1839)  I.  p.  156— 

^-*    (annotationes  criticae  dazu  p.  325—440),  am  besten  in  0.  Jahn's  Ausg. 

^öa    1851,  p.  171—385.     Aus  einer  derselben  Gattung  zugehörigen,   aber 

'vollständigeren  Hds.  waren  diejenigen  welche  Georg.  Valla  Venet.   1486 

^  Scbolien  des  Probus  veröffentlichte,  welche  aber  kaum  bis  zu  Sat.  8 

'klebten.    Die  zweite  Classe  trägt,  wie  die  zu  Persius  (oben  285,  6),  den 

^amen  des  Comutus  (Cornuti  expositio  super  toto  libro  luvenalis),  findet 

^<^H  in  jüngeren  Hdss.  (bes.  Laurent.  52,  4.  saec.  XV),  stammt  wohl  aus 

^^^  karolingischen  Zeit  und  ist  ebenso  wortreich  als  inhaltsleer;  s.  0.  Jahn*s 

'^^^.  des  Pers.  p.  CXVI— CXXXI.    Proben  davon   bei  Schopen  (unedierte 

^^holien  zu  Juv.  III,  Bonn  1847.  4.),  K.  F.  Hermann  (Schediasma  de  scholio- 

*^m  ad  luv.  genere  deteriore,  Gotting.  1849.  4.)  und  Gigch  (Apparatus 

^•fiücus  ad  luv.,  Lugd.  Bat.  1849;  Tria  capita  ad  luv.  eiusque  scholiastas 

^pectantia,  ib.  1860). 

8.  Ebenso  zerfallen  auch  die  Handschriften  der  Satiren  selbst  in 
^^ez  Glassen.  Von  der  älteren  ist  nur  der  Budensis  oder  Pithoeanus  (P  bei 
^ahn)  saec.  IX  (s.  A.  7)  erhalten ,  und  auch  dieser  von  einer  späteren  Hand 
^lach  der  zweiten  Classe  gründlich  durchcorrigiert.  Ganz  verschollen  ist 
die  gleichartige  Hds.  des  Ge.  Valla  und  von  der  St.  Galler  (A.  7)  der  Text 
des  Juvenal.  Nur  bis  5,  96  reicht  eine  Wiener  Hdschr.  saec.  X,  über 
welche  s.  A.  Göbel  in  den  Sitzungsberichten  der  Wiener  Akad.  XXIX  (1859) 
8.  73  ff.  Sehr  zahlreich  sind  dagegen  die  Hdss.  der  zweiten,  interpolierten 
und  stark  verderbten  Classe.  Zwei  derselben  (Mediceus  und  Leidensis)  saec. 
XI  haben  die  subscriptio :  Legi  ego  Niceus  Romae  apud  Servium  magistrum 
et  emendavi.  Die  Grammatiker  welche  Stellen  aus  Juv.  citieren  folgen  meist 
den  Lesarten  dieser  zweiten  Classe.  C.  Fr.  Hermann ,  de  codicibus  luvenalis 
rede  existimandis  (Gotting.  1847.  4.)  und  Vindiciae  luvenalianae  (ib.  1854.  4.). 
O.  Jahn  in  seiner  Ausg.  von  1868,  p.  5—9.  Vergebliche  Versuche  die 
Classe  des  Nicaeus  als  die  bessere  zu  erweisen  machte  A.  Häckermann,  der 
pitböanische  Codex  des  Juv.  I.  Greifswald  1856.  4.;  die  Exegese  C.  F. 
Hermanns  und  die  Kritik  des  Juv.,  Greifsw.  1857;  der  pith.  Codex  des  Juv., 
Philologus  XIL  S.  658—695.  XVI.  S.  412—449.  XVII.  S.  481—491;  com- 
mentatio  in  luv.  satiras,  Greifswald  1867.  4. 

9.  Aufzählung  der  Ausgaben  des  Juv.  bei  Ruperti  I.  p.  CLXIV — 
CCLIII.  Besonders  erwähnenswerth  sind:  Ed.  princeps,  Venet.  1470  u.  Rom. 
um  1470  (fol.).  Cum  comment.  D.  Calderini  (Venet.  1475.  4.  1495.  fol.), 
G.  Vallae  (Venet.  1486.  fol.),  Cald.,  Vallae,  Mancinelli  (Venet.  1492.  fol.), 
nebst  Merulae  (Venet  1498.  fol.).  Aid.  (1501.  8.).  Cum  comm.  Britannici 
(Brix.  1501.  fol.  u.  ö.).  Cum  notis  Pulmanni  et  Hadr.  Junii  (Antv.  1565.  8.), 
Fr.  Pithoei  (Lutet.  1585.  8.);  Schol.  Britann.,  Pith.,  Gurion.  Pulmann. 
(Lutet.  1602.  4.).  Cura  N.  Rigaltii  (Lutet.  1613.  4.  1616.  12.).  Ed.  Gran- 
gaeoB  (Paris  1614.  4.).  Cum  scholl,  et  comm.  ed.  H.  C.  Henninins  (mit 
Persius,  Ultraiect  1685.  4.  Lugd.  Bat.  1695.  4.).     Cum  perp.  comm.  ed. 


(^8  I^ic  Kaiscrzeit.     Erstes  Jahrhundert. 

G.  A.  Buperti  (2  Voll.,  Lips.   1801;  Auszug  davon,  Gotting.  1803.  1819) 

Ed.  N.  L.  Achaintre  (Paris  18L0.  2  Voll.),  N.  E.  Lemaire  (Paris  1823.  2  Voll) 

Reo.  et  ann.  E.  W.  Weber  (Weimar  1825.  8.).     In  J.  C.   Orelli  Ecloga^= 
poett.  lat.  (Sat.  4.  8.  10.   15.),  W.  E.  Webers  Corpus  poett   latt  p.  113 


—1173.    Ex  emend.  et  c.  comm.  C.  F.  Heinrichii;  acc.  scholia  vetera  (Boni — : 
1839.  2  Voll.).     Cbm  schoms  veteribus  recensuit  et  emendavit  0.  .lahifc^ 
Berol.  1851. 

Texte  von  A.  Häckermann  (Lips.  1851),  C.  F.  Hermann  (Lips.  Teub  - 
ner  1854),  0.  Ribbeck  (s.  A.  4),  0.  Jahn  (Berol.  1868). 

Juv.  satt,  delectus,  cum  uotis  ed.  C.  Schmidt,  Bielefeld  1835.  Sai^- 
tres  (3,  4,  5)  ed.  C.  L.  Roth,  Nürnberg  1841. 

10.  Uebersetzungon  von  0.  v.  E&ugyviiz  (Leipzig  1818),  J.  J.  C.  DonnÄ--» 
(Tübi.  1821),  W.  E.  Weber  (Halle  1838),  Hausmann  (mit  lat.  Text,  Leir» - 
zig  1839),  A.  Häckermann  (Bd.  I,  Sat.  1—5,  Greifswald  1847),  E.  C.  J.  ^r-. 
Siebold  (mit  lat.  Text  und  Erläuterungen,  Leipzig  1858),  AI.  Berg  (Stutt- 
gart, Hoffmann  1862  f.  3  Bdchn.),  W.  Hertzberg  und  W.  TeufFel  (mit Ein- 
leitungen und  Anmerkungen,  Stuttgart,  Metzler  1864—1867,  3  Bdchn.). 

11.  lieber  Juvenal  s.  Manso  in  den  Nachträgen  zu  Sulzer  VL  S.  204 
— 342.    Nisard,  etudes  .  .  sur  les  poöteslatins  de  la  decadence  (Paris  1824) 
I.  p.  241  ff.  U.  p.  101—174.     W.  Teutfel  in  Pauly's  Real-Enc.   IV  (1845?. 
S.  535—539.    Völker,  Juvenal;  ein  Lebens-  und  Charakterbild,  Elberfeld 
1851.     C.  F.  Hermann  vor  seiner  Ausg.  (1854)  p.  IH— XVIII.     Munding, 
üb.  d.  Sat.  d.  J.  in  religiöser  und  sittlicher  Beziehung,  Rottweil  1865.  4. 
A.  Widal,  Juvdnal  et  ses  satires;  dtudes  littdrairos  et  morales,  Paris  1869. 

12.  Beiträge  zur  Textkritik  und  Erklärung  von  J.  R.  Heinecke  (Animad- 
versiones,  Halle  1804),  G.  Pinzger  (de  versibus  spuriis  et  male  snspeÄ 
Breslau  1827.  4.),  J.  N.  Madvig  (de  locis  aliquot  luv.  interpretandis,  Opusc. 
acad.  I.  p.  29—63.  II.  p.  167—205),  Com.  Muller  (de  locis  aliquot  etc.  Ham 
bürg  1830.  4.),  C.  F.  Hermann  (spicileg.  annotationum  ad  sat  III,  4.  Mar 
bürg  1839.  4.  De  sat.  VII  temporibus,  Gotting  1843.  4.),  C.  Kempf  (Obser- 
vationes  in  luv.  aliquot  locos  interpretandos ,  Berol.  1843),  G.  G.  Matthias 
(Obscrvat.  in  sat.  1.  Marburg  1844.  4.),  N.  Mohr  (spicileg.  annotatt  ad  I. 
sat.  1  et  2,  Dorpat  1845),  A.  L.  Dollen  (Beiträge  zur  Kr.  u.  Erkl.,  Kiew 
1846),  Bogen  (de  locis  al.  luv.  explicandis  etc.  Bonn  1849),  A.  Häckermann 
(in  Jahns  Archiv  XVI,  XVII  und  der  Berliner  Zeitschr.  f.  Gymu.  1866), 
A.  Schmidt  (de  locis  aliquot  etc.  Halle  1851),  J.  T.  H.  Wolters  (comm.  lit 
in  sat.  L,  Walddüren  1853),  A.  Göbel  (luvenaliana,  Conitz  u.  Berlin  1859. 
4.),  Borghesi  (annotazioni,  Oeuvres  V.  p.  509—536)  u.  A.  (vgl.  Anm.  4  u.  8). 

G.  Lehmann,  autiquitates  Rom.  domesticae  in  luv.  satt,  iliustratae,  I 
Halle  1867. 

314.  Wie  verbreitet  noch  in  der  Zeit  des  Trajan  Gewandt- 
heit in  verschiedenen  Formen  der  Poesie  war  beweist  die  an- 
sehnliche Zahl  solcher  Männer  von  denen  wir,  vorzugsweise 
durch  den  jüngeren  Plinius,  wissen  dass  sie  Verse  gemacht  und 
veröffentlicht  haben.  So  Octavius  Rufus,  der  einflussreiche  Titi- 
nius  Capito,  femer  der  Nachahmer  des  Propertius  und  Horaz,  Pas- 


^ 


313  f.    Juvenal  uiid  dichtende  Zeitgenossen.  QQQ 

3eiir:M.^jis  Paulus,  auf  dem  Gebiete  des  Epos  Caninius,  in  melischen 
Masj^^n  Sentius  Augurinus,  weiter  Vergilius  Romanus,  der  Ver- 
fasse :»r  von  Komödien  und  Mimiamben,  und  andere.  Grössere 
ProVi^^n  besitzen  wir  nur  von  den  Gedichten  des  Rhetors  P.  An- 
niuä.      Florus  aus  Afriea. 

a.  Pliu.  Ep.  I,  7  (Octavio  Rufo),  5:  tu  me  tuis  (versibus)  agere  nou 
pate^-Ss,  quorum  tanta  cupiditate  ardeo  ut  etc.  II,  10  (Octavio),  1:  hominem 
tc  .     .     crudelem  qui  tarn  insigues  libros  tarn  diu  teneas!  .  .  (3.)  enotueruut 

qai(i.^in  tui  versus  etc.     Vielleicht  der  Rufus    über  welchen  ib.  IX,  38: 

legi     librum  (desselben)  omnibus  numeris  absolutum. 

^.    Cn.  Octavius  Titinius  Capito, .  .  proc(urator)  (Domitians)  ab  epi- 

stuli^   et  a  patrimonio,  iterum  ab  epistulis  divi  Nervae,  .  .  ab  epistul(is) 

tertio  imp(eratoris)  Nervae  Caesar(i8)  Traiani  Aug(u8ti)  Ger(manici),  Orelli 

801«       Clarissirai  cuiusque  vitam  egregiis  carminibus  (Epigramme V)  exornat, 

Plia.    Ep.  I,  17,  3  vgl.  VIII.  12,  4  f.:  scribit  exitus  inlustrium   virorum  .  . 

qua^i  funebribus  laudationibus.    V,  8,  1:  suades  ut  historiam  scribam. 

3.  Caninius  (Rufus)  bellum  dacicum  scribere  parat,  und  zwar  im 
heroischen  Masse  der  Griechen,  Plin.  Ep.  VIII,  4,  1.  3  ff.  vgl.  IX,  33,  1.  11. 
h  ^    (Caninio  Rufo),  1  (quid  agit  Comum,  tuae  meaeque  deliciae?)  u.  3  ff. 

4.  Pliu.  Ep.  VI,  15,  1:  Passennus  Paulus,  splendidus  eq.  rom.  et 
^         ^  primis  eruditus,  scribit  elegos.  gentilicium  hoc  illi:  est  enim  municeps 

^^perti  atque  etiam  inter  maiores  suos  Propertium  numerat.  IX ,  22 : 
^  magna  me  sollicitudine  affecit  Passenni  Pauli  valetudo.  .  .  si  elegos  eius 
^,x       '"  ttianus  sumpseris  leges  opus  tersum,  moUe,  iucundum  et  plane  in  Pro- 

l*€rti  domo  scriptum,     nuper  ad  lyrica  deflexit,  in  quibus   ita  Horatium 

^t  in  illis  illum  alterum  effingit.     .  .  magna  varietas,  magna  mobilitas. 

^Jnat  .  .  ,  dolet  .  . ,  laudat  .  .  ,  ludit  etc. 

5.  Plin.  Ep.  V,  17,  1  f.:  nuntio  tibi  fuisse  me  hodie  in  auditorio  Cal- 
Purni  Pisonis  (Cos.  111?).  recitabat  nataatBQtafidiv  eruditam  sane  . .  materiam. 
Scripta  elegis  erat  fluentibus  et  teueris  et  enodibus,  subUmibus  etiam  etc. 

6.  Plin.  Ep.  IV,  27:  audivi  recitautem  Sentium  (Borghesi:  Serium) 
Aagurinum  cum  .  .  admiratione.  poematia  appellai  multa  tenuiter,  multa 
sublimiter,  multa  venuste ,  multa  .  .  cum  bile.  Folgt  eine  Probe  in  Uende- 
kasyllaben  in  der  Weise  des  Catull ,  Calvus  und  Plinius  (unten  317,  4).  Vgl. 
ib.  IX,  8:  omnia  scripta  tua  pulcherrima,  maxime  tamen  illa  de  nobis. 

7.  Plin.  Ep.  VI,  21,  2:  nuper  audivi  Vergilium  Romanum  paucis 
legentem  comoediam  ad  exemplar  veteris  comoediae  scriptam.  (4.)  scripsit 
mimiambos,  .  .  scripsit  comoedias  Menandrum  aliosque  aetatis  eiusdem 
aemalatus.  .  .  nunc  primum  se  in  vetere  comoedia  .  .  ostendit.  non  illi 
vis,  .  .  non  amaritudo,  .  .  non  lepos  defuit.  ornavit  virtutes,  insectatus 
est  vitia,  fictis  nominibus  decenter,  veris  usus  est  apte.  circa  me  .  .  be- 
nig^itate  nimia  modum  excessit  etc. 

8.  M.  Pomponius  M.  f.  Bassulus  auf  der  Inschrift  aus  Aeclanum 
bei  Mommsen  I.  R.  N.  1137  =  Henzen  5605  =  Bachelor,  Gieifswalder 
Katalog  1870,  p.  12:  ne  more  pecoris  otio  transfungerer,  Menandri  paucas 


670  I^ie  Eaiserzeit.    Erstes  Jahrhundert. 

vorti  scitas  fabulas,  et  ipsus  etiam  sedulo  finxi  novas.  id  quäle  quälest 
chartis  mandatum  diu.  Die  Correctheit  der  Verse  uud  die  personlicheu 
Verhältnisse  des  Verf.  machen  die  Zutheilung  in  die  zweite  Hälfte  des 
ersten  Jahrh.  (Mommsen  im  Hermes  HI.  S.  465—467)  oder  die  Zeit  Trajans 
(Bücheier)  wahrschemlich. 

9.  Im  Allgemeinen  als  Dichter  werden  genannt  Silius  Proculus  (Plin. 
Ep.  ni,  15),  Cluviemis  (Juv.  1,  80);  als  Schriftsteller  überhaupt  lulius  Avi- 
tus  (quantum  legit,  quantum  scripsit!  Plin.  Ep.  V,  21,  5),  Geminus  (ib. 
IX,  11,  1),  Atrius  oder  Satrius  (ib.  TX,  35),  Nonius  Maximua  (ib.  IV,  20 
vgl.  V,  5). 

10.  Ueber  Annius  Florus  s.  unten  318,  7. 

316,  Unter  den  Prosaikern  der  trajanischen  Zeit  nimmt 
die  erste  Stelle  ein  Cornelius  Tacitus  (um  J.  54— 119  n.  Chr.), 
Cos.  97  n.  Chr.  Auch  bei  ilun,  wie  bei  Juvenal,  fielen  die  besten 
Lebensjahre  unter  die  Regierung  des  Domitian^  wo  das  Grauen 
und  die  Entrüstung,  ohne  Entladung  nach  aussen  ins  Inuerete 
zurückgedrängt,  die  ganze  Denkweise  verbitterten.  Seine  Sym- 
pathien gehören  der  aristokratischen  Republik,  aber  sein  Ver- 
stand überzeugt  ihn  von  der  Nothwendigkeit  der  Monarchie. 
Auch  hat  er  die  Abneigung  des  Aristokraten  und  des  Doctrinärs 
gegen  alles  laute  Wesen,  jedes  schroflFe  Handeln  und  theilt  die 
herrschende  Stimmung  der  Resignation,  die  er  auch  theoretisch 
zu  rechtfertigen  bemüht  ist.  Als  Geschichtschreiber  sucht  Ta- 
citus vor  Allem  das  Thatsächliche  zu  ermitteln.  Er  folgt  den 
besten  Quellen,  aber  häufig  ohne  sie  zu  nennen,  und  sichtet  sie 
mit  strengem  Urteil.  Das  Ergebniss  seiner  gewissenhaften  Prü- 
fung spricht  er  unverhohlen  aus,  seine  eigene  Ansicht  meist  nur 
durch  die  Färbung  seiner  Ausdrücke  verrathend.  Seine  Behand- 
lung des  Stoffes  ist  eine  pragmatische:  er  sucht  mit  Eifer  nach 
den  Ursachen  des  Geschehenen  imd  findet  sie  theils  in  den  Ver- 
hältnissen, theils  in  den  Menschen.  Jene  erkennt  er  bald 
als  fatalistisch  nothwendige,  bald  als  zufällige.  Besonders  an- 
ziehend ist  es  ihm  die  psychologischen  Zusammenhänge  der 
Thatsachen  zu  ermitteln,  und  hierin,  in  der  Charakterzeichnung 
und  psychologischen  Analyse,  entwickelt  Tacitus  eine  Meister- 
schaft ohne  Gleichen.  Der  Grundton  seiner  Darstellung  ist 
entsprechend  dem  Gegenstande,  ernst,  wehmütig,  bitter.  Der 
Geschichtschreiber  hütet  sich  vor  Allem  was  seine  würdevolle 
Haltung  beeinträchtigen  könnte,  offener  Rhetorik  wie  leiden- 
schaftlichen Ergüssen;  wohl  aber  weiss  er  sie  zu  erhohen  durch 
künstlerische  Sorgfalt   und   Berechnung   und    durch    eine  ganz 


.ä 


315.    Tacitus.    Leben  und  Charakter.  671 

eigenthümliche  Sprache.  Eine  Zeit  laug  schwankend  zwischen 
Mustern  der.  classischen  Zeit  entscheidet  sich  diese  schliesslich 
für  die  poetisch  gefärbte  und  pointierte  Schreibweise  der  Gegen- 
^wart,  doch  so  dass  sie  mit  ihrer  epigrammatischen  Prägnanz, 
Neuheit  und  Kühnheit  die  Eigenschaften  der  silbernen  Latini- 
tüt  noch  steigert  und  durch  ihre  Schwierigkeiten  den  Leser  zum 
Verweilen  und  Nachdenken  nöthigt. 

1.  Vorname  Publius?  Im  Med.  I  ist  die  Ueberschrift  P.  Comelii 
Taciti  von  moderner  Hand;  die  Subscriptiouen  haben  P.  Corneli,  und  auch 
diese  theilweise  von  späterer  Hand.  W.  Studemund,  Eos  H.  S.  224  f.  vgl. 
L.  Urlichs,  ebds.  H.  S.  227,  I.  S.  246.  Der  z.  B.  im  cod.  Farnesianus  (C. 
Cornelii  Taciti  .  .  über  primus  u.  s.  w.  incipit)  und  angeblich  in  Hdss.  bei 
Sidon.  Apoll.  Ep.  IV,  14  in.  (C.  oder  Caius  Tacitus  .  .  ülpianorum  tempo- 
rum  consularis)  und  22  (cum  Cornelius  C.  Secundo  paria  suasisset)  sich 
findende  Vorname  C.  ist  entweder  vielmehr  Abkürzung  von  Cornelius  oder 
(wie  iu  andern  Fällen,  s.  oben  82,  1)  aus  dem  Anfangsbuchstaben  des 
Hauptnamens  entstanden.  Sonst  wird  bei  den  alten  Schriftstellern  die  den 
Tac.  erwähnen  (z.  B.  dem  jiingern  Plinius,  Flav.  Vopisc.  Aurelian.  2,  1 ; 
Orofl.  VII,  10.  19;  Sidon.  Apoll,  carm.  XXIII,  154)  ein  Vorname  desselben 
niemals  angegeben.  Ebenso  heisst  er  in  den  Subscriptionen  des  Mediceus 
II  einfach  Cornelius  Tacitus. 

2.  Geburtsort.  Flavius  Vopiscus  (Tac.  10,  3)  erzählt  von  dem 
Kaiser  Tacitus  (J.  275—276  n.  Chr.);  Corneliura  Tacitum,  scriptorem  histo- 
riae  augustae,  quod  parentem  suum  eundem  diceret,  in  omnibus  byblio- 
thecis  conlocari  iussit,  et  ne  lectorum  incuria  deperiret  librum  per  annos 
singulos  decies  scribi  publicitus  in  cunctis  archivis  iussit  et  in  bybliothecis 
poni.  Da  nun  dieser  Kaiser  aus  Interamma  gebürtig  war  und  dort,  wie 
sein  Bruder  Florianus,  eine  Statue  mit  Kenotapli  hatte  (Vopisc.  Florian. 
2,  1  =«  Tac.  15,  1),  so  versetzte  man  bereitwillig  dorthin  auch  den  Histo- 
riker, und  die  Stadt  (jetzt  Terni)  errichtete  diesem  im  J.  1514  eine  Bild- 
säule (Angeloni,  storia  di  Terni  p.  42  ff.).  Aber  auch  wenn  der  verwandt- 
schaftliche Zusammenhang  zwischen  dem  Historiker  und  dem  Kaiser  Tac. 
richtig  wäre,  würde  daraus  noch  keineswegs  Gleichheit  des  Geburtsortes 
folgen;  und  die  Bezeichnung  des  Sejanus  als  municipalis  adulter  (A.  IV,  3) 
macht  unwahrscheinlich  dass  der  Historiker  selbst  aus  einem  Municipium 
stammte.  Vielmehr  wird  hienach  als  sein  Geburtsort  Rom  anzunehmen 
sein. 

8.  Plin.  n.  h.  VH,  17,  76  nach  der  Erwähnung  eines  Falls  von  unnatür- 
lich früher  Körperentwicklung  imd  ebenso  frühzeitigem  Tode:  ipsi  non 
pridem  vidimus  eadem  ferme  omnia  .  .  in  filio  Corneli  Taciti  ec^uitis  romani, 
Belgicae  Galliae  rationes  procurantis.  Dieser  ist  wahrscheinlich  der  Vater 
unseres  Geschichtschreibers;  wenigstens  stimmt  die  Zeit  genau.  Jeden- 
falls stammte  Tac.  aus  einem  angesehenen  und  wohlhabenden  Hause,  wie 
sein  Bildungsgang  und  seine  politische  Laufbahn  zeigen. 

4.    Das  Geburtsjahr  des  Tacitus  lässt  sich  nur  durch  Combination 
verschiedener  Thateachen  mit  einiger  Wahrscheinlichkeit  ermitteln.    Wenn 


G72  I)ie  Kaiserzeit.    Erstes  Jahrhundert. 

er  Dial.  1  das  in's  Jahr  75  oder  76  (s.  outen  316,  1,  2)  gesetzte  Gespnkh 
iuvenis  admodum  mitangehört  haben  will,    so  würde  diess  ungefähr  auf 
das  18te  bis  208te  Lebensjahr  (somit  Geburt  um's  Jahr  56 — 59)  fuhren,  da 
Tacitus  selbst  (Agr.  7)  den  18 — 19jö,hrigen  Domitian  gleichfalls  als  iuvenis 
admodum  bezeichnet.     Doch   gebrauchen   andere  Schriftsteller   denselben 
Ausdruck  auch  von  21--23jährigen  Personen.    Agr.  9:  consul  (J.  77  =  830) 
egregiae  tum  spei  üliam  iuveni  mihi  despondit  ac  post  consulatum  (also 
J.  78)  coUocavit  et  statim  Britanniae  praepositus  est.    Kinder  scheint  Ta- 
citus aus  dieser  Ehe  wenigstens  zur  Zeit  des  Todes  von  Agricola  nicht 
gehabt  zu  haben ,  da  solche  in  dem  Epilog  des  Agricola  nicht  wohl  hätten 
übergangen  werden  können. 

5.  Rednerische  Bildung  und  Thätigkcit.    Dial.  2:  M.  Aper  et  lolius 
Secuudus   (oben  297,  3  f),    .   .  quos  ego  in  iudiciis  non  utrosque  modo 
studiose  audiebam  sed  domi  quoque  et  in  publice  assectabar ,  mira  studio- 
rum  cupiditate  et  quodam  ardore  iuvenili  etc.    Vielleicht  war  Quintiliaii 
(oben  307,  4)  auch  des  Tacitus  Lehrer.     Vgl.  Plin.  Ep.  VII,  20,  4:  equidem 
adolescentulus,  cum  iam  tu  fama  gloriaque  (als  Redner)  floreres,  te  sequi, 
tibi  „longo,  sed  proximus,  intervallo"  et  esse  et  haberi  concupiscebom. 
IV,  13,  11  an  Tac:  rogo  ut  ex  copia  studiosorum  quae  ad  te  ex  admira- 
tione  ingcnii  tui  convenit  circumspicias  praeceptores  quos  sollicitare  i)08- 
simus.     IX,  23,  2:  numquam  maiorem  cepi  voluptatem  quam  uuper  ei  ser 
mone  Corneli  Taciti.    narrabat  sedisse  se  cum  quodam  circensibus  proxi 
mis.     hunc  post  varios  eruditosque   sermones  requisisse:    „Italicus  es  an 
provincialis?"  se  respondisse:  „nosti  me,  et  quidem  ex  studiis.**    ad  hoc 
illum:  „Tacitus  es  an  Plinius?"    Von  philosophischen  Systemen  kennt  Tac. 
das  epikureische  und  stoische;  tief  können  aber  seine  Studien  hierin  nicht 
gegangen  sein;  s.  Agr.  4  (oben  40,  2).     Reden;  s.  Plin.  Ep.  II,  1,  G:  lao- 
datus  est  (Vergiuius  Rufus)  a  consule  Comelio  Tacito;  nam  hie  supremus 
felicitati    eins   cumuius   accessit,   laudator   eloquentissimus.     Derselbe  II, 
11,  2:  ego  et  Cornelius  Tacitus,  adesse  provincialibus  (von  Africa)  iusa 
(J.  100);  11,  17:  respondit  Cornelius  Tacitus  eloquentissime  et,  quod  exi- 
mium  oratiOni  ei us  inest,  asfivcog,    11,  9:  quod  ego  et  Tacitus  iniuncta  ad- 
vocatione  diligenter  et  fortiter  functi  essemus. 

6.  Politische  Laufbahn.  Uist.  I,  1:  dignitatem  nostram  a  Vespa- 
siano  (f  79  n.  Chr.)  incohatam,  a  Tito  (Juni  79  bis  Sept.  81)  auctam,  a 
Domitiano  (J.  81  —  96)  longius  provectam  non  abnuerim.  Den  Anfang 
pflegte  die  Quästur  zu  machen,  welche  Tacitus  sonach  spätestens  J.  79 
bekleidete;  und  diese  setzte  ein  Alter  von  mindestens  25  Jahren  voraus, 
was  also  auf  J.  54  als  (spätestes)  Geburtsjahr  führen  würde.  Daher  be- 
zieht Fr.  Uaase  die  iucohata  dignitas  auf  den  XXviratus,  L.  ürlichs  (de 
Agr.  p.  25.  Festgruss  S.  5  f )  auf  den  XVviratus.  Die  nächste  Stufe  nach 
der  Quästur  war  das  Volkstribunat  oder  die  Aedilität.  Agricola  hatte  das 
Volkstribunat  bekleidet  (Agr.  6) ;  vielleicht  dass  aber  aucta  eher  für  die 
Aedilität  des  Tacitus  spricht.  Dieses  zweite  Amt  muss  Tacitus  spätestens 
J.  81  inne  gehabt  haben.  Unter  Domitian  verzögerte  sich  seine  Beför- 
derung (zur  Prätur).  A.  XI,  11:  is  quoque  (Domitianus)  edidit  lados  sae- 
culares  (septimos  Domitianus  se  XIV  et  L.  Minucio  Rufo  coss.,  anno 
DCCCXXXXI,   Censorin.   d.  n.   17,  11;  also  J.   88  n.  Chr.  =  841  d.  St), 


315.    Tacitus.    Leben  und  Charakter.  G73 

Lisqae  intentius  affui  eacerdotio  quindecimvirali  praeditofi  ac  tunc  praetor. 

—  Von  Agricola,  welcher  im  August  93  starb,  Agr.  45:   nobis  tarn  lon- 

^aie  absentiae  (von  Born ,  wohl  aus  amtlichem  Anlass,  etwa  als  prätorischer 

Le^onslegat   in  Germanien)   condicione   ante   quadriennium   amissus  est. 

Bald  darauf  jedoch  muss  Tacitus  nach  Bom   zurückgekehrt  sein,   wegen 

Agr.  45:  mox  (nach  Agricola^s  Tod)  nostrae  duxere  Helvidium  in  carcerem 

manus,  nos  Maurici  Rusticique  visus,  nos  innocenti  sanguine  Senecio  per- 

fudit.    .  .  praecipua  sub  Domitiano  raiseriarum  pars  erat  videre  et  aspici. 

Consulat  unter  Nerva,  J.  97,  s.  A.  5.     Hadrians  Regierungsantritt  (Aug. 

117)  scheint  Tac.  noch  erlebt  zu  haben,  aber  zwischen  117  u.  120  gestorben 

zu  sein;  wenigstens  blieb  die  Absicht  (A.  lY,  24)  auch  die  Geschichte  der 

augusteischen  Zeit  zu  schreiben  unausgeführt. 

7.  Seine  eigene  Ansicht  über  das  Yerhältniss  zur  Vergangenheit 
spricht  wohl  Tacitus  aus  durch  den  Mund  des  C.  Cassius,  A.  XIV,  43: 
saepenumero,  P.  C,  in  hoc  ordiue  interfui  cum  contra  instituta  et  leges 
maiorum  nova  senatus  decreta  postularentur,  neque  sum  adversatus,  non 
quia  dubitarem  super  Omnibus  negotiis  melius  atque  rectius  olim  provisum 
et  quae  converterentur  in  deterius  mutari,  sed  ne  nimio  amore  antiqui 
moris  atudium  meum  extollere  vidercr.  simul  quidquid  hoc  in  nobis  aucto- 
ritatia  est  crebris  contradictionibus  destruendum  nou  existimabam,  ut 
maneret  integrum  si  quando  resp.  consiliis  eguisset.  Kaum  in  Widerspruch 
hiemit  steht  das  A.  III,  55  im  eigenen  Namen  als  Möglichkeit  Ausgespro- 
chene :  nisi  forte  rebus  cunctis  inest  quidam  velut  orbis  .  .  nee  omnia  apud 
priores  meliora,  sed  nostra  quoque  aetas  multa  laudis  et  artium  imitanda 
posteris  tulit.  Vgl.  H.  1,  3  in.  Besonders  bitter  wird  Tac.  bei  Missbrauch 
der  grossen  Vergangenheit  zur  Motivierung  kleinlicher  Quälereien  iu  der 
neuen  Zeit,  z.  B.  A.  III,  66.  IV,  19.  Antiquus  und  priscus  ist  bei  ihm 
immer  ein  Lob  (z.  B.  H.  II,  5.  64.  A.  VI,  32).  Bezeichnend  ist  auch  die 
Wärme  der  Aeusserung  A.  III,  60:  magna  eins  diei  species  fuit,  quo  sena- 
tus maiorum  beueficia,  sociorum  pacta,  regum  etiam  .  .  decreta  ipsorum- 
que  numinum  religiones  introspexit,  libero,  ut  quondam,  quid  firmaret 
mutaretve.  üeberhaupt  ist  des  Tacitus  Denkweise  aristokratisch  bis  zum 
Vorurteil;  das  adelige  Blut  an  sich  hat  in  seinen  Augen  hohen  Werth; 
s.  A.  IV,  3.  VI,  27  in.  XIV,  14.  Ohnehin  Sklaven  und  Barbaren  gegen- 
über theilt  er  alle  Vorurteile  des  Römers  (z.  B.  A.  I,  76,  II,  85.  XI,  36; 
auch  Germ.  23.  33.  Bist  V,  2  ff.  13)  imd  zeigt  nur  selten  (wie  Agr.  80. 
A.  ir,  88.  IV,  72)  einen  offenen  Sinn  für  fremdes  Unabhängigkeitsgefühl. 

8.  Von  den  drei  möglichen  Verfassungen  (cunctas  nationes  et  urbes 
popalus  aut  primores  aut  singuli  regunt,  A.  IV,  33)  ist  die  republikanische 
nach  Tac.  entschieden  die  freiheitlichere  (A.  VI,  42),  aber  im  Interesser 
des  inneren  Friedens  (Dial.  36.  Hist  I,,l)  und  in  Folge  der  Gesunkenheit 
der  Zeit  (H.  II,  37)  sowie  der  Ungeheuern  Ausdehnung  des  Reichs  (H.  II,  38) 
zur  Unmöglichkeit  und  die  Monarchie  zur  Nothwendigkeit  geworden 
(U.  I,  16).  Dem  gegenüber-  muss  der  Einzelne  sich  resignieren,  Dinge 
und  Menschen  nehmen  wie  sie  sind  (z.  B.  bonos  imperatores  voto  expetere, 
qnalescumque  tolerare,  U.  IV,  8  vgL  74)  und  durch  die  schwierigen  Ver- 
hältnisse mit  Klugheit  sich  so  hindurchzuwinden  suchen  dass  er  weder 
seine  Ehre  offen  schädigt  noch  auch   sich  ernstlichen  Gefahren  aussetzt. 

Teuffei,  röin.  r.iloralurpre^chichte.  43 


674  Die  Kaiserzeit.    Erstes  Jahrhundert. 

eiuen  Mittelweg  einschlägt  inter  abruptara  contumaciam  et  deforme  obse- 
quium  (A.  IV,  20).  Männer  welchen  diese  gelungen  war,  gemässigte  Libe- 
rale welche  dem  Bestehenden  „Rechimng  trugen  *\  ihrem  Freisinn  Zügel 
anlegten  (modum  et  temperamentum  adhibere,  Dial.  41.  A.  IV,  20),  non 
contumada  atque  inani  iactatione  libertatis  famam  fatumque  provocabant 
(Agr.  42),  utilia  honestis  miscebant  (Agr.  8),  finden  daher  bei  Tacitus 
volle  Anerkennung;  so  Man.  Lepidus  (A.  IV,  20),  L.  Piso  (A.  VI,  10), 
C.  Cassius  (A.  XII,  12.  XIV,  43),  Agricola  (Agr.  8.  42).  Dagegen  Männer 
wie  Helvidius  Priscus  (H.  IV,  6)  und  Paetus  Thrasea  (A.  XIV,  12)  sind 
nicht  nach  seinem  Herzen;  er  setzt  zwar  niemals  Solche  herunter  welche 
fflr  ihre   Ueberzeugungen   zu   sterben   wissen    (vgl.  A.  IV,  3i  f.  XV,  57. 

XVI,  16),  aber  es  ist  doch  als  fühlte  er  dass  neben  solchen  Männern  der 
That  die  Männer  der  heimlichen  Feder  nicht  gerade  glänzend  dastehen. 
Im  Ganzen  handelte  er  unter  Domitian  nach  dem  Worte  des  erfahrenen 
Seneca  (£p.  14,  7):  sapiens  numquam  potentium  iras  provocabit,  immo 
declinabit,  non  aliter  quam  in  navigando  procellam.  (ib.  8:)  sapiens  noci* 
turam  potentiam  vitat,  hoc  primum  cavens  ne  vitare  videatur.  pars  enim 
securitatis  et  in  hoc  est  non  ex  professo  eam  f ugere ,  quia  quae  quis  fugit 
damnat.    Vgl.  oben  271,  1  E. 

9.  Der  Anblick  wie  der  Despotismus  mit  fatalistischer  Gewalt  um  sich 
greüt  und  das  Edelste,  wenn  es  ihm  in  den  Weg  tritt,  zermalmt  wird, 
während  der  welcher  tausendmal  den  Tod  verdient  hätte  spät  oder  nie 
von  der  Rache  ereilt  wird,  macht  den  Geschichtschreiber  oft  irre  an  der 
göttlichen  Gerechtigkeit;  er  sucht  in  der  tiefen  Nacht  nach  einer  Götter- 
hand die  ihn  ans  Licht  leite  und  findet  keine.  Was  er  sieht  lässt  ihn  nnr 
auf  Gleichgültigkeit  oder  gar  GroUen  der  Götter  gegen  die  Menschheit 
schliessen.  H.  I,  8:  adprobatum  est  non  esse  curae  deis  securitatem  nostrsm, 
esse  ultiouem.  II,  38 :  eadem  illos  deuni  ira,  eadem  hominum  rabies,  eaedem 
scelerum  causae  in  discordiam  egere.  III,  72:  propitiis,  si  per  mores 
nostros  llceret,  deis.  A.  IV,  1:  deum  ira  in  rem  Bom.  XVI,  33:  aequi- 
täte  deum  erga  bona  malaque  documenta.  XIV,  12:  quae  (prodigia)  adeo 
sine  cura  deum  eveniebant  ut  multos  post  annos  Nero  imperium  et  scelera 
continuaverit.  Vgl.  Hist.  I,  86.  IV,  26.  Bei  dieser  Ansicht  über  die  Pro- 
digien  thtit  Tacitus  auch  selten  ihrer  Erwähnung.  Nur  in  den  Hist.  (z.  B. 
I,  18.  II,  50.  III,  66.  V,  13)  und  den  letzten  Büchern  der  Ann.  (XII,  48.  64. 
XIV,  32.  XV,  7.  47)  thut  er  es  manchmal,  vielleicht  veranlasst  durch  die 
Quelle  der  er  dort  folgte  (der  ältere  Plinius?     Nipperdej,    Rhein.  Mus. 

XVII.  S.  439  f.).  Auch  in  dieser  Inconsequenz  zeigt  sich  dass  Tac  ein 
philosophisches  System  nicht  hat;  am  häufigsten  trifft  er  jedoch  in  seiner 
Weltanschauung  mit  der  Ethik  der  Stoa  zusammen. 

10.  Literatur  über  die  politischen  und  religiösen  Ansichten  des  Taci- 
tus. Süvern  S.  128  ff.  C.  Hoffmeister,  Weltanschauung  des  Tac.  S.  13  ff. 
78  ff.  C.  Zell,  Ferienschriften  III.  S.  67  —  129.  Kirschbaum,  quid  Tac 
senserit  de  rebus  publicis,  Jena  1856.  F.  Haase,  praef.  p.  XXX— XLIX« 
C.  Nipperdey,  Ausg.  der  Ann.  S.  XII— XVI.  Stäudlin,  über  die  Philosophie 
und  Denkart  des  Tac.,  in  Conz'  Beiträgen  1786.  S.  144  ff.  und  inStandÜB*« 
Geschichte  des  Skepticismus  IL  S.  297  ff.  J.  Kynaston,  de  impietate  Tacito 
falso  obiectata,  Oxford  1761.  4.    J.  C.Wolf,  de  divin  a  mundi  moderatione 


^ 


315.    Tacitus.    Leben  und  Charakter.  675 

e  mente  Taciti,  Fulda  1830.  F.  H.  A.  Haage,  Tac.  ab  impietatis  crimine 
vindicatus,  ad  Hist.  I,  3.  Lüneburg  1840.  4.  F.  A.  Scbarpff,  Darstellung 
der  politischen  und  religiösen  Ansichten  des  Tac,  Rottweil  1843.  4.  Kahlert, 
Taciti  sententiae  de  diis  et  deorum  regimine,  Breslau  1844,  Neustadt  1847.  4. 
Fabian ,  quid  Tac.  de  numine  divino  iudicaverit,  Bresl.  1852.  J.  Baumann, 
in  Jahn's  Jahrbb.  LXXIX.  S.  257—281.  J.  G.  Pfaff,  die  Ansichten  des  Tac. 
Über  das  sittlich  Gute,  Marburg  1858. 

11.  Als  Quellen  nennt  Tacitus  die  acta  diurna  (A.  III,  3.  XIII,  31. 
XVI,  22),  die  acta  senatus  (A.  Y,  4.  XV,  74),  Agrippinae  commentarii 
(A.  IV,  53),  G.  Plinius  (H.  III,  28.  A.  I,  69),  Corbulo  (A.  XV,  16),  Vipstanus 
Messala  (H.  III,  25.  28),  Cluvius  (A.  XIII,  20.  XIV,  2),  Fabius  Rusticus 
(A.  XIII,  20.  XIV,  2.  XV,  61),  Sisenna  (H.  III,  51).  In  der  Regel  aber 
spricht  er  nur  im  Allgemeinen  von  scriptores  annalium  (A.  IV,  53),  scripto- 
res  senatoresque  eorundem  temporum  (A.  II,  88),  celeberrimi  auctores 
(H.  III,  51),  plurimi  maximeque  fidi  auctores  (A.  IV,  10),  temporum  illorum 
scriptores  (A.  XII,  67.  XIII,  17),  temporis  eins  auctores  (A.  V,  9  u.  sonst), 
scriptores  temporum  qui  monumenta  huius  belli  composuerunt  (H.  II,  101), 
oder  omnes,  plerique,  plurimi,  multi,  quidam,  alii  auctores  tradunt.  Auch 
auf  mündliche  Quellen  beruft  er  sich  nicht  selten  (A.  III,  16:  audire  me 
memini  ex  senioribus;  vgl.  XI,  27.  XV,  41.  73).  Bei  Differenzen  unter 
seinen  Gewährsmännern  entscheidet  er  sich  entweder  für  das  Bestbeglau- 
bigte  oder  für  das  innerlich  Wahrscheinlichere;  z.  B.  A.  IV,  11:  haec  vulgo 
iactata,  super  id  quod  nullo  auctore  certo  firmantur,  prompte  refntaveris 
(als  sachlich  unwahrscheinlich;  vgl.  XIV,  2).  Häufig  suspendiert  er  sein 
Urteil  (H.  II,  28.  A.  I,  81.  V,  10.  VI,  7.  XIII,  20).  anderswo  aber  stellt  er 
das  Ergebniss  seines  eigenen  Nachdenkens  oder  Forschens  den  Berichten 
seiner  Quellen  gegenüber  (H.  II,  101:  scriptores  .  .  tradiderunt.  nobis  vi- 
dentur.  A.  II,  37:  invenio  apud  quosdam  auctores,  .  .  ego  reor.  Vgl.  ib. 
VI,  7).  VgL  im  Allgemeinen  Meierotto,  de  fontibus  quoa  Tac.  .  .  videatur 
secutns,  Leipz.  u.  Berl.  1795.  fol.  H.  Justus,  de  fide  Taciti,  Zittau  1827. 
Bötticher  lex.  Tac.  p.  XIX — XXIII.  R.  E.  Prutz,  de  fontibus  quos  in  con- 
scribendis  rebus  a  Tiberio  usque  ad  mortem  Neronis  gestis  auctores  secuti 
videantur,  Halle  1838.  Nipperdey  vor  seiner  Ausg.  der  Aunalen  S.  XVI— 
XVm.  L.  Schiller  in  Mützell's  Zeitschr.  f.  Gymn.  VH.  1853.  S.  280-291. 
Friedlieb,  über  Josephus,  Tacitus,  Sueton  und  Dio  als  Quellen  zur  Eennt- 
niss  christlicher  Zustände,  in  Th.  Wiedemann's  Ostreich.  Vierteljahrsschrift 
für  kathol.  Theologie  I  (1862).  Reichau,  de  fontium  delectu  quem  in  Ti- 
berii  vita  moribusque  describendis  Velleius,  Tacitus,  Suetonius,  Dio  habu- 
eront,  Königsberg  1865.  Th.  Mommsen,  Com.  Tac.  und  Cluvius  Rufus, 
Hermes  IV.   8.  295—325. 

12.  Pragmatismus:  ut  non  modo  casus  eventusque  rerum,  qui  pler- 
umqae  fortuiti  sunt,  sed  ratio  causaeque  noscantur  (H.  I,  4).  Ueber  das 
Verhältniss  aber  worin  der  ZufaU  zur  menschlichen  Freiheit  und  zur  Noth- 
wendigkeit  des  Fatums  stehe  äussert  Tacitus  widersprechende  Ansichten; 
s.  Süvem  S.  126-134.  Hoffmeister,  Weltanschauung  S.  114  f.  117-121. 
Nipperdey  8.  XII -XIV.  Vgl.  z.  B.  A.  HI,  18:  mihi,  quanto  plura  recen- 
tium  seu  veterum  revolvo,  tanto  magis  ludibria  rerum  mortalium  cuuctis 
in  negotiis  obversantur.    IV,  20:  dubitare  cogoi ,  fato  et  sorte  nascendi .  . 

43* 


676  l^iß  Kaiserzeit,    Erstes  Jahrhundert. 

au  sit  aliquid  in  nostris  consiliis.  V,  4 :  fatali  quodam  motu  .  .  seu  prava 
sollertia.  VI,  22 :  mihi  haec  ac  talia  audienti  in  incerto  iudicium  est  fatone 
res  mortalium  et  necessitate  immutabili  an  forte  volvantur.  Häufig  stellt 
daher  Tacitus  die  natürliche  und  die  transcendentale  Erklärung  mivermit- 
telt  neben  einander  (z.  B.  Varus  fato  et  vi  Arminii  cecidit,  A.  I,  55  vgl. 
Süvem  S.  131,  A.  2)  oder  den  fatalistischen  und  den  theistischen  Ausdruck 
(z.  B.  fatura  et  ira  dei,  H.  IV,  26.  Hoffmeister  S.  109  f.).  Ueberwiegend 
aber  entscheidet  er  sich  für  die  immanenten  Erklärungsgründe,  und  nur 
wo  er  solche  nicht  klar  erkennt  denkt  er  an  ein  Einwirken  des  Fatums. 

13.  Der  Despotismus  bildet  in  seiner  Umgebung  eine  Virtuosität  der 
psychologischen  Beobachtung  aus.     Ausser  Standes  sich  nach  aussen  aus- 
zuleben, wühlt  sich  das  Individuum  um  so  tiefer  in  das  eigene  Innere  ein; 
und  darauf  angewiesen  aus  den  Mienen  des  Despoten  eigenes  wie  fremdes 
Schicksal  herauszulesen  gewinnt  es  Uebimg  in  der  Symptomatik  des  Seelen- 
lebens und  lernt  es  in  den  Irrgängen  einer  Menschenbruet  sich  zurecht- 
zufinden.   Diese  Virtuosität  besitzt  Tacitus  in  ganz  ungewöhnlichem  Grade. 
Es  findet  sich  bei  ihm  eine  Unzahl  feiner  psychologischer  Bemerkungen; 
z.  B   A.  IV,  3:  neque  femina  amissa  pudicitia  alia  abuuerit.    XIV,  4:  facili 
femiuarum  credulitate  ad  gaudia.     Agr.  42:  proprium  humani  ingeni  est 
odisse  quem  laeseris.    A.  XIV,  62:  graviore  odio,  quia  malorum  facinornm 
ministri  quasi  exprobrantes  aspiciuntur.     XII,  67:  haud  iguarus  summa 
scelera  iucipi  cum  periculo,  .peragi  cum  praemio.     IV,  18:  beneficia  eo 
usque  laeta  sunt  dum  videntur  exsolvi  posse;  ubi  multum  antevenere,  pro 
gratia  odium  redditur.    V,  2:  facetiis  acerbis,  quarum  apud  praepotentes 
in  longum  memoria  est.    XIV,  14:  ut  est  volgus  cupiens  voluptatum  et 
si  eodem  princeps  trahat  laetus.     H.  I,  56:  quod  in  seditionibus  acddit, 
unde  plures  erant  omnes  fuere.    II,  80:  quaeritur  tempus,  locus,  quodque 
in  re  tali  difficillimum  est,  prima  vox.    Besonders  aber  hat  Tacitus  seine 
Stärke  im  Aufspüren  der  geheimsten  Triebfedern  des  Handelns,  im  Ent- 
larven der  Heuchelei,  in  anatomisch  genauem  Beschreiben  der  Zustände 
und  Vorgänge  der  Seele,  in  feiner  und  treffender  Charakteristik.    Berühmt 
ist  namentlich  seine  Nachweisimg  wie  Tiberius   ans   einem   ursprünglich 
guten  Regenten  allmählich  zu  einem  Scheusal  geworden  sei.     Vgl.  oben 
259,  1.    F.  F.  Baur,  de  Tac.  Tiberii  imagine,  Tüb.  1856.  4.    L.  Freytag, 
Tib.  und  Tac.^  Berlin  1870.     Die  Schwarzsichtigkeit  des  Tac.  zeigt  sich 
jedoch  auch  hiebei,  indem  er  selbst  im  ersten  Stadium  des  Tiberius  seine 
unzweifelhaft  guteii  Handlungen  nur  als  Heuchelei  auffasst.     Indessen  hat 
Tacitus  für  das  Edle  und  Grosse  sich  einen  offenen  Sinn  bewahrt.    Ein  ent- 
schiedener Liebling  von  ihm  ist  Germanicus ;  aber  auch  in  niedrigeren  Sphären 
hebt  er  gern  das  Gute  hervor  (z.  B.  H.  III,  23.   IV,  50).     Das  gemütliche 
Interesse  überwiegt  sogar  über  das  historiographische  und  lässt  den  Tac. 
oft  versäumen  den  sachlichen  Zusammenhang  der  Begebenheiten  darzulegen. 
Bis  zur  Parteilichkeit  geht  aber  jenes  Interesse  nicht;  seinem  Vorsatze  sine 
ira  et  studio  (A.  I,  1)  zu  schildern  ist  er.  Alles  in  Allem  gerechnet,  treu 
geblieben.    Vgl.  auch  Fechner ,  de  Taciti  historica  arte  iis  conspicua  qnae 
de  Germanico  et  Seiaiio  memoriae  prodita  sunt,  Bromberg  1867.  4. 

14.  Hist.  II,  50:  ut  conquirere  fabulosa  et  fictis  oblectare  legentium 
animos  procul  gravitate  coepti  operis  crediderim,   ita  volgatis  traditisque 


315.    Tacitus.    Lebeu  uud  Charakter.  077 

demere  fidom  uon  ausiin.  Auch  historische  Excurse  sind  daher  verhält- 
niasmäßsig  selten,  finden  sich  aber  z.  B.  H.  11,  3.  38.  IV,  83  f.  V,  2  ff. 
A.  III,  26  ff.  (de  principiis  iuris).  VI,  U  (praefecti  urbis).  12  (libri  sibyl- 
lini).  16  (leges  fenebres).  21  f.  (Astrologie).  Reden  von  dem  Umfange 
derer  im  Agr.  kehren  in  den  späteren  Schriften  gleichfalls  nicht  wieder; 
kürzere  z.  B.  H.  I,  83  f.  II,  76  f.  IV,  42.  58.  64  f.  73  f.  A.  I,  42  f.  58  f. 
U,  37  f.  71.  III,  12.  50.  IV,  34  f.  37  f.  V,  6.  VI,  8;  in  or.  obHqua  A.  II,  14  f. 
45  f.  Darlegung  der  Beweggn'inde  des  Handelns  in  Rede  und  Gegenrede 
z.  B.  A.  II,  76  f.  Urkunden  (bes  Briefe)  A.  III,  16.  63  f.  IV,  39  f.  Um  den 
Eindruck  der  Bedeutsamkeit  nicht  abzuschwächen  unterlässt  es  Tac.  auf 
Kleines  einzugehen;  A.  III,  65:  exequi  seutentias  (Senatsabstimmungen) 
baud  institui  nisi  insignes  per  honestum  aut  notabili  dedecore,  quod  prae- 
cipuum  munus  annalium  reor  ne  virtutes  sileantnr  utque  pravis  dictis  fac- 
tisque  ex  posteritate  et  infamia  metus  sit.  Vgl.  XIII,  31  (cum  ex  dignitate 
populi  rom.  repertum  sit  res  illustres  annalibus,  talia  diumis  urbis  actis 
mandare).  Dagegen  VI,  7  extr.:  nobis  pleraque  digna  cognitu  obvonero, 
quamquam  ab  aliis  incelebrata.    Vgl.  A.  IV,  53.    Eist.  IV,  83. 

15.  Leidenschaftlich  wird  Tacitus  nie;  diess  wäre  ein  schwerer  Ver- 
stoss gegen  die  röinisch-aristokratisclie  Grandezza  und  würde  ebenso  wenig 
stimmen  zu  der  Gedrücktheit  der  Zeit  bi  welcher  er  lebte  und  schrieb. 
Sein  Ton  ist  daher  bei  alier  Gehobenheit  doch  zugleich  gedämpft  und  lässt 
sich  weder  durch  Haas  noch  Abscheu  oder  Verachtung  über  die  Linie  des 
Masses  hinausdrängen.  Auch  theilt  Tac.  die  Scheu  der  Rhetorik  vor  den 
eigentlichen  Au:^ drücken  uud  verschmäht  weder  rhetorische  noch  poetische 
Blumen ;  namentlich  an  Vergil  finden  sich  viele  Anklänge ;  s.  E.  Wölfflin,  Phi- 
lologus  XXVI.  S.  130-132.    A.  Dräger,  Syntax  u.  Stil  des  Tac.  S.  104—106. 

16.  Die  Haupteigenthümlichkeiten  des  Stils  von  Tacitus  sind  (nach 
W.  Bötticher)  varietas,  brevitas,  poeticus  color.  Dass  diese  nicht  von  An- 
fang an  in  gleichem  Masse  und  gleicher  Weise  vorhanden  sind ,  überhaupt 
der  Stil  des  Tac.  erst  in  den  Annalen  die  Höhe  seiner  Eigenthümlichkeit 
erreicht  hat,  und  dass  er  auch  nach  Stimmung  und  Gegenständen  (z.  B. 
Erzählung  oder  Reden)  mehrfach  variiert,  ist  schon  öfters  bemerkt,  im 
Einzelnen  aber  nachgewiesen  worden  durch  E.  Wölfflin,  Philologus  XXV. 
S.  92—128.  133  f.  Sonstige  Literatur  über  Stil  und  Sprache  des  Tacitus: 
Lundblad  (Lund  1789.  4.),  J.  G.  Buhle  (Braunschweig  1817),  Günther  im 
Athenäum  II,  2.  S.  262  ff.  J.  E.  Weruicke,  de  elocutione  Taciti,  Thom 
1829.  4.  1830.  8.  K.  L.  Roth,  Tac.  synonyma  et  per  figuram  ^»  dta  Svoiv 
dicta,  Nürnberg  1826.  4.  und  in  den  Excursen  zu  seiner  Ausg.  des  Agricola. 
N.  Bach  vor  dem  zweiten  Bd.  seiner  Ausgabe.  W.  Bötticher  lexicon  Taci- 
teum,  Berlin  1830.  L.  Döderlein,  vor  seiner  Ausg.  II.  1847.  p.  XXII— LVIII. 
Jungclaussen ,  de  Tac.  sermouis  proprietate,  Kiel  1848.  4.  C.  J.  Grysar, 
Andeutungen  über  die  Eigenthümlichkeiten  in  der  Darstellung  und  Lati- 
nität  des  Tac,  Zeitschr.  f.  Ostreich.  Gymn.  IV.  1863.  S.  i— 42.  Nipperdey 
vor  seiner  Ausg.  der  Ann.  S.  XX — XXIV.  C.  Göbel,  de  poetico  Tacitei 
stili  colore,  Berlin  1859.  39  pp.  8.  P.  Joachim,  nonnuUa  do  elocutione  Ta- 
citi, I.  Görlitz  1862.  4.  A.  Gerber,  de  particularum  quadam  in  sermonc 
Taciti  proprietate,  Kaschau  1863.  4.;  und  De  particula  au,  Pesth  1865.  4. 
U.  Zernial,   selecta  quaedam  capita  ex  genetivi  usu  Taciteo,   Göttingen 


678  I^ie  Kaiserzeit.     Erstes  Jahrhundert. 

1864.  96  pp.  8.  und  Nonnulla  de  elocutione  T.,  Burg  1868.  4.  F.  Uüttemann, 
de  nsu  subiunctivi  relativ!  et  absolut!  apud  Tacitum,  Munster  1864.  Pb. 
Spitta,  de  Tac.  in  componendis  enuntiatis  ratione,  I.  Göttingen  1866. 
160  pp.  8.  E.  Wölfflin,  ein  verkannter  Gräcismus  bei  Tac  (tanquam  und 
quasi  =  tog)j  Philologus  XXIV.  S.  115 — 123.  M.  Morgenroth,  de  condi- 
cionalium  seutentiarum  apud  Tac.  formatione,  Salzungen  1868.  F.  Gsensnj, 
de  infinitivo  Tac.  I.  Breslau  1868.  A.  Greef ,  de  praepositionum  usu  ap. 
Tac.  I.  Gotting.  1869.  A.  A.  Dräger,  über  Syntax  und  Stil  des  Tac.,  Leip- 
zig 1868.    Storch,  Bemerkungen  zur  Grammatik  des  Tac,  Memel  1868.  4. 

17.  Literatur  über  Tacitus  im  Allgemeinen.  Meierotto  de  .  .  Tadti 
moribuB,  Berlin  1790.  fol.  Hegewisch,  über  den  schriftstellerischen  Cha- 
rakter des  Tac,  in  seinen  historischen  und  liter.  Aufsätzen  (Kiel  1801) 
S.  70  ff.  J.  S.  Gestrich,  diss.  de  vita  et  scriptis  Taciti,  Lund  1805.  W.  BOt- 
ticher  de  vita,  scriptis  ac  stilo  Taciti,  Berlin  1834.  N.  Bach,  Com.  Tac, 
eine  biographische  Untersuchung,  Allg.  Schulztg.  1831.  II.  Nr.  105 — 109; 
nebst  den  Nachträgen  dazu  Ebds.  1832.  Nr.  129  f.,  auch  vor  seiner  Aus- 
gabe T.  I.  Conz,  über  die  historische  Kunst  der  Alten,  im  Museum  für 
classische  Literatur  (Zürich  1795),  S.  151  ff.  Ancillon,  Mälanges  (Paris  1809) 
I.  p.  239  ff.  F.  Roth ,  über  Thukydides  und  Tacitus  vergleichende  Betrach- 
tungen, München  1812.  4.  =  Sammlung  etlicher  Vorträge  (Frankfurt  1851) 
S.  1  ff.  Süvem,  über  den  Kunstcharakter  des  T.,  in  den  Abhh.  der  Berl. 
Akad.  1822—23.  (Berlin  1825)  S.  73  —  136.  K.  Th.  Welcker,  Festreden 
ü.  8.  w.  (Freiburg  1828)  S.  68  ff.  K.  Hoffmeister,  die  Weltanschauung 
des  T.,  Essen  1831.  Lerminier,  £tudes  d'histoire  I.  p.  188  ff.  A.  C.  v.  Heusde, 
comm.  de  Hooftio  et  Tacito,  Groningen  1838.  4.  N.  Liebert,  de  doctrina 
Taciti,  Würzburg  1868.  W.  Bötticher,  Prolegomena  vor  seinem  Lexicon 
Taciteum  (Berlin  1830)  p.  I— CII;  Prophetische  Stimmen  aus  Bom,  oder 
das  Christliche  im  Tac.  u.  s.  w.,  Berl.  1840.  3  Thle.  B.  v.  Bosse,  über  und 
wider  T.  den  Geschichtschreiber,  in  Jahn's  Jahrb.  Suppl.  XI.  S.  462 — 467. 
F.  D.  Gerlach,  römische  Geschichtschreiber  (Stuttgart  1855)  S.  197 — 207. 
Th.  Finck  vor  seiner  Ausgabe  der  Germania  (1857)  S.  1-— 224.  P.  Dubois- 
Guchan,  Tacite  et  son  si^cle,  Paris  1862.  2  Bde.  F.  Savalete,  £tude  sur 
Tacite,  Paris  1864.  Daunou  in  der  Biographie  universelle  XLIV.  p.  165  ff. 
Naudet  in  Höfer's  Nouvelle  biographie  g^n^rale  XLIU.  W.  Teuffel  in 
Pauly's  Real-Enc  VI,  2.  S.  1568—1578  und:  Ueber  Sallustius  und  Tacitus 
(Tiibi.  1868.  4.)  S.  22—47.  Nipperdey  (S.  III— XXIV)  und  F.  Haase  vor 
ihren  Ausgaben. 

316.  Die  erhaltenen  Schriften  des  Tacitus  sind  iu  der 
Ordnung  ihrer  Abfassung  folgende: 

1.  Dialogus  de  oratonbus,  verfasst  unter  Titus  oder  zu 
Anfang  der  Regierung  des  Domitian,  ein  Versuch  den  Zerfall 
der  Beredtsamkeit  seit  der  Kaiserzeit  zu  erweisen  und  zu  erklären, 
eingekleidet  in  die  Form  eines  Gespräches  zwischen  literarischen 
Berühmtheiten  der  Zeit  des  Vespasian.  Die  geistreiche  Schrift 
zeigt  dieselben  sittlichen  und  politischen  Grundanschauungen, 
dieselbe  Feinheit  psychologischer  Beobachtung  und  Charakter- 


316.    Tacitus.    Schriften:  dialogus.  ()79 

Zeichnung  wie  die  späteren  Arbeiten  des  Tacitus ;  aber  die  Schärfe 
ist  noch  nicht  zur  Bitterkeit  geworden,  sie  lässt  sogar  noch 
künstlerischer  Heiterkeit  Raum.  In  ihrer  Stilisierung  ist  die 
Schrift  ein  anziehendes  Denkmal  derjenigen  Periode  des  Tacitus 
wo  er,  frisch  vom  Studium  der  rhetorischen  Schriften  Cicero's 
herkommend,  deren  Fülle  und  Rundung  nachzubilden  suchte. 
Nichtsdestoweniger  verräth  sie  in  unzähligen  Wendungen  und 
Constructionen  unwillkürlich  den  Schriftsteller  des  ersten  christ- 
lichen Jahrhunderts  und  hat  auch  mit  den  nächstverfassten  Schrif- 
ten des  Tacitus  sehr  viele  Berührungspunkte.  Uebrigens  stammen 
alle  auf  uns  gekommenen  Handschriften  aus  derselben  Quelle,  und 
haben  daher  alle  am  Schlüsse  von  c.  35  dieselbe  grössere  Lücke. 

1.  Die  einseitige  Hervorhebung  der  Abweichungen  der  Schrift  von 
der  späteren  taciteischen  Schreibweise,  unter  Verkennung  ihrer  Erklärunga- 
^ünde  und  der  fast  nicht  minder  grossen  üebereinstimmung  (welche  neuer- 
dings besonders  von  Fr.  Weinkauff  im  Einzelnen  nachgewiesen  worden 
ist]  hat  seit  J.  Lipsius  Viele  veranlasst  den  dialogus  dem  Tacitus  abzuspre- 
chen imd  an  allen  möglichen  andern  Verfassern  herumzurathen,  wie  dem 
jungern  Plinius  (Eckstein  Prolegg.  p.  46  ff.  Fr.  Hesse,  de  Plinio  minore 
dialogi  de  orr.  auctore,  Magdeburg  1831.  4.  A.  Wittich  in  Jahn's  Archiv 
1839.  V.  S.  259-292.  J.  J.  Krammarczik,  Heiligenstadt  1841.  4.),  Sueton 
(Eckstein  p.  44  ff.) ,  Quintilian  (Eckstein  p.  52  fi'.).  Und  doch  bezeugt  — 
worauf  zuerst  A.  6.  Lange,  Vermischte  Schriften  p.  5 — 7,  aufmerksam  ge-' 
macht  hat  —  Plinius  selbst,  und  in  einem  Briefe  an  Tacitus  selbst,  den 
taciteischen  Urspnmg,  da  Ep.  IX,  10,  2  (poSmata  quiescunt,  quae  tu  inter 
nemora  et  lucos  commodissime  perQci  putas;  vgl.  ib.  1,6,  2  f.)  unverkenn- 
bar auf  dial.  9.  12  hindeutet.  In  der  ganzen  Zeit  ist  Niemand  dem  wir  das 
Talent  und  den  Charakter  zutrauen  dürften  dass  wir  ihn  für  den  Verfasser 
des  dialogus  halten  könnten.  Wohl  aber  hat  dieser  in  allem  was  über  der 
ciceronisierenden  Oberfläche  hinausliegt  die  grösste  Aehnlichkeit  mit  den 
übrigen  taciteischen  Schriften.  Daher  stimmen  heutzutage  so  ziemlich  alle 
Forscher  für  den  taciteischen  Ursprung  der  Schrift.  Literatur  über  die 
Frage.  A.  G.  Lange,  in  den  acta  semin.  Lips.  I.  p.  77  ff.  =  Vermischte 
Schriften  p.  3—14  =  vor  Dronke's  Ausgabe  p.  XVI  ff.  H.  Gutniann,  diss. 
qua  Tacitum  dialogi  de  or.  scriptorem  non  esse  demonstratur,  in  Orelli's 
Ausgabe  p.  101  ff.;  in  seiner  üebersetzung  (Stuttgart  1830)  S.  145  ft.,  und 
in  Jahn's  Archiv  XV.  S.  139—156  (über  A.  Düpre's  Beweis  dass  der  Dialog 
etc.  von  Tacitus  geschrieben  sei).  F.  A.  Eckstein ,  Prolegg.  p.  62  ft'.  H.  C. 
A.  Eichstädt,  de  dialogo  qui  inscribitur  de  orr.,  Jena  1839.  4.  W.  Teufi'el, 
in  Jahn's  Jahrbb.  LXXVII.  S.  285  f.  und  vor  seiner  Uebers.  d.  klein.  Schrr. 
(Stuttgart  1858)  S.  18—21.  Fr.  Weinkauft*,  de  Tacito  dialogi  de  or.  auctore, 
Cöln  1857  und  1859.  4.  J.  G.  Ek,  der  gegenwärtige  Stand  der  Frage  nach 
dem  Verfasser  des  dialogus,  in  der  dänischen  Zeitschrift  für  Philologie, 
Juli  1859,  S.  1—11  (Philologus  XV.  S.  191  f.).  H.  Sauppe,  im  Phüologus 
XIX.  S.  266-263  nebst  J.  Classen  in  der  Zeitschrift  Eos  I.  (1864)  S.  1  ff. 
J.  W.  Steiner,  über  den  dial.  de  or.  des  Tacitus,  Kreuznach  1863.  36  S.  4. 


ggO  Die  Kaiserzeit.    Erstes  Jahrhundert. 

2.  Die  Zeit  des  Gespräches  (zwischen  Curiatius  Matemns,  M.  Aper, 
Julius  Secundus  und  Vipstanus  Messala)  wird  c.  17  in  sextam  iam  (J.  75 
=  828;  L.  Ürlichs  im  Festgmss  der  Würzburger  philoL  Ges.,  Würzburg 
1868,  S.  1 — 16:  VII*'",  also  J.  76)  felicis  huius  principatus  stationem  qua 
Vespasianus  remp.  fovet  gesetzt.  Damals  will  der  Verf.  invenis  admodum 
gewesen  sein  (s.  oben  315,  4),  war  also  zur  Zeit  der  Abfassung  viel  älter. 
Auch  spricht  der  Freimut  welcher  in  der  Schrift  bewiesen  ist  für  die  Ab- 
fassung unter  einem  milden  Regenten,  etwa  unter  Titus,  J.  81,  oder  in 
der  letzten  Regierungszeit  Vespasian's,  spätestens  in  den  ersten  (guten) 
Jahren  des  Domitian.  Genauere  Anhaltspunkte  für  Bestimmung  ihrer  Ab- 
fannngszeit  bietet  die  Schrift  nicht;  doch  muss  sie  von  der  AbfiEusung 
des  Agricola  ziemlich  weit  entfernt  sein,  da  in  diesem  bereits  wesentlich 
verschiedene  stilistische  Grmidsätze  und  Muster  befolgt  sind.  Vgl.  W.  Teuf- 
fei  a.  a.  0.  (1858)  S.  21—24. 

3.  Neben   dem  allgemeinen  culturhistorischen  Zwecke  verfolgt  die 
Schrift  wohl  auch  noch  einen  persönlichen,  die  Gründe  anzugeben  warum 
Tacitus,   trotz   seiner   umfassenden   rednerischen   Studien    und  üebungen, 
schliesslich  doch  nicht  der  Laufbahn   des  Redners  sich  vorzugsweise  za- 
gewendet,  sondern  die  stille  Wirksamkeit  des  Gelehrten  und  Schriftstellers 
vorgezogen  hat.    Die  Einwirkung  jener  Vorbildung,  hauptsächlich  im  An- 
schlüsse an  Cicero,  zeigt  sich  am  stärksten  im  dialogus  (vgl.  A.  Dräger, 
über  Syntax  und  Stil  des  Tac.,  S.  103  f.);  aber  auch  in  den  spätem  Schrif- 
ten des  Tacitus  ist  sie  vorhanden ,  nur  in  immer  abnehmendem  Masse,  bis 
das  späteste  Werk   desselben,   die  Annalen,  auf  dem  entgegengesetzten 
stilistischen  Princip,  der  Zerhacktheit  und  epigrammatischen  Zuspitzung, 
angelangt  ist. 

4.  Die  Quelle  sämmtlicher  Handschriften  des  dialogus,  sovrie  der 
Germania  und  des  suetonischen  Bruchstückes  de  grammaticis  et  rhetoribus 
ist  mittelbar  eine  Fuldaer  Hds.  saec.  VIII  oder  IX,  unmittelbar  aber  eine 
Abschrift  von  dieser  (etwa  aus  saec.  XIII),  welche  Henoch  aus  Ascoli 
wahrscheinlich  im  Kloster  Hersfeld  fand  (L.  ürlichs,  Eos  H.  S.  230.  351  ff) 
und  (wohl  nur  in  einer  Abschrift,  X)  um*s  J.  1457  nach  Italien  brachte, 
wo  der  Fimd  alsbald  weiter  vervielfältigt  wurde.  Daraus  stammt  Vaticanus 
1862  (A,  bei  Reifferscheid  V)  und  (durch  Vermittlung  der  Abschrift  des 
Pontanus)  Leidensis  XVIII  (B,  bei  Reifferscheid  L),  aus  einer  mit  mehr 
Verstand  und  Willkür  angefertigten  (Y)  die  übrigen,  insbesondere  der 
Ncapolitanus  oder  Farnesianus  (C,  bei  Reifferscheid  N).  VgL  unten  3,  5. 
Reiffersckeids  Sueton  p.  409—417.  A.  Michaelis  vor  s.  Ausg.  des  dial.,  bes. 
p.  VIII— XIX.  —  G.  Thomas,  über  einen  codex  Venetus  zum  Dialog  und 
zur  Germania  des  Tacitus ,  Münchner  Gel.  Anz.  1853,  Nr.  1  f. 

5.  Sonderausgaben.  Cum  varr.  notis  ed.  E.  Benzel,  Upsala  1706. 
Rec.  et  illustr.  C.  A.  Heumann,  Gotting.  1719.  Ed.  et  ill.  L  H.  A.  Schulze, 
Lips.  1788.  Text  von  G.  Seebode,  Gotting.  1813.  Hanover  1816.  Rec.  et 
annot.  instr.  E.  Dronke,  Coblenz  1828.  Rec.  et  ann.  crit.  instr.  F.  Osann, 
Giessen  1829.  Repurg.  op.  J.  C.  Orelli,  Zürich  1830;  cum  nova  collatione 
cod.  Perizoniani  (Leidensis),  Zürich  1846.  4.  Ed.  illustr.  W.  Bötticher, 
Berol.  1832.  Recogn.  Fr.  Ritter,  Bonn  1836.  1859.  Recogu.  var.  lect  et 
ann.  instr.  Ph.  C.  Hess,  Lips.  1841.     Mit  erkl.  Anm.  von  C.  Ph.  Pabst, 


316.    Tacitus.    Schriften:  dialogus,  Agricola.  681 

0 

aipzig  1841.    £d.  L.  Tross  (mit  der  Germania),  Hamm  1841.    Ad  Codices 
snuo  conlatos  recogn.  A.  Michaelis,  Lips.  1868. 

6.  Beiträge  zur  Textkritik  von  Dryander  (Coniecturae  in  dial.  de  orr., 
alle  1851.  4.),  L.  Spengel  (Spec.  emend.  München  1852.  4.  p.  9-15), 
.  L.  Roth  (Stuttgarter  Correspondenzblatt  1854,  S.  9—15.  19  -  25),  L.  Scho- 
en  (Diorthotica  in  Tac.  dial.,  Bonn  1858.  4.),  Nipperdey  (Rhein.  Mus.  XIX: 
.  270—292.  559-590),  C.  Halm  (in  Fleckeisens  Jahrbb.  LXXXIX.  S.  148 
-151),  F.Ritter  (Rhein.  Mus.  XX.  S.  518—532.  XXI.  S.  534—550),  G.  An- 
resen  in  Ritschis  Acta  soc.  phil.  Lips.  I,  1  (1870). 

7.  J.  F.  Klossmann,  Prolegomena  in  Dial.,  Breslau  1819.  8.  1833.  4. 
.  A.  Eckstein,  Prolegomena  in  Tac.  qui  v.  f.  dial.,  Halle  1835.  4.  A.  Q^- 
ng,  diss.  de  dial.  d.  o.  praestantia,  Lübeck  1829.  4.  G.  F.  Strodtbeck, 
stenditur  Mateminae  personae  in  d.  d.  o.  obyiae  vultus  ironicus,  Heil- 
ronn  1831.  4.  A.  Westermann,  Gesch.  der  röm.  Beredtsamkeit  S.  233— 
11.  Vidal,  in  Tac.  d.  d.  o.  disputatio,  Paris  1850.  F.  Deycks,  de  dial. 
ac.  d.  or.,  Münster  1856.  4.  A.  Schaubach,  de  vocum  quarundam  quao 
i  T.  dialogo  leguntur  vi  ac  potestate,  Meiningen  1857.  P.  Voss  in  der 
idskrift  for  Philologi  VII.  Vgl.  oben  A.  1  und  die  Einleitungen  vor  den 
leisten  Ausgaben  und  Üebersctzungen ,  sowie  vor  Böttichers  Lexicon  Taci- 
eum  p.  VIII-XIII. 

8.  Uebersetzungen  des  Dialogus  von  Nast  (Halle  1787),  Hübsch  (mit 
inem  Realcommentar,  Nürnberg  1837),  Bomback  (Ehingen  1866.  4.);  niit 
kgricoia  und  Germania  von  W.  S.  Teuffei  (Stuttgart  1858  f.). 

2.  De  vita  et  moribus  lulii  Agricolae  liber,  eine  Bio- 
raphie  des  Schwiegervaters  von  Tacitus,  verfasst  zu  Anfang 
er  Regierung  Trajan's,  J.  98  n.  Chr.  Durch  den  stark  rheto- 
ischen  Charakter  seiner  Anlage  wie  Ausführung  erinnert  das 
Terk  an  die  laudationes  funebres  und*  an  die  Weise  des  Sallu- 
ius,  mit  welchem  es  auch  den  monographischen  Charakter,  die 
leichgültigkeit  gegen  das  äusserlich  Geschichtliche  und  zahl- 
jiche  einzelne  Wendungen  gemein  hat.  Aber  auch  an  Cicero- 
isches enthält  die  Schrift  noch  Anklänge.  Im  Allgemeinen  ist 
er  historische  Stil  noch  wenig  entwickelt,  dafür  aber  eine  wohl- 
luende  Wärme  gemütlicher  Theilnahme  über  das  Ganze  ver- 
reitet. 

1.  Agr.  3:  quamquam  .  .  augeat  quotidie  felioitatem  temporum  Nerva 
raianus;  vgL  44:  durare  in  hanc  felicissimi  saeculi  lucem  ac  principem 
raianum  videre.  Trajan  war  also  bereits  princeps  (nicht  mehr  blos  Caesar), 
•mit  Nerva  todt  (t  27  Jan.  98),  wogegen  nichts  beweist  dass  er  nicht 
vufl  genannt  wird;  s.  Th.  Mommsen  im  Hermes  III.  S.  106,  A.  4.  Der 
:hlu88  des  gehamischten  Vorworts  (c.  3  extr.)  stellt  ein  grösseres  ge- 
hichtliches  Werk  über  Domitians  Regieruifg,  sowie  über  die  Zeit  des 
erva  und  Trajan  (also  die  Historien)  in  Aussicht,  wofür  diese  Schrift  nur 
ne  vorläufige  Abschlagszahlung  sein  solle. 

2.  Wie  die  ciceronische  Periode  des  Tacitus  durch  den  Dialogus,  so 


()^2  ^^Q  Kaiserzeit.    Erstes  Jahrhundert. 

ist  seine  sallustische  hauptsächlich  durch  den  Agricola  und  die  Germania 
vertreten,  doch  so  dass  auch  jene  erstere  noch  immer  fortwirkt,  aber  iim 
abnehmendem  Masse.     So  hat  der  Schluss  von  Agr.  44  und  der  Anfans 
von  c.  45  grosse  Aehnlichkeit  mit  Cic.  de  or.  III,  2,  8.  3,  10  f. ;  auch  qme^ 
et  otium  (c.  6.  21.  42  ==  Cic.  de  leg.  agr.  II,  37, 102)  und  forma  ac  figor^ 
animi  (Agr.  46)  sind  ganz  ciceronische  Wendungen  (Tusc.  I,  16,  37  un^ 
sonst),  wie  es  überhaupt  nicht   an  Pleonastischem  fehlt  (£.   Hübner  ii^ 
Hermes  J.  S.  446  f.),  so  wenig  als  an  Periodologischem  (c.  16.  18.  25  in.> 
und  c.  4  oxtr.  erinnert  an  Cic.  pro   Mur.  31,  65.    Zahlreicher  sind  freilict\) 
jetzt  die  Züge  welche  an  Sallust  erinnern,  und  dessen  Einfluss  macht  sicli 
in  allen  weiteren  Schriften  des  Tacitus  mehr  oder  weniger  geltend:  s.  W. 
Tcuffel  vor  der  Uebers.  (1859),  S.   131   mit  Anm.    Bemays,  Rhein.  Muä. 
XVI.  S.  319  f.,'  Anm.,  und  besonders  E.  Wölfflin,  Philologus  XXVI.  S.  12^ 
— 129;  auch  A.  Gerber  im  Leutschauer  Programm  1861,  S.  13  ff.    AgricoJa 
und  Germania  verhalten   sich  zu  den  Historiae  des  Tacitus  wie  Sallosts 
Catilina  und  lugurtha  zu  dessen  Historiae.     Vgl.  L.  Urlichs  in   der  Eos  I. 
S.  549  ff.    An  Sallust  hat  Tacitus  offenbar  seinen  historischen  Stil  gebüdet; 
und  so  gross  die  Virtuosität  ist  welche  Tacitus  in  der  ihm  eigenthümlicIieD 
Weise  allmählich  erlangt  hat,  so  hat  er  sie  doch  erst  stufenweise  erreicht, 
und  der  Agricola  stellt  diejenige  Stufe  dar  auf  welcher  seine  Selbständig- 
keit noch  verhältnissmäfisig  kleiner  war~    Er  ist  ein  rhetorisch -psycholo- 
gisches Gemälde  ganz  in  der  Weise  des  Sallust,   mit  dessen  ProÖmieu, 
eingestreuten  Reden  und  Excurscn,  seinem  geringen  Interesse  für  Zahlen- 
und  Zeit- Angaben  (c.  41  f.),  mit  Antithesen  und  andern  Figuren,  auch  einem 
regelrechten  Epilog.    Nur  darf  man  deswegen  nicht  (mit  E.  Hübner,  Her- 
mes I.  S.  438—448)  der  Schrift  den  Charakter  einer  Biographie  absprechen 
und  ausschliesslich  den  einer  laudatio  funebris  vindicieren :  sie  ist  eine  rhe- 
torisch gehaltene  Biographie.    Die  Rede  des  Calgacus  (c.  30)  erinnert  be- 
sonders stark  an  Sallust  (Cat.  58,  17  f.  und  den  Brief  des  Mithridates);  aber 
auch  sonst  lesen  sich  lange  Partien  (wie  c.  18  ff'.)  ganz  sallustisch ,  und  allent- 
halben sind  sehr  viele  Einzelnheiten  theils  Reminiscenzen  aus  Sallust  theils 
Variationen  nach  ihm.    Vgl.  ürlichs  de  vita  Agric.  (1868)  p.  4  f.    Der- 
gleichen findet  sich  zwar  auch  noch  in  den  Annalen ,  aber  verhältnissrnS^sig 
am  zahlreichsten  doch  im  Agricola.  —  Die  historische  Studie  über  Britan- 
nien und   die  früheren  römischen  Züge   dorthin  (c.   10  —  17)   hat  Tacitps 
später  (Ann.,  bes.  XIV,  29  ff.)  frei  verwendet  und  manchfach  berichtigt 
und  erweitert. 

3.  Der  Text  des  Puteolanus  galt  lange  für  die  einzige  authentische 
üebcrlieferung.  Durch  Wex  ist  aber  nachgewiesen  worden  dass  dessen 
Codex  nichts  Anderes  enthielt  als  was  die  beiden  vaticanischen  Hand- 
schriften aus  der  zweiten  Hälfte  des  löten  Jahrhunderts  geben  durch  die 
uns  der  Agricola  erhalten  ist,  Vat.  4498  =  A  bei  Wex,  d  bei  Halm,  und 
Vat.  3429  =  r  bei  Wex,  g  bei  Halm,  und  dass  alle  Abweichungen  hievon 
entweder  als  Conjecturen  des  Puteolanus  oder  als  Fehler  seines  Abschrei- 
bers oder  Setzers  zu  betraQhten  sind.  Vgl.  L.  Spengel,  Münchner  Gel. 
Anz.  1853,  Nr.  25  —  27,  und  Spec.  emendationum  in  Tac,  München  1852. 
4.  p.  15.  6.  Kämmerer,  de  indole  ac  pretio  codd.  mss.  Tac.  Agr.  et  edd. 
vett.  usque  ad  Lipsium,  Breslau  1842.  f  hat  die  Ueberschrift  Comelii 
Taciti  de  vita  et  moribus  lulii  Agricolae,  A  Cai  Comeli  T.  de  v.  et  m.  I.  A. 


316.    Tacitiifi.    Schriften:  Agricola.  683 

:  einzelne  Stellen  können  die  Randbemerkungen  von  f  (M  bei  Wex)  in 
raxiht  gezogen  werden;  Schenkl,  Zeitschr.  f.  d.  Ostreich.  Gymn.  Xll. 
421-437.    J.  Müller,  Innsbruck  1863.  4. 

4.  Ausgaben  und  Bearbeitungen:  hinter  den  Panegyrr.  latt.  von 
Puteolanus,  Mailand  1476?  4.  Per  Phil.  Pinci,  Venet.  1497.  fol.  A  M. 
riniigo,  Nürnberg  1637.  Cum  notis  Boxhomii  ed.  J.  A.  Bosius,  Jena 
)4.  Cum  notis  Buchneri  ed.  C.  Schubart,  Lipa.  1683.  Ed.  M.  Engel, 
pa-  1788.  Lat.  und  deutsch  von  J.-  Ch.  Schlüter,  Duisburg  1808.  C.  F. 
inner  und  J.  C.  Fincke,  Götti.  1802;  zweite  Aufl.  von  A.  Schlegel,  Göt- 
igen  1816.  Obss.  ill.  N.  J.  Bloch,  Kopenhagen  1814.  Ed.  E.  Dronke, 
)blenz  1824;  ed.  2.  Fulda  1843.  Ed.  E.  H.  Barker,  London  1824.  Tex- 
im  rec.  et  ad  fid.  cod.  Vat.  emend.  U.  J.  H.  Becker,  Hamburg  1826. 
i.  P.  G.  V.  Hert^l,  Lips.  1827.  Ed.  et  ann.  ill.  P.  Hofman-Peerlkamp, 
eyden  1827;  ed.  11.  1864.  Urschrift,  Uebersetzung,  Anmerkungen  durch 
•  L.  Walch,  Berlin  1828.  Mit  Erläutt.  und  Excursen  von  C.  L.  Roth, 
ümberg  1833.  Recogn.  F.  Ritter,  Bonn  1836.  Brevi  ann.  expl.  F.  Düb- 
3r,  Paris  1843.  1866.  12.  Ad  fidem  codicum  denuo  collatorum  rec.  et 
»minentariis  enarravit  F.  C.  Wex,  Braunschweig  1852.  338  pp.  Ex 
^exii  rec.  recognovit  et  perpetua  annotatione  illustravit  Fr.  Kritz,  Berlin 
'50.  1865.  Erklärt  von  C.  Tuecking,  Paderborn  1869.  Schulausgabe  von 
A.  Dräger,  Leipzig,  Teubner  1869.  Text  auch  von  Fr.  Ritter,  z.  B. 
t-   III.  Bonn  1852. 

Unter  den  Uebersetzungen  ist  bemerkenswerth  die  französische  von 

^poleon).  L(oui8).  B(onaparte).,  Florenz  1829.    4.     Deutsche   auch   von 

I>öderlein  (mit  Rechtfertigungen,  Aarau  1817),  H.  W.  F.  Klein  (Mün- 

^n  1825) ,  Nissen  (mit  Einleitung  und  Comment<ar ,  Hamburg  1847) ,  Voigt- 

t^d  (Schleusingen  1862.   4.). 

5.  Abhandlungen  zur  Textkritik  von  Brüggemann  (Düsseldorf 
'^),  Eichstädt  (Jena  1830),  E.  Foss  (Altenburg  1837.  4.),  Fr.  Brandes 
^stock  1838.  4.),  Gemhard  (Weimar  1838.  4.),  Heimburg  (Jena  1839), 
^ex  (Beiträge  zur  Kritik  u.  Erkl.  von  Tac.  Agr.,  Schwerin  1840.  4.),  Pfitz- 
^er  (Neubrandeub.  1842.  4.  Ztschr.  f.  Alt.  Wiss.  1847.  Nr.  13  f.),  E.  Dronke 
Fulda  1842.  4.),  Ch.  G.  Herzog  (Gera  1843.  4.),  Seyffert  (Kreuznach  1845. 
t.),  Hutter  (München  1849.  4.),  J.  G.  Schneider  (Coburg  1850  ff.  4.),  G.  U. 
)(uch  (Rostock  1853.  4.),  Fr.  Kritz  (de  glossematis  falso  Taciti  Agricolae 
nputtttis,  Erfurt  1857.  4),  J.  Müller  (Fiimie  1858.  4.),  A.  J.  F.  Henrichson 
at.  und  deutsch,  mit  krit.  u.  erkl.  Anm.,  Altena  1858.  74  S.  4.  c.  1—22), 
.  F.  Schömann  (Greifswald  1859.  4.),  G.  Liep  (Kreuznach  1861.  4.),  C.  Nip- 
erdey  (Rhein.  Mus.  XVllI.  S.  350—365.  XIX.  S.  97—113),  Fr.  Ritter,  (ebds. 
X.  S.  518—532),  J.  Classen  (Symb.  criticae,  P.  III,  Hamburg  1866.   4.), 

Pfaff  (exegetisch -krit.   Bemerk,  zu  Agr.   1   u.  36,  Erlangen  1867.   4.), 
Urlichs  (Festgruss,  Würzburg  1868,  S.  6  —  8),  K.  Meiser  (Blätter  f.  d. 
lir.  Gymn.  V,  3). 

6.  Ueber  den  Agr.  vgl.  Niebuhr ,  kleine  bist,  und  philol.  Schriften  I. 
331  (nebst  N.  Bach,  Schulztg.  1831.   IL    S.  851  f.).    Weltmann  vor  sr. 

ßbers.  VI.  S.  34—46  (Prag  1817).  A.  Mohr,  Bemerkungen  zu  und  über 
,  Agr.,  Meiningen  1823.  Walch,  über  die  Kunstform  d.  ant.  Biogr.  mit 
»onderer  Rücksicht  auf  d.  Agr,  des  T.,  vor  sr.  Ausg.  S.  XXXVIII— LXXIV. 


(384  ^io  Kaiserzeit.    Erstes  Jahrhundert. 

Hofimeister,  Weltanschauung  d.  Tac.  S.  80  ff.  206  ff.  228  ff.  J.  Held,  coi 
mentat.  de  Agr.  vita  quae  vulgo  Tacito  adsignatur,  Schweidnitz  1845.  ^^ 
E.  Hübner,  Hermes  I.  (1866)  S.  438—448.  J.  Gantrelle,  sur  la  vie  d'Agr — 
Revue  de  Tinstr.  belgique,  1  Mai  1870.    46  pp. 

3.     Germania,    eine    ethnographische   Einzelschrift,   yc^ 

anlasst  durch  das  hohe  Interesse  welches  dieses  Land  und  V0I.J 

für  die  damalige  Zeit  besass,   vielleicht  auch  durch  die  persoÄ:^ 

]iche  Anschauung  zu  welcher   der  Verfasser  amtliche  Gelege:n> 

heit  gehabt  hatte.     Die  Ausführung  ist  durch  Gemütsantheil  irJe 

Rhetorik  erwärmt  und  streift  oft  an  das  Sentimentale.    ObwoA/ 

weder  Kritik  noch  Unparteilichkeit  verleugnend,  stellt  der  Ver> 

fasser  die  einfachen  Zustände  der  Germanen  gern  den  verwicke/- 

ten  und  verdorbenen  seiner  eigenen  Zeit  gegenüber. 

2.    Titel  im  Yat.  1862  und  Farnesianus:  Com.  Tac.  de  origine  et  situ 
Germaniae;  ausführlicher  Pontanus:  Corneli  Taciti  de  origine,  situ,  nori- 
bus  ac  populis  Germanorum  über.    Die  Schrift  zerfallt  in  zwei  Theile,  tod 
denen  der  erste  in  commune  de  omnium  Germanorum  origine  ac  moribo« 
handelt  (c.  27  extr.),  der  zweite  (c.  28 — 46)  über  die  einzelnen  Völker 
Schäften.    Im  letzteren  nimmt  der  Verfasser  seinen  Standpunkt  am  Rhein 
und  schUdert,  landeinwärts  vorrückend,  die  Stämme  zuerst  in  der  Rich- 
tung von  West  nach  Ost,  dann  (c.  35  ff.)  von  Nord  nach  Süd.    An  der 
Donau  angekommen  verfolgt  er  deren  Lauf  (c.  41),  und  schliesst  mit  den- 
Ufern  der  Ostsee.    Von  seinen  Quellen  nennt  er  nur  den  Caesar  (c.  28)^ 
Spuren  von  Quellenkritik  aber  auch  c.  3.  8.  27.  28.  33.  34.  41.  45.  Des 
Plinius  bella  Germaniae  (oben  294,  2)  sind  ohne  Zweifel  benützt.    Üebcr 
die  Ausbeutung  des  Sallust  s.  R.  Eöpke,  zur  Quellenkritik  der  Germania,  ia 
seinen  deutschen  Forschungen  (Berlin  1859)  S.  223—226,  und  Th.  Wiede 
mann ,  in  den  Forschungen  zur  deutschen  Geschichte ,  herausgegeben  von 
der  Münchner  historischen  Comnussion  IV,  1  (1864)  S.  171  ff. 

2.  Da  c.  37  vom  ersten  Einfall  der  Kimbern  (J.  641  d.  St)  bis  zum 
zweiten  Consulat  des  Trajan  (98  =3  851  d.  St.)  210  Jahre  gerechnet  sind, 
so  muss  die  letzte  Redaction  und  Herausgabe  der  Schrift  zwischen  9S  und 
das  dritte  Consulat  Trajans  (J.  100  n.  Chr.)  gesetzt  werden.  Dass  sie  trotz 
dem  Agr.  3  bei  den  literarischen  Planen  des  Tac.  nicht  mit  erwähnt  wird 
erklärt  sich  am  einfachsten  daraus  dass  sie  ursprünglich  dazu  bestunmi 
war  einen  Excurs  der  Historiae  zu  bilden,  dann  aber  selbständig  bearbeitet 
und  herausgegeben  wurde,  theils  weil  der  reiche  Stoff  zu  der  Aufgabe 
der  Hist.  nicht  im  Verhältniss  gestanden  wäre ,  theils  um  ihn  in  rhetorisch 
paränetischer  Richtung  zu  verwerthen  (A.  3).  A.  Riese,  Eos  IL  S.  193—203 
A.  Euösner,  Fleckeisens  Jhbb.  1868,  S.  650. 

3.  Die  Germania  ist  weder  eine  Idylle  noch  ein  Roman  noch  dae 
politische  Tendenzschrift  (z.  B.  um  dem  Trajan  von  einem  Feldznge  gegen 
Germanien  abzurathen),  sondern  ein  Beitrag  zu  der  Aufgabe  die  A.  IV,39 
als  eine  anziehende  anerkannt  wird,  situs  gentium  describere,  wozu  sAxM 
der  Agr.  beigesteuert  hatte.  Aber  die  Art  der  Ausführung  ist  aUerding« 
bezeichnend  für  Tacitus.    Wie  bereits  Horaz  (0.  III,  24,  9  ff.)  die  Skythen 


316.    Tacitiis.    Schriften:  Germania.  G85 

und    CS-eten  gegenüber  von  der  Verderbniss  Roms  in  ein  ideales  Licht  ge- 
rückt     hatte,   so  verfährt  hier  Tacitas  mit  den  Germanen.    Er  schildert 
diese       mit  fortwährendem  Hinblick  auf  seine  Zeit,  oftmals  hervorhebend 
was  .Zolles  die  Germanen  zu  ihrem  Qlücke  nicht  kennen  (c.  8.  9.  11.  13.  18. 
19.  ^O.  24.  25.  27.  38).    Dabei  geiUth  die  Schilderung-  manchmal  in  einen 
weiiÄejrlichen  Ton  hinein  (z.  B.  c.  6.  7.  18  f.  27).     Doch  ist  der  Verfasser 
weit      davon  entfernt  die  Germanen  kurzweg  seiner  Zeit  als  Muster  vor- 
iuh£^lteu:  er  erkennt  an  ihnen  vielmehr  wesentliche  Fehler  (c.  11.  15.  17  f. 
^3  f.),  und  kehrt  (c.  33  vgl.  23)  ihnen  gegenüber  den  specifisch  römischen 
Stai^dpunkt   sogar   mit  Schroffheit  hervor.     Vgl    A.  9  und  W.  Teuffers 
Einleitung  vor  der  Uebers.  (1859)  S.  132  f. 

4.  Der  rhetorische  Charakter  der  Darstellung  zeigt  sich  in  den 
häufigen  Sentenzen,  den  zahllosen  Fällen  der  Anaphora  (c.  11  sogar  mit 
prout)  und  andern  Figuren.  Vgl.  Mützell,  Ztschr.  f.  Gymn.  I  (1847)  S.  86  ff. 
üeber  die  Pleonasmen  der  Schrift  s.  C.  Halm.  Sitzungsberichte  der  Münch- 
ner Akademie  1864,  S.  12  ff.  Auch  hier  noch  fehlt  es  nicht  an  Anklängen 
an  Sallust  (vgl.  Ph.  Hess,  variae  lectiones  et  observaüones  in  T.  Germ., 
Helnastädt  1827.  1828.  1834.  4.  Wölfflin,  Philologus  XXVI.  S.  122  f.)  und 
Berührungen  mit  andern  Schriften  des  Tacitus,  besonders  dem  Agricola 
(Agr.  11  extr.  =  Germ.  28;  haud  perinde,  Agr.  10  =  Germ.  34;  in  Uni- 
versum aestimanti,  Agr.  11  =  Germ.  6;  patiens  frugum,  Agr.  12  vgl. 
Gerna.  6).    Hexameter  Germ.  18.  32.  39;  iambischer  Dimeter  c.  27. 

5.  Die  Germania  ist  ims  durch  dieselbe  Handschrift  erhalten  wie  der 
dialogas  (s.  oben  1,  4),  nur  dass  die  Zahl  der  von  ihr  vorhandenen  Ab- 
8<^^riflen  eine  grössere  ist;  eine  der  besseren  befindet  sich  in  der  Stutt- 
gJ^ner  Bibliothek.     Massmann,  Berl.  Jahrbb.  1841,  Nr.  87  ff.     R.  Tagmann, 

^^  codicibus  mss.  atque  editionibus  vett.  Tac.  Germ.  I.  Breslau  1846;  de 

'^^.  Germ,  apparatu  critico,  Breslau  1817. 

6.  Ausgaben.  Cum  notis  Willichii,  Glareani,  Melanchthonis,  Frkf. 
^  0.  1551.  Cum  comm.  Chr.  Coleri,  Haunov.  1602.  E  rec.  Conringii, 
Heimst.  1652.  4.  Cum  varr.  notis  ed.  J.  C.  Dithmar,  Frkf.  1725  u.  sonst. 
Bd.  C.  H.  Joerdens,  Berl.  1783.  1794.  Cum  obss.  Longolii  ed.  J.  Kapp, 
Lips.  1783;  ed.  H.  cur.  Ph.  Hess,  Lips.  1824.  Cum  varr.  lectt.  ed.  G.  G. 
Bredow,   Heimst.   1808.   1816.     Ed.  illnstr.  R.  Belham    (mit  Agr.)  cd.   II. 

Cambridge  1813.    Rec.  Fr.  Passow,  Breslau  1817.    Mit  Comm.  von  Ammon 

und  Bäumlein,  Tüb.  1817.    Lat.  und  deutsch  mit  Erläutt.,  von  G.  und  K. 

Sprengel,  Halle   1819.     Erläut.  von  J.  F.  K.  Dilthey,  Braunschweig  1823. 

Ed.  illustr.  Ph.  C.  Hess,  Lips.  1824.    Bj  E.  H.  Barker,  London  1824.    Trad. 

avec  un  comm.  par  C.  L.  F.  Panckoucke,  Paris  1824.    Mit  Noten  von  Fr. 

W.  Altenburg,  Hildburgh.  1826.     Recogn.   cum  brevi  adnot.  ed.  G.  F.  C. 

Günther,   Helmstedt  1826.     Urschrift,   Uebersetzung  u.  s.  w.  von  G.  L. 

Walch.    1.  Hefk.    Berlin  1829.     Comm.  instr.   Th.  Kiessling,   Lips.    1832. 

Mit  krit.,  gramm.  und  bist.  Anmerkungen  von  J.  v.  Gruber,   Berl.  1832. 

Ed.  et  quae  ad  res  Germanorum  pertinere  videntur  e  reliquo  Tac.  opere 

cxcerpsit  J.  Grimm,  Gott.  1835.    Text,  Uebers.,  Erläut.  von  F.  D.  Gerlach, 

2  Abth.,  Baael  1836—1837.    In  usum  schol.  recogn.  Fr.  Ritter,  Bonn  1836. 

1853.     Ad  fidem  codicis  Perizon.  ed.  L.  Tross,  Hamm  1841.    Recogn.,  isag. 

instr.,  comment.  illustr.  etc.  M.  Weishaupt,  Solothurn  1844.   Ed.  Massmann, 


686  ^^^  Kaiserzeit.    Erstes  Jahrhundert. 

Quedlinburg  1847.  Lat.  und  deutsch  von  Döderlein,  Erlangen  1850.  Lai, 
with  ethnoL  diss.  and  notes  by  R.  6.  Latham,  London  1851.  Mit  Agr. 
til  skolebrug  af  Bloch,  Kopenhagen  1854.  In  us.  schol.  recogn.  M.  Haupt, 
Berlin  1855.  £d.  Sclu^ant,  Leyden  1856.  XLI  und  334  pp.  Herausgeg. 
und  sachlich  erläutert  von  Th.  Finck,  I.  Tac.  Leben,  Text  und  besserer 
handschriftl.  Apparat,  Göttingen  1857.  250  S.  Ex  Hauptii  rec.  recogn. 
et  perpetua  adnot.  illustr.  Fr.  Kritz,  Berlin  1860.  1865.  1869.  Erklärt  ?on 
C.  Tücking,  Paderborn  1867.  Ausführlich  erklärt  von  L.  Curtsce,  Leipzig 
1868.  424  S.   (zu  c.  1—10).    Mit  Anm.  von  B.  Hüppe,  Münster  1868. 

7.  Uebersetzungen  (ausser  den  angeführten)  von  K.  G.  Anton 
(mit  Comm.,  Halle  1824),  H.  W.  F.  Klein  (München  1826).  Bülau,  Weiske 
und  K.  V.  Leutsch  (Leipzig  1828),  J.  Horkel  (in  den  Geschichtschreibern 
der  deutschen  Vorzeit,  I.  Berlin  1847),  F.  Thudichum  (Giessen  1862),  K.  A. 
Low  (Mannheim  1862),  N.  Mosler  (I.  Leipzig  1862),  L.  H.  0.  Müller  (Jena 
1862.  4.),  A.  Bacmeister  (Stuttgart,  Neff  1868). 

8.  Abhandlufagen  zur  Textkritik  von  J.  C.  Orelli  (Zürich  1819.  4.], 
Ph.  Hess  (Hehnstädt  1827.  1828.  1834.  4.),  Schober  (Naumburg  1827.  4), 
Selling  (observ.  critt.,  accedit  collatio  cod.  Hummeliaui,  Augsburg  1830.  4.), 
Pfitzner  (zur  Kritik  und  Erkl.,  Neubrandenburg^  1843.  4.) ,  Wex  (Schwerin 
1853.  4.),  W.  Th.  Eudolphi  (Observ.  grammaticae  et  criticae,  Münster 
1855),  C.  Nipperdey  (Rhein.  Mus.  XVIII.  S.  342—350),  L.  v.  Jan  (Eos  I. 
S.  76—79),  C.  Halm  (über  einige  controverse  Stellen,  München  1864  = 
Sitzungsber.  der  Münchner  Akad.),  Fr.  Ritter  (Rhein.  Mus.  XX.  S.  195- 
217),  A.  Reifferscheid  (Coniectanea ,  in  der  Symbola  philol.  Bonn.  p.  623 
—628),  A.  Planck  (Beiträge  zur  Erkl.,  Heilbronn  1867.  4.). 

9.  lieber  die  Germania  und  zu  ihrer  Sacherkläruug.  G.  A.  Arndt, 
disp.  quatenus  Tac.  de  Germ,  libello  fides  sit  tribuenda,  Lips.  1776.  4. 
L.  Völkel,  de  fontibus  unde  Tac.  quae  de  patria  nostra  trad.  haosisse 
videatur  deque  consilio  in  scribend.  Germ.,  Marburg  1789.  4.  C.  C.  £< 
Charitius,  diss.  utrum  satis  fide  digna  sint  quae  T.  in  G.  tradit,  Witten- 
berg 1792.  4.  G.  A.  Rüdiger,  de  fide  historica  Tac.  in  Germ,  descr..  Frei* 
berg  1823.  Barby ,  de  consilio  quo  T.  Germ,  conscripserit  et  de  fide  ei 
tribuenda,  Berlin  1825.  Ebenso  Spilleke,  Berlin  1825.  4.  v.  Leutsch,  über 
die  Glaubwürdigkeit  des  Tac.  in  Rücksicht  auf  dessen  Germ.,  Berichte  i 
deutschen  Ges.  zu  Leipzig,  1829.  S.  46  ff.  Chr.  Rommel,  de  Tac.  descr. 
Germauiae,  Marburg  1805.  4.  F.  Rühs,  ausführl.  Erläut.  der  10  ersten 
Capp.  des  T.  über  Deutschi.,  Berlin  1821.  F.  Passow  in  Wachlers  Philo- 
mathie  L  imd  in  seinen  Verm.  Sehr.  S.  40 — 64.  F.  W.  Altenburg,  über 
Caesar's  und  Tac.  Ansichten  von  der  Religion  der  Deutschen ,  Schleusingen 
1827.  4.  U.  J.  H.  Becker,  Anm.  und  Excurse  zu  T.  G.  1—18,  Hannover 
1830.  C.  Reischle,  comm.  de  locis  quibus  Tac.  et  Caes.  de  vett.  Germm. 
inter  se  differunt,  Kempten  1831.  4.  Fr.  Göller,  de  scriptis  Caes.  et  Tac 
ex  monumentis  medii  aevi  illustrandis ,  in  d.  Act.  soc.  gr.  I.  p.  43  ff.  F.D. 
Gerlach,  über  die  Germ,  des  Tac.,  in  der  Zeitschr.  der  Basler  Lehrer  1825. 
II.  und:  über  die  Idee  von  T.  Germ.,  in  den  Verhh.  der  Gothaer  Pbilo- 
logenvers.  (Gotha  1841.  4.)  S.  55  ff.  =  Histor.  Stud.,  Hamburg  18». 
S.  308  ff. ;  sowie  in  den  Verhandl.  der  Philologenvers,  zu  Hannoyer  S.  101 
-111.     Vgl.  auch  Hoffmeister,  Weltanschauung  des  T.  S.  201  ff.  220  fL 


316.    Tacitus.    Schriften:  Germania,  Historiae.  687 

Welter,  de  fide  Tac.  in  rebus  Germ m.  quaeat,  Münster  1846.  4.  Greverus, 
Bemerkungen  zu  T.  Germ.,  Oldenburg  1850.  E.  Keferstein,  Ansichten 
über  die  Kelten  u.  s.  w.  Ill,  1  (Halle  1850):  des  Tac.  Germania.  W.  Engel- 
bert, über  d.  G.  d.  T  und  die  Geographie  des  Ptolemäus  als  Hauptquellen 
der  Geogr.  des  alten  Germanien,  in  der  Zeifcschrift  für  vaterl.  Gesch.  u. 
Alt.  Kunde.  III.  Münster  1852.  Müllenhoff,  verderbte  (deutsche)  Namen 
bei  Tac.,  Zeitschrift  f.  deutsches  Alterthum  IX.  S.  223-261.  B.  Huppe, 
annotationes  aliquot  ad  T.  G.,  Coesfeld  1853.  4.  J.  N.  Schmeisser,  Be- 
merkungen zur  G.  d  T.  aus  dem  Nibelungeulied  u.  a  altdeutschen  Ge- 
dichten, Constanz  1853.  H.  Schweizer -Sidler,  Bemerkungen  zu  T.  G., 
Programm  der  Zürcher  Kantonschule  1860.  24  S.  4.  1862.  30  S.  4.;  Jahns 
Jahrbb.  LXXXV.  S.  115—123.  J.  V.  Zingerle  in  Franz  Pfeiffers  Germania, 
1860,-  S.  219  f.  G.  Waitz,  über  die  principes  in  der  Germ,  des  Tac,  in 
den  Forschungen  zur  deutschen  Gesch.  herausgg.  ?on  der  Münchner  bist. 
Comnission  II,  2  (Göttingen  1862),  sowie  dessen  deutsche  Verfassungs- 
geschichte, zweite  Aufl.  I.  Kiel  1865.  F.  Thudichum,  der  altdeutsche  Staat, 
mit  Uebers.  der  Germ.,  Giessen  1862.  H.  Brandes,  die  nobiles  der  Ger- 
manen, in  seinem  Ersten  Bericht  über  die  germanist.  Gesellschaft  zu  Leip- 
zig (Leipzig  1863)  S.  19—44.  P.  D.  Ch.  Hennings,  die  agrar.  Verf.  d.  a. 
Deutschen  (zu  Germ.  26.  30),  Kiel  1869.  Latham,  on  the  authority  of  the 
etc.  im  Journal  of  class.  and  sacred  philology  XII.  p.  324—346.  Th.  Malina, 
de  consilio  quäle  T.  in  scribendo  de  G.  libro  secutus  esse  videatur,  Deutsch- 
Crone  1860.  4.  Künssberg,  Wanderungen  in  das  germanische  Alterthum  (Ber- 
lin 1861)  und  dagegen  Boot,  Verslagen  der  hoUänd.  Akad.  VII.  1863.  p.  66—82. 
A.  Baumstark,  über  das  Romanhafte  in  der  Germ.  d.  T.,  Eos  I.  S.  39—64  und 
IL  S.  487—496.  Ed.  Göbel,  Ebds.  I.  S.  516—525.  A.Riese,  die  ursprüng- 
liche Bestimmung  der  G.  d.  T.,  ebds.  II.  S.  193—203.  Fr.  Münscher,  Bei- 
träge zur  Erklärung  der  G.  d.  T.,  Marburg  1863.    34  S.    4.1864.    48  S.    4. 

4.  Historiae,  Darstellung  einer  selbsterlebten  Zeit,  der 
Regierungen  von  Galba,  Otho,  Vitellius,  Vespasianus,  Titus 
und  Domitianus  (J.  09  —  96  n.  Chr.),  also  vorzugsweise  der 
äavischen  Dynastie,  verfasst  unter  der  Regierung  des  Trajan. 
Ursprünglich  bestand  das  Werk  aus  vierzehn  Büchern,  wovon 
jedoch  nur  die  vier  ersten  und  vom  fünften  etwa  die  erste  Hälfte 
auf  uns  gekommen  sind.  Diese  enthalten  die  Geschichte  der  Jahre 
09  und  70  (822  f.  d.  St.),  ohne  sie  aber  zu  Ende  zu  bringen. 

1.  Tertullian.  apol.  16:  Cornelius  Tacitus  in  quinta  Historiarum  sua- 
nun.  Der  Titel  lehnt  sieb  an  den  Vorgang  des  Sisenna,  Sallust  und  Asi- 
nins  Pollio  an  und  entspricht  genau  der  technischen  Bedeutung  des  Wortes 
hiftoriae;  s.  oben  32,  1.  Er  ist  diess  das  im  Agr.  3  vorausangekündigte 
Werk,  nur  dasa  der  Plan  auf  alle  Regierungen  seit  Nero^s  Tode  miterstrekt 
ist,  während  die  Geschichte  des  regierenden  Fürsten,  Trajan,  und  seines 
Adoptivvaters  Nerva  auf  spätere  Jahre  verspart  wird  (Hist.  I,  1)  und  auch 
da  nicht  sur  Ausführung  kam. 

2.  Hieronymus  zum  Zacharias  III,  14  berichtet  dass  Tacitus  die 
Geschichte  der  Kaiser  nach  August  bis  zum  Tode  des  Domitian  triginta 


1^       -^ 


688  l^i<>  Kaiserzeit.    Erstes  Jahrhundert. 

voluminibus  beschrieben  habe,  wovon  16  Bücher  auf  die  Annalen  und  so- 
mit 14  auf  die  Historiae  fallen.  Auch  im  Med.  11  und  andern  Hdas.  ist 
diese  Zählung  befolgt.  Die  Reihenfolge  der  Abfassung  beider  Werke  er- 
hellt aus  A.  XI,  11:  utriusque  principis  (des  Augustus  imd  Claudius]  rationes 
(in  Bezug  auf  die  ludi  saeculares)  praetermitto,  satis  narratas  libris  quibus 
r^  imperatoris  Domitiani  composui  (in  dem  die  Geschichte  des  D.  enthal- 
tenden Theile  der  Uist.)?  nam  is  quoque  edidit  ludos  saeculares.  Ner?a 
heisst  Divus,  Uist.  I,  1.  Anführungen  aus  dem  sechsten  Buch  bei  Oros.  VII, 
10.  19.    Benützung  durch  Sulpicius  Severus,  unten  413,  2. 

3.  Zum  Stoffe  der  in  der  Arbeit  begriffenen  Historiae  wollen  Bei- 
träge sein  die  Briefe  des  Plinius  (vom  J.  106  oder  107)  VI,  16.  20.  VII,  33 
{historias  tuas).     Auch  war  ein  Theil  derselben  wohl   der  über  welchen 
Tac.  dem  Plinius  (nach  Ep.  VII,  20,  1  vgl.  ib.  33,  1.  VIII,  7)  ad  adnotan- 
dum  zugeschickt   hatte.     Successives  Vortragen   und  Veröffentlichen  der 
einzelnen  Bücher  ist  auch  sonst  wahrscheinlich ;  Th.  Mommsen  im  Hermes 
III.  S.  107.    Inhaltsübersicht  über  das  Erhaltene  bei  Süvem,  in  den  Ab- 
haudl.  der  Berliner  Ak.  1822  f.  S.  97—107.  ^  Dass  für  Plutarchs  Biographien 
von  Galba  und  Otho  die  Historiae  des  Tacitus  die  Grundqnelle  gewesen 
seien  hat  wahrscheinlich  gemacht  Oct.  Clason,  Plutarch  und  Tacitus,  eine 
Qucllenuntersuchung,   Berlin    1870.    73  S.     Andere  hatten   die  Ueberein- 
Stimmungen  beider  aus  der  Benützung  gemeinsamer  Quellen  zu  erklären 
gesucht;  8.  C.  Hirzel  im  Maulbronner  Programm  1851  (comparatio  eoram 
quae  de  Iropp.  Galba  et  Othone  relata  legimus  apud  Tadtum,  Plut,  Säet, 
Dionem)  p.  37  ff.    Th.  Wiedemann,  de  Tacito,  Suel,  Plut,  Cassio  Dione 
scriptoribus  imperatorqm  Galbae  et  Othonis,  Berlin  1857.     H.  Peter,  d. 
Quellen  Plutarchs  (Halle  1865)  S.  40  ff.    Josephus  ist  nicht  benützt. 

4.  Die  Haupthandschrifb  für  die  Historiae  ist  der  (bereits  interpolierte) 
Mediceus  II  saec.  XI  (in  Monte  Cassino  zwischen  1053  und  1087  geschrieben) 
in  longobardischer  Schrift,  welcher  elf  Bücher  Comelii  Taciti  ab  exoesao 
D.  Augusti  enthält,  nämlich  Buch  XI  bis  XXI  (incl.)  =  A.  XI— XVI,  flist 
I— V.  Alle  übrigen  sind  von  untergeordnetem  Werth,  noch  weiter  inter- 
polierte und  sonst  verderbte  Abschriften  welche  mittelbar  oder  unmittel- 
bar auf  den  Med.  zurückgehen.  , 

5.  Ausgaben  der  Historiae  von  Th.  Kiessling  (Lips.  1840)  und  C. 
Heraus  (für  den  Schulgebrauch  erklärt,  I.  Leipzig,  Teubner  1864.  IL  1870). 
Vgl.  E.  Wölfflin,  Phüologus  XXVll.  S.  113  ff. 

6.  Zu  den  Historiae  Beiträge  von  A.  Böckh  (H.  I,  62.  Berol,  1830. 
4.),  F.  Jacob  (über  T.  Geschichtsb.  V,  2-5,  Lübeck  1840.  4.),  L.  Döderlein 
(Emendationes  Hist.  T.  Erlangen  1841.  4.),  C.  Nipperdey  (Em.  H.  T.,  Jena 
1855.  4.),  L.  ürlichs  (Eos  I  S.  250  ff.),  J.  Classen  (Symbolae  criücae,  P.  H- 
Frankfurt  1863.  4.  lU.  Hamburg  1866.  4.),  F.  Ritter  (im  Phüologus  XXI 
S.  601—653),  J.  Müller  (L  Innsbruck  1865.  II.  1869),  E.  Wölfflin  (Phüo- 
logus XXVII.  S.  117—144),  Borghesi  (Oeuvres  V.  p.  287—328:  Annotaiioni 
agh  Ann.  ed  alle  Storie  di  Tac.). 

7.  Völcker,  der  Freiheitskampf  der  Bataver  unter  Claudius  Civili«» 
Elberfeld  1861  —  1863.  C.  Hagge,  Bemerkungen  zu  dem  Feldzuge  des 
Vitellius  und  ütlio  nach  Tacitus,  Kiel  1864.  4.  Leonhard,  über  den  Bericht 
des  Tac.  über  die  Juden  (Hist.  V,  2—6),  EUwangeü  1856.  4.  H.  R  Dirkseo, 
die  römisch -rechtlichen  Mittheilungeji  in  Tac.  Historien,  Berlin  1860.  4. 


316.    Tacitus.    Schriften:  Historiae  und  Annales.  689 

5.     Annales  oder  vielmehr  ab  excessu  divi  Augusti,  sechs- 
zelin    Bücher,    welche    die    Regierungsgeschichte    der   julischen 
Dynastie  nach  August's  Tode  (Tiberius,  Caligula,  Claudius,  Nero) 
oder  die  Jahre  14  —  68  (767—821  d.  St.)  enthielten,  gleichfalls 
noch  unter  Trajan  verfasst  und  zwischen  J.  115  und  117  heraus- 
gegeben.   Erhalten  ist  aber  nur  das  erste  und  das  letzte  Drittel 
des  ganzen  Werkes,    die  vier  ersten  Bücher    mit  Theilen  des 
fünften  und  sechsten,  sodann,  aber  am  Anfang  und  Ende  ver- 
stümmelt,  Buch  XI  bis  XVI,   so   dass  uns  fehlt  die  ganze  Re- 
gierungszeit des  Caligula,  von  der  des  Claudius  der  Anfang  bis 
■in  das  Jahr  47,  und  von  der  des  Nero  J.  66 — 68.     Die  annali- 
stische Anordnung   scheint  in    diesem   Werke    strenger    durch- 
geführt zu  sein  als  in  den  Historiae. 

1.  Urkundlich  ist  (nach  dem  Medicens  I)  einzig  der  Titel  ab  excessu 
d.  Augusti,  der  seine  Analogien  bat  an  den  üeberschriften  der  Geschichts- 
werke von  T.  Livius,  ab  urbe  condita,  und  vom  älteren  Plinius,  a  fine 
(vom  Schlüsse)  Aufidii  BassL  Wenn  Tacitus  selbst  wiederholt  (A.  lY,  32 
vgL  III,  65.  ]^1I,  31)  sein  Werk  ab  annales  bezeichnet,  so  will  er  damit 
nicht  den  Titel  desselben  angeben,  sondern  die  Art  seiner  Anlage,  nach 
der  Jahresfolge  der  Begebenheiten.  (Daher  spricht  Jemandes  de  reb.  get. 
I,  2  nach  Hörensagen  von  Cornelius  annalium  scriptor,  trotzdem  dass  er 
eine  Stelle  des  Agr.  meint.)  Aber  eben  darum  weü  die  Bücher  ab  excessu 
d.  Augusti  wirklich  Annalen  sind  hat  es  kein  Bedenken  der  Kürze  halber 
and  zur  Unterscheidung  von  den  Historiae  sie  als  Annales  zu  citieren. 

?.  Die  Zeit  der  Veröffentlichung  erhellt  aus  A.  11,  61.  Die  dort  an- 
gegebenen Grenzen  des  römischen  Reichs  setzen  die  Eroberungen  voraus 
welche  Trajan  ums  J.  115  machte,  welche  aber  (so  weit  sie  sich  wenigstens 
über  denEuphrat  hiniibererstreckten)Hadrian  gleich  nach  seinem  Regierungs- 
antritte (August  117)  wieder  aufgab  (Spartian.  Hadr.  5, 1 — 4.  Evtrop.  YIII,  6). 
Die  Abtheilung  in  Bücher  rührt  nach  VI,  27  (in  prioribus  libris)  und  XI,  11 
(b.  oben  S.  688,  A.  2)  von  dem  Verfasser  selbst  her. 

3.  Die  Anordnung  ist  mit  Bewusstsein  die  chronologische ;  s.  A.  IV,  71 
in.:  ni  mihi  destinatum  foret  suum  quaeque  in  annum  referre,  avebat  ani- 
mua  antire  statimque  memorare  exitus  u.  s.  w.  Abweichungen  von  dieser 
Ordnung  glaubt  Tacitus  immer  halb  entschuldigen  zu  müssen  (s.  z.  B. 
VI,  38:  quae  duabus  aestatibus  gesta  coniunxi,  quo  requiesceret  animus  a 
domestids  malis.  Vgl.  XII,  40  extr.  XIII,  9)  und  verweist  für  später  Ge- 
schehenes auf  spätere  Theile  (in  tempore  memorabo,  I,  58  vgl.  IV,  71. 
VI,  22;  in  loco  reddemus  II,  4  vgl.  H.  IV,  67:  suo  loco  reddemus).  Zwar 
können  wir  aus  den  kaum  zwei  Jahre  umspannenden  üeberresten  der 
Historien  nicht  mit  Sicherheit  beurteilen  wie  weit  auch  in  ihnen  dieselbe 
traditionelle  Anlage  befolgt  war;  indessen  lag  eine  strengere  Durchführung 
derselben  bei  dem  späteren  Werke  in  so  fem  in  der  Natur  der  Sache  als 
sich  dieses  über  eine  längere  Reihe  von  Jahren  erstreckte  und  zum  Theil 
langdauernde  Regierungen  umfasste.     Uebrigens  hat  Tacitus  dieser  An- 

Teuffel,  Rom.  Literfttarg^eschichtc.  44 


•iz^l^ 


690  ^16  Kaiserzeit.    Erstes  Jahrhundert. 

Ordnung  ihr  Mechanisches  zu  nehmen  gewusst  dadurch  dass  er,  wo  der 
Gegenstand. es  gebot,  sie  zu  verletzen^ nicht  schwer  nahm.  Zu  schroff  hat 
Niebuhr  die  Begriffe  annales  und  historiae  einander  gegenübergestellt  in 
der  Abhandlung  über  den  Unterschied  zwischen  Annalen  und  Historien, 
Rhein.  Mus.  11,  2  (Bonn  1828)  S.  284  ff.  =  Kleine  historische  und  philolo- 
gische Schriften  II.  S.  229  ff. 

4.  Die  ersten  sechs  Bächer  sind  uns  einzig  durch  den  Mediceus  I. 
(saec.  XI)  erhalten,  nämlich  Buch  I-<— lY  vollständig,  von  B.  V  der  Anfang, 
worauf  eine  grosse  Lücke    folgt,    die  den  Anfang   von  Buch  VI  mitver- 
schlungen hat.    Die  Lücke  behandelte  die  Fortsetzung  des  J.  29 ,  das  ganze 
Jahr  30  und  den  grössten  Theil  von  J.  31.     Diese  Handschrift  wurde  in 
dem  westphalischen  Kloster  Corvey  aufgefunden,  kam  1508  nach  Rom,  in 
den  Besitz  des  damaligen  Cardinais  Medici  (später  Papst  Leo  X),  und  von 
dort  nach  Florenz  in  die  mediceische  Bibliothek,  wo  sie  sich  noch  befin- 
det.  J.  1515  wurde  ihr  Inhalt  erstmals  durch  den  Druck  veröffentlicht  (durch 
Ph.  Beroaldus,  in  Rom).    Gegen  die  Zweifel  von  Fr.  Ritter,  über  Alter 
und  Herkunft  der  ersten  Handschrift  des  Tac.  zu  Florenz  (Philologus  XYIL 
S.  662—672.  vgl.  seine  Ausgabe  des  Tac.  vom  J.  1864,  p.  V  ff.)  s.  L.  ür- 
lichs,  Eos  I.  S.  243—247.  II.  S.  223—232.     Das  letzte  Drittel  der  Annaleo 
(B.  XI— XVl)  verdanken  wir  dem  Mediceus  II,  welcher  uns  dasselbe  zu- 
sammen mit  dem  ersten  Drittel  der  Historiae  (s.  S.  688,  A.  4)  erhalten  hat 
Aber  vom  Buch  XI  fehlt  der  AnfiEUig,  von  Buch  XVI  ungefähr  die  zweite 
Hälfte.    Auch  diese  Handschrift  ist  noch  in  Florenz;  ausser  diesem  Origi- 
nale selbst  aber  haben  wir  auch  eine  Anzahl  Abschriften  von  ihm;  s.  S.  68^ 
A.  4.  Zweifelhaft  ist  ob  beide  Medicei  Abschriften  desselben  Originals  sind; 
Med.  I  jedenfalls  stammt  aus  einer  Fuldaer  Handschrift  des  neunten  JahrhM 
im  1  Iten  Jahrh.  für  oder  in  Corvey  gemacht.     Von  dieser  Corveyer  Ab- 
schrift wurde  der  erste  (von  taciteischen  Schriften  den  dialogus  und  die 
Germania   enthaltende)   Theil  im   13ten   Jahrh.   nach  Hersfeld   verliehen, 
wurde  dort  abgeschrieben,  gieng  aber   dann  verloren.     Die  vereinzelten 
Bestandtheile   dieser   dritten   (Hersfelder)    Abschrift   (von   dial.,    German., 
Sueton  de  gramm.  et  rhetor.)  gelangten  dann  (wahrscheinlich  in  der  Ab- 
schrift des  Henoch,  s.  S.  680,  A.  4)  im  löten  Jahrh.  nach  Italien,  theilweiae 
vermehrt  durch  den  Agricola  u.  A.    L.  Urlichs  a.  a.  0.,  bes.  II.  S.  232. 

G.  Heraus,  studia  critica  in  Mediceos  Tac.  Codices,  Cassel  1846;  und 
Zur  Kritik  und  Erklärung  des  Tacitus,  Hamm  1859.  30  S.  4.  E.  Wölffiin, 
Philologus  XXVI.  S.  94—96.  W.  Pfitzner,  die  Ann.  kritisch  beleuchtet,  1 
(B.  1—6),  Halle  1869. 

5.  Ausgaben  der  Annalen  von  Ruperti  (Gotting.  1804.  2  Voll.),  Th. 
Kiessling  (Lips.  1829),  C.  Nipperdey  (Bd.  I,  Leipzig  1851.  Berlin  1856.  mt 
1864;  Bd.  II,  Leipzig  1852.  Berlin  1857),  F.  W.  Otto  (B.  1— VI  jnii  aus- 
fuhrlichem Commentar,  Mainz  1854),  Orelli-Baiter  (Zürich  1859),  A.  Dräger 
(Schulausgabe,  Leipzig  Teubner  1868  f.  2  Bde). 

6.  Beiträge  zur  Kritik  und  Erklärung  der  Annalen  von  J.  P.  E.  Gre- 
verus  (annotatiunculae ,  Oldenburg  1827.  4.),  F.  Jacob  (Obss.  ad  T.  Ann. 
et  Hist.,  4  Partes,  Lübeck  1837—1842.  4.),  0.  Müller  (de  A.  lU,  55.  Got- 
ting. 1841.  4.),  Bißchoff  (Obss.  in  libr.  I,  Wesel  1845.  4.),  C.  Hahn  (Speier 
1846.  4.),  Schmoller  (Explic.  loci  1.  I,  Blaubeuren  1849.  4.),  Held  (ad  loa 


316.    Tacita8.    Schriften:  Annales.  691 

diffic.  Schweidnitz  18Ö1.  4.),  Ulrichs  (in  Jahns  Jahrbb.  1854,  S.  52  ff.  154  ff. 
300  ff.),  L.  Spengel  (über  das  erste  B.  d.  A.,  München  1855.  4.  =«  Abhandl. 
der  Münchner  Ak.  VJI,  2.  S.  695—727;  Bemerkungen  zu  T.  A.,  Philologus 
XXIIT.  S.  644—661),  E.  Wurm  (Philologus  VRI.  S.  361-370.  IX.  S.  86— 
105),  W.  G.  Pluygers  (spec.  emend.,  Leyden  1859.  4.),  C.  Sirker  (Auimad- 
vers.,  Trier  1860;  krit.  Bern,  zu  T.  A.,  Neuwied  1867.  4.),  C.  Krafft  (histo- 
rische und  geographische  Excurse  zu  Tac.  A.  I  und  II, 'Maulbronn  1864.  4.), 
Borghesi  (s.  oben  S.  688,  A.  6). 

E.  Egli  (Feldzüge  in  Armenien  41—63  n.  Chr.,  ein  Beitrag  zur  Kritik 
des  Tac.)  in  M.  Büdingers  Untersuchungen  zur  röm.  Kaisergesch.  I  (Leip- 
zig 1868)  S.  265—363.  H.  T.  Karsten,  de  Tac.  fide  in  sex  prioribus  an- 
naliiim  libris,  Utrecht  1868.  R.  Weidemann,  die  Quellen  der  ersten  6  B. 
von  T.  Ann.,  Cleve  1868.  4. 

6.  Nach  Vollendung  auch  der  Annalen  konnte  Tacitus  den 
ganzen  nunmehr  von  ihm  behandelten  Geschichtsstoff  entweder 
rückwärts  oder  vorwärts  fortführen,  entweder  Augusts  oder,  wie 
er  zuerst  versprochen  hatte,  Nerva's  und  Trajan's  Regierimgs- 
zeit  beschreiben.  Es  .scheint  dass  er  schliesslich  dem  ersteren 
Gegenstande  den  Vorzug  gab,  sei  es  weil  dieser  ihn  mehr  an- 
zog oder  weil  Trajan  noch  immer  am  Leben  und  auf  dem  Throne 
war.  Ausgeführt  wurde  dieses  Vorhaben  jedoch  nicht,  ohne 
Zweifel  weil  den  Verfasser  der  Tod  daran  verhinderte.  Sonstige 
echte  Schriften  von  Tacitus  gibt  es  nicht. 

1.  Hist.  I,  1 :  principatum  d.  Nervae  et  imperium  Traiani  .  .  senectuti 
seposui.  A.  III,  24:  cetera  illius  aetatis  (der  augusteischen)  memorabo  si 
effectis  in  quae  tetendi  plures  ad  curas  vitam  produzero. 

2.  Fulgentius  exposit.  serm.  antiq.  p.  782  St.  =  p.  566  f.  M.:  Cor- 
nelius Tacitus  libro  facetiarum:  „cessit  itaque  morum  elogio  in  filiis  dere- 
licto.'*  Fr.  Haase  (Ed.  p.  XIV)  hält  diese  Schrift  für  eine  Jugendarbeit 
des  Tacitus;  mit  mehr  Wahrscheinhchkeit  rechnet  L.  Müller  (Fleckeisens 
Jahrbb.  95,  S.  789  f.)  dieselbe  zu  der  „Schwindelliteratur." 

3.  Gesammtausgaben  der  Werke  des  Tacitus  (vgl.  Panckoucke 
Vol.  VII:  Bibliographie  de  1055  editions  de  Tac):  Ed.  prihceps,  Venet. 
Vendelin.  de  Spira,  um  1470.  fol.  (A.  XI  — XVI,  Hiat.,  Germ.,  Dial.).  Ed. 
Fr.  Puteolanus  (mit  Agr.,  Mailand  um  1475;  Venet.  1497.  fol.),  Ph.  Beroal- 
dus  (erste  vollständige  Ausgabe,  Rom.  1515  u.  sonst,  fol.),  B.  Rhenanus 
(Basel  1519.  1533.  foL),  Aid.  (Venet.  1534),  J.  Lipsius  (Antverp.  1574.  8. 
1600.  4.  1607.  1668.  fol-  u.  sonst),  C.  Pichena  (Florent.  1600.  4.  Franeof. 
1607),  J.  Gruter  (Frankf.  1607),  M.  Bemegger  (Strasaburg  1638.  1664), 
J.  Fr.  Gronov  (Amsterdam  1672.  [1673.]  1685.  2  Bde.),  Th.  Rjck  (Leyden 
1687.  12.  2  Voll.),  J.  und  Abr.  Gronov  (Utrecht  1721.  4.  2  Voll.),  J.  A. 
Emesti  (Lips.  1752.  1772.  2  Voll.;  neue  Ausg.  von  J.  J.  Oberlin,  Lips.  1801. 
2  Voll.),  J.  Lallemand  (Paris  1760.  12.  3  Bde.),  Gabr.  Brotier  (mit  Supple- 
menten in  der  Weise  der  Freinsheim*schen  zu  Livius,  Paris  1771.  4.  4  Tomi. 

44* 


692  I^ie  Kaiserzeit.    Erstes  Jahrhundert. 

1776.  7  Tomi.  12.  Edinburg  1796.  4.  4  Tomi),  Bipont.  1779.  1792.  4  Bde. 
(cur.  Fr.  Chr.  Exter),  J.  Naudet  (Paris  1819.  6  Bde.),  Imm.  Bekker  (cum 
notis  vir.  doctt.,  2  Voll.,  Lips.  1831),  G.  H.  Walther  (Halle  1831  —  1833. 
4  Voll.),  G.  A.  Euperti  (Manöver  1832  ff.  4  Voll.),  N.  Bach  (Lips.  1834  f. 
2  Voll.),  Fr.  Ritter  (recogn.,  brevi  adn.  instr.,  Bonn  1834  —  1836.  2  Voll.; 
emend.,  comment.  critico  illustr.,  Cantabrig.  1848.  4  Voll.;  e  codd.  denuo 
collatis  rec.,  Lips.  1864),  L.  Döderlein  (Halle  1841— 1847.  2  VolL),  C.  L.  F. 
Panckoucke  (Text  u.  franz.  Uebers.,  Paris  1840  ff.  7  Bde),  Fr.  Dübner 
(concisa  adnotatione,  prooemio  de  grammatica  Tac.  et  nomenclatore  geo- 
graphico  explic,  Paris  1845.  12.),  J.  C.  Orelli  (rec.  atque  interpr.  est,  Zürich 
1846.  2  Voa  Ed.  n,  Vol.  I.  1859),  J.  Stock  (ed.  illustr.  Dublin  1862.  2  Bde). 

Texte  von  Imm.  Bekker  (Berol.  1825),  Lünemann  (Lips.  1825),  Fr. 
Haase  (Lips.  Tauchnitz  1855,  2  Voll.)  und  besonders  C.  Halm  (Lips.  Teub- 
ner.  1850  f.;  iterum  recogn.  1857,  2  Voll.  Vgl.  Münchner  Gel.  Anz.  1851, 
S.  31—63). 

4.  H.  WOlffel,  Emendationes  in  Gornelii  Taciti  libros,  Nürnberg  1856. 
68  pp.  8.  Fr.  Ritter,  Bemerkungen  zu  Tacitus,  Rhein.  Mus.  XVI.  S.  464 
—469.  XVIL  S.  99—137.  XX.  S.  195  —  217.  518  —  532.  XXI.  S.  634-550. 
Philologus  XIX.  S.  264—281.  665—679.  XX.  8.  109—127.  275—292.  648- 
680.  XXII.  S.  48—62.  639-680.  Fr.  Thomä,  Observationes  criticae  in 
Com.  Tacitum,  Bonn  1866.  52  pp.  8.  E.  Wölfflin,  Jahresbericht  über 
Tacitus,  Philologus  XXV.  S.  92—134.  XXVI.  S.  92—166. 

5.  üebersetzungen  von  E.  F.  Bahrdt  (Halle  1807.  2  Thle),  K.  L. 
V.  Woltmann  (Berlin*  1811—1817.  6  Bde),  F.  C.  v.  Strombeck  (Braunsijhweig 
1816.  3  Bde),  F.  Rickleffs  (Oldenburg  1825  —  1827.  4  Bde),  W.  Bötticher 
(Berlin  1831—1834.  4  Bde),  H.  Gutmann  (Stuttgart,  Metzler,  1829  ff.  10  Bänd- 
chen), C.  L.  Roth  (Stuttgart,  Hoffmann,  1854  ff.),  G.  F.  Strodtbeck,  F.  Baor, 
W.  Teuffei  (Stuttgart,  Metzler  1856  ff.),  Fr.  Ritter  (Leipzig,  Eugehnann, 
1864—1868.  4  Bde). 

317.  Noch  ausschliesslicher  in  die  Zeit  des  Nerva  und  Trajan 
fallt  die  schriftstellerische  Thätigkeit  des  jüngeren  Plinius, 
des  Neffen  und  Adoptivsohnes  von  dem  älteren.  C.  Plinius 
Caecilius  Secundus  (J.  62 — 113  n.  Chr.)  aus  Comum  bekleidete 
Staats-  und  Gemeindeämter  unter  Domitian;  zuletzt  unter  Trajan 
das  Consulat  (J.  100)  und  die  Stelle  eines  kaiserlichen  Legaten 
in  Bithynien  (J:  111  f.  oder  112  f.).  Zur  Zeit  Domitians  ein 
gesuchter  und  gefeierter  Sachwalter  vor  dem  Centumviralgericlit 
und  in  Griminalprocessen^  begann  Plinius  unter  Nerva  gehaltene 
Reden  umgearbeitet  herauszugeben.  Wir  besitzen  von  solchen 
noch  die  Dankrede  für  Ertheilung  des  Consulats^  stofflich 
wichtig  für  die  Geschichte  Trajans,  aber  in  ihrer  erweiterten 
Gestalt  ermüdend  durch  Redseligkeit  und  bombastischen  Preis 
des  Kaisers.  Gleichfalls  nach  Nerva's  Regierungsantritt  iieng 
Plinius  an   Briefe  mit  der  Absicht  ihrer  VeröfiFentlichung  za 


317.    PliDius  der  jüngere.  693 

schreiben.  Es  sind  ihrer  neun  Bücher,  verfasst  und  einzehi 
herausgegeben  von  J.  97—108;  dazu  noch  der  Briefwechsel  mit 
Trajan  hauptsächlich  aus  der  Zeit  der  bithynischen  Statthalter- 
schaft, aber  nicht  abgeschlossen.  Diese  Briefe  verbreiten  sich 
in  berechneter  Manchfaltigkeit  über  eine  Fülle  von  Gegenständen, 
sind  aber  vor  Allem  dazu  bestimmt  ihren  Verfasser  im  günstig- 
sten Lichte  zu  zeigen.  Doch  mildert  den  Eindruck  der  Eitel- 
keit die  Offenherzigkeit  womit  sich  der  Verfasser  selbst  dazu 
bekennt  und  seine  unverkennbare  Richtung  auf  das  Edle.  Die 
Form  ist  gewandt  und  glatt.  Auch  zum  Versemachen  entschloss 
sich  Plinius,  nach  Jugend  versuchen,  noch  in  seinem  vierzigsten 
Lebensjahre;  indessen  ist  von  diesen  lusus  ui^d  ineptiae  nichts 
auf  die  Nachwelt  gekommen. 

1.  Nächst  Cicero  ist  von  allen  Schriftstellern  des  Alterthums  kaum 
einer  so  genau  und  vollständig  uns  bekannt  wie  Plinius,  hauptsächlich 
durch  ihn  selbst,  aber  auch  durch  Inschriften,  welche  zuäammengestellt 
sind  von  Mommsen  im  Hermes  III.  S.  108—113.  Die  umfangreichste  ist 
von  den  Thermen  die  er  testamentarisch  (T.  F.  I.)  für  Comum  gestiftet,  die 
aber  von  da  nach  Mailand  verschleppt  wurde  (bei  Orelli-Henzen  1172  vgl.  III. 
p.  124).  Er  heisst  darauf  G.  Plinius  L.  f.  Ouf.  Caedlius  Secundus,  Cos., 
Augur,  Legatus  pro  pr.  provinciae  Ponti  et  Bithyniae  consulari  poteatate, 
e[x  SC.  missus  ab]  Imp.  Caesar e  Nerva  Traiano  .  . ,  Curator  alvei  Tiberis 
et  riparum  et  cloacar.  urb.,  Praef.  aerari  Saturni,  Praef.  aerari  milit., 
[Praetor,  Trib.  pleb.,]  Quaestor  imp.,  Sevir  equitum  rom.,  Trib.  milit.  leg. 
III  gallicae,  Xvir  stlitib.  iudicand.;  auf  der  aus  Yercellae  auch  Fl(ameu) 
divi  T.  Aug.  (in  Comum?  Mommsen  S.  99  f.).  Hievon  fallen  unter  Domi- 
tians  Regierung  die  Stellen  als  Quaestor  Caesaris  (Ep.  YII,  16,  2),  wuhrsch. 
vom  1  Juni  89  bis  31  Mai  90  (Mommsen  S.  86),  trib.  pleb.  (Ep.  I,  23,  2  ft. 
vgl.  VII,  16,  2.  Paneg.  96,  wahrsch.  10  Dcbr  91  bis  9  Dcbr  92),  praetor 
(Ep.  III,  11,  2.  VII,  11,  4.  16.  Paneg.  95)  J.  93  oder  94  (Mommsen  S.  84 
—86),  praef.  aerari  mil.,  J.  95  —  97  oder  94—96  (Mommsen  S.  37  f.  89); 
unter  Nerva  (und  Trajan)  die  eines  praef.  aerari  Sat.  vom  Januar  98 
bis  100  oder  101  (Mommsen  S.  42.  89—91.  Stobbe,  Philologus  XXVII. 
S.  641);  unter  Trajan  wurde  er  cos.  suif.  mit  lulius  Comutus  TertuUus 
1  Juli  bis  30  Sept.  oder  1  Sept.  bis  31  Oci  100  (Ep.  V,  14,  5.  Paneg.  60. 
92.  Mommsen  S.  91—95),  augur  J.  103  oder  104  (Ep.  IV,  8.  Mommsen 
8.  44.  96),  curator  alvei  Tib.  (Ep.  V,  14)  wahrsch.  105—107  (Mommsen 
S.  47.  96),  Legat  in  Bithjnien  J.  11 L  u.  112  oder  112  u.  113  (Mommsen 
S.  55.  96).  Plin.  starb  wahrscheinlich  vor  114  noch  in  der  Provinz  oder  bald 
nach  der  Heimkehr  (ebd.  S.  99),  etwa  62  J.  alt,  da  er  am  24  Aug.  79  im 
18**°  Jahre  stand  (Ep.  VI,  20,  5),  somit  61—62  geboren  war.  Verheiratet 
war  PI.  dreimal:  zweimal  unter  Domitian  (ad  Trai.  2,  2),  zuletzt  mit  Cal- 
pumia  (IV,  19  vgL  VI,  4.  7.  VIII,  10  f.),  ohne  aber  Kinder  zu  bekommen. 
Seine  Vermögensverhältnisse  waren  glänzend.  J.  Masson,  C.  Plini  .  .  vita 
ordine  chronologico  digesta,  Amsterdam  1709.  Geisler,  de  Plinii  min.  vita, 
Breslau  1862.  16  pp.  4.     Tanzmann,  de  PL  vita,  ingenio,  moribus,  Eres- 


694  I^ie  Kaiserzeit.    Erstes  Jahrhundert. 

lau  1865.    Th.  Mommsen,  zur  Lebensgeschichte  des  jüngeren  Plinias,   im 
Hermes  III.  S.  31—114  (139). 

2.  Uieronym.  ad  a.  Abr.  2126  =  Trai  13  (Petav.  und  Freher.  ad 
2125) :  Plinius  Secundus  Novocomensis  orator  et  historicns  inaignis  habetur, 
cuius  plurima  ingenii  opera  extant.     Seine  Lehrer  in  der  Beredtsamkeit 
B.  oben  307,  4.    Epist.  V,  8,  8:  unodevicesimo  aetatis  anno  dicere  in  foro 
coepi.    I,  18,  3:  causam  luni.  Pastoris  .  .  acturus  adulescentulos  adhuc,  in 
quadruplici  iudicio  (vgl.  IV,  24,  1).     VI,  12,  2:  in  arena  mea,  h.  e.  apad 
centumviros  (vgl.  IV,  16.  IX,  23,  1.  Martial.  X,  19,  14  f.).    So  Vertheidigong 
der  Arrionilla  (Ep.  I,  5,  4  ff.)»  der  Attia  Viriola  (VI,  33,  1  f.),  Corellia 
(IV,  17,  1  i»  11) ,  des  Vettius  Priscus  (VI,  12,  2).     Ausserdem  pro  Firma- 
nis (VI,  18),  pro  Clario  (IX,  28,  5)  u.  a.     Ep.  VI,  29,  7  ff.:  egi   qnasdam 
a  senatu  iussus.    . .  (8.)  adfui  Baeticis  contra  Baebium  Massam  (zusammen 
mit  Herennius  SenecAO,  J.  93,  vgl.  VII,  33).     . .  adfni  mrsus  isdem  queren- 
tibus  de  Caecilio  Classico  (J.  101 ,  vgl.  I,  7,  2  f.  III,  4.  9).    .  .  (9.)  accnsavi 
Marium  Priscum   (J.  99?  vgl.  II,  19,  8.  ad  TraL  3).     .  .~(10.)  tuitus  sum 
lulium  Bassum  (nach  105?  vgl.  IV,  9,  4  ff.  13,  1  f.).    . .  (11.)  dixi  proxime 
pro  Vareno  (Rufo,  J.  106  f.  vgl.  V,  20,  2.   VII,  6.  10).     Andere  Criminal- 
processe  Ep.  VII,  6,  8—13. 

3.  Die  gehaltenen  Reden  pflegte  Plinius  nachher  erweitert  und  sonst 
umgearbeitet  vorzutragen  und  nach  langer  Feile  zu  veröffentlichen.  £p. 
rV,  14,  1.  V,  8,  6:  egi  magnas  et  graves  causas.  has  .  .  destino  retractare, 
ne  tantus  ille  labor  mens  .  .  meeum  pariter  intercidat.  Vgl  ib.  12,  1  f. 
VII,  17.  VIII,  3,  2.  IX,  10,  2  f.  15,  2.  28,  5  (est  uberior,  multa  enim  post«« 
inserui).  So  wurde  herausgegeben  der  sermo  quem  apud  munidpes  meos 
(decuriones)  habui  bybliothecam  dedicaturus  (I,  8,  2  ff .  16) ,  eine  actio  pro 
patria  (II,  6,  3),  die  pro  lulio  Basso  (IV,  9,  23),  pro  Vareno  (V,  20,  2). 
pro  Attia  Viriola  (VI,  33,  1  f.  vgl.  Sid.  Apoll.  Ep.  VUI,  10),  pro  Clario 
(IX,  28,  5).  Anderes  VIII,  19.  IX,  4.  üeber  die  Dankrede  an  Trojan  s. 
A.  12.  Dagegen  waren  erzählender  Art  (s.  IX,  13,  14  vgl  IV,  21,  3  die 
Unterscheidung  von  actio  und  libri)  des  Plinius  libelli  de  ultione  Helvidi 
(an  seinem  Ankläger  Publicius  Gertus)  Ep.  VII,  30,  4  f.  IX,  13,  1;  sowie  die 
lobende  Biographie  des  jungen  Vestricius  Cottius  (ib.  III,  10  vgl  II,  7). 
Plinius  selbst  meint  von  seinen  Reden:  temptavi  imitari  Demosthenen  .  ■ 
in  contentione  dicendi  (Ep.  I,  2,  2  f.  vgl  VII,  30,  5) ;  dagegen  gab  es  schoo 
in  seiner  Zeit  nüchterne  Beurteiler  seiner  Redeweise  (wie  Lupercus) ,  gegen 
welche  er  sich  Ep.  IX,  26  vergebens  mit  Berufung  auf  Demosthenes  ver- 
theidigt  (ib.  5:  visus  es  mihi  in  scriptis  meis  adnotasse  quaedam  ut  tumida 
quae  ego  sublimia,  ut  improba  quae  ego  audentia,  ut  nimia  qnae  ego 
plena  arbitrabar).  Vgl.  VII,  12,  4:  cum  suspicarer  futurum  ut  tibi  tumi- 
dius  videretur  quoniam  est  sonantius  et  elatius.  Gegen  die  Fordemng  der 
Kürze  verwahrt  er  sich  lebhaft  ib.  I,  20.  V,  6,  42  ff.  vgl.  VI,  2,  5  ff.  Macrob. 
V,  1,  7:  pingue  et  floridum  (genus),  in  quo  Plinius  Secundus  quondam  et 
nunc  .  .  Sjmmachus  luxuriatur. 

4.  Plin.  Ep.  VII,  4,  2  ff.:  numquam  a  poetice  alienus  foi;  qain 
etiam  quattuordecim  natus  annos  graecam  tragoediam  scripsL  . .  (3.)  mox, 
cum  e  militia  rediens  in  Icaria  insula  ventis  detinerer,  latinos  elegos 
in  illud  ipsum  mare  ipsamque  insulam  feci.     expertus  sum  me  aliquando 


',..;.JH 


317.    Plinius  der  jüngere.  695 

et  heroo,  hendecasyllabis  nunc  primam.  (7.)  transii  (von  Hexametern)  ad 
elegos:  hos  quoque  non  minus  celeriter  explicui.  addidi  alios  (iambos, 
bessert  Mommsen),  facilitate  corruptus.  . .  (8.)  inde  plura  metra,  si  quid 
otii,  maxime  in  itinere  temptavi.  postremo  placuit  exemplo  multorum 
uuum  separatim  hendecaByllaborum  volumen  absolvere.  nee  paenitet:  legi- 
tur,  describitur,  cantatur  etiam.     Erste  Erwähnung  dieser  Sammlung  ib. 

IV,  14,  2  ff.:  accipies  cum  hac  epistula  hendecasyllabos  nostros,  quibus  nos 
in  vehiculo,  in  balineo,  inter  cenam  oblectamus  otium  temporis.  (3.)  his 
iocamur,  ludimus,  amamus,  dolemus,  querimur,  irascimur,  describimus 
aliquid  etc.  (4.)  ex  quibus  si  non  nulla  tibi  paulo  petulantiora  videbun- 
tor  etc«     (8.)  .  .  cogitare  me  has  nugas  inscribere  Hendecasyllabi.    Vgl. 

V,  3.  10.  VIII,  21,  4  (über  et  opnsculis  rarius  et  metris).  IX*  10,  2  (poe- 
mata  crescunt,  nach  Mommsen's  Besserung).  16,  2  (novos  versiculos  tibi 
.  .  mittemu8\  25,  1  (lusus  et  ineptias  nostras)  u.  3  (passerculis  et  colum- 
bulis  nostris).  Ausserdem  übersetzte  Plinius  um  dieselbe  Zeit  griechische 
Epigramme  des  Arrius  Antouinus  (oben  306,  4)  ins  Lateinische  (ib.  IV,  18 
Tgl.  V,  15).  Im  Allgemeinen  Ep.  IX,  29,  1  das  Geetänduiss:  variis  me 
studiorum  generibus,  nuUi  satis  confisus,  experior. 

5.  Plin.  Ep.  I,  1,  1:  frequenter  hortatus  es  nt  epistulas,  si  quas 
paulo  curatius  scripsissem,  colligerem  publicaremque.  collegi  non  servato 
temporis  ordine  (neque  enim  historiam  componebam),  sed  ut  quaeque  in 
manus  venerat.  Diese  angebliche  Planlosigkeit  kann  kaum  von  dem  ersten 
Buche  selbst  gelten.  Vielmehr  hat  schon  Tillemont  erkannt  und  Mommsen 
(Hermes  III.  S.  31—53)  näher  nachgewiesen  dass  die  Sammlung  chrono- 
logisch geordnet  ist,  theils  die  Bücher  unter  einander,  theils  innerhalb 
derselben  in  der  Hauptsache  auch  die  einzelnen  Briefe  (Stobbe ,  Philologus 
XXVII.  S.  640  f.).  Die  Bücher  wurden  (wie  die  des  Martial  und  Statins) 
nach  einander  einzeln  herausgegeben.  Kein  Brief  veranlasst  den  Beginn 
der  Sammlung  vor  Domitian's  Tod  zu  setzen.  Buch  I  stammt  aus  Ende 
96  und  J.  97;  H  aus  J.  97— 100;  III  J.  101  f.;  IV  J.  104  f.;  V  herausgegeben 
106;  VI  aus  J.  106  f.;  VII  J.  107?  VIII  und  IX  J.  107-109.  Die  Samm- 
lung war  vollständig  veröffentlicht  als  PI.  nach  Bithynien  abgieng.  Auch 
die  Correspondenz  mit  Trajam  ist  im  Allgemeinen  nach  der  Zeitfolge  ge- 
ordnet und  jedem  Schreiben  des  PI.  gleich  die  Antwort  des  Kaisers  an- 
gehängt. Brief  15(16)— 121  (122)  ist  aus  der  Zeit  der  bithynischen  Statt- 
halterschaft (Sept.  111  bis  nach  Jan.  113),  ohne  aber  bis  zu  deren  Ende 
zu  reichen.  Mommsen  a.  a.  0.  S.  36  —  59.  99.  Die  Adressaten  sind  B.  I 
immer,  III— V  meist  mit  doppeltem  Namen  bezeichnet,  in  B.  II  und  VI— 
IX  immer  nur  mit  einem.    Vgl.  A.  10. 

6.  Die  Briefe  sind  sichtlich  von  Anfang  an  für  die  Veröffentlichung 
geschrieben.  Jede  Person  die  darin  genannt  wird  und  nicht  todt  oder 
verbannt  ist  wird  gelobt ;  die  einzige  Ausnahme  macht  Regulus  (oben  308,  3) 
und  etwa  Javolenus  Priscus  (s.  unten  319,  3).  Sonst  ist  bei  jedem  Ge- 
tadelten der  Name  unterdrückt  (s.  II,  6.  VI,  17.  VII,  26.  VIII,  22,  4.  IX,  12. 
26,  1.  27,  1).  Jeder  Brief  behandelt  nur  je  einen  Gegenstand,  so  dass 
Empfehlnngs-,  Gratulations-  und  Condolenzschreiben  mit  adressierten  Tages - 
nenigkeiten,  Beschreibungen  (bes.  von  Villen),  Abhandlungen  moralischen 
Inhalts  (manchmal  recht  trivialen,  wie  VII,  26.    IX,  11)  planmässig  ab- 


696  Die  Kaiserzeit.    Erstes  Jahrhundert. 

wechsehi.  Mit  der  Person  des  Verfassers  beschäftigen  sich  die  allermeisten, 
mit  gelungenen  Leistungen  oder  Aeusserungen  desselben,  seinen  Grund- 
sätzen, seiner  Lebensweise  u.  s.  w.  und  sie  zeigen  ihn  als  zärtlichen  Gat- 
ten, treuen  Freund,  humanen  Sklavenhalter,  gefeierten  Redner  und  Schrift- 
steller, edeldenkenden  Bärger,  freigebigen  Förderer  aller  guten  Zwecke. 
Dagegen  der  Briefwechsel  mit  Trojan  dient  dazu  die  Geduld  und  ruhige 
Umsicht  des  Kaisers  gegenüber  der  zappelnden  Rathlosigkeit  und  Wichtig- 
thuerei  seines  Statth^ters  ins  Licht  zu  stellen.  Auch  VIII,  14,  12 — 24  yer- 
räth  die  grosse  Umständlichkeit  womit  eine  einfache  Frage  behandelt  ist 
wenig  geschäfbsmännisches  Geschick.  Aber  auf  die  Form  ist  auch  hier 
alle  Sorgfalt  verwendet;  vgl.  I,  1  (A.  5)  und  VII,  9,  8:  volo  epistulam 
diligentius  scribas.    .  .  pressus  sermo  purusque  ex  epistulis  petitur. 

7.  Mit  seinen  Tugenden  und  Schwächen  ähnelt  PI.   seinem  Vorbilde 
Cicero  (M.  Tullius,  quem  aemulari  studüs  cupio,  Ep.  IV,  8,  4  vgL  I,  5,  II. 
IX,  2,  2).    Er  hat  dessen  Weichheit  und  Durst  nach  Lob ,  aber  ohne  seine 
Launen  und  Bosheiten  wie  ohne  sein  grosses  Talent.     Im  Gefühle  seiner 
Schranken  hat  er  immer  eine  Schreibtafel  zur  Hand,  um  die  Gottesgabe 
eines  Einfalls  nicht  verloren  gehen  zu  lassen.    Aufrichtig  gesteht  er:  me 
nihil  aeque  ac  diutumitatis   amor  et  cupido  sollicitat,   Ep.  V,  8,  1  Tgl. 
Vm,  2,  8.   IX,  3,  1.  14.  (nostro  studio  et  labore  et  reverentia  posteroram). 
23.  31.    Seine  Weichheit  (mollitia  animi  mei,  Ep.  IV,  21,  5)  macht  ihn 
milde  in  der  Beurteilung  Anderer,  im  Leben  (Ep.  VIII,  22.  IX,  17)  wie  in 
der  Literatur  (VI,  17.  21,  1),  so  dass  Manche  ihn  tadelten  tamquam  amico« 
ex  omni  occasione  ultra  modum  landet  (VII,  28,  1),  wohl  zugleich  in  der 
stillen  Hoi&iung  auf  Gegenseitigkeit     Seine  Weichheit  lässt  ihn  den  Ver 
lust  von  Angehörigen  und  Freunden  (auch  Sklaven,  wie  VIII,  16)  warm 
und  tief  empfinden  und  leicht  in  Thränen  ausbrechen  (z.  B.  V,  21,  6.  YIU, 
16,  5.  23,  8).    Auch  für  die  Beize  der  unbelebten  Natur  hat  er  vermöge 
dieser  natürlichen  Weichheit  einen  offenen  Sinn  (z.  B.  I,  6,  2.  9,  6.  II,  17, 
3  ff.  V,  6,  13  f.  VI,  31,  16  ff.  VIII,  8.  20,  4  ff .    10:  me  nihil  aeque  ac  natorae 
opera  delectant.    IX,  7,  2  ff.     H.  Motz,  die  Empfindung  der  Naturschön- 
heit  S.  68-^73  u.  sonst).    Diese  Eigenschaft  streift  nicht  selten  an  Weich- 
lichkeit und  unmännliches  Wesen,   z.  B.  VI,  4.    VII,  5.    Im  Ganzen  ist 
Plinius  in  Nichts  gross  und  in  Vielem  Idßin;  aber  er  hat  das  Gute  gewollt 
(VIII,  2,  2:  mihi  egregium  in  primis  vioetur  .  .  agitare  iustitiam)  und  das 
Gemeine  gemieden. 

8.  Chr.  B.  Lehmus,  der  Charakter  des  jungem  Plinius,  Soest  1776. 
J.  A.  Schäfer,  über  d.  Charakter  d.  j.  PL,  Ansbach  1786—1791.  4.  G.  E. 
Gierig,  Leben,  moralischer  Charakter  und  schriftstellerischer  Werth  des 
j.  PL,  Dortmund  1798.  E.  Cauvet,  ^tude  sur  Pline  le  jeune,  Toulouse  1857. 
Grasset,  Pline  le  j.,  sa  vie  et  ses  oeuvres,  Montpellier  1865.  187  pp. 

J.  Held,  Werth  der  Briefsammlung  des  j.  PL  in  Bezug  auf  röm.  Lii- 
Geschichtet,  Breslau  1833. 

Wensch,  lexici  pliniani  spec.  I.  IL  Wittenberg  1837.  1839.  4.  H.  Hol- 
stein, de  PL  min.  elocutione,  Naumburg  1862.  36  pp.  4.;  disp.  altera, 
Magdeburg  (Lips.  Teubner)  1869.  26  pp.  4. 

9.  Sidon.  Apoll.  Ep.  IX,  l :  addis  et  causas  quibus  hie  liber  nonos 
octo  superiorum  voluminibus  adcrescat,  quod  C.  Secundus,  cuius  nos  orbi- 


■.V«. 


317.    Pliniua  der  jüngere.  697 

tas  Bequi  hoc  opere  pronuntias ,  paribus  titolis  opus  epiatulare  determinet. 
Der  Briefwechsel  mit  Trajau  wurde  erst  von  Aldas  willkürlich  als  zehn- 
tes Buch  gezählt  und  ist  jetzt  durch  keine  Handschrift  mehr  vertreten.  Aber 
im  sechszehnten  Jahrh.  gab  es  noch  eine  solche  in  Frankreich,  nach  welcher 
die  81  letzten  Briefe  von  H.  Avantius  (1602)  u.  A.  (Ph.  Beroaldus  1502, 
Catanaeus  Mail.  1506),  die  sämmtlichen  (incl.  1  —  41)  aus  der  inzwischen 
nach  Italien  gekommenen  Hds.  von  Aldus  1508  herausgegeben  wurden. 
Spätere  Herausgeber  veränderten  die  Ordnung,  indem  sie  zuerdt  die  Briefe 
ohne  Antwort  und  dann  die  auf  welche  auch  die  Antwort  Trajans  erhalten 
lai  zusammenstellten.  Keil  hat  die  ursprüngliche  Ordnung  wiederhergestellt, 
aber  Nr.  4  ungezählt  gelassen.  Erste  methodische  Behandlung  durch  J.  C. 
Orelli,  Turici  1833,  verbessert  und  mit  einer  historia  critica  epistolarum 
PHnii  et  Traiani  vermehrt,  Turici  1838.  4.  Sonstige  Beiträge  von  J.  Held 
(Prolegg.  ad  etc.,  Schweidnitz  1835.  4.),  Gr.  Thomsen  (Dansk  Maanedskrift 
1858,  S.  425—455.  1859,  S.  152—158),  Holm  (ebd.  1859,  S.  158—168)  und 
J.  L.  üssing  (om  de  k.  Tr.  tillagte  breve  til  PL,  Kopenhagen  1861.  26  S.  4). 

10.  Die  einzige  Handschrift  welche  sämmtliche  neun  Bücher  Briefe 
enthält  ist  der  Medioeus  (M)  saec.  X ,  von  welchem  Titze's  Prager  Hds.  eine 
fehlerhafte  Abschrift  ist.  Aus  gleicher  Quelle  mit  M  stammt  dei^  Yaticanus 
3864  (V)  saec.  X,  welcher  aber  nur  B.  I— IV  enthält.  Alle  übrigen  Hdss. 
sind  jünger  und  bieten  entweder  nur  B.  I  bis  V,  6  (zusammen  100  Briefe), 
wie  besonders  der  Florentinus  (F)  saec.  XI  und  der  verschollene  Riccar- 
dianus  (von  Corte  benützt),  oder  nur  acht  Bücher,  indem  sie  B.  VlII  aus- 
lassen und  B.  IX  als  achtes  zählen,  ausserdem  das  letzte  und  das  5.  Buch 
in  gestörter  Ordnung  bieten.  Aelteste  Hds.  dieser  letztem  Classe  ist  der 
codex  ärchivii  Cassinatis  332  vom  J.  1429.  Auch  der  Dresdensis  (D)  gehört 
dahin;  in  ihm  aber,  wie  in  andern,  ist  der  Text  nach  einem  Exemplar 
der  100  Briefe-Olasse  durchcorrigiert.  D  wie  M  geben  den  Adressaten  nur 
Einen  Namen,  während  F  und  Biccard.  oft  beide  Namen  bewahrt  haben 
(vgL  A.  5  E.).  Alle  Handschriften  aber  enthalten  vielfache  willkürliche 
Abänderungen  und  Interpolationen  durch  Grammatiker.  .H.  Keil,  praef. 
seiner  Ausg.,  und  De  Plinii  epistulis  emendandis  disp.  I  (Erlangen  1865. 
23  pp.  4.)  und  II  (ErL  1866.  23  pp.  4.). 

11.  Die  erste  Ausgabe  der  Briefe  (Venet.  1471)  enthielt  nur  acht 
Bücher;  die  von  J.  Schurener  (Rom.  1474?)  besorgte  fugte  einen  Theil  von 
B.  VIII  (ohne  8,  3 — 18, 11)  hinzu.  Die  erste  vollständige  ist  die  von  Aldus, 
Yenet.  1508,  aus  einer  von  M  verschiedenen  Hds.  Sonstige  Ausgaben  von 
J.  Gruter  (1611),  J.  Veenhusen  (cum  notb  Gasaub.,  Gruteri,  J.  Fr.  Grono- 
vii  etc.,  Lugd.  B.  1669),  G.  Gortius  etP.  D.  Longolius  (Amstelod.  1734.  4.). 
Ed.  F.  N.  Titze,  Prag  1820.  Auswahl  mit  Anm.  von  G.  A.  Herbst,  Halle 
1839.    Erläutert  von  M.  Döring,  Freiberg  1843,  2  Bde. 

12.  Die  Dankrede  an  Trajan  für  die  Ertheilung  des  Gonsulats  (Ep. 
II,  1,  5.  ni,  13.  18.  IV,  5.  VI,  27,  2  f.  Paneg.  1,  6.  2,  3.  3,  1.  90,  3)  wird 
panegyricus  genannt  schon  von  Sidon.  Apoll.  Ep.  VIII,  10.  „Wahr- 
scheinlich hat  sie  unter  der  Erweiterung  und  der  zu  peinlichen  Sorgfalt 
bei  der  nachträglichen  schriftlichen  Ausführung  gelitten.  Wie  sie  jetzt 
vorliegt,  gespreizt  und  gewunden,  unter  dem  Scheine  des  Freimuts  mit 
übermässigen  und  abgestandenen  Schmeicheleien  vollgepfropft, .  .  begpreifcn 


698  l^io  Kaiserzeit.    Erstes  Jahrhundert. 

wir  das  Urteil  F.  A.  Wolfs  (praef.  zu  Cic.  p.  Marceil.  p.  XII):  enecuisset 
principem  noTus  consnl  ai  ita  diiisset  ut  scripsit  '*  (M.  Hertz ,  Reuaissance 
u.  8.  w.  S.  11).    üeberliefert  ist  sie  in  zwei  Recenaionen,  die  aber  beide 
verdorben  sind.     Die  ältere  ist  vertreten  durch  die  drei  Palimpsestblätter 
(saec.  VI— VIII)  aus  Bobio  welche  A.  Mai  in  seiner  Ausg.  des  Symmadius 
(Mediol.  1815)  veröffentlicht  hat,  genauer  H.  Keil,  de  schedis  Ambrosianis 
rescriptis  paneg.  PL,  Halle  1869.   16  pp.  4.    Die  andere  besteht  aas  Hdss. 
des  15.  Jahrhunderts  (z.  B.  Vat.  3461),  welche  alle  aus   einer  Hds.  der 
panegyrici  abgeschrieben  sind  die  im  J.  1433  J.  Aurispa  in  Mainz  sah; 
H.  Keil,  Jo.  Aurispae  epistula,  Halle  1870.  4.  Ausgaben  zuerst  in  den  Pane- 
gyrici veteres  von  Puteolanus,  Cuspinianus  (1513)  u.  a.,  dann  cum  conunent. 
J.  Lipsii,  Antverp.  1600.  1604.  4.  u.  sonst.   Emend.  J.  M.  Gesner,  Gotting. 
1735.  1749.   Cum  notis  varr.  cur.  J.  Arntzen ,  Amstelod.  1738.  4.   Com  comoL 
ed.  C.  G.  Schwarz,  Norimb.  1746.  4,  Rec.  G.  E.  Grierig,  Lips.  1796.  Texte  revu 
par  Fr.  Dübner,  Paris  1843.   J.  C.  Held,  Observationes  in  PL  paneg  ,  Bureau 
1824.  4.    J.  Dierauer,  über  den  Paneg.  des  j.  PL,  in  M.  Büdingers  Unters, 
zur  röm.Eaisergesch.  I  (1868)  S.  187—217.  Uebersetztvon  J.  Hoffa^  Marb.  1834. 

13.  Gesammtausgaben  (vgl.  A.  11)  besonders  von  H.  Stephauus  (cum 
notis  Is.  Gasauboni,  Paris  1591),  M.  Z.  Boxhorn  (Lugd.  B.  1653),  J.  M.  Ges- 
ner (Lips.  1739.  1770;  cum  notis  varr.  ed.  G.  H.  Schaefer,  Lips.  1805),  G.E. 
Gierig  (rec.  et  prolegg.  instr.,  Lips.  1806),  H.  Keil  (recogn.,  Lips.  1853, 
Bibl.  Teubner),  besonders  dessen  grössere  Ausgabe,  Lips.  Teubner  1870. 

Uebersetzungen  von  Schäfer  (Erlangen  1801  f.),  E.  A.  Schmid  o.  F. 
Strack  (Frankf.  1819,  2  Bde),  C.  F.  A.  Schott  (Stuttgart,  Metzler,  5  Bdchn), 
E.  Klussmann  (Stuttgart,  Hoffmann  1869  f.). 

318.  Ausser  diesen  beiden  bedeutendsten  Rednern  ihrer 
Zeit  kennen  wir  besondere  durch  Plinius  noch  eine  grosse  An- 
zahl von  Männern  aus  allen  Ständen  welche  im  Senat  und  vor 
Gericht  als  Redner  und  Sachwalter  thätig  waren  und  zum  Theil 
ihre  Reden  auch  veröffentlichten.  So  namentlich  Pompejus 
Satuminus,  welcher  auch  Verse  machte,  und  Voconius  Romanus. 
Die  grosse  Zahl  dieser  praktischen  Redner  und  ihr  entschiedenes 
üebergewicht  über  die  Schulredner  zeugt  Ton  der  Bedeutung 
welche  das  öffentliche  Leben  wieder  gewonnen  hatte.  Ein  achtimgs- 
werther  Vertreter  der  Schulberedtsamkeit  ist  P.  Annius  Florus, 
von  welchem  ein  anziehendes  grösseres  Bruchstück  auf  uns  ge- 
kommen und  der  auch  als  Dichter  bekannt  ist.  Die  Geschicht- 
schreibung hat  auch  ausser  Tacitus  die  Richtung  auf  das  Per- 
sönliche (Claudius  Pollio,  C.  Fannius,  Plinius)  und  auf  Dar- 
stellung der  letzten  Vergangenheit  (Pompeius  Planta). 

1.  Plin.  Ep.  I,  16,  1:  Pompeinm  Saturnin  um.  .  .  (2.)  audivi  caassB 
agentem  .  .  polite  et  omate  etc.  (3.)  senties  quod  ego  cum  orationes  eins 
in  manus  sumpseris,  quas  facile  cui  libet  veterum,  quorum  est  aemaloB, 
comparabis.    (4.)  idem  tarnen  in  historia  magis  satisfaciet  etc.    (5.)  praeterea 


J 


318.    Eedner  unter  Trajan.    Annius  Florus  u.  A.  699 

facit  yersos  qaales  Catullus  aut  Calvus.  qnantam  (in)  illis  leporis  etc. 
(6.)  legit  mihi  nuper  epistolas:  .  .  Plantom  vel  Terentiam  metro  Bolutum 
legi  credidi.  An  ihn  ib.  I,  8.  Y,  21  (,  1:  literae  tuae  . .  te  redtaturum  statim 
ut  venissem  poUicebantur).    YII,  7.  15.  IX,  38. 

2.  Plin.  Ep.  II,  13,4:  Yoconius  Bomanus  .  .  (7.)  ad  hocingenium 
excekam,  subtile,  dnlce,  facile,  eruditum  in  causis  agendis.  epistulas  qui- 
dem  Bcribit  ut  Musas  ipsas  latine  loqui  credas.  An  ihn  ib.  I,  5.  III,  13. 
IX,  28  (,  3:  nuntias  multa  te  nunc  dictare  nimc  scribere  quibus  nos  tibi  re- 
praesentes)  u.  a.  ad  Trai.  4,  4:  pro  moribus  Bomani  mei,  quos  et  liberalia 
studia  exomant  et  eximia  pietas.  Er  ist  wohl  der  C.  Liciuius  C.  f.  Gal. 
MarinuB  Yoconius  Eomanus  im  C.  I.  lat.  II,  3866  vgl.  3865  a. 

3.  Suet.  Yesp.  13:  Salvium  Liberalem  in  defensione  divitis  rei 
ausum  dicere  .  .  et  ipse  laudavit  (Yesp.).  Unter  Domitian  verbannt.  Plin. 
Ep.  II,  11,  17:  postero  die  (J.  100)  dixit  pro  Mario  Salvius  Liberalis,  vir 
subtiHs,  dispositus,  acer,  disertus.  Ygl.  ib.  III,  9,  36  (J.  101).  Cos.  wohl 
unter  Nerva  (OreUi  1170:  C.  Salvius  C.  f.  Yel.  Liberalis  Nonius  Bassus); 
8.  Pauly's  Beal-Enc.  I,  2.  S.  2298,  No.  36. 

4.  Als  praktische  Bedner  bezeichnet  Plinius  ausserdem  folgende  Zeit- 
genossen: Catius  Fronte  (Ep.  II,  11,  3  u.  18.  IV,  9,  15.  YI,  13,  2),  Claudius 
Capito  (YI,  13,  2),  Claudius  Marcellinus  (II,  11,  15),  Claudius  Bestitutus 
(III,  9,  16),  Cornelius  Minicianus  (YII,  22),  Cremutius  Buso  (YI,  23,  2), 
Erucius  Claras  (Cos.  117,  vir  .  .  disertus  atque  in  agendis  causis  exerci- 
tatus,  ib.  II,  9,  4  vgl.  Dio  LXYIII,  30),  Fabius  Hispanus  (facundia  validus, 
ib.  ni,  9,  12),  C.  Fannius  (s.  A.  8),  Fuscus  Salinator  (YI,  11.  26),  Heren- 
nius  Pollio  (lY,  9,  14),  lulius  Africanus  (YII,  6,  11),  Enkel  des  gleich- 
namigen Bedners  (oben  280,  4);  Lucceius  Albinus  (ÜI,  9,  7.  lY,  9,  13), 
Minicius  (lustus?  vgl.  ib.  YII,  11,  4),  dessen  Stilart  tenuitas  war  (YII,  12,  5); 
Pomponius  Bufus  (lY,  9,  3),  l^itius  Homullus  (Ep.  lY,  9,  15.  V,  20,  6), 
Trebonius  Bufinus  (lY,  22,  1  f.),  Tuscilius  Nominatus  (Y,  4,  1  f.  13,  1  ff.), 
Varisidius  Nepos  (lY,  4, 1),  Ummidius  Quadratus  (VI,  11.  YII,  24;  Cos.  J.  118). 

5.  Plin.  Ep.  YI,  5,  6:  et  (luventius)  Celsus  (unten  319,  2)  Nepoti  ex 
libello  respondit  (im  Senat)  et  Celso  (Liciniua)  Nepos  ex  pugillaribus. 
Y,  13,  6  f. :  NigrinuB  trib.  pleb.  recitavit  (im  Senat)  libellum  disertum  et 
gravem,  quo  questus  est  vaenire  advocationes  etc.  vgl  Y,  20,  6  (dixit  .  . 
Nigrinus  presse,  graviter,  omate). 

6.  Als  Schulredner  sind  aus  dieser  Zeit  (ausser  Licinianus,  oben  308, 
15)  bekannt  Isaeus  (Plin.  Ep.  II,  3.  Juv.  3,  74.  Philostr.  vit.  soph.  I,  20) 
und  lulius  Genitor  (rhetor  latinus,  Plin.  Ep.  III,  3,  3  ff.;  an  ihn  ib.  III,  11. 
YII,  30.  IX,  17),  sowie  Yettius  (Juv.  7,  150).  Auch  Sueton  heisst  schola- 
sticofl  bei  Plin.  Ep.  I,  24,  4  vgl.  18,  1  (ne  quid  adversi  in  actione  patiaris). 

7.  Die  Einleitung  des  Dialogs  von  P.  Annius  Florus  über  die  Frage 
Yerg^us  orator  an  poeta  wurde  von  Th.  Oehler  in  einer  Brüsseler  Hand- 
schrift gefunden  und  von  F.  Bitschi  (Bhein.  Mus.  I.  1842.  S.  302—314)  erst- 
mals herausgegeben  und  commentiert.  Darauf  auch  in  den  Ausgaben  des 
lulius  Florus  (unten  325)  von  0.  Jahn  p.  XLI—XLIY  und  von  Halm  p.  106 
—109.  Vgl.  J.  Freudenberg,  Bhein.  Mus.  XXII.  S.  30  f.  Daraus  erfahren 
wir  über  den  Verfasser  dass  er  puer  sub  Domitiano  zu  Bom  im  capitoli- 
niflchcn  Agon  aufgetreten,  aber  aus  Parteilichkeit  nicht  gekrönt  worden 


700  I^^6  Kaiserzeit.    Erstes  Jahrhundert. 

sei;  aus  Verdruss  hatte  er  sich  auf  Reisen  begeben,  zuletzt  al^er  in  Tar- 
raco  niedergelassen  und  die  professio  litterarum  betrieben.  Hier  trifiPt  ihn 
der  Interlocutor  und  fragt  ihn  z.  B.:  quid  tu  tarn  diu  in  hac  provinda? 
nee  .  .  urbem  illam  revisis  ubi  versus  tui  a  lectoribus  concinuntur  et  in 
foro  omni  clarissimus  ille  de  Dacia  triumphus  (Tngans,  J.  102  oder  106) 
exultat?  Wirklich  finden  wir  ihn  unter  Uadrian  zu  Born,  da  er  ohne 
Zweifel  der  Florus  poeta  ist  mit  welchem  Hadrian  scherzhafte  Verse  wech- 
selte (Spartian.  Hadr.  16);  vgl.  Charis.  I.  p.  53,  14  u.  140,  6  E.  (Annioe 
Florus  ad  divum  Hadrianum:  poematis  delector).  123,  17  (Florus  ad  diTum 
Hadrianum).  Auch  ist  ganz  glaublich  dass  er  der  Verfasser  ist  der  an- 
sprechenden 26  trochäischen  Tetrameter,  Lebensbeobachtungen  enthaltend, 
welche  im  codex  Salmasianus  die  (halbbarbarische)  Aufschrifb  haben  Flori 
de  qualitate  vitae  (Nr.  246—252  bei  A.  Biese,  Anthol.  lat.  p.  168—170}, 
sowie  der  fünf  Hexameter  Flori  über  die  Bösen  (ib.  Nr.  87 ,  p.  101).  K  E 
0.  Müller,  de  P.  Annio  Floro  poeta  et  carmine  quod  Perrigilium  Veneiis 
inscriptum  est,  Berlin  1855.  46  pp. 

8.  Plin.  Ep.  V,.5,  1:  nuntiatum  mihi  est  C.  Fannium  decessiase, 
.  .  hominem  elegantem,  disertum  etc.  (2.) . .  pulcherrimum  opus  imperfectom 
reliquit.  (3.)  quamvis  enim  agendis  causis  distringeretur  scribebat  tarnen 
exitus  occisorum  aut  relegatornm  a  Nerone  et  iam  tres  libros  absolverat, 
subtiles  et  diligentes  et  latinos  atque  inter  sermonem  historiamque  mediofi, 
ac  taiito  magis  reliquos  perficere  cupiebat  quanto  frequentius  hi  lectita- 
bantur.  Vgl.  ib.  5:  primum  librum  quem  de  sceleribus  eins  (des  Nero) 
ediderat  etc. 

9.  Schol.  des  Valla  zu  Juv.  2,  99:  quod  bellum  (des  Galba,  Otho, 
Vitellius)  descripsit  Cornelius  Tadtus,  post  Comelium  vero,  ut  Probui 
mquit,  Porapeius  Planta,  qui  alt  Bebriacum  etc.  Plin.  Ep.  JXy  1  (Maximo 
suo) ,  1 :  to>epe  te  monui  ut  libros  quos  vel  pro  te  vel  in  Plantam  .  .  com- 
posuisti  quam  maturissime  emitteres:  quod  nunc  praedpue  morte  eins 
audita  et  hortor  et  moneo.  Er  ist  wohl  der  Pomp.  Planta  der  als  Präfect 
von  Aegypten  (J.  98)  bei  Plin.  ad  Trai.  7  u.  10  genannt  wird;  Maximus 
aber  ist  wohl  der  Nonius  Maximus  dessen  libri  Plinius  Ep.  IV,  20  rühmt 
und  an  welchen  auch  Ep.  V,  5  (s.  A.  8)  gerichtet  ist.  Ein  Mesdus  Maximus 
ib.  111,  20.   IV,  25. 

10.  Ueber  einen  Ungenannten  der  verisdmum  librum  über  die  jüngste 
Vergangenheit  redtaverat  Plin.  Ep.  IX,  27.  Vgl.  ib.  31  (Sardo):  legi  librum 
tuum,  ideutidem  repetens  ea  maxime  quae  de  me  scripsisti. 

11.  Plin.  Ep.  VII,  31,  5:  Claudius  Pollio  quam  fideliter  amicos 
colat  multorum  supremis  iudicüs,  in  bis  Anni  Bassi,  gravissimi  dvis,  cie- 
dere  potes ,  cuius  memoriam  tam  grata  praedicatione  prorogat .  .  ut  hbmm 
de  vita  eins  (nam  studia  quoque  dcut  alias  bonas  artes  veneratur)  edideiii 

12.  Plinius  stellt  Ep.  V,  8  halb  in  Aussicht  dass  er,  wenn  er  mit 
der  Bearbeitung  und  Herausgabe  seiner  Beden  zu  Ende  sd,  dch  der  Ge- 
schichtschreibung zuwenden  werde.  Indessen  die  glänzenden  Leistongen 
des  Tacitus  auf  diesem  Gebiete  werden  ihn  eher  davon  zurückgeflchreeli:t 
haben,  und  so  blieben  die  rhetorisch-biographischen  Schriften  über  Hel?i* 
dius  und  Vestricius  Cottius  (oben  317,  3)  das  Eindge  was  er  in  dieser  Ait 
verfasste. 


318  f.    Geschichtschreiber  und  Juristen  unter  Trajan.  701 

319.  Die  Jurisprudenz  hat  unter  Trajan  eine  Anzahl 
isgezeichneter  Vertreter.  So  die  letzten  Proculianer  Nera- 
iis  Priscus  und  Juventius  Celsus,  beide  zum  Consulat  gelangt 
id  noch  im  Rathe  Hadrians,  dabei  fruchtbare  Schriftsteller. 
uf  Seiten  der  Sabinianer  stand  Javolenus  Priscus,  sowie  auch 
ohl  der  charaktertüchtige  Freund  des  Plinius,  Titius  Aristo, 
id  der  von  Salvius  Julianus  commentierte  Minicius.  Minder 
beutend  und  wenig  bekannt  sind  Laelius  Felix,  Varius  Lucul- 
Ls,  Arrianus,  Octavenus,  Vivianus  u.  a. 

1.  Pompon.  Dig.  I,  2,  2,  53:  successit  .  .  patri  Celso  Celsus  filius  et 
riscusNeratiuB,  qui  utrique  consules  fnerunt,  Celsus  quidem  et  iterum 

A.  2),  Ner.  Pr.  aber  mit  dem  Grosavater  von  M.  Aurel,  Annius  Verus  (Dig. 
[iVIU,  8,  6),  wahrscheinlich  unter  Domitian,  etwa  J.  83  nach  Sickel  und 
>rghe8i  bei  Mommsen  I.  B.  N.  4931  (aus  Altilia):  L.  Neratio  L.  f.  Vol. 
•isco,  praef.  aer.  Sat,  Cos.,  Leg.  pr.  pr.  in"  prov.  Pannonia  (J.  98),  womit 
5rthch  übereinstimmt  ib.  4932  aus  Saepinum ,  wo  auch  noch  ein  jüngerer 
3r.  Pr.  (Sohn  des  Juristen?)  genannt  ist  (L.  Neratius  L.  f.  Vol.  Pr . .  .  . 
[Ivir  epul.,  leg.  Aug.  pr.  pr.  . .  .  inferiore  et  Pannonia) ,  welchen  Dirksen 
bhandl.  d.  Berl.  Ak.  1852,  S.  202—204),  sich  stützend  auf  eine  imechte 
ratilli'sche)  Inschrift  (OrelU  753  =  Mommsen  520*),  für  den  Rechta- 
lehrten  hielt.  Spart.  Hadr.  18,  l:  cum  iudicaret  in  consilio  habuit  .  . 
risconsultos  et  praecipue  lulium  Geis  um  (vgl.  Muratori  Inscr.  p.  2005,  1. 
"elli  2369),  Salvium  lulianum,  Neratium  Priscum  aliosque,  wonach  Nera- 
18  ein  hohes  Alter  erreicht  haben  muss.  Am  einflussreichsten  unter  Trajan; 
Spart.  Hadr.  4,  8:  frequens  opinio  fuit  Traiano  id  animi  fuisse  ut  Nera- 
im  Priscum  .  .  successorem  relinqueret,  .  .  usque  eo  ut  Prisco  ahquando 
cerit:  conmiendo  tibi  provincias ,  si  quid  mihi  fatale  contigerit.  Vgl.  Dig. 
IX Vn,  12,  5:  Divus  Traiauus  .  .  consilio  Neratii  Prisci  et  Aristonis  etc. 
m  seinen  Schriften  sind  in  den  Digesten  an  64  Stellen  excerpiert  (s.  Hom- 
3I,  Palingenesia  I.  p.  501  —  512):  Responsorum  libri  III,  Membranarum 
»ri  VII  und  Begularum  Ubri  XV;  angeführt  werden  ausserdem  Keratins 
»ro  rVo  Epistolarum  (Dig.  XXXIII,  7,  12.  §.  35  u.  43;  daraus  wohl  die 
istola  Neratii  ad  Aristonem,  ib.  XIX,  2,  19,  2),  libri  ex  Plautio  (Dig. 
II,  8,  5,  1  vgl.  oben  298,  4)  und  ein  liber  de  nuptiis  (Gellius  IV,  4,  4). 
1^1.  auch  A.  3.  J.  C.  Sickel,  de  Neratio  Prisco  icto,  Lips.  1788.  4. 
idorff ,  rOm.  Bechtsgesch.  I.  S.  181  f    K.  Viertel ,  de  vitis  ictorum  (1868) 

26—30. 

2.  P.  luventius  Celsus  T.  Aufidius  Hoeuius  Severianus  (Dig.  V, 
20,  6.  Orelli-Henzen  7182),  Sohn  des  Juristen  luv.  Celsus  (oben  298,  2), 
18  J.  95  einer  der  gegen  Domitian  Verschworenen  (Dio  LXVII,  13),  Prätor 
%  oder  107  (Plin.  Ep.  VI,  5,  4),  Cos.  I  wohl  unter  Tr^an,  II  unter 
idrian  J.  129  (Dig.  1. 1.  Cod.  lust.  VII,  9,  3.  Gruter  p.  573,  2).  Schriften: 
gestorum  libri  XXXIX,  angelegt  nach  dem  System  der  hadrianischen 
dification  (B.  1—12  u.  24—27  nach  der  Reihenfolge  des  Edicts,  B.  13— 

über  Testamente  und  Legate,  28  —  39  über  sonstige  Gegenstände  des 
rilrechts ,  woraus  in  den  Digesten  sich  142  Stellen  finden ,  besonders  aus- 


702  I^i^  Kaiserzeit.    Erstes  Jahrhundert. 

führliche  VIII,  6,  6.    XXVIII,  5,  69.    XXXIII,  10,  7.  XLVH,   2,  67;  auch 
8.  fragm.  Vat.   75.  77.  79.  80.     Nur  angeführt  werden  seine  Commentani 
in  mindestens  7  Büchern  (Dig.  XXXIV,  2,  19,  6),  Epistolae  in  mindestens 
11  (ib.  IV,  4,  3,  1)  und  Quaestiones  in  wenigstens  19  Büchern  (ib.  XU,  1, 1. 
XXVIII,  5,    9,  2.  XXXIV,  2,  19,  3).     Celsus  geht  in  seinen  Ueberresten 
mit  Vorliebe  auf  die  Juristen  der  Republik  (bes.  Servius ,  Labeo  und  Tubero) 
zurück  und  beruft  sich  Öfters  auch  auf  mündliche  Erklärungen  seines  Vaters 
(Dig.  XXXI,  20:  et  Proculo  placebat  et  a  patre  sie  accepL    ib.  29:  pater 
mens  referebat  etc.).    Griechische  Wendungen  Dig.  XIII,  3,  3.  XXXIII,  10,  7. 
Er  zeigt  Schärfe ,  theilweise  auch  Derbheit.    Bei  den  älteren  Juristen  hiess 
eine  grobe  Antwort  auf  eine  thörichte  Frage  responsio  Celsina  auf  eine 
quaestio  Domitiana,  aus  Anlass  von  Dig.  XXVIil,  1,  27:  Domitius  Labeo 
Celso  sno  salutem.    Quaero  an  etc.  (ob  der  Notar  der  ein  Testament  auf- 
gesetzt auch  als  Testamentszeuge  fungieren  könne).  luventius  Celsus  Labeoni 
suo  salutem.    Ant  non  intellego  quid  rät  de  quo  me  consulis  aut  valicfe 
stulta  est  consultatio   tua.     plus  enim  quam   ridiculum   est   dubitare  sn 
aliquis  etc.    Vgl.  ib.  III,  5,  IQ,  1 :  istam  sententiam  Celsus  eleganter  den- 
det.    Hommel,  Palingenesia  I.  p.  149  —  172.     Heinecdus,   de  P.  luveDÜo 
Celso  Icto  eximio,  Frankf.  a.  0.  1727.  4.  =  Opp.  II.  p.  518—532.    Rudorff, 
Rom.  Rechtsgesch.  I.  S.  181. 

3.  Pompon.  1.  1.  (s.  A.  1):  successit  .  .  Caelio  Sabino  Prise us  la- 
V  ölen  US,  .  .  lavoleno  Prisco  Aburnius  Valens  et  Tuscianus,  item  Sal?ias 
lulianus.  Dig.  XL,  2,  5:  lulianus:  .  .  ego,  qui  meminissem  layolenamf 
praeceptorem  meum ,  et  in  Africa  et  in  Syria  servos  suos  manumisisse  com 
consilium  praeberet.  Plin.  Ep.  VI,  15:  Passeunus  Paulus  .  .  scribit  elegos. 
.  .  is  cum  recitaret  ita  coepit  dicere:  ^Prisce,  iubes.'  ad  hoc  lavole&os 
Priscus  (aderat  enim,  ut  Paulo  amicissimus) :  'ego  vero  non  iubeo.'  cogita 
qiu  risus  hominum.  .  .  est  omnino  Priscus  dubiae  sanitatis,  interest  tarnen 
officiis,  adhibetur  consiliis  atque  etiam  ius  civile  publice  respondet  Um 
so  weniger  schlimm  wird  es  mit  seiner  sanitas  oder  gar  deliratio  (ib.  4) 
gewesen  sein.  Plinius  hat  für  Humor  kein  Organ  und  war  vielleicht  selbst 
auch  durch  lavoleuus  in  seiner  Eitelkeit  verletzt.  Sehr  zweifelhaft  ist  ob 
lav.  unter  Pius  noch  lebte,  da  Capitol.  Ant.  Pi.  12,  1  die  Hdss.  vielmehr 
Diaboleno  haben.  Juristische  Schriften  von  ihm  sind  in  den  Digesten  ao 
206  Stellen  ezcerpiert.  Wir  kennen  als  solche:  libriXV  ex  Cassio,  Epieto- 
larum  libri  XIV,  ad  Plautium  oder  ex  Plautio  libri  V,  libri  ex  Posterioribns 
Labeonis  oder  Posteriorum  Labeonis  (oben  249,  3)  a  lavoleno  epitomatomm, 
mindestens  sechs.  Hommel,  Palingenesia  I.  p.  197—220.  Freilich  ist  ei 
fraglich  ob  da  wo  Priscus  schlechtweg  genannt  wird  er  gemeint  ist  oder 
Keratins;  denn  Dig.  VII,  8,  10,  2  (et  Priscus  et  Keratins  putant)  schreibt 
Mommsen,  nach  der  Uebersetzung  des  Stephanos  {%a£  qiaai  ügonovlog  ti 
a(ta  Kai  NsqotTios)  vielmehr  et  Proculus  et  N.  G.  A.  Jenichen,  de  Pr. 
lav.  icto  incomparabili,  Lips.  1734.  4.  H.  van  Alphen,  spicilegia  de  1.  Pr- 
icto,  Utrecht  1768  und  in  Oelrichs  thesaur.  nov.  III,  1.  J.  G.  Lindner, 
prolusio  de  L  Pr.  ad  Plin.  Ep.  VI,  15,  Arnstadt  1770.  4.  C.  L.  Neaber, 
die  Jurist.  Classiker  (Berl.  X806)  S.  146—182. 

4.  Plin.  Ep.  I,  22,  1  if.  (ums  J.  100):  perturbat  me  longa  et  perÜoax 
valetudo  Titi  Aristonis,  quem  singulariter  et  miror  et  diiigo.   nihil  est 


319.    Juristen:  luventdus  Celsus,  lavolenus,  Arißto  u.  A.  703 

enim  illo  gravius,  sanctius,  doctias  etc.  (2.)  quam  peritus  ille  et  pri vati 
iuris  et  publici!  quantum  reram,  quantum  exemplorum ,  quantum  anti- 
quitatds  tauet!  etc.  (3.)  .  .  et  tarnen  plerumque  haesitat,  dabitat  diversi- 
tate  ratiouum,  quas  acri  magnoque  iadido  ab  origine  causisque  primis 
repetit  etc.  (6.)  in  summa,  non  facile  quemquam  ex  istis  qui  sapientiae 
Studium  habitu  corporis  praeferunt  huic  viro  comparabis.  .  .  in  toga 
negotiisque  versatur,  multos  advocatione,  plures  consiHo  iuvat.  Auch  nach 
dem  Weiteren  scheint  es  dass  er  sich  zum  Stoicismus  bekannte.  Damals 
genas  er  wirklich;  denn  an  ihn  sind  gerichtet  Ep.  V,  3  (Titio  Aristoni  suo)  vom 
J.  106  ^und  VIII,  14  vom  J.  108  (1:  cum  sis  peritissimus  et  privati  iuris  et 
publici  etc.  10:  scientia  tua,  cui  semper  fuit  curae  iura  .  .  sie  antiqua  ut 
recentia . .  tractare).  Dig.  XXXVII,  12,  5  (oben  A.  1).  Schriften  von  ihm 
erwähnt  PliuiuB  noch  nicht;  auch  werden  solche  in  den  Digesten  nie  excer- 
piert,  wohl  aber  gelegentlich  (besonders  durch  Pomponius,  s.  unten  327,  8) 
seine  Noten  (notat,  adnotat  u.  dgl.)  zu  (Labeo,  Cassius  und)  Sabinus  (wonach 
Aristo  Sabinianer  war) ,  Dig.  II,  14,  7,  2  (eleganter  Aristo  Celso  respondit). 
IV,  8,  40  (Cassitim  audisse  se  dicentem  Aristo  ait).  XX,  3,  3  (Aristo  Ne ra- 
tio Prisco  scripsit  etc.  Vgl.  XL,  4,  46).  VII,  1,  7,  3.  VII,  8,  6  (Ar.  apud 
Sabinum).  XXVIII,  5,  17,  5.  XXIX,  7,  9.  XXXIII,  9,  3,  1.  fragm.  Vat.  68. 
83.  88.  199;  einmal  (Dig.  XXIX,  2,  99)  Aristo  in  decretis  Frontinianis  (oben 
309?).  Gell  XI,  18,  16:  memini  legere  me  in  libro  Aristonis  icti,  haud- 
quaquam-indocti  viri,  etc.  Dig.  XXXVII,  5,  6  (wo  Salvius  Aristo  an  Julia 
nus  eine  juristische  Anfrage  richtet)  ist  Salvius  wohl  zu  streichen  imd  jeden- 
falls ein  anderer  Aristo  zu  verstehen.  Th.  Mommsen,  Ztschr.  f.  Rechts- 
geach.  IX.  S.  87  f.  A.  13.  J.  J.  Enschede,  de  T.  A.,  Lugd.  B.  1829.  Th. 
Mommsen,  Zeitschr.  für  Rechtsgesch.  VII  (Weimar  1868)  S.  474—478. 

5.  Dig.  XLI,  1, 19:  Aristo  ait;  .  .  quod  et  Varium  Lucullum  aliquando 
dnbitasse.  Also  wohl  älterer  Zeitgenosse  des  Aristo.  Mommsen:  Varrouem 
Lucullum  (cf.  Cic.  p.  TuU.  8)? 

6.  Ein  Minicius  ist  als  juristischer  Schriftsteller  bekannt  durch  die 
iu  den  Digesten  40nial  excerpierten  Noten  Julians  zu  seinem  Werke  (ex 
Minicio,  apud  oder  in  Minicium).  Sehr  zweifelhaft  ist  seine  Identität  mit 
dem  (L.)  Minicius  Natalis  welchem  Divus  Traianus  rescripsit  (Dig.  II,  12,  9), 
dem  Cos.  von  J.  107  mit  Q.  Licinius  Granianus  (Mommsen  I.  B.  N.  4496. 
Bull,  archeol.  1846,  p.  42),  welcher  auf  Inschriften  mehrfach  vorkommt, 
wie  sein  gleichnamiger  Sohn  (L.  Minicius  L.  f.  Gal.  Natalis  Quadronius 
Verus,  COS.,  procos.  prov.  Africae  etc.),  der  Präfect  des  Alimentenwesens 
unter  Hadrian.  Annali  delP  inst.  arch.  1849.  p.  223  —  226.  E.  Hühner, 
Monateber,  der  BerL  Ak.  1860,  S.  232  f.  F.  Kämmerer,  de  Minicio  Natali 
icto  romano,  Rostock  1839.     K.  Viertel,  de  vitis  ictorum  p.  20—26. 

7.  Gellius  XV,  27,  1:  in  libro  Laelii  Felicis  ad  Q.  Mucium  (oben 
141,  2)  primo  scriptum  est  Labeonem  (oben  249,  2  f.)  scribere  etc.  Vgl. 
ib.  4:  in  eodem  Laeli  Felicis  libro  haec  scripta  sunt  etc. -(über  Einrich- 
tungen der  Republik,  bes.  comitia).  Vielleicht  ist  er  der  Jurist  Laehus 
der  noch  unter  Hadrian  lebte,  s.  Dig.  V,  4,  3:  Laelius  scribit  se  vidisse 
.  .  mulierem  quae  ab  Alexandria  perducta  est  ut  Hadriano  ostenderetur. 
Vgl  ib.  XXXIV,  6,  7.  Auch  ib.  V,  3,  43  (idque  et  Laelius  probat).  Merck- 
lin,  Philologus  XVI.  S.  168—172,  welcher  auf  ihn  femer  bezieht  Macrob. 


^*^- 


704  Die  Kaiserzeit.    Erstes  Jahrhundert. 

I,  6,  13  (M.  LaeliuB  augur  refert  etc.)  und  Gell.  XIII,  14,  7:  quod  ego  in 
Elydis,  grammatici  veteris,  commentario  offendi,  indem  er  dort  Felicis 
liest  (vgl.  Khein.  Mus.  XVIIL  S.  297—300),  M.  Hertz  dagegen  (Ehein. 
Mus.  XVII.  S.  680  ff.)  wahrscheinlicher  Heraclidis. 

8.  Ulpian.  Dig.  Y,  3,  11:  Arrianus  libro  II  de  interdictis.  XLITI, 
3,  1,  4:  bellissime  Anianus  scribit.  Vgl.  XXVIII,  5,  19:  quam  sententiam 
et  lavolenuB  probat  et  Pomponius  et  Arrianus.  XXXYIII,  10,  5  (aus  Paulus). 
XLIV,  7,  47  (aus  Paulus).  Vielleicht  dass  er  der  Arrianus  Maturns  ist  an 
welchen  Plin.  Ep.  I,  2.  U,  11  f.  IV,  8.  12.  VI,  2.  VIII,  21  gerichtet  sind. 
Vgl.  ib.  III,  2,  2  ff.  Ein  Arrianus  Severus,  praef.  aerarii  in  der  Zeit  nach 
Trajanus,  Dig.  XLIX,  14,  42  (aus  Aburius  Valens). 

9.  Dig.  XXX VIII,  1,  47  aus  Aburius  Valens:  Campanus  acribit  etc. 
Vgl.  Pompon.  ib.  XL,  6,  34,  1  aus  Pomponius:  Gampanus  ait  etc. 

10.  Dig.  XXXI,  49,  2:  quod  (Labeonis)  merito  Priscus  Fulcinius 
falsum  esse  aiebat.  XXV,  2,  3,  4:  Mela,  Fulcinius  aiunt.  XXXIX,  6,  43 
aus  Keratins  libro  I  Responsorum:  Fulcinius  (putat  oder  didt)  etc.  Vgl 
XXIV,  1,  29  (aus  Pomponius):  .  .  Fulcinius  scripsit  XXV,  1,1,3  (Fulci- 
nius inquit). 

11.  Paulus  Dig.  rV,  6,  35,  9:  Vi  vi  an  us  scribit  Proculum  (oben  266, 5) 
respondisse;  und  XIII,  6,  17,  4:  Vivianus  scripsit.  Vgl.  XXIX,  7,  14:  qoi- 
dam  referunt  .  .  apud  Vivianum  Sabini  et  Caasii  et  Proculi  expositam  esee 
controversiam.  Vgl.  noch  ib.  IX,  2,  27,  24.  XIX,  5,  17.  XXI,  1,  1,  9.  17, 8. 
unten  A.  13.    K.  Viertel  p.  15  f.  setzt  ihn  vor  Cekus  und  Octavenus. 

12.  Dig.  XXm,  2,  44,  3  (aus  Paulus):  Octavenus  ait.  XL,  9,32,2 
(aus  Terentius  Clemens):  idem  Octavenus  probat.  Pomponius  Dig.  XL,  5, 20 
(bellissime  Aristo  et  Oct.  putabant)  und  4,  61,  2  (hoc  amplius  Oct.  aiebat). 
XXX,  9  (0.  scripsit).  Nach  Dosith.  12  kannte  er  die  lex  lunia  Norbana 
vom  J.  772.  Das  Sctum  luventianum  aber  kennt  er  noch  nicht  und  ist 
daher  nicht  später  als  unter  Trajan  zu  setzen.  K,  Viartel,  de  vitis  ictonun 
(Königsb.  1868)  p.  13-16. 

13.  Dig.  XXXVII,  14,  10  aus  Terentius  Clemens:  id  etiam  Proeolo 
placuisse  Servilius  refert,  wo  Mommsen  an  placuisse  Viviano  (A.  11)  denkt 

14.  Dig.  III,  5,  30  aus  lulianus :  Valerius  Severus  respondit  etc.  Vgl 
Ulp.  ib.  III,  3,  8  pr.:  Valerius  Severus  scribit.  Ein  C.  VaL  ßev.  war  cos. 
suff.  124  n.  Chr.    Orelli-Henzen  5455. 

15.  Dig.  XXXVII,  12,  3  aus  PauL  VIH  ad  Plaut.:  Paconius  ait 
Gegen  die  Aenderungsversuche  (z.  B.  von  A.  Schmidt,  in  Bekker  u.  Muther 
Jahrb.  d.  gem.  Rechts  III.  1859.  S.  391  ff.)  s.  K.  Viertel,  de  vitis  ictomm 
p.  10—13. 

320.  Die  namhaftesten  Grammatiker' in  der  Zeit  des 
Trajan  sind  Flavius  Caper,  ürbanus  und  Velius  Longus.  Unter 
dem  Namen  des  Caper  haben  wir  zwei  kleine  Schriften  de 
orthographia  und  de  verbis  dubiis^  welche  aber  n:ur  dürftige 
Auszüge  aus  den  ursprünglichen  Schriften  desselben  sein  können. 


319  f.    Juristen  und  Grammatiker  unter  Trajan.  705 

Urbanus  gehörte  zu  den  Erklärem  des  Vergil,  wie  auch  Velius 
Longus,  von  welchem  eine  Abhandlung  de  orthographia  auf 
uns  gekommen  ist.  Der  viel  angefochtene  Caesellius  Vindex 
schrieb  wohl  in  dieser  Zeit  sein  lexikalisches  Werk  Stromateus 
oder  lectiones  antiquae.  Auch  Cloatius  Verus  ist  wohl  hieher 
zu  setzen. 

1.  Ueber  die  irrige  Bezeichnung  des  Caper  als  magister  Augusti 
Caesari's  s.  oben  197,  5.  Er  lebte  nach  Valerius  Probus  (oben  283),  da  er 
ihn  citiert  (Charis.  p.  118,  1  E.  aus  Romanus:  Fl.  Caper  .  .  Valerium  Pro- 
bum  putare  ait)  und  wie  es  scheint  auch  als  Hauptquelle  benützt  hatte. 
Dass  er  wie  vor  Bomanus  so  auch  vor  Terentius  Scaurus  schrieb  wäre 
sicher  wenn  die  Glaubwürdigkeit  des  Citats  bei  Dausquius  (Orthographia  I 
p.  162)  Scaurus  lib.  IX  de  orthographia:  raro  Capri  testimonio  s  .  .  expri- 
mitur  feststände.  Sueton  zählt  den  Fl.  Caper  nicht  unter  den  alten  Gram- 
matikern auf,  wohl  weil  er  in  seiner  Zeit  noch  lebte.  Priscian  VII.  p.  772  P. 
=  354,  9:  Caper,  antiquitatis  doctissimus  Inquisitor.  Bei  Charisius,  Ser- 
Tius  und  Priscian  werden  Stellen  aus  seinen  Schriften  oft  angeführt,  mit  den 
Titeln  de  latinitate  (=  orthographia)  oder  de  lingua  latina,  femer  de  dubiis 
genenbus  oder  dubii  generis  oder  dubii  sermonis,  sowie  enucleati  sermonis 
(welche  Christ  S.  168  f.  mit  der  Schrift  de  latinitate  identifidert)  imd  über 
ex.  Hieronym.  c.  Bufin.  II,  9  (II.  p.  497  Yall.):  in  Capri  commentarüs 
deutet  nur  auf  grammatische  Schriften.  Commentare  zu  Plautus  und  Terenz 
(Ritschl,  Parerga  I.  p.  361—364)  oder  zu  Vergil  (Ribbeck,  prolegg,  p.  166) 
verfasste  Caper  wohl  nicht;  ebensowenig  wohl  (trotz  Agroec.  prooem.,  wo 
Caper  multis  litterarum  operibus  celebratus,  in  commentando  etiam  Cicerone 
praecipue  heisst)  zu  Cicero.  Die  seinen  Namen  tragenden  Schriften  de 
orthographia  (p.  2239  ff.  P.)  und  de  verbis  dubiis  (p.  2247—2260  P.)  haben 
nichts  ?on  dem  Reichthum  an  Belegen  aus  alten  Schriftstellern  welcher 
die  Anführungen  aus  Caper  auszeichnet,  sind  mager  und  zusammenhangs- 
los ,  die  eine  sogar  in  alphabetischer  Ordnung ,  die  de  orthogr.  aber  durch 
Zuthaten  des  Compilators  weniger  entstellt.  F.  Osann,  de  FL  Capro  et 
Agroecio  grammaticis  (Giessen  1849.  4.)  p.  3.  5—20.  W.  Christ,  Philologus 
XVni.  S.  165—170. 

2.  Von  Urbanus  wird  bei  Serv.  Ae.  V,  517  eine  gegen  Comutus  ge- 
richtete (s.  Longus  bei  Schol.  Veron.  Ae.  V,  488;  p.  96,  10  ff.  E.)  Bemerkung 
angeführt.  Hienach  war  Urb.  jünger  als  Cornutus  (oben  282,  2)  und  älter 
als  (Velius)  Longus.  Seine  Leistungen  für  Vergil  waren  mehr  wohlgemeint 
alfi  bedeutend.    Bibbeck  prolegg.  ad  Verg.  p.  167—169. 

3.  Gellius  XVin,  9,  4:  Velio  Longo,  non  homini  indocto,  fidem 
esse  habendam,  qui  in  commentario  quod  fecisset  de  usu  antiquae  lectionis 
scripserit  etc.  Charis.  p.  175,  14  K.:  Velius  Longus  in  II  Aeneidos  (d.  h. 
in  seinem  Commentar  zu  Aen.  II].  ib.  p.  113,  29  f.  (vgl.  556,  22)  E.:  Velius 
Longus  de  hac  regula  dixit  in  V  ea  parte  (im  Commentar  zu  Ae.  V,  380). 
Daraus  auch  ib.  p.  210,  7  K.;  s.  Lachmann  zu  Lucr.  p.  146.  Non  doctum 
modo  sed  omni  fere  ex  parte  egregium,  accuratum  et  prudentem  et  ele- 
gantem Aeneidos  (nam  de  ceteris  libris  nihil  traditur)  interpretem  habuerim, 
qui  Probi  exemplo  ad  uberiores  de  rebus  maxime  grammaticis  quaestiones 

Teuffel,  röm.  Litcraturgeschichlc.  <^{} 


706  I*iö  Kaiserzeit.    Erstes  Jahrhundert. 

digressus  est;  Bibbeck  prolegg.  p.  169 (—-171).  Aach  in  der  erhaltenen 
Schrift  des  Vel.  Long,  de  orthographia  (p.  2214  ff.  P.)  ist  Vergil  vielfach 
berücksichtigt.  Dass  man  therm ae  Titianae  (nicht  Titinae)  sagen  müsse 
hatte  Long,  in  einer  eigenen  Abhandlang  erwiesen. 

4.  Gellias  VI  (VII),  2,  1  f. :  turpe  erratum  ofiendimus  in  illis  celebra- 
tissimis  commentarüs  lectionum  antiquarum  Caeselli  Vindicis,  hominis 
hercle  pleraque  haad  indiligentis.  (2.)  quod  erratam  multos  fugit,  qnam- 
quam  multa  in  Caesellio  reprehendendo  etiam  per  calumnias  rimarentnr 
(besonders  seine  jüngeren  Zeit-  und  Fachgenossen  Terentias  Scaurus  und 
Sulpicius  Apollinaris).  Dieselbe  Schrift  angeführt  ib.  II,  16,  5  ff.  III,  16, 11. 
XI,  15,  2  ff.  XX,  2,  2  und  wohl  auch  IX,  14,  6.  XVIII,  11  gemeint.  Darin 
war  die  alphabetische  Ordnung  befolgt;  s.  Chans,  p.  117,  13  E.  (Vindex 
A  iitterae  Ubro  I).  239,  21  (Caesellius  Vindex  libro  B  litterae).  195,  26 
(Caes.  Vind.  libro  L).  Die  Gleichartigkeit  des  Inhalts  macht  wahrschein 
lieh  dass  nur  ein  anderer  Titel  desselben  Werkes  Stromateus  war;  s.  Pris- 
cian.  p.  210,  7  (Caesellius  Vindex  in  stromateo).  230,  11  (Caesellias  in 
stromateo)  vgl.  p.  229,  10  Htz.  F.  Bitschi,  Parerga  I.  S.  360.  Anf  ihn 
beziehen  sich  wohl  auch  die  Excerpte  des  Cassiodor  (p.  2314  ff.  P.)  ex 
orthographo  Caesellio  und  ex  Lucio  Caecilio  Vindice ;  s.  Gräfenhan ,  Gesch. 
d.  class.  Philol.  IV.  S.  121  f.  vgl.  S.  68—71.  Arnob.  adv.  gent  I,  59  extr.: 
Epicados  onmes,  Caesellios,  Verrios  ac  Scauros  teneatis  et  Nisos.  Bufin. 
de  metr.  p.  2713  P.    J.  Kretzschmer,  de  Gellii  fontibus  (1860)  p.  95—98. 

5.  Gellius  XVI,  12,  1  ff.:  Cloatius  Verus,  in  libris  quos  inscripsit 
verborum  a  Graecis  tractorum  (auch  bei  Macrob.  lil,  18,  4),  non  pauca 
hercle  dicit  curiose  et  sagaciter  conquisita,  neque  non  tamen  quaedam 
futilia  et  fnvola.  .  .  (5.)  commode  haec  sane  omnia  et  conduceuter.  sed 
in  libro  quarto  f?ienerator,  inquit,  appellatus  est  quasi  tpaivtQcetoag  ^  ano 
xov  tpaivia^ai  etc.  (6.)  idque  dixisse  ait  Hypsicraten  quempiam  gramma- 
ticum,  cuius  libri  sane  nobiles  sunt  super  his  quae  a  Graecis  accepta  sunt 
Diesen  Hypsicr.  erwähnt  schon  Varro  de  1.  1.  V,  88  (cohortem  in  villa 
Hypsicrates  dicit  esse  graece  xof^zov)  und  vielleicht  Festus  v.  aurum  (PauL 
p.  8  M.).  Cloatius  könnte  sonach  bereits  der  augusteischen  Zeit  angehört 
haben.  Doch  ist  er  dem  Gellias  offenbar  viel  genauer  bekannt  als,  Hypsicr. 
und  daher  wohl  seiner  eigenen  Zeit  näher.  Neben  jenem  etymologischen 
Werke  verfasste  Cloatius  ein  wie  es  scheint  mehr  sachlich  gehaltenes 
Ordinatorum  graecorum  libri,  wovon  ein  zweites  Buch  angeführt  wird 
von  Macrob.  III,  6,  2  (Altar  des  Apollon  zu  Delos)  und  ein  viertes  ib. 
18,  8  (nux)  und  19,  2  (Aufzählung  von  Aepfelarten  in  alphabetischer  Ord- 
nung). 

6.  Gellius  XX,  11,  1  ff.:  P.  Lavini  liber  est  non  incuriose  factus.  is 
inscriptuB  est  de  verbis  sordidis.  in  eo  scripsit  sculnam  volgo  dici  etc. 
. .  (4.)  sculnam  autem  scriptum  esse  in  logistorico  Varronis  .  .  idem  Lavi- 
nius  in  eodem  libro  admonet.  Der  bei  Macrob.  III,  8,  3  genannte  Laevinns 
ist  mit  diesem  Lavinius  schon  darum  nicht  identisch  weil  das  aus  jenem 
Angeführte  offenbar  gebundene  Form  hat;  eher  wäre  er  =  Laevius  (oben 
138,  5). 

7.  Ueber  den  Literarhistoriker  L.  Cotta  s.  oben  247,  4. 


320  f.    Grammatiker  imd  Gromatiker  unter  Trajan.  707 

321.  Unter  Trajan  schrieben  endlich  mehrere  Gromatiker. 
So  Hyginus,  von  welchem  wir  Ueberreste  eines  umfassenden 
gromatisch -juristischen  Werkes,  sowie  eine  Schrift  de  munitio- 
nibus  besitzen.  In  der  ihm  gleichfalls  zugeschriebenen  Schrift 
de  limitibus  (constituendis)  ist  Prontinus  stark  benützt.  Femer 
Baibus  ist  der  Verfasser  einer  auf  uns  gekommenen  Darstel- 
lung der  elementaren  geometrischen  Begriffe,  nicht  aber  des 
Werkchens  de  asse.  Nicht  viel  später  als  unter  Trajan  kann 
auch  der  Gromatiker  Siculus  Flaccus  fallen,  dessen  Fach- 
schrift de  condicionibus  agrorum  vollständig  und  in  gutem  Zu- 
sammenhange erhalten  ist. 

1.  Die  Ueberreste  des  Gromatikers  Hygiuus  besonders  in  Lach- 
mann's  Schriften  der  röm.  Feldmesser  I  (1848)  S.  108—134.  Das  ganze 
Werk  zerfiel  in  drei  Abschnitte,  de  liinitibus  (p.  108—113),  de  condicioni- 
bus agromm  (p.  113  —  123),  de  generibus  controversiarum  (p.  123  — 134). 
Vgl.  Blume  im  Rhein.  Mus.  VII.  S.  142—164.  Lacfatnann,  Schrr.  d.  Feldm. 
II.  S.  136 — 141.  Ursprünglicher  Zusammenhang;  s.  p.  123:  hae  sunt  con- 
dicioues  agrorum  quas  cognoscere  potui.  nunc  de  generibus  controversia- 
ram  perscribam  quae  solent  in  quaestionem  deduci.  Zur  Abfassungszeit 
(vielleicht  J.  103,  Hultsch  metrolog.  script.  II.  p.  6,  not.  4)  vgl.  p.  121,  7  ff. 
(nuper  quidam  evocatus  Augusti,  .  .  cum  in  Pannonia  agros  veteranis  ex 
voluntate  . .  imperatoris  Traiani  Aug.  Germanici  adsignaret)  und  p.  131,  17  ff. 
(wonach  in  Samiiium  von  Vespasian  bedachte  Veteranen  noch  lebten).  Die 
Schrift  des  Frontin iis  (oben  309,  3)  ist  benützt,  aber  mit  Selbständigkeit; 
die  Darstellung  ist  etwas  mehr  handwerksmässig,  aber  die  eines  gründ- 
lichen Kenners;  die  Redeweise  die  eines  Technikers,  aber  in  gutem  Latein. 
C.  Lachmann  a.  a.  0.  11.  S.  139.  Ueber  ein  anderes  Werk  des  Hygin  ib.  I. 
p.  133,  14  ff.:  cuius  edicti  (von  Domitian)  verba,  itemque  constitutiones 
quasdam  aliorum  principum  itemque  divi  Nervae  iu  uno  libello  contulimus. 
Den  Namen  des  Hyginus  tragt  auch  ein  im  Anfang  unvollständig  erhaltenes 
Schriftchen  de  castrametatione  oder  de  munitionibus  castrorum,  und  ihr 
letzter  Herausgeber  C.  C.  L.  Lange  (Gotting.  1848)  hat  (Proiegomena  critica 
et  historica  in  Hyg.  de  mun.  castr.  libellum,  Gotting.  1847,  p.  51—63)  ihr 
Anrecht  auf  diesen  Namen  erfolgreich  verfochten. 

2.  Die  von  Blume  und  Lachmanu  aufgestellte  Unterscheidung  eines 
zweiten,  jüngeren  Gromatikers  Hyginus  als  Verfasser  der  Schrift  de  limi- 
tibus constituendis  (abgedruckt  bei  Lachmann,  Schrr.  d.  rÖm.  Feldm.  I. 
p.  166 — 208),  ist  mit  guten  Gründen  bekämpft  worden  durch  L.  Lange, 
proiegomena  1.  1.  p.  44—51  und  Göttinger  Gel.  Anz.  1853,  S.  527—5.30. 

3.  Ueberschrift  des  Werkes  von  ßalbus  im  Arcerianus  (vgl.  oben 
309,  2  E.):  Balbi  ad  Celsuro  expoaitio  et  ratio  omnium  formarum  (d.  h. 
geometrischen  Figuren;  wirklich  abgehandelt  werden  aber  in  dem  Erhal- 
tenen nur  die  mensurae)  «in  Lachmann's  Ausg.  d.  röm.  Feldm.  I.  p.  91 — 108 
vgl.  Lachmann  ebd.  II.  S.  131—136.  Th.  Mommsen  ebd.  II.  S.  146—150. 
151 — 157.  Es  ist  eine  Geometrie  für  Feldmesser,  geschöpft  besonders  aus 
Euklid  und  Heron,  aber  nnr  zum  kleinsten  Theile  erhalten.     Hultach  in 

45* 


708  ^^^  Kaiserzeit.    Erstes  Jahrhundert. 

den  metrolog.  script.  II.  p.  7—13.  Nach  der  Vorrede  hatte  der  Verf.  sein 
Werk  bereits  angefangen  als  intervenit  clara  sacratissimi  imperatoris  nosüi 
(des  Trajan)  expeditio  (p.  92,  7  f.).  Im  Felde  lernte  er  die  Wichtigkeit 
der  venerabilis  Ai  (d.  h.  trianguli,  nach  Hultsch;  Gud.  di)  ratio  praktisch 
kennen,  postqaam  ergo  maximns  Imperator  victoria  Daciam  proxime  re- 
seravit  (wohl  durch  den  ersten  dakischen  Krieg)  statim  ut  e  septentrionali 
plaga  annua  vice  transire  permisit  ego  ad  studium  meum  .  .  reversus  multa 
.  .  recoUegi  (p.  93,  6  ff.).  Der  Celsus  welchem  die  Schrift  gewidmet  ist 
hatte  an  einem  gromatischen  Instrument  (der  dioptra  nach  Hultsch  p.  8  f.) 
eine  Erfindung  gemacht  (invento  tuo,  p.  92,  16)  und  scheint  ein  Genie- 
offizier von  höherem  Range  gewesen  zu  sein.  Baibus  wird  von  den  späte- 
ren Gromatikem  mehrmals  angeführt,  ohne  dass  klar  ist  ob  verlorene 
Theile  desselben  Werks  oder  andere  Schriften  desselben  Verfassers  ge- 
meint sind. 

4.  Im  Arcerianus  lautet  die  subscriptio  des  über  coloniarom  (röm. 
Feldm.  I.  p.  239):  huic  addendas  mensuras  limitum  et  terminorum  ex  libns 
Augusti  et  Neronis  Caesarum,  sed  et  Balbi  mensoris,  qui  temporibus  Anguäti 
omnium  provinciarum  et  formas  civitatium  et  mensuras  compertas  in  com- 
mentariis  contulit  et  legem  agrariam  per  diversitates  provincianun  distio- 
xit  ac  declaravit.    Der  Urheber  dieser  subscriptio  hielt  also  für  die  Quelle 
des  lib.  col.  einen  Feldmesser  Baibus,  den  er  unter  August  setzte,  wohl 
weil  ihm  die  von  Baibus  herrührenden  Verzeichnisse  des  ager  divisus  ad- 
signatus   als   Ergebniss    der   augusteischen   Reichsvermessung   erschienen. 
Gehen  die  erhaltenen  Städteverzeichnisse  (libri  coloniarum)  wirklich  aof 
Baibus  zurück,  so  ist  anzunehmen  dass  sie   nach  dessen  Tod  von  andern 
Mensoren  fortgeführt  wurden ,  da  dieselben  bis  in  die  Zeit  des  M.  Aurelius 
und  Commodus  (J.  177 — 180)  herabreichen.    Th.  Monmisen,  in  d.  Schrr.  d. 
röm.  Feldm.  II.  S.  176—181.    Text  dieser  libri  coloniarum  von  Lachmann 
ebd.   I.   p.  209—262.     Abhandlung  darüber  von  Th.  Mommsen,  ebd.  IL 
S.  157 — 188,  nach  welchem  zwei  Redactionen  zu  unterscheiden  sind:  eine 
bessere  (lib.   col.  I  bei  Lachmann),  vertr'eten  besonders  durch  den  Arce- 
rianus (A  bei  Lachmann),  im  Palatinus'  (P)  saec.  IX  oder  X  bereits  mit 
der  jüngeren   (liber   col.  II   bei  Lachmann,   p.  262  ff.)  vermischt,  deren 
Hauptquelle  der  Gudianus  saec.  IX  oder  X  ist.     Die  im  Are.  überlieferte 
Redaction  ist  im  Wesentlichen  eine  Schrift  der  guten  Zeit,  von  sachlicher 
Fülle  und  technisch  knappem  Ausdruck,  epitomiert  ums  J.  450  n.  Chr., 
die  spätere  Redaction  aber  (aus  dem  sechsten  christl.  Jahrh.)  voll  Ver- 
wirrung und  ünkeimtniss  (a.  a.  0.  bes.  S.  165—174.  181  ff.). 

5.  Das  Schriftchen  de  asse  minutisque  eins  portiunculis,  heraus- 
gegeben zuerst  von  Fabius  Calvus  aus  Raveima  an  seiner  Uebersetzuug  des 
Hippokrates  (Rom  1525)  aus  den  Schlussblättern  des  cod.  Arcerianus  (Th. 
Mommsen  in  den  röm.  Feldm.  II.  S.  150  f  vgl.  Lachmann  ebd.  Ö.  134  f.), 
besser  von  J.  Fr.  Gronov  an  seiner  Ausg.  des  Maecianus  und  den  spätem 
Herausgebern  des  Letztern  (s.  unten  338),  zuletzt  von  F.  Hultsch  (Metro- 
log, scr.  II.  p.  72— 75),  ist  präcis  und  sachkundig  geschrieben  und  für  die 
Münzgeschichte  seiner  Zeit  von  Wichtigkeit.  Es  kann  aber  —  entweder 
selbst  oder  in  dem  ihm  etwa  zu  Grunde  liegenden  ausführlicheren  Werke  — 
erst  aus  dem  dritten  christl.  Jahrh.  stammen ,  da  darin  z.  B.  unter  den 


321.    Groraatiker  unter  Trajan.    Baibus  u.  A.  709 

Theilen  de«  as  der  tremissis  aufgeführt  wird,  welcher  erst  unter  Alexander 
Severus  geprägt  wurde;  s.  W.  Christ  in  den  Sitzungsber.  der  Münchner 
Akad.  1863,  S.  106  ff.    F.  Hultsch,  metrol.  scr.  II.  p.  14—16. 

6.  Die  Schrift  des  Siculus  Fl  accus  de  condicionibus  agronim  be- 
schränkt sich  in  ihrer  jetzigen  Gestalt  auf  Italien.  Sie  beginnt:  condi- 
ciones  agrornm  per  totam  Italiam  diversas  esse  plerisque  etiam  remotis 
a  professione  nostra  hominibus  notum  est;  worauf  diese  Thatsache  aus 
der  Geschichte  erklärt  wird.  Die  Stilisierung  ist  in  ihrer  Art  sorgfaltig. 
Die  Art  der  Erwähnung  des  Domitianus  p.  163,  13  L.  (de  quibus  Domi- 
tianas  finem  statuit)  macht  wahrscheinlich  dass  Fl.  ziemlich  nach  dessen 
Regierung  geschrieben  hat.  Näheres  über  sein  Alter  ist  aber  nicht  bekannt; 
8.  L.  Lange,  Götti.  Gel.  Anz.  1853,  S.  530  f.  Die  Schrift  ist  durch  die 
zweite  Glasse  der  Handschriften  der  Agrimensoren  (s.  A.  4)  erhalten  und 
daran  die  nomina  limitum  angehängt;  in  denen  der  ersten  Glasse  sind  ein- 
zelne Blätter  in  den  Hyginus  hineingerathen  (Lachmann  II.  S.  132«  137  f.). 
Abdruck  des  Werkes  in  den  Sammlungen  der  Agrimensoren,  zuletzt  in 
der  von  Blume,  Lachmann  und  Eudorff  I  (Berlin  1848)  p.  134 — 165.  Sonder- 
ausgabe von  J.  C.  Schwarz,  Coburg  1711.  4. 

7.  Unter  Trajan  verfasst  ist  die  den  Namen  des  Aelianus  tragende 
TttXTixi}  &£(OQCa,  Vgl.  Eöchly  und  Rüstow,  die  griech.  Eriegsschriftstel- 
1er  II,  1. 

8.  Ein  Schriftchen  betitelt  In  artem  medendi  isagoge  gibt  sich  als 
yerfasst  von  Soranus  Ephesius,   insignis   peripateticus   et   vetustissimus 
archiater,  also  ohne  Zweifel  von  dem  berühmten  Methodiker  dieses  Namens 
von  welchem  wir  griechisch  geschriebene  Werke  chirurgischen  und  gynäko- 
logischen Inhaltes  noch  besitzen  und  welcher  wahrscheinlich  unter  Tri^jan 
und  Hadrian  zu  Rom  wirkte.    Jenes  Schriftchen  (abgedruckt  in  den  Samm- 
lungen der  medici  vett.  von  Torinus  1528  und  Aldus  1547)  ist  aber  so  leer 
und   geschmacklos  dass  es  viel  mehr  ein  Erzeugniss  des  Mittelalters  sein 
wird. 


B.    Zweites  Jahrhundert,  J.  117—211  n.  Chr. 

322«  Mit  der  Regierung  Hadrians  beginnt  eine  Zeit  deren 
Charakter  von  dem  des  silbernen  Zeitalters  auffallend  absticht. 
Die  Erschöpfung  welche  von  all  den  Aufregungen  der  letzten 
Jahrzehnte  zurückgeblieben  gibt  sich  kund  in  der  völligen  Un- 
fahigheit  der  Zeit  zu  selbständigen  und  eigenthümlichen  Hervor- 
bringungen. Desto  zugänglicher  ist  sie  für  fremde  Einflüsse. 
Nur  Wenige  aber,  deren  Bildung  noch  in  Quintilians  Zeit  wur- 
zelt, wie  Suetonius,  Florus  und  wohl  auch  Justinus,  schliessen 
sich  an  die  besseren  Muster  an;  die  Meisten  treibt  Ungeschmack 
und  Schwäche  zu  Vermengung  aller  Stilgattungen  und  Aufsuchen 
des  Entlegenen  und  Seltsamen.  So  besonders  seit  der  eitle  und 
verschrobene  Hadrian  die  Zeit  beherrscht  und  der  Africaner  Fronto 


N 


710  Die  Kaiserzeit.     Zweites  Jahrhundert. 

in   der  Literatur  den  Ton  angibt.     Eifrig   wühlt  man  in  den 
Schätzen  der  Vergangenheit,  und  in  Sueton  besitzt  das  Jahr- 
hundert einen  Varro  in  dem  verkleinerten  Massstabe  der  Kaiser- 
zeit.    Aber  nach  ihm  bekommt-  die  Forschung  immer  mehr  einen 
pedantischen  Beigeschmack.    Es  fehlt  an  der  Fähigkeit  das  Ge- 
wonnene  richtig  zu  verwenden,  ja  schon  es  ganz  in  sich  auf- 
zunehmen.   Immer  verbreiteter  wird  daher  das  Bedürfniss  den 
Reichthum    der   Vergangenheit   ins   Kleine    zusammenzuziehen, 
immer  grösser  die  Zahl  der  Epitomatoren.     Gelehrsamkeit  erföUt 
Markt  und  Strasse;  Gelehrtthun  wird  zur  Modesache:  Gramma- 
tiker und  Lehrer  der  Rhetorik  gibt  es  eine  Unzahl,   und  theil- 
weise  spielen  sie  eine  grosse  Rolle.     Aber  ungeleitet  von  histo- 
rischem Sinne  und  in  Dienst  genommen  von  einer  eitlen  Rhetorik 
ohne  Stilgefühl,  treibt  die  Gelehrsamkeit  planlos  dahin  und  ver- 
geudet ihre  Schätze.    Im  Ganzen  ist  das  Uebergewicht  auf  Seiten 
der  griechischen  Literatur,  welche  eben  jetzt  in  der  neuen  Sophi- 
stik    einen  Nachsommer   erlebt.      Hellas   und    der    hellenisierte 
Osten  liefert  die  meisten  Talente,  die  denn  in  ihrer  Muttersprache 
schreiben,  wie  Plutarch,  Appian,  Arrian  und  besonders  Lukianos. 
Aber  auch  manche  Schriftsteller  des  Westens,  wie  Favorinus, 
schreiben  nur  griechisch,  andere,  wie  schon  Sueton  und  Hadrian, 
dann  Fronto  und  Apulejus,  sowohl  in  griechischer  als  lateinischer 
Sprache.     Die  Literatur  streift  den  nationalen  Charakter  ab  und 
wird  universal.     Ein  Förderungsmittel  dafür  ist  die  Sitte  der 
Rhetoren  im    ganzen  Reiche  umher  epideiktische   Vortrage  zu 
halten,  welche  von  den  Griechen  auch  auf  die  lateinisch  Reden- 
den, wie  Apulejus,   übergeht.     Selbständiges  Leben  entwickeln 
nur  die  Fachwissenschaften.     Die    Medicin   hat   ihren   Galenos 
(imis  J.  131 — 201);  aber  aus  Kleinasien  gebürtig  schreibt  dieser 
griechisch.     Dagegen  die  Jurisprudenz  hält  nicht  nur  die  Ueber- 
lieferungen  der  Vergangenheit  fest,  sondern  bildet  sie  mit  Geist 
und  Scharfsinn  weiter.     Eine  Reihe  glänzender  Namen  —  be- 
sonders Julianus,  Pomponius,  Gajus  —  löst  sich  in  rascher  Folge 
ab   und  gipfelt  zuletzt  in  Papinianus.      Sie   sind  auch    in   der 
sprachlichen  Darstellung  die  Vertreter  des  reineren  Geschmackes. 
In  demselben  Verhältniss  wie  Jurisprudenz,  Gelehrsamkeit  und 
Schönrednerei  das  Jahrhundert  beherrschen  tritt  die  Poesie  zu- 
rück.    Das  einzig  Nennenswerthe  auf  diesem  Gebiete  ist  aas 
dem  Schlüsse  dieser  Zeit  das  Pervigilium  Veneris.    Die  geistige 
Regsamkeit  neben  geistigem  Unvermögen  führt  auf  SuperstitiozL 
Der  weitverbreitete  Hang  für  üebernatürliches  ruft  viele  schwin- 


322.    Uebersicht.  711 

delhai*te  Erscheinungen  hervor,  aber  er  bietet  zugleich  einen 
günstigen  Boden  für  eine  neue  Religion.  Das  Christenthum, 
das  bisher  nur  in  der  griechischen  Literatur  sich  bemerklich 
gemacht  hatte,  fängt  nun  an  auch  in  die  römische  seinen  Schat- 
ten hereinzuwerfen.  Seine  Lehre  von  der  Sünde  und  Gnade 
und  vom  besseren  Jenseits  ergreift  die  Armen  und  Bedrängten 
und  das  Geschlecht  der  Frauen  und  erfüllt  sie  mit  einer  Todes- 
freudigkeit welche  auch  die  Männerwelt  aufmerksam  macht,  und 
die  grossartige  Lehre  von  dem  einen  Gotte,  dem  Schöpfer  des 
Himmels  imd  der  Erde,  imponiert  den  Gebildetsten  um  so  mehr 
je  gründlicher  sie  längst  innerlich  vom  Polytheismus  abgekehrt 
sind.  Wohl  zeigen  sich  innerhalb  des  Christenthums  verschiedene 
Richtungen,  die  sich  unter  einander  leidenschaftlich  bekämpfen. 
Aber  auch  diess  dient  dazu  die  Blicke  auf  die  neue  Erscheinung 
hinzulenken,  und  in  der  Abstossung  von  Extremen,  der  Aus- 
gleichung von  Gegensätzen  bildet  sich  ein  lebensvoller  Kern. 
Die  antike  formelle  Bildung  sucht  der  eine  Theil  der  christlichen 
Schriftsteller,  wie  Minucius  Felix  und  Lactantius,  zu  erhalten 
und  dem  christlichen  Geiste  anzupassen*);  die  andere  Richtung, 
deren  ältester  Vertreter  TertuUian  ist,  dann  Commodianus,  steht 
unter  dem  Einflüsse  orientalischer  Culturelemente,  verhält  sich 
zur  antiken  Bildung  ablehnend  und  kehrt  zur  altrömischen  Gleich- 
gültigkeit gegen  die  äussere  Form  zurück.  Unter  dem  gemein- 
samen Einflüsse  local  klimatischer  imd  nationaler  (semitischer) 
Verhältnisse  wie  der  christlich -biblischen  Art  zu  denken  und 
zu  sprechen  bildet  sich  im  Süden  und  Osten  des  Reichs  all- 
mählich eine  eigenthümliche  Ausdrucksweise,  welche  in  Nord- 
africa  ihre  bedeutendsten  Vertreter  findet  und  daher  afrikanische 
Latinität  genannt  zu  werden  pflegt.  Dort  herrscht  überhaupt 
in  dieser  Zeit  am  meisten  geistige  Bewegung.  Die  alte  wie  die 
neue  Richtung  der  Geister  hat  in  Nordafrica  lange  fort  ihre 
Vorkämpfer,  einen  Fronto  und  Apulejus  wie  einen  TertuUian 
und  weiterhin  Cyprianus  und  Augustinus.  Wie  die  persönliche 
Richtung  des  Herrschers  noch  fortwährend  von  Einfluss  bleibt 
auch  auf  den  Gang  der  Literatur,  so  zerfällt  das  ganze  Jahr- 
hundert in  drei  Abschnitte:  die  Zeit  Hadrians  (J.  117 — 138), 
die  der  Antonine  (J.  138 — 176),  endlich  die  des  Commodus  und 
Septimius  Severus  (J.  176 — 211).     • 


*)  VgL  aach  Hieronym.  ad  a.  2220  «  206  n.  Chr.:  Musanus  nostrae 
philoBophiae  scriptor  agnoscitur. 


712  I^ie  Kaiaerzeit.    Zweites  Jahrhundert. 

1.    Ueber  das   ganze  Jahrhundert  vgl.  M.  Hertz,   Benalssance    und 
Rocoeo  in  der  römischen  Litteratur.    Ein  Vortrag.    Berlin  1866.  50  S. 

1  •    Die  Zeit  des  Hadrianns ,  J.  117—138  n.  Chr. 

323.     P.   Aelius  Hadrianus   (J.  76 — 138)  war  eine  selt- 
same Natur,  in  der  die  entgegengesetztesten  Eigenschaften  bei 
einander  waren.     Abergläubisch  und  skeptisch,   pedantisch  und 
witzig,  grüblerisch  und  ironisch,  unendlich  anregbar  und  mass- 
los eigensinnig,  gesellig  und  argwöhnisch,  gutmütig  und  grau- 
sam, blieb  er  sich  gleich  nur  in  dem  ewigen  Wechsel  der  Stim- 
mungen imd  Launen  und  dem  hohen  Begriffe  von  seinem  eigenen 
Werthe.     Pur  Alles  hatte  er  Interesse,   für  Nichts  Ernst  und 
Ausdauer.     Seine  rastlose  Beweglichkeit  streift  ans  Erankhaite; 
aber  indem  sie  ihn  trieb  das  Reich  zu  durchwandern  wurde  sie 
die  Ursache  vieler  nützlichen  Einrichtungen.     Am   meisten  ge- 
wann imd  litt  die  Literatur  unter  seiner  Vorliebe  und  Grillen- 
haftigkeit.    Doch  reichten  seine  eigenen  Hervorbringungen  auch 
hier  über  das  Dilettantische  nicht  hinaus. 

1.  Spartians  vita  Hadriani.  A.  Haakh  in  Pauly's  Beal-Enc.  III. 
S.  1028 — 1046.  F.  GregoroviuB,  Geschichte  des  röm.  Kaisers  Hadrian  und 
seiner  Zeit,  Königsberg  1861.  282  S.  C.  Peter,  Geschichte  Roms  III,  % 
(Halle  1869)  S.  168—187. 

2.  Hadrianus  war  geboren  am  24  Januar  76  (829)  zu  Rom,  stammte 
aber,  wie  Trajan,  mit  dem  er  verwandt  war,  aus  Italica  in  Spanien.  Con- 
sul  109,  von  Trajan  kurz  vor  seinem  Tode  adoptiert  (August  117).    f  £^3> 
B%ja  am  10  Juli  138. 

3.  Spart.  Hadr.  14,  8  £f. :  fuit  pocmatum  et  litterarum  nimium  (omnianx^ 
studiosissimus ;  arithmeticae ,  geometriae,  picturae  peritissimus.    iam  psat-'^ 
lendi  et  cantandi  scientiam  prae  se  ferebat;  .  .  idem  armorum  pcritissimu^^" 
.  .  idem  severus,  laetus;  comis,  gravis;  lascivus,  cunctator;  tenax,  Ubers^^ 
lis;  Simulator,  verus;  saevus,  Clemens,  et  semper  in  omnibus  varius.  16, 10  f^  ^ 
quamvis  esset  oratione  et  versu  promptissimus  et  in  omnibus  artibus  per^^ 
tissimus ,  tarnen  professores  omnium  artium  semper  ut  doctior  risit,  coiv^ ' — 
tempsit,    obtrivit.     cum  his   ipsis   professoribus  et  philosopbis   libris  y^^ 
canüinibus  invicem  editis  saepe  certavit.     16,   1  ff.:   famae  celebris  tac*^*- 
cupidus  fuit  ut  libros  vitae  suae  scriptos  a  se  libertis  suis  litteratis  ded^^^ 
rit,  iubens  ut  eos  suis  nominibus  publicarent.     nam  et  Phlegontis  lib^^ 
Hadriani  esse  dicuntur.    Catachannas  (vgl.  Fronto  Epist.  p.  35  u.   156  K-? 
hbros  obscurissimos  Antimachum  imitando  scripsit.     .  .  amavit  praeter»^ 
genus  vetustum  dicendi.    .  .  Ciceroni  Catonem,  Vergilio  Ennium,  Sallusti<' 
CaeUum  (oben  132,  4)  praetulit,  eademque  iactatione  de  Homero  ac  Platoa^ 
iudicavit.    mathesin  sie  sdre  sibi  visus  est  ut  etc.    sed  quamvis  esset  in 
reprehendendis  musicis,  tragicis,  comids,  grammatids,  rhetoribuB,*oratoii- 
bus  facilis,  tarnen  omnes  professores  et  honoravit  et  divites  fedt,  licet  e(ß 


>.*.Ci 


323.    Hadrianus.  713 

quaestionibus  semper  agitaverit.  .  .  in  summa  familiaritate  Epictetum  et 
Heliodorum  philoBQphos  ei,  ne  nominatim  de  Omnibus  dicam,  grammaticos, 
rbetores,  musicos,  geometras,  pictores,  astrologos  babuit,  prae  ceteris, 
ut  multi  adserunt,  eminente  Favorino.  doctores  qui  professioni  suae  inba- 
biles  videbantur  ditatos  bonoratosque  a  professione  dimisit.  20,  2  ff.: 
apod  Alexandriam  in  museo  multas  quaestiones  professoribus  proposuit  et 
propositas  ipse  (ipsi  O.  Jabn)  dissolvit.  .  .  fuit  memoriae  ingentis,  facul- 
tatis  immensae.  nam  ipse  et  orationes  dictavit  et  ad  omnia  respondit. 
ioca  eius  plnrima  extant;  nam  fuit  etiam  dicaculus.  Victor  Caess.  14,  1  f. : 
Aelius  Hadrianus  eloquio  togaeque  studiis  accommodatior  .  .  Eomae  .  . 
Graecorum  more  .  .  gymnasia  doctoresque  curare  occoepit,  adeo  quidem 
ut  etiam  ludum  ingenuarum  artium,  quod  Athenaeum  vocant,  constitueret. 
Sparüan.  Hei.  4,  2:  litteratis,  quorum  Hadrianus  speciosa  societate  gau- 
debat. 

4.     Die  LXIX,  3:   ijv  ^Adgiavog  .  .  tpvon  tpiloXoyog  iv  ixccxigqi  t^ 

ylmaa'Qy  xat  riva  xal  ns^a  xal  iv  ineai  noi^inata  Jtavtodana  mataliloi,- 

ney.     ipiloti^Ca,  TS  yccQ  änX'qaxai  ^XQ'h'^o  %a\  %ocxol  xovxo  xoel  xiXhi  navxa 

ucrl  Ttt  ßgaxvxaxa  insxi^dsvev.    Spart.  Hadr.  3,  1:  quaesturam  gessit  .  ., 

in  qua  cum  orationem  imperatoris  in  senatu  agrestius  pronuntians  risus 

esset  usque  ad  summam  peritiam  et  facundiam  Latinis  operam  dedit.   16,  5 : 

controversias  declamavit.     Pbotius  Bibl.  cod.  C  (I.  p.  86  BE.):  'Adgiavoü 

xov  ßaatXioag  (isXixai  didq>OQOi,  sig  x6  ftsxQiov  xov   Xoyov  avrjyfjkivat  xal 

ovx  uTidsig.    Cbaris.  II.  p.  222,  21  ö.  K.:  divus  Hadrianus  orationum  XII: 

*  Vobis,  p.   c,  peto  etc.    Gell.  XVI,  13,  4:  divus  Hadrianus  in  oratione 

9uam  de  ItaUcensibus  .  .  in  senatu  babuit.    Inscbriftlicb  erbalten  ist  seine 

^mbrede  auf  seine  Schwiegermutter,  die  ältere  Matidia;  s.  Tb.  Mommsen, 

4i)liandl.  d.  Berl.  Akad.  1863,  S.  483  ff.     Grammatische  Erörterungen  im 

Zeitgeschmäcke  in  seinen  sermones;  s.  Cbaris.  II.  p.  209,  12  ff.:  Obiter  divus 

r'^^i^rfanus  sermonum  I  quaerit  an  latinum  sit,  quamquam  (inquit)  apud 

.^^^riom  haec  vox  esse  dicatur.    Zusammenstellung  von  Anekdoten  (münd- 

^icii^jj    und   schriftlichen  Aeusserungen   des  Hadr.)   bei   Dositbeus,  Q^bIov 

^^^vov  dnogxxaeig  yictl  imaxoXai,    D.  Adriani  sentontiae  et  epistolae  ed. 

^^*<ia8t,  Genf  1601;  in  Scbulting's  iurisprud.  anteiustin.    (Lugd.  1717.  4.) 

^  ^05  ff.,  und  bei  Fabricius  Bibliotb.  graeca  XII.   (Hamburg  1740)  p.  516 

^*^.     Die  von  Hadr.  ausgegangenen  Rescripte  gesammelt  bei  Hänel,  Cor- 

^^^     ^e^m  p.  88—101. 

.  Ö.    Spart.  Hadr.  14,  7  ff. :  oracula  .  .  quae  Hadrianus  ipse  composuisse 

,.  ^^-^Ur.    .  .  de  suis  dilectis  multa  versibus  composuit.    Apulej.  apol.  11: 

TA^^    Hadrianus ,  cum  Voconi  amici  sui  poetae  tumulum  versibus  munera- 

,.    r^^i    ita  scripsit:  Lascivus   versu,  mente  pudicus  eras.     .  .  ipsius  etiam 

^Qadriani  multa  id  genus  legere  me  memini.     Spart.  Hadr.  25,  9f: 

^[^Qtu  hos  versus  fecisse  dicitur:   Animula  etc.    tales  autem  nee  multo 

^o^es  fedt  et  graecos.    Sechs  trockene  Epigramme  unter  jseinem  Namen 

^^^i  davon  auch  unter  dem  des  Germanicus  Caesar)  in  Bruncks  Analecta 

*  1^.  286  =  II.  p.  260  Jacobs.    Aeli  Hadriani  epitaphium  Sorani  Batavi 
^^P^  Borystbenis  equi  in  Meyers  anthol.  lat.  Nr.  209  u.  211;  metrische  Ver- 

^^ckuBse  der  Amazonen,  in  den  Hdss.  theil weise  ihm  zugeschrieben,  s.  in 
^^^Be'g  Anthol.  lat.  I,  1.  p.  257  f.    Anderes  s.  oben  318,  7. 


714  I^i^  Kaiserzeit.    Zweites  Jahrhundert. 

324.     Die  bedeutendste  Erscheinung  in   der  Literatur   der 
Zeit  ist  C.  Suetonius  Tranquillus  (etwa  75 — 160  n.  Chr.), 
schon  unter  Trajan  als  Sachwalter  und  Schriftsteller  wirksam, 
unter  Hadrian   eine  Zeit  lang  Geheimsecretär,    dann  aber  seine 
Müsse  mit  encyclopädischer  literarischer  Thätigkeit  in  der  Weise 
des  Varro  ausfüllend,  hauptsächlich  auf  den  Gebieten  der  Cultur- 
und   Literatur -Geschichte,  aber  so  dass  das  Sprachliche  dabei 
immer  mit  berücksichtigt  war.    Das  Nationale,  Römische  wird  in 
erster  Reihe  bedacht,   doch  ohne  Einseitigkeit;   ein  Theil  der 
Schriften  war  sogar,  wie  es  scheint,  in  griechischer  Sprache  ver- 
fasst.     Philosophisches  erscheint  nur  in  der  modischen  Form  des 
Naturwissenschaftlichen,  in  dieser  aber  mit  desto  stärkerer  Ver- 
tretung.  Die  Richtung  auf  das  Individuum,  seine  Besonderheiten, 
Erlebnisse  und  Bethätigungen,  tritt  schon  hier  überall  herror. 
Noch  mehr  aber  in  den  viri  illustres,  von  denen  wir  noch  nam- 
hafte üeberreste  besitzen,  und  in  den  Biographien  der    zwölf 
Kaiser  von  Caesar  bis  Domitian,   welche  uns   fadt  vollständig 
erhalten  sind.     Das  Werk  theilt  zwar  die  Gleichgültigkeit  aller 
rhetorischen  Arbeiten  gegen  das  Chronologische,  ist  über  Kriegs- 
vorgänge  und   politische  Verhältnisse    allzu    schweigsam,   auch 
etwas  einförmig  angelegt;    aber  es  ist  aus   guten   Quellen  mit 
treuem  Fleisse  und  verstiindigem  Urteil  geschöpft  und  bietet  uns 
reichen   Stoff  in    gedrängter   Darstellung   und    einfacher  sach- 
gemässer  Sprache. 

1.  Suet.  Domitian.  12:  interfuissc  mo  adulescentulum  memini  (in 
Rom]  cum  a  procuratorc  .  .  inspiceretur  uonagenarius  senex  an  circum- 
sectus  esset.  Gramm.  4:  me  adiilescentulo  repeto  quendam  Prindpem 
nomine  declamare  etc.  (oben  308,  2).  Ner.  57:  cum  post  viginti  annos 
(nach  Nero's  Tod  oder  Vologaesus'  erster  Sendung,  also  nach  J.  88  und 
vor  91,  wo  Vologaesus  starb),  adulescento  me,  extitisset  (ein  falscher 
Nero)  etc.  Jedenfalls  fiel  also  Sueton's  adulescentia  unter  Domitian,  seine 
Geburt  also  etwa  76  n.  Chr.  Aus  der  Zeit  Trajans  Nachrichten  über  Sue- 
ton  in  Plin.  Epp.,  nämlich  I,  18  (Verschiebung  einer  actio  des  Suet.  wegen 
eines  beängstigenden  Traumes).  24  (Fürsprache  für  Tranqiüllas,  contuber- 
ualis  mens  und  scholasticus,  in  Bezug  auf  den  Kauf  eines  agellus).  III,  ^ 
(Suet.  bittet  ut  tribnnatum,  quem  a  Neratio  Marcello  —  also  etwa  J.  100- 
impetravi  tibi,  in  .  .  propinquum  tuum  transferrem).  V,  10  (Aufforderung 
au  Suet.,  etwa  vom  J.  105,  seine  scripta  oder  volumina  endlich  herausau- 
geben).  IX,  34  (Frage  über  eigene  Recitationen  des  Fl.),  ad  TraL  94 
(Suetonium  Tranquillum,  probissimum,  honestissimum,  crnditiBsimum  viram, 
.  .  in  contubernium  adsumpsi  tantoque  magis  diligere  coepi  quanto  hone 
propius  inspexi.  Für  ihn  wird  wegen  seines  infelix  matrimonium  das  ios 
trium  Uberorum  erbeten,  ums  J.  112)  und  95  (Gewährung  dieser  Bitte). 
Spartian.  Hadrian.   12,  3:  Septicio  Clara  praef.  praet.  (J.  119—121)  et 


324.     Siictouius.  715 

Saetonio  Tranqoülo  epistularum  magistro  mulidsque  aliis ,  quod  apud  Sabi- 
iiam  uxorem  iuiussa  suo  familiariue  se  tunc  (während  Hadrians  Abwesen- 
heit) egerant  quam  reverentia  domus  auUcae  postlabat,  successoreB  dedit. 
Vgl.  Säet.  Aug.  7:  quae  (imago  Augusti)  dono  a  me  principi  (dem  Uadr.) 
data  inter  cubiculi  lares  colitur.  Seitdem  scheiut  Suet.  sich  ausschliesslich 
schriftstellerischer  Thätigkeit  gewidmet  zu  haben.  Noch  Fronte  Epist. 
p.  1 18  f.  N. :  succidaneum  sibi  Tranquillum  nostrum  paravit  etc.  .  .  invenit 
me  Tranquillus  etc.  .  .  TranquiUi  industriae  etc.  vgl.  ib.  p.  182  N.  (inter- 
natiam  .  .  Suetonius  Tranquillus  spinam  sacram  appellat,  wonach  Suet. 
damals  todt  war). 

2.  Suidas  II.  p.  1190  f.  Bemh. :  TgccynvXXog  6  Sovritmviogy  igrueaticag 
(vgl.  Plin.  Ep.  I,  18)  ypttfiftaTixog  gmiiaCog,  iyQCCilfS  nsgl  tmv  nccg* '^EXlrjai 
naidimv  ßißXiov  a  (s.  A.  4),  nsgl  zcöv  nocga  ^Pmfiaioig  d'scogimv  ical  dycivcav 
ßtßlia  (J*  (S.  T.  in  Hbro  ludicrae  historiae  primo.  Gell.  IX,  7,  3;  vgl.  A.  4), 
nsgl  xov  nata  'Pcofiaiovg  iviavvov  ßißXCov  a  (s.  A.  3),  nsgl  tmv  iv  totg 
ßißXioig  arjfiSLcav  a  (Reifferscheid  p.  419  f.),  nsgl  trig  Kmigtovog  noXittiag  a\ 
avxiXiyn  d\  tm  Jidviim,  nsgl  ovofidtav  nvg^cov,  %ccl  idiag  iad'rificcTmv  xal 
vnodrjiicctoDP  xal  tmv  äXXatv  otg  rtff  (Xfiq)iivvvzca  (Suetonius  in  libro  de 
genere  vestium,  Serv.  Aen.  VII,  612  vgl.  A.  3),  nsgl  dvaq)i^ii(ov  Xs^scav  tJtoi 
ßXaatpjjfiicav  %al  no&sv  sttaazi]  (Auszüge  daraus  in  griech.  Sprache  bei  E. 
Miller,  Mdlanges  p.  413 — 426:  SovrixCvov  TgoyxvXov  nsgl  etc.  vgl.  ib. 
p.  389 — 394),  nsgl  *P(6fifjg  nal  tdiv  iv  avzij  vofJL^fimv  xttl  i^&av  ßißXta  ß' 
(s.  A.  3),  avyysvmoVf  Kaiadgatv  iß'  —  nsgis%si  dl  ßiovg  xata  Siadoiccg 
uvx&v  dno  'lovXCov  s(og  do(isziavov  —  ßtßXia  rj\  atififia  (?  vgl.  Reiffer- 
scheid p.  370)  'P(ofi>ai(ov  dvdgmp  iniai^iKo»  (de  illustribus  viris).  Ausserdem 
TgdyxvXXog  iv  rot  nsgl  inia^yLcav  nogvmv  (Lyd.  de  magistr.  III,  64),  S.  Tr. 
in  libro  de  vitiis  corporahbus  (Serv.  Ae.  VII,  627;  s.  A.  3),  Suetonius  in 
libro  qui  est  de  institutione  officiorum  (über  die  Hof  -  und  Staatsämter  und 
deren  Geschichte,  Reifierscheid  p.  346  —  349  vgl.  p.  466  f.),  tres  Suetonü 
libri  quos  de  regibus  dedit  (Auson.  Epist.  19,  vgl.  A.  4),  Suet.  Tr.  de  rebus 
variis  (Charis.  II.  p.  236,  17  aus  lulius  Romanus);  endlich  Prata  in  minde- 
stens zehn  Büchern  (s.  A.  3).  Vgl.  J.  Regent,  de  C.  Suetonü  vita  et 
scriptis,  Breslau  (1856)  63  pp.  Zusammenstellung  der  Uebcrrcste  der  de- 
perditi  libri  in  Roth's  Ausgabe  p.  275—306,  sowie  besonders  in  S.  Tr. 
praeter  Caesarum  libros  reliquiae .  ed.  A.  Reifferscheid,  Lips.  (Teubner) 
1860.  XX  mid  p.  1—360,  nebst  den  Quaest.  Sueton.  ib.  p.  361 — 478. 

3.  Durch  Reifferscheidß  Quaest.  Suet.  (bes.  c.  II  u.  III,  p.  426  ff.)  ist 
theils  erwiesen  theils  wahrscheinlich  gemacht  dass  von  den  bei  Suidas  auf- 
geführten Einzeltiteln  mehrere  vielmehr  Theile  grösserer  Werke  waren. 
So  scheinen  die  Prata  in  den  ersten  acht  Büchern  specifisch  Römisches 
abgehandelt  zu  haben  (also  wohl  =  nsgl  'Poofirjg  bei  Suidas),  meist  wohl 
nach  Varro,  und  zwar  so  dass  Sach-  und  Spracherkläruug  neben  einander 
hergiengen ,  mit  Belegen  aus  älteren  Schriftstellern.  Die  Schrift  nsgl  ovo 
lidvmv  %vg((ov  kann  daher  wohl  ein  Theil  davon  gewesen  sein,  so¥de  die 
de  genere  vestium  u.  s.  w.  B.  4  scheint  die  leges  behandelt  zu  haben, 
B.  5  die  mores,  =  nsgl  tmv  iv  *Ptiiiu  voiiipuov  nccl  i^d^mv.  Buch  8  erörterte 
die  römische  Zeitrechnung,  die  feriae,  dies  fasti  u.  dgL,  ist  also  wohl  iden- 
tisch mit  der  Schrift  nsgl  zov  x.  'P.  iviavzov.    Die  weiteren  Bücher  waren 


r;   "-S. 


716  Die  Kaiserzeit.    Zweites  Jahrhundert. 

naturwisseDBchaftlichen  Inhalts,   mit  Vorliebe   auf  Curiositäien   gerichtet, 
die  seit  Seztius  in  Born  einheimische  Parallelisierung  des  Physischen  und 
Ethischen  verfolgend  (das  Individuum  ein  Mikrokosmos),  und  gleichfalls 
das  Sprachliche  genau  berücksichtigend.    Buch  9  hatte  vielleicht  den  Titel 
de  mundo  und  erörterte  Winde  und  Wetter ,  Meere  und  Küsten ,  mit  deren 
eigentlichen  Benennungen;  B.  10  wohl  de  animantium  naturis.     Möglich 
dass  in  einem  elften  Buche  die  Botanik ,  in  einem  zwölften  die  Mineralogie 
abgehandelt  war.    Dieses  Werk  wurde  von  den  Späteren  stark  auagebeutet, 
wie  von  Schol.  Germanic.  (oben  259,  8),  Ambrosius,  Servius  und  ganz  be- 
sonders von  Isidorus,    durch   dessen  Vermittlung   namentlich   die  nator- 
historischen  Theile  im  Mittelalter  grossen  Einfluss  übten.    Aber  auch  die 
grammatischen  Bestandtheile ,  besonders  die  über  Synonymik ,  wurden  viel- 
fach ausgezogen  und  anderweitig  verwendet.    Vielleicht  gehen  theilweise 
hierauf  zurück  die  aus  einem  Montpellierschen  Codex  von  d*OrviUe  ver- 
öffentlichten Differentiae  sermonum  (Remmi  Palaemonis  ex  libro  Suetoni 
Tranquilli  qui  inscribitur  Pratum) ,  abgedruckt  im  Sueton  von  Both  p.  306 
—320  (vgl.  ib.  p.  XCV— C)  und  von  Reifferscheid  p.  274—296  (vgl.  ib.  p.  450 
—452).    Vgl.  oben  266,  3  E.    Der  erste  Theil  behandelt,  in  der  Weise  der 
spätem  Grammatiker,  die  Synonymik   zusammen  mit   der  Orthographie, 
die  zweite  Hälfte  aber  ist  alphabetisch  angelegt  (I  bis  V)  und  enthält  ein 
Citat  aus  Nigidius  Figulus,  daher  diese  eher  einen  suetonischen  Kern  haben 
könnte. 

4.  Die  drei  Bücher  de  regibus  scheinen  den  Stoff  nach  den  drei  Erd- 
theilen  (Europa,  Asien,  Afrika)  behandelt  zu  haben  und  von  Africanos  in 
seiner  Chronik   benutzt  zu  sein.     Dass   darin  (wie  in  der  Pornographie,       I 
Reifferscheid  p.  466  f.)  die  Gestalten  der  ältesten  Zeit  fast  euhemerisiisch 
verflacht  waren  machte  sie  für  tendenziöse  Ausbeutung  geschickt.   Reiffer- 
scheid p.  458—461.    Auch  fClhren  manche  Spuren  auf  die  Annahme  einer 
suetonischen  Geschichte  der  Bürgerkriege  zwischen  Pompe  jus  und  Caesar, 
Antonius  und  Octavian,  welche  Cassius  Dio  und  Uieronymus  benutet  hat- 
ten (Reifferscheid  p.  469—472).    Die  ludicra  historia  (Reifferscheid  p.  46  X 
—465]  umfasste  vielleicht  4  Bücher:  nofl  xaiv  nag'  ""EXXfjai  naidiäv  ic(e2> 
ay(ov(ov  ßißXla  ß'  und   negi   zmv  naga  *P(oiiatoig  naidiäv  xal  ^sagiör^^ 
ßtßUa  ß\     Die  üeberreste  bei  Reifferscheid  p.  322—831;  332—346;  zum- 
erstem  Theile  s.  auch  E.  MiUer,  Mälanges  de  litt,  grecque  (Paris  1863  > 
p.  435  f.  vgl.  p.  395  f.;  zum  zweiten  Theil  der  liber  de  puerorum  lusibc»^ 
bei  Serv.  Ae.  V,  602. 

5.  Dass  Sueton  auch  in  griechischer  Sprache  geschrieben  habe  be^ 
hauptet  Roth,  bestreitet  Reifferscheid  (p.  455.  462).    Der  die  griechisebeti 
Spiele  behandelnde  Theil   der  historia  ludicra  konnte  allerdings  ehenßO 
leicht  von  Späteren  ins  Griechische  übersetzt  aLs  ursprünglich  griechisch 
verfasst  sein;  aber  die  von  E.  Miller  herausgegebenen  üeberreste  der  Schrif* 
Tctgl  dvcq)iifjL(ov  Xi^smv  sind  nach  Inhalt  und  Anlage  so  speciflsch  griechisch 
dass  sie  die  Annahme  bioser  Uebersetzung  ins  Griechische  ausschliessen.    ^ 
Wir  werden  daher  in  dieser  Doppelseitigkeit  ein  Symptom  der  Zunahme 
des  Kosmopolitismus   und  des  Uebergewichts   der  hellenischen  Literatur 
erkennen  müssen,  das  sich  bald  häufiger  zeigt;  s.  oben  S.  710.    Die  Er- 
weiterung des  Gesichtskreises  war  aber  nur  quantitativ ;  an  Tiefe  hat  ^9 


324.    SuetoniuB.  717 

BetrachtuDg  gegenüber  von  Yarro  nicht  gewonnen;  Dafür  bewahrte  den 
Suetou  seine  rationalistische  Nüchternheit  vor  den  Verirr ungen  der  Alter- 
thümler  seiner  Zeit  (Reifferscheid  p.  422  f.  449) ;  er  bekennt  sich  zu  der 
ciceronischen  Richtung  und  tritt  für  Cicero  selbst  gegen  Verkleinerer  ein 
(A.  2).  Die  Frontonianer  suchten  daher  den  Sueton  in  den  Schatten  zu 
drängen  (ReifiPerscheid  p.  473  f.) *  aber  ohne  Erfolg;  vom  dritten  Jahrh.  an 
tritt   er   als  Wissensquelle   sogar  immer  mehr  an   die  Stelle  des   Varro. 

6.  Suetons  Sprache  erstrebt  vor  Allem  Einfachheit ,  Klarheit  und  Kürze 
(Vopisc.  Firm.  1,  2:  Suetonio  .  .  familiäre  fuit  amare  brevitatem);  der  eigent- 
lichste Ausdruck  ist  ihm  der  liebste,  selbst  wenn  er  unsauber  wäre ,  und  er 
gebraucht    daher   auch   ungewöhnlich   viele   griechische   Wörter   (Thimm 
p.  27 — 35).    Das  Streben  nach  Kürze  hat  manche  harte  Auslassungen  ver- 
anlasst,   sowie    die   zahllosen  Participialconstructionen ,   verh'dltnissmässig 
noch   häufiger  als   bei  Livius  und  ohne  dessen  Kunst  (Thimm  p.  90  ff.). 
Doch  konnte  auch  Sueton  dem  Einflüsse  seiner  Zeit  sich  nicht  ganz  ent- 
ziehen; er  verräth  sich  in  manchen  Gräcismen  (Thimm  p.  36  f.),  poetischen 
Wendungen  (ib.  p.  61  ff.)  und  Constructionen,  besonders  dem  freien  Ge- 
brauche des  Ablativ  (p.  74  ff.),  Conjunctiv  (p.  80  ff.)  und  Infinitiv  (p.  85  ff.), 
sowie  in  dem  Bemühen  nach  Abwechselung  im  Ausdrucke.    H.  R.  Thimm, 
de  U8U  atque  elocutione  C.  Suetonii  Tranquilli,  Königsberg  (1867)  98  pp. 

7.    Von  den  Schriften  Suetons  sind  nur  erhalten  ein  Theil  der  viri 

illustres  und  die  Kaiserbiographien.     Das  Werk   de   viris   illustribus 

l^ändelte  höchst  wahrscheinlich  de  poetis,  oratoribus,  historicis,  philosophis, 

£Tammaticis   et   rhetoribus,   unter  Beschränkung   also   auf  die  Literatur, 

8owie  auf  die  römische  Welt.  Nach  Voranschickung  eines  Verzeichnisses  der 

abgehandelten  Männer  wurde  die  ältere  Geschichte  des  betr.  Faches  kurz 

^gestellt  und  dann  die  Hauptvertreter  desselben  in  chronologischer  Ord- 

^UQg  besprochen.    Die  Reihe  der  Redner  begann  Sueton,  wie  es  scheint, 

ßfsfc  mit  Cicero,  wie  die  der  Geschichtschreiber  mit  Sallust;  die  früheren, 

Welche  nach  Suetons  Ansicht  nur  historisches  Interesse  hatten,  werden  in 

"®5  Einleitung  berührt  worden  sein.    Juvenalis ,  Tacitus  und  der  jüngere 

"uQiuB  waren  in  dem  Werke  nicht  mitbehandelt,  vielmehr  schloss  es  (wie 

^  CJaesares)  mit  der  Zeit  des  Domitianus.    Quellen  waren  besonders  Varro 

^ö*     die  Bcriptores  de  viris  ill.  (s.  oben  244,  1),  sowie  wohl  Asconius  und 

'öÄeetella.    Von  den  früheren  Theilen  des  Werkes  besitzen  wir  die  Aus- 

p?o  welche  Diomedes  (Reifferscheid  p.  370 — 379)  und  Hieronymus  (in  seiner 

^t^iuischen  Bearbeitung  der  Chronik  des  Eusebios)  daraus  gemacht  haben, 

^^terer  unter  Einreihung  derselben  in  bestimmte  Jahre,  wobei  er  oft  mit 

^^^Ber  Willkür  verfuhr  (Ritschi,  Parerga  S.  609  ff.  Reifferscheid^s  Suet. 

P\  ^^6.  380—387) ;  ferner  aus  dem  Buche  de  poetis  durch  Handss.  der  betr. 

^^hter  vitae  des  Terenz,  Uoraz,  und  theilweise  des  Lucanus  (Vorgilius 

ud   Persius);  aus  dem  de  historicis  Reste  einer  vita  des  älteren  Plinius. 

^^ich  ist  von  dem  wohl  letzten  Abschnitt,  de  grammaticis  et  rhetoribus, 

sicher  das  Interesse  der  Grammatiker  besonders  erregte  und  daher  schon 

^^e  selbständig ' vervielfältigt  wurde,  der  index  (welcher  theilweise  die 

^otnamen  ergänzt)  und   der  grössere  Theil   (25  von  36)  erhalten   durch 

'Abschriften  derselben  Handschrift  (des  Henoch)  welche  auch  den  dialogus 

^d  die  Germania  des  Tacitus  enthielt;  s.  oben  316,  1,  A.  4.    Im  Allge- 


718  Die  Kaiserzeit.    Zweites  Jahrhundert. 

meinen  s.  Reifferscheid  p.  363— -425  (de  poetis  p.  370—405).  H.  Ddrgens, 
über  Suetons  Werk  de  yiris  ill.,  Leipzig  s.  a.  (1857).  Suet.  de  gramm.  et 
rheti  libelli  .  .  reo.  et  adn.  crit.  instr.  F.  Osann,  Giessen  1854.  H.  Dörgene, 
Suetons  Lebensbeschr.  berühmter  Männer  in  4  Büchern;  wiederhergestell- 
ter lat.  Text  mit  Uebersetzungen  und  Erläuterimgen ,  Leipzig  1863.  Vgl. 
noch  Th.  Mommsen,  Philologua  L  S.  180  ff.  und  unten  407,  8. 

8.    Hauptwerk  de  yita  Caesarumf  gewidmet  dem  praef.  praet  C. 
Septicius  Claras  (Lyd.  de  magistr.  II,  6),  welcher  J.  119—121  dieses  Amt 
bekleidete,  somit  verfasst  J.  120.    Eintheilung  in  acht  Bücher,  so  dass  die 
6  ersten  Kaiser' (Caesar  bis  Nero)  je  ein  Buch  bilden,  die  drei  des  J.  69 
das  siebente,  die  drei  Flavier  das  achte.  Der  Anfang  des  Caesar  fehlt;  Ljdns 
scheint  ihn  noch  gehabt  zu  haben.    Der  Stoff  ist  aus  guten  Quelleo  mit 
Sorgfalt  und  Urteil  zusammengetragen;  VeUejus,  Josephus  und  Plutarcb 
sind  nicht  benutzt;  auch  Tacitus  ist  selten  berücksichtigt,  und  genannt  so 
wenig  als  Plinius  (oben  295,  5)  und  Cluvius  Ruius  (oben  296,  2).    De  Sue- 
tonii  fontibus  et  auctoritate  Abhandlungen  von  P.  C.  L.  Schweiger  (Got- 
ting.  1830.  4.)  und  A.  Krause  (Berlin   1831.  86  pp.).     Lehmann,  Claudios 
S.  39  ff.     Oct.  Clason,  Plut.  u.  Tac.  (Berlin  1870)  S.  70—73.     Das  Werk 
ist  ein  biographisches,  kein  eigentlich  historisches,  konnte  sich  daher  den 
UmbUck  auf  gleichzeitige  Begebenheiten  und  pragmatische  Anlage  erlassen, 
nicht  aber,  wie  es  doch  that,  zusammenfassende  Charakteristik  der  Ge- 
schilderten.    Aber  psychologische  Feinheit  geht  dem  Verfasser  völlig  ab. 
Zahlen  sind  selten,  ebenso  Unterscheidung  der  Zeiten  und  Beweise  toi^ 
politischer  Einsicht.    Ebenso  wenig  ist  es  ein  Kunstwerk.    Die  Anlage  i^^ 
gleichförmig:  die  Vorgeschichte  eines  Kaisers  nach  der  Zeitordnung,  di^ 
Eegierungsthätigkeit  nach  bestimmten  Rubriken  (Fehler   und  Tugenden» -• 
Lebensweise,  Person  u.  s.  w.)  geordnet,  zuletzt  Tod  und  dessen  Vorzeiche«*-» 
Bestattung,  Nadhgeschichte.    Im  Beibringen  von  Thatsachen,  auch  kleii*" 
liehen  und  schmutzigen ,  ist  Suet.  unermüdlich ,  und  gewiss  hat  er  niemiwl^ 
wissentlich  die  Wahrheit   verletzt   oder   vorenthalten.     Sein    persönKch^?^ 
Urteil  spricht  er  selten  aus;  aber  es  fehlt  ihm  darum  nicht  an  sittliche^*" 
Ernst  (vgl.  z.  B.  Tib.  42  ff.  49) ,   und  Commodus  wusste  wohl  warum  ^^ 
eum  qui  Tranquilli  librum  vitam  Caligulae  continentem  legerat  feris  obic*-* 
iussit  (Lamprid.  Comm.  10).    Dass  Sueton  nicht  schmeicheln  mochte  zei^* 
sein  Abschliessen  mit  Domitian.     Vgl.  C.  L.  Roths  praef.  p.  IX — ^XVI. 

9.  Die  Handschriften  haben  am  Anfang  alle  dieselbe  Lück^ 
stammen  somit  alle  von  derselben  Urhandschrilt  ab,  die  selbst  schau 
fehlerhaft  und  auch  nicht  von  Interpolationen  frei  war.  Seit  Karl  K- 
wurde  dieses  eine  Exemplar  vervielfältigt.  Die  älteste  und  weitaus  bes^ 
Hds.  ist  der  Memmianus  (nach  seinem  frühesten  bekannten  Besitzer  de 
Mesmes)  aus  Ende  saec.  IX,  jetzt  in  Paris  (Nr.  6115).  Ihm  kommt  äw 
nächsten  der  Vaticanus  Lipsii  saec.  XI  oder  XII  (G.  Becker  in  der  Syo* 
bola  philolog.  Bonn.  S.  687  ff.),  sowie  der  Mediceus  tertius  saec.  XL  An-  W^ 
dere  Classen  sind  vertreten  durch  Mediceus  I  und  Paris.  6116;  die  zahlreicbeB  m^i : 
aus  saec.  XV  sind  ohne  Werth.  Roth  praefatio  p.  XVII  f.  XX-XXXÜ«  M^ 
Ueber  Excerpte  in  Miscellanhdss.  ib.  p.  XXXII-XXXIV.  I*^ 

10.  Ed.  princ.  gleichzeitig  drei,  zwei  Rom  1470,   eine  Venet  U?'«   »ij^j 
Die  wichtigsten  späteren  Ausgaben  sind  die  von  Phil.  Beroaldns  (BologM   li^ 


324  f.    Suetonius.    Plorus.  719 

1493.  1506),  Des.  Erasmus  (1518),  Rob.  Stephanos  (Paris  1543),  Is.  Causa- 
bonufl  (Genf  1595.  4.  Paris  1610.  fol.),  J.  G.  Grävius  (Utrecht  1672.  1691. 
1703.  4.),  S.  Pitiscus  (Utrecht  1690.  Leovard.  1714.  2  Voll.),  P.  Bunnann 
(Amstelod.  ^736.  4.  2  Voll.),  J.  A.  Ernesti  (Lips.  1748.  1775;  recogn.  F.  A. 
Wolf,  Lips.  1802.  4  Voll),  Fr.  üudendorp  (Lugd.  Bat.  1751),  J.  H.  Brerai 
(erläutert,  Zürich  1800.  1820),  C.  G.  Baumgarten- Cr usius  (Lips.  1816,  3  Voll.), 
C.  B.  Hase  (Paris  1828.  2  Voll),  und  besonders  rec.  C.  L.  Roth,  Lips.  Teub- 
ner  1868. 

11.  Beiträge  zur  Kritik  und  Erklärung  von  D.  Ruhnken  (scholia  ed. 

J.  Qeel,  Lugd.  B.  1828),  H.  E.  Dirksen  (Berlin  1850.  4.),  G.  Becker  (Quae- 

stiones  criticae  de  Suet.  Caess.,  Königsberg  1862.  4.;  in  Pleckeisens  Jahrbb. 

87,  S.  193  ff.    89,  S.  839  ff.  und  Symbola  philol.    Bonn.   S.  687  —  694),   R. 

ünger  (Suetoniana,  Friedland  1864.  4.)  u.  A. 

12.  Uebersetzungen  der  Kaiserbiographien  z.  B.  von*  K.  Andree  und 
H.  Reichardt  (Stuttgart,  Metzler,  5  Bdchn)  und  von  A.  Stahr  (Stuttgart,  Hoff- 
inaim  1857,  2  Bdchn).    Leben  Caesars  von  H.  Dörgens,  Leipzig  1864. 

325«    Einen  Abriss  der  römischen  Geschichte  bis  auf  August, 

ßelJorum  omnium  annorum   DCC    libri    duo,    verfasste  lulius 

Plorus,  hauptsächlich  nach  Livius,   aber  lediglich  aus  rhetori- 

^hen  Gesichtspunkten,  nicht  ohne  Geist,   doch  mit  wenig  Ge- 

^imack  und  viel  Phrasen,  sowie  mit  zahlreichen  wissentlichen 

^d  imabsichtlichen  Entstellungen  der  geschichtlichen  Wahrheit. 

1.    Titel  im  cod.  Bamberg. :  Juli  Flori  epitomae  de  T.  Livio  bellorum 
^öiait^jin  annorum  DCC  libri  duo.    Vgl.  Malalas  p.  211   Bonn.:    nad'tog  6 
oq^osxKTOff  ^IcÖQog  vnsfAvrjfidziasv  sk   t6}p  Atßiov  avyyQapLfidtcDV.     Livius 
ist  ot%  wörtlich  abgeschrieben,  namentlich  bei  rhetorischen   Wendungen; 
»octx      bildet  er  keineswegs  die  einzige  Quelle  des  Auszugs;  s.  ü.  Köhler, 
qua    :^^i^  Liv.  ann.  (1860)  p.  23—25.  27—29.    Namentlich  Lucanus  ist  gleich- 
falls   Vienutzt,  0.  .Jahn  p.  XLVII  f.    Meinert,  Wiener  Jahrbb.  XXVIII.  S.  186 
—  1^1.    Ebenso  Caesar  und*  Sallust  (Heyn  p.  36  —  53).     Zweck  und  Inhalt 
i»t  öixi  Panegyrikus  auf  das  römische  Volk.    Praef.  3:  in  brevi  quasi  tabella 
^7^^^^   eius  imaginem  amplectar,   non  nihil,    ut  spero,   ad  admirationem 
pnuoipig  populi  coUaturus  si  pariter  atque  insemel  universam  magnitudiuem 
eiuB    ostendero.    Er  wollte  non  tam  narrare  bella  romana  quam  romanum 
^^P^Tnum  laudare  (Augustin.  civ.  dei  III,  19).    Er  wählt  daher  immer  die 
deia    i^mischen  Volke  günstigste  Darstellung,  wo  er  sie  finden  mag.   Heyn 
P*  ^^ — 19.    Neben  diesen  tendenziösen  Entstellungen  errorum  nullum  fingi 
potö^t  genus  cuiu  snon  luculent  aexempla  unaquaeque  libri  eius  pagina  suppe- 
<litet,  ü.  Köhler  p.  26,  mit  den  Beispielen  von  Missverständnissen,  Verwech- 
*®^^gen,  Widersprüchen,  chronologischen  und  geographischen  Fehlem  u.s.w. 
i^.  p.  27  vgl.  0.  Jahn  p.  XXXIV.  XL  VI  f.  Spengel  S.  340-342.   Heyn  p.  3-9. 
^^--"-Sö.    Die  Anlage  ist  in  der  Hauptsache  nach  der  Zeitfolge ,  erstrebt  aber 
^^eben  eine  gewisse  Sachordnung,  wie  in  den  Rubriken  de  seditionibus 
l       '^  17  vgl.  II,  2—5),  res  in  Hispania  gestae  (I,  33).    Zu  Grunde  gelegt  ist 
I       ,  ^  Eintheilung  (vgl.  oben  253,  3)  nach  Altersstufen  (infantia,  adolescentia, 
f       ^^Ventus,  senectus),  indem  der  Verf.  populum  rom.  quasi   unum  hominem 


»^^'"■^ftCSWW 


720  I^iö  Kaiserzeit.    Zweites  Jahrhnndert. 

cousiderat  (praef.  4).    Jahn  p.  XXXVIII  f.    Spengel  S.  34*^  f.     Nach  ein^ 
Uebersicht  der  Königazeit  (I,  1)  folgt  (I,  2)  eine  rhetorische  anacephalaeo- 
Bis  darüber,  wie  aach  am  Schiasse  des  ersten  Buchs  eine  worin  über  den  fort- 
schreitenden Sittenverfall  rhetorische  Klage  geführt  ist.    Das  letzte  behan- 
delte bellum  ist  (II,  33)  b.  cantabricum  et  asturicum,  worauf  (II,  34)  pax 
Parthorum  et  consecratio  Augusti.     Das   erste  Buch  behandelt   die  gute 
Zeit  des  röm.  Volks,  das  zweite  seinen  Verfall  (seit  den  Gracchen).   Morali- 
siert wird  viel  (Spengel  S.  328 — ^331).  Probe  des  politischen  Standpuncts  II,  1: 
seditionum  omnium  causas  tribunicia  potestas  excitavit,  quae  specie  quidem 
plebis  tuendae,  .  .  re  autem  dominatiouem  sibi  adquirens,  Studium  populi . . 
aucupabatur.    Beispiele  lächerlicher  Ausmalungen  bei  Spengel  8.  337—339. 

2.  Zur  Abfassungszeit  vgl.  praef.  8:  a  Caesare  Augusto  in  saeculom 
nostrum  haut  multo  minus  anni  ducenti ,  quibus  inertia  Caesarum  qoad 
cousenuit  atque  decoxit,  nisi  quod  sub  Traiano  principe  movit  lacertos  et 
praeter  spem  omnium  senectus  imperii  quasi  reddita  iuventute  reTiroü 
F.  N.  Titze  (De  epitomes  .  .  quae  .  .  Flori  .  .  fertur  aetate  probabilis- 
sima  etc.  Linz  1804,  und  in  seiner  Ausg.,  Prag  1819)  setzte  den  FL  unter 
August  und  erklärte  die  hiemit  nicht  vereinbaren  Stelleu  für  unecht; 
8.  dagegen  Meinert  in  den  Wiener  Jahrbb.  XXVIII  (1824)  S.  169—201. 
GoBsrau ,  de  Flori  qua  vixerit  aetate ,  Quedlinburg  1837.  4.  (unter  Tr^'an). 

3.  0.  Jahn  p.  XL VII:  totus  sermo  declamatorem  arguit  et  cuinsns 
generis  artificiis,  figuris,  sententiis  male  acuminatis  ita  refertus  est  at 
pauper  scriptoris  ingeuium  et  iudicium  male  fdrmatum  neminem  latere 
possit.  Vgl.  die  praefatio  von  Grävius.  Vor  der  Masse  des  Schwülstigen 
und  Uebertriebenen  verschwindet  das  Gelungene.  VgL  Spengel  S.  322— 
326.  343  f.  Wie  der  Gesichtskreis  des  Rhetors  ein  beschränkter  ist,  so 
auch  sein  Sprachschatz;  Wiederholungen  sind  sehr  häufig;  namentlich  hat 
Fl.  eine  Leidenschaft  für  quasi,  das  er  in  seinen  81  Capiteln  125mal  ge- 
braucht (quippe  75mal) ,  sowie  für  Ausrufungen  (Spengel  S.  326  f.).  Nach- 
ahmung des  Tacitus ,  E.  Wölfflin  im  Philologus  XXIX.  S.  557  f. 

4.  Den  späteren  Jahrhunderten  und  dem  Mittelalter  empfahl  sich  der 
Abriss  durch  seine  Kürze  und  wohl  auch  durch  seine  Rhetorik.  Jahn 
p.  XLVIII  f.  Besonders  Jordanes  hat  ihn  sehr  stark  ausgebeutet  (ib.  p.  VI  f.). 
Daher  gibt  es  auch  eine  sehr  grosse  Zahl  von  Handschriften  des  Florus. 
Die  beste  ist  der  Bambergensis  saec.  IX  (B  bei  Jahn).  Dun  ähnlich  war 
die  Handschrift  welche  Jordanes  (de  success.  regn.)  benutzte.  Alle  andern 
bekannten  Hdss.  stammen  aus  einer  viel  schlechtem  und  interpolierte 
Quelle;  die  älteste  imter  diesen  ist  der  Nazarianus  (N)  saec.  IX  in  Heidd- 
berg,  wo  der  Abriss  iii  vier  Bücher  getheilt  imd  einem  L.  Aimaeus  Flonu 
beigelegt  ist.  Jahn  p.  V — XV,  und  über  das  Verhältniss  von  B  zu  N  ib. 
p.  XV-XXXIV. 

6.  Ed.  princeps  Paris  1470.  4.  Die  wichtigeren  späteren  Ausgaben 
sind  die  von  Camers  (Vienn.  1518.  4.),  E.  Vinetus  (amSoliuus  1554.  4.  u.  sooft), 
J.  Gruter  (Heidelberg  1597),  Gl.  Salmasius  (ap.  CommeL  1609  u.  sontt)) 
J.  G.  Grävius  (Utrecht  1680),  C.  A.  Düker  (Lugd.  B.  1722),  J.  F.  Fischer 
(Lips.  1760),  F.  N.  Titze  (Prag  1819).  Erste  kritische  Ausgabe  von  0.  Jahn 
(Juli  Flori  epit.  etc.  rec.  et  emendavit,  Lips.  1862);  dann  recog^.  C.  Hahn, 
Lips.  Teubner  1854, 


ST 


325  fP.    Floros.    Salvius  Julianus.  721 

6.  Beiträge  zur  Textkritik  von  F.  E.  Köhler  (Obeerv.  criticae  in  Jul.  Fl., 
Gotting.  1865.  42  pp.),  J.  Freudenberg  (Rhein.  Mua.  XXII.  S.  25—30),  J.  P. 
Binsfeld  (Qaaest.  Florianae  crii,  Dosseldorf  1869.  11  pp.  4.). 

7.  Ueber  Florus  vgl.  (ausser  Aelterem,  wie  Heintze,  de  Floro  non 
historico,  aed  rhetore ,  Weimar  1787  =»  Syntagm.  opufic.  p.  250  ff.)  A.  Baum- 
stark in  Pauly*8  Real-Enc.  III.  S.  490—494.  H.  G.  Plass,  disp.  de  auctor- 
ibus  eins  quae  vulgo  fertur  L.  Annaei  Flori  epitome  rerum  rom.,  Verden 
1858.  16  pp.  L.  Spengel,  über  die  Geschichtsbücher  des  Florus,  in  den 
Abhandl.  der  Münchner  Akademie  XXXVI  (historisch-philol.  Cl.  IX)  1861. 
S.  319—350.  Jos.  Beber,  das  Geschichtswerk  des  Florus,  Freising  1865. 
71  S.    C.  Heyn,  de  Floro  historico,  Bonn  1866.  53  pp. 

326.  Aus  derselben  Zeit  ist  wohl  auch  des  Justinus  Ge- 
schichtsabriss^  sowie  des  Juventius  Martialis  Geschichte  Caesars. 
Die  andern  Schriftsteller  auf  dem  Gebiete  der  Geschichte  waren 
Griechen  und  schrieben  griechisch,  wie  besonders  Phlegon. 

1.  Ueber  Justinus  s.  oben  242,  3.  4.  6—10. 

2.  Sidon.  Apoll.  Epist.  IX,  14:  si  omittantur  quae  de  titulis  dicta- 
toris  invicti  (des  Julius  Caesar)  scripta  Patavinis  sunt  yoluminibus,  quis 
Opera  Suetonii,  quis  luventii  Martialis  historiam,  quisve  ad  extremum 
Balbi  ephemeridem  (oben  183.  1)  fando  adaequayerit? 

3.  Ueber  Phlegon  vgl.  323,  3.  Hauptwerk  die  'OXviinuidsg,  Vgl. 
A.  Westermann  in  Pauly's  Beal-£nc.  V.  S.  1540  f. 

327«  Unter  den  Juristen  der  Zeit  ist  der  einflussreichste 
der  Sabinianer  Salvius  Julianus,  welcher  in  Hadrians  Auftrag 
die  Edicte  der  Prätoren  aus  der  Zeit  der  Republik  sammelte, 
sichtete,  und  in  sachlicher  Ordnung  veröffentlichte,  auch  selb- 
ständige juristische  Werke  (besonders  Digesta)  verfasste  und  noch 
Jahrhunderte  hindurch  hohes  Ansehen  genoss.  Jüngere  Zeit- 
genossen von  ihm  sind  die  Juristen  Abumius  Valens,  Pactumeius 
Clemens  und  Sex.  Pomponius,  Letzterer  wichtig  als  Verfasser 
einer  in  die  Digesten  aufgenommenen  kurzen  Geschichte  des 
Rechts  und  der  Jurisprudenz  bis  auf  die  Zeit  des  Hadrian,  aber 
auch  sonst  ein  fruchtbarer  und  bis  ins  hohe  Alter  thätiger  juri- 
stischer Schriftsteller. 

1.  Pompon.  Dig.  I,  2,  2  fin.:  lavoleno  Prisco  (successit)  Aburnius 
Valens  et  Tusdanus  (sonst  unbekannt),  item  Salvius  lulianus.  Vgl. 
oben  319,  3.  Letzterer  war  ex  Adrumetina  colonia  (Spart.  Did.  Julian  1,  2) 
in  Afrika  und  (mütterlicher  Seits)  proavus  des  nachmaligen  Kaisers  Didius 
lulianus,  bis  consul  (vgl.  Dig.  XL,  2,  5),  praefectus  urbi  et  iuris  consultus 
(Spart.  Did.  lul.  1,  1).  Spart.  Hadr.  18,  1:  cum  iudicaret  in  consilio  habuit 
.  .  iuris  consultos  et  praecipue  lulium  Celsum  (vgl.  oben  319,  2),  Salvium 
lutianum  etc.     Fronte  ad  Caes.  IV,  1  f.  ist  Julian  krank  und  Fronto  be- 

Teuffel,  röm.  Literatarg-eschiehte.  <46 


722  ^16  KaUerzeit.    Zweites  Jahrhundert. 

sucht  ihn  dem  M.  Aurel  zu  liebe.  Noch  die  Divi  fratrea  Dig.  XXXVII, 
14,  17  pr.:  plurium  etiam  iuris  auctorum,  aed  et  Salyii  luliani  amid  nostri 
(vgl.  M.  Aurel  bei  Fronto  Ep.  ad  Gaes.  IV,  2),  darissimi  viri,  hanc  sen- 
tentiam  fuisse  (er  war  also  damals  schon  todt).  Sein  Grabmal  war  miliario 
quinto  via  Labicana  (Spart.  Did.  lul.  8,  10). 

2.  Eutrop.  VIII,  17:  Salvii  luliani,  qui  sub  divo  Hadriano  perpetuum 
composuit  edictum.  Hieronym.  ad  a.  Abr.  2147  (Hadriani  15  :=  133  n.  Chr.): 
Salvius  lulianus  perpetuum  composuit  edictum.  Ueber  dieses  Datum  s. 
Mommsen,  üb.  d.  Chronographen  (1860)  S.  673,  A.  1.  Justinians  Constit 
Jidco'Kev  18:  'AS^iavog  .  .  oxe  ta  naga  töiv  ngatTcogatv  %at'  ixog  ixactow 
voiiod^fftoviieva  iv  ßgaxst  tiyt  cvvriys  ßtßUm,  top  ngdtictov  'lovUavof 
iCQos  tovxo  nagalaßmv.  Constit.  Tanta  (Cod.  I,  17,  2  vom  J.  633)  18:  et 
ipse  lulianus,  leg^m  et  edicti  perpetui  subtilissimus  conditor,  in  suis  libris 
hoc  retulit  .  .  et  divus  Hadrianus  in  compositioue  edicti  et  scto  quod  eam 
secutum  est  etc.    A.  F.  Rudorff,  Edictum  perpet.  (Lips.  1869)  p.  9  f.   Cod. 

III,  33,  16  (vom  J.  630):  summum  auctorem  iuris  sdentiae  Salvium  luiianum. 

IV,  6,  10  (vom  J.  630):  sublimissimum  testem  adducit  Salvium  lulianom, 
summae  auctoritatis  hominem  et  praetoriani  edicti  ordinatorem.  VI,  61, 5 
(vom  J.  473):  luliani,  tantae  ezistimationis  viri  atque  disertissimi  iuiis- 
periti.    Schüler  von  ihm  waren  AMcanus  und  Terentius  Clemens. 

3.  Eigene  Schriften  des  lulianus.  Digestorum  libri  XC  (Ind.  Flor.), 
woraus  in  die  justinianischen  Digesten  376  Fragmente  aufgenommen  sind, 
wie  auch  Titel  und  Plan  von  luUans  Werk  auf  das  justinianische  Einfloss 
übte.  Es  enthielt  zusammenhängende  Erörterungen  über  die  Rechtswissen- 
schaft in  Verbindung  mit  Fragen  der  a#ütores  und  den  darauf  von  dem 
Lehrer  ertheilten  Antworten.  Th.  Mommsen,  Ztschr.  f.  Rechtsgeech.  IX. 
S.  82 — 88.  Die  ersten  68  Bücher  folgen  der  Ordnung  des  Edicts  und  sind 
unter  Hadrian  verfasst  und  veröffentlicht;  die  späteren  Bücher  unter  Anto- 
ninus  Pius;  s.  H.  U.  Fitting  (oben  39,  6)  S.  4—7.  Vgl.  Rudorff,  röm.  Rechts- 
gesch.  I.  S.  171.  E.  Viertel,  de  vitis  ictorum,  Königsberg  1868,  p.  6-8. 
Noten  zu  dem  Werke  schrieben  Ulpius  Marcellus  und  Cervidius  Scaevola, 
schon  unter  Pius,  dann  Mauricianus  und  Paulus.  Julian  selber  verfasste 
Noten  zu  Urseius  Ferox  (oben  281 ,  4)  in  4  Büchern  (Ind.  Flor. ;  doch  vgl. 
Viertel,  de  vitis  ictorum  p.  18—20),  die  in  den  Digesten  41mal  epitomiert 
sind,  und  zu  Minidus  (oben  319,  6)  in  6  Büchern  (?  vgl.  K.  Viertel  p.  24 
— 26).  Aus  Julians  Über  singularis  de  ambiguitatibus  sind  in  den  Digesten 
vier  Fragmente.  Im  Ganzen  s.  Hommel  Palingen.  I.  p.  223 — 318.  Dai 
Citat  lulianus  libro  I  ad  edictum  (Dig.  III,  2,  1)  beruht  auf  Verwechslung 
der  Redaction  des  Edictum  durch  Julian  (Anm.  2)  mit  einem  selbständigen 
Werke  (Zimmern,  Gesch.  d.  röm.  Privatr.  I,  1.  S.  132,  A.  16). 

4.  Heinecdus,  de  Salvio  luliano,  Ictorum  sua  aetate  corjphaeo, 
Halle  1733.  4.  =  Opp.  IL  p.  798—818.  VII.  p.  196—261.  F.  A.  Biener,  de 
S.  I.  meritis  de  edicto  praetorio  rite  aestimandis,  Lips.  1809.  4. 

6.  L.  Fulvius  C.  f.  Pupin(ia)  Aburnius  Valens  (OreUi  3163  vgl 
Dig.  XXXII,  78,  6).  Da  er  nach  der  Inschrift;  bei  OrelU  3163  (wo  er  noch 
clarissimus  iuvenis  heisst)  die  nominelle  Stadtpräfectur  (vor  dem  Eintritt 
in  den  Senat)  J.  118  bekleidete,  so  wird  er  kurz  vor  J.  100  geboren  sein. 
Er  verfasste  Actiones  in  mindestens  7  Büchern  (Dig.  XXXVI,  4»  16)  oimI 


..      j»-: 


J 


327.    Juristen  unter  Hadrian:  lulianus,  Pomponius  u.  A.         723 

libii  fideicommissorum,  gleichfalls  in  mindestens  7  Büchern  (Dig.  XXXIII, 
1,  15),  welche  letztere  Schrift  in  den  Pandekten  19mal  benützt  ist.  Vgl. 
Hommel,  Palingen.  IL  p.  533—636.  Da  er  in  letzterer  nicht  nur  den  lavo- 
lenoB  citiert  (ib.  XXXIII,  1,  15)  sondern  auch  den  (Salvius)  lulianus  (ib. 
lY,  4,  33:  lulianus  .  .  respondit.  XXXII,  94:  lulianus  .  .  putavit)  und  den 
Trojan  als  divus  bezeichnet  (XLIX,  14,  42),  so  scheint  er  den  lulianus 
überlebt  zu  haben.  Er  ist  daher  ohne  Zweifel  der  Fulvius  (so  Mommsen, 
statt  Salvius)  Valens  bei  Capitol.  Ant.  Pi.  12,  1:  usus  est  iuris  peritis  .  . 
Fulvio  Valente.  Vgl.  Dig.  XLVIII,  2,  7,  2:  divus  Pius  Salvio  Valenti  re- 
acripsit  P.  F.  Smeding,  de  Salyio  Abumio  Valente  eiusque  quae  in  Dig. 
adsunt  fragmentis,  Lugd.  Bat.  1824.  Zimmern,  Oesch.  d.  röm.  Privatr. 
I,  1.  S.  334  f.  E.  Viertel,  de  vitis  ictorum  p.  30—33.  Th.  Mommsen,  Ztschr. 
f.  Bechtsgesch.  IX.  S.  90,  A.  21. 

6.  Pompon.  Dig.  XL,  7,  21,  1:  Pactum  eins  Clemens  aiebat  etc. 
Genauer  ist  er  bekannt  durch  die  Inschrift  aus  Constantine  bei  Benier, 
inscr.  de  TAlg.  1812  =  Henzen  6483:  P.  Pactumeio  P.  f.  Quir.  Clementi, 
Xyir  stlit.  iud.,  Quaest.,  Leg.  Rosiani  Gemini  (Dig.  XLVIII,  5,  6,  2.  XLVIII, 
6,  6)  Boceri  sui  procoB(ulis)  in  Achaia,  trib.  pleb.,  fetiali,  legato  divi 
Hadriani  Athenis  .  . ,  praetori  urbano ,  leg.  divi  Hadriani  ad  rationes  civi- 
tatium  Syriae  putandas,  legato  eiusdem  in  Cilicia,  Consuli  (suff.  im  J.  138 
nach  Borghesi),  legato  in  Cilicia  Imp.  Antonini  Aug.,  leg.  Rosiani  Gemini 
procos.  in  Africa,  iurisconsulto ,  patrono  IV  coloniarum.    VgL  ib.  1813  f. 

7.  Sex.  Pomponius  lebte  und  schrieb  sowohl  rmter  Hadrian  als 
unter  M.  Aurelius  oder  doch  den  divi  fratres.  Bezeichnend  ist  die  Aeusse- 
rung  aus  seinen  Epistolae  B.  VII  (Dig.  XL,  5,  20):  ego  discendi  cupiditate, 
quam  solam  vivendi  rationem  optimam  in  LXXVIII**™  annum  aetatis  duxi. 
Da  er  in  demselben  Buche  (Dig.  L,  12,  14)  den  Antoninus  als  divus  be- 
zeichnet, so  schrieb  er  diess  frühestens  J.  162,  war  somit  nicht  vor  J.  84 
n.  Chr.  geboren,  und  dass  er  ein  Zeitgenosse  von  Julian  war  erhellt  theils 
daraus  dass  seine  Geschichte  der  Jurisprudenz  (A.  10)  mit  Letzterem  schliesst, 
theils  daraus  dass  Beide  einander  citieren  (A.  8).  Pomponius  aber  scheint 
den  Julian  überlebt  zu  haben ,  da  Julian  nur  ^in  Werk  des  Pomp,  benutzt 
hat,  Pomp,  aber  mehrere  des  Julian;  s.  A.  8.  Als  seine  Lehrer  nennt 
Pomp,  die  Juristen  Pegasus  (Dig.  XXXI,  43,  2:  P.  solitus  fuerat  distinguere). 
Aristo  (ib.  XL,  5,  20:  putabat.  XXXVI,  1,  72:  aiebat,  vgl.  XXXIX,  5,  18. 
Fragm.  Vat  83.  88)  und  Octavenus  (XL,  4,  61:  aiebat.  5,  20:  putabat). 
Häufig  geht  er  in  seinen  Schriften  auf  die  veteres  zurück ,  insbesondere  auf 
Q.  Mudus,  Ser.  Sulpicius,  Trebatius,  Alfenus,  Labeo. 

8.  Verhältniss  zwischen  Julianus  und  Pomponius.  Pomp,  benutzt  des 
Julian  Dig.  und  citiert  ihn  häufig,  wenigstens  in  den  libri  ex  Plautio,  den 
Epistolae  et  variae  lectiones,  sowie  in  den  libri  ad  edictum;  vgl.  Dig.  VI, 
1,  21  (Pomponius  Ubro  XXXIX«»  Ad  edictum  scribit  etc.  lulianus  autem  etc. 
idque  Pomponius  libro  XXXI V<>  Variarum  lectionum  probat).  XIV,  6,  19 
(lulianus  scribit).  XXXIX,  2,  18,  5  (Pomponius  relata  luliani  scriptura 
didt  non  se  improbare  etc.).  XL,  4,  40  (aus  Pomp.  h'br.  V  ex  Plaut.:  lulia- 
nus ait).  61  (et  lul.  ait).  XL,  5,  20  (apud  lulianura  ita  scriptum  est.  . .  ea 
quae  lulianus  scribit,  aus  Epist  VII).    XLIX,  14,  35  (aus  Epist  XI:  apud 

46* 


-jT-i^,,  ■'T^r^j 


724  I^ifi  Eaiserzeit.    Zweites  Jahrhundert. 

lolianum  scriptum  est).   Fragm.  Vat.  75  (Pomponius  ait  libro  VII  ex  Plaotio, 
relata  luliani  sententia.     .  .  urgretnr  tarnen  luliani   sententia  argomentis 
Pomponii).    Julian  benutzt  (in  seinen  Dig.)  des  Pomp.  Bücher  ad  Sabinum; 
vgl.  Fragm.  Vat.  88  (luüanus  subicit  Sextum  quoque  Pompouium  referre). 
Dig.  XXYIII,  5,  41  (ut  refert  Sex.  Pomponius,  vgl.  Mommsen,   Ztschr.  f. 
Bechtsgesch.  VII.  S.  478  Anm.).    XVII,  2,  63,  9  (ait  luliauus  Sextum  Pom- 
pouium referre  Sabinum  respondentero  etc.).   Vgl.  Fitfcing  S.  8  f.    1 1.  12.  13. 
Die  Aufeinanderfolge  lulianus  et  Pomponius  Dig.  XXVIIi,  2,  9,  2.    XLY, 
1,  2,  5.    Vgl.  G%j.  Inst.  II,  218  (luliano  et  Sexto  placuit).    Zu  einer  Unter- 
scheidung zweier  Juristen  des  Namens  Pomponius  ist  kein  triftiger  Grand 
vorhanden.    BudorfiP,  Bechtsgesch.  I.  S.  172  f.    Fitting  S.  13  f.    Mommsen 
a.  a.  0.  S.  478  f. 

.  9.  Schriften  des  Pomponius.  Enchiridii  liber  singularis ,  Ad  Sabinum 
libri  XXXV,  und  Fideicommissorum  libri  V ,  sämmtlich  unter  Hadrian  ver- 
fasst,  die  Noten  ad  Sabinum  sicher  vor  Julians  Digesten;  Ad  edictnm, 
mindestens  79  Bücher,  vor  Julians  Bedaction  des  Edictum  perpetuum  ge- 
schrieben; Ad  Q.  Mucium  lectionum  libri  XXXIX,  nach  Hadrian,  wahr- 
scheinlich unter  Antoninus  Pius  verfasst;  Ex  Plautio  libri  VII,  unter  Anto- 
ninus  Pius  geschrieben,  wie  auch  wahrscheinlich  Senatusconsultorom 
libri  V;  Epistolarum  et  variarum  lectionum  libri  (Dig.  FV,  4,  50.  L,  12,  U), 
falls  diese  zwei  Titel  wirklich  zusammengehören  sollten,  mindestens  41  Bücher, 
aus  der  Zeit  der  divi  fratres  (s.  A.  7).  Nicht  wohl  vor  Pius  verfasst  wsr 
die  Schrift  De  stipulationibus  in  mindestens  acht  Büchern,  und  spätestens 
unter  Pius  der  Begularum  liber  singularis.  Aus  unbeikannter  Zeit  sind 
seine  Enchiridii  libri  IL  Ebenso  die  Zusammenstellung  der  juristischen 
Ansichten  des  Aristo  (oben  319,  4)  aus  dessen  notae,  decreta,  responsa  und 
epistulae;  s.  Dig.  XXIV,  3,  44  (aus  Paulus):  Nerva  et  Cato  respondemnt, 
ut  est  relatum  apud  Sex.  Pomponium  Digestorum  ab  Aristone  libro  quinto; 
ibidem  Aristoui  consensit.  Im  Ganzen  sind  die  Schriften  des  Pomp,  in 
den  Digesten  585mal  benutzt;  s.  die  Zusanmienstellimg  bei  Uonimel,  Palinge- 
nesia  II.  p.  303—386.  Sie  waren  geschätzt  theils  wegen  ihrer  Casuistik 
theils  als  Auszüge  aus  angesehenen  älteren  Juristen. 

10.  Das  Enchiridion  (Hber  sing.)  enthielt  wie  es  scheint  eine  Erlftate- 
rung  der  rechtlichen  Grundbegriffe  (Dig.  L,  16,  239)  und  einen  Abriss  der 
Geschichte  des  römischen  Bechts  und  der  Bechtswissenschaft  bis  auf  Julü- 
nus  (Dig.  I,  2,  2).  Vgl.  oben  S.  236,  d.  Sonderausgaben  von  E.  Böcking 
(Bonn  1831)  und  F.  Osann  (recogn.  et  annot.  crit.  instr.,  Giessen  1847). 
§.  41—44  cum  notis  ed.  E.  Schrader,  Berlin  1837.  14  pp.  4. 

11.  H.  B.  Beinold,  de  Sex.  Pomponio  icto,  Würzburg  1710  (=  Opiac. 
p.  602—648).  Ueineccius  de  Sex.  P.  eximio  aevi  sui  icto,  Opp.  ni,  2. 
p.  66—126.  Zimmern,  Gesch.  d.  röm.  Privatrechts  I,  1.  S.  337 — 340.  Fit- 
ting (oben  39,  6)  S.  8—14. 

328«  Rhetoren  der  hadrianischen  Zeit  sind  der  gelehrt« 
Spanier  Antonius  Julianus  und  Castricius.  Die  meisten  und 
angesehensten  aber  schrieben  in  griechischer  Sprache.  So  Hadrian 
selbst,  Polemon,  Lollianus,  Dionysios  aus  Milet,  Favorinus  n.  A. 


327  f.   Juristen  u.  Rheioren  unter  Hadrian.  Pomponiue.  Castricius  u.  A.    725 

In  lateinischer  Sprache  verfasst  und  erhalten  sind  nur  die  Schul- 
reden eines  sonst  unbekannten  Calpumius  Flaccus. 

1»  Gellius  I,  4,  1:  Antonius  lulianus  rhetor  perquam  fuit  honesti 
atque  amoeni  ingenii.  doctrina  quoque  ista  utiliore  ac  delectabili  veter- 
umque  elegantiarum  cura  et  memoria  multa  fuit.  ad  hoc  scripta  orania 
antiquiora  tarn  curiose  spectabat  et  aut  virtutes  pensitabat  aut  yitia  rima- 
batur  ut  iudicium  esse  factum  adamussim  dicered.  ib.  8:  ad  hunc  modum 
lulianus  enodabat  diiudicabatque  veterum  scriptorum  sententias,  quae  apud 
cum  adulescentes  delectitabant.  XIX,  9,  2:  venerat  nobiscum  ad  eandem 
cenam  Antonius  lulianus  rhetor,  docendis  publice  iuvenibus  magister, 
hispano  ore  florentisque  homo  facundiae  et  rerum  litterarumque  veterum 
peritus.  Proben  seiner  Gelehrsamkeit  ib.  IX,  1,  2  ff .  XV,  1,  4  ff .  XVIII, 
5,  5  ff.  XIX,  9,  8  ff.  XX,  9.  Dass  er  ein  Lehrer  des  Gellius  war  erhellt 
aus  Gell.  XVIII,  5,  1:  cum  A.  I.  rhetore,  viro  hercle  bono  et  facundiae 
florentis,  complures  adulescentuli ,  familiäres  eins,  Puteolis  aestivarum 
feriarum  ludum  .  .  agitabamus.  Vgl.  ib.  IX,  15,  1  ff.:  cum  A.  I.  rhetore 
per  feriarum  tempus  . .  Neapolin  concesseramus.  XY,  1,  I  ff.:  declamaverat 
A.  I.  rhetor  .  .  feliciter.  .  .  ergo  familiäres  eins  circumfusi  nndique  eum 
prosequebamur  domum.  Auf  später  herausgegebene  Schriften  desselben 
scheint  zu  deuten  ib.  XVIII,  5,  12:  hoc  tum  nobis  lulianus  .  .  dixit.  sed 
cadem  ipsa  post  etiam  in  pervulgatis  commentarüs  scripta  offendimus. 
Minuc.  Fei.  Oct.  33,  4:  si  Bomanis  magis  gaudes,  ut  transeamus  veteres, 
Antonii  luliani  de  ludaeis  require:  iam  scies  nequitia  sna  hanc  eos  (die 
Juden)  meruisse  fortunam.  Wohl  eine  Rede  de  lud.  mit  reichen  gesQhicht 
liehen  Ausführungen. 

2..  T.  Castridus,  rhetoricae  disciplinae  doctor,  qui  habuit  Romae 
locum  principem  declamandi  ac  docendi,  summa  vir  auctoritate  gravitate- 
que  et  a  divo  Hadriano  in  mores  atque  litteras  spectatus,  quo  .  .  usus 
sum  magistro.  Gellius  XIII,  22,  1.  vgl.  XI,  13,  1.  I,  6,  4.  II,  27,  3.  Fronte 
epist.  ad  am.  II,  2  (Castricius  noster). 

3.  Ueber  Hadrians  Declamationen  s.  oben  323,  3 ;  über  Aelius  Verus 
unten  331,  2;  über  Heliodorus  unten  329,  8. 

4.  Hieronym.  ad  a.  Abr.  2148  ^=3  Hadr.  16  =  134  n.  Chr. :  Favorinus 
et  Polemo  rhetores  insignes  habentur.  Favorinus  aus  Arelate  (Arles), 
Schüler  des  Dion  (Chrysostomos),  mit  Plutarch  und  Fronto  (s.  unten  334,  1) 
befreundet,  encjclopädischer  Schriftsteller,  z.  B.  Verfasser  von  philoso- 
phischen Schriften  (üvgQdvsioi  Xoyoi),  Kenner  auch  der  römischen  Literatur 
und  der  Alterthümelei  entgegentretend  (Gellius  I,  10  vgl.  VIII,  2.  XVIII,  7. 
XX,  1,  20);  s.  Phüostr.  vitae  soph.  I,  8  mit  Kayser  (Heidelberg  1838)  p.  181 
—183.  J.  L.  Marres,  de  Favorini  Arelatensis  vita,  studiis,  scriptis,  Utrecht 
1863.   146  pp.    Vgl  unten  340,  1. 

5.  Ueber  (Antonius)  Polemo  in  Smyma  (mns  J.  85—140)  s.  Philostr. 
vitae  soph.  I,  25  mit  C.  L.  Eaysers  notae  p.  267  f.  L.  Preller  in  Pauly's 
Real-Enc.  V.  S.  1793  f. 

6.  (L.  Egnatius  Victor)  LollianuB  ngovctri  tov  U^iivf^at  d-Qovov  (der 
SophiflÜk)  nQmxog^  s.  Philostr.  v.  soph.  I,  23  mit  Kayser  p.  261  f. 

7.  Dio  LXIX,  3:  tov  ^aovmgi^vov  tov  FaXati^v  tov  te  Jiovvümv  toit 


726  ^^6  Kaiserzeit.    Zweites  Jahrhundert. 

MtXiiaiov  tovs  cotptatag  etc.    Ueber  Letzteren  8.  Fhilosir.  vitae  8<^h.  1, 22; 
vgl.  unten  329,  8.  333,  4. 

8.  Erstmals  veröffentlicht  wurden  die  51  declamationes  des  Calpur- 
nius  Flaccus  (Excerptae  X  rhetorum  minorum)  von  Petr.  Pithöus,  zusam- 
men mit  den  pseudoquintilianischen  (oben  307,  11),  Paris  1680;  dann  in 
den  Ausgaben  der  letzteren  von  J.  Fr.  Gronov  (Lugd.  B.  1665),  U.  Obrecht 
(Strassburg  1698.  4.)  und  P.  Burmann  (Lugd.  B.  1720.  4.).  Ihr  Anspruch  auf 
den  Namen  des  Calp.  Fl.  wie  dessen  Zeit  sind  aber  gleich  unsicher. 

329.  Der  namhafteste  Grammatiker  aus  der  Zeit  Ha- 
driaus  ist  Q.  Terentius  Scaurus,  Verfasser  einer  lateinischen 
Grammatik  und  einer  Poetik,  sowie  Commentator  des  Plautus 
imd  Vergil,  vielleicht  auch  des  Horaz.  Die  seinen  Namen  tra- 
gende Schrift  de  orthographia  kann  aber  höchstens  för  einen 
mageren  Auszug  aus  seinen  Arbeiten  gelten.  Derselben  Zeit 
gehörten  auch  Velleius  Celer,  Aelius  Melissus,  Domitius  an,  von 
den  Griechen  aber  die  Grammatiker  Vestinus  und  besonders 
Heliodorus. 

1.    Gellius  XI,  15,  3:  Terentius  Scaurus,  divi  Hadriani  temporibns 
grammaticus   vel  nobilissimus,  inter  illa  quae  de  Caeselli  (oben  330,  4) 
erroribus  composuit.    Vgl.  Capitolin.  Ver.  2,  5:  audivit  (Verus)  Scaurinnm 
grammaticum  latinum,  Scauri  filium  qui  grammaticus  Hadriani  ftdt.    An- 
führungen aus  seinem  Hauptwerke  besonders  bei  Gharisius  und  Diomedes 
(aus  Bomanus),  sowie  in   den  Explanationes  in  artem  Donati  (Keil  IT. 
p.  486  fif.).    Charis.  I.  p.  138,  1  E. :  Scaurus  in  arte  grammatica.    136,  16: 
Scaurus  artis  grammaticae  libris.    Dagegen  ib.  146,  36:  Scaurus  libro  III 
ist  nach  dem  Zusammenhang  auf  die   Selbstbiographie  des  M.  Aemiliiia 
Scaurus  (oben  131,  10)  zu  beziehen.   Bufin.  Excerpt.  p.  2711  P.  =>  384  Gaisf.: 
Scaurus  in  commentario  Plauti  in  Pseudulo  dicit  etc.     Bitschi,  Parerga 
p.  375  f.     Commentare  zur  Aeneis  und  wohl  auch  zu  den  Bucolica;  s.  Rib* 
beck  Prolegg.  p.  172.    Charis.  p.  202,  26  ff.  E.:  impariter  Horatius  episto- 
larum  (II,  3,  75):  versibus  impariter  iunctis,  ubi  Q.  Terentius  Scaurus  in 
commentanis  in  artem  poeücam  libro  X  etc.    Der  hiedurch  erregte  Schein 
eines  ausführlichen  Werkes  über  Horaz  a.  p.  wird  zerstört  durch  ib.  210, 19  ff.: 
Maro  (Aen.  I,  1):  Troiae  qui  primus  ab  oris,  ubi  Q.  Ter.  Sc.  commentazüs 
in  artem  poeticam  libro  X  etc.    Vgl.  oben  S.  429  E.    A.  Gräfenhan  (Gesdi. 
d.  class.  Philol.  IV.  S.  300  f.)  will  grammaticam  statt  poeticam.    Die  An- 
führungen von  Definitionen   des   Scaurus   über  rhetorische   Figuren  (wie 
hypozeuxis,  macrologia)  sprechen  eher  für  eine  die  Bhetorik  mitbefassend« 
Poetik.    Die  einzige  unsichere  Spur  eines  Commentars  zu  Horaz  ist  Porphjr. 
zu  Hör.  S.  n,  5,  92  (11.  p.  308  H.):  capite  obstipo:  tristi  ac  severo.   Scan- 
rus  inclinato  dicit;  vgl.  Zangemeister  (oben  221,  5)  p.  40  ff.     Die  Ueber- 
reste   des  Scaurus  verrathen  keine   alterthümelnde  Bichtung;   er  scheint 
vielmehr  zu  den  Ciceronianem  gehört  zu  haben.    Ueber  die  kleine  Scfazift 
de  orthographia  (bei  Putsche  p.  2250  ff.)  vgl.  F.  Osann,  de  Flavio  Capro 
p.  7:  qui  Hbellus  .  .  Scauro  prorsus  indignus,  nihil  nisi  ezcerptonun  fitf* 
raginem  vel  epitomen  opehs  deperditi  ostendit. 


329  f.    Terentius  Scaunis,  Aureliamw  u.  A.  unter  Hadrian.       727 

2.  Priscian.  X,  67.  p.  647  Hte.:  Velleiuß  (D:  Vellius)  Coler  respon- 
deuB  Hadriano  imperatori  per  epistulam  de  hoc  (die  Quantität  von  ambitus) 
interroganti  .  .  pstendit  etc.  Vielleicht  ist  er  der  Kilsg  xex9oyQdq>og ,  ßa- 
9^Xinmv  p^v  intötoXmv  nQoaxarrjg  Jiovvcitp  dl  tov  i%  fiBiguniov  xqovov 
SiatpoQog  bei  Philostr.  vit.  ßoph.  I,  22.    Vgl.  A.  8. 

3.  Gellius  XVIII,  6,  1  ff.:  Aelius  Melissus  in  nostra  memoria  fiiit 
Romae  summi  quidem  loci  inter  grammaticos  id  temporis;  sed  maiore  in 
litteris  erat  iactantia  et  cotpicx^i^  quam  opera.  is  praeter  alia  quae  scri- 
psit  complura  librum  composuit  .  .  cui  titulus  est  .  .  de  loquendi  propri- 
etate. 

4.  Gell.  XVni,  7,  Iff.:  Domitio,  homini  docto  celebrique  in  urbe 
Roma  grammatico,  cui  cognomentum  Insano  factum  est,  quoniam  erat 
natura  intractabilior  et  morosior,  ei  Domitio  Favorinus  noster  cum  forte 
.  .  obviam  yeuisset  atque  ego  cum  Favorino  essem  etc. 

6.  Aus  derselben  Zeit  ist  vielleicht  auch  Q.  Octavius  Avitus,  s.  oben 
211,  3. 

6.  Ueber  Sulpicius  Apollinaris,  welcher  schon  in  dieser  Zeit  von  Ein- 
flusB  ist,  8.  unten  336,  2. 

7.  üeber  lulius  Vestinus  s.  Suidas  s.  v. 

8.  Dio  LXIX,  3:  diovvaiog  (oben  328,  6)  n^og  tov  avtov  (des  Hadrian] 
tStov  'HXiodcoQOV,  tov  Tag  inictoXag  avtov  diayayovttt,  stnsCv  Isystai 
Ott  Kaiaag  xpiff^ffTce  fiiv  cot  xal  ttfiriv  dovvai  Svvatai,  fijtoga  di  es 
noirjaai  ov  dvvaxai.  Vgl.  A.  2.  um  so  bedeutender  war  er  als  Gramma- 
tiker, da  er  ohne  Zweifel  identisch  ist  mit  dem  Metriker  Heliodorus,  über 
welchen  s.  R.  Westphal,  allg.  Metrik  (1866)  S.  137—146  =i  Metrik«  I 
(1867).  S.  214  ff.    Vgl.  unten  367,  7  f. 

330.  Die  Philosophie  war  in  dieser  Zeit  vorzugsweise  durch 
Griechen  vertreten,  wie  Plutarchos.  Von  Fachschriftstellem  ist 
der  bedeutendste  der  Mediciner  Caelius  Aurelianus  aus  Africa, 
von  welchem  zwei  Schriften  über  acute  und  chronische  Krank- 
heiten auf  uns  gekommen  sind.  Diese  lassen  ihn  als  Methodiker 
und  scharfen  Beobachter  erscheinen.  Ihre  Sprache  ist  dunkel 
und  incorrect. 

1.  Hieronym.  ad  a.  Abr.  2136  =  Hadr.  3  =  121  n.  Chr.:  Plutarchus 
Chaeroneus  et  Seztus  et  Agathobulus  et  Oenomaus  philosophi  insignes 
habentur.  Ad  2142  =>  Hadr.  10  c=  128  n.  Chr.:  Quadratus  discipulus  apo- 
stolorum  (vgl.  de  vir.  ill.  19)  et  Aristides  Atheniensis  noster  philosophus 
libr06  pro  christiana  religione  Hadriano  dedere  compositos.  Vgl.  noch 
oben  328,  4. 

2.  Ueber  eine  Bearbeitung  der  genealogiae  des  Hyginus  s.  oben  246,  7. 

3.  Ueber  die  Chorographie  aus  PUnius  n.  h.  s.  oben  296,  7. 

4.  Caelius  Aurelianus  aus  Sicca  in  Numidien  lebte  zwischen 
Soranos  (oben  282,  8)  und  Oalenos,  da  er  Letzteren  nie  erwähnt,  während 
Soranus  sein  Hauptgew&hrsmann  ist.    Vgl.  acut.  U,  1:  Soranus,  cuius  haec 


728  ^^  Kaiserzeit.    Zweites  Jahrhundert. 

sunt  quae  latinizanda  susoepimas.  11,  28:  cuius  yerisaiinas  apprehensiones 
latmo  sermone  describere  laboramus.  chron.  II,  7:  Mnaseas  et  Soranns, 
cuius  etiam  nos  amamus  iudicium.  Das  Werk  über  die  aci^ten  Krankheiten 
(celerum  oder  acutarum  passionum)  besteht  aus  drei  Büehem  (Paris  1S33 
u.  1826))  das  über  die  chronischen  (tardarum  oder  clironicarum  passionani) 
aus  fünf  (Basil.  1529  fok  Aid.  1647).  Beide  zusammen  herausgegeben  Lugd. 
1566,  besser  Amstelaed.  1709.  4.  {cur.  J.  C.  Amman,  mit  Noten  von  v.  Al- 
meloveen)  =  Venet.  1757.  4.  Lausannae  1774.  Auch  in  den  Sammelwerken 
der  medici  veteres.  Bemerkenswerth  sind  beide  durch  die  treue  and  leben- 
dige Schilderung  der  Krankheiten,  sowie  durch  die  manchfachen  Anfüh- 
rungen älterer  Schriftsteller  und  ihrer  Meinungen,  das  Latein  als  Probe 
der  africanischen  Latinität.  Cassiod.  div.  Script,  inst.  II,  31  empfiehlt  iho 
Eine  Anzahl  anderer  Schriften  des  Aur.  die  er  gelegentlich  anführt  (s.  Am- 
mans Ausg.  p.  710),  wie  muliebrium  passionum  libri,  de  passionum  causis 
u.  a.  sind  verloren  gegangen.  C.  6.  Kühn,  de  C.  A.  inter  methodicos  medi- 
cos  haud  ignobili,  Lips.  1816.  4.  =  Opusc.  acad.  II.  p.  1  ff.  Choulant, 
Bücherkunde  f.  d.  alt.  Medicin  S.  206—209. 

5.  Ueber  die  basis  capitolina,  mit  einer  Widmungsinschrift  verschie- 
dener Regionen  und  zahlreicher  vici  Roms  an  Hadrian  (auf  dem  Capitol) 
s.  Gruter  p.  249  ff.  E.  Braun,  Qhilologus  Suppl.  11.  S.  405  ff.  H.  Jordan, 
über  eine  Untersuchung  des  sog.  capitolinischen  Stadtplanes,  Monatsber. 
der  Berl.  Akad.  1867,  S.  526—548.  A.  Klügmann,  Philologus  XXVII. 
S,  474—493. 

331.  Dichter  von  Namen  hat  Hadrians  Zeit  nicht  aufzu- 
weisen. Doch  besang  Annianus  die  Freuden  des  Landlebens 
(Falisca)  und  verfasste  Fescenninen.  Ausserdem  wurden  latei- 
nische Verse  gemacht  von  Hadrian  selbst,  von  Annius  Florus, 
L.  Aelius  Verus,  Voconius  u.  A.  Dem  spielenden  Charakter 
dieser  Beschäftigung  entsprach  es  dass  jetzt  Versarten  wie  der 
iambische  Dimeter  beliebt  wurden. 

1.  Ueber  Hadrians  Gedichte  s.  oben  323,  3  u.  5;  über  Annius  Florus 
oben  318,  7;  über  Voconius  oben  323,  5. 

2.  Spartian.  Hadrian.  23,  11:  adoptavit  (J.  135?)  Ceioniom  Commodum 
y«rum  invitis  Omnibus  eumque  AeHum  Verum  Caesarem  appellavit.  Aelius 
2,  6:  hie  .  .  primum  L.  Aurelius  Verus  est  dictus,  sed  ab  Hadriano  adsd- 
tus  in  Aeliorum  familiam  .  .  et  appellatns  est  Caesar.  5,  1  f.:  fuit  .  .  eru- 
ditus  in  litteris,  .  .  eloquentiae  celsioris,  versu  facilis.  4,  7:  cum  de  pro- 
vinda  Aelius  redisset  atque  orationem  pulcherrimam ,  quae  hodieque  legitor, 
sive  per  se  seu  per  scriniorum  aut  dicendi  magistros  pararet,  qua  kalen- 
dis  lanuarüs  Hadriano  patri  gratias  ageret,  .  .  kalendis  ipsis  lanuarüs 
(des  J.  891  ■»  138)  perit.  Dieser  L.  Ceionius  Conunodus  Vems  Aelius  (Heliiu) 
Caesar  ist  Vater  des  L.  Veras  (unten  342,  1  u.  6). 

3.  Gell.  VI,  7,  1:  Annianus  poeta  praeter  ingenii  amoenitates  lit- 
terarum  quoque  veterum  et  rationum  in  litteris  oppido  quam  peritos  fint 
et  sermodnabatur  mira  quadam  et  scita  suavitate.    IX,  10,  1:  Ann.  poeta 


331  f.    Anniauus  u.  a.  Dichter.    Anioninus  Piiis.  729 

et  plerique  cum  eo  eiusdem  Mnsae  viri.  XX,  8,  1:  A.  poeta  in  üindo  buo 
quem  in  agro  Falieco  posaidebat  .  .  me  ot  quosdam  item  alios  familiäres 
▼ocavit.  Aoson.  ceuto  nupt.  (Idyll.  XII I)  b.  f.:  nam  quid  Anniani  fescenni- 
n08?  Lachmann  ad  Terent.  Maur.  p.  XIII— XV  hält  den  A.  für  den  poeta 
FaliscuB  welchem  Terentian  v.  1816—1821  ludicra  carmina  zuschreibt,  vgl. 
ib.  1998:  talia  docta  Phalisca  legimus.  Mar.  Yict.  p.  178  G.  (quod  .  .  An- 
nianuB  Faliscum  carmen  inscribit).  L.  Muller,  Rhein.  Mus.  XXV.  S.  337 
—344. 

4.  Snid.  V.  Meöoin^^rjg  (II.  p.  791  f.  Bemh.):  Kgiig,  Ivginog,  ysyovmg 
inl  xiSv  'ASgiavov  ;i;poyo>y,  anBlsvd'eQOs  avtov  Jj  iv  toig  fiaUata  q>ilog. 
YQdq>si  ow  eig  *AvxCvqov  ixatvov  .  .  %al  alla  dia(poQa  (aHt^,  Capitolin. 
Ant.  Pi.  7,  7  f.:  salaria  multis  subtraxit  quos  otiosoB  videbat  accipere. 
.  .  imde  etiam  MeBomedi  lyrico  salarium  imminuit.  Hieronym.  ad  a.  Abr. 
2160  =  146  n.  Chr.:  MesomedeB  GretensiB  citharicomm  carminum  (in  grie- 
chischer Sprache)  musicus  poeta  agnoscitur.  Erhalten  ist  sein  HymnoB  auf 
NemesiB. 


2.    Die  Zeit  der  Antonine,  J.  18^—180  n.  Chr. 

a)    AntoninuB  PiuB,  J.  138—161  n.  Chr. 

332.  An  der  Literatur  hat  Antoninus  Pius  (J.  86 — 161 
n.  Chr.)  sich  nicht  persönlich  betheiligt,  aber  durch  seine  muster- 
hafte Regierung  ihr  Frieden,  Raum  und  Stimmung  gewährt. 
Indessen  war  die  geistige  Fähigkeit  der  Nation  so  tief  gesunken 
dass  ein  Fronto  jetzt  das  grosse  Wort  führte  und  nur  auf  den 
Gebieten  der  Jurisprudenz  und  der  Grammatik  sich  einiges  Leben 
zeigte.  Die  griechische  Literatur  aber  hat  in  dieser  Zeit  neben 
leeren  Schönrednern  und  dem  Periegeten  Pausanias  den  geist- 
reichen Schriftsteller  Lukianos  und  den  Astronomen  Ptolemäus. 

1.  T.  AorelioB  FuIvub  Boionius  ArriuB  AntoninuB,  geb.  den  19  Sept. 
86,  CoB.  120,  ProcoB.  in  ABien  wahrsch.  128,  nach  dem  Tode  deB  VeruB 
(A.  3)  von  üadrian  adoptiert  25  Febr.  138  alB  T.  AeliuB  Hadrianus  Anto- 
ninus, Kaiser  seit  10  Juli  138;  stirbt  7  März  161.  Consecrationsname  divus 
Antoninus  Pius,  häufig  abgekürzt  d.  A.  oder  d.  P.  Vgl.  G.  R.  Sievers  in 
Panly's  Real-Enc.  I,  1.  S.  1192—1197.  X.  Bossart  und  Jak.  Müller,  Zur 
Geschichte  des  K.  A.  P.,  in  M.  Büdingers  Untersuch,  zur  röm.  Kaisergesch. 
n.  (1868)  S.  289-321. 

2.  Gapitolin.  Anton.  Pi.  2,  1:  fuit .  .  eloquentiae  nitidae,  litteraturae 
praecipnae.  11,  3:  rhetoribus  et  philosophis  per  omnes  proyincias  et  hono- 
res  et  salaria  detulit.  Vgl.  Modestin.  Dig.  XXVII,  1 ,  6  aus  einer  imütolTJ 
'Avxtovivov  TOti  EviSBßovgi  tit  ikkv  iXaxtovg  nolng  Svvavxai  nivxM  laxf^vg 
dxMliig  ft^iv  %al  xgsig  üoquüxag  %al  YQa(ifkccxi%ovg  xovg  Faovg  (grössere 
7  Aerzte,  je  4  Lehrer,  die  grössten  10  Aerzte  und  je  5  (lixogsg  und  ygafA- 
fiaxinoC),  (§.  7.)  mgl  91  xAv  fpiXocifpauß  ^  avri)  diaxa^ji^g  xov  Iliov  ovxa 
Xiyn'     q>iXoc6ipmv  dh  ovx  ixccx^V  agt^fiog  did  x6  ttnaviovg  slvai  xovg 


730  I^ic  Kaiserzeit,    Zweites  Jahrhundert. 

qiilo60<povvtag.  Capitol.  Ant.  Pi.  11,  3:  orationes  plerique  alienas  dize- 
runt  quae  sub  eius  nomine  feruntur;  Marias  Mazimas  eins  proprias  fuisse 
dicit.  Erwähnung  einer  oratio  des  A.  P.  und  des  Verus  (gratiamm  actio) 
bei  Fronto  ep.  ad  Caes.  Y,  38  f.  Zwei  Briefe  des  A.  P.  an  Fronte  in 
Näheres  Ausg.  von  Front.  Epist.  p.  163  f.  167  f.  Die  von  A.  P.  ausgegangenen 
Bescripte  sind  zusammengestellt  bei  Hänel,  Corpus  legum  p.  101 — 114. 

3.  Die  zehn  Bücher  der  JTe^tifyi^ffiff  r^^  'Ellddog  von  Pausanias  sind 
in  langen  Zwischenräumen  verfasst,  B.  I  u.  II  noch  unter  Hadrian,  abge- 
schlossen nicht  vor  J.  185.  Vgl.  Hans  Reichardt  in  Paoly's  Beal>Enc.  V. 
S.  1268—1264. 

4.  üeber  Lukianos  aus  Samosata  (geb.  ums  J.  120]  vgl.  L.  Preller 
in  Pauly's  Beal-Enc.  IV.  S.  1165—1181.  Wissowa,  zur  innem  Geschichte 
des  zweiten  Jahrh.  n.  Chr.  aus  Lukian ,  Breslau  1848.  1853.  4.  W.  A.  Pas- 
sow,  Lukian  und  die  Geschichte,  Meiningen  1854.  24  8.  4. 

5.  Ueber  den  Astronomen,  Mathematiker  und  Geographen  Claudios 
Ptolemaeus  in  Alexandria  vgl.  die  Literaturübersicht  von  Bahr  in  Pauly's 
Real-Enc.  VI,  1.  S.  238—242,  Nr.  51,  und  E.  Schönfeld,  ebd.  I,  1.  S.  783 
—787. 


333«  Die  hervorragendste  und  bezeichnendste  Gestalt  der 
Zeit  ist  der  Rhetor  M.  Cornelius  Fronto  aus  Cirta  (etwa  90— 
168  n.  Chr.),  schon  unter  Hadrian  hochangesehen  als  Redner, 
unter  Antoninus  Pius  Lehrer  des  M.  Aurelius  und  L.  Verus, 
Consul  143  n.  Chr.  Wir  besitzen  von  ihm  vorzugsweise  den 
grössten  Theil  seines  Briefwechsels  mit  M.  Aurelius  als  Thron- 
folger und  als  Kaiser.  Der  Rhetor  erscheint  darin  eitel,  süss- 
lich,  verschroben,  mit  wenig  Geist  imd  viel  Geschmacklosigkeit, 
aber  kenntnissreich,  ein  eifriger  Verehrer  der  alten  romischen 
Literatur  und  eifrig  bemüht  für  ihre  Verbreitung,  dabei  ein 
ehrenwerther  Charakter,  rechtlich  und  freimütig,  seine  einfluss- 
reiche Stellung  nie  missbrauchend,  ein  treuer  Gatte  und  Freund 
und  ein  väterlicher  Berather  seiner  Schüler,  deren  Dankbarkeit 
in  den  nächsten  Zeiten  seinem  Namen  hellen  Glanz  verschafit  hat 

1.  Geburtstag  des  Fronto  bald  nach  Neigahr;  b.  ep.  ad  Caes.  Y,  32 
vgl.  30  f.  u.  p.  94  Naber.  Cirtends  noerter,  Minuc.  Fei.  Oct.  9;  vgl,  Fronto 
p.  242:  A^ßvg  täv  Aißvatv^  auch  p.  122.  200  f.  Amtliche  Laufbahn  tot 
dem  Consnlat  in  der  Inschrift  bei  Hemer,  Inscr.  de  T^Ug.  2717:  M.  Comelio 
T.  f.  Quir.  Frontoni  Illvir.  capitaL,  Q.  provinc.  Sicil.,  AediL  pU  Fraetori, 
municipes  Calamensinm  patrono.  Das  Patronat  von  Cirta  lehnt  er  ab  ep. 
p.  200  f.  Consul  148  »  896  d.  St.  für  die  Monate  JuH  und  August;  s.  ep. 
ad  Caes.  U,  1.  7.  8.  10.  p.  32.  34.  243,  1.  254  g.  £.  Anson.  grat  ad 
p.  290  f.  Bip.  Als  Proconsul  sollte  er  Asien  verwalten  (ad  Caes.  Y,  36  ad 
Ant.  Pi.  8),  erhielt  aber  seiner  Gesundheit  wegen  Befreiung  von  diesem 
Posten  (p.  169).    Er  erlebte  noch  die  Regierung  der  diyi  fratres  (J.  161— 


^ 


333.    Fronto.  731 

169)  und  die  Caesarwürde  des  Commodus  (Oct.  166;  vgl.  ep.  p.  161  f.:  malim 
mihi  nummam  Antonini  aut  Commodi  aut  Pii),  nicht  mehr  aber,  wie  es 
sebaint,  den  Tod  des  L.  Veras  (Jan.  169). 

2.  Persönliche  Verhältnisse.  Fronto  p.  232:  quinqne  amisi  liberos; .  . 
qtünqne  omnes  nnnmquemque  semper  unicnm  amisi.  Zuletzt  blieb  ihm 
nur  eine  Tochter,  welche,  wie  ihre  Mutter,  Gratia  hiess  (Gr.  maior  und 
minor,  ad  Caes.  IT,  13.  IV,  6.  p.  86.  70)  und  sich  mit  C.  Aufidius  Victori- 
nuB  (s.  unten  343,  2)  vermählte.  Diese  hatte  zwei  Söhne,  von  denen  der 
eine,  Victorinus  Fronto  (Fr.  p.  181  f.),  bei  dem  Grossvater  Fr.  erzogen 
wurde,  der  andere  drey ährig  in  Germanien  starb.  Vgl.  Fr.  p.  137:  in 
p^ucissimis  mensibus  et  uxorem  carissimam  et  nepotem  trimulum  amisi; 
p.  236:  uxorem  amisi,  nepotem  in  Germania  amisi, .  .  Dedmanum  (einen 
Freund)  nostrum  amisi  (nach  Anfang  162;  vgl.  p.  94:  incolumitate  filiae, 
nepotum).  Üeber  seine  eigene  Gesundheit  hat  Fronto  (bes.  ad  Caes.  V) 
yiel  zu  klagen.  Fast  keinen  Eörpertheil  gibt  es  der  dem  gichtbrüchigen 
Manne  (Gell,  n,  26, 1.  XIX,  10,  1)  nicht  zu  schaffen  machte;  er  klagt  über 
Schmerzen  brachü,  cubiti,  umeri,  genus,  tali,  cervicum,  inguinis  und  in- 
gcdnum,  digitorum  in  sinistro  pede,  plantae,  manus  dexterae,  nervonun, 
articulorum,  membrorum  omnium,  oculoram,  intemati,  über  cholera,  mor- 
BUS  ventris  cum  profiuvio,  fauces  miseras,  tussis,  schlechte  Nächte  u.  s.  w. 
Anwendung  der  Wassercur  z.  B.  p.  169:  victu  tenui  et  aqua  potanda  malam 
valetudinem  .  .  mitigare.    Besitz  der  Maecenatiani  horti  (p.  23). 

3.  Persönlicher  Charakter.  Fronto  p.  235  f.  (nach  dem  Tode  seines 
Enkels):  mors  cum  aderit  .  .  quae  mihi  conscins  sum  protestabor:  nihil  in 
longo  vitae  meae  spatio  a  me  admissum  quod  dedecori  aut  probro  aut 
flagitio  foret;  nullum  in  aetate  agunda  avarum,  nullum  perfidum  fadnus 
meum  extitisse,  contraque  multa  liberaliter,  multa  amice,  multa  fideliter, 
multa  constanter,.  saepe  etiam  cum  periculo  capitis  consulta.  cum  fratre 
optimo  concordissime  vixi.  .  .  honores  quos  ipse  adeptus  sum  numquam 
improbis  rationibus  concupivi.  .  .  studia  doctrinae  rei  familiari  meae 
praetuli  (vgl.  p.  136,  2:  nostrae  res  haud  copiosae;  doch  vgl.  GelL  XIX, 
10,  1  ff.).  .  .  verum  dixi  sedulo,  verum  audivi  libenter.  .  .  quod  cuique 
potni  pro  copia  commodavi.  .  .  neque  me  parum  gratus  qmapiam  reper- 
tos  segniorem  effedt  ad  benefida  quaecumque  possem  prompte  impertienda. 
Vgl.  M.  Aurel.  epist.  in,  17:  a  Marco  Cornelio  meo,  oratore  maxuno, 
homine  optimo.  Die  fast  zärtliche  Anhänglichkeit  seiner  Schüler  an  ihn, 
audi  noch  auf  dem  Throne ,  ist  das  beste  Zeugniss  für  Fronto ;  ebenso  seine 
Briefe  ad  amicos;  vgl.  p.  165:  numquam  ita  animatus  fui,  Imp.  (Ant.  Pi.), 
ut  coeptas  in  rebus  prosperis  amidtias  si  quid  adversi  increpuisset  dese- 
rerem.  In  dem  liebenswürdigen  Briefe  über  seinen  Enkel  p.  181  f.  ent- 
wickelt der  zärtliche  Grossvater  sogar  Humor. 

4.  Fronto  p.  244:  '^q(op  rots  iilv  'A^rjvodotov  xov  notpov,  toxB  9\ 
Jiovvciov  (oben  328,  7)  tov  (litOQog.  p.  73:  a  meo  magistro  et  parente 
Athenodoto  ad  imagines  quasdam  rerum  .  .  animo  comprehendendas  .  . 
institutus  sum.  p.  154:  meus  magister  Dionysius.  Vgl.  p.  169:  Alexandriam 
ad  fa^kniliares  meos  scripsi.  Vielleicht  studierte  er  dort,  ab  Cirtensis.  Die 
LXIX,  18  (J.  136):  Koffv^Xiog  4^pdyT«y,  o  xd  »f«va  x&p  xoxs  'Ptoftaiiov 
tv  dUaig  tpB^iitvog.    Auch  unter  Antoninus  Pius  gerichtlicher  Redner; 


732  ^i^  Kaiserzeii    Zweitos  Jahrhundert  * 

ad  Caes.  V,  27  (ad  agendum  ad  forum  ibam).  34  (in  pluiimis  cansds  a  me 
defensus).  p.  169  (duas  amicorum  causas  .  .  tutatus  sum)  und  p.  252  (vom 
J.  143):  nee  tu  consilium  causarum  agendarum  dimiseriB  aut  tecum  Bimal 
omnia  ora  taceant.  Als  solche  Gerichtsreden  sind  bekannt  pro  Bithynis 
(ad  amic.  I,  14  f.  p.  183  f.),  pro  Ptolemaeensibus  (Charis.  p.  138,  11  K.), 
in  Heroden  Atticum  (ep.  p.  111  g.  E.  <=  138,  3  vgl.  p.  42  f.),  pro  Demonstrato 
Petiliano  (ep.  p.  111  =  137),  in  Pelopem  (Sidon,  epist.  VIII,  10:  M.  Fronto, 
cum  reliquis  orationibus  emineret,  in  P.  se  sibi  praetulit).  Dazu  poli- 
tische, wie  ep.  p.  25:  divom  Hadrianum  .  .  laudavi  in  senatu  saepenumero  . . 
et  sunt  orationes  istae  frequentes  in  omnium  manibus,  und  die  Dankrede 
für  das  Consulat  im  Senat  (p.  105  vgl.  p.  163.  239) ,  die  gratiarum  actio  in 
senatu  pro  CarthaginiensibuB  (p.  260  f )  u.  a. 

5.  Verhältniss  zu  M.  Aurelius  und  Verus.    Capitolin.  Antonin.  phiL 
2,  4  f :  oratoribuB  usus  est  graecis  Aninio  Macro,  Caninio  Celere,  et  Herode 
Attico;  latino  Frontone  Comelio  (vgl.  Dio  LXXI,  35).    sed  raultum  ex  bis 
Frontoni  detulit,  cui  et  statuam  in  senatu  petit.    Eutrop.  VUI,  12:  latinas 
litteras  eum  Fronte,  orator  nobilissimus,  docuit.     Hieronym.  ad  a.  Abr. 
2180  =  166  n.  Chr.  (fast  sein  Todesjahr,  s.  A.  1):  Fronto  orator  insignis 
habetur,  qui  M.  Antoninum  Verum  latinis  litteris  erudivit.    Orelli  1176  ans 
Pisaurum:  M.  Comeli  Frontonis  oratoris,  consulis,  magistri  imperatorum 
Luci  et  Antonini.    Ueberschwänglich  ist  in  den  Briefen  die  Bewunderung 
und  Zärtlichkeit  des  M.  Aurel  gegen^  seinen  Lehrer  (z.  B.  I,  2.   II,  2  f. 
III,  17  ff.),  sowie  die  Liebe  des  Letzteren  zu  seinem  Schüler  (z.  B.  p.  50:  quid 
est  mihi  osculo  tuo  suavius?  ille  mihi  suavis  odor  etc.  74,  1  f.:  si  quandote.. 
video  in  somnis  numquam  est  quin  amplectar  et  exosculer),  die  sidi  öfters 
in  Schmeicheleien  ergiesst,  obwohl  er  ihm  gelegentlich  auch  die  Wahriidt 
sagt  (besonders  p.  74,  7  ff.  vgl.  p.  64  f.  66.  95  ff.).     Und  wie  der  Schjtiler, 
namentlich  seit  er  Kaiser  geworden,  sich  von  der  Rhetorik  ab  und  der 
Philosophie  zuwendet,  versucht  Fronto  alle  Tonarten,  von  der  Wehmut 
bis  zur  Bitterkeit,  um  ihn  von  dieser  vermeintlichen  Verirrung   zurück- 
zubringen.    Vgl.  p.   142.   144-146.    148.    153  f.    16L     So  p.  150:  tu  mihi 
videre  .  .  laboris  taedio  defessus  eloquentiae  Studium  reliquisse,  ad  philo- 
sophiam  devertisse,  ubi  nullum  prooemium  cum  cura  excolendum,  nulla 
narratio  brcviter  et  dilucide  .  .  collocanda,  nuUae  quaestionea  partiendae, 
nulla  argumenta  quaerenda,  nihil  exaggerandum  etc.    Fast  komisch  wirkt 
es  wie  er  weiterhin  dieses  verlassene  Paradies  ihm  ausmalt    Sehr  ernsthaft 
aber  p.  155:  fateor  .  .  unam  solam  posse  causam  incidere  qua  causa  claa- 
dat  aliquantum  amor  erga  te  mens,  —   si  eloquentiam  neglegas.    Etwas 
boshaft  schreibt  er  ihm  p.  227:  Chrysippum  tuum,  quem  quotidie  ferunt 
madescere  solitum;  noch  stärker  an  seinen  Schwiegersohn:  non  sine  metu 
fui  ne  quid  philosophia  perversi  suaderet  (dem  M.  Aurel).    Der  Schüler 
bekennt  als  Kaiser  {sig  ^avt.  I,  11)  von  Fronto  gelernt  zu  haben  rd  hi\ 
öT^öcci  ola  17  tvQUvvixTi  ßaa%avia  nal  noiiLilCa  %aX  vn6%Qt6ig  %ai  oti  os 
inlnav  ot  %alovfisvoi  ovtoi  nag'  '^fiiv  BvnatQi&ciL  daroQy6tSQo£  xag  M- 
Vgl.  an  Fronto  III,  12  (p.  49):  me  felicem  nuncupo  .  .  quod  verum  dicere 
ex  te  disco. 

6.  Die  Lieblingsschxiftsteller  des  Fronto,  deren  Studium  er  aach 
seinen  Schülern  dringend  empfahl,  waren  Plautus,  Ennius,  Cato,  QraccliBi) 


333.    Pronto.  733 

Lacretius,  Laberios,  SaHastioB;  vgl.  p.  62.  ad  Caes.  II,  3  f.  13  f.  III,  11.  18. 
lY,  5  u.  sonst.  Terenz  und  Vergil  werden  bei  ihm  nicht  erwähnt;  doch 
fiuden  sich  Anklänge  an  Ver£^l,  Horaz  (Hertz,  Renaissance  S.  47  f.  A.  76) 
und  Tacitus  (ep.  p.  144  =>  Bist.  IV,  6).  Eine  entschiedene  Antipathie  hegt  er 
gegen Seneca,  als  Philosophen  und  als  seinen  stilistischen  Gegenfüssler;  s.oben 
272,  1.  Ironisch  p.  224:  ut  homo  ego  multum  facundus  et  Senecae  Annaei 
seetator.  Den  Cicero  rühmt  er  manchmal,  namentlich  wo  ihm  gegen  Ver- 
ächter der  Beredtsamkeit  dessen  Ansehen  willkommen  ist,  wie  p.  145 
(tribunalia  Catonis  et  Gracchi  et  Ciceronis  orationibus  celebrata).  Vgl. 
p.  125  u.  184,  2  f.  (ut  aestimes  nostrum  mediocre  ingenium  qnantum  ab 
illo  eximiae  eloquentiae  viro  abfuat).  Die  Briefe  Ciceros  zieht  er  dessen 
Reden  vor;  s.  oben  170,  1.  Auch  behaupteter  (p.  63):  eins  scripta  omnia 
studiosissime  lectitavi.  Oefters  aber  hat  tuUianud  bei  Fronte  eine  halb 
geringschätzige  Färbung;  vgl.  p.  23.  25.  76  (oratiunculae).  98  (sententiae). 
Auseinandersetzung  mit  der  Schreibweise  Cicero^s  p.  63  f.,  z.  B.:  mihi  vide- 
tur  a  quaerendis  scrupulosius  verbis  procul  afuisse ,  vel  magnitudine  animi 
vel  fuga  laboris  vel  fidncia.  .  .  itaque  .  .  in  Omnibus  eins  orationibus  pau- 
cissima  admodum  reperias  insperata  atque  inopinata  verba,  quae  nonnisi  cum 
studio  atque  cura  atque  vigilia  atque  multa  veterum  carminum  memoria 
indagantur  (was  Fronto's  Stärke  und  Fehler  ist).  Doch  erkennt  er  dabei 
an:  multo  satius  est  volgaribus  et  usitatis  quam  remotis  et  requisitis  uti, 
ai  parum  significet  (p.  63  f.  vgl.  III,  1.  p.  40.  161  f.). 

7.  Erhaltene  Schriften.  Briefwechsel  mit  M.  Aurel  als  Thronfolger 
(M.  Caesar)  5  Bücher  und  als  Kaiser  (Antoninus  Augustus),  ursprünglich 
wohl  gleichfalls  5  Bücher  (ad  Marcum  invicem  IV,  Charis.  p.  197.  Vgl. 
p.  223,  8  f.  E. ;  ad  Antoninum  quinto ,  ib.  p.  223,  27  f.),  wovon  aber  kaum 
zwei  auf  uns  gekommen  sind.  Femer  (p.  113—138  N.)  ad  Verum  Imp. 
Aurelium  Caesarem  zwei  Bücher,  worin  besonders  ausführlich  II,  1  der 
ekstatische  Preis  einer  epistula  des  Veras.  Dazu  Briefwechsel  mit  Anto- 
ninus Pius  (p.  163—171)  und  zwei  Bücher  ad  amicos  (p.  172—201),  auch 
Briefe  in  griechischer  Sprache  (p.  174.  239—251).  Gleichfalls  an  M.  Aure- 
lius  gerichtet  sind  die  Abhandlungen  de  eloquentia,  deren  Werth  im  Ver- 
gleich  mit  der  iPhilosophie  (p.  139—148)  und  de  orationibus  (p.  155—162), 
sowie  die  Zuschrift;  de  hello  parthico  (p.  217—222)  und  die  prindpia  histo- 
riae  betitelte  (p.  202—210  N.),  welche  die  militärische  Thätigkeit  des  Veras 
(d.  h.  seines  ünterfeldherrn,  des  Avidius  Cassius)  im  Orient  panegyrisch 
behandelt.  Dem  M.  Aurel  als  Caesar  gewidmet  sind  die  f  acetiarum  et  volupta- 
üs  causa  (p.  212  vgl.  p.  228,  2)  geschriebenen  laudes  fumi  et  pulveris  und 
landes  neglegentiae  (p.  211 — 216);  ihm  als  Kaiser  die  Briefe  de  feriis  abi- 
ensibus  (p.  223—231),  eine  heitere  Aufforderung  die  Ferien  zur  Erholung 
zu  benützen;  feraer  des  Kaisers  Trostschreiben  an  Fronte  wegen  des  Tods 
seines  Enkels  und  Fronto*^  Antwort  darauf  (p.  231 — 236).  Auch  der  iQoa- 
ti%6g  (p.  255-259),  ein  Gegenstück  zu  den  beiden  in  Piatons  Phaedrus, 
ist  eingeleitet  durch  Briefe  des  M.  Caesar  aus  Fronto's  Consulatsjahr.  Einen 
rhetorischen  Zweck  hat  auch  die  Erzählung  von  Arion  (p.  237  f.).  Endlich 
trägt  den  Namen  des  Fr.  ein  geringhaltiges  grammatisches  Schriftchen, 
de  dififerentiis  vocabulorum  (bei  Gothofredus  p.  1327 — 1335,  Putsche  p.  2191 
-^2203;  auch  in  Mai^s  und  Niebuhrs  Ausgg.  d.  Fr.),   welches  höchstens 


734  ^^  Kaiserzeit.    Zweites  Jahrhundert. 

dnrch  Benatzang  der  Sdiriften  des  Fr.  Ansproph  auf  jenen  Namen  haben 
kann. 

8.  Ueber  die  Abfassungszeit  der  Briefe  vgl.  Nabers  Ausg.  p.  XX— 
XXX.  Das  zweite  Buch  ad  Caes.  ist  aus  dem  Consulat  Fronto's ;  das  erste 
zeigt  den  Caesar  als  22jährig  (p.  23,  3),  das  vierte  als  25  J.  alt  (p.  75  g.E.]. 
Der  Inhalt  ist,  als  Correspondenz  zwischen  einem  Lehrer  der  Rhetorik  und 
seinem  Schüler,  für  die  Zeitgeschichte  wenig  fruchtbar,  vielmehr  oft  klein- 
lich, einförmig  und  sich  wiederholend  (p.  111  =  137  f.;  p.  136  =  176,  1  f.; 
p.  149  SB  159) ,  aber  dabei  doch  lehrreich  und  in  seiner  Art  anziehend.  Die 
Mischung  von  Oriechisch  und  Latein  geht  bis  ins  Maccaronische  (in  hac 
iUove  III,  8.  p.  47,  1).  Aber  zugleich  verfolgt  den  Fronto  auch  in  die 
Briefe  hinein  seine  Manier,  die  gewundene,  tändelnde  Sprache  mit  ein- 
gesprengten alterthümlichen  und  seltsamen  Worten  (z.  B.  fragio),  imd  das 
Schulmeistern  kann  er  nicht  lassen  weder  nachdem  sein  Zögling  den  Thron 
bestiegen  noch  in  eigenem  Schmerze  (de  nepote  amisso  p.  233,  7  ff. :  fata  a 
fando  appellata  aiunt:  hoccine  est  recte  fari?].  Noch  unmittelbarere  Prob^ 
der  elocutio  novella  (p.  153),  der  omatae  et  pompaticae  orationes  (p.  55, 1) 
mit  ihrem  mühseligen  (ad  Caes.  11,  1)  Aufputz  sind  die  rhetorischen  Ab- 
handlungen; die  von  geschichtlichem  Inhalte  zugleich  Muster  der  schlim- 
men Art  von  Geschichtsbehandlung  welche  den  geschichtlichen  Stoff  ledig- 
lich als  Mittel  für  rhetorische  Zwecke  verwendet.  Sehr  unrichtig  ist  daher 
jedenfalls  das  Urteil  von  Eumenius  (paneg.  Constant.  14,  2]:  Fronto  ro- 
manae  eloquentiae  non  secundum,  sed  alterum  decus.  In  ähnlicher  Weise, 
voll  pedantischer  Gelehrsamkeit,  waren  auch  die  mündlichen  Erörterungen 
Fronto's  und  seiner  damaligen  Fachgenossen  gehalten,  nach  den  Proben 
bei  Gellius  11,  26.  XIII,  29.  XJX,  8.  *10.  13.  Keine  der  Abhandlungen  weist 
über  das  J.  160  zurück. 

9.  Schriften  des  Fronto  (abgesehen  von  der  de  differentiis)  kennen 
wir  erst  durch  Ang.  Mai,  der  den  einen  Theil  zu  Mailand  in  der  Ambro- 
siana,  den  andern  zu  Bom  in  der  Vaticana  in  einer  rescribierten  Hand- 
schrift aus  dem  Kloster  Bobbio  auffand  und  herausgab  (Mediol&n.  1315 

>.  und  Rom.  1823  u.  1846).    Die  ursprüngliche  Schrift  ist  ans  saec.  VI,  die 

Erhaltung  aber  sehr  trümmerhaft.  Abdruck  der  Mailander  Auag.  Frank- 
furt 1816,  besser  durch  Niebuhr  (mit  Beiträgen  von  Buttmann  und  Hein- 
dorf) Berolini  1816.  Nach  einer  Nachvergleichung  von  du  Rieu  recensoit 
S.  A.  Naber,  Lips.  (Teubner)  1867.  XXXVI  u.  296  pp. 

10.  Beiträge  zur  Textkritik  von  L.  Schopen  (Bonn  1830.  1841.  4.},  H.  Alan 
(Dublin  1841),  A.  Philibert  Soupd  (de  Fr.  reliquüs,  Amiens  1853),  J.  Mählj 
(Phüologus  XVII.  S.  176—178.  XIX.  S.  159—161),  M.  Haupt  (de  emenda- 
tione  librorum  Fr.,  Berlin  1867.  4.),  R.  ElHs  (Journal  of  philology.  I,  Lon- 
don 1868,  p.  15  ff.). 

11.  Frdr.  Both,  Bemerkungen  über  die  Schriften  des  M.  Com.  Fronto  und 
über  das  Zeitalter  der  Antonine,  Nürnberg  (1817.)  24  S.  4.  =a  Sammlaog 
etlicher  Vorträge  (Frankfurt  1851}  Nr.  3.  Niebuhr,  kleine  Schriften  IL 
S.  52  ff.  F.  A.  Eckstein  in  Ersch  u.  Gruber  Enc.  I,  51.  S.  442—446.  M.  Berts, 
B.enai8sance  u.  s.  w.   S.  26 — 29. 

12.    Firmic.  Mat.  math.  II.  praef.  (p.  15  ed.  1551) :  Antisda  Hipparchi 


333  f.    Fronto  u.  a.  Bhetoren.  735 

secixtus  est  Fronto,  quae  uullam  vün  habent  nollamque  substantiam.  et 
sunt  qaidem  in  Frontone  pronuntiationis  atqae  apotelesmatnm  verae  sen- 
tentiae,  antisciorum  vero  inefficaz  Btadium;  quod  quidem.  secutus  est  quia 
rationem  veram  non  fuerat  assecutus.  .  .  apotelesmata  et  Fronto  veriasime 
scripsit,  quae  Graecorum  libris  ac  monumentis  abundantissime  continentur. 
Was  für  einen  Fronto  hier  Firm,  meint  ist  unbekannt;  vielleicht  den  Stoiker 
(oben  311,  3). 

334.  Mit  Fronto  befreundet  waren  die  Fachgenossen  Favo- 
rinus^  Herodes  Atticus,  sowie  der  Geschichtschreiber  Appianos^ 
welche  aber^  wie  auch  ArrianuS;  sämmtlich  nur  in  griechischer 
Sprache  schrieben. 

1.  Gelliu8  II,  26,  1:  Favorinus  philosopbus  cum  ad  M.  Frontonem 
consularem,  pedibus  aegrum,  visum  iret  etc.  Fronto  p.  216  N.:  Favorinus 
noster.    Vgl.  oben  328,  4. 

2.  Zwischen  den  beiden  Prinzenlehrem  und  ßhetoren  (s.  333,  5)  Fronto 
und  Herodes  Atticus  fehlte  es  zwar  nicht  an  Beibungen,  wie  es  scheint 
mehr  durch  Schuld  des  Letzteren  (vgl.  333,  4),  und  M.  Aurel  hatte  zwischen 
beiden  zu  vermitteln  (Fronto  p.  60  f.).  Doch  stellte  sich  schliessUch  für 
die  Dauer  ein  gutes  Einvernehmen  her.  Fronto  p.  111  u.  138:  fieri  ami- 
cissimum,  tarn  hercule  quam  est  Herodes  summus  nunc  meus^  quamquam 
extet  oratio  (gegen  ihn).  Vgl.  über  diesen  Ti.  Claudius  Atticus  Herodes 
aus  Marathon  (J.  101—177  n.  Chr.)  Philostr.  vit.  soph.  II,  1  und  K.  Eeil 
in  Pauly's  Real-Enc.  I,  2.  S.  2096—2104.  H.  Kämmel  in  Jahns  Jahrbb. 
102,  S.  1—24.    Vgl.  unten  336,  5. 

3.  Ueber  Appianus  aus  Alexandria  s.  A.  Westermann  in  Pauly's 
Beal-£nc.  I,  2.  S.  1340 — 1345.  Schreiben  desselben  an  Fronto,  worin  er 
ihm  zwei  Sklaven  als  Geschenk  anbietet,  und  ablehnende  Antwort  des 
Fronto  p.  244—251  Naber. 

4.  Hieronym.  ad  a.  Abr.  2163  »b  149  u.  Chr.:  Arrianus  philosophus 
(und  Historiker)  Nicomedensis  agnoscitur  et  Maximus  Tyrius.  Arrianos 
war  J.  131  Statthalter  von  Eappadokien.  Vgl.  Westermann  in  Pauly's 
Beal-Enc.  I,  2.  S.  1762-1767.  Gleichzeitig  ist  auch  der  Traumdeuter  Arte- 
midoros  6  Jaldiavog  (Westermann  ebd.  S.  1790  f.  Nr.  2). 

5.  In  lat-einischer  Sprache  ist  aus  dieser  Zeit  inschriftlich  erbalten 
die  Grabrede  auf  Murdia  L.  f.  mater  bei  OreUi  4860.  A.  F.  ßudorff,  über 
die  Laodation  der  Murdia,  Berlin  1869.  47  S.  4.  (AbhandL  d.  Berl.  Akad.). 

335.  Die  Gelehrsamkeit  und  Grammatik  war  in  dieser  Zeit 
populär:  überall;  auf  Markt  und  Strasse  und  in  öfiPenÜichen  Ge- 
bäuden wie  in  Privatwohnungen,  bei  Mahlen  wie  bei  Kranken- 
besuchen wurden  vor  einem  aufmerksamen  Hörerkreise  gelehrte 
Fragen  erörtert,  auch  in  schriftlichen  Anfragen  und  Antworten 
in  der  Weise  der  Juristen.  Der  angesehenste  Vertreter  dieser 
Richtung  ist  C.  Sulpicius  Apollinaris  aus  Karthago,  der  Leh- 
rer des  Gellius,  sowie  des  Pertinax,  Verfasser  von  quaestiones 


—   ^    ■  f 


736  I^ic  Eaiserzeit.    Zweites  Jahrhundert. 

epistolicae  und  metrischen  Inhaltsangaben  zu  Plautus,  Terenz 
und  der  Aeneis.  Neben  ihm  ist  besonders  Ammtius  Celsus  zu 
nennen,  welcher  gleichfalls  sich  der  Erforschung  der  alten  Lite- 
ratur widmete. 

1.  Zur  Charakteristik.  Gellins  XIX,  13,  1 :  stabant  forte  ona  in  Teati- 
bnlo  palatii  fabulantes  Fronto  Comelins  et  Festus  Postuinius  (unten  S42,  1) 
et  Apollinaris  Sulpicius,  atque  ego  ibi  adsistens  cum  quibusdam  alüs  ser- 
mones  eomm  qnos  de  litterarum  disciplinis  habebant  curiosiuB  captabam. 
XVni,  4,  1:  in  Sandalario  forte  apud  librarios  faimus,  cum  ibi  in  multo- 
rum  hominum  coetu  Apollinaris  Snlpicins  iactatorem  quempiam  Sallustiaoae 
lectionis  inrisit  inlnsitque.  XUT,  20,  1:  cum  in  domus  Tiberianae  byblio- 
theca  sederemuB  .  .  prolatus  forte  liber  est  etc.  tum  quaeri  coeptum  est 
etc.  XIX,  10,  1  ff.:  memini  me  quondam  et  Celsinom  luliam  Numidam 
(vgl.  ib.  7,  2}  ad  Frontonem  Comelium,  pedes  tunc  graviter  aegrum,  ire 
et  visere.  .  .  offendimus  eum  cubantem  .  .  circumundiqae  sedentibns 
multis  doctrina  aut  genere  ant  fortnna  nobilibus  viris.  Aus  Anlass  eines 
Eostenüberschlags  fQr  ein  Bad  entspinnt  sich  eine  Erörterung  über  den 
Ausdruck  praeterpropter. 

2.  Gell.  rV,  17,  11:  equidem  memini  Sulpicium  Apollinarem, 
virum  praestanti  litterarum  sdentia,  .  .  dicere.  XII,  13,  1:  Sulpicium  Ap., 
doctum  hominem.  XIII,  18,  2  f.:  ad  S.  A.,  hominem  memoriae  nostrae 
doctissimum,  .  .  nam  id  tempus  ego  adulescens  Bomae  sectabar  eum  dis- 
cendi  gratia.  ib.  20,  5:  Apollinaris,  ut  mos  eins  in  reprehendendo  fuit^ 
placide  admodum  leniterque.  XVI,  5,  6:  Sulpicium  Ap.  memini  dicere, 
yimm  eleganti  scientia  omatum.  XVUI,  4,  1 :  A.  S.,  vir  in  memoria  nostia 
praeter  alios  doctus.  lieber  des  Gellius  Verhältniss  zu  ihm  s.  unten  340, 1. 
Capitolin.  Pert.  1,  4  (s.  A.  5).  Gellius  XV,  5,  3:  Sulpicius  Ap.  in  quadam 
epistula  scriptum  reliquit.  Vgl.  ib.  XIII,  18,  3.  In  diesen  quaestiones 
epistolicae  war  namentlich  auch  Vergil  berücksichtigt  (vgl.  Gell.  II,  16,  8  ff.), 
von  dessen  Aeneis  vielleicht  er  selbst  eine  Ausgabe  veranstaltete  und  für 
diese  die  drei  Disticha  bei  Sueton.  p.  63  Rffsch.  (de  qua  re  Snlpidi  Cär- 
thaginiensis  extant  .  .  versus)  verfasste,  sowie  die  Inhaltsangaben  zu  den 
12  Büchern  je  in  6  Hexametern  in  Meyer's  authoL  iat.  223  (p.  73—75). 
Und  da  er  auch  zu  den  terenzischen  Stücken  Inhaltsangaben  in  je  12  Se- 
naren  verfasste  (oben  98,  6),  so  ist  sehr  wahrscheinlich  die  Vermatong 
von  Bitschi  (Trin.  p.  CCCXVIII)  dass  die  zu  den  plautinischen  in  je  15  Se- 
naren  (oben  88,  2)  gleichfalls  von  ihm  herrühren.  Gräfenhan,  Ztschr.  L 
d.  Alt.  Wiss.  1847,  S.  19  f    Ribbeck,  prolegg.  in  Vergil.   p.  173  f. 

3.  Arruntius  Celsus  (Charis.  p.  213,  18.  222,  6  u.  30  E.),  ein  Gramma- 
tiker der  schon  von  Julius  Bomanus  benützt  war  und  dessen  kurze  Er- 
läuterungen  zu  einzelnen  Ausdrücken  bei  Plautus  und  Terenz  sowie  in 
Aen.  XI  bei  Charisius,  Donatus  (ad  Phorm.  I,  2,  32)  und  Prisdan  öften 
angefahrt  werden  (meist  unter  dem  Namen  Celsus,  seltener  Arruntius)- 
Förmliche  Commentare  zu  jenen  Dichtem  scheint  er  aber  nicht  verfiMi 
zu  haben.    Ritschi  Parerga  p.  367—370.    Ribbeck  Prolegg.  p.  26  f. 

4.  Ein  gelehrter  Dilettant  war  Erucius  Clarus,  qui  praef.  urbi  et  lyn 
consul  fiiit,  vir  morum  et  litterarum  veterum  studiosiasimas ,  C^eU.  Sllt 


336  f.    Grammatiker:  Sulpicina  Apollinaris  u.  A.  737 

18,  2  und  3  (vir  ernditua)  vgl.  VII,  6,  12.  Er  ist  wohl  der  Sex.  Erudus, 
Sohn  des  Redners  Erucius  Claras  unter  Trajan  (oben  318,  4),  welchem 
iuvenis  probissimos  Plinius  die  Qaästar  and  das  Volkstribouat  verschafifte 
(Plin.  Epist.  II,  9)  and  welcher  J.  146  n.  Chr.  cos.  II  war.  Vgl.  Fronte 
p.  166  N.   Dio  LXVm,  30. 

6.  Gellios  II,  3,  6:  venit  nobis  in  memoriam  Fidinm  Optatum,  multi 
nominis  Bomae  gprammaticuni ,  ostendisse  mihi  librum  etc. 

6.  Capitol.  Helv.  Pert.  1,  4  f.:  puer  litteria  elementariis  et  calculo 
imbotus,  datas  etiam  graeco  grammatico  atque  inde  Sulpicio  ApoUinari 
(A.  2),  post  quem  idem  Pertinax  grammaticen  professus  est.  sed  cum 
in  ea  minus  quaestus  proficeret,  per  Lollianum  Avitum,  consularem  virum 
(Cos.  144  n.  Chr.),  . .  ducendi  ordinis  dignitatem  petit.  Geboren  war  Pert. 
1  Aug.  126,  Cos.  179  und  192;  drei  Monate  lang  Kaiser  und  ermordet 
J.  193  r=  946  d.  St. 

7.  Capitol.  Pert.  12,  7:  adhibebat  (cenis)  .  .  Yalerianum,  qui  cum 
eo  docuerat,  ut  fabulas  litteratas  haberet. 

8.  Ans  dieser  Zeit  ist  vielleicht  der  Aurunker  Fusius  Philocalus ,  magi- 
ster  Indi  litterari,  summa  quem  castitate  in  disdpulos  suos,  idemque  testa- 
menta  scripsit  cum  fide,  nach  seiner  Inschrift  im  Hermes  I.  p.  148  = 
Bücheier,  Greifswalder  Sommerkat.  1870,  p.  19  f. 

9.  Ungenannte  Grammatiker  und  Gelehrte  der  Zeit  bei  Gellios  z.  B. 
XIX,  10,  7  (grammaticum  haud  incelebri  nomine  Bomae  docentem).  13,  4 
(grammatico  cuipiam  latino,  Frontonis  famüiari).  V,  4,  2  (grammaticus 
quispiam  de  nobiHoribus).  XIV,  6,  1  (duos  grammaticos  non  parvi  in  urbe 
Roma  nominis).  Vgl.  I,  7,  4  (amicus  noster,  homo  lectione  multa  ezer- 
citos,  cui  pleraque  omnia  veterum  litterarum  quaesita  .  .  erant).  V,  21 
(vir  adprime  doctus,  mens  amicus).    X,  1,  1—3.   XIV,  6,  1. 

336.  Die  Philosophie  ^  insbesondere  der  Stoicismus^  hatte 
zwar  nicht  so  zahlreiche  Bekenner  wie  die  Rhetorik^  doch  wachs 
deren  Bedeutung  seitdem  der  junge  Thronfolger  dafür  eine  Leiden- 
schaft bekundete.  Originalität  besass  keiner  dieser  Philosophen; 
ehrenwerthen  Charakter  aber  Junius  Rusticus.  Der  platonischen 
Richtung  huldigte  in  Athen  Calvisius  Taurus.  Auch  das  Christen- 
thum  hatte  schon  jetzt;  wenigstens  im  Osten,  dogmatische  Ver- 
fechter. 

1.  Ueber  die  verhältnissmässige  Seltenheit  der  fpilocotpovvteg  s.  oben 
332,  2. 

2.  Capitol  M.  Ant.  philos.  2,  6  ff.:  phüosophiae  operam  vehementer 
dedit,  et  quidem  adhuc  puer.  .  .  usus  est  etiam  Commodi  magistro,  . 
ApoUonio  Chalcedonio  stöico  philosopho  (vgl.  ad  Front.  V,  36:  Apollonius 
magister  mens  phüosophiae).  3,  2  f.:  audivit  et  Sextum  Chaeronensem 
Plutarchi  nepotem  (vgl.  Dio  LXXI,  1.  Philostr.  vit.  soph.  II,  1,  9),  lunium 
BuBÜcum ,  Claudium  Maximum  (s,  A.  4)  et  Cinnam  Catulum ,  stoicos.  peri- 
pateticae  vero  studiosum  audivit  Claudium  Severum.  Dio  LXXI,  35 :  dtSa- 
cndXovg  ilxs  xAv  in  (piloaotpiag  Xoyoav  tov  t£  *Pov<iti%ov  tov  'lovviov  nal 

Teoffel,  röm.  Literatorgetehichte.  47 


WT'-m''^^ 


738  ^^^  Kaiserzeit.    Zweites  Jahrhundert. 

'ÄTtoXldviov  Tov  NixoyLfidia,  tovg  Zrjvavsiovg  loyovg  iiBlstmvtas,  Hiero- 
nym.  ad  a.  Abr.  2165  =151  d.  Chr.:  Apollonius  stoicuB  natione  Chalci- 
dicus  et  Basilides  Scythopolitauns  philosophi  inlastres  habeutor,  qni  Veris- 
simi  quoqae  Caesaris  praeceptores  faerunt.  M.  Aoreliaa  selbst  nennt  {dg 
savt.  l,  6  ff.)  als  Solche  die  auf  seine  philosophische  Richtung  Einflosa 
hatten:  Jioyvrjtog,  'AnoXlooviogj  2i^t6g,  ^AXi^ccvögog  6  nlaxavinogy  Kdxov- 
Xog.  Fronto  p.  115,  6  ff.:  quid  nostra  memoria  Euphrates,  Dio,  Timocrates, 
Athenodotus?  quid  horum  magister  Musonius? 

3.  Capitol.  1.  1.  (s.a.  2):  luuium  Busticum  .  .  et  reveritus  est  et 
sectatus,  qui  domi  miUtiaeque  pollebat,  Btoicae  disciplinae  peritissimum, 
cum  quo  omnia  communicavit  publica  privataque  consilia,  .  .  quem  et 
consulem  iterum  designavit  (II  J.  162  n.  Chr.),  cui  post  obitum  a  senatu 
statuas  postulavit.  Dig.  XLIX,  1,  1,  3  aus  einem  rescriptum  divornm  fra- 
trum :  . .  ad  lunium  Rusticum  amicum  nostrum,  praef.  urbi.  M.  Aurel.  sig 
savT.  ly  7:  nagä  *Povati%ov  .  .  to  fii^  ititgun^vai  slg  SijXov  aotpiatmov  .. 
xal  t6  axoOTTJpai  (rjtOQin'^g  %al  notfjtixrjg  nal  düXBioXoyCotg  ,  .  xal  to 
dxQißäg  dvayiyvmoxnv  .  .  xal  t6  ivtvxBiv  roig  'Emntrjvsioig  vMOiivii' 
liaatVy  mv  otnod-sv  iJkStiSaxsv,  Themist.  or.  XIII.  XVII.  Orelli  1190  (L. 
lunius  Rusticus  philosophus  stoicus).  Vielleicht  aber  ist  er  der  Q.  Ion. 
Rust.,  Consul  (unter  Antoninus  Pius)  mit  Q.  Flavius  Tertallus  (Gmter 
p.  131,  3). 

4.  Der  Stoiker  Claudius  Maximus  (A.  2)  ist  wohl  der  Md^mag 
welchen  M.  Aurel  eig  iavx.  I,  15  {noiQd%Xriaig  Ma^CpLOv  xo  ugaxBiv  Savxov) 
als  för  seine  Bildung  einflussreich  und  VIII,  25  als  längst  (vor  seiner  Gat- 
tin Secunda)  gestorben  erwähnt.  Er  ist  daher  wohl  auch  der  Claudius 
Maximus  vor  welchem,  als  Proconsul  in  Africa  (um  150),  Apulejus  der 
Zauberei  angeklagt  war.  Vgl.  dessen  apol.  19  (virum  tam  austerae  sectae 
tamque  diutinae  militiae).  25  (vir  severus).  36  (pro  tua  eruditione  legisti 
profecto  Aristotelis  .  .  multiiuga  vx)lumina  etc.).  48  (doctrinae  toae  con- 
gruens;  vgl.  ib.  91).  64  (seit  me  vera  dicere  Maximus,  qui  .  .  leg^t  in 
Phaedro  diligenter  etc.). 

5.  GeUius  Xni,  8,  4:  Macedo  philosophus,  vir  bonus,  familiaris 
mens,  .  .  censebat.    lieber  lulius  Aquilinus  s.  unten  343,  9. 

6.  Hieronym.  ad  a.  Abr.  2161  =  147  n.  Chr.:  Taurus  Berytius  plato- 
nicae  sectae  philosophus  clarus  habetur.  Gellius  VII,  10,  1:  philosophos 
Taurus,  vir  memoria  nostra  in  disciplina  platonica  celebratus.  XVUI,  10, 3: 
Calvisius  Taurus  philosophus.  Zur  Methodik  seines  Unterrichts  vgl.  ib. 
I,  26,  1  f.  II,  2,  1  ff.  (ad  philos.  T.  Athenas  visendi  eins  gratia  venerst 
v.  c).  VII,  13,  1  ff.  X,  19.  XVII,  8  u.  20.  XVIH,  10,  3  ff .  XEX,  6,  2  f. 
XX,  4.    Seine  Schriften  waren  alle  in  griechischer  Sprache. 

7.  Hieronym.  ad  a.  Abr.  2192  c=  178  n.  Chr.:   Atticus  platonicae 
sectae  philosophus  agnoscitur  (vielmehr  sein  Todesjahr,  b.  oben  334,  2). 

8.  M.  Aurel.  VIII,  25:   SgifASig  iihv  Xdga^  xocl  Jrnii^xQiog  6  TlXatm- 
vitiog  xorl  st  xtg  xoiovxog,  ndvxa  iq>iifiB(fa,  xsd'vrinoxa  ndXai. 

9.  Hieronym.  ad  a.  Abr.  2157  =  143  n.  Chr.:  lustinus  philosophus 
Ubrum  pro  nostra  religione  scriptum  Antouino  tradidit.    2170  =  156  u.  Chr«* 


j 


SS6  f.   Philosophie  und  Geschichte  unter  Antoninus.  Ampelius.     739 

Crescens  cynicos  agnoscitur,   qui  lustino    nostri  dogmatis  philosopho  .  . 
persecationem  sosoitavit. 

10.  Der  Freund  des  Lukian  und  Epikureer  Kilaog^  welcher  gegen 
die  Magie  geschrieben  hatte  und  welchem  Lukian  seinen  ^AXi^avdgog  wid- 
mete (c.  1.  21.  61),  wird  von  den  Scholien  zu  Alex.  1  mit  dem  kenntniss- 
reichen und  scharfsinnigen  Gegner  des  Christenthums  identificiert  gegen 
welchen  Origenee  seine  acht  Bücher  contra  Celsum  schrieb  und  über  wel- 
chen s.  F.  C.  Baur,  Kirchengeschichte  der  drei  ersten  Jahrh.  '  S.  382—409. 

337.  Für  den  Betrieb  der  Geschichte  war  wenig  günstig 
die  Herrschaft  der  rhetorischen  Phrase  und  die  Windstille  der 
Zeit.  Vielleicht  verfasste  damals  L.  Ampelius  seinen  liber  memo- 
rialis,  ein  magerer  Abriss  des  Wissenswürdigsten  aus  der  Astro- 
nomie^ Geographie  und  besonders  Geschichte.  Auch  der  Abriss 
der  romischen  Geschichte  aus  der  Zeit  der  Republik,  mit  grosser 
Vorliebe  für  Märchen  und  Wunder,  welcher  den  Namen  des 
Granius  Licinianus  tragt,  ist,  mindestens  in  der  Gestalt  welche 
die  auf  uns  gekommenen  üeberreste  darbieten,  in  diese  Zeit 
zu  setzen. 

1.  Der  liber  memorialis  (50  Capitel)  ist  einem  Macrinus  gewidmet 
(Macrino  suo),  der  nicht  n&her  bezeichnet  wird.  W&re  es  derjenige  wel- 
cher vom  April  217  bis  Juni  218  Kaiser  war  und  am  8  Juni  218  n.  Chr. 
54  (oder  52)  J.  alt  erschlagen  wurde,  so  wäre  die  Ab&ssung  des  Schrift- 
chens ans  Ende  des  Jahrh.  zu  rücken.  Doch  ist  der  Name  Macrinus  häufig 
genug.  Andererseits  ist  der  späteste  in  dem  Schriftchen  erwähnte  Name 
der  des  Tr^janus  (47,  7:  fortuna  Traiani  prindpis;  vgl.  23:  Caesar  Dadcus), 
bei  den  Partherkämpfen  (c.  31)  von  denen  des  L.  Veras  nicht  die  Rede. 
Wohl  aber  ist  neben  Nepos  und  der  Quelle  des  liber  de  viris  illustribus 
(und  für  die  ersten  Capp.  Ni£^dins  Fignlus)  besonders  Florus  benützt  Selt- 
sam spricht  sich  das  Schriftdien  über  die  römische  Verfassung  aus.  c.  29 
u.  18  extr.:  ex  eo  (August)  perpetua  Caesarum  dictatura  dominatur.  c.  30 
wird  sie,  wohl  durch  Ausschreiben  einer  republikanischen  Quelle,  für  eine 
gemischte  erklärt:  nam  et  regiam  potestatem  consules  habent  et  penes  se- 
natum consilii  publici  summa  est  et  plebs  habet  suffiragiorum  potestatem. 
Auch  die  ausgedehnte  Berücksichtigung  des  Orient  spricht  für  nichtitalischen 
Ursprung  des  Verfassers.  In  späteren  Jahrhunderten  (bes.  im  cod.  Theo- 
dos.) ist  der  Name  Ampelius  häufiger. 

2.  Erste  Ausgabe  des  Ampelius-  von  Claudius  Salmasius,  Lugd.  Bat. 
1638  (hinter  Florus)  nach  einem  jetzt  verschollenen  codex  lureti;  dann  in 
den  Ausgaben  des  Florus  von  Düker  u.  A.  Selbständig  von  C.  H.  Tzschucke 
(cum  notis,  Lips.  1793),  F.  A.  Beck  (mit  Comm.,  Leipzig  1826);  von  E.  Wölfi"- 
lin  (Lips.  Teubner  1854)  hinter  Halms  Florus ,  nach  des  Salmasius  Abschrift 
jenes  codex. 

3.  C.  E.  Gläser,  üb.  das  Zeitalter  d.  Amp.,  Rhein.  Mus.  II  (1843) 
S.  145  t.  E.  Wölfflin,  de  L.  Amp.  libro  mem.  quaestiones  criticae  et  histo- 
ricae,  Gotting.  1854.    50  pp.     F.  Bücheier,   Rhein.  Mus.  XIII.   S.   179  ff. 

47» 


740  ^^6  Eaiserzeit.    Zweites  Jahrhundert 

H.  Jacob ,  quaestiones  Amp.,  Cleve  1860.  4  (p.  18—25).  Beiträge  zur  Texi- 
kritik  von  L.  Urlicha  (Rhein.  Mua.  XVII.  S.  632—637),  M.  Zink  (Eo«  II. 
S.  317—328),  A.  Eusaner  (Spec.  crit.,  Wörzburg  1868,  p.  37—42). 

4.  Macrob.  I,  16,  30:  apud  Granium  Licinianum  libro  secondo. 
Sery.  Aen.  I,  737:  Granius  Licinianus  coenae  suae  (V?).  Solin.  polyh. 
II,  12  (p.  37,  12  M.):  Liciniano  placet.  Bios  Granius  bei  Fest.  t.  ricae 
p.  277  M.  SoUn.  n,  40  (p.  44,  18  M.:  Gr.  tradit).  Amob.  adv.  nat  III,  31. 
38.  VI,  7.  Letztere  Citate  können  sich  daher  auch  auf  Granius  Flaccus 
(Macrob.  I,  18,  4)  beziehen,  in  libro  qaem  ad  Caesarem  (den  Dictator?)  de 
indigitamentis  scriptum  reliquit  (Censorin.  d.  n.  3,  2)  oder  in  Hbro  de  iure 
papiriano  (oben  61,  1),  was  von  Festus  wenigstens  sehr  wahrscheinlich  ist 

5.  J.  1853—1855  fand  G.  H.  Pertz  zu  London  im  British  Museum  den 
Licinianus  in  einem  aus  Aegjpten  stammenden  codex  ter  scriptus  (zu  obent 
eine  syrische  üebersetzung  von  Chrysostomus'  HomiUen,  darunter  ein  lat 
Grammatiker,  zu  unterst  licinianus),  aus  13  Pergamentblättem,  welcher  1856 
von  dessen  Sohn  C.  A.  F.  Pertz  näher  untersucht  und  daraus  Berol.  1857.  4. 
herausgegeben  wurde:  Gai  Grani  Licioiani  annalium  quae  supersunt  ete. 
Doch  beruht  der  Vorname  auf  völlig  unsicherer  Lesimg.  Die  Ueberreste 
sind  aus  B.  XXVI,  XXVIII  und  XXXVI  und  beziehen  sich  auf  Ereignisse 
der  J.  591  und  676  d.  St.  Die  Anlage  ist  anuaUstisch.  Wahr-  und  Wunder- 
zeichen, Anekdoten  und  Curiositäten  sind  mit  Umständlichkeit  behandelt, 
auch  wird  ausfßhrlich  gegen  Sallusts  Weise  polemisiert  (s.  oben  194,  3). 
Die  Erzählung  scheint  sich  (etwa  in  40  Büchern)  über  Caesars  Tod  nicht 
hinausersti^ckt  zu  haben;  doch  wird  das  von  Eadrian  vollendete  Olympi- 
eion  zu  Athen  erwähnt  (p.  8  f.  Bonn.:  aedes  Olympii  lovis  Atheniensis  diu 
imperfecta  permanserat).  Diese  Thatsache,  sowie  die  eingehende  Beschät- 
tigung  mit  Sallust  bei  ausdrücklicher  Unterscheidung  von  dessen  Zeit  (tem- 
pora  reprehendit  sua),  und  die  Alterthümelei  (Ariobardianen,  Archelauo), 
passt  am  ehesten  für  das  Zeitalter  der  Antonine.  Weiter  herabzugehen 
missräth  die  Anführung  durch  Solinus  oder  dessen  Quelle,  die  chorographia 
pliniana  (oben  295,  7).  VgL  Mommsen,  Solin.  p.  XXVIIL  Die  Bonner 
Herausgeber  dagegen  (Bücheier  u.  A.)  nehmen  wegen  jener  alterthümlichen 
Formen  Abfassung  des  ursprünglichen  Werkes  unter  August  und  Epito- 
mierung  in  der  Zeit  der  Antonine  an,  Madvig  aber  Entstehung  im  8—4 
christL  Jahrh.  Mit  dem  augusteischen  Zeitalter  fällt  auch  die  Identifieation 
des  Verfassers  mit  Granius  Flaccus  (A.  4). 

6.  Ausgaben  von  Pertz  (A.  5)  und:  Grani  Lidniani  quae  supersunt 
emendatiora  edidit  philologorum  Bonneusium  heptas ,  Lips.  (Teubner)  1858. 
XXU  u.  64  pp. 

Ueber  Lic.  s.  besonders  G.  Linker  in  Fleckeisens  Jahrbb.  LXXVH 
S.  633—640  und  J.  N.  Madvig  inMen  Abhandl.  der  Eopenhagener  Gesell- 
schafb  der  Wissenschaften,  December  1857. 

Beiträge  zur  Textkritik  von  C.  G.  Schmidt  (Philologus  Xm.  S.  224 
—226),  G.  Linker  (Fleckeisens  Jahrbb.  77,  S.  628—638),  K.  Keil  (ebd. 
S.  640—650),  J.  A.  Wynne  (Philologus  XV.  S.  357—362),  H.  Heerwagsn 
(Nürnberg  1858.  4),  D.  Comparetti  (Rhein.  Mus.  XIII.  S.  467  ff.) ,  C.  M.  Fran- 
cken in  Fleckeisens  Jahrbb.  Suppl.  lU,  2.  S.  235  ö. 

7.  Ueber  Ifhronto's  historische  Arbeiten  s.  oben  333,  7  u.  8. 


337  f.    GraniuB  Licinianua.   Der  Jurist  Africanus.  741 

• 

388.  Die  Juristen  Roms  theilten  sich  in  dieser  Zeit  in» 
Praktiker,  welche  mit  oder  ohne  öffentlichen  Charakter  Bescheide 
über  Rechtsfragen  ertheüten  und  Processe  führten,  und  in  eigent- 
liehe  Rechtslehrer.  Die  Ersteren  sind  meist  Schüler  des  Julianus. 
So  Vindius  und  der  durch  die  Schwierigkeit  seiner  Erörterungen 
bekannte  Sex.  lulius  Africanus,  femer  Terentius  Clemens,  lunius 
Mauricianus  und  Satuminus.  Der  Lehrer  des  M.  Aurelius  im 
Rechte,  L.  Volusius  Maecianus,  verfasste  neben  juristischen 
Schriften  auch  ein  auf  uns  gekommenes  Büchlein  über  die  Ein- 
theilungsweise  des  Geldes,  der  Gewichte  und  Masse.  Zu  den 
noch  in  den  späteren  Jahrhunderten  angesehensten  Juristen  ge- 
hört Ulpius  Marcellus  unter  Pius  und  M.  Aurel. 

1.  Gellius  XIII,  13,  1 :  com  . .  in  lucem  fori  prodisBem  quaesitum  esse 
memini  in  plerisque  Bomae  stationibus  ins  publice  docentium  (vgl.  fragm. 
Vat.  150:  neqae  geometrae  neqne  hi  qui  ins  civile  docent.    Dig.  XXYII, 

1,  6,  12.  L,  13, 1,  5:  ioris  civilis  professores)  aut  respondentiom  etc.  unter 
den  Letzteren  hatte  ein  Theil  amtlichen  Charakter;  vgl.  oben  S.  370.  Ca- 
pitolin.  Antonin.  Pi.  12,  1:  multa  de  iure  sanxit  ususque  ex  iuris  peritis 
Vindio  Vero  (A.  2),  Fulvio  Valente  (oben  327,  6),  Volusio  Maeciano  (A.  7), 
Ülpio  Marcello  (A.  8)  et  Diaboleno  (vgl.  oben  319,  3). 

2.  M.  Vindius  Veras  (A.  1)  war  Cos.  138  n.  Chr.  Fragm.  Vat.  77: 
VindioB  dum  consulit  Inlianum  in  ea  opinione  est.    Mäcian.  Dig.  XXXV, 

2,  32,  4:  Vindius  noster.  Vgl.  ülpian/  ib.  IT,  14,  7,  18  (Vindius  scribit). 
V,  1,  6  (Pomponius  et  V.  scripBerunt).  Paul.  ib.  II,  9,  2, 1  (putat  V.  .  .  idque 
lalianus  scribit  etc.    Pomponius  et  V.  scribunt). 

3.  Gellius  XX,  1,  1  ff.:  Sex.  Caeeihus  in  disdplina  iuris  atque  in 
legibus  populi  rom.  uoscendis  interpretandisque  scientia  usus  auctoritate- 
que  inlustris  fuii  ad  eum  forte  .  .  philosophus  Favorinns  accesait  etc. 
in  Ulis  tunc  eoram  sermonibus  orta  mentiost  legum  decemyiralium.  . .  eas 
leges  cum  Sex.  Caedlius,  inquisitis  exploratisque  multarum  urbium  legi- 
bus, .  .  eleganti  .  .  brevitate  verborum  scriptas  diceret  etc.  Verhältnias 
zu  Julian;  s.  Paul.  Dig.  XIX,  1,  45  pr.:  idque  et  lulianum  agitasse  Afri- 
canus refert.  Ulp.  Dig.  XXV,  3,  3,  4:  lulianus  Sexto  Caecilio  Afrioano 
respondit.  XXX,  39  pr.:  Africanus  1.  XX <>  Epistolarum  apud  lulianum  (in 
einer  Schrift  des  J.)  quaerit.  Afric.  Dig.  XII,  6,  38  pr. :  id  maxime  conse- 
quens  esse  ei  sententiae  quam  lulianus  probaret.  Vgl.  ib.  XII,  1,  23  und 
XIU,  7,  31:  lulianus  ait.  Schriften  (ausser  den  Epistolae):  Quaestionum 
libri  IX,  Erörterungen  über  einzelne  Rechtssätze  oder  Bechtsfälle,  häufig 
in  Form  von  Frage  und  Antwort,  wohl  im  Anschlüsse  an  die  mündlichen 
Vorträge  Julians  (Mommsen,  Ztschr.  f.  Rechtsgesch.  IX.  S.  90—93),  späte- 
stens zu  Anfang  der  Regierung  des  Pius  vetfasst  (f^itting,  Alter  d.  Schrr. 
S.  lö)*  In  den  Digesten  finden  sich  daraus  131  Fraigmente,  zusammen- 
gestellt bei  Hommel,  Palingenesia  p.  3—26.  Bei  den  Jiuisten  der  letzten 
Jahrhunderte  ist  Africani  lex  sprüchwörtlich  für  etwas  Schwieriges.  Die 
Stellen  wo  Caecilius  oder  Sextus  augeführt  wird  (wie  Gaj.  II,  218:  luliano 


742  ^i®  Kaiserzeit.    Zweites  Jahrhundert. 

et  Sexto  placnit)  beziehen  sich  wohl  gleichfalls  auf  ihn.  Mommsen ,  ZtMchr. 
f.  Rechtsgesch.  VII.  S.  479.  IX.  S.  92,  A.  29.  Im  AUg.  CiyaciaB  Tractat. 
IX.  ad  Afr.,  Opp.  II.  p.  1253  ff.  F.  Kämmerer,  Observ.  iur.  civ.  (Rostock 
1827)  I.  p.  74  ff.    Zimmern,  Gesch.  d.  röm.  Privatr.  I,  1.  S.  350—352. 

4.  Terentius  Clemens,  Verfasser  von  zwanzig  Büchern  ad  legem 
luliam  et  Papiam ,  woraus  in  den  Digesten  sich  35  SteUen  finden  (Hommel, 
Palingenesia  IL  p.  499  —  602).  Dig.  XXVIU,  6,  6  nennt  er  den  luüanus 
noster  (hoc  ita  interpretari  I.  n.  videtur)  und  berücksichtigt  auch  sonst 
öfter  dessen  Digesta,  so  dass  sein  Werk  in  der  letzten  Zeit  des  Pins  ver- 
fasst  scheint.    Fitting,  Alter  d.  Schrr.  S.  16. 

5.  luniuB  MauricianuB  schrieb  unter  Pius  (Dig.  XXXI,  57:  divtis 
Hadrianus  .  .  et  prozime  Imp.  Antoninus.  XXXIII,  2,  23:  nuper  Imp. 
Antoninus  .  .  rescripsit.  XLIX,  14,  15)  gleichfisdls  Ad  legem  luliaro  et 
Papiam  libri  VI,  sowie  mindestens  2  Bücher  De  poenis  (Dig.  II,  13,  3)  und 
Noten  zu  Julians  Digesten;  vgl.  ülp.  Dig.  II,  14,  7,  2:  puto  recte  lulianum 
a  Mauriciano  reprehensum  in  hoc  etc.  VII,  1,  25,  1:  lulianus  quidem 
libro  XXX V<*  Digestorum  scripsit;  .  .  Marcellus  vero  et  Manricianus  etc. 
sed  luliani  sententia  humanior  est. 

6.  Venuleius  Saturninus  schrieb  nach  dem  ind.  Flor.  10  Bücher 
Actionum,  6  Interdictorum,  4  de  officio  proconsulis,  3  publicorum  oder 
de  publicis  iudicüs,  19  stipulationum.  Einen  verschiedenen  Charakter  hat 
der  Über  de  poenis  paganorum,  welcher  vom  ind.  Flor,  dem  Venul.  Sai, 
dagegen  Dig.  XL VIII,  19,  16  (unmittelbar  nach  einem  Fragment  aus  Ven. 
Sat.)  einem  Claudius  Sat.  zugeschrieben  wird,  an  welchen  zwei  Bescripte 
des  Pius  gerichtet  waren  (Marcian.  Dig.  XX,  3,  1,  2  und  L,  7,  4  pr.:  divus 
Pius  Claudio  Satumino  rescripsit)  und  welcher  unter  den  divi  fratres  die 
Prätur  bekleidete  (Dig.  XVH,  1,  6,  7).  Aber  auch  in  den  Fragmenten  aus 
Venul.  Sat.  (bei  Hommel,  Palingenesia  IL  p.  539 — 549)  weist  nichts  über 
die  Zeit  des  Pius  oder  der  divi  fratres  hinaus;  «daher  Fitting,  d.  Alter  d. 
Schrr.  S.  17 — 19  einen  einzigen  Juristen  des  Namens  Claudius  Vennleins 
Saturninus  annimmt.  Nichts  beweist  hiegegen  Cod.  V,  65,  1  (Imp.  Anto- 
ninus A.  Saturnino  J.  213)  oder  ib.  VII,  35,  1  (Imp.  Alexander  A.  Venuleio 
veterano,  J.  224)  oder  gar  eine  ganz  späte  Interpolation  bei  Lamprid. 
Alex.  Sev.  68.  Indessen  die  Citate  aus  Demosthenes  und  der  Dias  bei 
Claudius  Saturninus,  denen  bei  Venuleius  Sat.  nichts  Aehnliches  entspricht, 
gebieten  zwei  Juristen  mit  demselben  Cognomen  und  ungefähr  aus  dersel- 
ben Zeit,  aber  mit  verschiedenem  Gentilnamen,  zu  unterscheiden.  Wohl 
später  ist  Q.  Saturninus  in  den  Dig.  XII,  2,  13,  5  (Marcellus  scribit  etc.  cni 
Q.  Sat.  consentit)  und  XXXIV,  2,  19,  7  (Q.  Saturninus  libro  X"  Ad  edictum 
scribit). 

7.  Capitol.  M.  Ant.  philos.  3,  6:  studuit  et  iuri,  audiens  (ums  J.  146) 
L.  Volusium  Maeciannm.  VgL  bei  Fronto  p.  61  N.,  auch  oben  A.  1. 
Er  war  befreundet  mit  Salv.  lulianus  (lulianus  noster,  Dig.  XXXV,  1,  86. 
2,  30,  7.  XXXVI,  1,  65,  1)  und  mit  Vindius  (Vindius  noster,  ib.  XXXV, 
2,  32,  4).  Dig.  XXXVII,  14,  17  pr.:  divi  fratres  .  .  rescripsemnt:  .  .  Vola- 
sianus  Maecianus,  amicus  noster,  ut  et  iuris  civilis  praeter  veterem  etbene 
fundatam  peritiam   anxie   diligens   etc.     Volcat.  Gall.   Avid.  Cass.  7,  4: 


.^ 


338.    Juristen:   Maecianus,  Ulpius  MarcelluB  u.  A.  743 

ezercituB  .  .  Maeciauum,  cui  erat  commiäsa  Alexandria,  .  .  invito  atque 
ignorante  Antonino  (M.  Aurel.)  interemit  (als  Mitverschworenen  des  Cas- 
sius,  J.  176).  Unter  Antoninus  Pias  verfasste  er  seine  16  Bücher  Quae- 
stionam  de  fideicommissis  oder  Fideiconunissorum  (Dig.  XL,  6,  42 :  Anto- 
ninos  Aug.  Pius  noster  etc.)  und  wohl  auch  die  Schrift  £x  lege  rhodia 
(ib.  XIV,  2,  9).  Ausserdem  libri  XIV  de  pnblicis  iudicüs.  Die  Ueberreste 
dieser  Schriften  bei  Hommel,  Palingenesia  I.  p.  353—360.  Erhalten  ist 
das  metrologische  Hölfsbuch  das  er  für  seinen  prinzlichen  Schüler  ver- 
fasste: Distributio  .  .  partium  in  rebus  quae  constant  pondere,  numero, 
mensura.  Vgl.  das  Vorwort:  Saepenumero,  Caesar,  animadverti  aegre 
ferentem  te  quod  assis  distributionem,  et  in  heredum  institutione  et  in 
alüs  multis  necessariam,  ignotam  haberes.  quare,  ne  tam  exigua  res 
ingcnium  tuum  ullo  modo  moraretur,  cum  partes  ipsas  tum  vocabula  et 
notas  proponendas  existimavi.  Der  Schluss  ist  verloren.  Herausgegeben 
von  J.  F.  Gronovius  (de  sestertiis  etc.,  Lugd.  Bat  1691),  E.  Böcking  (Bonn 
1831  und  im  Corpus  iur.  anteiust.  p.  183  ff.),  Th.  Mommsen  (Abhaudl.  der 
Sachs.  Ges.  d.  Wiss.  III.  Leipzig  1853.  4.) ,  F.  Hultsch  (Scriptores  metrolog. 
rem.  p.  61  —  71),  Huschke  (iurisprud.  anteiust.«  p.  330—340).  Vgl.  Th. 
Mommsen  a.  a.  0.  S.  281—288.    Hultsch  l.  1.  p.  17—22. 

8.  Ulpius  Marcellus  (vgl.  A.  1)  war  auch  noch  im  Bathe  des  M. 
Anrelius;  vgl.  seinen  Bericht  über  eine  Verhandlung  proxime  in  cognitione 
principis,  wobei  Sententia  Imperatoris  Antonini  Aug.  Pudente  et  Pollione 
C088.  (J.  166)  und  Sachwalter  der  einen  Partei  Cornelius  Priscianus  war, 
advocatus  fisci  aber  Calpumius  Longinus,  Dig.  XXVIH,  4,  3  (wo  auch  der 
Grundsatz:  in  re  dubia  benigniorem  interpretationem  sequi  non  minus 
iiistius  est  quam  tutius)  aus  (Ulp.)  Marcellus  libro  XXIX  Digestorum.  Die 
Identitöit  des  Juristen  mit  dem  L.  Ulpius  Marcellus  welcher  leg.  Aug.  pr. 
pr.  Pannon.  infer.  (Gruter  p.  100,  4)  und  unter  Commodus  Statthalter  von 
Britannien  war  bezweifelt  (mit  Walch)  A.  Haakh  in  Pauly's  Real  -  Eno. 
*  VI,  2.  S.  2713,  A.  2,  indem  er  Letzteren  für  den  Sohn  des  Juristen  erklärt. 
Schriften  des  Juristen:  Digestorum  libri  XXX  (?  vereinzelt  und  zweifelhaft 
üb.  XXXI  in  Dig.  XLVI,  3,  73  und  Üb.  XXXIX  in  Dig.  XLIX,  15,  2),  in 
den  justinianischen  128mal  excerpiert,  Notae  ad  luliani  Digesta,  Ad  legem 
luliam  et  Papiam  libri  VI,  Besponsorum  liber  singularis,  De  officio  con- 
solis  (libro  quinto  augeführt  von  Marcian,  Dig.  XL,  15,  1,  4)  und  vielleicht 
(wenn  nicht  von  Macer)  Publicorum  (iudiciorum)  libri  (libro  U,  Dig.  III, 
2,  22),  De  officio  praesidis  (Dig.  IV,  4,  43:  Marcellus  libro  I  de  off.  praes.). 
Zusammenstellung  bei  Hommel  Palingenesia  I.  p.  363  —  396.  Ueber  Dig. 
XXIX,  2, 63  (libro  singulari  Regularum  Pomponii  Marcellus  notat)  vgl.  Asher, 
Ztschr.  f.  Rechtsgesch.  V.  S.  102  f.  Von  jenen  Schriften  sind  die  Digesta  er- 
weislich nach  dem  Tode  des  Pius  verfasst  (Dig.  IV,  1,7:  Marcellus  libro  III 
Digestorum:  Divus  Antoninus  Marcio  Avito  praetori  .  .  rescripsit)  und  (s. 
oben)  J.  166  oder  167  abgeschlossen,  die  Abfässungszeit  der  übrigen  aber 
ist  nicht  bekannt.  Fitting,  d.  Alter  d.  Schrr.  S.  23  f.  Im  Allgemeinen 
M.  Tydeman,  de  L.  Ulpii  Marcelli  icti  vita  et  scriptis,  Utrecht  1762 
(=3  Oelrichs  thesaur.  nov.  I,  1),  C.  F.  Walch,  Opusc.  (1785.  4.)  I,  2. 
p.  313  ff.  (de  aetate  Ulpii  Marcelli).  Zimmern,  Gesch.  d.  röm.  Privatr.  I,  1. 
S.  357—359. 


744  ^^®  Eaiserzeit.    Zweites  Jahrhundert. 

339.  Aus8cliliesslic1i  als  Lehrer  und  Schriftsteller  wirkte 
in  Born  der  aus  dem  Osten  des  römischen  Reiches  gebürtige 
Jurist  Gaius  (etwa  110—180  n.  Chr.),  Verfasser  zahlreicher 
Schriften,  von  welchen  die  berühmtesten  waren  seine  sieben 
Bücher  Herum  cotidianarum  (Aurei  genannt)  und  seine  vier 
Bücher  Institutionum,  Einführung  in  die  Rechtswissenschaft,  ein 
seitdem  vielvertretener  Literaturzweig,  verfasst  und  wohl  auch 
herausgegeben  ums  J.  161  n.  Chr.  Diese  Listitutiones  sind  uns 
grosstentheils  erhalten  und  machen  durch  die  anmutige  Leben- 
digkeit und  Ungezwungenheit  ihrer  Darstellung  und  ungleich- 
massige  Behandlung  des  Stoffes  wahrscheinlich  dass  sie  aus  münd^- 
lichem  Vortrage  entstanden  sind.  Um  seiner  klaren  Fasslichkeit 
willen  wurde  das  Werk  ein  beliebtes  Lehrbuch  und  hat  auch 
für  die  Institutionen  des  Justinian  als  Grundlage  gedient. 

1.  G%j.  Big.  XXXIV,  5,  7  pr.:  nostra  quidem  aetate  Serapias  Aleiaii- 
driua  mulier  ad  divxun  Hadrianom  perducta  est.  Gajus  wird  also  schon 
unter  Hadrian  in  Rom  gewesen  sein.  Trotzdem  meint  Th.  Mommseo, 
Jahrb.  d.  gem.  deutschen  Rechts  III  (1S59).  S.  1  — 13,  dass  G.  in  Anen 
(etwa  Troas)  gelebt  und  gelehrt  habe.  Er  schliesst  diess  daraus  dass  6. 
so  selten  und  spat  in  der  Literatur  berücksichtigt  werde  (s.  A.  2),  aus 
seiner  Bezeichnung  mit  dem  blossen  Vornamen,  seiner  Berücksichtigong 
des  Provinzialrechts  (vgl.  A.  3  f.),  des  ausserrömischen  Rechts  und  der 
altern  röm.  Rechtsquellen  neben  Uebersehen  von  Neuerem,  seiner  genaoen 
EenntniSB  des  Griechischen,  und  Dig.  L,  16,  7:  Gaius  .  .:  iuris  italici  BUit 
TQ(odg,  BijQvxogj  Jvqqcixiov.  Aber  alles  diess  reicht  nicht  aus  nm  die 
deutlichen  Anzeichen  7on  Abfassimg  der  Inst,  in  Rom  aufzuwägen;  s. 
Huschke,  iurisprud.  anteiust.'  p.  84 — 86  und  besonders  H.  Demborg,  d. 
Inst.  d.  Gaj.  S.  80—98.  Ein  Kosename  von  Seiten  der  Schüler  des  G.  war 
Gaius  wohl  nicht,  sondern  der  Gebrauch  des  Vornamens  war  eine  auch 
sonst  bei  Juristen  und  Kaisern  gebräuchliche  Abkürzung.  Nicht  mimdg- 
lieh  ist  auch  dass  G.  diesen  Namen  wirklich  aus  seiner  hellenistischen  Hei- 
mat nach  Rom  brachte.  Vielleicht  hatte  er  schon  vorher  dort  gelehrt  und 
sich  seine  Kenntniss  des  Provinzialrechts  u.  s.  w.  erworben;  der  entsdiei- 
dende  Theil  seiner  Wirksamkeit  als  Lehrer  and  Schnftsteller  fallt  aber 
sicher  nach  Rom. 

2.  Pompon.  Dig.  XLV,  3,  39  (non  sine  ratione  est  quod  Gaius  nosier 
dixit)  bezieht  sich  auf  einen  Gestorbenen,  etwa  das  auch  sonst  Gaius  kon- 
weg  genannte  Schulhaupt  G.  Cassius  Longinus;  s.  oben  265,  3;  vgL  G.  M. 

.  Asher,  Ztschr.  f.  Rechtsgesch.  V.  S.  83  f.  Die  Juristen  der  nächsten  Zeit 
nennen  den  G.  niemals,  was  darin  dass  G.  keine  responsa  ertheilte  seinen 
Grund  haben  kann  und  auch  Andern  widerfährt,  s.  Demburg  S.  1(^6—107. 
Früheste  sichere  Erwähnung  des  G.  in  dem  Citiergesetz  von  426*  Kl^duitr 
dem  Serv.  Georg.  III,  306  (quod  et  Gaius  homerico  cpnfirmat  exempio  ^ 
Inst.  III,  141),  Priscian.  VI.  p.  282  H.  (Gaius  in  I  Institutornm  =  Infi 
I,  113).    Die  Lex  romana  Visigothorum  (J.  506)  enthält  auch  einen  über 


339.    GaiuB.  745 

Gkdi  in  zwei  Büchjdm,  eine  verkfirzte  und  durch  Zusätze  aus  sonstigen 
Quel^n  Yeranderte  Bearbeitung  von  Gigus'  Inst,  wohl  schon  aus  saec.  V; 
8.  Dßmbnrg  S.  IXd — 131.  Wenigstens  erhellt  aus  Justinians  Const.  Omnem 
reip.  (Dig*  prooem.)  1  dass  bis  dahin  im  ersten  juristischen  Studienjahr  ex 
tanta  ^egum  multitudine  .  .  nihil  aliud  nisi  sex  tantununodo  libros  et  ipsos 
GOnfusos  .  .  fitudiosi  acoipiebant;  .  .  in  his  autem  sex  libris  Gai  nostri 
Inatitutiones  et  libri  singulares  quatuor  (jene  bildeten  also  damals  nur 
2  Bücher  »>  liber  Gai)  .  .  connumerabantur.  Das  hier  (und  Inst,  prooem. 
6.  IV,  18,  5)  gebrauchte  Gaius  noster  beweist  Alles  eher  als  Landsmann- 
schaft zwisct^en  G.  und  Justinian. 

3.  Gaius  Inst.  I,  188:  nos  diligentius  hunc  tractatum  exeouti  sumus 
et  in  Edicti  interpretatione  et  in  his  libris  quos  Ex  Q.  Mucio.  fecimus. 
ni,  33:  de  quibus  (die  bonorum  possessiones)  in  his  commentariis  consulto 
non  agimus  quia  alias  hoc  ins  totum  proprüs  commentariis  explicavimus. 
54:  alioqnin  diligentior  interpretatio  (der  iura  patronorum  et  libertorum) 
proprüs  commentariis  exposita  est^  Sonach  sind  sicher  vor  den  Inst,  ver- 
faast  die  Bücher  Ex  Q.  Mudo  und  der  Edictcommentar.  Nur  steht  nicht 
fest  ob  unter  letzterem  blos  der  ad  edictum  praetoris  urbani  gemeint  ist 
oder  zugleich  auch  die  libri  XXX  (mit  den  aedil.  cur.  XXXII)  ad  edictum 
proTinciale  (einer  bestimmten  Provinz?  vgl.  Mommsen,  Ztschr.  f.  d.  Bechts- 
gesch.  IX.  6.  96 — 97  A.).  Doch  ist  Letzteres  wahrscheinlich,  da  in  den 
Üeberresten  des  Werkes  (vgl.  Bommel  Paling.  I.  p.  66 — 100)  nichts  über 
Pins  hinauBweist  und  zwar  divus  Hadrianus,  Imp.  Antoninus,  princeps 
Antoninus  dann  genannt  wird,  niemals  aber  divus  Antoninus  oder  divus 
Pius  oder  gar  Verus.  Fitting,  Alter  d.  Schrr.  S.  19  f.  Auch  der  Commen- 
tar  ad  ed.  praet.  urb.  (oder  kurz  edictum  urbicum)  war  ein  umfangreiches 
Werk;  vgl.  Dig.  XXX,  73  und  L,  17,  66:  Gaius  libro  III  de  legatis  ad 
ed.  praet.  (oder  urbicum).  L,  17,  66:  Gaius  libro  II  de  testamentis  ad  ed. 
urbicum.  Ausserdem  zwei  Büdier  ad  edictum  aedilium  curulium  (Dig.  XXI, 
1,  82.  2,  57). 

4.  Von  den  Institutionen  (oder  Instituta,  s.  A.  2)  ist  der  Titel 
nicht  erhalten.  Ihrem  Begriffe  gemäss  enthalten  sie  totius  doctrinae  sub- 
stantiam  (Lactani  inst  div.  V,  4,  3).  Plan  I,  8:  omne  ins  quo  utimur  vel 
ad  personas  pertinet  (B.  I)  vel  ad  res  (B.  II  Sachenrecht  und  testamen- 
tarisches Erbrecht;  B.  III  Intestaterbrecht  und  Obligationen)  vel  ad  actio- 
nes  (B.  IV).  Die  Eintheilung  in  vier  commentarii  rührt  von  G.  selbst  her; 
s.  z.  B.  II,  23  (superiore  commentario  tradidimus  c=3  I,  119).  III,  38  (sup. 
comm.  trad.  =  II,  119.  148  f.)  lY,  163  (secundo  comm.  rettulimus  =  U, 
89  f.).  in,  181  (sequenti  comm.  referemus  =  IV,  103  f.).  Die  Bezeichnung 
als  commentarii  (inofipi^fiata  im  unterschiede  von  cvyyQcifiiiaza)  weist 
den  Anspruch  auf  buchmässige  Ausarbeitung  imd  stilistische  Vollendung 
ab  und  wird  z.  B.  von  CoUegienheften  gebraucht;  s.  Demburg  S.  66-62. 
So  zeigen  auch  die  Inst,  des  G.,  bei  schärfster  Bestimmung  der  Begriffe 
and  priUaser  Abgrenzung  der  Beohtssätze  (Demburg  S.  52—64),  eine  ge- 
wisse BehagUchkeit  der  Darstellung  in  Wiederholungen,  Variationen  und 
Uebe^gängen  (Demburg  S.  40—50).  Auch  Anakoluthien  sind  nicht  selten 
(ebd.  S.  50  f.).  Die  Lockerheit  der  oonseootio  temporum  theilt  G.  z.  B. 
mit  Sueton  (o]i)eu  324,  6).    Im  Ganzen  aber  ist  die  Sprache  des  G.  rein 


746  ^io  Kaiserzeit.    Zweites  Jahrhundert. 

und  inBbesondero  frei  von  frontonischen  Archaismen.    Besonders  B.  IV  hat 
über  den  Process  viele  neue  Aufschlüsse  gebracht;  über  Staatsrechtliches 
B.  I.    Vgl.  £.  Schrader,  was  gewinnt  die  röm.  Bechtsgesch.  durch  des  G. 
Insi?  Heidelberg  1823  (=»  Heidelb.  Jahrbb.  1823,  Nr.  60->64).    Eigen  ist 
dem  G.   die  Verdeutlichung  des   röm.  Rechts   durch  Ausblicke   auf  das 
Peregrinenrecht.    Citiert  werden  gewönlich  nur  ältere  Juristen;  von  Zeit- 
genossen einzig  Julianus  (II,  218.  280)  und  (II,  218)  Seztus  «»  Pompe- 
nius;   Demburg  S.  102  f.    A.  6.     Abfassung  in   Rom;   vgL  TV,  109  und 
Demburg  S.  86—93.    Das  erste  Buch  ist  am  Ende  der  Regierung  des  Pius 
verfasst,  welcher  als  optimus  imp.  Antoninus  (I,  102)  und  imp.  Antoninns 
(I,  53.  74),  dagegen  schon  II,  195  als  divus  Pius  Antoninus  bezeichnet  wird 
(daher  ib.  II,  120.  126.  151  imp.  Ant.  bereits  dem  Marcus  gelten  wird);  s. 
Demburg  S.  67—74  vgl.  74  —  80.     Mommsen,  Ztschr.  f.  Rechtagesch.  IX 
S.  107  f.  A.  37. 

5.  üeberliefert  sind  uns  die  Inst,  des  G.  einzig  durch  ein  Palimpeest 
des  Domcapitels  zu  Verona  saec.  V  (darüber  geschrieben  sind  Werke  des 
Hieronymus;  nur  äin  Blatt  ist  nicht  rescribieit) ,  aber  corrupt  und  aoeh 
defect.  Erster  Entdecker  war  Niebuhr  (1816),  worauf  Göschen  in  Verbin- 
dung mit  flollweg  die  Schrift  entzifferte  und  (BeroL  1820)  erstmals  heraos- 
gab.  Revision  (durch  Bluhme)  Berol.  1824;  ed.  III  (rec.  Lachmann)  Berol 
1842.  Vergleichende  Zusammenstellung  der  Inst,  des  Gaj.  und  des  Josti- 
nian  von  Klenze  und  Böcking,  Berlin  1829.  VgL  die  CoUatio  von  W.  van 
Swindereu  (Annal.  acad.  Grouing.  1821)  und  F.  Potter  v.  Loon  (Groning. 
1823).  Ausgaben  des  Gajus  von  E.  Böcking  (Bonn  1841.  ed.  V.  Lips.  1865). 
Codicis  Veronensis  apographum  .  .  scripsit  .  .  et  publicavit  E.  Böcking, 
Lips.  1866.  Neue  Vergleichung  und  Herausgabe  durch  W.  Studemond. 
Auch  in  R.  Gneist's  Institutionum  syntagma  (Lips.  1858)  und  Ph.  E.  Huschke's 
iurisprudentia  anteiustiniana  (ed.  II.  Lips.  1867.  p.  101 — 324). 

Beiträge  zur  Kritik  und  Exegese  von  E.  Gans  (Scholien  zum  G.,  Ber- 
lin 1821),  H.  R.  Brinkmann  (notae  subit.,  Schleswig  1821),  C.  A.  D.  Unfcer- 
holzner  (Coniect.  de  supplendis  lacunis,  Berl.  1823),  H.  E.  Dirksen  (Ver- 
suche zur  Kritik  u.  Ausl.  S.  104  ff.),  Puchta  (Verisimilia,  Lips.  1837.  4.). 
Assen  (Adnotati,  Lugd.  B.  1838),  Ph.  E.  Huschke  (bes. :  Gaius,  Beiträge  zur 
Kritik  und  zum  Verständniss  sr.  Inst.,  Leipzig  1855.  244  S.  und  Kritische 
Bemerkungen  zum  G.,  Zeitschr.  f.  Rechtsgesch.  VII.  1868.  S.  161—198), 
M.  S.  Mayer  (ad  IV,  48;  Tubing.  1853),  K.  M.  Pöschmann  (Studien  zu  G. 
I.  Leipzig  1854.  II.  1860.  III.  1862),  F.  P.  Bremer  (zu  IV,  44;  Rhein,  Mos. 
XV.  S.  484—488),  A.  F.  Rudorff  (üb.  d.  lexikalen  Excerpte  aus  den  Inst 
d.  G.,  Berlin  1866.  Abhandl.  d.  BerL  Ak.)«  A.  v.  d.  Höven  (tentamina  crii, 
Ztschr.  f.  Rechtsgesch.  VII.  p.  257—259),  W.  Studemund  (über  den  anti- 
quar.  Gewinn  aus  d.  neuen  Collation  d.  G.,  Verhandl.  d.  Würzburger  Phflo- 
logenvers.,  Leipzig  1869,  S.  121—131). 

C.  F.  Elvers,  promptuarium  G^anum,  Gotting.  1824. 

6.  Nach  dem  Tode  des  Pius  verfksst  sind  (wegen  divus  AntcoinnB) 
Fideicommissorum  libri  II  (Dig.  XXXII,  96.  XXXV,  1,  90.  XXXVI,  1,  63, 5), 
sowie  (mindestens  die  letzten  der)  XV  libri  ad  legem  luliam  et  Papiam 
(Dig.  XXXI,  56)  und  der  liber  singularis  ad  SCtum  Tertullianum  (Dig- 
XXXVIII,  17,  8)  unter  Mai'cus  und  Orphitianum  vom  J.  178  n.  Chr.  (IMg- 


339  f.^    GaiuB.    A.  Gellius.  747 

XXXVIII,  17,  9).  Jedenfalls  nach  Julians  Digesten  verfosst  sind  De  ver- 
borum  obligationibns  libri  III  und  Ad  legem  XII  tabularum  libri  VI,  und 
wohl  auch  der  Über  singularis  de  fonnula  hypothecaria  (Dig.  XX,  1,  15  pr.), 
sowie  Berum  cotidianarum  (s.  Aureorum)  libri  VII,  eine  Erörterung  der  im 
täglichen  Leben  Anwendung  findenden  Bechtssätze,  in  der  Ordnung  der  In- 
stitutionen und  von  Justiniau  gleichfaUs  für  die  seinigen  benützt;  s.  prooem. 
6:  quas  ex  omuibus  antiquorum  Institutionibus  et  praedpue  ex  commen- 
tarüs  6ai  nostri  tam  Institutionum  quam  Berum  cotidianarum  .  .  compo- 
sitas  etc.  Vgl.  Dig.  XLIY,  7,  5  (aus  Gains  libro  III  Aureorum) ,  5  (luliano 
placuit).  Unbekannt  ist  die  Abfassungszeit  der  Schriften  Ad  legem  Gliciam, 
liber  (singularis  und  libri  III)  Begularum,  libri  III  de  manumissionibus, 
der  libri  singulares  dotalidon,  de  tacitis  fideicommissis  und  de  casibus. 
Zusammenstellung  bei  Hommel,  Palingenesia  p.  55 — 126. 

7.  Dass  Gajus  das  ins  respondendi  nicht  hatte  erhellt  mit  Wahrschein- 
lichkeit theils  aus  seinem  Schweigen  Insi  I,  7,  theils  aus  seiner  Nichterwäh- 
nung bei  den  Juristen  der  folgenden  Zeit,  auch  daraus  dass  er  weder  Quae- 
stiones  noch  Besponsa  verfasste.  Auch  als  Schriftsteller  strebte  er  über  den 
engen  Kreis  der  Fachmänner  hinaus  und  erreichte  Popularität  unbeschadet 
der  Gründlichkeit  und  Schärfe.  Vgl.  im  Allg.  über  ihn:  Zimmern,  Gesch. 
d.  röm.  Privatr.  I,  1.  S.  341—350.  Budorff,  röm.  Bechtsgesch.  I.  S.  173— 
176.  Huschke,  iurisprud.  anteiust.  *  p.  82—100.  H.  Demburg,  d.  Institu- 
tionen des  G.  ein  CoUegienheft  aus  d.  J.  161  n.  Chr.,  Halle  1869.    132  S. 

340.  Für  viele  Gebiete  des  Wissens  wie  für  die  Eenntniss 
ihrer  Zeit  von  hoher  Wichtigkeit  sind  die  zwanzig  Bücher 
Noctes  atticae  die  wir  von  A.  Gellius  (um  115 — 165  n.  Chr.) 
besitzen.  Obwohl  selbst  von  beschränktem  Geiste,  kleinlich  und 
blind  in  seiner  Bewunderung  wie  in  seinen  Abneigungen ,  hat 
Gellius  mit  treuem  Pleiss  und  redhcher  Gewissenhaftigkeit  ge- 
sammelt und  zusammengestellt  was  er  aus  Unterredungen  und 
Büchern  über  alte  Literatur  und  Sprache,  Recht  und  Philo- 
sophie imd  auch  Naturwissenschaft  gelernt  hatte.  Die  Ordnung 
ist  eine  zufällige,  die  Sprache  nüchtern,  aber  durchzogen  von 
alterthümlichen  Ausdrücken.  Vom  achten  Buch  ist  nur  die  In- 
haltsübersicht auf  uns  gekommen. 

1.  Leben  und  Büdungsgang.  Gellins  XYIII,  4,  1:  cum  iam  adules- 
centuli  Bomae  praetextam  et  puerilem  togam  mutassemus  magistrosque 
tunc  nobis  nosmet  ipsi  exploraliores  quaereremus,  .  .  Apollinaris  Sulpidus 
(oben  335,  2)  etc.  VIT,  6,  12:  adulescens  ego  Romae,  cum  etiamtum  ad 
grammaticos  itarem,  audivi  Apollinarem  Sulpidum,  quem  in  primis  secta- 
bar.  XX,  6,  1:  percontabar  A.  S.  cum  eum  Bomae  adulescens  sectarer. 
ib.  15:  haec  memini  mihi  Apollinarem  dicere  eaque  tuno  ipsa  ita  ut  dicta 
fherant  notavi.  Auch  noch  in  seinen  späteren  Jahren  wandte  sich  G.  in 
ZweiielfäUen  am  liebsten  an  S.  A.;  vgl.  XI,  15,  8.  XII,  13,  1  (cum  Bomae 
a  conBulibus  iudex  extra  ordinem  datus  pronuntiare  .  .  iussus  essem,  Sul- 
pidum Ap.  .  .  percontatufl  sum).    XIII,  20,  1  (ego  et  Ap.  S.  et  quidam 


748  ^^®  Kaiserzeit.    Zweites  Jahrhundert. 

alii  mihi  aut  illi  familiäres).    Für  Bhetorik  -war  des  6.  Lehrer  AntODins 
loUanos  (oben  .328,  1),  und  auch  Fronte  von  EinfluBs  (XIX,  8,  1).    Fori- 
setEong  der  Studien  zu  istiien.    U,  1,  1:  Herodes  Atticas  .  .  JuscenehaU^ 
saepe  nos,  cum  apud  magistros  Atiienis  easemus,  .  .  me  et  cL  v.  Bervilia — • 
num  compluresque  alios  nostrates  qui  tEoma  in  Graeoiam  ad  capiendmi^ 
ingenü  cultum  eoncesserant.    Vgl.  XYIII,  2,  1  ff .    13,  1  ff.    Hanpte&ohlidrr: 
schloBB  sich  G.  hier  an  Taurus  an  (oben  836,  6).    Nadi  mindesteBs  ewei^ — 
jährigem  Aufenthalt  (XYÜI,  2,  1.  13,  1)  Bäokkehr  nach  &om.     Cum  e^ 
angulis  secretisque  librorum  ac  magistrorum  in  medium  iam  hominum  e^: 
in  lucem  fori  prodissem  (XIII,  13, 1)  etc.;  vgl.  A.  2  und  I,  22,  6:  memini  eg-^ 
praetoris  . .  tribun^  me  forte  adsistere.    Aber  vorzugsweise  gefeeselt  dnrct^ 
Favorinus  (oben  328,  4),  vgL  bes.  XVI,  3,1:  com  Pävoxino  Bomae  di«^ 
plerumque  totos  eramus  tenebatque  animos  nostros  homo  ille  fandi  ddci^^ 
simus,  atque  eum  quoquo  iret  .  .  sequebamur.    L.  Friedländer,  de  A.  Cr. 
vitae  temporibus,  Königsberg  1869.  4. 

2.  Gell,  praef.  12 :  volvendis  .  .  multis  admodum  voluminibus  per  omiiAi 
semper  negotiorum  intervalla  in  quibus  furari  otium  potxd  exerdtus  defes- 
susque  sum.    XI,  3, 1 :  quando  ab  arbitrüs  negotüsque  otium  est  et  motanif 
corporis  gratia  aut  spatiamur  aut  vectamur.    XVI,  10,  1:  otium  erat  qno- 
dam  die  Romae  in  foro  a  negotns  etc.    XIV,  2,  1:  quo  primum  tempore 
a  praetoribus  lectus  in  iudices  sum  (für  iudicia  privata)  libros  .  .  de  officio 
iudicis  scriptos  oonqmsivi,  ut  homo  aduleseeus,  a  poetarum  fkbulis  et  arbeto- 
rum  epilogis  ad  iudicandas  lites  vocatus  rem  iudioiariam  .  .  cognosceiem. 
XII,  13,  1 :  cum  Romae  a  consulibus  iudex  extra  ordinem  datus  . .  eesem. 

3.  In  späteren  LebenEJahren  üebersiedlung  in  das  lieb   gewordene 
Athen ,  vielleicht  seiner  Kinder  wegen;  dortige  Ausarbeitung  seines  Werk«. 
Praef.  1:  hoc  ut  liberis  quoque  meis  parbae  istinsmodi  remissiones  eeseni 
(2.)  usi  autem  sumus  ordine  rerum  fortuito  quem  antea  in  exoerpeo^ 
feceraraus.     nam  proinde  ut  librum  quemque  in  manus  oeperam  .  .  ?el 
quid  memoratu  dignum  audieram  .  .  promisce  adnotabam.    .  .  (3.)  facta 
igitur  est  in  his  quoque  commentarüs  eadem  rerum  disparüitas  quae  iiiit  in 
iUis  adnotationibus  pristinis.    .  .  (4.)  sed  quoniam  longinquis  per  hiemem 
noctibot  in  agro  .  .  terrae  atticae  commentationes  hasce  ludere  ac  fiteere 
exorsi  suwus,  idcirco eas iuscripsimus Noctium  esse atticarum.  (13.)  enmt 
autem  in  his  commentarüs  pauca  quaedam  scrupulosa  et  anxia  vel  ex 
grammatica  vel  ex  diaJectica  vel  etiam  ex  geometria,  .  .'  item  paacoli 
remotiora  ex  augurio  iure  et  pontificio.     (22.)  volumina  commentariorani 
ad  hunc  diem  viginti  iam  &cta  sunt.     (23.)  quantum  autem  vitae  Buhi- 
deinceps  deum  voluntate  erit  quantomque  a  tuenda  re  famib'ari  proi^nns- 
doque  eultu  liberorum  meorum  dabitur  otium,  ea  omnia  .  .  temporaa(B- 
coUigendas  huiuscemodi  memoriarum  delectatiunculas  oonferam.    £0  scheio^ 
aber  nicht  dass  diess  zur  Ausfiihrung  kam.    Der  Anfang  der  praefalio  ir)^ 
der  Schluss  von  B.  XX  ist  nicht  erhalten,  von  B.  YIII  nur  die  CapiteL- 
überschrifben.    Als  Zeit  der  Abfossung  ergibt  sich  J.  150 — 160  n.  C^.  dar- 
aus  dass  als  Consularen  bezeichnet  werden  Herodes  Attioos  (Cos.  1^)^ 
Fronto  (Cos.  143) ,  Erucius  Claras  (Cos.  146) ,  andererseits  von  keinen  Schiif- 
ten  des  Fronto  die  Rede  ist,  z.  B.  nicht  (XVI,  19)  von  dem  AiioD  des- 
selben.   Wenig  erhellt  aus  XX,  1,6:  trecentesimo  anno  p.  R.  c  Ubolae 


.."i"^ 


340.    A.  Gellius.  749 

Bcriptae  simi,  a  quo  tempore  ad  htmc  diem  aimi  esse  non  longe 
DCC  (DC?  Vogel)  videntur.    Th.  Vogel  I.  p.  7—9. 

4.    Gellius  ist  eine  Fämolusnatur:   das  Bewundern,   Schlepptragen, 

Apl^~^  radieren  ist  ihm  ßedürfmss  und  er  übt  es  gegenüber  von  dem  £nt- 

geg^^^xngesetztesten,  gleichzeitig  gegen  Fronto  und  Cicero  (vgl.  XVII,  1, 1  ff.). 

Seic^^^  Anhänglichkeit  an  die  von  ihm  Erkorenen  hat   etwas  Rührendes, 

fast^       -animalisches.    In  seiner  ebenso  gutherzigen  wie  besdir&nkten  Mittel- 

iiiaxa jgkeit   spiegelt  er   den  Charakter  seiner  Zeit  treulich  wieder,  ihre 

wicK^^igthuerische  Geschöftigkeit  ohne  ernstes  Ziel,  ihre  Verranntheit  in 

^ic^^ix^gkeiten ,  ihren  völligen  Mangel  an  eigenem  Geiste,  an  Productions- 

kra:f% ,  urteil  und  Verstand ,  ihre  Gelehrsamkeit  wie  ihre  Pedanterie.    Es 

gelijn.gt  ihm  oft  recht  anschauliche  und  (unfreiwillig)  ergötzliche  Bilder  von 

deorx   Treiben  in  seiner  Zeit  zu  geben.  Ausserdem  ist  für  uns  seine  Anhäufung 

vom     Jlxcerpten  aus  verlorenen  alten  Werken  von  um  so  grösserem  Werthe 

veiX     der  Verfasser  mit  seiner  angstlichen  Gewissenhaftigkeit  da   wo   er 

selk^st  gesehen  hat  vollen  Glauben  verdient.    Vir  elegantissimi  eloquii  et 

mii:l.'t;ae  ac  facundae  scientiae  heisst  er  bei  Augustin.  de  civ.   dei  IX,  4. 

^      Noxixus  Marcellus  und  vollends  Macrobius  schreiben  ihn  aus ,  ohne  ihn  aber 

zu  xx€nnen.    Vgl.  über  Gellius  M.  Hertz,  Renaissance  S.  35— 38.   Th.  Vogel, 

de     Ji,  Gellii  vita,   studiis,   scriptis  narratio  et  iudicium,   Zittau  1860.   4. 

p.  X — 25;  deA.  GelHi  copia  verborum,  Z^ckau  1882.  4.  p:  1—32.  J.  Eretzsch- 

meir  ^  de  A.  G.  fontibus.  I.  de  auctoribus  Gellii  grammatids,  Greifswald 

1860.  108  pp.    L.  Mercklin,  die  Citiermethode  -  und  Quellenbenütiung  des 

A.  O.,  Jahrb.  f.  class.  Philol.  Suppl.  III  (1860)  S.  635—710;  A.  Gellii  capita 

qnskedam  ad  fontes  revocata,  Dorpat  1861.  4.    M.Hertz,  A.  G.  und  Nonius 

f       Majrcellus,  in  Fleckeisens  Jahrbb.  86,  S.  706—726.   779—799. 

^  5.    Alle  bekannten   älteren  Handschriften  des  Gellius   enthalten 

entr^i^eder  nur  die  7  ersten  oder   die  12  letzten  Bücher.     Der  Text  der 

^.       8iel>eQ  ersten   Bücher    gründet    sich   vornehmlich    auf  ein    palatinisohes 

Palirap^egt^  der  Vaticana,  auf  Vat.  3452  u.  Par.  5765  saec.  XIII,  sowie  «inen 

RottendorL  saec.  XU  in  Leyden;  Buch  IX  bis  XX  auf  Paris.  8664  saec.  XIII, 

'^^^   Voss.  7  (Vossianus  maior  bei  Gronov)  in  Leyden,  sowie  ein  Berner 

Bruchatuck  saec.  XU.    Vereinzelt  steht  der  verschollene  BuslidianuSf  wel- 

cl»©r  beide  Hälften  umfasste.    Vgl.  M.  Hertz,  Berichte  über  d.  Verhaadl. 

der  Berl.  Akad.  1847,  S.  403  f.  408-^417.     Schon  J.  Fr.  Gronov  hat  die 

''^^^^^ebenden  Handschriften  herausgefunden,  und  M.  Hertz  darauf  weiter 
gebaut, 

6.  Editio  princeps  Bom.  1469  fol.  1472  fol.  Ascensiana  1511.  4. 
AlOiii^  1515.  Ed.  L.  Carrio,  Paris  1585.  Hauptausgabe  von  J.  Fr.  und 
KA  ^'»'^o^'is,  Lngd.  B.  1706.  4.  (Lips.  1762,  von  J.  L.  Conradi,  2  Voll.). 
^^A*  Lion,  Gotüng.  1824.    Ex  recensione  M.  Hertz,  Lips.  (Teubner)  185ai 

7.  Gellii  quae  ad  ins  pertinent  von  J.  v.  GlOden  (Rostock  1843), 
..*  ^.  Dirksen  (d.  Auszüge  aus  d.  Schrr.  d.  röm.  Rechtsgel.  b.  GeU.,  Ber- 
r^^l861.   4.),  M.  Hertz  (capp.  IV,  Breslau  1868.  4.).     A.  Fleckeisen ^  zur 

^        '^^tik  der  altlatein.  Dichterfi^agmente  bei  G.,  Leipzig  1854^ 

l  Sonstige   Beiträge   zur   Textkritik   und   Erklärung  von   Ch.   Falster 

i        ^^^notatt.  in  Gellii  libr.  VUI,  Hafiiiae  1721),  A.  Cramer  <ad  G.  excursus 


75()  ^e  Kaiserzeit.     Zweites  Jahrhundert. 

I— lY,  Kiel  1827—1832.  4.),  R.  Klotz  (quaefitiones  Gellianae,  Lipe.  1857.  4.), 
M.  Hertz  (Vindiciae  G.,  Greifswald  1868.  4.;  Bamentomm  GelL  mantiiwae 
I.  IL,  Breslau  1868  f.  4.),  Th.  Mommsen  (ad  Gell.  IV,  1.  4.  in  den  Sjm- 
bolae  Bethmanno  HoUw.  oblatae,  Berlin  1868)  u.  A. 

341.  Sehr  unerheblich  ist  was  wir  aus  der  Zeit  des  M.  An- 
toninus  von  Erzeugnissen  in  gebundener  Form  kennen^  falls  nicht 
etwa  das  Pervigilium  Yeneris  dieser  Zeit  angehört,  ein 
strophisch  angelegtes  Gedicht  in  wohlklingenden  trochaischen 
S^ptenaren,  eine  Frühlingsfeier  enthaltend  und  die  Venus  ver- 
herrlichend als  die  belebende  Macht  des  Alls. 

1.  lustinas  FaustinaB ,  M.  ..,  Verfasser  eines  akrostichischen  Gedichts 
auf  Antoninus  Pius  in  der  Anthol.  lat.  von  Meyer  I.  p.  252,  Nr.  812. 

2.  Gellius  XIX,  7,  1:  in  agro  Yaticano  luHus  Paulus  poeta,  vir 
bonus  et  rerum  (vgl.  Xin,  18,  2:  morum)  litterarumque  veterum  inpeiue 
doctus,  herediolum  tenue  possidebat.  eo  saepe  nos  ad  sese  vocabat  etc. 
Vgl.  ib.  y,  4,  1  u.  XVI,  10,  9  (1.  P.  poeta,  vir  memoria  nostra  doctissimiu). 
1,  22,  9  (homo  in  m.  n.  d.). 

3.  Gellius  XIX,  8,  S:  quispiam  fiuniliaris  eius  (des  Fronte),  bene  era- 
ditus  homo  et  tum  poeta  inlustris. 

4.  Ueber  des  Sulpidus  Apollinaris  Verse  s.  oben  336,  2. 

5.  Ueber  Mesomedes  s.  oben  331,  4. 

6.  Das  Pervigilium  Veneris  ist  durch  den  codex  Salmasianus 
saec.  VII  (A)  und  den  Pithoeanus  oder  Thuaneus  =  Par.  8071 ,  saec.  IX 
oder  X  (B)  überliefert  und  trägt  in  jenem  die  üeberschrift:  peruirgiliam 
Veneris  trocaico  metro.  sunt  uero  versus  (d.  h.  Gedichte  in  dem  betr.  Ab- 
schnitte der  Sammlung,  A.  Riese  Anthol.  lat.  I.  p.  XXI— XXIV)  XKII.  Es 
besteht  aus  93  Versen,  welche  durch  den  Refrain  cras  amet  qui  numqoam 
amavit,  quique  amavit  cras  amet  in  Strophen  von  ungleichem  Um&ng 
(mindestens  4  Versen)  getheilt  sind.  Die  religiöse  Anschauungsweise  ut 
universalistisch  und  zeigt  zugleich  Einfluss  der  Philosophie.  Venus  ist  als 
Genetrix  aufgefasst,  deren  Cult  durch  Hadrian  aufgefrischt  worden  war, 
und  ihre  Feier  als  ein  Frühlings-  und  Blumen-Fest.  Als  Local  ist  Sicilien 
gedacht  (v.  49  ff.).  Die  Darstellung  ist  rhetorisch  belebt  und  streift  oft 
ans  Sentimentale.  Der  Verfasser  zeigt  griechische  Bildung,  klingt  jedoch 
^einmal  (v.  85)  an  Vergil  (Aen.  XI,  458)  an.  Melancholischer  Schluss:  OU 
(die  Nachtigall)  cantat,  nos  tacemus.  quando  ?er  venit  meum?  quando 
fiam  uti  chelidon  et  tacere  desinam?  was  im  Geiste  des  Gedichts  auf  Ver- 
jüngung durch  die  Liebe  deutet.  Africanische  Latinit&t  kann  in  dem  öften 
(v.  4,  6,  12,  24,  34,  38,  45  f.,  61,  88  Bü.)  und  theilweise  frei  gebrauchtes 
de  nicht  gefunden  werden.  Aehnlich  findet  sich  dasselbe  bei  Reposiaau 
(v.  30). 

7.  Die  Nachfrage  nach  dem  Verfasser  muss  der  Natur  der  Sache 
nach  erfolglos  bleiben.  Am  meisten  AehuUchkeit  hat  das  Gedicht  mit  Yer 
sen  des  Annius  Florus  (oben  318,  7),.  welcher  das  gleiche,  damals,  wie  » 
scheint,  wieder  in  die  Mode  gebrachte,  Versmass  angewandt  hat,  und  er- 


J 


341  f.    Pervigilium  Veneria.    M.  Aurelins.  751 

innert  mit  seinem  Beirain  an  die  Weise  des  Nemesianus.  Itaqae ,  in  teme- 
ritatis  crimen  ne  incurramus,  acquiescendum  in  hoc  erit  ut  medio  inter 
Flormn  et  Nemesianom  tempore ,  h.  e.  secmido  vel  tertio  p.  Ch.  n.  saeculo 
conditum  Pervigilimn  esse  stataamus  (Bücheier  p.  51).  Es  näher  dem  Zeit- 
alter der  Antonine  zuzurücken  könnte  die  vorherrschend  heitere  Stimmung 
des  Gedichts  und  sein  verhältnissmässig  reiner  Geschmack  geneigt  machen, 
wenn  dergleichen  nicht  trügte.  L.  Muller  setzt  es  vielmehr  ins  dritte  oder 
vierte  Jahrh.,  und  dafür  spricht  die  Geistesverwandtschaft  mit  Beposianos 
u.  ähnlichem  (unten  375).  Aus  ähnlicher  Zeit  und  Bichtung  der  durch 
Metriker  aufbewahrte  Vers  (Befrain?):  tolle  thyrsos,  aera  pulsa,  iam  Ljaeus 
advenit. 

8.  Ausgaben  des  Perv.  Y.  von  J.  Lipsius  (Elect.  I,  5.  1680),  P.  Pithoeus 
(Errones  Venerii  1587),  J.  Dousa  (Coniect.  1588.  1692),  P.  Scriverius  (Baudii 
amores,  Hag.  1638),  J.  Clericus  (?  cum  c<ftnm.  varr.,  Hag.  1712),  Sanadon 
(Paris.  1728),  Wemsdorf  (poetae  lat.  min.  HI.  p.  463  —  482,  mit  prooem. 
p.  426—462),  E.  C.  F.  Schulze  (comm.  ill.,  Gotting.  1812.  4.),  J.  C.  Orelli 
(in  gnr  Ausg.  des  Phädrus  p.  220—227  u.  230—233,  wozu  praef.  p.  216— 
219,  und  annot.  p.  228  f.  234—239),  in  den  Abhh.  von  Heidtmann,  Göbel, 
0.  Müller  (s.  A.  9)  und  sonst;  pristino  nitori  restitutnm  (von  F.  Linde- 
mann),  Lips.  1852;  adnotabat  et  emendabat  Fr.  Bücheier,  Lips.  Teubner 
1869.  63  pp.  16.    In  AI.  Bieses  Anthol.  lat.  I.  p.  144—148. 

9.  Abhandlungen  De  Pervigilio  Veneris  von  H.  Paldamus  (Greifswald 
1830.  4.) ,  G.  H.  Heidtmann  (Greifsw.  1842) ,  Th.  Bergk  (commentatio  de  etc. 
Halle  1859),  Ol.  Jacobi  (Lund  1867.  4.),  0.  Müller,  de  Annio  Floro  (Ber- 
lin 1855)  p.  18  ff.  F.  C.  Göbel,  de  ephjmniorum  rationibus  (Gotting.  1858) 
p.  56—61. 

10.  Beiträge  zur  Textkritik  von  J.  Frei  (Bhein.  Mus.  X.  S.  195—213), 
F.  Bücheier  (ebd.  XV.  V.  p.  446—451),  L.  Müller  (Fleckeisens  Jahrbb.  83, 
S.  639—651),  J.  Mähly  (Philologus  XXIII.  S.  356—361),  K.  Schenkl  (Ztschr. 
f.  a.  Ostreich.  Gymn.  XVIII.  1867.   S.  233—243). 


b.    Die  Zeit  des  M.  Aurelius,  J.  161  — 180  n.  Chr. 

342.  Trotz  der  Treffliclikeit  des  Regenten  war  die  Regie- 
rung des  M.  Aurelius  eine  Zeit  des  Schreckens  für  das  römische 
Reich,  durch  die  fortwährenden  Kriege  im  Osten  und  Norden, 
durch  eine  furchtbare  Pest  und  Hungersnoih.  Unter  dem  Drucke 
solcher  Verhältnisse  konnte  sich  das  geistige  Leben  wenig  ent- 
falten, so  freien  Spielraum  ihm  der  Kaiser  Hess,  welcher  für 
alles  Edle  empfänghch,  nur  gegen  sich  selbst  streng,  sonst  aber, 
im  Vergleich  zu  seiner  Aufgabe,  eher  allzu  weich  war.  Die 
Literatur  steht  noch  unter  dem  Einflüsse  der  Richtung  des  Fronto, 
innerhalb  deren  aber  Apulejus  Originalität  zeigt.  Die  Philo- 
sophie ist  hochbegünstigt,  aber  der  Stoicismus  zu  einer  allge- 
meinen Lebensweisheit  abgeblasst  und  der  sogenannte  Piatonis- 


752  ^6  Eaiserzeit.    Zweites  Jahrhundert. 

mus  mit  Mjsticismus  und  Schönrednerei  reichlich  getrankt.  Die 
Grammatik  ist  innerhalb  der  griechischen  Literatur  glänzend 
vertreten  durch  Apollonios  Dyskolos,  die  Medicin  durch  Galenos. 
Auch  der  Sophist  Aristeides  aus  Bithynien  gehört  dieser  Zeit  an. 

1.  M.  Annius  Veras,  geb.  26  April  121,  auf  Uadrians  Wonach  mit 
L.  VeruB  von  Antoninus  Pius  adoptiert;  seit  dessen  Thronbesteigung  M. 
(Aelius)  AureliuB  Caesar.  Als  Kaiser  (seit  7  März  161)  M.  Aurelius  Anto- 
ninus Aug.  (von  Fronto  vorher  Caesar,  jetzt  Antonine  oder  M.  Aoreli  an- 
geredet). Sein  Mitregent  L.  Aurelius  Yerus  Aug.  heisst  seit  seiner  Conae- 
cration  (f  Jan.  169)  divus  Veras,  in  den  Bechtsbüchem  auch  divus  Ludos. 
M.  Aurelius  selbst  heisst  nach  seinem  Tode  (17  März  ISO)  diTus  M.  Anto> 
ninus  Pias,  bei  den  Juristen  divi^  Marcus,  aus  der  Zeit  der  Doppelregie- 
rung divi  fratres. 

2.    Unterricht  des  Fronto,  s.  oben  333,  6.    Q.  Boissier,  la  jenneste  de 
Marc-Auräle  et  les  lettres  de  Fronton,  Bevue  des  deux  mondes  1  April  1868, 
p.  671—698.    Mit  seinem  angeborenen  Eifer  ezcerpiert  der  Caesar  die  ihm 
von  Fronto  empfohlenen  Schriftsteller,  sammelt  Synonyma,  Sentenzen,  Ter- 
gleichungen  und  sonstige  Bedefiguren,  macht  auch  selbst  Verse  (Ijezametn, 
Fronto  p.  24.  34  N.),  empfindet  aber  immer  stärker  die  Leerheit  dieiei 
Thuns  und  lässt  sich  durch  Junius  Busticus  (oben  336,  2  f.)  fCLr  die  (stoische) 
Philosophie  gewinnen,  zum  grossen  Verdrusse  des  Fronto ;  s.  oben  333,  5. 
Wendepunkt  ums  J.  146;  vgl.  ad  Front  IV,  13  (p.  75  N.):  Arifitonis  libri 
me  hac  tempestate  .  .  habent  miale;  .  .  nimis  quam  saepe  erubescit  disd- 
pulus  tuus  sibique  suscenset  quod  viginti  quinque  annos  natus  nihildom  ^ 
bonarum  opinionum  et  puriorum  rationum  animo  hauserim. 

3.  Erhalten  sind  vonM.  Aurel  ausser  den  Briefen  an  Fronto  (andere 
Briefe  z.  B.  bei  Capitol.  Clod.  Alb.  10,  6  ff.)  die  zwölf  Bücher  Selbstbetrach- 
tungen {dg  avxov)  in  griechischer  Sprache,  aus  J.  169-176,  aphoristische 
Tagebuchblätter,  Beflezionen  und  gute  Vorsätze  die  von  dem  edelsten  Wil- 
len zeugen.  Dass  es  ihm  an  Schärfe  (^pi/ivrij^)  fehle  erkennt  er  selbst  als 
Mangel;  vgl.  Avidius  Cassius  bei  Vulcat.  GalL  (Av.  Cass.  14,  3.  5):  MarcoB 
homo  sane  optimus,  qui  dum  clemens  dici  cupit  eös  patitur  vivere  quorom 
ipse  non  probat  vitam.  .  .  M.  Antoninus  philosophatur  et  qoaerit  de  ele- 
mentis  et  de  animis  et  de  honesto  et  iusto ,  nee  sentit  pro  republica.  Capi- 
tol. Ant.  phil.  8,  3:  dabat  se  Marcus  totum  philosophiae,  amorem  dnüm 
adfectans. 

4.  Digest  XXVII,  1,  6,  8:  6  d'aioxccxog  uaxiiQ  iiov  (wohl  M.  Aurel, 
nicht  Pias,  dessen  Verordnung^^ enger  begfreiizt  Wäx,  s.  obeii  332,'  2)  scc^iX- 
d'ibp  Bv^vg  inl  ttjv  dQxrjv  Suixdynati  xdg  vfCctQxovüag  x^iuig  %äi  dxiUätt 
ißißaioHfBVi  yga^tpag  fpilocotpovg ,  fijxoQag,  yQafi,fiaxi%ovg ,  latQOvg  tixiltii 
slvai  yvfti/aaiap^iioy  etc.  xal  ftifrc  xQivsiv  ^i^'t«  UQBCßBvnv  fftifr«  sig  ct^- 
xBiav  naxaXiysad'ai  axovxag  etc.  Capitol.  M.  philos.  23,  9 :  flama  fuü  qnod 
sub  philosophorum  specie  quidam  remp.  vezarent  et  privatos. 

5.  Uebersicht  über  M.  Aurel's  Leben  und  Beg^efung  von  6.  R.  Sie 
vers  m  Pauly's  Beal-Enc.  I,  1.  S.  1197—1203.  Vgl.  E.  Zeller  in  seinen  Vor- 
trägen und  Abhandl.  (Leipzig  1865)  S.  82—107. 


*-.,**j[^ 


342  f.    M.  Aureliug  und  Zeitgenossen.  753 

C.  Brief weehsel  zwischen  Fronto  und  L.  Veras  (vgl.'A,  1),  s.  oben 
3S3,  7.  Preis  der  eloquentia  des  Veras  durch  Fronto  p.  120  f.  Veras  be- 
stellt sich  bei  Fronto  eine  verherrlichende  Darstellung  seiner  Thateu  ib. 
p.  131  f.  Des  Verus  graüarum  actio  ib.  V,  38  f.  (p.  87);  seine  orationes 
ad  senatum  et  allocutiones  ad  exercitum  ib.  p.  131  f.  Jambische  Inschrift 
seines  exodiarius  Ursus  Togatus  bei  OreUi  2591  =»  Bücheier,  Greifswalder 
Katal.  1870,  p.  18. 

7.  Capitol  Ant.  phii.  8,  1:  adepti  imperium  ita  civiliter  se  ambo 
egerunt  ut  .  .  eos  MaruUus,  sui  temporis  mimographus,  cavillando  impune 
perstringeret.  Vgl.  ib.  29,  2  (de  quo  mimus  in  scena  praesente  Antonino 
dixit  etc.).    Serv.  Aen.  VII,  499  (Marullus  mimographus). 

8.  Ueber  Apollonios  6  dvanoXog  aus  Alexandria  übersichtlich  A. 
Westermann  in  Pauly's  Real-Enc.  I,  2.  S.  1319—1321.  Sein  Sohn  ist  der 
nicht  minder  berühmte  Grammatiker  Herodianus,  dessen  reliquiae  coUe- 
git,  disposuit,  emendavit,  explicuit,  praefatus  est  Aug.  Lentz,  2  Voll., 
Lips.  1867  ff.  Auch  der  Atticist  Phrynichos  lebte  unter  M.  Aurel  und 
Com  modus. 

9.  Ueber  P.  Aelius  Aristides  (J.  117— 189  n.  Chr.?)  aus  Bithynien  vgl. 
Pauly's  Real-Enc.  1,  1.  S.  340—342. 

10.  Ueber  Galenos  (J.  131—201?)  L.  Choulant,  Handb,  d.  Bücherk. 
f.  d.  alt.  Med.  S.  98-120. 

11.  Den  divi  fratres  (tsgatatoi  ßaaiXfig  'Avtoavivoq  xal  Ovqqog) 
widmete  im  J.  162  der  Khetor  Poiyaenos,  ein  MaxF^cov  avifp ,  seine  acht 
Bücher  Ezqatriyi%€i  meist  aus  griechischen  Quellen ,  theilweise  unterge- 
gangenen. Recensuit,  auctiores  edidit ,  indicibus  instruxit  E.  WölfBin,  Lips. 
Teubner  1860. 

343.     Unter  den  übrigen  Schülern   des  Fronto  scheint  der 

bedeutendste  gewesen  zu  sein  dessen  Schwiegersohn  C.  Aufidius 

Victörinus,  Cos.  II  J.  183  n.  Chr.;  nächstdem  Servilius  Silanus 

und  Postumius  Festus.    üeberhaupt  scheint  es  dass  Alle  welche 

in    dieser  Zeit  zu   Rom   als   öfiFentliche   Redner   wirkten    unter 

Fronto's  Einfluss  standen,   wenn   sie  auch  nicht  Alle  seine  Art 

beibehielten.    So  auch  der  auf  verschiedenen  Gebieten  (Epistolo- 

graphie,  Fabel,  Rhetorik,  Geographie  u.  A.)  schriftstellerisch  thä- 

tige  Julius  Titianus. 

1.  Fronto  p.  95  f.  N.:  ut  parentes  cum  in  voltu  hberum  oris  sui 
liniamenta  dinoscunt,  ita  ego  cum  in  orationibus  vestris  vestigia  nostrae 
sectae  animadverto,  yiyrj&s  9h  q>Qiva  Aritm'  meis  enim  verbis  exprimere 
vim  gaudii  mei  nequeo.  p.  200:  suadeo  vobis  (den  Cirtenses)  patronos 
crcare  .  .  eos  qui  nunc  fori  principem  locum  occupant,  Anfidium  Victori- 
num  (A.  2),  quem  .  .  mihi  generum  cum  illis  moribus  tantaque  eloquen- 
tia elegi.  Servilium  quoque  Silanum  (Cos.  189,  vgl.  Lamprid.  Commod. 
7,  5)  Optimum  et  facundissimum  virum  iure  municipis  patronum  habebitis, 
cum  Bit  vicina  et  amica  dvitate  Hippone  regio.  Postumium  Festum  (Gell. 
XIX,  13,  1)  et  morum  et  eloquentiae  nomine  recte  patronum  vobis  fece- 
ritis,  et  ipsum  nostrae  provinciae  et  civitatis  non  longinquae.    Capitol.  Ant. 

Trufffl,  Rom.  Lileratargeschichlc.  48 


-^!!f3W- 


754  Die  Eaiserzeit.    Zweitem  Jahrhundert. 

t 
phil.  3,  8:  f^equeutavit  et   declamatorom   scholas  publicaa  amavitque  e 
condiscipulis   praedpuoB  senatorii   ordinis  Seiom  Fuscianum   et  Aufidium 
Victorinum ,  ex  equestri  Baebium  Longom  et  Calenum. 

2.  C.  AufidiuB  (Fronte  p.  76)  VictorinuB  (vgl.  A.  l)  war  praef.  urbi 
und  bis  consul  (Orelli  1176)  und  befehligte  in  Germanien.  Fronte  p.  232: 
Victorinum,  pietate,  manauetudine ,  veritate,,  innocentia  maxima,  omnium 
denique  optimarum  artium  praecipuum  virum.  Vgl.  p.  179.  J.  186  gab 
er  sich  selbst  den  Tod,  tLaineg  xal  vno  xov  MaQ%ov  Iv  toig  naw  Tif^ij* 
d'slg  %al  x^  Tijg  fffviUs  otgsrij  %ai  x^  tcöv  loycDV  nagacmtv^  ovdsvog  rdtv 
uad"*  iavtov  Sevtsgog  yBvofjLSvog,  Dio  LXXII,  11.  Sein  Sohn  (von  Fronto*8 
Tochter  Gratia)  Yictorinus  Fronto  (oben  333,  2)  ist  ohne  Zweifel  der  (Aufi- 
dius)  Fronto  cansul  (J.  199  n.  Chr.)  der  seinem  Sohne  M.  Aufidius  Fronto 
die  Grabschrifb  bei  Orelli  1176  (aus  Pisaurum)  setzte;  und  auch  C.  Aufidiuä 
Victorinus,  Cos.  200  n.  Chr.,  ist  wohl  ein  (jüngerer)  Sohn  von  ihm.  Vgl. 
W.  Teuffei  in  Paulis  Real-Enc.  I,  2.   S.  2130  f.  Nr.  20  und  33. 

3.  Fronto  p.  191  Volumnio  Quadrate:  legam,  fili,  libenter  orationem 
istam  quam  misisti  mihi  et  si  quid  videbitur  corrigendum  corrigam.  Vgl. 
ib.  p.  190. 

4.  Fronto  p.  191:  Fabianum,  spectatum  in  iudicüs  civilibus,  frequen- 
tem  in  foro,  meura  familiärem.  Vgl.  Spart.  Sever.  13,  3:  occidit  .  .  Masti- 
cium  Fabianum. 

5.  Ueber  das  Auftreten  des  Sohnes  von  Squilla  Gallicanus  als  Red- 
ner 8.  Fronto  p.  188  f.  (orator  noster). 

6.  f^ronto  p.  179  N.:  Antoninus  Aquila  vir  doctus  est  et  facundus. 
Ihn  empfiehlt  Fronto  ib.  dem  Victorinus  für  eine  Lehrstelle  (der  Rhetorik)  in 
seiner  Provinz. 

7.  Fronto  p.  173:  commendando  Corneliano  Sulpicio  familiarissiiuo 
meo.  .  .  industrius  vir  est,  strenuus,  ingenio  libero  ac  liberali,  .  .  litte- 
rarum  studio  et  bonarum  artium  elegantia  mihi  acceptissimus. 

8.  Fronto  p.  175:  Montanum  Licinium  sie  diligo  etc.    bonarum  ar 
tium  sectator  est  meus  Montanus,  tum  doctrina  et  facundia  est  eleganti. 

9.  Fronto  p.  176:  lulium  Aquilinnm,  virum  .  .  doctissimum,  facün* 
dissimum,  philosophiae  disciplinis  ad  optimas  artes,  eloquentiae  studüs  ad 
egregiam  facundiam  eximie  eruditum.  .  .  si  eum  audire  disputantem  de 
platonicis  disciplinis  dignatus  fueris.  (p.  177:)  maximi  concursus  ad  audi- 
endum  eum  Romae  saepe  facti  sunt. 

10.  Sidon.  Apoll.  £p.  I,  1 :  quem  (den  Cic.)  nee  lulius  Titisuius  sul 
nominibus  illustrium  feminarum  (fingierte  Briefe)  digna  similitudine  expres- 
sit.  propter  quod  illum  ceteri  quique  Frontonianorum ,  utpote  consecta- 
neum  aemulati  cur  veternosum  dicendi  genus  imitaretar  (das  ciceronische, 
statt  das  neumodische  des  Fronto),  oratorum  simiam  nuncupaverunt.  Die- 
ser Titianus  ist  wohl  der  Titianus  senior  qui  provindorum  libros  pulcher- 
rimos  scripsit  et  qui  dictus  est  simia  temporis  sui,  quod  cuncta  esset 
imitatus  (Capitolin.  Maximin.  27,  6).  Jene  libri  sind  wohl  die  chorographia 
bei  Serv.  Ae.  IV,  42  (Barcaei  .  .  secundum  Titianum  in  chorographia 
Phoenicem  .*.  superavere),  vgl.  ib.  XI,  651  und  Isid.  origg.  IX,  2,  64  über 
die  Amazonen  (unimammas).  Auch  das  Fragment  über  den  Aetna  bei 
Gregor.  Turon.  de  cursu  stell.  30  (ed.  Haase  1853,  p.  14:  meminit  etbaioa 
montis  et  ille  lulius  Titianus  his  verbis  etc.),  vgl.  A.  Mai,  coli,  Vat.  111. 


343  f.    Schüler  des  Fronto,    Apuleius.  755 

p.  239,  ist  wohl  daraus.  Ihm  gilt  daher  wohl  Cassiod.  divin.  lect.  25: 
cosraographiae  quoque  Dotitiam  vobis  percurrendam  esse  .  .  suademus;  .  . 
qaod  vobis  proveniet  absolute  sf  libellum  lulii  oratoris  .  .  studiose  legere 
festinetis.  Vgl.  Auson.  epist.  16,  81  (oben  23,  2),  wonach  aesopiam  trime- 
triam  vertit  (in  Prosa)  fandi  Titianus  artifex.  Auch  der  Titianus  welcher 
über  Rhetorik  schrieb  (Isid.  origg.  II,  2,  1)  ist  wohl  er  (vgl.  Serv.  Ae.  X,  18: 
Titianus  et  Calvus,  qui  themata  omnia  de  Vergilio  elicuerunt  et  adforma- 
riint  ad  diceudi  usum)  und  nicht  sein  Sohn  (unten  357,  8).  Dann  ist  auch 
glaublich  dass  sich  auf  ihn  bezieht  Diomed.  I  p  368,  26  K.:  Titianus 
(libri:  tyrannus)  de  agri  cultura  primo.  Vgl.  Macrob.  III,  19,  6.  Fr.  Haase, 
Greg.  Tur.  etc.   Breslau  1853.  4.    (Geburtstagsprogr.)  p.  37  f. 

11.  Ungefähr  aus  dieser  Zeit  ist  wohl  auch  Romanius  lovinus,  rhetor 
cloqnii  latini,  dem  seine  dankbaren  Erben  die  Grabschrift  setzten:  Condi- 
tns  hac  Bomanius  est  tellure  lovinus,  docta  loqui  doctus  quique  loqui  do- 
cuit.  Manibus  infernis  ^  vita  est  gloria  vitae,  vivit  et  hie  nobis  ut  Caito 
vel  Cicero.    Orelli-Henzen  5606  aus  Rom. 

344.  Unter  Antoninus  Pius  und  M.  Aurelius  lebte  und 
selirieb  der  Platoniker  und  Rhetor  L.  A  pul  ejus  aus  Madaura 
in  Africa.  In  Karthago ;  Athen  und  durch  Reisen  gebildet,  war 
er  eine  Zeit  lang  zu  Rom  als  Anwalt  thätig,  dann  in  Africa  als 
Wanderredner  und  Lehrer  der  Beredtsamkeit.  Er  ist  ein  echtes 
Kind  seiner  Zeit  und  seiner  Heimat  durch  die  bunte  Vielseitig- 
keit seines  geistigen  Strebens  und  literarischen  Wirkens,  seinen 
Mangel  an  Kritik,  seine  phantastische  Wundersucht,  seine  eitle 
Selbstüberschätzung,  und  den  Ungeschmack  seiner  aus  allen 
Zeiten  und  Stilarten  zusammengesetzten  Darstellung.  Aber  durch 
Lebendigkeit,  Originalität  und  Leichtigkeit  der  Hervorbringung 
nimmt  er  unter  den  Schriftstellern  des  Jahrhunderts  einen  her- 
vorragenden Rang  ein. 

1.  Der  Vorname  (im  cod.  Victorianud  der  apologia  und  vor  de  dogm. 
Plat.)  könnte  von  dem  Helden  der  Metam.  entnommen  sein.  Apuleius 
philosophus  platonicus  Madaurensis,  de  dogm.  PI.  III.  p.  203  ßip.  Vgl. 
apol.  10.  Augustin.  civ.  d.  VIII,  14:  Apuleius  Platonicus  Madaurensis. 
Charis.  p.  240  K  :  ut  apud  Apuleinm  Platonicum  de  proverbiis  scriptum 
est  libro  IL  Demnach  scheint  Plat.  einen  Theil  der  BücherQberschriften 
gebildet  zu  haben.  Augustin.  civ.  dei  VIII,  12:  in  utraque  lingua  .  .  Apu- 
leius Afer  extitit  Platonicus  nobiUs. 

2.  Ueber  das  Leben  des  Apulejus  bis  zu  seinem  Processe  (s.  A.  3) 
gibt  die  apologia  reiche  Aufschlüsse.  Da  der  Process  noch  unter  Pius  fällt 
(ap.  85),  die  Frau  des  Ap.  damals  40  J.  alt  war  (ib.  89),  und  zwischen 
Ap.  und  seiner  Gattin  grosse  Altersungleichheit  bestand,  so  kann  Ap.  da- 
mals nicht  mehr  als  25  J.  alt  gewesen  sein,  seine  Oeburt  mag  daher  um 
126  fallen.  Vgl.  unten  345,  2.  Florid.  18,  8G:  pueritia  apud  vos  (Carthag.) 
et  magistri   vos,   et    secta,   licet  Athenis  Atticis   confirmata,   tarnen   hie 

48* 


W^TT^'i 


756  Die  Kaiserzeit.    Zweites  Jahrhundert. 

incohata  est  et  vox  mea  utraque  lingaa  iam  vestris  auribus  ante  proiimum 
sezeunium  probe  cognita.  20,  97:  ego  et  alias  crateras  (als  Grammatik 
und  Rhetorik)  Athenis  bibi:  poeticae  . .,  geometriae  . .,  musicae  .  .,  dia- 
lecticae .  .,  iam  vero  universae  philosophiae.  Met.  XI,  28:  viricalas  patri- 
monii  peregrinationis  adtriverant  impensae.  .  .  quae  res  .  .  victum  ube- 
riorem  subministrabat  .  .  quaesticulo  foreusi  nutrito  (in  Rom)  per  patro- 
dnia  sermonis  romanL 

3.  Auf  einer  Reise  von  Madaura  nach  Alexandria  zu  Oea  erkrankt, 
wurde  Ap.  dort  mit  einer  reichen  Wittwe,  Aemilia  Pudentilla,  bekannt 
und  heiratete  sie.    Darüber  erbost  erhob  deren  Verwandtschaft  gegen  Ap. 
vor  dem  Procos.  Claudius  Maximus  (oben  336,  4)  eine  Anklage  auf  Zaube- 
rei, durch  die  er  die  Wittwe  an  sich  gezogen  habe.    Hiegegen  vertheidigt 
sich  Ap.  in  der  apologia  (s.  imten  345,  1).    Sicher  wurde  er  freigesprochen, 
lebte  aber  (nach  dreijährigem  Aufenthalt  in  Oea,  ap.  55)  seitdem  zu  Kar- 
thago, von  wo  aus  er  in  Africa  herumreiste  und  sich  hören  liess.    In  den 
nilchsten  Jahrhunderten   aber  trug  ihm  jenes  Abenteuer   den  Ruf  eines 
magus  und  Wunderthäters  ein  der  es  mit  denen  des  Christenthnms  auf- 
nehmen könne.    Augustin.  Ep.  II.  qnaest.  VI  (VoL  II.  p.  426  c  ed.  Gaame, 
Paris  1838):  si  hoc  quod  de  loua  scriptum  est  Apuleius  Madaurensis  ?el 
Apolionius  Tyaneus  fedsse  diceretur,  quorum  multa  mira  nullo  fideli  auctore 
iactitant.    Epist.  136  (ib.  II.  p.  599  a):  ApoUonium  quidem  suum  nobis  et 
Apuleium  aliosque  magicae  artis  homines  in  medium  proferunt,  quonnn 
maiora  contendunt  extitisse  miracula.    Ep.  138,   18  (ib.  p.  623  a):  ApoUo- 
nium et  Apuleium  ceterosque  magicarum  artium  peritissimosconferre  Christo 
vel  etiam  praeferre  conantur.  Lactant.  inst.  V,  3,  7 :  Apuleium ,  cuius  solent 
et  multa  et  mira  memorari. 

4.  Augustin.  Ep.  138  (II.  p.  623  d):  Apuleius,  ut  de  illo  potissimom 
loquamur  qui  nobis  Afris  Afer  est  notier,  . .  ne  ad  aliqnam  quidem  iudida- 
riam  reip.  potestatem  cum  omnibus  suis  magicis  artibus  potuit  perrenire, 
honesto  patriae  suae  loco  natus  et  Überaliter  educatus  magnaque  praedi- 
tus  eloquentia.  .  .  sacerdos  provinciae  pro  magno  fuit  ut  munera  ederet 
.  .  et  pro  statua  sibi  ad  Oeenses  locanda  .  .  adversus  contradictionem 
quornndam  dvium  litigaret.  quod  posteros  ne  lateret,  eiusdem  litis  oratio- 
nem  scriptam  memoriae  commendavit.  Apul.  Flor.  XVI:  vobis  occipiam, 
principes  Africae  yiri,  gratiam  agere  ob  statuam  quam  mihi  praesenti 
honeste  postulastis  et  absenti  benigne  decrevistis  etc.  ib.  (72 — 74  OudL): 
testimonia  mihi  perhibuit  in  curia  Carthaginiensium  non  minus  splendi- 
dissima  quam  benignissima  vir  consularis.  .  .  nam  .  .  libello  misso,  per 
quem  postulabat  locum  celebrem  statuae  meae,  .  .  commemorayit  inter 
nos  iura  amidtiae  a  commilitio  studiorum  eisdem  magistris  honeste  incohata. 
.  .  quin  etiam  commemorayit  et  alibi  gentium  et  dvitatium  honores  mihi 
statuarum  et  alios  decretos.  .  .  etiam  docuit  argumento  suscepti  sacerdo- 
tii  summum  mihi  honorem  Carthagini  adesse.  .  .  Aemilianus  Strabo,  vir 
consularis,  brevi  votis  omnium  futurus  proconsul,  sententiam  de  honoribos 
meis  in  curia  Carthaginiensium  dixit  etc.  Ueber  das  weitere  Leben  nod 
die  Todeszeit  von  Ap.  ist  nichts  bekannt. 

5.  Apol.  55 :  sacrorum  pleraque  initia  in  Graecia  partidpavi.  . .  malti- 
iuga  Sacra  et  plurimos  ritus  et  varias  cerimonias  studio  vcri  et  officio  erg^ 


344.    Apuleius  (Leben  und  Charakter).  757 

deo8  didici.  63:  morem  habeo  quoqno  eam  simulacrum  alicuius  dei  iuter 
libellos  conditum  gestare  eique  diebas  festis  ture  et  mero  et  aliquando 
victimis  supplicare.  Das  Geflissentliche  und  Ostentatorische  dieser  Werk- 
heihgkeit  erklärt  sich  theils  aus  abergläubisch  mystischem  Wesen  und 
Geheimnisskrämerei  theils  aus  Opposition  gegen  das  allmählich  um  sich 
greifende  Christenthum,  welchem  Ap.  abgeneigt  war;  s.  Met  XI,  14:  nee 
yel  uuum  vitium  nequissimae  illi  feminae  deerat:  .  .  saeva  scaeva,  virosa 
ebriosa,  pervicax  pertinax,  .  .  inimica  fldei,  hostis  pudidtiae.  tunc  spretis 
atqae  calcatis  divinis  numinibus  invicem  certae  religionis  mentita  sacrilega 
praesnmpiione  dei  quem  praedicaret  unicum  confictis  observationibus  vacuis 
fallens  omnes  homines  etc.  Auch  der  Platonismus  der  Zeit,  zu  welchem 
Ap.  sich  bekannte  (A.  1),  war  ein  solcher  mystischer;  vgl.  Flor.  16  (60  f. 
Oud.):  noster  Plato,  nihil  ab  hac  secta  (des  Pythagoras)  vel  paululum 
devius,  pythagorissat  in  plurimis.  aeque  et  ipse,  ut  in  nomen  eins  a  magi- 
stris  meis  adoptarer,  utrumque  (Beden  und  Schweigen)  meditationibus  acade- 
micis  didici. 

6.  Apol.  4:  accusamus  apud  te  philosophum  et  tam  graece  quam 
laiine  disertissimum.  Met.  I,  1:  in  urbe  latia  advena  studiorum  Quiritinm 
indigenam  sermonem  aerumnabili  labore,  nullo  magistro  praeeunte,  ag- 
^essus  ezcolui.  en  ecce  praefamur  veniam  si  quid  exotici  ac  forensis 
sermonis  rudis  locutor  offendero.  Einen  fremdartigen  Charakter  hat  die 
Darstellung  des  Ap.  immer  behalten,  bei  aller  Gewandtheit  womit  er  die 
Sprache  beherrscht.  Namentlich  fühlt  er  nicht  wie  wunderlich  sich  plau- 
tinische  Worte  und  Wendungen  in  einer  ernsthaften  Rede  ausnehmen. 
Dazu  die  Ueberladimg  mit  rhetorischen  Figuren  aller  Art,  das  gespreizte 
Pathos  und  die  manierierte  Eünstlichkeit.  Erdmann,  de  Apulei  elocutione, 
Stendal  1864.  4.  H.  Kretschmann,  de  latinitate  Apulei,  Königsberg  1865. 
140  pp.    Th.  Jeltsch,  de  Apulei  Floridis  (Breslau  1868)  p.  3—32. 

7.  Apul.  Flor.  9  (31  Oud.) :  plura  mea  extant  in  Camenis  quam  Hip- 
piae  in  opificiis  operibus.  ib.  (37  Oud.):  fateor  uno  chartario  calamo  me 
reficere  poemata  omnigenus,  apta  virgae  {(dßdog^  also  Epen),  lyrae,  socco, 
cothump,  item  satiras  ac  griphos,  item  historias  varias,  nee  non  orstiones 
laudatas  disertis,  nee  non  dialogos  laudatos  philosophis,  atque  haec  et 
alia  eiusdem  modi  tam  graece  quam  latine,  .  .  simili  stilo.  20  (98  Oud.): 
canit .Empedocles  carmina,  Plato  dialogos,  Socrates  hymnos,  Epicharmus 
modos  (?  mimos?  comoedias?),  Xenophon  historias,  Xenophanes  satiraa: 
Apaleius  vester  haec  omnia  novemque  Musas  pari  studio  colit.  Zur  Zeit 
seiner  Anklage  (s.  A.  3)  hatte  Ap.  nicht  nur  öffentliche  Reden  gehalten 
und  herausgegeben  (Apol.  55.  vgl.  73.  24.  33  extr.) ,  sowie  Naturales  quae- 
stiones  in  griechischer  und  in  lateinischer  Sprache  veröffentlicht  (ib.  36.  38), 
sondern  auch  Gedichte  gemacht,  wovon  Proben  ib.  6  (e  ludicris  meis  epi- 
Btolium  de  dentificio,  Trimeter  über  ein  Zahnpulver,  an  einen  Calpumius 
gerichtet)  und  ib.  9  (versus  amatorii,  in  elegischer  Form ,  gesuchter  künst- 
licher Preis  der  Söhne  des  Scribonins  Laetus  unter  den  Namen  Charinus 
und  Kritias,  vgl.  Auson.  Idyll.  XIII  s.  f.:  esse  Apuleium  in  vita  philosophum, 
in  epigrammatis  amatorem) ;  dazu  Aesculapii  hymnus  graeco  et  latino  car- 
mina, cui  dialogum  similiter  graecum  et  latinum  praetexui  (Flor.  18  = 
91  Oiid.).    Sonstige  Schriften:  ein  iQmtiHog  (Lyd.  magg.  III,  64),  Herma- 


758  ^i^  Kaieerzeit.    Zweites  Jahrhundert. 

goras  (nach  den  Ueberresten  bei  Prisciau  vielleicht  ein  Roman  wie  die 
Metamorph.);  Epitoma  historiarum  (Priscian.  IL  p.  482  Htz.;  vgl.  I.  p.  250 f.: 
Apuleius  in  Epitoma);  Schriften  über  Arithmetik  (nach  Nikomachus,  s.  Cas- 
Biod.  de  arithm.  zu  Ende  und  Isid.  Orig.  III,  2),  Musik  (Cassiod.  de  mus. 
z.  E.)»  ^^ö^  Astronomie  (Lyd.  de  mens.  IV,  7.  73  u.  de  ostent.  3.  4.  7.  10. 
44.  54),  medicinalia  (Priscian.  VI,  11.  p.  203,  14  H.*),  de  arboribus  (Senr. 
Verg.  Ge.  II,  126)  und  anderes  Landwirtschaftliche  (Phot.  bibl.  cod.  l&i 
Pallad.  B.  B.  I,  35,  9.  Geopon.  I,  14.  XIII,  5  und  sonst;  s.  O.  Jahn,  Be- 
richte der  Sachs.  Ges.  d.  W.  1850,  S.  286.  E.  Meyer,  Gesch.  der  Botanik 
II.  S.  196  f.);  endlich  auch  eine  Bearbeitung  des  platonischen  Phaidon 
(Sidou.  Ap.  Episi  II,  9.  Priscian.  X,  19.  p.  511  H.),  sowie  eine  Schrift  de 
proverbüs  (s.  A.  1). 

8.  G.  F.  Hildebrand,  de  vita  et  scriptis  Ap.,  Halle  1835  und  vor  sr. 
Ausgabe  des  Ap.  0.  Jahn,  Berichte  d.  sächs.  Ges.  d.  Wiss.  1850,  S.  283 
— 287.  Chr.  CavalUn,  de  L.  Ap.  scriptore  latino  adversaria,  Lund  1857. 
54  pp.  E.  Goumy,  de  A.  fabularum  scriptore  et  rhetore,  Paris  1859.  W. 
Teuffei  in  Pauly^s  Beal-Enc.  I,  2.  S.  1348—1353.  M.  Hertz,  Renaissance 
S.  32—34. 

345.  Von  den  zahlreichen  Schriften  des  Apulejus  in  grie- 
chischer und  lateinischer  Sprache,  Versen  wie  Prosa,  sind  er- 
halten l)Apologia,  Selbstvertheidigung  aus  Anlass  der  Anklage 
auf  Zauberei,  nachtiüglich  ausgeführt,  mit  redseligem  Behagen 
und  lebhaftem  Gefühle  seiner  üeberlegenheit  und  Wichtigkeit. 
2)  Florida,  eine  Blimienlese  aus  Reden  und  Declamationen  des 
Apulejus,  von  gemischtem  Inhalt,  aus  Geschichte  und  Philosophie, 
Natur  und  Leben.  3)  Metamorphoseon  libri  XI,  ein  phan- 
tastisch satirischer  Sittenroman,  verfasst  unter  M.  Aurelius  und 
dem  Lukios  des  Lukianos  nachgebildet.  Den  Inhalt  bilden  die 
Erlebnisse  eines  Menschen  welcher  aus  Versehen  durch  Zaube" 
rei  auf  längere  Zeit  in  einen  Esel  verwandelt  wurde,  unter 
Einflechtung  von  allerlei  Erzählungen  und  namentlich  des  Mär- 
chens von  Amor  und  Psyche.  4)  de  deo  Socratis,  eine  wort- 
reiche Darlegung  der  platonischen  Lehre  von  Gott,  und  den 
Dämonen.  5)  Drei  Bücher  de  dogmate  Piatonis,  von  denen  aber 
das  dritte  vielmehr  die  formale  Logik  nach  Aristoteles  behandelt. 
6)  de  mundo,  nach  Theophrast  gearbeitet. 

1.  Apologia  ßive  de  magia  über.  Augustin.  civ.  dei  VHI,  19:  hnia« 
philosophi  platonici  copiosissima  et  disertissima  extat  oratio,  qua  ciimeo 
artiom  magicarum  a  se  alienum  esse  defendit.  Vgl.  oben  344,  2  u.  3.  IHe 
Rede  nimmt  den  Schein  an  als  wäre  sie  so  vor  Gericht  gebalten,  was  aber 
mimöglich  ist.  Die  frivole,  theilweis  alberne  Begründang  der  Anklage 
(z.  B.  mit  dem  Besitze  eines  Spiegels,  c.  JJ^  ff.)  machte  dem  Redner  iodc 
Arbeit  leicht,  und  er  benützt  um  so  mehr  die  Gelegenheit  sich  selbst  ibs 


344  f.    ApuleiuB  (Scbriften).  759 

Licht  zu  Stollen.  Sonderausgaben  von  CasanbonuB  (Heidelberg  1594.  4.), 
Pricäns  (Paris  1635.  4.);  Commentar  von  Gentilis,  Hannover  1607.  550  pp. 
Edidit  G.  Krüger,  ßerol.  1864.  Vgl.  H.  Sauppe,  Götti.  Gel.  Anz.  1865, 
S.  1545—1560. 

2.  Die  Florida  sind  wörtliche  grössere  Auszüge  aus  den  heraus- 
gegebenen Vorträgen  des  Ap.,  gemacht  in  unbekannter  Zeit  und  sowohl 
nach  stofflichen  wie  nach  formellen  Rücksichten.  Die  Anfänge  fehlen  oft, 
einige  Male  auch  der  Schluss.  Inhalt,  Bestimmung  und  Charakter  der 
einzelnen  Stücke  ist  verschieden;  neben  Proben  ^des  floridum  genus  im 
Sinne  des  Ap.  auch  solche  von  verhältnissmässig  einfacher  Darstellung. 
Ebenso  werden  die  Stücke  aus  verschiedener  Zeit  sein;  Nr.  17  ist  aus  der 
des  Antoninus  Pius,  da  der  dort  gepriesene  procos.  Africae  (Ser.)  Scipio 
Orfitus  im  J.  149  n.  Chr.  das  Consulat  bekleidete.  Nr.  12  ist  aus  einer 
chorographia  nach  Plinius  (oben  295,  7)  geschöpft;  Mommsen  Solin.  p.  XXH 
—XXIV.  Der  Titel  Flor,  wird  wohl  erst  von  dem  Excerptor  herrühren. 
Unbekannt  ist  ob  die  Auswahl  vollständig  erhalten  ist  und  wann  die  (dem 
Elxcerptor  noch  fremde)  Eintheilung  in  vier  Bücher  erfolgte.  Apulei  Flori- 
dorum  quac  supersunt  ed.  Gust.  Krüger,  Berolin.  1865.  4.  AI.  Goldbacher, 
de  L.  Apul.  Mad.  Floridorum  quae  dicuntur  origine  (p.  3 — 21)  et  locis 
quibusdam  corruptis  (p.  21  —  36),  Lips.  1867.  Th.  Jeltsch,  de  Apulei  Flori- 
dis  (über  die  Gleichheit  des  Sprachgebrauchs  mit  dem  der  übrigen  Schrif- 
ten des  A.),  Breslau  1868.  Beiträge  zur  Textkritik  von  H.  Müller,  Rhein. 
Mob.  XXII.  S.  463  f.   645-648.  XXIH.  S.  445-453. 

3.  Die  Metamorphosen  sind  jedenfalls  nach  der  Apologie  ver> 
fasst.  Zeitandeutung  I,  2 :  a  Plutarcho  illo  inclito  ac  mox  Sexto  philosopho 
nepote  eius.  Vgl.  oben  336,  2.  Zeitgrenze:  Capitol.  Clod.  Alb.  12,  12: 
cum  ille  neniis  quibusdam  anilibus  occupatus  inter  milesias  punicas  Apulei 
sui  (auch  Albiuus  war  aus  Africa  gebürtig)  et  ludicra  litteraria  consenesceret 
(Albinus  f  197).  Anfang  des  Werkes:  at  ego  tibi  sermone  isto  milesio 
varias  fabulas  conseram  . . :  figuras  fortunasque  hominum  in  alias  imagines 
conversas  et  in  sc  rursum  .  .  refectas  ut  mireris  exordior.  .  .  fabulam 
graecauicam  incipimus.  Ueber  die  Verwandlung  von  Menschen  in  Thiere 
mit  Beibehaltung  des  menschlichen  Bewusstseins ,  aber  ohne  menschliche 
Sprache  (wie  schon  Odyss.  x,  239  f.\  s.  Augustin.  civ.  d.  XVIII,  17  f.,  wo  (c.  18) : 
et  nOB  cum  essemus  in  Italia  audiebamus  talia  de  quadam  regione  illarum 
partium,  ubi  stabularias  mulieres  .  .  dare  solere  dicebantur  .  .  viatoribus 
unde  in  iumenta  illico  verterentur  .  .;  nee  tamen  in  eis  mentem  fieri  bestia- 
lem,  sed  rationalem  humanamque  servari,  sicut  Apuleius  in  libris  quos 
Asini  aurei  titulo  inscripsit  sibi  ipsi  accidisse  ut  .  .  asinus  fieret  aut  indi- 
cavit  aut  finxit.  Letzteres  Missverständniss  ist  dadurch  veranlasst  dass  der 
Held  seine  Abenteuer  selbst  erzählt.  Der  Stoff  ist  vollkommen  gleich  mit 
Lukian's  Aov%tog  rj  'Ovog;  nur  die  Namen  sind  verändert  und  statt  des 
heiteren  Schlusses  von  Lukian  ein  ernsthaft  phantastischer,  aber  sehr  un- 
passender Angefügt.  Sonst  ist  Manches  was  gegen  die  Speculationen  auf 
die  Wundersucht  der  Zeit  gerichtet  ist  aus  dem  griechischen  Originale  bei- 
behalten; daher  um  so  weniger  zu  bezweifeln  ist  dass  dieses  Original  die 
Schrift  Lukians  war  und  nicht  die  (selbst  abergläubische)  des  angeblichen 
LukioR  aus  Paträ;  s.  W.  Teuffei,  Rhein.  Mus.  XIX.  S.  243—254  vgl.  E.  Rohde, 


760  ^^6  Kaiserzeit.    Zweites  Jahrh ändert. 

über  Lukian's  Schrift  Aovniog  u.  8.  w.  (Leipeig  1869)  S.  14—18.    Verwandte 
Erzählungen  sind  aber  schon  älter;  vgl.  Met.  X,  22  =  Lukian.  Aov%.  51 
mit  Chans,  p.  223,  14  K.:  Sisenna  Milesiaram  XIII  (oder  XIV):  ut  eum 
paenitus  utero  suo  reeepit.    Ausser  dem  ist  aus  andern  (griechischen)  Unter- 
haltungsbüchem ,  auch  wohl  wirklichen  Vorgängen  der  letzten  Zeit,  eine 
Anzahl  von  Spuk-,  Räuber-  und  Schmutzgeschichten  unorganisch  eingefloch- 
ten, sowie  (IV,  28— VI,  24)  die  bella  fabella  von  Amor  und  Psyche,  deren 
Kern  wohl  in  den  Orient  zurückreicht,  die  aber  in  der  vorliegenden  Ge- 
stalt sicher  nach  einem  griechischen  Originale  gearbeitet  ist,  unter  starker 
ßomanisierung  im  Einzelnen  (W.  Teuffei  a.  a.  0.  S.  248  f.).     Auch  ausser 
dem  Schlüsse  hat  Ap.  wohl  Manches  in  dem  Werke  aus  sich  selbst  hinzu- 
gefügt.   Sein  eigen  ist  jedenfalls  der  geschraubte  und  gezierte  Ton  der 
Darstellung.     Für   die  Sittengeschichte   ist  das  Werk   sehr  wichtig  und 
öfters  auch  heiter  zu  lesen.    Specialausgaben:  Bonon.  1500  fol.  (cum  Be- 
roaldi  commentariis).    Venet.  1501.  fol.    Ed.  Pricaeus,  Goud.  1650.    Bec. 
Fr.  Eyssenhardt,  Berlin  1869.    Uebersetzt  von  Sieder  (Frankfurt  1605)  oiid 
Rode  (Berlin  1783,  2  Thlc).   Fabula  de  Psyche  et  Cupidine  rec.  I.  C.  Orelli, 
Zürich  1833;  rec.  et  emend.  0.  Jahn,  Lips.  1856.  16.    Deutsch  vonF.  Pres- 
sel,  Ulm  1864.    0.  Jahn,  Novelletten  aus  Apulejus;  in  sn.  Populären  Auf- 
sätzen aus  d.  Alt.  Wiss.  (Bonn  1868)  S.  75-114. 

4.  Augustin.  de  civ.  d.  VIII,  14:  Apuleius  Platonicus  Madaurensis  de 
hac  re  sola  unum  scripsit  librum  cuius  esse  titulum  voluit  de  deo  So  Gra- 
tis, ubi  disserit  et  exponit  ex  quo  genere  numinum  Socrates  habebat  ad- 
iunctum  etc.  dicit  enim  apertissime  et  copiosissime  asserit  non  illum  deuin 
fuisse,  sed  daemonem,  diligonti  disputatione  pertractans  istam  Platonis 
de  deorum  sublimitate  et  hominum  humilitate  et  daemonura  medietatc 
sententiam.  Priscian.  X,  17  (p.  509,  9  H.) :  Apuleius  in  dialogo  qui  est  de 
deo  Socratis.  Receus.  M.  Buckley,  London  1844.  Beiträge  zur  Textkritik 
von  A.  Goldbacher,  Ztschr.  f.  d.  Ostreich.  Gymn.  XIX.  1868.  S.  803-818. 

5.  De  dogmate  Piatonis  libri  III.  Das  erste  Buch  behandelt  das 
äussere  Leben  Platonis  und  seine  Naturphilosophie;  das  zweite,  an  Fausti- 
nus  filius  gerichtete,  dessen  Ethik.  Das  dritte,  de  philoeophia  ratiooali 
sive  nsQl  sQftrivsiag,  handelt  die  Logik,  statt  nach  Platou,  vielmehr  in 
dürrster  Weise  nach  Aristoteles  und  den  Peripatetikern  ab,  kann  daher 
nicht  wohl  von  dem  Platoniker  Apulejus  herrühren  und  fehlt  auch  in  den 
besten  Handschriften.  Hildebrand  I.  p.  XLIV  meint  es  sei  durch  einen 
Grammatiker  des  dritten  oder  vierten  Jahrh.  (weil  schon  Cassiodor  das 
Buch  citiert)  der  Schrift  des  Ap.  zur  Ergänzung  hinzugefügt.  Dagegen 
0.  Jahn  (Berichte  der  sächs.  Ges.  d.  Wiss.  1850,  S.  282  f.)  und  C.  PrantI 
(Gesch.  der  Logik  im  Abendlande  I.  S.  579  if.)  halten  an  der  Urheberschaft 
des  Ap.  fest,  indem  0.  Jahn  die  Schrift  als  Theil  eines  encyklopädischen 
Werkes  auffasst. 

6.  Augustin.  de  civ.  dei  IV,  2:  quae  .  .  Apuleius  breviter  stringit 
in  eo  libello  quem  de  mundo  scripsit.  Die  Schrift  ist  gleichfalls  an 
Faustinus  gerichtet  und  enthält  viel  specifisch  Römisches;  s.  c.  85.  37.  14 
extr.  (Catonem  in  libris  Originum).  5  (in  nostro  mari).  17  (ut  Vesuvios 
noster  solet).  Hölscher,  über  das  Buch  des  Ap.  de  mundo,  Herford  1846.  4. 
Im  Proömium:    quare  nos   [Aristotelem  prudentissimum   et   doctiaainiuin 


*■  to« 


345.    ApiileiuB  (Schriften).  761 

pfailosophorum  et]  Theophrastum  auctorem  Becuti  fehlen  die  eingeklam- 
merten Worte  in  den  besten  Handschriften.  Vielleicht  sind  sie  ein  Zusatz 
eines  Grammatikers  welcher  die  pseudo -aristotelische  Schrift  nBgl  %6a(iov 
für  die  Hauptquelle  hielt.  Sehr  wenig  glaublich  ist  dass,  wie  A.  Stahr 
(Aristoteles  unter  den  Römern  S.  164  ff.)  und  Barth^l^my  St.  Hilaire  (Ueber- 
setzung  der  Meteorolog.  des  Aristoteles,  Paris  1863,  p.  325—355)  meinen, 
yielmehr  die  Schrift  nsgi  Hoofiov  eine  griechische  Bearbeitung  von  der 
des  Apul.  aus  dem  dritten  oder  vierten  christl.  Jahrh.  sei.  Vgl.  Hilde- 
brand in  sr.  Ausg.  des  Ap.  I.  p.  XLIV— XLIX.  Die  Ansicht  von  Fr.  Adam 
(de  auctore  libri  pseudo -aristot.  nsQl  %6afiovy  Berol.  1861),  dass  sowohl 
die  lateinische  als  die  griechische  Redaction  von  Ap.  herrühre ,  hat  gegen 
sich  dass  die  lateinische  offen  au  Faustinus  gerichtet  ist,  während  die 
griechische  eine  Anrede  an  Alexander  M.  fingiert. 

7.  Ausserdem  trägt  in  den  Handschriften  den  Namen  des  Ap.  a)  eine 
lateinische  Uebersetzung  eines  Gesprächs  über  Gott,  Welt  und  den  Men- 
schen, betitelt  Asclepius,  weil  darin  Hermes  Trismogistus  mit  Asklepios 
sich  unterredet.  Diesen  Bestandtheil  der  Hermesliteratur  kannten  in  die- 
ser lateinischen  Bearbeitung  schon  Lactantius  (Inst.  VIT,  18)  und  Augusti- 
nus (de  civ.  dei  VIII,  23.  24.  26.  Orat.  de  haeres.  V,  2),  ohne  sie  aber 
mit  der  Person  des  Ap.  in  Verbindung  zu  bringen,  wovon  auch  vernünf- 
tiger Weise  nicht  die  Bede  sein  kann.  Das  ziemlich  absurde  neuplato- 
uisqhe  Product  verräth  entschiedenen  Einfluss  des  Christenthums.  Material 
bei  Hildebrand  I.  p.  XLIX— LIV. 

b)  Die  wahrscheinlich  aus  dem  fünften,  vielleicht  schon  dem  vierten 
christlichen  Jahrh.  und  aus  Africa  (s.  c.  84.  vgl.  mit  Plin.  N.  H.  XX,  10,  43) 
stammende  Compilation  besonders  aus  Dioskorides  und  Plinius,  betitelt  de 
h'erbarum  virtutibns  (medicaminibus) ,  128 — 13t  Capitel,  wovon  ein  Theil, 
de  betonica,  auch  selbständig  und  ins  Angelsächsitsche  übersetzt  wurde; 
herausgg.  be«.  in  Parabilium  medicam.  scriptores  antiqui,  ed.  I.  0.  G. 
Ackermann  (Norirab.  1788),  vgl.  E.  Meyer,  Gesch.  d.  Botanik  II.  S.  316— 
327.  L.  Spengcl  im  Philologus  XXI.  S.  120—122  und  L.  Müller,  Rhein. 
Mus.  XXIII.  S.  187—190  (über  den  cod.  Leid,  davon  aus  saec.  VI). 

c)  de  remediis  salutaribus  (Excerpte  aus  Plinius  Naturgesch.  XIX.  u. 
XX.,  8.  Sillig  Quaest.  Plin.  I.  p.  8  ff.  E.  Meyer  a.  a.  0.  S.  327  f.),  wovon 
ein  Fragment,  e  cod.  Salmasiano  nunc  primum  editum,  in  Silligs  Plinius- 
aasg.  Vol.  V.  zu  Anfang. 

d)  Wenig  überzeugend  sind  die  Gründe  aus  denen  Val.  Rose  (Anec- 
dota  graeca  I,  Berlin  1864,  S.  61-102;  Text  p.  103—169,  vgl.  Aristoteles 
pseudepigr.  p.  696  ff.)  eine  anonyme  lateinische  Schrift  über  Physiognomie, 
nach  Polemon  mit  Zusätzen  aus  Eudoxos  und  Aristoteles,  dem  Ap.  zu- 
^etheilt  hat.  Indessen  scheint  sie  spätestens  in  der  Mitte  des  dritten 
christl.  Jahrh.  geschrieben  zu  sein.  H.  Sauppe,  Götti.  Gel.  Anz.  1866,  S.  22  f. 
und  («ur  Textkritik)  S.  23—26. 

8.  Von  den  Handschriften  der  Werke  des  Ap.  ist  die  wichtigste 
Plor.  3  =  Laur.  LXYIII,  2  (F  bei  0.  Jahn,  Krüger  u.  Eyssenhardt)  saec.  XL 
Aus  ihm  stammen  alle  i^ern,  auch  Laur.  XXIX,  2  (9  bei  Jahn  u.  s.  w.) 
saec.  XII,  der  aber  älter  ist  als  die  secunda  manus  (f)  des  F.   Die  andern 


762  I)i6  Kaiserzoit.    Zweites  Jahrhundert. 

< 

sind  interpoliert.     H.  Keil,  Observationes  (oben  111,  1)  p.  77  —  81.    Ver- 
zeichniss  derselben  bei  Hildebrand  I.  p.  LX  ff. 

9.  Aasgaben.  Ed.  princcps  Rom.  1469.  Jiint.  1512.  1522.  Cum 
comm.  Phil.  Beroaldi,  Bonon.  1500.  Aldina  1521.  Emend.  illustr.  P.  Colvius, 
Lugd.  Bat.  1588.  2  Voll.  Post  Colvii  ed.  expurg.  B.  Vulcanius,  Lugd.  B. 
1594.  Ed.  sec.  (cura  Jos.  Scaligeri)  ib.  1600.  Cum  nott.  varr.  1614.  2  Voll, 
llec.  Elmenhorst,  Frankfurt  1621.  Ed.  J.  Ploridus,  Paris  1688.  2  Voll. 
Ed.  Bip.  1788.  2  Voll.  Hauptausgabe  von  F.  Oudendorp,  Lugd.  B.  1786 
—1823.  3  Voll.  4.  Sammelausgabe  von  G.  F.  Hildebrand,  Lips.  1842. 
2  Voll.  8.  Ed.  minor,  Lips.  1843.  li.  Speugel,  die  griech.  Stellen  im  Ap., 
Rhein.  Mus.  XVI.  S.  27—37.  Oeuvres  compUtes  d'Apulee,  traä.  en  fran9ais 
par  V.  Bdtolaud,  Paris  1835.  3  Voll.  Nouvelle  Edition  entiörement  refon- 
due,  Paris  1862.  2  Voll. 

10.  Die  mageren   Schriften   des   sogen.  Apuleius   minor  frühestens 
saec.  X,  de  nota  aspirationis  und  de  diphthongis,  hat  F.  Osann  (p.  87— 
146)  zusammen  mit  L.  Caecilu  Minutiani  Apulei  de  orthographia  iragmcnta 
(p.  3—13;  animadversiones  dazu  p.  14—83)  Darmstadt*  1826  (XXXIV  o. 
158  pp.)  herausgegeben.    Dass  aber  letztere  (zuerst  herausgg.  von  A.  M^ 
Rom  1823) ,  worin  mit  Citaten  aus  allen  möglichen  untergegangenen  Schrif- 
ten geprunkt  wird,  ein  Machwerk  aus  der  zweiten  Hälfte  des  15.  Jahrh.  sind 
hat  Madvig  nachgewiesen,  Opusc.  acad.  1.  p.  1—25  und  (gegen  OsaDo,  in 
Jahn's  Jahrbb.  Xlll.  S.  306—337)  p.  26-28.    Vgl.  R.  Merkel  in  sr.  Ausg. 
des  Ibis  p.  384  ff. 

346,  Als  Juristen  waren  unter  M.  Aurelius  noch  in  Thil- 
tigkeit  Maecianus^  Ulpius  Marcellus  u.  A.  Zu  diesen  gesellte  sich 
jetzt  besonders  Qi  Cervidius  Scaevola,  der  Lehrer  des  Papi- 
nian.  Seine  Schriften,  besonders  die  vierzig  Bücher  Digesta, 
sind  in  den  Pandekten  stark  benützt.  Sie  schlössen  sich  äusser- 
lich  meist  an  Julians  System  an,  dasselbe  auf  der  Grundlage 
gegebener  Fälle  weiterbildend.  In  derselben  Zeit  verfasste  Pa- 
pirius  Justus  eine  Sammlung  kaiserlicher  Constitutionen  und 
schrieb  Paternus  ein  Werk  de  re  militari.  Ein  jüngerer  Zeit- 
genosse derselben  war  wohl  Papirius  Fronto. 

1.  Capitol.  M.  Philos.  11,  10:  usus  est  Scaevola  praecipue  iuris  perito. 
Spartian.  Carac.  8,  3:  mcmoriae  traditur  .  .  eum  (Papinian^  cum  Severo 
(dem  nachmaligen  Kaiser  Septimius  Sev.)  professum  sub  Scaevola.  Dig. 
XXXVI,  1,  22  pr. :  Scaevola  divura  Marcum  in  auditorio  .  .  iudicasse  refert. 
Dass  er  aber  schon  unter  Pius  gewirkt  habe  geht  aus  seiner  Anführung 
von  Imp.  Antoninus  Pius  libertis  Sextiae  Basiliae  (Dig.  XXX IV,  1,  13,  1) 
nicht  hervor.  Tr^^phoninus  und  Paulus  nennen  ihn  regelmässig  Scaevols 
noster,  Paulus  einmal  (Dig.  XXVIII,  6,  38,  3)  sogar  Q.  Cervidius  Scaevola 
noster  (dicebat),  woraus  folgt  dass  diese  von  ihm  Schuler  waren,  mM 
aber  dass  sie  noch  bei  seinen  Lebzeiten  schriebei^b.  Th.  Mommsen,  Ztecbr. 
f.  Rechtsg.  IX.  S.  115  f. 


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346.    Jurißten:   Cervidius  Scaevola  u.  A.  763 

2.  Haaptschrifb  des  Scaevola:  Digestorum  libri  XL,  verfasst  in  der 
ersten  Hälfte  von  M.  Aureis  Regierung  (Fitting  S.  26);  unter  Commodus 
(vor  dem  J.  195)  Besponsornm  libri  VI  und  Quaestionum  libri  XX,  letztere, 
wie  es  scheint,  mit  ausführlicher  Entwicklung  der  Gründe  für  die  in  jenen 
Werken  gegebenen  Rechtsentscheidungen.  Ausserdem:  über  singularis 
quaestionum  publice  tractatarnm;  libri  IV  Regularum  (vgl.  A.  4).  Die 
Ezcerpte  aus  diesen  Schriften  (an  307  Stellen)  bei  Horamel  Palingcnesia  II. 
p.  413—491.  Nur  citiert  werden  Scaevola*s  Notae  ad  luliani  Digesta  und 
Notae  ad  Marcelli  Digesta  (ib.  p.  457.  491  f.)i  und  nur  im  Index  Floren- 
tinus  genannt  wird  sein  Über  singularis  de  quaestione  familiao.  An  Clau- 
dius Tryphoninus  und  Paulus  fand  Scaev.  Commentatoren.  • 

3.  Modestinns  Dig.  XXVII,  1,  13,  2:  ovxmg  %a)  KsQßidiog  Z^aißolag 
nal  JJavlog  xal  dofihtog  Ovlniotvog,  ot  noQVtpaioi  xmv  yoftixcoy,  y^of- 
tpovaiv.  Tryphon.  Dig.  XXXV,  1,  109:  magno  ingenio  de  iure  aperto  re- 
spondit.  Cod.  Theod.  IV,  4,  3,  3  nennen  ihn  die  Kaiser  Arcadius  und 
Honorius  auctorem  prudentissimum  ictorum.  Fremde  Ansichten  werden 
in  den  Ueberresten  der  Digesta  des  Scaev.  (bei  Hommel  p.  413—457)  fast 
niemals  berücksichtigt,  desto  häufiger  aber  wird  von  vorgekommenen  Fällen 
ausgegangen;  wohl  eine  Folge  des  Anschlusses  an  Julians  Werk.  Dagegen 
in  den  Quaestiones  werden  Vorgänger  nicht  selten  genannt. 

4.  Dositheus  gibt  im  dritten  Buche  seiner  'EQfirjvtvfiaTa  (vom  J.  207) 
unter  der  Ueberschrift  avyyQafifidtiov  vopLi'nov  fidliara  nsf^l  ilev'd'SQ(6as(of 
=>  disputatio  foreusis  maxime  de  manumissionibus  einen  Abschnitt  aus  dem 
Werke  eines  Juristen,  theil weise  mit  griechischer  üebersetzung.  Es  wird 
daher  fragmeutum  Dositheanum  genannt  oder,  nach  seinem  Inhalte,  fragm. 
de  iuris  speciebus  et  manumissionibus.  Da  das  Stück  einem  Regulae  be- 
titelten Werke  entnommen  scheint  (3:  regulas  igitur  exequenti  quae  ad 
haec  studia  pertinent),  so  hat  Dirksen  den  Gajus  für  den  Verfasser  erklärt. 
Lachmann  und  Rudorff  (röm.  Rechtsgesch.  I.  8.  194.  242)  den  Paulus,  Voigt 
den  Pomponius,  Huschke  aber  (lurisprud.  anteiust.*  p.  341  f.)  den  Scae- 
vola, weil  in  dessen  Ueberresten  sich  besondere  Bcrücksiphtigung  des  Grie- 
chischen wahrnehmen  lasse.  Abdruck  jenes  Stückes  in  den  Ausgaben  des 
Dositheus  von  E.  Böcking  (Bonn  1832.  Corpus  iuris  anteiust.  p.  193  ff. 
Ulpiaui  fragm.,  Lips.  1855,  p.  159  ff.)  und  bei  Huschke^  lurisprud.  anteiust.' 
p.  343-350. 

5.  J.  0.  Westenberg,  de  iurisprudentia  Q.  C.  Sc,  Li;gd.  B.  1734.  4. 
(=s  Trias  opusc.  acad.  ed.  Püttmann,  Lips  1795).  J.  L.  Conradi,  de  vita 
et  Bcriptis  Q.  C.  Sc,  Lips.  1754  f.  4.  (=  Opusc  I).  Zimmern,  Gesch.  d. 
röm.  Privatr.  I,  1.  S.  359—361.  Rudorff,  röm.  Rechtsg.  S.  186  f.  Fitting, 
Alter  d.  Schrr.  S.  25—27. 

6.  üeber  Claudius  Satuminus  s.  oben  338,  6. 

7.  Papiriuslustusde  constitutionibus  libri  XX  nach  Index  Flor. 
In  den  Digesten  sind  aus  B.  I,  II  und  VIII  Stellen  angeführt  (s.  Hommel 
Paling.  I.  p.  617—619).  Die  aus  den  beiden  ersten  Büchern  beginnen  alle : 
Imperatores  Antoninns  et  Verns  Augg.  rescripserunt ,  sind  also  aus  J.  161 
— 169;  das  Fragment  aus  B.  VIII  (Dig.  II,  14,  60)  beginnt:  Imp.  Antoninus 
Avidio  Cassio  rescripsit,  stammt  somit  aus  J.  169—175.    Es  scheint  daher 


■«      4- 


764  ^ic  Kaiserzeit.    Zweites  Jahrhaudert 

dass  das  Werk  die  chronologische  Ordnung  befolgte  und  die  ersten  Bücher 
unter  den  divi  fratres,  die  weiteren  unter  M.  Aurel  herausgegeben  waren. 
Das  letzte  Drittel  konnte  daher  unter  Commodus  verfasst  sein  und  dessen 
Constitutionen  enthalten.  A.  C.  Stockmann,  Pap.  1.  fragmenta  illustrata, 
Lips.  1792.  4.  P.  £.  Piepers,  de  P.  I.  icto,  Lugd.  B.  1824.  4.  Zimmern, 
I,  1.  S.  155  f.  356.  Rudorff,  Rechtsgesch.  I.  S.  185.  274.  Fitting,  Alter 
d.  Schrr.  S.  24  f. 

8.     Tarrutenius  Paternus,  unter  M.  Aurelios  dessen  ab  epistalis 
latinis  (Dio  LXXI,  12:  TccqqovtiJviov  9h  JlaTsgvov  xov  rag  inierolag  avTOv 
tag  lotxivag  dia  x^f^og  ^x^vra)  und  zugleich  siegreicher  Befehlshaber  gegen 
die* Markomannen,  noch  unter  Commodus  praef.  praet.,  aber  auch  hin- 
gerichtet; s.  A.  Haakh  in  Pauly>  Real-Enc.  V.  S.  1223  f.     Sein  Werk  de 
re  militari  umfasste  nach  dem  ind.  florent.  4  Bücher.     Zwei  Stellen  aos 
B.  1  und  II  Dig.  XLIX,  16,  7.  L,  6,  6  vgl.  XLIX,  16,  12,  1.     Veget  de  « 
mil.  I,  8:  quae  Paternus,  diligentissimus  iuris  militaris  adsertor,  in  libro8 
redegit.    H.  £.  Dirksen,  der  Rechtsgelehrte  und  Taktiker  Paternus,  Berlin 
1856.  4.    (Abhandl.  d.  Berl.  Akademie). 

9.  Callistr.  Dig.  L,  16,  220,  1:  sed  et  Papirius  Fronto  libro  tertio 
Responsorum  ait,  und  XIV,  2,  4  fin.:  haec  ita  Papirius  Frouto  respondii 
Marcian.  Dig.  XV,  1,  40  pr.:  eleganter  P.  Fr.  dicebat,  und  XXX,  114,  7: 
verius  esse  existimo  quod  et  Scaevola  notat  et  Papirius  Fronto  scribii 


3*    Die  Zeit  des  Commodus  und  Septimins  SeTerus, 

J.  180-211  n.  Chr. 

347,  Des  M.  Äurelius  ungleicher  Sohn  Commodus  (J.  161 
—  192)  hatte  für  nichts  Geistiges  Interesse.  Der  tüchtige  Sep- 
timius  Severus  (J.  146  —  211)  aber,  welcher  nach  den  kurzen 
Regierungen  des  Pertinax  und  Didius  Julianus  auf  den  Thron 
gelangte,  verfasste  eine  Selbstbiographie.  Als  Jurist  wirkt  in 
dieser  Zeit  hauptsächlich  Papinianus.  Das  Christenthum  gewinnt 
auch  unter  den  Gebildeten  an  Boden  und  hat  so  beredte  Ver- 
theidiger  wie  Minucius  Felix  und  Tertullianus.  In  gebundener 
Form  hat  die  Zeit  nur  vergilische  centones  aufzuweisen. 

1.  Commodus  geb.  31  August  161,  Caesar  seit  12  Oct  166,  Kaisei 
seit  17  März  180,  mit  dem  Titel  M.  Äurelius  Commodus  Antoninus  Pias 
Felix  Aug.,  ermordet  31  Docember  192  n.  Chr.  Saevior  Domitiano,  in- 
purior  Nerone,  Lamprid.  19,  2.  Habuit  litteratorem  graecum  Onesicratem, 
latinum  Capellam  Antistium;  orator  ei  Ateius  Sanctus  fuit,  ib.  1,  6. 

2.  Lamprid.  Comm.  3,  4:  appellatus  est  a  mimis  quasi  constnpratas, 
eosdemque  .  .  subito  deportavit.  13,  2:  versus  in  *eo  (eum)  multi  scripti 
sunt,  de  quibus  .  .  Marius  Maximus  gloriatur. 

3.  P.  Helvius  Pertinax,  Kaiser  vom  1  Jan.  bis  28  Mftrz  193;  B.oben 
335,  6.  Didius  Salvius  lulianus  ist  es  nach  ihm  66  Tage  lang;  s.  W. 
Teuffei  in  Pauly's  Real-Enc.  IV.  S.  397—400. 


347  f.    SeptimiuB  Severtis.    Papinianus.  765 

4.  L.  Septimius  Severus  Plus  Pertinaz  Aug.  (Arabicus,  Adiabe- 
nicuB,  Parthicus  etc.),  in  deu  ßechtsquellen  kurzweg  Severus,  geb.  8  April  146 
za  Leptia  in  Africa,  Cos.  unter  Commodus  (185?),  Kaise;  193,  macht  seinen 
Sohn  Caracalla  zum  Augustua  J.  198,  f  4  Februar  211.  Vgl.  A.  Haakh  in 
Pauly's  Real-Enc.  VI,  1.  S.  1182—1136,  Nr.  1.  Spartian.  Sev.  1,  4  f.:  prius 
quam  latinis  graecisque  litteris  imbueretur,  quibus  eruditissimus  fuit. 
. .  octavo  decimo  anno  publice  declamavit  postea  studiorum  causa  Romam 
venit  (unter  M.  Aurelius).  3,  7:  Athenas  petit  studiorum  sacrorumque  causa. 
18,  5:  philosophiae  ac  dicendi  studiis  satis  deditus,  doctrinae  quoque  nimis 
cupidus.  18,  11:  cum  eum  ex  humili  per  litterarum  et  militiae  officia  ad 
imperinm  .  .  fortuna  duxisset.  Victor  Caes.  20,  28:  ortus  medie  hnmilis 
primo  litteris,  deiude  imbutus  foro;  quo  parum  commodante  .  .  dum  ten- 
tat  varia  .  .  conscendit  imperium.  Eutrop.  VIII,  18:  hie  primum  fisci  ad- 
▼ocatus,  mox  militaris  tribunus  etc.  Spartian.  Sev.  19,  9:  canorus  voce, 
eed  afrum  quiddam  usque  ad  senectutem  sonans.  Vgl.  15,  7:  cum  soror 
sua  Leptitana  ad  eum  venisset  vix  latine  loqueus.  Dio  LXXVI,  16:  nai- 
dsiag  ins9"6fi8i  (laXlov  rj  ^nztvyxavB  xcel  ^la  xovxo  nolvyvmnonv  fiällov 
^  noXvloyog  TfV, 

5.  Spartian.  Sev.  18,  6:  vitam  suam  privatam  publicamque  ipse  con- 
posuit  ad  fidem,  solum  tarnen  vitium  crudelitatis  excusans.  3,  2:  uxorem 
.  .  de  qua  tacuit  in  historia  vitae  privatae.  Vict.  Caes.  20,  22:  idcm  abs 
se  gesta  omatu  et  fide  paribus  conposuit.  Capitol.  Clod.  Alb.  10,  1 :  Seve- 
rus quidem  ipse  haec  de  eodem  loquitur.  Dio  LXXV,  7:  liyoD  yag  (über 
des  Albinus  Tod)  ovx  oaa  6  Zsovqgog  ^yga^iffsv,  aXX*  oaa  aXtid-ias  iyivsto. 
Schreiben  des  Sev.  an  den  Senat  bei  Capit.  Clod.  Alb.  12,  6  fF. 

6.  Tertull.  de  praescript.  haeret.  39:  vides  hodie  ex  Vergilio  fabu- 
lam  in  totum  aliam  componi,  mat^ria  secuudum  versus,  versibus  secnndum 
materiam  concinnatis.  denique  Hosidius  Geta  Medeam  tragoediam  ex 
Vergilio  plenissirae  exsuxit.  mens  quidam  propinquus  ex  eodem  poeta 
inter  cetera  stili  sui  otia  Pinacem  Cebetis  explicnit  Ein  solcher  cento, 
Medea,  ist  (ohne  den  Namen  des  Hos.  G.)  überliefert  durch  den  cod.  Sal- 
mas.,  in  ßiese's  anthol.  lat.  17  (I.  p.  49—66). 

348«  Mit  Severus  befreundet  und  ungefähr  gleichaltrig  war 
der  grosse  Jurist  Aemilius  Papinianus.  Unter  Severus  prae- 
fectus  praetorio,  wurde  er  bald  nach  dem  Regierungsantritt  von 
dessen  Sohn  Caracalla  hingerichtet  ^  weil  er  auch  dem  andern 
Sohne,  Geta,  die  Treue  bewahrte.  Papinian  zeichnet  sich  aus 
nicht  blos  durch  juristische  Genialität,  durch  die  Sicherheit  und 
Klarheit  womit  er  den  einzelnen  Fall  rechtlich  beurteilt,  son- 
dern zugleich  durch  lebendiges  Gefühl  für  Recht  und  Sittlich- 
keit, wodurch  er  über  die  Schranken  der  Nationalität  vielfach 
sich  erhob  und  die  Verehrung  noch  späterer  Jahrhunderte  sich 
verdiente.  Von  seinen  Schriften  sind  die  bedeutendsten  die 
37  Bücher  Quaestiones  und  die  19  Bücher  Responsa,  welche 
beide  in  den  justinianischen  Sammlungen  sehr  Üeissig  benützt  sind. 


766  I^^o  Kaiserzeit.     Zweites  Jahrhundert. 

1.  Spartian.  Carac.  8,  2  f.:  Papinianum  ainiciBfliinnin  fuisse  impera- 
tori  Severo  et,  ut  aliqui  loquuntur,  adfinem  etiam  per  secundatn  uxorem 
(lulia,  aus  Syrien)  ^emoriae  traditur,  et  huic  praecipue  utrumque  filium 
(Geta  und  Caracalla)  a  Severo  commeudatum ,  eumque  cum  Severo  pro- 
fessum  sub  Scaevola  (oben  346,  1—5),  et  Severo  in  advocatione  fisci  (s.  oben 
347,  4)  successisse.     Tryphonin.  Dig.  XX,  5,  12  pr  :  rescriptum  est  ab  im- 
peratore  (Severus?),  libellos  agente  Papiniano;  vgl.  Vict.  Caes.  20,  33  f.: 
quem  ferunt  illo  tempore  Bassiani  scrinia  curavisse,  .  .  cum  conatet  satis 
praefecturam  praetorio  gessisse.    Paul.  Dig.  XII,  1,  40:  lecta  est  in  audi- 
torio  Aemilii  Papiniani,  praefecti  praetorio,  icti  cautio  huius  modi.    Dio 
LXXVl,  10  (J.  204):   aixov  (einen  Räuber)  6  Jltini^viavQq  6  inaqiog  avT^- 
gezo  etc.     Vgl.  ib.  14  (J.  208):  nagioTTjHi  aot  Uantviavos  6  ina^xog.    Er 
war  also  in  der  Präfectur  Nachfolger  des  Plautianus  (Uerodian.  11 1,  10, 5  ff.), 
welcher  J.  203  hingerichtet  wurde.     Vgl.  A.  2  f.     Muratori  p.  361,  1  = 
Uenzen  5603  (vom  28  Mai  205):  sub  Maecio   Laeto  et  Aemilio  Papioiaoo 
pp.  pp.  vv.  eratinentissimis). 

2.  Dio  LXXI,  1  (J.  211):  tovg  otnsiovg  xovg  (ihv  a^rifillaf«»  (Cara- 
calla nach  seiner  Thronbesteigung),  mv  %al  naniviavog  6  ^juiQxog  ^, 
Toifg  81  nal  dni%t€iv€v,  ib.  4:  ig  dvo  (iVQtdidag  nccQOcxQQiia  dndutuvff, 
.  ,  im  9h  tav  initpavav  avS^div  Sllovg  tB  %ai  top  Uanivtavov.  nul  tä 
y(  tov  Uaniviavöv  fpovsvaavu  insTifirjasv  oxi  d^ivg  avxov  %al  ov  li^H 
<8tsxQrioccTo,  Spartian.  Carac.  3,  2:  (nach  Ermordung  des  Geta,  27  Febr. 
212  n.  Chr.)  innitens  Papiniano  et  Ciloni  ad  palatium  redit  4,  1  f.:  dein 
in  couspectu  eins  Papinianus  securi  percussus  a  militibus  et  occisas  est 
.  .  filium  etiam  Papiniani,  qui  ante  triduum  quaestor  opulentum  monos 

,  ediderat,  interemit.  8,  7  f.:  constat  eum  quasi  fautorem  Getae  occisam 
(vgl.  Spart  Geta  6,  3).  et  fertur  quidem  Papinianus,  cum  raptus  a  mili- 
tibus ad  palatium  traheretur  occidendus ,  praedivinasse ,  dicens  stulüssimuni 
fore  qui  in  suum  subrogaretur  locum  nisi  adpetitam  crudeliter  praefectu 
ram  vindicaret.  Andere  Darstellungen  ib.  8,  4—6.  Victor  Caes.  20,  33  f. 
Zosim.  I,  9. 

3.  Spartian.  Sev.  21,  8:  Papinianum,  iuris  asylum  et  doctrinae  lega- 
lis  thesaiurum,  quod  parricidium  ezcusare  noluisset,  occidit,  et  praefectum 
quidem ,  ne  homini  per  se  et  per  scientiam  suam  magno  deesset  et  dignitas. 
Inst.  II,  23,  7  und  Cod.  VI,  25,  6,  1 :  homo  excelsi  ingenii  Papinianus.  Cod. 
V,  71,  14  u.  VI,  42,  16:  vir  prudeutissimus  Papinianus.  VI,  42,  30:  aco- 
tissimi  ingenii  vir  et  merito  ante  alios  excellens  Pap.  VII,  32,  3:  coosul- 
tissimi  viri  Pap.  VII,  45,  14:  Pap.  summi  ingenii  vir.  Cod.  Theod.1, 4,  S. 
Cassiod.  VI,  5.  Hieron.  Epi&t.  77,  3  u.  a.  Vgl.  A.  4.  Die  öfters  tadelnden 
Notae  welche  Marcian,  Ulpian  und  Paulus  zu  den  Schriften  des  Pap.  hinzu- 
fügten (vgl.  Cod.  Theod.  IX,  43.  Dig.  XVIII,  1,  72.  XXII,  1,  1,  2)  worden 
von  Constantin  J.  321  cassiert  (Cod.  Theod.  I,  4,  1:  qui  dum  ingenii  laadem 

,sectantur  non  tarn  corrigere  eum  quam  depravare  maluerunt),  von  Jotti- 
nian  nicht  völlig  verschmäht,  doch  mit  Vorsicht  benützt;  s.  Cod.  I,  17, 
1,  6:  ea  quae  antea  in  Notis  Aemilii  Papiniani  ex  Ulpiano  et  Paolo  nee 
non  Marciauo  adscripta  sunt,  quae  antea  nullam  vim  obtinebant  propter 
honorem  splendidissimi  Pa^iiniani,  non  statim  respuere,  sed  si  quid  ex  bii 
ad    repletionem   sumnii    ingenii   Papiniani    laborum    vel   interpretab'oo^ 


J 


348  f.    Papinüiims  u.  a.  Juristen.  767 

iceBsarium  esse  perspexeritis  et  hoc  ponere  legis  vicem  obtinens  non 
oremini. 

4.  Schriften  des  Pap.  Constit  Omnem  (Dig.  prooem.)  6:  vobis  .  . 
ilcherrimus  Papinianus  non  solum  ex  Responsis,  quae  in  XIX  iibros  com- 
»aita  fuerunt,  sed  etiam  ex  libris  XXXVII  Quaestionum  et  gemino  volu- 
ine  Definitionum,  nee  non  De  adulteriis  (libri  II  und  ein  über  singu- 
ris)  .  .  6ui  recitationem  praebebit.  ne  autem  tertii  auni  anditores,  quos 
ipinianistas  vocant,  nomen  et  festivitatem  eius  amittere  videantur  etc. 
isser  jenen  Schriften  auch  De  oflBcio  aedilium  liber  singularis;  vgl.  Dig. 
LIII,  10:  in  tov  aarwoftinov  (iovoßißlov  tov  Uamviavov.  Ein  Frag- 
ent  ex  libr.  I.  Respons.  sub  titulo  de  pactis  in  der  lex  rom.  Visigothorum 
[uschke,  iurispr.  anteiust.*  p.  351);  43  Auszuge  aus  Pap.^s  Schriften  in 
in  Fragm.  Vatic,  und  595  Stellen  in  Justinians  Gesetzbuchern.  Letztere 
isammengestellt  bei  Ilommel,  Palingenesia  II.  p.  515^614.  Einen  eben- 
irtigen  Commentator  fanden  seine  Ueberreste  an  Ciuacius  (Opera  Tom.  IV). 

5.  In  den  Ueberresteu  der  Quaestiones  (welche  der  Ordnung  des 
licts  folgen)  nennt  Pap.  wiederholt  Optimus  Imp.  noster  Sevenis  (Dig. 
XXI,  67,  9.  L,  5,  7.  vgl.  XXII,  1,  6),  lässt  aber  bei  früheren  consecrier- 
n  Kaisern  die  übliche  Bezeichnung  als  Divus  sehr  häufig  weg.  In  den 
esponsa  fSgt  sich  Pap.  bei  der  Titulatur  der  Kaiser  den  Regeln  des  Cu- 
alstils  mit  einer  einzigen  (erzählenden)  Ausnahme  (Dig.  XX,  2,  1).  Dass 
e  Responsa  später  (nach  198)  verfasst  sind  erhellt  aus  der  Bezeichnung 
>n  Severus  und  Caracalla  als  optimi  maximique  principes  nostri  (Dig. 
XXIV,  9,  16,  1  vgl.  fragm.  Vat.  294);  schon  Buch  IV  ist  nach  J.  206 
»rfasst,  und  B.  XV  ff.  im  Laufe  von  211;  s.  Dig.  XXXIV,  9,  18  pr.  aus  B. 
V:  divus  Severus.  Pitting,  das  Alter  d.  Schriften  S.  28—32.  Th.  Momm- 
n,  Zeitschr.  f.  Rechtsgesch.  IX.  S.  100  f. 

6.  Rechthaberischer  Eigensinn  ist  dem  Pap.  fremd;  s.  z.  B.  Dig.  XVIII, 
6,  1:  nobis  aUquando  placebat.    .  .  sed  in  contrarium  me  vocat  Sabini 

!ntentia.  Bezeichnend  auch  Dig.  XXVIII,  7,  15:  quae  facta  laedunt  pieta- 
m,  existimationem ,  verecundiam  nostram  et,  ut  geueraliter  dicam,  contra 
)no8  mores  fiunt,  nee  facere  nos  posse  credendum  est.  Die  Darstellung 
it  oft  die  Bündigkeit  von  Axiomen,  wie:  non  videntur  rem  amittere  quibus 
ropria  non  fuit;  donari  videtur  quod  nullo  iure  cogente  conceditur;  ius 
ablicum  privatorum  pactis  mutari  non  potest. 

7.  Ev.  Otto,  Papinianus,  s.  de  vita,  studiis,  scriptis,  honoribus  et  morte 
em.  Pap.,  Lugd.  Bat.  1718.  Brem.  1743.  B.  Voorda,  Papinianus,  s.  optimi 
ti  et  viri  forma  in  A.  P.  spectata,  Lugd.  Bat.  1770.  4.  Zimmern,  Gesch. 
.  röm.  Privatr.  I,  1.  S  361—364.    G.  Bruns  in  Pauly's  Real-Enc.  V.  S.  1141 

1144.    Rudorff,  Rechtsgesch.  I.  S.  188  f.    U.  E.  Dirksen,  üb.  d.  schria- 
ellerische  Bedeutsamkeit  des  Pap.,  Abhandl.  d.  Berl.  Akad.  1864. 

849«  Zeitgenossen  des  Papinian  sind  die  Juristen  Messius, 
allistratus  und  Claudius  Tryphoninus,  die  beiden  Letzteren  durch 
ie  Digesten  auch  als  Schriftsteller  bekannt.  Der  Halbgrieche 
TriuH  Menander  war  im  kaiserlichen  ßathe  und  schrieb  de  re 


■W' 


763  Die  Kaiaerzeit.    Zweites  JaErhundert. 

militari.     Auch  der  Kirchenschriftsteller  TertuUianus    verfasste 
in  seiner  vorchristlichen  Zeit  juristische  Schriften. 

1.  Dig.  XLIX,  14,  60:  Valerius  Patruinus  procurator  imperatoris  .  . 
praedia  .  .  addixerat.  .  .  Papinianus  et  Messins  novam  sententiam  inda- 
xerunt;  .  .  pronuntiavit  tarnen  secundum  illonim  opinionem  .  .  Trypho- 
nino  (A3)  suggerente  etc.  Der  hier  genannte  Jurist  Messias  ist  sonst  nicht 
bekannt;  ein  T.  Messius  Extricatus  war  cos.  II  im  J.  217  n.  Chr. 

2.  Des  Callistratus  vier  Bücher  de  iure  fisci  und  zwei  B&cher  Qaae- 
stiones  sind  unter  Severus  verfasst;  s.  Dig.  XLIX,   14,  2,  6  (aus  de  iure 
fisci  II):  imperator  noster  Severus  Aug.  constituit,  und  Dig.  I,  3,  38  (aos 
Quaestionum  I):  imperator  noster  Severus  rescripsit     Dagegen  das  Werk 
de  cognitionibus  (libri  VI)  ist  aus  dem  Anfang  der  Mitregentschaft  des 
Caracalla  (J.  198—211);  s.  Dig.  I,  19,  3,  2  (imperatores  nostri  Severus  et 
Antoninus)  aus  B.  VI,  und  L,  2,  11  (principes  nostri)  aus  B.  I,  neben  imp. 
noster  Severus  Aug.  ib.  L,  4,  14,  4  (gleichfalls  aus  B.  I).    Es  berücksich- 
tigte besonders  das  Bedürfniss  der  Untersuchungsrichter ,  auch  durch  prak- 
tische Bemerkungen  wie  Dig.  I,  18,  19.    Ausserdem  Eklicti  monitorii  libri 
oder  Ad  edictum  monitorium  und  Institutiouum  libri  11 1,  wie  es  scfaeioi 
nach  Gajus.     Die  99  Excerpte  aus  diesen  Schriften  die  sich  in  den  Pon- 
dekteu  finden  s.  bei  Hommel,  Palingenesia  I.  p.  129—146.    Dass  Callistr. 
ein   gebomer   Grieche   ist  verräth  sich   nicht  selten   in   seiner   Spradie. 
G.  A.  Jenichen,  Ep.  singularia  de  Call,  icto,  läps.  1742.  4.    Pinto,  de  Call 
icti  scriptid  quae  supersnnt,  Lugd.  Bat.  1835.  302  pp. 

3.  A.  Claudius  Tryphonlnus  (Cod.  I,  9,  1),  mit  Papinian  im  con- 
silium  principis  (s.  A.  1),  schrieb  Notae  zu  Scaevola's  Digesten  in  welchen 
M.  Aurel  divus  heisst  (Dig.  XVIII,  7,  10:  Claudius),  die  aber  schon  von 
Papinian  in  B.  XIV  seiner  Responsa  angefiihrt  wurden  (Dig.  XXXI V,  9, 25, 1: 
apud  Scaevolam  libro  XXX  Digestorum  Claudius  notat).  Spater  verfasst 
sind  seine  21  Bücher  Disputationum ;  s.  Dig.  XXVII,  1,  44  (aus  B.  11)  und 
XLIX,  16,  12,  17  (aus  B.  IV):  imp.  noster  (Caracalla)  cum  divo  Se?ero 
patre  suo;  XL VIII,  19,  39  (aus  B.  X):  optimi  imperatoris  nostrj.  Ungenaa 
XX,  5,  12  pr.  (aus  B.  VIII):  rescriptum  est  ab  imperatore  ^Severus),  Übel- 
los  agente  Papiniano.  Die  Ueberreste  bei  Hommel,  Palingenesia  11.  p.  509 
-^&30.  Fitting,  d.  Alter  d.  Schrr.  S.  32.  Rescript  des  Caracalla  ao  um 
vom  J.  213  im  Cod.  I,  9,  1.    Chr.  Rau,  de  Cl.  Tr.  icto  rom.,  Lips.  1768.  4. 

4.  Ulp.  Dig.  IV,  4,  11,  2  in  einem  Rechtsfalle  aus  der  Zeit  des  im- 
perator Severus  (also  wohl  J.  193—198):  cum  susceptam  tutelam  non  aüi 
soleant  deponere  quam  .  .  hi  qui  circa  prinoipem  sunt  oocupati,  ut  in 
consiliarii  Menaudri  Arrii  persona  est  indultnm  (erst  in  der  Zeit  des 
Ulpian?).  Seine  vier  Bücher  über  das  Miliförrecht  sind  unter  Severos 
zwischen  198  und  211  verfasst;  s.  Dig.  XLIX,  16,  13,  6:  divus  Severus  et 
Antoninus.  .iusserünt,  quod  .  .  Menander  scribit,  während  sonst  Meiian- 
der  von  der  Mitregentschaft  des  Caracalla  absieht;  s.  Dig.  XLIX,  16,  4,  9 
(vgl.  ib.  5,  4):  imperator  noster  rescripsit.  Die  Stellen  und  Anfuhnrngen 
daraus  bei  Hommel  Paling.  I.  p.  447—450.  Coelest.  Mirabelli  comm.  ad 
fragra.  A.  M.,  Biturig.  1667  und  cum  notis  ed.  J.  G.  Harnisch,  Lips.  1762. 4 
P.  J.  Suringar,  de  A.  M.  icto  eiusque  fragmentis,  Lugd.  Bat.  1840.  Fit- 
ting, d.  Alter  d.  Schrr.  S.  33  f. 


_^:5 


349  f.    Callistratus  u.  a.  Juristen.    Minuciua  Felix.  769 

/ 

5.  Unbekannt  ist  das  Zeitalter  des  Rutilius  Maximus  aus  dessen  über 
singularis  ad  legem  Falcidiam  Dig.  XXX,  125  eine  Stelle  angeführt  wird 
(zvrischen  solchen  des  Neratius  und  des  Paulus).  Vgl.  Fragm.  Vat.  113: 
frustra  Maximus  .  .  iudicavit  etc.  und:  Maximi  sententia  .  .  placuit. 

6.  Aus  Tertulliani  Quaestionum  libri  VIII  werden  in  den  Digesten 
zwei  Stellen  angeführt,  aus  seinem  liber  singularis  de  castrensi  peculio 
drei ;  s.  Uommel,  Paling.  II.  p.  505  f.  Wie  er  selbst  den  Sex.  Pomponius 
citierte  (Dig.  XXIX,  2,  30,  6)  so  wird  er  von  Ulpiau  in  den  unter  Caracalla 
verfassten  libri  ad  Sabinum  mehrfach  angeführt.  Der  Jurist  dieses  Namens 
ist  also  jedenfalls  gleichzeitig  mit  dem  Kirchenschriftsteller  (unten  351). 
Ihn  von  diesem  zu  unterscheiden  ist  um  so  weniger  ein  Anlass  als  Letzte- 
rer unzweifelhaft  Jurist  war  (xovq  'Pmfiaimv  vofiovg  T^ngißmnova  avdga 
nennt  ihn  Euseb.  h.  eccl.  II,  2)  und  in  seinen  theologischen  Schriften  allent- 
halben den  rechtskundigen  Advocaten  verräth  (z.  B.  apolog.  1—6.  28—44. 
de  anima  6),  andererseits  die  angebliche  Verschiedenheit  der  Darstellung 
in  den  juristischen  Ueberresten  gegenüber  von  den  theologischen  Schriften 
auf  Bechnimg  des  beiderseitigen  Gegenstandes  kommen  mag.  J.  ü.  Blumen- 
bach, de  scto  Q.  Septimio  Floreute  presbytero  et  icto  Tertulliano,  Lips. 
1735.  4.  J.  C.  Wiesenhavern,  de  icto  Q.  Sept.  Flor.  Tertulliano,  Hildes- 
heim 1743.  4.  J.  A.  Pagenstecher,  de  iurisprudentia  Tertulliani,  Uarderov. 
1768.  4.  Zimmern,  Privatr.  I,  1.  S.  365  —  367.  Rudorff,  Bechtsgesch.  I. 
S.  196  f.    Fitting,  d.  Alter  d.  Schrr.    S.  33. 


350.  Die  älteste  auf  uns  gekommene  christliche  Schrift  in 
lateinischer  Sprache  ist  des  M.  Minucius  Felix  Dialog  Octa- 
vius.  Die  gegen  das  Christenthum  und  seine  Bekenner  be- 
stehenden Vorurteile  und  Einwendungen  werden  darin  mit  Leben- 
digkeit und  Schärfe  dargelegt,  aber  auch  mit  Geist,  Scharfsinn 
und  Beredtsamkeit  als  nichtig  erwiesen.  Der  Verfasser  steht  auf 
der  Hohe  der  philosophischen  und  ästhetischen  Bildung  seiner 
Zeit  und  schreibt  auch  für  Gebildete.  Die  Form  lehnt  sich  an 
antike  Vorbilder  an  und  ist  gewandt  und  geschmackvoll. 

1.  Lactant.  inst.  div.  V,  1  (p.  230  Fri.):  si  qui  forte  litteratorum  se 
ad  eam  (die  sapientia  et  veritas  =  Christenthum,  vgl.  A.  4)  contulerunt 
defensioni  eins  non  suffecerunt.  ex  üs  qui  mihi  noti  sunt  Minucius  Felix 
non  ignobilis  inter  causidicos  loci  fuit.  huius  liber,  cui  Octavio  titulus 
est,  declarat  quam  idoneus  veritatis  assertor  esse  potiiisset  si  se  totum  ad 
id  Studium  contulisset.  Septimins  quoque  Tertullianus  etc.  (unten  351,  2). 
Vgl.  ib.  1,  11  (p.  29):  Minucius  FeUx  in  eo  libro  qui  Octavius  inscribitur. 
Uieronym.  de  vir.  ill.  58:  Minucius  Felix,  Romae  insignis  causidicus,  scripsit 
dialogum  christiani  et  ethnici  disputantium  qui  Octavius  inscribitur.  sed 
et  aUus  sub  nomine  eins  fertur  De  fato  vel  Contra  mathematicos,  qui  cum 
sit  et  ipse  diserti  hominis  non  mihi  videtur  cum  superioris  libri  stilo  con- 
venire.  Veranlasst  war  die  ünterdchiebung  dadurch  daas  Octiiv.  36,  ö  (ac 
de  fato  satis  vel,  si  pauca  pro  tempore,  disputaturi  alias  et  uberius  et 

Teuffcl,  runi.  Lll«»raturg-csehiclilf.  49 


770  Die  Kaiserzeit.     Zweites  Jahrhundert. 

pleniufl)  eine  derartige  Schrift  halb  in  Aassicht  gestellt  wird.    Nach  der 
Reihenfolge  seiner  Aufzählung,  welche  im  Wesentlichen  chronologisch  ist, 
aber  mit   häufigen  Inconsequenzen ,   scheint  Hieron.   den  Minucius   unter 
Severus  zu  setzen.    Vgl.  noch  Hieron.  Ep.  70,  5  (ad  Magnum  or.):  veniam 
ad  Latinos.    quid  Tertulliano  eruditius?   .  .  Minucius  Felix,  caaddicus  ro- 
mani  fori,  in  libro  cui  titulus  Octavius  est  et  in  altero  contra  mathemati- 
cos  (si  tamen  inscriptio  non  mentitur  auctorem)  quid  gentilium  scriptu- 
rarum  dimisit  intactum?  Septem  libros  adv.  g.  Arnobius  edidit  totidemque 
discipulus  eius  Lactantius.    .  .  Victorinus  etc.    Cyprianus  etc.    unter  den 
beiden  Zeitgenossen,   Minucius  und  Tertullianus,   stellt   Hieron.    den  be- 
rühmteren und  vielleicht  auch  physisch  älteren  voran.    Dass  aber  der  Octa- 
vius früher  verfasst  ist  als  die  älteste  grössere  christüche  Schrift  des  Teri, 
sein  apologeticum ,  erhellt  aus  der  von  A.  Ebert,  Abhandl.  der  sächs.  Ges. 
d.  Wiss.  1868,  S.  353—379,  gelieferten  Nachweisung  dass  Tert.  in  diesem 
apol.  den  Oct.  benützt  hat. 

2.  Dialogische  Form  in  der  Weise  des  Aristoteles  und  Cicero,  zn- 
letzt  des  Annius  Florns  (oben  318,  7).  Insbesondere  lehnt  sich  die  Ein- 
kleidung an  Ciceros  Schrift  de  deorura  natura  an;  s.  Ebert  (A.  1)  S.  338 
—331.  354— 3Ö8.  367  f.  Auch  ■  Seneca's  Schriften  de  superstitione  und  de 
Providentia  sind  benützt.  Interlocutoren  sind  Caecilius  Natalis,  Octavioi 
lanuarius,  und  der  Verfasser  (Marcas).  Letzterer  und  Caecilius  hahesi 
ihren  Wohnsitz  in  Rom ,  des  Minuc.  Freund  und  Studiengenosse  (contaber- 
nalis),  der  Sachwalter  (28,  3)  Octavius,  in  der  Provinz  (etwa  Africa).  Die 
Scene  ist  an  der  Meeresküste  bei  Ostia;  die  Zeit  in  die  das  erzählte  Ge- 
spräch versetzt  wird  eine  ziemlich  lange  vergangene,  als  der  jetzt  verstor- 
bene Octavius  noch  ganz  kleine  Kinder  hatte  (2,  1)  und  Fronto,  wie  es 
scheint,  noch  am  Leben  war  (Cirtensis  nostri  oratio  sagt  Caecilius  9,  6; 
tuus  Fronto  31,  2  Octavius).  Von  neueren  Schriftstellern  werden  ThaUos 
(21,  4)  und  Antonius  lulianus  (oben  328,  X)  genannt.  Benützung  der  grie- 
chischen Apologeten  ist  nicht  zu  erweisen.  Nach  der  Offenheit  der  Dar- 
legung und  dem  völligen  Fehlen  von  Bitterkeit  sollte  man  glauben  die 
Schrift  wäre  aus  einer  Zeit  wo  das  Christenthum  keine  äusseren  Anfech- 
tungen zu  erfahren  hatte. 

3.  Caecilius  (A.  2)  greift  das  Christenthum  an,  als  Abfiall  von  dem 
Glauben  der  Väter  und  als  verstossend  gegen  Moral  und  Sitte.  Octavius  (A.2) 
vertheidigt  es,  zuerst  (c.  17—27)  als  einen  Fortschritt  gegenüber  von  dem 
Polytheismus,  dessen  Mängel  und  schlimme  Consequenzen  nachdrückUcfa 
gegeisselt  werden,  dann  (28—38)  tritt  er  für  die  sittlichen  Anschauuugeu 
und  Gebräuche  der  Christen  ein.  Der  Gegner  bekennt  sich  in  der  Haupt- 
sache überzeugt,  wenn  ihm  auch  noch  Zweifel  bleiben;  der  Verfasser  kann 
sich  daher  den  übernommenen  schiedsriohterlichen  Ausspruch  ersparen. 
Vgl.  die  Inhaltsangabe  bei  Ebert  (A.  1)  S.  382-340. 

4.  Das  Schriftchen  gibt  uns  eine  deutliche  Vorstellung  von  dem 
Christenthum  der  Gebildeten  der  Zeit,  das  hauptsächlich  in  Abkehr  von 
den  Sinn-  und  Schamlosigkeiten  des  Polytheismus  bestand  und  in  lebhafter 
Erfassung  der  Idee  des  einen  Gottes.  Bei  Ausführung  dieser  Idee  wird 
der  Verfasser  warm  (c.  18).  Sein  Ton  gewinnt  hier  begeisterten  Schwungi 
wie  auch  da  wo  er  von  dem  Stolze  und  der  Todosfreudigkeit  der  Christen 


350.    Minuciu8  Felix.  771 

spricht,  in  der  (übrigeng  stark  an  Sen.  de  provid.  2,  9  erinnernden)  Stelle 
c.  37 :  quam  pulchrum  spectaculum  deo :  cum  christianuB  . .  libertatem  suam 
adversuB  reges  et  principes  erigit,  soli  deo,  cuiua  est,  cedit  etc.  Das 
Christenthum  erscheint  als  eine  höhere  Stufe  geistiger  Bildung,  im  Gegen - 
satze  zur  imperitiae  volgaris  caecitas  (3,  1)  als  lux  sapientiae  et  veritatis 
(1,  4).  Die  christlichen  Dogmen  werden  mit  feinen  wählerischen  Händen 
angefasst;  so  specifische  wie  Trinität  und  Christologie  (z.  B,  Logoslehre) 
bleiben  unberührt,  auch  von  der  Taufe  wird  nicht  die  Rede,  Bibelcitate 
kommen  nicht  vor.  Für  die  populäre  Wirkung  des  Schriftchens  war  diess 
alles  gewiss  nur  günstig.  Der  Standpunct  der  Betrachtung  ist  überwiegend 
ein  ethischer  und  philosophischer.  Die  Philosophen  werden  als  solche  an- 
erkannt welche  de  divinis  praedictionibus  prophetarum  umbram  interpo- 
latae  veritatis  imitati  sint.  Dagegen  38,  5:  philosophorum  supercilia  con- 
temnimus,  quos  corruptores  et  adulteros  novimus  et  tyrannos  et  semper 
adversus  sua  vitia  focundos.  Dieses  Verhalten  zum  Christenthum  gleicht 
dem  de«  Seneca  zum  Stoicismus,  und  auch  sonst  lässt  sich  Min.  als  ein 
zum  Christenthum  fortgeschrittener  Seneca  (Ebert  S.  383,  A.  67}  bezeich- 
nen. Die  gewählte  Form  ist  mit  Sorgfalt  und  Geschick  durchgeführt.  Die 
Sprache  ist  zwar  manchmal  (bes.  in  der  Einleitung)  geziert,  aber  doch  viel 
natürlicher  und  irischer  als  die  des  Fronto  und  Apulejus.  Mit  Letzterem 
hat  Min.  übrigens  manche  eigenthümliche  Wendungen  gemein,  wie  pluri- 
mum  quantum,  impiatus  u.  dgl. 

5.  Der  Octavius  ist  nur  durch  eine  pariser  Handschrift  saec.  IX  (den 
regius,  Nr.  1661)  erhalten,  und  zwar  als  achtes  Buch  des  Arnobins  adv. 
gentes  und  in  sehr  verdorbener  Gestalt.  Die  zweite  vorhandene  Hand- 
schrift, in  der  burgundischen  Bibliothek  zu  Brüssel  (Burgundicus) ,  ist  nur 
eine  Abschrift  der  pariser. 

6.  Editio  princeps  (aus  dem  regius)  Rom.  1543  (hinter  Arnobius). 
Erste  selbständige  Ausgabe  von  Balduinus,  Heidelberg  1560.  Mit  Emen- 
dationen  von  Fulvius  Ursinus,  Rom.  1583.  Ed.  Des.  Heroldus  (Paris  1605. 
1613),  Rigaltius  (Paris  1643.  1645),  J.  Ouzelius  (cum  notis  variorum,  Lugd. 
Bat.  1672) ,  J.  Davisius  (cum  observ.,  Cantabrig.  1707),  J.  Gronovius  (Lugd. 
Bat.  1709.  Rotterd.  1743)^  J.  G.  Liudner  (Langensalza  1760;  ed.  IL  1773), 
C.  de  Muralt  (praef.  est  J.  C.  Orelli,  Zürich  1836),  Migne  (Patrolog.  curs. 
III,  Paris  1844,  p,  231-360,  nebst  allerlei  Abband  1.  p.  194-231.  371—652), 
Fr.  Oehler  (Lips.  1847),  J.  B.  Kayser  (in  us.  schol.,  Paderborn  1863),  und 
besonders  rec.  et  comm.  critico  instr.  C.  Halm  (Corp.  script.  eccL  lat.  II), 
Wien  1867. 

7.  J.  D.  van  Hoven,  de  aetate,  dignitate  et  patria  Min.  Fei.,  Camp. 
1762.  4.  (auch  in  Lindners  Ausg.  von  1773).  H.  Meier,  comm.  de  Min. 
Fei.,  Zürich  1824.  C.  Rören,  Minuciana,  i.  e.  Annotatt.  critt.  ad  etc.  prae- 
miasa  commentatione  de  ipsius  scriptoris  aetate,  Bedburg  1859.  26  pp.  4. 
J.  B.  Kayser  in  Th.  Wiedemanns  Ostreich.  Quartalschrift  f.  kath.  Theol.  I,  4. 
1862.  A.  Ebert,  Tertullians  Verhältniss  zu  Min.  FeUx,  Leipzig  1868  (Ab- 
handL  d.  sächs.  Ges.  d.  Wiss.  V.  S.  321—386). 

8.  Deutsche  Uebersetzungen  von  J.  G.  Russwurm  (Hamburg  1824.  4.) 
und  J.  H.  B.  Lflbkort  (Lcipzi«?  IS-^i). 

49* 


772  I^iß  Kaiserzeit.    Zweites  Jahrhundert. 

351.    Eine  merkwürdige  Gestalt  ist  Q.  Septimias  Florens 
Tertullianus,  ein  Schriftstaller  voll  Originalität  und  Geniali- 
tät,  begabt  mit  lebhafter  Phantasie  und  schlagfertigem  Witze 
und  von  einer  Leidenschaftlichkeit  die  ihm  oft  eine  hinreissende 
Beredtsamkeit  verleiht,  noch   öfter  aber  über  ihr  Ziel  hinaus- 
schiesst  und  in  ihrer  düsteren  Glut  sich  selbst  verzehrt,  ohne 
Licht  und  Wärme  zu  verbreiten.     Sein  Lebenselement  ist  der 
Kampf,  und  seine  zahlreichen  Schriften  sind  überwiegend  Streit- 
schriften, polemisch  und   apologetisch.     Zuerst  verficht   er  das 
Chrjstenthum  gegen  seine  Bedränger  und  Widersacher,  beson- 
ders im  Apologeticum ;  aber  innerhalb  des  Christenthums  selbst 
fand  sein  schwärmerisches  Wesen  volles  Genügen   erst  an  der 
Lehre    des  Montanus    mit   ihren   phantastischen   Weissagungen 
und  ihrer  strengen  Askese,  und  Tert.  wurde  nun  deren  Vor- 
kämpfer im  Abendlande,   doch  so   dass  sein   scharfer  Verstand 
die  SchroflFheiten  derselben   abschwächte.     Ton   und   Charakter 
dieser  Schriften  ist  überall  der  gleiche :  gedankenreich  und  form- 
los,   leidenschaftlich    und    spitzfindig,    die   Sprache    beredt  und 
markig,  gedrängt  und  energisch  bis  zur  Dunkelheit. 

1.  Hieronym.  de  vir.  Ulustr.  53:  Tertullianus  presbyter  nunc  demum 
priinus  post  Victorem  (sub  Severo  principe,  c.  34)  et  ApoUoniom  (sub 
Commodo  principe,  c.  42)  Latinorum  ponitur,  provinciae  Africae,  civitatis 
CarthaginienHis,  patre  centurione  proconsulari.  hie  acris  et  vehementis 
ingenii  sub  Severo  principe  et  Antonino  Caracalla  maxime  floroit  multa- 
que  scripsit  volumina ,  quae  quia  nota  sunt  pluribus  praetermittimus.  . .  hie 
cum  usque  ad  mediam  aetatem  presbyter  ecclesiae  permansisset,  invidia 
postea  et  contumeliis  clericorum  romanae  ecclesiae  (vgl.  Tert.  de  culta 
fem.  I,  7.  Euseb.  hist.  eccl.  II,  2)  ad  Montani  dogma  delapsus  in  malus 
libris  novae  prophetiae  (d.  h.  des  Montanismus)  meminit ,  specialiter  autem 
adversum  eoclesiam  texuit  volumina  de  pudicitia,  de  persecutione,  de  ieia- 
niis,  de  monogamia,  de  ecstasi  libros  VI  (nicht  erhalten),  et  septimam 
quem  adversum  ApoUonium  composuit.  ferturque  vixisse  usque  ad  decre 
pitam  aetatem  et  multa  quae  non  (Yat. :  nunc)  extant  opuscula  condidisae. 
Solche  verlorene  Schriften  des  Tert.  sind  de  vestibus  Aronis  (Hieron.  Ep.  64, 
23) ;  de  animae  submissione;  de  superstitione  saeculi;  de  came  et  anima;  de 
spe  fidelium;  de  trinitate;  de  auimalibus  mundis  et  immundis;  de  drcnm* 
cisionc;  de  virginitate;  contra  Apellicianos ;  de  paradiso  (Tert.  de  an.  oo); 
in  griechischer  Sprache  de  spectaculis;  de  baptismo;  de  velandis  virgini* 
bus;  de  Corona  militis,  deren  lateinische  Bearbeitung  von  Tert.  erhalten 
ist.    üeber  Tert.  als  Jurist  s.  oben  349,  6. 

2.  Hieronym.  Ep.  70^  5:  quid  Tertuliiano  eruditius,  quid  acutius? 
Apologeticus  eins  et  Contra  gentes  HJjvi  cunctam  saeculi  obtinent  disdpli- 
nam.  Lactant.  inst.  div.  V,  1  (p.  230  Fri.):  Septimius  TertuUianns  ftrit 
omni  gencre  litt^rarum  peritns,  scd  in  cloquendo  parum  facilis  et  minös 


351.    TertulUanus.  773 

comptus  et  multum  obscarus  fait  ergo  ne  hie  quidem  satis  celebritatis 
invenit.  Ausser  dieser  Dunkelheit  stand  ihm  auch  sein  Montanismus  im 
Wege.  Seine  theologische  Schriftstellerei  zerfällt  nämlich  in  zwei  Perioden: 
eine  allgemein  christliche  und  eine  montanistisch  gefärbte.  Aus  der  erstem 
sind  von  den  erhaltenen  Schriften  Apologeticum ,  Ad  nationes  libri  II,  De 
testimonio  animae,  De  cultu  feminarum  II,  De  patientia,  De  poenitentia, 
De  oratioue,  De  baptismo,  Ad  uxorem  11,  Ad  martyres,  Adversus  ludaeos. 
Den  Uebergang  zum  Montanismus  zeigt  bereits  De  Corona  miiitis  und 
weiterhin  die  Schriften  welche  die  montanistischen  Anschauungen  in  positiver 
Weise  darlegen,  De  fuga  in  persecutione,  De  exhortatione  castitatis.  De 
virginibus  velandis,  De  monogamia.  De  pudicitia,  De  praescriptionibus 
haereticorum ,  De  anima.  De  carne  Christi,  De  resurrectione  carnis,  Soor- 
piacum,  Ad  Scapulam,  De  idololatria,  De  spectaculis,  sowie  diejenigen 
welche  sie  literarischen  oder  dogmatischen  Angriffen  gegenüber  verthei- 
digen:  De  ieiunio  adversus  psychicos  (=  catholicos,  im  Gegensatz  zu  den 
pneumatici  oder  Montanisten),  Adversus  Praxean,  Adv.  Hermogenem,  adv. 
Marcionem  libri  V,  Adv.  Valentinianos.  Die  datierbaren  Schriften  Tertul- 
lians  fallen  zwischen  199  und  212  u.  Chr.  Das  deutlichste  Datum  ist  adv. 
Marc.  I,  15:  ad  XV  iam  Severi  imperatoris  ==  J.  207.  J.  A.  Nösselt,  de 
vera  aetate  ac  doctrina  scriptorum  Tert.,  in  dessen  Opusc.  ad  bist.  eccl. 
III.  p.  Iff.  =  Tertull.  ed.  Oehler  III.  p.  540  —  619.  G.  Uhlhorn,  funda- 
menta  chronologiae  TertuUianeae ,  Götti.  1852. 

3.  Der  Montanismus  ist  eine  in  Phrygieu  entstandene  Erscheinung, 
beruhend  auf  einseitiger  Ueberspannung  des  christlich  religiösen  Gefühls, 
das  sich  bethätigte  in  ekstatischen  visionären  Zuständen  und  in  chiliastischeu 
Traumen  von  dem  nahen  Ende  der  Dinge  (der  avvtiksia)  und  den  Freuden 
des  himmlischen  Jerusalem,  für  das  man  sich  durch  eine  gesteigerte  Askese 
und  strenge  Sittenzucht  (Enthaltung  von  Fleisch  und  Wein,  von  Schau- 
spielen, Verschleierung  der  Jungfrauen,  Keuschheit  u.  dgl.)  vorzubereiten 
suchte.  Er  hat  Analoga  fast  in  jedem  Jahrh.  des  Christenthums,  an  aller- 
lei Schwarmgeistern,  wie  den  Wiedertäufern,  Camisarden,  Irvingianern 
u.  a.  Secten.  Einen  besonders  fruchtbaren  Boden  fand  er  bei  dem  weib- 
lichen Geschlechte  (Prophetinnen).  Aber  auch  für  einen  Geist  wie  Ter- 
tulUanus hatte  etwas  Anziehendes  der  Gedanke  auf  einer  höheren  Stufe 
der  Frömmigkeit  zu  stehen  als  die  übrige  Gemeinde  und  ein  unmittelbares 
Werkzeug  des  göttlichen  Geistes  zu  sein,  und  sein  Hass  gegen  alles  Halbe 
musste  Gefallen  finden  an  der  montanistischen  Strengt.  F.  C.  A.  Schweg- 
1er,  der  Montanismus  u.  die  christl.  Kirche  des  zweiten  Jahrb.,  Tübingen 
1841,  und  dazu  L.  Georgii  in  den  deutschen  Jahrbüchern  1842,  S.  45 — 59. 
129—151.  F.  Ch.  Baur,  Kirchengesch.  der  3  ersten  Jahrh.  (Tübi.  1863) 
S.  235—245. 

4.  Unter  den  Schriften  des  Tert.  hat  besonders  viel  allgemeines 
Interesse  das  apologeticum,  verfasst  J.  199,  eine  Vertheidigungsschrift 
gerichtet  an  rom.  imperii  antistites  (praesides)  und  namentlich  die  von  Mi- 
nacias  Felix  nicht  behandelten  politisch-rechtlichen  Anschuldigungen  gegen 
die  Christen  (Nichtverehrung  der  Götter  und  der  Kaiser,  gleichgültiges 
oder  feindseliges  Verhalten  zum  Staate)  ausführlich  erörternd.  Vgl.  A.  Ebert 
(oben  350,  7)  S.  342—349.    Neben  dem  Octavius  (oben  350, 1)  scheint  auch 


774  ^^^  Kaiserzeit.    Zweites  Jahrhundert. 

Jußtius  dnoloyta  benutzt.  Die  Polemik  ist  einschneidend  und  bitter,  die 
Darstellung  rhetorisch  und  originell.  Ausgaben  von  S.  Havercamp  (Lugd. 
B.  1718),  Fr.  Gehler  (mit  ad  nat.,  Halle  1849),  J.  Kayser  (Paderborn  1865). 
J.  L.  Mosheim,  de  vera  aetate  apol.  a  Tert  conscripti  initioque  perse- 
cutionis  Severi,  in  Oehlers  Ausg.  des  Tert.  III.  p.  490—610. 

5.  Von  culturgeschichtlicher  und  antiquarischer  Bedeutung  sind  be- 
sonders die  Schriften  Ad  nationes.  De  idololatria,  De  spectaculis.  De  palUo 
(ed.  Cl.  Salmasius,  Paris.  1622.  Lugd.  B.  1656).  Die  Schrift  Adversus  lo- 
daeos  stimmt  fast  wörtlich  überein  mit  adv.  Marc.  III  (Semler  p.  640— 
657  bei  Oehler);  adv.  Valent.  ist  eine  freie  Uebersetzung  von  Irenäus  c. 
haer.  I  (Semler  ib.  p.  658—681).  Ad  nationes  ist  theilweise  eine  Wieder- 
holung des  apolog.  Der  Schrift  de  praescr.  haer.  ist  in  älteren  Ausgaben 
eine  unechte  Schrift  adversus  haereses  angehängt.  Ueber  die  Schrift  contra 
Praxean  s.  B.  A.  Lipsius  in  Liebner*s  Jahrbb.  f.  deutsche  Theol.  XIII  (1868) 
S.  701—724. 

6.  In  Handschriften  saec.  IX  und  X  werden  auch  christliche  Gedichte 
(de  Sodoma,  de  lona)  dem  Tert.  zugeschrieben,  ohne  irgend  welche  Be- 
rechtigung, ohne  Zweifel  nur  weil  sie  irgend  einmal  mit  Werken  des  Tert 
zusammengeschrieben  oder  zusammengebunden  waren.  Vgl.  L.  Müller, 
Rhein.  Mus.  XXII.  S.  329—344.  464. 

7.  Aufzählung  der  Ausgaben  von  Tertullians  Werken  bei  Schöne- 
mann, Bibl  historico  -  litteraria  patrum  I.  p.  9  ff.  Ed.  princeps  per  B.  Rhe- 
uanum,  Basil.  1521  fol.  Cum  adnotatt.  J.  Pamelii,  Antv.  1579  fol.,  Franeker 
1597  u.  sonst.  Cum  observ.  N.  Rigaltii,  Lutet.  1634.  1641  fol.  und  sontt. 
Rec.  J.  S.  Semler,  Halle  1770.  6  Voll.  Cura  Fr.  Oberthür,  Würzburg  1780. 
2  Voll.  Ed.  Leopold,  Lips.  1839  ff.  (in  Gersdorfs  Bibl.  patr.).  In  Migne'8 
Patrolog.  curs.  Vol.  I — III.  Tert.  quae  supersunt  omnia,  ed.  Franc.  Oehler, 
Lips.  1853  f.,  3  Voll.,  wovon  Vol.  III  (Lips.  1851)  eine  Zusammenstellung  der 
Abhandlungen  De  Tert.  vita  von  J.  Pamelius,  P.  AlHx,  N.  de  Nourry  (diss. 
in  apolog.,  ad  nat.,  ad  Scap.),  J.  L.  Mosheim  (s.  A.  4.),  Q.  Zentner,  J.  A. 
Nösselt  (s.  A.  2),  J.  S.  Semler  (de  varia  et  incerta  indole  librorum  Tert) 
u.  J.  Kaye  (de  Tert.  et  eins  scriptis,  p.  697—729).  Ed.  minor  cum  adn. 
crit.  et  indicibus,  Lips.  1854. 

8.  Coenen,  comm.  de  Tert.,  Utrecht  1825.  128  pp.  A.  Neander, 
Antignostikus,  Geist  des  Tert  und  Einl.  in  dessen  Schriften,  Berlin  1825. 
1849.  K.  Hesseiberg,  Tert's.  Lehre  aus  seinen  Schriften  entwickelt.  I.  EinL 
Leben  und  Schriften,  Dorpat  1848.  135  S.  Grotemeyer,  über  Tert  Leben 
u.  Schriften,  I.  Kempen  1863.  4.  A.  Hauber,  Tert.  Kampf  gegen  die  zweite 
Ehe,  theolog.  Studien  u.  Krit.  von  Ullmann  1845,  S.  607—662.  F.  A.  Burck- 
hardt,  die  Seelenlehre  des  Tert.,  Budissin  1857.  4.  Dupin,  auteurs  eccles. 
I.  (ed.  1688)  p.  274—379  (p.  320  f.  eine  gute  Charakteristik  des  Tert.).  B. 
Ceillier,  bist.  gdn.  des  auteurs  s.  et  eccl.  II.  (1730)  p.  374—529.  Kirchen- 
geschichtliche Werke,  wie  von  F.  Böhringer,  Kirchengesck  in  Biographien 
(Zürich  1864)  S.  11—767. 

352«     Dem  Ende  des  zweiten  Jahrh.   scheint  anzugehören 
der  Commentator   des  Terentius  und  Horatius  und  wohl  auch 


351  f.     Tertulliauus.     Acro.    Üositheus.  '  775 

des  Persius,  Helenius  Acron,  sowie  der  Grammatiker  und  Er- 
klärer des  Horaz  (und  Lucan),  Pomponius  Porphyrion,  dessen 
Scholien  wir  noch  besitzen.  Aus  dem  Anfang  des  dritten  Jahrh. 
haben  wir  von  Dositheus  eine  Grammatik  nebst  Uebungs- 
stücken  in  lateinischer  und  griechischer  Sprache.  Von  den 
Schriften  des  kenntnissreichen  älteren  Sammonicus  Serenus,  eines 
grossen  Bücherfreundes,  ist  nichts  auf  uns  gekommen.  Ebenso 
kennen  wir  die  des  Statilius  Maximus  über  Cato  d.  ä.  und  Cicero 
nur  durch  Anführungen.  Auch  der  Epitomator  des  Verrius  Flac- 
cus,  Festus,  muss  spätestens  dieser  Zeit  angehören. 

1.  Des  Helenius  Acro  Commentare  zu  Terenz  Eunuchus  und  Adeipbi 
werden  von  Julius  Bomanus  bei  Charisius  13  Mal  erwähnt  So  p.  210  E.: 
Terentius  in  Eunucho  (y.  5):  nil  prius  n.  f.,  ubi  Helenium  Acronem  errasse 
dicendum  est,  qui  prius  sie  intellexit  etc.  Vgl.  ib.  p.  201,  3.  216,  9. 
Helenius  Acren  commentariis  quos  Adelphis  Terenti  non  indiligentes  attu- 
lit,  ib.  p.  192  vgl.  p.  200,  16.  219,  5.  126,  17.  130,  12.  197,  26.  210,  11 
sowie  p.  119,  12  ff.:  id  Helenius  Acren  sie  oportere  dici  in  eadem  Terentii 
fabula  (Adolph.)  disputavit  Verriumque  dicit  errare  etc.  .  .  qui  autem 
cum  Helenio  faciunt  hanc  affer unt  causam  etc.  Er  lebte  also  (nach  Gellius, 
der  ihn  nie  erwähnt,  und)  vor  Bomanus.  Commentator  des  Horaz,  s.  oben 
223,  3.  Porphyr,  zu  Hör.  S.  I,  8,  25  (II.  p.  150  Hth.):  memini  me  legere 
apud  Helenium  Acronem,  Saganam  nomine  fuisse  Horatii  temporibus  etc. 
Vielleicht  in  (oder  aus)  der  Schrift  de  personis  horatianis.  Ueber  die 
pseudoacronischeu  Horazscholien  s.'oben  S.  430  n.  M.  Auch  den  Persius 
scheint  er  commeutieH  zu  haben.  Schol.  Pers.  II,  56:  Acren  tradit  quod 
etc.,  und  Parrhasius  (in  Gruteri  Lampas  I.  p.  735)  berichtet:  incidi  in  Probi 
grammatici  commentarios  in  primam  Persii  satiram.  .  .  in  üs  ita  scriptum 
legimus :  curas  (v.  1)  Acroni  proprio  dicere  videtur  etc.  Daher  will  0.  Jahn 
(Pers.  p.  CLIX)  diejenigen  Bestaudtheile  der  Cornutusscholien  welche  für 
diesen  zu  kenntnissreich  sind  imd  doch  nicht  auf  Valcrius  Probus  sich 
zurückführen  lassen  dem  (Helenius)  Acro  zuschreiben.  Von  einem  Com- 
meutare  des  Acren  zu  Vergil  aber  gibt  es  keine  sicheren  Spuren;  Bib- 
beck  Prolegg.  p.  175.  Vgl.  GrUfenhan,  Gesch.  d.  class.  Philol.  IV.  S.  308 
—313. 

2.  Eine  St.  Galler  Handschrift  saec.  IX— X  von  70  Blättern  enthält  auf 
Bl.  1  —  31  die  grammatica  Dosithei  magistri,  mit  einer  wörtlichen  lieber- 
Setzung  ins  Griechische  (z.  B.  ars  texvri  grammatica  ygafificctitiri  est  sativ 
scientia  yviaaig)^  welche  aber  schon  nach  der  Erörterung  des  Nomen  immer 
seltener  wird  und  schliesslich  ganz  aufhört.  Neben  der  Grammatik  selbst 
sind  auch  Uebungsstücke  zum  Uebersetzen  {igfirivsvfiaxa)  gegeben ;  so  (mit 
dem  Datum  J.  207)  aus  Hygini  geuealogia  (oben  246,  5) ,  Hadrians  dnogxi- 
ang  (oben  323,  4),  das  Stück  de  manumissionibus  (oben  346,  4).  Ausser 
diesen  bereits  veröffentlichten  Theilen  hat  H.  Keil  die  eigentliche  Gram- 
matik (illam  partem  quae  est  de  arte  grammatica  et  de  octo  partibus 
orationis)  zu  veröffentlichen  angefangen  (Dosithei  ars  grammatica  ex 
codice  Sangallensi)  Halle  1869.  4.  Nach  allen  Proben  war  des  Dosith.  Kennt- 


776  I^i^  Kaiserzeit.    Zweites  Jahrhundert. 

niss  des  Griechischen  eine  mangelhafte.    Blatt  32—70  l)eBteht  aus  allerlei 
astrologischen  und  chronologischen  Abhandlungen. 

•  3.  Ueber  Pomponius  Porphyrio  (nach  der  Münchner  Scholienhds.} 
8.  oben  S.  430  M.  Romanus  bei  Chans,  p.  220,  28  K.:  ut  Porphyrio  ex 
Verrio  et  Festo  etc.  Schol.  Lucan.  I,  214:  Porfirion  puniceom  interpreta- 
tus  est  quasi  phoeniceum ,  .  .  Cornutus  vero  etc.  Seine  Vorliebe  für  alter- 
thümliche  Wendungen  und  Formen  (Keller  S.  497)  erklSxt  sich  wohl  ebenso 
sehr  aus  seiner  Eigenschaft  als  Grammatiker  wie  als  Frontonianer.  W.  Mejer, 
Beitrage  zur  Kritik  des  Horazscholiasten  Porphyrion,  München  1870.  45  S. 

4.  Macrob.  III,  16,  6:  temporibus  Severi  principis,  qui  ostentabat 
duritiam  morum  (also  Septimius  Sev.),  Sammonicus  Serenus,  yir  saecolo 
suo  doctus,  cum  ad  prindpem  suum  scriberet,  verba  Plinii  .  .  praemisit 
etc.  Spartian.  Geta  5,  5:  Sereui  Sammonici  libros  familiarissimos  habuit 
quos  ille  ad  Antoninum  (Geta  selbst?)  scnpsit.'  Ein  MissverstSndniss  ist 
daher,  falls  es  sich  überhaupt  auf  Samm.  bezieht,  Lyd.  de  magistr.  111,32 
extr. :  xal  Tcxvra  filv  nsgl  rcov  notapimv  (Rhein  und  Donau)  %axa  Za^to- 
xoy(?)  xov  fmiiaiov  icrropixov,  og  ngog  dioiLlritiavov  xal  FaXigiov  to? 
yigovra  nsgl  noiHiXmv  iriTrjfidttov  disXix^V-  Spartian.  Carac.  4,  4:  occisi 
(J.  212)  nonnulli  etiam  cenantes,  iuter  quos  etiam  Sammonicus  Sereniu, 
cuius  libri  plurimi  ad  doctrinam  extant.  Macrob.  III,  9,  6:  repperi  in  libro 
quinto  Rerum  reconditarum  Sammonici  Sereni  utrumque  carmen.  Sidon. 
Apoll,  ad  Polem.  (vor  carm.  14):  sine  M.  Varrone,  sine  Sereno,  non  Septi- 
mio ,  sed  Sammonico ,  sine  Ceusorino  etc.  ad  Leont.  (vor  carm.  22} :  luUam 
Firroicum,  Sammonicum  Saturninum  (?),  in  libris  matheseos  peritissimoa 
conditores,  . .  didicisse.  Vgl.  Amob.  ^dv.  g.  VI,  7.  Serv.  Ge.  I,  30.  10*2. 
Capitol.  Gordian.  18,  2:  Sereno  Sammonico,  qui  patris  eins  amicissimus,  sibi 
autem  praeceptor  fuit,  nimis  acceptus  et  carus,  usque  adeo  ut  onmes  libros 
Sereni  Sammonici  patris  sui,  qui  censebantur  ad  sexaginta  et  duo  milia, 
Gordiano  minori  moriens  ille  relinqueret. 

5.  Statilius  Maximus  wird  bei  Gellius  niemals  erwähnt,  scheint 
daher  später  zu  sein  als  dieser.  Andererseits  führt  Julius  Romanus  (unten 
357)  bei  Charisius  in  dem  Abschnitte  über  die  Adverbien  ihn  öfters  an. 
Vgl.  Charis.  p.  194,  11  K.:  licet  St.  M.  de  singularibus  apud  Ciceronem 
quoque  positis  notet.  p.  218,  6:  ut  St.  M.  de  sing,  apud  eum  (Cic.)  quo- 
que  positis  notat.  Vgl.  ib.  p.  196,  4  (vgl.  Cic.  de  inv.  II,  12,  42).  209,  4 
(quod  St.  M.  notat  nesciens  etc).  212,  16.  213,  13.  214,  17.  215,22.  217,3 
u.  8.  218,  28.  219,  24  f.  Auf  ein  ähnliches  Werk  des  St.  M.  über  Cato 
senex  deuten  die  Anführungen  ib.  p.  202,  11.  (206,  9.)  217,  14.  220,  16. 
240,  1  K.  Die  Anlage  dieser  Schriften  des  St.  war  vielleicht  lexicaliscb. 
Gräfenhan,  Gesch.  d.  class.  Philol.  IV.  S.  234  f.  Auch  emendierte  Si  M. 
Reden  des  Cicero  nach  guten  alten  Abschriften;  s.  die  Subscription:  Stati- 
lius Maximus  rursus  emendavi  ad  Tyronem  et  Laetanianum  et  Domm.  et 
alios  veteres.  III  oratio  eximia.  0.  Jahn,  Berichte  der  sächs.  Ges.  d.W. 
1851,  S.  329  f. 

6.  Ueber  Festus  s.  oben  245,  5  ff.  Falls  schon  Porphyrio  ihn  citiert 
hatte  (s.  A.  3),  so  musste  Festus  etwa  aus  der  Mitte  des  zweiten  Jahrh.  sein. 

7.  Ein  Aquila  (AnvXag)  ygafiiiazmog  xal  fiovaiKog  und  tpilocotp^gj 
axoXia  Xoytxd  ytygaqxog  ntgl  avXXoytafimv  bei  Suid.  s.  v.  (I.  p.  188  Bnh.}. 


352  f.     Porphyrio.    Statilius  Maximus  u.  A.  777 

C.    Drittes  Jahrhundert,  J.  211—805  n.  Chr. 

1.    Erste  Hälfte,  J.  211-253  n.  Chr. 

353.  Diese  Zeit  umfasst  die  Begierungen  von  Garacalla 
(J.  211—217),  Macrinus  (J.  217),  Elagabalus  (J.  217—222), 
Alexander  Severus  (222—235),  Maximinus  (235—238),  Gordia- 
nus  I  u.  II  (238),  Gordianus  in  (238—244),  Philippus  Aralbs 
(244-^49),  Decius  Traianus  (249—251),  Gallus  (251—253).  Von 
einigem  Bestände  waren  also  nur  die  von  Garacalla,  Alexander 
und  Gordianus  III.  Während  dieser  Jahrzehnte  setzt  sich  der 
allgemeine  Rückgang  fort,  und  er  beginnt  jetzt  sich  auch  auf 
die  Jurisprudenz  auszudehnen.  Mit  Papinian  verglichen  ist  des 
ülpianus  und  Paulus  Thätigkeit  überwiegend  die  des  Sammlers 
und  Verarbeiters.  Achtbare  Gelehrte  sind  Censorinus  und  Julius 
Romanus.  Die  Geschichtschreibung  vertritt  in  der  römischen 
Literatur  der  Vorgänger  der  scriptores  historiae  augustae,  Marius 
Maximus.  Dagegen  schreiben  Cassius  Dio  und  Herodian  grie- 
chisch. Das  Christenthum  hat  einen  Cyprianus,  und  an  Com- 
modianus  seinen  ersten  Dichter,  aber  in  barbarischer  Form. 
Serenus  Samonicus  zeigt  in  seiner  Vorliebe  für  archaistische 
Formen  den  Einfluss  des  Zeitalters  der  Antonine.  Die  Provinzen, 
seit  Caracalla's  Constitutio  Antoniniana  vom  J.  212  Italien  auch 
rechtlich  gleichgestellt,  liefern  wie  jetzt  dem  Throne  so  fort- 
während auch  der  Literatur  den  reichsten  Beitrag. 

1.  Bassianus  Garacalla  (oder  Caracallus),  geb.  4  April  188,  Caesar 
(M.  Aarelius  Antoninus)  196,  zum  Augustus  ton  seinem  Vater  Sept.  Seve- 
rus ernannt  198,  dessen  Nachfolger  Febr.  211,  Anfangs  mit  seinem  Bruder 
(P.  Septimius)  Geta,  nach  dessen  Ermordung  allein,  erschlagen  8  April  217. 
Als  consecriert  Antoninus  Magnus.  Ulp.  Dig.  I,  5,  17 :  in  orbe  romano  qui 
sunt  ex  constitutione  imperatoris  Antonini  (vgl.  Dio  LXXVIl,  9)  cives  ro- 
maoi  effecti  sunt. 

2.  Caracalla's  praef.  praet.  und  .Mörder  Opilius  Macrinus  war  mit 
seinem  Sohne  Diadnmenus  Kaiser  1  J.  2  M.  Beide  wurden  erschlagen. 
Capit.  Macrin.  14,  4:  quod  cum  Macrinus  audisset  fecit  iambos,  qui  non 
extant.  iucundissimi  antem  fuisse  dicuntur.  Vgl.  ib.  11,  5:  hos  versus 
nescio  qm  latinos  .  .  in  foro  posuit.  quibus  acceptis  Macrinus  bis  versibus 
respondisse  fertur  (zwei  Distichen). 

3.  Capitol.  Albin'.  11,  8:  agri  colendi  peritissimus,  ita  ut  etiam  Geor- 
gica  Bcripserit  (Clodius  Albinus).  milesias  nonnulli  eiusdem  esse  dicunt, 
qaarum  fama  non  ignobilis  habetur,  quamvis  mediocriter  scriptae  sint. 

4.  Elagabal,  ursprünglich  Varius  Avitus  Bassianus,  Sohn  der  Soae- 
mias,  von  seiner  Grossmutter  lulia  Maesa  für  einen  Sohn  Caracalla's  aus- 


778  I^ic  Kaiserzeit.    Drittes  Jahrhundert. 

gegeben  und  daher  M.  Aurelius  Antoninus  Heliog.  genannt,  März  222  von 
den  Prätorianern  erschlagen.  Sein  Nachfolger  wurde  der  Sohn  seiner 
Tante  (lulia)  Mammaea: 

5.  Alexander  Aug.  (so  in  den  Rechtsquellen  immer),   adoptiert  von 
Elagabal ,  was  aber  Alex,  später  verleugnete  und  sich  Sohn  des  Antoninas 
Magnus  (A.  1)  nannte.    Als  Caesar  M.  Aurelius  Alexander,  als  Augustos 
auch   Severus,     Geboren   um   205,   Kaiser  seit  222,   ermordet  März  235. 
Lamprid.  Alex.  27,  5  ff.:  facundiae  graecae  magis  quam  latinae  nee  versa 
invenustus.    .  .  vitas  principum  bonorum  versibus  scripsit.    K.  Salzer,  die 
syrischen  Kaiser  Heliog.  und  Alex.  Sev.,  Heidelberg  1866.    Lamprid.  Alex. 
44,  4  f.:   rhetoribus,   grammaticis,    medicis,   haruspicibus,   mathAaticis, 
mechanicis,  architectis  salaria  instituit  et  auditoria  decrevit  et  discipolos 
cum  annonis  pauperum  filios,  modo  ingenuos,  dari  iussit  (in  Rom),  etiam 
in  provinciis  oratoribus  forensibus  multum    detulit,  plerisque  etiam  anno* 
nas  dedit,  quos  constitisset  gratis  agere.    68,  1:  ut  scias  qui  viri  in  eias 
consilio  fuerint:  Fabius  Sabinus  ,  Sabini  insignis  viri  filius,  Cato  temporis 
sui;  Doniitius  Ulpianus,  iuris  peritissimus;  Aelius  Gordianus ,  Gordiani  imp. 
filius  scientia  iuris  insignis;  lulius  Paulus,  iuris  peritissimus;  Claudius  Vena- 
cus,  orator  amplissimus;  Catilius  Severus,  cognatus  eius,  vir  omnium  doc- 
tissimus;  Aelius  Serenianus,  omnium  vir  sanctissimus ;  Quintilius  Marcellus^ 
quo  meliorem  ne  historiae  quidem  continent. 

6.  C.  lulius  Maximinus  (litterarum  fere  rudis,  Aur.  Yict  Caes.  2o) 
und  sein  gleichnamiger  Sohn,  3  J.  lang  Kaiser;  J.  238  erschlagen  von 
Pupienus. 

7.  M.  Antonius  Gordianus  (J.  158  —  238)  und  sein  Sohn  (Gerd, 
iunior,  193—238)  waren  nur  36  Tage  Kaiser.  Der  Vater,  vita  venerabilis,  cum 
Piatone  semper,  cum  Aristotele,  cum  Tullio,  cum  Vergilio  ceterisque  vete- 
ribus  agens,  alium  quam  merebatur  exitum  passus  est,  Capitol.  Gord.  7»  1. 
Adulescens  cum  esset  .  .  poemata  scripsit,  quae  omnia  extant,  et  quidem 
cuncta  illa  quae  Cicero  (oben  176,  2).  .  .  scripsit  praeterea  quemadraodum 
Vergilius  Aeueidos  .  .  ita  etiam  ille  Antoniniados  (libros),  h.  e.  Antoninam 
Pium  et  Antoninum  Marcum  versibus  disertissimis  libris  XXX  vitam  Ulonun 
et  bella  et  publice  privatimque  gesta  perscribens.  et  haec  quidem  pueni- 
lus,  .  :  ubi  adolevit  .  .  controversias  declamavit  etc.  ib.  3,  3  f.  Scripsit 
et  laudes  soluta  oratione  omnium  Antoninorum  qui  ante  eum  fuerunt.  ib. 
4,  7.  Dessen  Enkel  (von  einer  Tochter,  Orelli-Henzen  5529  f.  vgl.  CapitoL 
Gord.  4,  2),  Gordianus  III,  war  Kaiser  zuerst  mit  Clodius  Pupienus  Maxi- 
mus und  Caeciiiup  ßalbinus,  nach  deren  baldigem  Untergang  aber  allein. 
Duxit  uxorem  filiam  Misithei  (oder  Timesithei)  doctissimi  viri ,  quem  caosa 
eloquentiae  .  .  praefectum  statim  fecit,  Capitol.  Gord.  23,  6.  Extat  et 
soceri  eius  ad  eum  epistula  et  ipsius  Gordiani  ad  socerum,  qua  intellegi- 
tur  eius  saeculum  emendatius  ac  diligentius  socero  adiuvante  perfectom, 
ib.  24,  1  und  die  Briefe  ib.  24,  2—25,  4.  Oratio  Gordiani  ad  senatum  zum 
Lobe  des  Timesitheus  ib.  27,  4  ff.  Aber  Gordianus  M.  Philippi  (A.  8)  praef. 
praet.  insidiis  periit  sexennio  imperii  (Febr.  244),  Victor  Caes.  27,  8. 

8.  M.  lulius  Phihppus  Arabs  Thraconites  und  dessen  Sohn  Pbilippus 
annoB  potentiae  quinque  egere  (Victor  Caes.  28*  l.  U).  J.  248  =  1001  d. 
St.  Feier  des  tausendjährigen  Bestandes  von  Rom. 


353  f.    Uebendcht.    Ulpianus.  779 

9.  C.  Messius  Q.  Traiauus  Decias,  Siri^ienaiiim  vico  ortus,  uud  seiu 
Sohn  Etruscus  (Caesar),  im  Kampfe  gegen  die  Gothen  gefallen  J.  251. 

10.  GalluB  und  Hostilianus  Augusti;  doch  stirbt  Host,  bald;  des  G al- 
iud Sohn ,  VolusianuB ,  Caesar.  Vater  und  Sohn  durch  Aemilius  Aemilianus 
verdrängt  und  getödtet,  der  aber  selbst  nur  3  Monate  regierte,  diese  alle 
zusammen  nur  zwei  Jahre.    Victor  Caes.  30  f. 

354.  Fast  ausschliesslich  unter  Garacalla's  Regierung  fällt 
die  schriftstellerische  Thätigkeit  des  Juristen  Domitius  Ulpia- 
nus aus  Tyrus,  praefectus  praetorio  unter  Elagabal  und  Alexan- 
der (Severus),  unter  Letzterem  eine  Zeit  lang  allmächtig,  aber 
auch  ermordet  (J.  228).  Von  seinen  zahlreichen  Schriften  waren 
die  bedeutendsten  die  83  Bücher  Ad  edictum  und  die  51  Bücher 
Ad  Sabinum.  Sein  Regularum  Über  si^gularis  und  Institutionum 
libri  n  sind  uns  auch  selbständig  erhalten,  aber  nur  zu  einem 
kleinen  Theile.  Lange  fort  standen  seine  Werke  in  hohem  An- 
sehen wegen  ihrer  stofflichen  Reichhaltigkeit,  verbunden  mit 
treflFendem  Urteil,  und  ihrer  klaren  Darstellung.  In  den  justi- 
nianischen Digesten  bilden  die  Auszüge  aus  seinen  Schriften  ein 
volles  Drittel  des  Gesammtwerkes. 

1.  ülp.  Dig.  L,  15,  1  pr.:  est  in  Syria  Phoenice  splendidissiraa  Tyri- 
orum  colonia,  unde  mihi  origo  est.  Spartian.  Pescenn.  Nig.  7,  4:  Paulus 
(unten  355)  et  Ulpianus  .  .  Papiniano  in  consilio  fuerunt  ac  postea,  cum 
unns  ad  memoriam ,  alter  ad  libellos  paruisset ,  statim  praefecti  facti  sunt. 
Laraprid.  Heliogab.  16,  4:  removit  et  Ulpianum  ictum,  ut  bonum  virum, 
et  Silvinum  rhetorem ,  quem  magistrum  Caesaris  fecerat.  et  Silvinus  qui- 
dem  occisuB  est,  Ulpianus  vero  reservatus.  Alexand.  Sev.  26,  5:  Paulum 
et  Ulpianum  in  magno  honore  habuit,  quos  praefectos  ab  Ueliogabalo  alii 
dicunt  factos,  alii  ab  ipso,  nam  et  consiliarius  Alexandri  et  magister  scri- 
nii  Ulpianus  fuisse  perhibetur,  qui  tarnen  ambo  assessores  Papiniani  fuisae 
dicuntur.  Vict.  Caes.  24,  6 :  Domitium  Ulpianum ,  quem  Heliogabalus  prae- 
torianis  praefecerat,  eodem  honore  retinens  Pauloque  inter  exordia  patriae 
reddito,  iuris  auctoribus,  quantus  erga  optimos  atque  aequi  studio  esset 
edoenit.  Lamprid.  Alex.  Sev.  51,  4:  Ulpianum  pro  tutore  habuit,  primum 
repugnante  matre,  deinde  gratias  agente,  . .  atque  ideo  summus  imperator 
fiiit  quod  eins  consiliis  praecipue  remp.  rexit.  15,  6:  negotia  et  causas 
priuB  a  scriniorum  principibus  et  doctissimis  iurisperitis  et  sibi  fidelibus, 
quorum  primus  tunc  Ulpianus  fuit,  tractari  .  .  praecepit.  31,  2:  neque 
umquam  solum  quemquam  nisi  praefectum  suum  vidit,  et  quidem  Ulpia- 
üum,  ex  assessore  semper  suo,  causa  iustitiae  singularis.  Vgl.  noch  ib. 
27,  2.  34,  6.  67,  2.  Cod.  VllI,  38,  4  (vom  30  März  222) :  secundum  respon- 
sum  Domitii  Ulpiani,  praefecti  annonae,  icti,  amici  mei.  IV,  65,  4  (vom 
l  December  222):  ad  Domitium  Ulpianum,  praefectum  praet.  et  parentem 
meam.  Dio  LXXX,  1 :  'Ali^avdgog  >  ;  Jofiititp  Tivl  Ovlm aviß  x-qv  xs  xmv 
öoQvqfOQmv  UQOüxatsCuv  xal  xa.  Xoma  xr^g  dgx'is  inixgsips  ngayiiaxa.  ib.  2: 
6  Ovlniavog  noXXä  fihv  xmv  ovx  oqd'a^  vno  xov  ZagdavandXlov  ngaid^iv- 


780  I^ie  Kaiserzeit.    Drittes  Jahrhundert. 

toov  inrjvmQd'foas ,  xov  dl  dr^  ^laoviavov  xov  t£  Xq^ctov  dnoxreCvag,  Tv 
avxovg  diadi^Titai,  xal  avtog  ov  noXXm  vatfQOV  vko  xav  doQvtpogav  ixi- 
&B(i>iv(ov  ot  vvKxog  ytccxsavpdyr] ,  xainsg  %al  ngog  x6  naldxiov  dvaSgafLiov 
Kai  ngog  avrov  tov  avxoKgdxoga  Tifv  xs  fiTjtsga  avxov  %axa<pvyav.  Der 
Hauptanetifter  dabei  sei  Epagathoa  gewesen.  Genaueres  bei  Zosim.  I,  11. 
Hieronym.  ad  a.  2242  =s  228  n.  Chr.:  Ulpiauus  ictus  assessor  Alexaodri 
insignissimus  habetur.    Es  ist  aber  vielmehr  sein  Todesjahr. 

2.  Von  Ulpian  ist  vor  Severua'  Tode  (J.  211)  herausgegeben  nur  der 
über  singularis  de  excusationibus,  wovon  die  jüngere,  unter  Caracalla  ver- 
öffentlichte Schrift  de  officio  praetoris  tutelaris  gewissermassen  die  zweite 
Auflage  ist  (Mommsen).     Der  Edictcommentar  ist,   wenigstens  in  seiner 
ersten  Hälfte ,  gleichfalls  unter  Severus  gesqhrieben ,  aber  erst  später  her- 
ausgegeben oder,  wenn   schon  früher  veröffentlicht,   später  noch'  einmal 
überarbeitet  worden.     Die  grosse  Masse  seiner  Pnblicationen  fällt  in  die 
Zeit  der  Alleinregierung  CaracallaB  (211— 217)  oder  hat  doch  in  dieser  Zeit 
von  ihm  die  Schlussredaction  erhalten.    Caracalla  wird  darin  durchaus  ale 
lebend  (imperator)  erwähnt!     Nur  die  fünf  Bücher  de  adulterüs  scheineD 
unter  Macrinus  (oder  Elagabal)  verfasst.     Fitting,   d.  Alter   d.  Schriften 
S.  34—44,  nebst  Th.  Mommsen,  Zeitschr.  f.  Rechtsgesch.  IX.  §.  101  f.  113  f. 
Ein  Missverständniss  ist  Lamprid.  Heliog.  16,  2:   Sabinum  consularem,  ad 
quem  libros  Ulpianus  scripsit,  .  .  iussit  occidi.    Vgl.  vielmehr  oben  265, 1. 

3.  Die  sogenannten  Fragmenta  Ulpiani  sind  durch  einen  Vati- 
canus  saec.  X  erhalten  und  heissen  dort  Tituli  ex  corpore  Ulpiani.  Sie 
gehören  alle  zu  dessen  Über  singularis  Eegularum.  Er  folgt  darin  nach 
Anlage  und  Ausführung  wesentlich  dem  Gajus.  Am  Anfang  fehlt  Einiges, 
am  Schlüsse  Vieles;  die  Mitte  ist  mit  wenige  Verstand  aus  Ulpians  Werk 
excerpiert.  Huschke,  iurisprud.  anteiust.*  p.  467 — 470.  Editio  princeps 
davon  durch  Jo.  Tilius,  Paris  1549.  Ausgaben  (meist  mit  den  Inst.,  A  4) 
von  Hugo  (Götti.  1788.  1811.  1814.  1822.  1834),  E.  Böcking  (Bonn  1831. 
1836.  1845.  ed.  IV  Lips.  1855,  mit  einer  Abhandl.  von  Th.  Mommsen,  de 
Ulp.  regul.  libro  sing.),  J.  Vahleu  (Bonn  1856}.  Auch  in  R.  Gneist's  Instii 
syntagma  (Lips.  1858)  und  Huschke's  iurisprud.  anteiust.«  p.  472  —  521. 
Heimbach,  üb.  Ulp.'s  Fragmente,  Leipzig  1834.  K.  D.  A.  ßöder.  Versuche 
zur  Berichtigung  von  Ulp.  Fragm.,  Gott.  1856.  99  S. 

4.  Vom  ersten  Buche  der  Institutionen  des  Ulp.  wurden  J.  1835 
durch  Endlicher  in  der  Wiener  Hofbibliothek  auf  dem  Querstreifen  eines 
Einbandes  Reste  von  zwei  Blättern  einer  alten  Hds.  (vielleicht  saec.  V) 
gefunden  und  veröffentlicht.  Endlicher,  de  inst.  Ulp.  fragmento  Vindob. 
nuper  reperto,  Wien  1835.  Vgl.  Th.  Mommsen,  in  Savigny's  Zeitschr.  f. 
gesch.  Rechtswiss.  XV  (Berl.  1850)  S.  372  flF.  Huschke,  iurisprud.  anteiofit.' 
p.  522  —  524.  Abgedruckt  (s.  A.  3)  z.  B.  bei  Huschke  L  1.  p.  525-527. 
F.  P.  Bremer,  de  Dom.  Ulp.  instit.  scripsit  atque  earimdem  inst,  rehqiiias 
adiecit,  Bonn  1863.  106  pp.  Ausser  jener  Hds.  finden  sich  13  Stellen  des 
Werks  in  den  Pandekten  (Hommel,  Paling.  III.  p.  411 — 413),  andere  in 
der  CoUatio  legum. 

5.  Hauptwerke  des  Ulp.  Ad  edictum  libri  LXXXIII,  nämlich  81  die 
in  den  Pandekten  excerpiert  sind  und  deren  Grundstock  bilden  (bei  Hom- 
mel, Palingenesia  III.  p.  39—383)  und  dazu  2  Bücher  Ad  edictum  aedüiom 


364.    ülpiaDUS.  781 

cumliam  (ib.  p.  383—394),  sowie  Ad  Sabinam  (vgl.  A.  2)  libri  LI  (Hom- 
mel  III.  p.  459—589}.  Ausserdem  Ad  legem  luliam  et  Papiam  libri  XX; 
Ad  legem  luliam  de  adulteriis  libri  II;  Ad  legem  Aeliam  Sentiam  libri  IV; 
Protribunalium  oder  de  omnibus  tribunalibus  libri  X;  De  appellationibus 
libri  rV;  De  censibus  libri  VI;  .Fideicoramissorum  libri  VI;  De  adulteriis 
libri  V  (vgl.  A.  2);  De  sponsalibus;  De  officio  proconsulis  libri  X  (B.  VII 
enthielt  die  ßescripte  gegen  die  Christen  und  die  mathematici,  Lactant. 
inst  V,  11.  Collat.  leg.  ^V,  2;  vgl  A.  F.  Rudorff,  über  den  liber  de  off. 
procos.,  Berlin  1866.  4.  Abhandl.  d.  Berl.  Ak. ) ;  De  officio  consulis  libri  III ; 
De  officio  quaestoris  libri  II  (oder  1);  libri  singulares  de  officio  consula- 
rium,  de  off.  curatoris  reip.,  praefecti  vigilum,  praefecti  urbi,  praetoris  tute- 
larifl,  de  excusationibus  (A.  2).  Ferner  Disputationum  (publicarum)  libri  X, 
Opinionum  libri  VI,  Responsorum  libri  II,  Institutionum  libri  II  (A.  4), 
Regnlarum  liber  singularis  (A.  3),  Regularum  libri  VII.  Im  Ganzen  sind 
aas  diesen  Schriften  in  die  Pandekten  2462  Stellen  aufgenommen;  sie  bil- 
den T.  III  von  HommeFs  Palingenesia  (618  pp.).  Nur  citiert  werden  Ul- 
pians  Pandectarum  libri  X,  sowie  seine  Noten  zu  Aristo  (Dig.  XXIX,  7,  9), 
Marcellus  (ib.  XX,  1,  27.  XXVI,  7,  28,  1)  und  zu  Papinian's  Responsa  (ib. 
III,  5,  31,  2.  L,  8,  3  pr.). 

6.  Cod.  IX,  41,  11  (Diocletian,  J.  290):  vir  prudentissimuu  Domitius 
Ulpianus  in  Publicarum  disputationum  libris  ad  perennem  scientiae  memo- 
riam  refert.  Justinian  Cod.  VI,  25,  9  (J.  531):  tam  Ulpiano  quam  Papiniano, 
viris  disertissimis.  VI,  51,  9:  non  ineleganter  summi  ingenii  vir  Ulpianus. 
Novell.  XCVII,  6,  1 :  Oilniavov  %6v  aotpoitatov.  Sein  Schüler  Modestinus 
nennt  ihn  6  ngduatog  (Dig.  XXVI,  6,  2,  5.  XXVII,  1,  2  fin.  4,  1).  Im  Ganzen 
war  Ulpianus  literarische  Thätigkeit  eine  reproductive;  die  Originalität 
Papinians  geht  ihm  ab;  aber  er  weiss  seinen  Stoff  sicher  zu  beherrschen 
und  geschickt  darzustellen.  Auffallend  ist  dass  er  seinen  Zeitgenossen 
Paulus  nie  nennt,  wie  dieser  ihn  nur  ein  einziges  Mal  (Dig.  XIX,  1,  43). 

7.  J.  Lectius,  de  vita  et  scriptis  D.  U.,  Genf  1601  =  Otto  Thesaur.  I. 
H.  Steger  (F.  C.  Conradi),  de  D.  U.,  Lips.  1725.  4.  Zimmern,  röm.  Privat- 
recht I,  I.  S.  36t— 374.  F.  A.  Schilling,  diss.  de  ü.,  Breslau  1824.  G.  Bruns 
in  Pauly's  Real-Enc.  VI,  2.  S.  2697—2700.  Rudorff,  Rechtsgesch.  I.  S.  189 
—  192. 

8.  In  Handschriften  welche  die  Notitia  dignitatum  enthalten  findet 
sich  auch  eine  kurze  Uebersicht  der  Verwandtschaftsgrade  welche  mit  der 
Terminologie  des  Gajus  übereinstimmt  und  durch  Klarheit  sich  auszeich- 
net, daher  Huschke  (iurispr.  anteiust.*  p.  529)  glaubt  dass  sie  einem  Werke 
des  Ulpian  entnommen  sei,  den  Regulae  oder  Instit.  Abgedruckt  bei  Böcking, 
Corp.  iur.  anteiust.  p.  173  und  in  sr.  Ausg.  von  ülp.  Fragm.^  p.  183,  bei 
Huschke  1.  1.  p.  530  f. 

9.  Das  fragmentum  de  iure  fisci,  welches  durch  zwei  Blätter  der 
CapitelsbibUothek  in  Verona  erhalten  ist  und  erstmals  zusammen  mit  Gajus 
veröffentUcht  wurde,  will  Huschke,  iurisprud.  anteiust.'  p.  536—538  gleich- 
falls wegen  der  scribendi  elegantia  et  tota  tractandi  ratio  dem  Ulpian  zu- 
schreiben, uud  erklärt  sich  namentlich  gegen  die  Urheberschaft  des  Paulus, 
an  welche  z.  B.  Rudorff  (Rechtsgesch.  I.  S.  193  f.  241  f.)  glaubt,  und  gegen 
die  Versetzung   in    die   Zeit   Diocletians  (zwischen  286  und  326),   welche 


782  I^iß  Kaiserzeit.    Drittes  Jahrhundert. 

C.  W.  Walch  (de  aetate  fragm.  veteria  icti  de  i.  f.,  Jena  18S8)  vertheidigte. 
Sicher  ißt  es  aus  dem  Ende  des  zweiten  oder  Anfang  des  dritten  Jahrh. 
Abgedruckt  ist  dasselbe  in  Göschen's  Ausgabe  des  Gajus  (oben  339,  5),  in 
Böcking's  Ausgaben  des  Ulpian;  auch  in  Huschke's  iurisprud.  anteiust.* 
p.  539—545.    Edidit  P.  Krüger,  Lips.  (Teubner)  1868.   22  pp. 

355.    Ein  noch  fruchtbarerer  Schriftsteller  als  Ulpian  war 
dessen  Zeitgenosse  Julius  Paulus,  gleichfalls  unter  Alexander 
Severus  praefectus   praetorio  und  einflussreich.     Er  scheint  den 
Ulpian  überlebt  zu  haben.     Seine  juristische  Geltung  war  nicht 
viel  minder  gross;  doch  steht  er  an  schriftstellerischer  Gewandt- 
heit, Sorgfalt  und  Darstellungsgabe  dem  Ulpianus   entschieden 
nach.     Die   Stoflfe  und  Titel  der   beiderseitigen  Schriften   sind 
vielfach   dieselben.      Zahlreiche    Gegenstande    behandelte    Pau- 
lus monographisch.      Das    umfassendste    seiner    Werke    waren 
seine  80  Bücher  Ad  edictum,  das  am  meisten   benützt«  seine 
Sententiae.     Letztere  sind  in  verkürzter  Gestalt  erhalten.    Ausser- 
dem bilden  die  Auszüge  aus  seinen  Werken  ein  Sechstheil  von 
dem  ganzen  Umfang  der  justinianischen  Pandekten. 

1.  Paulus  war,  wie  Papinian,  Schüler  des  Scaevola  (oben  346,  1)  and 
Mitglied  des  kaiserlichen  consilium  (unter  Septimius  Severus).  Paul.  Dig. 
XXIX,  2,  97 :  Papinianus  putabat ,  . .  dicebam ,  .  .  prouuntiavit  (imperator). 
IV,  4,  38:  victa  tarn  apud  praetorem  quam  apud  praefectum  urbi  provo- 
caverat.  putabam  bene  iudicatum ,  . .  imperator  autem  motus  est  quod  etc. 
dicebam  etc.  movit  etiam  illud  imperatorem  etc.  Vgl.  ib.  XLIX,  14,  50. 
Früher  Sachwalter  (Dig.  XXXII,  78,  6:  cum  vir  ita  legasset  .  .  ego  apud 
praetorem  fideicommissarium  petebam  .  .  nee  obtinui),  später  Beisitzer 
des  praef.  praet.  unter  Papinian;  s.  Paul.  Dig.  XII,  1,  40:  lecta  est  . .  (oben 
348,  1)  cautio  huius  modi.  dicebam  etc.  Magister  scrinii  memoriae,  unter 
Elagabal  verbannt,  durch  Alexander  (Severus)  zurückgerufen  und  zam 
praef.  praet.  ernannt;  s.  oben  354,  1. 

2.  Die  drei  Bücher  Decretorum  und  die  Schriften  de  iurisdictione 
tutelari  (ed.  II)  und  de  excusationibus  tutelarum  sind  schon  vor  dem  Tode 
des  Severus  (211}  herausgegeben,  die  sententiarum  libri  V  wie  es  scheiut 
kurz  nach  Severus*  Tod.  Unter  Caracalla  fallen  sicher  die  Tractate  de 
publicis  iudicüs,  de  libertatibus  dandis,  ad  orationem  divi  Severi,  de 
cognitionibus ,  vielleicht  auch  die  zwei  Bücher  ad  legem  luüam  und  die 
drei  Fideicommissorum.  Unter  Elagabal  (218—222)  die  Bacher  de  censibus. 
Erst  unter  Alexander  (222—235)  mindestens  abgeschlossen  sind  die  Responsa. 
Jedenfalls  nach  Caracalla's  Tode  (217)  verfasst  sind  die  Abhandlungen  de 
adulteriis  und  de  iure  libellorum ,  und  abgeschlossen  (unter  Elagabal  oder 
Alexander)  der  Edictcommentar.  Im  A%eraeinen  bietet  Paulus,  wegen 
seiner  geringeren  Genauigkeit  in  den  Angaben ,  wenig  Anhaltspunkte  für 
die  Bestimmung  der  Abfassungszeit  seiner  Schriften.  Vgl.  Fitting,  üb.  d. 
Alter  d.  Schrr.  S.  44—60  und  dazu  Th.  Mommsen,  Ztschr.  f.  Rechtsgesch. 
IX.  S.  106  f.  111  f.  (A.  53).  114-116. 


J 


355.    Der  Juriat  Paulus.  783 

3.  Die  Sententiarum  ad  filium  libri  V  waren  eine  Art  von  juri- 
stischem Vademecum ,  enthaltend  die  unbestrittenen  Grundsätze  über  die 
häufigsten  Rechtsverhältnisse,  ohne  Begründung  und  Quellennachweise, 
nach  der  Ordnung  des  Edicts.  Ihre  Fasslichkeit  und  Kürze  empfahl  sie 
den  Laien  und  verschaffte  ihnen  öffentliche  Geltung  in  einer  Zeit  welche 
von  langen  Controversen  nichts  wissen  wollte.  Verordnung  Constantins 
von  327  (Cod.  Theod.  1,  4,  2) :  Sententiarum  libros ,  plenissima  luce  et  per- 
fectiaaima  elocutione  et  iustissima  iuris  ratione  succinctos,  in  iudiciis  pro- 
latos  valere  non  dubitatur.  Theodosius  II  und  Valentinian  III  (J.  426)  er- 
weiterten diess  (Cod.  Theod.  I,  4,  3):  Pauli  sententias  semper  valere 
praecipimus;  vgl.  Consult.  7,  3.  Für  die  lege»  barbarorum  bildeten  diese 
Sent.  die  Hauptquelle  des  geltenden  Rechtes  (daher  receptae  sent.).  Da- 
durch dass  sie,  aber  in  weiterer  Abkürzung,  in  das  Breviarium  Alarici 
Aufnahme  fanden  sind  sie  auf  uns  gekommen.  Die  dortigen  Excerpte 
werden  ergänzt  durch  Anführungen  in  den  fragmeuta  Vaticaua,  der  Col- 
latio  legum,  Consultatio  und  besonders  in  den  Digesten.  Vgl.  Huschke, 
iorisprud.  anteiust.*  p.  352—358.  Ausgaben  bes.  von  Ciyacius  (15G6)  und 
von  J.  A.  Schulting  (Inrisprud.  vetus  anteiust.) ,  L.  Arndts  (im  Bonner  Cor- 
pus iuris  anteiust.  und  Bonn  1833),  G.  Häuel  (Lex  Rom.  Visigoth.,  Lips. 
1849),  Huschke  (iurisprud.  anteiust.*  p.  359  —  4G5)  u.  a.  Die  Auszüge  in 
den  Pandekten  bei  Hommel  Paling.  II.  p.  227—268. 

4.  Durch  den  index  Florentinus  und  die  Pandekten ,  sowie  die  Fragm. 
Vaticana  kennen  wir  die  weite  Ausdehnung  der  Schriftstellerei  des  Paulus : 
Ad  edictum  Hbri  LXXX,  wozu  Ad  edictum  aediUum  curulium  libri  (II?), 
und  die  kürzere  Bearbeitung  (mit  Nachträgen)  Brevium  libri  XXIII  (oder 
ad  edictmn  de  brevibus).  Quaestionum  libri  XXVI;  Manualium  libri  III; 
Sententiarum  V  (A.  3);  Institutorum  II  (vgl.  Huschke,  iurisprud.  antei.' 
p.  466);  Regularum  VII.  Responsorum  libri  XXIII;  Decretorum  III;  De- 
cretorum  s.  imperialium  sententiarum  in  cognitionibus  prolatarum  oder 
Factorum  libri  VI.  Ad  Sabinum  libri  (XVII?);  ad  Vitelüum  libri  IV  (?  vgl. 
Mommsen  ad  Dig.  XXXII,  78  pr.  Ztschr.  f.  Rechtsgesch.  IX  S.  116);  Epito- 
marum  Alfeui  (oben  195,  2)  libri  VIII;  Labeonis  nst&ctv^v  libri  VIII;  ad 
Plautiom  libri  XVIII;  ad  Neratium  hbri  IV;  Notae  ad  lulianum,  Scaevo- 
lam,  Papinianum.  Ad  legem  luliam  et  Papiam  hbri  X;  ad  legem  Aeliam 
Sentiam  libri  III;  ad  legem  luham  hbri  II.  De  adulterüs  libri  III;  Fidei- 
commissorum  libri  III;  de  officio  consulis  II;  de  off.  proconsulis  II;  de  ceu- 
sibus  II;  de  iure  fisci  II.  Ausserdem  59  libri  singulares  über  alle  Gebiete 
des  Rechte.  So  de  legibus,  ad  legem  Cinciam,  municipalem,  Falcidiam, 
Velleiam,  Fusiam  Caniniam;  de  senatus  consultis;  ad  S.  C.  Orfitianum, 
Tertullianum ,  Silanianum,  Turpilianum,  Velleianum,  Claudianum,  Libonia- 
nura;  ad  orationem  divi  Marci,  divi  Severi;  de  iure  libellorum;  ad  regulam 
Catonianam;  de  iure  singulari;  de  iuris  et  facti  ignorantia;  de  variis  lectio- 
nibus.  De  officio  praefecti  urbi,  praefecti  vigilum,  praetoris  tutelaris,  asses- 
8oram;  de  iunsdictione  tutelari  (in  zwei  Ausgaben),  de  excusationibus 
tuielarum;  de  gradibus  et  affinibus;  de  dotis  repetitidne;  de  donationibus 
inter  virum  et  uxorem;  de  intercessionibus  feminarum;  de  usuris.  De 
testamentis  mehrererlei  Monographien.  De  Ubertatibus  dandis;  de  assig- 
iiationc    libertorum;    de    iure  i>atronatu8.     De   actionibns,  .concurrentibus 


784  I^ie  Kaiserzeit.    Drittes  Jahrhundert. 

actionibus,  conceptione  formularum ,  hypothecaria  formula,  cognitionibus, 
liberali  causa,  septemviralibus  iudiciis ,  appellationibus.  De  poenis  omniuin 
legum,  poenis  paganorum,  militum;  de  portionibus  quae  liberis  damna- 
torum  conceduntur;  de  publicis  iudiciis,  extraordinariis  criminibus,  adul- 
teriis.  Im  Ganzen  finden  sich  in  den  Digesten  2080  Auszüge  aus  seinen 
Schriften;  s.  Hommel,  Palingenesia  IL  p.  3—300. 

5.  Modestin.  Dig.  XXVII,  1,  13,  2  (oben  346,  3).  Gordianos  im  Cod. 
V,  4,  6  (J.  239),  Diocletian  ib.  IX,  22,  11  (J.  287)  u.  Justinian.  const.  Omnem 
(Dig.  prooem.)  5:  responsum  viri  prudentissimi  Pauli.  In  Folge  der  Gel- 
tung seiner  sententiae  (A.  3)  heisst  P.  iuridicus  schlechtweg  Consult.  7,  3 
und  bei  Isid.  Orig.  V,  24,  30. 

6.  A.  A.  Pagenstecher,  lul.  Paulus,  in  d.  Sylloge  diss.,  Brem.  1713w 
E.  A.  0.  C.  Pagenstecher,  Paulus  iniuria  vapulans,  Wetelar  1726.  4.  (=  Trac- 
tat.  iur.  I.  Würzb.  1734).  F.  C.  Conradi,  J.  P.  ab  iniuria  criticorum  vindi- 
catus,  Heimat.  1733  (=  Parerg.  IV.  p.  507  ff.).  Zimmern,  Privatr.  I,  1. 
S.  368—371.  374-378.  G.  Bruns,  in  Pauly's  Real-Enc.  V.  S.  1251  f. 
Rudorff,  Rechtegesch.  I.  S.  192-195. 

356.  Neben  diesen  Grössen  der  Jurisprudenz  wirkten  und 
schrieben  in  dieser  Zeit  auch  noch  eine  Anzahl  Juristen  zwei- 
ten und  dritten  Ranges,  unter  welchen  die  bedeutendsten  waren 
Aelius  Marcianus,  Aemilius  Mac  er  und  besonders  der  Schü- 
ler UlpianS;  Herennius  Modestinus,  welcher  sein  Werk  über 
die  excusationes  griechisch,  die  übrigen  aber  lateinisch  schrieb. 

1.  Paul.  (Quaest.  XII)  Dig.  XL,  13,  4:  Licinius  Rufinus  lolio 
Paulo:  .  .  quaero  .  .  >  peto  itaqne  plenissime  instruas.  XXIV,  1,  41:  Lid- 
nius  Rufinus  libro  VI  Regularum:  .  .  nam  et  Imp.  Antoninus  (Caracalla, 
8.  Moramsen,  Ztschr.  f.  Rechtegesch.  IX.  S.  102,  A.  24)  constitoit  etc. 
XLII,  1,  34:  Licinius  Rufinus  libro  XIII  Regularum  (ind.  Flor,  weiss  nar 
von  XII  BB.).  Die  13  Digesten -Excerpte  aus  diesem  Werke  bei  Hommel 
Paling.  II.  p.  399  f.  Abhandlungen  de  L.  R.  von  H.  J.  0.  König  (Haue 
1772.  4.)  und  C.  A.  H.  Clodius  (Lips.  1791.  4.). 

2.  Inst.  IV,  3,  1:  sie  et  Homerus  in  Odjssea  ait,  sicut  Aeliui 
Marcianus  in  suis  Institutionibus  refert.  Vgl.  Dig.  XXXII,  65,  4.  Im 
Ganzen  waren  es  16  Bücher,  in  der  Hauptsache  nach  Gajus,  jedoch  im 
Familien-  und  Erbrecht  mit  Anschluss  an  Sabinus  und  unter  Anfügimg 
des  ius  extraord.  (Straf-,  Fiscal-  und  Eriegs-Recht) ;  verfasst  nach  dem  Tode 
des  Caracalla  (divi  Severus  et  Antoninus).  Auch  alle  andern  Schriften  des 
Marcianus  sind  nach  Caracallas  Tod  (217)  abgefasst,  da  er  immer  entweder 
divus  Antoninus  oder  Ant.  Magnus  (Magnus  Ant.)  oder  divus  Magnus  Ani 
genannt  wird;  nämlich  Publicorum  iudiciorum  libri  II  (worin  auch  Papi* 
nianus  Respons.  XVI  citiert  wird) ,  Regularum  libri  V,  und  die  libri  singa* 
lares  de  delatoribus  und  ad  formulam  hypothecariam.  Von  den  zwei 
Büchern  de  appellationibus  ist  wenigstens  sicher  dass  sie  nach  Sever^i 
Tode  geschrieben  sind.  Fitting,  Alter  d.  Schrr.  S.  50—52  mit  Mommseo, 
Ztschr.  f.  Rechtsgesch.  IX.  S.  106  f.  109.  112.    Kein  Zeitmerkmal  enthalten 


356.    MarcianuB,  Modestinus  u.  a.  Juristen.  785 

die  üeberreste  des  liber  Bing,  ad  SC.  Turpilianum  und  der  Notae  ad  Papi- 
nianum.  In  den  Digesten  sind  diese  Schriften  275  Mal  benutzt;  s.  Hom- 
mel  Paling.  I.  p.  399—436.  Rescripte  an  (diesen?)  Marcianus  von  Alexander 
(Cod.  II,  13,  6  und  X,  58  aus  J.  223.  VII,  21,  4  aus  J.  228)  und  von  Gor- 
dianus  (Cod.  lY,  21,  4)  aus  J.  239.  G.  Oelrichs,  de  vita,  studiis,  honoribus 
et  scriptis  Ael.  M.  icti,  Utrecht  1754.  4.   Zimmern,  röm.  Privatr.  I,  1.  S.  380  f. 

3.  Aemilius  Macer,  Verfasser  von  je  zwei  Büchern  Publicorum 
iudiciorum,  Ad  legem  vicesimae  hereditatum,  De  officio  praesidis,  De 
appellationibus,  De  re  militari,  welche  in  den  Pandekten  an  62  Stellen 
benützt  sind;  s.  Hommel  Paling.  L  p.  341  —  350.  Die  Schrift  de  app.  ist 
sicher  unter  Alexander  verfasst  (Dig.  XLIX,  13,  1),  die  anderen  jedenfalls 
nach  dem  Tode  des  Severus.  Ulpian,  Paulus  und  Menander  werden  darin 
wiederholt  erwähnt.  Fitting,  Alter  d.  Schrr.  S.  52  f.  Von  einem  A.  Aem. 
Macer  eine  devote  Inschrift  zu  Ehren  des  Caracalla  vom  15.  Aug.  216  bei 
Orelli  930. 

4.  Florentinus,  Verfasser  von  Institutionum  libri  XII  nach  dem 
System  des  Gajus,  in  den  Digesten  mitbenutzt;  s.  Hqmmel  Paling.  I. 
p.  175  — 178.  Es  wird  darin  divus  Pius,  Aquilius  Gallus  und  Trebatius 
genannt.  Er  wäre  sicher  der  Zeit  des  Alexander  zuzutheilen  wenn  fest- 
stünde dass  der  im  Cod.  III,  28,  8  vom  J.  223  (Imp.  Alexander  Aug.  Flo- 
rentino) Genannte  er  sei.  Abhandlungen  über  ihn  imd  seine  Üeberreste 
von  A.  F.  Rivinus  (Wittenb.  1752.  4.),  C.  F.  Walch  (de  Flor,  icti  philoso- 
phia,  Jena  1764  =  Opusc.  I.  p.  337—346),  J.  Th.  Mathews  (Lugd.  B. 
1801.  4.),  Th.  Schmalz  (Königsberg  1801). 

5.  lulius  Aquila  (im  ind.  Flor,  wohl  unrichtig  Gallus  Aq.)i  Verfasser 
von  zwei  Büchern  Besponsa,  welche  in  den  Digesten  zweimal  (XXVI,  7, 
34.  10,  12)  ausgezogen  sind.    Zimmern,  röm.  Privatr.  I,  1.  S.  386  f. 

6.  Furius  Anthianus  verfasste  einen  Edictscommentar,  von  welchem 
der  ind.  Flor,  {tiigog  id^yitov  ßißXia  nivts)  noch  5  Bücher  kennt.  Die 
drei  Excerpte  aus  dem  ersten  Buch  die  sich  in  den  Digesten  (II,  14,  62. 
IV,  3,  40.  VI,  1,  80)  finden  geben  keinen  Anhalt  zur  Bestimmung  seiner 
Zeit.    P.  F.  Besier,  de  F.  A.  icto,  Lugd.  B.  1803. 

7.  Aelius  Florianus  Herennius  Modestinus  (nach  der  Fullonen- 
inschrift  bei  Kellermann  Vig.  laterc.  p.  30  =  Rhein.  Mus.  XXI.  S.  10  f.). 
ülp.  Dig.  XLVII,  2,  52,  20:  quod  et  Herennio  Modestino,  studioso  meo, 
de  Delmatia  consulenti  rescripsi.  Capitol.  Maximin.  iun.  (geb.  217)  1,5: 
grammatico  latino  usus  est  Philemone,  iurisperito  Modestino.  Imp.  Gordia- 
nus  J.  239  (Cod.  III,  42,  5):  merito  tibi  a  non  contemnendae  auctoritatis 
icto  Modestino  responsum  est.  J.  244  praef.  vigilum  in  Rom  (FuUonen- 
Inschrift  1.  1.).  Vgl.  Arcad.  Charis.  Dig.  L,  4,  18,  26:  mixta  munera  .. 
Herennius  Mod.  et  notando  et  disputando  et  optima  ratione  decrevit. 
Schriften  des  Mod. :  Excusationum  libri  VI  (griechisch) ;  Differentiarum  IX 
und  Regularum  X  (Huschke,  iurisprud.  anteiust.'  p.  546);  Pandectarum  XII; 
Respousorum  XIX;  Ad  Q.  Mucium  mindestens  XXXI  Bücher;  De  poenis  VI; 
libri  singulares  de  enucleatis  casibus,  heurematicis ,  dififerentia  dotis,  in- 
officioso  testamento,  manumissiouibus ,  praescriptionibus,  ritu  nuptiarum, 
legatis  et  fideicommissis,  testamentis.  Zusammenstellung  der  344  Excerpte 
daraus  in  den  Digesten  bei  Hommel  Paling.  I.  p.  453 — 494.    Keiner  der 

Teuffcl,  rön».  Lileralurg-oschichfc.  50 


786  ^^6  Kaiserzeit.    Drittes  Jahrhundert. 

üeberreste  weist  mit  Sicherheit  über  die  Zeit  von  Caracalla*8  Alleinregienmg^ 
hinaus.    Bestimmt  nach  Caracalla's  Tod  verfasst  sind  die  libri  differen- 
tiarum,  Fandectarum,  Excusationum;  unter  Alexander  der  über  sing,  d^ 
enucleatis  casibus.     In  B.  I  der  Excusationes  (Dig.  XXVI,  6,  2,  5)  wa^:- 
Paulus  libro  IX  Besponsorum  (oben  355,  2)  angeführt,  so  dass  dieselbecs. 
frühestens  unter  Alexander  verfasst  sein  können.    Widmung  dieses  Werke*^ 
(nagaittjcig  initgonrjg  xcxl  HOvgaxoQiag)  an  Egnatius  Dexter,  Dig.  XXYIU^ 
1,  1.    Fitting,  d.  Alter  d.  Schrr.  S.  53—55.    Im  Allgemeinen  s.  Zimmens^ 
röm.  Privatr.  I,  1.  S.  383—386. 

357.    In  den  ersten  Jahrzehnten  des  dritten  Jahrh.  schnell 
der  von  Charisius  sehr  stark  benützte  gelehrte  Grammatiker  C 
lulius  Romanus.     Um  dieselbe  Zeit  war  auch   Censorinas 
thätig,  Verfasser  mehrerer  grammatischer  Werke.    Auf  uns  ge- 
kommen ist  seine  Schrift  de  die  natali,   einem  reichen  Gönner 
Namens  Q.   Caerellius  gewidmet  und  im  J.   238  verfassi    Sie 
ist  hauptsächlich  aus  Suetonius  geschöpft  und  enthält  werthyoUe 
Angaben  für  Geschichte  und  Chronologie.    Die  Behandlung  ist 
rhetorisch.    Endlich  scheint  der  auf  Caesius  Bassus  sich  stützende 
Metriker  Atilius  Fortunatianus  gleichfalls  dieser  Zeit  an- 
zugehören. 

1.  G.t  lulius  Romanus  (Charis.  p.  230,  1  E.)  ist  unter  den  tod 
Charisius  benützten  Grammatikern  der  kenntnissreichste  (disertassmiB  fl^ 
Artis  scriptor,  ib.  p.  232,  7).  Aus  ihm  nimmt  Charisius  ganze  grosse  Ab-  |^ 
schnitte,  wie  über  die  Analogie  (p.  116  — 147)  und  die  Adverbien  (p- 190 
—-224),  wörtlich  in  sein  Buch  herüber,  so  wortgetreu  dass  er  auch  ^ 
Verweisungen  des  Bomanus  auf  andere  Theile  seines  Werkes  oder  andere  li^ 
Schriften  mit  abschreibt,  wie  de  consortio  casuum  (Charis.  p.  132,  Sl),  de  ^u 
consortio  praepositionum  (p.  209,  20  f.),  nsgl  oQd-oyQafp^ag  quaestiooei 
(p.  135,  15),  de  distinctionibus  u.  s.  w.  Das  von  Char.  benützte  Werk  dei 
Bomanus  war  vielleicht  ein  einziges  jifpogiial  betiteltes,  und  alle  specieUen 
Titel,  wie  liber  de  analogia  (Charis.  p.  56,  4.  114,  1.  116,  29),  über  de 
adverbiis  (ib.  p.  114,  28),  nur  Theile  davon.  VgL  Charis.  p.  230,  1:  6.1 
B.  libro  dq)OQfioiv  sub  titulo  de  coniunctione;  p.  238,  16:  I.  B.  libro  a^of- 
^c5v  sub  titulo  de  praepositione.  Ein  Erkennungszeichen  des  I.  R.  üt 
dass  er  den  Vergilius  regelmässig  Maro  nennt.  Da  I.  B.  den  Briefwechiä 
des  Fronto  mit  M.  Aurelius  (Charis.  p.  223,  26)  und  den  Apulejus  (ib. 
p.  240,  28.  248,  5)  citiert,  sowie  den  Hdenius  Acro  (oben  352,  1)  und  Po^ 
phyrio  (oben  352,  3),  so  wird  er  in  die  erste  Hälfte  des  dritten  Jahrh.  zb 
setzen  sein.  Die  Quellen  des  Bom.  sind  bes.  Plinius  und  Flavins  Caf&i 
auch  Asper  und  Terentius  Scaurus.  Vgl.  F.  Osann,  Beiti^e  II.  S.  387 
—330.  H.  Keil,  grammatici  lat.  I.  p.  XLV— XLVIII.  A.  Schottmüller,  de 
Plini  libr.  gramm.  I.  p.  32  ff.    W.  Christ,  Philologus  XVm.  S.  121-123. 

2.  Priscian.  I,  17  (p.  13,  19  f.  Htz.]:  Censorino,  doctissimo  aztii 
grammaticae.  Vgl.  ib.  16  (p.  13,  9).  Bei  Cassiod.  de  art.  gramm.  1  wird 
er  neben  Polemon,  Phocas  und  Probus  genannt.  Priscian.  XIV,  1,  6  (TL.  p.  27, 


^ 


357.    Grammatiker:   Romanus.    Censorinus.  787 

3  H.):  Censorinus  plenissime  de  bis  docet  in  libro  quem  de  accentibus 
cribit.  Grössere  Stelle  daraus  ib.  4,  40  f.  (p.  45—47  H.).  Vgl.  Cassiod.  de 
»ns.    p.  576. 

3.  Cassiod.  de  mus.  p.  573  (vgl.  ib.  p.  577):  Censorinus,  qui  ad  Q. 
terelUum  scripsit  de  natali  eins  die.  Abfassung  J.  238;  s.  18,  12.  21,  6 
ic  ^Liinus,  cuius  velut  index  et  titulus  est  Ulpii  et  Pontiani  consulatus, 
ea-fc  a  Roma  condita  DCCCCXCI««).  Aus  der  Widmung  (c.  1):  te,  Q. 
e:r  dli,  virtutis  non  minus  quam  pecuniarum  divitem  ista  non  capiunt, 
[IL od  sapientium  disciplina  formatus  satis  liquide  comperisti  huiusmodi . . 
)  -K-eov  (iiamv  etc.  quare  cum  dona  pretiosa  neque  tibi  .  .  desint  nee 
i  x^er  rei  tenuitatem  supersint,  quodcumque  hoc  libri  est  meis  opibus 
iE>suratum  natalicii  titulo  tibi  misi.  in  quo  non,  ut  plerisque  mos  est, 
^:3c  ethica  parte  philosophiae  praecepta  ad  beate  vivendum  quae  tibi 
l>^Yem  mutuatus  sum,  aut  ex  artibus  rhetorum  locos  laudibus  tuis  cele- 
J^dis  persecutus,  . .  sed  ex  philologis  commentarüs  quasdam  quaestiun- 
as  delegi,  quae  congestae  possint  aliquantum  volumeu  efficere.  iam 
ro  cum  tiio  collatu  scirem  me  plura  didicisse,  . .  ego  a  quo  plura  in 
tex-ifi  percepi  tibi  baec  exigua  reddo  libamina.  c.  15:  quare,  sanctissime 
J^^elli,  cum  istum  annum  (das  49ste)  .  .  sine  ullo  incommodo  transieris, 
^^rst  du  das  81ste  erleben).  . .  quem  veterum  nunc  memoria  suspicimus 
iTudentia  vel  temperantia  vel  iustitia  vel  fortitudine  tibi  antestare  dici- 
■A^^*^  ..  tu  officiis  municipalibuB  functus,  bonore  sacerdotii  in  principibus 
^'^^^  civitatis  conspicuus,  ordinis  etiam  equestris  dignitate  gradum  provin- 
^^^xim  supergressus  . .  omnium  omnino  amorem  cum  maxima  gloria  con- 
secutuB  es.  . .  de  eloquentia  quoque  sileo,  quam  omnia  provinciarum  no- 
'^^Änim  (Spanien  oder  Gallien?)  tribunalia,  omues  praesides  noverunt} 
^^am  denique  urbs  Roma  et  auditoria  sacra  mirata  sunt. 

4.  Censorinus  prunkt  mit  seiner  Gelehrsamkeit  und  nennt  eine  Menge 
ClUeist  griechischer)  Schriftsteller,  von  denen  er  gewiss  viele  nie  zu  Ge- 
richt bekommen  hat.  So  von  Lateinern  den  Fulvius,  Iimius  Gracchanus, 
uicinios  Macer,  Fenestella  und  vielleicht  auch  den  Varro,  so  oft  er  diesen 
^Uch  anführt  Die  Uauptquelle  war  wohl  Suetons  Pratum  (Reifferscheid 
^HeL  p.  434).  Vgl.  Jahn  p.  IX.  Auf  Horaz  spielt  Cens.  öfters  an  (1,  1  ff. 
55»  O.  IV,  8.  8,  6  =  0.  I,  1,  2).  In  der  Behandlung  des  Stoffes  zeigt  er 
[uaesita  sermonis  elegantia,  quae  nobis  quidem  nimia  videtur  et  affectata, 
t  rhetoricum  artificium  (Jahn  p.  X).  Eine  einfache  sachgemässe  Darstel- 
iDg  mochte  der  Bestimmung  der  Schrift  als  Festgabe  zum  Geburtstag 
icht  würdig  erscheinen.  Diese  Bestimmung  bildet  den  Mittelpunkt  der  Er- 
rterong.  Zuerst  wird  das  der  Geburt  Vorausgehende  (Zeugung  u.  s.  w.) 
bgehandelt,  mit  einer  kühnen  Wendung  (12,  1:  nee  vero  incredibile  est 
d  nostros  natales  musicam  pertinere)  die  Musik  mit  hereingezogen,  die 
«bensstufen  abgehandelt,  dann  die  verschiedenen  Arten  der  Zeiteinthei- 
mg  (c.  17  ff.).  Mitten  in  der  Besprechung  der  Theile  des  Tages  und  der  ^^ 
[acht  and  ihrer  Benennungen  (24,  6)  brechen  die  Handschriften  ab. 

5.  Das  Schriftchen  ist  überliefert  besonders  durch  den  codex  Darm- 
tadiensis  saec.  VII  und  den  meist  mit  ihm  stimmenden  Vaticanus  saec. 
L,  in  ziemlich  verdorbener  Gestalt.  Die  übrigen  Hdss.  haben  alle  sehr 
renig  Werth.    0.  Jahn  p.  XVI— XXII.    Wegen  Verwandtschaft  des  Inhalt 

50* 


788  Die  Kaiserzeit.    Drittes  Jahrhaudert. 

unmittelbar  angehängt  ist  in  den  Hdss.,  aber  noch  corrupter,  ein  Brach- 
stück dessen  Verfasser,  Zeit  und  Zweck  anbekannt  ist,  und  das  znerst 
de  naturali  institutione  handelt,  dann  de  caeli  positione,  de  stellis  fixii 
et   errantibus,   de   terra,   von   da  aber  überspringt  zu   Erörterungen  de 
geometrica,  formis,  figuris,  postulatis;  welche  aus  Euklid  übersetst  sind, 
und  darauf  ebenso  unerwartet  handelt  de  musica  (Geschichte) ,  de  rythmo, 
de  musica  (theoretisch),  de  modulatione,  de  metris  i.  e.  numeris,  de  legi- 
timis  numeris,  de  numeris  simplicibus.   Also  wohl  Theile  eines  encyklopi- 
dischen  Werkes.     0.  Jahn  p.  XI:   hoc  fragmentum  . .  praeter  multa  toI- 
garia  atque  inepta  haud  pauca   tarnen  continet  aliunde  non  nota,  qnae 
satis  probant  scriptorem  (besonders  in  den  Abschnitten  über  Musik  uikI 
Metrik)  fontibus  antiquioribus  usum  esse.    Insbesondere  hebt  er  die  Ueber- 
einstimmung  mit  manchen  Partien  der  Scholien  zu  Germanicus  (oben  259, 
8)  hervor,  was  sich  wohl  aus  Gemeinsamkeit  der  Quelle  (Suetons  Prata/) 
erklärt.     Dieses  Bruchstück  wurde  zuerst  durch  Carrio  von  dem  Werke 
des  Censorinus  abgetrennt  und  ist  abgedruckt  in  den  meisten  Ausgaben 
des  Letzteren,  z.  B.  von  0.  Jahn  p.  75—100  (vgl.  p.  X— XIII),  von  Hultsch 
p.  55—73. 

6.  Ausgaben  des  Censorinus.  Ed.  princeps  Bonon.  1497  fol.  Aldioa 
Yen.  1581.  Rec.  L.  Carrion,  Lutet.  1583.  Lugd.  B.  1593.  Bec  et  ill.  H. 
Lindenbrogius,  Hamburg  1614.  4.  Lugd.  B.  1642.  Cantabr.  1695.  Ed.  £. 
Puteanus,  Lov.  1628.  4.  Ex  rec.  A.  Götz,  Alt.  1742.  Ex  rec.  Havercampi, 
Lugd.  B.  1743.  1767.  Cum  adn.  J.  S.  Gruber,  Norimberg.  1805.  1810.  Erste 
kritische  Ausgabe :  Bec.  et  emend.  0.  Jahn,  Berlin  1845.  Rec.  Fr.  Hultsch, 
Lips.  Teubner  1867. 

7.  Beiträge  zur  Textkritik  des  Cens.  von  L.  Urlichs  (Eos  II.  S.  458 
—460.  Rhein.  Mus.  XXIL  S.  465—476),  F.  Hultsch  (Eos  IL  S.  623-626), 
F.  Lüdecke  (Götti.  Gel.  Anz.  1868,  S.  482—486) ,  M.  Schanz  (spec  crit  ad 
Plat.  et  Censorinum  pertinens,  Götti.  1867). 

8.  Atilius  Fortunatianus  gehört  zu  der  Gruppe  derjenigen  Me- 
triker welche  an  der  Bezeichnung  Bacchius  (für ^)  und  Antibacdiios 

(für  w ),  der  Ableitung  aller  Metra  aus  dem  dactylischen  Hexameter 

und  iambischen  Trimeter,  sowie  der  speciellen  Berücksichtigung  der  ho- 
razischen  Metra  gemeinsame  Merkmale  haben,  die  auf  Benützung  derselben 
Quelle  (wahrscheinlich  des  Caesius  Bassus,  oben  287,  1 — 3)  hinweisen 
Unter  diesen  wird  aber  At.  darum  der  älteste  sein  weil  er  noch  nidrt 
wie  luba  (unten  366,  7  f.)  und  Terentianus  (unten  372)  den  Septimius  Se- 
renuB  (unten  360,  3)  zu  kennen  scheint  (p.  321  vgl.  mit  Ter.  1889  ff.).  Sr 
behauptet  (p.  330  G.):  hoc  libro  .  .  quem  paucis  diebus  composui  et  me- 
moria tantum  adiuvante,  welches  Letztere  jedenfalls  unrichtig  ist;  in  eiser 
Nachschrift  stellt  er  die  Abfassung  von  libri  de  melicis  poetis  et  de  iis- 
gicis  choris  in  Aussicht.  Die  Darstellung  des  At.  stimmt  in  allem  Weteat* 
liehen  mit  der  des  Terentianus  überein,  ofk  wörtlich;  doch  ist  die  des  fr* 
steren  im  Ganzen  reichhaltiger,  hat  mehr  Beispiele,  und  namentlich  uA 
aus  griechischen  Dichtem.  Eine  planmässige  Ordnung  aber  ist  nicht  er* 
kennbar.  Bei  Putsche  gramm.  lat.  p.  2661—2685,  bei  Gaisford  8cn|>tor9 
lat.  rei  metr.  p.  312—382.  H.  Wentzel,  Symb.  critt  (Bresl.  1858)  p.  7-n. 
J.  CäÄar  in  Pauly's  Real-Enc.  I,  2.  S.  2026  f.  R.  Westphal,  allg.  Metrik 
(1865)  S.  72  —  76.  93  f.  =  griech.  Metrik«  L  S.  153-167. 


357.    Fortunatianus  u.  a.  Grammatiker.  789 

9.  In  den  Handschriften  und  Ausgaben  (bei  Putsche  p.  2685  —  2706, 
bei  Gaisford  p.  333  —  362)  folgt  auf  Atilius  die  Metrik  eines  Anonymus 
CDonaiiauus?  Gaisford  p.  V.  VIII  f.)  aus  unbekannter  Zeit,  doch  nach 
dem  echten  Atilius  und  vor  Marius  Victorinus,  da  dieser  noch  nicht  be- 
nützt ist.  Nach  dem  Vorwort  ist  sie  gewidmet  einem  jungen  Römer  von 
Rang,  welcher  die  Rhetorik  studiert  und  eine  Darstellung  der  Horatiana 
metra  verlangt  hat.  Von  seiner  Arbeit  behauptet  der  Verf.:  carptim  quae 
memoria  digua  videbantur  de  multis  auctoribus  excerpta  perscripsi.  In 
Wahrheit  stimmt  sie  sachlich  genau  mit  der  ausführlicheren  des  Marius 
Victorinus  zusammen  und  stammt  daher  aus  derselben  Quelle,  etwa  luba 
l unten  366,  7  f.).  Ausführlich  sind  schliesslich  (p.  351  —  362)  die  metra 
Horatiana  behandelt.  Gewöhnlich  nennt  man  diese  Metrik  Atilius  II, 
Westphal  Pseudo- Atilius.  Vgl.  J.  Cäsar  a.  a.  0.  (A.  8),  H.  Wentzel  p.  11 
— 13,  und  Westphal,  allg.  Metrik  S.  45.  93  f.  =  griech.  Metrik«  I.  S.  128. 
Th.  Bergk,  de  loco  Atilii  Fort,  ubi  de  Hör.  metris  agit,  Halle  1863.  4. 

10.  Lamprid.  Alex.  Sev.  3,  2  f.:  in  prima  pueritia  litteratores  habuit 
Valerium  Cordum  et  T.  Veturium  et  Aurelium  Philippum  libertum  patris, 
qui  vitam  eins  postea  in  litteras  misit;  grammaticum  in  patria  Graecum 
Nehonem,  rhetorem  Serapionem,  philosophum  Stilionem,  Romae  gramma- 
ticoB  Scaurinum  Scaurini-  filium ,  doctorem  celeberrimum ,  rhetores  lulium 
Frontinum  et  Baebium  Macrianum  et  lulium  Granianum,  cuius  hodieque 
declamatae  feruntur.  Capitol.  Maximin.  27,  3—5 :  usus  est  magistro  Graeco 
litteratore  Fabillo,  cuius  epigrammata  graeca  multa  et  exstant.  . .  gram- 
matico  latino  usus  est  Philemone,  iuris  perito  Modestino  (oben  356,  7), 
oratore  Titiauo,  filio  Titiani  senioris  (oben  343,  10),  habuit  et  graecum 
rhetorem  Eugamium  sui  temporis  darum. 

'  11.  M.  Damatius  Urbanus,  summarum  artium  liberalium  litterarum 
studiis  utriusque  linguae  perfecte  eruditus,  optima  facuudia  praeditus  etc. 
Inschrift  aus  Sitifis  (Africa)  vom  J.  231  bei  Henzen  5607  c=  Renier  Inscr. 
de  TAlg.  3338. 

368.  Die  Geschichtschreibung  hatte  in  Marius  Maxi- 
m  u  s  einen  Fortsetzer  der,  suetonischen  Kaiserbiographien  für 
die  Regenten  von  Nerva  bis  Elagabal,  in  grosser  Weitschweifig- 
keit, doch  nicht  ohne  Sinn  für  Wahrheit.  Die  erste  Hälfte  der 
Historia  augusta  ist  eine  dürftige  Bearbeitung  seines  Werkes. 
Neben  ihm  nennen  deren  Urheber  als  Vorgänger  und  Quelle 
besonders  häufig  den  lunius  Cordus,  welcher  minder  bekannte 
Imperatoren  von  Clodius  Albinus  bis  zu  Maximus  und  Balbinus 
beschrieb,  mit  Eingehen  auf  die  kleinlichsten  Einzelheiten;  Aemi- 
lius  Parthenianus,  Aelius  Maurus,  Marcellinus  u.  A.  In  griechi- 
scher Sprache  verfasste  Herodianus  eine  Geschieht«  der  selbst- 
erlebten Zeit  vom  Tode  des  Marcus  (Aurelius)  bis  zum  Regie- 
rungsantritt von  Gordianus  III  (J.  180 — 238)  in  acht  Büchern, 
Cassius  Dio  aber  eine  römische  Geschichte  in  achtzig  Büchern, 


790  I^iß  Kaiserzeit.    Drittes  Jahrhundert 

von  der  Gründung  der  Stadt  bis  zum  J.  229  n.  Chr.  (982  d.  St.). 
Noch  umfassender  waren  die  Arbeiten  des  Sex.  Julius  Africanus, 
des  Urhebers  der  vergleichenden  heidnisch-christlichen  Chrono- 
logie. 

1.  Cassius  Dio  Cocceiauus  aus  Nikäa  in  Bithjnien,  um  J.  155—230 
n.  Chr.,  Cos.  (unter  Macrinus,  221?)  II   unter  Alexander  J.  229.    Zehnjäh- 
rige Vorarbeiten  zu  seinem  Geschichtswerke,  zwölf  Jahre  lang  Ansarbeitung. 
Die  J.  222—229  sind  nur  summansch  behandelt.    Vollstäiidig  erhalten  dnd 
die  Bücher  37—54,  umfassend  die  Jahre  689 — 744  d.  St.;  von  den  ersten 
34  Bücheni  nur  spärliche  Ueberreste,  grössere  von  B.  35  und  36.    Die 
späteren  Theile  kennen  wir  durch  die  constantinischen  Excerpte,  den  Aus- 
zug des  Xiphilinus  und  des  Zonaras.    Vom  J.  180  an  schildert  Dio  Selbst- 
erlebtes  (LXXII,  4).    Ausgaben  von  F.  W.  Sturz  (Lips.  1824.  1843.  9  Voll.), 
Imm.  Bekker  (Lips.  1849.  2  Voll)   und  L.  Dindorf  (Lips.  Teubner  1863 
— 1865,  5  Voll.).     De  Dionis  Cassii  fontibus  et  auctoritate  Abhandlungen 
von  R.  Wilmans  (Berol.  1835)  und  Grasshof  (Bonn  1867).    Schwegler,  röm. 
Geschichte  I.  S.  124  f. 

2.  Aehnlicheii>  Gegenstand  hatte  des  Asinius  Quadratus  Xiluxi^ 
oder  XiXiagx^cCj  eine  Geschichte  des  römischen  Reiches  während  seines 
tausendjährigen  Bestandes  in  15  Büchern.  Auch  ilotp^txa  und  Fsgirnnta 
verfasste  er;  s.  Pauly^s  Real-Enc.  I,  2.  S.  1868  f.,  Nr.  28. 

3.  Hieron.  vir.  ill.  63:  lulius  Africanus,  cuius  quinque  de  tempo- 
ribus  extant  Volumina,  sub  imp.  M.  Aurelio  Antonino  qui  Macnno  sncces- 
serat  (also  unter  Elagabal)  legationem  pro  instauratione  urbis  Emmaos 
suBcepit.  .  .  extat  eins  ad  Aristiden  epistola,  in  qua  supeif  Statpavia 
quae  videtur  esse  in  genealogia  salvatoris  apud  Matthaeum  et  Lucam 
plenissime  disputat.  Von  ihm  rührt  die  Ausetzung  von  Chr.  Geburt  aof 
J.  5500  der  Welt  her.  Fortgeführt  war  sein  xQOvoloymov  juyxdßißlof 
bis  auf  J.  218  n.  Chr.  Ideler,  Handbuch  der  Chronologie  II.  S.  456  £ 
Ein  Nachfolger  von  ihm  war  Hippolytus  aus  Portus,  dessen  Ostertafel 
für  die  Jahre  222—237  auf  einer  Marmorplatte  (welche  zugleich  die  Schrif- 
ten des  Hipp,  aufzählt,  z.  B.  Kgovind)  im  Vatican  aufbewahrt  ist  TL 
Mommsen,  der  Chronograph  vom  J.  354  (Leipzig  1850)  S.  595  f.  597  f.  610. 

4.  Herodian  schrieb  Trjg  fietd  Magnov  ßaailsiag  tatogiaty  in  deren 
Eingang  er,  im  Gegensatze  zu  den  meisten  Geschichtschreibem ,  welche 
trig  filv  dXrjd'eiag  iv  taig  oiq>riyi^asatv  daliycogriaavy  ovx  ftitiata  Sl  i%tfu- 
Xijd'Tjaav  (pQtiascog  xb  xal  svqxoviagy  von  sich  sagt:  iym  Öl  tctogiav  ov 
nag*  alXoav  dnode^dfisvog  ayvmaxov  xb  xal  dfjLugxvgov,  vno  vBaga  dl  rj 
xoav  ivxsv^oiiivoav  fivi^firjt  (isxd  ndarjg  dngißs^ag  rjd'goiaa  stg  avyygaffp, 
eine  Erklärung  die  in  keiner  Weise  beeinträchtigt  wird  dadurch  das  er 
fortfahrt:  ovx  dxBgnii  x-qv  yvmaiv  xal  xoig  vaxsgov  ^csad'ai  «gogdon^csi 
^gymv  fiBydXmv  xb  xal  noXXdav  iv  oXiyip  zgovip  yBvoykivoiv.  Nur  ist  zoza- 
geben  dass  Dio  vermöge  seiner  höheren  Stellung  öfters  mehr  in  der  Lage 
war  das  Richtige  zu  kennen.  Ausgaben  von  F.  A.  Wolf  (Halle  1793), 
I.  Bekker  (BeroL  1826.  Lips.  Teubner  1855).  E.  Volkmann,  de  H.  vita, 
scriptis  fideque,  Königsberg  1859.  J.  V.  Poblocki,  de  H.  vita,  ingcnio, 
scriptis,  Münster  1864.    R.  Sievers ,  über  das  Geschichtswerk  des  H.,  Pbi- 


358.    Marius  Maximus  u.  a.  Geschichtschreiber.  791 

lologus  XXVI.  S.  29—43.  263-271.     E.  Brocka,  de  IV  prioribus  b.  aug. 
Script.  (1869)  p.  46—69. 

5.  Orelli-Henzen  5502  (aus  Rom):  L.  Mario  L.  f.  Quir.  Maximo 
Perpetuo  Aureliano  cos.  (J.  195;  II.  J.  223],  sacerdoti  feciali,  leg.  Augg. 
pr.  pr.  provinciae  Syriae  etc.  Vgl.  ib.  2275.  Borgbesi,  iscrizione  ardea- 
tina  di  M.  M.,  Oeuvres  V.  p.  455—484.  Capitol.  Clod.  Alb.  12,  14:  quae 
qui  diligentius  scire  velit  legat  Marium  Maximum  de  latinis  scriptoribus, 
de  graecis  scriptoribus  Herodianum,  qui  ad  fidem  pleraque  dixerunt. 
Vopisc.  Prob.  2,  7:  ut  imitarer  . .  Marium  Maximum,  Suetoiiium  Tranquil- 
lum,  Fabium  Marcellinum ,  Gargilium  Martialem  (A.  14)  ceterosque  qui 
haec  et  talia  uon  tam  diserte  quam  vere  memoriae  tradiderunt.  Firm. 
1,2:  Marius  Maximus,  homo  omnium  verbosissimus,  qui  et  mytbistoricis 
86  voluminibus  implicavit.  Lamprid.  Alex.  Sev.  48,  6:  neque  iu  vita  eius 
(Traiani)  id  Marius  Max.  ita  exposuit  etc.  30,  6:  de  quo  in  ]ihp&  suis 
Marius  Max.  loquitur,  cum  Hadriaui  disserit  vitam.  Volcat.  Arid.  Cass. 
6,  7:  Marius  Max.  refert  in  eo  libro  quem  secundum  de  vita  Marci  An- 
touini  edidit.  Lamprid.  Alex.  S.  5,  4:  Marius  Max.  dixit  in  vita  Severi. 
Spartian.  Geta  2,  1:  in  rita  Severi  Marius  Max.  primo  septenario  satis 
copiose  rettulit.  Lamprid.  Heliog.  11,  6:  Marius  Max.  dicit  in  vita  ipsius 
HeliogabalL  Ammian.  XXVIII,  4,  14  (quidam  ..  luvenalem  et  Mariiun 
Maximum  curatiore  studio  legunt).  J.  J.  Müller,  d.  Geschichtscbr.  M.  M., 
in  M.  Büdingers  Untersuchungen  zur  röm.  Kaisergesch.  III  (1870). 

6.  Capitol.  Macrin.  1,3—5:  lunioCordo  Studium  fuit  eorum  im- 
peratorum  ritas  edero  quos  obscuriores  ridebat;  qui  non  multum  pro- 
fedt.  nam  et  pauca  repperit  et  indigna  memoratu,  adserens  se  minima 
qoaeqne  persecuturum,  quasi  vel  de  Traiano  aut  Pio  aut  Marco  sciendum 
sit  quotiens  processerit,  quando  cibos  variaverit  et  quando  vestem  muta- 
verit  et  quoB  quando  promoverit.  quae  ille  omnia  exequendo  libros  my- 
thistorids  replerit.  Max.  et  Balb.  4,  5:  placet  aliqua  dici  de  moribus 
atque  genere,  non  eo  modo  quo  lunius  Cordus  est  persecutus  omnia,  sed 
illo  quo  Suetonius  Tranquillus  et  Valerius  Marcellinus,  quamvis  Curius 
FortunatianuB ,  qui  omnem  hanc  historiam  perscripsit,  pauca  contigerit, 
Cordus  vero  tam  multa  ut  etiam  pleraque  et  minus  honesta  perscripserit. 
ib.  4,  2:  libris  quos  lunius  Cordus  affatim  scripsit.  Gordian.  21,  3  f.:  non 
uobis  taUa  dicenda  sunt  quae  lunius  Cordus  ridicule  ac  stulte  composuit 
de  voluptatibus  domesticis  ceterisque  infimis  rebus,  quae  qui  velit  scire 
ipsum  legat  Cordum,  qui  dicit  et  quos  servos  habuerit  unusquisque  prin- 
cipum  et  quos  amicos  et  quot  paenulas  quotve  chlamydes.  Marimin.  27, 
7:  lunius  Cordus,  barum  rerum  persecutor.  Vgl.  ib.  28,  10.  29,  10.  31,  4. 
und  sonst.  Wahrscheinlich  ist  derselbe  auch  gemeint  ib.  12,  7:  Aelius 
Cordus  dicit  hanc  omnino  ipsius  orationem  fuisse. 

7.  Capitol.  Maximin.  32,  1:    scribit  Aelius  Sabinus. 

8.  Volcat.  Arid.  Cass.  5,  1 :  de  hoc  (Av.  Cass.)  multa  . .  inveniuntur 
apud  Aemilium  Parthenianum ,  qui  adfectatores  tyrannidis  iam  inde  a  ve- 
teribushistoriae  tradidit. 

9.  Spartian.  Sever.  20, 1 :  legisse  me  apud  Helium  Maurum,  Phlegon- 
tis  Hadriaui  libertum,  memini  Septimium  Severum  etc. 


792  I^iß  Kaiserzeit.    Drittes  Jahrhundert. 

10.  Lamprid.  Alex.  Sev.  58,  6  f.:  scio  volgum  haue  rem  . .  Traiaui 
putare;  sed  neqiie  in  vita  eins  id  Marias  Maximus  ita  exposuit  neqne  Fa- 
bius  Marcellinus  (vgl.  A.  5)  neque  Aurelius  Veras  neque  Statins  Valens, 
qui  omnem  eius  vitam  in  litteras  miserunt.  contra  autem  et  Septimius 
(qui  vitam  eius  non  mediocriter  executus  est  ib.  17,  2)  et  Acholins  et  En- 
colpius  (ib.  17,  1)  vitae  (des  Alexander  Sev.)  scriptores  ceterique  de  hoc 
(Alex.)  talia  praedicaverunt.  Dazu  ib.  37,  9:  ne  longum  sit  omnia  in- 
serere  quae  Gargilius  (vgl.  A.  14)  eius  temporis  (des  Alex.)  scriptor  sin- 
gillatim  persecutus  est.    Auch  vgl.  oben  357,  10. 

11.  Lamprid.  Diadum.  9,  2:  Lollius  Urbicus  in  historia  temporis  sui 
dicit  etc. 

12.  Capitol.  Gordian.  21,  5:  lectum  apud  Volcatium  Terentianum, 
qui  et  ipse  historiam  sui  temporis  scripsit,  . .  Gordianum  seniorem  Aa- 
gusti  voltum  repraesentasse  etc.  Gräfenhan,  Gesch.  d.  dass.  PhiloL  IV. 
S.  302  f.  identifidert  ihn  (oder  den  Volc.  Gallicanus)  mit  dem  Volcatios 
welcher  Commentare  in  orationes  Ciceronis  verfasste  (Hieron.  apoL  c. 
Rufin.  I,  16). 

13.  Lactant.  inst.  div.  I,  21  (p.  52  Fri.):  Pescennius  Festus  in  übris 
historiarum  per  saturam  refert  Carthaginienses  Satumo  humanas  hostias 
solitos  immolare  etc. 

14.  Ein  GargiUus  Martialis  (s.  A.  5  u.  10)  wird  auch  von  Palladios 
(Mart.  9,  9:  haec  onmia  G.  M.  asseruit)  als  scriptor  rei  rusticae  auf- 
geführt; vgl.  Martialis  ib.  lan.  15,  10.  19.  Mart.  10,  5.  16.  34.  Apr.  3,  5. 
Mai.  6.  lun.  5,  2.  Oct.  12,  5.  7.  Dec.  4,  1.  Ang.  Mai  hat  aus  einer 
Bobbio^schen  und  einer  vaticanischen  Handschrift  grössere  Theile  eines 
derartigen  Werkes  (de  hortis)  herausgegeben,  Class.  auctores  e  codi 
vatt.  I.  p.  391  ff.  HI.  p.  416  ff.  (wiederholt  1846).  Damach  M.  G.  quae 
supersunt,  Lüneburg.  1832.  Curae  boum,  ex  corpore  Gargilii  Martialis, 
Beitrag  zur  landwirtschaftl.  Thierheilkunde,  von  Chr.  Th.  Schach,  Donao- 
eschingen  1857.    47  S.    8. 

15.  Aus  der  Mitte  dieses  Jahrh.  war  wohl  die  Karte  von  welcher 
die  tabula  Peutingeriana  eine  Copie  ist;  s.  oben  S.  76  (A.  2). 

359.  Wie  Minucius  Felix  und  TertuUian  war  auch  der 
Bischof  von  Karthago,  Thascius  Caecilius  Cyprianus  (um  200 
— 258),  rhetorisch  gebildet.  Er  hat  nicht  die  Originalität,  Frucht- 
barkeit und  Lebendigkeit  des  von  ihm  bewunderten  Tertullianus, 
aber  er  ist  klarer  und  correcter,  seine  Darstellung  ebenmässiger 
und  gefalliger.  Reichliche  Anführungen  aus  den  heiligen  Büchern 
verleihen  seinen  Schriften  einen  specifischer  christlichen  Charak- 
ter, und  ihr  Freibleiben  von  Häretischem  verschaffte  ihnen  ein 
langdauemdes  Ansehen.  Seine  Schriften  sind  theils  apologetisch, 
theils  praktisch  paränetischen  Inhalts.  Für  die  Zeitgeschichte 
sind  besonders  seine  Briefe  von  Wichtigkeit.  Um  dieselbe  Zeit 
schrieb  in  Rom  Novatianus,  welcher  gleichfalls  den  Tertul- 
lian  benützte. 


359.    Cyprianus.  793 

1.  Hieron.  vir.  ill.  67:  Cyprianus  Afer  primum  gloriose  rheto- 
ricam  docuit,  exinde  suadente  presbytero  Caecilio,  a  quo  et  cognomen- 
tum  sortitus  est,  christianus  factus  omnem  substantiam  suam  pauperibus 
erogavit  ac  post  non  multum  temporis  electus  in  presbyterum  etiam  epi- 
Bcopus  Carthaginiensis  constitutus  est  (J.  248).  huius  ingenii  superfluum 
est  indicem  texere,  cum  sole  clariora  sint  eius  opera.  passus  est  (durch 
Enthauptung)  sub  Valeriano  et  Gallieno  principibus  (a.  Abr.  2272  ==>  258 
n.  Chr.  nach  Amand.,  2273  =  259  nach  den  übrigen  Hdss.  von  Hieron. 
chron.),  persecutione  octava,  eodem  die  quo  Romae  Cornelius  (XVIII  Kai. 
Oct.),  sed  non  eodem  anno.  68:  Pontius,  diaconus  Cypriani,  usque  ad 
diem  passionis  eius  cum  ipso  exilium  sustinens,  egregium  volumen  vitae 
et  passionis  Cypriani  reliquit.  Er  hatte  ihn  nämlich  J.  250  auf  seiner 
Flucht  vor  der  Verfolgung  unter  Decius  (der  siebenten)  begleitet.  Die 
den  Namen  des  Pontius  tragende  Schrift  (in  den  meisten  Ausg.  des  Cy- 
prian)  de  vita  et  passione  S.  Cypriani  ist  mindestens  stark  interpoherfc. 
KtrxQiavov  ayiov  avdga  fidXiaxce  ndvzoav  ot  KaQxrjdovioi  aißovrai  und 
feiern  ihm  ein  Jahresfest,  KvnQiavdj  Prokop.  Yand.  I,  21. 

2.  Cyprians  Schriften:  De  gratia  dei;  De  idolorum  vanitate 
(Hieron.  epist.  70,  5.  p.  429  f.  Vall.:  Cyprianus  quod  idola  dii  non  sunt 
qua  brevitate,  qua  historiarum  omnium  scientia,  quo  cum  verborum  et 
seusuum  splendore  perstrinxit!  Doch  ist  der  Octavius  und  das  Apologeti- 
cum  darin  stark  ausgebeutet);  Testimoniorum  adversus  ludaeos  libri  III; 
De  habitu  virginum  (nach  Tertullian's  Schrift);  De  unitate  ecclesiae;  De 
lapsis;  De  oratione  dominica;  De  mortalitate;  De  exhortatione  martyrii 
(gleichfalls  nach  TertuUian  gearbeitet);  Ad  Demctnanum  (vgl.  Lactant. 
inst,  y,  4);  De  opere  et  eleemosynis;  De  bono  patientiae  (Abklatsch  von 
Tertull.  de  pat.);  De  zelo  et  livore;  endlich  81  Briefe.  Merkwürdig  ist 
auch  das  Protokoll  über  die  Provinzialsynode  zu  Carthago  J.  256  (de 
haereticia  baptizandis) ,  in  Harteis  Ausg.  I.  p.  435—461. 

3.  Lactant.  inst.  div.  V,  1  (p.  230  f.  Fri.):  unus  igitur  (vgl.  oben 
351,  2)  praecipuus  et  clarus  extitit  Cyprianus,  quoniam  et  magnam  sibi 
gloriam  ex  artis  oratoriae  professione  quaesierat  et  admodum  multa  con- 
scripsit  in  suo  genere  miranda.  erat  enim  ingeuio  facili,  copioso,  suavi 
et,  quae  sermonis  maxima  est  virtus,  aperto,  ut  disceniere  non  queas 
utrumne  ornatior  in  eloquendo  an  fadlior  in  explicando  an  potentior  in 
persuadendo  fuerit.  hie  tamen  placere  ultra  verba  sacramentum  ignoran- 
tibus  non  potest,  quoniam  mystica  sunt  quae  locutus  est  et  ad  id  prae- 
parata  ut  a  solis  fidelibus  audiantur;  deniqne  a  doctis  huius  saeculi  quibus 
forte  scripta  eius  innotuerunt  derideri  solet.  audivi  ego  quendam  homi- 
uem  sane  disertum  qui  eum  immutata  una  littera  Copreanum  vocaret, 
quasi  qui  elegans  Ingenium  et  melioribus  rebus  aptum  ad  aniles  fabulas 
contulisset.  Hieron.  Ep.  58,  10  (p.  326  Vall.):  Tertullianus  creber  est  in 
sententiis,  sed  difQcilis  in  loquendo;  beatus  Cyprianus  instar  fontis  puris- 
simi  dulcis  incedit  et  placidus.  84,  2  (p.  523  Vall.):  beatus  Cyprianus 
Tertulliano  magistro  utitur,  ut  eius  scripta  probant.  Vgl.  de  vir.  ill.  53: 
vidi  ego  quendam  Paulum'Concordiae,  quod  oppidum  Italiae  est,  senem 
qui  se  beati  Cypriani  iam  grandis  aetatb  notarium^  cum  ipse  admodum 
esset  adolescens ,  Romae  vidisse  diceret  referreque  sibi  solitum ,  numquam 


794  ^i^  Kaiserzeit.    Drittes  Jahrhundert. 

Cjprianum  absque  Tertulliani  lectione  unum  diem  praeterisse  ac  sibi  crebro 
dicere  'Da  magistram!'  Tertullianum  videlicet  significauB. 

4.  Ausgaben  der  Werke  des  Cjpr.  von  Des.  Erasmus  (BasiL  1520 
fol.  und  sonst),  J.  Pamelius  (cum  adnot.,  Antverp.  1568  fol.  und  sonst), 
N.  Rigaltius  (ill.  observ.,  Paris.  1648  fol.  und  sonst),  St.  Baluzius  (beendigt 
von  dem  Mauriner  Prudentius  Maranus,  Paris  1726  fol.  Yen.  1728.  1758  fol.)t 
Fr.  Oberthür  (Würzburg  1782.  2  Voll.),  Migne  (Patrolog.  curs.  IV,  Paris 
1844),  J.  G.  Erabinger  (recogn.  et  adn.  crit  instr.,  Tubing.  1853.  1859. 
2  Voll.;  enth.  nur  die  Hauptabhh.),  W.  Hartel  (rec.  et  comm.  crit.  in- 
struxit,  2  Voll.  Wien  1868.  1870).  Die  Schrift  de  unitate  eccl.  ad  opt  libr. 
fid.  expr.  . .  M.  F.  Hyde,  Buckington  1853.  Auserlesene  Schriften,  über- 
setzt von  Erabinger,  Augsburg  1848. 

5.  H.  Dodwell,  dissert.  Cjprianicae,  1684.  4.  B.  Ceillier,  bist.  g^n^. 
des  auteurs  s.  et  eccl.  III  (Paris  1732)  p.  1  —  224.  P.  G.  Lumper,  bist 
theolog.  crit.  XI.  (August.  1790)  p.  58  fif.  F.  W.  Rettberg,  Th.  C.  Cypr. 
dargestellt  nach  seinem  Leben  und  Wirken,  Götti.  1831.  Ueber  den  (pro- 
blematischen) Antheil  des  Cypr.  an  der  Sammlung  der  notae  tironianae 
vgl.  W.  Schmitz  in  der  symb.  philol.  Bonn.  S.  540—543. 

6.  Hieronym.  vir.  iU.  70:  Novatianus  Romanae  urbis  presbyter 
ad  versus  Comelium  (J.  250)  cathedram  sacerdotalem  conatus  invadere 
Novatianorum  quod  graece  dicitur  Kad'aQcov  dogma  constituit,  nolens 
apostatas  recipere  poenitentes.  huius  auctor  Novatus  Cypriani  presbyter 
fuit  (vgl.  Hier,  zu  Euseb.  chron.  2269  =  225  n.  Chr.:  Novatus  presbyter 
Cypriani  Romam  veniens  Novatianum  et  ceteros  confessores  sibi  sodat, 
eo  quod  Cornelius  poenitentes  apostatas  recepi^set).  scripsit  autem  De 
pascha,  De  sabbato.  De  drcumcisione,  De  sacerdote.  De  oratione,  De  dbis 
iudaicis,  De  instantia,  De  Attalo,  mnltaque  alia,  et  De  trinitate  grande 
Volumen,  quasi  initoiiiqv  operis  Tertulliani  faciens,  quod  plerique  nescien- 
tes  Cypriani  existimant.  Hieron.  Ep.  10,  3  (p.  24  Vall.)  erbittet  sich  epi- 
stolas  Novatiani,  ut  dum  schismatici  hominis  venena  cognoscimus  libentius 
sancti  martyris  Cypriani  bibamus  antidotum.  Vgl.  noch  Cyprian.  Epist  60. 
Euseb.  bist.  eccl.  VI,  43.  R.  Ceillier  (vgl.  Anm.  5)  UI.  p.  290—296.  Die 
Schriften  de  trinitate  und  De  cibis  iud.  epistola  sind  erhalten  und  vielen 
Ausgaben  des  Tertullian  und  des  Cyprian  (z.  B.  von  Oberthür)  angehängt 
Selbständig  von  Ed.  Weichmann  (Oxon.  1724)  und  Jackson  (London  1728). 
In  Migne's  Patrologiae  cursus  III  (1844)  p.  885—970.   Vgl.  ib.  p.  861—884. 

360.  An  Männern  welche  die  gebundene  Form  mit  Kmist 
handhaben  fehlt  es  der  Zeit  nicht;  nur  verstehen  sie  nicht 
immer  Form  und  Inhalt  in  Einklang  zu  bringen.  So  erzählte 
Alfius  Avitus  die  römische  Geschichte  in  iambischen  Dimetern 
und  verfasste  Marianus  in  demselben  Masse  Lupärcalia.  Aber 
Septimius  Serenus  wusste  in  seinen  Opuscula  (ruralia)  viele 
metrische  Formen  der  Griechen  mit  Geschick  und  Anmut  nach- 
zubilden. Das  auf  uns  gekommene  Lehrgedicht  des  Q.  Serenus 
Sammonicus   De   medicina   praecepta;   in  1115  Hexameteni; 


359  f.    SeptimiuB  Serenus  u.  a.  Dichter.  795 

behandelt  zwar  einen  wenig  geeigneten  Stoff  in  rhetorischer 
Weise,  folgt  jedoch  in  der  Verstechnik  den  besten  Mustern. 
Ein  fruchtbarer  Versemacher  war  in  dieser  Zeit  der  ältere  Gor- 
dianus  mit  seiner  Antoninias. 

1.  Terentianus  2446  —  2451  vom  iambischen  Dimeter:  plerumque 
nee  Carmen  modo  sed  et  volumen  explicat,  ut  pridem  Avitas  Alfius 
libroB  poeta  plusculoa,  usus  dimetrp  perpeti,  conscribit  Excellentium.  Drei 
Dimeter  ans  dem  ersten  Buche  von  Alpbius  Avitas  ExccUentiam  in  einem 
Theile  der  Hdss.  von  Prisdan.  lY,  29  (p.  134,  3  Htz.);  aus  dem  zweiten 
sechs  Diflffeter  ib.  VIII,  71  (p.  426  f.),  vgl.  p.  409  und  II.  p.  233  (spatiandö) ; 
zwei  ib.  XII,  23  (I.  p.  591).  Daraus  in  den  Sammlungen  (Anthol.  lat.) 
von  Burmann  und  von  Meyer.  Wemsdorf  poetae  lat.  min.  p.  XXXI— XXXUI. 
L.  Müller  de  re  metr.  p.  102  f. 

2.  Fünf  iambische  Dimeter  von  Marianus  Lupercaliorum  poeta  bei 
Philargyr.  (und  Serv.)  zu  Verg.  Ecl.  1,  20.  Vgl.  L.  Müller  de  re  metr. 
p.  103. 

3.  Terentian.  1891  — 1900:  dulcia  Septimius  qui  scripsit  opuscula 
nuper  ancipitem  tali  cantavit  carmine  lanum  etc.  1973—1982:  nemo  tameu 
culpet  si  sumo  exempla  novella;  nam  et  melius  nostri  servarunt  metra 
minores.  Septimius,  docuit  quo  ruris  opuscula  libro,  hoc  genere  adsidue 
cecinit.  .  .  sie  hepbthemimeres  servavit  carmine  utroque.  1991 :  ultima 
quae  metro  fuit  hoc  inventa  Sereni.  2627—2630:  hoc  de  Septimii  potes 
inuctis  noscere  versibus.  Beispiele  kunstreicher  metrischer  Gebilde  des 
Serenus  bei  Diomedes  p.  511.  513  (vgl.  Martian.  Cap.  V,  518).  514.  517. 
618  K.  Andere  bei  Nonius  (z.  B.  p.  539  M.:  Serenus  opusculo  lib.  I;  p.  210 
Ser.  opusculis,  dagegen  p.  214  Ser.  Ruralibus),  Servius  u.  a.  Zusammen- 
stellung der  Ueberreste  bei  Wemsdorf  poetae  lat.  min.  II.  p.  279 — 291. 
L.  Müller  de  re  metr.  p.  97  f.  Das  was  Terentian.  1998  als  docta  Pha> 
lisca  bezeichnet  schreibt  Mar.  Vict.  p.  2578  missverständlich  (L.  Müller, 
Rhein.  Mus.  XXV.  S.  338 — 342)  dem  Septimius  Serenus  zu.  Uebrigens 
erneuerte  Sept.  Ser.  die  von  Annianus  (oben  331,  3)  aufgebrachte  Gattung; 
vgl.  Serv.  de  cent.  metr.  p.  465  K.  (T.  IV) :  docta  falisca,  Serene,  reparas. 
Ihn  meint  wohl  auch  Sidon.  Ap.  carm.  IX,  260  (Stella  et  Septimius  Petro- 
niusque),  vgL  ad  Polem.  (oben  352,  4),  sowie  Hieronym.  ep.  53  (p.  279  Vall.): 
Catullus  et  Serenus.  üeber  Sept.  Ser.  vgl.  Wemsdorf  1.  1.  p.  247 — 253. 
C.  Lachmanns  Terentianus  p.  XII — XV.  L.  Müller  metr.  p.  97:  et  nume- 
rorum  elegautia  et  sensuum  proprietate  excelluit.  quare  abstrusa  quaedam 
et  contorta  imitationi  veterum  et  imbecillitati  saeculi  facile  condonabuntur. 
Vgl.  Rhein.  Mus.  XXV.  S.  343  f.  Das  Tändehide  das  er  manchmal  hat 
war  durch  die  Künstlichkeit  der  Metren  mitbedingt. 

4.  Lamprid.  Alex.  30,  2:  latina  cum  legeret  non  alia  magis  legebat 
quam  de  officiis  Ciceronis  et  de  rep.,  nonnumquam  et  oratores  (oder  ora- 
tiones)  et  poetas,  in  quis  Serenum  Sammonicum,  quem  ipse  noverat 
et  düexerat,  et  Horatium.  Vgl.  Capitol.  Gord.  (iun.)  18,  2  (oben  352,  4). 
Da  der  Vater  (352,  4)  niemals  als  Verfasser  von  Poetischem  genannt  wird 
und  Alexander  erst  7  Jahre  alt  und  noch  nicht  in  Rom  war  als  derselbe 
getödtet  wurde,  so  ist  die  Stelle  des  Lamprid.  und  damit  das  Lehrgedicht 


796  I^i^  Kaiscrzeit.    Drittes  Jahrhuudert. 

eher  auf  den  Sohn  zu  beziehen.  Dieser  müsste  dann  vor  Alexander,  also 
vor  235,  gestorben  sein.  Der  Vater  hätte  das  Lehrgedicht  auch  wohl  mit 
mehr  Gelehrsamkeit  ausgestattet.  Die  Angaben  desselben  lassen  sich  fast 
alle  aus  Plinius  nachweisen,  neben  welchem  nur  Dioskorides  ksqI  vZijc 
largiTi^g  und  nsgi  (thtogiarmv  (pagfiocTKov  benützt  ist.  Eigene  Sachkennt- 
niss  verräth  der  Verfasser  nirgends,  desto  mehr  Aberglauben,  in  Mitteln 
wie  das  Umhängen  eines  mit  Abracadabra  beschriebenen  Papiers  (944 — 949), 
urina  canis  (1104)  u.  dgl.  Genannt  werden  Ennius  (oben  89,  6),  der  To- 
gatendichter  Titinius  (oben  101,  2),  Horaz  (533:  quodque  satis  melius  ver- 
bis  dicemus  Horati),  Livius  (728  f.:  tertia  namque  Titi  slmul  et  centesima 
Li  vi  Charta  docet  etc.).  Die  Phraseologie  ist  aus  Vergil,  Horaz,  j;heil  weise 
auch  Lucretius,  entnommen.  Zu  Anfang  obligate  Anrufung  des  Phöbus 
für  salutiferum  quod  pangimus  . .  Carmen  (4);  vgl.  v.  397  f.:  dis  ista  re- 
quirat,  at  nos  pauperibus  praecepta  feramus  amica.  Aehnlich  523—526. 
Begonnen  wird  mit  Mitteln  für  Uebel  des  Kopfes  (celsa  de  corporis  arce,  3), 
geschlossen  (falls  das  Gedicht  vollständig  ist)  mit  Mitteln  gegen  Warzen. 
In  den  älteren  Ausgaben  ist  das  Gedicht  in  65  Capitel  eingetheilt.  In 
Bezug  auf  Synalöphe  und  Cäsur  werden  strenge  Gesetze  befolgt,  die  nur 
selten  zu  Gunsten  technischer  Ausdrücke  durchbrochen  werden;  dagegen 
941  ff.:  mortiferum  magis  est  quod  Graecis  i^fiitgiTaiov  volgatnr  verbis; 
hoc  nostra  dicere  lingua  non  potuere  ulli,  puto,  nee  voluere  parentee. 
Das  Ganze  ist  mehr  die  Spielerei  eines  formgewandten  jüngeren  Mannes 
als  eine  ernsthafte  Arbeit. 

5.  Handschriften:  Turicensis  saec.  IX  oder  X  (F.  A.  Beuss,  lect.  Sam- 
mon.  part.  I.  Würzburg  1836.  4.),  eine  Paderbomer  saec  XIII,  Breslauer 
(Ch.  G.  Grüner,  variae  lectt.  in  Q.  S.  S.  ex  cod.  vratisl.  decerptae,  Jena 
1782.  4.),  Leipziger.  Editio  princeps  s.  1.  et  a.  (Mailand  vor  1484).  Son- 
stige Ausgaben  von  G.  Humelberg  aus  Ravensburg  (Tigur.  1540.  4.  1581.  4.), 
R.  Keuchen  (Amstelod.  1662.  1706),  J.  Ch.  G.  Ackermann  (Lips.  1786). 
Oefters  mit  Celsus  und  in  Sammelwerken,  wie  Burmanns  poetae  lat.  min. 
II.  p.  185  ff.,  W.  E.  Webers  corpus  poetar.  lat.  p.  1174—1188,  vgl.  p.  LXl 
-LXUI. 

6.  J.  B.  Morgagni  epistolae  duae  in  Serenum  Sam.  z.  B.  in  dessen 
Opusc.  miscell.  (Neapel  1763.  4.)  I.  p.  191—226.  Thierfelder,  des  Q.  S.  S. 
medicinisches  Lehrgedicht,  in  Küchenmeisters  Ztschr.  f.  Medidn  Y,  2  (1866). 
Choulant,  Bücherkunde  der  alt.  Med.  (Leipz.  1841)  S.  210—212.  E.  Meyer, 
Geschichte  der  Botanik  IL  S.  209  —  217. 

7.  D.  Caelius  Balbinus,  Cos.  II.  J.  213,  nach  dem  Tode  des  älteren 
Gordianus  vom  Senat  mit  Maximus  Pupienus  zum  Kaiser  ernannt,  aber 
sehr  bald  mit  diesem  von  den  Prätorianern  erschlagen  (J.  238) ;  s.  Pauly's 
Real-Enc.  I,  2.  S.  2243  f.  Nr.  4.  Capitol.  Max.  et  Balb.  7,  5:  eloquentia 
clarus,  poeta  inter  sui  temporis  poetÄS  praedpuus.  Vgl.  ib.  2,  7:  vitae, 
quam  a  prima  aetate  in  studiis  semper  ac  litteris  tenuit. 

8.  Capitol.  Maximin.  27,  6 :  Toxotius  . .  Senator,  qui  perit  post  prae- 
turam,  cuius  etiam  poemata  extant. 

9.  lieber  die  Verse  von  Macrinus,  Albinus  und  Gordianus  (Antoni- 
nias)  s.  oben  353,  2.  3.  7. 


*    360  f.    Serenus  Sammonicus.    Commodianus.  797 

10.  Frühestens  dieser  Zeit  gehört  wohl  der  Albinus  an  aus  dessen  Re- 
rum  romanarum  primo  Friscian.  YIl,  2  (p.  304  H.)  drei  Hexameter  an- 
führt, worin  cui  zweimal  als  lambas  gebraucht  ist.  Vgl.  L.  Müller  metr. 
p.  270. 

361.  Eine  eigenthümliche  Gestalt  ist  Commodianus  aus 
Gaza,  von  welchem  wir  zwei  Gedichte  besitzen ,  erfüllt  von  einem 
w^nn  auch  nicht  ganz  dogmatisch  correcten  christlichen  Eifer, 
und  dabei  in  Hexametern  gehalten  welche  aller  Metrik  imd  Pros- 
odie  spottend  nach  dem  blosen  Gehöre  und  volksmässiger  Be- 
tonung gebaut  sind.  Das  ältere  von  beiden,  die  ums  J.  238 
verfassten  Instructiones,  fügt  zu  dieser  Barbarei  noch  die  einer 
akrostichischen  Anlage.  Das  Carmen  apologeticum  aber,  vom 
J.  249,  hat  jene  Grille  aufgegeben  und  entwickelt  um  so  grösse- 
ren Wortreichthum. 

1.  Gennadius  de  scriptor.  eccl.  15:  Commodianus  dum  Inter  saecu- 
lares  litteras  etiam  nostras  legit  occasionem  accepit  fidei.  factus  itaque 
christianus  .  .  scripsit  mediocri  sermone  quasi  versu  librum  adversus  pa- 
ganos.  et  quia  parum  nostrarum  attigerat  litterarum  magis  illorum  de- 
struere  potuit  dogmata  quam  nostra  firmare.  Instr.  80  hat  die  Ueber- 
schrift  Nomen  Gazaei  (aus  Gaza  im  palästinischen  Syrien)  und  bildet,  die 
Anfangsbuchstaben  von  hinten  gelesen,  die  Worte  Commodianus  mendicus 
Christi.  Praef.  4  ff.:  ego  similiter  erravi  tempore  multo,  fana  prosequendo, 
parentibus  insciis  ipsis  abstuli  me  tandem  inde,  legendo  de  lege.  .  .  ob 
ea  perdoctus  ignaros  instruo  verum.  Apolog.  3  f.:  errabam  ignarus  spa- 
tians,  spe  captus  inani,  dum  furor  aetatis  primae  me  portabat  in  auras. 
(11  ff.)  aggressusque  fui  traditor  in  codice  legis,  quid  ibi  rescirem.  statim 
mihi  lampada  fulsit,  . .  et  ideo  tales  hortor  ab  errore  recedaut.  In  beiden 
Gedichten  derselbe  Patripassianismus  und  Chiliasmus.  Instr.  40,  10:  ipse 
deus  vita  est,  pependit  ipse  pro  nobis;  vgl.  apolog.  763  f.:  unus  est  in 
coelo  deus  coeli,  terrae  marisque,  quam  Moises  docuit  ligno  pendere  pro 
nobis.  Instr.  80,  6  ff.:  hoc  placuit  Christo,  resurgere  mortuos  imo  .  .  sex 
milibus  annis  completis,  mundo  finito ;  vgl.  apol.  783  f. :  sex  milibus  annis 
pervenient  ista  repletis;  .  .  tunc  homo  resurget  etc.  Auch  der  sprachliche 
Ausdruck  und  der  Versbau  ist  in  beiden  Gedichten  derselbe;  nur  zeigt 
das  Carmen  apol.  in  letzterer  Hinsicht  einigen  Fortschritt,  indem  verhält- 
nissmässig  häufiger  ein  correcter  Hexameter  sich  unter  die  barbarisch 
gebauten  verirrt,  in  den  ersten  100  Versen  achtmal  (v.  15,  17,  24,  44  f., 
49,  89,  97).  Instr.  kennen  (acr.  41  f.)  nur  Einen  Antichrist  (Belial),  das 
Carmen  aber  zwei  (Nero  und  der  Mann  aus  dem  Osten,  je  3V2  Jahre). 
A.  Ebert  S.  414—419. 

2.  Die  Instructiones  bestehen  aus  80  Gedichten  von  verschiedenem 
Umfang,  je  nach  dem  Thema  das  sie  akrostichisch  behandeln,  z.  B.  prae- 
fatio;  de  fulmine  ipsius  levis;  de  septizonio  et  stellis;  Apollo  sortilegus 
falsus;  Hercules;  de  Ammudate  et  deo  magno;  repugnantibus  adversus 
legem  Christi  dei  vivi;  item  gentilibus  iguaris,  qui  iudacidiaut  fanatici; 


798  ^i6  Kaiserzeit.    Drittes  Jahrhundert 

de  populo  absconso  sancto  omnipotentis  Christi  dei  vivi  etc.  Die  erste 
Hälfte  (acr.  1—45]  beschäftigt  sich  vorzugsweise  mit  den  Heiden,  acr.  37 
— 40  mit  den  Juden,  41—45  Weltende  und  Auferstehung;  46 — 80  wenden 
sich  an  die  Christen,  Eatechumenen  und  Geistliche.  Bekanntschaft  mit 
den  früheren  apologetischen  Schriften  (oben  350  f.)  ist  unverkennbar.  Für 
den  Zwang  den  sich  der  Verf.  durch  die  wunderliche  akrostichische  An- 
lage anthut  entschädigt  er  sich  reichlich  durch  den  über  Stock  und  Stein 
hinwegsetzenden  Bau  seiner  Verse.  Zur  Abfassungszeit  vgl.  6,  2  f.:  cor 
annis  ducentis  (seit  Christi  Tod)  fuistis  iufantes?  Dodwell,  diss.  de  Com- 
modiani  aetate,  an  dessen  annales  Quintil.  (Oxon.  1698)  und  in  der  Ausg. 
von  Schurzfleisch.  A.  Ebert  S.  417.  Ausgaben  von  N.  Bigaltius  (Tulli 
Leuc.  1650.  4),  H.  L.  Schurzfleisch  (Vitemberg.  1704.  4.),  in  Migne's  Fa- 
trologiae  cursus  .III  (Paris  1844)  p.  202—262,  und  an  Fr.  Oehler's  Minuc 
Felix. 

3.  Das  Carmen  apologeticum  adversus  ludaeos  et  gentes  ist  aus 
einem  cod.  in  Middle-Hill  saec.  VIII  abgedruckt  bei  J.  B.  Pitra,  spid- 
legium  Solesmense  I  (Paris  1852)  p.  21—49.  Vgl.  p.  537—543  und  p.  XVI 
— ^XXV.  Im  Ganzen  sind  es  1054  Verse,  von  denen  aber  die  letzten  30  in 
der  Handschrift  trümmerhaft  und  unleserlich  sind.  Am  Schlüsse:  explicit 
tractatus  sancti  episcopi  Commodiani  (Archives  des  missions  IV,  3.  p.  97). 
Zeitandeutung  v.  798  ff.:  sed  quidam  haec,  aiunt,  quando  haec  (Welt- 
ende) Ventura  putamus?  (800)  multa  quidem  signa  fient  tantae  termini 
pesti,  sed  erit  initium  septima  persecutio  nostra  (nach  Augustin.  civ.  d. 
XVUI,  52  die  des  Decius).  ecce  ianua  pulsatur  et  cogitur  esse  (?)  quae 
cito  traiciet  Gothis  inrumpentibus  amnem  (die  Donau,  J.  250)  rex  Apolion 
erit  cum  ipsis,  nomine  dirus.  (806)  pergit  ad  Bomam  cum  multa  milia 
gentis  decretoque  dei  captivat  ex  parte  subactos.  (878  ff.)  haec  Nero  tum 
faciet,  . .  ut  urbs  et  populus  ille  cum  ipso  tradatur,  tollatur  Imperium 
quod  fuit  inique  repletum,  quod  per  tributa  mala  diu  maceraverat  omnes. 
Im  Hinblick  auf  diese  Nähe  des  Weltendes  werden  die  noch  Ungläubigen 
ermahnt  sich  bei  Zeiten  dem  Christenthum  zuzuwenden.  A.  Ebert,  Com* 
modians  carmen  apologeticum,  in  den  Abhandl.  d.  sächs.  Ges.  d.  W.  V 
(philol.  -  bist.  CL)  1868.  S.  387—420. 

4.  Die  Verse  des  Comm.  kehren  sich  weder  an  Hiatus  noch  an  Silben- 
messung, haben  sogar  vielfach  eine  falschbetonende  Aussprache  zur  Voraus- 
setzung (z.  B.  tollatur,  immites  als  Daktylus).  Durch  die  Willkürlichkeit 
der  Praxis  die  sie  befolgen  (denn  was  L.  Müller  de  re  metr.  p.  448  auf- 
stellt wird  nicht  wohl  für  Grundsätze  gelten  können)  sind  die  Verse  des 
Comm.  viel  schwieriger  zu  lesen  als  correct  gebaute,  zumal  da  die  Räthsel- 
haftigkeit  gesteigert  wird  durch  fremdartige  Formen  (wie  den  Sing,  milis 
und  den  Plur.  nuntia)  und  Constructionen. 

5.  Dieselbe  Ve^rbindung  von  akrostichischer  Anlage  mit  barbarischer 
Prosodie  und  Metrik  wie  die  Instr.  des  Comm.  (A.  2)  zeigt  auch  die 
Inschrift  des  L.  Praecilius  Fortunatus  aus  Cirta  bei  Renier,  Inscr.  de 
VAlg.  2074. 


361  f.    Commodianus.  —  üebersicht.  799 

2.   Zweite  HSlfte,  J.  258-805  n.  Chr. 

362.  Der  Beginn  dieser  Jahrzehnte  bildet  eine  8ch]imme 
Zeit  für  Italien  und  das  römische  Reich.  Im  Innern  verderb- 
liche Seuchen;  nach  Aussen  allenthalben  harte  BedrängnisS;  im 
Westen  durch  die  Franken,  im  Norden  durch  die  Alemannen, 
im  Nordosten  durch  die  Gothen,  und  im  Osten  durch  Sapor. 
Dazu  die  Regierung  in  den  Händen  des  unfähigen  Gallienus 
(218 — 268);  der  zuerst  mit  seinem  Vater  Valerianus  (J.  253 
—  260),  nach  dessen  Gefangennahme  durch  die  Perser  allein 
das  Scepter  führte  (J.  260 — 268);  dessen  Schlaffheit  bewirkte 
dass  viele  Befehlshaber  in  den  Provinzen  sich  für  selbsiändig 
erklärten  und  allgemeine  Verwirrung  und  Auflösung  herrschte. 
In  raschem  Wechsel  folgt  sich  eine  Reihe  von  Herrschern  thra- 
kischen  und  illyrischen  Ursprungs  und  durch  ihre  kriegerische 
Tapferkeit  emporgehoben,  manche  auch  sonst  tüchtig,  wie  Clau- 
dius (J.  268—270),  Aurelianus  (J.  270— 275),  Probus  (J.  276 
— 282).  Aber  keiner  regiert  lange  genug;  die  meisten  werden, 
wie  bisher,  von  dem  Heere  das  sie  emporgehoben  auch  er- 
schlagen. Endlich  ersteht  in  dem  dalmatischen  Sklavensohne 
Diocletianus  (J.  245 — 313;  reg.  284 — 305)  eine  bedeutende  or- 
ganisatorische Kraft.  Aber  wie  er  der  letzte  Kaiser  war  wel- 
cher triumphierte  und  welcher  consecriert  wurde,  so  endet  über- 
haupt mit  ihm  die  alte  Zeit,  das  Römerthum  und  das  römische 
Reich.  Waren  besonders  orientalische  Elemente  schon  bisher 
reichlich  in  alle  Lebensgebiete  eii^edrungen,  so  werden  jetzt 
auch  nordische  einflussreich.  Aeusserlich  bequemt  sich  alles 
der  herrschenden  Sprache  an,  und  lateinisch  schreibt  der  Syrer 
Commodianus  wie  in  Bithynien  Lactantius;  ebenso  in  den  fol- 
genden Zeiten  Ammianus  aus  Antiochia,  Claudianus  aus  Alexan- 
dria und  Priscianus  aus  Caesarea.  Aber  Form  wie  Inhalt  leidet 
unter  diesen  Einflüssen.  Die  Gebildeten  zwar  huldigen  einer 
geistlos  nachahmenden  Correctheit,  wie  Nemesianus  und  später 
Terentianus  Maurus;  bei  der  Masse  dagegen  greift  die  Barbarei 
immer  weiter  imi  sich,  und  die  Sprache  selbst  verarmt  und  ver- 
wildert Die  allgemeine  Gedrücktheit  lässt  nichts  Grosses  auf- 
kommen, weder  im  Guten  noch  im  Schlimmen.  Am  kläglich- 
sten sind  die  Jahrzehnte  vor  Diocletian.  Die  Jurisprudenz,  die 
bis  dahin  auf  der  Höhe  sich  gehalten,  verstummt  jählings,  haupt- 
sächlich wohl  weil  die  Codification  des  Edicts  keinen  eben- 
bürtigen Nachwuchs  aufkommen  Hess.     Den  Stand  der  Gelehr- 


3(X)  ^i^  Kaiserzeit.    Drittes  Jahrhundert. 

samkeit  veranschaulicht  der  geistlose  Epitomator  Solious.  Die 
Geschichtschreibung  schleppt  sich  in  ärmlichster  Weise  weiter. 
Die  Grammatik  vertritt  ein  Stümper  wie  Nonius  Marcellns.  Die 
Beredtsamkeit  zeigt  sich  in  bombastischer  Schmeichelei  gegen 
die  Herrscher;  von  Gallien  ausgehend  beginnen  die  Pan^yriker 
schon  in  dieser  Zeit. 

1.  Bahnbrechend  (bes.  für  die  Auffassung  Diocletians)  J.  Borckhardt, 
die  Zeit  Constantins  des  Grossen,  Basel  1853.  512  S.  Nachfolger:  Th.  Bern- 
hardt, Geschichte  Roms  von  Valerian  bis  zu  Diocletiaus  Tode  (253^313 
n.  Chr.).  I.  Politische  Geschichte  des  römischen  Reiches  von  Valerian  bis 
zu  Diocletians  Regierungsantritt  (253—284),  Berlin  1867.  318  S.  Th.  Preoss, 
Kaiser  Diocletian  und  seine  Zeit,  Berlin  1869.  182  S. 

2.  Trebell.  Poll.  GalHen.  11,  6—9:  fuit  Gallienus  ..  oratione,  poe- 
mate  atque  omnibus  artibus  clarus.  huius  illud  est  epithalamion  qaod 
inter  centum  poetas  praecipuum  fuit  nam  cum  fratrum  suorum  fiUos  iun- 
geret  et  onmes  poetae  graeci  latinique  epithalamia  dixissent,  idque  per 
dies  plurimos,  ille  . .  ita  dixisse  fertur  etc.  longum  est  eins  versus  ora- 
tionesque  conectere,  quibus  suo  tempore  tarn  inter  poetas  quam  inter 
rhetores  emicuit.  sed  aliud  in  imperatore  quaeritur,  aHud  in  oratore  vel 
poeta  flagitatur.  G.  Thomas,  über  das  Epithalamium  des  Gall.,  Sitzungs- 
berichte der  Münchener  Akad.  1863,  II.  S.  41  f.  Im  Allgemeinen  Th.  Bern- 
hardt (A.  1)  I.  S.  51  If. 

3.  Yopisc.  Car.  11:  Numerianus,  Cari  filius  (jüngerer  Bruder  de« 
Carinus)  . .  eloquentia  praepollens  (vgl.  7,  1 :  adulescentem  cum  lectissi- 
mum  tum  etiam  disertissimum) ,  adeo  ut  publice  declamaverit  feranturque 
illius  scripta  nobilia,  declamationi  tamen  magis  quam  tuUiano  adcommo- 
datiora  stilo.  versu  autem  t^Iis  fuisse  praedicatur  ut  omnes  poetas  soi 
temporis  vicerit.  nam  et  cum  Olympio  Nemesiano  contendit  .  .  et  Aure- 
lium  Apollinarem  iamborum  scriptorem,  qui  patris  eins  gesta  in  littenu 
rettulit,  isdem  quae  recitaverat  editis  veluti  radio  soUs  obtexit  huius 
oratio  fertur  ad  senatum  missa  tantum  habuisse  eloquentiae  ut  illi  statu« 
.  .  quasi  rhetori  decemeretur,  . .  cui  subscriptum  est:  Numeriano  Caesari, 
oratori  temporibus  suis  potentissimo.  Mit  seinem  Vater  Carus,  aus  Narbo, 
war  er  und  Carinus  Caesar  J.  282—284,  nach  jenes  Tode  ganz  kurze  Zeit 
August  US,  bald  aber  wurde  er  von  seinem  Schwiegervater  Arrius  Ap^ 
erschlagen,  Sept.  284.    Vgl.  Th.  Bernhardt  (A.  1)  I.  S.  245—263. 

4.  Vulgärmetrik  und  Vulgärlatein  nimmt  von  dieser  Zeit  an  aut 
den  Inschriften  überhand;  vgl.  oben  361,  5.  W.  Fröhner,  Philologus  XIII 
S.  170  ff.;  vgl.  XVI.  S.  719.  Namentlich  der  Casusgebrauch  geräth  in 
grosse  Verwirrung,  z.  B.  filias  fecerunt  (Reuier  863),  ob  meritis  (ib.  1769), 
cum  Albinium  coniugem  (ib.  2275),  per  lulio  Casto  fratre  (ib.  752). 

5.  Die  ausserrömischen  Redner  und  Stilisten  haben  ein  lebhaftes 
Gefühl  der  Schwierigkeiten  mit  denen  sie  zu  ringen  haben.  Panegyr. 
Constantin.  (VIII)  1,  2:  neque  ignoro  quauto  inferiora  siut  iugenia  nostra 
romanis.  siquidem  latine  et  diserte  loqui  illis  ingeneratum  est,  nobis  ela- 
boratum,  et  si  quid  forte  commode  dicimus  ex  illo  fönte  et  capite  facun- 
diae  iniitatio  nostra  derivat.    Pacat.  in  Theodos.  1,  3:   huc  accedit  auditor 


362  f.    Ueberaicht.  —  Nemeaianus.  801 

natuB,  cui  diffidle  Bit  . .  pro  ingenita  atque  hereditaria  orandi  facoltate 
>n  esse  fastddio  rädern  hunc  et  incultiun  transalpioi  sermonis  horrorem. 

6.  Verbreitung  des  Christenthums  auch  unter  den  Gebildeten.  Ar- 
3b.  II,  6:  tarn  magnis  ingeniis  praediti  oratores,  grammatici,  rhetoreB, 
>nsulti  iuris  ac  medici,  philosophiae  etiam  secreta  rimantes  magisteria 
aec  expetunt,  spretis  quibus  paulo  ante  fidebant.  Ein  Philosoph  welcher 
;u  Nikomedia,  also  wohl  griechisch}  gegen  das  Christenthum  schrieb  bei 
actant  inst.  Y,  2. 

a.   Die  Zeit  vor  Diocletian,  J.  253  —  284. 

363.  Zur  Zeit  von  Carus  und  seinen  Söhnen  verfasste 
I.  Aurelius  Olympius  Nemesianus  aus  Karthago  sein  Lehr- 
edicht über  die  Jagd  (Cynegetica) ,  von  virelchem  die  ersten 
25  Verse  auf  uns  gekommen  sind.  Sie  beviregen  sich  mit  Ge- 
randtheit^  Sicherheit  und  WortföUe  in  den  herkömmlichen  Ge- 
;isen.  Die  Technik  derselben  ist  in  allem  Wesentlichen  die- 
slbe  wie  in  den  von  dem  gleichen  Verfasser  herrührenden  vier 
Iklogen  welche  an  die  des  Calpumius  angereiht  sind. 

1.  Vopisc.  Car.  11,  2:  (Numerianus)  cum  Olympio  Nemesiano  con- 
mdit,  qui  *AXisvtiiioiy  Kvvrjystiiia  et  Navtitioc  scripsit  inque  (?)  Omnibus 
>lonis  illustratuB  emicuit.  Vgl.  oben  362,  3.  In  dem  einzig  erhaltenen 
ieser  drei  Lehrgedichte  wird  zuerst  ausführlich  dargelegt  dass  der  Verf. 
ijthische  Stoffe,  als  schon  viel  behandelt,  nicht  bearbeiten  wolle:  nos 
ütus  viridesque  piagas  camposque  patentes  scrutamur  (40  ff.)  etc.  talique 
lacet  dare  lintea  curae,  dum  nou  magna  ratis,  vicinis  sueta  moveri  litto- 
ibus,  . .  nunc  primum  dat  vela  notis  portusque  fideles  linquit  (58  ff.).  Für 
päter  stellt  er  (63  ff.)  den  Söhnen  des  Carus  Besingung  ihrer  Thaten  in 
.ussicht:  mox  vestros  meliere  lyra  memorare  triumphos  accingar,  divi 
)rti88ima  pignora  Cari,  atque  canam  nostrum  geminis  sub  finibus  orbis 
m  Norden  und  Osten)  litus  et  edomitas  fratemo  numine  gentes  etc.  haec 
obis  nostrae  libabunt  carmina  Musae  cum  primum  vultus  sacros  . .  con- 
igerit  vidisse  mihi  etc.  Das  Gedicht  ist  also  ausserhalb  Roms  und  nach 
em  Tode  des  Carus,  J.  284,  verfasst.  Die  Bezeichnung  der  Spanier  durch 
ens  ampl|t  iacet  trans  ardua  Calpes  culmina  (251  f.)  deutet  darauf  dass 
er  Verf.  in  Africa  schreibt,  wie  denn  N.  in  der  Hds.  des  Th.  Ugoletus 
)ben  289,  1)  poeta  carthaginensis  heisst.  Von  den  425  Hexametern  welche 
Uein  erhalten  sind  fallen  102  auf  die  Einleitung;  im  Weiteren  ist  nur 
on  den  Vorbereitungen  zur  Jagd,  insbesondere  den  Jagdhunden,  die  Rede. 
Vereinzelte  Archaismen  wie  mage  (317).  Häufige  Reminiscenzen  bes.  aus 
'^ergil.  Ueber  die  vier  Eklogen  des  N.  und  deren  Verhältniss  zu  seinen 
Syneg.  s.  oben  289,  1  und  3  —  6. 

2.  In  der  Zeit  des  Erzb.  Hinkmar  von  Rheims  diente  die  Schrift  als 
icholbuch  (puer  scholarius  in  libro  qui  inscribitur  Kynegeticon  Cartha- 
iniensis  Aurelii  didici).  In  den  Hdss.  und  Ausgaben  steht  sie  gewöhnlich 
lit  der  verwandten  Schrift  des  Gratius  zusammen;  s.  oben  237,  1.  In 
Vernsdorfs  poetae  latt.  min.  I.  p.  90— 120,  in  Webers  corpus  poett.  latt. 

Teuffcl,  Rom.  Literalarg'eschichte.  51 


802 


Die  Kaiserzeii    Drittes  Jahrhundert. 


p.  1189  —  1191.     Beiträge  zur  Textkritik  bei  M.  Haupt,  de  carmin.  buc. 
(Lipa.  1854.  4.)  p.  35  —  87. 

3.  Aus  einem  Lehrgedichte  über  den  Vogelfang  zwei  Bruchstücke 
von  28  Hexametern  bei  Wernsdorf  poet.  lat.  min.  I.  ^.  128  — 131.  Aber 
der  Ursprung  ist  apokryph,  und  wenn  auch  der  Archaismt(8~Contemplaverit 
(v,  3)  nicht  gegen  N.  spricht,  so  jedenfalls  der  Spondeus  gulae  (v.  28)  und 
die  Häufigkeit  der  Verschleifung  eines  langen  Vocals  (v.  ö,  6,  14,  27).  Sie 
sind  wohl  ein  Erzeugniss  der  neuereu  Zeit. 

4.  Der  Anfang  von  Halieutica  eines  unbekannten  Verfassers,  be- 
stehend aus  22  wohlgebauten  Hexametern  in  gehobener  und  gebildeter 
Sprache,  ist  durch  Zufall  in  Handschriften  des  Solinus  gerathen;  s.  Momm- 
sen  Solin.  p.  XXXIX  — XLI.  Wernsdorf  poetae  lat.  min.  I.  p.  153—157. 
161  —  163.    Vgl.  J.  Klein,  Rhein.  Mus.  XXII.  S.  627  f 

5.  Das  Lobgedicht  auf  Hercules  (137  Hexameter)  von  angenanntem 
Verfasser  das  sich  in  Hdss.  des  Claudianus  findet,  von  Wernsdorf  (poeta« 
latt  min.  I.  p.  275-282;  Text  p.  282—293)  aber  aus  unerheblichen  Grün- 
den dem  Nemesianus  zugetheilt  wurde,  könnte  nach  der  Eleganz  seiner 
Rhythmen  wohl  aus  dieser  Zeit  stammen.    L.  Müller  de  re  metr.  p.  57. 


364.  Die  Geschichte  der  Zeit  findet  eine  Reihe  von  Dar- 
stellern, für  welche  die  kurze  Dauer  der  einzehien  Regierungen 
günstig  gewesen  wäre,  wenn  es  nicht  den  meisten  an  innerer 
Unabhängigkeit  gefehlt  hätte.  Wir  kennen  sie  aber  nur  durch 
die  scriptores  historiae  augustae  welche  aus  ihnen  geschöpft 
haben.  Bedeutender  als  alle  war  jedenfalls  der  griechisch  schrei- 
bende Dexippus. 

1.  Vopisc.  Aurelian.  12,  4:  in  ea  re,  quam  fidei  causa  inserendsm 
credidi  ex  libris  Acholii,  qui  magister  admissionum  Valeriani  piincipis 
(J.  253—260)  fuit,  libro  Actorum  eins  nono.  Lamprid.  Alex.  64,  5:  qm  .. 
historicos  eins  temporis  legant  et  maxlme  Acholiam,  qui  et  itinera  hoias 
principis  scripsit.     Vgl.  ib.  14,  6.  48,  7  (oben  368,  10). 

2.  Trebell.  Valerian.  8,  2:    ut  Caelestinus  dicit. 

3.  Trebell.  Gallien.  18,  6:  quae  qui  volet  ecire  legat  Palforium  Sa- 
ram,  qui  ephemeridas  eins  vitae  composuit. 

4.  Trebell.  XXX  tyr.  6,  5:  satis  credimus  luli  Atheriani  partem  libri 
cuiusdam  ponere,  in  quo  de  Victorino  sie  loquitur.  Folgt  ein  freimütiges 
Urteil.    Vgl.  unten  366,  6. 

5.  Trebell.  XXX  tyr.  12,  3:  verba  Ballistae,  quantum  Maeonias 
Astyanax,  qui  consilio  interfuit,  adserit,  haec  fuerunt. 

6.  Trebell.  XXX  tyr.  15,  8  von  Zenobia:  mulier,  ut  Cornelias  Cs- 
pitolinus  adserit,  speciosissima. 

7.  Trebell.  XXX  tyr.  25,  2:  illibato  patrimonio,  quod  quidem  ad 
suos  posteros  misit,  ut  Dagellius  (?)  Fuscus  dicit. 

8.  Trebell.  Claud.  5,  3  f.:  et  hunc  (Aureolus)  tarnen  qoidam  histond 
laiidare  conati  sunt,  et  ridicule  quidem.    nam  Gallns  Antipater,  aocilla 


364  f.    Geschichtschreiber  vor  Diocletianus.    Aquila.  803 

honoram  et  historicorum  debonestamentum,  principium  de  Aareolo  babuit: 
venimus  ad  imperatorem  nominis  sui. 

9.  Vopisc.  Tacit.  11,  7:  si  quie  omnia  de  boc  viro  cupit  scire  legat 
Suetonium  Optatianum,  qui  eins  vitam  adfaiim  scripsit. 

10.  Vopisc.  Firm.  6,  2:  ea  quae  de  illo  (Pirmus)  Aurelius  Festivuß, 
libertus  Aureliani,  singillatim  rettalit  (lauter  res  leves)  si  vis  cognoscere 
eundem  oportet  legas. 

11.  Vopisc.  Aurelian.  1,  6  f.:  epbemeridas  illius  viri  (des  Aurelianus) 
scriptas  babemus,  etiam  bella  cbaractere  bistorico  digesta.  . .  quae  omnia 
ex  libris  linteis,  in  quibus  ipse  cotidiana  sua  scribi  praeceperat,  . .  condisces. 

12.  Vopisc.  Firm.  etc.  10,  4:  M.  Salvidienus  banc  ipsius  (Saturnini) 
orationem  vere  fuisse  dicit,  et  fuit  re  vera  non  parum  litteratus.  nam  et 
in  Africa  rbetoricae  operam  dederat  et  Bomae  frequentaverat  pergulas 
magistrales. 

13.  Vopisc.  Car.  4,  3:  Fabius  Ceryllianus,  qui  tempora  Cari,  Carini 
et  Numeriani  solertissime  persecutus  est. 

14.  Vopisc.  Car.  17,  7:  de  eins  luxuria  . .  quicumque  ostiatim  cupit 
noscere  legat  etiam  Fulvium  Asprianum  usque  ad  taedium  gestorum  eins 
universa  dicentem. 

15.  Vopisc.  Firm.  etc.  14,  4:  ut  Onesimus  dicit,  scriptor  vitae  Probi. 
Vgl.  ib.  13,  1.  Car.  4,  2  (0.,  qui  diligentissime  vitam  Probi  scripsit).  7,  3. 
16,  1.   17,  6. 

16.  P.  Herenniud  Dexippus  siegte  J.  269  über  die  Gothen.  Er 
war  (ijtmQ  aal  avyYQaq>svg  (C.  Inscr.  gr.  380).  Wir  baben  Nacbrichten 
über  seine  4  Bücber  toov  fisra  *AXiiavdQ0Vy  seine  übersicbtlicbe  JT^oytxj} 
iüTogia  vom  Anfang  bis  J.  268,  und  seine  £nv^i%d.  Vgl.  Westermann  in 
Pauly's  Beal-Enc.  II.  S.  987.  L.  Dindorf,  bist.  gr.  min.  I  (Lips.  Teubner 
1870)  p.  16Ö— 200. 

365.  Ungefähr  aus  dieser  Zeit  ist  der  Rhetor  Aquila  Ro- 
manus,  von  dem  wir  ein  mageres  und  flüchtig  geschriebenes 
Büchlein  De  figuris  sententiarum  et  elocutionis  besitzen,  an 
welches  später  Julius  Rufinianus  seine  ähnliche  Schrift  als  Er- 
gänzung anschloss. 

1.  Jul  Ruf.  beginnt:  hactenus  Aquüa  Romanus  ex  Alexandro  Nu- 
menio.  exinde  ab  eo  praeteritas,  aliis  quidem  proditas  (figuras),  sub- 
texuimus.  Aquila  widmet  seine  Scbrift  einem  Ungenannten,  den  er  im 
Eingang  so  anredet:  rbetoricos  petis  longioris  morae  ac  düigentiae  quam 
pro  angustüs  temporis,  quod  me  profecto  urget,  ideoque  postea  plenum 
boc  tibi  munus  reddemus.  in  praesenti  autem  nomina  ipsarum  figurarum 
cum  exemplis  (lateiniscben)  percurnsse  suffidat.  17:  bae  fere  sunt  ab 
elegantiasimis  electae  figurae  sententiarum.  quibus  si,  ut  adulescens  acer- 
rimo  ingenio,  utebaris  . .  ex  imitatione  lectionis  tullianae,  . .  nibil  miriim 
est.  Die  Scbrift  ist  vollständig  erbalten,  steht  aber  der  des  Rutilius  Lupus 
(oben  264)  an  Wertb  weit  nach.  Die  Spracbe  ist  bart,  nachlässig  und 
verstösst  vielfach  gegen  die  gute  Latinität. 

51* 


304  Die  Kaiserzeii    Drittes  Jahrhundert 

2.  Ausgaben  meist  an  denen  des  ButUius  Lupus,  wie  der  von  Bohnkcn 
(Lugd.  B.  1768)  p.  139  —  194.  In  C.  Halms  rhetores  lat.  min.  (Lips.  18^3) 
p.  22  —  37.  Beiträge  zur  Textkritik  von  J.  G.  Fröhlich  (in  Fleckeiseiu 
Jahrb.  89,  S.  208—211)  und  J.  Simon  (Philologus  XXVIII.  S.  628—647). 
Weusch,  de  Aquila  Romano,  Wittenberg  1861.  4.  (?). 

3.  Ueber  Saturninus  s.  364,  12. 

366.  Ungefähr  der  Mitte  des  dritten  Jahrhunderts  scheinen 
anzugehören  die  Grammatiker  und  Metriker  Juba  und  Sacerdos. 
Juba  hatte  sich  an  Caesius  Bassus  und  Heliodor  angeschlossen^ 
ist  uns  aber  nur  durch  Anführungen  Späterer  bekannt.  Sein 
Werk  wurde  benützt  von  Marius  Plotius  (Claudius)  Sacerdos, 
von  welchem  wir  eine  Ars  grammatica  in  drei  Büchern  besitzen, 
deren  drittes  die  Metrik  behandelt  und  viele  griechische  Beispiele 
enthält. 

1.  Mar.  Vict.  p.  127  G.:  luba  noster,  qui  inter  metricos  auctoritatem 
primae  eruditionis  obtinuit,  insistens  Ueliodori  (oben  329,  8)  vestigiis,  qm 
inter  Graecos  huiusce  artis  antistes  aut  primus  aut  solus  est.  Servius  Aen. 
y,  222:  secundum  lubam  artigraphum.  Die  Zeit  desselben  bestimmt  sich 
dadurch  dass  in  der  Anführung  aus  Juba  bei  Priscian.  de  metr.  Ter.  8 
(II.  p.  421  Htz.)  auf  einen  Vers  angespielt  ist  welcher  dem  Sept.  Sereniw 
oder  wohl  vielmehr  (s.  oben  360,  3)  dem  Annianus  angehört.  Er  ist  daher 
frühestens  ums  J.  200  zu  setzen.  Dazu  stimmen  auch  Wendungen  wie  in- 
tellegi  datur.  H.  Keil,  quaestiones  grammaticae  (lips.  1860)  p.  15— 2i. 
R.  Westphal,  griech.  Metrik  II,  2  (1865)  S.  146-149  =  I«  (1867)  S.  223  ff. 
Sammlung  der  Ueberreste  des  Juba  von  B.  ten  Brink  (lubae  Maorusii  de 
re  metrica  scriptoris  latini  reliquiae,  Utrecht  1854),  H.  Wentzel  (Symbolae 
criticae  ad  bist.  Script,  rei  metr.  lat.,  Breslau  1858,  p.  18 — 25]  und  H.  Keil 
(1.  1.  p.  19  fif.). 

2.  Anführung  aus  dem  vierten  Buche  der  Ars  des  Juba  bei  Rafio. 
p.  385  Gaisf.  (über  den  iambischen  Trimeter).  (luba)  in  octavo  bei  Pri- 
scian. IL  p.  420,  24  mit  der  Anm.  von  Hertz.  Für  die  einzelnen  Meiara 
hatte  Juba  zahlreiche  Beispiele  gegeben.  Benützt  wurde  sein  Werk  Ton 
Sacerdos  (A.  3  f.)  und,  wie  es  scheint,  von  Terentianus  (unten  372)  und  epi- 
tomiert  von  Marius  Victorinus.  Auch  für  Pseudo-Atilius  und  Diomedes, 
sowie  für  die  Metrik  in  Endlichers  Analecta  p.  521  diente  er  als  Quelle. 

3.  Grammat.  lat.  ed.  Putsch,  p.  2623  («»  Scriptores  rei  metr.  ed. 
Gaisford  p.  242):  Marius  Plotius  Sacerdos  composui  Romae  dooens  de 
metris.  Cum  de  institutis  artis  grammaticae  primo  libro  me  traetaTisse 
comperisset  vir  cl.  Uranius  nee  ei  displicuisset,  vel  quod  non  absurde  com* 
positus  vel  quod  ad  eins  filium  v.  cl.  mihi  contubemalem  aetate  paene 
studiisque  coniunctum  Gaianum  scriptus  esset,  compulit  ut  etiam  de  Do- 
minum verborumque  ratioue  nee  non  de  stmcturarom  compositioilibas 
breviter  laborarem.  cuius  praestantissimi  viri  iusdonibus  Hbens  arbitror 
libro  seoundo  nos  explicabiliter  oboedisse.  nunc  in  hoc  sive  tertio  sire 
novissimo  artium  libro  .  .  vobis  viris  ampUssimis,  nobilitatis  splendore 
p'raedito  Maxime   et  omni  laude  praedicabili  Simplicio,   qnorum  et  ad 


366.   Grammatiker  vor  Diocletian:  Juba,  Sacerdos  ii.  a.  805 

qiios  seria  nonm'si  de  litteris  exercentur,  quoniara  .  .  me  posse  de  metris 
ctiam  tractare  iiidicastis,  breviter  esse  componendum  decrevi.  Der  Gaia- 
11U8  welchem  das  erste  Buch  gewidmet  war  kann  derjenige  sein  an  wel- 
chen das  Rescript  des  Gordianus  vom  J.  241  (And.  238)  Cod.  lust.  II,  38,  2 
gerichtet  ist,  und  sein  Vater  üranius  derjenige  an  welchen  das  Rescript 
des  Alexander  vom  J.  223  ib.  II,  1,  6.  Beide  Bücher  wurden  nach  einem 
cod.  Vindob.  saec.  VIII  erstmals  herausgegeben  von  Endlicher  und  Eichen- 
feld, Analecta  gramm.  (Vindob.  1837)  p.  1  —  74.  Vgl.  p.  I — V.  Die  zwei 
ersten  Quatemionen  sowie  der  fünfte  sind  verloren.  Schluss  von  B.  I 
(p.  46):  hucusque  artium  grammaticarum' fecimus  instituta.  de  catholicis 
vcro  nominum  atque  verborum  latius  exponemus.  Subscriptio:  M.  Claudi 
Sacerdotis  artium  grammaticarum  (Hb.  I  cxpl.)  fehciter.  p.  74:  M.  Claudi 
Sac.  art.  gramm.  lib.  II  expl.  fei.  Der  Inhalt  ist  mit  den  Catholica  des 
Probus  (oben  283,  6)  fast  identisch;  F.  Osann,  Beiträge  II.  S.  299. 
H.  Wentzel,  Symb.  crit.  p.  28  ff.  H.  Keil,  gramm.  lai  IV.  p.  XXVII.  Die 
Uebereinstimmung  des  Inhaltes  mit  den  Angaben  des  Plotius  Sac.  und  die 
grosse  Aehnlichkeit  beider  Namen  machen  wahrscheinlich  dass  Plotius 
Sacerdos  und  Claudius  Sacerdos  dieselbe  Person  sind  (Endlicher,  Wentzel). 
Diomedes  (p.  317  K.)  wusste  bereits  nichts  mehr  von  diesem  Vorgänger. 
Wentzel  p.  37.    W.  Christ,  Philologus  XVIII.  S.  130  f.  178  f. 

4.  Das  dritte  Buch  des  Sacerdos,  de  metris,  ist  schon  länger  bekannt 
(bei  Putsche  p.  2623  ff.,  bei  Gaisford  p.  242  ff.).  Darin  wird  schon  Juba 
citiert  (p.  301  G.).  Gewidmet  ist  es  einem  Maximus  (Rescripte  an  Maximus 
aus  den  J.  239,  241  und  246  im  Cod.  lust.  VIII,  28,  8.  41,  16.  V,  16,  11. 
IV,  2,  4)  und  Simplicius  (vgl.  Cod.  lust.  IX,  32,  5  vom  J.  245);  s.  A.  3. 
De  graecis  nobilibus  metris  Icctis  a  me  et  ex  his  quidquid  singulis  fuerit 
decerpto,  p.  297  G.    Westphal,  allg.  Metrik  S.  50  f. 

5.  Ueber  Sacerdos  s.  Osann,  Beiträge  II.  S.  295  —  308  und  dazu 
H.  Wentzel,  symbolae  criticae  ad  bist,  scriptorum  rei  metr.  lat.  (Breslau 
1858)  p.  26  —  53. 

6.  Macrob.  III,  8,  2:  apud  Calvum  Aterianus  (libri:  actherianus) 
adfirmat  legendum  etc.  Es  ist  ohne  Zweifel  der  Haterianus  welcher  in 
den  Veroneser  Vergilscholien  (zu  Aen.  VII,  337.  IX,  360.  390.  397.  X,  242) 
als  Commentator  der  Aeneis  genannt  wird  (Ribbeck,  Prolegg.  Verg.  p.  177  f.) 
und  wohl  auch  identisch  mit  dem  Geschichtschreiber  Julius  Atherianus 
oben  364,  4.    Gräfenhan,  Gesch.  d.  class.  Philol.  IV.  S.  303  f. 

^  367.  In  den  ersten  Jahrzehnten  dieses  Zeitraumes  verfasste 
der  Grammatiker  C.  Julius  Solinus  seine  Collectanea  rerum 
memorabilium.  Das  W^erk  ist  in  der  Hauptsache  ein  Auszug 
aus  einer  nach  Plinius'  nat.  historia  gemachten  Bearbeitung  der 
Geographie ;  för  die  geschichtlichen  Theile  ist  eine  Chronik  aus 
bester  Zeit  benützt.  Die  eigenen  Zuthaten  des  Verfassers  sind 
stoflFlich  werthlos,  seine  Darstellung  geschmacklos  geziert  und 
umständlich.  Aber  der  Bildungsstufe  der  folgenden  Zeiten  sagte 
die  Schrift  in  hohem  Grade  zu.    Eine  im  sechsten  Jahrhundert 


g06  Die  Kaiserzeit.    Drittes  Jahrhundert. 

veranstaltete  Bearbeitung   derselben    gab    ihr   den    neuen  Titel 
Polyhistor. 

1.  Aldhelm  (f  709)  citiert  (p.  323)  lulius  Soliiius  iu  collectanea  rerum 
luemorabilium ;  der  Mönch  Diciiil  (J.  825)  luUus  Solinus  in  collectaneis. 
Im  cod.  Heidelberg,  lautet  die  üeberschrift:  lulius  Solinus  Advent-o  sal- 
(utem)s  im  Paris.  6831:  luUi  Solini  collectio  rerum  meraorabilium ;  ia 
andern  Hdss.  saec.  X  (z.  B.  Monac.  6384)  die  Subscription :  expl.  fei.  G. 
luli  Solini  grammatici.  Servius  (Georg.  11,  215)  und  Isidor  (de  rer.  nat. 
40,  1)  nennen  den  Verf.  einfach  Solinus;  ebenso  Priscian,  mit  dem  Beisätze 
in  collectaneis  (X,  50),  in  memorabilibus  (II,  61.  V,  15.  VI,  15.  XVIU,  213), 
auch  (fehlerhaft)  in  admirabilibus  (VI,  44),  einmal  (l,  "28)  in  collectaneis 
vel  polyhistore,  letztere  zwei  Worte  wohl  aus  si>ätcrer  Interpolation 
(Mommsen  p.  LXII). 

2.  Mommsen  p.  VI:  cum  Solini  Über  saeculo  V  iam  per?ulgato8 
fuerit  (s.  unten  A.  5),  a  feliciore  autem  litterarum  latinarum.  aevo  tarn 
rerum  eins  exilitas  quam  sermonis  infantia  abhorreat,  hoc  restat  quaeren- 
dum,  utrum  saeculo  III  probabilius  adscribatur  an  quarto.  Mommsen  ent- 
scheidet sich  fiir  das  Erstere  (die  Zeit  des  Valerianus  und  Gallienus),  weil 
Sol.  Constantinopel  nur  unter  dem  Namen  Byzantium  kennt  und  von  der 
durch  Diocletian  und  Constantin  getroifenon  Eintheilung  der  Provinzen  bei 
ihm  noch  keine  Spur  ist,*  so  wenig  als  vom  Christenthum.  Vgl.  ib.  p.  Vllf. 

3.  Aus  Solin's  Widmung  an  Adventus.  (1).  Cum  et  aurium  dementia 
et  optimarum  artium  studiis  praestare  te  ceteris  sentiam  .  .  reputavi  exa- 
men  opusculi  istius  tibi  potissimum  dare.  . .  (2)  über  est  ad  compendium 
praeparatus  quantumque  ratio  passa  est  ita  moderate  repressus  ut  nee 
prodiga  sit  in  eo  copia  nee  danmosa  concinnitas.  cui  . .  velut  fermentum 
cognitionis  magis  inesse  quam  bratteas  eloquentiae  degrehendes.  (3)  ei- 
qiüsitis  enim  aliquot  voluminibus  studuisse  me  impendio  fäteor  ut  et  a 
notioribus  referrem  pedem  et  remotis  largius  inunorarer.  locorum  com- 
memoratio  plurimum  tenet,  in  quam  partem  ferme  inclinatior  est  universa 
materies.  .  .  (4)  inseruimus  et  pleraque  differenter  congruentia,  ut  . .  sal- 
tem  varietas  ipsa  legentium  fastidio  mederetur.  . .  (5)  nonnulla  etiam 
digna  memoratu,  quae  praetermittere  incuriosum  videbatur  quorumqae 
auctoritas  .  .  de  scriptoribus  manat  receptissimis.  quid  enim  propriam 
nostrum  esse  possit,  cum  nihil  omiserit  antiquitatis  diligentia  quod  in* 
tactum  ad  hoc  usque  aevi  permaneret?  .  .  opiniones  imiversas  eligere  ma- 
luimus  potius  quam  innovare.  (6)  . .  des  velim  infantiae  meae  veniam. 
constantia  veritatis  penes  eos  est  quos  secuti  sumus.  Das  Hauptaugen- 
merk ist  auf  auffallende  Erscheinungen  irgend  welcher  Art  (nagddoia) 
gerichtet.  Von  Rom  wird  ausgegangen,  dann  folgt  Italien  mit  den  Inseb, 
Griechenland  mit  seinem  Norden  (bis  Thrakien)  und  den  Inseln;  Pontes, 
Skythien;  Germanien,  Gallien,  Britannien,  Hispanien;  Nord-Africa  und 
Aegypten;  Asien  (Arabien,  Syrien,  Eleinas^n,  Assyrien,  Indien,  Parthien). 
Schluss  mit  den  Gorgades  und  Hesperideu.  Im  Ganzen  56  Capitel  (vgl. 
A.  6). 

4.  Drei  Viertheile  von  Solinus  sind  stofflich  aus  PliniuB  entnonmien, 
dessen  Darstellung  rhetorisch  aufgebliUit  wird,  unter  vielen  starken  Misi' 
Verständnissen  (Mommsen  p.  IX).    Dass  aber  nicht  unmittelbar  aus  Plinios, 


367.    Solinus.  807 

erhellt  aus  inaucherlei  Zuthaten  welche  S.  nichi  seihständig  gemacht 
hahcn  kann,  namentlich  der  von  Plin.  nicht  genannten  Gewährsmänner, 
oder  des  Vornamens,  oder  der  Zeit  (ib.  p.  XIX  f.).  Auch  die  Zusätze  aus 
Mela  werden  sich  schon  in  der  Quelle  des  Sol.  gefunden  halTen,  der  choro- 
graphia  pliniana  (oben  295,  7).  Ueber  die  chronologischen  Zuthaten  s.  oben 
275,  4.     Vgl.  Mommsen  Sol.  p.  249  —  254. 

5.  Solins  Buch  wurde  abgeschrieben  schon  von  Theodosius  II  (J.  402 
—  450)  nach  der  Subscription  in  der  ersten  Classe  der  Handschriften: 
Iiilius  Solinus  (de  memorabilibus)  explicit  feHciter.  studio  et  diligentia 
domni  Theodosii  invictissimi  principis.  0.  Jahn,  Berichte  der  sächs.  Ges. 
d.  W.  1851,  S.  342  f.  Benützt  wurde  es  von  Augustinus  (de  civ.  dei)  und 
Capella  (neben  PUuius),  von  Priscian  (bes.  in  seiner  Uebersetzimg  der 
Periegese  des  Dionysius),  Servius  (s.  A.  1)  und  Isidor  (de  nat.  rer.  und 
origg.).  Capella  und  Isidor  haben  ihrerseits  den  Sol.  öfters  missverstan- 
den  (Mommsen  p.  IX  f.).  Von  der  fieissigen  Beniitzung  im  Mittelalter 
zeugen  die  vielen  Hdss.  (A.  6).  Mommsen  p.  XXX  — XXXII.  p.  255  —  259. 
Ein  Auszug  in  Hexametern  wurde  saec.  X  gemacht  unter  dem  Namen 
Theodericus  (z.  B.  in  einer  Brüsseler  Hds.  saec.  XII),  auch  unter  dem  von 
Petrus  DiaconuB  (saec.  XII);  s.  Mommsen  p.  XCII  f.  Latapie,  mäm.  sur 
Tabr^ge  poätique  du  Polyh.  Sol.  par  Thierry  (Theodericus),  Bttribuä  jus- 
qu'ici  ä  Pierre  Diacre  (Petr.  Diac),  Bull,  de  Tacad.  de  Bruxelles  XVI. 
p.  79  —  101;   vgl.  Roulez  ib.  p.  143  f. 

6.  Die  Handschriften  des  Sol.  theilen  sich  in  drei  Classen,  welche 
alle  auf  einen  schon  theilweis  corrupten  archetypus  zurückgehen  (Momm- 
sen p.  XXXII — XXXIV),  von  einander  sich  aber  schon  durch  ihre  Ab- 
weichung in  den  Rubriken  (ib.  p.  XXXVII  und  p.  239  —  246)  und  der 
Capiteleintheilung  (ib.  p.  XXXVIII  f.)  unterscheiden.  Die  erste  Classe 
(bes.  Heidelberg,  und  Paris.  6813.  6833)  saec.  XI  ff.  stammt  von  einer  Hds. 
(spätestens  saec.  VIII)  welcher  das  vorletzte  Blatt  fehlte.  Die  wenigen 
Interpolationen  die  sie  hat  sind  fast  alle  aus  Isidor  (Mommsen  p.  238  und 
p.  XLI— XLIV).  Hauptvertreter  der  zweiten  Classe  istLeidensis  saec.  IX. 
Sie  hat  vor  der  ersten  Vorzüge,  aber  schon  zahlreichere  Zusätze  (p.  XLIV 
—LH).  Die  dritte  enthält  theils  Variationen  im  Ausdruck  theils  Erwei- 
terungen des  Inhalts  (p.  234—237  M.)  aus  Plinius  selbst  und  andern  Quel- 
len, herrührend  aus  einer  alten  durchgreifenden  Umarbeitung  (etwa  durch 
schottische  Mönche  welche  sich  am  Bodensee  angesiedelt,  saec.  VI),  mit 
neuer  praefatio  (p.  233  M.)  und  Umänderung  des  Titels  in  den  unpassenden 
Polyhistor,  und  unter  Annahme  des  Scheins  als  ob  diese  Umarbeitung 
den  Solinus  selbst  zum  Urheber  hätte  (Mommsen  p.  LVUI  — LXVI).  Der 
genaueste  Vertreter  dieser  Classe  ist  der  Angelomontanus  saec.  X  (A). 
Contaminiert  aus  Cl.  I  und  III  ist  Sangallensis  saec.  X  (S),  aus  Cl.  II  imd 
UI  Paris.  6810  (P),  s.  Mommsen  p.  LH— LX,  und  dessen  Elenchus  p.  LXXIX 
— XCHI. 

7.  Ausgaben  (ed.  princeps  Venet.  1473  fol.)  von  J.  Camers  (Wien 
1520  fol.),  El.  Vinetus  (Pictav.  1554.  4),  M.  Delrio  (Antv.  1572.  Lugd.  1646) 
u.  A.  Hauptwerk:  Claudii  Salmasii  Exercitationes  in  Sol.  Polyh.,  Paris 
1629    unä    (cur.    S.   Pitisco)    Utrecht    1689.     2    Voll.    fol.    Lips.   1777.    8. 


808  ^^6  Eaiserzeii    Drittes  Jahrhundert. 

Musterhafte  Bearbeitung  durch  Tb.  Mommsen  (recognovit),  BeroL  1864. 
XCIV  und  287  pp.    Vgl.  Fr.  Lüdecke,  Gott.  Gel.  Ana.  1865,  S.  1089—1109. 

8.    Ueber  die  22  Hexameter  in  Hdss.  des  Solinus  s.  oben  363,  4. 

368.  Gegen  das  Ende  dieser  Zeit'  scheint  Nonius  Mar- 
ceil us  das  auf  uns  gekommene  lexikalische  Werk  (Compen- 
diosa  doctrina  per  litteras)  verfasst  zu  haben.  Es  ist  nach  zu- 
falliger Reihenfolge  (c.  2 — 4  in  alphabetischer)  mechanisch  zu- 
sammengeschrieben, namentlich  unter  starker  Benützung  des 
Gellius.  Trotz  des  allenthalben  grell  zu  Tage  tretenden  Man- 
gels an  gründlichen  Kenntnissen,  Urteil  und  Sorgfalt  ist  d^ 
Werk  doch,  nach  dem  Untergange  besserer,  von  unschätzbarem 
Werthe,  hauptsächlich  durch  seine  Anführungen  aus  der  älteren 
römischen  Litteratur. 

1.  Nonius  MarcelluB  heisst  in  den  Ueberschriften  peripateticus  tubar- 
ticensis,  was  jedenfalls  auf  Africa  als  seine  Heimat  hinweist;  s.  Gerladi 
und  Roth  p.  lY — YlII.  Der  grammaticus  pertenuis  meriti  Marcellus,  wel- 
chem amissam  primum  Narbo  dedit  patriam  (Auson.  prof.  Burdig.  18), 
wird  er  daher  nicht  sein.  Die  spätesten  Schriftsteller  die  N.  nennt  sind 
Apulejus  (s.  y.  abstemius)  und  (Septimius)  Serenus  (oben  360,  3).  Die 
ausnahmsweise  Berücksichtigung  des  Letzteren  scheint  auf  persönliche  Be- 
ziehungen zu  ihm  oder  doch  Zeitnähe  zu  deuten.  Angeführt  wird  Nonios 
TOn  Priscian.  p.  35,  21  (teste  Nonio  Marcello  de  doctorum  indagine  :^  c  12). 
269,  24  (quod  ponit  N.  M.  de  doct  ind.).  499,  20  H.  (Nonius  Marcellus  de 
mutatis  coniugationibus  =  c.  10).  Die  Ueberschrift  (im  Guelferbytanns 
u.  a.)  de  compendiosa  doctrina  per  litteras  ad  filium  findet  zwar  nur  auf 
drei  von  den  19  Capiteln  Anwendung;  doch  sind  diese  drei  die  umfang- 
reichsten {p.  49  —  285  von  den  383  pp.  bei  Gerlach  und  Both). 

2.  Inhalt  und  Eintheilung.  c.  1:  de  proprietate  sermonum.  2:  de 
honestis  et  nove  veterum  dictis,  per  litteras.  3:  de  indiscretis  genenbos, 
per  litteras.  4:  de  varia  significatione  sermonum  (per  litteras).  5:  de 
differentiis  verborum.  6:  de  inpropriis.  7:  de  contrarüs  generibus  ver- 
borum.  8:  de  mutata  declinatione.  9:  de  generibus  et  casibus.  10:  de 
mutatis  couiugationibus.  11:  de  indiscretis  adverbüs.  12:  de  doctonun 
indagine.  13:  de  genere  navigiorum  (nur  17  Artikel).  14:  de  genere 
vestimentorum.  15:  de  genere  vasorum  vel  poculorum.  16:  de  (geuere 
vel)  colore  vestimentorum  (13  Artikel).  17:  de  genere  ciborum  vel  po- 
morum  (16  Artikel).  18:  de  genere  armorum.  19:  de  propinquitate 
(9  ganz  kurze  Artikel^  ohne  Belege;  schliesslich:  de  quibus  exempla  multa 
sunt  in  antiquis  auctoribus  et  maxime  in  Afranio  et  iuris  vetustissinuB 
scriptoribus).  Die  7  letzten  Capitel  (p.  364  —  383  ed.  6.  et  B.)  sind  also 
sachlich  angelegt,  aber  von  Vollständigkeit  sehr  weit  entfernt. 

3.  Die  Anlage  des  Werkes  ist  eine  so  mechanische  dass  in  neuester 
Zeit  mit  Erfolg  das  Verfahren  des  Non.  bei  seiner  Gompilation  aufgezeigi, 
das  grobe  Gewebe  in  seine  Fäden  zerlegt  worden  ist.  Zuerst  andeutoogB- 
weise  von  F.  W.  Schneidewin  (Götti.  gel.  Anz.  1843,  S.  697  f.),  auBgeflihrt 


368.    Nonius  Marcellus.  809 

m 

sodann  in  Bezog  auf  die  ßenütznng  des  Gellius  von  M.  Hertz  in  Fieck- 
eisens  Jahrb.  86  (J.  1862),  S.  706  —  726.  779  —  799;  erweitert  von  A.  Riese 
in  der  Symbola  phil.  Bonn.  S.  483—487,  A.  Schottmüller,  ebd.  S.  809—832 
(üb.  d.  Bestandtheile  des  ersten  Cap.  des  N.  M.)  und  P.  Schmidt,  de  Nonii 
Marcelli  auctoribus  grammaticis  (Lips.  1868)  155  pp.  nebst  Uebersichts- 
tafel.  Hierdurch  ist  festgestellt  dass  Non.  fast  in  allen  Capp.  im  Wesent- 
lichen das  gleiche  Verfahren  befolgt  hat.  Bestimmte  Reihen  von  Citaten 
¥aederholen  sich  fortwährend  in  der  gleichen  Ordnung;  er  hat  dieselben 
also  in  einer  regelmässigen  Reihenfolge  aus  seinen  Quellen  in  seine  Samm- 
lungen und  sein  Buch  eingetragen.  Gewöhnlich  beginnt  die  Plautusreihe, 
auf  18  der  fabulae  Yarronianae  beschränkt,  dann  folgen  Beispiele  aus 
Lucretius,  Attius,  Pomponius,  Lucilius  (B.  1 — 20),  Pacuvius,  Cic.  de  rep., 
Yarro  (22  saturae),  Sallust,  Afranius;  Cic.  de  o£f.,  Hortens.,  de  sen.  und 
de  rep.;  Vergil,  Terenz,  Cic.  Verrinae,  Lucilius  (B.  20 — 26),  Yerzeichniss 
von  Yerba  (bes.  bei  Dramatikern),  Adverbia,  abermals  die  genannten  phi- 
losoph.  Schriften  des  Cicero;  darauf  Beispiele  aus  Plaut.  Amphitruo,  Asiii. 
andAuluL;  wieder  aus  Yarro  (18  saturae);  dann  die  Excerpte  aus  Gellius; 
abermals  aus  5  saturae  des  Yarro ;  Cic.  de  fin.;  Sisenna;  Cic.  or.,  de  or., 
Acad.  und  Tusc;  endlich  aus  Yarro  de  vita  pop.  rom.,  de  re  rust.  und 
aus  Cato.  Die  Abweichungen  von  dieser  Reihenfolge  sind  verhältniss- 
massig  selten  und  erklären  sich  ohne  Zweifel  aus  Zufälligkeiten. 

4.  Seine  eigentliche  Quellen  zu  nennen  hütet  sich  Nonius  sorgfältig, 
and  der  Name  des  Gellius  z.  B.,  den  er  so  stark  ausschreibt,  findet  sich 
bei  ihm  niemals.  Sicher  aber  sind  es  nur  secundäre  und  späte,  Commen- 
tare  zu  Schriftstellern,  Sammelwerke,  Wörterbücher  und  Grammatiken. 
Doch  giengen  diese  selbst  ohne  Zweifel  auf  ältere  zurück,  wie  auf  Yerrius 
Flaccus.  Vielfach  berührt  er  sich  mit  Charisius,  aber  nur  weil  dessen 
HauptqueUen  auf  derselben  Linie  der  gelehrten  Tradition  sich  hielten,  oder 
die  des  Nonius  gleichfalls  aus  Caper,  Plinius  oder  Probus  geschöpft  hatten. 
Diese  seine.  Quellen  hat  aber  N.  höchst  oberflächlich  benützt  und  mehr 
darin  geblättert  als  gelesen.  Alle  Gelehrten  die  sich  mit  ihm  näher  be- 
fasst  wetteifern  in  Ausdrücken  der  Verachtung  über  ihn.  Bücheier  z.  B. 
(Rhein.  Mus.  XIII.  p.  596)  sagt:  cum  Nonio  qul  comparari  posset  levitate 
et  stupiditate  neque  antiquitas  neque  nostra  aetas  uUum  grammaticum 
tulit.  Ebenso  L.  Müller  (metr.  p.  25  ff.),  Schottmüller  (Symb.  S.  810), 
P.  Schmidt  (p.  38:  homo  inter  omnes  hebetissimus;  p.  92:  splendida  in- 
scitia  ac  Stupor  iste  paene  incredibilis  cuius  dooumentis  liber  Nonianus 
scatet).  Ist  es  dem  N.  doch  sogar  begegnet  dass  er  M.  Tullius  und  Cicero 
für  zwei  verschiedene  Autoren  hielt  (Schmidt  p.  92). 

5.  Ueber  die  Handschriften  des  N.  s.  Gerlach  vor  seiner  Ausgabe 
p.  XXIY  —  XXYIIL  Ed.  princeps  von  Pomponius  Laetus,  Rom.  1470. 
Yenet.  1476.  Ed.  Pius,  Mediol.  1500  und  Paris.  1511.  Aldina  Yen.  1513. 
1527.  Basil.  (Frohen)  1526.  Ed.  Hadr.  lunius,  Antv.  1565.  Jos.  Mercier, 
Paris  1583  und  bes.  1614;  abgedruckt  Lips.  1825.  Ad  fidem  veterum  codd. 
ediderunt  et  appar.  crit.  indicesque  adiec.  F.  D.  Gerlach  et  C.  L.  Roth, 
BasiL  1842  (c.  1  u.  4  von  G.,  das  Uebrige  von  R.). 

6.  J.  Yahlen,  analectorum  Nonianorum  libri  U,  Lips.  1859.  40  pp. 
L.  Müller,  de  re  metr.  p.  29  —  39  und  in  Fleckeisens  Jahrbb.  95,  S.  490 
--496.    97,  S.  422  —  484.    Anderes  s.  A.  3. 


V 


810  I^iß  Kaiserzeit.    Drittes  Jahrhundert. 

369.  Die  wichtigste  Kunst  ist  fortwährend  die  der  Rede. 
Sie  hat  ihren  Hauptsitz  jetzt  in  Gallien,  wo  Massilia,  Narbo, 
Tolosa,  Burdigala,  Augustodunum ,  Remi  (Durocortorum)  und 
Treviri  eigene  Rhetoren  haben  und  deren  Unterrichte  die  Le)>- 
haftigkeit  und  Sprachgewandtheit  des  Volkes  entgegenkam.  Hier 
bildete  sich  eine  Redeweise  welche  sich  von  der  trüben  Ge- 
schraubtheit der  Africaner  durch  Glätte  und  Correctheit  unter- 
scheidet, an  Wortfülle  sie  überbietet,  an  Gedankengehalt  aber 
hinter  ihnen  zurückbleibt  Stoff  und  Ton  der  Beredtsanikeit 
war  bedingt  durch  die  politischen  Verhältnisse.  Entsprechend 
dem  orientalisch  despotischen  Ceremoniel  welches  Diocletian 
einführte  und  welches  die  Person  des  Kaisers  dem  gewöhnlichen 
Verkehre,  damit  aber  auch  den  Schwertern  der  Soldateska  en^ 
rückte,  widmete  sich  die  Beredtsanikeit  der  Verherrlichung  der 
Kaiser,  der  Verkündigung  ihrer  übermenschlichen  Vorzüge  und 
Leistungen.  Es  beginnt  die  Zeit  und  Litteratur  der  Panegy- 
riker,  welche  an  den  Vorgang  des  jüngeren  Plinius  anknüpft^ 
in  ihrem  Stile  aber  eher  an  Cicero.  Die  beiden  ältesten  auf 
uns  gekommenen  Vorträge  dieser  Art  sind  von  unbekannten 
Rednern  am  Hoflager  zu  Trier  gehalten  zum  Lobe  von  Dio- 
cletians  Mitregenten,  Maximianus  Herculius,  in  den  Jahren 
289  und  291.  Vier  andere  besitzen  wir  von  dem  Rhetor  Eu- 
menius  aus  Autun  (geb.  um  250),  welcher  der  ciceronischen 
Rundung  und  Fülle  nachstrebt.  Sie  sind  gehalten  in  den  Jah- 
ren 296  und  297,  310  und  311.  Die  älteste  spricht  für  Wieder- 
herstellung von  Schulen  in  seiner  Vaterstadt,  die  jüngste  dankt 
in  deren  Namen.  Die  beiden  anderen  sind  Lobreden  auf  den 
Caesar  Constantius  Chlorus  und  dann  auf  dessen  Sohn,  den 
Kaiser  Constantinus. 

1.  Die  Sammlangeu  der  panegyrici  veteres  enthalten  gewöhnlich 
auch  die  älteste  Hede  dieser  Art,  den  Panegyricua  des  Plinius  (oben  317, 
12).  Weiterhin  erstrecken  sie  sich  ^on  Diocletian  bis  Theodosius;  s.  unten 
377.  391.  400.  Handschriften  derselben  gibt  es  zahlreiche;  doch  reicht 
keine  über  saec.  XV  zurück,  und  alle  stammen  aus  demselben  archetypos, 
wahrscheinlich  demjenigen  welchen  Joh.  Aurispa  J.  1433  in  der  Mainzer  Biblio- 
thek auffand;  s.  H.  Keü,  praef.  in  Plin.  p.  38  f.  und  Joa.  Anrispae  epistuia 
(Halle  1870.  4.)  p.  IV  nnd  YIU.  Die  relativ  besten  sind  der  vetus  Bertinien- 
sis,  vetus  Puteani  und  Vaticanns  3461 ;  s.  H.  Bühl  ( A.  3)  p.  7 — 18.  In  diesen 
Hdss.  pflegt  auf  den  Paneg.  des  Plinius  zu  folgen:  Latini  Pacati  Drepani 
pauegyricuB  Theodosio  Aug.  dictus;  Claudi  Mamertini  pro  consulata  wo 
gratiarum  actio  luliano  Aug. ;  Nazari  panegyricus  Constantino  Aug.  dictm; 
dann  erst  die  kürzeren  Lobreden  auf  Maximian  und  Diocletian  und  deiseD 
Nachfolger.  Die  Ausgaben  (A.  2)  befolgen  meist  die  chronoloc^sche  Ordnung. 


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»69.    Panegyrikor:   Eumenius  u.  A.  811 

2.  Ausgaben  der  panegyrici  von  Jo.  Cuspinianus  (Vieun.  1513.  4), 
B.  Rheiianus  (Basil.  1620.  4),  P.  Naviiis  (Venet.  1576),  J.  Livineius  (Anl- 
vcrp.  1599),  C.  Bitterohusius  (cum  notis  J.  Gruteri  et  Acidalii,  Francof. 
1607),  Chr.  CellariuB  (reo.  et  adn.  illustr.,  Hai.  1703),  J.  de  la  Baune  (in 
118.  Delph.,  Venet.  1728.  4),  Chr.  G.  Schwarz  (Altorf  1739—1748.  4.),  L.  Pa- 
tarol  (notis  ac  nummis  illustr.,  Venet.  1743.  4.),  Wolfg.  Jäger  (ex  cod.  ms., 
Nürnberg  1779.  2  Voll.),  H.  J.  Amtzen  (cum  notis  et  animadv.,  Utrecht 
1790  —  1795,  2  Voll.  4.),  Valpy  (London  1838). 

3.  J.  G.  Walch,  parerga  acad.  (Lips.  1721)  p.  849  ff.  C.  G.  Heyne, 
censura  XII  panegyricorum  veterum,  in  seinen  Opuscula  acad.  VI.  p.  80 
—  118.  J.  Burckhardt,  die  Zeit  Constantins,  S.  62  —  66.  H.  Rühl,  de  XII 
panegyricis  latinis  propaedeumata,  Greifswald  1868.  Fr.  Eyssenhardt, 
lectiones  panegyricae,  Berlin  1867.  4.   (Fr.  Werder'sches  Gymn.) 

4.  Die  beiden  ältesten  Reden,  auf  Maximian,  werden  ohne  hand- 
schriftliche Berechtigung  einem  (älteren)  Mamertinus  zugeschrieben.  Ihr 
Verfasser  ist  unbekannt,  und  H.  Rühl  (A.  3)  p.  18  —  31  hat  durch  Nach- 
weisung ihrer  Verschiedenheit  in  der  rhetorischen  Behandlung  und  sprach- 
lichen Eigenthümlichkeiten  wahrscheinlich  gemacht  dass  sie  überhaupt 
nicht  von  demselben  Verfasser  herrühren.    Vgl.  A.  6. 

5.  Die  erste  ist  gehalten  am  Geburtstage  Roms  (21.  April)  vor  Be- 
ginn des  Unternehmens  gegen  Carausius  (c.  12),  J.  289,  ausserhalb  Roms 
(13,  4.  14,  1.  4),  im  Norden  (12,  5),  in  einer  Stadt  an  einem  schiffbaren 
Flusse  (12,  6),  ohne  Zweifel  in  Maxinuans  Residenz  zu  Trier.  Ob  sein  Held 
jemals  vom  Uebergange  des  älteren  Scipio  nach  Africa  gehört  habe  ist  der 
Redner  (c.  8)  nicht  sicher. 

6.  Die  zweite  (Genethliacus)  ist  zu  Maximians  Geburtstag  (2,  1) 
gehalten,  mit  welchem  der  seines  Mitregenteu  Diocietian  verbunden  wurde ; 
jedenfalls  vor  der  Ernennung  des  Coustantius  und  Galerius  zu  Caesares 
(1  März  293;  s.  Preuss,  Diocl.  S.  172  f.).  Navalia  tropaea  (über  Carausius) 
stehen  noch  immer  in  Aussicht  (19,  5);  doch  wird  über  diesen  Punkt  leicht 
hinweggegangen,  sodass  über  den  Misserfolg  bereits  einiges  Gras  gewach- 
sen scheint.  Auch  diese  Rede  ist  sicher  ausserhalb  Roms  (12,  1.  19,  5) 
und  jenseits  der  Alpen  (9,  3  ff.)  gehalten.  Der  Verfasser  hat  schon  einmal 
den  Maxiinian  in  einer  Rede  verherrlicht;  s.  1,  1  ff.:  ut  expectationem 
sermonis  eins  quem  tuis  qiünquennalibus  (Nov.  289)  praeparaveram  hac 
natalis  praedicatione  compensem  et  dicendi  munus,  quod  tunc  voti  pro- 
missioue  susceperam,  nunc  .  .  repraesentem.  voveram  autem  . .  ut  me 
dignatione  qua  pridem  audieras  rursus  audires.  . .  gaudeo  igitur  .  .  dila- 
tam  esse  illam  cupiditatem  meam.  neque  enim  orationis  eins  quam  com- 
posueram  facio  iacturam,  sed  eam  reservo  . .  decennalibus  tuis.  5,  1:  sed 
de  rebus  bellicis  victoriisque  vestris  . .  et  multi  summa  eloqueni^ia  prae- 
diti  saepe  dixerunt  et  ego  pridem,  cum  mihi  auditionis  tuae  divina  dignatio 
eam  copiam  tribuit,  quantum  potui  praedicavi.  Diessmal  beschränke  er 
sich  daher  auf  der  Kaiser  pietas  (c.  6—12)  und  felicitas  (c.  13—18).  Letz- 
teres Thema  war  auch  schon  von  dem  früheren  Redner  (A.  5),  nur  kürzer, 
bebandelt  (9  f.  11,  1.  7.  13,  1  ff.),  keineswegs  blos  die  res  bellicae.  Der 
jetzige  Redner  setzt  bei  dem  Kaiser  mehr  geschichtliche  Kenntnisse  voraus 
(c.  10).    Auch  liebt  er  das  Ausmalen  ins  Detail  (10—12)  und  kühnere  rhe- 


gl2  Die  Kaiserzeit.    Drittes  Jahrhundert 

torische  Figuren  (c.  15).  Er  citiert  (14 ,  2)  den  Vers  lovi»  omnia  plena 
des  poeta  romanus  (Vergil.  Ecl.  III,  60)  und  nennt  (16,  3)  den  Knuius: 
ille  romani  carminis  primus  auctor.  Eigenthümiich  sind  diesem  Redner 
gegenüber  von  dem  ersten  (A.  5)  die  Partikeln  si  qoidem  und  quasi,  sowie 
at  cnim  (7,  5)  und  nihilominus. 

7.  Eumen.  pro  rest.  schol.  1,1:  certum  habeo  . .  plerosque  mirari 
qnod  ego,  qui  ab  ineunte  adolescentia  usque  in  hunc  diem  numquam  isto 
in  loco  dixerim  et  quantulumcumqne  illud  est  quod  .  .  videor  consecutas 
exercere  privatim  quam  in  foro  iactare  maluerim,  nunc  demum,  sero  qno- 
dam  tirocinio,  ad  insoUtum  mihi  tribunal  adspirem.  3,  1:  reliclis  do* 
cendi  praecipiendique  rationibus.  6,  2:  (Constantium)  miran  satis  nequeo, 
qui  . .  me  filio  potius  meo  ad  pristina  mea  studia  aditum  molientem  ipsmii 
iusserit  disciplinas  artis  oratoriae  retractare  et  hoc  mihi  raunus  iniunierii 
11,  2  f.:  salafium  me  Uberalissimi  principes  . .  in  sexcenis  milibus  nom- 
mum  accipere  iusserunt,  . .  ut  trecena  illa  sestertia  quae  sacrae  memoiiae 
magister  acceperam  . .  geminarent.  hoc  ego  salarium  . .  cupio  ad  restito- 
tionem  huius  operis  . .  destinare.  13 ,  1 :  Utteras  quibus  mihi  tanti  prin- 
cipes instituendam  iuventutem  conmiendare  dignati  sunt,  worin  (14,  3)  z.  B.: 
auditorio  huic  . .  te  potissimum  praeficere  debuimus,  cuius  eloqueutiam  et 
gravitatem  morum  ex  actus  nostri  habemus  administratione  compertam. 
hortamur  igitur  .  .  ut  professiouem  oratoriam  repetas  etc.  17,  3:  ilHc 
avum  meum  quondam  docuisse  audio,  hominem  Athenis  ortum,  Bomae  dia 
celebrem,  mox  in  ista  urbe  (Autim)  .  .  detentum.  cuius  locum,  in  quo, 
ut  referunt,  maior  octogenario  docuit  etc.  Panegyr.  Constantino  Aag. 
23,  1  f.:  tibi  . .  commendo  liberos  meos,  praecipueque  illum  iam  summs 
fisci  patrocinia  tractantem  (er  war  also  advocatus  fisci).  .  .  praeter  ilios 
quinque  quos  genui  etiam  illos  quasi  meos  numero  quos  provexi  ad  tute- 
lam  fori,  ad  officia  palatii.    Das  Todesjahr  des  Eum.  ist  unbekannt. 

8.  Die  Bede  pro  restaurandis  scholis  (von  Augustodunum),  gehalten 
im  J.  296  (s.  c.  21)  vor  dem  praeses  provinciae  (Gall.  Lugd.  1),  entiiält 
hauptsächlich  die  Erklänmg  dass  Eum.  hieför  seinen  Gehalt  bestimme 
(s.  A.  7).  Ausserdem  haben  wir  von  ihm:  2)  panegyricus  auf  den  Caesar 
Constantius,  gehalten  Ende  296  zu  Trier;  vgl.  4,  4:  habenda  est  rstio 
temporis,  Caesare  staute  dum  loquimur.  Der  Vorsatz  wird  aber  sddedit 
gehalten.  6,  3:  aliis  haec  (die  Thaten  von  Diocletian,  Maximian  und  Gft- 
lerius)  .  .  celebrabo  temporibus,  . .  ipsis  qui  gessere  praesentibiu.  Maxi* 
mian  ist  noch  in  Mauretanien  beschäftigt  (5,  2),  Constantius  hat  seine 
Liugonica  victoria  (paneg.  Constantin.  6,  3)  noch  nicht  erfochten.  Der 
Verf.  hat  sein  Lehramt  bereits  wieder  verlassen  und  sich  an  den  Hof  be- 
geben; s.  1,  2  fiP.:  quo  in  genere  orationis  quanta  esset  cura  . .  sensi  etiam 
cum  in  quotidiana  illa  instituendae  iuventutis  exerdtatione  versarer.  . .  sed 
cum  ex  veteri  illo  curriculo  me  . .  post  indultam  a  pietate  vestra  qmetem 
(Qniescierung?)  studinm  ruris  abduxerit  etc.  Hinweisung  auf  eine  Bede 
zu  ^ren  des  Maximianus  1,5;  auf  sein  früheres  Hofamt  2,  1;  aof  dm 
Wiederaufbau  seiner  Vaterstadt  Augustodunum  20,  2.  —  3)  Panegjiicas 
Constantino  Aug.  dictns  in  Trier  (22,  4  f.  vgl.  13,  2),  am  dies  natalii 
der  Stadt  (22,  4),  kurz  nach  Maximians  Hinrichtung  in  MassiHa  (20,  $\ 
J.  310.    Wieder  Vorsatz  der  brevitas  (1,3.  7,  1).    Der  Verf.  will  in  d« 


369  f.    EumenioB.    Scriptores  bist.  aug.  81.S 

media  aetas  stehen  (1,  1).  Die  Lobhudelei  ist  sehr  stark  aufgetragen, 
z.  B.  10 — 12.  21,  4.  22,  1.  Schliesslich  Einladung  des  Const.  zum  Besuche 
von  Augustodunum  (22,  3  und  7).  4)  Gratiarum  actio  Gonstantino  Aug. 
im  Namen  des  in  Flavia  umgenannten  Augustodunum,  seiner  patria,  für 
die  Steuemachlässe  und  sonstigen  Wohlthaten  welche  Constantin  bei  sei- 
ner kürzlichen  Anwesenheit  in  der  Stadt  (J.  310  oder  311)  erwiesen.  Der 
Schluss  scheint  unvollständig.  Gehalten  in  Trier  (2, 1).  Zur  Zeitbestimmung 
Tgl.  13,  2:  quinquennalia  tua  nobis,  etiam  perfecta,  celebranda  sunt.  Vom 
Christenthum  ist  in  allen  Beden  keine  Spur,  vielmehr  der  Polytheismus 
mit  einer  gewissen  Absichtlichkeit  hervorgekehrt. 

9.  Burckhardt,  Constantin  S.  66:  Eumenius  zeichnet  sich  nicht  blos 
durch  Tact  und  Talent  vor  den  anderen  Lobrednern  aus,  er  ist  auch  ein 
ganz  ehrwürdiger  Patriot,  der  nicht  zu  eigenem  Yortheil  schmeichelte. 
Vgl.  A.  7.    Benützung  des  Tacitus  (Agr.  12)  in  paneg.  Const.  9,  3. 

10.  Einen  Gallus  rhetor  sucht  für  den  Unterricht  seines  Sohnes  in 
Bom  Symmach.  ep.  VI,  34.  Vgl.  ib.  IX,  88:  gallicanae  facundiae  haustus 
requiro,  non  quod  his  Septem  montibus  eloquentia  latiaris  excessit,  sed 
quia  praecepta  rhetoricae  pectori  meo  senex  olim  Garumnae  alunmus 
immulsit. 

370.  Von  den  sechs  scriptores  historiae  augustae 
haben  drei  noch  unter  Diocletian  geschrieben  ^  nämlich  Aelius 
Spartianus,  Vulcatius  Gallicanus  und  Trebellius  Pollio.  Von 
Spartianus  rühren  sicher  die  Biographien  des  Hadrianus^  Helius 
Verus,  Septimius  Severus,  Pescennins  Niger  her  und  wahrschein- 
lich auch  die  des  Pius,  Marcus,  Verus,  Älbinus  und  Macrinus. 
Vulcatius  Gallicanus  ist  Verfasser  der  Lebensbeschreibung  des 
Avidius  Cassius.  Von  Trebellius  Pollio  sind  die  der  Valerian 
(unvollsiÄndig) ,  Gallieni,  der  von  ihm  sogenannten  dreissig 
Tyrannen  und  die  des  Claudius  erhalten.  Die  ganze  Sammlung 
umfasst  die  Kaiser  von  Hadrian  bis  Numerianus  (J.  117 — 284); 
nur  die  der  Jahre  244 — 253  sind  nicht  in  eigener  Bearbeitung 
auf  uns  gekommen.  Zeit  und  Urheber  der  Zusammenstellung 
ist  nicht  bekannt.  Die  Abgrenzung  des  Eigenthums  der  ein- 
zelnen Verfasser  ist  vielfach  unsicher.  Gemeinsam  ist  allen  das 
Merkmal  der  Geistesarmut  und  Unfähigkeit;  indessen  an  gutem 
Willen  fehlt  es  ihnen  nicht,  und  vielfach  sind  sie  für  uns  die 
einzige  Geschichtsquelle. 

1.  Alle  Handschriften  der  scriptores  hist.  aug.  stammen  aus  der- 
selben Quelle,  da  sie  dieselbe  Lücke  haben,  welche  mit  den  Biographien 
der  Kaiser  nach  Qordian.  III  auch  den  Anfang  der  yita  Valerianorum  ver- 
schlang. Die  massgebenden  Hdss.  sind  der  Bambergensis  saec.  IX  und 
der  Palatinus  (in  Bom)  saec.  X  oder  XI.  Nach  einem  ihnen  ganz  ähn- 
lichen codex  ist  geschrieben  Vatic.  1899  saec.  XI V.  Die  anderen  sind 
saec.  XV  und  ohne  Werth.     Vgl.  die  praefatio  in  H.  Peters  Ausgabe. 


314  ^ie  Eaiserzeit.    Drittes  Jahrhundert, 

HandBchriftlicher  Titel  der  Sammlung :  vitae  diversorum  principnm  et  ty- 
rannorum  a  divo  Uadriano  usque  ad  Numerianum  a  diversis  compoeitae. 
Die  Ordnung  der  vitae  in  den  Hdss.  ist  gemischt  aus  der  chronologiBdieii 
des  Stoffes  und  der-  literarischen  nach  den  Verfassern;  s.  Brocks  p.  43  f. 

2.  Ed.  princ.  der  scriptores  hist.  aug.  von  Bon.  Accuraius,  MedioL 
1475  fol.  Aldina,  Venet.  1516.  1519.  Ausgaben  von  D.  Erasmus  (BasiL 
1618  fol.  u.  ö.),  J.  B.  Egnatius  (Paris.  1644),  J.  Gruter  (Hanov.  1611  toL), 
Is.  Casaubonus  (Paris  1603.  4.  1620  fol.  mit  den  notae  von  Gl.  Salmasios). 
Sammelausgabe  Lugd.  Bat.  1671.  2  Voll.  Cum  notis  U.  Obrechti,  Strass- 
bürg  1677.  Cum  praef.  J.  L.  E.  Püttmanni,  Lips.  1774.  Henr.  Jordan  et 
Fr.  Eysseuhardt  recensuerunt,  Berol.  1864,  2  Voll.  Becens.  Herm.  Peter, 
Lips.  Teubner  1866,  2  Voll. 

3.  H.  Dodwell,  praelectiones  Camdenianae  (Oxon.  1692]  p.  32—151. 
G.  Mascov,  de  usu  et  praestantia  hist.  aug.  in  iure  civili  (1731)  in  seioeii 
Opusc,  Lips.  1776.  C.  G.  Heyne,  censura  sex  scriptorum  hist.  aug.,  Opuscula 
acad.  VI.  p.  52 — 78.  H.  E.  Dirksen,  die  script.  h.  aug.,  Andeutungen  zur 
Textkritik  und  Auslegung  derselben,  Leipzig  1842*  271  S.  G.  Bemhardy, 
de  Script,  h.  a.  prooemia  duo,  Halle  1847.  4.  Fr.  Richter,  über  die  scr. 
h.  a.,  Rhein.  Mus.  VII  (1860).  S.  16—61.  Krause,  de  fontibus  et  auctontate 
scriptorum  h.  a.,  Neustettin  1867.  24  pp.  4.  H.  Peter,  historia  critica  scri- 
ptorum h.  a.,  Lips.  1860.  40  pp.  E.  Plew,  de  diversitate  auctorum  h.  a., 
Königsberg  1869.  E.  Brocks,  de  IV  prioribus  h.  a..  scriptoribus,  Königs 
berg  1869.  69  pp. 

Beiträge  zur  Textkritik  von  A.  Becker  (Observationes  criticae  in  etc., 
Breslau  1838),  H.  Peter  (Cxercitationes  criticae  in,  Posen  1863.  4.),  0.  Hirsch- 
feld (Hermes  III.  S.  230—232),  M.  Haupt  (Hermes  I.  p.  46.  IH.  p.  217-220. 
IV.  p.  162  flF.),  J.  Oberdick  (Zeitschr.  f.  Ostreich.  Gymn.  1865,  S.  737-745. 
1868,  S.  340—343). 

4.  An  Diocletian  gerichtet  sind  folgende  vitae.  1)  Helius  Caesar, 
mit  der  Ueberschrift:  Diocletiano  Aug.  Aelius  Spartianus  auus  sal.  In 
animo  mihi  est,  Diocletiane  Aug.,  tot  principum  maxime.  2)  Marcus  (19, 3: 
ut  vobis  ipsis,  sacratissime  imp.  Diocletiane,  et  semper  visum  est  et  vi- 
detur).  3)  Verus  (11,  4:  praeter  vestram  clementiam,  Diocletiane  Aug.]. 
4)  Avid.  Cass.  3,  3  (proposui  enim,  Diocletiane  Aug.).  5)  Septim.  Se?er. 
20,  4:  reputanti  mihi,  Diocl.  Aug.  6)  Pescenn.  Nig.  9,  1:  haec  sunt,  Dio- 
cletiane maxime  Augustorum  etc.  7)  Macrin.  15,  4  (serenitati  toae,  Diod. 
Aug.,  detulimus,  quia  te  cupidum  veter  um  imperatorum  esse  perspeximas]. 
Von  diesen  vitae  ist  Avidius  Cassius  sicher  dem  Vulcatius  Grallicanus  za- 
zutheilen,  da  diess  in  den  Hdss.  mit  dem  sonst  nicht  wiederkehrenden 
Zusätze  (V.  G.)  v.  cl.  geschieht  und  der  ganze  Name  gleichfalls  nicht 
wiederkehrt.  Die  übrigen  sechs  werden  in  den  Hdss.  unter  Spartianus  und 
Capitolinus  so  vertheilt  dass  dem  Spart,  ausser  Nr.  1  auch  Nr.  5  und  6 
zugewiesen  wird,  dem  Cap.  Nr.  2  und  3,  sowie  7,  Letzteres  ohne  indi- 
viduellere Angaben  und  gegen  die  Wahrscheinlichkeit,  da  Capitoiinttf 
(unten  378)  sicher  unter  Constantin  und,  wie  es  scheint,  nach  Beaiegung 
des  Licinius  (J.  323)  schrieb.  Ausserdem  haben  2  und  3  (auf  welchen  Etl 
2,  9  voraus  verwiesen  ist:  de  huius  familia  plenius  in  vita  .  .  filii  huiasce 
, .  disseremus;  vgl.  Ver.  1,  6  ff.  nebst  Fr.  Richter  S.  39  g.  E.)  ganz  densdto 


370.    Scriptores  bist,  aug.:   Spartiauus.  815 

Charakter  wie  I  (vgl.  Brooks  p.  28  £P.))  ^^'  7  aber  denselben  wie  6.  In 
beiden  dieselbe  Vorliebe  für  Anführung  von  Briefen  und  Yergüstellen  (wie 
auch  im  Helius]  und  dieselbe  Quellenangabe  (Peso.  Nig.  9,  1 :  haec  .  .  di- 
dicimus  ex  pluribus  libris.  Macrin.  1,  1:  nos  ex  diversis  historicis  eruta 
in  lucem  proferemus,  und  15,  4:  quae  de  plurimis  coUecta  etc.)-  Es  ist 
daher  wahrscheinlich  dass  sie  alle  von  Spartianus  herrühren.  Anderer- 
seits wird  im  Clodius  Albinus  auf  den  Pescennius  (Alb.  1,4:  sortem  illam 
qua  .  .  in  Pescennii  vita  diximus  =:  Peso.  8,  1  f.)  imd  auf  den  Severus 
(Alb.  12,  14:  quae  quidem  omnia  in  vita  eius  posita  sunt  =  Sever.  9—12) 
desselben  Verfassers  zurückverwiesen,  sodass  auch  der  Albinus  von  Spar- 
tianus verfasst  scheint;  und  im  (Richer  spartianischen)  Helius  erläutert  der 
Verfasser  ein(  Angabe  die  er  in  der  vita  Hadriani  gemacht  habe  (Hei. 
5,  5:  de  quo  feuere  cibi  aliter  refert  Marina  Maximus,  non  pentaphar- 
macum  sed  tetrapharmacum  appellans,  ut  et  nos  ipsi  in  eius  vita  per- 
secuti  sumus,  =  Hadr.  21,  4:  unice  amavit  tetrapharmacum).  Ferner 
stimmt  Pius  (der  in  den  Hdss.  dem  Capitolinus  zugeschrieben  wird,  wäh- 
rend der  Zusatz  ad  Diocletianum  Aug.,  wie  beim  Did.  luL,  auf  Interpola- 
tion beruht)  ganz  mit  Hadrianus,  Marcus  und  Severus  (Brooks  p.  23  ff.) 
und  scheint  daher  von  demselben  Verfasser.  Ausserdem  werden  in  den 
Hdss.  dem  Spartianus  zugetheiit  die  vitae  des  Didius  lulianus,  Caracalla 
und  Geta,  letztere  wohl  mit  Unrecht,  da  sie  dem  Constantin  gewidmet  ist, 
und  daher  wohl  auch  die  damit  zusammenhängende  des  Caracalla  (Carac. 
11,1:  occidendi  Getae  multa  prodigia  extiterunt,  ut  in  vita  eius  expone- 
mu8  =>  Get.  3,  3  ff.;  Get.  1,  1:  quaestionem  . .  cur  etiam  Geta  Ani  a  me 
tradatur).  Keinen  sicheren  Gegenbeweis  enthält  die  unpersönliche  Rück- 
verweisung auf  Severus  im  Carac.  1,  2.  Auch  die  Weise  des  Did.  lul.  hat 
(ausser  dem  stemma  zu  Anfang)  wenig  mit  der  spartianischen  gemein. 
Diese  ganze  verwickelte  Frage  ist  neuerdings  von  E.  Brooks  scharfsinnig 
erörtert  worden,  leider  aber  unter  Nichtberücksichtigung  der  Bück-  und 
Vorverweisungen  (vgl.  Fr.  Richter  S.  39—42)  und  unter  einseitiger  Be- 
tonung der  Anlage  und  Ausdrucksweise,  welche  durch  die  jeweils  abge- 
schriebene Quelle  bedingt  sein  wird.  Mit  Sicherheit  kann  für  Spartian 
nur  vom  Helius  ausgegangen  werden. 

6.  Spartian.  Hei.  1,1:  in  animo  mihi  est  . .  non  solum  eos  qui 
principnm  locum  .  .  retentarunt,  ut  usque  ad  divum  Hadrianum  feci,  sed 
iUos  etiam  qui  vel  Caesarum  nomine  appellati  sunt  nee  principes  aut  Au- 
gusti  fiierunt,  vel  quolibet  alio  genere  aut  in  famam  aut  in  spem  prin- 
cipatus  veuerunt,  cognitioni  numinis  tui  stemere.  7,  5:  de  quo  idoirco 
non  tacui  quia  mihi  propositum  fuit  onmes  qui  post  Caesarem  diotatorem, 
h.  e.  divum  lulium,  vel  Caesares  vel  AugustL  vel  principes  appellati  sunt 
quique  in  adoptionem  vener unt  vel  imperatorum  filii  aut  pareutes  Caesa- 
rum nomine  conseorati  sunt  singulis  libris  exponere,  meae  satisfaciens 
conscientiae ,  etsi  multis  nuUa  sit  necessitas  talia  requirendi.  Seine  Ab- 
sicht war  also  eine  vollständige  Eaisergeschichte  in  biographischer  Form. 
Unbekannt  ist  ob  diese  Absicht  wirklich  ausgeführt  wurde;  jedenfalls  ist 
nur  ein  Theil  erhalten.  Seine  Hauptquelle  war  Marius  Maximus  (oben 
358,  5).  Zeitandeutung  HeL  2,  2:  nostris  temporibus  a  festra  dementia 
Maximianus  atque  Coustantius  Caesares  dicti  sunt  (J.  292). 


316  I^ie  Kaiserzeit.    Drittes  Jahrhundert. 

6.  Vulcat.  Gall.  Avid.  Cass.  3,  3:  proposui,  Diodetiane  Aug., 
omnes  qui  imperatonun  nomen  sive  iusta  ex  causa  sive  iniusta  habuenmt 
in  litteras  mittere,  ut  omnes  purpnratos  Angustos  cognosceres.  Sein  Plan 
war  also  etwas  enger  als  der  des  Spartianus  (A.  5).  In  die  erhaltene 
Sammlung  fand  aber  nur  sein  Avidius  Gassius  Aufnahme.  Diese  Tita 
zeichnet  sich  durch  ausgedehnte  Berücksichtigung  des  Briefwechsels  (auch 
der  Antwortschreiben)  aus.    Vgl.  E.  E.  Hudemann,  Philologus  VII.  S.  585 

—  588.   IX.  S.  189  ff. 

7.  Vopisc.  Aurelian.  2,  1:  quoniam  sermo  nobis  de  Trebellio  Pol- 
lione,  qui  a  duobus  Philippis  nsque  ad  divum  Claudium  et  eins  fratrem 
Quintillum  imperatores  tarn  claros  quam  obscuros  memoriae  prodidit, 
.  .  fuit,  adserente  Tiberiano  quod  Pollio  multa  incuriose,  multa  breviter 
prodidisset.  Der  Anfang  des  Antheils  von  Pollio  und  damit  die  Widmung 
ist  verloren.  Er  ist  der  Erfinder  des  müssigen  und  schiefen  Begriffs  der 
XXX  tyranni.  Pollio  XXX  tyr.  1,  1  f.:  scriptis  iam  pluribus  libris,  non 
historico  nee  diserto,  sed  pedestri  adloquio  .  .  in  unum  eos  (die  XXX) 
libellum  contuli,  .  .  maxime  cum  vel  in  Valeriani  vel  in  Gallieni  yita  plera- 
que  de  bis  dicta  . .  constet.  33,  8:  libellum  non  tam  diserte  quam  fide- 
liter  scriptum,  neque  ego  eloquentiam  mihi  videor  pollidtus  esse,  sed 
rem,  qui  hos  libellos  quos  de  vita  principum  edidi  non  scribo,  sed  dicio, 
et  dicto  cum  ea  festinatione  .  .  ut  respirandi  non  habeam  facultatem. 
n,  6  f.:  ut  fidelitas  historica  servuretur,  quam  ego  prae  ceteris  custodien- 
dam  putavi,  qui  quod  ad  eloquentiam  pertinet  nihil  curo.  rem  enim  vobis 
proposui  deferre,  non  verba.  Claud.  11,  5:  vera  dici  fides  cogit,  simul  ut 
sciant  ii  qui  adulatores  nos  aestimari  cupiunt  id  quod  historia  dici  postnlat 
[nos]  non  tacere.  ib.  3,  1:  in  gratiam  me  quispiam  putet  Constantii 
Caesaris  loqui,  sed  testis  est  et  tua  conscientia  et  vita  mea  me  nihil  um- 
quam  cogitasse,  dixisse,  fecisse  gratiosum.  10,  7:  ut  dt  omnibua  clamm 
Constantium  divini  geueris  virum  .  .  esse,  .  .  salvis  Diocletiano  et  Maxi- 
miano  Augg.  et  eins  fratre  Galerio.  Er  schrieb  also  noch  bei  Lebzeiten 
des  Chlorus  (f  25  Juli  306),  aber  nach  Vollendung  der  diocletianischen 
Thermen  (J.  2318  =  304  nach  Hieron.  ehr.);  s.  XXX  tyr.  21,  7:  in  his 
locis  fuerunt  in  quibus  thermae  Diocletianae  sunt  exaedificatae,  tarn 
aeterni  nominis  quam  sacrati.  Sein  Grossvater  hatte  unter  Aurelian  gelebt 
imd  war  dem  Tetricus  befreundet  gewesen  (XXX  tyr.  25,  3).  Valerian. 
8,  5 :  quoniam  vereor  ne  modum  voluminis  transeam,  . .  ad  aliud  volumen 
transeam.  . .  semper  enim  me  vobis  dedidi  . .  et  famae.  GalHen.  14,  2: 
Claudius,  ut  suo  dicemus  loco,  vir  optimus.  XXX  tyr.  31,  5  ff. :  haec  sunt 
quae  de  XXX  tyrannis  dicenda  videbantur.  . .  nunc  ad  Claudium  prind- 
pem  redeo.  de  quo  speciale  mihi  volumen  .  .  videtur  edendum.  Claud. 
1,  1:  ventum  est  ad  principem  Claudium,  qui  nobis  intuitu  Constanti  Cae- 
saris cum  cura  in  litteras  digerendus  est.  XXX  tyr.  31,  10:  nemo  in 
templo  Pacis  dicturus  est  me  feminas  inter  tyrannos,  . .  ut  ipsi  de  me  so- 
lent  cum  risu  et  ioco  iactitare,  posuisse.    Richter  (Rhein.  Mus.  VH.)  S.  20 

—  23.    H.  Peter,  bist.  crit.  p.  9  f. 

8.  Vopisc.  Aurelian.  44,  2 :  Herennianus  teste  Asclepiodoto  saepe  dioe- 
bat  Diocletianum  frequenter  dixisse,  und  44,  3:  Asclepiodotus  . .  perhibet 

9.  Vopisc  Car.  18,  5 :  quorum  (des  Diocletian  und  seiner  3  Collegen)  vitam 
singulis  libris  Claudius  Eusthenius,  qui  Diocletiano  ab  epistulis  fuit,  8CEq)sii 


370  f.    Gallicaiius.    Trebellius  PoUio.    Codex  Gregoriauus.       817 

10.  Ueber  den  Zctykto^o^  toTogmog  bei  Ljd.  magg.  III,  32.  s.  oben 
352,  4. 

tl.  Aus  dem  Ende  des  Jahrb.  ist  die  älteste  lateinische  Uebersetzung 
des  Romans  von  Pseudo  -  Eallisthenes  über  Alexander  d.  Gr.  (aus  J.  200) 
unter  dem  Titel  Res  gestae  Alexandri  Macedonis  translatae  ex  Aesopo 
Graeco  und  dem  Namen  des  lulius  Yalerius.  Sie  ist  im  Itinerar.  Alex, 
(aus  J.  340—346)  bereits  benützt.  Vgl.  C.  Kluge,  de  it.  Alex.  p.  34  —  46. 
Ueber  den  Sprachgebrauch  des  lul.  Yal.  (z.  B.  häufig  ^uod  statt  acc.  c. 
inf.)  vgl.  ib.  p.  46—49.  61 — 54.  Erstmals  herausgegeben  wurde  sie,  aus 
einem  codex  Ambrosianus,  von  A.  Mai  an  den  Itiu.  Alex.  (Mediol.  1817.  4.) 
und  (ergänzt)  in  den  Classici  auctt.  e  codd.  vaticanis  VII.  p.  61  ff.  Vgl. 
Spicileg.  rom.  VIII.  p.  613  ff.  J.  Zacher,  Pseudo -Eallisthenes,  Halle  1867. 
Auch  eine  abgekürzte  Fassung  dieser  Uebersetzimg  (saec.  Y)  ist  erhalten 
und  herausgegeben  von  J.  Zacher,  lulii  Valerii  epitome;  zum  ersten  Mal 
herausgegeben,  Halle  1867.  XIV  u.  64  S. 

12.  Zu  den  Geschichtsquellen  aus  der  Zeit  Diocletians  gehört  das  von 
Mommsen  in  Verona  gefundene  und  herausgegebene  Provinzenverzeichniss 
vom  J.  297,  Abhandl.  d.  Berl.  Akad.  von  1862,  S.  489—531.  Vgl.  Revue 
arch^ol  XIII  (1866)  p.  377  ff.  XIV.  p.  369  ff.  XV.  p.  1  ff".  Vom  Ende  des 
J.  301  ist  Diocletians  edictum  de  pretiis;  Th.  Mommsen,  Diocletians 
Edict  u.  s.  w.  Leipzig  1851.  H.  W.  Waddington,  ^dit  de  Diocletien  etc. 
publik  avec  de  nouveaux  fragments  et  un  commentaire,  Paris  1864.  Vgl. 
K.  Keil,  Rhein.  Mus.  XIX.  S.  610  —  614. 

371.  Durch  die  Theilung  des  Reichs  und  der  Regierungs- 
gewalt war  die  Möglichkeit  widerstreitender  Rechtsentscheidun- 
gen und  daher  Rechtsunsicherheit  entstanden.  In  Folge  dessen 
hatte  man  unter  Diocletian  das  Bedürfniss  das  geltende  Recht^ 
soweit  es  auf  kaiserlichen  Verfügungen  beruhte^  zusammenzu- 
stellen. Daher  die  Sammlung  von  Constitutionen  der  Kaiser 
von  Hadrian  bis  Diocletian^  veranstaltet  durch  einen  Juristen 
Gregorianus,  der  codex  Gregorianus.  Im  vierten  Jahrhundert 
wurde  dieser  ergänzt  durch  die  ähnliche  Sammlung  des  Her - 
mogenianus^  welche  in  dreierlei  Bearbeitungen  vom  J.  291 
bis  365  reichte.  Beide  Sammlungen  sind  nur  noch  in  den  Ent- 
lehnungen vorhanden  welche  daraus  besonders  in  Justinians 
Codex  sich  finden. 

1.  Die  üeberreste  des  codex  Greg,  und  Hermog.  am  besten  heraus- 
gegeben von  G.  Hänel  im  Bonner  Corpus  iuris  anteiust.  (Bonn.  1837.  4.): 
Codicis  Gregoriäni  et  codicis  Hermog.  fragmenta  ad  XXXVI  librorum 
msB.  . .  fidem  recogn.  et  annot.  crit.  instruxit.  Chr.  Fr.  Pohl,  diss.  de  codd. 
Greg,  atque  Herrn.,  Lips.  1774.  4.  Zimmern,  Gesch.  d.  röm.  Privatr.  I,  1. 
S.  167 — 164.  H.  F.  Jacobson,  diss.  crit.  de  codd.  G.  et  H.,  Königsberg 
1826.  Hänels  praefationes.  Budorff,  röm.  Bechtsg.  I.  S.  274—277.  Huschke, 
über  den  Gr.  u.  H.  codex,  Zeitechr.  f.  Rechtsgesch.  VI  (1867).  S.  279—331. 

Teuf  fei,  röm.  Uleralurgetehichte.  5^ 


918  Die  Kaiserzeit.    Drittes  Jahrhundert. 

2.  Der  Titel  codex  Gregorianus  ist  wohl  eine  beqaeme  Abkürzuug 
des  ursprünglichen,  der  etwa  lautete:  Gregoriani  codex  constitutionum 
principalium.  Die  älteste  sichere  Constitution  daraus  ist  vom  J  196;  aber 
da  der  aus  ihm  geschöpfte  codex  lust.  auch  eine  von  Hadrian  enthält,  so 
wird  Greg,  mit  diesem  begonnen  haben.  Die  späteste  Constitution  des 
Gr.  ist  vom  J.  295,  um  welche  Zeit  die  Sammlung  wohl  herausgegeben 
wurde.  Diocletian  und  Maximian  us  waren  darin  domini  nostri  genannt 
(Collat.  1, 10).  Huschke  S.  280—286.  Anregung  durch  Diocletian  ist  wahr- 
scheinlich, da  von  den  scriptores  bist.  aug.  (s.  370),  welche  gleichfalls  mit 
Hadrian  beginnen,  diess  gewiss  ist.  Vorgänger  Papirius  lustus,  oben  346,  7. 
Seitenstück  Julians  Bedaction  des  prätorischen  Edicts  (oben  327,  2).  Als 
eine  Sammlung  des  kaiserlichen  ins  generale  umfasste  der  cod.  Gr.  Con- 
stitutionen aller  Art,  mit  Ausscheidung  des  Veralteten.  Ordnung  wahr- 
scheinlich die  auch  im  cod.  lust.  im  Wesentlichen  befolgte  des  Edicts. 
umfang  etwa  16  Bücher,  imgefähr  wie  cod.  Theod. ,  welcher  selbst  auch 
ad  similitudinem  Gregoriani  atque  Uermogeniani  codicis  (cod.  Theod.  I, 
1,  6)  angelegt  ist.  Die  drei  letzten  Bücher  scheinen  das  Criminabredit 
enthalten  zu  haben.  Aufgenommen  waren  die  Urkunden  selbst,  mit  In- 
scriptionen  und  Subscriptionen;  einzelne  waren,  wegen  der  undatierten 
im  cod.  lust.,  den  Schriften  von  Juristen  entnommen.  Huschke  S.  294 — 303. 
314  —  321. 

3.  Der  codex  Hermogenianus  wird  immer  nach  dem  Greg,  ge- 
nannt und  aus  ihm  nur  Titel  (nicht  Bücher)  angeführt.  Er  war  daher 
wohl  eine  Ergänzung  des  Greg.  Aus  dem  Herm.  werden  nur  Bescripte 
citiert,  das  früheste  vom  J.  291.  Nach  Dig.  IV,  4,  17  war  die  Sammlung 
später  als  Constantins  Verordnung  vom  J.  331  dass  vom  praef.  praet  nicht 
weiter  appelliert  werden  könne.  Consult.  9,  1  —  7  weist  ihm  aber  noch 
sieben  von  Valentinian  und  Valens  aus  J.  364  f.  zu.  Die  letzte  Ausgabe 
scheint  somit  um  366  veröffentlicht  zu  sein;  vgl.  Sedul.  pasch«  op.  praef. 
(p.  149  Arev.):  cognoscant  Hermogenianum ,  doctissimum  iuris  latorem, 
tres  editiones  sui  operis  confecisse.  Sie  unterschieden  sich  von  einander 
wohl  hauptsächlich  durch  Berücksichtigung  nachgekommener  Bescripte. 
Huschke  S.  291—294. 

4.  Index  florent.  nennt  unter  den  Quellen  der  justinianischen  Di* 
gesten  an  letzter  Stelle  'EQftoysviavov  inizonoiv  ßißX^a  ?£  {ixovat  cxi%.  el.]^ 
ein  Auszug  aus  dem  ins,  verfasst  ums  J.  339;  s.  J.  Gothofredus  prolegg. 
ad  cod.  Theod.  p.  CCX.  Die  Excerpte  daraus  bei  Hommel  PaUng.  I. 
p.  186—194.  J.  Finestres,  comm.  in  Herm.  icti  iuris  epitomarum  libros  VI, 
Cervar.  1757.  4.  2  Voll. 

372.  Dem  Ende  des  dritten  Jahrhunderts  gehört  wahr- 
scheinlich der  Metriker  Terentianus  ans  Maoretanien  an. 
Er  yerfasste  in  seinen  späteren  Jahren,  nach  dem  Vorgänge 
des  Caesius  Bassns  und  dem  Lehrbuche  seines  Landsmannes 
luba,  in  gebundener  Form  ein  kurzes  Lehrbuch  de  litteris,  syl- 
labis,  metris,  gerichtet  an  seinen  Sohn  Bassinus  und  Schwieger- 
sohn Novatus.     Es  besteht  aus  drei  Theilen,  von  welchen  der 


..^a 


371  f.    Codex  fiermogenianus.    TereDtianuB  Maurus.  819 

letzte  in  unvollendeter  Gestalt  auf  uns  gekommen  ist.  Materiell 
ohne  Selbständigkeit;  legt  es  um  so  rühmenderes  Zeugniss  ab 
von  der  Gewandtheit  des  Verfassers  in  der  Handhabung  manch- 
faltiger  metrischer  Formen. 

1.  Mar.  Victor,  p.  2529  P.:  TerentianaB,  uon  poenitendos  inter  cete- 
r08  artis  xnetricae  auctor.  Terentian.  1969  fiP.  (nach  Anführung  eines  Bei- 
spiels aus  Pomponius  Secundus):  non  equidem  possum  tot  priscos  nosse 
poetas  ut  veterum  exemplis  valeam  quae  tracto  probare;  Maurus  item 
quantos  potui  cognoscere  Graios?  .  .  nemo  tarnen  culpet  si  sumo  exempla 
novella,  worauf  er  den  Septimius  Serenus  (oben  360,  3)  citiert,  wie  anderswo 
den  Alfius  Avitus  (oben  360»  1).  Durch  diese  Thatsachen  wird  unzweifel- 
haft dass  das  Zeitalter  des  Ter.  von  Lachmann  (p.  XI)  richtig  bestimmt 
ist;  vgl.  L.  Müller  de  re  metr:  p.  65.  99.  Westphal,  allg.  Metrik  S.  44.  71. 
Bedenken  dagegen  von  6.  Studer,  Rhein.  Mus.  II.  S.  63—66.  Gräfenhan, 
Gesch.  d.  class.  Philol.  lY.  S.  99.  134  f.  setzt  ihn,  gemäss  der  früheren 
Identificierung  mit  dem  Terentianus  qui  nunc  niliacam  regit  Syenen  bei 
Martial.  I,  86,  6  f ,  unter  Nerva  und  Trajan. 

2.  Terent.  Vorwort  (stichische  Glykoneen)  51  ff. :  sie  nostrum  senium 
quoque  .  .  angustam  studii  viam  et  callem  tenuem  terit.  (59  f.)  quid  sit 
littera,  quid  duae,  iunctae  quid  sibi  syllabae.  Diess  wird  im  ersten  Theile 
(in  Sotadeen)  ausgeführt,  v.  85 — 278  (sat  duco  meas  hactenus  occupasse 
nugas).  Darauf  (v.  342 — 1281)  de  syllabis  (versus  heroici)  in  trochäischen 
Tetrametem  und  daktylischen  Hexametern,  nach  einem  Vorworte  (279 
—341),  welches  aber  vielmehr  ein  Epilog  ist.  Es  beginnt:  sy Ilabas  . .  dis- 
putatas  attuli  versibus,  sane  modorum  quo  sonora  laevitas  addita  stili 
levaret  sicdoris  taedium.  haec  prius,  Bassine  fili  et  tu  gener  Novate  mi, 
perpolite  qua  potestis  crebriore  limula.  319  ff.:  morosa  intentio  tam  le- 
gentis  debet  esse  quam  fuit  nobis  quoque,  qui  .  .  forsitan  nee  lecta  multis 
e  latebris  scalpsimus,  ardui  laudem  expetentes,  non  favorem  ex  obvüs. 
348  f.:  hoc  opus,  de  syllabis  quod  recepi  nunc  loquendum.  Die  erste 
Hälfte  wiederholt  in  erweiterter  Gestalt  den  Inhalt  des  in  Sotadeen  ge- 
schriebenen opusculum  de  litteris.  Die  Erörterung  der  Sylbenprosodie 
beginnt  erst  997.  Zweiter  Epilog  1282  —  1299:  forsitan  hunc  aliquis  ver- 
bosom  dicere  librum  non  dubitat  etc.  (1291  f.:}  haec  ego  cum  scripsi  bis 
quinis  mensibus  aeger  pendebam  etc.  (1296  ff. :)  sie  varios  tam  longa  dies 
renovando  dolores  duxit  ad  hoc  tempus  semper  sine  fine  minando.  cum 
potui  tarnen  obrepens  incepta  peregi,  quo  vitae  dubius  vel  sie  vixisse  vi- 
derer.  Der  dritte  Theil  handelt  de  metris  (v.  1300— 2981),^  mit  besonderer 
Berücksichtigung  des  (CatuU  und)  Horaz  (von  v.  2914  an  ausschliesslich 
die  Epodenmasse) ;  daher  die  üeberschrift  der  ed.  princeps  „de  metris 
Horatü**  ursprünglich  sein  könnte.  Die  Einleitung  handelt  (abermals)  kurz 
de  syllabis,  litteris,  dann  (1335  ff.)  de  pedibus.  Die  specielle  Metrik  be- 
ginnt V.  1580,  ist  wohlgeordnet  und  bildet  je  das  besprochene  Mass  nach. 
Dieser  Theil  hat  weder  Vorwort  noch  Schluss;  auch  finden  sich  Wieder- 
holtmgen  früherer  Verse  (1306—1312=3  357  f.  360—364)  und  sonstige  Spu- 
ren der  Nichtvollendung  (Lachmann  p.  IX).  Terentianus  de  litteris  (=  v.  183) 
citiert  Priscian.  XIII.  15  (II.  p.  10  H.);  Terentianus  de  syllabis  (=»  v.  283) 
id.  VII,  22  (p.  305  H.). 

52* 


-Y 


82()  I^ie  Kaiserzeit.    Drittes  Jahrhundert. 

3.  Von  den  drei  Theilen  (oder  Büchern)  ist  der  wichtigste  der  dritte, 
die  Metrik,  trotz  mancher  Missverständnisse  und  Unzulänglichkeiten  (z.B. 
1797) f  als  Wiedergabe  einer  älteren  Metrik,  in  welcher  auch  griechische 
Beispiele  gegeben  waren  (vgl.  2128).  Dieses  Original  war  wohl  das  Werk 
des  Caeaius  Bassus  (oben  287,  1—3),  wahrscheinlich  nach  der  Bearbeitung 
des  Juba  (oben  366,  1  f.).  R.  Westphal,  allg.  Metrik  (1865)  S.  56-72. 
127—130.  —  Griech.  Metrik«  I.  S.  138—153. 

4.  Der  Text  des  Ter.  beruht,  da  die  vollständigen  Hdss.  seitdem 
verloren  gegangen  sind,  auf  der  editio  princeps  (Mediolani  1497.  4.)  mit 
dem  Titel:  Terentianus  de  litteris  syllabis  et  metris  HoratiL  Spätere 
Ausgaben  Paris.  1510.  1631.  4.  Venet.  1533.  4.  In  Putsche's  grammatid 
lat.  p.  2383  ir.  Mit  umständlichem  Commentar  von  L.  Santen  (ed.  D.  J. 
van  Lennep),  Utrecht  1825.  4.  Recensuit  C.  Lachmannus,  Berol.  1836.  An 
Gaisfords  Hephaestion  (Oxon.  1855)  I.  p.  215—315;  annotationes  II.  p.  349 
—642. 

5.  Ungefähr  aus  derselben  Zeit  scheint  auch  die  aus  gleicher  QueUe 
geschöpfte  Metrik  des  Pseudo  Atilius  zu  stammen;  s.  oben  357,  9. 

6.  Ueber  Flavius  grammaticus  s.  unten  374,  1. 

373«  Noch  unter  Diocletian  schrieb  der  Rhetor  Arno- 
bius  zu  Sicca  in  Nuinidien  ums  J.  295,  nach  seinem  üeber- 
tritt  zum  Christenthum,  zur  Rechtfertigung  dieses  Schrittes, 
seine  sieben  Bücher  adversus  nationes.  Diese  Apologie  hält 
sich  überwiegend  polemisch  und  verräth  wenig  Verstandniss  des 
Ghristenthums.  Den  Polytheismus  bekämpft  sie  mit  rhetorischer 
Masslosigkeit;  Vorliebe  für  das  Derbe  und  in  buntscheckige^ 
Sprache. 

1.  Hieronym.  chron.  ad  a.  Abr.  2343  =  329  =  1082  d.  St  (wahr 
scheinlich  das  Todesjahr  des  Am.):  Amobius  rhetor  in  Africa  clarui 
habetur,  qui  cum  Siccae  ad  declamandum  iuvenes  erndiret  et  adhoc 
ethnicns  ad  credulitatem  (d.  h.  zum  Christenthuro)  somnüs  compelleretur, 
neque  ab  episcopo  impetraret  fidem  quam  semper  impugnaverat,  elaco- 
bravit  adveraum  pristinam  religionem  luculentissimos  libros  et  tandem,  yeloti 
quibusdam  obsidibus  pietatis  (datis),  foedus  impetravit.  De  vir.  illustr.  79: 
Amobius  sub  Diocletiano  principe  Siccae  apud  Africam  florentissime  rfae- 
toricam  docuit  scripsitque  adversum  gentes  quae  yulgo  extant  volumioa. 
Epist.  70,  5  (ad  Magnum):  Septem  libros  adv.  gentes  Arnobius  edidii 
ibid.  58  (ad  Paulin.),  10  (p.  326  ValL):  Arnobius  inaequalis  et  nimias  et 
absque  operis  sui  partitione  confusus.  Für  die  Abfassung  der  Schrift 
ums  J.  295  =  1048  d.  St.  vgl.  I,  13:  trecenti  sunt  anni  forme,  minus  vel 
plus  aliquid,  ex  quo  coepimus  esse  christiani  et  terrarum  in  orbe  censeri, 
und  11,  71:  aetatis  cuius  urbs  Roma  in  annalibus  indicatur?  annos  dadt 
quinquaginta  et  mille,  aut  non  multum  ab  his  minus.  Unbestimmte  flio- 
deutung  auf  Christenverfolgungen  der  Vergangenheit  lY,  36:  nostra  scripta 
cur  ignibus  meruerunt  dari,  cur  immaniter  conventicula  dirui? 


373.    Araobius.  821 

2.  Amob.  I,  1 :  quoniam  comperi  nonnullOB  . .  dicere,  postquam  esse 
in  mundo  christiana  gens  coepit  terrarum  orbem  perisse,  .  .  statoi  pro 
captu  ac  mediocritate  sermonis  contraire  invidiae  et  calumniosas  dissolvere 
criminationes.  Dies  geschieht  in  B.  I,  das  zuletzt  in  eine  Rechtfertigung 
der  Anfänge  des  ChristenthumB  verläuft.  Dort  c.  62  die  Behauptung: 
Christus  interemptus  est  non  ipse,  sondern  homo  quem  induerat  et  secum 
ipse  portabat.  B.  II  vergleicht  die  Lehren  der  Philosophie  und  des  Christen - 
thums  und  gibt  eine  gnostisch  gefärbte  Psychologie.  B.  III — V  polemi- 
sieren gegen  die  heidnische  Mythologie,  VI  und  VII  gegen  Tempel-  und 
Bilderdienst,  Opfer  und  Schauspiele.  Seine  Quellen  nennt  Am.  nicht,  ob- 
wohl er  seine  Vorgänger,  unter  den  Griechen  besonders  den  JTpOTpexprtxo^ 
des  Clemens  Alex.,  stark  benützt  hat.  Am  meisten  Ausbeute  liefern  ihm 
Epikureer  (wie  Lucretius,  vgl.  E.  Elussmann  im  Philologus  XXVI.  S.  362 
—  366),  Rationalisten  (wie  der  Euhemerus  des  Ennius),  Antiquare  wie 
Varro.  Durch  die  Menge  des  zusammengerafften  Stoffes  hat  Am.  auch 
antiquarischen  Werth. 

3.  Eenntniss  des  Alten  Testaments  besitzt  Am.  nicht,  und  von  dem 
Neuen  nur  sehr  ungenaue  (Oehler  p.  XIII — XVIII).  Die  Göttlichkeit  Christi 
gründet  er  fast  ausschliesslich  auf  seine  Wunder,  welche  I,  48  in  einer 
Weise  ausgeftlhrt  werden  dass  es  zweifelhaft  erscheint  ob  Am.  die  Evan- 
gelien selbst  gelesen  hat.  An  ihm  selber  bewährt  sich  keineswegs  seine 
Behauptung  (I,  58):  numquam  veritas  sectata  est  fucum,  nee  quod  ex- 
ploratum  et  certum  est  circumduci  se  patitur  orationis  per  ambitum  lon- 
giorem;  eher  seine  lockeren  Ansichten  über  Barbarismen  und  Solöcismen 
I,  59.  Häufung  rhetorischer  Figuren,  z.  B.  II,  39 — 42  fortwährend  die 
Anaphora  und  rhetorische  Frage  idcirco  (deus)  animas  misit  ut  etc.  Be- 
sonders liebt  Arn.  die  Verbindung  synonymer  Ausdrücke. 

4.  Der  Text  des  Am.  beruht  einzig  auf  einem  Parisinus  saec.  IX 
(8.  oben  350,  5),  in  welchem  die  Schrift  Adversus  nationes  betitelt  ist. 
Ed.  princeps  von  F.  Sabaeus,  Rom.  1543  fol.  Ausgaben  von  Gelenius 
(Basil.  1546.  1560),  Cantems  (Antv.  1582),  ürsinus  (Rom.  1583),  Elmenhorst 
(Hanov.  1603.  flamb.  1610),  Stewechius  (Antv.  1604),  Salmasius  (Lugd.  B. 
1651),  in  Gallandi  bibl.  patr.  IV.  p.  133—224,  und  von  Oberthür  (Würz- 
burg 1783).  Ed.  J.  C.  Orelli,  Lips.  1816.  Ex  nova  cod.  Paris,  collatione 
rec,  perpet.  comm.  instr.  G.  F.  Uildebrand,  Halle  1844.  In  Migne's  cursus 
compl.  V  (Paris  1844)  Text  p.  718—1288;  allerhand  Abhandl.  ib.  p.  851—714. 
1291—1372.    Rec.  ill.  Fr.  Oehler  (in  Gersdorfs  bibl.  patr.  XII),  Lips,  1846. 

• 

5.  Ueber  Amobius  vgl.  R.  Ceillier,  bist.  g6n4r.  des  auteurs  sacr^s  etc. 
III.  p.  373—387.  Th.  Hug  in  Pauly's  Real-Enc.  I,  2.  S.  1747—1760. 
J.  Meursius,  criticus  Amobianus,  Lugd.  B.  1598.  J.  C.  Bulenger,  eclogae 
ad  Am.,  Tolos.  1623.    Le  Nourry,  Apparat,  ad  bibl.  patr.  IL  p.  257—570. 

6.  E.  Elussmann,  emendationes  Amobianae,  Lips.  1863.  4;  Philologus 
XXVI.  S.  623—641.  Th.  Hug,  Beiträge  zur  Krit.  lat  Pros.  (Basel  1864) 
8.  21  —  31. 

374.  Des  Amobius  Schüler  in  der  Beredtsamkeit^  Lactan- 
tius  Firmianus,  Lehrer  der  Rhetorik  in  Nikomedia,  später 


322  ^^^  Kaiserzeit.    Drittes  Jahrhundert. 

im  Westen  Lehi'er  des  Prinzen  Crispus,  zeichnet  sich  vor  allen 
christlichen  Schriftstellern  aus  durch  die  Reinheit  und  Glätte 
seiner  nach  den  besten  Mustern  gebildeten  Darstellung.  Auch 
hat  ihm  sein  Uebergang  zum  Christenthum  die  Dankbarkeit 
gegen  die  Quellen  aus  denen  er  bisher  seine  geistige  Nahrung 
geschöpft  nicht  gemindert.  Minder  correct  als  seinen  Stil  fand 
die  spätere  Zeit  seine  Orthodoxie.  Von  seinen  zahlreichen  Schrif- 
ten in  Prosa  und  Versen  sind  die  bedeutendsten  auf  uns  ge- 
kommen :  seine  sieben  Bücher  Institutionum  divinarum,  eine  po- 
puläre ^  apologetisch  gehaltene  Darlegung  der  christlichen  Lehre 
als  der  höchsten  Wahrheit,  die  wir  auch  in  kürzerer  Fassung 
besitzen ;  De  opificio  dei,  eine  populäre  Anthropologie  aus  christ- 
lichen Gesichtspunkten;  De  ira  dei,  eine  ähnliche  Bearbeitung 
der  Lehre  von  Gott.  Fanatischer  als  die  unzweifelhaften  Schrif- 
ten des  Lactantius,  sonst  aber  seiner  Weise  nicht  unähnhch 
ist  die  unter  dem  Namen  L.  Caecilius  überlieferte  geschichtiich 
wichtige  Tendenzschrift  über  das  Ende  aller  Verfolger  des 
Christenthums  von  Nero  bis  Gralerius  und  Maximinus  Daza. 

1.  HieroDym.  de  vir.  ill.  80:  Firmianus,  qui  et  Lactantius,  Ar- 
nobii  discipalus,  sab  Diocletiano  principe  accitus  cum  Flavio  grammatico, 
cuiuB  De  medicinalibuB  versu  compositi  extant  libri  (vgl.  contra  lovin.  11. 
p.  332  Vall.:  Marcelliim  Sidetem  et  nostrum  Flavium  hexametris  versibos 
disserentes;  Plin.  Val.  de  re  med.  III,  14),  Nicomediae  rhetoricam  docuit 
et  penuria  discipuloram ,  ob  graecam  videlicet  civitatem,  ad  scribendom 
86  contnlit.  .  .  hie  eztrema  senectute  magister  Caesaris  Crispi,  filii  Constan- 
tini,  in  Gallia  fuit,  qui  postea  (J.  326)  a  patre  interfectus  est.  Chron.  ad 
a.  2333  =  319  n.  Chr.:  Crispum  Lactantius  latinis  litteris  erudivit,  vir 
omniam  sao  tempore  eloqueutisBimuB,  sed  adeo  in  hac  vita  pauper  ut  ple- 
rumque  etiam  necessarüs  iudiguerit.  Epist.  70,  5  (ad  Magnom):  septem 
libros  adversuB  gentes  Amobius  edidit  totidemque  disdpnlus  eins  Lactan* 
tias,  qui  De  ira  quoque  et  Opificio  dei  duo  volumina  condidit;  quos  n 
legere  yolueris  dialogorum  Ciceronis  in  eis  initouriv  reperies.  58,  10  (ad 
Paulin.]:  Lactantios  quasi  quidam  fluvius  eloquentiae  tullianae  ntinam  tarn 
nostra  affirmare  potuisset  quam  facile  aliena  destruxit !  Lactant.  inst.  Y,  2: 
ego  cum  in  Bithynia  oratorias  litteras  accitus  docerem.  I,  1 :  professio  . . 
illa  oratoria  in  qua  diu  versati  non  ad  virtutem,  sed  plane  ad  argntam 
malitiam  iuyenes  erudiebamus.  . .  multum  tarnen  nobis  ezercitatio  üla 
fictarum  litium  contulit  ut  nunc  maiore  copia  et  facultate  dicendi  causam 
veritatis  peroremus.  III,  13:  equidem  tametsi  operam  dederim  ut  ..  di- 
cendi assequerer  facultatem  propter  studium  doceudi  tarnen  eloquens  nom- 
quam  fui,  quippe  qui  forum  ne  attigerim  quidem.  Lact,  ist  wohl  itaUschen 
Ursprungs,  da  er  die  Bömer  als  nostri  (inst.  I,  5.  p.  11,  2  Fri.)  den  Graed 
(ib.  p.  2,  17)  gegenüber  zu  stellen  pflegt. 

2.  Hieron.  vir.  ill.  80:  babemus  eins  Symppsium,  quod  adolescentolos 
scripsit,  *Odoi9ropix6v  de  Aüica  usque  Nicomediam,  hexametris  scripiiiiQ 


'     374.    LactantiuB.  823 

yersibiiB,  et  alium  librum  qui  ii^cribitur  GrammatioaB,  et  pulcherrimam 
De  ira  dei  et  Institutionum  diviDarum  advenom  gentes  librOB  VII  et  *£»&- 
xofu^v  eiusdem  operis  in  libro  uno  acephalo  et  Ad  Asclepiadem  libros  II; 
De  persecutione  librum  unum;  Ad  Probum  fipistolarum  libros  IV;  Ad 
Severam  (vgL  vir.  ill.  111)  epistolarum  libros  II;  Ad  Demetriauum  audi- 
torem  snum  epistolarum  libros  II;  Ad  eundem  de  opificio  dei  vel  forma- 
tioue  hominis  librum  unum.  Auf  den  Grammaticus  bezieht  sich  wohl 
Victoriu.  de  carm.  her.  5  (p.  1957  P.):  nostra  quoque  memoria  Lactantius 
de  metris  pentameter,  inquit,  et  tetrameter.  Die  Briefe  ad  Probum  stam- 
men vielleicht  noch  aus  der  vorchristlichen  Zeit  des  Lact,  und  behandelten 
(vorzugsweise)  Gegenstände  aus  dem  Gebiete  der  Gelehrsamkeit,  während 
die  ad  Demetriammi  Christliches  erörterten.  Hieron.  epist.  84,  7  (ad  Pam- 
mach.  et  Oc):  Lactantius  in  libris  suis  et  maxime  in  epistolis  ad  Deme- 
triauum Spiritus  sancti  omnino  negat  substantiam  et  errore  iudaico  dicit 
eum  vel  ad  patrem  referri  vel  ad  fiiium;  und  comm.  in  ep.  ad  Gal.  4,  6: 
multi  per  imperitiam  scripturarum,  quod  et  Firmianus  in  octavo  (?  Vall.: 
altero)  ad  Demetrianum  epistolarum  libro  facit,  asserunt  spiritum  s.  saepe 
patrem,  saepe  fiiium  nominari  etc.  Damasus  an  Hieronymus  (Hier.  opp. 
ed.  Vall.  I,  1.  p.  159):  fateor  tibi,  eos  quos  mihi  iampridem  Lactantii 
dederas  libros  ideo  non  libenter  lego  quia  et  plurimae  epistolae  eins  usque 
ad  mille  spatia  versuum  tenduntur  et  raro  de  nostro  dogmate  disputant; 
quo  fit  ut  et  legenti  fastidium  gener  et  longitudo  et  si  qua  brevia  sunt 
Bcholasticis  magis  sint  apta  quam  nobis,  de  metris  et  regionum  situ  et 
philosophis  disputantia.  Bufin.  de  metr.  p.  2712  P.:  Firmianus  ad  Probum 
de  metris  comoediarum  sie  dicit  etc.  Hieron.  comm.  in  ep.  ad  Gal.  (Opp. 
ed.  Vall.  Vn,  1.  p.  426):  Lactantii  nostri  quae  in  tertio  ad  Probum  volu- 
mine de  hac  gente  (Galatae)  opinatus  sit  verba  ponemus.  F.  Osanu,  Bei- 
träge n.  S.  365 — 367.  Die  Absicht  eine  eigene  Schriffc  gegen  die  Juden 
zu  schreiben  (inst.  VII,  1  extr.:  sed  erit  nobis  contra  ludaeos  separata 
materia,  in  qua  illos  erroris  et  sceleris  revincemus)  scheint  Lact,  nicht  aus- 
geführt zu  haben. 

8.  De  opificio  dei.'  Widmung:  quam  minime  sin)  quietus,  etiam 
in  summis  necessitatibus  (vgl.  A.  1),  ex  hoc  libello  poteris  existimare,  quem 
ad  te  rudibus  paene  verbis,  .  .  Demetriane,  perscripsi,  ut  et  quotidianum 
Studium  meum  nosceres  et  non  deessem  tibi,  praeceptor  etiam  nunc,  sed 
honestioris  rei  meliorisque  doctrinae  (als  früher  in  der  Beredtsamkeit). 
. .  profiteor  nulla  me  necessitate  vel  rei  vel  temporis  impediri  quominus 
aliquid  excudam  quo  philosophi  nostrae  sectae  quam  tuemur  instructiores 
doctioresque  in  posterum  fiaut.  .  .  teutabo  .  .  corporis  et  animi  . .  ratio - 
nem  explicare.  Auch  der  somatische  Theil  wird  eingehend  behandelt,  nach 
Aristoteles  und  den  Stoikern,  teleologisch  und  theologisch.  Verg^  und 
LucretiuB  werden  öfters  angeführt.  Letzterer  bekämpft.  Schluss  (c.  20): 
haec  ad  te,  Demetriane,  Interim  pauds  et  obscurius  fortasse  . .  peroravi, 
. .  plura  et  meliora  laturus  si  nobis  indulgentia  coelitus  venerit.  tunc  ego 
te  ad  verae  philosophiae  doctrinam  et  planius  et  verius  cohortabor.  statni 
enim  quam  multa  potero  litteris  tradere  quae  ad  vitae  beatae  statum 
gpectent,  et  quidem  contra  philosophos.  . .  incredibilis  enim  vis  eloquen- 
tiae  etc.  Offenbar  eine  Hindeutung  auf  die  institutiones ,  welche  hiemach 
vielleicht  ursprünglich  gleichfalls  seinem  Schüler  Demetrianus  gewidmet 


g24  ^ie  Kaiserzeit.    Drittes  Jahrhundert. 

waren;   vgl.  A.  4.    Ausgabe  der  Schrift  cum  notis  Des.   Erasmi   (Baal. 
1629.  Paris.  1529),  Willichii  (1642). 

4.  Lact.  Instit.  I,  1  (p.  4,  4  Fr.):  veritatis,  ciü  asserendae  atque 
illustrandae  Septem  volumina  destinavimuB.  .  .  quae  licet  possit  sine  elo- 
quentia  defendi,  .  .  tarnen  claritate  ac  nitore  sermonis  (vgl.  V,  2:  omate 
copioseque)  ülustranda  . .  est,  ut  potentius  in  animos  influat  (p.  2  n.  M.]. 
si  quidam  prudentes  .  .  institutiones  civilis  iiuis  compositas  ediderunt, 
..  quanto  melius  nos  .  .  divinas  institutiones  litteris  persequemur. 
Vgl.  de  ira  2:  horum  imperitiam  iam  coarguimus  in  secundo  divinarom 
institutionum  libro.  . .  quos  ex  parte  iam  refutavimus  in  quarto  rapra 
dicti  operis  libro.  11:  docuimus  in  nostris  institutionibus.  17:  quiboa 
in  sezto  libro  institutionum  satis  respondimus.  Das  erste  Buch  hat  in 
den  Hdss.  die  Ueberschrift  De  falsa  religione,  B.  II:  de  origine  erroris; 
III:  de  falsa  sapientia;  IV:  de  vera  sapientia;  Y:  de  iustitia;  VI:  de 
vero  cultu;  VII:  de  vita  beata.  Das  Christenthum  will  er  erweisen  als 
cum  solam  religionem  tum  etiam  et  solam  et  veram  sapientiam  (V,  4  extr.}; 
es  ist  ihm  die  geofiPenbarte  veritas  und  iustitia.  Seine  Vorg^ger  Minudus 
Felix,  Tertullian  und  Cjprian  nennt  (z.  B.  V,  1)  und  benützt  er.  Sehr 
häufig  citiert  er  aber  auch  classische  Schriftsteller,  besonders  den  Cicero 
und  Vergil,  nächstdem  Lucretius  und  Ovid  (Met.  und  Fasti),  ferner  Ennim, 
Plautus,  Terenz,  Lucilius,  Horaz,  Persius,  Varro,  Sallust,  Seneca  u.  A. 
In  einem  Theile  der  Hdss.  findet  sich  I,  1  eine  ausführlichere  Anrede  an 
Gonstantinns  Imperator  maximus,  V,  1  nach  den  ersten  Worten  wenigstens 
Constantine  imperator  maxime.  Rührt  dies  überhaupt  von  Lact,  her,  so 
kann  es  nur  eine  spätere  Einschaltung  in  einer  jenem  Kaiser  überreichten 
Abschrift  sein.  Die  wirkliche  Abfassung  ist  sicher  vor  dem  offiziellen  Siege 
des  Christenthums  (vgl.  z.  B.  V,  23). 

5.  Ausser  den  Institutiones  selbst  ist  auch  der  Auszug  daraus  er- 
halten. Eingang:  quamquam  divinarum  institutionum  libri  quos  iam  pri- 
dem  ad  illustrandam  veritatem  religionemque  conscripsimus  ita  legentium 
animos  instruant  ut  nee  prolixitas  pariat  fastiflium  nee  oneret  überlas, 
tarnen  horum  tibi  epitomen  fieri,  Pentadi  frater,  desideras.  .  .  faciam  qnod 
postulas,  etsi  difficile  videtur  ea  quae  septem  maximis  voluminibus  expli- 
cata  sunt  in  unum  conferre.  Erste  vollständige  Ausgabe  von  C.  M.  Pfaff 
(Paris  1712),  dann  J.  Davis  (Cantabrig.  1718). 

6.  Hieron.  comm.  in  ep.  ad  Ephes.  4,  26  (Opp.  VII,  1.  p.  628  Vall): 
Firmianus  noster  De  ira  dei  docto  pariter  et  eloquenti  sermone  conscripsii 
Die  Schrift  bekämpft  hauptsächlich  die  Epikureer.  Vgl.  c.  22:  haec  habni 
quae  de  ira  dei  dicerem,  Donate  carissime,  ut  scires  quemadmodum  refiel- 
leres  eos  qui  deum  faciunt  immobilem,  restat  ut  more  Ciceronis  utamor 
epilogo  ad  perorandum.  .  .  iilorum  persuasionem  revincamus  qui  sine  in 
deum  esse  credentes  dissolvunt  omnem  religionem.  Als  seine  Quelle  be- 
hauptet er  (c.  1)  doctrinam  dei,  ohne  diess  aber  je  zu  beweisen;  vielmehr 
beruhen  alle  Argumente  auf  eigener  und  fremder  Reflexion.  Die  Ab£u- 
sung  nach  den  instit.  erhellt  aus  c.  2,  11  und  17  (s.  A.  4). 

7.  Die  Schrift  de  mortibus  persecutorum  (frühestens  vom  Ende 
des  J.  314)  ist  durch  eine  einzige  Hds.  überliefert,  bibl.  Colbert.  1297,  und 
nach  dieser  zuerst  herausgegeben  (Paris  1679)  von  Steph.  Baluze  (Miscell 


374.    LactautiuB.  g25 

IL  p.  1  fiF.  347  ff.)-  Ueberschrift :  Lacii  Cecilii  Über  ad  Donatum  con- 
fessorem  de  m.  p.  Anfang:  audivit  dominus  orationes  tuae,  Donate  caris- 
sime.  . .  eoce  . .  ecclesia  rursum  exurgit.  .  .  exdtavit  enim  deus  pnncipes 
qiii  tyrannorom  nefaria  et  cruenta  imperia  rescideruAt  etc.  c.  35:  hoc 
edictum  proponitur  Nicomediae  prid.  Kai.  Maias  (des  J.  311).  tunc  apertis 
carceribns,  Donate  carissime,  . .  liberatus  es,  cum  tibi  carcer  sex  annis 
pro  domicilio  fnerit.  48:  Nicomediam  ingressus  .  .  die  id.  Jan.  (des  J. 
313)  . .  litteras  proponi  inssit.  . .  sie  ab  eversa  ecclesia  usque  ad  restitn- 
tarn  faerunt  anni  decem,  menses  plus  minus  quattuor.  Die  genaue  Kennt- 
nies  aller  Vorgänge  in  Nikomedia,  die  Widmung  an  Donatus  (vgl.  A.  6) 
und  häufige  Citate  aus  Yergil  machen  wahrscheinlich  dass  die  Schrift 
wirklich  die  von  Hieronym.  (s.  A.  2)  de  persecutione  betitelte  ist,  L.  Cae- 
cilius  (oder  Caelius)  also  mit  Recht  von  Udss.  unter  den  Namen  des  Lact, 
aufgeführt  wird.  Wesentliche  Verschiedenheit  der  Sprache  ist  noch  nicht 
erwiesen,  kleinere  Abweichungen  würden  sich  aus  der  Verschiedenheit  des 
Gegenstandes  und  der  Abfassungszeit  erklären,  der  leidenschaftliche  Ton 
aus  dem  Siegesjubel  nach  langer  unmittelbarer  Gefahr  und  lange  ver- 
haltenem Grolle.  Uebrigens  hatte  es  schon  inst.  V,  23  geheissen:  quid- 
quid  adversum  nos  mali  principes  moliuntur  fieri  ipse  (deus)  permittit. 
et  tamen  iniustissimi  persecutores  . .  non  se  putent  impune  laturos.  .  .  ve- 
niet,  veniet  rabiosis  ac  voracibus  lupis  merces  sua,  qui  iustas  et  simplices 
animas  nullis  facinoribus  admissis  excruciaverunt.  Die  Bedenken  von  N.  Le 
Nourry,  0.  F.  Fritzsche  (ed.  p.  VIII — X)  u.  A.  scheinen  daher  nicht  triftig, 
obwohl  Letzterer  mit  Recht  urteilt  dass  der  Verf.  non  historicum,  sed 
suae  partis  patronum  egit.  J.  Burckhardt,  Constantin  S.  327 — 329.  337, 
A.  2.  338  f.  343  f  349  (A.  1).  356,  A.  1.  356.  366.  368,  A.  0.  Rothfuchs, 
qua  historiae  fide  Lactantius  usus  sit  in  libro  de  m.  pers.,  Marburg  1862. 
42  pp.  4.    Sonderausg.  von  F.  Dübner,  Paris  1863. 

8.  In  vielen  Hdss.  trägt  den  Namen  des  Lact,  das  Gedicht  im  ele- 
gischen Masse  (170  Verse)  über  den  Vogel  Phoenix.  Es  ist  rhetorisch 
wortreich  und  müsste,  wenn  es  überhaupt  von  Lact,  verfasst  wäre,  aus 
dessen  heidnischer  Jugend  stammen,  da  Phoebus,  Venus,  Flora  u.  dgl. 
darin  unbefangen  ihre  Rolle  spielen.  Es  findet  sich  in  den  meisten  Aus- 
gaben des  Lact.,  bei  Wernsdorf  poetae  lat.  min.  III.  p.  298  —  322  (vgl. 
p.  283—297),  in  Webers  corp.  poett.  latt.  p.  1416  f ,  und  besonders  in 
AI.  Riese^s  Anthol.  lat.  fasc.  II.  Sonderausgaben  von  A.  Martini  (Lüne- 
burg 1826)  und  H.  Leyser  (Quedlinburg  1839).  Noch  zweifelhafteren  Ur- 
sprungs ist  das  Carmen  de  passione  domini  (80  Hexameter).  Die  55  Di- 
sticha  de  resurrectione  domini  gehören  vielmehr  dem  Bischof  Venantius 
Fortunatus,  die  100  aenigmata  aber  dem  Symphosius  (unten  421). 

9.  Lact,  spricht  seine  Bewunderung  des  Cicero  sehr  oft  unbefangen 
aus,  z.  B.  de  opif.  1  (vir  ingenii  singularis)  und  20  (eloquentiae  ipsius  uni- 
cum  exemplar).  inst.  I,  16  (non  tantum  perfectus  orator  sed  etiam  philo- 
sophus).  III,  13  (romanae  linguae  summus  orator  . .  vir  eloquentissimus). 
VII,  1  (eximius  orator).  Nennt  er  doch  sogar  den  üvid  einen  poeta  non 
insuavis  (de  ira  20).  Noch  war  der  Satz  nicht  erfunden  dass  alle  Tu- 
genden der  Nichlchristen  nur  maskierte  Laster  seien.  Auch  seine  positive 
Christlichkeit,  so  ehrlich  und  eifrig  sie  ist,  hat  keine  Spur  von  dogmatischer 


326  ^i^  Kaiserzeit.    Drittes  Jahrhundert. 

Klügelei  und  Starrheit.  Behauptungen  wie  inst  V,  3:  non  idcirco  a  nobis 
deum  creditum  Christum  quia  mirabilia  fedt,  sed  quia  vidimus  in  eo  facta 
esse  omnia  quae  nobis  annuntiata  sunt  vatidnio  prophetarum  mussten 
späterer  Ketzerriecherei  sehr  unbefriedigend  erscheinen.  Sdion  Hierony- 
mus  (s.  A.  1  f.)  und  Sidouius  (£p.  IV,  3:  instruit  ut  HieronymuSf  destrmt 
ut  Lactantius,  adstruit  ut  Augustinus)  erkannten  diese  schwache  Seite  des 
Lact.  Vgl.  F.  W.  Ammon,  Lact  opin.  de  relig.  in  syst,  redig.,  Erlangen 
1820.  Overlach,  die  Theologie  des  Lact.,  Schwerin  1858.  40  S.  4.  Dor- 
pater  Zeitschr.  f.  Theol.  lY.  Um  %o  allgemeiner  war  die  Anerkennung 
seiner  Latinität.  J.  A.  Krebs,  de  stilo  Lact.,  Halle  1706.  4.  M.  N.  Kort< 
holt,  de  Cicerone  christiano  Lactantio,  Giessen  1711.  4. 

10.  Die  Handschriften  von  Lact,  (ausser  mori  pers.)  sind  zahl- 
reich, aber  meist  aus  saec.  XIV  und  XV  und  noch  nicht  methodisch  ver- 
werthet.  Noch  zahlreicher  sind  die  Ausgaben  seiner  Werke.  Besonders 
erwähnenswerth  sind:  Ed.  princeps  Rom.  1466  fol.  Cum  comm.  X.  Beta- 
lei, Basil.  1563  fol.  Studio  M.  Thomasii,  Antr.  1570.  Cum  comm.  op. 
S.  Gallaei,  Lugd.  B.  1660.  Rec.  J.  G.  Walchius,  Lips.  1715.  Com  notii 
ed.  C.  A.  Heumann,  Gotting.  1736.  Rec.  et  notis  ill.  J.  L.  Bünemann, 
Lips.  1739.  Ed.  J.  B.  Le  Brun  et  N.  Lenglet  du  Presnoy,  Paris.  1748. 
2  Voll.  4.  Ed.  Oberthür,  Würzb.  1783.  2  Voll.  In  Gallandi's  Bibl.  patr. 
IV.  p.  229  ff.  Bipontina  1786.  2  Voll.  Ed.  0.  F.  Pritzsche,  Lips,  1842. 
1844  (Gersdorfs  bibl.  patr.  X,  1.  2).  In  Migne's  Cura.  compl.  Tom.  VI  u. 
Vn  (Paris.  1844). 

11.  R.  Ceillier,  bist,  g^n^r.  des  auteurs  s.  et  eccl.  IIL  p.  387 — 434.  Le 
Nourry,  Apparatus  ad  bibl.  patr.  II.  diss.  III.  p.  571  ff.  Walchs  Diatiibe 
vor  seiner  Ausg.  J.  G.  Geret,  de  Lact,  eiusque  theologia  iudicia,  Witten- 
berg 1722.  4.    P.  Bertold,  Prolegomena  zu  Lact.,  Metten  1861.  38  8.  4. 

376«  Aus  der  Zeit  vor  dem  amtlichen  Siege  des  Christen- 
thums  scheint  eine  Anzahl  von  Schriftwerken  in  gebundener 
Form  zu  stammen  welche  sich  mit  Unbefangenheit  oder  gar 
Heiterkeit  auf  dem  Boden  der  alten  Mythologie  bewegen  und 
die  überlieferten  Formen  meist  mit  Correctheit,  öfters  mit  Künst- 
lichkeit handhaben.  Dahin  gehört  besonders  des  Keposianos 
kleines  Epos  auf  die  Verbindung  von  Mars  und  Venus,  die 
Weihinschrift  des  T.  Caesius  Taurinus,  die  Distichen  des  Pen- 
tadius,  sowie  stolBElich  die  Rede  des  Achill  beim  Vernehmen  der 
Trompete  des  Diomedes,  der  Brief  der  Dido  an  Aeneas  und  der- 
gleichen Nachbildungen  von  Originalen  der  classischen  Zeit. 

1.  üeber  die  Gedichte  des  Lactantius  s.  oben  374,  2;  über  die  ihm 
zugeschriebenen  374,  8.    üeber  das  Pervigilium  Veneria  oben  341,  6  fi. 

^1  2.  Die  182  Hexameter  des  Beposianus  de  concubitu  Martis  et 
Veneris  bei  Wemsdorf  poetae  latt.  min.  IV.  p.  319—346,  in  den  lateini- 
schen Anthologien,  zuletzt  von  Biese  I.  p.  170—176.  Neben  halbsentüneih 
taler  Naturbeschreibung  (eines  Waldes,  v.  33 — 50)  zeigt  der  VerÜEisBer  eine 
lüsterne  Phantasie   und   etwas  frivole   Qrunds&tze   (140  ff.   178  fF.).    Die 


375.    ReposianuB  u.  a.  Poetische.  827 

CäsurcD  und  Verschleifongen  sind  normal,  doch  fällt  auf  93  tuo  einsilbig, 
126  gpratiosa  als  paeon  III  (oder  palinibacch.  ?).  Wemsdorf  IV.  p.  52  f. 
Burckhardt,  Gonstantin  S.  169  f. 

3.  Von  einem  Modestinas  ein  Epigramm  von  11  Hexametern  auf  den 
schlafenden  Amor,  mit  der  Verschleifnng  myrti  inter  und  den  Hiaten  Dido 
et,  Evadne  igne,  zuletzt  bei  Riese  anthol.  lat.  I.  p.  183.  Tgl.  p.  X. 

4.  T.  Gaesius  Taurinns  widmet  das  Bild  seines  Vaters  T.  Qaesius 
Primus,  welcher  Frnchthändler  oder  cnrator  annonae  war,  der  Fortuna 
qaae  tarpeio  coleris  vicina  Tonanti  mit  23  Hexametern.  Wemsdorf  IV. 
p.  309  —  313.    Meyer,  Anthol.  lat.  622  (vgl.  I.  p.  174). 

5.  Gebet  zum  Oceanus  um  glückliche  Seefahrt,  28  Hexameter  (14 
ergo  als  Trochäus)  von  unbekanntem  Verfasser  bei  Wemsdorf  IV.  p.  314 
—  318  vgl.  p.  51.    Meyer  anthol.  lat.  1055. 

6.  Von  Pentadius  (vgl.  oben  374,  5)  enthält  der  cod.  Salmasianus 
sechs  Gedichte  im  elegischen  Masse,  in  Riese's  Anthol.  lat.  234  f.  265. 
266  —  268  (I.  p.  162—164.  181  f.).  Die  drei  ersten  etwas  grösseren  (de 
fortnna,  de  adventu  veris,  auf  Narcissus)  haben  alle  den  Bau  dass  die 
ersten  Worte  des  Hexameters  in  der  zweiten  Hälfte  des  Pentameters  sich 
wiederholen  (Epanalepsis) ;  die  drei  andern  sind  Epigramme.  Ausserdem 
wurde  in  neuerer  Zeit  ihm  noch  Anderes  zugeschrieben,  aber  ohne  Be- 
glaubigung. 

7.  Von  ungenanntem  Verfasser  und  eine  rhetorische  Stilübung  ist 
das  Schreiben  der  Dido  an  Aeueas  ehe  sie  sich  den  Tod  gibt,  in  150  Hexa- 
metern (wovon  5  Einleitung,  deren  Schluss:  cui  grata  voluptas  esse  po* 
test  modicum  dignetur  amare  poetam),  bei  Wernsdorf  IV.  p.  439 — 461, 
vgL  p.  55  f.,  und  zuletzt  bei  Riese  anthol.  I.  p.  94  —  99.  StofiPlich  nach 
Vergil,  die  Art  der  Ausführung  ovidisch.  Der  Aufwand  an  rhetorischen 
Figuren,  Sentenzen  u.  dgl.  ist  gross;  zweimal  wiederholt  sich  die  Künstelei 
einer  refrainartig  behandelten  Wendung:  v.  42-82  neunmal,  je  nach  4  Versen, 
8ua  taedia  solus  fallere  nescit  amor,  v.  100—116  viermal  cui  digna  rependes 
si  mihi  dura  paras?  Häufigkeit  der  Alliteration.  Aeussere  Form  tadellos 
(doch  132  quod  als  Länge).  Glaubensbekenntniss  121  f.:  esse  deos  natura 
docet,  non  esse  timendos  rerum  facta  probant. 

8.  Die  wortreiche  Rede  des  Achill  in  parthenone,  cum  tubam  Dio- 
medis  audisset  (89  Hexameter),  ist  gleichfalls  eine  rhetorische  Schularbeit, 
nicht  ohne  prosodische  und  metrische  Anstösse  (v.  12,  47,  60,  70,  71,  72, 
80).  Man  würde  ihr  zu  viel  Ehre  erweisen  wenn  man  sie  schon  ins  dritte 
Jabrh.  setzen  wollte.  Wemsdorf  IV.  p.  425  —  438  vgl.  p.  54  f.  Riese  an- 
thol. I.  p.  136  —  139. 

D.   Viertes  Jahrhundert  n.  Chr. 

376.  Dem  vierten  Jahrhundert  prägen  zwei  Thatsachen 
seinen  Charakter  auf:  der  amtliche  Sieg  des  Christenthums  und 
die  Verlegung  der  Residenz  nach  Constantinopel.  Schon  unter 
Diocletian  hatte  Rom  aufgehört  der  Aufenthalt  des  Kaisers  zu 
sein;  indem  Gonstantin  nunmehr  dem  neuen  Geist  eine  neue 


828  I^iö  Kaiserzeit.    Viertes  Jahrhundert. 

Stätte  schuf  wurde  Rom  sichv  selbst  überlassen  und  bewalirt  • 
nur  um  so  länger  seinen  antik  heidnischen  Charakter.  Der  Sieg 
des  Christenthums  enthält  den  Bruch  mit  der  alten  Welt,  zu- 
gleich aber  die  Rettung  ihrer  Cultur,  da  die  siegreichen  Bar- 
baren, hätte  nicht  das  Christenthum  sie  gezügelt,  die  abend- 
ländische Civilisation  erbarmungslos  zertreten  hätten.  Damit  dass 
der  Polytheismus  aufhörte  Staatsreligion  zu  sein  war  jedoch  das 
Christenthum  noch  nicht  selbst  Staatsreligion  geworden;  seine 
Anhänger  sind  zwar  begünstigt,  der  Polytheismus  wird  zuerst 
in  seinen  Auswüchsen,  dann  allmählich  in  seinen  Lebensäusse- 
rungen bekämpft  und  verboten,  in  der  Hauptsache  aber  herrscht 
bis  gegen  das  Ende  des  vierten  Jahrhunderts  Parität  und  Reli- 
gionsfreiheit. In  die  Minorität  gedrängt  umklammem  die  cha- 
raktervolleren Anhänger  des  alten  Glaubens  desto  leidenschaft- 
licher dessen  Formen,  wiewohl  vergeblich,  da  der  Polytheismus 
längst  in  der  Auflösung  begriffen  war  und  die  äusseren  Ver- 
hältnisse sein  Ende  nur  beschleunigten  und  mit  dem  Schimmer 
des  Martyriums  umgaben.  Dem  Christenthum  aber  brachte  sein 
Sieg  auch  Gefahren.  Manche  Abweichungen  und  Gegensätze 
in  seiner  Mitte,  welche  zur  Zeit  der  gemeinsamen  Verfolgung 
unbemerkt  geblieben  waren,  wurden  jetzt  der  Anlass  tiefgehender 
Spaltungen  und  gegenseitiger  Zerfleischung.  Das  treue  Bekennt- 
niss  genügte  nicht  mehr;  man  forderte  eine  bestimmt  vorge- 
zeichnete Form  desselben,  und  schon  jetzt  begann  der  Glaube 
in  Orthodoxie"  und  äusserer  Kirchlichkeit  zu  erstarren.  Das  naiye 
Verhalten  zur  alten  Bildung,  wie  es  Minucius  Felix  und  noch 
Lactanz  gehabt  hatte,  wich  einer  bewussten  Abkehrung,  und  erst 
nach  dem  völligen  Erlöschen  des  Heidenthums  fand  sich  allmählich 
die  Ausgleichung.  In  der  Literatur  hat  das  Christenthum  jetzt  die 
Zeit  seines  Glanzes:  die  grossen  Kirchenväter  Ambrosius,  Hiero- 
nymus  imd  zum  Theil  auch  Augustinus  gehören  diesem  Jahr- 
hundert an.  Aber  auch  das  Heidenthum  hat  einen  Symmachus 
aufzuweisen.  Ueberhaupt  fehlt  es  der  Zeit  nicht  an  Leben,  wohl 
aber  an  Originalität.  Greisenhaft  wie  sie  ist  zehrt  sie  an  den 
Erinnerungen  aus  der  Vergangenheit.  Die  Rhetorik  hat  fort- 
während das  Uebergewicht  und  zählt  viele  Namen,  aber  wenige 
von  einigem  Glänze.  Die  Grammatik  tritt  die  alten  Geleise  aus 
und  schreibt  unverdrossen  Vorgänger  ab  (Charisius,  Diomedes). 
Die  Geschichtschreibimg  hat  Epitomatoren  an  Aurelius  Victor, 
Eutropius  und  Sex.  Rufus  und  nimmt  einen  höheren  Plug  nur 
in  dem  wackeren  Ammianus  Marcellinus.     Die  Poesie  wird  ak 


»,'...  ^.  ^.    .ifta^ 


376.    üebersicht.  829 

Zugabe  der  prosaischen  Stilistik  behandelt,  hat  daher  einen 'star- 
ken Schulgeschmack  und  bewegt  sich  mit  Vorliebe  in  allerhand 
Künsteleien,  baut  centones  u.  dgl,;  die  zahbeichen  christlichen 
Dichter,  deren  bedeutendster  Prudentius  ist,  leiden  unter  der 
Unvereinbarkeit  der  alten  Form  mit  dem  neuen  Inhalt,  schlagen 
zum  Theil  aber  auch,  wie  Damasus  und  Ambrosius,  den  volks- 
mässigen  Weg  des  Reimes  ein. 

1.  Hauptschiift:  J.  Burckhardt,  die  Zeit  Constantins  des  Grossen 
(Basel  1853),  bes.  S.  157  ff.  248  ff.  346  ff.  487  ff.  Auch  vgl.  Th.  Mommsen, 
Berichte  d.  sächs.  Ges.  d.  Wiss.  1850,  S.  69  —  72.  212  f.  A.  de  Broglie, 
Täglise  et  Teinpire  romain  au  IV^  si^cle ;  I :  R^gne  de  Constantin ,  2  Voll. 
Paris  1856;  II:  Constance  et  Julien,  1859,  2  Voll.  H.  Richter,  das  west- 
römische Reich,  besonders  unter  den  Kaisern  Gratian,  Valentinian  11  und 
Mazimus  (J.  375—388),  Berlin  1865.  S.  540  ff. 

2.  Constantin  wirft  sich,  nach  dem  Tode  seines  Vaters  Constantius 
Chlorus  (25  Juli  306),  zum  Regenten  auf,  wird  von  Galerius  als  zweiter 
Caesar  anerkannt,  und  wird,  nach  allmählicher  Beseitigung  des  Severus, 
Galerius,  Maximinus  Daza,  Maxentius  und  Licinius,  J.  323  alleiniger  Herr- 
scher des  römischen  Reiches;  f  Pfingsten  337.  Seine  Söhne  Constantin  II, 
Constantius  und  Constans  (Caesares  schon  seit  317,  323,  333)  J.  337  —  361. 
Der  Sohn  von  Constantins  I  Bruder  lulius  Constantius,  lulianus  (geb.  331. 
t  27  Juni  363;  s.  W.  Teuffei  in  Pauly's  Real-Enc.  IV.  S.  401  —  413.  415 
— 417),  war  Kaiser  361—363;  sein  Nachfolger  lovianus  (s.  W.  Teuffei  a.  a.  0. 
S.  245—248)  Juli  363  —  Febr.  364.  Nach  dessen  Tod  Theilung  des  Reichs 
zwischen  die  Brüder  Valentinianus  I  (geb.  321,  J.  364  —  375  Kaiser  des 
Westens)  und  Valens  (geb.  326;  regiert  den  Osten  364—378;  s.  C.  Cless 
in  Pauly's  Real-Enc.  VI,  2.  S.  2289—2307).  Des  Ersteren  Nachfolger  sein 
Sohn  Gratianus  (geb.  359)  375  —  383  (Cless  a.  a.  0.  S.  2307-2314),  dann 
dessen  Bruder  (geb.  371)  Valentinianus  II  J.  383—392  (Cless  S.  2314  f.). 
Im  Osten  war  des  Valens  Nachfolger  der  westliche  Kaiser  Gratianus,  der 
aber  (Jan.  379)  die  Regierung  des  Ostens  dem  Spanier  Theodosius  I  (geb. 
346)  übertrug.  Dieser  regierte  nach  dem  Tode  Valentinians  II  J.  392 — 395 
beide  Reichshälften  (s.  Cless  a.  a.  0.  S.  1824—1837).  Nach  dessen  Tode 
(Jan.  395)  abermalige  Theilung  des  Reichs  zwischen  seine  unfähigen  Söhne 
Arcadius  (geb.  377,  f  408),  der  den  Osten  erhielt,  und  Honorius  (geb.  384, 
t  423),  dem  der  Westen  zufiel,  Anfangs  unter  der  Vormundschaft  des 
Vandalen  Stilicho. 

3.  Das  Wanken  aller  Verhältnisse  und  immer  gewaltigere  Einströmen 
barbarischer  Horden  erregt  selbst  auf  Seiten  der  siegreichen  Kirche  das 
Gefühl  als  ob  die  Tage  des  Reichs  gezählt  wären.  Hieronym.  Ep.  60  (ad 
Heliod«),  16:  iiorret  animus  temporum  nostrorum  ruinas  persequi.  . .  ro- 
manus  orbis  mit,  et  tamen  cervix  nostra  erecta  non  flectitur.  Zum  Ver- 
hältniss  zwischen  der  alten  Bildung  und  dem  Christenthum  vgl.  ib.  22 
(ad  Eostoch.),  29  f.:  quid  facit  cum  psalterio  Horatiua?  cum  evangelüs 
Maro?  cum  apostolo  Cicero?  cum  ante  annos  plurimos  .  .  lerosolymam 
pergerem  bybliotheca,  quam  mihi  Romae  summo  studio  ac  labore  confe- 
ceram,  carere  omnino  non  poteram.    itaque  .  .  lecturus  Tullium  ieiuuabam. 


830  I^ie  Kaiserzeit    Viertes  Jahrhundert. 

post  Doctium  crebras  vigilias  .  .  Plautus  sumebatur  in  manns.  si  qoando 
. .  prophetas  legere  coepissem ,  sermo  horrebat  incnltos.  Da  habe  er  eine 
ViäioD  gehabt  als  würde  er  vor  Gericht  geschleppt,  gegeisselt  und  ihm  zu- 
gerufen: Ciceronianus  es,  non  Christianus. 

4.  Für  die  thatsächliche  Religionsfreiheit  sind  bezeichnend  Zusammen- 
stellungen wie  bei  Firmle,  math.  Vlll,  24:  sacerdotes,  prophetas,  aruspi- 
ces,  religiosos.  Rhetorische  üebertreibung  ist  es  wenn  Mamertinus  (gprat 
act.  23,  5)  behauptet  man  habe  unter  den  christlichen  Kaisern  nicht  ge- 
wagt zum  Himmel  zu  blicken,  aus  Furcht  in  den  Verdacht  des  Sonnen- 
cultus  (28,  5;  vgl.  unten  377,  6.  382,  4.  AnthoL  gr.  III.  p.  148  f.  J.)  zu 
kommen.  Andrerseits  war  Julians  Regierung  für  die  Christen  mehr  eine 
Versuchung  als  eine  Verfolgung.  Vgl.  Hieronym.  ad  a.  2378  =  364  (statt 
361):  luliano  ad  idolorum  cultum  converso  blanda  persecutio  fuit,  inlidens 
magis  quam  impellens  ad  sacrificandum.  in  qua  multi  ex  nostris  volon- 
tate  propria  corruerunt.  Zu  den  Begriffen  und  Ausdrücken  welche  einen 
gemeinsamen  Boden  für  beide  Religionen  bildeten  gehört  besonders  divi- 
nitas,  das  sich  bei  beiden  Firmicus  findet,  ebenso  bei  Mamertinus  (grat 
act.  7,  2  und  28,  4:  pro  sancta  divinitas!  vgl.  ib.  15,  2.  32,  1)  und  Con- 
stantins  instinctu  divinitatis  (Orelli  1075).  Sjmmach.  ep.  II,  53  (festa  diyi- 
nitatis).  VIII,  13.  71  f.   IX,  12.  X,  78.    Noch  Sidon.  Ap.  ep.  III,  1.  IV,  6. 

5.  Aussagen  des  Symmachus.  Epist.  III,  11:  trahit  uos  usus  tem- 
poris  in  argutias  plausibilis  sermonis.  .  .  spectator  veteris  monetae  solus 
supersum,  ceteros  delenimenta  aurium  capiunt.  . .  te  autem  non  paeniteat 
scriptorum  meorum  ferre  novitatem. 

377.  Dem  Constantinus  fehlte  es  nicht  an  Sinn  für 
die  Literatur,  und  er  verfasste  auch  selbst  Memoiren,  Ton  wel- 
chen jedoch  nur  wenige  Spuren  erhalten  sind.  Sicher  betrachtete 
er  aber  die  Literatur  nur  als  Mittel  für  die  Zwecke  seiner  Herr- 
schaft, imd  er  liess  sich  daher  auch  gern  die  Lobreden  gefallen 
die  man  ihm  öflFentlich  hielt.  Vier  derselben  sind  auf  uns  ge- 
kommen, darunter  zwei  von  dem  Rhetor  Eumenius,  eine  von 
Nazarius.  Von  den  übrigen  Bhetoren  kennen  wir  zwei  auch 
als  Schriftsteller  über  Rhetorik,  Marcomannus  und  Titianus,  beide 
als  Quellen  des  C.  lulius  Victor. 

1.  Lydus  de  magistr.  II,  30:  xatq  diali^s6i  Kavctavxivov,  Sg  avto; 
oItubCcc  qxov^  ygaiffag  anoXiloinev.  III,  33:  Kmvatavvivog  .  .  mg  avtog  o 
ßaaiXsvg  iv  xoig  ^avtov  Xsysi  avyygdyLikaaiv,  . .  noXvg  wv  iv  tf  Ttm- 
SsvOBt  loyoov.  Predigten  des  Const.  vor  seinem  Hof  und  sonstigen  Za- 
hörern,  Euseb.  vita  Const.  IV,  29  —  33.  Burckhardt,  Const|uitin  S.  400  f. 
Victor  Epit.  41,  14:  nutrire  artes  bonas,  praecipue  studia  litterarom; 
legere  ipse,  scribere,  meditari.  Eutrop.  X,  7:  civilibus  artibas  et  stadüs 
liberalibus  deditus.  Optatianus  an  Const.:  eius  imperatoris  qoi  inter  belli 
pacisque  virtutes  .  .  etiam  Musis  tibi  familiaribus  adeo  vacas  ut  . .  hoiai 
etiam  studii  in  te  micet  splendor  egregius.  'Eine  Probe  von  ConstantiDB 
Eunsturteil  unten  379,  1.  Die  in  seinem  Namen  verfaasten  Erlasse  haben 
den  seit  Diocletian  dafür  aufgekommenen  bombastischen  Stil,  welcher,  der 


377.    Constantin  u.  seine  Lobredner.    Nazarius.  831 

übermenscblichen  Stellung  des  Redenden  entsprechend,  den  Ton  himm- 
lischer Offenbarungen  affectiert.  M.  Voigt,  drei  epigraphische  Constitutio- 
nen Constantins  d.  Gr.,  Leipzig  1860.  Ueber  seinen  Sohn  Constantius  sagt 
Victor  Caess.  42,  22:  litterarum  ad  elegantiam  piudens  atque  oraudi  genere 
leni  iucundoque,  nach  seinem  Tode  aber  die  Epit.  42,  18:  facundiae  cupi- 
dus;  quam  cum  assequi  tarditate  ingenii  non  posset  aliis  invidebat. 

2.  Gesetze  Constantins  vom  J.  321,  326,  333  \Cod.  Theodos.  XIII,  3) 
bestätigen  den  vom  Staat  angestellten  Professoren  und  den  Aerzten  sammt 
ihren  Familien  die  Immunität  bes.  vom  Decurionat  und  vom  Kriegsdienst. 
Er  selbst  schreibt  an  Optatianus:  saeculo  meo  scribentes  dicentesque  non 
aliter  benignus  auditus  quam  ienis  aura  pros^quitur.  denique  etiam  studiis 
meritum  a  me  testimonium  non  negatur.     Vgl.  Victor  1.  1.  (A.  1). 

3.  Geschichtschreiber  des  Constantin:  £usebioä*  vita  Constantini  in 
unredlicher,  serviler  Weise  (Burckhardt,  Const.  S.  346  f.  374  f.  389  f.  398  f. 
418) ;  Praxagoras,  Bemarchios,  Eunapios,  sämmtlich  in  griechischer  Sprache. 

4.  Ueber  des  Eumenius  zwei  Beden  vor  Constantin  s.  oben  369,  8 
(Nr.  3  u.  4). 

5.  Festrede  auf  die  Vermählung  Constantins  mit  Fausta,  der  Tochter 
des  Maximian,  J.  307,  gehalten  zu  Trier  von  einem  ungenannten  gallischen 
Rhetor,  Nr.  V  bei  Jäger.  Des  Schwiegervaters  wiedererwachtes  Gelüste 
nach  der  üorrschaft  wird  durch  eine  Prosopopoee  (Anrede  der  Roma  c.  11: 
quousque  hoc,  Maximiane,  patiar  etc.)  in  ciceronischem  Stile  motiviert. 
Anachronistisch  heisst  13,  4  Agrippa  Augusts  Schwiegersohn  im  actischen 
Kriege.  Vom  Unglück  9,  1:  quae  non  illis  (dis)  volentibus,  sed  aut  alior- 
8um  adspicientibus  aut  fatali  rerum  cursu  urgente  videntur  accidere.  VgL 
12,  3  vom  Sol:  deua  ille  cuius  dona  sunt  quod  vivimus  et  videmus.  Burck- 
hardt, Constantin  S.  363  f. 

6.  Panegyricus  auf  Constantin  (VIII  bei  Jäger),  gehalten  zu  Anfang 
313,  nach  Constantins  Rückkehr  von  seinem  italienischen  Feldzug,  in  Trier 
durch  einen  Nichtrömer  (1,  2),  welcher  semper  res  a  numine  tuo  gestas 
praedicare  solitus  est  (1,  1).  Der  Feldzug  wird  verhältnissmässig  einfach 
erzählt,  da  die  Thatsachen  selbst  laut  genug  sprechen.  Dass  Const.  den- 
selben contra  haruspicum  monita  (2 ,  4)  unternommen  habe  wäre  später 
wohl  nicht  mehr  oder  anders  gesagt  worden.  Ueber  das  Verhältniss  zur 
folgenden  Rede  (IX)  s.  A.  7.  Cicero  heisst  summus  orator  (19,  6),  Vergil 
magnuB  poeta  (12,  3).  Anspielung  auf  Vergilisches  (quantae  molis  sit  24,  2) 
und  üorazisches  (distentus  24,  2  vgl.  Hör.  S.  II,  5,  40).  Kühnere  Wen- 
dungen werden  entschuldigt  (ut  sie  dixerim  1,5). 

7.  Hieronym.  chron.  ad  a.  Abr.  2340  =  326  n.  Chr.:  Nazarius  rhetor 
insignis  habetiu:.  Vgl.  ad  a.  2352  =  338:  Nazarii  rhetoris  filia  (nach  Pon- 
tacus:  Eunomia)  in  eloquentia  patri  coaequatur.  Auson.  prof.  Burdig. 
14,  9:  (gloria  fandi)  Nazario  et  claro  quondam  delata  Paterae  (A.  8)  egre- 
gie  multos  excoluit  iuvenes.  Seinen  Namen  trägt  ein  panegyricus  auf  Con- 
stantin vom  J.  321.  Es  ist  Constantins  15^^  Regierungsjahr  (2,  2)  und 
beatissimorum  Caesarum  quinquennia  prima  (1, 1.  2,  3.  38,  .2).  Der  Caesar 
Crispus  hat  schon  kriegerische  Leistungen  hinter  sich  (c.  36  f.)  und  Con- 
stantinus  Caesar  kann  schon  schseiben  (37,  5).  Der  Kaiser  selbst  ist  ab- 
wesend (3,  1),  wird  aber  nichtsdestoweniger  fortwährend  angeredet.    Die 


^32  ^16  Kaiserzeit.    Viertes  Jahrhundert. 

Eroberung  Roms  (J.  312)  pridie  (pridem?)  prolixins  mihi  dicta  Bunt  (30,2). 
Dies  geschieht  in  der  vorausgehenden  Rede  (s.  A.  6);  daher  man  auch 
diese  dem  Naz.  zugeschrieben  hat.  Doch  ist  die  beiderseitige  Eigenthöm- 
lichkeit  der  Identification  nicht  günstig.  Dieselbe  Person  heisst  VIII  Pom- 
peiamiB,  IX  Ruricius.  In  VIII  ist  Historisches  (bes.  aus  der  röm.  Ge- 
schichte) häufigf  IX  selten.  Der  religiöse  Standpunkt  ist  VIII  vag  deistiach 
(13,  2.  26,  1),  IX  etwas  mehr  christlich  gefärbt  (bes.  7,  3  vgl.  auch  c  14). 
Die  Vorliebe  des  Naz.  für  Substantivbildungen  (ratiocinator,  auzüiator, 
discriminatrix,  concitatrix,  incitatriz,  omatrix,  interpolatrix ;  molitio,  de- 
pulsio,  deiectio,  adeptio,  insultatio,  ezsultatio),  Comparativ Wendungen 
(beuiguius  quam  securius  u.  dgl.  2,  6.  1,  3.  3,  4.  25,  3.  26,  1.  27,  4.  28,  5 
u.  sonst)  und  poetische  Ausdrücke  (securus  sui,  aevi  immaturus,  immodicos 
animi;  dies  conditur;  praeoipitante  die,  relaxaverat  acies;  caeci  eventus, 
cruda  hieme  u.  dgL)  theilt  VIII  nicht;  die  Nachstellung  von  quippe,  Vni 
nur  in  einer  aus  I  (5 ,  3)  entlehnten  Stelle  (9 ,  5) ,  ist  in  IX  häufig  (1 ,  2. 
3,  6.  8,  2.  9,4.  32,  8);  dagegen  kommt  sed  enim  (vero)  in  IX  nicht  vor, 
wohl  aber  VIII  (8,  1.  20,  4);  ebenso  et  quidem,  alioquin,  der  Inf.  in  der 
Ausrufung  (2,  2).  VIII  hat  eine  ebenso  grosse  Vorliebe  für  daktylischen 
SatzBchluss  (z.  B.  c.  3,  5  und  10)  wie  IX  für  bakchischen,  ionischen  und 
trochäischen  (z.  B.  c.  12). 

8.  Hieronym.  ad  a.  2352  »  338  n.  Chr.:  Patera  rhetor  Bomae  glo- 
riosissime  docet.  Epist.  120  (ad  Hedybiam),  1  (Opp.  I.  p.  818  Vall.):  ma- 
iores  tui  Patera  atque  Delphidius ,  qnorum  alter  antequam  ego  nascerer 
rhetoricam  Romae  docuit,  alter  me  iam  adolescentulo  onmes  Gallias  pron 
versuque  suo  illustravit  ingenio.  Ihm  gewidmet  ist  Auson.  prof.  Burdig.  4 
mit  der  Inschrift:  Attius  Patera  pater,  rhetor,  worin  z.  B.  Patera,  faudi 
nobilis  (2),  .  .  iuvenisque  te  vidi  senem  (4),  doctor  potentum  rbetortun  (Si- 
tu Baiocassis  stirpe  Druidarum  satus  .  .  Beleni  sacratum  ducis  e  templo 
genus  (7.  9).  fratri  patrique  nomen  a  Phoebo  datum  (Phoebicitis,  s.  ib. 
10,  17  ff.)  natoque  de  Delphis  tuo  (13  f.).  Der  Sohn,  AttiuB  Tiro  Del- 
phidius, wird  besungen  ib.  5,  worin  z.  B. :  facunde,  docte,  lingua  et  in- 
genio celer,  iocis  amoene  Delphidi,  frühzeitig  poeta  nobilis.  puer  cele- 
brasti  lovem.  moz  inde  . .  epos  Hgasti  metricum.  Dann  als  Redner  be- 
rühmt (vgl.  Ammian.  XVIII,  1,  4  vom  J.  359:  Numerimn  Narbonemis 
paulo  ante  rectorem  accusatum  ut  furem  . .  Delphidius  orator  acenimos 
vehementer  impugnans  etc.)  habe  er  sich  durch  den  Ehrgeiz  in  die  poli- 
tische Laufbahn  drängen  lassen,  die  ihm  aber  beinahe  Verderben  gebracht 
hätte,  mox  inde  rhetor,  nee  docendi  pertinax,  . .  medio  . .  aevi  raptos  ei. 
Seine  Wittwe  Euchrotia  und  Tochter  Procula  schlössen  sich  an  Piisdllia- 
nus  an;  s.  Sulpic.  Sev.  chron.  II,  48,  2  f.  51,  3.  J.  Scaliger  lect.  auson.  1, 10. 
Vgl.  unten  391,  3. 

9.  Hieronym.  ad  a.  2352  =»  338  n.  Chr.:  Tiberianus  vir  disertos 
praefectus  praetorio  Gallias  regit.  Wohl  derselbe  Tib.  welcher  326  comes 
per  Africam  (Cod.  Theod.  XII,  5,  1),  332  comes  Hispaniarum  (Cod.  loft 
VI,  1,  6)  und  336  vicarius  Hispaniarum  war  (Cod.  Theod.  III,  5,  6).  Em 
anderer  unten  378,  2.  Hexameter  eines  Tiberianus  bei  Serv.  Aen.  VI,  136; 
vgl.  ib.  532:  Tiberianus  inducit  epistolam  vento  allatam  ab  antipodibns, 
quae  habet:  Superi  inferis  salutem.  Tjberianus  in  Prometheo  ait,  bei  | 
Fulgent  mythol.  III,  7  (p.   120  M.)  vgl.  I,  26  (p.  62).     Vergil.   cont  in 


377  f.    Nazarius  n.  a.  Bhetoren.   Vopiscus.  833 

Munckers  mythogr.  lat.  p.  154  (at  T.  in  libro  de  Socrate  memorat).  Fal- 
gent.  expoB.  serm.  b.  y.  sudum  (p.  183  Mok.):  Tiberianus:  aiireos  subducit 
ignes  BuduB  ora  Lucifer.  VersuB  Piatonis  ad  quendam  Tiberiannm  de 
graeco  in  latinum  trauslati  aus  dem  Yindob.  143  saec.  XIII  in  Haupts 
Ausg.  von  Ovids  Halieut.  p.  65  f.  (vgl.  p.  XXVI).  Qoicherat,  BibL  de 
r^cole  des  chartes  IV.  p.  267  ff.  £&  sind  32  correcte  Hexameter,  eine 
Anrafong  des  omnipoteus,  der  mit  pantheistischer  Färbung  t.  21  f.  ange- 
redet wird:  tu  genus  omne  deum,  tu  rerum  causa  vigorque,  tu  natura 
oninis,  dens  innumerabilis  unus. 

10.  Rhetores  latt.  min.  ed.  Halm  p.  371?  C.  lulii  Victoris  ars  rhe- 
torica  Hermagorae,  Ciceronis,  Quintiliani,  Aquili,  Marcomanui,  Titiani  (so 
Mai  und  Bergk;  der  cod.  hat  Taciani).  In  Marcomannus  tritt  erstmals 
ein  deutscher  Name  in  die  römische  Literatur  ein. 

11.  Hieron.  chron.  ad  a.  2361  =  347  n.  Chr.:  Titianus,  vir  elo- 
quens,  praefecturam  praet.  apud  Gallias  administrat.  Er  ist  wohl  der  Cos. 
des  J.  337  Ti.  Fabius  Titianus;  s.  A.  Haakh  in  Paulj's  Beal-Enc.  VI,  2. 
S.  2007,  Nr.  9.  Ein  anderer  ist  wohl  der  Titianus  magister  welcher  als 
Lehrer  eines  Kaisers  compluria  ornamenta  erhielt  und  zuletzt  municipalem 
scholam  apud  Visontionem  Lugdunumqne  variando  non  aetate  quidem, 
sed  vilitate  consenuit,  Auson.  grat.  act.  p.  290  Bip. 

12.  Exuperius  aus  Burdigala,  Rhetor  zu  Tolosa  und  zu  Narbo,  Er- 
zieher der  Prinzen  Delmatius  und  HannibalianuB ,  welche  J.  335  Cäsaren 
wurden  und  ihm  honorem  praesidis  Hispanumque  tribunal  verschafileu, 
Auson,  prof.  Burdig.  17. 

378.  Zu  Anfang  des  Jahrhunderts  wurde  der  von  Trebellius 
Pollio  aufgegebene  geschichtliche  Plan  zu  Ende  geführt  durch  Fla- 
viusVopiscus  aus  Syrakus.  Ihm  werden  zugeschrieben  die  Biogra- 
phien von  Aurelianus,  Tacitus  und  Florianus,  der  vier  Usurpatoren 
Firmus,  Satuminus,  Proculus  und  Bonosus,  von  Probus,  Carus  und 
seinen  Söhnen.  Dem  Constantin  gewidmet  sind  die  den  Namen 
des  Aelius  Lampridius  tragenden  Biographien  des  Elagabal 
und  Alexander,  femer  die  dem  lulius  Capitolinus  zugeschrie- 
benen der  beiden  Maximine,  der  drei  Gordiane  sowie  des  Maxi- 
mus imd  Balbinus.  Während  die  früheren  einfache  Excerpte 
aus  Marius  Maximus  sind,  scheinen  diese  späteren,  von  Severus 
an,  aus  einer  Mehrheit  von  Quellen  compiliert  zu  sein. 

1.  Ueber  die  scriptores  historiae  augustae  überhaupt  s.  oben  370,  1  ff. 

2.  Yopiso.  Aurelian.  l:  Hilaribus  .  .  impletis  .  .  vehiculo  suo  me  .  . 
praef.  urbis  (J.  303,  s.  Richter,  Rhein.  Mus.  VII.  S.  18  f.)  .  .  lunius  Tibe- 
rianus accepit.  Auf  dessen  Aufforderung  bearbeitete  Vopiscus  das  Leben 
des  Aurelianus:  parui  Tiberiani  praeceptis,  accepi  libros  graecos,  ..  ex 
quibus  ea  .  .  in  unum  libellum  oontuli,  nach  Diocletians  Abdankung  (vgl. 
44,  2  f.),  als  Constantius  imperator  war  (44,  5).  Die  Darstellung  ist  breit; 
viel  unverarbeitetem  Material.     Später  die  vita  Taciti  atque  Floriani  (Tac 

TenTfely  Rom.  Literatargeschichtc.  53 


834  I^ie  Kaiserzeit.    Viertes  Jahrhundert. 

16,  5).  nunc  nobis  adgrediendus  est  Probus.  . .  haec  ego  in  alioram  vita 
de  Probo  credidi  praelibanda,  ne  .  .  Probo  indicto  deperirem  (ib.  16,  6  f.). 
Dann  die  des  Probus.  Prob.  1,  5:  non  patiar  ego  ille  a  quo  dudam  söhn 
Aurelianus  est  expeditus,  .  .  Tacito  Florianoque  iam  scriptis  non  me  ad 
Probi  facta  conscendere,  si  vita  suppetet  omnes  qui  supersunt  usque  ad 
Maximiauum  Diocletianumque  dicturus.  neque  ego  nunc  facultatem  elo- 
quentiamque  poUiceor,  sed  res  gestas.  2,7:  mihi  quidem  id  animi  fuit 
ut  non  Sallustios  . .  atque  omnes  disertissimos  imitarer  viros  in  yita  prin- 
cipum  et  temporibus  disserendis ,  sed  Marium  Maximum  .  .  ceterosque  qui 
haec  et  talia  non  tam  diserte  quam  vere  memoriae  tradiderunt.  24 ,  6  ff. 
haec  sunt  quae  de  Probo  cognovimus.  . .  nunc  in  alio  libro  .  .  de  Firmo 
et  Satumino  et  Bonoso  et  Procnlo  (die  quadriga  tyranuorum)  dicemus. 
. .  post  inde  . .  Carum  incipiemus  propagare  cum  liberis.  Bonos.  15,  10: 
supersunt  mihi  Carus,  Carinus  et  Numerianus.  nam  Diocletianus  et  qui 
sequuntur  stilo  maiore  dicendi  sunt.  Car.  IS,  3:  post  quos  Diocletiannm 
et  Maximianum  principes  dii  dederunt,  iungentes  talibus  viris  Galerium 
atque  Constantium.  Deren  Leben  sei  schon  von  Claudius  Eusthenius  (oben 
370,  9)  beschrieben,  quod  idcirco  dixi  ne  quis  a  me  rem  tantam  requi- 
reret.  Der  Probus  ist  einem  Celsinus  gewidmet,  die  quadriga  tjr.  einem 
Bassus  (vgl.  unten  379,  2).  Firm.  2,  1:  sds,  mi  Basse,  quanta  nobis  con- 
teutio  proxime  fuerit  cum  amatore  historiarum  M.  Fonteio,  .  .  contra  ego 
mecumque  Rufus  Celsus  et  Ceionius  lulianus  et  Fabius  Soaianus  conteu- 
derent  etc.  Andere  Zeitgenossen  der  Cos.  Furius  Placidus  (AureL  16,  4) 
und  lunius  Messala  (Car.  20,  4).  Des  Vopiscus  Grossvater  (Sat.  9,  4.  Bon. 
15,  4.  Car.  13,  3.  14,  1)  und  Vater  (Aurel.  43,  2)  hatten  eine  angesehene 
Stellung.  Vop.  selbst  lebte  zu  Rom  als  Anhänger  der  alten  Religion,  deren 
Superstition  er  theilte  (Aurel.  21,  4;  doch  mendacia  haruspicum,  Tac.  15, 
4).  Auch  an  die  Wunder  des  ApoUonius  von  Tyana  glaubt  er  und  ver. 
spricht  (Aurel.  24,  9),  si  vita  suppetit,  .  .  breviter  saltem  tanta  viri  facta 
in  litteras  mittam.  Bei  jeder  Gelegenheit  liebt  Vop.  seine  Kenntnisse  aus- 
zukramen. Benützung  von  Urkunden.  Bei  Verschiedenheit  der  Quellen- 
angaben gewöhnlich  in  medio  relinquere,  z.  B.  Aurel.  16,  2  f.  Prob.  3,  3. 
Car.  4,  1  S,  Vgl.  F.  Richter,  Rhein.  Mus.  VII.  S.  17—20.  H.  Peter,  hi«t. 
crit.  p.  10—13. 

3.  Clod.  Albin.  (nach  BP  lulü  Capitolini)  4,  2:  quae  familia  hodie 
quoque,  Constantine  maxime,  nobilissima  est.  Maximini  II  (nach  llP  gleich- 
falls lul.  Cap.)  1,1:  ne  fastidiosum  esset  clementiae  tuae,  Const.  max., 
singulos  quosque  principes  .  .  per  libros  singulos  legere,  adhibui  mode- 
rationem.  Ebenso  Gordiani  III  (lul.  Cap.  nar  nach  ed.  princ.)  1, 1:  fuerat 
quidem  consilium,  venerabilis  Auguste,  ut  singulos  quosque  imperatores . . 
libris  singulis  ad  tuam  clementiam  destinarem.  .  .  sed  inprobum  visum 
est  etc.  Vgl.  ib.  34,  6 :  quae  omnia,  Constantine  maxime,  idcirco  sum  per- 
secutus  ne  quid  tuae  cognitioni  deesset.  Geta  (nach  ed.  pr.  von  Spartian, 
vgl.  A.  4)  1,  1 :  scio,  Constantine  Aug.,  et  multos  et  clementiam  tuam  quae- 
stionem  posse  movere  cur  etiamGetaAntoninus  ametradatur.  Heliogab.  (nach 
BF  Aeli  Lampridü)  2,  4 :  Antoninorum  nomen,  quod  tu,  Constantine  sacra- 
tissime,  ita  veneraris  ut  etc.  34,  1 :  mirum  fortasse  cuipiam  videatur,  Con- 
stantine venerabilis,  quod  etc.  c.  35  (vgl.  A.  4).  Alexand.  (Aeli  Lampridü 
nach  BP)  65,  1:  soles  quaerere,  Constantine  maxime,  quid  sit  quod  etc. 


378.    VopiBCus,  Lampridius  u.  Capitolinus.  835 

4.  Dem  Lampridius  werden  durch  die  Hdschrr.  zugetheilt  ausser 
Elagabal  und  Alexander  auch  Commodus  und  Diadumenus.  Letzterer  wird 
am  Schlüsse  des  Elagabal  versprochen.  Die  üebereiustimmung  in  den 
Eigenthümlichkeiten  der  Darstellung  macht  wahrscheinlich  dass  auch  Per- 
tinax  und  Geta  von  demselben  Verfasser  sind  (E.  Brooks  p.  32 — 39).  He- 
liog.  35 :  ■  cuius  vitam  me  invitum  et  retractant^m  ex  Graecis  Latinisque 
collectam  scribere  ac  tibi  offerre  voluisti,  cum  iam  alioram  ante  tulerimus. 
scribere  autem  ordiar  qui  post  sequentur.  quoram  Alexander  optimus  et 
cum  cura  dicendus  est,  . .  Aurelianus  praecipuus  et  .  .  auctor  tui  generis 
Claudius,  de  quo  vereor  ad  clementiam  tuam  scribens  vera  dicere,  ne 
malevolis  adulator  videar  esse.  .  .  his  iungendi  sunt  Diocletiauus  .  .  et 
Maximianus  .  .  ceterique  ad  pietatem  tuam.  te  vero,  Auguste  venerabilis, 
multis  paginis  isdemque  disertioribus  illi  prosequentur  quibus  id  felicior 
natura  detulerit.  his  addendi  sunt  Licinius,  Severus  atque  Maxentius,  quo- 
rum  omnium  ius  in  dicionem  tuam  venit  (J.  323),  sed  ita  ut  nihil  eorum 
virtuti  derogetur.  non  enim  ego  id  faciam  quod  plerique  scriptores  solent, 
ut  de  is  detraham  qui  victi  sunt.  Auch  sonst  zeigt  Lampr.  moralisches 
und  patriotisches  Gefühl;  s.  Heliog.  1,  1  f.  34,  1  f.  Alex.  1.  2.  Jene  weiter- 
gehenden Absichten  kamen  wahrscheinlich  nicht  vollständig  zur  Ausfuhrung 
(Alex.  64,  2:  Aurelianum  et  deinceps.  de  quibus,  si  vita  suppeditaverit, 
ea  quae  comperta  fuerint  publicabimus);  jedenfalls  sind  die  späteren  vitae 
nicht  erhalten. 

5.  Durch  die  Hdss.  dem  Capitolinus  zugeschrieben  wird  die  vita 
der  Maximini,  sowie  durch  die  ed.  pr.  die  darauffolgenden  der  Gordiani, 
des  Maximus  und  Balbinus.  Die  Behandlung  und  Darstellung  ist  in  allen 
dreien  wesentlich  die  gleiche  (Brooks  p.  1—14):  die  selbstgefällige  Polemik 
gegen  Vorgänger  (bes.  Cordus),  das  Interesse  für  Literarhistorisches,  die 
Benützung  auch  griechischer  Quellen,  das  Streben  nach  rhetorischem  An- 
strich (bes.  Anaphora).  Die  sachlichen  Abweichungen  zwischen  den  Maxi- 
mini  und  den  beiden  andern  vitae  (B.  Schulz,  Berl.  Zeitschr.  f.  Gymn.  XIX. 
1865.  S.  932->937)  erklären  sich  aus  dem  Befolgen  verschiedener  Quellen. 
Ueber  das  Verhältniss  zu  Herodian  s.  Brooks  p.  46—69.  Brooks  (p.  14—21) 
vindiciert  auch  die  vitae  des  Clodius  Albinus,  Opilius  Macrinus  und  Ale- 
xander dem  Capitolinus,  gibt  dabei  aber  zu  dass  dieselben  non  plane 
eodem  tumido  stilo  conscriptae  seien  wie  die  der  Maximini  u.  s.  w.  Ueber 
diese  und  andere  den  Namen  des  Cap.  tragende  vitae  s.  oben  370,  4.  Zur 
Charakteristik  des  Cap.  vgl.  Gordian.  21,  3  f.:  haec  de  Gordiano  iun.  digna 
memoratus  comperimus;  non  enim  nobis  talia  dicenda  sunt  quae  lunius 
Cordus  ridicule  ac  stulte  composuit  (oben  358,  6).  .  .  quorum  etiam  scientia 
null!  rei  prodest,  si  quidem  ea  debeant  in  historia  poni  ab  historiographis 
quae  aut  fugienda  sint  aut  sequenda.  Max.  et  Balb.  4,  5:  placet  aliqua 
diel  de  moribus  atque  genere,  non  eo  modo  quo  luuius  Cordus  est  perse- 
cutuB  omnia,  sed  illo  quo  Suetonius  Tranquillas  et  Valerius  Marcellinus. 
Maximin.  29,  6  (vgl.  28,  10):  ne  quid  praetermissum  esse  videatur;  33,  4: 
ne  quis  me  hoc  nescisse  crederet. 

6.  Capitol.  Max.  II.  1,  2:  servavi  hunc  ordinem  quem  pietas  tua 
(Constantin)  etiam  ab  Tatio  Cyrillo  clariss.  viro,  qui  graeca  in  latinum 
vertit,  servari  voluit. 

53* 


836  I^ie  Kaiserzeit.    Viertes  Jahrhundert. 

7.  üeber  die  Memoiren  Constantins  und  seine  Geschichtschreiber  b. 
876,  1.  3. 

8.  Ueber  die  Welt-  und  die  Stadtchronik  aus  dem  J.  334  s.  unten  388. 


379.  In  gebundener  Form  schrieben  unter  Constanün  Op- 
tatianus  und  luvencus.  Publilius  Porfirius  Optatianus  erwirkte 
sich  durch  ein  Lobgedicht  auf  Constantin  von  aberwitziger  Künst- 
lichkeit Rückberufung  aus  der  Verbannung  und  die  Huld  des 
Kaisers.  Der  spanische  Presbyter  C.  Vettius  Aquilius  luvencus 
aber  verfasste  Bearbeitungen  der  alt-  und  neu -testamentlichen 
Geschichte  im  epischen  Versmass  und  in  der  Phraseologie  der 
römischen  Epiker,  besonders  des  Vei^il,  aber  in  einer  sehr 
schwankenden  Prosodie. 

1.  Öieron.  ad  a.  Abr.  2345  =  Const.  23  =  331  n.  Chr.:  Porfirius  misso 
ad  Constantinum  insigni  volumiue  exilio  liberatu^.  Dieses  volumen  ist  er- 
halten nebst  dem  Belobungsschreiben  Constantins  und  der  Danksagung  des 
Optatianus  für  die  gnädige  Aufnahme.  Aus  Constantin's  Schreiben:  si  tantum 
pondus  et  gravitas  spectarentur  in  carmine,  et  graeca  post  chium  maeo- 
niumque  yatem  et  latina  post  rusticum  mantuanum  eloquentia  siluisset, . . 
frater  carissime.  .  .  gratum  mihi  est  studiorum  tuorum  facilitatem  in  ülud 
exisse  ut  in  pangendis  versibus,  dum  antiqua  servaret,  etiam  nova  nova  Ijis 
conderet.  vix  hoc  custoditum  pluribus  fuit,  qui  modis  quibusdam  arctis 
innexi  litterarum,  distinctionibus  yersuum  —  qui  ita  medium  corpus  pro- 
positi  occulte  permeant  ut  oculorum  sensus  intersüncta  colorum  pigmenta 
delectent  —  hoc  tenuere  propositum  ut  etc.  .  .  gratum  igitur  hoc  mihi 
dicationis  tuae  munus  fuit.  exercitatio  mentis  et  naturae  facilitas  compro- 
bata  est.  Optatianus  dankt  dann  Domino  Constantino  maximo,  pio,  ioTicto 
et  venerabili,  semper  augusto  dass  er  Carmen  quod  artioribus  Musarum 
ligaveram  vinculis  sogar  gelesen  habe.  Wäre  er  der  Stadtpräfect  von  Born 
dieses  Namens  in  den  J.  329  u.  333,  so  wäre  die  Datierung  seiner  Zurück- 
berufung bei  Hier,  wohl  unrichtig.  Tillemont,  bist,  des  emp.  IV.  Constantin, 
art.  LXI,  und  notes  sur  Const.  LH. 

2.  J.  Burckhardt,  Constantin  S.  314  f. :  „Das  Unerreichte  hat  in  die- 
sen zum  Theil  erstaunlich  schwierigen  Spielereien  Publilius  OptatiaDi» 
Porfirius  geleistet.  Er  war  aus  irgend  einem  Grunde  in  die  V erbannong 
geschickt  worden  und  legte  es  nun  darauf  an  durch  ganz  verzweifelte  poe- 
tische Luftsprünge  sich  bei  Const.  wieder  zu  Gnaden  zu  bringen,  was  ihm 
auch  gelang.  Es  sind  26  Stück  Gedichte,  meistens  in  20—40  Hexametern, 
jeder  von  gleich  viel  Buchstaben,  so  dass  jedes  Gedicht  wie  ein  Quadnt 
aussieht.  Eine  Anzahl  Buchstaben  aber  welche,  durch  rothe  Farbe  erkenn- 
bar, zusammen  irgend  eine  Figur  (z.  B.  das  Monogramm  XP)  vorstellen, 
bilden,  zusammengelesen,  wieder  besondere  Sprüche.  Die  Marter  die  der 
Leser  empfindet  lässt  auf  die  des  Dichters  schliessen.  .  .  Am  Ende  folgen 
vier  Hexameter  deren  Worte  man  auf  18  verschiedene  Weisen  durchein- 
ander mischen  kann,  so  dass  immer  wieder  eine  Art  von  Metrum  and  ^nn 


379.    Optatianus  und  luvenous.  837 

herauskommt."  Vgl.  L.  Müller  de  re  metr.  p.  466—470.  Solche  durch 
die  rothgeschriebenen  Buchstaben  entstehende  Sätze  sind:  Publilius  Opta- 
tianus Porfirius  haec'lusi;  omne  genus  metri  tibi  pangens,  optime  Basse; 
orbem  totum  pacavit  trucidatis  tjranuis;  sit  victoria  comes  Aug.  et  natis 
eius;  Constantine  maxime  imperator  et  invicte  . .  omnia  magnus.  Ein  Theil 
bildet  auch  Akrosticha,  wie:  omnipotens  genitor,  tuque  o  divisio  mixta, 
filius  atque  pater  et  sanctus  spiritus  unum,  faveas  votis.  Für  jedes  Stück 
liegt  eine  Gebrauchsanweisung  des  Verf.  bei.  Das  erste  Gedicht  lässt  die 
Thalia  in  Traueranzug  erscheinen :  cum  dederit  clemens  veniam  natumque 
laremque  reddiderit,  comptis  ibis  et  ipsa  comis. 

3.  Ausgaben  in  P.  Pithoei  poemata  vett.,  Paris.  1590.  Lugd.  1696. 
Publ.  Opt.  Porf.  panegyricus  dictus  Constantino  Aug.  ex  codice  mpto  PauUi 
Velseri,  Augsburg  1696,  fol.  und  in  Marci  Velseri  opera  (Nürnberg  1682 
fol.)  als  unpaginierter  Anhang.  Drei  Proben,  die  Gedichte  welche  eine  ara 
pythia,  eine  syrinx  und  eine  Orgel  (organon)  darstellen,  mit  Einl.  u.  Comm. 
bei  Wernsdorf,  poetae  latt.  min.  II.  p.  366—413.  F.  Liceti  encyclop.  ad  Sy- 
nngam  Porphyrii,  Padua  1635.  4.  Die  versus  anacyclici  auch  im  cod.  Sal- 
masianus  (Riese's  anthol.  lat.  I.  p.  92  f.).  Mit  anderen  in  Meyer's  anth. 
lat.  nr.  236-240.  Migne's  Patrolog.  XIX.  p.  391  ff.  PubL  Opt.  Porf.  car- 
mina  rec.  et  praefatus  est  Luc.  Müller,  Lips.  (Bibl.  Teubner.)  1870. 

4.  Hieron.  ad  a.  Abr.  2.346  =*  Const.  23  =  331  n.  Chr.:  luvencus 
presbyter  natione  Hispanus  evangQlia  heroicis  versibus  explicat.  Vgl.  Epist. 
70,  5  (I.  p.  430  Vall.)  und  De  vir.  ill.  84:  luvencus,  nobilissimi  generis 
Hispanus  presbyter,  quattuor  evangelia  hexametris  versibus  paene  ad  ver- 
bum  transferens  quattuor  libros  composuit  et  nonnulla  eodem  metro  ad 
sacramentorum  ordinem  pertinentia.  floruit  sub  Constantino  principe.  Vgl. 
hist.  ev.  IV,  808  f. 

6.  Schriften  des  luvencus.  1)  Historia  evangelica  in  4  Büchern, 
hauptsächlich  nach  Matthäus.  Die  Evangehen  sind  in  einer  lateinischen 
Uebersetzung  benützt.  2)  Historia  veteris  testamenti.  Ein  cod.  Lorshensis 
Bcti  Nazarii  enthielt  nach  einem  Verzeichniss  saec.  XI:  Cypriani  (vielmehr 
luvenci)  metrum  super  Heptateuchum ,  Hbros  regum,  Esther,  ludith  et 
Macchabaeorum.  Lange  waren  aber  nur  etwa  360  Hexameter  über  die  Ge- 
nesis bekannt,  welche  dann  Martenius  (und  Gallandi  Bibl.  patr.  FV.  p.  587  ff.) 
aus  einem  sehr  alten  (angebhch  saec.  VlI)  codex  Corbeiensis  (»»  Sanger- 
manensis  841  in  Paris)  um  ungefähr  1200  vermehrte.  Am  Schlüsse  (von 
luvenci  Historia.  Genesis) :  Incipit  Exodus,  welcher  Theil  aber  fehlt.  Weitere 
3266  Verse  hat  aus  drei  Hdss.  (Cantabrigiensis  und  zwei  Laudunenses,  aus 
Laon),  welche  aber  aus  derselben  Urhandschrift  stammen  (Pitra  p.  XXXVII  f.), 
veröffentlicht  J.  B.  Pitra,  Spicilegium  Solesmense  I  (Paris  1862)  p.  171—268 
(vgL  p.  XXXV— XLV),  nämlich  a)  64  weitere  Hexameter  zur  Genesis;  b) 
metrische  Bearbeitung  der  Exodus,  v.  66—1392  (1388);  c)  Proben  aus  der 
(in  den  Hdss.  vollständigen)  Bearbeitung  von  Leviticus,  Numeri  und  Deu- 
teronomium  p.  224—268.  d)  Buch  Josua,  686  Hexameter,  p.  208—223.  Das 
Lied  des  Moses  (Deuteron.  32)  ist  in  phaläkischen  Hendekasyllaben  gehalten 
(p.  263—258). 

6.  üeber  die  Quantität  der  Vocale  verräth  luvencus  sehr  unsichere 
Vorstellungen.    Er  gebraucht  den  Diphthongen  ae  (unter  Vermittlung  der 


838  I^iö  Kaiserzeit.    Viertes  Jahrhundert. 

Schreibung  e?)  häufig  kurz  (z.  B.  in  den  Hexameterausgängen  Aegypti, 
praesentat,  aetemae,  maerente},  ebenso  ämissae,  protuius  u.  dgL;  dagegen 
kurze  Yocale  als  lang,  nicht  blos  in  der  Cäsur,  wie  das  a  des  neutrum,  üb 
der  zweiten  Declination,  ferner  läboram,  lätidbus,  pedTsequis,  cäpitunif  fa- 
gacem,  futurum  u.  dgl.  Besonders  im  Anfang  und  am  Schlüsse  des  Verses 
sind  solche  Incorrectheiten  häufig.  Archaistische  Formen  (wie  mage,  dider, 
miscerier,  faxunt,  cleptat,  lampada)  werden  nach  Versbedürliiiss  angewandt 
In  den  Hendekasyllaben  steht  statt  des  ersten  Trochäus  häufig  ein  Jambus. 
Andere  Proben:  cuius  gloriä^  convenit  honores  (1080);  cui  semper  Tahdä 
vigent  inventa  (1083);  illos  bestiae  mordicus  vorabunt  (1159);  quam  dnni 
stelligera  per  astra  tollo  (1183);  quem  cunctus  populüs,  angeli  laudant  (1190); 
parcit  subditls  et  pios  reservat  (1194). 

7.  Eine  vollständige  Ausgabe  des  luv.  gibt  es  noch  nicht.  Von  den 
älteren  sind  etwa  zu  erwähnen:  ed.  princeps,  Daventriae  um  1490.  4.  Stu- 
dio Th.  Poelmanni,  Basil.  1551.  Cum  notis  ed.  Erh.  Reusch,  Fraakf.  1710. 
Ad  vaticanos  codd.  rec.  F.  Arevalus,  Rom.  1792.  In  Migne*s  Patrolog.  XIX. 
0.  Korn,  die  Handschriften  der  bist,  evang.  des  luv.  in  Danzig,  Rom  und 
Wolfenbüttel;  ein  Beitrag  zur  Kritik  des  luv.,  Danzig  1870.  4.  (Leipzig, 
Teubner). 

A.  R.  Gebser,  de  C.  Vett.  Aq.  luv.  vita  et  scriptis,  Jena  1827. 

8.  Bemerkenswerthe  althochdeutsche  Glossen  zu  Juv.  bist,  evang.  bei 
Pitra  1.  1.  p.  259—261. 


380.  Die  Jurisprudenz  zeigt  in  der  constantinischen 
Zeit  noch  einiges  Leben ;  bethätigt  sich  aber  ausschliesslich  im 
Sammeln  und  Epitomieren.  Ihr  gehören  die  beiden  letzten  Ju- 
risten an  von  welchen  sich  in  den  Digesten  Excerpte  finden, 
Aurelius  Arcadius  Charisius,  Verfasser  von  juristischen  Mo- 
nographien, und  Hermogenianus,  der  Urheber  des  codex 
Hermogenianus  und  eines  Auszuges  aus  dem  Juristenrecht  (epi- 
tomae  iuris).  Ebenso  ist  noch  bei  Constantins  Lebzeiten  ver- 
fasst  die  Sammlung  von  Rechtsquellen  welche  Fragmenta  va- 
ticana  genannt  zu  werden  pflegt.  Sie  war  wohl  eine  Privat- 
arbeit von  gleichem  Inhalte  wie  die  später  von  Justinian  ange- 
ordnete, gibt  aber  die  benützten  Quellen  mit  grösserer  Trene 
wieder  als  die  justinianische  und  war  daher  vielleicht  noch  um- 
fangreicher als  diese;  sicher  indessen  ist  sie  mit  weniger  Sach- 
kenntniss,  Sorgfalt  und  praktischem  Geschick  angelegt  Sie 
umfasste  sowohl  kaiserliche  Constitutionen  als  Auszüge  aus  den 
Schriften  älterer  Rechtsgelehrten,  insbesondere  des  Ulpian  sowie 
des  Paulus  und  Papinianus.  Von  dem  ursprünglichen  Ganzen 
ist  uns  nur  ein  kleiner  Theil  durch  ein  Palimpsest  in  der  Ya- 
ticana  erhalten,  und  auch  dieser  nur  theilweise  YoUständig. 


J 


880.    Jurisprudenz:  Fragmenta  vaticana.  839 

1.  Im  Leben  bethätigt  sich  die  RechtekenntnisB  einzig  in  dem  Berufe 
des  Anwalts  und  fallt  mit  der  Beredtsamkeit  zusammen.  Bei  dem  Astro- 
logen und  ehemaligen  Anwalt  Firmicus  werden  unter  den  zahlreichen  Be- 
rufsarten die  er  erwähnt  Bechtsgelehrte  niemals  genannt,  wohl  aber  z.  B. 
VIII,  27  g.  E. :  advocati  optimi  et  regum  amici  ac  praecipui  oratores.  Auch 
im  kaiserlichen  Cabinet  sind  nach  ihm  nicht  sowohl  Juristen  verwendet  als 
Stilisten;  vgl.  z.  B.  VIII,  27:  regum  int^rpretes  vel  magistros,  scribas  quo- 
qae  et  sacrarum  (kaiserliche)  litterarum  officia  tractantes.  30:  litterarum 
officia  tractantes,  regibus  notos  et  eorum  scribas.  Vgl.  Mamertin.  grat. 
act.  20,  1 :  iuris  civilis  scientia,  quae  ManUos,  Scaevolas,  Servios  in  amplis- 
simum  gradum  dignitatis  evexerat,  libertinorum  artificium  dicebatur  (von 
den  Vornehmen  des  byzantinischen  Hofes).  Dagegen  von  Julian  qui  in 
oratoria  facultate,  qui  in  scientia  iuris  civilis  excellit  ultro  ad  familiaritatem 
vocatur  (ib.  26, 3).  Ammian.  XXX,  4, 11  f.  (J.  374):  secundimi  est  genus  eorum 
qui  iuris  professsi  scientiam,  . .  ut  altius  videantur  iura  callere,  Trebatium 
loquuntur  et  Cascellium  etc.  ib.  16  f.  (von  den  Rechtsanwälten):  e  qui- 
bus  ita  sunt  rüdes  nonnulli  ut  numqUam  se  Codices  habuisse  meminerint. 
et  si  in  circulo  doctorum  auctoris  veteris  inciderit  nomen,  piscis  aut  edulii 
peregrinimi  esse  vocabylum  arbitrantur. 

2.  Dig.  I,  11,  1:  Aurelius  Arcadius  Charisius,  magister  Ubellorum, 
libro  singulari  de  officio  praefecti  praet.  (worin  er  die  Verordnung  Con- 
stantins  vom  J.  331  über  dessen  Competenz  bereits  kannte).  Darauf  be- 
zieht sich  AvQjjlXiog  6  vofimog  bei  Lyd.  de  magistr.  I,  14.  Dig.  L,  4,  18: 
Arcadius  Charisius  libro  singulari  de  muneribus  civilibus.  Ausserdem  vier 
Fragmente  aus  seinem  liber  sing,  de  testibus,  Dig.  XXII,  5,  1.  21.  26  (Are. 
qui  et  Charisius).  XLVIII,  18,  10.  Chr.  Rau,  de  Aur.  Are.  Ch.  vetere  icto, 
Lips.  1773.  4. 

3.  Ueber  Hermogenianus  und  den  Codex  Hermog.  s.  oben  371,  3  f. 

4.  Das  Palimpsest  stammt  aus  dem  Kloster  Bobio  (bei  Piacenza), 
von  wo  der  erste  Theil  (sechs  Blätter,  ursprünglich  beschrieben  mit  Thei- 
len  des  cod.  Theod.,  dann  mit  Cassian.  coli.  3  u.  4)  nach  Turin  kam,  der 
viel  grössere  zweite  aber  (100  Blätter,  wovon  67  mit  Cassian.  coli.  4  —  10 
überschrieben)  nach  Rom  in  die  Vaticana  (Nr.  6766).  Von  den  57  doppelt 
beschriebenen  Blättern  dieses  cod.  vat.  gehören  33  zu  obigem  Sammelwerke, 
22  zum  cod.  Theod.,  2  zur  lex  rom.  Burgundionum.  Die  ursprüngliche 
Schrift  ist  dieselbe  wie  im  veroneser  Gaius  (oben  339,  5)  und  in  den  Dig. 
florentina,  wahrscheinlich  aus  Ende  von  saec.  IV  oder  Anfang  von  V.  Die 
ursprünglichen  Quatemionen  wurden  (wahrsch.  saec.  VIII)  für  das  Neu- 
beschreiben der  Länge  nach  so  zerschnitten  dass  aus  zwei  zusammenge- 
hörigen Blättern  drei  neue  wurden.  Verloren  gegangen  ist  von  dieser 
Handschrift  des  Cassian  (s.  unten  428)  der  Anfang  (coli.  1.  2)  und  dör 
Schluss  (coli.  11—24).  Nach  Herstellung  der  ursprünglichen  Ordnung  wur- 
den 18  vollständige  Blätter  gewonnen,  2  welche  Vs  ^^^  ^  welche  '/s  des 
juristischen  Textes  enthalten.  Von  dem  ursprünglichen  Umfange  des  Wer- 
kes ist  dies  aber  sicher  nur  ein  kleiner  Theil.  Verbesserungen  des  Textes 
theils  vom  ursprünglichen  Schreiber  theils  von  demjenigen  Besitzer  der 
Handschrift  welcher  (etwa  ein  Menschenalter  später)  die  Schollen  auf 
dem  Bande  und  zwischen  den  Zeilen  beigeschrieben.    Dieselben  sind  un- 


340  ^^^  Kaiserzeit.    Viertes  Jahrhundert. 

gleich  vertheüt,  am  häufigsten  im  Titel  de  donationibus ,  und  meist  kurz 
(Stellennachweise,  Citate  u.  dgl.). 

5.  Auffindung  (J.  1821)  und  erste  Herausgabe  durch  Ang.  Mai:  Iuris 
civilis  anteiust.  reliquiae  iueditae  ex  cod.  rescripto  bibl.  ponti£  vaticanae, 
Rom  1823.  118  pp.  =  Paris  1823  und  (mit  Eintheilung  in  341  §§.)  Berol. 
1824.  Recogn.,  comm.  crit.  et  exeg.  instr.  A.  de  Buchholtz,  Königsberg 
1828.  Secogn.  A.  Bethman- Hollweg,  Bonn  1833.  12.  (==  Corpus  iur.  civ. 
anteiust.  I.  p.  229—302).  Nach  D.  Detlefsens  sorgfältiger  Nachvergleichung 
herausgeg.  von  Th.  Mommsen  in  einer  grossem  (Quari)  Ausgabe  (Codicis 
vaticani  5766,  in  quo  insunt  iuris  anteiust.  fragmenta  q.  d.  vaticana,  exem- 
plum  addita  transcriptione  notisque  critt.  edidit,  Abhandl.  der  BerL  Ak. 
vom  J.  1859,  Berlin  1860,  p.  265—408;  Text  p.  266-377)  und  in  einer  klei- 
neren (Bonn.  1861,  XXIV  u.  144  pp.  12.).  In  Huschke's  iurisprud.  anteiasi* 
p.  610-721  (Text  p.  622  ff.). 

6.  Die  Ueberschrift  des  Werkes  ist  nicht  erhalten.  Von  einer  Ein- 
theilung in  Bücher  ist  keine  Spur,  wohl  aber  (wie  bei  cod.  Hermog.  nod 
CoUatio)  in  Titel  (species),  die  über  je  zwei  Seiten  vertheilt,  aber  nicht 
numeriert  sind.  Die  Quellen  sind  je  zu  Anfang  beigeschrieben  (z.  B.  2:  Pa- 
pinianus  libro  lU  responsorum)  und  gelten  so  lange  fort  bis  eine  neue  ge- 
nannt ist.  Hauptgrundlage  Ulpian,  bes.  ad  Sabinum  und  de  excusationibiK 
==  de  officio  praet.  tutel.  (oben  854,  2).  Die  Schrift  eines  Ungenannten 
(Venuleius  Satuminus?  vgl.  oben  338,  6)  de  interdictis  ist  90—93  ausführ- 
licher citiert  (.  .  libro  I  de  interdictis  sub  titulo  in  eum  qui  etc.)  als  sonst 
zu  geschehen  pflegt  und  ist  daher  wohl  späterer  Zusatz  von  anderem  Ur- 
heber (Mommsen  p.  396).  Vgl.  Huschke  p.  615  f.  Diese  Excerpte  sind  in 
ihrer  ursprünglichen  Gestalt,  ohne  Abänderung  und  Verarbeitung,  gegeben, 
und  darin  besteht  der  Hauptwerth  dieser  Ueberreste. 

7.  Die  kaiserlichen  Erlasse  sind,  wie  im  cod.  lust.  und  dessen  Qael- 
len  (vgl.  oben  371,  2),  mit  Ueberschrift  und  Unterschrift  mitgetheilt,  ohne 
Nennung  der  Sammlungen  woraus  sie  entnommen  sind.  Cod.  Theodos.  ist 
in  den  Fragm.  vat.  nicht  benützt,  da  hier  die  betr.  Rescripte  in  vollstän- 
digerer Fassung  gegeben  sind  als  im  Theod.  Wohl  aber  ist  cod.  Grego- 
rianus  und  Hermog.  stark  ausgebeutet.  Dazu  Rescripte  (bes.  der  Jahre  2% 
u.  298)  aus  dem  westlichen  Reichstheile ,  von  Maximian  erlassen,  die  sich 
nicht  im  cod.  lust.  finden  und  die  vielleicht  aus  einer  Ausgabe  des  cod. 
Hermog.  stammen  welche  später  und  vollständiger  war  als  die  von  den 
Byzantinern  zu  Grund  gelegte  (vgl.  oben  371,  3).  Endlich  Verordnungen 
aus  Constantins  Zeit  in  unverkürzter  Fassung,  die  Aufschriften  überdiea 
anders  gehalten  als  im  cod.  Greg,  und  Hermog.  Die  späteste  erwähnte 
kaiserliche  Verfügung  (§.  37)  ist  von  Valentinian  (J.  369—372),  die  nichit- 
vorhergeheude  aber  aus  Constantins  Regierung  (J.  812—337).  Jene  valen- 
tinianische  scheint  daher  gleichfalls  (s.  A.  6)  ein  späterer  Zusatz,  zumal  ds 
sie  sich  durch  ihre  umständliche  und  schwülstige  Fassung  von  den  übrigen 
der  Sammlung  unterscheidet,  mit  Ausnahme  derer  aus  J.  316  (§.  249),  390 
(§.  248),  337  (§.  35),  welche  daher  vielleicht  ebenfalls  erst  nachträglich 
hinzugefugt  sind.    Vgl.  A.  9. 

8.  Das  Erhaltene  ist  aus  den  Titeln  ex  empto  et  vendito,  de  ora- 
fructu,  de  re  uxoria  ac  dotibus,  de  excosatione  (besonders  ansführliefa}, 


380  f.    Fragmenta  vaticana.    GominiannB.  g41 

quando  donator  intellegatar  revocasse  yoluntatem,  ad  legem  Gindam  de 
donationibus,  de  cognitoribus  et  procuratoribus.  Die  Anlage  ist  planlos. 
Im  Ganzen  ist  auch  hier  (vgl.  371,  2)  die  Ordnmig  des  Edicts  befolgt,  doch 
mit  unverständlichen  Abweichungen  (Mommsen  p.  401).  Innerhalb  der 
einzelnen  Titel  selbst  sind  weder  Excerpte  aus  Juristen  und  Rescripte  ge- 
schieden und  in  regelmässiger  Folge  aufgeführt  noch  bei  letzteren  die  Zeit- 
ordnung eingehalten;  Wiederholungen  und  Widersprüche  sind  nicht  selten. 
Minder  geläufige  Abkürzungen  werden  unrichtig  aufgelöst  (z.  B.  f.  e.  durch 
factum  est  statt  familiae  erciscundae;  1.  c.  durch  litium  causa  statt  litis 
contestatio).  Der  Verf.  muss  daher  mangelhafte  Sachkenntniss  gehabt  und 
flüchtig  gearbeitet  haben.  Mommsen  p.  401—403.  Die  Bestimmung  der 
Sammlung  war  ohne  Zweifel  für  gerichtlichen  Gebrauch;  auf  amtlichen 
Charakter  aber  deutet  nichts.  Angeführt  wird  sie  nie.  Abfassung  durch, 
Mehrere  (Huschke*  p.  616  f.)  ist  nicht  erwiesen.  Ob  das  Werk  jemals  ganz 
fertig  wurde  ist  nicht  bekannt. 

9.  Abfassung  jedenfalls  vor  cod.  Theod.  (s.  A.  7;  also  vor  438)  und 
vor  dem  Citiergesetz  (J.  426),  da  Gajus  nicht  benützt  ist,  wohl  aber  (§.  66), 
wie  es  scheint,  die  durch  jenes  Gesetz  ausgeschlossenen  Noten  Ulpians  zu 
Papinian.  Auf  Entstehung  bei  Lebzeiten  Constantins  führt  die  (von  den 
Byzantinern  unterlassene)  Beseitigung  der  Namen  des  Maximianns  Uercu- 
liuB  und  Galerius  Maximianus,  die  Beifügung  von  divus  einzig  bei  Dio- 
cletian  (und  Constantius),  nicht  aber  (falls  288  tf  =  dominus)  bei  früheren 
Kaisern;  endlich  die  Bezeichnung  des  Constantin  durch  Aug.,  auch  unter 
Weglassung  des  Namens  selbst.  Die  ungleiche  Behandlung  des  Licinius 
(bald  genannt,  bald  unterdrückt)  scheint  zu  beweisen  dass  das  Werk  noch 
vor  dessen  Sturz  (J.  323)  verfasst,  nach  demselben  aber  {unvollständig)  re- 
vidiert worden  ist.  Vgl.  A.  7  E.  Für  Entstehung  im  Westen  (Italien  oder 
Gallien)  spricht  die  besondere  Berücksichtigung  weströmischer  Verfügungen 
(s.  A.  7),  der  Auffindungsort  der  Handschrift  (s.  A.  4),  die  ünbekanntschafb 
mit  Modestin' s  griechisch  geschriebenem  Werke  de  excusationibus,  und  wohl 
auch  die  Nichtbenutzung  der  Sammlung  in  der  justinianischen.  Mommsen 
p.  403—406.  Vgl.  fluschke  p.  618  £P.  (aus  der  Zeit  von  Honorius  oder 
Theodosius  I). 

10.  üeber  die  Fragm.  vat.  vgl.  B.  Borghesi,  giom.  arcad.  XXII  (Rom 
1824)  p.  48 — 95.  G.  Bruns,  quid  conferant  vat.  fr.  ad  melius  coguoscen- 
dum  ins  rom.,  Tübingen  1842.  Mommsen  Quartausg.  p.  379  —  408,  nebst 
Duodezausg.  praef    Huschke,  iurisprud.'  p.  610 — 620. 

381.  Die  Gbrammatik  verengerte  sich  immer  mehr  auf  den 
Bedarf  der  Schule  und  verzichtete  auf  geschichtliche  Erforschung 
und  gelehrten  Apparat.  Von  dieser  Art  scheint  das  Werk  des 
Cominianus  gewesen  zu  sein^  welches  eine  der  Hauptquellen 
des  Charisius  war  und  bei  Späteren  mit  diesem  zusammenfloss. 
Die  Metrik  behandelten  um  diese  Zeit  Albinus  und  Asmonius, 
Ersterer  in  gebundener  Form.  Der  Grammatiker  Euanthius 
commentierte  den  Terenz, 


842  I^ie  Eaiserzeit.    Viertes  Jahrhunderi. 

1.  Chaiis.  I,  18  (p.  147  K):  ablativus  oasus  singularis,  ut  ait  Comi- 
nianus  grammaticus,  etc.  II,  11  (p.  175  E.):  de  coniugationibiia  . .  Comi- 
nianas  disertisBimas  grammaticaB  ita  disBeruit.  II,  12  (p.  180):  Com.  gram- 
maticos  ita  de  participio  breviter  refert.  13  (p.  181):  haec  qnidem  (de 
adverbio)  breviter  Coro.  gr.  disserit.  14  (p.  224):  de  coniunctione ,  ut  ait 
Cominianus.  15  (p.  230):  de  praepositione,  ut  a.  C.  16  (p.  238):  de  inter- 
iectioue,  ut  a.  C.  IV,  1  (p.  265):  de  barbarismo,  ut  a.  C.  (p.  266)  de  sol- 
oecismo,  ut  a.  C.  Jedesmal  ist  dann  ein  längerer  Abschnitt  dem  C.  ent- 
nommen. Die  sonstigen  Erwähnungen  des  C.  (?.  B.  Schol.  Bern,  zu  VergiL 
Buc.  III,  21.  Georg.  I,  215.  III,  311)  sind  aus  Charisius  geschöpft  oder  gel- 
ten diesem  selbst.  H.  Keil,  gramm.  latt.  I.  p.  XLVIIl.  Auch  der  Verfiuser 
der  sogen,  ezcerpta  Charisii  hat  den  Com.,  besonders  im  Abschnitte  de  pro- 
nomine,  benützt,  aber  ohne  ihn  zu  nennen.  W.  Christ,  Philologos  XYIII. 
S.  139. 

2.  Die  sog.  ezcerpta  Cominiani  (A.  Mai  class.  auct.  Y.  p.  150)  sind 
gleichfalls  in  Wahrheit  Auszüge  aus  Charisius;  s.  H.  Keil,  gramm.  latt  I. 
p.  XXII  f.  not.  und  zu  p.  180,  27.  Daher  kann  die  einmal  darin  vor- 
kommende Erwähnung  des  Donatus  für  die  Bestimmung  der  Zeit  des  Com. 
nicht  verwendet  werden. 

S.  H.  Keil  1.  1.  p.  XLVIIl:  adparet  non  solum  de  VIII  paiübus  ora- 
tionis  .  .  sed  etiam  de  vitüs  orationis  . .  (Cominianum)  exposuisse)  ea  ratione 
usum  ut  brevi  et  simplici  oratione  suae  aetatis  consuetudinem  doceret  om- 
niaque  quae  ad  usum  antiquitatis  pertinerent  vel  paullo  doctiorem  dispn- 
tationem  requirerent  a  suo  consüio  aliena  putaret.  Daher  er  vermutet  Co- 
minianum non  valde  antiquum  grammaticum  faisse  et  übrum  suum  non 
doctis  hominibus,  sed  pueris  destinavisse  (p.  XLIX).  Vgl.  noch  F.  Osann, 
Beiträge  II.  S.  317  f.  324—327.  340  und  dagegen  Keil  L  1.  p.  LVI.  W.  Christ, 
Phüologus  XVIII.  S.  123  f. 

4.  Charis.  p.  229,  19  nach  AnfQhrung  einer  Ansicht  des  Bomanus  (oben 
357):  sed  Marcius  Salutaris  vir  perfectissimus  .  .  rectius  sensit.  Diese  Ti- 
tulatur weist  den  Grammatiker  M.  S.  (der  den  Vergil  commentiert  zu  ha- 
ben scheint)  in  die  constantinische  Zeit,  und  die  Anfuhrung  wird  entweder 
aus  Cominianus  geschöpft  oder  eine  eigene  Zuthat  des  Charisius  sein. 

5.  Zwei  Hexameter  eines  Albinus  de  metris  bei  Max.  Victorin.  de 
carm.  her.  p.  289  Lind.  Also  wohl  eine  Arbeit  in  der  Weise  des  Teren- 
tianus  (oben  372).  Er  ist  wohl  der  von  Rufin.  I,  30.  p.  388  Craisf.  genannte 
Alb.  F.  Osann,  Beiträge  II.  S.  361,  A.  10  identificiert  ihn  mit  dem  Alb. 
welcher  einen  Abriss  der  Musik  verfasste  (Cassiod.  de  mus.  6)  und  über 
Geometrie  und  Dialektik  schrieb  (Boethius),  sowie  mit  dem  in  einer  In- 
schrift als  philoBophus  bezeichneten  Ceionius  Eufius  Albinus,  Cos.  335  o. 
345  n.  Chr.,  unter  Zustimmung  von  Jal.  Caesar  in  Paulj^s  Real-£nc.  I,  1. 
S.  649  f.  Nr.  4. 

6.  Priscian.  X,  24  (p.  516, 16  H):  Asmonius  in  arte  quam  ad  Con- 
stantium  (wohl  II]  imperatorem  scribit.  Priscian.  de  metr.  Terent.  6—8 
(p.  412  Gaisf.)  gibt  eine  Stelle  des  A.  über  den  Trimeter  der  lateinischen 
Komiker.  Vgl.  H.  Keil,  quaest.  gramm.  (Lips.  1860)  p.  16  ff.  R.  West- 
phal,  allg.  Metrik  S.  45  f.  JuL  Caesar  in  Pauly's  Real-£nc.  I,  1.  S.  lf4Q 
n.  M.    Der  Name  Asm.  deutet  auf  semitischen  Ursprung. 


381  f.    EuanthixiB  u.  a.  Grammatiker.    Firmicus  MatemuB.       843 

7.  Hieron.  ad  a.  2375  (nach  Bong.  u.  Freh.;  Schöne  zu  2374)  =  361 
n.  Chr.:  Euanthius  eruditissimoB  grammaticomm  Constantinopoli  diem 
obit.  Vgl.  Bafin.  Antioch.  de  metr.  com.  p.  2706  P.  =■  378  Gaisf. :  Euan- 
t^ns  in  commentario  Tereutii  de  fabula  .  .  sie  dicit:  concinna  etc.  .  .  et 
postea  sie:  veteres  etsi  etc.  Beide  Stellen  finden  sich  im  ersten  Theile  der 
Abhandlung  de  tragoedia  et  comoedia  (p.  XXVn.  XXVIII  Zeune  =  Xin. 
XIV  Klotz),  der  somit  von  Euanthius  herrührt.  Auch  von  dem  sogen. 
Donatcommentar  zu  Terenz  wird  ein  Theil  Eigenthum  des  Euanth.  sein; 
8.  üsener,  Rhein.  Mus.  XXIII.  S.  493—496.  Vgl.  ebds.  XXV.  S.  438  f.  Rufin. 
1.  1.  p.  2713  F.  =-  388  G.   Ritechl  Parerga  p.  358,  360, 


382.  Noch  bei  Constantms  Lebzeiten  begann  Firmicus 
Maternus  in  Sicilien  seine  acht  Bücher  Matheseos,  die  aber 
erst  ums  J.  354  vollendet  wurden.  Das  Werk  ist  eine  vollstän- 
dige Theorie  des  Stemglaubens,  in  neuplatonischem,  vom  Chri- 
stenthum  abgewandtem  Geiste.  Der  Verfasser  ist  ein  Ehrenmann, 
dem  es  mit  seiner  Sache  heiliger  Ernst  ist,  aber  befangenen 
Geistes  und  in  seiner  Darstellung  einförmig.  Um  dieselbe  Zeit. 
(J.  347)  richtete  der  gleichnamige  Christ  un  Constantins  Söhne 
Constantius  und  Constans  seine  Schrift  de  errore  profanarum 
religionum,  worin  er  dieselben  zum  Sturze  des  Heidenihumes 
anstachelt.  Jenes  Werk  ist  vollständig  erhalten,  von  der  letz- 
teren Schrift  aber  vier  Blätter  verloren  gegangen. 

1.  Der  Verfasser  heisst  in  der  subscriptio  am  Schlüsse  von  math.  VIII : 
lulius  Firmicus  Matemus  Junior  Siculus  v.  c  (larissimus).  Vgl.  Sidon.  Apoll, 
carm.  22,  praef.:  lulium  Firmicum,  . .  Satuminum  in  lihris  matheseos  pe- 
ritissimos  conditores.  Gewidmet  ist  das  Werk  dem  Procos.  Mavortius  Lol- 
lianuB  (praef.  p.  2  vgl.  VIII,  15.  p.  221:  talis  —  wie  die  Catones  —  nostris 
temporibus  Lollianus,  qui  severitatis  merito  etiam  ordinarii  consulatus  in- 
signia  consecutus  est),  welcher  z.  B.  proconsul  provindae  Africae  war 
(OreUi-Henzen  6481),  J.  342  praef.  urbi,  355  Cos.  ord.  (Ammian.  XV,  8, 17), 
356  praef.  praet.  Italiae  (Ammian.  XVI,  8,  5:  vir  sublimis  constantiae.  Cod. 
Theod.  VI,  29,  1.  XI,  30,  25.  36,  11).  Vgl.  Borghesi  bei  Gervasio,  Osser- 
vazioni  sulla  iscr.  onoraria  di  Mavorzo  Lolliano  (Neapel  1846)  p.  14  ff. 
Sollte  hienach  die  Widmung  und  Buch  VIII  im  J.  354  verfasst  sein,  so 
weist  dagegen  die  Erwähnung  der  Sonnenfinstemiss  des  17.  Juli  334  (Firm. 
I,  2.  p.  5  ed.  1551:  cum  sol  medio  diei  tempore  fulgida  splendoris  sui  de- 
negat  lumina,  quod  Optatii  et  Paulini  consulatu,  ut  de  recentioribus  loquar, 
.  .  futurum  mathematicorum  sagax  praedixit  intentio)  und  des  Constantin 
als  noch  lebend  (Firm,  praef.  p.  2  und  I,  4.  p.  14:  dominus  et  Augustus 
noster  ac  totius  orbis  Imperator,  pius,  felix  ac  providus  princeps,  Constan- 
tinus  scilicet  maximus,  divi  Constantini  filius  etc.  ib.  p.  15:  Constantinum 
maximum  principem  et  eins  inyictissimos  liberos,  dominos  et  Caesares  no- 
stros)  auf  yiel  irüheren  Beginn  der  Arbeit  hin.  Bursian  ed.  (A.  6)  p.  VIII. 
Und  dass  die  Abfassung  sich  über   eine   längere  Zeit  erstreckte  erheUt 


844  1)^6  Kaiserzeit.    VieiteB  Jahrhundert. 

gleich  aus  dem  Anfang:  olim  tibi  hos  Ubellos,  Mavorti,  decas  nostruni}  me 
editurum  esse  promiseram,  verum  saepius  inconstantia  verecundiae  retar- 
davit  etc.  .  .  tibi  omnem  divinae  matheseos  disciplinam  dicaturum  me 
esse  spoponderam.  Ueber  die  persönlichen  Verhältnisse  des  Verf.  besagt 
die  praefatio  weiter:  cum  esses  in  Campaniae  proviuciae  foscibus  consti- 
tutus,  .  .  ad  me  primum  in  has  oras  siculas,  ad  ea  potissimum  studia  qui- 
bus  ab  ineunte  aetate  uterque  nostrum  devinctus  erat,  suavissime  diver- 
tisti.  . .  posteaquam  de  actibus  et  processibus  nostris  confabnlati  sumus 
Bcrutatus  a  me  es  . .  totius  Sicihae,  quam  incolo,  situm,  .  .  cetera  qnae 
tibi  a  primo  aetatis  gradu  et  atticae  et  romanae  litterae  de  admirabilibus 
provinciae  siculae  tradiderunt.  Im  Verlaufe  habe  er  sich  hinreissen  lassen 
(p.  2)  ut  promitterem  me  tibi  editurum  quidquid  Aegyptii  veteres  .  .  Ba- 
byloniique  prudentes  de  vi  stellarum  ac  potestatibus  .  .  nobis  tradiderunt 
Zwar  habe  er  dieses  Versprechen  sogleich  bereut;  sed  trepidationem  meam 
hortatio  sermonis  tui  erexit  coegitque  adgredi  quod  frequeuter  ex  despe- 
ratione  deserui.  nam  cum  tibi  totius  orientis  gubemacula  domini  atque 
imp.  nostri  Constantini  Aug.  .  .  iudicia  tradidissent  mahntest  du  mich  fort- 
während, proconsuli  itaque  tibi  et  ordinario  consuli  designato  promissa 
reddimus.  . .  Lolliane  doctissime.  Ueber  seine  Laufbahn  als  Anwalt  IV. 
praef.  (p.  83) :  patrocinia  tractantes  tenuerunt  nos  causarum  conflictationes 
'et  caninae  (ut  ita  dicam)  contentionis  iurgiosa  certamina.  ex  quo  stadio 
nihil  mihi  aliud  per  singiilos  dies  nisi  periculorum  cumulus  et  grave  oniu 
invidiae  conferebatur.  . .  deserui  itaque  hoc  studium.  .  .  liberali  animo, 
contemptis  forensibus  lucris,  .  .  fidele  patrodnium  defensionis  ezhibuL  in 
otio  itaque  constitutus  . .  hos  ad  te,  Lolliane,  . .  libelios  scripsi ,  ut  a  ter- 
rena  quodam  modo  conversatione  sepositus,  .  .  ad  purganda  animi  vitia, 
quae  ex  pravorum  hominum  conversatione  contraxeram,  caelestibus  ac  di- 
vinis  me  dispntationibus  applicarem. 

2.  Firmicus  sucht  der  Astrologie  eine  sittliche  Richtung  und  einen 
priesterlichen  Anstrich  zu  geben.  Vgl.  II,  33  (p.  43  f.) :  nunc  tu,  quicunqae 
hos  libroB  legere  conaris,  .  .  ad  imaginem  te  divinitatis  similitudinemqae 
forma,  ut  sis  semper  praeconio  veritatis  omatus.  oportet  enim  eum  qni 
quotidie  de  düs  ac  cum  diis  loquitur  animum  suum  ita  formare  atque  in- 
struere  ut  ad  imitationem  divinitatis  semper  accedat.  quare  disce  et  exe- 
quere  omnia  omamenta  virtutis.  . .  esto  pudicus  et  inter  sobnos,  par?o 
victu  parvisque  opibus  contentus.  dato  operam  ut  instituto  .  .  tuo  insti- 
tntimi  bonorum  .  .  vincas  sacerdotum.  . .  dabis  sane  responsa  publice,  . . 
ne  quid  a  te  tale  forte  quaeratur  quod  non  liceat  nee  interrogare  nee  di- 
cere.  cave  ne  quando  de  statu  reip.  vel  de  vita  rom.  imperatoris  aliquid 
iuterroganti  respondeas.  . .  sed  et  sceleratus  atque  omni  animadversione 
dignus  est  si  quis  interrogatus  de  fato  dixerit  imperatoris.  .  .  sed  nee  ali- 
quis  mathematicus  verum  aliquid  de  fato  imperatoris  definire  potuit;  solos 
enim  imperator  stellarum  non  subiacet  casibus.  .  .  etiam  ipse  in  eonun 
deorum  numero  constitutus  est  quem  ad  facienda  et  conservanda  onmis 
divinitas  statuit  principalis.  Davon  solle  man  einen  solchen  Befrager  so 
überzeugen  suchen,  ut  persuasionibus  tuis  monitus  istum  furorem  temeii- 
tatis  correcto  mentis  errore  deponat.  sed  nee  deferre  te  volo  si  quis  ali- 
quid male  quaesierit,  ne  . .  morti  eins  causa  extitisse  videaris,  quod  ahe- 
num  est  a  proposito  sacerdotis.    .  .  tibi  in  omni   conversatione  plaoeat 


382.    Firmicus  Maternus  der  Heide. '  845 

qaieta  moderatio.  fuge  seditiones,  .  .  amicitiae  fidem  fortibuB  copulatio- 
nibus  stringe.  .  .  numquam  coDBcieutiam  taam  falsis  testimoniis  pollnas. 
.  .  nolo  te  vitia  hominam  in  tractata  geniturarum  manifestius  ezplicare, 
.  .  ne  quod  homini  malus  stellarum  decrevit  cursus  non  dicere,  sed  expro- 
brare  videaris.  secerne  te  a  epectaculorum  semper  illecebris;  . .  (p.  45) 
antistites  enim  deorum  separatos  et  alienos  esse  decet  a  pravis  illecebris 
Toluptatam.  Erst  wenn  der  Leser  sich  in  diese  ethische  Verfassung  gesetzt 
habe  solle  er  weiter  gehen  et  posteriores  libros,  quos  de  apotelesmatis 
scripsimus,  secura  mentis  animositate  perdisce.  AehnHch  beschwört  er  VII 
praef.  (p.  193  f.)  den  Mavortius  ne  haec  veneranda  communia  profanis  vel 
imperitis  auribus  intimentur,  sed  iis  tan  tum  quos  animus  incorruptus  ad 
rectum  vivendi  ordinem  . .  instituit  etc.  Vgl.  VIII,  33:  haec  filiis  tuis  tan- 
tum  trade,  quos  a  prima  aetate  ad  omne  virtutis  officium  instituisti  etc. 
J.  Burckhardt,  Constantin  S.  244—246. 

3.  Matheseos  libri  nennt  der  Verf.  selbst  sein  Werk  in  der  praef.  zu 
II  und  ni.  In  der  peroratio  VIII,  33 :  accipe  itaque,  Mavorti  decus  nostrum, 
.  .  Septem  hos  libros,  ad  Septem  stellarum  ordinem  numerumque  compo- 
sitos.  nam  primus  liber  solum  patrocinium  defensionis  accepit  (Vertheidi- 
gnng  der  Astrologie  gegen  ihre  Gegner),  in  ceteris  vero  libris  Bomanis 
hominibus  novi  operis  tradidimus  disciplinam.  Das  zweite  Buch  enthält 
die  allgemeinen  Grundlagen  (institutionis  liber,  VIII,  5).  IV,  19  (p.  114): 
qoia  iaoi  expedita  prima  operis  nostri  parte  ad  secundam  prindpalem  ac- 
cedimus,  quae  etiam  in  quatuor  membra,  veluti  prima,  divisa  est,  .  .  sin- 
gulorum  partes  summatim  enumerabimus.  B.  VI  enthält  die  genitura  von 
Paris,  Demosthenes  und  Hermodoros,  Homer,  Thersites  u.  A.;  VII  die  ge- 
niturae  adoptivorum,  paedicorum,  cinaedorum,  causidicorum ,  damnatorum 
u.  A.  B.  Vni  behandelt  die  sphaera  barbarica.  B.  I  gibt  Beispiele  aus 
der  römischen  Geschichte.  VIII  praef.  (p.  212):  quod  his  libris  superesse 
credo,  hoc  ezplicare  curabo;  nam  aliud  mihi  tempus  ad  explicandam  mj- 
riogenesin  reservavi.  Die  angegebenen  Quellen  sind  so  superstitiös  wie  der 
ganze  Inhalt.  Vgl.  II.  praef.:  nos  omnia  quae  de  ista  arte  Aegjptii  Ba- 
byloniique  dizerunt  docili  sermonis  institutione  transtulimus.  III  praef.: 
iUi  divini  viri  .  .  Petosiris  Necepsoque  .  .  nobis  tradiderunt.  IV  praef.  (p. 
84):  omnia  quae  Aesculapio  Mercurius  Enichnusque  tradiderunt,  quae  Pe- 
tosiris explicavit  et  Necepso,  quae  Abraham,  Orpheus  et  Critodemus  edi- 
derunt  ceterique  omnes  huius  artis  antiscii  perlecta  pariter  atque  collecta 
.  .  in  his  perscripsimus  libris.  IV,  10  (p.  98) :  quae  divinus  ille  Abraam  et 
prudentissimuB  Achilles  . .  nobis  tradidere.  IV,  16  (p.  107) :  Necepso,  Aegypti 
iustissimus  Imperator,  optimus  quoque  astronomus.  (p.  109):  magnus  ille 
Petosiris  hanc  partem  leviter  attigit.  VIII,  5:  neque  enim  .  .  Petosiris  et 
Necepso,  quorum  alter  imperii  gubemacnla  tenuit,  . .  id  quod  nos  edituri 
gumus  invenire  potuerunt.  Bemerkenswerth  ist  III,  15  (p.  81):  si  fuerit 
haec  domus  Merourius,  dabit  astrouomiam;  si  Venus,  cantilenas  et  laetitiam; 
. .  si  Inppiter,  divinum  cultum  scientiamque  in  lege ;  si  Satumus,  seien tiam 
alchimiae.  Wohl  die  erste  Erwähnung  der  Alchimie,  falls  die  Stelle  nicht 
eine  spätere  Interpolation  ist,  worauf  die  christliche  Färbung  des  Ausdrucks 
in  lege  führen  könnte.  Aus  jener  magischen  Literatur  stammt  %nch  die 
Uebertragung  der  astrologischen  Symbolik  auf  den  menschlichen  Eörpen 


g46  ^io  Kaiserzeit    Viertes  Jahrhundert. 

(vgl.  A.  4),  wie  später  bei  den  Priscillianisten;   Bemays,  d.  Chronik  des 
Solp.  S;  14  mit  A.  24. 

4.  DasB  durch  die  decreta  planetarum  die  menschliche  Willensfreiheit  and 
Znrechnungsßlhigkeit  aufgehoben  wird  scheint  Firm,  sich  nicht  klargemacht 
zu  haben,  und  seine  moralischen  Ermahnungen  (s.  A.  2)  sind  daher  ohne 
Boden,  so  oft  und  gern  er  sie  einschärft.  Vgl.  VIII  praef. :  nihil  aliud  dum 
in  hac  vitae  brevitate  sumus  nobis  elaborandum  est  .  .  nisi  at  terreni  cor- 
poris labe  purgata  .  .  incorruptam  animi  divinitatem  .  .  anctori  nostro  red- 
damus  deo.  Die  Einsicht  in  die  feste  Vorausbestimmung  unserer  Schick- 
sale müsse  Schmerz  und  Freude  dämpfen  (ib.).  Auch  die  theologischen 
Consequenzen  der  Lehre  sind  nicht  klar  gezogen.  I,  3  (p.  7)  leugnet  Firm. 
die  Religionsgefährlichkeit  der  Lehre  (homines  a  cultu  deonim  religionom- 
que  revocari):  nos  enim  timeri  deos,  nos  coli  facimus,  nos  numen  eormn 
maiestatemque  monstramus,  cum  omnes  actus  nostros  divinis  eorum  dicimu 
agitationibus  gubernari.  Aber  diese  dii  sind  selbst  verschwommene  Ge- 
stalten, bald  mit  den  sidera  zusammenfallend,  bald  neben  ihnen  stehend, 
bald  als  Einheit  bezeichnet,  bald  als  Mehrheit.  Vgl.  III  praef.  (p.  45):  ad 
imaginem  mundi  formam  hominis  .  .  deus  ille  fabricator  hominis,  natura 
monstrante,  perfecit.  . .  ita  ut  in  parvo  corpore  omuium  elementorum  Tim 
atque  substantiam  natura  cogeute  conferret,  den  Menschen  quasi  minorem 
quendam  mundum  machte.  V  praef.  (p.  115):  tu  quicumque  es  deus,  qui 
per  singulos  dies  caeli  cursum  . .  continuas,  .  .  solus  omnium  gubemator 
ac  princeps,  . .  cui  tota  potestas  numinum  servit,  .  .  tu  omnium  pater  pa- 
riter  ac  mater,  tu  tibi  pater  ac  filius,  uno  vinculo  necessitatis  obligatos, . . 
da  veniam  quod  tuorum  cursus  siderum  eorumque  efficacias  explicare  co- 
namur.  .  .  vosque  pereunium  siderum  cursus,  tuque  ])  etiam  humanomm 
corporum  mater,  ac  tu  .  .  ©  optime  maxime,  .  .  ad  cuius  arbitrium  fatorum 
ordo  disponitur,  da  veniam  quod  gracilis  sermo  ad  numinis  tui  secreta  per- 
venit  etc.  Vgl.  I,  4  (p.  14):  Sol  optime  maxime,  .  .  mens  mundi  atque 
temperies,  . .  et  tu  luppit^r  (der  Planet),  Tarpeiae  rupis  habitator  etc. 
Dumpf  wie  die  Atmosphäre  des  Werkes  ist  auch  sein  Ton,  bald  technisch 
trocken  und  dürftig,  bald  mystisch  feierlich,  mit  zahlreichen  Wiederholungen 
nicht  blos  in  technischen  Formeln  sondern  auch  in  stilistischen  Wendungen 
und  Ausdrücken.  Wo  er  zu  einer  rhetorischen  Figur  greift  spinnt  Firm,  sie 
bis  zur  Ermüdung  aus.  Er  bittet  daher  (praef.  I.  p.  2):  ue  in  istis  librii 
pondus  et  perfectae  gratiam  orationis  requiras.  .  .  in  nobis  tenue  est  in- 
genium  et  sermo  subtilis  et,  quod  vere  confitendum  est,  mathesis  per- 
modica.  Vgl.  I,  1  (p.  4):  postulantes  ut  ..  veritatis  fides,  non  orationis 
splendor  ac  substantia  requiratur.  Der  Sprachschatz  enthält  manches  erst 
in  diesem  Jahrh.  Aufgekommene,  wie  animositas,  partilis,  ac  vor  Vocalen 
u.  dgl. 

5.  Handschriften  des  Firm,  besitzt  die  Münchner  Bibliothek  (nach 
Halm)  zwei,  eine  saec.  XI,  die  aber  nur  B.  I  und  II,  1  —  31  enthalt,  und 
eine  (bis  auf  einige  Zeilen  am  Schlüsse)  vollständige  aus  dem  Anfi^ng  von 
saec.  XVI.  Ed.  princeps  (de  nativitatibus)  Venet  1497  fol.  In  den  astro- 
nomici  vett.  (Venet.  Aid.  1499  fol),  und  besonders  per  Nie.  PruckneruiD 
astrologum,  Basil.  1533  und  1551  fol.,  in  letzterer  Ausgabe  p.  1—244,  wol^ 
auf  des  Ptolemäus  'Anotilicfiata  y  arabische  und  chaldäische  Schriften  in 


382.    FirmicuB  Materuus  der  Heide  und  der  Christ.  847 

lateinischer  Bearbeitung,  und  Manilius.  Neuere  gibt  es  nicht.  Ausfüllung 
einiger  Lücken  durch  Lessing  (sämmtl.  Werke,  Ausg.  von  Lachmann  IX. 
S.  409—430).  —  Fabricius  Bibl.  lat.  IIL  p.  114  ff.  ed.  Emesti. 

6.  Die  christli  che  Schrift  ist  überliefert  durch  einen  Palatinus  (nr.  liS6) 
saec.  X  in  der  Vaticana,  woraus  sie  zuerst  Matthias  Flacius  lUjricus  her- 
ausgab (Strassburg  1562),  sorgfältiger  Conr.  Bursian  (Lips.  1856)  und  dann 
C.  Halm,  an  seinem  Minucius  Felix  (Yindob.  1867)  p.  75—130.  Die  Sub- 
scription  lautet:  lulii  Firmici  Materni  v.  c.  de  errore  profanarum  religio- 
num  explicit.  Vom  ersten  Quatemio  fehlen  die  vier  äusseren  Blätter  (1, 
2  und  7,  8). 

7.  Die  angeredeten  Kaiser  heissen  sacratissimi  imperatores  (6,  1.  8, 
4.  16,  4.  20,  7.  24,  9.  28,  6.  29,  1)  oder  sacrosancti  imp.  (13,  1)  oder  prin- 
cipes  (17,  1),  auch  domini  imperatores  (25,  1).  Bezeichnend  sind  folgende 
Stellen.  16,  4:  amputanda  sunt  haec  (die  heidnischen  Opfer),  sacr.  imp., 
penitus  atque  delenda  et  severissimis  edictorum  vestrorum  legibus  corri- 
genda.  . .  ad  hoc  vobis  deus  summus  commiait  imperium.  20,  7 :  vos  nunc, 
Constanti  et  Constans,  sacr.  imp.,  .  .  erigite  vexillum  fidei.  .  .  hostium 
prostravistis  exercitum,  .  .  idololatriae  excidium  et  profanarum  aedium 
ruinam  .  .  Christus  . .  vestris  manibus  reservayii  28,  6:  tollite,  tollite  se- 
curi,  sacr.  imp.,  omamenta  templorum:  deos  istos  aut  monetae  ignis  aut 
metallorum  coquat  flamma,  donaria  universa  ad  utilitatem  vestram  domi- 
niumque  transferte.  post  excidia  templorum  in  maius  dei  estis  virtute  pro- 
vecti.  yicistis  hostes,  .  .  et  insperatam  imperatoris  (des  Constans,  J.  343) 
faciem  Britannus  expavit.  29,  1 :  vobis,  sacr.  imp.,  . .  hoc  dei  summi  lege 
praecipitur  ut  severitas  vestra  idololatriae  facinus  omnifariam  perseqnatur. 
29,  3:  deus  . .  numquam  vobis  laborantibus  denegavit  auxilium:  strati  sunt 
adversantium*  cunei,  . .  missi  sunt  superbi  sub  iugum  populi  et  persica  vota 
conlapsa  sunt.  Letzteres  kann  sich  darauf  beziehen  dass  J.  346  Sapor  die 
Belagerung  von  Nisibis  aufgab  (notgsnad'iasv  i^fiigag  sß&oujjnovta  oxtcd 
%al  naXiv  otiaxvvd'slg  dvsxfogrjasv,  Theophanes)  und  konnte  jedenfalls  nach 
den  Misserfolgen  welche  Constantius  J.  348  gegen  Sapor  hatte  nicht  mehr 
gesagt  werden.  Auch  wurde  Constans  im  Januar  350  erschlagen.  Die 
Abfassung  wird  daher  .346  oder  347  fallen.  Der  Verfasser  zeigt  (c.  7)  ge- 
nauere Kenntniss  der  Umgegend  von  Henna  in  Sicihen  und  mag  daher 
(wie  der  Heide)  von  dort  gebürtig  sein  oder  dort  seinen  Aufenthalt  gehabt 
haben. 

8.  Die  Argumentation  ist  die  bei  den  christlichen  Apologeten  ge- 
wöhnliche; nur  geht  der  Verf.  auch  auf  die  religiösen  Vorstellungen  und 
Gebräuche  des  Orients  (Aegypter,  Phryger,  Assjqrer,  Perser)  näher  ein. 
Auch  wendet  er  in  ausgedehnterem  Masse  als  seine  Vorgänger  Bibelstellen 
(bes.  aus  A.  T.)  an.  Dieselben  sind  angeführt  nach  einer  lateinischen  üeber- 
setzung  welche  im  zweiten  Jahrh.  in  Airica  gemacht  zu  sein  scheint  und 
stimmen  überein  mit  den  Anführungen  bei  Cyprian  und  Primasius  (saec. 
VI);  Bursian  p.  IX— XI.  Doch  verräth  Firm,  auch  Kenntniss  des  Griechi- 
schen. Z.  B.  13,  4:  Porphyrius  (s.  A.  9)  .  .  in  libris  quos  appeUat  n$Ql  tijg 
i%  Xoyifov  (piXoaotpCag.  Die  quinque  Minervae  (16,  1)  scheint  er  aus  Cic. 
de  deor.  nat.  zu  haben.  Die  Darstellung  ist  pathetisch,  voll  Ausrufungen 
und  rhetorischer  Fragen,    c.  8  führt  er  den  Sol  redend  ein  (ethopoeiaco 


848  I^io  Eaiserzeit.    Viertes  Jahrhundert. 

sermone  8,  4).  Die  Sprache  zeigt  Plebejismen  im  Gebraache  von  saus  statt 
eias,  in  der  consecutio  temporum  und  der  Anwendung  von  quod  nach  ne- 
Bcientes,  persuadetur;  s.  Halm  p.  135—137.  Vgl.  Nipperdey 's  Caesar  (1847] 
p.  27. 

9.  In  sprachlicher  Hinsicht  zwar  stimmt  die  christliche  Schrift  mit 
der  heidnischen  manchfach  überein  (Bursiau  p.  VIT);  aber  diess  erklärt 
sich  durch  die  Annahme  dass  beide  Verfasser  in  ihrer  Jugend  die  gleiche 
Schule  genossen  (Bursian  p.  IX).  Denn  in  allem  üebrigen  ist  Beider  Stand- 
punkt diametral  verschieden.  Der  Heide  ist  eine  friedliche,  milde,  fata- 
listisch resignierte  Natur,  der  Christ  fanatisch  aggressiv;  den  Tempelraub 
missbilligt  der  Heide  (UI,  8.  p.  70.  13.  p.  77),  der  Christ  hetzt  dazu  aa£ 
Von  dem  Neuplatoniker  Porphyrius  sagt  der  Heide  (VII.  praef.  p.  193): 
apud  Pythagoreos  noster  Porphyrius  religiosa  epulantem  animum  nostrum 
silentio  consecravit  (ib.);  der  Christ  nennt  ihn  (13,  4)  hostis  dei,  veritatis 
inimicu^,  sceleratarum  artium  magister.  Solche  Gegensätze,  die  selbst  Dach 
einander  in  demselben  Individuum  undenkbar  sind,  müssten  nach  den  Zeii- 
verhSJtnissen  beider  Schriften  sogar  gleichzeitig  beisanmien  gewesen  sm. 
Andrerseits  macht  die  Gleichheit  beider  Namen  wahrscheinlich  dass  die 
Verfasser  Brüder  oder  Vettern  waren.    Bursian  p.  IX. 

10.  Die  Hauptausgaben  der  christlichen  Schrift  s.  oben  A.  6.  Sonst 
wurde  sie  öfters  mit  Minucius  Felix  oder  Cyprianus  oder  Amobiiis  zusam- 
men veröffentlicht;  abgesondert  auch  Hamburg  1603  durch  Jo.  a  Wower. 
Edidit  Fr.  Munter,  Kopenhagen  1826.  XXX  u.  122  pp.  Fr.  Oehler,  Lipa. 
1847.  Ausserdem  z.  B.  in  Gallandi  bibl.  patr.  V.  p.  23  ff.,  in  Migue's  cun. 
patrol.  XII  (Paris  1845)  p.  971—1050  (Abdruck  von  Münter's  Ausg.). 

Jo.  Mi.  Hertz,  de  luL  Firm.  Mat.  eiusque  inprimis  de  err.  prof.  rel. 
libello,  Kopenhagen  1817.    J.  Burckhardt,  Constantin  S.  222.  263  (Anm.).  406. 

383.  Für  Philosophie  ist  Athen  die  hohe  Schule,  und 
sie  wird  dort  in  der  theosophischen  und  theurgischen  Weise  der 
Neuplatoniker  betrieben,  welche  ein  Gegengewicht  gegen  das 
Christenthum  bilden  sollte.  Auch  nach  Rom  erstreckt  sich  diese 
Richtung;  hier  aber  herrscht  daneben  nüchterner  aristotelischer 
Schulschematismus  und  Eklekticismus  im  Stile  von  Varro  und 
Cicero. 

1.  Ueber  den  Neuplatonismus  der  Zeit  vgl.  Burckhardt,  Constantb 
S.  248  f.  254  £P.  Vertreter  desselben  unter  Constantin  sind  Porphyrie. 
Jamblichus  und  dessen  Schüler  Sopater,  der  von  Constantin  zuerst  begün- 
stigt, später  (nach  330)  hingerichtet  wurde  (Burckhardt  a.  a.  O.  S.  404  f.}. 
Nikagoras  aus  Athen  (Cörp.  inscr.  gr.  4470).  Aus  JuUan's  Zeit  Maxunss 
Proairesius  u.  A.  Mamertin.  grat.  act.  luliano  23,  4:  tu  philosophiam,  paalo 
ante  suspectam  ac  nedum  spoliatam  honoribus  sed  accusatam  ac  ream, 
non  modo  iudicio  liberasti  sed  amictam  purpura  .  .  in  regali  solio  cdlo- 
casti.    Victor  epit.  43,  5:  iuverat  philosophos  et  Oraecorum  sapientissimoe. 

2.  Hieronym.  chron.  a.  2347  =:  333  n.  Chr.:  Metrodorus  philosophu 
agnoscitur.  Er  war  ÜSQOoysvijg  (Cedren.).  Ammian.  XXV,  4,  23  (Conitan' 
tius  . .  Metrodori  mendacüs  avidius  adquiescit).    Sokr.  hist.  ecdL  I^  Id. 


383  f.    Philosophie.    Marios  Yictorinus.  849 

3.  Für  die  römische  Literatur  vertritt  den  Neuplatonismus  Finuicos 
(oben  382,  1—6).  Er  spricht  von  Porphyrius  noster  (s.  382,  9)  und  hat  I, 
3  (p.  9)  eine  Lobrede  auf  Plotinus  (quas  ille  philosophiae  non  attigit  par- 
tes etc.).  Andere  Schriftsteller  über  Astrologie  bei  Sidon.  Ap.  c.  22  praef.: 
lulianum  Vertacum,  Fullonium  Satuminum,  in  libris  matheseos  peritissimos 
conditores;  vgl.  ib.  ep.  YIII,  11.  Angustin.  contra  acad.  III,  18,  41:  os  Pia- 
tonis .  .  emicuit  maxime  in  Plotino,  qui  platonicus  philosophus  ita  eins  si- 
milis  iudicatus  est  .  .  ut  in  hoc  ille  revixisse  putandus  sit.  19,  42:  itaque 
nunc  philosophos  non  fere  videmus  nisi  aut  cynicos  aut  peripateticos  aut 
platonioos. 

4.  Donat.  zu  Ter.  £un.  IV,  5,  4  (hoc  multum  academicos  iuvat  etc.). 
Augustin.  Epist.  I,  1:  academicos  ego  ne  inter  iocandum  quidem  umquam 
lacessere  anderem.  Contra  acad.  II,  23:  inter  quos  (die  academici)  et  me 
.  .  nihil  distat  nisi  quod  Ulis  probabile  visum  est  non  posse  inveniri  ve- 
ritatem,  mihi  autem  inveniri  posse  probabile  est  nam  ignoratio  veri  est 
. .  utrisque  communis. 

5.  Auguskin.  confess.  Vni,  3  (s.  384,  2)  vgl.  VII,  9  (13):  quosdam 
Platonicorum  libros  ex  graeca  lingua  in  latinam  versos.  Gemeint  sind  die 
des  Rhetors  Marius  Victorinus  (unten  384).  Cassiod.  expos.  in  Psalm.  II.  p. 
28:  si  quis  . .  de  modis  syllogismorum  .  .  plenissime  nosse  deaiderat  Ari- 
stotelem  in  Graecis,  Victorinum  autem  Marium  lectitet  in  Latinis. 


384.  Vielseitig  gebildet  und  thätig  wax  gegen  die  Mitte 
des  Jahrh.  der  Grammatiker  und  Rhetor  C.  Marius  Victori- 
nus, Verfasser  philosophischer  und  rhetorischer  Schriften  und 
einer  Metrik  in  vier  Büchern  welche  auf  uns  gekommen  ist. 
In  seinen  späteren  Lebensjahren  zum  Christenthum  übergetreten 
schrieb  Vict.  nunmehr  auch  Commentare  zu  paulinischen  Brie- 
fen und  verfocht  die  orthodoxe  Lehre  gegen  Arianer  und  Ma- 
nichäer.  Auch  Gedichte  biblischen  Inhaltes  tragen  den  Namen 
des^ Victorinus.  Die  Berechtigung  denselben  auf  Marius  Victo- 
rinus zu  beziehen  ist  aber  ebenso  zweifelhaft  wie  bei  einer  An- 
zahl grammatischer,  metrischer  und  rhetorischer  Schriften. 

1.  Hieronym.  vir.  iUustr.  101:  Victorinus  natione  Afer  Bomae  sub 
Constantio  principe  rhetoricam  docuit  et  in  extrema  senectute  Christi  se 
tradens  fidei  (s.  Augustin.  confess.  VIII,  2)  scripsit  adversus  Arium  libros 
more  dialectico  valde  obacuros,  qui  nisi  ab  eruditis  non  intelleguntur,  et 
commentarios  in  apostolum.  Praef.  comm.  in  epist.  ad  Galat.:  non  quia 
ignorem  C.  Marium  Victorinum,  qui  Romae  me  puero  rhetoricam  docuit, 
edidisse  commentarios  in  apostolum,  sed  quod  occupatus  Ole  eruditione 
saeculariura  litterarum  omnino  sanctas  ignoraverit.  Chron.  ad  a.  2370 
(Freh.  ad  a.  2371)  c=i  356  u.  Chr.:  Victorinus  rhetor  et  Donatns  gramma- 
ticusy  praeceptor  mens,  Bomae  insigues  habentur.  e  quibus  Victorinus 
etiam  statuam  in  foro  Traiani  meruit  (vgl.  A.  2).  Cassiod.  de  inst,  div.: 
Victorinus  ex  rhetore  episcopus.    Von  ihm  verschieden  und  älter  ist  aber 

Teuf  fei,  rom.  Literaturg-eschichte.  54 


g50  I^ie  Eaiserzeit.    Viertes  Jahrhundert 

der  VictorinuB  Petavioneusis  episcopos  dessen  Commentare  zu  alttestament- 
lichen  Schriften  Hieronym.  vir.  ill.  74  aufzählt  und  welcher  ad  extremam 
martyrio  coronatus  est  (ib.). 

2.  Augustin.  confess.  VIII,  2  (3):  legisse  me  quosdam  libros  Platoni- 
corum  quOB  Victorinus  quondam  rhetor  urbis  Komae,  quem  christianum 
defunctum  esse  audieram,  in  latinam  linguam  transtalisset.  . .  ille  doctis- 
simus  senez  et  omnium  liberalium  doctrinarum  peritissimus  quique  philo- 
sophorum  tarn  multa  legerat  et  düudicaverat,  doctor  tot  nobilium  sena- 
torum,  qui  etiam  ob  iusigne  praeclari  magisterii  . .  statuam  in  rem.  foro 
meruerat  et  acceperat.  Isidor.  Orig.  II,  25,  1:  nunc  Isagogas  Porphyrii 
(Einleitung  in  die  Kategorien  des  Aristoteles)  expediamus.  ib.  9 :  Isagogas 
autem  ex  graeco  in  latinum  transtulit  Victorinus  orator,  commentumque 
eins  quinque  libris  Boetius  edidit,  der  dabei  den  Vict.  orator  sui  temporis 
ferme  doctissimus  nennt.  Victorini  (commentarü)  in  dialogos  (Cic^ronis) 
erwähnt  Hieronym.  apol.  c.  Eafin.  I,  16.  Cassiod.  de  dialect.  p.  539  b 
(=  Isid.  Or.  II,  28,  25) :  librum  Marii  Victorini  qui  inscribitur  de  syllogis- 
mis  hypotheticis.  Daraus  Isid.  Or.  II,  29  (de  divisione  definitionum  ex 
Marii  Victorini  libro  abbreviata).    F.  Osann,  Beiträge  IL  S.  373 —  377. 

3.  Die  den  Namen  des  Victorinus  tragende  Ars  grammatica  de  or- 
thographia  et  de  metrica  ratione  behandelt  in  ihren  vier  Büchern  in  Wahr- 
heit nur  die  Metrik.  Die  erste  Hälfte  (B.  I  u.  II,  sowie  III,  2  und  3]  ist 
eine  vollständige  Metrik  nach  dem  Systeme  des  Hephästion,  die  zweite 
(III,  1.  4  ff",  bis  Ende)  eine  Theorie  der  Metra  nach  der  von  Varro  and 
Caesius  Bassus  befolgten  Lehre  der  metra  derivata.  Die  erste  Hälfte  ist 
parallel  den  Darstellungen  des  Pseudoatilius  und  des  Diomedes  (Westpbal, 
allg.  Metrik  S.  147  f.),  die  zweite  Hälfte  stimmt  mit  Terentianus  zusamm^i 
(Westphal  S.  127—129).  Quelle  ist  wohl  hauptsächlich  Juba.  WestphaL 
S.  43  f.  135  f.  143.  Herausgegeben  ist  diese  Metrik  erstmals  durch  J.  Ca- 
merarius  (Tübingen  1537. 4),  dann  in  der  Sammlung  von  Putsche  p.  2450  fit, 
am  besten  in  Gaisfords  Scriptores  rei  metr.  lat.  zu  Anfang.  Th.  Bergk, 
Philologus  XVL  S.  639—647,  erklärte  (wegen  der  Subscription :  AeliiPesti 
Aphthonii  v.  p.  de  metris  Omnibus  explicit  Über  IV  feliciter)  für  den  eigent- 
lichen Verfasser  einen  Aphthonius,  welcher  mit  Asmonius  (oben  381,  6) 
identisch  sei,  während  von  Marius  Victorinus  nur  die  uns  vorliegende  ab- 
gekürzte Bearbeitung  herrühre.  W.  Schady,  de  Mari  Vict.  I,  4  (de  orthogr.) 
P.  I,  Bonn  1869.  49  pp. 

4.  Drei  triviale  und. in  verdorbener  Gestalt  erhaltene  Schriften  gram- 
matischen und  metrischen  Inhaltes,  betitelt  De  re  grammatica,  De  carmine 
heroico.  De  ratione  metrorum,  abgedruckt  bei  Putsche  p.  1937—1974,  bei 
Lindemann  p.  271—304,  wollte  Lersch  (Ztschr.  f.  d.  Alt  Wiss.  1840,  S.  109 
vgL  Class.  Mus.  IX.  1845.  p.  284—290)  und  Gräfenhan  (Gesch.  d.  class. 
Philol.  IV.  S.  91  —  93)  gleichfalls  dem  Rhetor  Victorinus  zuschreiben, 
F.  Osann  (Beiträge  H.  S.  364  ff.)  wenigstens  die  beiden  letztem.  Dag^a 
8.  H.  Wentzel,  Symb.  critt.  (Bresl.  1858)  p.  55—63.  Die  erste  (res  gramm.), 
welche  in  üblicher  Weise  die  acht  Redetheile  behandelt  (Osann  S.  355—358. 
Gräfenhan  S.  106),  ist  hauptsächh'ch  dem  Cominianus  entnommen  und  theilt 
mit  der  zweiten  (carm.  her.,  vgl.  Osann  S.  358—361)  die  Vorliebe  f5r 
quippe  und  quoties.    Da  letztere  aus  der  Mitte  des  vierten  Jahrh.  sUmmt 


384,    MariuB  Victorinus.  851 

(ygl.  p.  1957  P.:  nostra  quoque  memoria  Lactantioa  etc.)»  bo  wohl  auch 
die  erstere.  Der  Verfasser  der  dritten  (rat.  metr.)  gebraucht  gern  die 
Wendungen  si  poeta  voluerit,  quod  dico  exemplum  est  huiusmodi,  quidquid, 
vides  (oder  vide).  Vgl.  über  die  Schrift  Osann  a.  a.  0.  S.  362—364.  Uebri- 
gens  scheint  keine  der  drei  Schriften  in  den  Hdss.  dem  Marius  Victorinus 
beigelegt  zu  werden,  sondern  kurzweg  dem  Victorinus,  die  dritte  Schrift 
einem  Maximinus  Victorinus  (Osann  S.  353  f.).  Im  cod.  Bern.  saec.  IX  aber 
hat  die  erste  (res  gramm.)  katechetische  Form  und  die  üeberschrift  Incipit 
Audacis  de  Scauri  et  Paladii  libris  excerpta  per  interrogationemet  respon- 
sionem  (Wentzel  p.  62  f.  not.).  Als  Erotemata  grammatica  ist  letztere  ver- 
öffentlicht von  Eichenfeld  und  Endlicher,  Anal.  Vindob.  p.  199  ff.  Die  ib. 
p.  453  ff.  unter  dem  Titel  Maximus  Victorinus  de  finalibus  metrorum  ver- 
öffentlichte Schrift  gehört  vielmehr  dem  Servius;  s.  Osann,  Beiträge  IL  S. 
377—380.    H.  Keil,  gramm.  latt.  IV.  p.  XLIH— XLV. 

5.  Der  breite  und  wenig  Vernünftiges  enthaltende  Commentar  zu 
Ciceros  rhetorica  (oben  169, 1)  welcher  auf  uns  gekommen  ist  gehört  aller- 
dings wohl  einem  Victorinus,  da  in  diesem  Namen  alle  Hdss.  übereinstimmen, 
nicht  aber  unserem  Rhetor  Marius  Victorinus.  Vielmehr  heisst  der  Verf. 
im  cod.  Vaticanus  (im  Darmstad.  saec.  VII  fehlt  das  erste  Blatt)  Q.  Lau- 
rentius  Fabius  Victorinus  Marius,  im  Frising.  (saec.  X)  Victorinus  kurzweg, 
und  erst  im  Bamberg,  (saec.  XI)  Marius  Fabius  Victorinus.  Abgedruckt 
ist  dieser  Commentar  in  den  Sammelwerken  der  Rhetores  latini,  zuletzt  in 
Orelli's  Ausgabe  des  Cicero,  Vol.  V,  1.  p.  1 — 180,  und  in  Halms  Rhetores 
lat.  min.  p.  153  —  304.  Vgl.  Halm  p.  VIII  f.-Qräfenhan,  Gesch.  d.  class. 
Philol.  IV.  S.  304.  C.  L.  Kayser,  Mar.  Vict.  und  Cic  de  inv.,  Philologus 
VI.  S.  706-718. 

6.  Die  christlichen  Schriften  des  M.  V.  s.  Anm.  1.  Die  biblisch-exe- 
getischen scheinen  nicht  erhalten,  mit  Ausnahme  der  Schrift  De  verbis 
scripturae:  factum  est  vespere  et  mane  dies  unus.  Wohl  aber  besitzen 
wir  von  ihm  De  trinitate  contra  Arium  libri  IV  und  De  oyLOovaCtp  recipiendo. 
Femer  tragen  seinen  Namen  die  Schriften  De  generatione  verbi  divini 
opusculum  (=  Confutatorium  Candidi  Ariani)  und  Ad  lustinum  Manichaeum 
contra  duo  principia  Manichaeorum  et  de  vera  came  Christi.  In  der  Bibl. 
patr.  max.  (Lugd.  1677)  Tom.  IV,  in  Gallandi  Bibl.  patr.  Tom.  VIII  und 
Migne^B  Patrol.  VIII  finden  sich  diese  Schriften  beisammen. 

7.  Die  christlichen  Gedichte  von  einem  beliebigen  Victorinus  sind 
a)  De  fratribus  VII  Maccabaeis  interfectis  ab  Antiocho  Epiphane,  gegen 
400  Hexameter;  b)  drei  Hymnen  de  trinitate;  c)  hymnus  de  pascha  domini 
8.  de  ligno  vitae  =  cruce,  70  Hexameter;  d)  De  Jesu  Christo  deo  et  do- 
mino,  137  Hexameter.  Vgl.  G.  Fabricius,  poetae  Christ,  und  A.  Rivinus, 
sanctae  reliquiae  Victorinorum,  Gotha  1652. 

8.  Sub  Constantino  et  eius  filiis  setzt  Hieronymus  de  viris  ill.  fol- 
gende christliche  Schriftsteller  (meist  in  griechischer  Sprache)  an:  Eusta- 
thius  (85),  Marcellus  (86),  Athanasius  (87),  Antonius  monachus  (88);  sub 
Constantio  principe  aber  Basilius  (89),  Theodorus  (90),  Eusebius  aus  Emesa 
(91),  Triphyllius  (92),  Donatus  der  Häretiker  (93),  Asterius  (94),  Lucifer  (un- 
ten 392,  4),*Eusebia8  Sardus  (96),  Fortunatianus  (97),  Acacius  (98),  Sera- 
pion  (99)  und  Hilarius  (unten  392,  1—3). 

54* 


852  ^i^  Kaiserzeit.    Viertes  Jahrhundert. 

385.  Um  die  Mitte  des  Jahrhunderts  lehrte  zu  Rom  der 
Grammatiker  und  Rhetor  Aelius  Donatus,  von  dem  wir  noch 
zweierlei  besitzen:  eine  Grammatik  (Ars)  welche  wesentlich  aus 
denselben  Quellen  geschöpft  ist  wie  die  von  Charisius  und  Dio- 
medes,  sowie  feinen  werthvollen  Commentar  zu  Terenz,  der  aber 
nicht  in  seiner  ursprünglichen  Gestalt  auf  uns  gekommen  ist 
Auch  hatte  Donatus  den  Vergil  (Georgica  und  Aeneis)  commen- 
tiert,  wovon  zahlreiche  Anführungen  bei  Servius  erhalten  sind. 

1.  Hieronym.  chron.  ad  a.  356  n.  Chr.  b.  384,  1.  Comm.  in  Eccles. 
c.  1  (T.  III.  p.  390  ValL):  praeceptor  meus  Donatus.  Apol.  adv.  Bufin.  I, 
16  (T.  II.  p.  472):  (puer  legeris)  in  Terentii  comoedias  praeceptons  mei 
Donati  (commentarios),  aeque  in  Vergilium  et  aliorum  in  sÜob.  Der  Com- 
mentar zu  Terenz  hat  in  den  codd.  die  üeberschrift:  Aelii  Donati  t.  c 
oratoris  urbis  Romae.  Alle  weiteren  Angaben  über  sein  Leben  sind  mit- 
telalterliche Erfindungen.    Vgl.  H.  Keil  gramm.  lY.  p.  XL. 

2.  Die  Ars  Donati  grammatici  urbis  Bomae  ist  in  einer  doppelten 
Bearbeitung  erhalten,  einer  kürzeren  (Ars  minor),  welche  nur  die  acht 
Bedetheile  behandelt  (bei  Keil  IV.  p.  355—366),  und  einer  ausführlicheren  in 
drei  Büchern  (bei  Putsche  p.  1735—1779,  bei  Keil  IV.  p.  367—402).  üeber 
die  Handschriften  derselben  s.  Keil  IV.  p.  XXXI— XL.  Die  üebereinstim- 
mung  mit  Charisius  und  besonders  Diomedes  erklärt  sich  aus  der  Benützung 
derselben  Quellen.  In  der  Begel  hat  Diomedes  die  reichhaltigere  Dar- 
stellung (Keil  p.  XL  f.).  Bei  den  Späteren  wurde  die  des  Donatus  beTor- 
zugt  und  commentiert  wie  epitomiert.  So  Servii  commentarius  in  artem 
Donati  (Keil  FV.  p.  406—448),  des  angeblichen  Servius  oder  Sergius  zwei 
Bücher  explanationum  in  artem  Donati  (Keil  IV.  p.  486 — 565);  des  Pom- 
pejus  commentum  artis  Donati  (Keil  V.  p.  95—312),  des  Bischofs  Julianns 
commentarius  in  Donatum  (Excerpta  daraus  bei  Keil  V.  p.  317 — 328).  Grä- 
fenhan,  Gesch.  d.  class.  Philol.  IV.  S.  107—109. 

3.  Ps.  Serg.  explan,  bei  Keil  IV.  p.  486:  hie  Donatus  v(ir)  c(lari8si- 
mus)  d(octissimus?)  Vergiliänum  Carmen  et  Terentii  comoedias  mirifice 
commentavit.  Der  Commentar  zu  Terenz  ist  nur  zum  Hautontim.  nicht 
mehr  vorhanden.  Das  Erhaltene  ist  aber  eine  bunte  Compilation  aus  zwei 
bis  drei  Commentaren ,  wovon  einer  der  des  Donatus  war,  ein  zweiter  der 
des  Euanthius  (oben  381,  7).  Die  Bemerkungen  rhetorischen  und  philoso- 
phischen Inhalts  fallen  wahrscheinlich  in  Donaths  Antheil.  Useuer ,  Bhein. 
Mus.  XXm.  S.  493 — 495.  Von  der  Abhandlung  De  tragoedia  et  comoedia 
ist  die  zweite  Hälfte  (beginnend:  Comoedia  est  fabula  diversa  etc.)  wahr- 
scheinlich von  Donatus  (s.  oben  12,  2) ;  sicher  die  gehaltreiche  vita  Terentii 
welche  Donat  aus  Sueton  herübergenommen  und  nur  mit  einem  kurzen 
Nachwort  begleitet  hat.  Vgl  oben  97,  1.  98,  3.  Gräfenhan,  Gesch.  d.  class. 
Philol.  rV.  S.  313  —  315.  Die  Haupthandschrift;  ist  ein  Parisinns  saec.  XI; 
die  andern  alle  (saec.  XV)  stammen  aus  der  gleichen  Quelle,  wahrschein-* 
lieh  dem  codex  welchen  J.  Aurispa  J.  1433  in  Mainz  auffand;  H.  Keil,  lo. 
Aurispae  epistula  (Halle  1870.  4.)  p.  VHI  f. 

4.  Der  von  Servius  und  Prisdan  (XV,  2.  p.  61  Htz.:  Donatus  in  com- 
mento  Aeneidos:   vgl.  XVIII,  126.  p.  266)  erwähnte  Vergilcommentar  des 


386  f.    DonatuB.    Palladius.  g53 

DonatoB  ist  nicht  erhalten.  Nach  den  Anfiihrungen  scheint  es  dass  D. 
darin  functas  est  et  emeudando  et  distingnendo  et  ezplicando  et  quaestio- 
nibos  solyendis  oronibas  fere  interpretis  officüs,  tarnen  ut  quae  restant  vi- 
tuperatione  multo  saepias  quam  laude  digna  videantur,  Ribbeck  Prolegg. 
in  Verg.  p.  178,  mit  der  näheren  Begründung  p.  178—186.  Ueber  Ti. 
Claudius  Donatus,  dessen  Interpretationes  zur  Aeneis  erhalten  sind,  s.  un- 
ten 404,  6  £f.  M.  D.  A.  7.  d.  Hoeven,  £p.  ad  Suringarium  de  Donati  comm. 
in  Verg.  Aen.,  Leovard  1846. 

386.  In  diesen  Jahrzehnten  war  es  wohl  dass  Palladius 
seine  14  Bücher  über  Landwirtschaft  verfasste,  ohne  Anspruch 
auf  Gelehrsamkeit  in  kurzem  Abriss  die  Lehren  der  Vorgänger 
und  der  Erfahrung  zusammenstellend.  Den  Haupttheil  bildet 
(B.  n — XTTT)  die  Aufzählung  der  ländlichen  Geschäfte,  nach 
Monaten  geordnet.  Buch  XIV,  das  von  der  Baumzucht  handelt, 
ist  einem  Pasiphilus  gewidmet  und  besteht  aus  85  elegischen 
Distichen. 

1.  Aufschrift:  Palladii  Rutilii  Tauri  Aemiliani,  viri  ill.,  de  re  rustica 
liber  I  etc.  Dem  vierten  Jahrh.  gehört  PalL  jedenfalls  an;  fraglich  ist  nur 
welchem  Theile  desselben.  Die  Person  des  Pasiphilus  entscheidet  wenig, 
da  es  zweifelhaft  bleibt  welcher  der  verschiedenen  Männer  dieses  Na- 
mens darunter  zu  verstehen  ist,  ob  der  praef.  urbi  des  J.  365  (Gruter  j). 
1080,  1.  Borghesi,  Memor.  der  Turiner  Akad.  XXXVIII.  1835  =  Oeuvres 
III.  p.  463  ff.)  oder  der  Philosoph  der  dem  Eutropius  J.  371  das  Leben 
rettete  (Ammian.  XXIX,  1,  36)  oder  der  im  Cod.  Theod.  II,  1,  8  (J.  395) 
genannte.  Nicht  wahrscheinlich  ist  daher  dass  der  bei  Rutil.  Nam.  It. 
207  ff.  gerühmte  Palladius,  Sohn  des  Exuperanüus,  ein  facundus  iuvenis 
aus  Gallien  der  mit  Rutil.  Nam.  verwandt  war,  unser  Schriftsteller  ist.  Da 
dieser  den  verschwommenen  Monotheismus  des  vierten  Jahrh.  theilt  (I,  1: 
si  divina  faverint;  XIV,  21 :  ipse  poli  rector  etc.),  daneben  aber  unbefangen 
den  Ap(511o,  Bacchus,  die  Nymphen  und  andere  Gestalten  des  alten  Glau- 
bens nennt,  so  möchten  wir  ihn  am  ehesten  als  Zeitgenossen  des  Astro- 
logen Firmicus  Matemus  betrachten  und  als  Adressaten  von  B.  XIV  (s.  A.  2) 
den  praef.  urbi  355.  Der  Name  Palladius  ist  saec.  IV  u.y  häufig  an  höheren 
Beamten;  s.  Hänel  index  leg.  p.  123.  Borghesi's  Taurus  führt  irre.  Die 
Bezeichnung  der  Capitel  durch  tituli  wurde  durch  den  cod.  Theod.  schwer- 
lich aufgebracht,  vielmehr  angenommen. 

2.  B.  I  gibt  im  Ueberblick  quae  pertinent  ad  generale  praeceptum 
(I,  43,  4).  Auf  Stil  wird  verzichtet:  neque  enim  formator  agricolae  debet 
artibus  et  eloquentia  rhetores  aemulari,  quod  a  plerisque  factum  est  (1, 1, 
1).  Die  Quellen  werden  selten  genannt,  am  häufigsten  Columella,  dann 
Gargilius  Martialis,  Mago,  einm^  auch  Apuleius.  Pallad.  ni,  30  :=  Geo- 
pon.  y,  38  (Sotion).  Gewöhnlich  beruft  sich  P.  unbestimmt  auf  Graeci. 
Eigene  Erfahrung;  vgl.  IV,  10,  16:  quod  ego  in  Sardinia  (et  in)  territorio 
Neapolitano  in  fundis  meis  comperi.  ib.  24:  ego  . .  in  Italia  .  .  plantas 
grandes  ficorum  .  .  disposui.  Viel  Aberglauben  läuft  mit  unter.  Meist 
kurze  Sätzchen.   B.  XIV  (ad  Pasiphilum,  virum  doctissimum)  ist  eine  Nach- 


354  ^^6  Eaiserzeit.    Viertes  Jahrhundert 

ahmung  von  Colum.  X,  aber  eine  unglückliche.  Schon  die  Wahl  des  ele- 
gischen Versmasses  ist  unpassend.  Der  Ausführung  fühlt  sich  die  Mühe 
an  welche  sie  gekostet.  Die  Anlage  ist  eintönig,  der  Ausdruck  ohne  Leich- 
tigkeit, voll  von  unzeitigem  Pathos.    Versbau  correct. 

3.  Cassiod.  div.  lectt.  28:  Aemilianus  explanatos  duodecim  (er  denkt 
wohl  nur  an  den  Wirtschaftskalender)  libros  de  hortis  vel  pecoribus  alüs- 
que  rebus  planissima  lucidatione  disseruit.  Im  Mittelalter  war  Pall.  wegen 
seiner  unmittelbar  praktischen  Anordnung  und  Dürftigkeit  viel  benützt. 

4.  Text  in  den  Scriptores  rei  rusticae,  s.  oben  44,  2.  Sonderausgabe 
Paris  1536.  4.  Buch  XIV  (de  insitionibus)  auch  bei  Wemsdorf,  poetae  latt. 
min.  VI.  p.  135—169  vgl.  p.  15—21. 

5.  üeber  Pall.  s.  bes.  E.  H.  F.  Meyer,  Gesch.  der  Botanik,  n  (1855) 
S.  328—333. 

387.  Dem  vierten  Jahrhundert  gehören  die  verschiedenen 
Reisebücher  (Itineraria)  an  welche  auf  uns  gekommen  sind. 
Aus  dem  Anfange  desselben  stammen  wohl  die  beiden  sogenann- 
ten Itineraria  Antonini,  Verzeichnisse  von  Reiserouten  im 
römischen  Reiche,  zu  Land  und  zur  See.  Aus  dem  J.  333  ist 
die  Uebersicht  einer  Pilgerfahrt  von  Burdigala  nach  Jerusalem 
(Itinerarium  Burdigalense  oder  Hierosolymitanum).  Für  den 
Peldzug  des  Constantius  gegen  Persien  (also  J.  340 — 345)  verfasst 
und  jenem  Kaiser  gewidmet  ist  das  Itinerarium  Alexandri, 
ein  Abriss  des  persischen  Zugs  von  Alexander  dem  Grossen. 
Von  den  beiden  vorhandenen  Verzeichnissen  der  Regionen  der 
Stadt  Rom  stammt  das  eine  wahrscheinlich  aus  dem  J.  334;  das 
andere  ist  nach  dem  J.  357  redigiert. 

1.  Vetera  Romanorum  itineraria  (Antonini,  Hierosol.  und  Hierodis 
Synecdemus)  com  notis  varr.  ed.  P.  Wesseling,  Amsterdam  1735.  4*.  Fortia 
d^ürban,  Becaeil  des  itinöraires  anciens,  avec  dix  cartes,  Paris  1845.  4. 

2.  Itinerarium  provinciarum  Antonini  Aug.  (p.  1—234  Parthey)  und 
Imp.  Antonini  Aug.  itinerarium  maritimum  (p.  235—259  P.).  Die  Grund- 
lage ist  nach  Parthey  (Itinerarium  Antonini  et  Hierosol.  ex  libris  mss.  edd. 
G.  Parthey  et  M.  Pinder;  accedunt  duo  tabulae,  Berlin  1848)  p.  VI  aus 
der  Zeit  des  Garacalla;  dazu  kamen  aber  fortwährend  Zusätze.  Die  er- 
haltene Recension  der  bessern  Hdss.  Diodetiani  aetate  neque  vetustior  est 
neque  recentior  (ib.),  da  sie  einerseits  den  Namen  Diocletianopolis  enthält, 
andererseits  die  Angabe  der  Entfernungen  noch  nicht  von  Gonstantinopel 
ausgeht,  sondern  meist  von  Rom  (p.  VII).  Das  Itinerar  Antonins  heransgeg. 
von  T.  Tobler,  St.  Gallen  1863. 

3.  L.  Renier,  Itin.  romains  de  la  Ckkule,  Paris  1850.  M.  Pinder,  aber 
das  It.  Burd.  und  die  bisher  unbenutzte  Veroneser  Hds.  desselben  (Monats- 
ber.  d.  Berl.  Akad.  von  1860.  S.  816).  A.  de  Barth^ämy,  It.  de  Bordeaux 
k  Jerusalem  d'aprös  un  ms.  de  V^rone,  Revue  arch^L  1864.  II.  p.  98 — 112- 
A.  Bertrand,  les  voies  roni.  en  Gaule,  Paris  1863.    Aur^s,  concordance  des 


387.    Itineraria.    •  855 

voies  apollinaires  (A.  6)  et  do  ritindraire  de  Bordeaux  ä  Jdrusalem  . .  et  coiu- 
paraison  . .  avec  Titin.  d^Antonin  et  avec  la  table  Th^odosienne,  NismeB  1868. 

4.  Itinerarium  Alexandri  ad  Constantiuin  Aug.  ed.  nunc  primum  .  . 
Ang.  Mai,  Mediol.  1817.  4.  (Frankf.  a.  M.  1818.  8.);  auch  in  seinen  Classici 
auct.  T.  VII  zu  Anfang,  und  von  C.  Müller  an  F.  Dübners  Ausg.  des  Ar- 
lianos  (Paris  1846),  nach  Pseudo-Kallisthenes,  p.  155—167.  Letronne,  Joum. 
des  savants  1818,  p.  401  ff.  F.  Haase,  Miscell.  philol.  II  (Breslau  1858.  4.) 
p.  20  ff.  Anfang:  dextrum  admodum  sciens  et  omini  tibi  et  magisterio 
futurorum,  domine  Constanti,  bonis  melior  imperator ,  si  orso  feliciter  iam 
accinctoque  persicam  expeditionem  itinerarium  principum  eodem  opere 
gloriosorum,  Alexandri  scilicet  Magni  Traianique,  componerem,  libens  sane 
et  laboris  cum  amore  succubui.  Der  Schluss  (nach  c.  120)  und  damit  der 
den  Trajan  betreffende  Theil  ist  verloren.  Geschöpft  ist  die  Schrift  vor- 
zugsweise aus  Arrian  (C.  Kluge,  de  itinerario  Alexandri  M.,  Berlin  1861, 
p.  4 — 16)  und  Pseudo-Kallisthenes  (ib.  p.  20—31)  in  der  Uebersetzung  des 
lulius  Valerius  (oben  370,  11).  Ueber  den  Sprachgebrauch  (Archaismen 
u.  dgl.)  8.  Kluge  p.  46—51.  54  f.  (Gräcismen).  Beiträge  zur  Textkritik  bei 
Kluge  p.  56---64. 

5.  Im  Bade  VicareUo  (Aquae  Apollinares)  sind  drei  Gefässe  mit 
Reiserouten  gefunden  worden.  A.  Jacob,  les  trois  itin.  des  Aquae  Ap., 
Paris  1859.    Vgl.  Revue  archdol  1862,  p.  254  ff. 

6.  W.  A.  Becker,  Handb.  d.  röm.  Alterthümer  I.  S.  709  ff.  L.  Preller, 
die  Regionen  der  Stadt  Rom,  berichtigt  mit  Einl.  und  Commentar,  Jena 
1846.  Th.  Mommsen,  Abhandl.  der  Leipziger  Ges.  d.  W.  1850.  4.  S.  601 
—605.    Vgl.  unten  388,  3  (XI). 

7.  Die  Regionenverzeichnisse  stammen  wohl  beide  aus  einer  Urkunde 
der  Zeit  Constantins  welche  eine  Uebersicht  der  14  Regionen  (Stadtquar- 
tiere) gab  in  welche  August  Rom  eingetheilt  hatte.  Die  ältere  (aber  stark 
interpolierte)  Receusion  findet  sich  in  den  Hdss.  der  Notitia  dignitatum 
und  wird  daher  meist  Notitia  (regiouum)  genannt;  die  jüngere  aber  hat 
den  Titel  Curiosum  (urbis  Romae  regionum  XIV  cum  breviarüs  suis).  Aus 
den  alten  Quellen  wurden  dann  von  Italienern  des  15^«°  Jahrh.  durch  zahl- 
reiche Interpolationen  zwei  neue  Schriftsteller  fabriciert  und  P.  Victor  und 
Sex.  Rufus  benannt. 

8.  Aufzeichnungen  eines  ungenannten  Mönchs  aus  dem  Kloster  Ein- 
siedeln (Anonymus  Einsiedlensis)  über  seinen  Aufenthalt  in  Rom  (saec.  IX), 
am  besten  herausgegeben  von  G.  Hänel,  in  Jahns  Archiv  V.  S.  115  ff. 

9.  Eine  Compilation  saec.  Xn  sind  die  sog.  Mirabilia  Romae,  am 
besten  herausgegeben  von  G.  Parthey  (e  codd.  vaticanis  emendata),  Ber- 
lin 1869. 

2.    Zweite  Hälfte  des  Jahrhunderts« 

a.  Die  Zeit  vor  Theodosius  I. 

388.  Aus  dem  Anfange  der  zweiten  Hälfte  des  Jahrh.  be- 
sitzen wir  eine  wichtige  Geschichtsquelle  an  dem  reichhaltigen 
historischen  Handbuch  für  die  Stadt  Rom  aus  dem  J.  354,  in 


g56  ^i^  Eaiserzeit.    Viertes  Jahrhundert. 

der  Wiener  Handschrift  noch  verbunden  mit  einer  Chronik  und 
dem  Regionenverzeichniss  aus  dem  J.  334  und  mit  Fortsetzungen 
bis  ins  J.  539  n.  Chr. 

1.  Th.  Mommsen,  über  den  Chronographen  vom  J.  354;  in  den  Ab* 
handl.  der  aächa.  Ges.  d.  Wiss.  II  (phüologisch-hist.  Cl.  I)  vom  J.  1860,  8. 
549—668. 

2.  Die  Beetandtheile  des  Handbuches  sind  in  der  Brüsseler  Hds.  und 
der  ersten  Hälfte  des  Vindobonensis  (s.  A.  4)  folgende: 

I.  Kalender,  geschrieben  zwischen  340  und  350  durch  den  Kalli- 
graphen FuriuB  Philocalus,  überarbeitet  zwischen  350  u.  361 
(Mommsen  S.  565—571);  s.  oben  64,  9. 

III.  Consularfasten  (der  sogen.  Anonymus  Norisianus,  nach  der  Am- 
gäbe  des  Norisius,  Florent.  1689),  das  vollständigste  und  zuTer- 
lässigste  aller  handschriftlich  erhaltenen  Consularverzeichni8se,yom 
Anfange  des  Consulats  bis  J.  354  n.  Chr.  Mommsen  S.  572.  Ab- 
druck S.  611—623. 

IV.  Ostertafel,  fortgeführt  bis  ins  J.  858,  mit  späteren  schlechten  Er- 
gänzungen bis  J.  410  f.  Mommsen  S.  572—580.  Abdruck  S.  624 
—  626. 

V.   Verzeichniss  der  römischen  Stadtpräfecten,  vom  J.  258 — 354.  Eb<L 
S.  580.    Abdruck  S.  627—630. 

VI.  Depositio  episcoporum  et  martyrum,  Verzeichniss  der  Begrabnisä- 
und  Gedächtniss-Tage  der  römischen  Bischöfe  und  der  Märtyrer 
vom  J.  255  (235)  bis  335,  abgefasst  336,  ergänzt  352—369;  Vor- 
läufer des  christlichen  Kalenders.  Das  Martyrologium  ist  das 
älteste  bekannte  und  die  Grundlage  des  den  Namen  des  Hiero- 
nymus  tragenden.    Ebd.  S.  580  f.    Abdruck  S.  631—633. 

VII.  Verzeichniss  der  römischen  Bischöfe  bis  auf  Liberius  (J.  352—369) 
nach  Consulatsjahren,  angelegt  um  230,  vollendet  unter  Liberias; 
die  erste  Hälfte  (bis  J.  230)  ohne  selbständigen  Werth,  die  zweite 
(J.  231—352)  von  offiziellem  Charakter.  Ebd.  S.  582—585.  Ab- 
druck S.  634-637. 

3.  In  der  Wiener  Handschrift  kommen  zu  diesen  im  J.  854  zu  Rom 
verfassten  Bestandtheilen : 

IX.  eine  Weltchronik,  an  die  Bibel  sich  anschliessend,  eine  jüngere 
Bedaction  des  im  liber  generationis  (bis  J.  234)  vorhandenen  Tex- 
tes, zweierlei  üebersetzungen  desselben  griechischen  Originals, 
wahrscheinlich  von  Hippolytus  aus  Portus  (oben  358,  3).  Mo  mm* 
sen  S.  585-598.  Abdruck  S.  637—643. 
X.  Stadtchronik,  mit  der  Ueberschrift  Origo  gentis  Romanorum,  Ge- 
sammtübersicht  der  röm.  Geschichte  bis  auf  Licinius,  wobei  die 
älteste  euhemeristisch  behandelt  und  überall  die  städtischen  Merk- 
würdigkeiten hervorgehoben  werden.  Ebd.  S.  598 — 601.  Abdruck 
S.  644—648. 

XI.  Regionenverzeichniss  in  der  Recension  der  Notitia  regionum;  s. 
oben  387,  6  f. 

Zusätze  aus  späterer  Zeit,  mit  dem  üebrigen  nicht  zusammenhängend, 
sind  Annalen  in  doppelter  Fassung,  einer  kürzeren  und  geiinghaliigereD 


388  f.    Chronograph  des  J.  354.    Aurelius  Victor.  857 

dl),  fortgeführt  bis  539,  und  einer  ausführlicheren  (VIII)  von  Caesar  bis 
403  und  wieder  455—496;  Mommsen  S.  585.  610.    Abdruck  S.  656—668. 

4.  Die  Handschriften  zerfallen  in  zwei  Familien,  den  verschollenen 
cod.  Peirescianus  saec.  VIII  oder  IX  und  dessen  Abschrift,  den  cod.  Bru- 
xellensis  saec.  XVI,  andererseits  Bemensis  saec.  VIII  oder  IX  (nur  wenige 
Blätter),  aus  dem  Originale  wovon  eine  Abschrift  ist  der  Vindobonensis, 
der  vollständigste  von  allen.    Mommsen  S.  550—561. 

5.  Herausgegeben  von  Mommsen  a.  a.  0.  S.  611—668.  Die  früheren 
Ausgaben  einzelner  Theile  s.  ebd.  S.  561—564. 

389.  Die  Geschichtschreibimg  der  Zeit  hat  nur  kurze  Abrisse 
aufzuweisen,  von  Aurelius  Victor,  Eutropius  und  Sextus  Rufus. 
Von  Sex.  Aurelius  Victor  selbst  verfasst  ist  wohl  die  kurze  Eaiser- 
geschichte  (Caesares)  bis  gegen  das  Ende  des  Constantius.  Da- 
mit wurde  (wohl  im  fünften  Jahrh.)  verbunden  eine  Uebersicht 
der  römischen  Geschichte  während  der  Königszeit  und  der  Re- 
publik in  biographischer  Form  (de  viris  illustribus),  von  unbe- 
kanntem Verfasser,  aber  aus  der  Zeit  des  Victor.  Zur  Vervoll- 
ständigung hat  frühestens  der  Veranstalter  dieser  Sammlung  die 
Urgeschichte  Roms  (origo  gentis  romanae)  hinzugefügt  welche 
gleichfalls  erhalten  ist,  geschichtlichen  Werthes  jedoch  vollstän- 
dig ermangelt.  Aus  jener  Kaisergeschichte  aber  wurde  ein  Aus- 
zug veranstaltet,  unter  Fortführung  bis  auf  den  Tod  von  Theo- 
dosius  I.     Auch  diese  Epitome  ist  auf  uns  gekommen. 

1.  Hieronjm.  Epist.  10,  3  (p.  24  Vall.):  ne  putes  modica  esse  quae 
deprecor:  .  .  scilicet  commentarios  Fortunatiani  et,  propter  notitiam  per- 
secutorum,  Aurelii  Victoris  historiam.  Es  ist  also  die  Kaisergeschichte  die 
er  verlangt  und  deren  Verfasser  somit  Victor.  Ammian.  XXI,  10,  6  (J.  361): 
ubi  (in  Naissns]  Victorem,  apud  Sirmium  visum  scriptorem  historicum  ez- 
indeque  venire  praeceptum,  Pannoniae  secundae  consularem  praefecit  (lu- 
lianus)  et  honoravit  aenea  statua,  virum  sobrietatis  gratia  aemulandum, 
multo  post  iirbi  praefectum.  Victor  Caes.  20,  5;  mihi  .  .  qui  rure  ortus 
tenuique  et  indocto  patre  in  haec  tempora  vitam  praestiti,  studiis  tantum 
honestiorem.  Das  Schriftchen  ist  aus  guten  Quellen  geschöpft,  nimmt  ge- 
gen die  Zeit  des  Verfassers  hin  an  AusführHchkeit  zu  und  schliesst  mit  dem 
J.  360.  Constantius  heisst  noster  princeps  42,  5;  vgl.  34,  7  und  41,  9.  no- 
stra  aetate  28,  2;  nostra  memoria  39,  6.  40,  14.  Der  Verfasser  ist  Heide 
(vgl.  z.  B.  40,  15.  41,  20)  und  hält  viel  9Bf  Prodigien.  Die  eingestreuten 
Reflexionen,  über  den  Werth  der  litterae  und  moralischen  Inhalts  (bes.  20, 
2  ff.  u.  13.  28,  7  ff.  39,  5  u.  7.  40,  13  f.  41,  21.  42,  2  ff.),  verrathen  keinen 
"weiten  geistigen  Horizont.  Die  Ueberschrift  nennt  den  Verf.  Sex.  Aurelius  ' 
Victor,  die  der  origo  g.  r.  aber  Victor  Afer.  Ein  Aurelius  Victor,  XVvir 
sacr.  fac,  leg.  Augg.  propr.  prov.  Pannoniae  inf.  Orelli  3715  (aus  Ameria). 

2.  Das  Schriftchen  de  viris  illustribus  urbis  Romae  reicht  in  86  Capp. 
von  dem  Albanerkönig  Procas  bis  auf  Cleopatra  und  behandelt  auch  Nicht- 


358  ^^6  Kaiserzeit    Viertes  Jahrhundert. 

römer  welche  in  die  römische  Geschichte  eingriffen  (wie  Pyrrhos  und  Han- 
nibal).  Benützt  ist  Cornelius  Nepos,  Sueton  und  Florus;  Livius  aber,  wie 
es  scheint,  nicht  im  Original.  Es  enthalt  werthvoUe  Angaben  und  unter- 
scheidet sich  in  seiner  knappen  Darstellung  vortheilhaft  von  der  wort- 
reichen des  Victor  (Caess.).  Sonderausgaben  von  Brohm  (für  Schulen,  Ber- 
lin 1832)  und  E.  Keil  (mit  Commentar,  Breslau  1850). 

3.  Die  Epitome  hat  die  Ueberschrift:  De  vita  et  moribns  imperatonun 
romanorum  exeerpta  ex  libris  Sex.  Aurelii  Victoris,  a  Caesare  Aug.  usqae 
ad  Theodosium  imp.  Die  Vergleichung  mit  den  Caess.  zeigt  dass  der  Verf. 
zu  seiner  Vorlage  gelegentlich  aus  anderen  Quellen  oder  der  Erinnerimg 
Zusätze  gemacht  hat.  Ganz  sein  Eigenthum  sind  c.  43 — 48.  Sie  sind  sach- 
lich unparteiisch,  formell  aber  kümmerlich. 

4.  Die  origo  gentis  romanae  ist  ein  insipides  Büchlein  welches  in  23 
Capp.  von  Saturnus  bis  ßomulus  gelangt  und  Anfangs  seine  Weisheit  aas 
der  Aeneis  schöpft,  dann  aber  mit  allerlei  falscher  Gelehrsamkeit  sich  auf- 
putzt, mit  Citaten  wie:  ut  docet  Alexander  Ephesius  libro  I  belli  Marsid 
(9);  ut  scribunt  Volcatius  et  Acilius  Piso  (10);  ut  scribit  M.  Octavius  libro 
I.  at  vero  Domitius  libro  I  docet  (12);  ut  scribit  Lutatius  libro  in  (13);  nt 
docet  Julius  Caesar  lib.  I  itemque  A.  Postumius  in  eo  volumine  quod  de 
adventu  Aeneae  conscripsit  atque  edidit  (15);  ut  scribunt  C.  Caesar  et  Sex. 
Gellius  in  origine  g.  rom.  (16);  ut  scriptum  est  in  annali  pontificum  lY, 
lib.  Cincii  et  Caesaris  II,  Tuberonis  I  (17);  ut  scriptum  est  annalium  libro 
IV  et  epitomarum  Pisonis  II;  Aufidius  sane  in  Epitomis  et  Domitius  libro 
I  traduut  (18);  ut  scribit  Valerias  Antias  lib.  I  (19);  at  vero  Fabius  Pictor 
lib.  I  et  Vennonius  (20) ;  Licinius  Macer  lib.  I  docet  » .  contra  Egnatius  Hb. 
I  tradit  (23).  Solche  Raritöten  stellen  das  Machwerk  dem  Falgentius  an 
die  Seite,  und  man  würde  es  am  liebsten  dem  XV  Jahrh.  zutheilen  (Nie- 
buhr,  Orelli,  W.  A.  Becker,  HuUeman,  ßotter,  W.  Harless),  wenn  nicht 
ältere  Hdss.  es  einem  Schulmann  des  5  —  6  Jahrh.  zuzuweisen  nöthigen 
würden  (Jo.  Mähly,  H.  Jordan).  Vgl.  noch  1,6:  quare  (VergiL  Aen.  I, 
243)  addiderit  tutus  suo  loco  plenissime  adnotavimus  in  commentatione 
(prius)  quam  hoc  scribere  coepimus,  cognita  ex  libro  qui  inscriptus  est 
De  origine  patavina.  Mähly,  de  auctore  libelli  qui  inscrib.  de  or.  g.  r. 
Jahns  Archiv  XVIII.  p.  132-153  vgl.  XIX.  p.  315  —  319.  C.  L.  Roth  ebd! 
XIX.  S.  314  f.  Reiffenberg,  Bull,  de  Tacad.  de  Bruxelles  XI.  Nr.  5.  X.  p. 
468  ff.  H.  Rotter,  de  auctore  libelli  de  or.  g.  r.,  Cottbus  1858.  4.  H.  Jor- 
dan, Rhein.  Mus.  XVIII.  S.  589  f.,  Caton.  reliq.  p.  XXIX  t  und  Hermes  III. 
S.  389—425. 

5.  Ausgaben  der  vier  Schriftchen  besonders  von  A.  Schott  (Antverp. 
1579),  S.  Pitiscus  (cum  notis,  Utrecht  1696),  J.  Amtzen  (Amstelod.  1733.  4.), 
J.  F.  Grüner  (Coburg  1757),  Fr. Schröter  (Lips.  1829  —  31,  2  Voll).  Aach 
in  histor.  rom.  scriptores  minores,  Bipont.  1789,  und  sonst 

390.  unter  Valens  verfasste  Eutropius  seinen  Abriss  der 
ganzen  römischen  Geschichte  (breviarium  ab  urbe  condita)  in 
zehn  Büchern,  nach  den  geläufigen  Quellen,  mit  gutem  Urteil, 
Geschick  und  Unparteilichkeit,  und  in  einfacher  Sprache.    Seine 


389  f.    AureKus  Victor.    EutropiuB.  859 

Kürze  und  Brauchbarkeit  machte  das  Schriftchen  bald  beliebt 
und  verschafiFte  ihm  üebersetzer  (ins  Griechische)  wie  Fortsetzer 
und  Aufnahme  in  die  historia  miscella.  Gleichzeitig  mit  der 
Arbeit  des  Eutropius  ist  die  ähnliche,  aber  viel  dürftigere  des 
Bufus  Festus,  welche  gleichfalls  auf  uns  gekommen  ist.  Viel- 
leicht ist  aus  derselben  Zeit  auch  des  lulius  Obsequens  Ver- 
zeichniss  der  Prodigien  in  den  Jahren  505 — 742  d.  St.,  nach 
einem  Auszuge  aus  Livius. 

1.  Suid.  8.  V.  (I.  p.  656  Bnh.]:  EvtQOTttog,  *Ixal6qy  croq^icrrifg.  rij» 
Qtofia'inrjv  taxogiav  inixoinnmg  tij  'itaXav  tpcavi  ^Q^'^^y  *^^  alXa,  Eutrop. 
X,  16,  1:  lulianoB  .  .  Parthis  intulit  bellam,  cui  expeditioni  ego  quoque 
interfai.  Widmang  Valenti  maximo  perpetuo  Aug. :  res  rom.  ex  voluntate 
manBaetudinis  taae  ab  urbe  condita  ad  nostram  memoriam,  quae  in  nego- 
tiis  vel  bellicis  Tel  civilibus  eminebani,  per  ordinem  temporum  brevi.nar- 
ratione  coUegi  strictiin,  additis  etiam  bis  quae  in  pnncipum  yita  egregia 
extiterunt.  Das  Werk  scbliesst  mit  dem  Tode  Jovian's  (J.  364):  quia  ad 
inclitos  principes  venerandosque  (die  regierenden)  perventom  est  interim 
operi  modum  dabimus.  nam  reliqna  stilo  maiore  dicenda  sunt,  quae  nunc 
non  tarn  praetermittimus  quam  ad  maiorem  scribendi  diligentiam  reser- 
yamuB.  Der  Zeit  nach  könnte  der  Verf.  gemeint  sein  bei  Ammian.  XXIX, 
I,  36  (J.  371):  Eutropius  Asiam  proconsulari  tunc  obtiuens  potestate  (vgl. 
Gregor.  Naz.  Epist.  138)  ut  factionis  consdus  arcessitus  in  crimen  abscessit 
innocuus,  Pasiphilo  eximente  philosopho.  Liban.  de  vita  I.  p.  106  ß.  Epist. 
IV,  191.  Greg.  Naz.  Ep.  137.  Im  Cod.  Theod.  (und  lust.)  wird  (dieser) 
Eutr.  als  praef.  praet.  in  den  Jahren  380,  381,  384—387  öfters  erwähnt;  s. 
die  Stellen  bei  Hänel,  index  legum  p.  109.  Er  ist  wohl  auch  der  Eutr.  (cui 
pollet  Minerva  III,  47)  an  welchen  Symmach.  Ep.  III,  46—53  gerichtet  sind. 

2.  Suid.  y.  Capito:  it^xatpQOLaiv  xfig  inixoiirjg  Evxgoniov  ^miia'iaxl 
inixsiAovxog  ACßiov  xov  'Pto[i,aiov.  Diess  ist  für  die  ältere  Zeit  im  grossen 
Ganzen  richtig,  obwohl  Eutr.  auch  manche  von  Livius  abweichende  An- 
gaben hat;  8.  ü.  Köhler,  qua  rat.  Liv.  ann.  (1860)  p.  38  f.  Die  Verstösse 
des  Eutr.  (U.  Köhler  p.  40)  sind  dabei  verhältnissmässig  weder  zahlreich 
noch  erheblich.  Für  die  Kaisergeschichte  sind  Sueton,  die  Chronik  von  354 
(Mommsen,  der  Chronograph  S.  601)  und  die  scriptores  h.  a.  benutzt.  Ne- 
ben den  Thatsachen  gibt  Eutr.  hier  in  der  Regel  auch  eine  kurze  Charakte- 
ristik, von  deren  Unparteilichkeit  Proben  sind  die  Urteile  über  Constantin 
und  Julian  (X,  6  ff.  16). 

3.  Auf  sonstige  Schriften  des  E.  deutet  des  Suidas  x<xl  äXXa.  Spuren 
derselben  sind  nicht  erhalten,  falls  nicht  etwa  eine  ist  das  Citat  bei  Pri- 
scian  I,  8  (p.  8,  19  H.):  id  etiam  Eutropius  confirmat,  dicens  (über  x). 

4.  Benützung  des  breviarium  durch  Hieronymus,  Orosius  u.  a.  In 
der  historia  miscella  steht  es  an  der  Spitze;  vgl.  Muratori  scriptores  rer. 
ital.  (Mediol.  1723  fol.)  T.  I.  Die  Ausg.  des  Canisius  erneuert  (ed.  novis- 
sima)  Cherii  (München)  1855.  XIII  u.  556  pp.  Beste  Ausg.  von  Fr.  Eyssen- 
hardt,  Berol.  1869. 

5.  Uebersetzung  ins  Griechische  durch  den  Lykier  Capito  (Suid.  s.  v. 


860  ^ie  Kaiserzeit.    Viertes  Jahrhundert. 

II.  p.  66  Bnh.).  Erhalten  ist  (his  X,  12)  die  eines  Paeanins  vielleicht  am 
dem  Ende  von  saec.  Y.  Sie  ist  umschreibend  gehalten  und  auch  von  Mis8- 
verständnissen  nicht  frei.  Herausgegeben  zuerst  von  F.  Sylburg,  hist.  om. 
Script,  min.  (Frankf.  1590)  III.  p.  62  fF.  Dann  in  den  Ausgaben  des  Eatr. 
von  Cellarius,  Heame,  Havercamp,  Verheyk;  eigens  von  C.  F.  Schmid  (Lauen- 
burg 1736),  J.  F.  S.  Kaltwasser  (Gotha  1780).  Weber,  de  lat.  script.  quae 
Graeci  transtulerunt  II.  p.  16 — 21.  E.  Schulze,  de  Paeanio  Eutropii  inter- 
prete,  Philologus  XXIX.  p.  285—299. 

6.  Unter  den  Handschriften  des  brev.  ist  besonders  wichtig  der 
Gothanus  saec.  IX.  Editio  princeps  Born  1471.  4.  Sonstige  Ausgaben 
besonders  von  A.  Schonhov  (Basil.  1546.  1552),  Ch.  Cellarius  (Zeiz  1678  o. 
sonst),  Th.  Hearne  (Oxon.  1703),  S.  Havercamp  (Lugd.  B.  1729),  H.  Verheyk 
(Lugd.  B.  1762.  1793),  C.  H.  Tzschucke  (Lips.  1796;  kürzer  Lips.  1804). 
Schulausgaben  mit  deutschen  Aum.  von  F.  W.  Grosse  (Halle  1813),  G. 
Seebode  (m.  Wörterb.,  Hannover  1817.  1837),  F.  Hermann  (Lübeck  1818), 
C.  Ramshorn  (Leipzig  1837).  Texte  (Bibl.  Teubner.)  von  Baumgarten- Cni* 
sius  und  B.  Dietsch  (Lips.  1849.  1853).  Wörterbuch  zu  E.  von  O.  Eichert, 
Breslau  1850. 

7.  Widmung:  D.  n.  Valenti  imp.  pio  perp.  semper  Aug.  Sex.  Ruf us 
V.  c.  Brevem  fieri  dementia  tua  praecepit.  parebo  libens  praeceptis,  quippe 
cui  desit  facultas  latius  eloquendi.  . .  res  gestas  signabo,  non  eloquar.  ac- 
cipe  ergo  quae  breviter  dicta  brevius  computentur.  c.  2:  ab  urbe  coni 
in  ortum  perennitatis  vestrae  . .  anni  numerantur  MCXVn.  Schluss  (c.  29): 
quam  magno  deiuceps  ore  tua,  o  princeps  invicte,  facta  incluta  sunt  per- 
sonanda!  quibus  me,  licet  imparem  dicendi  nisu,  et  aevo  gravior  prae- 
parabo,  . .  gloriosissime  principum  Valens  Auguste.  Titel:  Breviarium  re- 
rum  gestarum  populi  rom.,  oder  Sex.  Rufi  v.  c.  rerum  gestarum  pop.  rom. 
epitome;  Rufi  Festi  v.  c.  rer.  gest.  pop.  rom.  Über  u.  dgl.  üeber  den  fi- 
schen Sex.  Rufus  8.  oben  387,  7. 

8.  Handschriften  des  Rufus  Festus  sind  häufig.  Ausgaben  (nach  der 
princeps,  wahrsch.  Neapol.  1470.  4.)  von  Chr.  Cellarius  (Zeiz  1673.  Hai.  1698), 
an  den  Ausgaben  des  Eutrop.  von  Havercamp  und  Verhejk;  ferner  von 
C.  H.  Tzschucke  (in  us.  schol.,  Lips.  1793),  C.  Münnich  (recogn.,  Hannover 
1815),  R.  Mecenate  (ad  mss.  emend.,  Rom  1829). 

9.  Von  lulii  Obsequentis  ab  a.  u,  c.  DV  prodigiorum  über  gibt 
es  keine  Handschrift,  sondern  nur  die  editio  princeps  des  Aldus,  Venet. 
1508  (mit  Plinius  d.  J.).  Spätere  Ausgaben  bes.  von  J.  Scheffer  (Amste* 
lod.  1679),  Fr.  Oudendorp  (Lugd.  Bat.  1720;  vgl.  Acta  phil.  Mon^.  IL  p. 
291  ff.),  J.  Kapp  (Hof  1772)  und  bes.  rec.  et  emend.  O.  lahn  (Lips.  185S, 
an  den  periochae  des  Livius,  p.  109  ff.  vgl.  p.  XIII  ff.).  Das  Schriftchen 
ist  lediglich  aus  Livius  geschöpft,  und  auch  aus  diesem  nicht  unmittelbar, 
sondern  aus  einem  Abriss  wo  die  Consulnamen  im  Ablativ  vorang^tellt 
waren,  wahrscheinlich  dem  gleichen  welchen  Cassiodor  benützt  hat  (Momm- 
sen,  Cassiod.  S.  552).  Durch  diese  Beschränktheit  des  gelehrten  HorizontE, 
wie  andererseits  das  heidnisch-superstitiöse  Interesse  für  die  Prodigien,  be- 
stimmt sich  ungefähr  die  Abfassungszeit. 


390  f.    EatropiuB.    Obsequens.    Minervius  n.  a.  Rhetoreu.        ggl 

391.  Die  Kunst  der  Rede  hat  in  dieser  Zeit  zahlreiche 
Vertreter,  besonders  in  Gallien,  wie  Gennadius,  Minervius,  Al- 
kimus,  Delphidius,  Arborius  und  bald  auch  Ausonius;  daneben 
in  griechischer  Sprache  die  Sophisten  Himerios,  Libanios  u.  a. 
Die  einzige  Rede  in  lateinischer  Sprache  die  wir  besitzen  ist 
des  Claudius  Mamertinus  Danksagung  für  das  durch  Julian 
ihm  verliehene  Consulat,  gehalten  am  ersten  Jannar  362  zu  Con- 
stantinopel.  Sie  gibt  in  ihrer  Weise  ein  treues  Bild  von  Julians 
Persönlichkeit  und  Regententhätigkeit. 

1.  Hieron.  cbron.  a.  2369  £=>  355:  Gennadius  forensis  orator  Komae 
inugniB  habetur. 

2.  Hieron.  chron.  a.  2369  =  355:  Minervius  Burdigaleusis  rhetor 
JKomae  florentissime  docet.  Dieser  Ti.  Victor  Minervius  lehrte  zuerst  zu 
Constantinopel,  dann  zu  Rom,  zuletzt  in  seiner  Heimat  Burdigala;  s.  Auson. 
prof.  Burd.  1.  Seine  Söhne  Alethius  Minervius  (ib.  6.  Symmach.  Epist  IV, 
18.  35 — 49,  bes.  35:  crevisti  .  .  paternae  in  me  familiaritatis  successionem) 
und  Protadius  (Symm.  Ep.  IV,  17—34;  vgl.  ib.  36  mit  18)  waren  gleichfalls 
Rhetoren  und  gelangten  zu  äusserer  Stellung.  Vgl.  Claudian.  LXXIV  (epigr. 
24).  Des  Erstem  Sohn  biesa  gleichfalls  Protadius  (Symm.  Ep.  IV,  47).  Ein 
dritter  Bruder  war  Florentinus  (ib.  IV,  50  —  57),  welcher  unter  Honorius 
Quaestor  war  und  das  Geschäft  condendarum  sanctionum  hatte  (ib.  IV,  50). 
Dessen  Sohn  hiess  wiederum  Minervius  ^ib.  55),  und  vielleicht  dessen  Bru- 
der war  Nexhesius  (ib.  56). 

3.  Hieron.  chron.  a.  2371  =  357:  Alchimus  et  Delfidius  rhetores  in 
Aquitanica  florentissime  docent.  üeber  Delphidius  vgl.  oben  377,  8.  La- 
tinus  Alcimus  Alethius  war  nach  Auson.  prof.  Burd.  2,  21  ff.  Lehrer  des 
(Kaisers)  Julian  und  des  Sallustius;  vgl.  Sidon.  Apoll.  Epist.  V,  10  (abun- 
dantia  Delphidii,  Agroecii  disciplina,  fortitudo  Alcimi).  VIII,  11  (si  a  te  in- 
structio  rhetorica  poscatur,  hi  Paulinam,  illi  Alcimum  nou  requirunt). 
Verse  welche  in  den  Hdss.  dem  Alcimus,  Alcinous  oder  Avitus  zugeschrie- 
ben werden  hat  diesem  Ale.  (welchen  Ausonius  1.  1.  palmae  forensis  et  Ca- 
menarum  decus  nennt)  zugetheilt  Meyer,  anthol.  lat.  254  —  260.  In  einer 
Berliner  Hds.  saec.  IX  finden  sich  als  Libri  Alchimi  verzeichnet:  In  adu- 
lescentem  qui  in  publico  patre  cadente  risit  etc.  und  eine  Controversia 
fullonis  vel  (=>  et)  calvi;  s.  M.  Haupt,  Hermes  III.  p.  222  f. 

4.  Sulpic.  Sev.  chron.  11,  46,  2  f :  huius  (des  Marcus,  der  den  Gno- 
sticismus  aus  Aegypten  nach  Spanien  brachte)  auditores  fuere  Agape  quae- 
dam  . .  et  rhetor  Helpidius  (Elp.).  ab  bis  Priscillianus  est  institutus,  familia 
nobilis, .  .  facundus,  multa  lectione  eruditus,  disserendi  ac  disputandi  prom- 
ptissimus.  47,  2 :  damnati  (J.  380)  .  .  Helpidius  et  Priscillianus  laici  (auf 
der  Synode  von  Caesaraugusta).  Vgl.  51,  3.  Ein  anderes  Haupt  der  Secte 
(Priscillianisten)  war  Latronianus,  s.  unten  396,  8. 

5.  Aemilius  Magnus  Arborius,  mütterlicher  Oheim , und  Lehrer  des 
Ausonius  (Auson.  parent.  3),  Bhetor  zu  Tolosa,  in  Spanien  und  Constan- 
tinopel,  wohin  er  berufen  wurde  nachdem  er  in  Tolosa  Constantini  fratres 
(seine  Halbbrüder  Dalmatius,  Hanniballianus  und  Julius  Constantius)  exilii 


362  ^^  Eaiserzeit.    Viertes  Jahrhundert. 

specie  sepositos  keimen  gelernt  hatte  und  wo  er  auch  starb  (Auson.  prof. 
Burd.  16).  Er  ist  daher  vielleicht  der  comes  Arborius  im  Cod.  Theod.  1, 
32,  4  (J.  379)  und  der  praef.  urb.  Arb.  ib.  VI,  35,  9.  XIV,  3,  16  (J.  380). 
Vgl.  Sidon.  Ap.  Epist.  V,  10  (rigor  Magni).  Ein  etwas  redseliges,  doch 
correctes  (ausser  componendo)  erotisches  Gedicht  von  ihm,  46  Distichen  in 
nympham  nimis  cultam,  bei  Meyer  anth.  lat.  262. 

6.  lieber  den  Ulteren  Synmiachus  s.  unten  399,  1. 

7.  Claudius  Mamertinus  (grat.  act.  17,  5),  von  Jolianus  in  dem- 
selben (21,  5.  22,  2)  Jahre  (361)  zum  praef.  aerarii  (1,  4.  22,  2;  Comes  lar- 
gitionum,  Ammian.  XXI,  8,  1),  praef.  praet.  per  JUyricum  et  Itaüam  (1,  5 
vgl.  Symmach.  ep.  X,  60.  Ammian.  XXI,  12,  25.  XXVI,  5,  5)  und  Consnl 
(vgl.  Ammian.  XXI,  10,  8.  12,  25.  XXII,  3,  1)  ernannt,  dankt  dem  Kaiser 
hiefür  in  dieser  Rede  (Nr.  X  in  den  Panegyrici  von  Jäger).  Da  unter  die- 
sem Fürsten  der  Servilismus  weniger  im  Werthe  war  (21,  1.  26,  3)  als  die 
Aufrichtigkeit  (libertas,  s.  32,  3),  so  begnügt  sich  der  Redner  die  wirk- 
lichen Eigenschaften  desselben,  seine  Strenge  gegen  schlechte  Beamte  (i, 
3  ff,),  Sparsamkeit  gegen  sich  neben  Freigebigkeit  gegen  Andere  (10),  Ein- 
fachheit (11),  rastlose  Thätigkeit  (13  f.),  Wahrheitsliebe  (26),  Ruhmesdurst 
(31),  rhetorisch  auszustaffieren  und  durch  den  Gegensatz  zu  den  früheren 
Regierungen  (11.  19  f.  25)  zu  heben.  Auch  unterlässt  der  Redner  nicht 
sich  selbst  gehörig  ins  Licht  zu  stellen.  Er  scheint  übrigens  Julians  Ya:- 
trauen  so  wenig  entsprochen  zu  haben  wie  die  meisten  damit  Beehrten; 
s.  Ammian.  XXVII,  7,  1  (J.  368):  vix  dies  intercessere  paud  cum  Mamer- 
tinum  praefectum  praet.  ab  urbe  regressum  .  .  Avitianus  6x  vicaiio  pecu- 
latus  detulerat  reum.  cui  ideo  Vulcatius  successit  Rufinus  etc.  Zur  Zeit 
der  Rede  ist  Mam.  schon  in  vorgerückterem  Lebensalter  (17,  2.  18,  5). 
Spracheigen thümlichkeiten :  participare  consilium  1,  1.  pati  ut  2,  4.  dent 
recordari  19,  3.  nedum  (23,  4)  und  universi  (9,  4)  unrichtig  gebraucht; 
arcana  vacuare  (18,  1).  et  vere  (20,  2.  26,  3).  Poetische  Wendung^  wie 
lata  camporum  (10,  1  vgl.  12,  1.  3).  Archaismen  wie  voltu  satagente  (2S, 
3),  adulare,  autumo,  sublimare  u.  dgL  Abdruck  der  Rede  in  den  panegj- 
rici  (oben  369,  1—3),  sowie  in  Migne's  patrolog.  XVIII.  p.  409 — 430. 

8.  Julianus  selbst  war  der  Rede  mündlich  und  schriftlich  in  hohem 
Grade  mächtig;  seine  Schriften  sind  aber  alle  griechisch  gesehrieben. 
Eutrop.  X,  16:  liberalibus  disciplinis  apprime  eruditus,  graecis  doctior  ai- 
que  adeo  ut  latina  eruditio  nequaquam  cum  graeca  scientia  conveniret; 
facundia  ingenti  et  prompta.  Julian  ist  eine  auf  das  Edle  gerichtete  Nator, 
aber  phantastisch  und  daher  über  das  Ziel  hinausschiessend  und  in  den 
Mittehi  sich  vergreifend.  Vgl.  W.  Teuffei  in  Pauly's  Real-Enc  IV  (1845). 
S.  401—413.  416  f.  Anm. ;  in  A.  W.  Schmidt's  Zeitschr.  f.  Geschichtswiss. 
1846,  S.  405 — 439  (der  Kaiser  Julian  und  seine  Beurteiler),  und  in  den  Mo- 
natsbl.  zur  Allg.  Zeitimg  1847,  S.  535 — 542.  D.  F.  Strauss,  der  Romantiker 
auf  dem  Throne  der  Caesaren,  Maimheim  1847.  F.  Chr.  Baur,  d.  christl.  Kirche 
im  vierten  bis  sechsten  Jahrh.  (1863)  S.  17—43.  J.  F.  A.  Mücke,  Fla?ii» 
Claudius  lulianus  nach  den  Quellen.  I.  Julians  Kriegsthaten,  Gotha  180& 
U.  J.'s  Leben  und  Schriften,  Gotha  1869. 

9.    Preis  der  Verdienste  Valentinians  I.  um  die  Wiederherstellang  der 
öffentlichen  Beredtsamkeit  bei  Synmiach.  in  Valent.  II,  22  f.:   sonet  apod 


391  f.    Claudias  Mamertinus.    Hilarius.  863 

te  libertas  foreneis  eloqoi,  quam  dudum  exulem  tribunalibus  reddidisti. 
ruri  emeritus  torpebat  orator ;  .  .  nusquam  malus  silentium  quam  in  sa- 
crariis  litterarum.  . .  solvisti  vincla  linguarum.  (23.)  .  .  par  fuit  ut  elo- 
queutiae  usum  redderes.    . .  ingenia  liberasti  etc. 

10.  Himerius  um  315  —  385.  Gesammtausgabe  seiner  Beden  yon  G. 
und  J.  Ch.  Wemsdorf  (Götti.  1790),  Fr.  Dübner  (accurate  excusso  cod. 
optimo  et  unico  XXII  declaraationum,  Paris,  Didot,  1849;  mit  Fhilostratus, 
Kallistratus  und  Eunapius). 

11.  Libanius  um  315—393.  Libanii  sophistae  orationes  et  declama- 
tiones  rec.  et  illustr.  J.  J.  Beiske,  Altenburg  1791 — 1797,  4  VoU.  Libanii 
epistolae  graece  et  lat.  cum  not.  J.  Ch.  Wolf,  Amstelod.  1738  fol.  E.  Mon- 
nier^  histoire  de  Lib.  I.  Paris  1866.  G.  B.  Sievers,  das  Leben  des  Lib., 
Berlin  1868.  324  S. 

392.  Ein  fruchtbarer  theologischer  Schriftsteller  in  galli- 
canischem  Stile  war  Hilarius,  Bischof  von  Poitiers.  Er  be- 
theiligte sich  literarisch  an  den  arianischen  Streitigkeiten,  rich- 
tete Zuschriften  an  Constantius  und  verfasste  eine  Anzahl  Com- 
mentare  zu  Schriften  des  alten  wie  des  neuen  Testaments.  Auch 
von  dem  sardinischen  Bischof  Lucifer  sind  Schriften  dogma- 
tischen Inhaltes  auf  uns  gekommen,  sowie  von  den  Bischöfen 
Phoebadius  tind  Potamius. 

1.  Hieron.  viri  ill.  100:  Hilarius,  urbis  Pictavornm  Aquitaniae  epi- 
scopus,  factione  Satumini  Arelateusis  episcopi  de  synodo  Biterrensi  (J.  356) 
in  Phrygiam  relegatus,  XII  adversus  Arianes  confecit  libros  et  älium  librum 
De  sjmodis  quem  ad  GaUiarum  episcopos  scripsit,  et  in  Psalmos  (I  et  IL 
LI—LXIL  CXVIII — CL)  commentarios ,  in  quo  opere  imitatus  Origenem 
nonnuUa  etiam  de  suo  addidit.  est  eius  et  ad  Constantium  libellus,  quem 
viventi  Constantinopoli  porrexerat  (J.  360),  et  alius  in  Constantium  quem 
post  mortem  eius  (J.  361)  scripsit,  et  liber  adversus  Valentem  et  Ursacium, 
historiam  Ariminensis  et  Seleucienais  (J.  359)  synodi  continens;  et  ad  prae- 
fectum  Sallustium  sive  contra  Dioscorum;  et  liber  bymnorum  et  Mysteri- 
orum  alius;  et  commentarii  in  Matthaeum  et  tractatus  in  lob  quos  de 
gpraeco  Origenis  ad  sensum  transtulit;  et  alius  elegans  libellus  contra  Au- 
xentium,  et  nonnullae  ad  diversos  Epistolae  (auch  an  Constantius,  J.  355). 
aiunt  quidam  scripsisse  eum  etin  Cantica  canticorum,  sed  a  nobis  hoc  opus 
ignoratur.  mortuus  est  Pictavis,  Valentiniano  et  Valente  regnantibus  (J. 
367).  Auch  sonst  wird  H.  oft  von  Hieronymus  angeführt,  z.  B.  Epist.  70, 
6  (ad  Magn.  or.,  Opp.  ed.  Vall.  I.  p.  430):  Hilarius,  meorum  confessor  tem- 
porum  et  episcopus,  XII  QuintiUani  libros  et  stilo  imitatus  est  et  numero 
(in  seiner  Schrift  de  trinitate,  contra  Arianos),  brevique  libello  quem  scri- 
psit contra  Dioscorum  medicum  quid  in  litteris  posset  ostendit.  58,  10  (ad 
Paulin.,  Opp.  1.  1.  p.  326):  Hilarius  gallicano  cothurno  attollitur  et  cum 
Graeciae  floribus  adornetur  longis  interdum  periodis  involvitur  et  a  lectione 
simpliciorum  fratram  procul  est.  Auch  chron.  Ji.  2372  =  358  (Verbannung). 
2375  »  361  (Rückkehr).    2376  =3  362:   Gallia  per  Hilarium  Arminiensis 


864  Die  Eaiseraeit.    Viertes  Jahrhundert. 

(vielmehr  AriminenBiB,  vgl.  ad  a.  2375,  u)  perfidiae  dolos  damnat.  2384  == 
370  (Tod).  Eine  vita  Uilarii  von  Fortunatos  in  den  Ausgaben  der  Werke 
des  Uil. 

2.  Ausgaben:  Paris.  1510  fol.  Per  Des.  Erasmum,  Basil.  1523.  1526. 
1535  fol.  Ex  ed.  Jo.  Gillotii,  Paris  1572.  1605.  fol.  Benedictineraasg.  (von 
P.  Coütant)  Paris  1693  fol.  (und  Veron.  1730.  2  Voll.  fol.).  Ed.  Fr.  Ober- 
thür,  Würzburg  1785  flf.  3  VoU.  8.  In  Migne's  Patrolog.  T.  IX  u.  X  (Paria 
1844).  Dazu  J.  B.  Pitra,  spicileg.  Solesm.  (Paris  1851)  p.  49—159  Com- 
mentare  zu  paulinischen  Briefen  T^elche  w^ahrscheinlich  von  H.  verfasst  sind 
(vgl.  Pitra  p.  XXVI — XXXIV)  aus  einem  cod.  Gorbeieusis  saec.  IX,  p.  159— 165 
zur  Genesis,  und  p.  166—170  aus  einer  St.  Galler  Evangelienhandschr.  saec. 
VIII  114  Hexameter  über  die  Geburt  Christi  mit  lockerer  Prosodie  (v.  15. 
17.  18.  38.  80.  88),  bes.  häufiger  Verlängerung  einer  kurzen  Silbe  (26.  29. 
31.  34.  50.  82.  109.  113),  aber  auch  zweifelhafter  Berechtigung  diesem  E 
zugeschrieben  zu  werden. 

3.  B.  Ceillier,  bist.  g^n.  V.  p.  1—150.  J.  U.  Reinkens,  Hilarius  von 
Poitiers,  eine  Monographie,  Schaffhausen  1864.  XXXVII  u.  359  S.  Vgl  J. 
Wagenmann,  Götti.  gel.  Anz.  1865,  S.  1641—1658. 

4.  Hieron.  vir.  ill.  95:  Lucifer,  Caralitanus  episcopus,  cum  Paocratio 
et  Hilario  rom.  ecclesiae  clericis  ad  Constantium  imp.  a  Liberio  episcopo 
pro  fide  legatus  missus,  cum  noUet  sub  nomine  Athanasii  Nicaenam  dam- 
nare  fidem,  in  Palaestinam  relegatus  .  .  contra  Constantium  imp.  scripsit 
librum  eique  legendum  misit  ac  non  multo  post,  süb  luliano  principe,  re- 
versus  Caralis  Valentiniano  reguante  obiit  (J.  371).  Vgl.  Hier,  chron.  ad 
a.  2371.  2378  =  357.  364  n.  Chr.  In  den  libri  duo  Ad  Constantium  Aug. 
pro  s.  Athanasio  (um  360)  bezeichnet  er  den  Kaiser  als  Schlange,  belloa, 
immanissima  fera,  latro,  sacrilegus,  camifex,  homicida,  idololatra,  templum 
daemonum,  religionis  eversor,  haereticus,  apostata,  Vorläufer  des  Antichrist 
und  Antichrist  selbst.  Auf  Befragen  des  Florentius  mag.  off.  erklärte  sich 
L.  als  Verfasser  und  wollte  den  Märtyrertod  erleiden  (moriendum  esse  pro 
filio  dei).  Des  Kaisers  Tod  vereitelte  diess.  Gleich  fanatisch  orthodox  sind 
die  etwas  früheren  Schriften  De  non  conveniendo  cum  haereticis  über  ad 
Constantium  Aug.  und  De  non  parcendo  in  deum  delinquentibus.  Ed.  prin- 
ceps  von  Luciferi  opuscula  (von  Jo.  Tilius)  Paris  1568.  In  der  Bibl.  patr. 
max.  (Lugd.  1677)  IV.  p.  181  ff.,  Gallandi  bibl.  patr.  VI.  p.  155  ff.  Auch 
Venet.  1778  fol.  cur.  J.  D.  et  J.  Coletis,  wieder  abgedruckt  in  Migne's  Pa- 
trolog. XIII  (1845)  p.  692—1038. 

5.  Hieron.  vir.  ill.  108:  Phoebadius,  Agenni  Galliarum  episcopm, 
edidit  contra  Arianos  librum  (ums  J.  358;  ed.  Th.  Beza,  Genev.  1570;  ed. 
P.  Pithoeus,  Paris  1586.  4.;  rec.  C.  Barth,  Frankf.  1623;  in  Gallandi  biU 
patr.  V.  p.  250  ff.,  der  bibl.  patr.  max.  UI.  p.  300  ff.,  in  Migne^s  Patrolog. 
XX.).  dicuntur  et  alia  eius  esse  opuscula,  quae  necdum  legi,  vivit  usqae 
hodie  (J.  392)  decrepita  seuectute. 

6.  Von  Potamius,  Bischof  von  Lissabon,  ist  erhalten  eine  Epistola 
ad  Athanasium  episc.  Alexandr.  de  consubstantialitate  filii  dei,  verftsst 
um  355,  erstmals  herausgegeben  1657,  und  Anderes;  s.  Gallandi  bibLpatr. 
V,  Migne's  Patrol.  VHI. 


392  f.    Lucifer  u.  A.    Charisius.  865 

7.  Zenonis  sermones.  rec.  et  illustr.  P.  et  Hier.  Ballerini,  Veron.  1739 
fol.    Gallandi  bibl.  patr.  V.  p.  109  ff.,  Migne's  Patrol.  XI. 

8.  Gennad.  vir.  ill.  4:  Vitellius  Afer  Donatianorum  echisma  defendens 
scripsit  de  eo  quod  odio  sint  muudo  servi  dei.  .  .  scripsit  et  adversum 
gentes  etc.  .  .  et  ad  regalam-  ecciesiasticam  pertinentia  multa  disseruit. 
damit  sub  Consta?)^^^  filio  Constantini  principis. 

393.  Gleichzeitig  und  von  einander  unabhängige  aber  aus 
denselben  Quellen  und  daher  oft  mit  einander  wörtlich  überein- 
sünunend  schrieben  die  beiden  Grammatiker  Charisius  und  Dio- 
medes.  Flavius  Sosipater  Charisius  ist  von  Wichtigkeit  da- 
durch dass  er  die  von  ihm  benützten  Vorgänger,  insbesondere 
den  lulius  Romanus,  Cominianus  und  Palämon,  wörthch  aus- 
schreibt, bald  unter  Nennung  ihres  Namens,  bald  ohne  diesen, 
und  dadurch  einen  guten  Theil  der  älteren  grammatischen  Li- 
teratur uns  erhalten  hat.  Von  den  fünf  Büchern  seiner  Gram- 
matik sind  übrigens  wesentliche  Theile  verloren  gegangen.  Von 
den  drei  Büchern  der  ars  grammatica  des  Diomedes  ist  das 
dritte  von  besonderem  Werthe,  da  es  aus  Sueton  de  poetis  viele 
schätzenswerthe  Nachrichten  aufbewahrt  hat. 

1.  Vorwort:  Fl.  Sosipater  Charisius  v.  p.  magister  [urbis  Romae] 
filio  karissimo  s.  d.  Amore  latini  sermonis  obligare  te  cupiens,  f.  k.,  artem 
grammaticam  (diess  war  also  wohl  der  Titel)  soUertia  doctissimorum  vi- 
rorum  politam  et  a  me  digestam  in  libris  V  dono  tibi  misi.  .  .  erit  iam 
tuae  diligentiae  frequenti  recitatione  studia  mea  ex  variis  Artibus  inrigata 
memoriae  .  .  mandare,  ut  quod  originalis  patriae  natura  deuegavit  virtute 
animi  adfectasse  videaris.  Dass  der  Verf.  aus  Campanien  gebürtig  war 
geht  aus  p.  215,  23  E. :  hodieque  nostri  per  Campaniam  sie  loquuntur  uicht 
hervor  und  ist  nach  dem  obigen  orig.  patriae  nicht  wahröcheinlich. 

2.  Das  Zeitalter  des  Ch.  und  Diomedes  wird  bestimmt  einerseits  durch 
die  von  ihnen  benützten  Quellen  (s.  A.  3),  von  welchen  Cominianus  und 
Marcius  Salutaris  (oben  381,  1 — 4)  die  jüngsten  zu  sein  scheinen,  anderer- 
seits durch  die  Schriftsteller  von  welchen  sie  selbst  angeführt  werden, 
nämlich  Priscian,  Rufinus  (de  metr.  com.)  und  Servius  (ad  Aen.  IX,  329 
xmd  wohl  auch  Buc.  III,  21).  Die  häufige  Uebereinstimmung  des  Char.  u. 
D.  mit  DonatuB  und  Marius  Victorinus  (oben  384  f.),  ohne  dass  diese  doch 
jemals  genannt  würden,  ist  wohl  aus  Gemeinsamkeit  der  Quellen  zu  er- 
klären und  beweist  wohl  dass  jenes  Grammatikerpaar  diesem  zeitlich  nahe 
steht,  Keil,  Gramm,  lat.  I.  p.  LV  f.  Christ,  Philologus  XVIII.  S.  130  f. 
Wahrscheinlichkeit  hat  auch  die  Vermutung  von  Usener,  Rhein.  Mus.  XXIII. 
S.  492  f.,  dass  bei  Hieron.  chron.  2375  =  361  (s.  oben  381,  7):  Euanthius 
.  .  Constantinopoli  diem  obit.  in  cuius  locum  ex  Africa  Charistus  (Bongars. ; 
dagegen  Freh.  u.  a.  Chrestus)  adducitur,  zu  lesen  sei:  Charisius. 

3.  Die  flauptquellen  des  Charisius  sind  Palämo  (oben  266,  3),  Julius 
RomanuB  (oben  357,  1)  imd  Cominianus  (oben  381,  1—3),  wozu  wohl  noch 

Teuffei,  Rom.  Literaturg-eschichle.  {)5 


866  I^Jö  Kaiserzeit.    Viertes  Jahrhundert. 

Scaurus  (ohen  329)  und  andere  hinzukommen  mögen  (Christ,  Philologiis 
XVIII.  S.  127).  Keil,  Gramm,  latt.  I.  p.  XLV  ff.  A.  Schottmüller,  de  Plin. 
libr.  gramm.  (1868)  p.  7  —  26.  Diese  Quellen  pflegt  Char.  wörtlich  auszu- 
schreiben, und  wo  sie  einander  widersprechen  getraut  er  sich  selten  eine 
selbständige  Entscheidung.  Das  Werk  ist  daher  wesentlich  compilatorisch 
und  im  Einzelnen  mit  wenig  Sorgfalt  und  Urtheil  gearbeitet;  s.  Christ  a. 
a.  0.  S.  120.  M.  Hertz,  Rhein.  Mus.  XX.  S.  320.  Auch  die  Anordnung  ist 
sehr  unvollkommen.  Mit  der  neueren  (z.  B.  von  Comminianus  befolgten) 
Anlage  nach  den  acht  Redetheilen  wusste  Ch.  die  altern  Monographien 
über  einzelne  Theile  der  Grammatik  nicht  zu  verschmelzen  und  gibt  daher 
in  6.  I  allgemeine  Abschnitte  über  Declination,  Comparation,  Analogie, 
B.  II  eine  aus  verschiedenen  Artes  zusammengestellte  Theorie  der  acht 
partes  orationis,  B.  III  eine  ausfuhrliche  Erörterung  über  die  Bildung  der 
perfecta,  inchoativa,  frequentativa  u.  s.  w.,  B.  IV  ein  Allerlei  von  Gram- 
matischem (Barbarismen  u.dgl.),  Rhetorischem  (Tropen,  Figuren  u.  s.  w.), 
B.  V  idiomata,  Synonymen  u.  s.  w.  Doch  ist  der  Anfang  von  B.  I,  der 
letzte  Theil  von  B.  IV  und  das  Meiste  von  B.  V  verloren  gegangen.  In- 
haltsübersicht nach  dem  prooemium. 

4.  Für  den  Text  des  Char.  ist  fast  die  einzige  Quelle  der  Neapoli- 
tanus  saec.  VII  oder  VIII.  Ausgaben  von  J.  Pierius  Cyminius  (Neapel 
1532.  fol.),  G.  Fabricius  (Basil.  1551;  mit  starken  Interpolationen),  in  den 
Grammatici  latini  von  Putsche  und  Lindemann  (Vol.  IV.  Lips.  1840)  und 
besonders  von  H.  Keil  (T.  I.  Lips.  1857).  Der  Abschnitt  de  versu  saturnio 
(bei  Keil  p.  288  f.)  eigens  herausgegeben  von  F.  W.  Schncidewin,  Gotting. 
1841.  4.  Ueber  Char.  vgl.  noch  F.  Osann,  Beiträge  II.  S.  319—340.  L.  Spen- 
gel,  Münchner  gel.  Anz.  1810,  S.  502  ff. 

5.  Ausser  Char.  selbst  sind  auch  Excerpte  aus  seinem  Werke,  ge- 
fertigt im  fränkischen  Reiche,  auf  uns  gekommen,  welche  theilweise  auch 
zur  Ausfüllung  von  Lücken  in  dem  Erhaltenen  dienen.  So  besonders  die 
excerpta  Bobiensia  saec.  VII — VIII,  jetzt  in  Wien,  veröffentlicht  zuerst  ?od 
Eichenfeld  und  Endlicher,  Anal,  gramm.  (Wien  1837)  p.  75  — 124,  zuletet 
von  Keil,  gramm.  latt.  I.  p.  533-565  vgl.  ib.  p.  XVII  f.  Doch  sind  diese 
nicht  ausschliesslich  dem  Charisius  entnommen,  sondern  den  Quellen  des- 
selben, insbesondere  dem  Palaemo  und  Cominiauus;  s.  Christ,  Philologns 
XVin.  S.  136—139.  Vgl.  noch  oben  381,  1  f.  Ferner  excerpta  Parisina 
ib.  p.  XVIII  f.  Ueber  die  aus  einem  cod.  Bernensis,  Leidensis  und  Sanct- 
amandinus  s.  ib.  p.  XIX — XXII. 

6.  Das  Werk  des  Diomedes  hat  bei  Rufinus  p.  2715  und  in  den 
Subscriptionen  die  üeberschrift  Ars  grammatica  und  ist  einem  Athanasios 
gewidmet.  Das  Vorwort  besagt:  artem  merae  latinitatis  puraeque  ek- 
quentiae  magistram  . .  summo  studio  .  .  trino  digestam  libello  .  .  censoi 
esse  mittendam  etc.  .  .  prima  pars  universi  sermonis  membra  continet; 
altera  non  solum  observationes  quae  arti  grammaticae  accidere  solentsed 
etiam  structuram  pedestris  orationis  .  .  demonstrat;  terida  pedum  quali- 
tatem,  poematum  genera  metrorumque  tractatus  . ,  docet.  B.  I  entspricht 
somit  B.  I— III  des  Charisius,  ist  aber  einheitlicher  und  planmässiger.  B. 
III  dient  zum  Ersätze  für  die  Verstümmelung  von  Charis.  IV. 

7.  Diomedes  stimmt  vielfach  wörtlich   mit  Charisius    überein    (vgl 


393  f.    Charisius.    Diomedes.    Avienus.  867 

Osaiin,  Beiträge  II.  S.  331—335),  ohne  dass  doch  einer  den  andern  nennt. 
Diess  wäre  weniger  auffallend  wenn  D.  den  Ch.  ausgeschrieben  hätte,  da 
D.  überhaupt  in  Nennung  seiner  Quellen  sehr  sparsam  ist.  Indess  hat  D. 
eben  in  solchen  Partien  welche  auffallend  mit  Ch.  übereinstimmen  zugleich 
Angaben  die  sich  bei  Ch.  nicht  finden  (wie  Char.  III,  8.  p.  262  ff.  vgl.  mit 
Diom.  p.  389,  10—395,  10),  so  dass  D.  dieselben  Quellen  in  grösserem  Um- 
fang benützt  haben  muss.  Neben  den  Quellen  die  dem  D.  mit  Ch.  ge- 
meinsam sind  hat  D.  aber  auch  noch  werthvoUe  andere  ausgebeutet,  wie 
den  Valerius  Probus  (direct  oder  indirect)  und  besonders  (B.  III)  den  Sue- 
tonius  (0.  Jahn,  Rhein.  Mus.  IX.  S.  629  f.  Reifferscheid  Sueton.  p.  370—379), 
femer  den  Terentianus  und  wohl  auch  griechische  Techniker  (Christ,  Phi- 
lologus  XVIIl.  S.  129  f.).  Keil,  gramm.  I.  p.  XLIX— LV.  Die  Art  der 
Benützung  dieser  Quellen  ist  bei  D.  weniger  sklavisch  und  urteilslos,  aber 
von  dem  Richtigen  doch  noch  so  weit  entfernt  dass  Reifferscheid  ihn  mi- 
serrimus  grammaticus  nennt  (Suet.  p.  372),  von  seinem  Stupor  et  supina 
iieglegentia,  insignis  in  excerpendo  neglegeutia  (p.  373)  und  insignis  inco- 
gitantia  (p.  375)  zu  sprechen  weiss.  Westphal  aber  (allg.  Metr.  S.  48) 
meint:  „D.  ist  unter  den  Metrikem  einer  der  unwissendsten,  aber  nichts- 
destowenigej  der  interessanteste^ S  wegen  der  Quellen  die  er  abgeschrieben 
habe;  s.  ebd.  S.  48  f.  76—86.  125  f.  135  f. 

8.  Das  Zeitalter  des  D.  bestimmt  sich  durch  das  seines  Doppelgän- 
gers und  Zeitgenossen  Oharisius  (A.  2).  Hat  er  nach  der  Mitte  von  saec. 
IV  geschrieben,  so  ist  er  von  Sacerdos  (oben  366,  3  fi'.)  weit  genug  entfernt 
um  von  ihm  nichts  mehr  zu  wissen  (Christ,  Philol.  XVIII.  S.  130  f). 

9.  Keil  gramra.  I.  p.  XXIX:  Diomedis  quamvis  multl  hodie  extent 
libri  manu  scripti,  tamen  tanta  est  eorum  omnium  similitudo  ut  quasi  pro 
uno  codice  habendi  sint.  Alle  stammen  aus  einem  archetypus  saec.  VIII, 
von  welchem  die  ältesten  Ableger  sind  zwei  Pariser  Hdss.  7494  (A)  und 
7493  (B)  imd  ein  Monacensis  (M),  alle  drei  saec.  IX;  s.  ib.  p.  XXIX — XXXII. 
Aus  derselben  Quelle  stammen  auch  Excerpte  aus  dem  Werke  des  D.,  von 
welchen  das  älteste  ist  Paris.  7630  saec.  VIII  (ib.  p.  XXXIV).  * 

10.  Ausgaben  (Keil  I.  p.  XLIV  f.)  Ven.  1476  (ap.  Nie.  lenson.),  von  J. 
Rivius  (Ven.  1511\  J.  Th.  Bellovacus  (Paris.  1516),  H.  Buschius  Pasiphilus 
(Colon.  1516.  1523),  J.  Caesarius  (Hagenau  1526.  Colon.  1533.  1536.  Lips. 
1541),  in  den  gramm.  lat.  von  Putsche,  den  scriptores  rei  metr.  von  Gais- 
ford  (nur  B.  III)  und  besonders  den  gramm.  latt.  von  H.  Keil  I  (Lips.  1857) 
p.  298-529.    Vgl.  W.  Christ,  Phüologus  XVIII.  S.  127—136. 

394,  Einen  Dichter  von  entschiedener  Begabung  haben 
diese  Jahrzehnte  an  Rufius  Pestus  Avienus,  Proconsul  von 
Africa  (J.  366  f.)  und  Achaja  (J.  372).  Aber  indem  er  die  aus- 
getretenen Geleise  verlassen  wollte  wurde  er  durch  den  unpoe- 
tischen Zug  seiner  Zeit  in  prosaische  hineingeführt  und  verfiel 
doch  wieder  in  Nachahmung,  ja  Uebersetzung.  Seine  Arbeiten 
sind  vorzugsweise  Lehrgedichte,  im  epischen  Masse  eine  Ueber- 
setzung der  0aLv6^€va  des  Aratos,  sowie  eine  Descriptio  orbis 

55* 


ggg  Die  Eaiserzeit.     Viertes  Jahrhundert. 

terrae  nach  der  Periegesis  des  Dionysios ;  im  iambischen  Trimeter 
eine  Beschreibung  der  Küste  des  Mittehneeres,  des  schwarzen 
und  des  kaspischen  (ora  maritima),  in  mehreren  Büchern,  von 
welchen  aber  nur  der  grössere  Theil  des  ersten  erhalten  ist,  so- 
wie eine  Bearbeitung  der  römischen  Geschichte  nach  Livius  und 
ein  Auszug  der  Aeneis,  welche  beiden  letztem  Arbeiten  ganz 
verloren  sind.  Dazu  kleinere  Gedichte,  Epigramme  in  Hexame- 
tern, üeberall  verräth  Avienus  edles  Streben  und  eine  reine 
Form,  nach  den  besten  Mustern  gebildet,  insbesondere  nach 
Vergil;  aber  auch  rhetorische  Wortseligkeit  imd  üeberwuchem 
des  gelehrten  StoflFes  über  die  dichterische  Gestaltung. 

1.  Inschrift  ans  Rom  bei  Fabretti  X,  507  =  Meyer  anthol.  lat.  278 
(R.  Festns  v.  c.  de  se  ad  deam  Nortiam) :  Festus,  Musoni  suboles  proiesqne 
Avieni,  unde  toi  latices  traxerunt,  Caesia,  nomen,  Nortia,  te  veneror,  lare 
cretus  Volsiniensi,  Romam  habitans,  gemino  proconsulis  auetus  honore. 
carmina  multa  serens,  vitam  insons,  integer  aevom,  coniugio  laetus  Fla- 
cidae  numeroqne  frequenti  natorum  exultans  etc.  Der  Dichter  war  somit 
ein  Nachkomme  des  Musonius  Rufus  (oben  282,  3),  wie  dieser  ans  Yolsinii 
in  Etrnrien  gebürtig  und  daher  anhänglich  an  die  dort  verehrte  Kortia, 
sowie  an  die  aqua  Caesia  (vgl.  Meyer*8  anth.  lat.  899),  Vater  einer  sahl- 
reichen  Famüie,  zu  welcher  der  Pladdus  gehören  wird  welcher  obige  In- 
schrift mit  den  zwei  Distichen  vermehrte :  sancto  patri  filius  Pladdus.  Ibk 
in  optatas  sedes,  nam  luppiter  aethram  (vgl.  Avien.  phaen.  2)  pandit,  Feste, 
tibi,  candidus  ut  venias.  iamque  venis,  tendit  dextras  choros  inde  deomm 
et  toto  tibi  iam  plauditur  ecce  polo.  Das  doppelte  Procon»ilat  stinmit 
dazu  dass  Cod.  lust.  III,  16,  1  (J.  366)  und  Cod.  Theod.  IX,  19,  3  (J.  367) 
ein  Festus  als  Proconsul  Africae  genannt  wird  und  C.  I.  gr.  372  die  Athe- 
ner J.  372  ihrem  Procos.  'Povtpiog  ^ijcTog  ihre  Dankbarkeit  bezeigen.  Dann 
wird  er  wohl  auch  der  Festus,  consularis  Syriae  im  Cod.  lust.  XII,  58,  3 
(J.  365)  sein.  Auf  längeren  Aufenthalt  des  Dichters  in  Africa  deutet  orb. 
terr.  329—333.  or.  mar.  273  f..  In  Griechenland  orb.  terr.  603  f. 

2.  Hieronym.  comm.  zum  Titusbrief  c.  1  (Opp.  VII,  1.  p.  706  ValL): 
Arati,  quem  Cicero  in  latinum  sermonem  transtulit  et  Germanicus  Caesar 
(oben  259,  6)  et  nuper  Avienus  et  multi  quos  enumerare  perlongum  est. 
Dagegen  noch  Lactantius  kennt  die  Aratea  nur  in  der  Bearbeitung  des 
Cicero  (inst.  V,  5.  p.  238  Fr.)  imd  des  Caesar  (I,  11.  p.  30)  Germanicus  (I, 
21.  p.  54  f.  V,  5).  Titel  im  Gudianus  saec.  X:  Rufi  Festi  Avieni  v.  c  Arati 
Phaenomena  (im  Vindobon.  saec.  X:  Rufi  Festi  Arati).  Auf  die  ^airofiiva 
kommen  1325,  auf  die  Prognostica  oder  dioarjiiSLa  552  Hexameter.  A?. 
sucht  seine  Vor^nger  zu  überbieten  durch  treue  Wiedergabe  des  griechi- 
schen Originals,  dichterischen  Schwimg  und  Einflechtung  von  allerlei  Ifit- 
theilungen  aus  den  Werken  von  Philosophen  und  Astronomen,  auch  am 
mystischen  Quellen.  Am  nächsten  schliesst  sich  Av.  an  Germanicus  ad- 
In  der  ed.  princeps  (Ven.  1488)  p.  5—56.  Ausgaben  in  den  meisten  Samm- 
lungen der  Aratea.    J.  C.  Schaubach  (oben  259,  7),  novae  edit.  Avieni  spe- 


394.    Avienas.  869 

cimen  (Meiningen  1817  ff.  4.)  und  Ueber  die  Aratea  von  Cic.  etc.  in  Jahn's 
Archiv  Xn  (1846)  S.  197-210. 

3.  Orbis  terrae  oder  Descriptio  o.  t.  in  1394  Hexametern  nach  der 
nsQLrjyriaig  des  Dionysios,  der  aber  nicht  genannt  wird.  Das  Original  wird 
bald  abgekürzt,  bald  durch  gelehrte  Arabesken  erweitert,  und  durch  Leb- 
haftigkeit der  Darstellung  übertroffen.  Am  Anfang  und  Schlüsse  die  obli- 
gate Anrufung  der  Musen  und  des  Apollo.  In  der  ed.  princ.  p.  56  —  95. 
Sonstige  Ausgaben:  Venet.  1502.  Vienn.  1508.  4.  1515.  4.  Bonon.  1513.  4. 
Antverp.  1632.  4.  Cum  notis  N.  Heinsii  all.  cur.  H.  Friesemann,  Amstelod. 
1786.  In  Wemsdorfs  poetae  latt.  min.  V.  p.  725—888,  wozu  Einl.  (p.  719  ff.) 
und  animadv.  (p.  889—1153).  In  Dionysius  Perieg.  ed.  G.  Bemhaxdy  (Lips. 
1828)  I.  p.  427—460;  in  Geographi  graeci  min.  ill.  C.  MüUerus  (Par.  1861) 
II.  p.  176—189.  Erläuterungsschriften;  (I.  Wassü)  Animadversiones  in  Av. 
descr.,  in  Miscellan.  observ.  I,  2.  p.  273—277  (Oudendorp).  3.  p.  373—390. 
V,  1.  p.  64—80.  2.  p.  165.  Symbolae  litterar.  II,  3  (Brem.  1745).  p.  569 
—  584. 

4.  Orae  maritimae  liber  primus  (ed.  princ).  Erhalten  ist  nur  ein 
Bruchstück  von  703  Senareu,  enthaltend  eine  Beschreibung  der  Küste  vom 
atlautischen  Ocean  bis  nach  Massilia,  überdiess  in  lückenhafter  und  ver- 
derbter Gestalt.  Widmung  an  einen  Probus,  der  liberum  loco  .  .  amore 
sanguinisque  vinculo  ist  (14  f.)  und  wissbegierig  (16  ff.),  wahrscheinlich 
Anicius  Probus  Cos.  406.  Rückverweisung  auf  den  orbis  in  V.  71  ff.:  re- 
liqua  scripta  sunt  nobis  in  illo  plenius  volumine  quod  de  orbis  oris  parti- 
busque  fecimus.  üeber  seine  Quellen  gibt  v.  37  ff.  etwas  renommistische 
Auskunft:  ad  eins  (des  Sallust)  inclitam  descriptionem  .  .  multa  rerum 
iunximus  ex  plurimorum  sumpta  commentariis,  nämlich  aus  Hekatäus,  Uel- 
lanikus,  Phileus,  Skylax,  Pausimachus,  Damastes  (vgl.  372),  Bakorus,  Eukte- 
mon  (vgl.  350),  Eleon,  Herodot  und  Thukydides.  Dazu  gelegentlich  Dio- 
nysius (331),  Juba  (280)  u.  A.  Benützung  des  (nicht  genannten)  Eratosthenes 
hat  nachgewiesen  W.  Christ,  Avien.  und  d.  ältesten  Nachr.,  S.  154—  165. 
Das  den  verschiedenen  Quellen  Entnommene  ist  nicht  zu  einem  selbstän- 
digen Ganzen  verarbeitet.  Die  Darstellung  ist  fliessend.  Neben  Archais- 
men wie  ducier  Worte  wie  intimare,  intimatio.  Griechische  Eigennamen 
werden  öfter  prosodisch  willkürlich  behandelt,  statt  der  geläufigeren  neuem 
die  veralteten  bevorzugt,  barbarisch  klingende  durch  glattere  ersetzt.  Die 
Ilandss.  des  Gedichts  sind  verschollen.  Aeltester  Text  in  der  ed.  princ. 
p.  95 — 113.  Ausserdem  bes.  in  Wemsdorfs  poetae  lat.  min.  V.  p.  1165 — 1295; 
vgl.  p.  1157—1164.  F.  A.  Ukert,  über  des  A.  Ora  maritima,  in  dessen 
Geogr.  der  Griechen  und  Römer  11,  1.  (Weimar  1821)  S.  473—484.  De- 
scription  que  Festus  Avienus  a  faite  de  la  cöte  de  la  Gaule  Narbonnoise 
dans  le  poSme  intitulä  Ora  maritima,  par  (Jean)  Astruc,  in  den  M^moires 
pour  rhist.  nat.  de  Languedoc,  Paris  1737.  4.  W.  Christ,  Avien  u.  d.  äl- 
testen Nachrichten  über  Iberien  und  die  Westküste  Europa's,  München 
1866.  4.  (Abhandl.  d.  bair.  Ak.  XI.  1868.  S.  113-187),  bes.  S.  150—177. 
F.  de  Saulcy,  ^tude  topographique  sur  l'O.  mar.  de  R.  F.  Av.,  Revue  ar- 
chäol.  1867.  I.  p.  54—62.  81—98. 

5.  Ruf  US  Festus  Avienus  v.  c.  Flaviano  Myrmecio  v.  c.    üeberschrifb 
von  31  Hexametern,  scherzhaftes  Gedicht,  enthaltend  eine  Bitte  um  Zu- 


870  I^ie  Kaieerzeit.    Viertes  Jabrhuudert. 

sendnng  von  Granatäpfeln,  abgedruckt  echon  in  der  ed.  princeps,  dann  in 
den  Anth.  latt.  von  Burmann  und  Meyer  (nr.  279),  sowie  bei  Wemsdorf 
poetae  latt.  V.  p.  1296  - 1301.  Der  Adressat  ist  vielleicbt  der  Flavianus 
welcher  J.  358—361  procos.  Africae  war  (Cod.  Theod.  VIII,  5,  10.  XI,  36,  U) 
oder  derjenige  welcher  J.  377  vicarius  Africae  (ib.  XVI,  6,  2),  382  f.  praef. 
praet.  Illyrici  et  Italiae  (ib.  VII,  18,  8.  IX,  29,  2.  40,  13).  Dagegen  Nr. 
280  bei  Meyer  =  26  (I.  p.  82  f.)  ßse  wird  nur  von  einem  Theile  der  Hdss. 
dem  Av.  zugeschrieben;  und  noch  zweifelhafter  ist  sein  Anrecht  auf  277 
M.  (de  cantu  Sirenum).    Noch  Anderes  wird  dem  Av.  ohne  Grund  beigelegt 

6.  Servius  Aen.  X,  272:  Stoici  dicunt  has  Stellas  (cometas)  esse  ultra 
XXXII.  quarum  nomina  et  effectus  Avienus,  qui  iambis  scripsit  Virgilii  fa- 
bulas,  [com]  memorat.  . .  sane  Avienus  cometarum  has  differentias  didt  etc. 
zu  Georg.  I,  488:  diri  cometae]  criniti  [et]  pessimi,  quia  sunt  et  boni,  .. 
quam  rem  plenissime  Avienus  exsequitur.  zu  Aen.  X,  388 :  haec  fabula  in 
latinis  nusquam  invenitur  auctoribus.  Avienus  tamen,  qui  totum  Virgilium 
et  Livium  iambis  scripsit,  hanc  commemorat  dicens  graecam  esse.  Letz- 
teres also  eine  Arbeit  in  der  Art  des  Alfius  Avitus  (oben  360,  1). 

7.    Gesammtausgaben  des  Av. :  editio  princeps  (Venet.  1488.  4.)  und  von 
Bamirez  de  Prado  (Madrid  1634.  4.). 

8.  Ueber  Avienus  vgl.  Wemsdorf,  poetae  latt.  min.  V.  p.  621—716. 
A.  Holder  in  Pauly's  Real-Enc.  I,  2.  S.  2149—2153. 

395,  Fast  über  das  ganze  vierte  Jahrh.  (um  310 — 390) 
reicht  das  Leben  des  Rhetors  D.  Magnus  Ausonius  aus  Bur- 
digala.  Zum  Lehrer  des  Prinzen  Gratianus  berufen,  wurde  er 
nach  der  Thronbesteigung  seines  Zöglings  mit  politischen  Wür- 
den, zuletzt  (J.  379)  auch  mit  dem  Consulat,  geehrt.  Unter 
Theodosius  L  lebte  er  in  seiner  Heimat  in  eifriger  literarischer 
Thätigkeit.  Aus  dieser  Zeit  stammen  die  meisten  seiner  Schrif- 
ten, welche  zahlreich  auf  uns  gekommen  sind.  Als  Probe  sei- 
nes prosaischen  Stiles  zwar  haben  wir  einzig  die  Dankrede  an 
Gratian  für  die  Ertheilung  des  Consulats ;  desto  mehr  aber  von 
dem  was  er  in  gebundener  Form  geschrieben  hat.  Poetischen  Werth 
haben  diese  Arbeiten  freilich  wenig,  wohl  aber  stoflFlichen  und 
formellen.  Seine  vielseitigen  Kenntnisse,  sein  treues  Gedächt- 
niss  und  seine  grosse  Formgewandtheit  lassen  den  Ausonius  nicht 
leicht  bei  einer  Aufgabe  im  Stich  welche  er  sich  stellt,  auch 
wenn  der  Gegenstand  an  sich  ein  trockener  oder  die  Nachbil- 
dung einer  metrischen  Form  Selbstzweck  ist.  Von  den  Persön- 
lichkeiten und  Verhältnissen  seiner  Zeit  und  Heimat  bieten  seine 
Gedichte  ein  reiches  Bild,  namentlich  von  den  Verwandten  und 
den  Fachgenossen  des  Rhetors  (professores  Burdigalenses),  und 
die  Schilderung  einer  Rhein-  und  Moselreise  (Mosella)  aus  der 


^.  „\-.j 


395.    Ausonius.  871 

Gegend  von  Bingen  bis  Trier  im  Stile   des  Epos  ist  theilweise 
auch  durch  die  Art  der  Behandlung  anziehend. 

1.  Auson.  in  der  praef.  epigramm.  an  Syagrius:  Ausonius  genitor 
nobis;  ego  nomine  eodem  qui  sim,  qua  secta,  stirpe,  lare  et  patria,  ad- 
scripsi.  *. .  Vasates  patria  est  patri;  gens  Aedua  matri  de  patre,  Tarbellis 
sed  genetrix  ab  Aquis.  (7.)  ipse  ego  Burdigalae  genitus.  . .  genitor  studuit 
medicinae.  .  .  (15.)  noa  ad  grammaticen  Studium  convertimus  et  mox 
rhetorices  etiam  quod  saus  attigimus.  nee  fora  non  celebrata  mihi,  sed 
cura  docendi  cultior,  et  nomen  graramatici  merui.  . .  (23.)  exaetisquc  de- 
hinc  per  trina  decennia  fastis  asserni  doctor  municipalem  operam.  aurea 
et  Augusti  (Valentinians  I)  palatia  iussus  adire  augustam  subolem  gram- 
maticus  docui,  mox  etiam  rhetor.  .  .  (35.)  cuius  (des  Gratianus)  ego  Comes 
et  Quaestor  (sacri-  palatii)  et,  culmen  bonorum,  praef ectus  Gallis  et  Libyae 
et  Latdo  (praef.  praet.  Africae,  lUyrici,  Italiae  J.  376;  praef.  Galliarum  J. 
378),  et  prior  indeptus  fasces  latiamque  curulem  Cousul  (J.  379),  collega 
(Q.  Clodius  Hermogenianus  Olybrius)  posteriore,  fui.  Von  diesem  seinem 
Consulat  spricht  der  eitle  Schulmann  unzählige  Male,  am  ausführlichsten 
in  der  Gratiarum  actio.  In  einem  germanischen  Feldzuge  seinen  kaiserlichen 
Zögling  begleitend  hatte  der  Wittwer  einst  als  Beuteantheil  eine  jimge 
Schwäbin,  Sulpitilla  Bissula,  erhalten;  s.  Idyll.  7  und  A.  Bacmeister,  alo- 
mann.  Wanderungen  I  (Stuttg.  1867).  S.  76 — 92  (ein  alemaun.  Idyll  aus 
dem  4.  Jahrb.).  Ueber  sein  Verhältniss  zu  Symmachus  s.  dessen  Ep.  I,  13 
—  43,  bes.  32  (Aus.  an  Symm.):  expertus  es  fidem  meae  mentis  atque  dicto> 
rum  cum  in  comitatu  degimus  ambo  aevo  dispari,  ubi  tu  veteris  militiae 
praemia  tiro  meruisti,  ego  tirociniimi  iam  veteranus  exercui.  Nach  Gra- 
tian's  Tod  (J.  383)  zog  sich  Aus.  in  seine  Heimat  zurück,  wo  er  in  höchst 
behaglichen  Verhältnissen  lebte.  B.  Dezeimeris,  note  sur  Templacement 
de  la  yiUula  d'Ausone,  Bordeaux  1869.  14  pp.  8.  Sein  Todesjahr  ist  un- 
bekannt, W\t  aber  ohne  Zweifel  in  das  letzte  Decennium  des  Jahrhunderts. 
E.  Böcking  vor  seinen  Ausgg.  der  Mosella,  zuletzt  in  den  Jahrbb.  der 
rheinl.  Alt.  Fr.  VII  (Bonn  1845).  S.  60—68.  W.  Teuffei  in  Pauly's  Real- 
Enc.  I,  2.  S.  2186  f. 

2.  Schriften  in  Prosa:  Danksagungsrede  an  Gratian,  gehalten  in  Trier, 
eine  Blumenlese  von  rhetorischen  Figuren  und  Schmeicheleien  für  den 
Kaiser,  ohne  dass  aber  der  Redner  darüber  sich  selbst  vergessen  würde. 
In  der  ed.  Bipontina  p.  284  —  302.  In  Prosa  sind  auch  die  Periochae  in 
Homeri  Iliadem  et  Odysseam,  mit  metrischer  Uebersetzung  der  Eingangs - 
verse  der  einzelnen  Bücher,  ed.  Bip.  p.  303—328.  Verloren  sind  die  apo- 
logi  Aesopi,  sowie  die  seinem  Sohne  Hesperius  gewidmeten  fasti,  fortge- 
führt bis  zum  J.  382  (sein  eigener  Name  war  quartus  ab  imo)  und  einge- 
leitet und  beschlossen  durch  Epigramme,  welche  erhalten  sind. 

.3.    Schriften  in  gebundener  Form: 

a.  Epigrammata,  146  Stücke,  mit  dreifacher  praef atio,  an  Theo- 
dosius,  Syagrius  und  Latinus,  von  verschiedenem  Umfang  imd  meist  im 
elegischen  Mass,  aber  auch  im  heroischen,  iarabischen  u.  a.  Auch  grie- 
chische sind  darunter  (29  31.  88),  sowie  griechisch- lateinische  (28.  32.  40). 
Der  Inhalt  ist  manchfaltig,  Üebersetztes  (besonders  aus  der  griechischen 


372  I^iö  Kaiserzeit.    Viertes  Jahrhundert. 

Anthologie)  und  Eigenes,  auf  Kunstwerke  (wie  Myrons  Kuh,  Timomachos' 
Medea),  Anekdoten  und  Persönliches  (wie  gegen  den  Rhetor  Rufus  45—52), 
aus  verschiedenen  Zeiten  (wie  18  f.  noch  zu  Lebzeiten  seiner  früh  ver- 
storbenen Frau),  theilweise  denselben  Gedanken  variierend  (22  f.  29  f.  40  f. 
42  f.  82  f.  84  f.  86  flf.  91  f.  123  f.  129  f.  132  f.)  und  viel  Unbedeutendes 
enthaltend.    Dazu  die  vier  Epigramme  ^  seine  Fasti. 

b.  Ephemeris,  Tageseintheilung,  in  mancherlei  Versmasaen.  Es  ist 
aber  nur  Anfang  und  Ende  erhalten. 

c.  Parentalia,  30  Gedichte,  von  verschiedenem  Umfang  und  meist 
im  elegischen  Masse,  auf  gestorbene  Verwandte,  theilweise  warm  gefohlt, 
verfasst  nach  seinem  Gonsulat  (4,  31)  und  als  er  schon  36  Jahre  Wittwer 
war  (9,  8). 

d.  Commemoratio  professorum  Burdigalensium,  soweit  Aoso- 
'nius  sie  noch  persönlich  kannte  und  in  irgend  welchem  Verhältaiiss  zn 

ihnen  stand  (8,  7  f.  12,  7),  eine  Art  Fortsetzung  und  Seitenstück  zu  den 
Parentalia  (vgl.  11,  7.  16,  1.  25,  9  u.  praef.),  gleichfalls  lauter  Gestorbene 
behandelnd,  auch  Unbedeutende  (8,  7  f.  10,  5  ff.  48  ff.'  12),  bis  19  lauter 
aus  Burdigala  Gebürtige,  von  20  an  auch  dort  nur  Ansässige;  allmählich 
entstanden  (s.  14,  1  ff.)  und  in  wechselnden  Massen  (eleg.,  iamb.,  troch. 
Tetr.,  Anapäste,  sapph.). 

e.  Huic  libello  Epitaphia  subnexi,  sc.  titulos  sepulcrales  heroum  qui 
hello  troico  interfuerunt  (Aus.),  apud  philologum  quendam  gefunden  und 
von  Aus.  ins  Lateinische  übersetzt.  Mit  dem  Peplos  des  Ps.  Aristoteles 
stimmen  sie  zum  kleinsten  Theile  überein. . 

f.  Aliquot  aliorum  epitaphia,  auf  Niobe,  Dido,  Diogenes  Sinop.,  aber 
auch  originale,  wie  auf  eine  Anicia,  auf  einen  equus  admirabilis  (inssu  Auga- 
sti)  etc. 

g.  De  XII  Caesaribus  per  8uetonium  Tranquillum  scriptis,  an  seinen 
Sohn  Hesperius  gerichtet  (versus  memoriales),  zuerst  monosüchisch ,  je  12 
Hexameter  über  deren  Aufeinanderfolge,  Regierungsdauer,  Tod;  dann  so 
dass  jedem  Kaiser  zwei  Distichen  gewidmet  sind  und  die  Reihe  bis  Heia* 
gabal  fortgeführt  wird,  mit  der  Absicht  sie  bis  auf  seine  eigene  Zeit  fort- 
zusetzen. 

h.  Ordo  nobilium  urbium,  in  14  Stücken  17  Städte  (Rom  bis  Bor- 
digala)  in  Hexametern  vorführend  und  nach  dem  Falle  des  Maximus  (J. 
388)  verfasst  (7,  5  ff.).  Auch  bei  Wernsdorf,  poetae  latt.  min.  V.  p.  1312 
—1349. 

i.  Ludus  VII  sapientum  mit  der  Ueberschrift  Ausonius  cos.  Latino 
Drepanio  Pacato  procos.  und  einer  Widmung  im  elegischen  Masse,  sonst 
in  Senaren,  eine  Art  Puppenspiel,  worin  nach  dem  Prologus  und  einem 
Ludius  die  7  Weisen  der  Reihe  nach  auf  die  Bühne  treten  und  ihr  Sprüch- 
lein hersagen,  am  redseligsten  Solon,  und  schliesslich  zum  Klatschen  auf- 
fordern. Darauf  folgt  in  den  Hdss.  noch  eine  Variation  dieser  7  Sprüche 
in  je  7  Versen  von  verschiedenem  Metrum  (abgedruckt  auch  bei  Wölfflin, 
Publil.  Syr.  p.  149—152),  welche  aber  von  Aus.  wohl  so  wenig  verfasst 
sind  als  die  angehängten  9  aus  dem  Griechischen  übersetzten  Hexameter, 
worin,  nach  einer  Einleitung  von  zwei  Versen,  jeder  Spruch  monostichisch 
ausgedrückt  ist. 

k.  Idyllia,  d.  h.  kleine  Gedichte,  20  Stücke,  meist  im  epischen  oder 


395.    AasoniuB.  873 

elegischen  Massen  theilweise  mit  Einleitungen  in  Prosa,  und  zum  Theil 
schulmeisterliche  Spielereien,  wie  über  die  Dreizahl  (XI),  de  aetatibus  ani- 
malium,  'HaioSsiov  (XVIII),  die  Memorialverse  über  die  zwölf  Arbeiten  des 
Hercules  (XIX)  und  die  neuu  Musen  und  ihre  Verrichtungen  (XX)  y  als  py- 
thagoreisch (und  übersetzt)  geben  sich  XV— XVII.  Bemerkenswerth  ist  I, 
ein  Epikedion  auf  seinen  Vater;  XIV  ein  (mit  Ausnahme  des  Schlusses) 
hübsches  Gedicht  auf  die  Rosen  (vgl.  oben  215,  5.  A.  6);  XII  Techno- 
paegnion,  Wort-  und  Verskünsteleien  mit  den  einsilbigen  Wörtern,  in 
sachlicher  Ordnung  (de  membris,  de  diis,  dbis,  das  Alphabet  u.  dgl.);  XIII 
cento  nuptialis,  aus  lauter  vergilischen  Versen  und  Verstheilen,  auf 
Veranlassung  des  Kaisers  Valentinian  I.  verfasst  und  an  diesen  sowie  Gra- 
tianus  gerichtet;  den  letzten  Absatz,  der  die  consummatio  matrimonii  ent- 
hält und  an  Massivität  nichts  zu  wünschen  übrig  lässt,  entschuldigt  der 
Verfasser  in  einem  eigenen  Vorwort  und  verbittet  sich  Schlüsse  daraus 
auf  seine  Denk-  und  Lebensweise.  Das  berühmteste  Stück  dieser  Samm- 
lung aber  ist  X  Mosella,  483  Hexameter,  verfasst  zu  Trier  gegen  Ende 
des  J.  370  (Böcking  S.  69.  97  f.).  Das  stofflich  sehr  interessante  Gedicht 
hat  auch  nicht  Mangel  au  ästhetisch  anziehenden  Partien,  wie  50—77  (Ge- 
fühl für  Naturschönheit),  230—237,  269  ff.  Die  Anlage  ist  die  conventionell 
epische,  mit  Götteranrufungen  und  zahlreichen  Excursen,  wie  über  die 
Moselfische  (77 — 151),  Fischfang  (240  ff.),  Baukünstler  und  Prachtbauten 
(298  ff.  aus  Anlass  der  Villen  am  Ufer,  283  ff.  318  ö'.),  auch  mythologischen 
(170  ff.  208  ff.).  Eine  eingehendere  Behandlung  der  berühmten  Männer 
und  Städte  des  Moselthales  verschiebt  der  Verfasser  bis  er  sich  in  die 
Heimat  zurückgezogen  habe,  382  ff.  448  ff.  Symmach.  ep.  I,  14:  volitat 
tuus  Mosella  per  manus  sinusque  multorum,  divinis  a  te  versibus  conse- 
cratus.  Abgedruckt  z.  B.  in  Wemsdorfs  poetae  latt.  min.  I.  p.  192 — 230. 
Specialausgaben  besonders  von  L.  Tross  (Hamm  1821  u.  1824)  und  E.  Böcking 
(lat  u.  deutsch,  Berlin  1828.  4.  recogn. ,  s.  1.  et  a.  c=:  Bonn  1842;  Mosel- 
gedichte des  Ausonius  und  Venantius,  lat.  u.  deutsch,  mit  krit.  und  erkl. 
Anm.,  Jahrbb.  der  rhein.  Alt.  Fr.  VU.  Bonn  1845).  Kritischer  Beitrag  zur 
Mosella,  von  C.  C.  C.  Völker,  in  der  Symb.  philol.  Bonn.  (1864).  p.  447—454. 

1.  Edogarium,  allerlei  astronomische  und  astrologische  Versificationen 
im  epischen  und  elegischen  Masse,  über  die  Namen  der  Sternbilder,  Wo- 
chentage, Monate,  römische  Festtage,  griechische  Agonen  u.  dgl. 

m.  Epistolarum  liber,  25  Stücke,  in  verschiedenen  Versmassen 
(XVII  ganz  in  Prosa,  andere  theilweise,  wie  XI,  XIX,  XXI  f.),  XIII  zwei 
griechische  Hexameter,  XII  in  scherzhafter  Mischung  griechischer  und  la- 
teinischer Wörter  und  Formen  (R.  Köhler,  Ausonius  und  die  macaronische 
Poesie,  Bhein.  Mus.  XII.  S.  434—436).  Die  Sammlung  ist  nach  den  Adres- 
saten geordnet  und  besteht  aus  lauter  wirklichen  Briefen  (beziehungsweise 
Gelegenheitsgedichten),  meist  in  scherzhaftem  Tone  und  aus  der  Zeit  nach 
dem  Consulat  (6,  1.  15,  30.  20,  5)  und  aus  des  Verfassers  letztem  Aufent- 
halt in  Burdigala  (vgl.  9,  11.  12,  31.  19  g.  E.  20,  7),  doch  I  an  seinen  Vater, 
bei  Geburt  eines  Enkels,  U  (Bruchstück)  und  III  an  seinen  Sohn  Hesperius, 
IV  u.  XVI  (J.  376—378)  aus  der  Zeit  da  er  Prinzenlehrer  war  und  aus  dem 
Felde  (4,  81.  16,  76).  An  Theon  gerichtet  sind  IV— VII,  an  Axius  Paulus 
VIII— XIV,  an  Pontius  Paulinus  XIX— XXV.  Auf  die  letzten  drei  Briefe, 
welche  besonders  lebeixdig  gehalten  sind,  in  des  Adressaten  Hände  aber 


374  I^io  Kaiserzeit.    Viertes  Jahrhundert. 

erst  nach  vollen  drei  Jahren  gelangten,  haben  wir  auch  die  Antworten, 
Paulin.  carm.  10  u.  11  der  Ausgabe  von  Migne,  sowie  in  der  Zweibrücker 
Ausg.  des  Ausonius,  p.  342—354. 

4.  *  Ausonius  ist  zum  Christenthum  übergetreten,  vielleicht  bei  seiner 
Berufung  an  den  Hof,  vielleicht  aber  auch  schon  in  der  Jugend,  denn  er 
hatte  fromme  Tanten.  Er  bringt  in  seinen  Gedichten  dem  Christenthum 
mehrfach  seine  Huldigung  dar;  so  in  der  Ephemeris  durch  ein  wortreiches 
Gebet  an  Christus,  im  Eingang  der  Id.  durch  ein  Ostergebet,  und  ßonst 
durch  manche  christliche  Wendung.  Tief  geht  freilich  dieser  christliche 
Anstrich  nicht.  Viel  besser  als  in  der  Bibel  ist  der  Dichter  in  seinem  Te- 
renz,  Vergil  und  Horaz  zu  Hause;  wo  er  einen  christlichen  Ton  anstimmt 
ist  es  vielfach  Accommodation,  wie  in  der  Rede  vor  dem  frommen  Gratiaa 
(p.  284.  300.  301),  in  dem  Briefe  an  den  orthodoxen  PauUnus  (Ep.  24,  113  f.); 
noch  häufiger  macht  sich  die  gutheidnische  Grundlage  seiner  Denkweise 
unwillkürlich  geltend.  So  Prof.  Burd.  26,  12  ff. :  dum  remeat  illud,  iudicis 
dono  dei,  commune  cum  dis  saeculum,  oder  wenn  er  Id.  I,  24  ff.  mit  der 
Trinität  (vgl.  Eph.  2,  15  ff.  Id.  11,  88)  die  Theilung  des  Throns  unter  drei 
Regeuten  (Yalentinian  I  und  seine  Söhne  Gratianus  und  Valentinian  ü* 
J.  375— 383)  parallelisiert,  oder  den  Kaiser  öfters  Gott  nennt  (praef.  epigr. 
ad  Theodos.  15:  non  tutum  renuisse  deo;  vgl.  grat.  act.  p.  285.  288.  30<) 
extr.  Bip.),  oder  von  der  Nemesis  (Ep.  24,  51  ff.)  und  der  invidia  fati  (Prof. 
Burd.  13,  10)  spricht.  Auch  das  christliche  Dogma  von  der  Unsterblichkeit 
des  Individuums  steht  ihm  keineswegs  fest,  s.  Par.  15,  9  f.  22,  15.  Prof. 
Burd.  1,  39  ff.  22,  22.  23,  13.  26,  7.  Aber  nichts  ist  begreiflicher  als  sol- 
ches Schwanken  in  einer  Zeit  des  Ueberganges.  Vgl.  Böcking,  Jahrbb.  d. 
rheinl.  Alt.  Fr.  VII.  S.  66-68. 

5.  Symmach.  ep.  I,  21  rühmt  an  A.  morum  gravitas  et  discipUnamm 
vetustas;  vgl.  ib.  30:  es  ingenio  placabili  inter  reliqua  virtutum.  Idyll.  11, 
43  schildert  Aus.  sich  selbst  als  tranquiUus,  Clemens,  oculis,  voce,  ore  se- 
renus.  Was  er  ib.  FV  praef.  von  einer  einzelnen  Arbeit  meint,  sie  sei  fii- 
catius  concinnata  quam  verius  et  plus  coloris  quam  suci  habens  (und  ve- 
nustula  magis  quam  forticula),  gilt  so  ziemlich  von  allen.  Von  einer  tüch- 
tigen Grundlage  seines  Wesens  zeugt  aber  die  Pietät  Womit  er  von  seinen 
Angehörigen,  besonders  seinem  Vater,  spricht  (wiewohl  auch  hier  viel 
Eitelkeit  mit  im  Spiel  ist)  imd  die  Anhänglichkeit  seiner  Schüler  an  ihn. 
Sein  GedächtnisB  ist  unerschöpflich  und  liefert  ihm  Thatsachen,  Notizen, 
Reminiscenzen  in  Fülle,  oft  wo  sie  nicht  am  Platze  sind  und  auch  an  der 
Stelle  von  Gedanken.  Häufig  erwähnt  er  in  wie  kurzer  Zeit  er  ein  Gedicht 
hingeworfen  habe.  Dafür  fehlt  es  denn  auch  oft  an  Feile.  Er  büdet  die 
verschiedenen  metrischen  Formen  mit  Gewandtheit  nach,  aber  doch  ohne 
feineres  Verständniss  für  die  Besonderheit  und  den  geistigen  Charakter 
der  einzelneu.  Seine  daktylischen  Verse  baut  er  zwar  in  Bezug  auf  die 
Cäsur  correct  und  befolgt  in  den  sapphischen  die  strengen  Regeln  des 
Horaz ;  aber  in  den  iambischen  erlaubt  er  sich  den  Spondeua  auch  an  deo 
geraden  Stellen,  und  in  Kürzung  langer  wie  Verlängerung  kurzer  Silben 
manche  Willkürlichkeiten.  Th.  Rähse,  de  re  metr.  Ausonii,  Berlin  186& 
39  pp.  Vgl.  im  Allgemeinen  P.  Bayle,  dictionnaire  b.  v.  C.  Q.  Hejue, 
censura  ingenii  et  morum  Ausonii,  in  sn.  Opusc.  acad.  VI.  p.  22—34.  J.  C. 


395  f.    Ausonius.    Damasns.  875 

Demogeot,   Stades  historiques  et  litteradres  sur  Auboqo,   Bordeaux  1838. 
P.  G.  Deydou,  un  poete  bordelais:    Ausone,  Bordeaux  1868.    22  pp.- 

6.  Die  Handschriften  enthalten  selten  die  Arbeiten  des  Ans.  voll- 
ständig.  Die  ältesten  sind  der  Vossianus  111  saec.  IX  und  der  Sangallensis 
899  mit  der  Jahreszahl  867,  welche  aber  vielmehr  dessen  Urschrift  zu 
gelten  scheint.  Wirre  Aufzählung  bei  Eähse  p.  4  f.  Die  Ausgaben  s. 
bei  Böcking,  Jahrbb.  d.  rheinl.  Alt.  Fr.  VlI.  S.  3—11.  Wir  erwähnen  die 
editio  princeps  (V^enedig  1472.  fol.),  die  Ascensiana  (Paris.  1511.4),  Aldina 
(1517.  8),  die  von  Pulmann  (Antwerpen  1568.  16),  Jos.  Scaliger  (nebst  sei- 
nen lectiones  Ausonianae,  Lugd.  1575.  Heidelberg  1588  und  sonst),  El.  Vi- 
netus  (Bordeaux  1580.  1590.  4.),  J.  Tollius  (Amsterdam  1669.  12.),  J.  B. 
Souchay  (Paris  1730.  4.),  ed.  Bipontina  (1785),  W.  E.  Webers  Corp.  poet. 
lat.  p.  1206—1267  (ohne  die  Dankrede). 

396,  Das  Bedürfniss  des  Ciiltus  veranlasste  die  Abfassung 
christlicher  Lieder.  Zu  den  ältesten  die  wir  besitzen  gehören 
die  des  Damasus  (J.  305 — 384),  welche  schon  stark  sich  dem 
Reime  zuneigen.  Neben  den  lyrischen  haben  wir  von  ihm  auch 
episch  gehaltene,  sowie  Grabschriften;  von  seinen  prosaischen 
Schriften  nur  Briefe.  Dogmatische  Schriften  sind  erhalten  von 
Pacianus,  Optatus,  Philastrius.  Als  christliche  Schriftsteller  der 
Zeit  sind  uns  bekannt  Aquilius  Severus,  Latronianus  u.  A. 

1.  Hieron.  de  vir.  ilL  103:  Daniasus,  romanae  urbis  episcopus  (seit 
366),  elegans  in  versibus  componendis  ingeniam  habuit  multaque  et  brevia 
metro  edidit  et  prope  octogenarius  sub  Theodosio  principe  (J.  384)  mor- 
tuus  est.  Vgl.  chron.  ad  a.  2382  =  368  (statt  366).  Said.  v.  Jufiaaog, 
Hieron.  epist.  22,  22:  legas  .  .  de  virginitate  libellos  . .  papae  Damasi  .  . 
versu  prosaque  composita  (volumina).  48,  18.  Ammian.  XXVII,  3,  12  f 
u.  sonst. 

2.  Verse  des  Damasas  sind  thcils  handschriftlich  theils  als  Grab- 
schriften (in  Rom)  überliefert.  Letztere  bes.  bei  de  Rossi,  Inscriptt.  Christ. 
I,  329  (p.  146).  II.  Von  des  Dam.  cultor  atque  amator,  Furias  Dionysius 
Philocalus  (oben  64,  9),  sind  sie  mit  besonderer  kalligraphischer  Zierlich- 
keit geschrieben;  de  Rossi  I.  p.  LVI.  Die  meisten  Verse  des  Dam.  sind 
in  Hexametern,  einige  im  elegischen  Mass;  c.  8  in  iambischen  Dimetern, 
c.  30*  in  katalektischen  daktylischen  Tetrametern.  Letztere  beide  haben 
den  Reim,  c.  8  freier  (bemerkenswerth  v.  3  f.  der  Reim  praedicat  .  .  glo- 
ria;  11  f.  praeparat  .  .  gaudia),  c.  30  regelmässiger.  Bei  den  Versen  im 
epischen  Masse  ist  die  prosodische  Willkür  besonders  im  Anfang  (z.  6. 
sordibus  depositis,  impium  maledicum,  prophetam  Christi)  und  Ende  der 
Reihe  (preces,  frätremque,  Irenen)  häufig.  3,  1:  haec  verbä  cecinit;  4,  1: 
trinä  coniunctio  mundi;  6,  1  der  Hexameter:  spes,  vita,  salus,  ratio,  sa- 
pientia,  lumen;  ebenso  Verschleifung  des  langen  Vocals  und  Hiatus.  Die 
Gegenstände  sind  Apostel,  Märtyrer,  Päpste,  verstorbene  Christen  (z.  ß. 
Mutter  und  Schwester  des  D.);  c.  2  ein  Glückwunsch  an  den  Kaiser  zu 
Ostern.    In  37  Gedichten  nennt  D.  27mal  seinen  Namen. 


r  

876  I^ie  Kadserzeit.    Viertes  Jahrhundert. 

3.  Damasi  papae  opera  quae  extant  .  .  cum  notis  Martii  Milesii  Sar- 
razanii  ed.  F.  Ubaldin,  Rom.  1638.  4.  Paris.  1672.  Damasi  carmina  sacra 
.  .  illustr.  ab  A.  Rivino ,  Lips.  1652.  Aucta  et  illustr.  ab  A.  M.  Merenda, 
Rom.  1754.  fol.  In  Gallandi  bibl.  patr.  VI.  Maittaire,  opera  veterum  poett 
latt.  (2  Voll.  London  1713  foL),  Migne*s  Patrolog.  XIII.  p.  347  —  375  (Epi- 
stolae).  375—417;  opera  apocrypha  p.  423—441. 

Ueber  Damasus  s.  z.  B.  die  prolegomena  Ton  Merenda  (bei  Migne 
XIIL  p.  109—347  vgl.  p.  417—423).  R.  Ceillier,  bist,  g^n^r.  VI.  p.  454-477. 
Hölscher,  de  Damasi  et  Hilarii  qui  feruntur«  hymnis  sacris,  Münster  1858. 
4.    A.  Couret,  de  Damasi  . .  carminibus,  Grenoble  1870.  79  pp. 

4.  Hieron.  vir.  ill.  106:  Pacianus,  in  Pyrenaei  iugis  Barcilonae  epi- 
scopus  castitate  et  eloquentia  et  tam  vita  quam  sermone  clarus,  scripsit 
varia  opuscola,  de  quibus  est  Cervus  (?)  et  Contra  Novatianos.  sub  Theo- 
dosio  principe  (J.  391)  iam  ultima  senectute  mortuus  est.  Vater  des  Fla- 
vius  Dexter.  Die  Schrift  Contra  Nov.,  eine  Busspredigt  u.  a.  ist  erhalten; 
s.  Paciani  opera  studio  Jo.  Tilii,  Paris  1538,  in  der  Bibl.  patr.  max.  IV. 
p.  305,  in  Gallandi  bibl.  patr.  VII.  p»257  ff.,  und  in  Migne's  Patrolog.  XIH 
üeber  P.  vgl.  R.  Ceillier  VI.  p.  713—739. 

5.  Hieron.  vir.  ill.  110:  Optatus  Afer,  episcopus  Milevitanus,  ex 
parte  catholica,  scripsit  Valentiniano  et  Valente  principibus  adversum  Do- 
natianae  partis  calumniam  libros  VI  (Var.:  VU).  Ausgaben  davon:  1549 
fol.  Ed.  Fr.  Balduinus,  Paris.  1563  u.  sonst.  Opera  et  studio  L.  EUies  da 
Pin,  Paris.  1700  fol.  u.  sonst.  In  Gallandi  bibl.  patr.  V.  p.  461  ff.  Cor. 
F.  Oberthür,  Würzburg  1790.    In  Migne's  Patrolog.  XI. 

6.  Augustin.  de  haeres.  praef.:  Philastrius  quidam  Brixiensis  epi- 
scopus, quem  cum  sancto  Ambrosio  Mediolani  etiam  ipse  vidi,  scripsit  hinc 
librum  nee  illas  haereses  praetermittens  quae  in  populo  iudaeo  fuerunt  ante 
adventum  domini  easque  XXVIIl  commemoravit  et  post  dorn.  adv.  CXXVUI. 
scripsit  hinc  etiam  graece  episcopus  Cyprius  Epiphanius,  aus  Philastrius 
schöpfend.  Philastri  de  haeresibus  liber  in  Migne's  Patrol.  XII  und  bes. 
in  Fr.  Oehler's  Corpus  haeresiologicum  I  (Berlin  1856)  p.  1—185.  Vgl.  R. 
Ceillier,  bist.  g^n.  VI.  p.  739—751.  Der  Nachfolger  des  Ph.  war  Gauden- 
tius,  in  der  Zeit  des  Ambrosius. 

7.  Hieron.  vir.  ill.  111:  Aquilius  Severus  in  Hispania,  de  genere 
illius  Severi  ad  quem  Lactantii  duo  epistolarum  (in)scribuntar  libri  (oben 
374,  2),  composuit  volumen  quasi  oäotnogiTiov  totius  suae  vitae  statiun 
continens  tam  prosa  quam  versibus,  quod  vocavit  KatixaTffoq>riv  aive  Ilit- 
gavj  et  sub  Valentiniano  principe  obiit. 

8.  Hieron.  vir.  ill.  122:  Latronianus,  provindae  Hispaniae,  valde  eru- 
ditus  et  in  metrico  opere  veteribus  comparandus,  caesus  est  Treveris  com 
Priscilliano  (J.  385;  vgl.  Sulpic.  Sev.  chron.  II,  51,  3).  .  .  extant  eins  ingenü 
opera  diversis  metris  edita.    Vgl.  oben  391,  4. 

9.  Hierou.  vir.  ill.  123:  Tiberianus  Baeticus  scripsit  pro  suspicione 
qua  cum  Priscilliano  accusabatur  haereseos  apologeticum  tumenti  compo- 
sitoque  sermone. 


396  f.    Damasus,  PhilastriuB  n.  A.    Dictys.  877 

397.  Ungefähr  aus  dieser  Zeit  stammen  zwei  lateinische 
Uebersetzungen  des  Diktys  und  des  Josephus.  Die  lateinische 
Bearbeitung  der  fabelhaften  Geschichte  des  trojanischen  Krieges 
von  dem  angeblichen  Kjreter  Diktys  trägt  den  Namen  eines 
Septimius  und  hat  eine  künstiiche,  überallher  zusammengetragene 
Sprache,  voll  Archaismen,  poetischen  Wendungen  und  späten 
Bildungen.  Von  alten  Mustern  ist  vorzugsweise  Sallust  befolgt. 
Bedeutend  jünger  ist  wohl  die  Uebersetzung  einer  m^eren  Dar- 
stellung desselben  Gegenstandes  durch  den  angeblichen  Phrygier 
Dar  es.  Beide  lieferten  dem  Mittalter  den  StoflF  zu  seinen  tro- 
janischen Rittergeschichten.  Die  Uebersetzung  von  Josephus' 
Geschichte  des  jüdischen  Bjieges,  welcher  lange  Zeit  irrthümlich 
der  Name  Hegesippus  beigelegt  wurde,  ist  aus  der  Zeit  des 
Ambrosius,  wo  nicht  von  diesem  selbst  verfasst.  Das  Original 
wird  darin  theils  verkürzt  theils  rhetorisch  erweitert;  auch  macht 
sich  der  christliche  Standpunkt  des  Bearbeiters  lebhaft  geltend. 

1.  Suidaa  e.  v.  JUtvg  (I.  p.  1369  f.  Bnh.):  JUzvg  tatoQi'Kog.  ^yQUxfjBv 
'Etpi^fisgida.  iüri  dl  ta  (isd"*  "^O^riqov  naxotXoydSriv  iv  ßißXioig  -0"',  'itaXiticCy 
TQoaX'nov  dia'Hoafiov,  ovxog  ^ygatps  ra  nsgl  dgnay^g'ElivTjg  xal  tcsqI  Ms- 
vbXccov  xal  näarjg  iXiaiiijg  vnod'iasmg,  Eudokia  (p.  128)  erwähnt  auch  den 
Uebersetzer  {ZsTcxrjiLtvog).  Das  griechische  Original  hat  Malala  in  ver- 
kürzter Gestalt  seiner  Chronographie  einverleibt.  Direct  oder  iudirect 
aus  dem  Originale  stammt  auch  was  Suidas  1.  1.  über  die  Einkleidung  des 
Buchs  berichtet:  ott  inl  KXavdlov  tijg  Kgr^tT^g  vnb  osiaiiov  TiatBVBx^^^ovs 
xal  TCoXXmv  tdqxov  civBiox^ivtcav  sigid-q  iv  ivl  xovxmv  x6  üvvtayfia  x'qg 
taxogCag  dl%xvogj  xov  T^ooVxoy  iiBgiB%ov  noXBfiov,  onBg  Xaßcav  KXavdiog 
i^e^ooxc  ygdq)Bad'ai,  Diess  stimmt  zu  dem  prologus  der  lateinischen  Fas- 
sung :  Dictys  .  .  f uit  socius  Idomenei  . .  et  Merionis,  . .  a  quibus  ordinatus 
est  ut  annales  belli  troiani  conscriberet.  igitur  de  toto  hello  X  (Dederich 
emendiert:  IX)  volumina  in  tilias  digessit  phoeniceis  litteris.  quae  . .  prae- 
cepit  moriens  ut  secum  sepelirentur.  .  .  verum  . .  tertio  decimo  anno  Ne- 
ronis  imperii  (J.  66  =:  819  d.  St.)  in  Gnoso  civitate  terrae  motus  facti  etc. 
pastores  . .  ad  suum  dominum  Eupraxidem  .  .  pertulerunt.  qui  .  .  htteras 
Butilio  Rufo,  illius  insulae  (Kreta)  tunc  consulari ,  obtulit.  ille  . .  ad  Ne  - 
ronem  oblata  sibi  transmisit.  . .  Nero  .  .  iussit  in  graecum  sermonem  ista 
transferri.  . .  quorum  seriem  qui  sequitur  textus  ostendit.  Das  Werk  ge- 
hört daher  zu  der  Wunder-  und  Schwindelliteratur  wie  sie  im  Zeitalter 
des  LuManos  und  Apulejus  besondere  üppig  aufschoss,  aus  welchem  daher 
das  griechische  Original  stammen  wird.  Dass  der  Redende  selbst  Augen- 
zeuge des  Erzählten  gewesen  sei  prägt  er  wiederholt  ein  (I,  13.  V,  17. 
VI,  10). 

2.  Zu  dem  Vorwort  des  griechischen  Originals  fügt  der  Uebersetzer 
noch  ein  eigenes,  worin  die  meisten  Angaben  von  jenem  wiederholt  wer- 
den, so  dass  dasselbe  wohl  bestimmt  war  au  die  Stelle  desselben  zu  treten. 
Es  war  aber  durch  seine  Stellung  der  Gefahr  des  Untergangs  leichter  aus- 


g78  ^^^  Kaiserzeit.    Viertes  Jahrhundert. 

gesetzt  und  fehlt  in  vielen  Hdss.  Hauptinhalt:  L.  (Yar.:  Q.)  Septimius  Q. 
Aradio  s.  d.  Ephemerida  belli  troiani  Dictys  Cretensid  , .  conscripsit  litteris 
punicis  etc.  nobis  cum  in  manus  forte  libelli  venissent  ayidos  verae  histo- 
riae  cupido  incessit  ea  uti  erant  latine  disserere,  non  magis  confisi  ingenio 
quam  ut  otiosi  animi  desidiam  discuteremus.  itaque  priorum  quinque  vo- 
luminum  . .  eundem  numerum  servavimus ;  residua  quattuor  de  reditu  Grae- 
corum  in  unum  redegimus  atque  ad  te  misimus.  tu,  Bufine  mi,  ut  par  est, 
fave  coeptis.  Der  Adressat  heisst  also  Q.  Aradius  Rufinus.  Ein  Aradios 
Rufiuus  wurde  J.  304  und  dann  wieder  zweimal  im  J.  312  n.  Chr.  praef. 
nrbis  (Chronograph  von  354,  S.  628  Mo.)  und  ist  wohl  auch  der  Cos.  Ro- 
finuB  des  J.  316;  ein  anderer  (dessen  Sohn  oder  Enkel?)  bei  Ammian.  XXIU, 
1,  4:  Bufinum  Aradium  comitem  orientis  in  locum  avunculi  sui  luliani  re- 
cens  defuncti  provexit  (Julianus,  J.  363).  Vgl.  Cod.  I^heod.  X,  19,  2.  Wohl 
dem  Ersteren  gilt  das  Epigramm  des  Vaters  von  Symmachus  (Symm.  Ep. 
I,  2)  worin  Ar.  Buf.  z.  B.  unus  amor  cunctis  et  praesidium  trepidorum 
heisat.  Einer  von  beiden  ist  wohl  auch  der  Adressat  des  Septimius,  wel- 
chen Letzteren  man  wohl  eher  imter  den  Schulmännern  der  Zeit  zu  suchen 
hat  als  (mit  Perizonius)  unter  den  hohen  Staatsbeamten. 

3.  Für  das  Zeitalter  des  Septimius  lässt  die  Person  des  Adressaten 
(s.  A.  2)  die  Wahl  nur  zwischen  dem  Anfang  des  vierten  Jahrhunderts  und 
dessen  zweiter  Hälfte.  Dazu  stimmt  auch  seine  Sprache,  welche,  nach  den 
Nachweisungen  von  Dederich  p.  XXXVIII— LVI  and  in  seinem  Glossariam 
Sept.  p.  241  ff.  (vgl.  Perizonius  ib.  p.  LXXXVI  f.),  zwar  mit  Apolejus  manche 
Berührungspunkte  hat  (p.  XLVIII— LIV),  aber  ebenso  viele  mit  dem  ver- 
meintlichen Hegesippus,  mit  Ammianus,  Sulpicius  Severus,  Orosius  u.  a. 
Wir  entscheiden  uns  daher  für  die  Zeit  des  Theodosius  I.  Die  Verglei- 
chung  mit  Malala  zeigt  übrigens  mit  welcher  Freiheit  der  lateinische  Ueber- 
setzer  verfahren  ist.  Die  eingestreuten  Beden  (bes.  II,  21  ff".  V,  2)  sind 
besonders  deutlich  den  sallustischen  nachgebildet.  Ausser  Sallust  ist  aber 
auch  Cornelius  Nepos,  Livius  u.  a.  ausgebeutet. 

4.  Die  lateinische  Uebersetzung  des  Septimius  wurde  im  Mittelalter 
viel  benützt  und  daher  auch  häufig  abgeschrieben.  Die  älteste  und  ba»te 
Handschrift  ist  der  Sangallensis  205  saiec.  IX.  Ausgaben  meist  zusam- 
men mit  Dares.  Colon.  1470  oder  1475.  Mediol.  1477  fol  £d.  Cratander, 
Basil.  1529.  Spätere  von  Jos.  Mercerius  (Paris  1618.  Amstel.  1631),  Anna 
Tan.  Fabri  filia  (Paris  1680.  Amstel.  1702.  4.),  U.  Obrecht  (cur.  S.  Artopoei, 
Argentor.  1691),  L.  Smids  (Amstelod.  1702.  4.),  und  bes.  A.  Dederich  (Bonn 
1832;  wohlfeilere  Ausg.  Bonn  1837;  CXVUI  u.  544  pp.),  wo  auch  (p.  LVII 
—  CXVII)  lac.  Perizonii  dissertatio  de  D.  Cr.  etc.  Vgl.  G.  P.  Hildebrand 
in  Jahns  Jhbb.  XXUI.  S.  278  ff. 

5.  Aelteste  deutsche  Uebersetzung  mit  dem  Titel:  Warhafftige  Hi- 
stori  vnd  beschreybimg  v.  d.  Troianischen  krieg  vnd  Zerstörung  der  Stadt 
Troie,  durch  die  hochgeachteten  Geschichtschreiber  Dictyn  Creteusem  vod 
Darem  Phrygium,  Erstlich  in  Griech.  sprach  beschriben,  darnach  Latein, 
vnd  yetzund  newlich  durch  Marcuhi  Tatium  a.  d.  Latein  ins  Teütsch  ver- 
wandelt, vormals  nie  gesehen,  mit  durchaus  schönen  Figuren  gezierei 
Augsp.  1536.  fol. 

6.  Ptol.  Hephäst.  I   (bei  Phot.  cod.   190):    'Avzinaxqo^  di  tpi^^if  o 


397.    Uebersetzungen  des  Dictys  und  Dares.  879 

'Anäv^iog  ddgrjTa,  ngo  'OfijJQOv  yQUiffavta  rrjv  'iXidSa^  fivi^fiova  ysvsa^ai 
ExTOQog  vnhg  tov  firi  dveXsCv  IIcctqo-kXov.  Der  Name  Dares  ist  entnom- 
men aas  Ilias  V,  9  ff.  Er  wurde  von  einem  griechischen  Schriftsteller  zum 
Träger  einer  Erzählung  des  trojanischen  Krieges  vom  Standpunkte  der 
Trojaner  gemacht;  in  welcher  Zeit,  ist  unbekannt;  doch  kennt  Aeiian 
(ums  J.  170  n.  Chr.)  die  Schrift  bereits;  s.  Var.  bist.  XI,  2:  xal  tov  ^Qvya 
ds  dccQTjxaj  ov  ^Qvyiuv  'lliddu  ^tt  xal  vvv  dnocco^ofiivriv  oMa,  ngo^Ofii]' 
Qov  xai  Tovtov  ysviad-ai  Xiyovai.  Der  griechische  Dares  war  somit  älter 
als  der  griechische  Diktys. 

7.  Der  lateinische  Bearbeiter  nimmt  die  Maske  ^es  Cornelius  Nepos 
vor,  welchen  er  —  bezeichnend  für  seine  Geschichtskenntniss  —  seine  Ueber- 
setzung  dem  Sallustius  Crispus  widmen  lässt.  Er  sagt;  Cum  multa  Athe- 
nia  studiosissime  agerem  inveni  historiam  Daretis  Phrygii,  ipsius  manu 
scriptam,  ut  titulus  indicat,  quae  de  Graecis  et  Troianis  memoriam  man- 
dat.  quam  ego  summo  amore  complexus  continuo  transtuli.  cui  nihil  adi- 
ciendum  vel  deminuendum  rei  formandae  causa  putavi,  alioquin  mea  pos- 
set  videri.  Optimum  ergo  duxi  ut  ita  ut  fuit  vere  et  simpliciter  perscripta 
sie  eam  in  latinitatem  ad  verbum  transVerterem ,  ut  legentes  coguoscero 
possent  .  .  utrum  magis  vera  esse  existiment  quae  Dares  Phrygius  memo- 
riae  commendavit  . .  anne  Homero  credendum.  .  .  de  qua  re  Atheuis  iu- 
giter  fuit  mentio,  cum  pro  insano  Homerus  haberetur  quod  deos  cum  ho- 
minibus  belligerasse  descripserit.  Die  Behauptung  treuer  Wiedergabe  des 
Originals  kann  aber  nicht  richtig  sein;  wenigstens  die  uns  erhaltene  Fas- 
sung muss  eine  Abkürzung  sein,  da  gleich  der  Kath  welchen  im  Original 
Dares  dem  Hektor  gab  (s.  A.  6)  in  der  lateinischen  Bearbeitung  nicht  vor- 
kommt. Vgl.  auch  c.  12:  Dares  Phrygius,  qui  hanc  historiam  conscripsit, 
ait  se  militasse  usque  dum  Troia  capta  est.  hos  se  vidisse  etc.  c.  44: 
hactenus  Dares  Phr.  graecis  litteris  mandavit.    .  .  hucusque  historia  Daretis. 

8.  Schilderung  der  troischen  und  griechischen  Helden  c.  12  f.,  z.  B. 
Helenam  .  .  cruribus  optimis,  notam  inter  duo  supercilia  habentem.  Das 
Ganze  besteht  aus  lauter  -ganz  kurzen  einförmigen  Sätzchen.  Die  Haltung 
ist  die  einer  Epitome.  Die  Sprache  ist  einfach  und  arm,  doch  ohne  erheb- 
liche Fehler.  Ein  selbständiger  Charakter  tritt  nicht  hervor.  Aus  saec.  IX 
haben  vtrir  bereits  Handschriften,  die  St.  G  aller  (A.  4);  nächstdem  die  Bam- 
berger saec.  X  u.  Yiudobon.  saec.  XII.  Isidor  scheint  nur  von  dem  grie- 
chischen Original  zu  wissen,  Orig.  I,  41 :  historiam  primus  apud  nos  Moyses 
.  .  conscripsit;  apud  gentiles  vero  primus  Dares  Phr.  de  Graecis  et  Troia- 
nis historiam  edidit,  quam  in  foliis  palmarum  ab  eo  conscriptam  esse  fe- 
runt.  post  Daretem  autem  ip  Graecia  Herodotus  primus  historiographus 
habitus  est.  Erste  Erwähnung  der  lateinischen  Bearbeitung  bei  Heinrich 
von  Braunschweig  (saec.  XIV).  Benützt  hat  sie  aber  schon  Joseph  von 
Exeter  (Iscanus)  und  Konrad  von  Würzburg.  Cholevius,  Gesch.  d.  deut- 
schen Poesie  nach  ihren  antiken  Elementen  (1854)  I.  S.  HO  ff.  Auch  eine 
Historia  Daretis  Frigii  de  origine  Francorum  (welche  von  den  Trojanern 
abstammen  wollten)  ist  handschriftlich  vorhanden,  aber  noch  nicht  ver- 
öffentlicht. Damach  ist  vielleicht  auch  die  Historia  excidii  Troiae  eine 
fränkische  Arbeit. 

9.  Ausgaben  meist  mit  Diktys  -  Septimius ;  s.  A.  4.  Zuletzt  von  A. 
Dederich,  Bonn  1835  und  seiner  Ausg.  des  Dictys  (1837)  angehängt. 


ggO  Die  Eaiserzeit.    Yieitos  Jahrhundert. 

J.  G.  Eccios,  de  Darete  Phrygio,  Lips.  1768.  J.  Schmid,  Beiträge  cor 
Kritik  des  D.  Phr.,  Zeitßchr.  f.  Österreich.  Gymn.  XX.  1869.  S.  819—830. 

10.  Ueberschrifl  im  Cassellanus:  losephi  über  I  etc.  Daraus  loseppaa^ 
losippus,  Aegesippus,  Egesippus,  Hegeeippus.  Das  griechische  Original  i^t 
theils  gekürzt  (B.  V  =  Joseph.  V— VII),  theils  durch  Zusätze  aus  andern 
Quellen  (bes.  römischen)  und  rhetorische  Zuthaten  erweitert  und  ins  Chnst- 
liehe  umgefärbt  (z.  B.  II,  12.  III,  2.  lY,  5).  Constantinopel  ist  Residenz 
(III,  5);  auf  Abfassung  gegen  Ende  von  saec.  IV  deutet  V,  15,  24  ff.  Diess 
ist  die  Zeit  des  Ambrosius,  und  diesem  schreiben  Mediol.  und  andere  HdBs. 
die  Uebersetzung  zu.  Auch  die  rhetorische  Bildung  des  Verf.  und  seine 
Bekanntschaft  z.  B.  mit  Sallust,  sowie  manche  einzelne  Spracheigenthüm- 
lichkeiten  würden  stimmen.  Benützung  der  Bibelübersetzung  des  Hiero- 
nymus  ist  nicht  erweislich,  wohl  aber  Benützimg  dieser  Uebersetzung  des 
Josephus  durch  Isidor.    J.  Caesar  an  Webers  Ausg.  p.  390—399. 

11.  lieber  die  Handschriften  der  Josephus -Uebersetzung,  unter  wel- 
chen die  Mailänder  (saec.  VII)  imd  die  Kasseler  (saec.  VIII— IX)  die  älte- 
sten sind,  s.  Caesar  p.  399 — 403.   * 

12.  Editio  princeps  Paris  1510.  Darauf  1511.  1624.  Colon.  1525.  1530. 
1544.  Ed.  Cornelius  Gualtherus  Gandavensis,  Colon.  1559.  1575.  In  der 
Bibl.  patr.  maxima  (1677)  V.  p.  1123—1209;  in  Gallandi  bibl.  patr.  (Ven. 
1788)  VII.  p.  653—771,  und  Migne's  Patrol.  curs.  XV  (1845).  p.  1962—2206. 
Kritische  Ausgabe  von  C.  F.  Weber:  Hegesippus  qui  didtur  s.  Eges.  de 
hello  iudaico,  ope  cod.  CasseU.  recognitus;  opusmorte  Weberi  interruptom 
absolvit  C.  I.  Caesar,  Marburg  1864.  404  pp.  4.  (zuerst  in  8  Marburger 
Universitätsprogrammen,  1857—1864). 

13.  Sonstige  Uebersetzungen  aus  dieser  Zeit.  Symmach.  ep.  III,  U 
(Naucellio):  opusculi  tui  quo  prisca  cuiusque  reip.  ex  libro  graeco  in  la- 
tinum  transtuHsti. 

14.  Etwa  aus  dem  Anfang  von  saec.  V  ist  die  besonders  durch  Bob- 
bio'sche  Palimpseste  erhaltene  Uebersetzung  der  Thierheilkunde  des  Fe- 
lagonius,  welcher  den  Columella  citiert  und  etwa  in  der  Zeit  des  Con- 
stantin  geschrieben  hatte.    In  den  Hippiatrid  Paris  1530  fol.    Basil.  1537. 

4.  Pelagonii  veterinaria  ex  Riccardiano  codice  exscripta  ab  los.  Sarchiano 
nunc  primum  edita  cura  C.  Cionii,  Florent.  1826.  Dazu  Wiener  Jahrbb. 
XXVI.  (1824),  Anzeigebl.  S.  25  ff.  32  ff".  XLIV  (1828).  S.  141  ff.  Anzeigebl. 

5.  46  ff.  H.  Molini,  sopra  la  veterinaria  di  F.,  Padua  1828.  F.  Oaami, 
quaedam  de  Pelagonio  Hippiatricorum  scriptore,  Giessen  1843.  4. 

15.  Für  die  Kenntniss  der  lateinischen  Volkssprache  sehr  wichtig  ist 
eine  vor  Hieronymus  verfasste  Bibelübersetzung  (Itala) ,  die  für  Leviticia 
imd  Numeri  e  codice  perantiquo  Ashburnhamiense  herausgegeben  wurde 
London  1868.  Bibliorum  sacr.  latinae  versiones  antiquae,  seu  vetus  italica 
etc.  opera  et  studio  P.  Sabatier,  Paris.  1751.  3  Voll.  fol.  Latinae  vet 
test.  vefsionis  antehieronymianae  fragmenta  e  cod.  Fuldensi  eruta  ed.  E 
Ranke,  Marburg  1856. 

16.  Die  Uebersetzungen  des  Hieronymus  und  Rufinus  s.  unten  40S 
und  409. 


397  f.    Uebersetzung  des  Josephus  u.  A.  881 

b.    Die  Zeit  von  Theodosius  I.    J.  379  ff. 

398.  Von  den  Kaisem  in  den  beiden  letzten  Jahrzehnten 
des  vierten  Jahrh.  hatte  nur  Gratianus  (J.  359 — 383)  Sinn  für 
Literatur.  Theodosius  I  (J.  346 — 395),  wie  Trajan  überwiegend 
Kriegsmann,  theilte  seine  Thätigkeit  als  Kaiser  (379 — 395)  zwi- 
schen Kämpfe  gegen  äussere  Feinde  an  den  Ost-  und  Nord- 
Grenzen  seines  Reiches  sowie  gegen  Usurpatoren  (Maximus  und 
Eugenius)  und  Bemühungen  zur  Ausbreitung  der  nikänischen 
Orthodoxie  auf  Kosten  des  Polytheismus  und  der  arianischen 
Lehre.  Wirklich  erlischt  allmählich  der  Polytheismus.  Zwar 
halten  einzelne  Kreise,  wie  in  Rom  -die  Familien  Symmachus 
und  Nicomachus,  mit  dem  Interesse  für  die  alte  Literatur  auch 
die  Anhänglichkeit  an  den  alten  Glauben  noch  länger  fest. 
Aber  ihre  Bestrebungen  werden  immer  vereinzelter  und  er- 
folgloser:  Symmachus  und  Ammiaaus  sind  die  letzten  nam- 
haften  Vertreter  des  Polytheismus  in  der  Literatur.  Li  demselben 
Verhältniss  wächst  die  Zahl  und  die  Bedeutung  der  christ- 
lichen Schriftsteller.  Alle  überragt  die  Gestalt  des  Ambrosius. 
An  Vielseitigkeit  des  Wissens  und  der  literarischen  Thätigkeit 
thut  keiner  es  dem  Hieronymus  gleich,  und  auch  von  der  Wirksam- 
keit des  Augustinus  fallen  die  Anfänge  schon  in  diese  Zeit.  Li 
manchfachen  metrischen  Formen  verfasst  Prudentius  Gedichte 
christlichen  Inhaltes  und  bald  nachher  wird  durch  Sulpicius  Se- 
verus  und  Orosius  die  Geschichte  aus  christlichen  Gesichtspunk- 
ten bearbeitet.  Das  Dogma  herrscht  und  bethätigt  sich  auch 
auf  dem  Gebiete  der  Geschichte  und  der  Auslegung  durch  alle- 
gorische und  symbolische  Auffassung  der  biblischen  Gestalten 
und  Vorgänge.  Sonst  hat  die  Zeit  ausser  Vegetius  nur  Rhe- 
toren  wie  Pacatus  und  Grammatiker  wie  Servius  und  Ti.  Do- 
natus  aufzuweisen. 

1.  Victor  Epit.  47,  4:  fliit  Gratianus  (s.  oben  376,  2)  litteris  haad 
mediocriter  institutus  (vgl.  395,  1):  Carmen  facere,  omate  loqui,  explicare 
controversias  rhetoram  more.  Auson.  epigr.  1,  5  (bellandi  fandique  potens 
AogustuB)  and  grat.  act.  p.  297.  Symmach.  paneg.  Grat.  7.  £p.  X,  21: 
Musis  in  palatio  loca,  lautia  tu  dedisti.  Vgl.  Cod.  Theod.  XIII,  13,  11. 
Sozom.  VII,  1:  vo^ov  ^d'sto  fisz'  dds£ag  iiidiatovg  d'Qriansvsiv  (og  ßovXov- 
Tat,  xal  ix^lriaiccis^v^  nl^v  Mavi%al(ov  xal  zoiv  xä  ^oatsivov  xal  Evvo- 
fiLOv  €pQovovvt(üv.  Symmach.  ep.  X,  61:  nil  ille  decerpsit  sacrarum  vir- 
ginum  privilegiis,  decrevit  nobilibus  sacerdotia,  romanis  caerimoniis  non 
nogavit  impensas,  .  .  cumque  alias  religiones  ipse  sequeretur  has  servavit 
imperio. 

2.  Victor  epit.  48,  9  über  Theodosius  (oben  376,  2):  simplicia  in- 

Teuffi'l,  rom.  Litcralurgeschklil«*.  i){) 


882  ^iß  Kaiserzeit.    Viertes  Jahrhandert. 

genia  aeqae  diligere,  erudita  mirari,  sed  innoxia.  Theodos.  ad  Aasonimii 
(Auson.  opp.  p.  335  Bip.):  amor  meus  qui  in  te  est  et  admiratio  ingenii 
atque  eruditionis  tuae  .  .  fecit,  parens  iucundissime ,  ut  .  .  familiärem  ser- 
monem  autographum  ad  te  transmitterem ,  postulans  pro  iure  .  .  privatae 
inter  nos  caritÄtis  ne  fraudari  me  scriptorum  tuornm  lectione  patiaria,  qaae 
olim  mihi  cognita  et  iam  per  tempus  oblita  rursum  desidero.  Auson.  epigr. 
praef.  9  f.:  scribere  me  Augustus  iubet  et  mea  carmina  poscit  paene  ro- 
gans.  Auch  Libanios  und  Themistios,  so  gut  wie  Symmachus,  blieben  von 
dem  Kaiser,  trotz  seines  orthodoxen  Eifers,  unbehelligt,  ja  geschätzt  und 
befördert.  Symmach.  ep.  V,  35;  romanae  iuventutis  magistris  subsidia 
sollenmis  alimoniae  detracta  sunt.  Pet.  Erasm.  Müller,  comm.  bist,  de  genio, 
moribus  et  luxu  aevi  Theodosiani,  2  Partes,  Kopenhagen  1797.  H.  Bichter, 
das  weströmische  Reich  (1865)  S.  407  ff.  A.  de  Broglie,  Täglise  et  Tem- 
pire  romain  au  IV«  si^cle;  III:  Valentinien  et  Theodose,  Paris  1866.  2  Voll. 
464  u.  533  pp. 


399.  Eine  hervorragende  Stelle  unter  den  Anhängern  der 
alten  Zeit  nimmt  drei  Generationen  hindurch  die  Familie  der 
Symmachus  ein,  von  welchen  der  berühmteste  der  mittlere 
ist,  Q.  Aurelius  Symmachus  (um  350 — 420),  Cos.  391  n.  Chr. 
Ehren werth  von  Charakter,,  aber  ohne  Energie  und  mit  den 
Vorurteilen  eines  römischen  Patriciers  behaftet,  hat  er  selbst 
wenig  Glauben  an  den  Bestand  seiner  Sache.  Seine  Leichtig- 
keit und  Eleganz  in  mündlicher  und  schriftlicher  Darstellung 
haben  auch  Gegner  anerkannt.  Wir  besitzen  Proben  seiner  ju- 
gendlichen Beredtsamkeit  in  drei  zum  grösseren  Theile  erhalte- 
nen Lobreden  auf  Valentinian  I  und  dessen  Sohn,  den  jungen 
Mitkaiser  Gratianus ;  sie  theilen'  die  Manier  der  übrigen  Pane- 
gyriker,  stehen  aber  den  besseren  derselben  an  Gehalt  entschieden 
nach.  Aus  seinen  reiferen  Jahren  haben  wir  grössere  Stücke 
aus  sechs  Senatsreden.  Wichtiger  sind  seine  Briefe,  welche  viel- 
leicht von  seinem  Sohne  gesammelt  und,  in  Nachahmung  der 
Sammlung  des  jüngeren  Plinius,  in  zehn  Büchern  herausgegeben 
worden  sind.  Sie  geben  mit  ihrer  glatten  Inhaltslosigkeit  ein 
Bild  von  der  Schwächlichkeit  ihres  Verfassers  und  seines  Krei- 
ses. Am  bedeutendsten  ist  die  amtliche  Correspondenz  im  zehn- 
ten Buche,  namentlich  das  Gesuch  um  Wiederherstellung  des 
Altars  der  Victoria  im  Sitzungssaale  des  Senats,  welches  den 
Bischof  Ambrosius  und  den  Prudentius  zu  Gegenschriften  ver- 
anlasste. 

1.  Der  Vater  des  Redners.  Orelli  1186:  Lucio  Aur.  Avianio  Symmacho 
V.  c.  praefecto  urbi  (J.  364  nach  dem  cod.  Theod.  z.  B.  I,  6,  2;  vgL  Symm. 
Ep.  II,  44.  Ammian.  XXVII,  3,  3:  inter  praedpua  nominandus  exempladoe- 


399.     SymmachuB.     *  883 

trinaram  et  modestiae),  consali  (um  376?  vgl.  A.  4),  pro  praefecüs  praetorio  in 
urbe  Roma  finitimisqae  provinciis,  praefecto  aunonae  urbis  Romae,  pontifici 
maiori,  Quindecemviro  s.  f.,  multis  legationibus  pro  ampl.  ord.  desideriis 
apud  divos  principes  functo  (z.  B.  bei  Constantius,  Ammian.  XXI,  12,  24), 
qui  primae  ^  senatu  Bententiam  rogari  solitus  auctoritate,  prudentia  atq. 
eloquentia  . .  magnitudinem  loci  eiuB  inpleverit,  auro  inluBtrem  statuam 
etc.  (J.  377).  J.  381  oder  382  war  er  noch  am  Leben ;  s.  Symmach.  ep.  I, 
101.  Vgl.  1,44:  egit  ille  senatui  gratias  ea  facundiae  gravitate  qua  notus 
eBt.  Brief  von  ihm  an  seinen  Sohn  ep.  I,  2,  worin:  quia  nihil  est  quod 
agam  et,  si  nihil  agam,  subit  me  maiorum  meorum  misera  recordatio,  in- 
veni  quod  illis  libellis  quos  naper  dictaveram  possimus  adicere.  Es  sind 
6  (mittelmäsBige)  Epigramme  von  je  6  Hexametern  auf  angesehene  Männer 
seiner  Zeit,  in  Nachahmung  der  Hebdomades  des  Varro  (oben  S.  234  f.). 
Briefe  seines  Sohnes  an  ihn  Ep.  I,  1.  3—12. 

2.  Orelli  1187  (aus  Rom):  Q.  Aur.  Symmacho  v.  c,  Quaest.  (Epp. 
IX,  119),  Praet.  (Epp.  VÜI,  14),  Pontifici  maiori  (vgl.  Epp.  I,  47.  49.  51. 

IX,  108.  128  f.),  correctori  Lucaniae  et  Brittiorum  (J.  365,  s.  Cod.  Theod. 
Vni,  5,  25),  comiti  ordinis  tertii,  procons.  Africae  (J.  373,  Cod.  Theod.  XH, 
1,  73;  vgl.  Renier  Inscr.  de  TAlg.  2740.  Symm.  ep.  VUI,  5.  20.  X,  1),  praef. 
urb.  (J.  384  imd  418  f.),  cos.  ordinario  (J.  391,  vgl.  Epp.  H,  62  —  64.  81. 
V,  15.  IX,  130),  oratori  disertissimo.    Vermählt  war  er  mit  Rusticiana  (ep. 

X,  54,  vgl.  Sidon.  Ap.  ep.  II,  10),  der  Tochter  von  Orfitus  (ep.  IX,  131.  X, 
54),  wohl  dem  praef.  urbi  J.  355—359,  und  hatte  von  ihr  eine  Tochter  und 
einen  (einzigen,  s.  ep.  17,  5.  V,  68.  VI,  7.  41.)  Sohn,  Q.  Fab.  Memmius 
SymmachuB  (Orelli  1187  f.),  welcher  noch  bei  Lebzeiten  des  Vaters  die 
Quästur  (z.  B.  quaestorium  parvuii  nostri  munus,  ep.  V,  22)  und  Prätur 
(praet.  urb.)  erlangte,  rhetorisch  gebildet  war  (ep.  VI,  34  vgl.  61.  VII,  9. 
VIII,  69.  IV,  20),  imd  zur  Frau  hatte  die  Enkelin  des  älteren  Nicomachus 
Flavianus  (Orelli -Henzen  5593  vom  J.  431;  vgl.  ib.  1188),  während  des 
Symm.  Tochter  vermählt  war  an  den  Oheim  seiner  Schwiegertochter,  den 
jüngeren  Nicomachus  Flavianus  (unten  402, 1  f.).  Kinder  der  Tochter:  dul- 
cissimi  nepotes,  Ep.  VI,  40;  nepticula  mea  Galla  ib.  VI,  32.  Nachkommen 
des  Sohnes  sind  wohl  die  Q.  Aurelii  Symmachi  welche  Coss.  waren  J.  446, 
485,  522  (Q.  Aur.  Anicius  Symm.).  Des  Redners  Wohnung  in  Rom  war 
auf  dem  mons  CaeHus  (Epp.  VII,  18  vgl.  19);  ausserdem  hatte  er  zahlreiche 
Besitzungen,  z.  B.  bei  Formiä,  Cora,  im  Laurens  ager,  in  der  Nähe  Roms 
(suburbanum)  wie  in  Sicilien  (IX,  51)  und  Africa  (VII,  66).  Zwei  Brüder 
starben  vor  ihm  (I,  46.  101.  III,  6.  19). 

3.  Tirodnium  des  Redners  Symm.  in  Germanien  neben  Ausonius,  s.  oben 
396,  1.  Vgl.  Epist.  I,  14.  in  Valent.  II,  6.  8.  Gallischer  Lehrer  der  Be- 
redtsamkeit,  s.  oben  369,  10.  Da  ums  J.  360  Symm.  schon  ein  hoffnungs- 
voller Knabe  war  (Liban.  epist.  923),  so  wird  er  spätestens  J.  350  geboren 
sein.  Gestorben  kann  er  nicht  vor  420  sein,  da  er  in  den  Wirren  bei  der 
Papstwahl  nach  dem  Tode  des  Zosimus  (f  26  Decbr.  418),  zwischen  Eula- 
lius  und  Bonifacius  I,  als  praef.  urb.  eine  Rolle  spielte  (Epist.  X,  71 — 83). 
Ueber  seine  Gesundheit  hat  S.  in  seinen  Briefen  fast  so  viel  zu  klagen  wie 
Fronto,  namentlich  auch  über  Podagra  und  Chiragra. 

4.  Reden  des  Symm.   sind  (aber  keine  vollständig)  erhalten  durch 

56* 


534  I^i^  Eaiserzeit.    Viertes  Jahrhundert. 

ein  Mailänder  Palimpsest  saec.  VI,  herausgg.  von  A.  Mai  (Mediol.  1815 
=»  Frankf.  1816  und  in  Niebuhrs  Ausg.  des  Fronto,  BeroL  1816),  dann 
aus  einem  cod.  Vatic.  und  Bobiens.  vermehrt  an  Mai's  iuris  dv.  anteinsi 
reliqq.  (Rom  1823),  in  der  Scriptor.  vett.  nova  coli.  T.  I,  4.  imd  an  Mai's 
Ausg.  von  Cic.  de  rep.  (Rom  1846).  H.  C.  A.  Eichstädt,  de  Symm.  oratt 
particc.  ab  A.  Maio  in  lucem  protr.,  Jena  1816.  4.  H.  Meyer,  oratt  rom, 
fragm.*  p.  627—636.  Diese  Stücke  sind  aus  folgenden  neun  Reden:  Zwei 
Lobreden  auf  Valentlnian  I,  gehalten  in  Gallien,  die  eine  frühestens  J.  S68 
(wegen  c.  9  lustrum  imperialium  annorum),  die  andere  auf  des  Kaisers 
drittes  Cousulat,  J.  370,  beide  jugendlich  bombastisch  und  mit  Geschmacks- 
fehlern  (wie  I,  1  caesam  glaciem  potare;  I,  3  Graüanus  seminarium  prin- 
cipatus  et  vena  regalis  genannt;  U,  12:  navigia  ripam  momorderunt).  3. 
Lobrede  auf  den  jungen  Augustus  Gratianus,  also  frühestens  Ende  367  ge- 
halten, vor  Gratianus,  wahrsch.  in  Trier.  4—5  Reden  im  römischen  Senat, 
lauter  kurze  Stücke  (höchstens  4  Capp.),  nämlich  4.  bei  Einführung  eines 
Consul,  über  die  Methode  der  Consulwahl  in  seiner  Zeit  (Ernennung  durdi 
den  Kaiser  auf  Vorschlag  —  postulatio  —  des  Senats) ;  5.  Danksagung  für 
die  Wahl  seines  Vaters  zum  Consul,  nach  dem  Tode  von  Valentinian  I, 
J.  376  oder  377;  6.  Empfehlung  des  jungen  Trygetius  für  die  Quästur  (vgl 
Ep.  I,  44.  5*2);  7.  Antrag  (petitio,  vgl.  Ep.  V,  43)  auf  Aufnahme  des  Sohns 
von  lulianus  Rusticus  (s.  A.  6),  Synesius,  in  den  Senat;  8.  Empfehlung  dee 
neuen  Senatsmitgliedes  Severus;  9.  Empfehlung  des  Valerius  Fortunatus 
für  die  Quästur  (hrsgg.  von  Mai  1823). 

5.  Ausserdem  werden  in  den  Briefen  des  Symm.  erwähnt  zwei  Senati- 
reden,  quarum  ima,  ad  Polybii  filium  pertinens,  ex  recenti  negotio  nsta 
est,  altera  dudum,  cum  res  in  curia  agitaretur,  a  me  parata,  nunc  opere 
largiore  aucta  processit;  huic  argumentum  est  repudiata  censura  (Nicht- 
wiedereinführung  derselben),  quam  tunc  totius  senatus  fugavit  auctorita«^ 
(Ep.  IV,  46).  Vgl.  Ep.  IV,  29.  V,  9  (una  ad  urbanös  fasces  resultaotea 
candidatum  tenuit,  alteri  argumentum  dedit  iam  pridem  decreto  senatos 
improbata  censiura).  I,  105  (libellus  quo  nuper  in  senatu  sustuli  civiom 
secunda  sufi^agia).  VII,  58.  Dazu  die  Lobrede  auf  den  Usurpator  Maxi- 
mus (Ep.  n,  31),  welche  aber  dem  Symm.  von  Theodosius  sehr  verübelt 
wurde  (post  amaros  casus  orationum  mearum,  Ep.  VIII,  69  vgl.  Cassiod. 
bist.  trip.  IX,  23.  Sokr.  h.  e.  V,  14.  Suid.  v.  Ttad-oaicoaig)  und  Begütigungs- 
schreiben  wie  laudes  Theodosii  (Ep.  II,  13)  nach  sich  zog.  Ep.  IV,  64: 
nee  tantum  epistulas  poscis,  oratiunculas  quoque  nostras  non  editas  deferri 
in  manus  tuas  praecipis.    .  .  misi  igitur  ex  recentioribus  numero  quinqae. 

6.  Die  Briefe  sind,  öfters  unter  Verletzung  der  Zeitfolge,  nach  den 
EmpRlngern  geordnet.  B.  I  enthält  die  Briefe  an  seinen  Vater  (1  —  12), 
Ausonius  (13—43),  Agorio  Praetextato  (44—55.  74),  (Anido)  Probo  (56—61), 
Celsino  Titiano  fratri  (62—73),  Hesperio  (75—88),  Antonio  (unten  400,  2),  Sya- 
grio  (94—107.  II,  14  f.  49).  Buch  II  fast  nur  Briefe  an  Flavianus  frater  (unteo 
402, 1).  B.  III:  luliano  Rustico  (1— 9),Naucellio  (10—16),  Gregorio  (unten 400, 
3),  Mariniano  (23—29),  Ambrosio  (30—37),  Hilario  (38—42),  Silurio  (43—46), 
Eutropio  (46—53),  Ricomeri  (54—70),  Timasio  (71—73),  Promoto  (74—80),  Ku- 
fino  (81-91).  B.  IV:  StiUconi  (l  -14),  Batoni  (15  f.),  Protadio  (17-34),  Mi- 
nervio  (35—49),  Florentino  (50—57),  Eupraxio  (58—65),  Eusignio  (66-84). 


•5?   -^ 


399.    Symmachus.  885 

Buch  V:  Hierophanti  (1—3),  Theodore  (4—16),  Magnillo  (16 — 33),  Hephae- 
stioni  (34—37),  Neoterio  (38—46),  Felici  (47—54),  Sallustio  (55-67),  Patemo 
(58—66),  Olybrio  et  Probino  (67—71),  Licinio  (72—77),  Helpidio  (78—98). 
B.  VI  die  Briefe  Nicomachi  filiis,  an  den  Schwiegersohn  des  Symm.  und 
dessen  Bruder.  B.  VII:  Symmacho  filio  (1—15),  Attalo  (16—25),  Macedonio 
(26-29),  Attico  (30—34),  Decio  (35—60),  Patricio  (61—66),  Alypio  (67—71), 
fratribus  (72—80),  Messalae  (81—92),  Longimano  (93  —  101),  Petronio  et 
Patruino  (102—104),  Patruino  (105  —  128.  VIII,  18  f.),  Sibidio  (129  —  131). 
B.  VIII  enthält  vereinzelte  Briefe  an  viele  Personen,  sowie  solche  von  un- 
bekannter Adresse,  was  noch  häufiger  ist  in  B.  IX.  In  B.  X  die  amtliche 
Correspondenz  mit  Theodosius  sen.,  Gratianus  Aug.,  Valentinianus,  Theo- 
dosius,  Honorius;  insbesondere  als  praef.  urbi  (22 — 83).  Selten  sind  Briefe 
seiner  Correspondenten,  wie  seines  Vaters  (I,  2),  des  Ausonius  (I,  32)  und 
die  kaiserlichen  Erlasse  X,  72  ff. 

7.  Trotz  der  Stellung  des  Briefschreibers  und  der  meisten  seiner 
Adressaten  tragen  die  Briefe  des  S.  dennoch  zur  Kenntniss  der  Zeitge- 
schichte verhältnissmässig  wenig  bei  (cassa  rebus  oratio,  Ep.  III,  10  vgl. 
II,  35).  Sogar  Tagesneuigkeiten  sind  nur  B.  VI  stärker  vertreten  (vgl.  I, 
46.  II,  36.  57),  und  auch  Geschäftsbriefe  wären  nicht  zahlreich  wenn  nicht 
der  Ankauf  von  Rennpferden,  Gladiatoren  und  seltenen  Thieren  (VI,  43. 
IX,  132.  125.  X,  19)  für  die  eigenen  Spiele  und  die  seines  Sohnes  die  Fe- 
der des  S.  in  fast  fieberhafte  Thätigkeit  versetzte.  Zahllos  sind  dagegen 
die  Empfehlungsschreiben  (Ep.  IV,  48:  litteras  nonnullis  humanitate  prae- 
stamus),  die  Fürsprachen  für  näher  und  ferner  Stehende  (I,  64:  common- 
dari  a  me  episcopum  forte  mireris.  causa  istud,  non  secta,  persuasit;  vgl. 
VII,  51:  trado  sancto  pectori  tuo  .  .  Severum,  episcopum  omnium  sectarum 
attestatione  laudabilem),  sogar  Bettelbriefe  (z.  B.  IV,  67.  VII,  116)  und 
Brautwerbungen  für  Andere  (IX,  7.  43.  49).  Nächstdem  Glückwünsche, 
Beileidsbezeugungen,  Todesanzeigen,  Einladungen,  Grüsse,  Reisen,  eigene 
und  fremde  Gesimdheit,  Theuerungsverhältnisse  u.  dgl.,  besonders  häufig 
Klagen  dass  Adressat  so  selten  oder  so  kurze  Briefe  schreibe  oder  Ver- 
theidigung  gegen  solche  Klagen  Anderer.  Wiederholungen  sind  nicht 
selten,  z.  B.  der  Satz  dass  der  Verreiste  zuerst  zu  schreiben  habe  findet 
sich  zehnmal  (III,  3.  IV,  23.  V,  30.  70.  73.  VI,  60.  VIII,  56.  60.  63.  IX,  63). 
VII,  81.  83.^  89  ist  an  dieselbe  Person,  V,  54  u.  66  an  verschiedene  dasselbe 
geschrieben.  Auch  eine  Anzahl  Ausdrücke  (wie  stilus,  paginae,  summates, 
delenimentum)  kehrt  oft  wieder,  und  sehr  häufig  beginnen  die  Briefe  mit 
einer  Sentenz.  Im  Ganzen  aber  strebt  S.  sichtlich  nach  Abwechslung  in 
der  Form,  und  seine  Briefe  sind  eine  Mustersammlung  für  verbindliche 
und  zierliche  Wendungen.  Das  förmliche  Wesen,  das  schon  den  alten  Rö- 
mern eigen,  unter  dem  Einflass  des  Despotismus  aber  ins  Schnörkelhafte 
ausgeartet  war,  begegnet  uns  hier  zum  ersten  Mal  in  starker  Ausprägung. 
Für  seine  Person  zwar  legt  S.  auf  Titulaturen  keinen  Werth  (IV,  30.  42) ; 
aber  Andern  gegenüber  wendet  er  sie  reichlich  an.  Der  Kaiser  wird  mit 
tua  (vestra)  aeternitas,  perennitas,  dementia,  mansuetudo,  serenitas,  tran- 
quillitas,  maiestas  oder  tuum  numen  angeredet,  für  Ändere  sind,  je  nach 
ihrer  Rangstufe,  die  Titulaturen  tua  sanctitas,  religio,  reverentia,  praestan- 
tia,  celsitudo,  sublimitas,  excellentia,  magnificentia,  laudabilitas ,  eximietas 
in  regelmässigem  Gebrauche,  und  Nicomachi  filii  nennt  er  wenigstens  tua 


386  Die  Kaieerzeit     Viertes  Jahrhundert. 

(yestra)  unanimitad.  Ebenso  ist  das  Epitheton  sanctus  überaus  wohlfeil 
(z.  B.  V,  16.  21.  31.  41).  Dazu  gibt  die  Bezeichnung  der  Bekannten,  Freunde 
und  Collegen,  je  nach  ihrem  Alters  Verhältnisse ,  als  parens,  f rater  oder 
filius,  meist  in  Verbindung  mit  dominus  (z.  B.  dominus  et  filius  mens),  den 
Umgangsformen  etwas  Silssliches.  So  tituliert  Uonorius  in  den  amtlichen 
Erlassen  den  S.:  Symmache  parens  carissime  (atque  amanüssime).  In  den 
Briefen  christlicher  Schriftsteller  kommt  dazu  noch  die  pastorale  Salbung 
des  Tons. 

8.  Ep.  V,  85  (an  Helpidius) :  quod  epistulas  meas  condis  amoris  est  tiii, 
qui  describenda  nescit  eligere.  . .  nimis  vereor  ne  ista  simplicitas  incidat  in 
lectorem  alterum,  tibi  disparem.  quare  velim  tibi  habeas  quae  incogitata 
proferimus;  licet  eadem  mei  quoque  librarii  servare  dicantur.  Vgl.  Y,  86:  si 
quid  horum  quae  apud  te  incuriosius  loquor  cuipiam  lectori  nauseam  moverit, 
non  tam  in  scribendo  neglegentia  displicebit.  Mit  der  Rücksicht  auf  die 
Veröffentlichung  sind  daher  die  Briefe  (wenn  auch  nicht  von  Anfang  an] 
sicher  geschrieben.  Dass  sie  aber  nicht  von  dem  Verfasser  selbst  veröffent- 
licht worden  sind  zeigt  der  rohe  Zustand  in  dem  sie  uns  vorliegen.  Sogar 
blose  Papierschnitzel  sind  aufgenommen,  wie  VIII,  71  f.  zwei  Formulare 
des  Einladungsschreibens  zu  seines  Sohnes  Antritt  der  Priltur.  Letzterer 
Umstand  macht  wahrscheinlich  dass  der  Herausgeber  der  Sammlung  der 
Sohn  ist. 

9.  Haupthandschrift  der  Briefe  Paris.  8623  saec.  X ;  s.  O.  Clason,  de 
Symm.  epp.  codice  Par.,  Bonn  1867.  Hoffentlich  der  Vorläufer  einer  kri- 
tischen Ausgabe,  für  welche  man  gern  einige  Duzende  unnützer  Horatiana 
hingäbe.  Ausgaben:  ex  off'.  J.  Schotti,  Argen t.  1510.  4.  Basil.  1549.  Cura 
Fr.  lureti,  Paris.  1580.  1604.  4.  rec.  et  auxit  J.  Lectius,  Genev.  1587.  1598 
u.  sonst.  E  rec.  C.  Scioppii,  Mogunt.  1608.  4.  Ex  rec.  J.  Ph.  Parei  (mit 
Lexicon  Symm.),  Neustadt  a.  d.  H.  1617.  Frankf.  1642.  1651.  Zuletzt  in 
Migne's  Patrol.  XVUl  (Paris  1848)  p.  145-406. 

Beiträge  zur  Textkritik  von  C.  F.  W.  Müller  (Jahn's  Jahrbb.  73,  S. 
324—334)  und  C.  Schenkl  (die  Excerpte  a.  d.  Br.  d.  S.  im  Spec.  bist  des 
Vincent.  Beil.,  Ztschr.  f.  d.  Ostreich.  Gymn.  1860,  S.  412—416). 

10.  Verse  des  S.  Epist.  I,  1  (Hexameter  und  Distichen).  8  (Anakreon- 
teen).  Vergilius  noster  (vates)  Ep.  1,  1.  9.  paneg.  Grat.  9.  Flaccus  tuus 
(des  Vaters)  ep.  I,  4. 

11.  Macrob.  V,  1,  7:  (genus  dicendi)  pingue  et  floridum,  in  quo  Pli- 
nius  See.  quondam  et  nunc  nullo  veterum  minor  noster  Synimachus  luxo- 
riatur.  Prudent.  c  Symm.  1,  632  ff. :  o  linguam  miro  verborum  fönte  fluen* 
tem,  romani  decus  eloquii  etc.  II.  praef.  55  ff.:  tanti  .  .  yiri,  quo  nunc 
nemo  disertior  etc.  Ap.  Sidon.  Ep.  I,  1:  Q.  Symmachi  rotunditatem.  Die 
Beden  bewegen  sich  mit  Vorliebe  in  kurzen  Sätzen  mit  wohlberechnetem 
Tonfall  und  sind  mit  rhetorischen  Blumen  aller  Art  reich  ausgestattet 
Einen  oratorischen  Anstrich  haben  auch  die  Briefe,  namentlich  darin  dan 
sie  die  technischen  Bezeichnungen  (wie  acta  senatus)  als  unedel  zu  meiden 
suchen.  Des  Symm.  Sprache  strebt  zwar  nach  Classicität,  lässt  aber  mit 
Bewusstsein  Modernes  zu.  Vgl.  Wortbildungen  wie  genialitas,  optimitai, 
placiditas,  autunmitas,  incentor,  edecimo,  exambio;  Wendungen  wie  fon 
fuat  au  (ut),  quin  immo,  incoram;   Constructionen  wie  fungi  pifidam,  ho- 


399.     Symmachus.  887 

noris  tui  delector,  sollicitor  tarditatoB,  bonarum  artium  spectatus,  die  häu- 
fige Setzung  vou  quod  nach  verb.  sent.  et  declarandi  (z.  B.  YIII,  46.  IX, 
10.  39.  X,  24.  78),  aliquanti  servi  u.  dgl.  Vgl.  Ep.  III,  11:  trahit  nos  usus 
temporia  in  argutias  plausibilis  sermonis.  quare  aequius  admitte  linguam 
saeculi  nOBtri  et  deesse  huic  epistulae  atticam  sanitatem  boni  consule.  . .  te 
non  paeniteat  scriptorum  meorum  ferre  novitatem.  III,  44:  dgxcc'iafiov 
scribendi  non  invitus  adfecto.    .  .  praestat  Tullium  sequi. 

12.  Als  Mensch  erinnert  S.  an  Cicero:  er  ist  von  makelloser  Reinheit 
des  Wandels,  wohlwollend,  immer  bereit  zu  helfen,  ein  gemüthcher  Fa- 
milienvater, versöhnlich  (vgl.  Ep.  Vif,  100. 128),  weich  bis  zur  Aengstlich- 
keit  und  Empfindlichkeit.  Auch  zum  Egoismus  wird  diese  Weichheit:  so 
reich  er  ist,  so  schreit  er  alsbald  über  Druck  (impressio)  wenn  die  Noth 
der  Zeit  ihn  im  gewohnten  Behagen  stören  will,  und  für  ihn  und  seine 
Freunde  sollte  man  es  mit  dem  Rechte  nicht  allzustreng  nehmen.  Seine 
Aengstlichkeit  lässt  ihn  nie  von  etwas  Erfreulichem  sprechen  ohne  ein 
praefiscine:  praefata  dei  (numinum,  fortunae,  divinitatis)  venia  oder  prae- 
fato  (praemisso)  divinitatis  honore  (favore).  Vgl.  noch  Epp.  I,  49.  VI,  40. 
Neben  dieser  Superstition  hat  er  den  ganzen  Hochmut  des  Römers  und 
Aristokraten.  Ep.  II,  46 :  in  bonam  partem  traho  quod  Saxonum  numerus 
morte  contractus'Intra  summam  decretam  populi  voluptatibus  stetit,  ne 
nostrae  editioni  .  .  abscederet.  nam  quando  prohibuisset  privata  custodia 
desperatae  gentis  impias  manus,  cum  XXIX  fractas  sine  laqueo  fauces  pri- 
mus  ludi  gladiatorii  dies  viderit?  Ep.  I,  3:  Bais  .  .  otiabar.  eo  postquam 
rumor  allatus  est  terrae  filios  convenire ,  oppido  cavimus  ne  sobriam  soli- 
tudinem  nostram  sodalitas  plebeia  fuscaret.  I,  52:  pars  melior  humani 
generis  senatus  (vgl.  p.  Sever.  1:  apud  nobilissimos  humani  generis).  Und 
doch  kennt  er  sehr  wohl  die  Erbärmlichkeit  dieses  CoUegiums ;  vgl.  VI,  22. 
VIII,  19.  X,  12.  Dagegen  hindert  ihn  sein  Stolz  auch  au  Kriecherei  gegen 
die  Machthaber  des  Hofes  (Ep.  IX,  88.  X,  61),  und  selbst  dem  Kaiser  ge- 
genüber beweist  er  edlen  Freimut  (Ep.  X,  34.  41.  43.  61).  Politischen 
Scharfblick  aber  kann  man  ihm  nicht  beimessen. 

13.  Ueber  seine  Zeit  spricht  sich  S.  je  nach  seiner  Stimmung  und 
nach  der  Stellung  des  Angeredeten  verschieden  aus.  Bald  rühmt  er  (bo- 
norum) temporum  iustitia,  dementia,  aequitas,  felicitas,  serenissima  tem- 
pora,  saeculi  humanitas  und  dass  es  virtuti  amicum  sei,  bald  beklagt  er 
die  herrschende  Willkür  und  Gesetzlosigkeit.  Im  Ganzen  aber  gehört  sein 
Herz  der  grossen  Vergangenheit  imd  mit  ihr  auch  dem  Glauben  der  Väter, 
bei  welchem  Rom  gross  war.  Für  seine  Person  macht  er  zwar  vom  Po- 
lytheismus wenig  Gebrauch:  selten  nennt  er  einzelne  Götter  (love  teste, 
Ep.  IX,  92),  sondern  dii  überhaupt  oder  caelestes,  numina,  divina,  oder 
deus,  fortuna,  mens  divina  u.  s.  w. ;  Christen  gegenüber  accommodiert  er 
sich  sogar  zu  der  Erklärung:  in  eligendo  episcopo  dei  omnipotentis  ex- 
pectandum  esse  iudicium  (Ep.  X,  71).  Er  kennt  den  Mangel  an  Ernst  im 
eigenen  Lager  (I,  51),  und  ist  selbst  von  Skepticismus  so  wenig  frei  (si 
innocenüam  divina  respiciunt,  VIU,  18  vgl.  ib.  6:  nihil  curare  caelestes,  a 
qua  opinione  dissentio.  IX,  61 :  quid  interest  qua  quisque  prudentia  verum 
inquirat?  uno  itinere  non  potest  perveniri  ad  tam  grande  secretum)  dass 
sein  Versuch  gegen  die  Vestalin  Primigenia  einzuschreiten  (EX,  128  f.)  als 


gg3  ^^^  Kaiserzeit.    Viertes  Jahrhundert. 

Inconsequcnz  wie  als  Anachronismus  erscheint.  Aber  der  alt«  Glaube  ist 
ihm  eine  Fahne,  zu  der  sich  nicht  offen  zu  bekennen  Abfall  ist:  nunc  aris 
deesse  Romanos  genus  est  ambiendi  (I,  51).  Er  verzichtet  darauf  für  sei- 
nen Glauben  die  frühere  Herrschaft  zu  verlangen;  nur  Duldung,  nur  nicht 
Verfolgung,  erbittet  er  sich  in  der  berühmten  relatio  an  Valentinian  11 
und  dessen  Mitregenten  in  Sachen  des  Victoria- Altars  (Ep.  X,  61),  die  eben- 
so trefflich  stilisiert  wie  als  Nothruf  einer  dem  Untergang  verfallenen  Re- 
ligion ergreifend  ist  (z.  B. :  repetimus  religionum  statum  qui  reip.  diu  pro- 
fuit.  .  .  praestate,  oro  vos,  ut  ea  quae  pueri  suscepimus  senes  posteris 
relinquamus),  und  deren  Beweisführung  unwiderleglich  wäre  wenn  nicht 
die  Behauptung  sich  eingemischt  fände  dass  der  Nothstand  des  Reiches 
herbeigeführt  sei  durch  die  Vernachlässigung  der  Religion,  d.  h.  das  Auf- 
kommen des  Christenthums.  Die  erfolgreichen  Entgegnungen  des  Am- 
brosius  in  dessen  Epist.  17.  18  (Migne,  patrol.  XVI.  p.  961 — 982).  Ville- 
main,  M^langeall.  p.  36  ff.  H.  Richter,  das  weström.  Reich  S.  550  ff.  587  ff. 
599  f.  In  den  Streitigkeiten  zwischen  Eulalius  und  Bonifacius  handelte  S. 
nach  bestem  Wissen  und  mit  voller  Unparteilichkeit  (ab  impugnatione  et 
favore  ambarum  partium,  ut  decebat,  credidit  temperandum  X,  76),  und 
auch  die  Anhänger  der  einen  Partei  erklären  seine  falsidica  relatio  nur 
daraus  dass  er  disciplinae  et  religiom's  inscius  sei  (Ep.  X,  74). 

14.  J.  Gothofredus,  vita  Symmachi,  vor  Pareus*  lex.  Sjmm.  C.  G. 
Heyne,  censura  ingenii  et  morum  Symm.,  Opusc.  ac.  VI.  p.  6 — 18.  Susiana 
(von  Suse)  ad  Symm.  ed.  J.  Gurlitt,  Hamburg  1816 — 1818.  4.  E.  Morin, 
^tude  sur  la  vie  et  les  äcrits  de  S.,  Paris  1847.  J.  Burckhardt,  ConstantiD 
S.  491—497. 

400.  Symmachus  selbst  nennt  als  Redner  seiner  Zeit  (Aui- 
cius)  lulianus,  Antonius,  Gregorius  und  Severus.  Auf  uns  ge- 
kommen ist  einzig  die  Lobrede  auf  Theodosius  I  welche  der 
jüngere  Fachgenosse,  Landsmann  und  Freund  des  Ausonius,  der 
Rhetor  Latinus  Drepanius  Pacatus,  J.  389  zu  Rom  im  Senate 
gehalten  hat.  Sie  zeichnet  sich  vor  den  übrigen  Reden  dieser 
Art  durch  Stoffreichthum  und  lebhafte  Darstellung  aus  und  zeugt 
auch  von  des  Verfassers  Belesenheit  in  der  alten  Literatur. 

1.  Symm.  Ep.  I,  43  an  Ausonius:  scis  in  illo  forensi  pulvere  quam 
rara  cognatio  sit  facundiae  et  boni  pectoris.  .  .  haec  in  meo  fiamili^  ac 
necessario  (Julianus)  ea  societate  viguerunt  ut  etc.  numquam  in  mercedem 
omamenta  linguae  corrupit  etc.  Er  ist  wohl  der  Sohn  des  Cos.  322,  praef. 
urb.  339,  Anicius  lulianus.    Vgl.  auch  oben  399,  4  u.  6. 

2.  Symm.  Epp.  I,  89  (Antonio):  non  incognito  quidem  nobis  eloqau 
splendore  nituisti,  sed  .  .  maiestate  scripti  aptata  gloriam,  quam  magisteiio 
arte  quaesisti ,  recens  auxit  oratio,  nam  . .  simile  quiddam  planeque  coo- 
veniens  auribus  patrum  .  .  sonuisti  etc.  Antonius  war  also  Senatemitglied. 
An  ihn  auch  ib.  I,  90—93. 

3.  Symm.  ep.  III,  18  (Gregorio):  cum  mihi  de  scriniis  tuia  profedi 
delegaretur  oratio.    An  ihn  ib.  17—22. 


400.    Pacatus  u.  a.  Bedner.  889 

4.  Symmach.  p.  Sever.  3  (p.  56  M.  1815):  qula  credat  summatem  fa- 
cundiae,  diu  inter  fori  omamenta  numeratum,  praesidalem  dadam  (erst 
kürzlich)  recepisse  provindam?  Yielleicht  der  Severus,  optimos  Senator  an 
welchen  £p.  YIU,  6  gerichtet  ist;  vgl.  ib.  VI,  5  (sanctus  amicus  noster  S.). 
88.  49.  VII,  51.  116  (illnstris  memoriae  vir  S.). 

5.  Macrob.  I,  5, 13:  Postamianum^  qui  forum  defeusionum  dignatione 
nobilitat.  Vgl.  ib.  2,  1.  3.  6.  Vielleicht  mit  einem  der  Vorgenannten 
identisch.  Ein  Ungenannter  der  pari  uitore  atque  gravitate  Reden  und  Ge- 
schichte schreibt  bei  Symmach.  ep.  IX,  110. 

6.  Eusebio,  oratorum  elcquentissimo  Macrob.  Sat.  I,  24,  14.  Ein 
Ensebius  wird  unter  den  scriptores  de  numeris  genannt  in  Halms  rhet  lat. 
min.  p.  581,  18.  vgl.  p.  698,  20. 

7.  Augustin.  confess.  IV,  14,  21:  Hierium  romanae  urbis  oratorem 
.  .  efferebant  laudibus,  stupentes  quod  ex  homine  Syro,  docto  prius  graecae 
facnndiae,  postea  in  latina  etiam  dictor  mirabilis  extitisset. 

8.  Ausonius  widmet  (Aus.  cos.)  Latino  Drepanio  Pacato  proconsuli 
seinen  ludus  VII  sapp.  und  das  technopaegnion  (Pacato  procos.),  in  dessen 
grammaticomastix  er  ihn  bonus,  doctus,  facilis  vir  nennt.  Die  dritte  Wid- 
mung der  Epigramme  aber  gilt  Latino  Pacato  Drepanio  filio  (hoc  nullus 
mihi  carior  eorum.  quem  pluris  faciunt  novem  sorores  quam  cuuctos  alios, 
Marone  dempto).  Aus  Burdigala  selbst  scheint  er  nicht  zu  sein,  da  ihn 
Aus.  unter  den  profess.  Burdig.  nicht  aufführt;  vgl.  Sidon.  epist*  VIII,  11: 
quid  agunt  Nitiobroges  (Hauptstadt  Aginnum),  quid  Vesunnici  tui?  .  .  tu 
.  .  nunc  Drepanium  illis,  modo  istis  restituis  Anthedium  (unten  436).  Pacat.  2, 
1:  cum  ab  ultimo  Galliarum  recessu,  iqua  littus  oceani  cadentem  excipit 
solem  et  deficientibus  terris  sociale  miscetur  elementum,  ad  contuendum 
te  properassem.  Vgl.  ib.  23,  1.  24,  4  ff.  47,  5.  Auf  ihn  könnte  sich  be- 
ziehen Symmach.  ep.  IX,  72. 

9.  Pacatus  hat  das  Bekenntniss  der  meisten  classisch  Gebildeten  sei- 
ner Zeit,  einen  neutralen  Monotheismus.  Vgl.  4,  2:  supremus  rerum  fabri- 
cator;  21,  1:  numen  summum,  im  Unterschiede  von  dem  numen  z.  B.  des 
Kaisers  (21,  2.  vgl.  18,  4),  welcher  der  sichtbare  Gott  ist  (deum  quem  vi- 
demus  4,  5).  Daneben  ist  viel  die  Bede  von  fata  (8,  1.  11,  4.  15,  3)  und 
der  fortuna  (8,  2.  9, 1.  23,  4.  42,  2).  Aus  seiner  Vogelperspective  betrachtet 
er  als  einzige  Schuld  der  durch  Maximus  gemordeten  Priscillianisten  ihre 
nimia  religio  und  diligentius  culta  divinitas  (29,  2).  Des  Theodosius  Leistun- 
gen in  Orthodoxie  imd  Heidenverfolgung  berührt  er  mit  keiner  Silbe.  Die 
Beispiele  aus  der  röm.  Geschichte  werden  mit  Vorliebe  aus  der  Zeit  der 
Republik  genommen  (c.  5.  7.  8.  9.  18.  19.  20.  23.  33.  46),  sowie  aus  der 
Mythologie  (17,  1.  39,  4.  44,  5);  aus  der  Kaiserzeit  nur  11,  6.  12,  1. 

10.  Den  Hauptinhalt  der  Rede  des  P.  bildet,  nach  einer  preisenden 
Charakteristik  des  Theodosius  als  Mensch  und  Kaiser,  eine  energische  Schil- 
derung der  Zustände  unter  dem  Usurpator  Maximus  und  des  siegreichen  Feld- 
zuges von  Theod.  gegen  ihn.  Dadurch  ist  die  Rede  eine  wichtige  Geschichts- 
quelle, zumal  da  sie  sich  sichtlich  an  die  Wahrheit  hält  und  die  Ueber- 
treibungen  des  panegyrischen  Zweckes  sich  leicht  abziehen  lassen.  Der 
Verf.  zeigt  sich  wohlbewandert  in  der  Literatur  der  classischen  Zeit  wie 


g90  ^i^  Kaiserzeit.    Viertes  Jahrhundert. 

der  nächsten  Vergangenheit;  auf  Cicero,  Vergil,  Horaz,  Ovid  spielt  er  häufig 
an,  und  unter  seinen  Vorgängern  benützt  er  besonders  den  Mamertinug. 
Die  römische  Geschichte  vermittelt  ihm  vorzugsweise  Valerius  Maximas 
und  Florus.  An  Tacitua  erinnert  er  manchmal  durch  Farbengebung  und 
sententiöse  Haltung  (z.  6.  38,  1:  spem,  quae  postrema  homines  deserit). 
Obligate  Einführung  der  redenden  Besp.  11,  4  ii*.;  Wettstreit  zwischen  Con- 
stantia,  Patientia,  Prudentia,  Fortitudo  und  der  Fortuna  c.  40.  Zahbeidie 
rhetorische  Figuren,  meist  gut  durchgeführt.  Sprache  verhältnissmässig 
einfach,  doch  cadenzenreich  und  in  vielen  poetischen  Wendungen  und  son- 
stigen Eigenthümlichkeiten  an  die  Zeit  erinnernd.  So  parcam  replicare 
(3,  4.  6,  3),  aevi  maturus  (8,  3  vgl.  31,  1),  memoriam  convenire  (18,2  vgl. 
41,  1),  oblita  fide  (12,  2  vgl.  24,  2),  ire  in  litteras  (33,  1);  das  kanzleimäs- 
sige  retro  =  olim  (c.  1.  13.  14.  22.  31),  iugis,  impervius;  Vorliebe  für  den 
Inf.  perf.,  Gerundivum  für  Möglichkeit  (z.  6.  39,  5.  45,  3)  u.  dgl. 

11.  Abdruck  der  Rede  in  den  panegyrici  veteres,  s.  oben  369,  1—3. 
In  der  Ausgabe  von  Schwarz-Jäger  nr.  XI. 

12.  Als  causidici  werden  bei  Symmach.  epp.  genannt  Lampadius  (Y, 
16),  Epictetus  (V,  41.  IX,  31),  Celsus  (X,  43).  Vgl.  ib.  II,  42.  V,  75.  IX, 
32  (causidicinae  candidati).  Ein  Jurist  Marinianus  ib.  III,  23;  Prosdodus 
VI,  74  vgl.  ib.  V,  74.  Ein  Process  aus  dieser  Zeit  ib.  X,  39.  48.  Auch 
der  durch  Claudianus  bekannte  Minister  des  Arcadius,  Rufinus,  war  ur- 
sprünglich causidicus  (Philostorg.  XI,  3). 

401.  Andere  Rhetoren  in  der  Zeit  des  Symmachus  waren 
Palladius,  Syagrius  und  der  durch  Arbogasl  auf  den  Kaiserthron 
erhobene  Eugenius.  Als  Schriftsteller  kennen  wir  Messius  Aru- 
8 i  an  US  durch  die  dem  Olybrius  und  Probinus  (Coss.  395)  ge- 
widmeten Exempla  elocutionum,  und  auch  des  Chirius  Fortu- 
natianus rhetorisches  Schulbuch  in  katechetischer  Form  ist, 
bei  seiner  Richtung  auf  das  Classische,  keinenfalls  später  zu 
setzen. 

1.  Symmach.  Ep.  I,  16  (Ausonio):  Palladii  rhetoris  nostri  declamatio 
.  .  complacita  summatibus  litterarum.  . .  movit  novus  Athenaei  hospes  la- 
tiare  concilium  diyisionis  arte  etc.  ib.  94  (Syagrio):  Palladium  spectatom 
bonis  Omnibus  facundiae  atque  eruditionis.  .  .  mereri  facundlam  Palladii 
ut  doleamus  quod  urbi  negatus  est,  mereri  amabilitatem  eins  ut  quodac- 
citus  est  g^udeamus. 

2.  Flayius  Syagrius  Cos.  381,  Afranius  S.  Cos.  382.  Vgl.  Consul  am* 
plissime,  Symmaph.  ep.  I,  101  (Syagrio).  ib.  96:  es  linguae  melior.  96: 
de  facundiae  penu.  Ausonius  widmet  Syagrio  seine  Epigramme  (y.  40: 
patronum  nostns  te  paro  carminibus).  Briefe  des  Symm.  an  ihn,  s.  oben 
399,  6.  Derselbe  ist  wohl  der  magister  offidorum  J.  379  Syagrios  im  Cod. 
Theod.  Vn,  12,  2,  vielleicht  auch  der  praef.  praet.  Syagr.  J.  380—382  im 
Cod.  Theod. 

3.  An  die  Stelle  des  von  ihm  erwürgten  Valentinian  II  seiaEie  der 
Franke  Arbogast  J.  392  Evyiviov  xiva  fiayiatgov  (Philoatorg.  X,  2).   Vgl 


401  f.    Arusianus.    Fortunatianiifi.    AmmianuB.  891 

Sokrat.  h.  e.  V,  25:  yQafifittttnog  tig  ovotiaxi  Evy.  Zosim.  IV,  54,  1:  17V 
tig  iv  toig  ßaailsioig  avaatQBq)6fiBVog  Evy,  ovoua,  naidfCqL  nooTJumv  inl 
Toaovtov  mate  xal  QTjtOQinov  inavsXiad'ai,  ßCov  %al  TtgoBCtävai  didaana- 
Xeiov,  Uist.  misc.  XIII,  11:  grammaticus  quidam  nomine  Eug.,  litterarum 
doctor,  .  .  imp.  Valentiniani  antigraphas  et  propter  eloqaentiam  a  multis 
honoratus.    J.  394  von  Theodosias  besiegt  und  getödtet. 

4.  Im  apographum  Gudii  Ueberschrift :  Arusiani  Messi  v.  c,  or., 
comitis  primi  ordiniß  Exempla  elocutionum  ex  Vergilio,  Sallustio,  Terentio, 
Cicerone.  Im  Berliner  cod.  Santen.  saec.  IX:  Incipit  messi  oratoris  de  elo- 
cutionibus.  Olybrio  et  probino  messius.  Dazu  stimmt  dass  p.  217.  244  L. 
Symmachus  genannt  ^ird.  Es  ist  eine  alphabetisch  augelegte  Sammlung 
von  Substantiven,  Adjectiven,  Präpositionen  und  bes.  Zeitwörtern  welche 
eine  verschiedene  Construction  zulassen,  mit  je  einer  Belegstelle  für  jede 
Construction  aus  einem  oder  mehreren  der  vier  Schriftsteller.  Daher  Cas- 
siod.  de  inst.  div.  15:  regulas  elocutionum  latinarum,  i.  e.  quadrigam  Messii. 
Wohl  für  den  Gebrauch  der  Bhetorschule.  Abgedruckt  in  Mai's  Ausg.  des 
Fronto  und  bei  Lindemann,  corp.  gramm.  I.  p.  209 — 266  vgl.  p.  201—207. 
Suringar,  bist.  er.  scholl,  latt.  II.  p.  202—206.  Osann,  Beiträge  II.  S.  349 
— 351.  M.  de  Am.  van  der  Hoeven,  Spec.  litt.  , .  cum  appendice  de  Ar. 
M.  ex.  el.,  Amsterdam  1845.  Gräfenhan,  Gesch.  d.  class.  Philol.  IV.  S.  194 
—196. 

5.  C.  Chirii  Fortuuatiani  artis  rhetoricae  libri  III  in  C.  Halms  rhe- 
tores  latini  minores  p.  79  —  134.  Die  katechetische  Form  ist  mit  wenig 
Geschick  durchgeführt.  So  lautet  die  letzte  Frage :  Quae  %a^6Xov  in  actione 
observanda  sunt?  Antwort:  ne  pronuntiatio  artem  reddere  videatur  etc. 
Hauptquelle  ist  Quintilian;  die  Beispiele  meist  aus  Cicero.  C.  Halm,  Sitzungs- 
ber.  d.  münchner  Ak.  II  (1862).  S.  13  ff. 

403.  Eifer  für  die  alte  Geschichte  bethätigte  die  dem  Sym- 
machus eng  befreundete  und  verschwägerte  Familie  der  Nico- 
machi  Flaviani,  der  eine  indem  er  selber  Annales  und  andere 
Schriften  verfasste,  der  andere  indem  er  dem  Texte  des  Livius 
Sorgfalt  zuwandte.  Wir  besitzen  aus  dieser  Zeit  und  dem  Kreise 
des  Polytheismus  das  Werk  des  Ammianus  Marcellinus  (um 
330 — 4(X))  aus  Antiochia,  welcher  nach  einer  langen  verdienst- 
vollen kriegerischen  Laufbahn  ums  J.  390  zu  Rom  eine  Fort- 
setzung des  Tacitus  in  31  Büchern  verfasste.  Dieselbe  enthielt 
die  Jahre  96 — 378,  von  Nerva  bis  zum  Tode  des  Valens;  doch 
sind  die  dreizehn  ersten  Bücher,  worin  die  Geschichte  cursorisch 
bis  zum  J.  353  fortgeführt  war,  untergegangen.  Das  Erhaltene 
ist  besonders  werthvoU  als  Geschichte  der  eigenen  Zeit  des  Ver- 
fassers, der  den  Ereignissen  vielfach  nahe  stand  und  die  Wahr- 
heit zu  sagen  aufrichtig  bemüht  ist.  Ammianus  ist  eine  solda- 
tische Natur,  von  verständigem  Urteil,  ehrlich  und  derb,  aber- 
gläubisch und  tolerant,  gern  prunkend  mit  seiner  Gelehrsamkeit, 


892  I^iö  Kaiserzeii    Viertes  Jahrhundert. 

auf  dem  Gebiete  der  Federführung  aber  gar  nicht  zu  Hause. 
Seine  Sprache  ist  fast  nicht  zu  verstehen,  unleidlich  geziert  und 
überladen,  eine  Qual  seiner  Leser.  Seinem  Werke  angehängt 
wird  meist  der  Anonymus  Valesii,  Excerpte  von  geschichÜichem 
Werthe  über  die  Zeit  Constantins  und  Theoderichs. 

1.  Orelli  1188:  Virio  Nicomacho  Plaviano  v.  c,  quaest.,  praet, 
pontif.  maiori,  consulari  Siciliae,  vicario  Africae  (J.  377),  quaestori  intra  pa- 
latium  (=  aulae  divi  Theodon,  um  381  f.),  praef.  praet  (Italiae,  Illyr.  et 
Africae)  iterum  (J.  382  und  um  391  f.),  cos.  ord.  (J.  394),  historico  diser- 
tisfiimo,  Q.  Fab.  Memmius  Sjmmachus  v.  c.  prosocero  optimo.  Der  Sohn 
des  Redners  Symmachus  hatte  die  Enkehn  des  Nicom.  I  und  der  Sohn  des 
Nie.  die  Tochter  des  Symmachus  geheiratet;  s.  oben  399,  2.  Nachdem 
Nicom.  I  wegen  seines  Uebergangs  zu  Eugenius  (s.  401,  3)  von  Theodosius 
entsetzt  worden  war  wurde  J.  431  er  (nach  seinem  Tode)  und  sein  Solm 
(A.  2)  rehabilitiert;  s.  Orelli-Henzen  5593,  wo  der  betreffende  Erlass  von 
TheodosiuB  II  und  Pladdus  Yalentinianus  mitgetheilt  ist.  Auch  vgl.  das 
christliche  Gedicht  des  cod.  Paris.  8084  (unten  410, 14)  v.  25  ff.  mit  Momm- 
sen,  Hermes  lY.  p.  369—363.  Den  Flavianus  senior  sie  in  monumenta  yir- 
tutum  suarum  titulosque  revocamus  ut  quidquid  in  istum  caeca  insimola- 
tione  commissum  est  procul  ab  eins  principis  (Theodosius  I)  voto  fuisse 
iudicetis  cuius  in  eum  effusa  benivolentia  et  usque  ad  annalium,  quos  con- 
secrari  sibi  a  quaestore  et  praefecto  suo  (eben  Nicom.  I)  yoluit,  (praedi- 
cationem  ?)  provecta  excitavit  livorem  inproborum  (Henzen  1. 1.).  Macrob.  1, 5, 
13:  Flavianum,  qui  quantum  sit  mirando  yiro  Venusto  patre  praestantior  non 
minus  omatu  morum  gravitateque  vitae  quam  copia  profondae  eruditionis 
(z.  B.  im  Auguralwesen,  Macrob.  I,  24,  17.  Sozom.  VII,  22.  Nikephor.  XII, 
32)  adseruit.  Er  ist  bei  Macrob.  einer  der  Wortführer.  Philosophische 
Bildung;  s.  Symmach.  ep.  II,  61:  de  hoc  vestra  existimatio  sit,  qui  tahom 
rerum  profitemini  notionem.  Vgl.  Macrob.  I,  6,  4:  Flavianus  et  Eustathins 
(unten  403,  6),  par  insigne  amicitiae.  Möglich  daher  dass  die  von  Johao- 
ues  Saresber.  (polier.  II,  26.  VIII,  11  f.)  benützte  Schrift  eines  Flaiianiu 
De  vestigiis  philosophorum  von  ihm  herrührt.  Vgl.  Beifferscheid ,  Bbein. 
Mus.  XVI.  S.  23—25.  Sidon.  ApoU.  epp.  VIII,  3:  Apollonii  pythagorid 
vitam  non  ut  Nicomachus  senior  e  Philostrati,  sed  ut  Tascius  YictoiianiB 
e  Nicomachi  schedio  excripsit,  . .  misi. 

2.  Dessen  Sohn,  Nicomachus  Flavianus  II.  Orelli-Henzen  5593:  ^' 
Fl.  cons.  Camp.,  procons.  Asiae  ( J.  383),  praef.  urbi  saepins  (z.  B.  J.  399  f^ 
402),  nunc  (J.  431)  praef.  praet.  Italiae,  Illyrici  et  Africae.  Liban.  or.  XXVIL 
Cod.  Theod.  (Hänel  Corp.  leg.  p.  111).  Subscription  der  ersten  Dekade  des 
Livius  (oben  240,  10) :  Nicomachus  Flavianus  v.  c.  III  praefect.  orbis  (no(i 
nicht  praef.  praet.,  also  vor  431  geschrieben)  emendavi  apnd  Hennam. 
Sein  Schwiegervater  Symmachus  besass  ein  Exemplar  des  Livius;  s.  ep. 
IX,  13:  munus  totius  Liviani  operis,  quod  spopondi,  etiam  nunc  diligentia 
emendationis  moratur.  Dass  die  Nicomachi  in  Sicilien  Güter  hatten  b.  ib. 
II,  30.  VI,  57.  66. 

3.  Orelli-Henzen  5593:  Appius  Nicomachus  Dexter,  v.  c.,  ex  piaef. 
urb.  (zwischen  427  und  431),  avo  optimo  (dem  Nie.  I)  stataendam  eonii 


.■s 


402.    Nicomachus.    AmmianuB  Marcellinus.  893 

(J.  431).  Dieser  Nie.  III  war  wohl  der  Sohu  eines  jüngeren  Bruders  von 
Nie.  II  und  einer  Tochter  des  Appius  Claudius  Tarronius  Dexter  (Gruter 
p.  34,  1).  Subscription  des  Livius  (A.  2):  Nicomachus  Dexter  v.  c.  emen- 
davi  ad  exemplum  parentis  mei  (vgl.  oben  399,  7)  Clementiani 

4.  Ueber  die  drei  Nicomachi  s.  G.  B.  de  Rossi,  Annali  delP  inst.  arch. 
XXI  (S.  N.  VI.  1849)  p.  285—356,  und  B.  Borghesi  ib.  p.  357—363. 

5.  AmmianuB  Marcellinus  stammt  aus  g^ter  Familie,  s.  Amm.  XIX, 
8,  6.  Früh  ins  römische  Heer  eingetreten  stand  er  J.  353  im  Gefolge  des 
mag.  eq.  Ursicinus  im  Oriente,  begleitete  denselben  nach  Italien  und  Gal- 
lien, focht  unter  Kaiser  Julian  gegen  die  Alemannen  und  nahm  au  debseu 
persischem  Feldzuge  Theil.  J.  371  lebte  er  in  Antiochia  (XXIX,  1,  24), 
später  in  Rom.  Auch  in  Aegypten  war  er  gewesen;  s.  XVII,  4,  6.  XXII, 
6,  1.  Schlusswort  (XXXI,  16,  9):  haec  ut  miles  et  Graecus  a  principatu 
Caesaris  Nervae  exorsus  adusque  Valentis  interitum  pro  virium  explicavi 
mensura,  opus  veritatem  professum  numquam  (ut  arbitror)  sciens  silentio 
ansus  corrumpere  vel  mendacio.  scribant  reHqua  potiores,  aetate  doctri- 
nisque  florentes.  Liban.  ep.  983:  iv  iin9si^sat  taCg  filv  yiyovag,  xaiq  9% 
^071,  tijg  avyygacpijg  slg  noXXä  tsxfirjfiivrjg.  .  .  axovco  dh  trjv*PtD^7iv  avtijv 
axeq>avovv  coi  xbv  novov,  .  .  xocvxl  9h  ov  xov  övyyQuqfia  itoofiBi  fiovov 
ttlld  xal  '^liccg  (die  Autiochener)  mv  iöxiv  6  avyygcctpevg,  ib.  235:  og  vno 
fihv  xov  «r^iffiaroff  slg  nxQccxtoixag  j  vno  91  x&v  iQymv  sig  (piloaocpovg  iy- 
yiyQanxaij  .  .  6  %aX6g  'Afifuavog. 

6.  Ammianus  ist  entschiedener  Polytheist,  aber  in  der  synkretistischen 
und  abgeblassten  Weise  der  Gebildeten  seiner  Zeit  (vgl.  400, 9).  An  der  Spitze 
steht  ihm  ein  numen  caeleste,  divinum,  superum,  aeternum  von  sehr  uubestimm- 
ten  umrissen,  und  in  der  Hauptsache  lenkt  Alles  fortuna  oder  fatum  (XXIII, 
5,  5:  nulla  vis  humana  vel  virtus  meruisse  umquam  potuit  ut  quod  prae- 
scripsit  fatalis  ordo  non  fiat).  Etwas  mehr  Persönlichkeit  haben  die  Unter- 
götter. Vgl.  XVI,  5,  5:  Mercurio  supplicabat,  quem  mundi  velodorem 
sensum  esse,  motum  mentium  suscitantem,  theologicae  prodidere  doctrinae. 
XIV,  11,  25:  haec  . .  aliquoties  operatur  Adrastia,  quam  vocabulo  dnplici 
etiam  Nemesin  adpellamus.  .  .  quam  theologi  veteres  fingentes  lustitiae 
filiam  ex  abdita  quadam  aeternitate  tradunt  omnia  despectare  terrena. 
(26.)  haec  ut  regina  causarum  et  arbitra  rerum  ac  disceptatrix  urnam  sor- 
tium  temperat  etc.  (27.)  eadcmque  necessitatis  insolubili  retinaculo  mor- 
talitatis  vindens  fastus  tumentes  incassum  .  .  opprimit  etc.  XXII,  3,  12: 
humanorum  spectatrix  Adrastia.  XXI,  1,  8:  vaticina  verba,  quibus  numen 
praeesse  didtur  Themidis.  XVII,  7,  12:  Neptunum,  humentis  substantiae 
potestatem,  Ennosigaeon  et  Sisichthona  poetae  veteres  et  theologi  nuncu- 
paverunt.  An  portenta,  prodigia,  omina  (XXV,  10,  1.  11.  XXI,  16,  21),  wie 
an  auspida  und  auguria  hat  er  Glauben.  Aber  er  ist  auch  gegen  das 
Christenthum  gerecht  (XXI,  16,  18:  christianam  religionem  absolutam  et 
simplicem  anili  superstitione  confundens),  und  tadelt  es  selbst  an  dem  von 
ihm  verehrten  Julian  als  inclemens  quod  docere  vetuit  magistros  rhetoricos 
et  grammaticos  christianos  ni  transissent  ad  numinum  cultum  (XXV,  4,  20). 
Gern  blickt  er  in  die  alte  Zeit  zurück  und  verwendet  sie  zur  Kritik  der 
Gegenwart,   z.  B.  XXV,  9,  9  ff.   10,  13.    Ganz  besonders  bezeichnend  ist 


394  Die  Eaiserzeit.    Viertes  Jahrhundert. 

seine  Schilderung  der  Beredtsamkeit  und  Rechtspflege  in  seiner  Zeit  (um 
370)  XXX,  4. 

7.  Amraian.  XV,  1,1:  utcumque  potuimus  veritatem  scrutari  ea  quae 
videre  licuit  per  aetatem  vel  perplexe  interrogando  versatos  in  medio  scire 
narravimus  ordine  caauum  exposito  diversorum.  XVIII,  6,  23:  cum  uos 
cauti,  vel,  ut  verius  dixerim,  timidi  nihil  exaggeremus,  praeter  ea  quae 
fidei  testimouia  neque  dubia  neque  incerta  monstrarunt.  XXVT,  1,  1:  di- 
ctis  impensiore  cura  rerum  ordinibus  adusque  memoriae  confinia  propions 
convenerat  iam  referre  a  notioribus  pedem,  ut  et  pericula  declinentur  Te- 
ritati  saepe  contigua  et  examinatores  contexendi  operis  deiude  non  perfe- 
ramus  intempestivos ,  welche  alle  Kleinigkeiten  erwähnt  wissen  woUeot 
praeceptis  historiae  dissonantia,  discurrere  per  negotiorum  celsitudines 
adsuetae,  non  humilium  minutias  indagare  cauaarum.  Indessen  insdtia 
volgari  contempta  ad  residua  narranda  pergamus  (ib.  2).  Die  Anlage  des 
Werkes  ist  in  der  Hauptsache  nach  Jahren.  Uebermässig  häufig  werden 
grosse  Excurse,  bes.  geographischen  Inhalts,  eingefügt  (vgl.  V.  Gardthausen 
p.  1  f.),  die  zum  Theil  aus  eigener  Anschauung  geschöpft  sind  (z.  B.  XXII, 
16,  12),  überwiegend  aber  aus  Büchern,  namentlich  der  chorographia  pli- 
niana  (Mommseu  Solin.  p.  XXIV— XXVIII)  und  einer  Epitome  des  Ro- 
lemäus.  Dabei  vergisst  Amm.  manchmal  (wie  XXIII,  6,  6)  den  Unterschied 
zwischen  der  Zeit  seiner  Quellen  und  seiner  eigenen  zu  berücksichtigeo. 
Auch  sonstige  chronologische  Verstösse  kommen  vor.  Reden  sind  gleich- 
falls nicht  selten  eingeflochten.  Abfassung  des  Werks  vor  der  Zerstörung 
des  Serapeums  (XXII,  16,  12)  Juli  391  und  nach  der  Präfectur  des  Aar. 
Victor  (XXI,  10,  6)  J.  389,  s.  Cart  p.  46  ff. 

8.  Salmasius  praef.  de  hellenist.  p.  39  über  Amm.:  quis  phrases  um- 
quam  usurpavit  duriores,  inconcinniores,  rusticiores?  prorsus  loquitur  ut 
homo  graecus  et  militaris,  qui  voces  tantum  latinas  tenet,  quomodo  collo- 
candae  sint  nescit.  Die  Wortstellung  des  Amm.  ist  ganz  unberechenbar. 
Dazu  der  pathetische  Stelzengang,  die  Ueberladung  mit  bildlichen  und 
poetischen  Wenduugen,  die  unnatürlichen  Constructiouen.  Diese  Darstel- 
lung ist  das  ErgebnisB  verschiedener  Umstände,  hauptsächlich  der  Unselb- 
ständigkeit des  Ausländers  und  Soldaten  gegenüber  den  heterogenen  Be- 
stand theilen  seiner  Bildung  und  Leetüre,  Dichtern  und  Prosaikern,  Salliiit 
(Gardthausen  p.  7.  36),  Tacitus  (E.  Wölfilin,  Philologus  XXIX.  S.  558—560) 
und  GeUius,  sowie  der  Entartung  des  Zeitgeschmackes. 

9.  Haupthandschrift  Vaticanus  1874  (früher  in  Fulda),  wozu  Tgl.  die 
Ausg.  von  Gelenius  (Basel  1546),  worin  der  verlorene  Hersfeldensis  benütii 
ist;  s.  M.  Haupt  im  Berliner  Sommerkatal.  1868.  4.  Hauptausgabe  cam 
notis  integris  Frid.  Lindenbrogii  (Hamburg  1609.  4.),  Henr.  et  Hadr.  Ya- 
lesiorum  (Paris.  1636.  4.  1681.)  et  lac.  Gronovii  (Lugd.  Bat.  1693.  fol.  et4.\ 
quibus  Thom.  Reinesii  quasdam  et  suas  adiecit  Jo.  Aug.  Wagner.  Ed. 
absolvit  C.  G.  A.  Erfurdt,  Lips.  1808.  3  Voll.  Uebersetzt  von  L.  Tro« 
und  C.  Büchele,  Stuttgart  (Metzler)  1827  ff.  8  Bdchn. 

10.  Gl.  Chifflet,  de  A.  M.  vita  et  libris,  Lovan.  1627  und  in  den  Auagg* 
C.  G.  Heyne,  censura  ingenii  et  historiarum  Am.  Marc. ,  Opusc.  VI.  p.  S6 
—51.  De  Ammiano  Marc.  Abhandlungen  von  A.  A.  Ditki  (ROssel  1841.  4.), 
C.  A.  Müller  (Posen  1862.  4.),  E.  A.  W.  Möller  (Königsberg  1863).    Quie- 


..^..jdlB 


402  f.    AmmianuB.    Praetextatus.  895 

stiones  Ammianeae  von  Reuscher  (I:  A.  vita,  Frankf.  a.  0.  1869.  4.),  E.  E, 
Hudemann  (Landsberg  a.  W.  1864.  4.),  W.  A.  Cart  (Berlin  1868),  P.  Laugen 
(Düren  1868.  4.  und  Philologus  XXIX.  S.  469-487),  H.  Kallenberg  (gram- 
maiicae,  Halle  1868).  J.  Hermann,  obBeryatdones  critt.  Amm. ,  Bonn  1865. 
R.  ünger,  de  A.  M.  locis  controversiB,  Neuetrelitz  1868.  M.  Haupt,  Berlin  1868. 
4.  V.  Gardthausen,  coniectanea  Amm.  codice  adhibito  Vat.,  Eiel  1869.  46  pp. 

11.  Die  zuerst  von  H.  Yalesius  (Valois)  an  seiner  Ammianausg.  (Paris 
1636)  und  seitdem  in  den  meisten  Ausgaben  des  A.  (z.  B.  Wagner-Erfurdt 
I.  p.  609—628)  veröfiFentlicbten  Excerpta  de  Coustantino  Chlore,  Constan- 
tino  M.  et  aliis  imperatoribus  (bes.  de  Odoacre,  Theoderico)  stehen  auch 
in  Muratori  script.  rer.  ital.  XXIV.  p.  636  fiF.  Die  erste  Hälfte  ist  eine 
beachtenswerthe  Quelle  für  die  Geschichte  Coustantins.  J.  Burckhardt, 
Constantin  S.  367,  A.  3.  S.  372.  374.  Von  verschiedenem  Charakter  ist  die 
mit  Zenon  beginnende  zweite  Hälfte,  zvirar  stofflich  gleichfalls  werthvoU, 
aber  in  einer  barbarischen  Sprache  gehalten.  Beide  Hälften  haben  zum 
Verfasser  einen  Christen.  G.  Waitz,  Götti.  gel.  Nachr.  1865,  S.  81  ff.  Wat- 
tenbach, Deutschi.  Geschichtsquellen  S.  44. 

12.  Aus  der  Zeit  des  Ammianus  ist  virohl  der  Sulpicius  Alexander  aus 
dessen  Historia  (Buch  III  u.  IV)  Gregor  von  Tours  (bist,  franc.  II,  9)  öinige 
Stellen  anführt 

403.     Die  Philosophie  wurde  in   dieser  Zeit  hauptsächlich 

von  sqlchen  Kreisen  betrieben  welche  in  ihr   eine  Stütze   und 

Waffe  gegen  das  übermächtige  Christenthum  suchten,   wie  von 

dem  hochgestellten  und  edeln  Vettius  Prätextatus.    Selbständige 

Bedeutung  hat  aber  keiner  der  Männer  die  besonders  von  Sym- 

machus  als  Philosophen  bezeichnet  werden. 

1.  Vettius  Agorius  Praetextatus,  augur,  pontifex  Vestae,  pontif. 
Solis,  XVvir,  curialis  Herculis,  sacratus  Libero  et  Eleusiniis,  hierophanta, 
neocorus,  taurobolatus ,  pater  patrum,  in  rep.  vero  quaestor  candidatus, 
praetor  urb.,  corrector  Tusciae  et  Umbriae,  consularis  Lusitaniae,  procons. 
Achaiae  (Zosim.  IV,  3),  praef.  urbi  (J.  367—370,  s.  Cod.  Theod.),  legatus 
a  senatu  missus  V,  praef.  praei  II  Italiae  et  Illyrici  (das  zweite  Mal  J. 

384,  B.  Cod.  Theod.  VI,  5,  2.    Cod.  lust.  I,  54,  5),  cons.  ord.  designatus  (J. 

385,  wo  er  starb),  nach  seiner  Grabschrift  im  Capitol  (Donati  72,  2.  vgl. 
OrelH  2354),  welche  zeigt  dass  noch  immer,  wie  schon  in  der  Zeit  des 
Apulejus,  die  tüchtigsten  Anhänger  der  alten  Religion  bestrebt  waren 
durch  Vielheit  der  Culte  zu  ersetzen  was  ihnen  an  innerer  Befriedigung 
und  Sicherheit  abgieng.  Dazu  sollte  ihm  auch  die  Philosophie  (Macrob. 
Sat.  I,  24,  21)  behülflich  sein.  Boeth.  de  interpret.  ed.  sec.  I.  p.  289:  Vet- 
tius Praetextatus  priores  postremosque  Analyticos  non  vertendo  Aristotelem 
latino  sermoni  tradidil,  sed  transferendo  Themistium.  Vielleicht  ist  von 
ihm  auch  die  unter  Augustins  Namen  erhaltene  Schrift  De  X  categorüs. 
lu  dem  Gedicht  auf  ihn  das  seine  Gattin  Aconia  Fabia  PauHna  auf  sein 
Grab  schreiben  Hess  (zuletzt  bei  Bücheier,  Greifswalder  Sommerkat  1870, 
p.  13 — 15)  rühmt  v.  8  ff.  von  ihm:  tu  quidquid  lingua  utraquest  proditum 
cura  sophorum  porta  quis  caeli  patet,  vel  quae  periti  condidere  carmina, 
vel  quae  solutis  vocibus  sunt  edita,  meliora  reddis  quam  legendo  sumpseras 


"^ 


396  ^^6  Kaiserzeit.    Viertes  Jahrhundert. 

(theils  diirch  Uebersetzen  theils  durch  Emendieren,  vgL  oben  402,  2  f.). 
A.  Haakh  in  Pauly's  Real-Enc.  VI,  2.  S.  2536,  Nr.  42.  O.  Jahn,  Berichte 
d.  Bachs.  6.  d.  W.  1861,  S.  338  —  342.  H.  Richter,  das  weström.  Reich 
(1865)  S.  339  f. 

2.  Symmach.  epist.  I,  29:  nihil  moror  ceteros  .  .  qui  philosophiam 
fastu  et  habitu  mentiuntur.  paucos,  et  in  his  praecipue  familiärem  meam 
Batrachum,  nostra  aetas  tulit  quorum  germana  sapientia  ad  vetustatem 
yergeret.  Augastin.  epist  I,  1 :  hoc  saeculo  cum  iam  nullos  videamns  phi- 
loBOphos  nisi  forte  amiculo  corporis,  quos  quidem  haud  censuerim  dignoi 
tam  venerabili  nomine. 

3.  Fürsprache  far  das  salarium  des  professor  philosophiae  Prisdanos 
bei  Symmach.  ep.  I,  79.    Ein  philosophiae  candidatus  ib.  I,  41. 

4.  Als  Philosophen  werden  in  den  Briefen  des  Symmachus  genannt 
Maximus  (ü,  29),  Asclepiades  (V,  31),  lamblichus  (IX,  2),  Nidas  (IX,  39), 
Celsus  (X,  25). 

5.  Macrob.  I,  7,  3:  Horus  (vgl.  Symm.  Ep.  II,  39),  vir  corpore  atque 
animo  iuxta  validus,  qui  post  innumeras  inter  pugiles  palmas  ad  philoso- 
phiae studia  migravit  sectamque  Antisthenis  et  Cratetis  atque  ipsius  Dio- 
genis  secutus  inter  Cynicos  non  incelebris  habebatur. 

6.  Macrob.  I,  5,  13:  Eustathium,  qui  tantus  in  omni  genere  philo- 
sophiae est  ut  etc.  VII,  1,  8:  quia  te  unicum,  Eustathi,  sectatorem  philo- 
sophiae nostra  aetas  tulit.    Vgl.  oben  402,  1. 

7.  lieber  Nicomachus  Flavianus  I  s.  oben  402,  1. 

8.  üeber  Augustinus  philosophische  Schriften  s.  unten  414. 

404.  Ein  jüngerer  Zeitgenosse  des  Symmachus  war  der 
Grammatiker  Servius  Honoratus,  welcher  zu  Rom  lehrte  und 
schrieb,  hauptsächlich  bekannt  als  Verfasser  des  reichhaltigen 
Commentars  zu  den  vergilischen  Gedichten  welcher,  obwohl 
durch  Verkürzungen  und  Interpolationen  entstellt,  auf  uns  ge- 
kommen ist.  Das  Verdienst  desselben  besteht  Yomehmlich  in 
der  Belesenheit  womit  Servius  eine  Fülle  von  StoflF  aus  der  My- 
thologie, Geschichte,  Geographie,  und  besonders  den  religiösen 
Alterthümem  zusammengebracht  hat;  Urteil  und  Geschmack 
zeigt  Servius  zwar  wenig,  aber  doch  viel  mehr  als  sein  Fach- 
genösse,  Ti.  Claudius  Donatus,  von  welchem  gleichfalls  ein  an 
seinen  Sohn  Donatianus  gerichteter  Vei^commentar  erhalten  ist 
Auf  das  Sachliche  erstreckt  sich  dieser  sehr  wenig;  wohl  aber 
ist  eine  vita  Vergilii  vorausgeschickt,  welche  so  weit  als  sie  ans 
Suetonius  stammt  von  Wichtigkeit  ist.  Ausser  jenem  Commentar 
zu  den  vergilischen  Gedichten  besitzen  wir  von  Servius  einen 
Commentar  zur  Ars  des  Aelius  Donatus  und  eine  Uebersicht  der 
verschiedenen  Metra  (Centimeter).  Auch  tragen  seinen  Namei 
Abhandlungen  de  accentibus,  de  ultimarum  syllabarum  natura 
(de  finalibus)  und  de  metris  Horatii. 


404.    Serviuß.    Ti.  Donatus.  897 

1.  Bei  Macrobios  erscheint  als  luterlocutor,  ueben  Vetüus  Praetex- 
tatus  (t  J.  385,  8.  oben  403,  1),  Symmachus  u.  A.,  Servins  inter  gramma- 
ticos  doctorem  recens  professus,  iuxta  doctrina  mirabilis  et  amabilis  vere- 
cundia,  Macrob.  I,  2,  15  vgl.  24,  8.  20.  VII,  11,  2:  et  Disarius,  age,  Servi, 
non  solnm  adulescentium  qui  tibi  aeqaaevi  sunt  sed  senum  quoque  oni- 
nium  doctissime,  etc.  Ist  die  fingierte  Gesprächszeit  etwa  J.  380,  so  war 
demnach  Scrvias  etwa  J.  365  geboren.  Wie  die  Gesellschaft  in  der  er  bei 
Macr.  auftritt  so  macht  sein  gelehrtes  Interesse  für  die  alte  Religion  (Pon- 
tifical-  und  Anguralwesen)  höchst  wahrscheinlich  dass  Qr  sich  zur  letzteren 
auch  bekannte.  Von  Christlichem  wenigstens  ist  in  seinem  Commentar 
keine  Spur.  Servius  magister  urbis,  Acro  zu  Hör.  S.  I,  9,  76.  Vgl.  Macrob. 
VI,  6, 1 :  Servius  .  .  cotidie  romanae  indoli  enarrando  eundem  vatem  (Ver- 
gil)  necesse  est  habeat  huius  .  .  scientiam  promptiorem.  Name:  Marius 
(oder  Maurus)  Servius  Honoratus;  oft  mit  Sergius  verwechselt. 

2.  Dass  der  Vergilcommentar  des  Servius  nicht  in  seiner  ursprüng- 
lichen Gestalt  überliefert  ist  zeigen  handgreiflich  die  Stellen  wo  in  den- 
selben Servius  selbst  citiert  wird  (ad  Ecl.  I,  12.  IX,  1:  ut  Servius  dicit), 
sowie  der  verschiedene  Umfang  des  Commentars  in  den  einzelnen  Hand- 
schriften; s.  G.  Thilo,  Rhein.  Mus.  XIV.  S.  535—550.  XV.  S.  119  ff.  Momm- 
sen  ebd.  XVI.  S.  442  ff.  Hauptausgabe  von  P.  Daniel,  Paris  1600  fol. 
(Genf  1636).  Ausserdem  Ausgaben  von  P.  Burmann  (an  seinem  Vergil, 
Amsterd.  1746.  4.)  und  von  fl.  A.  Lion  (Gotting.  1826,  2  VolL).  Eine  kri- 
tische, die  verschiedenen  Bestandtheile  sondernde  ist  in  Aussicht  gestellt 
von  G.  Thilo.  Proben:  Servii  coram.  Aen.  I,  129  —  300  (Naumburg  1856. 
4.);  Georg.  I,  1—100  (Halle  1866.  4.),  sowie  (juaestiones  Servianae,  Halle 
1867.  53  pp.  4.   Th.  Bergk,  Servii  Casselani  Part.  I-V,  Marburg  1843—1845. 

4.  Böhmer,  lectionum  Serv.  fasc,  Oels  1868.  4. 

3.  Ueber  Servius  und  seinen  Vergilcommentar  vgl.  Lion  p.  V— VHI. 
Saringar,  bist,  crit  scholl,  latt.  IL  p.  59—92.  E.  Teuber,  de  Mauri  Servii 
gramm.  vita  (p.  1—17)  et  conunentariis  part.  I,  Breslau  (1843)  Diss.  (p.  17 
—28  de  codicibus  Servii;  p.  28—36  de  editionibus;  p.  38 — 69  über  Werth 
und  Quellen  des  Commentars).  Gräfenhan,  Gesch.  d.  dass.  Philol.  IV.  S. 
93  f.  325—327.    Ribbeck,  prolegomena  p.  189—192. 

4.  Commentar  zur  Ars  des  Donatus  s.  oben  385,  2.  Die  Explauationes 
in  Donatum  (ebd.)  sind  wohl  nur  mit  Benützung  der  Gelehrsamkeit  des 
Servius  gearbeitet  und  ihm  selbst  so  wenig  ähnlich  dass  man  seineu  Na- 
men durch  Sergius  ersetzte.  De  accentibus  bei  Endlicher  und  Eichenfeld, 
Analecta  gramm.  p.  525  ff.  Dass  der  Inhalt  aus  Varro  entlehnt  sei  ist 
unerweislich.  De  ratione  ultimarum  syllabarum  ad  Aquilinum  in  Putsche's 
gramm.  p.  1797  ff.,  bei  Endlicher  1.  1.  p.  491  ff.  Damit  sachlich  identisch 
ist  das  Schriftchen  de  finalibus,  ad  Aquilinum,  bei  Keil  gramm.  IV.  p.  449 
—455,  vgl.  oben  384,  4  E.    Dagegen  L.  Müller  in  Fleckeisens  Jahrbb.  93, 

5.  564  f.  Einem  jungen  Albinus  (praetextatorum  decus)  geviddmet,  dessen 
pater  avusque  .  .  mazimam  reverentiam  litterae  debent  (der  Vater  wohl 
identisch  mit  dem  Albinus  bei  Macrob.),  ist  der  Ceutimeter  libellus  (tot 
enim  metrorum  genera  digessi  quanta  potui  brevitate),  bei  Putsche  p. 
1815  ft*.,  in  Gaisford's  scriptores  rei  metr.  p.  363  ff  ,  in  Keils  gramm.  IV. 
p.  456-472;  vgl.  ib.  p.  XL V— XL VII.   Westphal,  allg.  Metrik  S.  47  f.  nebst 

Tcuffcl,  röin.  Literaturgeschichte.  ^7 


398  ^^3  Kaieerzeit.    Viertes  Jahrhundert. 

L.  Maller  in  Fleckeisens  Jahrhb.  93,  S.  563  f.,  der  hervorhebt  dass  die 
Beispiele  alle  selbstgemachte  seien  (vgl.  p.  461,  25  K.:  versiculos  tibi  da- 
ctylicos  cecini,  puer  optime,  quos  facias;  p.  463:  Vergilias,  Mantoa  quem 
creavit;  .  .  Maecenas  atayis  Lydia  quos  fert  genite,  und  den  SchlaBsrers 
p.  467:  rem  tibi  confeci,  doctissime,  dulcisonoram).  Um  so  eher  wird  der 
Verfasser  ein  Grammatiker  von  höherer  Bedeutung  sein.  Daran  achhesst 
sich  im  Paris.  7530  an:  Servii  de  metris  Horatii  (bei  Keil  IV.  p.  468—472 
vgl.  p.  XLVII  f.)  mit  der  Widmung:  Servius  Fortunatiano  dn.  Saperfluom, 
amice ,  fore  putavi ,  et  post  Terentianum  metra  digerere  [Lücke]  . .  aliad 
agenti  obtulerat  exposita  viderentur  (Verweisung  auf  den  Centimeter  oder 
auf  Terentianus?).  quare  Horatium  cum  in  Campania  otiarer  excepi  etc. 
Diese  Ferienarbeit  steht  dem  Centimeter  weit  nach  und  scheint  von  einem 
andern  Verfasser  zu  sein;  vgl.  L.  Müller  a.  a.  0.  Rhein.  Mus.  XXV.  S.  340  f. 

5.  Die  Interpretationes  des  Donatus  zu  Vergü  herausgegeben  Nea- 
pel 1635  und  an  den.  Vergilausgaben  von  G.  Fabrici^is  (Basil.  1561  fol.) 
und  Lucius  (Basil.  1613  fol.).  Vorausgeschickt  ist  ein  Schreiben.  Ti.  Clau- 
dius Donatus  Ti.  Claudio  Maxime  Donatiano  filio  s.  p.  d.  Incertum  metuens 
vitae,  quod  magis  senibus  incumbit  et  proximum  est,  cursim  scripsi  qaae 
potui,  relinquens  plurima,  .  .  ut  si  quid  mihi  adversi  accideret  haberes  inter* 
pretationum  mearum  quod  imitareris  exemplo.  verum  quia  .  .  contigit 
diutius  vivere  hos  libros  interim  legendos  curavi.  Denn  er  sei  entschlossen 
die  hier  übergegangene  Sacherklärung  in  einer  eigenen  Arbeit  nachzuholen, 
sie  fiet  ut  origines  singulanmi  personarum  quas  Vergilius  Aeueidos  hbris 
comprehendit .  .  (cognoscas).  simul  etiam  cognosces  oppidorum  insularom- 
que  rationem,  regionum,  .  .  templorum  ac  fanorum,  herbanim,  quin  etiam 
et  lignorum  vocabula  et  cetera  bis  similia.  sed  haec  sie  accipiae  vehm  nt 
ex  commentarüs  scias  veterum  me  esse  collecturum;  antiqua  enim  et  fa- 
bulosa  ac  longinquitatis  causa  incognita  nisi  priscorum  docente  memoria 
non  poterunt  explicari.  Zur  Ausarbeitung  oder  Vollendung  dieser  Realien 
der  Aeneis  (also  einer  Arbeit  ähnlich  der  des  Vibius  Sequester)  scheint  et 
aber  nicht  gekommen  zu  sein.  Das  Werk  sollte  einen  Anhang  zu  den  In- 
terpretationes bilden  oder  die  Stelle  eines  beabsichtigten  Registers  dazn 
vertreten;  vgl.  zu  VII,  646:  catalogus  iste  huic  Interpretationum  libro  non 
fuerat  inserendus.  nihil  enim  habet  quod  artificiose  posset  exponi.  est 
quippe  nominibus  hominum,  gentium,  fluviorum,  deorum,  .  .  herbarum,  . . 
fontium  plenus.  tamen  ne  quid  libro  decerpi  videatur  dicemus  aliqua  dos 
uno  libro  qui  XII 1°^  erit,  cum  totius  operis  conplexione  dicturi,  ut  historiae 
per  XII  libros  sparsae  et  cetera  quae  supra  dicta  non  sunt  possint  evidoi- 
ter  apparere. 

6.  Servius  citiert  öfters  (z.  B.  Aen.  II,  657.  798.  Ecl.  III,  38),  m&A 
polemisierend,  Donatus  kurzweg,  ohne  zweierlei  Personen  zu  unterscheiden. 
Er  scheint  daher  auch  nur  Einen  Vergilcommentator  dieses  Namens  ge- 
kannt zu  haben,  ohne  Zweifel  den  älteren  (oben  385,  4).  Li  den  interpo- 
herten  Partien  könnten  aber  dann  die  Interpretationes  des  jüngeren  Dona- 
tus mitbenutzt  sein. 

7.  Ueber  Donaths  vita  Vergilii  s.  oben  210,  1,  b.  Im  Paris.  1011 
hat  sie  an  ihrer  Spitze  einen  Brief  mit  der  Ueberschrift:  FL  Donatus  L 
Munatio  suo  salutem.  In  den  übrigen  Hdss.  ist  de  ohne  Ueberscfaiift  an 
den  Commentar  des  Servius  angeschlossen. 


..isuJeiJS 


404  f.    Servius.    Ti.  Donatus.    VegetiuB.  899 

8.  üeber  Donat  vgl.  Suringar,  bist.  crit.  scholl.  II.  p.  31—58.  Grä- 
fenhan,  Gesch.  d.  class.  Philol.  IV.  S.  316—318. 

9.  Ein  Grammatiker  Maximas  aus  Madaura  der  den  Polytheismus 
gegen  Augustin  yertheidigt  bei  Augustin.    epist.  16  (Migne  XXXIII.  p.  81). 

10.  Ueber  lunius  Philargyrius  s.  unten  442, 11. 

405.  Dem  Theodosius  I  widmete  Flavius  Vegetius  Bena- 
tus  seine  Epitoma  rei  militaris  in  vier  Büchern,  welche  vorzugs- 
weise geschichtlich  angelegt  ist,  sich  selbst  als  ein  Werk  des 
Fleisses  gibt  und  auf  selbständigen  sachlichen  Werth  oder  sti- 
listische Vorzüge  keinen  Anspruch  macht.  Vielleicht  um  einige 
Jahrzehnte  jünger  ist  die  ausführliche  Thierheilkunde  (mulome- 
dicina)  eines  P.  Vegetius  nach  älteren  Quellen  in  ungebildeter 
Sprache. 

1.  Ueberschrift:  Flavi  Vegeti  Renati  viri  inlustris,  comitis  Epitoma 
rei  militaris.  Der  Kaiser  dem  er  seine  Schrift  widmet  wird  zwar  von  dem 
Verf.  selbst  nicht  genannt,  doch  ist  nahezu  sicher  dass  es  Theodosius  I 
ist;  8.  C.  Lang  in  sr.  Ausg.  p.  VII  f.  Und  zwar  ist  zur  Zeit  der  Abfassung 
Gratianus  bereits  todt  (p.  21,  6:  tempus  divi  Gratiani),  die  Schrift  also 
zwischen  384  und  395  geschrieben.  Zwischen  der  Herausgabe  von  B.  I  und 
der  des  Weiteren  war  eine  Pause,  s.  A.  3. 

2.  Der  Verfasser  bekennt  sich  zum  Christenthuro ,  wurzelt  aber  mit 
seinen  religiösen  Vorstellungen  in  der  alten  Zeit  und  unterscheidet  sich 
daher  in  seiner  Art  über  religiöse  Dinge  sich  auszudrücken  sehr  wenig  von 
den  NichtChristen  seiner  Zeit.  Vgl.  II,  6  (p.  37  L.):  iurant  (milites)  per  deum 
et  Christum  et  sanctum  spiritum  et  per  maiestatem  imperatoris,  quae  se- 
cimdum  deum  generi  humano  diligenda  est  et  colenda.  nam  imperatori 
. .  tanquam  praesenti  et  corporali  deo  fidelis  est  praestanda  devotio.  Die 
andern  derartigen  Aeusserungen  könnten  ebenso  gut  bei  Firmicus  oder 
Symmachus  stehen;  so  I  praef :  non  recte  aliquid  incohatur  nisi  post  deum 
faverit  imperator.  II,  21 :  etiam  divinitatis  (s.  oben  376,  4)  instinctu  legio- 
nes  a  Romauis  arbitror  constitutas.  IV,  40:  transitus  siderum  . .  cum  prae- 
scripto  cursu  dei  arbitrio  creatoris  suscipiunt  signa.  Bezeichnend  fiir  den 
Buperstitiösen  Charakter  seines  Glaubens  IV,  35:  dass  das  Schiifsbauholz 
nur  in  den  acht  Tagen  a  XV«  luna  usque  ad  XXIIam  geföllt  werden  dürfe, 
wenn  es  nicht  wurmstichig  werden  solle,  et  ars  ipsa  et .  .  cotidianus  usus 
edocuit  et  contemplatione  ipsius  religionis  agnoscimus,  quam  pro  aetemi- 
täte  bis  tantum  diebus  placuit  celebrari. 

3.  Veget.  I  praef.:  tauto  inferiorem  me  antiquis  scriptoribus  esse 
vix  sensi,  licet  in  hoc  opusculo  nee  verborum  concinnitas  sit  necessaria  nee 
acrunen  ingenii,  sed  labor  diUgens  ac  fidelis,  ut  quae  apud  diverses  histo- 
ricos  vel  armorum  disciplinam  docentes  dispersa  et  involuta  celantur  pro 
utilitate  rom.  proferantur  in  medium.  II  praef.:  cum  haec  (instituta  maio- 
rum  parÜB  armatae)  litteris  breviter  comprehendere  maiestati  vestrae  .  . 
recognoBcenda  praeciperer,  certavit  saepius  devotio  cum  pndore.  . .  libel- 
lum  de  dilecttt  atque  exercitatione  üronum  (B.  I)  dudum  tamquam  famulus 
obtuli,  non  tamen  culpatus  abscessi.  III  praef.:  quae  per  diverses  auctores 

57* 


900  Die  Kaiserzeit.    Viertes  Jahrhundert. 

librosque  dispersa,  iraperator  invicte,  mediocritatem  meam  abbreviare  ias- 
ßisti.  II,  3  nennt  V.  als  Vorgänger  bes.  Cato  nnd  Prontinus:  horam  in- 
stituta,  horam  praecepta  in  quantum  valeo  strictim  fideliterque  signabo. 
Vgl.  I,  28.  III,  26.  IV  praef.  Vergilius  in  Georgicis  und  Varro  in  libris 
navalibus  angefahrt  IV,  41  vgl.  II,  1:  Latinorum  egregius  auctor  (Verg. 
Aen.).    Sallustius  citiert  I,  4.  9. 

4.  Jedes  Buch  hat  ein  Vorwort,  B.  I  und  HI  auch  ein  Schlusswort 
von  höfisch  rhetorischem  Charakter.  Buch  I  bebandelt  dilectus  atque  exer- 
citatio  tironum,  B.  II  institutionem  disciplinamque  militarem  (III,  1),  B.  III 
den  eigentlichen  Kiieg  und  das  Strategische,  B.  IV  die  Belagerungskuost 
(rationes  quibus  vel  nostrae  civitates  defendendae  sint  vel  hostium  sub- 
ruendae),  c.  1 — 30.  Darauf  IV,  31:  praecepto  maiestatis  tuae,  imperator 
invicte,  terrestris  proelii  rationibus  absolutis  navalis  belli  residua  .  .  est 
portio ;  de  cuins  artibus  ideo  pauciora  dicenda  sunt  quia  iam  dudum  pacato 
mari  cum  barbaris  nationibus  agitur  terrestre  certamen.  Die  Inhaltsan- 
gaben zu  den  einzelnen  Capp.  (rubricae)  sind  nicht  von  Veg.  selbst,  aber 
schon  im  6— G  Jahrh.  verfasst;  s.  C.  Lang  praef.  p.  X  f. 

5.  Der  Wortschatz  zeigt,  wegen  der  Beschaffenheit  des  Gegenstan- 
Standes  und  der  Benützung  älterer  Autoreu,  verhSltnissmässig  nicht  viel 
späte  Bestandtheile.  Doch  verrathen  Worte  und  Wendungen  wie  missibiüs, 
in  ante,  aliquanti,  proximior  deutlich  genug  die  Zeit  der  Abfassung. 

6.  Handschriften  des  Veg.  gibt  es  über  140,  die  ältesten  aus  saec 
X.  Excerpte  aus  B.  IV  in  dem  Palimpsest  Vatic.  Reg.  2077  saec.  VIL 
Aufzählung  und  Beurteilung  der  Udss.  bei  Lang  p.  XI — XL.  Ein  Tbeil 
derselben  hat  die  Subscription :  FI.  Eutropius  emendavi  sine  ezemplario 
Constantinopolim  Consul.  Valentiniano  Aug.  VII  et  Abien.  {^=  J.  450  n.  Chr.). 
0.  Jahn,  Berichte  d.  sächs.  G.  d.  W.  1851,  S.  344  f. 

7.  Ausgaben.  Ed.  pr.  Utrecht  um  1473  fol.  Spätere  bes.  von  Fr. 
Modius  (Colon.  1580),  G.  Stewechius  (Antv.  1584.  4.);  von  P.  Scriverios, 
cum  notis  Stewechii,  Modii,  Antv.  1607,  2  Voll.  4.  (Wesel  1670.  8.).  £<!• 
N.  Schwebelius,  Nürnberg  1767.  4.  Cum  notis  varr.  Strassburg  1806.  ßec. 
C.  Lang,  Lips.  (Teubner)  1869. 

8.  Aus  Vegetius  ausgeschrieben  ist  des  angeblichen  Modestus  Übel- 
lus  de  vocabulis  rei  militaris  ad  Tacitum  Aug.,  abgedruckt  in  den  Aus- 
gaben der  scriptores  rei  militaris  und  in  den  älteren  des  Vegetius  (voo 
Fr.  Modius,  Stewechius  und  Scriverius).  Aeltere  Abschriften  desselben  ab 
aus  saec.  XV  gibt  es  aber  nicht.  In  Wahrheit  ist  das  Büchlein  verfasst 
von  Pomponius  Latus  oder  einem  Schüler  desselben,  mit  dessen  Schrift  de 
magistratibus  (und  de  legibus)  es  ursprünglich  (anonym)  zusammen  er- 
schien.   Peyron,  notitia  libr.  bibl.  Taurin.  (1820)  p.  85  f. 

9.  Des  P.  Vegetius  mulomedicina  sive  ars  veterinaria  ist  gednidct 
Basil.  1528.  4.  1574.  4.  (ed.  J.  Sambucus),  in  J.  M.  Gesner's  (II.  p.  173—305) 
u.  J.  G.  Schneider's  (VoL  IV)  scriptores  rei  rusticae,  bei  den  Früheren  in 
vier,  bei  Schneider  in  sechs  Bücher  abgetheilt  (B.  I  =  I.  II  Sehn.;  111  =« 
IV  u.  V  Sehn,). 

10.    üeber  seine  Grundsätze  spricht  sich  P.  Vegetius  in  wiederholten 
Vorreden  aus.    I.  praef.  6:  cum  ab  initio  aetatis  alendorum  eqnomm  sto- 


405  f.    Vegetiiis.    Marceil us  Empiricus.  901 

dio  flagrarem  baue  operam  non  invitus  arripui  ut  conductis  in  unum  la- 
tini»  dumtaxat  auctoribus  univereis,  adhibitds  etiam  mulomedicis  et  medicis 
non  omissis  .  .  in  quantum  mediocritas  ingeuii  patitur  plene  ac  breviier 
omuia  epitome  congererem.  II  (Gesn.)  praef.  1:  mulomedicinae  ars  iam- 
dudum  .  .  collapsa  est.  numquid  vero  exemplo  Hunnorum  .  .  artis  usus 
intercidet?  III  (Gesn.).  praef.  1  f.:  mulomedicinae  me  commentarios  ordi- 
nante  civium  atque  amicorum  frequens  querela  .  .  suspendit.  .  .  cedens 
itaque  familiarium  bonestissimae  voluntati  ex  diversis  auctoribus  eüucleata 
collegi  pedestrique  sermone  in  libellum  contuli.  cuius  erit  praecipua  feli- 
citas  si  eum  nee  scbolasticus  fastidiat  et  bubulcus  intellegat.  Ganz  dem 
Gesicbtskreise  und  der  Ausdrucksweise  des  Scblusses  von  sacc.  IV  entspricbt 
IV  (Gesn.)  praef.  1  ff.:  soUemnis  excusatio  neglegentium  est  dispendia  ex 
dissimnlatione  venieutia  deo  imputare  vel  casibus.  .  .  quae  fortasse  vera 
videantur  in  bomine,  qui  divina  Providentia  ac  dispositione  fatorum  creditur 
regi.  auimalia  vero,  cum  quibus  divinitas  nihil  dignätur  babere  commune, 
nisi  bominum  studio  impensisque  curentur  absque  ambiguitate  depereunt. 

11.  Als  Vorgänger  (und  Quellen)  nennt  Veg.  I  praef.  2  f.  Pelagonius 
(vgl.  ib.  17,  15.  IV,  13,  3.  14,  2.  27,  3),  Columella,  Cbiron  und  Absyrtus 
(vgl.  ib.  38,  5.  IV,  13,  4.  22,  1.  27,  1  f.).  Gitteren  des  Vergil  I.  praef.  8 
(Mantuanus  poeta  divino  ore  testatur)  und  56,  36  (quod  naturaliter  laudat 
Vergilius).  Die  aufgeführten  Pferderacen  zeugen  von  weitem  geographi- 
schem Horizont.  Z.  B.  I,  56,  37:  equos  quos  vulgo  trepidiarios,  militari 
verbo  tottonarios  vocant  ita  edomant  (Parthi)  etc.  IV,  6,  2  f.  (G.):  ad 
Vjellum  Hunniscorum  longe  primo  docetur  utilitas  patientiae  etc.  Toringos 
deinde  et  Burgundiones  iniuriae  tolerantes,  tertio  loco  Frigiscos  etc.  Die 
Anatomie  des  Pferdes  wie  sie  Veg.  gibt  wird  von  Sachverständigen  gelobt. 

406.  Unter  dem  Namen  des  Marcellus,  ex  mag.  officio- 
rum  unter  Theodosius,  haben  wir  ein  Haiisarzneibuch  welches 
vorzugsweise  aus  Scribonius  Largus  geschöpft,  aber  mit  vielen 
abergläubischen  Zuthaten  gemischt  ist. 

1.  Marcelli  de  medicamcutis  empiricis,  physicis  ac  rationabilibus  liber 
.  .  iam  primum  in  lucem  emergens  .  .  per  Janum  Comarium,  Basil.  1536 
foL  Auch  in  den  Sammlungen  der  Medici  autiqui  von  Aldus  (Venet.  1547) 
und  Stephanus  (Paris.  1567).  Vorwort:  Marcellus  vir  ill.  ex  mag.  off.  Theo- 
dosii  sen.  filiis  suis  s.  d.  Abo  schrieb  er  unter  Theodosius  II,  somit  nicht 
vor  408.  Er  ist  wohl  der  Marcellus  magister  off.  im  J.  395  im  Cod.  Theod. 
VI,  29,  8  und  XVI,  5,  29  (wo  ihm  das  Einschreiten  gegen  NichtChristen 
im  Uofdienste  aufgetragen  wird).  Vgl.  Suidas  II.  p.  702  Bnb. :  MdguslXog, 
fidytaTQog  'Agnadiov  tov  ^atftXeoff,  noofi^og  dget^g  dnd^Tjg  etc.  Da  er  den 
AuBonius  unter  seinen  Mitbürgern  nennt  so  wird  er  als  Burdigalensis  be- 
zeichnet, von  Andern  nach  seiner  rein  empirischen  Richtung  Empiricus. 
Arzt  war  er  nicht. 

2.  Das  Buch  de  medicamentis  zählt  in  36  Capiteln  einfache,  zusam- 
mengesetzte und  zauberische  Mittel  gegen  alle  Krankheiten  vom  Kopfe  bis 
zu  den  Fusszeben  auf.  Sein  einziger  Werth  besteht  in  seinen  zahlreichen 
Pflanzennamen  (E.  Meyer,  Gesch.  d.  Botanik  II.  S.  305—315),  theilweise  mit 


902  ^^ic  Kaiserzeit.    Viertes  Jahrhundert. 

ihren  keltischen  Bezeichnungen;  J.  Grimm,  über  Marcellns  Bnrdig.,  Berlin 
1849.  4.  (Abhandl.  d.  Berl.  Äk.  von  1847.) 

3.  Dem  Buche  de  med.  geht  in  den  Ausgaben  voraus  eine  Anzahl 
meist  apokrypher  medicinischer  Briefe ,  z.  B.  von  Hippokrates  an  König 
Antiochos  und  an  Mäcenas.  Geschichtlich  ist  nur  der  des  comes  archia- 
trorum  Vindicianus  (Cod.  Theod.  XIII,  3,  12  vom  J.  379,  vgl.  X,  19,  9 
vom  J.  378 :  v.  c,  vicarius)  an  Valentinian,  vielleicht  ursprünglich  die  Wid- 
mung des  darin  erwähnten  Werkes  de  ezpertis  remedüs.  Ueber  Vind.  vgl 
noch  Augustin.  Epist.  138,  3.    confess.  IV,  1,  5.  VII,  6,  8. 

4.  Angehängt  sind  dem  Buche  de  med.  78  Hexameter  von  gleichem 
Inhalte  und  incorrecter  Prosodie,  wahrscheinlich  die  von  Marcellus  in  der 
Zuschrift  an  seine  Söhne  erwähnte  Tändelei;  s.  E.  Meyer,  Gesch.  d.  Bota- 
nik II.  S.  301—304.  Abgedruckt  in  Ausgaben  des  Marcellus  (A.  1)  wie  des 
Celsus,  öfters  unter  dem  Namen  des  Vindicianus  (A.  3)  oder  gar  des  Se- 
renus  Samouicus. 

407«  Auf  christlicher  Seite  ist  die  gliinzendste  Erscheinung 
der  charaktervolle  Bischof  von  Mailand^  Ämbrosius  (um  340— 
397),  ebenso  gewandt  wie  energisch  und  kühn,  persönlich  un- 
eigennützig und  menschenfreundlich,  aber  unersättlich  für  die 
Macht  und  den  Ruhm  seiner  Barche.  Von  seinen  Schriften  sind 
geschichtlich  die  wichtigsten  die  Briefe  und  die  Leichenreden 
auf  Valentinian  und  Theodosius.  Besondere  Berühmtheit  ge- 
wannen seine  Barchenlieder  (hymni),  welche  sich  näher  an  die 
classische  Form  hielten  als  die  des  Damasus. 

1.  Biographie  des  A.  von  Paulinus,  worin  c.  3  ff..*  posito  in  admi- 
nistratione  praefecturae  Galliarum  patre  eins  Ambrosio  natus  est  (yiellei€ht 
zu  Trier]  Ämbrosius.  . .  postquam  edoctus  liberalibus  disciplinis  ex  nrbe 
(Rom)  egressus  est  .  .  ita  splendide  causas  peroravit  ut  eligeretur  a  lito 
ül.  Probo  tunc  praef.  praet.  ad  consüium  tribuendum.  post  haec  conso- 
laritatis  suscepit  insignia,  ut  regeret  Liguriam  Aemiliamque  proyindas, 
venitque  Mediolanum.  per  idem  tempus  mortuo  Auxentio  Arianae  perfidiae 
episcopo  etc.  Ambros.  de  off.  I,  1,  4:  ego  raptus  de  tribunalibus  et  ad- 
ministrationis  infulis  ad  sacerdotium.  Hieron.  ad  a.  2390  (Bong,  ad  a.  2391) 
«=3  376  (statt  374]:  post  Auxenti  seram  mortem  Mediolanü  Ambrosio  epi- 
scopo constituto  omnis  ad  fidem  rectam  Italia  convertitur.  Einflnss  auf 
Augustin  (confess.  V,  13  f.  VI,  3  f.).  Festigkeit  gegenüber  der  arianisch  ge- 
sinnten Kaiserinwittwe  lustina  und  ihrem  Sohne,  dem  jungen  Kaiser  Va- 
lentinian. Diplomatische  Sendungen  an  den  Usurpator  Maximas.  Energie 
gegen  Theodosius  wegen  seiner  Blutthat  in  Thessalonich  (J.  390).  Tod  an 
Ostern  (4.  April)  397.  Paulin us'  vita  Ambrosii.  Tillemont,  M^moires  T.  X 
(1706).  p.  78  ff.  729  ff.  R.  Ceillier,  bist.  gön.  des  auteurs  sacr^s  VII  (173S). 
p.  829—693.  F.  Böhringer,  die  Kirche  Christi  I,  3  (Zürich  1845)  S.  1-98. 
G.  Richter,  das  weström.  Reich  S.  802  f.  678  f.  692—619.  643  ff,  Praner, 
die  Theologie  des  h.  Ambr.,  Eichstädt  1862.  69  S.  4. 

2.  G.  Richter  a.  a.  0.  8.  602:  „Des  A.  Gelehrsamkeit  ist  weder  sehr 


.'^a^fl 


407.    Ambrosius.  903 

gründlich  noch  sehr  ausgedehnt;  Beine  Bibelaaslegung  gewaltsam,  verwor- 
ren, wunderlich;  seine  Speculationen  erheben  sich  nicht  weit  über  das  ni- 
känische  Symbol ;  seine  polemischen  Werke  sind  ohne  Schärfe  der  Dialektik 
und  arten  in  Predigten  aus;  seine  Predigten,  obwohl  A.  für  einen  Meister 
des  Vortrags  galt,  geben  Gewöhnliches  mit  Pathos  und  Uebertreibung. 
Nur  dann  wird  ihr  Eindruck  grösser  wenn  einmal  die  innerste  Erregung, 
die  Charakterkraft  des  Redenden  hervorbricht.  Denn  die  Bedeutung  des 
A.  liegt  in  seinem  persönlichen  Auftreten :  er  ist  der  Feldherr  und  Staats- 
mann der  streitenden  Kirche,  er  hat  ihre  äussere  Macht  ausgedehnt  wie 
kein  Anderer.  Den  Nacken  der  Mächtigsten  unter  ihr  Joch  zu  beugen, 
ihre  Gegner  einzuschüchtern,  zu  verdrängen,  zu  vernichten  war  seine  Stärke." 

3.  Ambrosii  opera  z.  B.  Basil.  (Frohen)  1527  fol.  (von  Des.  Erasmus), 
besonders  aber  studio  et  labore  monachorum  ord.  Sti.  Benedict!  (Jac.  du 
Frische  und  Nie.  Le  Nourry),  Paris.  1686—1690,  2  Voll.  fol.  In  Migne's 
Patrol.  T.  XV  und  XVI  (Paris  1846).  Vgl.  auch  W.  Cureton,  spicilegium 
83rriacum,  London  1855. 

4.  unter  den  Schriften  des  A.  hebt  Hieronymus  besonders  hervor  de 
viduis  liber  und  de  virginitate  tres  libellos  (Epist.  48,  14  vgl.  22,  22:  de 
virginitate . .  Ambrosii  nostri  quae  nuper  scripsit  ad  sororem  opuscula,  in 
quibus  tanto  se  efPudit  eloquio  etc.).  Augustiu  ad  Hier.,  Ep.  116,  21  (p. 
774  ValL):  Ambrosius  noster  .  .  suos  libros  utilium  praeceptionum  plenos 
De  officiis  (ministrorum)  voluit  appellare.  Sie  sind  dem  ciceronischen 
Werke  nachgebildet  Sonderausgabe  (cum  Paulini  libello  de  vita  S.  Am- 
brosii) von  J.  G.  Krabinger,  Tubing.  1857.  Bittner,  de  Cic.  et  Ambr.  offi- 
ciorum  Ubris,  Braunsberg  1849.  4.  Hierou.  Ep.  84,  7  (p.  529  Vall.) :  nuper 
sanctus  Ambrosius  sie  Hexaemeron  (Schöpfungsgeschichte)  illius  (des  Ori- 
genes)  compilavit  ut  magis  Hippolyti  sententias  Basiliique  sequeretur.  Darin 
Zuthaten  aus  Sueton's  Prata,  s.  Beifferscheid  Sueton.  p.  442  f.  Briefe  sind 
91  erhalten,  zum  Theil  von  dem  Umfange  von  Abhandlungen.  Ueber  die 
gegen  Symmachus  geric)iteten  s.  oben  399,  13.  Reden:  De  obitu  Valenti- 
niani  consolatio;  De  obitu  Theodosii  oratio;  De  excessu  fratris  sui  Satyri 
libri  II.  Sonstige  Schriften;  a)  dogmatische:  De  fide  libri  V  ad  Gratianum 
Aug.;  De  spiritu  sancto  libri  III  ad  Gratianum;  De  poenitentia  libri  II; 
De  mysteriis;  De  incamationis  dominicae  sacramento.  b)  praktische  (ausser 
de  oft',  min.  libri  III,  de  virginibus  ad  Marcellinam  sororem  Ubri  III,  de 
viduis):  De  virginitate.  De  institutione  virginis  ad  Eusebium,  Exhortatio 
virginitatis,  De  lapsu  virginis  consecratae.  De  bono  mortis;  De  fuga  sae- 
culi.  c)  exegetische:  De  paradiso;  De  Cain  et  Abel;  De  No(^  et  arca;  De 
Abraham  libri  II;  De  Isaac  et  anima;  De  lacob  et  vita  beata  libri  II;  De 
losepho  patriarcha:  De  benedictionibus  patriarcharum ;  De  Elia  et  ieiunio; 
De  Nabuthe;  De  Tobia;  De  interpellatione  lob  et  David  libri  IV;  Apologia 
prophetae  David  ad  Theodosium  Aug.;  Enarratioues  in  XII  psalmos;  Ex- 
positio  in  psalmum  CXVIII;  Expositio  evangelii  secundum  Lucam,  libri  X. 

5.  Die  zwölf  Hymnen  des  A.  (Morgengebete,  Preis  von  Gott  und 
Christus]  sind  sämmtlich  im  iambischen  Dimeter  gehalten  und  meist  in 
vierzeilige  Strophen  abgetheilt.  Die  Verse  reimen  sich  häufig,  aber  nicht 
regelmässig.  Verlängernde  Wirkung  des  Rhythmus,  z.  B.  castus  amor;  ho- 
nor  natiis  et  gaudium;  am  häufigsten  in  bymn.  6  (fünfmal  in  sechs  Versen); 


9C)4  t)i^  Kaiscrzcit.    Viertes  Jahrhundert. 

ebenso  Verkürzung  (cum  spiritu  paracltto).  Verschleifung  nicht  selten. 
Einführung  von  Wechselgesängen  zwischen  Priester  und  Gemeinde  (cantiB 
Ambrosianus);  vgl.  Augustin.  conf.  IX,  7,  15:  tunc  (unter  Ambr.)  hynmi 
et  psalroi  ut  canerentur  secundum  morem  orientalium  partium  . .  institutum 
est  et  ex  iUo  in  hodiernum  retentum.  Von  diesem  berühmtesten  Dichter 
von  Kirchenliedern  her  wurden  später  Kirchenlieder  überhaupt  ambrosia- 
nische  genannt,  wie  das  bekannte  Te  deum  laudamus. 

6.  Ueber  die  vielleicht  von  A.  verfasste  üebersetzung  von  Josephos 
bell.  iud.  s.  oben  397,  10—12. 

408.  Der  gelehrteste  Vertreter  des  Christenthums  und  zu- 
gleich ein  scharfsinniger  Dialektiker,  dabei  nicht  ohne  Leiden- 
schaftlichkeit, ist  Hieronymus  aus  Stridon,  in  seinem  langen 
Leben  (J.  331 — 420)  unermüdlich  thätig  als  Schriftsteller,  die 
Schriften  des  alten  und  neuen  Testamente  commentierend  und 
übersetzend,  die  christliche  Lehre  darstellend  und  wider  Gegner 
verfechtend,  die  alte  Bildung  durch  lateinische  Bearbeitungen 
mit  Christenthum  und  Gegenwart  vermittelnd.  Von  hervor- 
ragender Wichtigkeit  sind  seine  erweiternde  üebersetzung  der 
Chronik  des  Eusebius,  seine  christliche  Literaturgeschichte  (viri 
illustres),  seine  Bibelübersetzung  und  seine  reichhaltigen  Briefe. 

1.  Hieronym.  viri  iU.  135:  Hieronymus,  patre  Eusebio  natus,  oppido 
Stridonis,  quod  .  .  Dalmatiae  quondam  Pannoniaeque  confinium  fuit,  usqne 
in  praesentem  annum,  i.  e.  Theodosii  principis  XlV^m  (j.  392)  haec  acripsi 
(s.  A.  2).  Als  seine  Lehrer  nennt  er  Marius  Victorinus  (oben  384,  1—6), 
Donatus  (oben  385),  und  (in  Constantinopel)  Gregorios  aus  Nazianz  (vir. 
iU.  117).  Epist.  123,  10:  cum  in  chartis  eccleßiasticis  iuvarem  Dama- 
sum  romanae  urbis  episcopum  et  orientis  atque  occidentis  synodicis  con- 
sultationibus  responderem.  Prosper  de  ingrat.  56  ff.:  hebraeo  simul  et 
graio  latioque  venustus  eloquio,  morum  exemplum  mundique  magister  Hie- 
ronymus. Seine  Schriften  sind  meist  verfasst  in  dem  Kloster  bei  Beth- 
lehem, wohin  er  sich  J.  386  zurückgezogen  hatte  und  wo  er  auch  starb 
(30.  Sept.  420).  Ylisk  Hieronymi  ex  eins  potissimum  scriptis  condnnata 
von  D.  Erasmus  (Ed.  Vol.  1)  und  besonders  von  den  Benedictinem  (ed. 
Vall.  T.  XI).  Martianay,  la  vie  de  St.  Järome,  Paris  1706.  4.  Tillemont, 
Mämoires  T.  XII.  R.  Ceillier,  bist.  g6n,  des  aut.  sacres  X.  p.  172 — 463. 
L.  Engelstofb,  H.  Strid.  interpres,  criticns,  exegeta,  apologeta,  historicns, 
doctor,  monachus,  Eopenh.  1797.  Lanchert  und  Enoll,  Gesch.  d.  Kirchen- 
vaters H.  (aus  dem  Franz.),  Rottweil  1848.  0.  Zöckler,  H.;  sein  Leben  und 
Wirken  aus  seinen  Schriften  dargestellt,  Gotha  1865.  A.  Thierry,  St 
Jdrome,  la  soci^te  chrdtienne  k  Rome  et  V  ^niigration  romaine  en  teire 
sainte,  2  Voll.   Paris  1867. 

2.  Hieron.  v.  ill.  135:  usque  in  praesentem  annum  (392  n.  Chr.).. 
haec  scripsi :  Vitam  Pauli  monachi.  Epistolarum  ad  diversos  libmm  unum. 
Ad    Heliodorum    exhortatoriam.     Altercationem   Luciferiani  et  ortho^KD. 


408.    Hieronymus.  "  905 

Chronicon  omnimodae  historiae.  In  Uieremiam  et  in  Ezecbiel  homilias 
On'genis  XXVIll,  quas  de  graeco  iu  latinum  verti.  De  Seraphim,  de  Osanna 
et  de  frugi  et  luxurioso  filiis.  De  tribus  quaestionibus  legis  veteris.  Ho- 
milias in  cantica  cauticorum  duas.  Ad  versus  Uelvidium  de  virginitate 
Mariae  perpetua.  Ad  Eustochium  de  virginitate  servanda.  Ad  Marccliam 
epistolarum  librum  unum.  Consolatoriam  de  morte  fiiiae  ad  Paulam.  In  epi- 
stolam  Pauli  ad  Galatas  commentariorum  libros  111.  Item  in  ep.  ad 
Ephes.  libros  III.  In  ep.  ad  Tii  librum  unum.  In  ep.  ad  Philem.  librum 
unum.  In  Ecclesiasten  commentarios.  Quaestionum  hebraicarum  in  Ge- 
nesim  librum  unum.  De  locis  librum  unum.  Hebraicorum  nominum 
librum  unum.  De  spiritu  sancto  Didymi,  quem  in  latinum  transtuli ,  librum 
unum.  In  Lucam  homilias  XXXIX.  In  psalmos  X  —  XVI  tractatus  VII. 
Malchi,  captivi  mouachi,  vitam  et  bcati  Hilarionis.  Novum  testamentum 
graecae  fidei  reddidi  (die  vier  Evangelien  codicum  graecorum  emendata 
coUatione,  sed  veterum,  nach  der  pracf.  an  Damasus),  vetus  iuxta  hebraicam 
transtuli.  Epistolarum  autem  ad  Paulam  et  Eustochium,  quia  quotidie 
scribuntur,  incertus  est  numerus.  Scripsi  praet^rea  in  Michaeam  explana- 
tionum  libros  II,  in  Sophoniam  librum  unum,  in  Nahum  librum  unum,  in 
Habacuc  libros  II,  in  Aggaeum  librum  unum,  multaquo  alia  de  opere 
prophetali  quae  nunc  habeo  in  manibus  et  necdum  expleta  sunt.  Der 
sichtliche  Maugel  an  Sachordnung  und  die  sonstige  Art  des  H.  machen 
wahrscheinlich  dass  die  Aufzählung  in  der  Hauptsache  die  chronologische 
ist.  Vgl.  comm.  in  lonam,  praef.;  triennium  circiter  fluxit  postquam  quinquo 
prophetas  interpretatus  sum,  Michaeam,  Nahum,  Abacuc,  Sophoniam  et 
Aggaeum,  et  alio  opere  detentus  non  potui  implere  quod  coeperam. 
ecripsi  enim  librum  de  illustribus  viris  et  adversum  lovinianum  duo  Volu- 
mina, Apologeticum  quoque  et  De  optimo  genere  interpretandi  ad  Pam- 
machinm  et  Ad  Nepotianum  vel  De  Nepotiano  duos  libros,  et  aUa  quae 
enumerare  longum  est.  Noch  später  verfasste  Schriften  des  H.  sind  (ausser 
weiteren  Briefen)  von  den  erhaltenen:  Contra  loannem  Hierosolymitanum, 
Adversus  ßufinum  libri  111,  Regula  S.  Pachomii,  Contra  Vigilantium, 
Dialogorum  contra  Pelagianos  libri  III,  Commentariorum  in  Matthaeum  libri 
IV,  CommentariuB  in  Danielem,  Commentarii  in  lesaiam  und  in  leremiam. 

3.  Gesammtausgaben  von  Des.  Erasmus  (Basil.  1516,  zuletzt  Basil. 
1566.  9  Voll.  foL),  Marianus  Victorias  aus  Rieti  (Rom.  1566,  9  Voll.  fol. 
Autv.  1578  f.),  den  Benedictincrn  (studio  et  labore  lo.  Martianay  et  Ant. 
Pouget,  Paris.  1693  -1706,  5  Voll,  fol.)  und  besonders  von  Dan.  Vallarsi 
(Veron.  1734—1742,  11  Voll.;  Venet.  1766—1772).  Auch  in  Migne's  Patrol. 
XXII— XXX  (Paris  1845.  4.). 

4.  G.  Richter,  das  weström.  Reich  (1865)  S.  602:  „Hier,  war  der 
Disputator  und  Dialektiker  der  streitenden  Kirche.  Sein  Griffel  war  zum 
Meinungskampfe  gespitzt,  geistreich,  witzig,  keck,  voller  Fechterkünste, 
schonungslos  durchbohrend.  Auch  vermochte  er  durch  eine  elegante  Ge- 
lehrsamkeit zu  glänzen."  Seine  Bibelübersetzung  ist  in  ihrer  Art  ein  Mei- 
sterwerk; sie  hat  die  ältere  (oben  397,  15)  verdrängt  und  ist  selbst  die 
Grundlage  der  noch  geltenden  Vulgata  geworden.  G.  Riegler,  kritische 
Geschichte  der  Vulgata,  Sulzbach  1820.  L.  van  Ess,  pragmatisch-kritische 
Geschichte  der  Vulg.,  Tübingen  1824. 


906  ^^G  Kaiserzeit.    Viertes  Jahrhundert. 

5.  Die  KenntniBse  im  Hebräischen  die  sich  U.  mk  Hülfe  von  Rab- 
binern erworben  finden  bei  den  Specialforschem  alle  Anerkennung.  M. 
Bahmer,  die  hebräischen  Traditionen  in  den  Werken  des  H.  durch  eine 
Vergleichung  mit  den  judischen  Quellen  kritisch  beleuchtet;  I:  die  Quae- 
stiones  in  Genesin,  Breslau  1861.  Hieronymi  quaestiones  hebraicae  in  libro 
Geneseos  e  recogn.  P.  de  Lagarde,  Lips.  1868. 

6.  Die  Briefe,  zum  Theil  mit  dem  Umfange  von  kleinen  Büchern, 
hat  Vallarsi  nach  ihrer  Zeitfolge  in  fünf  Classen  eingctheilt.  Vgl.  I.  p. 
XXXVI:  prima  (Ep.  1—18)  illas  exhibet  quas  Hier,  ab  a.  370,  antequam 
eremum  peteret  et  in  ipsa  eremo,  scripsit  ad  usque  S8t,  quo  relicta  soll- 
tudine  contendit  Bomam.  in  altera  (19—45)  illae  succedunt  quas  Romae 
dedit  ab  a.  382  ad  385,  quo  Hierosolymam  navigavit.  tertia  (46—95)  illas 
complectitur  quas  e  Bethleemi  monasterio  scripsit  ab  a.  386  usque  ad  400, 
quo  in  alexandrina  synodo  Origenes  damnatus  est.  quarta  (96 — 144)  illas 
repraesentat  quas  ab  eo  tempore,  a.  401,  ad  vitae  usque  finem,  a.  420, 
exaravit.  in  qnintam  denique  classem  tres  illas  (145—147)  redegi  quarum 
tempuB  minus  compertum,  iisque  trea  alias  (148 — 150)  subdidi  quarum  auctor 
incertus  est.  Rechtfertigung  der  chronologischen  Anordnung  ib.  p.  XXXYl 
— LXIV.  Ep.  85,  1  (p.  533  Vall.):  uno  ad  occidentem  navigandi  tempore 
tantae  a  me  simul  epistolae  flagitantur  ut  si  cuncta  ad  singuloa  velim  re- 
ßcribere  occurrere  nequeam.  unde  accidit  ut  omissa  compositione  verbo- 
rum  et  scribentium  sollicitudine  dictem  quidquid  in  buccam  venerit.  Schao- 
bach,  über  die  Briefe  des  h.  Hier.,  Coblenz  1855.  4. 

7.  Die  Uebersetzung  der  Chronik  des  Eusebius  ist  gewidmet  Vin- 
centio  et  Gallieno.  Das  Vorwort  hebt  die  Schwierigkeit  aller  Uebersetzun- 
gen  hervor:  et  ad  communem  difficultatem  . .  hoc  nobis  proprium  accedat 
quod  historia  multiplex  est,  habens  in  barbara  nomina  res  incognitas  La- 
tinis,  numeros  inextricabiles,  virg^las  rebus  pariter  ac  numeris  intertextas 
(p.  2  Seh.).  . .  (p.  3:)  Graecorum  fidem  suo  auctori  adsigneut  et  quae  nova 
inseruimus  de  aliis  probatissimis  vins  libata  cognoscant.  sclendom  etenim 
est  me  et  interpretis  et  scriptoris  ex  parte  officio  usum,  quia  et  graeca 
fidelissime  expressi  et  nonnulla  quae  mihi  intermissa  videbantor  adieci,  in 
romana  maxime  historia,  quam  Eusebius  huius  conditor  libri  .  .  perstrin- 
xisse  mihi  videbatur.  itaque  a  Nino  et  Abraham  usque  ad  Troiae  capti- 
vitatem  pura  graeca  translatio  est.  a  Troia  autem  usque  ad  XX  Constan* 
tini  anuum  nunc  addita  nunc  mixta  sunt  plurima  quae  de  Tranquillo  et 
ceteris  inlustribus  in  historicis  curiosissime  excerpsi.  a  Constantini  autem 
supra  dicto  anno  (J.  325)  usque  ad  consulatum  Augg.  Valentis  sexies  et 
Valentiniani  iterum  (J.  378)  totum  meum  est.  quo  fine  contentus  reliquum 
temporis  Gratiani  et  Theodosii  latioris  historiae  stilo  reseryavi,  .  .  quoniam 
dibacchantibus  adhuc  in  terra  nostra  barbaris  incerta  sunt  omnia.  Damit 
stimmt  die  Bemerkung  nach  Ol.  276,  2  =  a.  Abr.  2342  =^  Const.  20:  hoc 
usque  historiam  scripsit  Eusebius  Pamphili  martjris  contubemaliB.  cni 
nos  ista  subiecimus.  Eusebius  begann  mit  dem  ersten  Jahre  Abrahamfi 
=  43  des  Ninus  =  22  des  Europs  =  ersten  der  16i«n  Dynastie  der  Theb&er. 
Ol.  1, 1  c=  a.  Abr.  1240  (Mai;  Scaliger  imd  Pontacus  1241).  Abr.  2016  a.  i 
n.  Chr.  Die  Geburt  Christi  setzte  Eus.  ins  J.  5199  d.  W.  A.  v.  Gatschmid,  de 
temporum  notis  quibus  Eusebius  utitur  in  chronids  canonibus,  Kiel  186&  4 


408  f.    Hieronymus.    RufiDUS.  907 

8.  Die  eigenen  Zuthaten  des  Hier,  lassen  sich  controliereu  durch  die 
Yon  Interpolationen  freie  armenische  üebersetzung  der  Chronik  des  Euse- 
bins,  gefunden  1816  und  herausgegeben  von  I.  Zorab  et  A.  Mai  (Mailand 
1818),  besser  opera  I.  B.  Aucher  (Venet.  1818).  Die  Reste  des  griechischen 
Originals  sowie  die  IJebersetzung  des  Hier,  herausgegeben  von  A.  Pontacus 
(Bordeaux  1604.  fol.)f  in  Jos.  Scaligers  thesaurus  temporum  (Lugd.  1606. 
Amsterd.  1668.  foL),  Vallarsi  (ed.  Hier.  t.  VIII),  Th.  Roncalli  (vetust.  lat. 
scr.  chronica,  Patav.  1787,  t.  I),  in  Mai's  Scriptt.  vett.  nova  coli.  VIII  (Rom 
1833),  und  besonders  von  A.  Schöne  (Eusebi  chronicorum  libri  duo,  Vol. 
II.  Berol.  1866);  vgl.  dessen  Quaestionum  Hieronym.  capita  selecta  (Lips. 
1864)  und  Götti.  Gel.  Anz.  1867,  S.  986  —  996.  A.  v.  Gutschmid  in  Fleck- 
eisens Jahrbb.  96,  S.  677—688. 

9.  Th.  Mommsen,  über  die  Quellen  der  Chronik  des  Hier.,  Abhandl. 
d.  Sachs.  G.  d.  W.  II  (philol.  bist.  Cl.  I),  Leipzig  1850,  S.  669—693.  Hie- 
nach  (S.  683  f.)  waren  die  Quellen  des  H.  ausser  dem  Kanon  imd  der  se- 
riös regum  des  Eusebius:  Eutrop's  breviarium,  breviarium  Sex.  Rufi,  die 
Stadtchronik,  Sueton*s  Schrift  de  viris  in  litteris  illustribus  (oben  324,  7), 
die  dem  H.  noch  vollständig  vorlag,  eine  verlorene  latina  historia  de  ori- 
gine  gentis  rom.  und  ein  verlorenes  Werk  über  die  Zeit  von  Pompejus' 
Tod  bis  zur  Schlacht  bei  Actium.  Am  wenigsten  Verlass  bieten  seine 
Jahrszahlen,  da  er  seine  Anmerkungen,  wo  er  in  seinen  Quellen  keine  Jahrs- 
zahl dafür  fand,  beliebig  unter  gewissen  Jahren  unterbrachte  (vgl.  z.  B. 
oben  354,  1  E,  373,  1).  Fortgesetzt  wurde  die  Chronik  des  H.  von  Prosper 
und  Cassiodor. 

10.  Die  Schrift  de  viris  illustribus  (oder  de  scriptoribus  ecclesia^ 
sticis).  ist  verfasst  J.  392  und  gewidmet  dem  praef.  praet.  Dexter.  Vor- 
wort: hortaris  me,  Dexter,  ut  Tranquillum  sequens  ecclesiasticos  scriptores 
in  ordinem  dlgeram  et  quod  ille  in  enumerandis  gentilium  litterarum  viris 
fecit  illustribus  ego  in  nostris  faciam,.i.  e.  ut  a  passione  Christi  usque  ad 
XIV«tn  Theodosii  Imp.  annum  (392)  onmes  qui  de  scripturis  sacris  memo- 
riae  aliquid  prodiderunt  tibi  breviter  exponam.  .  .  ego  .  .  magistrum 
memet  ipsum  habeo,  quamquam  Eusebius  Pamphili  in  X  eccles.  bist,  libris 
maximo  nobis  adiumento  fuerit  et  singulorum  de  quibus  scripturi  sumus 
Volumina  aetates  auctorum  suorum  saepe  testentur.  In  Vallarsi's  Ausg. 
(T.  II,  2.  p.  821  fp.)  ist  die  alte  griechische  Üebersetzung  welche  D.  Eras- 
mus  unter  dem  Namen  des  Sophronius  herausgab  mit  abgedruckt,  sowie 
(p.  967  if.)  des  Gennadius  Fortsetzung  von  der  Arbeit  des  Hier. 


409.  Vorzugsweise  der  erbitterten  Streitschrift  welche  Hie- 
ronymus gegen  den  ehemaligen  Freund  richtete  verdankt  seine 
Berühmtheit  Tyrannius  (Turanius)  Rufinus  (um  345—7410),  aus 
Aquileja,  dessen  literarische  Thätigkeit  fast  ausschliesslich  dar- 
auf gerichtet  war  die  Werke  griechischer  Kirchenlehrer,  beson- 
ders des  Origenes  und  Eusebios,  lateinisch  zu  bearbeiten.  Um 
Worttreue  war  es  ihm  dabei  nicht  zu  thun.  Ebenso  gehalten 
ist  seine  Üebersetzung  der  Sprüche  des  Sextius.    Andere  christ- 


908  I^i^  Kai»erzeit.    Viertes  Jahrhundert. 

liehe    Prosaiker   der  Zeit   wai'eu   der  Grammatiker  Cresconius, 
Euagrius,  Dexter,  Anastasius,  Chromatius. 

1.  Gennad.  vir.  iil.  17:  Rufinus  Aquileiensis  ecclesiae  presbyter  non 
minima  pars  fuit  doctorum  ecclesiae  et  in  transfcrendo  de  graeco  in  lati- 
uum  elegans  ingenium  habuit.  dcnique  maximam  partcm  Graecorum  by- 
bliothecae  Latinis  exhibuit:  Basilii  scilicet  Caesariensis  .  .,  Gregorii  Nazian- 
zeni  .  .,  Clementis  Romaiü  recognitionum  libros,  Euscbii  Caesariensis  .  . 
ecclesiasticam  bistoriam,  Sexti  sententias,  Evagrii  sententias  (s.  A.  4).  in- 
terpretatus  est  etiam  sententias  Pamphili  martyris  adversam  matbematicos. 
. .  Origenis  autem  non  omnia,  quia  et  Hieronymus  transtulit  aliqaanta.  . .  ex- 
posuit  idem  Rufinus  Symbolum.  .  .  disseruit  et  benedictionem  Jacob  super 
patriarchas  triplici,  i.  e.  historico,  morali  et  mystico,  sensu,  scripsit  et 
Epistolas  ad  timorem  dci  hortatorias  multas,  inter  quas  pracminent  illae 
quas  ad  Probam  dedit.  Uistoriae  etiam  ecclesiasticae  (des  Eusebios)  .  . 
addidit  X  et  Xl^m  librum.  sed  et  obtrcctatori  opusculorum  suorum  (dem 
Hieronymus)  respondit  duobus  voluminibus,  arguens  et  convinccns  de  dci 
intuitu  et  ecclesiae  utilitate  .  .  ingenium  agitasse,  illum  vero  aemulationis 
stimulo  incitatum  ob  obloquendum  stilum  vertisse.  Vgl.  Ap.  Sidon.  Ep.  11^ 
9:  Origenes  Turranio  Rufino  interpretatus  .  .  inspiciebatur  .  .  ad  verbam 
scntentiamque  translatus. 

2.  Rufini  opera  ad  codd.  cmend.  Domin.  Vallarsi,  Veron.  1745.  fol. 
Tom.  1  (unvollendet)  =  Migne's  Patrolog.  XXI,  Paris  1849.  Enthält:  de 
benedictionibus  patriarcharum  libri  II;  Commentarius  in  symbolum  apo- 
stolorum ;  Historia  monachorum ;  Uistoriae  eccL  libri  II ;  Apologiae  in  Hie- 
ronymum  libri  II;  Apologia  altera  ad  Anastasium  papam.  Ausserdem 
Pseudorufiniscbes.  Die  Uebersctzungen  des  Ruf.  in  den  Ausgaben  des  Oii- 
genes  u.  s.  w.,  die  Streitschriften  in  denen  des  Hieronymus.  lieber  Rufinus 
vgl.  R.  Ceillier,  bist.  gdn.  X.  p.  1 — 65.  J.  Fontanini,  bist.  lit.  Aquileiensis 
(Rom  1742.  4.),  auch  in  Vallarsi's  u/  Migne*6  Ausg.  F.  J.  F.  B.  M.  de  ßu- 
beis,  dissertationcs  (Venet.  1754.  4.).  J.  H.  Marzuttiui,  de  Turanii  Rufiui 
pr.  Aq.  fide  et  religione,  Patav.  1835. 

3.  Hieronym.  Ep.  4  (p.  14  Vall.):  Rufinus,  qui  cum  sancta  Melania 
ab  Aegypto  Hierosolymam  venisse  narratur,  individua  mihi  germanitatiä 
caritate  conexus  est.  . .  in  illo  conspicies  expressa  sanctitatis  insignia  etc. 
Der  Streit  des  H.  mit  R.  bezog  sich  auf  die  Stellung  zu  Origenes,  welchem 
R.  zugethan  blieb  auch  nachdem  er  für  häretisch  erklärt  worden  war.  Je 
unzweifelhafter  H.  selbst  früher  zu  den  Lobrednem  des  Or.  gehört  hatte 
(vgl.  Ep.  84),  desto  gereizter  und  derber  wurde  er  jetzt  gegen  R..  der  ihn 
öfibntlich  daran  erinnerte.  Auch  schriftstellerische  Eifersucht  mischte  sich 
ein.  Proben  des  nunmehrigen  Tones  von  H.  gegen  Ruf.  bei  Funcdus  de 
veg.  senect.  74,  p.  800.  Dem  Paulinus  (Nol.)  gilt  Ruf.  als  eine  Autorität 
in  Fragen  der  Gelehrsamkeit;  s.  Paulin.  epist.  28,  5  u.  ep.  46. 

4.  Ueber  des  R.  Bearbeitung  der  Sprüche  des  Sextius  b.  oben  250, 6. 
Hieronym.  ep.  133,  3  (p.  1029  Vall.):  Evagrius  Ponticus  Iberita  (vgl  Gen- 
nad. vir.  ill.  11)..  edidit  librum  et  sententias  mgl  d«a9's{ag,  .  .  huius  libros 
per  orientem  graecos  et  interpretante  disdpulo  eins  Rufino  latinos  pleriqne 
in  occidente   lectitant.    qui   librum   quoque   scripsit  quasi   de   monac^k. 


409.    Ru6nu8,  Dexter  u.  A.  909 

.  .  illam  autem  temeritatem ,  immo  iosauiam  eius  quis  digno  possit  expli- 
care  sermone  quod  Sexii  Pythagorei,  hominis  absque  Christo  atqae  ethuiöi, 
immutato  nomine  Sixti  martyris  et  romanae  ecclesiae  episcopi  praenotavit 
(ohne  Zweifel  bona  fide).  in  quo  iuxta  dogma  Pjthagoricorum  .  .  multa 
de  perfectionc  dicitur,  ut  qui  volumen  philosophi  nesciunt  sub  martyris 
nomine  bibant  de  aureo  calice  Babylonis.  denique  in  ipso  volumine  nulla 
prophetarum,  .  .  nulla  Christi  fit  mentio,  ut  episcopum  et  martyrem  sine 
Christi  fide  fuisse  contendat.  fecerat  hoc  et  in  sancti  Pamphili  martyris 
nomine,  ut  librum  primum  VI  librorum  defensionis  Origenis  .  .  nomine 
Pamphili  martyris  praenotaret,  quo  scilicet  egregia  illa  IV  Origenis  nsgl 
dgxmv  Volumina  latinis  infunderet  auribus.  Letztere  Schrift  ist  nur  in  der 
Uebersetzung  des  R.  erhalten. 

5.  Gennad.  vir.  ill.  16:  Faust inus  presbyter  scripsit  ad  personam 
Flaccillae  reginae  (f  386)  Adversom  Arianes  et  Macedonianos  libros  VII. 
. .  scripsit  et  librum  quem  Valentiniano ,  Theodosio  et  Arcadio  impp.  pro 
defensione  suorum  . .  obtulit.  Beide  sind  erhalten  und  gedruckt  z.  B.  in 
der  Bibl.  patr.  max.  V,  in  Gallandi  bibl.  patr.  VIII,  und  in  Migne*s  Pa- 
trol.  XIII. 

6.  Augustin.  retract.  11,26:  grammaticus  quidam  donatista  Cresco- 
nius  cum  invenisset  epistolam  meam  . .  putavit  mihi  esse  respondendum 
et  hoc  ipsum  scripsit  ad  me.  cui  operi  eius  libris  quattuor  respondi.  . .  hos 
autem  IV  libros  quando  scripsi  iam  contra  Donatistas  leges  dederat  Ho- 
norius  imperator. 

7.  Ueber  den  Donatisten  Tichonius  s.  unten  416,  2. 

8.  Hieron.  vir.  ill.  125:  Evagrins  Antiochiae  episcopus  . .  vitam  beati 
Antonii  de  graeco  Athanasii  in  sermonem  nostrum  transtnlit. 

9.  Hieron.  vir.  ill.  132:  Dexter  Paciani  (oben  396,  4)  filius,  clarus 
apud  saeculum  et  Christi  fidei  deditus,  fertur  ad  me  omnimodam  historiam 
texuisse,  quam  uecdum  legi.  Das  Werk  ist  nie  fertig  geworden  oder  ver- 
loren gegangen.  Das  Chronicon  Dextri  (von  J.  752—1183  d.  St.)  welches 
der  spanische  Jesuit  Hieronymus  Romanus  de  Higera  gefunden  haben  wollte 
(gedruckt  z.  B.  Caesaraugust.  1694.  4.  in  Migne's  Patrol.  XXXI)  ist  eine 
Fälschung. 

10.  Zwei  Briefe  des  Auastasius,  Bischof  von  Rom  J.  398—402,  s.  Cou- 
stant,  Epist.  pontitf.  I.  p.  719  ff.  (485  ff.  Schön.).  Gallandi  bibl.  patr.  VIII. 
p.  246  ff.    In  Migne's  patrol.  XX.  p.  68—76.  XXI.  p.  627  ff. 

11.  Von  Chromatius,  Bischof  von  Aquileja,  f  406,  Predigten  über  das 
Ev.  MaUhäi  z.  B.  in  Gallandi  bibl.  patr.  VIII.  p.  333  ff.  und  in  Migne's 
patrol.  XX.  p.  323  ff. 

410.  Der  bedeutendste  christliche  Dichter  ist  Aurelius  Pru- 
dentius  Clemens  (348 —  um  410),  dessen  rhetorische  Bildung 
sich  in  der  Wortfülle  und  Gewandtheit  bekundete  womit  er  manch- 
faltige,  zum  Theil  ganz  abstracte,  Gegenstände  in  verschiedenen 
Versmassen ;  besonders  aber  im  epischen,  behandelte.     Am  ge- 


910  I^ie  Kaiserzeii    Viertes  Jahrhundert. 

Iimgensten  sind  die  Märtyrergeschichten  (Peristephanon)^  welche 
öfters  warm,  lebendig  und  anschaulich  werden.  Die  Gedichte 
in  lyrischen  Metren  zeigen  Anschluss  an  Horaz.  Die  Prosodie 
trägt  die  Spuren  der  Zeit  an  sich,  doch  in  verhältnissmässig 
geringerem  Umfange  als  Anderes  aus  dieser  Zeit.  Aus  ihr  ist 
auch  die  Darstellung  der  heiligen  Geschichte  in  vergilischen 
Versen  durch  Proba  Faltonia. 

1.  Gennad.  vir.  ill.  13:  Prudentius,  vir  saeculari  litteratura  eruditos, 
composuit  diztoxaiov  de  toto  veteri  et  novo  testamento  personis  ezceptid. 
commentatus  est  autem  in  morem  Graecorum  Uexaemeron  de  mundi  fabrica 
(nicht  erhalten,  vgl.  ib.  67). . .  feeit  et  in  laudem  martyriim  sab  aliquomm 
nominibas  Invitatorium  ad  martyrium  librnm  unum  et  Hymnorum  alterain. 
Der  volle  Name  Aurelius  Prudentios  Clemens  z.  B.  im  sehr  alten  cod. 
Puteaneus.  Gebart  Salia  cos.  (praef.  24)  =  J.  348,  in  Spanien  (wahrschein- 
lich za  Calagurris,  s.  Perist.  IV,  81  vgl.  I,  116  nostro  oppido;  weniger  be- 
weist ib.  IV,  1.  97  für  Caesaraugasta  =»  Saragossa).  Ueber  sein  Leben 
s.  praef.  7  ff.:  docait  toga  (virilis)  infectum  vitiis  falsa  loqai  (in  der  Bhe- 
torschule).  (13)  .  .  exin  iargia  tarbidos  armaront  animos  (Advoeat). .  .  (16  ff.) 
bis  legam  moderamiue  frenos  nobilium  reximas  arbiam  (als  praeses  einer 
Provinz),  ius  civile  bonis  reddidimus,  terruimus  reos.  tandem  militiae  (Hof- 
dienst) gradu  evectum  pietas  principis  (Theodosias)  extulit,  adsamptom 
propias  stare  iabens  ordine  proximo.  Als  er  57  J.  alt  war  (praef.  1  ff.) 
=  405  gab  er  die  Sammlung  seiner  Gedichte  heraas. 

2.  Praef.  34  ff.:  fine  sab  ultimo  peccatrix  anima  stultitiam  exuat,  saltem 
voce  deimi  concelebret,  si  meritis  nequit:  hymnis  continuet  dies,  nee  nox 
Ulla  vacet  quin  dominum  canat,  pugnet  contra  hereses,  cäthoUcam  discutiat 
fidem,  conculcet  sacra  gentium,  labem,  Roma,  tuis  inferat  idölis,  Carmen 
martjribus  devoveat,  landet  apostolos.  Ist  hier  die  Ordnung  der  Ab- 
fassungszeit eingehalten,  so  wäre  die  Aufeinanderfolge:  Cathemerinön, 
Apotheosis,  Hamartigenia,  Psjchomachia,  Contra  Symmachum  Ubri  II, 
Peristephanon,  Dittochaeon.  Die  Titel  sind  also  fast  ausschliesslich  griechisch 
gewählt. 

3.  Ka^rjfiSQivmv  Über  behandelt  einen  Tages-  und  Lebenslauf  im 
christlichen  Sinne  und  enthält  1.  hymnus  ad  galli  cantum.  2.  hymnns 
matutinus  (beide  im  dim.  iamb.  ac).  3.  h.  ante  cibum  (tetr.  dact.  c.). 
4.  h.  post  cibum  (phalaec).  5.  h.  ad  incensum  lucernae  (asclep.  min.). 
6.  h.  ante  somnum  (dim.  iamb.  c).  7.  h.  ieiunantium  (trim.  iamb.  ac). 
8.  h.  post  ieiunium  (sapph.  Strophen).  9.  h.  omnis  horae  (tetr.  troch.  c). 
10.  h.  ad  exequias  defuncti  (dim.  anap.  c).  11.  h.  VIII  kal.  lan.  (Christ- 
fest).   12.  h.  Epiphaniae  (Erscheinungsfest),  beide  im  dim.  iamb.  ac. 

4.  'Ano^ioiCtSy  eine  versificierte  Triuitätslehre  mit  gelegentlicher  Be- 
kämpfung der  Haupthäreseu,  wie  der  Patripassianer,  Arianer,  Sabellianer, 
Manichäer,  des  Doketismus  u.  s.  w.  Nach  doppelter  Einleitung,  im  Hexa- 
meter und  in  dem  Masse  von  Horat  epo.  1  —  10,  folgt  das  Gedicht  selbit 
in  1084  Hexametern. 

5.  'AfiaQtiyivaiix,   Nach  einem  Vorwort  über  Kain  and  Abel  (im  irim. 


410.    Prudentius.  911 

iamb.)  wird  die  Entstehung  der  Sünde  abgehandelt  (in  966  Hexametern), 
besonders  im  Gegensätze  zu  dualistischen  Auffassungen  der  Gnostiker  wie 
des  Markion  (praef.  36;  v.  56.  124.  502). 

6.  Wvxofiax^cc  4>e8teht  ans  einer  praefatio  im  Senar  und  915  Hexame- 
tern. Der  Kampf  um  die  Seele  des  Menschen  wird  geführt  von  den  Ab- 
stractionen  der  Ira,  Patientia,  Superbia,  Sobrietas,  Avaritia,  Virtus,  Spes, 
Fides,  Ratio,  Concordia,  Discordia  u.  s.  f. 

7.  Contra  Symmachum  libri  II.  Nach  einem  Vorwort  im  asclep.  min. 
umfasst  B.  I  657  Hexameter,  B.  II  (mit  praef.  in  Glykoneen)  1132 
Hexameter.  Ueber  den  Gegenstand  s.  oben  399,  13.  Das  erste  Buch  be- 
kämpft den  Polytheismus  im  Allgemeinen,  das  zweite  die  einzelnen  Be- 
hauptungen des  Symmachus. 

8.  IIsqI  GTsqxivtov  Über,  zum  Preise  von  christlichen  Märtyrern:  1.  In 
honorem  Emeterii  et  Chelidonii  Calagurritanorum ,  120  tetr.  troch.  c.  2. 
Laurentii,  584  dim.  iamb.  ac.  in  vierzeiligen  Strophen.  3.  Eulaliae,  215 
tetr.  dact.  c.  4.XVnimartyrumCaesaraugustauorum,  50  sapphische  Strophen. 
5.  Vincentü,  575  dim.  iamb.  ac.  6.  Fructuosi  episc.  Tarraconensis  et  Augurii 
et  Eulogii  diaconorum,  162  phaläkische  Heudekasyllaben.  7.  Quirini  episc. 
eccl.  sisdanae,  90  Glykoneen.  8.  De  loco  in  quo  martyres  passi  sunt,  nunc 
baptisterium  Calagurri,  9  Distichen.  9.  Passio  Cassiani  forocorneliensis, 
106  Verse  im  Masse  von  Hör.  Epo.  16.  10.  Bomani,  fast  von  dem  Um-* 
fange  eines  Epos,  aber  in  (1140)  iambischen  Senaren  (in  fünfzeiligen 
Strophen?],  mit  ausführlicher  Darstellung  des  christlichen  und  des  poly- 
theistischen Standpunktes  in  Bede  und  Gegenrede.  11.  Hippolyti,  123 
Distichen.  12.  Petri  et  Pauli  apostolorum,  66  Verse  im  Masse  von  Hör.  0. 
I,  4.  13.  Cypriani,  106  archilochische  Verse.  14.  Agnetis  virginis,  133  al- 
käische Heudekasyllaben. 

9.  Dittochaeon  (Doppelnahrung?),  49  vierzeilige  Epigramme  im 
epischen  Masse  über  einzelne  Gegenstände  des  A.  und  N.  T.  von  Adam 
und  Eva  bis  zur  Apokalypse,  eine  Art  christlicher  Bildergalerie. 

10.  Die  prosodischen  Verstösse,  unter  dem  Einflüsse  des  Bhythmisie- 
rens,  sind  bei  Prud.  selten  so  gedrängt  wie  praef.  39  ff.  (oben  A.  2).  Zu- 
sammenstellung derselben  in  DressePs  Ausg.  p.  XVII  f.  not.  54.  Archaismen 
wie  aquai,  veuarier  nach  Versbedürfniss ,  doch  nicht  sehr  häufig. 

11.  Handschriften  des  Prud.  gibt  es  zahlreiche;  die  älteste  (saec.  VI) 
und  wichtigste  ist  der  von  N.  Heiusius  benützte  cod.  Puteaneus  (jetzt  Paris. 
8084).  P.  Krüger,  Hermes  IV.  p.  352  f.  Verzeichniss  der  italienischen  bei 
Dressel  p.  XLVI  ff. 

12.  Verzeichniss  und  Beschreibung  der  Ausgaben  bei  Dressel  p. 
XXV — XLVI.  Besonders  erwähnenswerth  sind  die  von  V.  Giselin  (Antv. 
1564  u.  oft),  J.  Weitz  (Hanau  1613),  N.  Heiusius  (Amstel.  1667),  Chr.  Cella- 
rius  (Halle  1703),  Faustinus  Arevalus  (Bom.  1788  f.  2  Voll),  Th.  Obbarius 
(rec.  et  expl.,  Tubing.  1845),  Migne  (Patrolog.  LIX  u.  LX),  Alb.  Dressel  (ad 
vaticc.  all.  codd.  fid.  rec,  ill.  expl,  Lips.  1860). 

13.  H.  Middeldorpf,  de  Prudentio  et'theologia  Prudentiana,  Berl. 
1823.  1827.  4  =  Illgen*s  Zeitschr.  f.  bist.  Theol.  II  (1832)  p.  127—190. 
F.  Delavigne,   de   lyrica   apud  Prud.  poesi,   Toulouse  1848.    J.  B.  Brys, 


912  I^ie  Kaiserzeit.    Viertes  Jahrhundert. 

de  yita  et  scriptis  Prud.,    Löwen  1855.    C.  G.  Schmidt,    Prudeptiana,  in 
der  Zeitschr.  f.  luth.  Theol.  von  Delitzsch  XXVII  (1866). 

14.  Im  cod.  Paris.  8084  des  Prudentius  (b.  A.  11)  findet  sich  aach 
ein  christliches  Gedicht  von  122  Hexametern  aas  J.  694  oder  395,  worio 
unter  vielen  Verstössen  gegen  die  Prosodie  (z.  B.  v.  44:  collSribus  subito 
membrä  circuradare  suetus)  mit  Hinweisung  auf  Vorgange  der  letzten  Ver- 
gangenheit (Flavianus,  oben  402, 1)  der  Polytheismus  bekämpft  wird.  Ch.  Mo- 
rel, Revue  archäol.  1868.  I.  p.  453  —  457.  IL  p.  44  —  55.  A.  Biese,  Anthol 
lat.  1.  p.  13—17,  vgl.  p.  XI.  J.  B.  Rossi,  Bull,  di  arch.  crist  1868,  p.  49—58, 
61—75.  Th.  Mommsen  im  Hermes  IV.  p.  350  —  363  (carmen  non  minns 
pium  et  christianum  quam  ineptum  et  barbarum). 

15.  Isidor.  origg.  I,  38,  25  (vgl.  de  Script,  eccl.  5):  Proba,  iiior 
Adelphi  (proconsulis),  centonem  ex  Vergilio  de  fabrica  mundi  et  evangelüs 
plenissime  expressit.  Vgl.  ill.  5.  J.  Fontanini,  de  antiquitt.  Hortae  (Rom 
1708.  4)  II,  1  f.,  der  diese  Falconia  (Faltonia)  Proba  aus  Horta  von  Anida 
Faltonia  Proba  wie  von  Valeria  Proba  unterscheidet  Der  cento  ist  oll 
gedruckt  (Fabricius,  bibl.  lat.  med.  aet.  ed.  Mansi  I.  p.  143  f),  zuerst  Ve- 
nei.  1472  fol.,  dann  z.  B.  von  Meibom  (Helmstädt  1597.  4.),  in  den  Ceo- 
tones homerici  et  vergiliani  von  H.  Stephanus  (1578),  J.  H.  Kromayer  (HaL 
1719),  L.  H.  Teucher  (Lips.  1793),  zuletzt  in  Migne's  patrol.  XIX.  p.  803 

— 817.  Nach  Montfaucon,  diar.  itaL  p.  36  hat  eine  Hds.  saec.  X  die  Un- 
terschrift: Proba  uxor  Adelphi,  mater  Ülybrii  et  Alypii,  cum  Constantini 
bellum  ad  versus  Magnentium  conscripsisset,  conscripsit  et  hunc  librom. 
Wirklich  deutet  sie  in  der  praef.  auf  dergleichen  Veröffentlichungen  hin: 
iamdudum  temerasse  duces  pia  foedera  pacis, .  .  diversasque  neces  regnm, 
crudeUa  bella,  .  .  confiteor,  scripsi;  satis  est  meminisse  malorum.  nunc, 
deus  omnipotens,  sacrum,  precor,  accipe  carmen, .  .  arcana  ut  possim  vatia 
Proba  cuncta  referre.  . .  VergiUum  cecinisse  loquar  pia  munera  Christi 
Vom  A.  T.  ist  nur  die  Schöpfung,  Süudenfall  und  Sintflut  ausführlicher 
erzählt,  cetera  facta  patrum  pugnataque  in  ordine  bella  praetereo  atqoe 
aliis  post  me  memoranda  relinquo.  Worauf  sie  sich  zur  Geburt  Christi 
wendet  und  seine  Geschichte  bis  zur  Himmelfahrt  fortführt.  Ein  Gram- 
matiker der  diesen  cento  (oder  den  de  incamatione  des  Pseudo-Seduhos?) 
für  Kaiser  Honorius  (seit  J.  393)  abschrieb  fügte  eine  Widmung  an  diesen 
in  schlechten  Versen  bei :  Romulidum  ductor,  . .  dignare  Maronem  mutatum 
in  melius  divino  agnoscere  sensu,  scribendum  famulo  quem  iussisti. . .  haec 
relegens  servesque  diu  tradasque  minori  Arcadio,  haec  legat  ille  tuo  generi, 
haec  tua  semper  accipiat  doceatque  suos  augusta  propago.  Vgl.  unten 
443,  6.  J.  Aschbach,  die  Anicier  und  die  römische  Dichterin  Proba,  Wien 
1870  (Sitzungsberichte  der  Wiener  Ak.,  philol.  bist.  Cl.  LXIV.  S.  369-446). 

16.  Ueber  Severus  Sanctus  Endelechius  s.  unten  420,  1  u.  2. 

411.  In  Versen  und  Prosa  schrieb  der  Verwandte  und 
Schüler  des  Ausonius,  Meropius  Pontius  Anicius  Paulinus  aus 
Burdigala  (J.  353 — 431).  Rhetorisch  gründlich  gebildet  verfa^ie 
er  einen  Panegyricus  auf  Theodosius,  nach  dessen  Sieg  über 
Eugenius.  Erhalten  sind  von  ihm  51  Briefe  und  eine  An2»lil 
Gedichte  im  epischen  und  in  melischen  Metren.    J.  389  zum  Cbii* 


410  f.    Proba.    Paulinus  Nol.  913 

♦  

stenthum  übergetreten,  widmete  Paulinus  seine  Feder  der  Ver- 
herrlichung seines  Glaubens  und,  ^h  er  J.  409  Bischof  von  Nola 
geworden,  dem  Preise  des  dort  verehrten  Märtyrers  Felix.  Seine 
Formgewandtheit  und  umfassende  Kenntniss  der  weltlichen  Li- 
teratur tritt  in  diesen  Arbeiten  klar  zu  Tage. 

1.  Genuad.  vir.  ill.  48:  Paulinus,  Nolae  Campaniae  episcopus,  com- 
pOBuit  versu  brevia  (?S  sed  multa,  et  ad  Celsum  quendara  epitaphii  vice 
consolatorium  libellum  super  mortem  christiani  et  baptizati  infantis,  spe 
christiaua  raunitum;  et  ad  Severum  (A.2E.)  plures  epistolas,  et  adTheodosium 
imp.  ante  episcopatum  prosa  paneg^rricum  super  victoria  tyrannorum^  eo 
maxime  quod  fide  et  oratione  plus  quam  armis  vicerit  (vgl.  Hieron.  ep. 
58,  8:  librum  tuum  quem  pro  Theodosio  principe  prudenter  ornateque 
compositum  transmisisti  libenter  legi  et  praecipue  mihi  in  eo  subdivisio 
placuit  etc.  Paulin.  epist.  28,  6:  ut  in  Theodosio  non  tam  imperatorem 
quam  Christi  servum  . .  praedicarem).  fecit  et  Sacramentarium  et  Hym- 
narium.  ad  sororem  quoque  epistolas  multas  de  contemtu  mundi  dedit. 
cdidit  et  ex  diversis  causis  diversa  disputatione  tractatus.  praecipuus  tarnen 
omnium  eins  opusculorum  est  Liber  de  poenitentia  et  laude  generali  om- 
nium  martyrum.  damit  temporibus  Honorii  et  Valentiniani  non  solum 
eruditione  et  sanctitate  vitae  sed  et  poteutia  adversum  daemones.  Aus- 
führliche Prolegomena  von  Muratori  bei  Migne  LXI.  p.  16  — 124  und  die 
Zeugnisse  über  P.  ib.  p.  126—152.    R.  CeiUier,  hist.  g^n.  X.  p.  643—631. 

2.  Ausonius  hat  dem  P.  sein  Technopaegn.  gewidmet  und  an  ihn 
Epist.  19—25  gerichtet  (z.  B.  23,  33  ff.:  ego  sum  tuus  altor  et  ille  praeceptor 
primus,  veterum  largitor  bonorum,  primus  in  Aonidum  qui  te  collegia 
duxi).  Poetische  Antwort  des  P.  carm.  10,  wo  93  ff.:  tibi  disciplinas,  di- 
gnitatem,  litteras,  linguae,  togae,  famae  decus,  provectus,  altus,  institutus 
debeo,  patrone,  praeceptor,  pater.  Doch  mussle  Aus.  bald  sich  überzeugen 
dass  auf  seineu  Zögling  seine  reiche  und  fromme  Frau,  Therasia,  viel 
grösseren  Einfluss  hatte  als  der  alte  halbheidnische  Lehrer.  Augustin.  de 
civ.  dei  I,  10:  Paulinus  noster,  Nolensis  episcopus,  ex  opulentiasimo  divite 
voluntate  pauperrimus  (er  schenkte  seinen  Reichthum  den  Armen,  s.  Sulpic. 
V.  Mart.  25,  4).  Briefwechsel  mit  Uieronymus,  Augustinus  und  Sulpicius 
Severus.    Cos.  (suff.)  vor  Ausonius  (Aus.  epist.  20),  also  vor  379. 

3.  Ausgaben  der  Werke  des  P.  von  H.  Rosweyd  (Antv.  1622),  P.  F. 
Chifflet  (Dijon  1662.  4),  J.  B.  Lebrun  des  Mareltes  (Paris  1685.  2  Voll.  4.), 
L.  A.  Muratori  (Veron.  1736.  foL),  in  der  Bibl.  patr.  max.  VI,  und  in  Mi- 
gne's  patrol.  LXI  (Paria  1847).  Carmen  eucharisticum  prolegomenis  et  adnot. 
ill.  ed.  L.  Leipziger,  Breslau  1868. 

4.  Von  den  erhaltenen  36  Gedichten  des  P.  stammen  noch  aus  seiner 
vorchristlichen  Zeit  scherzhafte  poetische  Zuschriften  an  Gestidius  (1.  2), 
und  ein  Bruchstück  de  regibus  nach  Sueton  (3).  Von  den  christlichen  Ge- 
dichten hat  die  grössere  Hälfte  den  Felix  zum  Gegenstände  (c.  12  —  14. 
18  von  469  Hexametern;  19  von  730;  20;  21  von  858  Hexametern;  23, 
26 — 34,  theüweise  fragmentarisch),  c.  6  Johannes  den  Täufer;  andere  sind 
Gebete  (4  f.),  Paraphrasen  von  Psalmen  (z.  B.  7:  beatus  ille  qui  procul 
vitam  suam  ab  impiorum  segregarit  coetibus),  oder  polemisch-apologetischen 

Teuffel,  rüm.  Literaturgeschichte.  58 


w^ 


914  Die  Kaiserzeit.    Viertes  Jahrhundert. 

Inhalts  (c.  36:  discussi,  fateor,  sectas,  Antonius,  omnes,  plurima  quaesin, 
per  singula  quaeque  cucurri,  sed  nihil  inveni  melius  quam  credere  Christo). 
In  den  melischen  Metren  schliesst'sich  P.  an  Horaz  an,  indem  er  vorzugs- 
weise die  sapphischen  Strophen  und  die  Epoden  (Hör.  Epo.  1 — 10)  nach- 
bildet, jene  besonders  c.  17  an  den  Bischof  Niketas  in  Dakien  (85  Strophen), 
diese  in  c.  24  an  Cytherius  (942  Verse).  Im  elegischen  Masse  das  Epi- 
thalamium  c.  25,  sowie  35  auf  den  Tod  des  jungen  Celsus  (630  Verse). 

412.  Wohl  noch  aus  der  Regierungszeit  des  Theodosius 
und  von  einem  theologischen  Verfasser  ist  die  Lex  dei  oder 
Vergleichung  der  mosaischen  und  der  römischen  Gesetzesbestim- 
mungen über  die  häufigsten  Vergehen  (CoUatio  legum  mosai- 
carum  et  romanarum),  mit  der  Absicht  die  Uebereinstimmung 
beider  und  die  mosaischen  als  die  wesentliche  Grundlage  der 
römischen  nachzuweisen. 

1.  Handschriftlicher  Titel:  Lex  dei  quam  deus  praecepit  ad  Mojsen. 
Die  16  Titel  handeln  1)  de  sicariis  et  homicidis;  2)  de  atroci  iniuria;  3)  de 
iure  et  saevitia  dominorum  cohibenda ;  4)  de  adulteris;  5)  de  stupratonbns; 
G)  de  incestis;  7)  de  furibus;  8)  de  falso  testimonio;  9)  de  familiari  teeti- 
monio  non  admittendo;  10)  de  deposito;  11)  de  abigeis;  12)  de  incendiarüs; 
13)  de  termino  moto;  14)  de  plagiariis;  15J  de  mathematicis  et  Manichaeis; 
16)  de  legitima  successione.  Vorangestellt  werden  immer  die  mosaischen 
Bestimmungen  (Moyses  dicit;  scriptura  divina  dicit),  in  einer  Uebersetzong 
welche  weder  die  des  Hieronymus  noch  die  des  Sulpicius  Severus  ist,  noch 
auch  sich  genau  an  die  LXX  auschliesst.  Alsdann  folgen  die  römischen 
Rechtsbestimmungen  in  Excerpten  aus  den  Hauptschriften  von  G^'us,  Pa- 
pinian,  Ulpian,  Paulus  und  Modestinus,  sowie  kaiserlichen  Constitotionen 
aus  dem  codex  Gregorianus  und  Herrn ogenianus  nebst  einigen  neueren 
Gesetzen.    Das  neueste  angeführte  ist  das  von  Theodosius  aus  J.  390  (V,  2). 

2.  Zur  Tendenz.  VH,  1:  quodsi  XII  tabulae  ..  iubent,  sdtote 
iurisconsulti  quia  Moyses  prius  hoc  statuit,  sicut  lectio  manifiestat.  Vgl. 
VI,  7:  maledicti  sunt  omnes  incesti  per  legem,  cum  adhuc  rudibus  po- 
pnlis  ex  divino  nutu  condita  iisdem  adstipulantibus  sanciretur.  et  utique 
omnes  malefici  puniti  sunt  quos  divina  et  humana  sententia  consona  voce 
damnavit.  XIV,  3,  6:  sciendum  tamen  est  ex  novellis  constitutionibus . . 
plagiatores  .  .  puniendos,  quamvis  et  Paulus  etc.  V,  2:  hoc  quidem  (was 
Paulus  sent.  II  ausgesprochen)  iuris  est;  mentem  tamen  legis  Mojais  Imp. 
Theodosii  constitutio  (vom  J.  390)  ad  plenum  secuta  cognoscitur.  Diese 
Sprachproben  könnten  auf  einen  Verfasser  von  griech.  Nationalität  hinweisen. 

3.  Da  der  Verfasser  nur  den  codex  Gregorianus  und  Hermogenianus 
kennt,  noch  nicht  aber  den  Theodosianus,  von  Häretikern  nur  die  Mani- 
chäer  erwähnt  und  von  Theodosius  d.  Gr.  wie  von  einem  Lebenden  m 
sprechen  scheint  (V,  2;  s.  A.  2),  so  ist  glaublich  dass  das  Werk  am  Ende 
von  dessen  Regierung  verfasst  ist,  also  in  der  Zeit  des  Ambrosios  imd 
RufinuB,  ohne  dass  aber  irgend  welche  sichere  Spuren  auf  die  Urheber- 
schaft eines  dieser  beiden  hinführten.  Doch  muss  der  Verfasser  mit  den 
Schriften  des  römischen  Juristen  genauer  bekannt  gewesen  sein  als  soittt 


412  f.    Lex  (lei.    Clandianus.  915 

bei  Tbeologeu  der  Fall  war.  Er  kann  daher  ursprunglich  Redner  gewesen 
sein.  Abfassung  nach  dem  Citiergesetz  von  426  ist  aus  der  Beschränkung 
auf  die  fünf  Juristen  desselben  nicht  zu  folgern,  da  jenes  Gesetz  nur  fixierte 
was  längst  thatsächlich  bestand.  Entstehung  im  Orient  ist  zu  folgern 
daraus  dass  V,  2  f.  ein  von  Yalentinian,  Theodosius  und  Arcadius  J.  390 
gemeinsam  erlassenes  Gesetz  im  Texte  nur  Theodosii  constitutio  heisst. 

4.  Ueberlieferung  durch  drei  Handschriften,  den  Pithoeanus  (in  Berlin) 
saec.  IX,  Vercellensis  und  Vindobonensis  saec.  XI.  Erste  Ausgabe  durch 
Pithoeus,  Paris.  1573.  4.  Neuere  von  F.  A.  Biener  (ius  civ.  anteiust.  II. 
p.  1417  ff.)  und  bes.  F.  Blume  (Bonn  1833  =  Bonner  corp.  iur.  anteiust.  I. 
p.  389  —  396)  und  Ph.  E.  Huschke  (iurisprud.  anteiust.  p.  530  —  590  =  549 
—  609.  ed.  II). 

5.  Huschke,  über  Alter  und  Verfasser  der  leg.  m.  et.  r.  coUatio, 
Zeitschrift  f.  geschieh tl.  Eechtswiss.  XIII.  S.  1—49,  und  in  der  iurisprud. 
ant.  p.  628  —  530  =  547—549.  A.  F.  Rudorff,  röm.  Rechtsgesch.  I.  S.  284 
^ — 286  und:  über  den  Ursprung  und  die  Bestimmung  der  lex  dei  oder  mos. 
et  rom.  leg.  coli.,  Berlin  1869.    32  S.  4.    (Abhandl.  d.  Berl.  Ak.) 

3.   Yiertes  bis  fünftes  Jahrhundert. 

413.  In  das  Ende  des  vierten  und  den  Anfang  des  fünf- 
ten Jahrh.  fällt  die  Thätigkeit  einer  Anzahl  von  Schriftstellern, 
von  denen  die  hervorragendsten  sind  auf  heidnischer  Seite  Clau- 
dianus  und  auf  christlicher  Augustinus.  Obwohl  aus  Alexandria 
gebürtig  hat  Claudius  Claudianus  vorzugsweise  in  lateinischer 
Sprache  gedichtet  und  sich  in  die  Dichter  der  classischen  Zeit 
so  hineingelebt  dass  er  deren  Sprache  und  Versbau  mit  voll- 
kommener Sicherheit  handhabt.  In  seinem  Pormtalent  ein  Nach- 
zügler besserer  Zeiten  erinnert  Claudianus  an  Statins  auch  durch 
sein  Phrasenthum  und  seine  Schmeichelei  gegen  Grosse,  über- 
trifft aber  jenen  weit  an  Gehalt,  Fruchtbarkeit,  Reiohthum  der 
Phantasie  und  Vielseitigkeit.  Seine  Gegenstände  entnimmt  er 
meist  der  unmittelbaren  Gegenwart,  zum  Preise  hochstehender 
Gönner,  wie  besonders  des  Stilicho  und  Honorius,  auch  zum 
Angriff  auf  gemeinsame  Gegner  (Ruiinus,  Eutropius).  Sogar 
blose  Gelegenheitsgedichte  behandelt  er  mit  dem  Aufwände  förm- 
licher Epen.  Diese  Arbeiten  bieten  reichen  historischen  Stoff; 
doch  wird  ihr  Werth  als  Geschichtsquellen  manchfach  geschmä- 
lert durch  poetisches  Ausmalen  und  des  Dichters  persönliche 
Stellung  zu  den  Handelnden.  Die  drei  Bücher  auf  den  Raub 
der  Proserpina  zeigen  die  Meisterschaft  des  Claudianus  im  Schil- 
dern besonders  glänzend.  Aber  als  Erbe  der  alexandrinischen 
Mythengelehrsamkeit  beweist  er  sich  auch  in  seinen  andern  Ge- 
dichten. Meist  indessen  stösst  Claudian  ab  durch  das  Missver- 
liältniss  zwischen  den   aufgebotenen  Mitteln  und   der  Kleinlicli- 

58*  - 


916  I^iß  Kaiserzeit.    Viertes  bis  fünftes  Jahrhundert. 

keit  des  Gegenstandes,   sowie  durch  das  Gesuchte  und  die  rhe- 
torische Masslosigkeit  seiner  Ausführungen. 

1.  Orelli  1182=  Moramsen  I.  R.  N.  6794  (C.  I.  gr.  III,  6246):  Clau- 
dio Claudiano  v.  c.  tribuno  et  notario  inter  ceteras  (vig)enteB  artea  prae- 
gloriosissimo  poetaram,  Hcet  ad  memoriam  sempiternam  carmina  ab  eodem 
scripta  sufficiant,  adtamen  testinionii  gratia  ob  iudicii  soi  fidem  dd.  nn. 
Arcadius  et  Honorius  felicissimi  ac  doctissimi  imperatores  senatu  peteute 
statuam  in  foro  divi  Traiani  erigi  coLlocarique  iusserunt.  Eiv  ivl  Btg- 
yiUoio  voov  xal  Movcav  ^Ofirjgov  Klav9iav6v  *Pcofirj  mal  BaaiX^g  id^scaw, 
Ap.  Sidon.  carm.  IX,  271  ff.:  non  pelusiaco  satns  Canopo,  qui  ferruginei 
toros  raariti  et  Musa  canit  inferos  superna.  Said.  II.  p.  272  Bernh.:  Klav- 
diavog  'jiJLs^avdgsvg,  knonotog  vfcatSQOs'  yiyovsv  snl  rmv  xgovmv  'jgxadiov 
xal  'OvcoQiov  xav  ßaaiXitav.  Claud.  XXX TX  (ep.  1),  20:  conditor  hie  (Ale- 
xander M.)  patriae.  56  ff.  XLIII  (ep.  5),  3:  nostro  cognite  Nilo.  Augustiü, 
civ.  deiV,  26:  unde  et  poeta  Claudianus,  quamvis  a  Christi  nomine  ahena^i 
in  eins  (des  Theodosius)  tarnen  laudibus  dixit.  Vgl.  Gros.  VII,  35:  anus 
ex  ipsis  (den  Gegnern  des  Christenthums),  poeta  quidem  eximius,  sed 
paganas  pervicacissimus,  . .  testimonium  tulit.  Ueber  das  J.  404  weist  in 
den  Gedichten  des  Cl.  keine  sichere  Spur  hinaus;  jedenfalls  hat  er  den 
Sturz  seines  Gönners  Stilicho  (J.  408)  nicht  überlebt. 

2.  Die  Ordnung  der  'Gedichte  des  Cl.  ist  in  den  Hdschr.  und  Aas- 
gaben sehr  verschieden  (Gesner  p.  XXXIX  ff.).  Seit  Gesner  ist  die  ge- 
wöhnliche dass  die  grossem  Gedichte  vorangestellt  werden,  dann  die 
Briefe,  Idylle  und  Epigramme. 

3.  Grössere  Gedichte  mit  geschichtlichem  Stoffe.  I:  in  consulatum  Olj- 
brii  et  Probini  (J.  395),  279  Hexameter.  II— V:  die  zwei  Bücher  in  Rufinuin 
von  387  und  527  Hexametern,  je  eingeleitet  durch  ein  Vorwort  im  elegi- 
schen Masse.  VI  u.  VII:  de  III  consulatu  Honorii  Aug.  (J.  396),  211  Hexa- 
meter mit  einem  elegischen  Vorwort.  VIII:  de  IV  cons.  Honorii  Aug. 
(J.  398),  656  Hex.  IX  u.  X:  de  nuptiis  Honorii  et  Mariae  (J.  398),  341 
Hex.  mit  elegischem  Vorwort.  Berchem,  de  Cl.  epithalamio  in  nupt.  H.  et 
M.,  Crefeld  1861.  4.  XI— XIV:  fescennina  aus  demselben  Anlass  im  al- 
käischen, anakreontischen,  anapästischen  und  asklepiadeischen  Masse.  XV: 
de  hello  Gildonico,  526  Hexameter,  beschreibend  die  Rüstungen  zu  dem 
Kriege  gegen  den  Maurenfürsten  Gildo  (J.  398).  XVI  und  XVII:  de 
cons.  Fl.  Mallii  Theodori  v.  c.  (J.  399),  339  Hex.  mit  elegischem  Vor- 
wort. XVIII— XX  zwei  Bücher  in  Entropium,  513  und  602  Hex.,  da» 
zweite  mit  Vorwort  im  elegischen  Masse,  nach  J.  399.  XXI  u.  XXII,  zum 
Preise  des  Vandalen  Stilicho,  zwei  Bücher  von  385,  476  Hexametern;  daza 
XXIII  f.:  de  consulatu  Stilichonis  (J.  400),  369  Hex.  mit  elegischem  Vor- 
wort. XXV  f.:  de  hello  getico,  647  Hex.  mit  elegischem  Vorwort,  Sti- 
licho's  Kämpfe  gegen  die  Gothen  J.  400  —  403.  XXVII  f.:  in  VI  cons.  Ho- 
norii Aug.  (J.404),  660  Hex.  mit  elegischem  Vorwort.  XXIX:  laua  Serenae 
Reginae,  der  Nichte  und  Adoptivtochter  von  Theodosius  I.  und  Gattin 
von  Stilicho,  unvollendet  geblieben  oder  erhalten  (237  Hex.).  XXX  f.:  Epi- 
thalamium  dictum  Palladio  v.  c.  tribuno  et  notario  et  Celerinae,  145  Hex. 
mit  vier  Distichen  Vorwort. 


\. 


413.    Claudianus.  917 

4.  In  diesen  Zoitgedichten  hält  sich  Claudian  in  so  weit  an  die  ge- 
schichtliche Wahrheit  als  er  Thatsachen  niemals  erdichtet  oder  sie  wesent- 
lich abändert;  aber  in  der  psychologischen  Ausmalung  und  Auffassung  und 
der  poetischen  Ausschmückung  lässt  er  seine  Phantasie  walten  und  Liebe 
oder  Hass  einwirken.  Sein  eigentlicher  Held  ist  der  wackere  Stilicho; 
HonoriuB  findet  Preis  als  der  Inhaber  des  Thrones,  aber  ohne  Andichtung 
unwahrer  Eigenschaften.  Ebenso  unersättlich  wie  im  Lobe  des  Stilicho 
ist  Claud.  in  Bethätigung  des  Hasses  gegen  den  östlichen  Reichsmiuister 
Bnfinus,  der  Verachtung  gegen  dessen  Nailifolger,  den  Eunuchen  Eutropius; 
beidesmal  im  Interesse  des  Stilicho  und  in  leidenschaftlichstem  Tone,  doch 
ohne  thatsächliche  Verletzung  der  Wahrheit.  Ed.  Vogt,  de  Cl.  Claudiani 
carminum  quae  Stiliconem  praedicant  fide  historica,  Bonn  1863,  p.  1—13.. 
50—66.  6.  Zeiss,  Claudianus  und  das  röm.  Reich  von  359  bis  408,  1. 
Landshut  1863.  4.  II.  1865.  4.  P.  Schultz,  de  Stilichone  iisque  quae  de  eo 
agunt  fontibus,  Claudiano  imprimis  et  Zosimo,  Königsberg  1864.  J.  H. 
Ney,  Vindiciae  Claudianeae,  sive  de  Cl.  fide  historica,  Marburg  1865.  4. 

5  Gedichte  mythologischen  Inhalts.  Die  3  Bücher  de  raptu  Pro- 
serpinae,  von  286,  372  und  448  Hexametern  (nebst  fremdartigen  Proömien 
vor  B.  I  und  II,  letzteres  ad  Florentinum),  führen  den  Stoft'  nicht  einmal 
zu  Ende,  sondern  nur  bis  zum  Entschlüsse  der  Ceres  ihre  entschwundene 
Tochter  aufzusuchen.  Wahrscheinlich  ist  der  Schluss  niemals  fertig  ge- 
worden. B.  G.  Walch,  uberioris  commentationis  de  Cl.  c.  de  r.  P.  inscr. 
specimen,  Gotting.  1770.  4.  J.  B.  Merian,  Tenl^vement  de  Pr.  traduit  avec 
uu  discours,  Berlin  1767.  Baden,  lectiones  var.  ad  Cl.  de  r.  P.  e  duobus 
codd.  ital.,  Kiel  1796.  4.  J.  Svedborg,  de  Claud.  quod  de  r.  Pr.  inscri- 
bitur  carmine  epico  quaestiones,  Upsala  1860.  4.  Noch  weniger  vollendet 
ist  die  Gigautomachia,  von  welcher  129  Hexameter  erhalten  sind  und  ein 
Bruchstück  (77  Verse)  einer  griechischen  Bearbeitung  des  gleichen  Gegen- 
standes mit  der  Ueberschrift  KlavSiavov;  s.  Köchly,  coniect.  ep.  I  (Zürich 
1851.  4.)  p.  19  tf.  Schenkl,  Sitzungsber.  der  Wiener  Akad.  XLIII  (1863) 
S.  32  —  42. 

6.  Der  Briefe  sind  es  fünf  (XXXIX — XLIII):  1.  an  Hadrianus  (m.ag. 
off.  397  —  399,  praef.  praet.  400—416),  Bitte  einein  der  lubrica  aetas  (durch 
Gedichte?)  ihm  angethane  Beleidigung  nicht  so  lauge  nachzutragen.  2  an 
Serena  (A.  3),  D^nk  für  ihre  Vermittlung  bei  des  Dichters  Brautwerbung, 
nach  J.  398.  3.  an  Olybrius,  u.  4  an  Probinus  (nach  395),  Beschwerde  aber 
das  Ausbleiben  von  Briefen.  5.  au  Gennadius  ex  procos.,  Antwort  auf  das 
Verlangen  von  Gedichten.  Alle  fünf  haben  elegisches  Mass,  sind  eigent- 
liche Briefe  und  daher  in  einfacher  Sprache  gehalten.  Nur  die  beiden  ersten 
erheben  sich  etwas  über  Umfang  und  Ton  eines  Briefes. 

7.  Die  sieben  Eidyllia  (XLIV— L)  sind  Studien  von  naturbeschrei- 
bendem und  erzählendem  Inhalt,  in  epischer  oder  elegischer  Form. 
1.  Phoenix,  110  Hexameter.  Edd.  J.  G.  Linsen  et  A.  Ingman,  Helsingfors 
1838. 18  pp.  4.  2.  Hystrix,  48  Hexameter,  Beschreibung  des  Igels.  3.  Tor- 
pedo, Schilderung  des  Zitterrochens  in  24  Hexametern.  4.  Nilus,  42  Hex. 
5.  Magnes  (Magnet),  57  Hex.  6.  Aponus,  auf  die  heissen  Schwefelquellen 
bei  Patavium,  50  Distichen.  7.  Auf  die  Brüder  Araphinomos  und  Anapias, 
welche  bei  einem  Ausbruch  des  Aetna  ihre  greisen  Eltern  retteten,  24 
Distichen. 


918  Die  Kaiserzeit.    Viertes  bis  fünftes  Jahrhundert. 

8.  Unter  den  44  Epigrammen  (LI—XCIV)  der  Gesnerschen  Ausgabe 
ist  auch  Zweifeihaftes  und  Unechtes,  wie  27—29.  41.  Sicher  von  CLaad. 
verfasst  sind  die  Gelegenheitsgedichte  auf  die  concha  der  Serena  (5)  und 
zur  Begleitung  von  Geschenken  derselben  an  Honorius  und  Arcadius  (SO 
— 23).  Spottgedichte  24  (ironische  Abbitte  eines  tadelnden  Urteils  über  die 
Gedichte  des  Quästor  Alethius).  25  f.  (auf  den  Schlemmer  Curetius).  30 
(auf  MalUus  und  Uadrianus).  Haibidyllisch  1 — 4.  Variationen  auf  dasselbe 
Thema  (gläsernes  Gefäss  mit  Eis)  6—14,  wovon  13  f.  griechisch.  Bei  ande- 
ren aus  der  griechischen  Antholfjgie  aufgenommenen  (15 — 17)  ist  vielleicht 
der  von  Evagr.  h.  e.  I,  19  unter  Theodosius  II.  gesetzte  Gl.  (Klav^iavoi 
xal  KvQog  noirjval)  gemeint.  Jedenfalls  nicht  von  dem  Claud.  des  Stilicho 
^sondern  von  Claud.  Mamertus,  Merobaudes  u.  dgl.)  sind  die  chrisÜichen 
Gedichte  46 — 49;  45  ist  unzweifelhaftes  Eigenthum  des  Damasus. 

9.  Editio  princeps  Vicent.  1482  fol.  Emend.  p.  Th.  Ugoletum,  Venet. 
1495.  4.  Sonstige  Ausgaben  besonders  von  Th.  Pulmann  (Antverp.  1571 
und  sonst),  J.  Scaliger  (Lugd.  B.  1603;  vgl.  Bernays,  Rhein.  Mus.  XV.  S. 
163  —  165),  C.  Barth  (Hanov.  1612,  Frankf.  1650.  4.),  N.  Heinsius  (Lugd 
Bat.  1650.  1665),  J.  M.  Gesncr  (Lips.  1759),  P.  Burmann  (Amstelod.  1760. 
4.),  G.  L.  König  (Gotting.  1808.  Vol.  I),  in  W.  E.  Webers  Corpus  poett. 
p.  1270—1359. 

Claud.  paneg.  in  cons.  Ol.  et  Prob.,  in  Bufinum  libri  II  cum  var.  lectt 
ed.  OreUi,  Zürich  1843.  4. 

Die  Dichtungen  des  Cl.  übersetzt  von  G.  Frhr.  v.  Wedekind,  Darm- 
stadt  1868. 

10.  J.  Parrhasii  comra.  in  Claudianum,  Basil.  1539.  4.  Hertel,  de 
nonnullis  Cl.  carminum  locis,  Torgau  1848.  4.  Th.  G.  Paul,  quaestionum 
Cl.  particula,  Glogau  1857.  4.  und  quaest.  Claud.,  Berlin  1866.  4.  L.  Jeep, 
quaest.  criticae  ad  emendationem  Cl.  panegyricorum  spectantes,  Naumburg 
1869.    E.  Unger,  Friedland  1869.  4. 

414.  Nicht  blos  die  Kirchenlehrer  und  nicht  blos  seine 
Zeit  überragt  an  geistiger  Bedeutung  und  weitreichender  Wirk- 
samkeit der  Africaner  Aurelius  Augustinus  (J.  354 — 430). 
Nach  einer  stürmischen  Jugend  neun  Jahre  hindurch  Anhänger 
des  Manichäismus  und  Lehrer  der  Rhetorik  in  Africa^  Rom  und 
Mailand;  wurde  er  J.  386  durch  Ambrosius  für  eine  tiefere  Auf- 
fassung des  Christenthums  gewonnen,  dann  in  seiner  Heimat  zu 
Hippo  J.  392  Presbyter  und  um  395  Bischof.  Augustin  ver- 
einigte in  sich  scheinbar  entgegengesetzte  Eigenschaften:  Ueber- 
schwänglichkeit  der  Phantasie  und  schneidende  Verstandesschärfe; 
leidenschaftliche  Rücksichtslosigkeit  und  gemütvolle  Zartheit, 
Weitherzigkeit  und  Zelotismus ,  Autoritätsglauben  und  Origma- 
lität,  Eifer  für  die  Einheit  der  Kirche  und  individuellste  IVom- 
migkeit,  Romantik  und  Scholastik,  Schwärmerei  und  Sophistik, 
die  Begabung  des  Dichters  mit  der  des  Philosophen,  das  Fatfaoe 


414.   AugiiBtinus.  919 

des  Rhetors  mit  der  Silbenstecherei  des  Grammatikers.  So  selbst 
ein  psychologisches  Räthsel  und  durch  das  eigene  heisse  Blut 
in  Verirrungen  hineingezogen,  versenkte  sich  Augustin  in  die 
Geheimnisse  des  Seelenlebens  und  hat  das  Dogma ,  nachdem  es 
durch  die  Orientalen  in  unfruchtbare  Speculationen  über  theo- 
logische und  christologische  Fragen  hineingeführt  war,  wieder 
der  Betrachtung  des  Menschen  zugewandt,  auf  dessen  inneren 
Zustand  und  die  Mittel  zu  seiner  Erlösung  und  Beseligung  hin- 
gelenkt. Vermöge  der  Doppelseitigkeit  seines  Wesens  bewegen 
sich  die  Schriften  Augustins  bald  in  Selbstbetrachtung  oder  ver- 
tiefen sich  mit  religiöser  Innigkeit  in  das  Göttliche,  bald  ver- 
breiten sie  sich  über  das  Gebiet  der  Lehre  und  bekämpfen  mit 
unerbittlicher  Dialektik,  auch  wohl  mit  Spitzfindigkeit,  Abwei- 
chungen vom  Glauben  der  Kirche.  Von  der  ersteren  Art  sind 
seine  Selbstbekenntnisse  (Confessiones) ;  von  der  andern  seine 
Briefe,  Predigten,  dogmatischen  und  exegetischen  Abhandlungen 
und  Streitschriften.  Auch  die  Schreibweise  des  Aug.  ist  ungleich  : 
meist  überladen  und  wortreich,  nicht  selten  aber  auch  scharf  be- 
stimmt. Zu  den  bestgeschriebenen  gehören  die  auch  stofflich 
besonders  reichhaltigen  22  Bücher  vom  Reiche  Gottes  (de  civi- 
tate  dei). 

1.  Haaptquellc  über  Aug.  seine  Confessiones  (A.  0)  und  Retracta- 
tiones  (A.  4).  Vita  Augustini  von  seinem  Schüler  und  Freunde  Possidius, 
Bischof  von  Calama,  verfasst  um  432,  abgedruckt  in  den  meisten  Ausgaben 
der  Werke  Augustins  (z.  B.  von  den  Benedictinern  T.  X,  Append.  t.  III), 
eigens  herausgg.  studio  et  labore  Jo.  Salinas,  Neapel  1731  (Augsburg  1768); 
in  Migne's  Augustin.  XI.  p.  105—128,  patrol.  XXXII.  p.  33—66;  der  indi- 
culus  ib.  XLVI.  p.  1—21.  Neuere  Darstellungen  z.  B.  von  den  Benedicti- 
nern (bei  Migne  August.  XI.  p.  153  —  868  =  Patrol.  XXXII.  p.  66  —  678), 
von  Tülemont,  Mdmoires  T.  XIII  (Paris  1702.  4.),  R.  Ceillier,  bist  g^n.  T. 
XL  p.  1—754.  XII.  p.  1-685.  J.  Böhringer,  die  Kirche  Christi  und  ihre 
Zeugen  I,  3  (Zürich  1844).  Poujoulat,  histoire  de  St.  Augustin,  Paris  1846. 
3  Voll.  C.  Bindemann,  der  heil.  Augustin,  Greifswald  (Leipzig)  1854—1869, 
3  Bde.  Flottes,  ^tudes  sur  St.  Aug.,  son  g^nie,  son  äme,  sa  philosophie, 
Montpellier  1861.  646  pp. 

2.  Geboren  13  Nov.  354  zu  Tagaste.  Sein  Vater  der  leidenschaftliche 
Patricius,  von  besonderem  Einfluss  auf  den  Sohn  die  sanfte  fromme  Mutter, 
Monica.  Madauris  coeperam  Utteraturae  atque  oratoriae  percipiendae  gratia 
peregrinari  (Conf.  II,  3,  5).  Fortsetzung  seiner  Studien  und  ziemlich  wil- 
des Leben  (Frucht:  Adeodatus)  in  Karthago,  wo  er  für  den  Manichäismus 
gewonnen  wurde.  Lehrer  der  Rhetorik  in  Tagaste,  Karthago  (conf.  IV, 
7,  12.  V,  7,  13).  Dann  nach  Rom  (ib.  V,  8,  14),  ut  docerem  artem  rheto- 
ricam  (12,  22).  Posteaquam  missum  est  a  Mediolano  Romam  ad  praef. 
urbis  ut  illi  civitati  rhetoricae  magister  provideretur,  .  .  ego  ipse  ambivi, 


92^)  Die  Kaiserzcit.    Viertes  bis  fünftes  Jahrhundert. 

.  .  ut  dictione  proposita  mci  probatum  praefectus  tunc  Symmachos  (oben 
399,  2)  mitteret.  et  veni  Mediolanum  ad  Ambrosium  episcopam  (13,  23), 
durch  welchen  und  seine  nachgekommene  Mutter  der  Wendepunkt  im  Le- 
ben des  Aug.  erfolgte.  Getauft  Ostern  387.  f  während  der  Belagerung 
Hippo's  durch  die  Vandalen,  28  August  430. 

3.  Ap.  Sidon.  ep.  IX,  2:  Hieronymus  iuterpres,  dialecticus  Augusti- 
nus. Als  Philosoph  schloss  sich  Aug.  vorzugsweise  an  den  Idealismus  des 
Piaton  an,  wandte  ihn  aber  zu  christlichem  Theismus.  £.  Feuerlein,  über 
die  Stellung  Aug.'s  in  der  Kirchen-  und  Culturgeschichte,  SybeVs  histor. 
Zeitschr.  XI.  (1869.)  S.  270-  313.  Ferraz,  de  la  psychologie  de  St.  Aug., 
Paris  1862.  498  pp.    Heinichen,  de  Aug.  anthropolog.  orig.,  Lips.  1862. 

4.  Ueber  die  schriftstellerische  Thätigkeit  des  Aug.  gibt  eine  lieber* 
sieht  die  vita  des  Possidius  (A.  1)  mit  dem  darau  angeschlossenen  indicolas 
seiner  Werke,  besonders  aber  Augustin  selbst  in  den  zwei  Büchern  Be- 
tractationes  (bei  Possidius:  de  recensione  librorum),  die  er  gegen  da« 
£nde  seines  Lebens  (imis  J.  427)  verfasste  und  worin  er  seine  bis  dabin 
yeröfifentlichten  Schriften,  mit  Ausnahme  der  Predigten  und  Briefe,  nach 
der  Zeit  ihrer  Entstehung  aufzählt  und  mit  Bemerkungen  begleitet,  durch 
welche  meist  dogmatische  Incorrectheiten  berichtigt  werden  sollen.  Das  erste 
Buch  bespricht  die  vor  seiner  Wahl  zum  Bischof  herausgegebenen,  das  zweite 
diejenigen  die  er  als  Bischof  verfasst  hatte.  Vgl.  das  Vorwort:  iam  diu  est 
ut  facere  cogito  .  .  ut  opuscula  mea  sive  in  libris  sive  in  epistolis  sive  in  tra- 
ctatibus  cum  quadam  iudiciaria  severitate  recenseam  et  quod  me  ofiFendit 
velut  censorio  stilo  denotem.  (3.)  scribere  autem  ista  mihi  placuit  ut  haec 
emittam  in  manus  hominum,  a  quibus  ea  quae  iam  edidi  revocare  emen- 
danda  non  possum.  nee  illa  sane  praetereo  quae  catechumenus  iam,  Ucet 
relicta  spe  quam  terrenam  gerebam,  sed  adhuc  saecularium  litterarum  in- 
flatus  consuetudine  scripsi.  .  .  inveniet  fortasse  quomodo  acribendo  pro- 
fecerim  quisquis  opuscula  mea  ordine  quo  scripta  sunt  legerit.  quod  ut 
possit,  hoc  opere  quantum  potero  curabo  ut  eundem  ordinem  noverit.  Und 
am  Schlüsse  des  Werks  (11,  67):  haec  opera  XCIII  in  libris  CCXXXIII  me 
dictasse  recolui  quando  haec  retractavi,  utrum  adhuc  essem  aliquos  dicta- 
turus  ignorans;  atque  ipsam  eorum  retractationem  in  libris  II  edidi . .  an- 
tequam  epistolas  ac  sermones  ad  populum,  alios  dictatos,  alios  a  me  dictos, 
retractare  coepissem.  Aus  dem  Verzeichniss  des  Possidius  kommen  dazu 
als  Erzeugnisse  der  letzten  Lebensjahre  des  Aug.  die  Schriften  Speculum; 
De  haeresibus  ad  Quodvultdeum  liber  (auch  in  Oehlers  corpus  haeresiol. 
I),  die  gegen  den  arianischen  Bischof  Maximinus  und  gegen  den  Pelagianer 
lulianus,  sowie  besonders  De  praedestinatione  sanctorum  und  De  dono  per- 
severantiae. 

5.  August,  conf.  IV,  13,  20:  scripsi  (in  Karthago  um  J.  380)  libros 
de  pulchro  et  apto,  puto  duos  aut  tres.  tu  scis,  deus;  nam  excidit  mihi 
non  enim  habemus  eos,  sed  aberraverunt  a  nobis  nescio  quomodo.  14,  21 : 
quod  me  movit  .  .  ut  ad  Hierium  (oben  400,  7)  romanae  urbis  oratorem 
scriberem  illos  libros.  Diese  Jugendschrift  fehlt  in  den  retract.,  welche 
beginnen  mit  den  drei  Büchern  contra  academicos.  Retract.  I,  1 :  com  it- 
liquissem  vel  quae  adeptus  fueram  in  cupiditatibus  huius  mundi  vel  qvM 
adipisci  volebam  et  me  ad  christianae  vitae  otium   contulissemi   nondom 


414.    AugUBÜnus.  921 

baptizatus  contra  academicos  velde  academicis  primum  scripsi  (J.  386), 
ut  argumenta  eorum,  quae  .  .  prohibent  coiquam  rei  assentiri  et  omnino 
aliqnid  tanquam  manifestum  certumque  sit  adprobare  . .  ab  animo  meo  .  . 
qaantis  possem  ratiouibus  amoverem.  AnschluBS  an  das  gleichnamige  Werk 
des  Cicero  (oben  S.  286  f.)  auch  in  der  Form  eines  Gesprächs  mit  einem 
Gönner  Romanianus,  dessen  Sohn  Licentius  nnd  einem  andern  Jüngling,  Try- 
getiuB.  Herausgegeben  auch  an  Oreili*s  Ausg.  von  Gic.  Acad.,  Turic.  1827. 

6.  Retract.  1,2:  librum  de  beata  vita  non  post  libros  de  acad.  sed 
inter  illos  ut  scriberem  contigit.  ex  occasione  quippe  ortus  est  diei  natalis 
mei.  . .  Manlio  Theodoro  (s.  416, 3),  ad  quem  librum  ipsum  scripsi,  quamyis 
docto  et  christiano  viro,  plus  tribui  quam  deberem.  . .  istum  hbrum  nostro 
in  codice  Interrupt  um  repperi  .  .  nee  adhuc  apud  aliquem  integrum  inve- 
neram  ex  quo  emendarem  quando  haec  retractavi.  I,  3 :  per  idem  tempus, 
inter  illos  qui  de  acad.  scripti  sunt,  duos  etiam  libros  de  ordine  scripsi, 
in  quibus  magna  quaestio  versatur  utrum  omnia  bona  et  mala  diyinae  pro- 
videntiae  ordo  contineat.  sed  .  .  de  ordine  studendi  loqui  malui  quo  a 
corporalibus  ad  iucorporalia  potest  profici.  in  bis  libris  .  .  nee  illud  mihi 
placet  quod  Pythagorae  philosopho  tantum  laudis  dedi.  I,  4,  1 :  inter  haec 
scripsi  etiam  duo  volumina  .  .  de  bis  rebus  quas  maxime  scire  cupiebam, 
me  interrogans  mihique  respondens  tamquam  duo  essemus,  ratio  et  ego, 
cum  Bolus  essem;  unde  hoc  opus  Soliloquia  nominavi,  sed  imperfectum 
remansit.  I,  5,  1 :  post  libros  Soliloquiorum  iam  de  agro  Mediolanum  re- 
versus  scripsi  librum  De  immortalitate  animae.  ..  qui  ratiocinationum 
contortione  atque  brevitate  sie  obscurus  est  ut  fatiget  cum  legitur  .  .  vix- 
que  intellegatur  a  me  ipso. 

7.  Betr.  I,  6:  per  idem  tempus  quo  Mediolani  fui,  baptismum  per- 
cepturus  (J.  387),  etiam  Disciplinarum  libros  conatus  sum  scribere,  in- 
terrogans eos  qui  mecum  erant  atque  ab  huiusmodi  studiis  non  abhorre- 
baut,  per  corporalia  cupiens  ad  incorporalia  quibusdam  quasi  passibus  vel 
pervenire  vel  dncere.  sed  earum  solum  de  grammatica  librum  absolvere 
potui,  quem  postea  de  armario  nostro  perdidi,  et  de  musica  sex  volumina, 
quantum  attinet  ad  eam  partem  quae  rhythmus  vocatur.  sed  eosdem  sex 
libros  iam  baptizatus  iamque  ex  Italia  regressus  in  Africam  scripsi  (vgl. 
ib.  I,  11);  incohaveram  quippe  tantummodo  istam  apud  Mediolanum  disci- 
plinam.  de  aliis  vero  quinque  disciplinis  illic  similiter  incohatis,  de  dia- 
lectica,  de  rhetorica,  de  geometrica,  de  arithmetica,  de  philosophia,  sola 
principia  remanserunt,  quae  tamen  etiam  ipsa  perdidimus,  sed  haberi  ab 
aliqnibus  existimo.  Dieses  encjclopädische  Werk  schloss  sich  schon  in 
seinem  Titel  an  Varro  an  (s.  oben  S.  235  a)  und  behandelte  die  sieben 
artes  liberales.  Der  davon  erhaltene  Theil,  sechs  Bücher  de  musica,  hat 
die  Form  eines  Gesprächs  zwischen  Lehrer  und  Schüler:  „sehr  wortreiche 
nnd  sehr  inhaltarme  Erörterungen  über  Rhythmik  und  Metrik"  (Westphal, 
allg.  griech.  Metrik  S.  46),  in  der  Annahme  von  Pausen  zur  Herstellung 
der  Tactgleichheit  zwischen  ungleichen  metrischen  Füssen  von  der  gewöhn- 
lichen Lehre  abweichend,  aber  in  der  Hauptsache  doch  wohl  aus  Varro 
geschöpft.  Westphal  a.  a.  0.  und  Fragmente  d.  griech.  Rhythm.  S.  19  11. 
nebst  H.  Weil  in  Fleckeisens  Jahrbb.  1862,  S.  335  ff.  1867,  S.  132  f.  Ein 
alter  Auszug  aus  dem  Werke  abgedruckt  bei  Mai,  CoUectio  Script,  vett. 


922  I^ie  Kaiserzeit.    Viertes  bis  fünftes  Jahrhundert. 

III  (Rom  1828)  p.  116 — 134,  wozu  die  Nachlese  von  du  Bleu,  schedae  Va- 
ticanae  (Lugd.  B.  1860)  p.  216—220.  Von  dem  Theile  De  rhetorica  ist 
durch  Handschriften  des  Fortunatianus  (oben  401,  5)  ein  Abschnitt  (bonae 
frugis  plena,  Halm)  erhalten  und  uuter  der  üeberschrift  prindpia  rheto- 
rices  abgedruckt  z.  B.  bei  Migne  patrol.  XXXII  p.  1440 — 1448,  am  besten 
in  Halms  Rhetores  lat.  min.  (1863)  p.  137—151.  Besonders  Cicero  und 
Hermagoras  werden  darin  viel  genannt.  Eatechetische  Form  hat  er  nicht 
Die  Principia  dialecticae  (bei  Migne  patrol.  XXXII  p.  1409 — 1419  und  be- 
sonders herausgegeben  von  W.  Crecelius,  Aug.  de  dialectica  liber,  recogn. 
et  adn.  Elberfeld  1857)  bezeichnen  selbst  als  ihren  Verfasser  Augustinas  (c 
7:  ut  cum  Augustino  nominato  nihil  aliud  quam  ego  ipse  cogitor  ab  ipso 
cui  notus  sum  etc.).  Die  früheren  Verdachtsgründe  gegen  die  Echtheit 
bestanden  hauptsächlich  in  den  Abweichungen  von  der  sonstigen  Weise 
des  Aug.  (z.  B.  durch  Anwendung  vieler  griechischer  Eunstausdrücke  und 
Nichtanwendimg  der  dialogischen  Form),  welche  bei  Schriften  die  sich  im 
Ganzen  und  Einzelnen  auf  fremde  Arbeit  gründen  von  wenig  Beweiskrall 
sind.  Von  dem  Abschnitte  De  grammatica  ist  nur  ein  (wohl  von  einem 
Benedictiner  verfasster)  Auszug  erhalten,  aus  einem  cod.  Lauresham.  (jetzt 
Vatic.)  zuerst  herausgegeben  von  A.  Mai  (Nova  patrum  bibl.  I,  2  p.  165  ff. 
Rom  1852),  besser  (nach  einer  Pariser  und  Brüsseler  Hds.)  von  C.  Fr.  We- 
ber (Aur.  Aug.  ars  grammatica  breviata,  Marburg  1861.  4.).  Durch  die 
Nichtübereinstimmung  mit  diesem  Auszuge  werden  die  schon  vorher  sehr 
zweifelhaften  Ansprüche  des  Tractats  de  grammatica  bei  Putsche  gramm. 
latt.  p.  1975  ff.  (und  z.  B.  in  Migne's  patrol.  XXXII.  p.  1385  — 1408)  auf 
den  Namen  Augustins  noch  weiter  gefährdet.  Weber  1.  1.  p.  2  f.  Die  Ca- 
tegonae  X  ex  Aristotele  decerptae  (Migne  XXXII.  p.  1419—1440)  werden, 
da  Aug.  weder  durch  Kenntniss  des  Griechischen  noch  durch  Bewunderung 
des  Aristoteles  sich  auszeichnete,  eher  von  Prätextatus  (oben  403,  1)  her- 
rühren. 

8.  Retract.  I,  7:  iam  baptizatus  cum  Romae  essem  (J.  387)  nee  ferre 
tacitus  possem  Manichaeorum  iactantiam  de  falsa  et  fallaci  continentia  vel 
abstinentia,  .  .  scripsi  duos  Ubros,  unum  De  moribus  ecclesiae  cathohcae, 
alterum  De  moribus  Manichaeorum.  I,  8:  in  eadem  urbe  scripsi  dialc^nm 
in  quo  de  anima  multa  quaeruntur  ac  disseruntur.  .  .  totus  liber  nomen 
accepit  .  .  De  animae  quantitate.  I,  9:  cum  adhuc  Romae  demoraremnr 
voluimus  disputando  quaerere  unde  sit  malum.  . .  tres  Ubri  quos  eadem 
disputatio  peperit  appellati  sunt  De  libero  arbitrio.  quorum  secundum  et 
tertium  in  Africa,  iam  etiam  Hippone  regio  presbyter  ordinatus,  .  .  termi- 
navi.  I,  10:  iam  vero  in  Africa  constitutus  scripsi  daos  libros  de  Genes 
contra  Manichaeos.  I,  11:  deinde  .  .  sex  Ubros  de  musica  (A.  7)  tcrip«, 
quorom  ipse  sextus  maxime  innotuit.  I,  14:  iam  vero  apud  Hipponem  re- 
gium  presbjter  scripsi  librum  De  utilitate  credendi.  Wie  dieses  war  gegen 
die  Manichäer  gerichtet  auch  das  nächste  Buch  De  duabua  animabus  (ib. 
I,  15),  sowie  das  Contra  Fortunatum  quendam  Manicbaeoroin  preebjtenni, 
eigentlich  eine  Disputation  mit  ihm  quae  excepta  est  a  uotariis  vehiti  goto 
Protokoll)  conficerentur ,  nam  et  diem  habet  et  consaleni.  I,  90: 
etiam  causam  Donatistarum  ad  ipsius  humillimi  vulgi . .  notitiam 
. .  psalmum  qui  eis  cantaretur  per  latinas  litt^ras  feci,  sed  mque  ad  T 
Utteram.    tales  aqtem  abecedarios  appellant.    .  .  hypopsalma  «tiam  ^wj 


414.    Augustinas.  923 

responderetur  et  prooemium  causae  .  .  non  sunt  in  ordino  litterarum.  ideo 
autem  non  aliqao  carmims  genere  id  fieri  volui  ne  me  necessitas  metrica 
ad  aliqna  verba  quae  vulgo  minus  sunt  usitata  compelleret. 

9.  Retract.  II,  6:  confessionum  mearum  libriXIII  . .  a  primo  us- 
qne  ad  dedmum  de  me  scripti  sunt;  in  tribus  ceteris  de  scripturis  sanctis. 
. .  moltis  fratribus  eos  multum  placuisse  et  placere  scio.  Sehr  werthvoll 
auch  für  die  Sittengeschichte.  Die  Bekenntnisse  werden  an  Gott  gerichtet 
(z.  B.  lY,  2:  malebam  tamen,  domine  tu  scis,  bonos  habere  discipulos  etc. 
et,  deus,  vidisti  de  longinquo  lapsantem  in  lubrico).  Die  Person  Christi 
tritt  sehr  wenig  in  den  Vordergrund.  Oft  einzeln  herausgegeben,  z.  B. 
von  A.  Neander  (Berlin  1823);  auf  Grundlage  der  Oxforder  Edition  (näm- 
lich BibL  patmm  eccl.  cath.  ed^  Pusey,  Vol.  I,  Oxford  1838)  herausgg.  u. 
erläutert  von  E.  v.  Eanmer,  Stuttg.  1856.  üebersetzungen  z.  B.  von  G. 
Rapp  (Stuttg.  1838)  u.  F.  Merschmann  (Frankf.  1806). 

10.  Retract.  II,  43, 1 :  interea  Roma  Gothorum  irruptione  (J.  410)  . . 
eversa  est;  cuius  eversionem  deorum  falsorum  multorumque  cultores  .  .  in 
christianam  religionem  referre  conantes  solito  acerbius  .  .  deum  verum 
blasphemare  coeperunt  unde  ego  . .  libros  de  civitate  dei  scribere  in- 
stitui.  quod  opVis  per  aliquot  annos  me  tenuit,  eo  quod  alia  multa  inter- 
currebant.  .  .  hoc  autem  de  civ.  d.  grande  opus  tandem  XXII  libris  est 
terminatum  (ums  J.  426).  quorum  V  primi  eos  refellunt  qui  res  humanas 
ita  prosperari  volunt  ut  ad  hoc  multorum  deorum  cultum  .  .  neoessarium 
esse  arbitrentur  et  quia  prohibetur  mala  ista  exoriri  .  .  contendunt.  se- 
quentes  autem  V  adversus  eos  loquuntur  qui  fatentur  haec  mala  nee  de- 
fuisse  umquam  me  defutura  mortalibus,  .  .  sed  deorum  cultum  . .  propter 
vitam  post  mortem  futuram  esse  utilem  disputant.  (Vgl.  Epist.  169,  1.) 
his  ergo  X  libris  duae  istae  vanae  opiniones  christianae  reUgioui  adversa- 
riae  refelluntur.  (2.)  sed  ne  quisquam  nos  aliena  tantum  redarguisse,  non 
autem  nostra  asseruisse  reprehenderet:  id  agit  pars  altera  operis  hnius, 
quae  libris  XII  continetur.  . .  primi  quattuor  (XII— XV)  continent  exortum 
duarum  civitatimi,  quarum  est  una  dei,  altera  huius  mundi.  secundi  quat- 
tuor (XVI— XIX)  excursum  earum  sive  procursum.  tertii  vero,  qui  et  po- 
stremi  (XX — XXII),  debitos  fines.  ita  omnes  XXII  libri,  cum  sint  de  utraque 
civitate  conscripti,  titulum  tamen  a  meliere  acceperunt.  Gewidmet  ist  das 
Werk  dem  Marcellinus,  ohne  Zweifel  demjenigen  welcher  J.  410  zur  Bei- 
legung der  donatistischen  Wirren  nach  Africa  gesandt  war  und  an  welchen 
auch  andere  Schriften  des  Aug.  sowie  Epist.  128  f.  133. 138  f.  143  gerichtet 
sind.  HauptqueUen  sind  Cicero  (bes.  de  rep.)  und  Varro  (Antiquitates  und 
de  gente  rom. ,  auch  wohl  einzelne  logistorici) ,  für  das  Orientalische  des 
Uieronymus  Bearbeitung  der  Chronik  des  Eusebios;  ausserdem  ist  Piaton, 
Sallust,  Plinius  d.  Aelt.  und  Solinus  benützt,  von  Dichtem  besonders  Ver- 
gil  sehr  oft  angeführt,  nächstdem  Terenz,  Horaz,  Persius,  Lucanus,  Teren- 
tianus,  (}laudianus  u.  a.  Eettner,  varronische  Studien  S.  40 — 46.  Sonder- 
ausgaben bes.  von  J.  L.  Vivis  (comment.  illustr.,  Basil.  1522.  1555.  1570) 
und  B.  Dombart  (Lips.  Teubner  1863,  2  Voll.).  Redner,  die  dvitas  dei 
des  h.  Aug.,  Conitz  1856.  4. 

11.  Unter  den  übrigen  Schriften  Augustinus  sind  von  besonderer  Wich- 
tigkeit die  dogmatischen  de  doctrina  christiana  libri  IV  (verfasst  397—426), 
de  trinit^te  libri  XV  (J,  400—416),   de  peccatorum  [meritis  et  [remissione 


'nt^ 


924  I^ie  Kaiserzeit.    Viertes  bis  fünftes  Jahrhundert. 

* 
libri  III  (ums  J.  412),  de  gratia  et  libcro  arbitrio;  de  correptione  et  gratia; 
de  praedestinatione  sanctorum  und  de  dono  perseveranüae.  Aus  dem  Qe- 
biete  der  praktischen  Theologie  sind  zu  nennen  die  Schriften  de  mendacio, 
de  continentia,  de  patientia,  de  agone  Christiane,  de  bono  coniugali,  de 
nuptiis  et  concupiscentia ,  de  adiüterinis  coniugiis,  de  opere  monachonun, 
de  unico  baptismo,  de  cura  pro  mortuis  gerenda  u.  A.  Die  Streitschriften 
sind  gerichtet  gegen  die  Secten  und  Häresen  der  Manichäer,  DonatisteD, 
Pelagianer,  Priscillianisten ,  Arianer  und  Origenisten.  Die  Predigten 
(sermones)  füllen  einen  sehr  starken  Band,  der  aber  auch  Zweifelhaltes 
und  Unechtes  enthält.  Bei  aller  Einfachheit  sind  sie  doch  nicht  selten 
rhetorisch  wirkungsvoll,  auch  wohl  rührsam.  Ueber  deren  Publicum  b. 
J.  Yärin,  St.  Augustini  auditores,  s.  de  Afrorum  christianorum  circa  Aag. 
ingeuio  ac  moribus,  Paris  1870.  Th^se.  Ein  Theil  schliesst  sich  an  die  Er- 
klärung biblischer  Schriften  (als  Homilien)  an,  wie  über  die  Psalmen,  das 
Evangelium  Johannis  und  die  Bergpredigt.  Die  Exegese  tritt  in  der  schrift- 
stellerischen Thätigkeit  des  Aug.  ziemlich  zurück,  da  seine  Eenntniss  des 
Griechischen  nicht  vollkommen,  das  Hebräische  aber  ihm  ganz  fremd  war. 
Doch  schrieb  er  besonders  über  lob,  die  Evangelien  (de  cousenBu  evaoge- 
listarum  libri  lY;  quaestionum  evangelicarum  libri  II),  den  Römer-  und 
Galater-Brief.  H.  N.  Clausen,  Aug.  .  .  sacrae  scripturae  interpres,  Berlin 
1827^  Die  Bibelstellen  sind  allentiialben  nach  der  Itala  angeführt  Die 
Sammlung  der  Briefe  umfasst  (einschliesslich  der  an  Aug.  gerichteten) 
270  Stücke.  Kurz  sincl  nur  wenige  derselben;  einzelne  (wie  Nr.  147,  de 
videndo  deö)  sind  so  ausführlich  dass  sie  auch  unter  den  Abhandlungen 
aufgeführt  werden.  Sie  besprechen  fast  alle  kirchlichen  Fragen  der  Zeit; 
manche  sind  beichtväterlichen  Inhalts.  Andrerseits  hat  brieflichen  Cha- 
rakter das  Werk  De  diversis  quaestionibus  LXXXIlT  (Retract.  I,  26).  Die 
Benedictiner  haben  die  Briefe  in  4  Classen  eingetheilt:  1.  aus  J.  386—395 
(von  der  Zeit  der  Bekehrung  bis  zur  Bischofewahl) ;  2.  J.  395 — 410;  3.  J. 
411  (Disputation  mit  den  Donatisten)  bis  J.  430  (Tod);  4.  die  chronolo- 
gisch nicht  bestimmbaren. 

12.  Ausgaben  der  sämmtlichen  Werke  Augustinus  z.  B.  Basileae  1506 
apnd  Jo.  Amerbachium;  Ex  emendatione  D.  Erasmi,  Basil.  1528  fol.  10  Voll 
(und  öfters  wiederholt);  Per  theologos  Lovanienses  (Antv.  1577  fol.  11  Voll) 
mit  supplementum  von  H.  Vignerius  (Paris.  1654.  fol.  2  Voll.^;  besonders 
aber  die  der  Benedictiner  e  congregatione  S.  Mauri,  Paris  1679  ff.  11  Voll 
fol.  Im  Wesentlichen  nur  Wiederholungen  letzterer  sind  die  von  Jo,  Phc- 
roponus  (Clericus),  Antv.  1700—1703  (12  Voll,  fol.),  und  die  zweierlei  von 
J.  P.  Migne,  Augustini  opera  omnia  in  11  Voll.  (Paris  1835 — 1836  —  1839) 
und  Patrolog.  XXXII-XLVII. 

415.  Zu  Anfang  des  fünften  Jahrh.  verfasste  der  Presbyter 
Sulpicius  Severus  (um  365—425)  in  Aquitanien  einen  Ab- 
riss  der  Geschichte  von  ErschaflFung  der  Welt  bis  auf  seine  Zeit 
aus  den  besten  Quellen,  mit  geschichtlichem  Sinn  und  in  schlich- 
ter, aber  gebildeter  und  den  classischen  Historikern  nachstrebeo- 
der  Darstellung.    Dagegen  seine  Biographie  des  Martinas  Ton 


•md      XWf^ 


414  f.    Angusfciuus.    Sulpicius  Severus.  925 

Tours  ist  ein  frommer  Roman  ^  ein  Denkmal  seiner  schwärme- 
rischen Verehrung  für  den  Helden,  voll  abenteuerlicher  Wunder. 
Ihm  gelten  auch  die  zwei  Dialogen  mit  ciceronischer  Einkleidung. 

1.  Gennad.  vir.  ill.  19:  Severua  presbyter  cognomento  Sulpicius,  Aqui- 
tanicae  proviuciae^  vir  genere  et  litteris  nobilis  et  paüpertatis  atque  humi- 
litatis  amore  conspicuus  (vgl.  vita  Hart.  24,  4  ff.),  carus  etiam  sanctorum 
virorum  MarÜui  Turoneufiis  episcopi  et  Pauliiii  Nolensis,  scripsit  nou  con- 
t^mnenda  opuscula.  nam  epistolas  ad  aniorem  dei  et  contemptum  luundi 
hortatorias  scripsit  sorori  suae  multas,  quae  notae  sunt,  scripsit  ad  Pau- 
iinum  praedictum  duas  et  ad  alios  alias,  sed  quia  in  aliquibus  etiam  fa- 
miliaris  necessitas  inserta  est  non  digeruntur.  composuit  et  chrouica. 
scripsit  et  ad  multorum  profectum  vitam  b.  Martini  monachi  et  episcopi, 
signis  et  prodigiis  ac  virtutibus  illustris  viri,  et  Collationem  Postumiaui 
et  Galli  se  mediante  et  iudice  de  conversatione  inonachorum  orientalium 
et  ipsius  Martini  habitam  in  dialogi  speciem  duabus  incisionibus  compre- 
hendit.  . .  hie  in  senectute  sua  a  Pelagianis  deceptus  .  .  silentium  usque 
ad  mortem  tenuit.  In  den  echten  Schriften  Augustins  wird  Sulp,  nie  ge- 
nannt, wohl  aber  von  Hieronymus  (V.  p.  422  Vall.):  Severus  noster.  Paulin. 
Nol.  epist.  &  (Severo  fratri),  '5:  tu  .  .  es  aetate  florentior,  laudibus 
abundantior,  in  . .  fori  celebritate  diversans  et  facundi  nominis  palmam 
tenens.  repentino  impetu  discussisti  servile  peccati  iugum  .  neque  te  di- 
yitiae  de  matrimonio  familiae  consularis  aggestae  neque  post  coniugium 
peccandi  licentia  et  caelebs  iuventas  ab  angusto  salutis  introitu  . .  revocare 
potuerunt.  (6.)  tu  ergo  verus  factor  legis  . .  merito  socrum  (Bassulam)  .  . 
in  matrem  sortitus  aetemam  . .  reUcto  patre  . .  Christum  secutus  es.  .  .  pi- 
scatorum  praedicationes  tullianis  Omnibus  tuis  litteris  praetulisti.  confu- 
gisti  ad  pietatis  silentium  (Zurückziehung  in  ein  Kloster).  Vgl,  ib.  epist. 
1  (wonach  Sev.  Elusone  lebte).  11.  17.  22.  23.  24.  27.  28.  29.  30.  31  (ad 
basilicam  quam  modo  apud  Primuliacum  .  .  condideris).  32.  oben  411,  1 
u.  2.    R.  Ceillier,  bist  g^n.  X.  p.  635-6Ö0. 

2.  Sulp.  Sev.  chron.  1:  res  a  mundi  exordio  sacris  litteris  editas 
breviter  constringere  et  cum  distinctione  temporum  usque  ad  nostram  me- 
moriam  carptim  dicere  aggressus  sum.  . .  non  peperci  labori  meo  quin  ea 
quae  permultis  voluminibus  perscripta  continebantur  duobus  libelli»  conclu- 
derem,  ita  brevitati  studens  ut  paene  nihil  (V  vgl.  Bernays  S.  45)  gestis 
subduxerim.  . .  non  pigebit  fateri  me,  sicubi  ratio  exegit,  ad  distinguenda 
tempora  continuandamque  seriem  usum  esse  historicis  mundialibus  atque 
ex  his  quae  ad  supplementum  cognitionis  deerant  usurpasse.  Das  A.  T. 
benützt  er,  da  er  des  Hebräischen  nicht  mächtig  ist,  nur  in  der  Ueber- 
setzung  der  LXX.  Daraus  entnimmt  er  die  geschichtlichen  Besta^dtheile, 
öfters  mit  polemischen  Beziehungen  auf  Vorgänge  der  eigenen  Zeit.  Als 
ehemaliger  Jurist  und  Advokat  zeigt  er  Interesse  auch  für  die  mosainche 
Civil-  und  Criminal-Gesetzgebung  (Bernays  S.  31  ff.).  Vgl.  oben  412, 3.  Ueber 
die  Zeit  des  Buchs  Judith  II,  14,  1—6.  Der  geschichtliche  Inhalt  des  N.  T. 
wird  absichtlich  bei  Seite  gelassen  (II,  27,  3),  weil  bei  ihm  eine  so  freie 
Verwendung  wie  beim  A.  T.  bedenklich  war.  Die  nichtbiblischen  Gewährs- 
männer werden  nie  mit  Namen  genannt,  auch  nicht  die  Chronik  des  Eusebius ; 
vgl.  II,  5,  7.    Josephus  ist  nicht  benützt,  wohl  aber  Tacitus;  namentlich  für 


926  ^i^  Kaiserzeit    Viertes  bis  fünftes  Jahrhundert. 

die  Geschichte  der  Zerstörung  Jerusalems  verlorengegangene  Theile  der 
Historien  (Bemays  S.  53  —  61).  Selten  sind  sachliche  Flüchtigkeiten  (Ber* 
nays  Anm.  81).  Das  Werk  ist  gestellt  auf  das  Consulat  des  Stilicho  (J.  400) 
und  vollendet  J.  403.  Die  Darstellung  ist  den  claadschen  Mustern  mit 
Geschick  nachgebildet,  besonders  dem  Sallust  (Bemays  Anm.  9.  15.  24. 
33.  37.  45.  50.  59)  und  Tacitus  (ebd.  A.  6.  70),  auch  Vellejus  (A.  49)  uimI 
Curtius  (A.  35),  ohne  doch  mnsivisch  buntscheckig  zu  werden  und  nicht 
ohne  Spuren  der  Zeit  (A.  58).  Ein  wissenschafblichos  Geschichtswerk  hat 
Sulp,  weder  geliefert  noch  beabsichtigt,  wohl  aber  ein  gutes  und  ange- 
nehmes Lesebuch.  J.  Bemays,  über  die  Chronik  des  Sulpicius  Sevenu, 
Berlin  1861.  72  S.  4. 

3.  Erhalten  ist  die  Chronik  durch  eine  einzige  Handschrift  saec.  Xl« 
welche  zuerst  M.  Flacius  (s.  A.  4)  benützte  (libellum  hunc  .  .  ex  quadam 
celeberrimae  Saxonum  civitatis  Hildesiae  bibliotheca  erutum)  und  welche 
aus  der  PfOlzer  Bibliothek  J.  1623  in  die  Vaticana  kam  (Vat.  824).  C. 
Halm  in  den  Sitzungsber.  d.  münchner  Akad.  1865.  II,  2.  S.  37  — $4. 
Nach  deren  Ueberschrifb  (incipit  prologus  Sulpitii  Severi  in  chronica,  qoae 
ipsa  fedt  ab  exordio  mundi  usq.  ad  tempus  suum)  wird  Chronica  wohl 
der  ursprüngliche  Titel  sein.  Da  Sulp,  mehrere  Male  (I,  36,  6.  42,  1.  46, 
5.  II,  5,  7.  6,  1)  die  Chronik  des  Eusebios  schlechthin  als  chronica  anfuhrt, 
80  hielt  Bemays  (S.  71  f.)  A  mundi  exordio  libri  II  für  die  authentische 
Ueberschrift. 

4.  Editio  princeps  der  Chronik  von  M.  F.  (Matthias  Flacius):  Sulpitii 
Severi  sacrae  historiae  .  .  libri  II  nunc  primum  in  lucem  editi,  Basil.  1556. 
Spätere  Ausgaben  von  Victor  Giselinus  (Antv.  1574),  C.  Sigonius  (Bonn. 
1581,  mit  Comm.),  Jo.  Drusius  (Amhem.  1607). 

5.  "  Die  vita  Martini  gibt  ein  anschauliches  Bild  von  der  religiösen 
Erregtheit  der  Zeit,  die  bis  zum  Visionären  gieug.  Der  Heilige  besteht 
Kämpfe  mit  dem  diabolus,  hört  und  sieht  Christus  und  Engel,  thut  allerlei 
Wunder,  verkündet  das  nahe  Weltende  (dial.  II,  14)  u.  dgl.  Dasselbe 
Thema  wird  dann  in  den  beiden  dialogi  (früher  in  drei  abgetheilt)  des 
Weiteren  dialogisch  ausgesponnen.  Drei  Briefe,  ad  Eusebium,  AureUun 
diaconum,  Bassulam  (s.  A.  1),  dienen  als  Einleitung  zu  diesen  Dialoges. 
Vgl.  Ep.  I,  1:  mentio  incidit  libelli  mei  quem  de  vita  beati  viri  Martini 
episcopi  edidi  studioseque  eum  a  multis  legi  libentissime  audiebam.  Pan- 
lin.  Epist.  11,  11.  J.  H.  Beinkens,  Martin  von  Tours,  Bresl.  1866.  Die 
Sprache  ist  auch  in  diesen  Schriften  verhältnissmässig  rein  und  gewählt 
Sie  sind  in  zahlreichen  Handschriften  erhalten,  unter  welchen  die  älte^ 
und  wichtigste  ist  die  der  Capitelsbibliothek  in  Verona  saec.  VII,  welche 
selbst  aus  einer  Hdschr.  vom  J.  519  abgeschrieben  ist.  Aus  der  in  Frank- 
reich und  Deutschland  verbreiteten  Classe  ist  eine  der  ältesten  die  Qnedlii* 
burger  saec.  IX;  s.  Halm  p.  VIII  f. 

6.  Von  jenen  drei  echten  Briefen  sind  zu  unterscheiden  die  uehtü 
welche  mit  sehr  zweifelhafter  Berechtigung  den  Namen  des  Sulp,  tragv 
(Appendix  bei  Halm),  von  welchen  der  zweite  auch  unter  denen  des  Ifis- 
ronymus  steht.  Sie  weichen  vom  Tone  des  Sulp,  wesentlich  ab.  Die  beides 
ersten   (ad  Claudiam  sororem  de  ultimo  iudido  und  de  virginitole)  sik^ 


-      ;415-417.    Suli.  Sevenis.    Hilario.    Theodorus  ii.  A.  927 

umständlich  und  erbaulich.    Der  dritte,  in  Mönchshumor,  steht  auch  bei 
Paul.  Nol.  Epist.  22. 

7.  Ausgaben  sämmtlicher  Werke  des  Sulp.  Sev.  von  J.  Vorst  (cum 
notis,  Berlin  1668  u.  sonst),  H.  de  Prato  (Veron.  1741  —  1754,  2  Voll.  4.), 
in  Migne's  Patröl.  XX.  p.  95  —  248,  und  besonders  von  C.  Halm  (rec.  cum 
comment.  crit.  instr.,  Wien  1866). 

Beiträge  zur  Textkritik  bei  de  Rooy,  spicileg.  critic,  Dordrecht  1771. 

410*  Des  Sulpicius  Severus  Zeitgenosse  und  Landsmann 
Q.  lulius  Hilario  verfasste  J.  397  ein  Schriftchen  über  die 
Dauer  der  Welt;  der  Donatist  Tichonius  aus  Africa  unter  an- 
derem drei  Bücher  über  den  inneren  Krieg.  Um  dieselbe  Zeit 
schrieb  Flavius  Mallius  Theodorus  (Cos.  399)  nicht  ohne  Selb- 
ständigkeit sein  auf  uns  gekommenes  Werkchen  de  metris. 

1.  Das  Schriftchen  des  Hilario  de  duratione  mnndi,  nach  Inhalt  und 
Sprache  barbarisch,  aber  von  kühner  Selbständigkeit  der  Forschung,  in 
der  Bibl.  patrum  ed.  de  la  Bigne  VII.  p.  277—284.  A.  v.  Gutschmid  in 
Fleckeisens  Jahrbb.  87,  S.  714. 

2.  Gennad.  vir.  ill.  18:  Tichonius,  natione  Afer,  in  divinis  litteris 
eruditus  iuxta  historiam  sufficienter  et  in  saecularibus  non  ignarus  fuit,  in 
ecclesiasticis  quoque  negotiis  studiosus.  scripsit  De  hello  intesüno  libros  III 
et  Expositiones  diversarum  caufiarum,  in  quibus  ob  suorum  defensionem 
antiquanun  meminit  synodorum.  e  quibus  onmibus  agnoscitur  Donatianae 
partis  fuisse.  composuit  et  Kegulas  ad  investigandam  . .  intellegentiam 
scripturarum  VII,  quas  in  uno  volumine  conclusit  (vgl.  J.  B.  Pitra,  Spicileg. 
Solesm.  p.  294  f.).  exposuit  et  Apocalypsin  loannis  etc.  floruit  hie  vir  aetate 
qua  iam  memoratus  (oben  409,  1  ff.)  Rufinus,  Theodosio  et  filio  eins  re- 
gnantibus. 

3.  Flavius  Mallius  Theodorus,  Cos.  399  (C.  I.  gr.  6232  u.  sonst),  unter 
allen  Compilatoren  dieser  Zeit  derjenige  welcher  am  meisten  Freiheit  imd 
Selbständigkeit  in  der  Form  der  Darstellung  zeigt  (Westphal,  allg.  griech. 
Metr.  S.  46  f.  ==  P  S.  130).  Das  Vorwort  ist  an  seinen  Sohn  Theodorus 
gerichtet.  Von  Vorgängern  nennt  er  den  luba  und  Terentianus.  Erste 
Ausgabe  der  Schrift  de  metris  von  J.  Fr.  Ueusinger  (nebst  De  pedibus 
expositio  von  einem  unbekannten  lulius  Severus),  Wolfenbüttel  1755  (cura 
Buhnkenii,  Lugd.  B.  1766);  in  Gaisfords  scriptores  lat.  rei  metr.  (1837)  X 
(p.  525  ff.).  A.  Rüben,  diss.  de  vita  Fl.  Mallii  Theodori,  Utrecht  1694. 
Lips.  1754.    Vgl.  auch  oben  413,  3  u.  8.   414,  6. 

417.  Von  den  zahlreichen  Freunden  und  Gegnern  des 
Augustinus  waren  ausser  den  schon  Genannten  literarisch  thätig 
der  bekannte  Urheber  des  Pelagianismus,  der  hochachtbare  Britte 
Pelagius,  von  dessen  Schriften  wir  besonders  ein  wohlgeschrie- 
benes Glaubensbekenntniss  an  Innocenz  besitzen ;  dessen  Lands- 
mann und  jüngerer  Freund  Caelestius;  der  Uebersetzer  Anianus 


928  1^16  Kaiserzeit.    Viertes  bis  fünftes  Jahrhundert. 

und  der  durch  Augustinus  Gegenschriften  bekannte  Bischof  lu- 
lianus.  Von  anderen  christlichen  Schriftstellern  der  Zeit  sind 
erwähnenswerth  Antiochius,  Severianus,  Bachiarius^  Sabbatius, 
Helvidius,  Vigilantius,  Simplicianus,  Innocentius. 

1.  Erhaltene  Schriften  des  Pelagius:  Expositiomun  in  epistolas 
Pauli  libri  XIV;  Epistola  ad  Demetriadem ;  Libelliis  fidei  ad  Innocentiain; 
wahrscheinlich  auch  die  Epist.  ad  Celantiam  matronam  de  ratioue  pie 
vivendi.  Nur  aus  den  Gegenschriften  Augustins  kennen  wir  sein  Werk  De 
natura  und  De  libero  arbitrio  libri  IV.  Ausserdem  schrieb  er  De  trinitate 
libri  III  und  Anderes. 

2.  Gennad.  vir.  ill.  44:  Caelestius  . .  adhuc  adolescens  scripsit  ad 
parentes  suos  de  monasterio  epistolas  in  modum  libellorum  tres.  Seine 
Schriften  sind  uns  nur  soweit  bekannt  als  Augustinus  sie  erwähnt  oder 
auszieht.  So  Contra  traducem  peccati,  De6nitiones  (s.  Aug.  de  perf  inst 
hom.),  und  das  an  Zosimus  gerichtete  Glaubensbekenntniss  (libellus  fidei; 
s.  Aug.  de  peccato  ong.). 

3.  Anianus,  Diakonus  in  Celeda,  verfasste  Uebersetzongen  von 
Homilieu  des  Chrysostomus ,  abgedruckt  in  dessen  Ausgaben. 

4.  lulianus,  416  Bischof  von  Aeclanum,  aber  schon  418  als  Pela- 
gianer  abgesetzt.  Gennad.  vir.  ill.  45:  vir  acris  ingenü,  in  divinis  scri- 
pturis  doctus,  graeca  et  latina  lingua  scholastieus.  . .  scripsit  Adversus  Au- 
gustinum  libros  IV  et  iterum  libros  VII.  est  etiam  liber  altercationis  am- 
borum  partes  suas  defendentium.  Zur  %eit  einer  Hung^rsnoth  habe  er 
sich  durch  Wohlthätigkeit  ausgezeichnet,  moritur  Valentiniano  et  Con- 
stantino  filio  eins  imperante.    Vgl.  oben  414,  11. 

6.  Ueber  die  Donatisten  Tichonius  und  Cresconius  s.  oben  416,  2. 
409,  6. 

6.  Bei  Gennadius  vir.  ill.  20  ff.  werden  als  christliche  Schriftsteller 
der  Zeit  aufgeführt:  20.  Antiochius  episcopus  (moritur  Arcadii  imp.  tempore); 
21.  Severianus  Gabalensis  ecclesiae  episcopus  (in  homilüs  declamator  ad- 
mirabilis  .  .  imperatore  Arcadio;  . .  moritur  minore  Theodosio  imperante; 
üeberreste  bei  Pitra,  spicileg.  Solesm.  p.  275  f.);  22.  Niceas;  23.  Olympios, 
natione  Hispanus,  episcopus;  24.  Bachiarius  (vir  christianae  philosophiae); 
25.  Sabbatius,  gallicanae  ecclesiae  episcopus;  26.  Ursinus  monachus;  27. 
Macarius,  alius  monachus  (scripsit  in  urbe  Roma  adversus  mathemaücM 
librum);  29.  Hehodorus  (Antiochenae  ecclesiae  presbyter);  30.  loannes 
(Jerosolymorum  episcopus):  31.  Paulus  episcopus;  32.  Helvidiua,  Auxentü 
(des  Arianers)  discipulus,  Symmachi  Imitator  (gegen  ihn  schrieb  Hieronj- 
mus);  33.  Theophilus  (Alexandrinae  civitatis  episcopus);  35.  Vigilantioi 
presbyter,  natione  Gallus,  Uispaniae  Barcilonensis  parochiae  ecclesiui 
tenuit  (huic  et  b.  Hieronymus  presbyter  respondit);  36.  Simplicianns  epi* 
scopus  Mediolanensis  (multis  epistoiishortatusestAugustinum  adhuc  pretbj- 
terum  ut  etc.);  37.  Vigilius  episcopus  (scripsit..  epistolam  continentfflB 
gesta  sui  temporis  apud  barbaros  martyrum);  40.  Maximus,  Taurineow 
ecclesiae  episcopus  (moritur  Honorio  et  Theodosio  iun.  regnanübos);  41- 
PetroniuR,  Bononiensis  eccl.  episc.  (f  Theodosio  Arcadii  filio  et  Valentiiiiaiio 
regnantibus) ;  43.  Innocentius  urbis  Romae  episcopus  (J.  401—417),  V«r> 


417  f.    Pelagius  u.  A.    Macrobius.  929 

lasser  einer  Anzahl  erhaltener  Briefe  (Coustant,  epist.  pontiff.  rom.  I.  p. 
739  ff.  Gallandi  bibl.  patr.  VIII.  p.  545  ff.);  47.  Avitus  presbyter,  homo 
Uispanus  genere. 

7.  In  griechischer  Sprache  schrieb  um  diese  Zeit  der  Platoniker 
Synesios  aus  Kyrene,  geb.  379,  etwa  seit  410  Bischof  von  Ptolemais,  Ver- 
fasser von  Reden,  Abhandlungen,  Briefen,  Hymnen  u.  A.  Vgl.  B.  Volk- 
mann, Synesios  von  Kyrene,  Berlin  1869. 

418.  Am  Ende  des  vierten  und  Anfang  des  fünften  Jahrb. 
wirkte  und  schrieb  auch  Macrobius  Theodosius,  von  welchem 
wir  einen  Commentar  zu  Ciceros  Traum  des  Scipio  in  zwei  Bü- 
chern, sowie  sieben  Bücher  Satumalia  besitzen.  Letzteres  Werk 
behandelt  in  der  Form  eines  Gesprächs  eine  Reihe  von  Gegen- 
ständen der  Literatur  und  der  altrömischen  Barchenverfassung, 
wobei  besonders  Gellius  stark  ausgebeutet  wird,  nächstdem  der 
Commentar  des  Servius  zu  Vergil,  auch  Seneca,  Plutarch  u.  A., 
ohne  dass  aber  die  compilierten  Schriftsteller  genannt  würden. 

1.  Name  im  Bamberg,  vor  den  Saturn.:  Macrobius  Theodosius  v.  c. 
et  illustris;  vor  dem  Somn.  Scip.:  Macrobius  Amt^osius  Theodosius  v.  c. 
et  inl.  Da  er  hienach  hohen  Rang  hatte  so  wird  er  der  Macrobius  sein 
welcher  J.  399  f.  praef.  praet.  Hispaniarum  war  (Cod.Theod.  XVI,  10,  15. 
VIII,  5,  61),  J.  410  procos.  Africae  (ib.  XI,  28,  6)  und  noch  im  J.  422  vir 
illustr.  heisst  und  die  Stelle  eines  praepositus  sacri  cubiculi  bekleidete  (ib. 
VI,  8,  1).  Diess  setzt  voraus  dass  er  in  späteren  Jahren  zum  Christenthum 
übertrat,  ohne  das  er  in  dieser  Zeit  letzteres  Amt  nicht  hätte  erlangen 
können.  In  seinen  Schriften  ist  er  noch  Heide  (s.  A.  3);  ihre  Abfassung 
oder  Anlage  wird  daher  vor  jene  Aemter  fallen  und  die  vollständige  Ti- 
tulatur des  Verf.  erst  nachträglich  hinzugefügt  sein.  Vgl,  auch  unten  422, 1. 

2.  Macrob.  Sat.  praef.  11  f.:  sicubi  nos  sub  alio  ortos  caelo  latinae 
liuguae  vena  non  adiuvet.  .  .  si  in  nostro  sermone  nativa  romani  oris  ele- 
gantia  desideretur.  Sein  Interesse  für  Cicero  und  Vergil  macht  aber  min- 
der wahrscheinlich  dass  eine  hellenische  oder  hellenistische  Gegend  seine 
Heimat  ist;  eher  Africa  (L.  v.  Jan). 

3.  Bewunderung  des  Symmachus  (oben  399),  Nicomachus  (oben 
402,  1)  und  Praetextatus  (oben  403,  1);  s.  Sat.  I,  1,  4.  Alle  diese  gehören 
zur  heidnischen  Partei.  Von  Christlichkeit  ist  auch  sonst  keine  Spur  bei 
Macrob.,  wohl  aber  zeigt  er  überall  eingehendes  Interesse  für  die  Götter 
des  Polytheismus  (bes.  1, 17  ü'.)  und  Hinneigung  zum  Neupiatoni smus  (A.4). 
Vgl.  Sat.  I,  12,  8:  cum  hodieque  in  sacris  Martem  patrem,  Venerem  ge- 
netricem  vocemus.  24,  1 :  laudare  . .  cuncti  religionem  (des  Prätext.),  adßr- 
mantes  hunc  esse  unum  arcanae  deorum  naturae  conscium,  qui  solus  divina 
et  adsequi  animo  et  eloqui  posset  ingeuio.  Auch  von  Servius  ist  er  ein 
jüngerer  Zeitgenosse  (s.  oben  404,  1)  und  beutet  dessen  Schriften  aus 
(8.  A.  6). 

4.  Durch  Macrob.  ist  Cicero's  Somnium  Scip.  (aus  de  rep.  VI)  er- 
halten; s.  oben  S.  282,  A.  4.    Seinen  Commentar  dazu  hat  Macr.  so  ein- 

Teuffpl,  röm.  Lilpratur^fsrliiclile.  (39 


930  Die  Kaiserzeit.    Viertes  bis  fünftes  Jahrhundert 

gerichtet  ut  praemissis  Ciceronis  verbis  promeret  quidquid  e  placitis  Plato- 
nicorum  atque  e  praeceptis'geometriae,  geographiae,  astronomiae  ad  ea 
referri  posse  videretur  (L.  v.  Jan  p.  VIII).  Nach  einer  Einleitung  über  das 
Verhältniss  von  Cic.  de  rep.  zu  Platon's  Politeia  und  über  die  Bedeutung 
der  Träume  beginnt  der  Commentar,  welcher  die  platonischen  Erörtenm- 
gen  (über  die  Zahl,  die  Töne,  die  Seele,  die  Bewegung  der  Gestirne,  die 
Zonen  u.  s.  w.)  in  ziemlich  willkürlicher,  und  ungleichmässiger  Weise  an 
die  Worte  Cicero's  anknüpft.  Vgl.  I,  5,  1:  discutienda  nobis  sunt  ipsius 
somnii  verba,  non  omnia,  sed  ut  quaeque  videbuntur  digna  quaesito. 
Schriftsteller  werden  viele  genannt,  besonders  griechische  (L.  v.  Jan  p.  XF), 
doch  mehr  zum  Prunke  als  dass  sie  wirklich  benützt  wären.  Ohne  Zweifel 
folgt  Macr.  hauptsächlich  ^inem  Gewährsmann.  Anrede  I,  1,  1:  Eustachi 
fili,  vitae  mihi  dulcedo  pariter  et  gloria;  II,  1,  1:  superiore  commentario, 
Eustachi  luce  mihi  dilectior  fili,  usque  ad  stelUferae  sphaerae  cursum.. 
sermo  processerat.  Vollständige  Erhaltung;  s.  II,  17,  15:  sed  iam  finem 
somnio  colnbita  disputatione  faciamus,  hoc  adiecto  quod  conclusionem  de* 
cebit  etc.  L.  Petit,  de  Macrobio  Ciceronis  interprete  philosopbo,  Paris  1866. 
136  pp.  4. 

5.  Aus  dem  Vorwort  zu  den  Saturnalia:  (1)  multos  variasqne  res 
in  hac  vita  nobis,  Eustachi  fili,  natura  conciliavit;  aber  nichts  gehe  über 
die  Liebe  zu  den  Kindern.  (2.)  hinc  est  quod  milii  quoque  institutione  taa 
nihil  antiquius  aestimatur,  ad  cuius  perfectionem  . .  quidquid  mihi  vel  te 
iam  in  lucem  edito  vel  antequam  nascereris  in  diversis  seu  graecae  seu 
romanae  linguae  voluminibus  elaboratum  est,  id  totum  sit  tibi  scientiae 
supellex  etc.  (3.)  nee  indigeste  . .  congessimns  digna  memoratu,  sed  ?a- 
riarum  rerum  disparilitas  .  .  ita  in  quoddam  digesta  corpus  est  ut  quae 
indistincte  atque  promiscue  ad  subsidium  memoriae  adnotaveramus  in  or- 
dinem  .  .  convenirent.  (4.)  nee  mihi  vitio  vertas  si  res  quas  ex  lectione  varia 
mutuabor  ipsis  saepe  verbis  quibus  ab  ipsis  auctoribus  enarratae  sunt  ex- 
plicabo,  quia  praesens  opus  non  eloquentiae  ostentationem ,  sed  noscen- 
dorum  congeriem  pollicetur.  (6.)  nos  quoque  quidquid  diversa  lecUoDe 
quaesivimus  committemus  stilo.    Entschuldigung  über  die  Sprache  s.  A.  1 

G.  Der  in  den  Saturn,  abgehandelte  Stoff  hat  die  Form  von  Ge- 
sprächen welche  an  den  drei  Tagen  der  Saturnalien  sowie  Tags  zuvor 
theils  vor  Tisch  theils  beim  Mahle  selbst  gehalten  worden  seien,  und  zwar 
von  Praetextatus  (A.  3)  und  Freunden  desselben,  wobei  aber  der  Verf. 
sich  vorbehält  auch  über  dessen  Zeit  hinauszngreifen  (I,  1,  5:  nee  mihi 
fraudi  sit  si  uni  aut  alteri  ex  bis  quos  coetus  coegit  matura  äetas  posterior 
saeculo  Praetextati  fuit).  Er  schreibt  also  geraume  Zeit  nach  dessen  Tod 
(J.  386).  Jene  Einkleidung  ist  theils  dem  Gellius  theils  dem  Piaton  (Sjmp.) 
entnommen.  Die  Opposition  vertritt  Euangelus,  der  namentlich  den  Vergil 
angreift,  wogegen  Eustathius  (oben  403,  6)  denselben  als  Philosophen  und 
geschickten  Nachahmer  der  Griechen  preist,  Nicomachus  Flavianus  und 
Praetextatus  als  Kenner  des  ins  augurale  und  pontificium,  die  beiden  Al- 
binus  als  Alterthümler,  Avienus  und  Servius  die  sonstigen  Seiten.  Diese 
Erörterung  über  Vergil  bildet  den  Hauptbestandtheil  des  Werks,  woneben 
in  den  eigentlichen  Tischgesprächen  ein  buntes  Allerlei  von  Gegenständes 
abgehandelt  wird.  Die  freibeuterischen  Grundsätze  welche  Macrob.  be- 
folgt vertheidigt  er  VI,  1,2  ff.  mit  dem  Beispiele  Anderer. 


418  f.    Macrobius.    Vibius  Sequester.  931 

7.  Die  Handschriften  der  Saturn,  staromen  alle  aus  derselben 
Quelle,  da  sie  dieselben  Lücken  haben.  Es  fehlt  nämlich  Ende  von  6.  II 
und  Anfang  von  III,  von  B.  IV  die  zweite  Hälfte  und  von  VII  der  Schluss. 
Die  meisten  lassen  überdies  das  vorkommende  Griechische  weg.  Die  voll- 
ständigste ist  Paris.  6371  saec.  XI,  die  beste  ein  Bamberg,  aus  dem  Ende 
saec.  IX,  die  aber  jetzt  nur  noch  Sat.  I  u.  II,  sowie  den  grösseren  Theil 
von  III  enthält.  Ein  anderer  Bamberg,  (saec.  XI)  ist  neben  Paris,  mass- 
gebend für  den  Commentar  zum  somn.  Scip.  Aufzählung  der  Hdschrr. 
bei  L.  V.  Jan  I.  c.  6  (p.  LXII  -  LXXXVH). 

8.  Von  der  Schrift  De  diö'erentüs  et  societatibus  graeci  latinique 
verbi  sind  nur  mittelalterliche  Excerpte  in  einer  Pariser  und  einer  Wiener 
(Endlicher,  Anal,  gramm.  p.  187  ff.)  Handschrift  vorhanden,  zusammen- 
gestellt in  L.  V.  Jan^s  Ausg.  I.  p.  229—276.  Sie  lassen  den  Untergang  des 
Ganzen  nicht  bedauern;  v.  Jan  p.  XIV  f.  Gewidmet  war  es  durch  eine 
Zuschrift  (Theodosius  Symmacho  suo)  einem  Symmachus  (Sohn  oder  Enkel 
des  Redners,  s.  oben  399,  2).  Verwandten  Inhalts  ist  das  Bruchstück  eines 
unbekannten  Verfassers  De  verbo,  abgedruckt  ib.  p.  278—306.  Gerichtet 
ist  es  an  Severus,  disertissimus  studiosorum. 

9.  Aufzählung  der  Ausgaben  in  L.  v.  Jan's  prolegg.  c.  VI  (p. 
LXXXVIII  -  XCVIU).  Ed.  princeps  Venet.  1472  fol.  Aldina  Venet.  1528. 
Hervagiana  Basil.  1535.  Die  des  J.  J.  Pontanus  (Lugd.  B.  1597  u.  sonst) 
zeichnet  sich  durch  ihre  willkürlichen  Aenderungen  aus  (L.  v.  Jan  p. 
XXXII— XXXVII  >.  Cum  notis  J.  Meursü,  J.  Gronovii,  Lugd.  B.  1670.  Emen- 
davit,  app.  crit.,  adnotationes  . .  adiecit  L.  lanus,  Quedlinburg  u.  Leipzig 
1848  —  1852.  2  Voll.    Recognovit  Fr.  Eyssenhardt,  Lips.  Teubner  1868. 

419.  ÜDgefähr  aus  derselben  Zeit  sind  auch  einige  küm- 
merliche Arbeiten  für  den  Bedarf  der  Schule.  So  des  angeb- 
lichen Vibius  Sequester  alphabetisches  Verzeichniss  der  bei 
den  gelesensten  Dichtem  vorkommenden  Ortsnamen,  und  des 
lulius  Exuperantius  dürftige  Erzählung  des  ersten  Bürger- 
krieges nach  Sallust.  Auch  der  Rhetor  Grillius  sowie  der  medi- 
cinische  Schriftsteller  Theodorus  Priscianus  gehören  in  diese  Zeit. 

1.  Titel:  Vibii  Sequestris  de  fluminibus,  fontibus,  lacubus,  ne- 
moribus,  paludibus,  montibus,  gentibus  per  litteras.  Der  Name  Vib.  Seq. 
ist  vielleicht  eine  scherzhafte  Fiction  aus  Cic.  pro  Clnent.  8,  26:  Sex.  Vi- 
bium,  quo  sequestre  . .  dicebatur  esse  usus.  So  Hesse!  (J.  1711),  M.  Hertz, 
F.  Lüdecke;  dagegen  Bursian  p.  III  not.  Von  den  vorkommenden  Namen 
weist  keiner  über  saec.  IV  hinaus;  und  das  völlige  Fehlen  aller  Spuren 
von  Christlichkeit,  wie  die  Unbefangenheit  womit  von  polytheistischem 
Cult  als  einem  bestehenden  gesprochen  wird  (z.  B.  p.  2,  16  Bu.:  Almon 
Bomae,  ubi  mater  denm  VI  kal.  apr.  lavatur;  p.  12,  13:  Angitiae  (nemus) 
Lucaniae)  würde  sogar  auf  eine  weit  frühere  Abfassung  fähren,  wenn  die 
geistige  Beschränktheit  des  Verf.  nicht  geböte  diess  auf  seine  Quellen 
einzugrenzen.  Vorwort:  Vibius  Sequester  Virgiliano  filio  salutem.  Quanto 
ingenio  ac  studio,  fili  canssime,  apud  plerosque  poetas  fluminiun  mentio 
habitast,  tanto  labore  sum  secutns  eorum  et  regiones  et  vocabula  et  qua- 

59* 


932  öie  Kaiserzeit.    Viertes  biß  fünftes  Jahrhundert. 

litates  in  litteram  digerens,  .  .  cum  tuae  professioni  sit  neceBsarium.  Die 
berücksichtigten  Dichter  sind  Vergil,  Ovids  Met.  und  Fasti  (vielleicht  auch 
ex  Ponto),  Lucan's  Phars.,  Sil.  Italiens,  sowie  vielleicht  Statins"  Thebais. 
Ueberdiess  sind  Oommentare  zu  diesen  benützt,  auch  nicht  erhaltene  (Bur- 
siau  p.  V— VIII).  Wo  der  Verf.  über  das  Begisterartige  hinausgeht  wird 
er  verschroben.  Zahlreiche  sachliche  Fehler  zeugen  von  seiner  Unkenntr 
niss,  der  Stil  von  seiner  Barbarei.  Doch  ist  der  Text  in  verderbter  Ge- 
stalt überliefert. 

2.  Die  älteste  Handschrift  des  Vib.  Seq.  ist  Vaticauus  4929  saec  X 
(s.  oben  279,  3).    Die  andern  sind  aus  diesem  abgeleitet  und  noch  schlechter. 

.3.  Editio  princeps  des  Vib.  Seq.  von  J.  Mazochi,  Rom.  (J.  unbekannt); 
Aldina  (mit  Mela  u.  s.w.),  Ven.  1514.  1518  (==  lunt.  1519);  dann  mit  Com - 
mentar  von  Fr.  Hessel  (Rotterdam  1711),  J.  J.  Oberlin  (Strassburg  1778', 
L.  Bandet  (mit  französ.  Uebersetzung,  Paris  1843);  zuletzt  Vibi  Seqnestris 
de  fiuminibus  etc.  libellus  a  Conr.  Bursian  recognitus  (Zürich  1867.  4.). 
20  pp.  mit  XIII  pp.  Einleitung.  Vgl.  Fr.  Lüdecke,  Götti.  gel.  Anz.  1868, 
S.  561  —  569. 

4.  lulii  Exsuperantii  opusculum  ist  erhalten  durch  eine  Sallust- 
handschrift  saec.  XI,  Paris.  6085,  welche  eine  Zeit  lang  P.  Pithöus  besass; 
darnach  veröffentlicht  zuerst  von  F.  Sylburg  (1588),  darauf  in  vielen  Aus- 
gaben des  Sallust,  zuletzt  eigens  von  Bursian,  Zürich  1868.  4.  Ueber  eine 
Basler  Handschrift  und  Goldast's  Abschrift  davon  s.  F.  Lüdecke,  Götti. 
gel.  Anz.  1869,  S.  77  —  80. 

5.  Dass  das  opusculum  des  lul.  Exup.  aus  dem  vierten  bis  fünften 
Jahrh.  stammt  wird  wahrscheinlich  theils  durch  die  Thatsache  der  aus- 
schliesslichen Benützung  des  Sallust,  der  um  diese  Zeit  wieder  in  der  Mode 
war,  theils  durch  die  Art  der  Benützung.  Nicht  nur  der  Inhalt  ist  aus 
Sallust  (bes.  lugurtha  und  Historiae)  geschöpft,  sondern  auch  zahlreiche 
einzelne  Wendungen.  Dabei  zeigt  aber  der  Verf.  nur  eine  verschwommene 
Vorstellung  von  der  Verfassung  der  Republik,  begeht  erhebliche  geschicht- 
liche Verstösse  (wie  Verwechslung  des  jungem  Marius  mit  dem  ältem\ 
und  ist  in  seiner  Auffassung  und  Darstellung  ebenso  trivial  wie  unbehulf- 
lieh.  Dazu  Mangel  an  Sprachgefühl  in  Wortstellung  und  einzelnen  Aus- 
drücken, wie  praelium  statt  bellum,  leges  ac  iura  praescribere ,  compor- 
tatur  exercitus  (wird  zusammen  gebracht)  u.  dgl.  Vgl.  G.  Linker,  Berichte 
der  Wiener  Akad.  philol.-hist.  Gl.  XIII  (1854)  S.  286  ff.    Bursian  p.  VI— VIII. 

6.  Männer  des  Namens  Exuperantius  gibt  es  im  vierten  und  fünften 
Jahrh.  mehrere  (Wernsdorf  poetae  latt.  min.  V,  1.  p.  549 — 552.  Bursian 
p.  IV  f ),  ohne  dass  aber  der  Verf.  sich  mit  einem  derselben  mit  Sicher- 
heit identificieren  Hesse.  So  war  ein  E.  Bischof  von  Ravenna  J.  386 — 418; 
an  einen  Anderen,  welcher  militiae  operam  dat,  ist  Hieronymus  Ep.  146 
(p.  1079  Vall.)  gerichtet,  vielleicht  derselbe  welcher  Cod.  Theod.  XIV,  1,  14 
(vom  J.  404)  decuriaUs,  Vat.  fr.  36  vir  clariss.  heisst.  Dass  im  Cod.  Tb.  neben 
(nach)  ihm  ein  lulius  genannt  ist  beweist  nur  was  bei  Beiden  der  Haupt- 
name war,  nicht  die  Unmöglichkeit  dass  der  Fragliche  der  Verf.  des 
opusculum  wäre.  Weniger  glaublich  ist  dass  Letzterer  der  praeses  Arcmo- 
ricae  bei  Rutil.  Namat.  1,  213  ü*.  ist  (Wernsdorf  l.  l.  p.  551  f.),  da  deaaen 
Sohn  PalladiuK  RutiliiiB  (nicht  lulitis  oder  Kxuperantius)  hiess  (s.  oben  386,  i)* 


419  f.    Exuperantius  u.  A.    Endelechius.  933 

7.  Ueber  luliua  Paris  s.  oben  263,  7  u.  9. 

8.  Ueber  Frontin.  Strateg.  IV  s.  oben  309,  5. 

9.  Excerpta  ex  Grillii  coramento  in  Cic.  libr.  de  invcutione  in  Halra's 
Rhett,  latt.  min.  p.  596—606.  Grillius  citiert  (p.  598, 20)  den  Rhetor  Eusebius 
(oben  400,  6)  und  wird  selbst  angeführt  von  Priscian.  I,  47  (Grillius  ad 
Vergilium  de  accentibus).    Auch  seine  Schreibweise  stimmt  zum  4 — 5  Jahrh. 

10.  Von  dem  archiater  Theodorus  Priscian us,  einem  Schüler  des 
Vindicianns  (oben  406,  3),  besitzen  wir  noch  fünf  Bücher  Medicinae  praesen- 
taneae,  eine  lateinische  Bearbeitung  einer  (nicht  erhaltenen)  griechischen 
Schrift  desselben  Verfassers.  Derselbe  bekennt  sich  noch  zum  alten  Glauben. 
Angeführt  wird  er  schon  von  Alexandres  ausTralles-(saec.Vl).  Herausgegeben 
von  S.  Gelenius  (Basil.  1532.  4.)  und  (unter  dem  Namen  Octavius  Horatianus) 
von  H.  Neuenir  (Strassburg  1532.  fol.),  sowie  (unvollständig)  von  J.  M.  Bern- 
hold (Ansbach  1791).  Verloren  ist  des  Th.  Pr.  Antidotarium  und  sein  Buch  de 
simplici  medicina.  E.  Meyer,  Gesch.  d.  Botanik  II.  S.  286—299.  Dagegen  trägt 
mit  Unrecht  seinen  Namen  ein  schlecht  geschriebenes  Schriflchen  Diaeta  (20 
Capitel),  hrsgg.  von  G.  E,  Schreiner  (Halle  1632)  u.  sonst.  Choulant,  Handb. 
d.  Bücherk.  S.  216-218. 

420.  In  gebundener  Form  verfasste  um  diese  Zeit  der 
Rhetor  Severus  Sanetus  Endelechius  in  zierlichen  asklepia- 
deischen  und  glykoneischen  Versen  sein  anmutiges  Idyll  über 
eine  Rinderseuche.  Gleichfalls  noch  in  den  letzten  Jahren  des 
vierten  Jahrh.  richtete  Augustins  Landsmann  und  Schüler  Li- 
centius  von  Rom  aus  an  seinen  nach  Africa  zurückgekehrten 
Lehrer  ein  Gedicht  von  154  Hexametern,  gespickt  mit  Phrasen 
alten  und  neuesten  Gepräges,  von  wirrem  Gedankengange  und 
sehr  uncIaÄsischem  Versbau.  Auch  von  einem  andern  Zeitge- 
nossen, Audax,  sind  einige  schülerhafte  Verse  auf  Augustin  er- 
halten. Dagegen  sind  untergegangen  die  Satiren  welche  Lucillus 
verfasst  hatte. 

1.  Subscription  des  cod.  Flor.' von  Apulejus  (oben  345,  8):  ego  Sa- 
Justius  legi  et  emendavi  Romae  felix  Olibrio  et  Probino  v.  c.  cons.  (.1.  395) 
in  foro  Martis  confroversiam  doclamans  oratori  Kndolcchio  Der  Rhetor 
dessen  Schüler  diesen  Eintrag  in  sein  Exemplar  machte  ist  ohne  Zweifel 
identisch  mit  dem  End.  des  christlichen  Idylls,  das  in  der  editio  princeps 
des  P.  Pithöus  (veterum  aliquot  Galliae  theologorum  scripta,  Paris  1586. 
4.  p.  144  =  Epigramm.  1596.  p.  573  —  576)  die  Ueberschrift  hat:  Incipit 
Carmen  Severi  Sancti  i.  e.  Endeleichi  rhetoris  de  mortibus  boum.  Viel- 
leicht nahm  er  erst  nach  seinem  Uebertritt  zum  Chrietenthum  die  Namen 
Severus  Sanetus  an.  Freundschaft  mit  Paulinus  Nol. ;  s.  dessen  epist.  28, 
6:  aliuB  libellus  ex  his  est  quos  ad  benedictum  i.  e.  christianum  viruni, 
amicum  meum  Endelechium  scripsisae  videor  (die  Lobrede  auf  Theodosius 
8.  oben  411,  1).  .  .  is  enim  mihi  auctor  huius  .  .  opusculi  fuit,  sicut  ipsius 
cpistola,  quae  libello  meo  pro  themate  praescribitur,  docet.  Sehr  wahr- 
scheinlich ist  dass  E.  Gallier  war;  dass  aber  gerade  Aquitanier,  erhellt 
nicht  aus  v.  21  ff'.:  haec  iam  dira  Ines  serpere  dicitur.  pridem  Pannonios, 


934  Die  Kaiserzeit.    Viertes  bis  fünftes  Jahrhundert. 

IllyrioB  quoque  et  Beigas  graviter  stravit  et  impio  eunu  nos  quoque  nunc 
petit.  Denn  dass  die  Seuche  zunächst  von  den  Beigen  her  in  des  Dich- 
ters Land  eingedrungen  sei  besagen  die  Worte  nicht.  Vgl.  Bernays,  Chro- 
nik des  Sulp.  Sev.  S.  2  f.  A.  3. 

2.  Das  Gedicht  ist  ein  Zwiegesprä,ch  zwischen  zwei  Hirten.  Auf  Be- 
fragen des  Aegon  gibt  Buculus  als  Ursache  seiner  Traurigkeit  die  Rinder- 
pest an,  die  er  beweglich  beschreibt.  Da  treibt  Tityrus  seine  gesunde 
Heerde  vorbei,  gibt,  auf  die  Frage  nach  dem  Schutzmittel  das  er  ange- 
wandt, zur  Antwort:  Signum  quod  perhibent  esse  crucis  dei,..  medüs 
frontibus  additum,  cunctarum  pecudum  certa  salus  fuit,  worauf  sich  Ae- 
gon und  Buculus  alsbald  entschliessen  selbst  auch  Christen  zu  werden: 
nam  cur  addubitem  quin  homini  quoque  signum  prosit  idem  .  .  quo  vis 
morbida  vincitur?  Populäre  (vgl.  Minuc.  Fei.  Oct.  32,  2  f.)  oder  auch 
augusünische  Auffassung  des  Christenthums  v.  117  ff.:  non  ullis  madidast 
ara  cruoribus,  nee  morbus  pecudum  caede  repellitur,  sed  simplex  animi 
purificatio  optatis  fruitur  bonis.  Das  Versmass  der  33  Strophen  ist  das 
von  Horaz  0.  I,  6.  Ist  die  Seuche  die  Ines  pariter  boum  atque  hominum 
von  welcher  Ambrosius  spricht  (comm.  in  Lucam  X,  10),  so  wäre  das  Ge- 
dicht noch  aus  saec.  IV. 

3.  Gedruckt  ist  das  Gedicht  ausser  bei  Pithöus  (A.  1)  z.  B.  bei 
Wernsdorf  poetae  latt.  min.  II.  p.  218 — 229,  vgl.  p.  63—61;  neuerdings 
herausgeg.  von  F.  Piper  (Gotting.  1835)  und  J.  A.  Giles  (London  1838); 
auch  (aus  Gallandi  bibl.  patr.  IX.)  in  Migne's  patrol.  XIX.  p.  797 — 800.    \ 

4.  Licentius,  Sohn  des  Romanianus  welchem  Augustin  seine  Bü- 
cher de  academicis  widmete  und  welcher  ein  cognatus  dos  Bischofs  von 
Thagaste,  Alypius,  war  (Aug.  epp.  27,  4  f.),  Schüler  des  Augustin,  in  Kar- 
thago, Rom  und  Maihind,  aber  nach  Augustins  Rückkehr  nach  Africa  in 
Rom  zurückgeblieben  um  die  rhetorischen  und  poetischen  Studien  fortzu- 
setzen, für  welche  er  von  jeher  einen  Hang  hatte  (Aug.  c.  acad.  II,  3.  111, 
1.  de  ordine  I,  2.  5.  8)  und  besonders  für  romantische  Stoffe  wie  Pyramos 
und  Thisbe.  Von  Rom  aus  richtete  er  an  Augustin  einen  Brief  und  das 
Gedicht,  worin  er,  von  den  Schwierigkeiten  ausgehend  die  ihm  der  über 
Musik  handelnde  Theil  von  Varro's  Encyclopädie  mache,  den  alten  Lehrer 
um  Rath  und  Zusendung  seines  Werkes  de  musica  bittet,  pathetisch  ihn 
seiner  Anhänglichkeit  versichert  und  in  zusammengestöppelten  Phrasen 
wohlfeile  Gelehrsamkeit  zur  Schau  tragend  sich  als  strebsamen,  aber  eiteln 
Rhetorschüler  kennzeichnet.  Da  er  zugleich  die  Unvorsichtigkeit  hatte  zu 
gestehen:  et  nunc  Romulidum  sedes .  .  desdrerem,  . .  ni  mens  couiugio  in- 
cumbens  retineret  eimtom  (71  ft'.),  und  seine  Aussichten  im  Briefe  wohl 
näher  ausmalte,  so  erhob  Augustin  (ep.  26  Bened.  =  39)  warnend  den 
Finger  (mi  Licenti,  .  .  timeo  te  rebus  mortalibus  . .  compedirL  . .  imagi- 
nationibus  mortiferarum  voluptatum  aurem  accommodas.  .  .  omari  abs 
te  diabolus  quaerit)  und  bot  auch  die  Beredtsamkeit  seines  Freundes  Pui- 
linus  in  Nola  auf,  dem  er  seinen  Brief  an  Lic.  und  dessen  Gedicht  mit- 
theilte und  der  nun  in  Prosa  and  (elegischen)  Versen  (epist.  8  =»  46;  in 
Aug.  epp.  32  =  36)  den  Wankenden  bestürmte  (z.  B.  an  den  Vater:  cre- 
dimus  in  omnipotentem  Christum  quod  adolcscentis  nostri  votis  camalibos 
spirituaUa  vota  Augustini  praevaleant;  an  den  Sohn:  vere  pontifex  etvere 
consul,  Licenti,  oris  si  Augustini  vcstigüs  propheticis  et   apostolids  Äci- 


420  f.    Licentius.    Symphosius.  935 

plinis  . .  adhaereas,  und  in  Versen:  tu  thalamos  licet  et  celsos  mediteriB 
honores,  .  .  vive,  precor,  sod  vivo  deo;  nam  vivere  mundo  mortis  opus: 
Viva  est  vivere  vita  deo).  Wirklich  scheint  es  den  vereinten  Bemühungen 
von  Aug.  und  Paul,  gelungen  zu  sein  das  verlaufene  Schaf  zur  Heerde  zu- 
rückzubringen. Wenigstens  erscheint  des  Lic.  Name  ferner  nicht  wieder, 
weder  in  der  politischen  noch  in  der  Literaturgeschichte. 

5.  Licent.  ad  Aug.  137  ff. :  sed  nos,  practerea  quod  ab  una  exnrgimus 
arbe,  quod  domus  una  tulit,  quod  sanguine  tangimur  uno  saeclorum,  chri- 
stiana  fides  connexuit.  Biblische  Wendungen  v.  44.  102.  Daneben  aber 
V.  26  clari  rector  Olympi  und  32  tibi  noster  Apollo  corda  replet,  was  Chri- 
stus sein  soll.  Aehnlicher  Tactfehler  148:  conceptum  in  luccm  vomuisti 
nectareum  mel.  Anklänge  an  Vergil  v.  52  (o  mihi  transactos  rovocet  si 
pristina  soles  etc.).  97.  132  f.  (non  si  mihi  murmura  centum  det  Boreas  etc. !) 
141;  an  Persius  v.  47;  besonders  aber  an  Claudianus,  zum  Theil  so  stark 
dass  sie  wie  ein  Versuch  aussehen  sich  mit  fremden  Federn  zu  schmücken ; 
6.  V.  60.  98  f.  114.  132.  Vorzugsweise  sind  es  an  Claudian  die  alexandri- 
nischen  Phrasen  welche  Lic.  bewundert  und  nachahmt.  Da  v.  98  f.  aus 
Claudians  Gedicht  auf  das  Consulat  des  Probinus  (J.  395)  entnommen  ist, 
so  wird  das  des  Lic.  aus  396  sein.  Nicht  von  Claudian  aber  hat  Lic.  seine 
Kürzung  von  langem  o  im  Auslaut  (z.  B.  scrutandu,  omninö),  die  Messung 
Pelöpum  (125),  den  Hiatus  spem  ac  (29)  u.  dgl. 

6.  Aus  Augustius  Briefen  heraus  sind  die  Verse  des  Lic.  gedruckt 
z.  B.  in  P.  Pithöus  epigr.  (Lugd.  1596)  p.  471  f.  und  besonders  bei  Werns- 
dorf  poetae  latt.  min.  IV.  p.  516—544,  vgl.  p.  504—516. 

7.  Die  5  Hexameter  des  Audax  (darunter  ein  siebenfüssiger)  au  seinem 
Briefe  in  Augustins  Epp.  260^=  139;  bei  Wernsdorf  poetae  latt.  min.  IV.p.  514. 

8.  Rutil.  Nam.  I,  599—614:  huius  (des  Lucillus,  des  Vaters  von  De- 
cius,  consularis  Tusciae  J.  416;  vgl.  oben  399,  6)  vulnificis  satira  ludente 
Camenis  nee  Turnus  potior  nee  luvenalis  erit.  restituit  veterem  censoria 
lima  pudorem,  dumque  malos  carpit  praecipit  esse  bonos.  Seine  Satiren 
hatten  also  ethisch-polemischen  Inhalt. 

421.  Etwa  aus  dem  vierten  bis  fünften  Jahrh.  stammen 
wohl  die  hundert  Räthselgedichte  des  Symphosius.  Sie  be- 
stehen je  aus  drei  Hexametern  nebst  einem  ungeschickten  Pro- 
log. Sprache  und  Versbau  sind  in  reinem  Geschmacke  und  zei- 
gen den  Verfasser  als  einen  Nachahmer  des  Ausonius. 

1.  Aufschrift  im  cod.  Salm.:  Enigmata  Symfosi  scolastici.  Der  Pro- 
log von  17  Hexametern  macht  den  unglücklichen  Versuch  die  Sammlung 
für  das  Erzeugniss  heiterer  Improvisation  bei  einem  Saturnaliengelage  aus- 
zugeben, vgl.  1  f.:  haec  quoque  Symphosius  de  carroine  lusit  inepto.  sie 
tu,  Sexte,  doces,  sie  te  deliro  magistro.  15:  hos  versus  foci  subito  de  car- 
mine  vocis.  17:  da  veniam,  lector,  si  non  sapit  ebria  Musa.  Der  Verf. 
lebt  noch  in  den  antiken  Traditionen,  ohne  vom  Christenthum  sich  berührt 
zu  zeigen. 

2.  Chr.  A.  Ileumann  hatte  den  verkehrten  Einfall  die  Käthsel  dem 
LactantiuB  (oben  374,  8)  zuzutheilen  (Lactantii  Symposium,  sive  C  epigram- 


936  Die  Kaibcrzeit.    Vierte»  bis  fünftes  Jabrhimdert-. 

mata  etc.  Hannover  1722),  daher  sie  sich  in  manchen  Ausgaben  des  La- 
ctantius  finden,  wie  noch  der  von  Fritzsche  (II.  p.  298—308,  vgl.  p.  XI  f.). 
A.  Riese  setzt  den  Verf.  an  den  Anfang  von  saec,  VI;  W.  Th.  Paul  (de 
Symposii  aenigmatis,  Berlin  1854)  imd  Schenkl  (s.  A.  3)  in  saec.  IV— V; 
L.  Müller  (metr.  lat.  p.  65—57)  wegen  der  Reinheit  der  Verstechnik  in 
saec.  II— in. 

3.  Die  Sammlung  ist  durch  eine  Anzahl  Handschriften  erhalten,  welche 
zweierlei  Recensionen  darstellen.  Die  älteste  ist  der  codex  Salmasianos 
(A  bei  Riese)  aus  Ende  von  saec.  VII  oder  Anfang  von  VIII.  A.  Riese  in 
d.  Zeitschr.  f.  Ostreich.  Gymn.  XIX  (1868).  S.  483  —  600.  Vgl.  K.  Schenkl, 
Sitzungsber.  d.  Wiener  Ak.  XLIH.  (1863.)  S.  11  ff.  L.  Müller  in  Fleck- 
eisens Jahrbb.  93,  S.  266-272.  .  J.  Klein,  Rhein.  Mus.  XXIII.  S.  525-531. 

4.  Abdruck  der  Räthsel  z.  B.  bei  Wemsdorf,  poetae  latt.  min.  VI, 
2.  p.  473—579  vgl.  p.  410—472.  Symp.  ^nigmes  revues  sur  plusieurs  ma- 
nuscripts  et  traduites  par  E.  F.  Corpet,  Paris  1868.  78  pp.  Bester  Text 
bei  A.  Riese,  Anthol.  lat.  I,  286  (p.  187—207). 

422.  Ungefähr  aus  der  gleichen  Zeit  sind  wohl  auch  die 
42  äsopischen  Fabeln  im  elegischen  Masse  welche  Avianus  ver- 
fasst  und  einem  Theodosius  gewidmet  hat.  Als  Schulbuch  be- 
nützt, wurden  sie  oft  abgeschrieben,  vermehrt,  paraphrasiert  und 
nachgebildet. 

1.  Aus  dem  Vorwort:  Dubitanti  mihi,  Theodosi  optime,  quoinam  lit- 
tcrarum  titulo  nostri  nominis  memoriam  mandaremus  fabularum  textus 
oecurrit.  .  .  nam  quis  tecum  de  oratione,  quis  de  poemate  loqueretnr,  cnm 
in  utroque  litterarum  genere  et  Atticos  graeca  eruditione  superes  et  la- 
tinitate  Romanos?  huius  ergo  materiae  ducera  nobis  Aesopum  noveris, 
worauf  femer  Sokrates,  Flaccus,  Babrius  und  Phaedrus  als  Vorgänger  ge- 
nannt werden,  de  his  ego  ad  XLII  in  unum  redactas  fabulas  dedi,  quas 
rudi  latinitate  compositas  elegis  sum  explicare  conatus.  Vielleicht  dsis^ 
der  Angeredete  der  Grammatiker  Macrobius  Theodosius  ist. 

2.  Der  Verf.  handhabt  die  Gestalten  des  Polytheismus  (luppiter,  Phoc- 
bu8,  Neptunus,  Fortuna  u.  s.  f.)  mit  Unbefangenheit,  erwähnt  ebenso  die 
Errichtung  von  Altären  (12,  5)  und  von  Opfern  (29,  15),  spricht  kurzweg 
vom  campus  (10,  3)  und  lebte  daher  vielleicht  zu  Rom  und  in  heidnischer 
Atmosphäre.  Seine  Sprache  ist  nicht  immer  einfach,  aber  meist  rein;  der 
Versbau  correct,  theilweise  elegant.  C.  Lach  mann  (de  aetat<}  Flavi  Aviani, 
Berlin  1845.  4  pp.  4.)  setzte,  mit  Cannegieter  (de  aetate  et  stilo  Flavii  Av., 
in  sr  Ausg.  p.  254  flf.),  den  Verf.  (mit  Abzügen)  ins  zweite  Jahrh.;  L.  Muller 
(de  re  metr.  p.  55)  theilte  ihn  ultimis  imperii  rom.  temporibus  zu;  Ed^Ie- 
stand  du  M^ril  (po^sies  inddites  p.  95  ff.)  dem  sechsten;  W.  Fröhner  (ed. 
p.  XII)  dem  fünften  Jahrh.  (fabulator  rusticissimus  quinti  saec.  tarn  est 
quam  potest),  ü.  Keller  (Pauly's  Real-Enc.  I,  2.  S.  1326)  dem  Knde  voö 
saec.  IV  oder  Anfang  von  V.  Aehnlich  Wemsdorf,  poetae  latt.  min.  V,  2.  p. 
663—670.  Angekündigt  ist  eine  Abh.  de  aetate  et  fabulis  Aviani  von  F.  Zoni. 

3.  Zahlreiche  Handschriften  von  saec.  IX  an.  Der  Text  von  Fröhner 
ist  gegründet  auf  A  (Paris.  8093),  P  (St.  Germain  1188),  C  (Fans.  5670) 


.Iv^^U^tj 


422  f.    Avianii8.    Martianus  CapcUa.  037 

uud  K  (Karlsruher  Hofbibliothek  85;  Fragment).    Vgi.  K.  Sclioukl,  ZtHchr. 
f.  Ostreich.  Gymn.  XVI  (1866)  S.  397—413. 

4.  Ausgaben  mit  Phädrus  u.  A.  (z.  B.  in  P.  Pithöus  epigr.).  Eigens 
von  H.  Camiegieter  (Amstelod.  1731),  C.  H.  Tzschucke  (Lips.  1790),  C.  Lach- 
manu  (rec.  et  emend.,  Berl.  1845),  W.  Fröhner  (ex  reo.  et  cum  instrum. 
crit.,  Lips.  Teubner  1862). 

5.  Die  Erweiterung  der  fabulae  erfolgte  hauptsächlich  durch  Hiuzu- 
fiigung  von  epimythia;  s.  Fröhner  p.  50  ff.  Zum  Theil  verrathen  sie  ihren 
mittelalterlichen  Ursprung  schon  durch  ihre  leoninische  Fassung.  Solche 
hat  auch  die  Paraphrase  (ungefähr  aus  saec.  XI)  betitelt  Novus  Avianus 
(nach  einer  Münchner  und  einer  Brüsseler  Uds  herausgeg.  von  E.  Grosne, 
Königsberg  1868.  4.).  Aus  saec.  XII  der  Novus  Avianus  von  Alexander 
Neckam  (t  J.  1227)  bei  Fröhner  p.  66  ff.  Paraphrase  des  Av.  in  Prosa 
und  Versen  aus  einer  Pariser  Hds.  saec.  XIV  bei  Fröhner  p.  65  ff. 

423.  In  Nordafrica,  noch  vor  dessen  Eroberung  durch  die 
Vandalen,  verfasste  Martianus  Capella  seine  Encyclopädie 
der  siebeh  artes  liberales  in  neun  Büchern.  Die  an  sich  schon 
seltsame  Einkleidung,  dass  die  einzelnen  Künste  bei  der  Ver- 
mählung des  Mercurius  mit  der  Philologia  auftreten,  ist  noch 
überdiess  geschmacklos  durchgeführt.  .Für  den  grössten  Theil 
des  Stoffes  und  für  seine  Behandlung  war  Varro  Hauptquelle ;  für 
die  Rhetorik  (B.  V)  besonders  Aquila  Romanus ;  für  die  Geome- 
trie und  Geographie  (B.  VI)  Solinus  undPlinius;  für  die  Musik 
(B.  IX)  Aristides  Quintilianus.  Häufig  geht  die  Darstellung 
über  in  die  gebundene  Form,  gleichfalls  nach  dem  Vorgange 
des  Varro.  Diese  Theile  sind  verhältnissmässig  geniessbarer  als 
die  prosaischen,  welche  bald  durch  Dürre  abstossen,  bald  die 
gezierte  Ueberladenheit  des  Apulejus  ins  Unerträgliche  steigern. 

1.  Unterschrift  im  Bambergensis :  Martiani  Minnei  Felicis  Capellac 
Afri  Carthaginensis  . .  über  Villi  explicit.  Nach  Cassiodor  war  er  gebürtig 
aus  Madaura.  Ueber  den  Verfasser  und  sein  Werk  heisst  es  im  Schluss- 
wort  (p.  374  f.  Eyss.):  habes  senilem,  Martiane,  fabulam,  miscilla  lusit 
quam  lucemis  flamine  Satura;  Pelasgos  dum  docere  nititur  artes  creagris 
vix  amicas  Atticis  sie  in  novena  decidit  volumina.  haec  quippe  .  .  immi- 
scuit  Musas  deosque,  disciplinas  cyclicas  garrire  agresti  cruda  finxit  plas- 
niate.  . .  Felicis  sed  Capellae  flamine  (vgl.  VIII,  806:  ne  tu  Felix  vel  Ca- 
pella vel  quisquis  es),  indocta  rabidum  quem  videre  saecula  iurgis  caninos 
blateratus  pendere,  proconsulari  perorantem  (?BR:  vero  dantem)/  culmini, 
. .  beata  alumuum  urbs  Elissae  quem  videt  ingariorum  mnrcidam  viciniam 
parvo  obsidentem  vixqne  respersum  lucro,  nictcante  cura  somnolentum  lu- 
cibus.  Der  Verfasser  war  also  Sachwalter  (vgl.  VI,  577:  ex  quo  desudatio 
curaque  destrictior  tibi  forensis  rabulationis  partibus  inligata  aciem  .  .  ob- 
tudit)  in  Africa  (Karthago)  so  lange  es  dort  noch  Proconsuln  gab,  also  vor 
Geiserichs  Eroberung  von  Karthago  (J.  439)  oder  Landung  in  Airica  (J. 
429),  und  lebte  in  bescheidenen  Verhältnissen.     Dass  er  p.  224,  19  f.  (nach 


938  I^ie  Kaiserzeit.    Viertes  bis  tunftes  Jahrhundert. 

seiner  Quelle)  Constantinopel  Byzantium  oppidum  nennt  würde  nahezu  auf- 
gewogen durch  p.  213,  25  f.:  caput  gentium  BfOma,  armis,  viris  sacrisqae 
quam  diu  viguit  coeliferis  laudibus  conferenda,  wofern  diess  auf  die  Zeit 
nach  Alarichs  Eroberung  Roms  (J.  410)  deutet  und  nicht  vielmehr  auf  die 
thatsächliche  Wegverlegung  der  Residenz  aus  Rom  unter  Diocletian  und 
dann  Constantin.  Doch  wäre  für  die  Zutheiluug  an  die  letztere  Zeit  gün- 
stig  CapeUa*8  Ignorieren  des  Christenthums  (ausser  etwa  durch  sacrisque 
1.  1.)  sowie  die  behagliche  Breite  womit  die  Einkleidung  ausgesponnen  ist, 
welche  wenig  stimmt  zu  der  allgemeinen  Gedrücktheit  zu  Anfang  des  fünf- 
ten Jahrh.  Dagegen  am  Schlüsse  des  dritten  oder  Anfang  des  vierten 
Jahrh.  hätte  Mart.  ungefähre  Genossen  seiner  Geschmacksbildung  an  sei- 
nem Landsmann  Amobius  (oben  373),  dem  Heiden  Firmicus  (oben  382)  u. 
A.  „Raffinierte  Bosheit"  wenigstens  wird  in  jener  Bezeichnung  Constantino- 
pels  schwerlich  Jemand  mit  L.  Müller  finden;  s.  diesen  in  Fleckeisens  Jahrbb. 
98,  S.  705-715.    Vgl.  Lüdecke,  Götti.  gel.  Anz.  1867,  S.  82—86. 

2.  Die  beiden  ersten  Bücher  enthalten  die  Einkleidung.  FabeUam 
tibi  quam  Satira  comminiscens  hiemaU  pervigilio  marcescentes  mecum  lu- 
cenias  edocuit  . .  explicabo.  Cum  inter  deos  fierent  sacra  coniugia  (I,  2), 
. .  Cyllenius  .  .  uxorem  ducere  instituit  (I,  5).  Nach  dem  Scheiteru  ver- 
schiedener Bewerbungen  macht  sich  Mercur  auf  den  Weg  um  den  ApoUo 
zu  befragen.  Dieser  empfiehlt  ihm  eine  doctissima  virgo  Namens  Philologia. 
Mercur  stimmt  zu  und  holt  die  Heiratserlaubniss  ein.  Die  Braut  wird  in 
den  Götterstand  erhoben,  nach  einigem  Sträuben  in  den  Himmel  abgeholt, 
unter  Gesäugen  der  Musen,  muss  aber  zuvor  all  ihre  Büchergclehrsamkeit 
von  sich  geben  (II,  135  iF.).  Die  Reise  geht  über  die  Milchstrasee,  und  nach 
allerlei  Feierlichkeiten  wird  der  Ehevertrag  abgeschlossen  (II,  217).  Die 
Ausführung  erinnert  stark  an  Apulej.  Met.,  ist  aber  in  geschmacklosester 
Weise  mit  gelehrten  Einzelheiten  überladen.  Das  zweite  Buch  schliesst: 
nunc  ergo  mythus  termiuatus,  infiunt  artcs  libelli  qui  scquentes  asserent. 
nam  fruge  vera  omne  fictum  dimovent  et  disciplinas  annotabunt  sobrias  etc. 
Aber  gleich  zu  Anfang  von  B.  III  bereut  der  Verfasser  diesen  Vorsatz  und 
entschliesst  sich  auch  im  Weiteren  die  Einkleidung  beizubehalten.  Die 
einzelnen  Discipliuen  werden  daher  als  Personen  im  Hofstaate  des  Bräuti- 
gams (dotales  virgines  VIII,  810;  Mercurialcs  IX,  897.899)  eingeführt  und 
ins  Einzelnste  hinein  ausgemalt,  manchmal  nicht  ohne  Witz,  daneben  aber 
ihr  Gegenstand  in  trockenster  Weise  abgehandelt,  in  B.  lil  die  Grammatik, 
IV  Dialektik,  V  Rhetorik,  VI  Geometrie,  VII  Arithmetik,  VIII  Astronomie, 
IX  Musik.  Durch  die  übermässige  Ausdehnung  der  Einkleidung  (noch  za- 
letzt  geleitet  Harmonia  die  Braut  in  den  thalamus)  und  dio  häufige  Ein- 
fügung von  Stücken  in  gebundener  Form  tritt  der  Contrast  mit  der  Dörre 
der  doctrinellen  Darlegungen  nur  um  so  greller  hervor  und  gewinnt  das 
Ganze  eine  widerliche  Buntscheckigkeit.  Die  Ordnung  worin  die  einzelnen 
DiscipUnen  aufgeführt  werden  ist  dieselbe  wie  bei  Varro  (s.  oben  154,  6.  a) 
und  auch  die  Zahl  der  Bücher  die  gleiche,  indem  der  Wegfall  der  Medicin 
und  Architektur  (vgl.  IX,  891)  ersetzt  wird  durch  die  zwei  Bacher  Ein- 
leitung. Es  ist  daher  glaublich  dass  auch  der  Titel  derselbe  war  (Disd- 
plinae).  Am  Ende  von  B.  II  aber  hat  Bamberg,  die  subscriptio:  Martiam 
Miuei  Felicis  Capellae  de  nuptiis  philologiae  lib.  II  explicit,  und  darauf  die 
Ueberschrift:  incipit  de  arte  grammatica  lib.  IIL 


423.    Mariianus  Capolla.  939 

3.  Ueber  die  Quellen  der  einzelnen  Bücher  s.  EyHsenhardt's  Ausgabe 
p.  XXXI— LVIII.  Die  Einkleidung  (B.  I.  U)  ist  wohl  des  Verf.  eigene  Er- 
findung, aber  wohl  schon  hier  manche  ungewöhnliche  (z.  B.  den  Orphikern 
eigene)  Aussagen  über  die  Götter  hauptsächlich  dem  Varro  entnommen. 
So  namentlich  die  gelegentliche  Identification  der  Götter  mit  Gestirnen 
und  die  damit  zusammenhängende  Vertheilung  derselben  in  16  Regionen. 
Und  da  die  Form  der  satira  menippea  jedenfalls  dem  Varro  unmittelbar 
entlehnt  ist,  so  hat  es  auch  sonst  Wahrscheinhchkeit  dass  Mart.  denselben 
direct  benätzt  hat  (bes.  B.  VII  u.  VIII).  In  der  Rhetorik  ist  für  die  Lehre 
von  den  Figuren  Aquila  (oben  365)  ausgeschrieben;  Fortunatianus  aber 
(oben  401)  kann  ebenso  gut  aus  Mart.  oder  dessen  Quelle  geschöpft  haben 
wie  umgekehrt.  Die  Beispiele  sind  meist  aus  Cicero,  nächstdem  aus  Te- 
renz,  Vorgil,  auch  Sallust  und  Ennius.  B.  VI  ist  aus  Plinius  und  Solin us, 
doch  ohne  Vermittlung  der  sog.  chorographia  pliniana;  s.  f  ff  Lüdecke,  de 
M.  C.  libro  sexto,  Gotting.  1862.  48  pp.  (Diss.)  und  Götti.  gel.  Anz.  1867, 
I.  S.  88—90.  Wo  sich  die  Art  der  Quellenbenützuug  controlieren  lässt 
zeigt  sich  überall  Flüchtigkeit  und  Mangel  an  Sachkenntniss.  So  besonders 
in  der  Darstellung  der  Harmonik  und  Rhythmik  (B.  IX),  welche  aus  schlech- 
ter Quelle  (Aristides  Quiut.)  grösstentheils  wörtlich  übersetzt  ist,  mit  zahl- 
reichen Missverständnissen ;  s.  R.  Westphal,  griech.  Rhythmiker  ( 1861)  S.  47 — 65. 

4.  Aus  der  späteren  Literatur  ist  das  Werk  am  nächsten  verwandt 
mit  den  Disciplinarum  libri  des  Augustinus.  Je  nach  dem  Zeitverhältniss 
Beider  (s.  A.  1)  hat  entweder  Letzterer  den  Stoff  aus  denselben  Quellen 
wie  Mart,  aber  ausführlicher  und  mit  Wcglassung  der  insipiden  Einklei- 
dung und  der  poetischen  Bestandtheilc ,  behandelt  oder  Mart.  das  Werk 
des  Augustinus  benützt,  die  etwaigen  christlichen  Zuthaten  desselben  aus- 
gemerzt und  dafür  durch  romanhafte  den  Stoff  versüsseu  zu  müssen  geglaubt. 

5.  Jedes  Buch  wird  durch  ein  Stück  in  gebundener  Form  eröffnet 
und  meist  auch  geschlossen.  Daneben  finden  sich  nicht  nur  manchfach 
Gedichte  eingelegt  (bes.  B.  II  u.  IX)  sondern  auch  sonst  geht  die  Rede 
öfters  in  poetische  Darstellung  über,  sogar  bei  ganz  abstrusen  Erörterun- 
gen (wie  III,  289).  Sichtlich  wird  Manchfaltigkeit  der  metrischen  Formen 
erstrebt  und  Befolgung  der  classischen  Muster.  Am  häufigsten  sind  epische 
und  elegische  Verse,  sowie  Senarc;  aber  auch  anakreontische ,  anapästi- 
sche, asklepiadeische,  Uendekasyllaben,  loniker  (z.  B.  IV,  424)  u.  a.  sind  ver- 
treten. Refrains  II,  117  fi.  IX,  915  fi.  Die  Prosodic  zeigt  den  Einfluss  der 
späteren  Zeit  (z.  B.  stöici,  Sabaeorum  II,  124);  Synalöphen  langer  Vocäle 
(z.  B.  si  erudita  IX,  888)  kommen  nicht  selten  vor,  noch  häufiger  der 
Hiatus  (minore  ambigens  I,  31;  vera  omne  und  Musae  et  II,  220;  maudo 
ocuios  IX,  903). 

6.  G.  Böttiger,  über  M.  C.  und  seine  satira,  in  Jahns  Archiv  XIH 
(1847)  S.  590  —  607;  über  seine  Sprache  ebd.  S.  620  —  622.  Eyssenhardt's 
praef.,  z.  B.  p.  XVIII:  indigestus  in  particulis  ab  ipso  (M.  C.)  excogitatis 
tumor  sermonis, . .  foeda  neglegentia  in  locis  aliorum  scriptorum  a  Martiano 
exccrptis.  . .  scriptoris  immanis  oscitantia  et  neglegentia. 

7.  In  mehreren  Hdschrr.  des  M.  C,  findet  sich  die  Subscription  : 
Securus  Memor  Felix  v.  sp(ectabil.),  com(e8)  consist.,  rhetor  (urbis)  R.  ex 
mendosissimis  exemplaribus  emendabam  contra  legeute  Deuterio  scholastico. 


940  Du)  KaiBorzcit.    Fünftes  Jahrhundert. 

discipnlo  meo,  lioniae  ad  portam  Gapenam  cos.  Paulini  v.  c.  suVj  d.  noii. 
Martiarum  Chriäto  adiuvante.  Der  Cos.  Paulinus  ist  eher  der  von  534  als 
von  498  und  daher  Deuterius  schwerlich  der  bei  Ennodius  genannte  (unten 
446,  6).    0.  Jahn,  Berichte  d.  sächs.  ö.  d.  W.  1851,  S.  351—354. 

8.  Die  Schrift  des  M.  C.  wurde  im  Mittelalter  als  Schulbuch  benutzt. 
Schon  Gregor  von  Tours  (geb.  539)  X  extr. :  ei  te  .  .  Martianus  noster  Sep- 
tem disciplinifi  erudiit  etc.  (Eyssenhardt  p.  XIX  f.).  Daher  die  grosse  Zahl 
von  Handschriften;  s.  Eyssenhardt  p.  X  — XVIII.  XX  — XXXI.  Die  erhal- 
tenen stammen,  bei  der  Gleichheit  ihrer  Verderbnisse,  alle  aus  demselben 
archetypus.  Die  älteste  und  weitaus  beste  ist  Bambergensis  saec.  X  (An- 
fang); nächstdem  die  aus  Reichenau  (jetzt  in  Carlsmhe)  und  in  Darmstadt, 
beide  aus  saec.  X  Ende  oder  XI  Anfang. 

9.  Ed.  j;)rincep8  von  Fr.  Vitalis  Bodianus,  Vincent.  1499  fol.  Weitere 
Ausgaben  bes.  von  B.  Vulcanius  (Basil.  1577,  mit  Isidor),  H.  Grotius  (Liigd. 
1599),  U.  F.  Kopp  (und  C.  F.  Hermann,  Frankf.  1836.  4.)  und  Fr.  Eyssen- 
hardt (rec,  Lips.  Teubner  1866).  Buch  V  auch  in  Halms  Rhetores  latt. 
min.  (1863)  p.  449—492  (vgl.  p.  XI  f.),  B.  IX  in  Meibom's  auct.  vett.  mos. 
(1652.  4.)  II.  p.  165  ff. 

10.  Beiträge  zur  Textkritik  von  C.  Böttiger  (Jahns  Archiv  XIII.  i>. 
607-620)  und  Fr.  Eyssenhardt  (Rhein.  Mus.  XVII.  p.  638-  640.  XVIII.  p. 
323—326.  637—639.  XIX.  p.  152—154.  479  f.  und  comment.  crit.  de  M.  C. 
particula,  Berlin  1861). 

£•    Fünftes  Jahrhundert. 

424.  Mit  dem  fünften  Jahrhundert  befinden  wir  uns  in- 
mitten der  Völkerwanderung.  Ein  Land  des  Westens  um 
das  andere  wird  von  dem  Völkerstrome  erfasst  und  verschlungen 
und  mit  ihm  die  alte  Cultur.  Zu  Anfang  des  Jahrhunderts  (J. 
406  ff.)  wird  Gallien  durch  die  Schaaren  des  Radagais  über- 
schwemmt; J.  410  Rom  von  dem  Westgothen  Alarich  erobert 
und  J.  415  von  seinem  Nachfolger  Wallia  in  Südfrankreich  und 
Spanien  das  westgothische  Reich  gegründet,  J.  429  in  Nord- 
africa  die  Herrschaft  der  Vandalen  durch  Geiserich.  Italien 
sieht  sich  J.  452  durch  die  Hunnen  unter  Attila  verwüstet, 
und  kaum  entgeht  Rom  selbst  demselben  Loose,  luu  schon 
J.  455  es  durch  Geiserich  zu  erfahren.  Nach  einer  Reihe  un- 
fähiger  Kaiser  erhält  J.  476  das  weströmische  Reich  den  üna- 
denstoss  durch  den  Heruler  Odoaker,  und  J.  486  geht  Gal- 
lien in  den  Besitz  der  Franken  unter  Chlodwig  über.  Die  jeixt 
herrschenden  Völker  sind  vorerst  noch  Barbaren,  welche  die 
Cultur  zu  Boden  treten  und  nur  etwa  für  ihre  Schattenseiten 
zugänglich  sind.  Die  besiegten  Völker  imterwerfen  sich  in  dum- 
pfer Verzweiflung.  Anfangs  zeigen  noch  Einzelne,  deren  Bil- 
dung in  besserer  Zeit  wurzelt,   in  ihren  Schriften  reineren  Ge- 


424.    üebersicht.  941 

schmack,  wie  Rutilius  Namatianus,  Vincentius  aus*  Lerinum  und 
Leo  der  Grosse.  Aber  allmählich  erlischt  überhaupt  die  litera- 
rische Hervorbringung,  und  die  sich  dennoch  darin  versuchen 
sind  entweder  von  der  herrschenden  Barbarei  mitergrififen  oder 
beweisen,  wie  Salvianus  und  Apollinaris  Sidonius,  durch  die 
künstliche  Geziertheit  ihrer  Schreibweise  dass  die  Literatur  an 
die  sie  anknüpfen  todt  ist.  Cultur  und  Literatur  ist  allmählich 
im  Alleinbesitz  und  unter  dem  Verschlusse  des  Klerus.  Nur 
die  Jurisprudenz  gewinnt  daneben  wieder  einige  Bedeutung  durch 
das  Bedürfniss  die  neuen  Staaten  zu  ordnen,  das  römische  Recht 
mit  der  Bildungsstufe  und  den  Ansprüchen  der  Sieger  zu  ver- 
mitteln. J.  426  wird  durch  das  Citiergesetz  das  Verhältniss  zur 
classischen  Jurisprudenz  geregelt,  J.  438  im  codex  Theodosianus 
die  noch  geltenden  kaiserlichen  Verordnungen  geordnet  und  zu- 
sammengestellt. Dadurch  sind  auch  Auszüge  erleichtert  wie  sie 
von  Einzelnen  und  Staaten  unternommen  werden.  In  minderem 
Grade  wurde  der  Osten  Europa's  von  den  Schrecken  der  Zeit 
betrofifen;  dort;  hat  das  Heidenthum  energische  Verfechter  inner- 
halb der  Geschichtschreibung  an  Eunapios,  Olympiodor  und 
Zosimos;  der  Betrieb  des  römischen  Rechts  ist  dort  eifriger,  und 
sogar  die  Ueberlieferung  der  lateinischen  Grammatik  findet  in 
Constantinopel  einen  fleissigen  Bewahrer  und  Darsteller  an  Pris- 
cianus.  Im  Westen  hegt  Gallien  noch  am  längsten  den  Sinn 
für  die  alte  Cultur;  aber  an  eigener  Schwäche  unheilbar  kran- 
kend erliegt  diese  den  vereinten  Bemühungen  der  Germanen 
und  der  Kirche.  So  legt  sich  allmählich  immer  tieferes  Dunkel 
über  Völker  und  Länder. 

1.  Salvian.  de  guberu.  VI,  18:  ubi  sunt  antiquae  Romanorum  opcs 
ac  dignitates?  fortiasimi  quoudam  Romaui  erant,  nunc  sine  viribus.  .  .  vecti- 
galia  illis  solvebant  populi  barbarorum,  nos  vectigaks  barbaris  sumus. 
Vfl,  1:  totus  romanuB  orbis  et  miser  est  et  luxuriosus.  Sidon.  ep.  VIII, 
C:  mundus  iam  senescens.  ib.  III,  8:  romana  resp.  in  extrema  haec  mi- 
Benarum  defluxit.  Orient,  commonit.  II,  185:  labentis  funera  mundi.  Clau- 
dian.  Mam.  Brief  an  Sapaudus:' bonarum  artium  iam  inde  a  ptoavoium 
nostrorum  saeculis  facta  iactura  et  animi  cultum  despueus  . .  deliciis  et 
divitiis  serviens  .  .  pessum  dedit  cum  doctrina  virtutem.  Fulgent.  niyth. 
praef.:  quamvis  nostri  temporis  aerumuosa  miseria  non  dicendi  petat  Stu- 
dium, sed  vivendi  fleat  ergastulum,  nee  famae  assisteudum  poeticae,  sed 
fami  sit  consulendum  domesticae. 

2.  Apoll.  Sidon.  carm.  12,  1  ff.:  quid  me,  etsi  valeam,  parare  Car- 
men fesceuninicolae  iubcs  Dionea  inter  criuigeras  situm  catervas  et  ger- 
manica verba  sustinentem,  laudantem  tetrico  subindc  vultu  quod  Burgundio 
cantat  esculentus,  infundens  acido  comam   bntyroV    vis    dicam  tibi   quid 


942  Pie  Kaiserzeit.    Fünftes  Jahrhundert. 

poema  frangat?  ex  hoc  barbaricis  abacta  plectris  spemit  eenipedem  sti- 
lum  Thalia  ex  qao  septipedes  videt  patrouos.  Doch  bildeten  die  Höfe 
der  Weatgothen  in  Toulouse,  der  Burgunder  in  Vienne  und  spater  der 
Franken  noch  lange  die  Zufluchtsorte  für  die  letzten  Vertreter  römischer 
Literatur.  Ueber  Karthago  Salvian.  de  gub.  Vll,  16 :  illic  artium  liberaüam 
scholae,  illic  philosophorum  officinae  etc. 

3.  Cod.  Theod.  I,  4,  3  (vom  J.  426):  Papiniani,  Paulli,  Gaii,  ül- 
piani  atque  Modestini  scripta  universa  firmamus  ita  ut  Gaium  quae  Paol- 
lum,  Ulpianum  et  cunctos  comitetur  auctoritas  lectionesque  ex  omni  eius 
opere  reciteutur.  cor  um  quoque  sententiam  quorum  tractatus  atque  scn- 
tentias  praedicti  omnes  suis  operibus  miscuerunt  ratam  esse  censemus,  nt 
Scaevolae,  Sabini,  luliani  atque  Marcelli.  .  .  ubi  autem  diversae  sententiae 
proferuntur  potior  numerus  vincat  auctorum,  vel,  si  numerus  aequahs  sit, 
eius  partis  praecedat  auctoritas  in  qua  excellentis  ingenii  vir  Papinianos 
emineat.  Der  Name  Citiergesetz  rührt  von  Hugo  her.  Vgl.  RudorfF,  röm. 
Rechtsgesch.  I.  S.  202  f.    Demburg,  Gajus  S,  111  ff. 

4.  Erlass  des  Theodosius  und  Valcntinian  vom  J.  438  (cod.  Theod. 
praef.) :  saepe  nostra  dementia  dubitavit  quae  causa  faceret  ut  tantis  propo- 
sitis  praemiis  quibus  artes  et  studia  nutriuntur  tam  pauci  raroque  extite- 
rint  qui  plena  iuris  scientia  ditarentur  et  . .  vix  unus  aut  alter  receperit 
soliditatem  perfectae  doctrinae  (Rechtskenntniss).    Vgl.  unten  432,  1. 

5.  Eunapios  (geb.  um  346),  Verfasser  der  ß{oi.  q>tloa6q>fov  nal  aoipt- 
ctmv  (ed.  J.  Fr.  Boissonade,  Amsterdam  1822,  und  in  Didot's  Sammlung 
T.  XXXII)  und  Fortsetzer  der  Geschichte  des  Dexippos  (oben  364,  16)  bis 
zum  J.  404  n.  Chr.  Die  Ueberreste  in  Niebuhrs  Ausgabe  des  Dexippoe 
(Bonn  1829)  und  in  L.  Dindorfs  bist.  gr.  min.  I.  (Lips.  Teubner  1870)  p.  205  ff. 

6.  Olympiodoros  aus  Theben,  Fortsetzer  des  Eunapios  bis  ins  J.  427; 
die  Ueberreste  in  Niebuhrs  Dexippus  p.  447  ff.  und  L.  Dindorfs  bist.  gr. 
min.  I.  p.  450  ff.  J.  Rosenstein,  kritische  Untersuchungen  über  das  Ver- 
hältniss  zwischen  Ol.,  Zosimus  und  Sozomenus,  in  den  Forschungen  zur 
deutschen  Geschichte,  herausgeg.  von  der  Münchner  histor.  Commissiou  1,  i. 

7.  Zosimus,  Verfasser  der  latogia  via  in  sechs  Büchern  von  August 
an ,  besonders  ausführlich  von  Constjmtin  an ,  bis  zur  Einnahme  Roms  J. 
410.  Ausgabe  von  C.  F.  Reitemeier  (Lips.  1784}  und  I.  Bekker  (Bonn 
1837).  P.  Schmidt,  de  auctoritate  et  fide  historica  Zi.  vitam  Constantini 
narrantis,  Berlin  1866.    R.  C.  Martin,  de  fontibus  Zosimi,  Berlin  1866. 

8.  Epigramm  zu  einer  offiziellen  Erdkarte:  hoc  opus  cgregium.. 
Theodosius  princeps  venerando  iussit  ab  ore  confici,  ter  quinis  aperit  cam 
fascibus  annum  (15^««  Regierungsjahr  des  jungem  Theodosius  422— 423^ 
15^*  Consulat  J.  435).  suppliiies  hoc  famuli,  dum  scribit  pingit  et  alter 
mensibus  exiguis  . .  in  melius  reparamus  opus  etc.  Aufbewahrt  in  dem 
geographischen  Werke  des  Mönchs  Dicuil  vom  J.  825;  Meyer  anÜiol.  274; 
annot.  p.  113  f.  Die  Zutheilung  an  den  eleganten  Dichter  Sednlius  beraU 
auf  Missverständniss;  s.  unten  443,  8. 

9.  Kaiser  im  Westen  Honorius  (395—423),  Valentinianus  111  (J.  425 
—455),  im  Osten  Arcadius  (.H95— 408),  vom  J.  402  an  mit  Tbeodoeia  ü 

(—450). 


424  f.     Rutilius  Namatianos.  943 

10.  A.  F.  Ozanam,  la  cmlisation  au  V«  sidcle,  Paris  1856.  2  Voll. 
(Oeuvres  compl.  I.  II). 

426.  Aus  dem  J.  416  haben  wir  von  RutiHus  Namatia- 
nus  ein  Gedicht  in  zwei  Büchern  worin  des  Verfassers  Heim- 
fahrt aus  Rom  nach  Gallien  im  elegischen  Masse  beschrieben 
wird,  mit  zahlreichen  Excursen  persönlichen  und  sachlichen  In- 
haltes. Das  Gedicht  ist  anziehend  durch  Anschaulichkeit  und 
einen  warmen  Hauch  natürlichen  Gefühles,  und  auch  im  For- 
mellen correct  und  rein.  Leider  ist  vom  zweiten  Buche  der 
grösste  Theil  untergegangen. 

i.  Name  des  Verf.  in  dem  (einzigen)  codex  Bobiensis  (aufgefunden 
1494):  Claudius  Rutilius  Naraatianus  v.  c.  Geborener  Gallier  (I,  20:  in- 
digenamque  suum  gallica  rura  vocant),  aber  am  weströmischen  Hofe  ma- 
gister  ofßciorum  (I,  663  f.)  und  in  Rom  praef.  urbi  (1,  157  —  160),  wahr- 
scheinlich im  Laufe  des  J.  414,  als  Vorgänger  des  Albinus  (I,  473  f.  vgl. 
Cod.  Theod.  XIII,  ö,  38).  Ist  er  der  mag.  off.  Namatius  im  cod.  Theod. 
VI,  27,  15  so  war  er  diess  J.  412,  Sein  Vater  Lachanius  (I,  595)  war  con- 
sularis  l^isdae,  comes  sacr.  larg.,  Quilstor  und  praef  (urbi?)  gewesen  und 
hatte  in  Pba  ein  Standbild  (I,  575 — 59G).  Vielleicht  ist  er  der  Claudius 
welcher  J.  389  cons.  Tusciae  war  (cod.  Theod.  II,  4,  5)  und  396  praef.  urb. 
(ib.  VI,  26,  8.  XV,  13,  1).  Ein  Verwandter  ist  Palladius,  Sohn  des  Exu- 
perantiuB  (I,  207  ff.);  s.  oben  419,  6.  Anlass  der  Heimreise  war  die  Ver- 
wüstung seiner  Güter  (I,  20—34)  wohl  durch  die  Westgothen  (bei  Tolosa?). 

2.  Die  Heimreise  geschieht  (wegen  der  Gothen,  I,  37  ff.)  zur  See 
und  erleidet  in  Folge  der  ungünstigen  Jahreszeit  (Abfahrt  von  Ostia  Anfangs 
October)  viele  Verzögerungen.  An  die  Erzählung  der  Erlebnisse  werden 
mancherlei  Digressionen  (deverticula  II,  61)  angeknüpft,  Ortsbeschreibun- 
gen, Mythen,  rhetorische  Ausführungen  (über  Gold  und  Eisen  I,  357  ff".); 
besonders  aber  wird  Freunden  ein  Denkmal  gestiftet,  wie  dem  Rüfius  Vo- 
lusianus  (I,  167  ff.  417  ff.),  Palladius  (I,  208  ff.),  Albinus  (I,  466  ff.),  Vi- 
ctorinus  (I,  493  ff.),  Protadius  (I,  542  ff*.),  seinem  Vater  Lachanius  (A.  1) 
u.  A.  (A.  6).  Die  Expectoration  gegen  die  Juden  (I,  383  —  398)  gilt  wohl 
zugleich  den  Christen.  Das  Christenthum  ist  dem  Dichter  eine  deterior 
circaeis  secta  venenis  (I,  525)  und  er  polemisiert  besonders  gegen  dessen 
Askese  und  Mönchswesen  (I,  440  ff.  517  ff.).  Aufrichtiger  Polytheismus 
z.  B.  l,  67  ff.  233  ff.  259  ff.    Begeisterter  Preis  Roms  zu  Anfang  von  B.  I. 

3.  Zur  AbfasBungszeit  s.  I,  135  f.:  quamvis  scdecies  denis  et  mille 
peractis  annus  praeterea  iam  tibi  (Roma)  nonus  eat.  J.  1169  d.  St.  (Varr.) 
=  416  n.  Chr.  Die  Gothen  (Getae)  spielen  eine  grosse  Rolle  (I,  40.  142. 
336.  II,  51).  Eroberung  von  Tolosa  I,  496.  Polemik  gegen  Stilicho  we- 
gen seines  Vertrags  mit  ihnen  II,  41  —  60.  Halb  Idylle,  halb  Satire  ist 
das  Gedicht  auch  als  Zeitbild  von  hohem  Interesse.  Doch  ist  von  B.  II 
nur  etwa  das  erste  Zehntel  erhalten.  Auch  der  Anfang  von  B.  I  ist 
verloren. 

4.  Nachdem   der  im  J.   1494  aufgefundene  codex  Bobiensis  wieder 


944  I^ie  Kaiserzeit.    Fanfbes  Jahrhundert. 

verloren  gegangen  ist,  beruht  der  Text  des  Gedichts  einzig  auf  einer  in 
Wien  befindlichen  Abschrift  saec.  XVI.  Editio  princeps  (als  Itinerarium) 
von  J.  B.  Pius  (Bonon.  1520.  4.).  Ab  Jos.  Castalione  emend.  et  adn.  illu- 
Stratum,  Rom.  1582.  Cum  animadv.  Th.  Sitzmanni,  Lugd.  1618.  Rec  C 
Barth,  Frankf.  1623.  Cum  Simleri,  .  .  Graevii  all.  animadv.  ed.  Th.  J.  ab 
Alnieloveen,  Amstelod.  1687.  Rec.  T.  Damm  (Brandenb.  1760),  J.  Chr. 
Kapp  (Erlangen  1786),  J.  C.  Gruber  (Nürnberg  1804).  In  P.  Pithöus'  Epi- 
grammata  (p.  475  ff.),  den  poetae  latini  minores  von  P.  Burmazm  (T.  IL 
p.  3  ff),  Wemsdort  (V,  1.  p.  77—202).  Cl.  R.  N.  de  reditu  suo  rec  et 
illustr.  A.  W.  Zumpt,  Berlin  1840.  Mit  französ.  Uebersetzung  von  J.  Z. 
Collombet,  Lyon  und  Paris  1842.  Rec.  et  praefatus  est  L.  MüUer,  Lips. 
Teubner.  1870. 

5.  A.  W.  Zumpt,  Observationum  in  R.  Cl.  Nam.  Carmen  de  reditu 
suo  pars  prior,  Berlin  1836.  44  pp.  üeber  R.  N.  auch  Wemsdorf  poet 
latt.  min.  V.  p.  5  —  28  und  (über  die  Ausgaben  u.  s.  w.)  p.  40  ff.,  sowie 
Zumpts  Prolegomena. 

6.  Als  zeitgenössische  Dichter  erwähnt  R.  N.  den  Satiriker  Lucillos 
(s.  oben  420,  8),  sowie  einen  (Valerius)  Messala  (I,  268  —  276),  wohl  den- 
jenigen der  im  cod.  Theod.  als  praef.  praet.  in  den  Jahren  396,  399 — 401, 
403  oft  genannt  wird,  und  an  welchen  Symmachus'  Epp.  VIT,  81  —  92 
gerichtet  sind;  vgl.  Ap.  Sidon.  carm.  IX,  302:  Messalam  ingenii  satis 
profundi. 

426.  Um  dieselbe  Zeit  verfasste  auf  Augusidns  Aufforde- 
rung der  Presbjrter  Orosius  aus  Spanien  zu  apologetischem 
Zwecke  seinen  Geschichtsabriss  in  sieben  Büchern  von  Adam 
bis  ins  J.  410  n.  Chr.,  ohne  tiefere  Studien  und  Sachkenntniss, 
hauptsächlich  *  nach  Livius  und  der  Bearbeitung  der  eusebiani- 
schen  Chronik  durch  Hieronymus,  mit  willkürlicher  und  ten- 
denziöser Auswahl  und  Behandlung  des  Stoffes,  in  ungleichem, 
aber  meist  schwülstigem  Stile.  Ausser  diesem  Werke  besitzen 
wir  von  Orosius  auch  noch  eine  Abhandlung  über  die  Freiheit 
des  menschlichen  Willens,  veranlasst  durch  die  pelagianischen 
Streitigkeiten. 

1.  Gennad.  vir.  ill.  39:  Orosius  presbyter,  Hispanus  genere,  vir  elo- 
quens  et  historiarum  cognitor  (aus  Prosper  chron.  ad  a.  396),  scripsit  ad- 
versum  querulos  et  infamatores  christiani  nominis,  qui  dicunt  defectam 
romanae  reip.  Christi  doctrina  invectum,  libros  VII.  .  .  hie  est  Orod« 
qui  ab  Augustino  pro  discenda  animae  ratione  ad  Uieronymum  (nach  fietii* 
lehem)  missus  rediens  reliquias  b.  Stephani  primi  martyris  tuuc  nuper  in- 
ventas  primus  intuht  occidenti  (Miuorca).  damit  extreme  paene  Hononi 
imperatoris  tempore.  Der  Name  Paulus  beruht  auf  MisBverständniSB  dcf 
Abkürzung  P  (für  presbyter).  Vaterstadt  Tarraco?  Oros.  VII,  22:  n» 
quoque  in  Hispania  Tarracouem  nostram.  Zu  Braccara  in  Lusitanien  W 
er  wohl  Presbyter.    Avitus  ans  Braccara,  presbyter  in  Paläsüiia,  sciirvbt 


426.   OrosiuB  945 

an  den  Bischof  von  Braccara,  Balchonius  (Baron,  annal.  eccl.  ad  a.  415): 
ut  dilectissimus  Ullas  et  compresbyter  mens  Orosius  usque  ad  has  partes 
ab  africanis  episcopis  mitteretur,  cuius  mihi  Caritas . .  vestrum  omnium  prae- 
sentiam  reddidit.  Vgl.  Augustin.  ep.  166,  2  (an  Hieronymus):  venit  ad  me 
(J.  413  oder  414)  religiosus  luTenis,  catholica  pace  frater,  aetate  filius,  ho- 
nore  compresbyter  nofter  Orosius,  vigil  ingenio,  promptus  eloquio,  flagrans 
studio  .  .  ad  refellendas  falsas  perniciosasque  doctrinas,  quae  animas  Hi- 
spanorum  multo  infelicius  quam  corpora  barbaricus  gladius  trucidarunt. 
nam  inde  ad  nos  usque  ab  oceani  littore  properavit  etc.  Ibid.  169,  13  (ad 
Buodium  episc):  sanctissimi  et  studiosissimi  iuvenis  presbyteri  Orosii,  qui 
ad  nos  ab  ultima  Hispania,  i.  e.  ab  oceani  littore,  . .  advenit.  Er  traf  den 
Aug.  mit  Abfassung  seines  Werks  de  civ.  dei  beschäftigt,  wovon  die  ersten 
fünf  Bücher  bereits  fertig  waren  (ib.  169,  1).  Auf  des  Or.  schriftliche  Bitte 
um  Belehrung  über  das  Wesen  der  Seele  verfasste  Augustinus  seine  Schrift 
contra  Priscillianistas  et  Origenistas  ad  Orosium.  Geboren  wird  Orosius 
spätestens  390  sein;  sein  Todesjahr  ist  nicht  bekannt. 

2.  Oros.  bist,  praef. :  praeceptis  tuis  parui,  beatissime  pater  Augustine. 
. .  praeceperas  mihi  ut  scriberem  adversus  vaniloquam  pravitatem  eorum 
qui  .  .  pagani  vocantur,  . .  qui  .  .  praesentia  tantum  tempora  veluti  malis 
extra  solitum  infestissima  ob  hoc  solum  quod  creditur  Christus  et  colitur 
deus,  idola  autem  minus  coluntur,  infamant.  praeceperas  ergo  ut  ex  Om- 
nibus qui  haberi  ad  praesens  possunt  historiarum  atque  annalium  fastis 
quaecumque  aut  bellis  gravia  aut  corrupta  morbis  aut  fame  tristia  aut  ter* 
rarum  motibus  terribilia  aut  inundationibus  aquarum  insolita  aut  eruptio- 
nibus  ignium  metuenda  aut  ictibus  fulminum  plagisque  grandinum  saeva 
vel  etiam  parricidiis  flagitüsque  misera  per  transacta  retro  saecula  repe- 
rissem  ordinato  breviter  voluminis  textu  explicarem.  maxime  cum  reve- 
rentiam  tuam  perficiendo  adversus  hos  ipsos  paganos  undecimo  libro  (de 
civ.  dei,  s.  oben  414,  10)  insistentem,  quorum  iam  decem  .  .  elati  sunt,  . . 
levi  opuBculo  occupari  non  oporteret,  .  .  dedi  operam  etc.  .  .  ut  merito 
hac  scrutatione  claruerit  regnasse  mortem  avidam  sanguinis  dum  ignoratur 
religio,  .  .  ista  üluscente  illam  constupuisse.  Zu  diesem  Zwecke  wählt 
Or.  bei  Verschiedenheit  der  Darstellungen  in  seinen  Quellen  immer  die 
blutigste  und  steigert  wohl  auch  absichtlich  die  Greuel.  Bellorum  mise- 
rias  gibt  III  praef.  als  Inhalt  an;  worauf  sich  vielleicht  auch  das  dunkle 
ormesta  u.  dgl.  der  Ueberschrift  in  einigen  Hdss.  bezieht  (moesta  mundi 
oder  Orosii  miseriae  mundi);  s.  Mörner  p.  178—181. 

3.  Oros.  I,  21  extr.:  quoniam  spopondisse  me  memini  .  .  dicturum 
me  esse  ab  orbe  condito  usque  ad  urbem  conditam,  huic  volumini,  quod 
ab  orbe  condito  explicuimus,  finis  hie  sit.  B.  II  führt  die  römische  Ge- 
schichte bis  zur  Eroberung  Roms  durch  die  Gallier  und  berichtet  die  gleich- 
zeitigen sonstigen  Ereignisse  von  der  Eroberung  Babylons  durch  Eyrus 
bis  zur  Schlacht  bei  Eunaxa;  B.  III  reicht  bis  c.  280  v.  Chr.;  B.  IV:  von 
den  Kämpfen  mit  Pyrrhus  bis  zur  Zerstörung  Karthagos;  B.  V:  von  der 
Zerstörung  Korinths  bis  zum  ersten  Bürgerkrieg;  VI:  vom  mithridatischen 
Krieg  bis  Augustus  und  Christi  Geburt;  VII:  Kaisergeschichte  bis  auf  die 
Gegenwart  (VaUia)  mit  besonderer  Berücksichtigung  der  Geschichte  der 
christlichen  Kirche.    Diese  Eintheilung  ist  das  Beste  am  Werke,  trotzdem 

Teuffei,  Rom.  LileraUiryesrliichle.  Q() 


946  ^^  Kaiserzeit.    Fünftes  Jahrhundert. 

dass  die  Siebenzahl  der  Bücher  wohl  ihre  Wurzel  im  Aberglauben  hat  (VII, 
2:  septenarius  ille  numerus  quo  iudicantur  omnia)  und  die  auf  das  Bach 
Daniel  gegründete  Unterscheidung  von  vier  Weltmonarchien  nach  den  vier 
Himmelsgegenden  (babylonische,  römische,  makedonische,  karthagische)  m 
Zeiten  störend  dazwischentritt.  Auch  die  synchronistische  Anlage  und  das 
Interesse  für  die  Chronologie  (Zahlen)  ist  löblich,  obwohl  letztere  Seite 
ohne  Plan  und  mit  vielen  Irrthümem  durchgeführt.  Mit  seiner  Quelle,  der 
Chronik  des  Eusebius,  folgt  Or.  für  die  Zeit  vor  Chr.  der  catonischen  Aera 
(Rom  762);  für  die  Kaiser  zeit  gibt  er  nur  (rund)  die  Regierungsjahre  der 
einzelnen  Kaiser  an.  Mömer  p.  67—82.  Was  auf  Spanien  Bezug  hat  wird 
immer  mit  besonderer  Vorliebe  behandelt,  auch  in  Vor-  und  Nachworten 
zu  den  einzelnen  Büchern  erbauliche  Betrachtungen  reichlich  angestellt 
Bewusstsein  Bürger  des  römischen  Reichs  und  Christ  zu  sein  bes.  V,  1  f. 

4.  Sorgfältige  Erörterung  der  Quellen  des  Orosins  bei  Mömer  p.  49 
—165.  Orosius  möchte  gern  den  Schein  erregen  als  hätte  er  eine  Menge 
von  Büchern  für  sein  Werk  benützt,  schreibt  daher  aus  seinen  Quellen  be- 
sonders gern  solche  Stellen  ab  worin  andere  Schriftsteller  genannt  werden 
(z.  B.  VII,  10  aus  Tac.  Hist.  die  Erwähnung  des  Sallust),  und  gedenkt 
daher  vieler  Griechen  und  Römer  (wie  Piaton,  Polybios,  Paläphatos,  Pha* 
nokles;  Fabius,  Claudius,  Valerius  Antias,  Galba,  Pompeius  Trogus;  auch 
Josephus)  die  er  sicherlich  nie  in  Händen  gehabt  hat,  zumal  da  er  des 
Griechischen  kaum  mächtig  war.  In  Wahrheit  aber  hat  er  nur  wenige 
benützt,  und  zwar  (mit  Ausnalune  von  Tac.  Hist.)  lauter  solche  die  wir 
noch  besitzen,  so  dass  wir  sein  Verfahren  controlieren  können,  auch  da  wo 
er  seine  wirkliche  Quelle  nicht  nennt,  was  bei  ihm  die  Regel  ist.  Benützt 
und  gelegentlich  genannt  hat  er  das  A.  u.  N.  T.,  Livius,  Justinus,  Tacitos, 
Sueton,  Eutropius;  benützt  und  nie  genannt  Eusebius  in  der  Bearbeitung 
des  Hierouymus,  Florus  und  eine  Kosmographie.  Die  Grundlage  für  die 
Anordnung  bildet  Eusebius-Hieronymus;  für  die  römische  Geschichte  dient 
als  Quelle  bald  die  ausführlichere  Darstellung  des  Livius,  bald  die  Abrisse 
zuerst  des  Florus,  dann  immer  mehr  Eutropius,  für  die  ausserrömische  Ju- 
stinus ;  bei  der  Kaiserzeit  Eutropius  und  daneben  Tacitus  und  Sueton.  Für 
die  Geschichte  der  Eroberung  Galliens  ist  auch  Caesars  b.  g.  benützt,  doch 
so  dass  Or.  es  für  ein  Werk  des  Sueton  hält;  s.  VI,  7:  hanc  historiam 
Suetonius  Tranquillus  plenissime  explicuit,  cuius  nos  competentes  portion- 
culas  decerpsimus  (Mörner  p.  148—152,  vgl.  oben  183,  1  E.). 

5.  Die  Flüchtigkeit  der  Quellenbenützung  hat  zahlreiche  Missver- 
ständnisse, doppelte  Erwähnung  derselben  Thatsache  aus  zweierlei  Quellen, 
Verwechslungen  u.  dgl.  zur  Folge  gehabt;  vgl.  U.  Köhler,  qua  rat.  Lifii 
ann.  p.  42—46.  95 — 98.  Or.  hat  auch  selbst  das  Gefühl  dass  er  seiner  Auf- 
gabe nicht  gewachsen  sei;  vgl.  z.  B.  III  praef.:  repeto  .  .  nee  omnia  nee 
per  omnia  posse  quae  gesta  et  sicut  gesta  smit  explicari,  quoniam  magni 
atque  innumera  copiosissime  et  a  plurirais  scripta  sunt.  .  .  praeterea  ei 
hac  ipsa  de  qua  queror  abundantia  angustia  oritur  mihi  et  concludit  me 
sollicitudo  nodosior,  die  Schwierigkeit  sowohl  den  Vorwurf  der  ünvoll- 
ständigkeit  als  der  Undeutlichkeit  zu  vermeiden. 

6.  Auf  die  Bildung  und  Ausdrucksweise  des  Or.  waren  von  Einflosi 
Vergil  (Mörner  p  177  f.)  und  später  Augustinus  (ib.  p.  52—55).   Auch  Kemi^ 


.« 


«<«§ 


426  f.    Orosius  u.  A.  947 

niss  des  Lacanus  (VI,  1  extr.)  und  des  Cicero  verräth  sich  (Mömer  p.  177), 
wie  überhaupt  rhetorische  Bildung.  Durch  die  Quellen  die  er  gerade  aus- 
schreibt ist  sein  Stil  im  Einzelnen  bedingt;  wo  er  selber  spricht  geräth  Or. 
meist  in  pastorale  Breite  und  Salbung  hinein,  verwickelt  sich  auch  leicht 
in  seinen  Perioden. 

7.  Schlusswort  (VIT,  43  extr.) :  explicui  adiuvante  Christo  secundum  tuum 
praeceptum,  beatissime  pater  Augustine,  ab  initio  mundi  usque  in  praesentem 
diem,  h.  e.  per  annos  MMMMMDCXVII,  cupiditates  et  punitiones  hominum 
peccatorum,  conflictationes  saeculi  et  iudicia  dei  quam  brevissime  et  quam 
simplicissime  potui.  . .  de  qualitate  autem  opusculorum  tu  videris,  qui  prae- 
cepisti:  tibi  adiudicanda  si  edas,  per  te  iudicata  si  deleas.  Die  5617  Jahre 
weisen  auf  J.  418  als  Zeit  des  Abschlusses  hin  (Geb.  Chr.  J.  5199  d.W.);  vgl. VII, 
41 :  irruptae  sunt  Hispaniae.  . .  nihil  quidem  novnm,  hoc  enim  nunc  per  bien- 
nium  . .  sustinuere  a  barbaris  quod  per  CC  quondam  annos  passae  fuerunt 
a  Bomanis.  Die  Abfassung  des  grösseren  Theils  fiLllt  aber  schon  vor  die 
Heise  nach  Palästina,  bald  nach  der  Ankunft  bei  Augustin  (V,  2:  nunc  me 
Africa  excepit),  in  dessen  Nähe  und  vielleicht  aus  den  Mitteln  von  dessen 
Bibliothek  später  auch  das  Weitere  geschrieben  wurde.  Der  apologeticus 
de  arbitrii  libertate  ist  in  Palästina  am  Ende  des  J.  415  verfasst  (Mörner 
p.  23  f.  29  f.). 

8.  Die  orthodoxe  Haltung  des  Or.  und  seine  Beziehung  zu  Augustin 
diente  dem  Geschichtsabrisse  lange  zu  grosser  Empfehlung.  König  Alfred 
Hess  ihn  ins  Angelsächsische  übersetzen  (herausgeg.  von  D.  Barrington, 
London  177.S,  und  von  J.  Borsworth,  London  1855;  vgl.  R.  Pauli,  K.  Alfred 
S.  226  ff.  307  ff.).  Daher  auch  zahlreiche  Handschriften,  von  saec.  VII  an 
(in  Florenz  und  Laon);  aus  saec.  IX  solche  zu  Cbartres  und  Donaueschin- 
gen. Eine  planmässige  Verwerthung  derselben  ist  aber  noch  nicht  unter- 
nommen. Beiträge  zur  Textkritik  von  E.  Grubitz  (Emendationes  Orosianae, 
Naumburg  1835.  4.)  und  U.  Köhler  (Philologus  XVII.  S.  552—555). 

9.  Ed.  princeps  per  Jo.  Schüssler,  Augsburg  1471.  fol.  Spätere  Aus- 
gaben Viceut.  c.  1475  fol.;  von  G.  Bolsuinge  (Köln  1526.  fol.).  Fr.  Pabri- 
cius  (Köln  1561  u.  sonst)  und  besonders  S.  Havercamp  (Lugd.  B.  1738  und 
1767.  4.).  Abdrücke  auch  in  der  Bibl.  patr.  max.  VI.  p.  376  ff.,  in  Gal- 
landi  bibl.  patr.  IX,  und  in  Migne's  patrol.  t.  XXXI.  (1846.)  p.  636-1212 
(hist.  u.  apol.)  u.  p.  1212 — 1216  (Commonitorium).  Ad  fid.  rec.  Havercampi 
Thom  1857. 

10.  Hauptschrift:  Th.  v.  Mörner,l^de  Orosii  vita  eiusque  historiarum 
libris  VII  adversus  paganos,  Berlin  1844.  182  pp.  Auch  vgl.  R.  Ceillier, 
hist.  g6n.  des  aut.  XIV.  p.  1—10.  G.  F.  H.  Beck,  de  Orosii  historici  fon- 
tibus  et  auctoritate  (Marburg  18.S2)  p.  1—9.  E.  Mejean,  Paul  0 rose  et  sou 
apolog^tique  contre  les  paTens,  Strassburg  1862.  33  pp.  Th^se. 

427.  Unter  den  übrigen  Anhängern  Augustins  in  seinem 
Kampfe  gegen  den  Pelagianismus  war  mit  Wort  und  Schrift 
einer  der  eifrigsten  Marias  Mercator ;  ausserdem  der  Bischof  von 
Karthago  Aurelius,  sowie  Leporius^  der  Presbyter  Paulinus  aus 
Mailand  u.  A. 

60* 


948  ^16  Kaiserzeit.    Fünftes  Jahrhundert. 

1.  Augufitiu.  epiat.  198  (aus  Ende  418)  an  Mercator:  litteras  iiuie 
ainceritatis  inveni  et  alinm  adversus  novos  haereticos  librum.  Ueraosge- 
geben  sind  die  erhaltenen  Schriften  des  Marina  Merc.  studio  Jo.  Gamerü 
(Paria.  1673  fol.),  emend.  St.  Baluziua  (Paris.  1684)  und  in  den  Sammel- 
werken von  Galland.  (VIII.  p.  615  ff.),  Migne  (Patrol.  XLVIIl)  u.  a. 

2.  Schreiben  des  Aureliua  De  damnatione  Pelagii  atque  Caelestii  in 
Gamier's  Ausg.  des  Mercator,  Gallaudi  bibl.  YIII.  p.  1*29  ff.,  Migne's  Pa- 
trol. XX  u.  a.  Von  aeinem  Nachfolger  (aeit  430)  Capreolua  Briefe  gegen 
die  Häresie  dea  Nestorius  z.  B.  in  Gallandi  bibl.  IX.  p.  490  ff.,  Migne'a 
patrol.  LIII.  p.  843  ff. 

3.  Gennad.  ill.  59:  Leporins  adhuc  monachus,  postea  presbyter, . . 
pelagianum  dogma  coeperat  sequi,  sed  a  gallicanis  doctoribus  admonitns 
et  in  Africa  per  Angustinum  a  deo  emendatus  scripsit  Emendationis  suae 
libellum,  in  quo  et  satisfacit  de  erroribua  et  gratiaa  agit  de  emendatione. 
Abgedruckt  in  Gamiers  Ausg.  des  Mercator  (I.  p.  224  ff.)  und  in  den  pa- 
tnstischen  Sammelwerken,  z.  B.  Gallandi  bibl.  IX,  Migne'a  Patrol.  XXXI. 

4.  Cassian.  de  incam.  dom.  7:  Paulinus  presbyter,  uon  ille  No- 
lanus  episcopus,  conscripsit  s.  Ambrosii  vitam.  Vgl.  oben  407,  1.  Abge- 
druckt in  den  meisten  Ausgaben  der  Werke  des  Ambrosiua.  Paulini  Me- 
diolanenais  libellus  adversus  Caeiestium  Zosimo  papae  oblatüs  (ums  J.  417) 
ond  De  benedictionibus  patriarcharum  z.  6.  in  Gallandi  bibl.  patr.  IX  und 
Migne*s  patrol  XX. 

5.  Briefwechsel  des  Evodius  Uzalensis  episcopus  mit  Augustin,  Epist. 
168—164.  169  =  98  —  102.  246  f.  Die  andern  dem  Evodius  beigelegten 
Schriften  z.  B.  in  Migne's  Patrol.  XXXI. 

6.  Ueber  Prosper  s.  unten  431. 

428.  Auf  der  Gegenseite  ist  der  bedeutendste  Schriftsteller 
der  eifrige  Beförderer  des  Mönchswesens  Joannes  Cassianus 
in  Massilia,  welcher  für  den  Anfänger  der  semipelagianischen 
Richtung  gilt.  Wir  besitzen  von  ihm  noch  drei  Werke:  De 
institutis  coenobiorum  libriXII;  Collationes,  vierundzwanzig  er- 
bauliche Gespräche  mit  ägyptischen  Mönchen;  De  incarnatioDe 
Christi  libri  VII.  Gleichzeitige  Schriftsteller,  meist  von  dersel- 
ben theologischen  Richtung,  sind  der  Rhetor  Victorinus  aus 
Massilia,  die  Presbyter  Philippus  und  Eucherius,  der  Bischof 
Hilarius  von  Arles  u.  A.  Von  den  drei  Letzteren  sind  auch 
Schriften  auf  uns  gekommen. 

1.  Gennad.  ill.  61:  Cassianus,  natione  Scytha,  Constantinopoli  a loanne 
(Chrysostomus)  magno  episcopo  diaconus  ordinatus,  apud  Massiliam  pree- 
byter  condit  dno  monasteria.  .  .  scripsit,  ezperientia  magistrante,  litiertto 
sermone  et  . .  sensu  verba  inveuiens  et  actione  linguam  movens  res  om- 
nium  monachorum  professioni  necessarias,  i.  e.  De  babitu  monachi  et  D6 
canonico  orationum  modo  atque  Psalmorum  qui  in  monasteriis  Aegypti  dio 
noctuque  tenentur  libroe  III;    Institutionum  librum  unum;   De  ongine  et 


■^-.--S.i.*'» 


427  f.    Leporius,  Eucherius,  HilariuB  u.  A.  949 

qualitate  ac  remediis  VIII  principalium  vitiorum  libros  VIII,  eingulos  sei 
licet  de  singulifl  vitiis  ezpediens.  digeesit  etiam  GoIlatioDes  cum  patribus 
aegyptiis  habitas.  .  .  et  ad  extremum  rogatoB  a  Leone  urbis  Komae  epi- 
scopo  (damals  noch  archidiaconns)  scripsit  adversus  Nestorium  De  inoar- 
natione  domini  libros  VII  et  in  bis  scribendis  apud  Massiliam  et  vivendi 
finem  fecit,  Theodosio  et  Valentiniano  regnantibus  (also  425—450). 

2.  Ausgaben  der  Werke  des  Cassianus  opera  et  stud.  Henr.  Cuykii 
(Antverp.  1578),  AI.  Gazaei  (Atreb.  1628  fol.  u.  sonst)  und  in  den  patristi- 
sehen  Sammelwerken,  z.  B.  Migne's  Patrol.  XLIX  und  L  (Paris  1846).  Ueber 
eine  Handschrift  der  Collationes  s.  oben  380,  4. 

3.  Ueber  Cassianus  vgl.  bes.  Voss.  bist,  pelag.  I,  7.  Norisius  bist, 
pel.  II,  1  ff.  G.  F.  Wiggers,  de  lo.  Cass.  Massil.  qui  semipelagianismi  auctor 
vulgo  perhibetur,  Rostock  1824  f.  4.  und  in  Ersch  u.  Grubers  Euc.  I,  21. 
S.  105  ff.  J.  Geffken,  historia  semipelagianismi  antiquissima ,  Gotting. 
1826.  4. 

4.  Gennad.  ill.  60:  Victorinus  (Var.  Victorius)  rhetor  Massiliensis 
ad  filii  sui  Aetherii  personam  commentatus  est  in  Genesim,  i.  e.  a  princi- 
pio  libri  usque  ad  obitum  patr.  Abrahae,  tres  diversos  edidit  libros,  Chri- 
stiane quidem  et  pio  sensu,  sed  utpote  saeculari  litteratura  occupatus  homo 
et  nullius  magisterio  in  divinis  scripturis  exercitatus  levioris  ponderis  sen- 
tentiam  üguravit.  moritur  Theodosio  et  Valentiauo  regnantibus.  Vgl.  un- 
ten 434,  5. 

5.  Gennad.  ill.  62:  Philippus  presbjrter,  optimus  auditor  Hieronymi, 
commentatus  in  lob  edidit  sermone  simplici  librum.  legi  eins  et  Familiä- 
res epistolas  et  valde  salsas  et  maxime  ad  paupertatis  et  dolorum  toleran- 
tiam  exhortatorias.  moritur  Marciano  (J.  450  —  457)  et  Avito  (J.  455  f.) 
regnantibus,  also  J.  455  oder  456.  Sein  Commentar  zu  Job  (in  historiam 
Job  commentariorum  libri  III)  herausgeg.  (von  J.  Sichard)  Basil.  1527  und 
in  den  Werken  des  Hieronymus  (z.  ß.  in  Migne's  Patrol.  XXIII.  p.  1401  ff.). 

6.  Gennad.  iU.  63:  Eucherius,  Lugdunensis  ecclesiae  presbyter, 
scripsit  ad  Valerianum  propinquum  suum  De  contemtu  mundi  et  saecu- 
laris  philosophiae  epistolam  unam,  scholastico  sermone  et  rationabili.  dis- 
Bcruit  etiam  ad  personam  filiorum  Sälonii  et  Veranii,  postea  episcoporum, 
obscura  quaeque  sanctarum  capitula  scripturarum.  sed  et  Cassiani  quae- 
dam  opuscula  lato  tensa  sermone  angusto  verbi  resolveus  tramite  in  unum 
coegit  Volumen,  aliaque  tam  ecclesiasticis  quam  monasticis  studiis  neces- 
saria.  moritur  sub  Valentiniano  (J.  425 — 455)  et  Marciano  (J.  450 — 457) 
principibus  (also  zwischen  450  und  455).  Ausgaben  seiner  Schriften  e  re- 
cogn.  £.  Rhenani  (Basil.  1516.  4.),  cum  scholiis  Erasmi  Bot.  (Basil.  1530. 
4.),  sowie  in  den  patristischen  Sammelwerken,  z.  B.  von  Migne  (Patrol.  L). 
Ueber  eine  Schrift  von  ihm  s.  Salvian.  epist.  8. 

7.  Gennad.  ill.  69:  Hilarius,  Arelatensis  episcopns  (seit  429),  vir  in 
sanctis  scripturis  doctus,  paupertatis  amator, .  .  homo  genere  clarus.  . .  in- 
genio  immortali  aliqua  et  parva  edidit,  quae  eruditae  animae  et  fidelis 
linguae  indicio  sunt,  in  quibus  praecipue  . .  vitam  scti  Honorati  (vgl.  un- 
ten 439,  7),  praedecessoris  sui,  composiüt.  moritur  Valentiniano  et  Mar- 
ciano regnantibus  (also  450 — 455).    Abgedruckt  ist  diese  vita  z.  B.  an  Sa- 


950  ^^6  Kaiserzeit.    Fünftes  Jahrhundert. 

linas  Ausg.  des  Vinc.  Lerin.,  in  Migne's  Patrol.  L.  Prosper  an  Auguatin. 
(ep.  226,  9):  iinum  eorum  (der  hochgestellten  Halbpelagianer)  praecipoae 
auctoritatis  et  spiritualium  studiomm  virum,  sanctum  Hilarium  Arelatensem 
episcopum,  sciat  beatitudo  tua  admiratorem  sectatoremque  in  aliis  omnibus 
taae  esse  doctrinae.  Kampf  des  Gallicanismus  und  Romanismus  in  der 
Person  von  H.  und  Leo  I,  s.  Leo's  Episi  10  f. 

8.  Von  Hilarius'  Schwager  Lupus,  Bischof  von  Troyes  (episc.  Tre- 
censis)  J.  429-479  Briefe  in  Gallandi  bibl.  patr.  IX.  p.  616  ff.  und  Migne's 
patrol.  LVIIL  p.  63  ff. 

9.  Predigten  (sermones)  und  Briefe  von  Petrus  Chrysologas  (um  405 
— 460)  aus  Imola,  Bischof  von  Ravenna  seit  433,  in  der  Ausg.  von  Dom. 
Mita  (Bonon.  1643.  4.  Venet.  1742  foL);  rec.  Seb.  Pauli  (Venet.  1760  fol.), 
in  Migne's  Patrol.  LTI  u.  sonst.  Brief  an  den  Presbyter  Eutyches  ib.  LIV. 
p.  739  ff. 

10.  Predigten  von  Valerianus,  Abt  auf  Lerinum,  Bischof  von  Cemele 
(bei  Nizza)  ums  J.  440,  nebst  einer  Epistola  ad  monachos  de  virtutibus  et 
ordine  doctrinae  apostolicae,  herausgeg.  von  Sirmond  (Paris.  IG  12),  in  Mita's 
Ausg.  des  Petrus  (A.  9),  Gallandi  bibl.  X.  p.  123  ff.,  Migne's  PatroL  LH. 

429.  Im  J.  434  verfasste  Vincentius  aus  Lerinum  unter 
dem  Namen  Peregrinus  sein  Commonitorium,  eine  Mahnimg 
zum  Festhalten  an  der  echten  katholischen,  auf  Schrift  und  Tra- 
dition gegründeten  Lehre  und  Warnung  vor  den  Ketzereien  aller 
Art,  in  einfacher  und  verhältnissmässig  gebildeter  Sprache.  Unver- 
kennbar findet  auch  Vinc.  Augustins  Richtung  aJlzuschroff  und 
einseitig  und  bekennt  sich  zu  einem  gemilderten  Pelagianismus. 

1.  Gennad.  ill.  64:  Vincentius,  natione  OaUus  (aus  Nordfrankreich), 
apud  monasterium  Lerinensis  insulae  (bei  Nizza)  presbjter,  vir  in  scriptoris 
sanctis  doctus  et  notitia  ecclesiasticorum  dogmatum  sufHcienter  instructus, 
composuit  ad  evitanda  baereticorum  collegia  nitido  satis  et  aperto  sermone 
validissimam  disputationem,  quam  absconso  nomine  suo  titolavit  Peregrini 
adversus  haereticos  (vgl.  A.  2).  cuius  operis  quia  secundi  libri  maximam 
in  schedulis  partem  a  quibusdam  furatam  perdidit,  recapitiilato  eius  paacts 
sermonibus  sensu  pristino,  composuit  et  nno  in  libro  edidit.  moritur  Theo- 
dosio  et  Valentiniano  regnantibus  (also  J.  425—450). 

2.  Vincent,  comm.  praef.:  videtur  mihi  minimo  omnium  servorum 
dei  Peregrino  quod  res  non  minimae  utilitatis  . .  futura  sit  si  ea  quae  fide- 
liter  a  sanctis  patribus  acccpi  litteris  comprehendam.  . .  remoÜoris  villalae 
et  in  ea  secretum  monasterii  incolimus  habitaculum.  . .  cum  aliquamdia 
variis  ac  tristibus  saecularis  militiae  turbinibus  volveremur  tandem  nosin 
portum  religionis  . .  condidimus.  .  .  hac  scribendi  lege  servata  ut  nequa- 
quam  onmia,  sed  tantum  necessaria  quaeque  perstringam,  neque  id  omito 
et  exacto,  sed  facili  communique  sermone.  .  .  me  sublevandae  recordalio- 
nis  vel  potius  oblivionis  meae  gratia  Commonitorium  mihimet  parane  sof- 
fecerit.  42  in..-  exemplum  adhibuimus  sancti  concilii  quod  ante  tnenniBm 
ferme  in  Asia  apud  Ephesum  celebratum  est  vv.  cc.  BasBO  Antiodio^ 


429.    Vincentius  Lerinensb.  951 

C088.  (J.  431).  c.  40 :  iam  tempus  est  ut  pollicitum  proferamus  exemplum, 
ubi  et  quomodo  Banctorum  patrutn  sententiae  congregatae  sint,  ut  secun- 
dum  eas  . .  fidei  regula  figeretor.  quod  quo  commodius  fiat  hie  sit  iam 
huios  commonitorii  modus,  ut  cetera  quae  sequuntur  ab  alio  sumamus  ex> 
ordio.  Dieses  zweite  commonitorium  ist  aber  bis  auf  die  Becapitulation 
am  Schlüsse  (c.  41  —  43)  verloren  gegangen;  vgl.  c  41  in.:  iam  tempus  est 
ut  ea  quae  duobus  his  commonitorüs  dicta  sunt  in  huius  secundi  fine  reca- 
pitulemus.  Schluss  (c.  43):  haec  sunt  fere  quae  duobus  commonitorüs  la- 
tius  diserta  aliquante  nunc  brevius  recapitulandi  lege  constricta  sunt,  ut 
memoria  mea  .  .  prolixitatis  fastidio  non  obruatur. 

3.  Definition  des  Katholischen  c.  3:  id  quod  ubique,  quod  semper, 
quod  a  omnibus  creditum  est.  Alle  novitas  ist  daher  dem  Vinc.  verdäch- 
tig, und  ganz  nach  seinem  Sinne  das  Wort  des  Caelestinus :  desinat  inces- 
sere  novitas  vetustatem  (c.  43).  Vgl  39:  eorum  dumtaxat  patrum  senten- 
tiae conferendae  sunt  qui  in  fide  et  communione  catholica  sancte  . .  vivcntes 
. .  mori  in  Christo  fideliter  . .  meruerunt.  quibus  tamen  hac  lege  creden- 
dum  est  ut  quidquid  vel  omnes  vel  plures  uno  eodemque  sensu  manifeste, 
frequenter,  perseveranter  .  .  firmaverint,  id  pro  indubitato,  certo  ratoque 
habeatnr;  quidquid  vero,  quamvis  ille  sanctus  et  doctus,  quam  vis  episcopus, 
quamvis  confessor  et  martyr,  praeter  omnes  aut  etiam  contra  omnes  sen- 
serit,  id  inter  proprias  et  occultas  et  privatas  opiniunculas  .  .  secretum  sit. 
37:  (haeretici)  audent  polliceri  et  docere  quod  in  ecclesia  sua  .  .  ma^a 
et  specialis  ac  plane  personalis  quaedam  sit  dei  gratia,  adeo  ut  sine  uUo 
labore,  etiamsi  nee  petant  nee  quaerant  nee  pulsent,  quicumque  illi  ad  nu- 
merum  suum  pertinent  .  .  numquam  possint  offendere.  Diess  hat  offenbare 
Beziehung  auf  Augustin  de  dono  persev.  23:  falluntur  qui  putant  esse 
a  nobis,  non  dari  nobis,  ut  petamus,  quaeramus,  pulsemus.  Zu  weit  geht 
aber  Vossius,  bist,  pelag.  I,  9 :  commonitorium  adversus  Augustinum  ipsum 
vel  eos  saltem  qui  Augustini  sentcntiam  sequerentur  scripsisse  Yincentium 
cxistimamus.  Aehnlieh  Norisius  und  A.  Neander,  Eirchengesch.  II,  3.  S.  1327. 
Während  Vincentius  und  seine  Meinungsgenossen  ihre  Lehre  vetustate  de- 
fenduut  (Prosper  epist.  ad  August,  vom  J.  428  oder  429)  und  Augustins 
Prädestinationslehre  als  eine  individuelle  Neuerung  (Häresie)  bezeichneten 
(Prosper  1.  1.:  multi  qui  in  Massiliensi  urbe  consistunt  in  .  .  scriptis  quae 
adversus  Pelagianos  condidisti  contrarium  putant  patrum  opinioni  et  ec- 
clesiastico  sensui  quidquid  de  vocatiohe  electorum  secundum  dei  propositum 
disputasti)»  so  wurden  sie  selbst  von  augustinischer  Seite  als  Semipelagia- 
ner  verdächtigt.  Gegen  den  Pelagianer  Julianus  (oben  417,  4)  spricht  sich 
Vincentius  aus,  common.  40. 

4.  Ausgaben  bes.  von  G.  Calixtus  (Helmstedt  1629.  1655),  St.  Balu- 
zius  (mit  Salvianus,  Paris  1663  u.  sonst],  E.  Klüpfel  (notis  illustr.  und  mit 
78  pp.   prolegg.,  Vienn.  1809),  in  Migne's  patrolog.  L  u.  A. 

5.  Die  beabsichtigte  Schrift  über  die  Trinität  (common.  22  extr.) 
scheint  Vinc.  nicht  verfasst  zu  haben.  Dagegen  auf  seine  weitere  ßethei- 
ligung  an  d^n  pelagianischen  Streitigkeiten  deutet  die  Gegenschrift  Pro. 
spers,  betitelt  pro  Augustino  responsiones  ad  capitula  (XVI)  obiectionum 
Vincentianarum.  Aus  ähnlichem  Kreise,  obwohl  nicht  von  Vinc.  selbst,' 
stammen  die   drei  Bücher  Praedestinatus   (ed.  Sirmond,  Paris.  1643;   in 


952  ^^^  Kaiserzcit.    Fünftes  Jahrhundert. 

Migne's  Patrol.  LI  11.  p.  ö87  ff.).    Ebenso  wenig  rührt  von  Vinc.  her  cUu 
syrabolam  Quicumque.    E.  Klüpfel  p.  ö6— 71. 


430.  Ebenso  wichtig  durch  ihren  Inhalt  wie  anziehend 
durch  ihre  Form  sind  die  Schriften  des  Gründers  der  päpstlichen 
Macht,  des  römischen  Bischofs  Leo  I  (der  Grosse),  J.  440 — 461. 
Sie  bestehen  theils  aus  Festpredigten  (sermones)  theils  aus  Brie- 
fen, letztere  fast  aus  der  ganzen  Zeit  seines  Episkopats,  den 
Jahren  442-T-460.  Leo  zeigt  sich  darin  gleich  sehr  als  scharfer 
Denker  wie  gewiegter  Geschäftsmann  und  vollendeter  Stilist^ 
nicht  minder  klug  als  energisch;  in  seinen  Zielen  unerschütter- 
lich, in  den  Wegen  dazu  erfinderisch,  fein  und  wohlberechnend ; 
in  praktischen  Fragen  massvoll  und  billig,  im  Dogmatischen 
von  sicherer  Fühlung  und  das  einmal  Festgesetzte  mit  zäher 
Ausdauer  gegen  alle  Abweichungen  verfechtend,  vor  Allem  aber 
eifersüchtig  wachend  über  die  von  ihm,  in  Anspruch  genommenen 
Vorrechte.    Seine  Sprache  ist  gewandt,  rein  und  geschmackvoll. 

.  1.  Gennad.  ill.  70:  Leo,  urbis  Roroae  episcopus  (J.  440—461),  scripsit 
ad  Flavianum,  Constantinopolitanae  ecclesiae  episcopum,  adversus  Eutychen 
preabyterum  .  .  epistolam.  moritur  Leone  et  Maioriano  imperatoribus 
(10.  November  461).  Erstes  Auftreten  als  Akoluth  J.  418,  also  geboren  etwa 
395.  Jenes  Schreiben  an  Flaviauus  (Epist.  28)  über  das  Verhältniss  der 
2wei  Naturen  in  Christus  wurde  die  Grundlage  der  Beschlüsse  auf  der  Syn- 
ode von  Chalkedon  (J.  451)  und  erhielt  allmählich  symbolischen  Charakter. 
Noch  ausführlicher  ist  das  Schreiben  an  Kaiser  Leo  (Epist.  165)  vom  J.  458 
zur  Rechtfertigung  des  ersten  (und  der  Beschlüsse  von  Chalkedon)  aus 
Schrift  und  Tradition  Die  Ansprüche  des  röm.  Episkopate  auf  den  Primat 
sind  besonders  klar  ausgedrückt  Epist.  16  u.  156,  2.  Markianos  erkenot 
auch  nach  seiner  Thronbesteigung  Leo's  principatus  in  episcopatu  an  (epist 
73).  Seine  eigene  Person  hütete  sich  Leo  weislich  den  Intriken  and  ötör- 
men  der  Synoden  des  Ostens  auszusetzen.  Dagegen  verlangte  er  von  den 
Bischöfen  regelmässige  Berichte  über  alle  wichtigeren  kirchlichen  Vorgänge, 
trat  energisch  jeder  Regung  von  Selbständigkeit  (wie  von  Hilarios  Arelat. 
und  Anatolius  Cpol.)  als  ambitus  (ep.  101  —  106.  157,  4)  entgegen  und 
rief  dazu  auch  den  weltUchen  Arm  auf  (ep.  11.  24  u.  sonst). 

2.  Den  Kaisern  gegenüber  weiss  Leo  sachliche  Schärfe  mit  verbindlichster 
Form  zu  paaren;  er  entfaltet  grosse  Geschicklichkeit  und  wunderbare  Rührig- 
keit, und  versteht  sich  namentlich  auch  auf  die  kleinen  Künste  der  Diplo- 
matie. Nie  lässt  er  in  einer  vnchtigeren  Sache  ein  Schreiben  an  den  Kaiser 
abgehen  ohne  gleichzeitig  eines  an  die  Kaiserin  und  den  bei  Hof  einflass- 
reichsten  Priester  (nebst  einer  Abschrift  seiner  Briefe  an  die  Mi^estäten) 
abzusenden.  Als  es  (J.  449)  galt  den  Kaiser  Theodosius  von  seiner  Unter- 
stützung des  alexandrinischen  Bischofs  Dioskoros  und  der  sog.  Rfttiber- 
'  Synode  von  Ephesus  abzubringen  (Epist.  43  f.)  schrieb  Leo  nicht  nur  zu- 
gleich au  die  Kaiserin  Pulcheria  (45)  und  lulianus  episcopus  Goensis  {quem 


430  f.    Leo  M.     Prosper.  953 

in  Bpecolis  propter  fidem  illic  esse  constitui,  ep.  134,  2  vgl.  136,  3)  und 
andere  in  Constantinopel  vielvermögende  Männer,  sondern  Hess  überdies» 
den  Kaiser  und  die  Kaiserin  bearbeiten  durch  Schreiben  des  Kaisers  Va- 
leniinianus  (55)  und  der  Kaiserin  Galla  Placidia  (56.  58),  sowie  der  Licinia 
Eudozia  (57),  Schreiben  welche  wohl  mit  gutem  Grunde  in  die  Sammlung 
der  Briefe  Leo's  aufgenommen  sind.  Auch  unter  Markianos  bleiben  Pul- 
cheria  und  Julianus  die  Kanäle  durch  welche  Leo  auf  den  schwachen 
Kaiser  einwirkt;  einmal  (ep.  123)  wird  auch  Eudokia  mit  aufgeboten ;  unter 
Kaiser  Leo  ist  derjenige  welcher  zu  opportunae  snggestiones  bei  demselben 
aufgefordert  wird  der  Presbyter  Aetius,  und  auch  der  allmächtige  patricius 
Aspar  wird  nicht  vergessen  (ep.  153,  1).  Bezeichnend  episi  140  (J.  454) 
über  Markianos:  multis  experimentis  probavimus  eam  esse  gloriosissimi 
Augusti  fidem  ut  tunc  maxime  se  arbitretur  regno  suo  consulere  cum  prae- 
cipue  studuerit  pro  integritate  ecciesiae  laborare;  und  ep.  156,  3  an  K.  Leo 
(J.  457) :  debes  incunctanter  advertere  regiam  potestatem  tibi  non  ad  solum 
mundi  regimen  sed  maxime  ad  ecciesiae  praesidium  esse  collatam. 

3.  Das  Interesse  der  kirchlichen  Einheit  macht  den  Leo  zu  einem 
unerbittlichen  Hüter  der  orthodoxen  Lehre;  vgl.  Ep.  165,  2:  catholica  fides, 
quae  est  singularis  et  vera  cuique  nihil  addi,  nihil  minui  potest.  In  Fra- 
gen des  Lebens  aber  ist  er  von  Rigorismus  und  Pedanterie  frei ;  vgL  z.  B. 
ep.  159.  167  f.  F.  C.  Baur,  die  christl.  Kirche  im  4—6  Jahrh.  (Tübi.  1863) 
S.  114  —  116.     238-243.    246  f.    248  f. 

4.  Der  erhaltenen  sermones  von  Leo  sind  es  96,  meist  von  verstän- 
diger Kürze,  wie  auch  die  173  Briefe  von  überflüssiger  Breite  sich  fern 
halten.  Die  ersteren  verrathen  rhetorische  Schulung.  Die  Reinheit  der 
Sprache  geht  bei  Leo  nicht  bis  zur  Classicität  (spätlateinische  Worte  und 
Wendungen  wie  aliquanti  homines^  obviare,  fiducialiter,  pervasor,  suba- 
diuva,  tribulatio  sind  nicht  selten),  aber  für  diese  Zeit  ist  sie  bewunderns- 
würdig und  lässt  darauf  schliessen  dass  Leo  ein  geborener  Römer  von  gu- 
tem Hause  und  angeborenem  FormgefQhle  war. 

5.  Schriften  die  dem  Leo  mit  Unrecht  zugeschrieben  werden :  Capitula 
s.  praeteritorum  sedis  apostolicae  episcoporum  auctoritates  (aus  J.  431); 
De  vocatione  omnium  gentium;  Epistola  ad  Demetriadem,  s.  de  humilitate 
tractatus;  Sacramentarium  oder  codex  sacramentorum  vetus  romanae  ec- 
ciesiae; Breviarium  adveruus  haereticos. 

6.  Hauptausgaben  der  Werke  Leo's  von  Paschasius  Quesnellus  (Paris. 
1675.  2  Voll.  4.  Lugd.  1700.  2  Voll,  fol.)  und  cur.  P.  et  Hieron.  fratr. 
Balleriniis  (Venet.  1755  ff.  3  Voll.  fol.).  Darnach  in  Migne's  Patrol.  LIV 
— LVl.    Die  Briefe  auch  in  den  Conciliensammlungen. 

7.  Abhandlungen  über  Leo  bes.  von  Quesnelle  und  Ballerini  in  ihren 
Ausgaben.    A.  Arendt,  Leo  der  Grosse  und  seine  Zeit,  Mainz  1835. 

431.  In  dogmatischer  Beziehung  ein  eifriger  Anhänger 
Augustins  war  der  Aquitanier  Prosper,  von  welchem  wir  ausser 
Streitschriften  gegen  die  Pelagianer  und  Semipelagianer  und 
Gedichten  ähnlichen  Inhaltes  besonders  eine  Chronik  besitzen, 
welche  sich  genau  an  die  des  Hieronymus  anschliesst,  sie  vom 


954  ^ic  Kaiserzeit.    Fiinfbes  Jahrhundert. 

J.  379 — 455  n.  Chr.  fortsetzt  und  selbst  später  von  Andern  fort- 
gesetzt und  abgekürzt  worden  ist.  Das  Verzeichniss  der  Con- 
suln  vom  J.  29  n.  Chr.  an  ist  der  einzige  Bestandtheil  derselben 
welcher  aus  Quellen  geflossen  ist  die  uns  nicht  mehr  zu^mg- 
lieh  sind. 

1.  Gerniad.  ill.  84:  Prosper,  homo  aquitanicae  regionis,  sermone 
scholasticus  et  assertionibas  nervosus,  multa  composiiiBse  dicitor,  ex  qnibns 
ego  Chronica  illius  nomine  praetitulata  legi,  continentia  a  primi  hominis 
conditione . .  usque  ad  obitum  Valentiniani  Aug.  et  captivitatem  orbis  Bomae 
a  Genserico  Vandalorum  rege  factam  (ebenso  Cassiod.  div.  lect.  17).  legi 
et  librum  adversus  opuscula  sub  persona  Cassiani  (oben  428).  .  .  epistolae 
quoque  papae  Leonis  adversus  Eutychen  de  vera  Christi  incamatione  ad 
diverses  datae  et  ab  ipso  dictatae  dicuntur.  Schreiben  Prosper^s  an  Aa- 
gustin  (ignotus  quidem  facie)  vom  J.  428  oder  429,  über  die  Beste  von 
Pelagiauismus  in  Gallien,  imter  Augustin.  Epp.  225;  vgl.  ib.  226  den  ähn- 
lichen Brief  von  Prosper's  Freimd  Hilarius,  sowie  Prosper's  an  Bufinos, 
opp.  Augustini,  append.  X.  p.  109  ff.  Gleichfall«  in  Augustins  Werke  (und 
Migne's  patrol.  LI)  aufgenommen  sind  Prosper^s  pro  Augustino  responsioncs 
ad  capitula  obiectionum  Gallorum  calumniantium,  ad  cap.  obiect.  Yincen- 
tianarum  (oben  429,  3],  ad  excerpta  quae  de  genuensi  ci  vi  täte  sunt  missa, 
und  besonders  seine  Schrifb  De  gratia  dei  et  Ubero  arbitrio.  Ausserdem 
ein  Auszug  aus  Augustins  Commentar  zu  den  Psalmen  und  der  dogmatisch 
wichtigsten  Aussprüche  in  dessen  Werken.  Einen  Theil  der  letzteren  be- 
arbeitete Prosper  auch  im  elegischen  Masse  (106  Epigramme). 

2.  Prospers  Werke  herausgegeben  von  den  Benedictiuern  (Paris  1711. 
fol.)  =  Migne  LI.  Seine  Chronik  vollständig  herausgegeben  von  Labb^, 
nova  bibl.  ms.  (Paris  1657.  fol.)  und  in  Boncalli's  vetustorum  latinorom 
scriptorum  chronica  (Padua  1787.  2  Voll.  4 )  I.  p.  522  ff.  Vgl.  v.  d.  Hagen, 
observationes  in  Prosp.  Aq.  chronicon,  Amsterd.  1733.  4.  Das  Consolnver- 
zeichniss  bei  Mommsen,  d.  Chronik  des  Cassiodor  (Abhandl.  d.  sächs.  Ges. 
d.  W.  VIII  =  philol.-hist.  CJ.  III.  Leipzig  1861)  S.  661—674.  Vgl.  dort 
S.  563  f.  Anm.  S.  660  (die  Chronik  ein  „schlechtes  Machwerk").  675  f.  („im 
Ganzen  genommen  ist  diese  spätere  fromme  Chronologie  mit  einer  uns 
kaum  begreiflichen  Gewissenlosigkeit  zurecht  gemacht  worden**).  Eine  ab- 
gekürzte Bedaction  des  Schlussstückes  von  Prosper^s  Chronik  ist  der  von 
Cauisius  nach  einer  Augsburger  Hdschr.  herausgegebene  sog.  Prosper  Aa* 
gustanus. 

3.  Wie  Prosper  die  Chronik  des  Hieronymus  ausschreibt  und  fort- 
setzt, so  wurde  er  selbst  ausgebeutet  in  der  Ostertafel  des  Victorius  Aqni- 
tanius,  aus  welcher  dann  Cassiodor  in  ähnlicher  Weise  schöpfte.  Mommseo 
a.  a.  0.  S.  565.  Prosperi  Aquitani  Chronici  continuator  Havniensis;  nunc 
primum  edidit  G.  Hille,  Berlin  1866.  37  pp.  Ueber  die  Zeitzer  Ostertafel 
vom  J.  447  vgl.  Mommsen,  Abhandl.  d.  ßerl.  Akod.  1862.  S.  539  —  566. 

4.  Prosper  verfasste  ferner  ein  didaktisches  Gedicht  de  ingratis  in 
vier  Theilen  (zusammen  von  1002  Hexametern),  geschrieben  ums  J.  490,  bei 
Lebzeiten  Augustins  (v.  90  ff.),  und  gerichtet  gegen  das  dogma  quod  . .  pe- 
stifero  vomuit  coluber  sermone  Britannus  (Pelagius).  Vgl.  693.  piaet  1  if.: 


*i!-i 


431.    ProBper  Aquit.  u.  A.  955 

unde  volantatis  sanctae  subsistat  origo,  unde  animis  pietas  insit  et  unde 
fides  Adversam  ingratos  (die  göttL  Gnade  nicht  anerkennend)  falsa  et  vir- 
tute  (Werkheiligkeit]  superbos  centenis  decies  versibus  ezposui.  Der 
trockene  Stoff  ist  mit  Lebendigkeit,  Eifer  und  in  einer  Form  behandelt 
welche  zwar  die  feineren  Gesetze  über  Cäsur,  Verschleifung  u.  s.  w.  nicht 
befolg^  wohl  aber  (mit  seltenen  Ausnahmen,  wie  aliud  239)  die  ordinären, 
und  von  Kenntniss  auch  heidnischer  Dichter  sowie  rhetorischer  Bildung 
zeugt.  Archaismen  wie  nascier  (10)  und  mage  (962)  nach  Versbedürfniss. 
Ausserdem  zwei  Epigramme  (im  elegischen  Mass)  wider  einen  literarischen 
Gegner  Augustins  und  Vertheidiger  der  menschlichen  Willensfreiheit,  sowie 
ein  Epitaph  auf  die  (augeblich  engverwandte)  nestorianische  und  pela- 
gianische  Häresie.  Vorwort  der  106  dogmatischen  Epigramme  (s.  A.  1  E.): 
Dum  sacris  mentem  placet  exercere  loquelis  . .  quosdam  ceu  prato  libuit 
decerpere  flores  distiuctisque  ipsos  texere  versiculis.  üeber  Pr.  vgl.  P. 
Papencordt,  vandal.  Herrschaft  (1837)  S.  356—368. 

6.  Unter  den  mit  zweifelhaftem  Rechte  dem  Prosper  Aquit.  zuge- 
schriebenen Arbeiten  ist  besonders  erwähnenswerth  ein  Gedicht  worin  der 
Redende  seine  Gattin  ermahnt  sich  mit  ihm  ganz  Gott  zu  weihen.  Es  be- 
ginnt mit  16  zierlichen  Anakreonteeu  in  4  Strophen  (auch  bei  Beda  p.  2379 
P.  und  Wernsdorf  poetae  lat.  min.  III.  p.  413  f.)  und  verläuft  dann  im 
elegischen  Masse  (1 16  Verse).  Sodann  ein  Lehrgedicht  de  Providentia  divina 
(v.  97—972),  mit  Einleitung  (v.  1—96)  im  elegischen  Masse,  üebergang  (96  f.) : 
at  nc  sermo  moram  patiatur  ab  impare  versu,  heroi  numeris  porrige  penta- 
metrum.  Dass  es  von  Prosper  Aq.  nicht  herrührt  beweist  schon  seine  ent- 
schieden pelagianische  Haltung.  Vgl.  z.  B.  238  ff.:  quia  liber  homo  et 
sapiens  discemere  rectis  prava  potest,  in  se  intus  habens  discrimina  re- 
rum  iusque  voluntatis,  quo  temperat  arbitrium  mens.  664  ff.  u.  sonst.  Die 
Darstellung  ist  gewandt,  correct,  aber  breit  und  oft  trivial. 

6.  Andere  christliche  Prosaiker  der  Zeit  von  welchen  uns  Schriften 
in  lateinischer  Sprache  erhalten  sind.  Maximus,  Bischof  von  Turin  um  420, 
von  welchem  118  homiliae,  116  sermones  und  6  tractatus  bei  Migne  LVII. 
Patricius  (geb.  bei  Glasgow,  ursprunglich  Succath  genannt),  der  be- 
kannte Irenapostel  (St.  Patrik),  Verfiisser  einer  confessio  (bei  Migne  Llll. 
p.  801— -814),  von  Briefen  u.  A.  (ib.  p.  814—838).  Turribius  Asturicensis 
(seit  447  Bischof),  Verfasser  eines  Schreibens  an  die  Bischöfe  Idacius  und 
Ceponius  gegen  die  Apokryphen  und  die  Priscillianisten,  abgedruckt  hinter 
Leo's  epist.  15  (Migne  LIV.  p.  693  —  696).  Leo  Bituricensis  (Bischof  von 
Bourges),  von  welchem  sich  gleichfalls  ein  Schreiben  an  die  Bischöfe  der  pro* 
vincia  III  Lugd.  (Turonica)  unter  den  Briefen  Leo's  d.  Gr.  findet  (Migne  LIV). 

7.  Christliche  Prosaiker  des  Westens  ungefähr  aus  dieser  Zeit,  de- 
ren Schriften  nicht  erhalten  sind.  Syagrius  (Gennad.  ill.  66);  Pauliuus 
(ib.  68);  Asclepius  Afer,  in  baiensi  territorio  episcopus  (ib.  73);  Pau- 
lus presbyter,  natione  . .  Pannonius  (ib.  76);  Pastor  episcopus  (ib.  76); 
Victor,  Cartennae  Mauritaniae  civitatis  episcopus  (scripsit  adversus  Aria- 
nes librum  unum  longum,  quem  Genserico  reg^  .  .  obtulit  etc.,  ib.' 
77);  Voconius,  Castellani  Mauritaniae  oppidi  episcopus  (ib.  78);  Mnsaeus, 
Massiliensis  ecclesiae  presbyter  (moritur  Leone  et  Maioriano  regnantibus, 
ib.  79);  Vinceutius  presbyter,  et  ipse  natione  Gallus  (linguam  habens  usu 
loquendi  et  maiore  lectione  politam,  ib.  80). 


956  ^^^  Kaiserzeit.    Fünftes  Jahrhnudcrt. 

8.  DictiDÜ  tractatuB  quoB  secundum  Priscilliani  dogma  couecripsil 
ervräbnt  Leo  epist.  15,  16. 

9.  Gregor.  Tur.  bist.  Franc.  II,  8:  quid  de  Aetio  . .  Renati  Frigeiidi  nar- 
rat  Historia.  . .  cam  in  duodecimo  Historiarum  libro  referat . .  adicit.  Vgl. 
ib.  9:  Renatas  Profuturus  Frigeridus,  cam  Romam  refert  a  Gothis  captam 
atqae  subversain,  ait.    Beide  Male  folgen  längere  Anföhrangen. 

432.  Im  Jahre  438  wurde  nach  neunjähriger  Vorbereitung 
durch  eine  Commission  der  codex  Theodosianus  fertig,  eine 
amtliche  Sammlung  der  von  den  Kaisern  seit  Constantin  er- 
lassenen Verfügungen  (ins  principale).  Er  besteht  aus  sechszehn 
Büchern,  welche  eine  sachliche  Ordnung  befolgen,  während  in- 
nerhalb der  einzelnen  Titel  die  kaiserlichen  Verordnungen  nach 
ihrer  Zeitfolge  aufgeführt  sind.  Im  ostromischen  Reiche  galt 
die  Sammlung  mit  ihren  Nachträgen  (novellae  leges)  bis  sie  in 
die  justinianische  verarbeitet  wurde;  im  Westen  wurde  sie  bald 
verkürzt,  und  das  erste  Drittel  ist  fast  nur  in  solcher  Abkür- 
zung auf  uns  gekommen. 

1.  Aas  dem  Einfübrungsgesetz  des  Cod.  Tbeod.  vom  15.  Febr.  438: 
clectis  viris  nobilibas  exploratae  fidei,  famosae  doctriuae,  qaibus  delegata 
causa  civilis  officii,  . .  retro  principam  scita  volgavimus,  ne  iansperitoram 
ulterius  severitate  meutita,  dissimalata  scientia,  velat  ab  ipsis  adytis  ex- 
pectarentur  formidanda  responsa.  (3.)  qaam  ob  rem  detersa  nube  volumi- 
num  in  qaibus  multorum  nibil  explicantium  aetates  attritae  sunt  compen- 
diosam  divalium  constitutionam  scientiam  ex  d.  Constantini  temporibas  ro- 
boramus,  uulli  post  kal.  lan.  (439)  concessa  licentia  ad  forum  et  quoti- 
dianas  advocaüones  ius  principale  deferre  vel  litis  instrumenta  componere 
nisi  ex  bis  videlicet  libris,  qui  in  nostri  nominis  vocabalum  iransierunt  et 
sacris  babentur  in  scriniis.  (7.)  longimi  est  memorare  quid  in  huius  con- 
summationem  negotii  contulerit  vigilüs  suis  Anüocbus  .  .  expraef.  et  cos., 
quid  Maximinus,  .  .  Martyrius,  quid  etiam  Sperantius,  ApoUodorus,  Tbeo- 
dorus,  .  .  quid  Epigenes,  .  .  Procopius.  Aus  dem  Protokoll  des  römischen 
Senats  vom  J.  438:  cum  .  .  banc  quoque  orbi  suo  . .  d.  n.  Theodosius  adi- 
cere  voluit  dignitatem  ut  in  unum  collectis  legum  praeceptionibus  sequenda 
per  orbem  XVI  librorum  compendio,  quos  sacratissimo  suo  nomine  voloit 
consecrari,  constitui  iuberet.  Aus  der  Verordnung  vom  J.  429  (cod.  Tbeod. 
I,  1,  5):  Ad  similitudinem  Gregoriani  atque  Uermogeniani  codicis  cunctas 
colligi  constitutiones  decemimus  quas  Constantinus  inclitus  et  post  eam 
divi  principes  nosque  tulimus  edictorum  viribus  aut  sacra  generaUtate  sab- 
nixas.  . .  sed  cum  simplicius  iustiusque  sit  praetermissis  üs  quas  posteriores 
infirmant  explicari  solas  quas  valere  conveniet,  bunc  quidem  codicem . . 
cognoscamus  etc.  ad  tauti  consummationem  operis  et  contexendos  Codices 
(quoram  primus  omni  generali  um  constitutione  collecta  nullaque  extra  le 
quam  iam  proferre  liceat  praetermissa  inanem  verborum  copiam  recosabit, 
alter  omni  iuris  diversitate  exclusa  magisterium  vitae  suscipiet)  deligendi 
viri  sunt  singularis  fidei,  limatioris  ingenii.    .  .  Antiocbom  v.  i.  exqoaesi. 


432.    Codex  TheodosianuB.  957 

et  praef.  elegimus,  Antiochura  v.  i.  quaestorem  s.  pal.,  Theodornm, .  .  Eu- 
didam  et  Eusebium,  loannem,  ..  Comazontem  atque  Eubulum,  ..  et 
Apellem,  virum  disertisBimum,  scholaBticum.  hos  a  nostra  perennitate 
electOB  eruditisBimum  quemqae  adhibituroB  esse  confidimus  etc.  Cod. 
Th.  I,  1,  6  (J.  435):  omnes  edictaleB  generalesque  coustitutioneB  vel  in  certiB 
proyincÜB  Beu  locis  valere  aut  propoui  iuesae  quas  divuB  ConBtantinuB  po- 
sterioreBque  principes  ac  nos  tulimus  indicibus  rerum  titulis  distiiiguantur, 
ita  ut  non  solum  consulum  dierumque  Bupputatione  Bed  etiam  ordine  com- 
poBitionis  apparere  poBBint  noviBBimae.  . .  (1.)  quod  ut  brevitate  constri- 
ctum  claritate  laceat  aggrcBBuriB  hoc  opus  et  demendi  Bupervacanea  verba 
et  adicicDdi  ueceBsaria  et  mutandi  ambigua  et  emendandi  incongrua  tri- 
buimus  potestatem.  (2.)  contextores  huius  TheodoBiani  codicis  Antiochus 
.  .  consularis,  Eubulus^  .  .  MaximinuB,  .  .  Sperantius,  MartyriuB,  Alipius, 
SebastianuB,  ApoUodorus,  Tbeodorus,  Oron,  .  .  Maximus,  EpigencB,  Diodo- 
rus,  ProcopiuB,  .  .  Erotius,  . .  Neuterius. 

2.  Buch  1—5  enthält  das  ius  ordinarium  in  der  Ordnung  des  Edicts, 
das  Weitere  aber  das  ius  extraordinarium  und  novum,  und  zwar  ß.  6— 8 
neues  Staatsverwaltungsrecht ,  B.  9  Strafrecht,  B.  10  f.  Fiscalrecht,  B.  12 
— 15  Gemeinde -Verfassung  und  -Verwaltung,  B.  16  Kirchenrecht. 

3.  Epitomiert  ist  der  cod.  Theod.  in  der  westgothischen  lex  romana, 
und  noch  im  saec.  VII  wurde  er,  wahrscheinlich  auf  der  Rechtsschule  zu 
Ravenna,  summiert.  Antiqua  summaria  codicis  Theod.  ed.  G.  Haenel, 
Lips.  1834. 

4.  Die  älteste  Ausgabe  (von  Sichard,  Basil.  1528  fol.)  gibt  nur  den 
cod.  Th.  epitomatus.  Sie  wurde  für  B.  1— 8  vervollständigt  und  zugleich 
B.  9 — 16  erstmals  herausgegeben  (aus  cod.  Vat.)  durch  J.  Dutillet  (lo. 
Titius,  Paris  1550).  Weitere  Vervollständigung  und  erste  Herausgabe  von 
VI,  2  ff.  VII  u.  VIII  durch  Cuiacius  (Lugd.  1566.  Paris  1686  fol.).  Codicis 
Theod.  fragmenta  inedita  ex  cod.  palimpsesto  bibl.  reg.  Taurin.  Athenaei 
(vgl.  oben  380,  4)  in  lucem  protulit  atque  ill  Am.  Peyron,  Turin  1823.  4. 
Theod.  codicis  genuini  fragmenta  ex  membranis  bibl.  ambrosianae  Mediol. 
nunc  primum  ed.  W.  F.  Cloasius,  Tubing.  1824.  Th.  cod.  genuina  fra- 
gmenta ed.  E.  Pugge,  Bonn.  1825.  Codicis  Th.  libri  V  priores  ed.  C.  F.  C. 
Wenck,  1826.  Vierzehn  von  Peyron  übersehene  rescribierte  Blätter  nach- 
getragen von  Carlo  Baudi  a  Vesme,  Turin  1839  ff. 

5.  Ausgabe  mit  dem  reichen  Commentar  von  Jak.  Gothofredus  (opus 
postumum)  in  6  Voll.  Lugd.  1655  fol.  Ed.  nova  .  .  collata  cum  ms.  Würce- 
burg.  cur.  I.  D.  Ritter,  6  Voll.  Lips.  1736 — 1745  fol.  Kritische  Hauptaus- 
gabe: codex  Theod.  ad  LIV  librorum  ross.  et  priorum  editionum  fidem  re- 
cogn.  et  annot  crit.  instruxit  G.  Haenel,  Bonn.  1837 — 1842.  XLVIll  u. 
1715  pp.  4. 

6.  üeber  den  cod.  Th.  s.  Zimmern,  Gesch.  d.  röm.  Privatr.  I,  1.  S, 
165—172.    Rudorft',  röm.  Rechtsgesch.  I.  S.  277—280. 

« 

7.  Cod.  Th.  1,  1,  6,  3  (J.  435):  nuUum  extra  se  novellae  constitu- 
tionis  locum  relicturi  nisi  quae  post  editionem  huius  fuerit  promulgata. 
Diese  späteren  Gesetze  sollten  von  jedem  der  beiden  Höfe  (in  Rom  und 
Constantinopel)  dem  andern  zugesandt  und  von  diesem  publiciert  werden. 


958  I)i6  Kaiserzeit.    Fünftes  Jahrhundert. 

Wirklich  wurden  J.  447—472  oströmische  Novellen  nach  Born  gesandt  und 
dort  veröffentlicht,  während  weströmische  nach  J.  438  im  cod.  lust  sich 
nicht  finden.  Sammlung  der  Novellen  von  Theodosios  II,  Valentinian  III, 
(Maximus,)  Mardanus,  Maiorianus,  Severus  und  Anthemius,  in  sechs 
Abtheilungen  unter  Titelrubriken,  theils  in  der  westgothischen  Verkürzang 
theils  in  der  ursprünglichen  Fassung:  nunc  primum  ed.  P.  Pithoeus  (Paris. 
1571.  4.  u.  sonst).  Vermehrungen  durch  Cujacius,  Zirardinns,  Amadutiiis. 
Vollständige  kritische  Ausgabe  von  G.  Uäuel,  novellae  constitutiones  im- 
peratorum  Theodosii  II  etc.  ad  librorum  mss.  et  editionum  fidem  recogn. 
et  annot.  crit.  instr.,  Bonn.  1844  (im  Bonner  corp.  iur.  anteiust.). 

8.  Die  21  sogen.  Sirmondschen  Constitutionen  (J.  Sirmond,  appendii 
codicis  Theod.  novis  constitutionibus  cumulatior,  Paris  1631  u.  sonst)  sind 
kirchenrechtlichen  Inhalts  und  rühren  von  Constantin  u.  a.  Kaisern  saec.  IV 
her.  Sie  stammen  aus  einer  in  Gallien  J.  581  —  720  entstandenen  chrono- 
logischen Sammlung,  welche  den  dortigen  Concilienbeschlüsseu  angehängt 
war,  und  sind  schon  durch  eine  Hds.  saec.  VIII  überliefert.  G.  Uänel,  de 
constitutionibus  quas  Jac.  Sirmondus  edidit,  Lips.  1840,  und  im  Bonner 
Corpus  iur.  anteiust.  IL  p.  405—480. 


433.  Nach  Veröflfentlicliung  des  codex  Theodosianus,  aber 
vielleicht  noch  vor  Theodosius'  II  Tode  (J.  450),  in  Gallieii 
verfasst  ist  die  sogenannte  Consultatio,  Privaigutachten  eines 
oder  mehrerer  Bechtsgelehrten  auf  Anfragen  von  Sachwaltern, 
unter  wörtlicher  Anführung  von  Gesetzesstellen  aus  dem  codex 
Gregorianus,  Hermogenianus  und  Theodosianus; 

1.  Erster  Herausgeber  J.  Cuiacius  (Paris.  1577)  nach  einer  Abschrift 
der  einzigen  (seitdem  verloren  gegangenen)  Hds.  von  A.  Loisel.  Spätere 
Ausgaben  von  Schulting  (lurisprud.  p.  818  ff.),  Biener  (lus  dv.  ant.  p. 
1477  ff.),  Pugg^  (im  Bonner  Corp.  iur.  ant.  p.  391—408)  und  Huschke 
(iurisi^r.  anteiust.*  p.  725— 747). 

2.  A.  F.  Rudorff,  über  die  Entstehung  der  Cousult.,  Zeitschr.  für  ge- 
schieht!. Rechtswiss.  XIII.  S.  50—66.  Vgl.  Huschke  1.  1.  p.  722—725. 

3.  Die  Schritt  zerfällt  in  drei  Theile  (c.  1-3,  4—6,  7—9),  deren 
jeder  wiederum  mehrere  Anfragen  umfasst.  Die  Belegstellen  sind  (wie  in 
der  lex  rom.  Burgund.)  ausser  den  drei  Codices  lediglich  aus  Paulus  sen- 
tentiae  (oben  355,  3)  geschöpft,  und  zwar  vor  deren  Epitomierung.  Die 
lex  romana  Visigoth.  (und  Burgund.)  wird  noch  nicht  erwähnt.  Verfasser 
unbekannt.  Für  die  Abfassung  bei  Lebzeiten  von  Theodosius  II  spricht 
(Rudorff)  c.  7,  3  (Pauli  iuridici,  cuius  sententias  sacratissimorum  priudpum 
scita  semper  valituras  ac  divalis  constitutio  declarant)  die  ünterlassong 
der  Nennung  seines  Namens  (sacrat.  princ),  ob  nun  ac  divalis  constitatio 
auf  die  Constantin's  (cod.  Theod.  I,  4,  2)  vom  J.  327  hindeutet  oder  (mit 
Huschke  p.  739,  not.  1)  perinde  ac  div.  const.  (semper  valet)  erklärt  wird. 
Die  übrigen  Gründe  von  Huschke  (p.  723  f.)  scheinen  damit  nicht  vat- 
vereinbar. 


433  f.    Consultatio.    Merobaades  u.  A.  959 

4.  Erste  Anführung  der  Schrift  darch  Ivo  von  Chartres  (J.  1090 — 1116) 
Decret.  16,  201. 

5.  Ueber  die  libri  coloniarum  (ungefähr  ums  J.  450]  b.  oben  321,  4. 

434.  Unter  den  christlichen  Dichtern  der  Zeit  hat  der 
auch  als  Kriegsmann  tüchtige  Rhetor  Merobaudes  aus  Spa- 
nien, von  welchem  früher  nur  ein  kurzes  Gedicht  auf  Chri- 
stus bekannt  war,  durch  neuerdings  entdeckte  Gedichte  ge- 
schichtlichen Inhalts,  besonders  auf  Aetius,  an  Werth  gewon- 
nen. Der  Ton  derselben  ist  hochtrabend,  die  Form  correct. 
An  des  Claudius  Marius  Victor  Versification  des  Inhaltes  der 
Genesis  in  drei  Büchern  ist  Rechtgläubigkeit  und  Versbau 
untadelig;  anziehender  ist  aber  sein  Brief  an  den  Abt  Salomo, 
worin  die  Sitten  seiner  Zeit,  bei  beiderlei  Geschlechtem,  satirisch 
gezeichnet  werden.  Vielleicht  aus  derselben  Zeit  ist  auch  das 
commonitorium  des  Orientius,  zwei  Bücher  im  elegischen 
Masse,  worin  zu  einem  christlichen  Lebenswandel  ermahnt  wird. 

1.  Inschrift  aus  Rom  (Orelli  1183)  vom  J.  435:  PL  Merobaudi  v.  s. 
com.  SC.  Darauf:  FI.  Merobaudi  aeque  forti  et  docto  viro,  tarn  facere  lau- 
danda  quam  aliornm  facta  laudare  praecipuo,  castrensi  experientia  claro, 
facundia  vel  otiosorum  studia  supergresso,  cui  a  crepundiis  par  yirtutis  et 
eloquentiae  cura  ingenium  ita  fortitudini  ut  doctrinae  natum  stilo  et  gladio 
pariter  exercuit,  nee  in  umbra  vel  latebris  mentis  vigorem  scholari  tantum 
otio  torpere  passus  inter  arma  litteris  militabat  et  in  Alpibus  acuebat  ^o- 
quium.  ideo  illi  cessit  in  praemium  .  .  imago  aere  formata.  .  .  quod  huie 
quoque  cum  Augustissimis  Roma  principibus  Theodosio  et  Pladdo  Valen- 
tiniano  rerum  dominis  in  foro  Ulpio  detulerunt,  remuuerantea  in  viro  anti- 
quae  nobilitatis  novae  gloriae  vel  industriam  militarem  vel  Carmen,  cuius 
praeconio  gloria  triumfali  crevit  imperio.  Vgl.  Sidon.  carm.  IX  (ad  Felic), 
293  ff. :  sed  nunc  terüus  ille  non  legetur  Baetin  qui,  patrium  solum,  relin- 
quens  undosae  petiit  sitim  Raveunae,  plosores  cui  fulgidam  Quirites  et 
carus  popularitate  princeps  Traiano  statuam  foro  locarunt.  Die  Ausdrücke 
zeugen  von  Eifersucht  und  übler  Laune.  Merobaud.  carm.  5  praef.:  pro 
his  me  laudibus  tuis  (des  Aetius)  Roma  cum  principe  victuro  aere  forma- 
vit,  pro  his  denique  nuper  ad  honoris  maximi  (Gonsulat)  nomen  . .  Impe- 
rator evexit.  .  .  vel  ego  vel  alii  qui  in  hac  dicendi  professione  sunt.  . .  de- 
latus  ego  in  . .  sinum  qua  Salonas  usque  pelagus  illabitur  nactus  sum 
queudam  qui  etc. 

2.  Merobaudis  Hispani  scholaetici  carmen  de  Christo  (30  Hexameter) 
z.  B.  bei  Migne  patrol.  LXI.  p.  972  f.  und  in  den  Ausgaben  des  Claudianus 
(Nr.  XCVIII  bei  Gesner),  daher  Niebuhr  auch  ib.  XCV  (carmen  paschale, 
sonst  dem  Damasus  beigelegt)  und  XCIX  (miracula  Christi)  dem  Merob. 
zutheilt. 

3.  J.  1823  entdeckte  B.  G.  Niebuhr  in  einem  codex  rescriptus  dei 
St.  Galler  Bibliothek  meist  trümmerhafte  Ueberrestc  von  Gedichten  die  er 


960  I^i^  Kaiserzeifc.    Fünftes  Jahrhundert. 

durch  Combiaation  als  solche  des  Merob.  erkannte  und  herausgab  (St. 
Gallen  1823,  Bonn  1824;  darnach  W.  E.  Weber,  corpus  poett.  latt.  p.  1367 
— 1370).  Darauf  von  I.  Bekker  (mit  Corippus)  im  Corp.  Script,  byzant. 
(Bonn  1836),  vgl.  C.  F.  Heinrich  im  Khein.  Mus.  11.  S.  532  —  543.  Die 
Schrift  der  acht  Blätter  ist  ganz  ähnUch  der  des  Gajus  in  Verona.  Das 
erste  Bruchatück  besteht  aus  23  elegischen  Versen  und  preist  die  beim  Mahle 
versammelte  kaiserUche  FamiUe  (von  Valentinian  111);  fr.  2  (7  DisticheD) 
dieselbe  in  einer  Villa;  fr.  3  (vier  unvollständige  Distichen)  hat  die  üeber- 
Schrift  (Vi)ridiari8  viri  inl.  Fausti  (Cos.  438?).  Von  c.  4  sind  46  Hendeka- 
syllaben  auf  den  zweiten  Geburtstag  des  Söhnchens  von  Aetius  erhalten. 
Carm.  5  ist  ein  Panegyricus  auf  das  dritte  Consulat  des  A^tiu«  (J.  446), 
mit  einem  längeren  Vorwort  in  Prosa.  Von  dem  Panegyricus  selbst  sind 
197  Hexameter  entziffert. 

4.  Das  Lob  ist  bei  Merob.  überall  stark  aufgetragen.  Die  Darstellung 
hat  die  Correctheit  und  Eleganz  des  Claudianus,  aber  ohne  seine  Leich- 
tigkeit. Zum  sachlichen  Inhalt  vgl.  A.  Hansen,  de  vita  AStii  (Dorpat  1840} 
U.  p.  24  ff.    G.  Wurm,  de  rebus  gestis  AStii  (Bonn  1844). 

5.  Des  Claudius  Marius  Victor  Identität  mit  Victorinus  (oben  428, 
4)  ist  zweifelhaft.  Weder  ^iue  Widmung  an  Aetherius  ist  erkennbar  noch 
Fortführung  bis  zum  Tode  des  Abraham.  Auch  der  Semipelagianismiu, 
wie  man  ihn  von  einem  Massilioten  dieser  Zeit  erwarten  sollte,  tritt  nicht 
auffallend  hervor  (arbitriumque  sui  largitus  es  omuibus,  I  praef.)  Die  drei 
Bücher  über  die  Genesis  schliessen  sich  eng  an  deren  Inhalt  an,  mit  van- 
ständlicher  Rhetorik.  Pars  prima  (1,  38)  behandelt  die  Schöpfungsgeschichte 
bis  zum  Sündenfall,  B.  II  dessen  Folgen  bis  zur  Sintflut,  B.  III  deren 
Ende,  Thurmbau,  Abraham,  Sodoms  Untergang.  Der  Verf.  legt  den  Haupt- 
werth  auf  seine  Orthodoxie.  Vgl.  praef.  9  fin. :  quod  si  lege  metri  quidquam 
peccaverit  ordo,  peccavit  sermo  improprius  sensusque  vacillans,  hinc  nullum 
fidei  subeat  mensura  periclum.  II ,  1  f. :  hac  tenus  . .  primordia  mundi,  ut 
sincera  fides  docuit,  sine  fraude  cucurrL  Pädagogischer  Zweck;  praef.: 
te,  deus  alme,  precor, . .  linguas  nobis  infunde  disertas,  dum  teneros  formare 
animos  et  corda  paramus  ad  verae  virtutis  iter  puerilibus  annis. 

6.  Der  Brief  an  den  Abt  Salomon  besteht  aus  105  Hexametern.  Zeit- 
andeutungen: agris  .  .  barbarus  incumbit  (10  ff.).  .  .  si  quid  vastavit  Sar- 
mata,  si  quid  Vandalus  incendit  veloxque  abducit  Alanus  (18  f.).  si  falcem 
verbi  cordi  imprimeremus,  .  .  nee  uos  riphaei  prostemeret  arcus  Alani  uec 
servile  etiam  subverteret  omnia  bellum  et  qui  nunc  nostra  grassantur  clade 
superbi.  Am  männlichen  Geschlechte  wird  besonders  die  materielle  Rich- 
tung getadelt  (nil  sanctum  est  nobis  nisi  quaestus  etc.  34),  am  weibUchen 
die  Putzsucht  (si  gravis  ignotis  processit  Lesbia  gemmis,  .  .  confestim  or- 
natum  sibi  quaeque  exposcit  eundeni,  60  ff.),  aber  für  alle  ihre  Fehler  die 
Männer  verantwortlich  gemacht.  Paulo  et  Salomone  relicto  quod  Maro 
cantatur  Phoenissae  (Dido)  et  Naso  Corinnae,  quod  plausum  accipiunt  lyra 
Flacci  aut  scena  Terenti,  nos  horum,  nos  causa  sumus  (72  ff.),  cur  infeüx 
in  culpa  est  femina  tautum,  cum  placeat  stolido  coniux  vitiosa  marito? 
(79  f.)  Heil  sieht  der  Verfasser  nur  in  Zunahme  des  christlichen  Sinnei» 
wie  er  sich  z.  B.  bei  dem  Abte  finde. 

7.  Ausgabe  des  Victor  von  .To.   Gagneius  (Lugd.  15.16.  Paris.  VM) 


434.     Victor.     Orientius.  961 

und  daraus  in  G.  Fabricius'  (p.  307  ff.)  und  Maittaire's  (II.  p.  1567  ff.)  corpus  poe- 
tarura  latt.,  sowie  iii  patrisüscben  Sammlungen  (z.  B.  Migne  LXI.  p.  937—971). 

8.  Schluss  (subscriptio)  des  commonitorium :  ut  peccatores  vincens 
Orientius  omnes  sanctorum  veniam  promerear  precibus.  Venant.  Fort, 
de  vit.  Mart.  I,  17:  paucaque  perstrinxit  florente  Orientius  ore.  Also  jeden- 
falls vor  dem  sechsten  Jahrb.  Dazu  die  Zeitscbilderung  im  commonit.  II, 
165  ff'.,  z.  B.:  respice  quam  rapÜm  totum  mors  presserit  orbem,  quantos 
vis  belli  perculerit  populos.  .  .  (171  f.)  non  cava,  non  etiam  metuendts 
sub  rupibus  antra  ludere  barbaricas  praevaluere  manus.  (181  ff.)  per  vicos, 
villas,  per  rura  et  compita  .  .  mors,  dolor,  excidium,  strages,  incendia, 
luctua  uno  fumavit  Gallia  tota  rogo.  Selbstbekeuntniss  I,  405  f. :  non  igna- 
rus  enim  miseris  succurrere  quaero,  omnia  perpessus  quae  fugienda  loquor. 
Daher  ist  glaublich  was  die  Acta  sanctorum  der  BoUandisten  aussagen:  b. 
Orientium,  mundanae  lubricitatis  squalore  deposito,  se  totum  casta  mente 
divinae  maiestati  devovisse  et  . .  pontificalis  Auxio  civitate  cathedrae  digni- 
tatem  ascendisse.  Er  habe  im  Auftrage  des  in  Tolosa  residierenden  Theode- 
rich hochbejahrt  eine  Sendung  an  Aetius  und  Litorius  übernommen  (um  J.  439). 

9.  B.  I  des  commonit.  besteht  aus  618,  II  aus  418  elegischen  Versen. 
Der  Gedankengang  ist  wenig  klar.  Die  einzelnen  Fehler  (wie  Neid,  Hab- 
gier, Eitelkeit)  werden  abgehandelt,  besonders  lebhaft  die  Lockungen  der 
Liebe  (I,  407  ff'.),  die  ebrietas  (II,  51  ff.)  besprochen,  der  Gedanke  an  den 
Tod  und  die  Vergeltung  im  Jenseits  ausgemalt  (II,  185  ff.  273  ff.).  In 
letzterem  werden  z.  B.  die  monachi  (II,  338)  besonders  bedacht.  Proso- 
dische Willkürlichkeiten  (wie  ibi  als  Spondeus,  posses,  eremo,  millesimus) 
sind  nicht  selten,  Manches  auch  corrupt  (wie  II,  227:  cumque  tua  hodie 
stringat  assidua  sitis).    Vgl.  A.  10. 

10.  Angehängt  sind  dem  commonit.  in  den  Ausgaben  7  Hexameter  de 
nativitate  domini,  5  Distichen  mit  Namen  Christi  (z.  B.  hostia,  lex,  ratio, 
virga,  pIscTs,  aquila),  179  Hexameter  de  trinitate  (v.  1:  quod  fuit  a  saeclis 
quodque  est  in  saecla  seclorum);  181:  cmcifixe,  paracllte,  Christe).  Darauf 
incipiunt  orationes  Orientii  XXIV  in  (spondeenreichen)  iambischen  Senaren, 
wovon  aber  nur  das  erste  und  das  letzte  erhalten  ist;  jenes  35  Verse,  durch 
den  Refrain  Amen  sonamus,  alleluia  dicimus  in  7  Strophen  abgetheilt, 
dieses  beginnend:  postremo  dico  deprecandi  canticum.  id  facio  quantum 
per  viginti  cantica.  sed  ne  quis  audaz  interpellet  quidpiam:  anguem  raa- 
gistrum  falsitatis  increpo  ut  non  adiciat  sive  demat  litteram.  Letztere  bei- 
den Verse  dienen  dann  als  Refrain  des  corrupt  erhaltenen  Gedichts,  das 
schliesst  mit  den  trochäischen  Tetrametem:  Dens  sancte,  te  rogamus  patrem 
unigeniti;  Christe  deus,  te  precamur  vivum  dei  filium;  Sancte  Christe,  te 
obsecramua  indicem  verum  dei. 

11.  Ausgaben  des  Or.  von  M.  A.  Delrio  (Antverp.  1600),  A.  Riviuus  (Lips. 
1651),  E.  Martene  (Rotomag.  1700.  4.),  H.  L.  Schurtzfleisch  (Vitemberg.  1706. 
4.)  und  in  den  patristischen  Sammelwerken,  z.  B.  von  Migne  LXI.  p.  974—1006. 

12.  Ap.  Sidon.  carm.  9,  274—285:  nee  (hie  tibi  legetur)  qui  iam  pa- 
tribus  fuere  nostris  primo  tempore  maximi  sodales.  quorum  unus  Boni- 
facium  secutus  nee  non  praecipitem  Sebastianum  natalcs  puer  horruit  Ca 
dm-cos,  plus  Pandionias  amans  Athenas.  cuius  si  variura  legas  poema  (in 
griechischer  Sprache?),  tum  Phoebum  . .  sonare  coUato  raodulamine  arbitveris. 

Teuffei,  röm.  Literaturgeschichte.  (31 


■■"T'rn 


962  I^iö  Kaiserzeit    Fünftes  Jahrhundert. 

13.  Ap.  Sidon.  carm.  9,  286 — 292:  non  tu  hie  nunc  legeris  tuomqae 
fulmen,  o  dignissime  Quintianus  alter,  spernens  qui  Ligurum  solum  et 
penates  mutato  lare  Gallias  amasti,  inter  classica  signa,  piia,  turmas,  laa- 
dans  Aetiuin  vacansque  libro,  in  castris  hedera  ter  aoreatus. 

436.  Noch  vor  der  Mitte  des  Jahrh.  verfasst  sind  die  Schrif- 
ten die  wir  von  dem  gallischen  Presbyter  Salvianus  besitzen: 
vier  Bücher  gegen  die  Habgier,  ein  Werk  von  acht  Büchern 
worin  zur  Rechtfertigung  des  Vorsehungsglaubens  das  Unglück 
der  Zeit  als  ein  wohlverdientes  göttliches  Strafgericht  erwiesen 
wird,  und  neun  Briefe.  Alle  diese  Schriften  sind  werthvoll  als 
lebendige  und  in  ihrer  Art  gutgeschriebene  Zeitbilder,  obwohl 
nicht  frei  von  rhetorischer  Uebertreibung  und  Weitschweifigkeit 

1.  Gonnad.  vir.  ill.  67:  Salvianus,  Massiliensb  ecclesiae  presbjter, 
humana  et  divina  litteratura  instructus  et  .  .  episcoporum  magister,  scripsit 
scholastico  et  aperto  sermone  multa.  ex  quibus  ista  legi:  De  virginitaiis 
bono  ad  Marcellum  presbyterum  libros  III,  Adversum  avaritiam  libros  IV, 
De  praesenti  iudicio  libros  V  (=  de  gub.  VIII)  et  pro  eorum  merito  satis- 
factionis  ad  Salonium  episcopum  librum  I  et  Expositionis  extremae  partis 
libri  Ecclesiastis  ad  Claudium  episcopum  Viennensem  librum  I;  libnun 
Epislolarum  I;  et  in  morem  Graecorum  a  principio  Genesis  usque  ad  con- 
ditionem  hominis  composuit  versu  Hexaemeron  librum  I,  Homilias  episco- 
pis  factas  multas,  sacramentorum  vero  quantas  nee  recordor.  vivit  usqae 
hodie  (um  J.  495)  in  senectute  bona.  Salvinn.  gub.  VI,  13:  cum  sciam  etiam 
in  solo  patrio  atque  in  civitatibus  gallicanis  omnes  ferme  praecelsiores 
viros  .  .  iactos  fuisse  peiores.  vidi  siquidem  ego  ipse  Treveros  domi  nobile« 
etc.  .  .  vidi  ego  illic  res  lacrimabiles  etc.  ib.  15:  iacebant  passim,  qood 
ipse  vidi  atque  sustinui,  .  .  cadavera  nuda  (bei  der  letzten  Eroberung  ?on 
Trier).  VII,  6:  terrae  vel  Aquitanorum  vel  nostrorum  omnium  a  deo  bar- 
baris  datae  sunt.  ib.  10:  ille  dux  nostrae  partis  (Litorius)  qui  eandem  ur- 
bem  hostium  (Tolosa)  quam  eodem  die  victorem  se  intraturum  esse  prae- 
Bumpsit  captivus  intravit  (J.  439).  Dagegen  Attila*s  Eroberungszag  und 
die  Schlacht  auf  den  catalaunischen  Feldern  (J.  451)  kennt  Salv.  noch  nicht 
Aufenthalt  in  Afrika  erhellt  aus  de  gub.  VII,  16  (video  scaturientem  vitiis 
civitatem  etc.).  Vgl.  VIII,  4  f.  Epist.  1:  adolescens  quem  ad  vos  misi 
Agrippinae  (Köln)  . .  captus  est,  . .  famiha  non  obscurus,  .  .  propinquus 
mens.  Epist.  4  (ad  socerum  et  socrum) :  Hypaüo  et  Quietae  parentibus  Sal- 
vianus, Palladia  (Gattin)  et  Auspiciola  (Tochter)  salutem.  .  .  sepümns  iam 
ferme  annus  est  ex  quo  nulla  ad  nos  tarn  longo  a  vobis  sitos  scripta  mi- 
sistis.  . .  tu  quid  succenses  qui  ex  quo  christianus  factus  es  etiam  folsai 
(irascendi  filiis  causas)  habere  desiisti.  esto  euim,  conversiunculam  nostram 
paganus  quondam  non  aequanimiter  acceperis.  .  .  nunc  longe  aliud  eei 
Die  Schwiegerältern  zürnten  dass  Salv.  seine  Frau  zum  Christenthum  be- 
kehrt hatte  und  bald  selbst  in  den  Priesterstand  getreten  war  (canssima 
u.  dgl.  soror  nennt  er  seine  Frau). 

2.  Neben  seiner  rhetorischen  Bildung  verräth  Salv.  auch  einige  juri- 
stische; vgl.  de  gub.  V,  8  (genus  venditionis  et  emtionis).  VII,  16  (Gaiiii- 


435.    SalvianuB.  963 

Seius)  u.  20  (in  iura  migrare).  VIII,  5  (XII  tabularom  decreta).  Küm- 
merlich dagegen  ist  seine  philosophische;  hält  er  doch  de  gab.  VII,  23 
den  Sokratds  für  den  Verfasser  der  platonischen  Politeia  Was  de  gab.  I 
zur  Widerlegung  der  Epikureer  gesagt  wird  ist  aus  Cicero  geschöpft,  welcher 
neben  Vergil  (de  gub.  I,  1)  allein  genannt  wird  und  auf  welchen  ib.  III,  1 
(=  Cic  p.  Mur.  6,  14)  anspielt. 

3.  Die  Schriffc  ad  versus  avaritiam  wird  citiert  von  Salvian.  de  gub. 
IV,  1 :  sicut  ait  quidam  in  scriptis  suis  =  adv.  av.  II,  9.  Salvian.  epist.  9 
(domino  ac  beatissimo  discipulo,  . .  per  institutionem  discipulo,  per  amorem 
filio,  .  .  Salonio  episcopo):  quaeris  a  me  .  .  cur  libellis  nuper  a  quodam 
huiuB  temporis  homine  (Salvianus  selbst)  ad  ecclesiam  factis  Timothei  no- 
men  inscriptum  sit.  .  .  tria  sunt  quae  in  libellis  istis  .  .  quaeri  possuut: 
cur  is  qui  scripsit  ad  ecclesiam  scripserit,  et  utrum  alieno  nomine  an  suo ; 
. .  si  alieno,  cur  Timothei  potissimum  nomen  . .  elegerit.  Diese  drei  Fra- 
gen werden  ausführlich  beantwortet,  z.  B.  die  zweite:  idcirco  scriptor  ille 
abscondi  et  latitare  Omnibus  modis  voluit  ne  scripta  quae  in  se  habent 
plurimum  salubritatis  minora  forsitan  fierent  per  nomen  auctoris. 

4.  Die  Schrift  de  gubematione  dei  (oder  de  Providentia)  ist  dem  Bischof 
SalouiuB  (unten  439,  10)  gewidmet.  Daraus:  nos,  qui  rerum  magis  quam 
verborum  amateres,  utilia  potius  quam  plausibilia  sectamur;  .  .  in  scripü- 
unculis  nostris  non  lenocinia  esse  volumus,  sed  remedia  etc.  Wirklich  sagt 
der  Verf.  seiner  Zeit  derb  die  Wahrheit.  Alles  Unglück  das  über  sie  ge- 
kommen bezeichnet  er  als  selbstverschuldet  (patimur  quod  meremur).  Ins- 
besondere den  Sieg  der  barbari  über  die  Römer  leitet  er  ab  aus  der  sitt- 
lichen Tüchtigkeit  jener  (sowohl  der  pagani  wie  der  haeretici)  gegenüber 
der  Verdorbenheit  dieser.  Vgl.  IV,  13:  ego  . .  Romauorum  .  .  paene  om- 
nes  maioris  reatus  dico  et  crimiuosioris  vitae  esse  quam  barbaros.  VII, 
6:  inter  pudicos  barbaros  impudici  sumus.  plus  adhuc  dico:  offenduntur 
barbari  ipsi  impuritatibus  nostris.  13:  et  quod  Vandali  ad  Africam  trans- 
ierunt  non  est  divinae  severitati,  sed  Afrorum  sceleri  deputandum.  23: 
quae  esse,  rogo,  romauo  statui  spes  potest  quando  castiores  ac  puriores 
barbari  quam  Romani  sunt?  .  .  pudeat  vos,  romani  ubique  populi,  pudeat 
vitae  vestrae.  .  .  et  miramur  si  miseri  qui  tam  impuri  sumus,  miramur  si 
ab  hoste  viribus  vincimur  qui  honestat-e  superamur?  .  .  sola  nos  morum 
nostrorum  vitia  vicerunt.  Diese  sittliche  Zerfahrenheit  wird  besonders  aus- 
führlich von  den  Aquitani  (VII,  2  ff.)  und  Afri  (VII,  14  ff.  VIII,  2  ff.)  nach- 
gewiesen; anderen  namentlich  ihre  Vorliebe  für  circenses  ac  theatra  vor- 
geworfen. VI,  8:  non  hoc  agitur  iam  in  Moguntiacensium  civitate,  —  sed 
quia  excisa  atque  deleta  est.  non  agitur  Agrippinae,  —  sed  quia  hostibus 
plena.  non  agitur  in  Treverorum  urbe  excellentissima,  —  sed  quia  qua- 
druplici  est  eversione  prostrata  (vgl.  ib.  13.  16  extr.).  .  .  ludicra  ipsa  ideo 
non  aguntur  quia  agi  iam  prae  miseria  temporis  atque  egestate  non  pos- 
sunt.  12:  vastata  est  Italia  tot  iam  cladibus:  ergo  Italorum  vitia  destite- 
runt?  obsessa  est  urbs  Roma  et  expugnata:  ergo  desierunt  blasphemi  ac  fu- 
riosi  esse  Romani?  inundarunt  Gallias  gentes  barbarae:  ergo  . .  non  eadem 
sunt  Gallorum  crimina  quae  fuemnt?  transcenderunt  in  Hispaniae  terras 
populi  Vandalorum:  mutata  quidem  est  sors  Hispanorum,  sed  non  mutata 
vitiositas.    .  .  circumsonabant  armis  muros  Cirtae  atque  Carthaginis  populi 

61* 


9(>4  r)i<'  Kaiserzeit     Fünftes  Jahrhundert. 

barbarorum:  et  ecclesia  carthaginiensis  insaniebat  in  circis,  luxuriabat  in 
theatris.  Die  Sittenschilderung  ist  immer  grell.  Die  Darstellung  bietet 
alle  möglichen  rhetorischen  Figuren  auf,  ermüdet  aber  durch  deren  üeber- 
mass,  ihre  Breit«  (Htili  prolixitas  VIII,  I)  und  die  gar  zu  häufige  Wieder- 
kehr derselben  Gedanken  (cum  de  ludicris  ac  foeditatibus  publicis  diutis- 
sime  dixerimus,  VII,  2),  Wendungen  und  Ausdrücke,  sogar  der  Wortspiele 
(wie  divitiis  —  vitiis).  Buch  VIII  ist  sichtlich  unvollständig.  Auch  fehlt 
der  VII,  1  in  Aussicht  gestellte  Nachweis  dass  die  alten  Römer  besser 
gewesen  seien  als  die  der  Gegenwart  (VII,  1:  scio  .  .  hinc  maxime  probari 
quod  uon  respiciat  res  humanas  deus  quia,  cum  Roniani  quondam  pagani 
et  vicerint  et  regnaveriut,  nunc  christiani  et  vincantur  et  serviant.  . .  sed 
tarnen  .  .  cum  ad  eam  negotii  partem  accesserimus  ut  de  veteribus  Romanis 
jiliqua  dicantur  .  .  approbabimus  tarn  iustum  tunc  erga  illos  fuisse  domini 
favorem  quam  nunc  erga  nos  iustam  severitiitem.  Eintheilung  in  Bücher 
von  dem  Verf.  selbst;  vgl.  VII,  1:  cum  in  conclusionc  libelli  huius  qui  nunc 
finitus  est  etc. 

5.  Sal Viani  opera  ed.  P.  Pithoeus  (Paris.  1580.  1594),  C.  Rittershu^ius 
(Norimberg.  1623),  u.  bes.  Steph.  Baluzius  (Paris.  1663.  1669.  1684);  daraus 
in  Gallandi  bibl.  patr.  X,  der  bibl.  patr.  max.  (1677)  VIII.  p.  339  ff.  und 
in  Migne's  patrol.  LIII.    Auch  cum  comm.  varr.,  Bremae  1688.  4. 

6.  C.  G.  Heyne,  censura  ingenii  et  doctrinae  Salviani  librique  de 
gub.  d.,  in  seinen  Opusc.  acad.  VI,  nr.  VII.  p.  119—140. 

Zweite  Hälfte  des  Jahrliunderts. 

436.  Am  längsten  fristete  die  Literatur  sich  das  Dasein 
in  Gallien.  Insbesondere  gedieh  hier  die  Kunst  sich  in  Prosa 
und  Versen  geläufig  und  kunstgerecht  auszudrücken.  Untei^e- 
ordnet  war  der  Inhalt,  welcher  sich  in  den  hergebrachten  Ge- 
leisen fortbewegte,  ohne  ernste  Ziele,  nur  zur  Selbstbefriedigung 
der  Verfasser  und  zur  Bewunderung  für  ihre  Freunde.  Um  so 
leichter  artete  die  Versification  in  müssige  Spielerei  aus.  Be- 
sonders beliebt  war  in  dieser  Zeit  die  Form  des  Hendekasyllabus. 
Zahlreiche  Namen  von  Rednern,  Schriftstellern,  Dichtem  dieser 
Art  kennen  wir  besonders  durch  Apollinaris  Sidonius.  So  Con- 
sentius,  Lampridius,  Leo,  Petrus,  Sapaudus,  Secundinus,  Tonan- 
tius  Ferreolus,  Thaumastus  und  viele  Andere.  Verbreitet  ist  in 
manchen  Kreisen  die  Sucht  mit  Gelehrsamkeit  zu  prunken.  Da 
aljer  dabei  das  Mass  der  wirklichen  Kenntnisse  ein  sehr  massiges 
ist,  so  kommen  keckere  Geister,  wie  Fulgentius  und  der  Verfasser 
der  origo  gentis  romanae,  darauf  die  Citate  selbst  zu  erdichten. 

1.  Sidon.  ep.  V,  10:  pauci  studia  nunc  honoraut.  ib.  II,  10:  tantum 
ucrebuit  multitudo  desidiosorum  ut,  uisi  vel  paucissimi  quique  meram  Ift- 
tiaris  linguae  pro])rietatem  de  trivialium  barbarisniorum  robigine  vlndica- 
veritis,  eaiu  brevi  abolitam  defleanius  interitamque.  IV,  17:  sermonis  pompa 
roniani,  si  qua  adhuc  uspiam  est,  belgicis  olim  sive  rheuanis  aboUta  tenw. 


436.    üeberaicht  der  zweiten  Hillfte  des  Juhrh.  065 

2.  Unterricht  und  literarische  Thätigkeit  erstreckte  sich  in  Gallien 
hauptsächlich  auf  Grammatik  und  Rhetorik,  letztere  mit  Einschluss  der 
gebundenen  Form.    Ap.  Sid.  c.  23,  210  f.:  quidquid  rhetoricae  institutionis, 

.quidquid  grammaticalis  aut  palaestrae  est,  .  .  vorasti.  ib.  ep.  IV,  21:  tc 
imbuendum  liberalibus  disciplinis  grammatici  rhetorisque  studia  florentia 
.  .  fuverunt.  Die  griechische  Sprache  war  in  Gallien  (ausser  Massilia)  ver- 
schollen, die  einheimische  und  germanische  als  plebejisch  und  barbarisch 
in  seltsamer  Missachtung,  ib.  carm.  14praef.:  quae  si  quispiam  ut  graeca 
. .  et  peregrina  verba  contempserit.  ep.  III,  3:  tuae  personae  debitum 
quod  sermonis  celtici  squamam  depositura  nobilitas  nunc  oratorio  stilo, 
nimc  etiam  camenalibus  modis  imbuebatur.  ib.  V,  5:  cum  sis  (Syagrius) 
consulis  pronepos  .  .  immane  narratu  est  quantum  stupeam  sermonis  tc 
germanici  notitiam  tanta  facilitate  rapuisse,  worüber  das  Weitere  albern 
witzelt.  Venant.  Fori  misc.  VII,  8,  63:  plaudat  tibi  barbarus  harpa.  ib. 
G9:  nos  tibi  versiculos,  dent  barbara  carmina  leudos  (Lieder).  I,  1  proL: 
barbaros  leudos  harpa  (Harfe)  relidebat. 

3.  In  den  galUscheu  Kirchen  hörte  die  Gemeinde  stehend  zu  und 
applaudierte  dem  geistlichen  Redner.  Ap.  Sidon.  carm.  16,  126:  contio- 
naturum  plebs  sedula  circumsistit.  ep.  IX,  3:  licet  praedicationes  tuas  . . 
raucus  plosor  audierim,  tunc  praecipue  cum  in  Lugdunensis  ecclesiae  de- 
dicatae  festis  etc.     Vgl.  auch  unten  439,  7. 

4.  Ap.  Sidon.  carm.  9,  299—314:  ne  tu  mihi  compararo  tentes  quos. 
multo  minor  ipse  plus  adoro,  Paulinum'Ampehumque  Symmacliumquo  (vgl. 
oben  399,  2),  Messalam  (vgl.  oben  425,  6)  .  .  et  nulli  modo  Martium  sc- 
cundum,  ^icendi  arte  nova  parem  vetustis,  Petrum  (s.  A.  8)  et  cum  loqui- 
tur  nimis  stupendum,  vel  quem  municipalibus  poetis  praeponit  beno  Villi- 
cum  seuatus,  nostrum  aut  quos  retinet  solum  (Gallien)  disertos,  dulcem 
Anthedion  (in  Vesontio,  s.  ep.  VITI,  11  vgl.  carm.  22  praef.)  et  mihi  ma- 
gbtri  Musas  sat  venerabiles  Ho^ni;  acrem  Lampridium  (s.  A.  6),  catum 
Lconem  (s.  A.  7),  praestantemque  tuba  Severianum  (s.  A.  8)  et  sie  scri- 
berc  non  minus  valentem  Marcus  Quintilianus  ut  solebat. 

5.  Ap.  Sidon.  ep.  VIII,  4  (an  Consent  ins):  tu  . .  citos  iambos,  elc- 
gos  acutes  ac  rotundatos  hendecasyllabos  et  cetera  carmina  . .  nunc  Nar- 
bonensibus  cantitanda,  nunc  Biterrensibus,  ambigcndum  celerius  an  pulchrius 
clucubrasti.  Vgl.  ib.  IX,  15  (vgl.  A.  7):  Consentiorum  qui  superstes  est 
patri  (welcher  selbst  Schriftsteller  gewesen  war,  s.  ib.  carm.  23,  97—176) 
.  .  ceciuisse  dictus  omniforme  canticum.  An  ihn  ib.  carm.  23  (ad  Consen- 
tiura  V.  c.  civem  Narbonensem) ,  worin  v.  20  ff.:  misisti  mihi  multiplex 
poema.  .  .  ibant  hexametri  superbientes  et  .  .  per  quinos  elegi  pedos  fe- 
rebant;  misisti  et  triplicis  metrum  trochaei,  spoudeo  comitante  dactyloque, 
dulccs  hendecasyllabos. 

6.  Sidon.  ep.  VIII,  11:  Lampridius  orator  (in  Burdigala)  modo 
primum  mihi  occisum  agnoscitur.  .  .  hie  me  quondam,  ut  inter  amicos 
ioca,  Phoebum  vocabat,  ipse  a  nobis  vatis  odrysii  (des  Orpheus)  nomine 
accepto.  .  .  si  oratioues  illius  metiaris,  acer,  rotundus,  compositus,  excussus, 
si  poSmata,  t^ner,  multimeter,  argutus,  artifex  erat,  faciebat  siquidem 
versus  oppido  exactos  tarn  peduiu  mira  quam  figurarum  varietate:  hende- 
casyllabos lubricos  et  enodes,  hexämetros  crepantes  et  cotharnatos,  elegos 


966  ^^0  Kaiserzeit.    Fünftes  Jahrhundert. 

vero  nunc  echoicos,  nunc  recurrentes  (vgl.  A.  13),  nunc  per  anadiploBin 
fine  principüsque  conexos.  .  .  in  materia  controversiali  fortis  et  lacertosus, 
in  satirica  sollicitus  et  mordax,  in  tragica  saevus  et  flebilis,  in  comica  ur- 
banus  multiformisque,  in  fescennina  vernans  verbis,  aestuans  votis,  in  bu- 
colica  yigilax,  .  .  in  georgica  rusticans.  .  .  praeterea  qnod  ad  epigram- 
mata  spectat,  . .  acumine  placens,  . .  in  lyricis  autem  Flaccum  secutus  etc. 
Daher  ib.  in  dem  Gedichte  an  ihn:  Arpinas  modo  quem  tonante  Lingua 
ditat,  nunc  stilus  aut  Maronianus  aut  quo  tu  Latium  beas,  Horati,  Alcaeo 
potior  lyristes  ipso,  et  nunc  inflat  epos  tragoediarum ,  ntmc  comoedia 
temperat  iocosa,  nunc  flammant  satirae  et  tyrannicarum  declamatio  con- 
troyersiarum.  Vgl.  ib.  IX,  13 :  istud  vix  Leo  (A.  7),  rcx  castalii  chori,  vix 
hnnc  qui  sequitur  Lampridius  queat,  declamans  gemini  pondere  sub  stili 
(Prosa  und  Verse?)  coram  discipulis  Burdigalensibus. 

7.  Sidon.  ep.  IX,  13  (s.  A.  6).  15:  epos  sed  istud  aptius  paraverit 
Leo,  Leonis  aut  secutus  orbitas  cantu  in  latino  .  .  Consentiorum  qui  etc. 
(A.  6).  Vgl.  ep.  VIII,  3  (Leoni):  sepone  tantisper  pythicas  lauros  Hip- 
pocreuenque  et  illos  carminum  modos  etc.  suspende  perorandi  illud  quo- 
que  celeberrimum  flumen  quod  .  .  in  tuum  pectus  .  .  ab  atavo  Frontone 
(oben  333)  transfunditur.  sepone  pauxillulum  conclamatissimas  declama- 
tiones  quas  oris  regü  vice  conficis.  Er  war  nämlich  Geheimsecretär  des 
ostgothischen  Königs  Eurich;  vgl.  ib.  IV,  22.  carm.  9,  311  (A.  4).  14  praef. 
(spectabili  viro  Leone).  23,  448—456:  ad  doctiloqui  Leonis  aedes,  quo  bis 
sex  tabulas  docente  iuris  ultro  Claudius  Appius  taceret.  .  .  at  si  dicat 
epos  metrumque  rhythmis  flectat  commaticis  . .  faciat  silere  Flaccum. 

8.  Sidon.  ep.  IX,  13:  quod  temporibus  Aug.  Maioriani  .  .  in  Fetri 
librum  magistri  epistolarum  .  .  effudi,  meis  quoque  contubemalibus  .  . 
Domnulo,  Severiano  atque  Lampridio  (A.  6)  paria  pangentibus.  Dann: 
Petrus  est  tibi  legendus,  in  utraque  disciplina  satis  institutus  auctor. 
.  .  opus  editum  tenemus  bimetra  quod  arte  texens  etc.  ib.  15:  Severia- 
nus  ista  rhetor  altius,  Afer  vaferque  Domnulus  (s.  imten  438,  1  f.)  poli- 
tius,  scholasticusque  sub  rotundioribus  Petrus  Camenis  dictitasset  acrius. 
.  .  humo  atque  gente  cretus  in  Ligustide  Proculus  melodis  insonarc  pul- 
sibus  etc.    ib.  carm.  3:  mihi  Petrus  erit  Maecenas  temporis  huius. 

9.  Doctissimo  viro  Sapaudo  (vgl.  Sidon.  ep.  V,  10)  rhetori  Clau- 
dianus  (unten  438, 3—6).  . .  declamationum  tuarum  suavitas.  Ueberschwäng- 
liches  Lob  derselben,  ib.:  fac  memineris  docendi  munus  tibi  a  proavis  et 
citra  hereditarium  fore  (=  esse).  .  .  admonitus  quoque  sis  oportet  Vien- 
nensis  urbis  nobilitatis  antiquae,  cuius  tu  civis  et  doctor  etc. 

10.  Sidon.  ep.  V,  8  (an  Secundinus):  diu  quidem  est  quod  te  hexa- 
metris  familiarius  inservientem  stupentes  praedicantesquc  lectitabamus. 
erat  siquidem  materia  iocunda,  seu  nuptiales  tibi  thalamorum  faces  sive 
perfossae  regiis  ictibus  ferae  describerentur.  sed  triplicibus  trochaeis  nuper 
in  metrum  hendecasyllabum  compaginatis  nihil , .  simile  fecisti.  deua  bone, 
quid  illic  inesse  fellis,  leporis  piperataeque  facundiae  .  .  inspexi!  . .  ope- 
ram  facetis  satirarum  coloribus  intrepidus  impende.  nam  tua  scripta  no- 
strorum  vitiis  proficientibus  tyrannopolitarum  locupletabuntur.  Vgl.  ib.  D, 
10:  ab  hexametris  eminentium  poetarum  Constanfcü  (an  ihn  ep.  I,  1.  VII, 
18)  et  Seeundini  vicinantia  altari  basilicae  (in  Lugdunum)  latera  claresoosi 


436  f.    ZüitgenosBcn  dos  Apollinaris  Sidoiiius.  967 

11.  Sidon^ep.  I,  7:  legati  provinciae  Galliae  Tonantius  Ferrco- 
luB  praefectoriuB,  Afranii  Syagrii  consalis  (unter  Gratianus)  e  filia  nepos, 
Thaumastus  quoque  et  Petronius,  maxima  rerum  verborumque  scientia 
praediti  et  inter  principalia  patriae  nostrae  decora  ponendi  (traten  in  Rom 
als  Ankläger  des  Arvandus,  pracf.  praet.  Galliarum,  auf.  Vertheidiger  des 
Letzteren  waren  Sidonius  selbst  und  Auxanius).  II,  9  (Tonantium  cum 
fratnbus).  carm.  24,  S4  ff.:  hie  docti  invenies  patrem  Tonanti,  rectorem 
columenque  Galliarum,  Prisci  Ferreolum  parem  Syagri.  ib.  84  ff.:  exin 
tende  gradum  Tribusque  villis  Thaumastum  expete,  quem  libet  duorum; 
quorum  iunior  est  mihi  sodalis  et  collega  simul  graduque  frater. 

12.  Sonstige  Redner  der  Zeit:  Pragmatius  (Sidon.  ep.  V,  10);  Flavius 
Nicetius  (ib.  VIII,  6) ;  ßischof  Remigius  in  Reims  (ib.  IX,  7 :  declamationum 
tuarum  schedio  .  .  tot  voluminibus).  Zugleich  Lehrer  der  Beredtsamkeit 
Lupus  (ib.  VIII,  11),  loannes  (ib.  VIII,  2). 

13.  Sonstige  Versmacher  der  Zeit:  Heronius  in  Lugdunum  (Sidon. 
ep.  I,  9:  Glius  tuae  hexametris);  Victorius  (potentissime  condidit  versus, 
ib.  V,  21).  Eine  anonym  erschienene  (temporibus  Aug.  Maioriani)  Satire 
auf  Verhältnisse  und  Persönlichkeiten  in  Arelate  erwähnt  Sidon.  ep.  I,  U. 
Künsteleien  der  versus  recurrentes  (vgl.  A.  6),  qui  metro  staute  .  .  ut  ab 
exordio  ad  terminum  sie  a  fine  releguntur  ad  summum.  sie  est  illud  an- 
tiquum:  Roma  tibi  subito  motibus  ibit  amor.  nee  non  habentur  pro  re- 
currentibus  qui  pcdum  lege  servata  .  .  per  singula  verba  repetuntur,  .  . 
qualia  equidem  legi  multa  multorum,  Sidon.  ep.  IX,  14  (Beispiel:  praeci- 
piti  modo  quod  decurrit  tramite  flumcn  tempore  consumptum  iam  cito 
deficiet). 

14.  Sonstige  Gelehrte  der  Zeit:  Paulus  in  Rom  (Sidon.  ep.  I,  9), 
Probus  (ib.  carm.  9,  330.  24,  94).  Als  Rechtskenner  bezeichnet  Marcelli- 
nus (ib.  23,  466  ff.),  Tetradius  (ib.  24,  81  vgl.  ep.  III,  10). 

15.  Beschäftigung  mit  Philosophie,  theilweis  auch  schriftstellerische, 
wird  ausgesagt  ausser  von  Claudianus  Mamertus  (unten  438,  3  ff.)  auch 
von  Domitius  (Sidon.  ep.  II,  2  vgl.  carm.  24,  10  ff.),  Eusebius  (Sid.  ep.  IV, 
1),  Eutropius  (ib.  III,  6:  consectanei  vestri  Plotini  dogmatibus),  Faustus 
(unten  438,  7  ff.),  Polemius  (Sidon.  ep.  IV,  14  vgl.  carm.  14  praef.:  com- 
platonicis  tuis;  15,  187  ff.:  stoica  pone  supercilia  etc.).  Zu  den  membra  phi- 
losophiae  wurde  auch  die  Astrologie  gerechnet  (Sid.  carm.  22  praef.). 

16.  Wie  Sidonius  in  seinen  Briefen  die  Anhäufung  von  Autorennamen 
der  alten  Zeit  liebt,  gewöhnlich  mit  einem  charakteristisch  sein  sollenden, 
aber  meist  phraseologischen  Epitheton,  so  ähnlich  auch  Mamertus  Clau- 
dianus in  dem  Briefe  an  Sapaudus  (Migne  LIIl.  p.  784  f.). 

X 

437.  Der  begabteste  Vertreter  der  Strebsamkeit  und  Fonii- 
gewandtheit;  aber  auch  der  Gedankenarmut  und  Phrasenhaftig- 
keit  der  gallisch  -  römischen  Literatur  der  Zeit  ist  C.  Sollius 
Apollinaris  Sidonius  (ums  J.  430 — 488),  aus  einer  adligen 
Familie  in  Lugdunum,  seit  etwa  472  Bischof  von  Clermont  (Ar- 
vemi).   Wir  besitzen  von  ihm  eine  Sammlung  von  24  Gedieh- 


968  J^ic  Kaiserzeit.    Fünftes  Jahrhundert. 

ten  und  neun  Bücher  Briefe,  worin  gleichfalls  m^jiche  Gedichte 
mitenthalten  sind.  Die  umfangreichsten  sind  Epen  zum  Preise 
seines  Schwiegervaters  Avitus  (c.  7),  auf  dessen  siegreichen  Gegner 
Maiorianus  (c.  5)  und  auf  den  Kaiser  Anthemius  (c.  2),  alle 
künstlich  geschwellt  durch  Aufgebot  der  Mythologie  und  (lelehr- 
samkeit,  und  in  conventioneller  Phraseologie  nach  einem  rhe- 
torischen Schema  gearbeitet.  Neben  dem  epischen  Versmass  i.st 
auch  das  elegische  und  die  Hendekasyllaben  häufig.  Die  Briefe 
schliessen  sich  mit  Bewussisein  an  die  Muster  von  Plinius  und 
Symmachus  an  und  vergegenwärtigen  uns  das  weiche,  gutmütige 
und  eitle  Wesen  ihres  Verfassers  sowie  seine  überladene,  ver- 
sclirobene  Schreibweise. 

1.  Vorname  C.  nach  der  Widmung  von  Claudianus  (unten  438,  4), 
sowie  den  Ueberschriften  der  Jiriefe  und  der  GedichtBammlung.  In  den  erstem 
regelmässig  Sidonius  Constantio  s.  s. ;  comcs  Sidoui  Ep.  1,  11.  Domine 
Solli,  Solli  meus  u.  dgl.  ep.  V,  17.  1,9.  JX,  15.  Sollius  Ap.  Sid.  carm.  9iii. 
u.  22  praef.  (Soll.  Ap.  Sid.  Pontio  Leontio  b.). 

2.  Geburtstag  non.  novembr.  (c.  20)^  um  430  (J.  449  adoleseens,  ep. 
VIll,  6).  familia  praefeetoria  (ep.  V,  16);  Grossvater  praef.  Apollioaris 
schon  getauft  (ep.  III,  12.  V,  9);  Vater  praef.  praet.  Gall.  (ep.  V,  9.  Vlll, 
6).  Verseniachen  a  parvo  (ep.  V,  21).  VermälUt  (um  452)  mit  Papianilla 
(ep.  V,  16).  der  Tochter  des  Avitus  dv.r  sich  gegen  Ende  455  zu  Tolosa 
(und  Arclate)  zum  Kaiaer  aufwarf*.  Sohn  Apollinaris,  Tochter  Roscia  (ep. 
V,  11.  16).  Durch  seinen  Schwiegervater  erhielt  Ap.  zu  Rom  eine  Statue 
(c.  8,  8.  ep.  IX,  16).  J.  456  Avitus  gestürzt  durch  Ricimer  und  MaJorianas. 
Letzterem  unterwirft  sich  (457  oder  458)  schliessUch  Sid.  mit  dem  übrigen 
gallischen  Adel.  Majoriau  gestürzt  461;  thatsächlicher  Regent  Galliens 
der  Westgotbc  Theoderich  II.  J.  467  Anthemius  durch  den  oström.  Kaiser 
Leo  zum  weströra.  erlioben.  Unter  ihm  (467)  Sid.  zu  Rom  praef.  urbi  («*. 
A.  3  u.  c.  8,  9  L  ep.  I,  9).  Um  472  Bischof  zu'  Clermont  (ep.  HI,  1.  VI,  1) 
und  als  solcher  zugleich  politisches  üaupt,  Leiter  des  Widerstands  gegen 
die  Gothen.  Nach  dem  Fall  Clermonts  (J.  474)  Sid.  eine  Zeit  laug  Ge- 
fangener des  Königs  Eurich  (ep.  VIII,  9.  IX,  3).  Lebt  als  Bischof  mincle 
stens  tres  olyrapiadas  (ep.  IX,  12);  f  um  487  (Greg.  Tur.),  XII  kal.  sept 
(21  Aug.)  nach  epitaph.,  nach  martyrol.  vielmehr  23  Aug.,  und  fand  Heilig- 
sprechung.   Vgl.  Gregor.  Tur.  bist.  Franc.  II,  22  f. 

3.  (Jeunad.  ill.  92:  Sidonius,  Arvernorum  episcopus,  scripgit  varia  et 
grata  opuscula  et  sanae  doctrinae.  homo  si  quidem  tam  divinis  quam  bn- 
]uanis  ad  integrum  imbutus  acerque  ingenio,  scripsit  ad  diversos  diverse 
metro  vel  prosa  compositum  Epistolarum  insigne  volumen,  in  quo  quid  in 
litteris  posset  ostendit.  verum  in  christiano  vigore  pollens,  etiam  inter 
barbarae  ferocitatis  duritiem  quae  eo  tempore  Gallos  oppresserai,  cathoh- 
cus  pater  et  doctor  habetur  insiguis.  floruit  ea  tempestate  qua  Leo  et 
Zeno  Homanis  imperabant.  Sid.  selbst  gibt  eine  Uebersicht  seines  Lebens 
und  seiner  literarischen  Thätigkeit  in  dem  Gedichte  ep.  IX,  16,  worin  t. 
20  ff.:    coronae  quam  mihi  iudulsit  populus  Quirini,    blaiUfer  Tel 


437.    ApoUinariö  Sidonius.  969 

tribuit  seuatuB,  . .  cum  meie  poni  statnam  perennem  Nerva  Traianus  (des- 
sen forum)  titulis  videret  inter  auctores  utriusque  fixam  bybliothecac . 
quamque  post  visus  prope  post  bilustre  tempus  accepi  capicns  honorem 
(des  praef.  urb).  (33  fF.)  praeter  heroos  ioca  multa  multis  texui  paunis, 
elegos  frequentcr  subditos  senis  pedibua  rotavi  commate  bino;  nunc  p(3r 
undenas  equitare  suetus  syllabas  lusi  celer,  atque  metro  sapphico  creber 
cecini,  citato  rarus  iambo.  (45  ff.)  iam  senectutis  propiore  meta  .  .  plus 
pudet  si  quid  leve  lusit  aetas  nunc  reminisci.  quod  perhorrescena  ad  epi- 
stolarum  transtuli  cultum  genus  omne  curae,  .  .  clerid  ne  quid  maculet 
rigorem  fama  poetae.  . .  nullum  cito  cogar  exhinc  promere  Carmen,  per- 
secutorum  nisi  quaestiones  forsitan  dicam  meritosque  caelum  niartyres  etc. 
Dazu  kam  es  aber  nicht. 

4.  Die  erste  Hälfte  der  literarischen  Thätigkeit  des  Sid.  bewegt  sich 
in  gebundener  Form.  Die  Sammlung  der  Gedichte  umfasst  24  Stücke. 
Voran  stehen  die  drei  panegyrischen  Gedichte  mit  Begleitschreiben  im  ele- 
gischen Masse,  in  einer  der  geschichtlichen  entgegengesetzten  Ordnung. 
Das  älteste  (vom  J.  456)  ist  das  auf  Avitus  (c.  7),  003  Hexameter  (G.  Kauf- 
mann, die  Werke  d.  Sid.,  S.  20—28);  aus  J.  458,  als  Majorianus  in  Lugduuum 
sich  befand,  der  panegyricus  auf  diesen  (c.  5),  599  Hexameter  (G.  Kauf- 
mann ebd.  S.  28 — 32);  aus  J.  468  der  auf  Kaiser  Anthemius  (c.  2),  549 
Hexameter  (ebd.  S.  33—38).  Mit  c.  9  (343  Hendekasyllaben)  beginnt  die 
zweite  Hälfte  der  Sammlung  (v.  6  fi'.:  nugas  . .  quas  sparsit  tenerae  iocus 
iuventae  in  formam  redigi  iubes  libelli);  es  ist  ein  poetischer  Brief  (ex- 
cusatorium  ad  v.  c.  Felicem)  worin  v.  13—314  eintönig  dargelegt  wird  was 
alles  man  von  der  nachfolgenden  Sammlung  nicht  erwarten  dürfe.  Epi- 
thalamien  Kuricio  et  Iberiae  (c.  11,  von  133  Hex.)  und  Polemio  et  Arancolao 
(c.  15,  von  201  Hex.),  je  mit  Vorwort,  jenes  (c.  10)  im  elegischen  Masse, 
dieses  (c.  14)  in  Hendekasyllaben  mit  abermaliger  Vorrede  in  Prosa. 
Poetische  Briefe  sind  c.  12  (22  Hendekasyllaben),  13  an  Majorianus  (Bitte 
um  Steuernachlass  für  Lugdunum,  20  elegische  Verse  u.  20  Hendekasylla- 
ben), 16  (Danksagung  an  Faustus,  episcopus  Reiensis,  129  Hex.),  auch  c. 
22  (mit  Zuschrift  in  Prosa)  die  Beschreibung  eines  Gut^js  von  Pontius  Leon 
tius  (237  Hex.)  und  23  (513  Hendekasyllaben  an  Consentius).  Nr.  17—21 
Gelegenheitsgedichte  von  wenigen  Distichen,  c.  24  Epilog  (propempticon  ad 
libellum,  101  Hendekasyllaben).  Zur  Zeit  von  c.  23  ist  Narbo  noch  im 
Besitze  der  Gothen  (v.  68  ff.:  te  . .  decus  Getarum  .  .  Theudericus  amat), 
die  es  im  J.  462  gewonnen  hatten. 

5.  Nach  seiner  Wahl  zum  Bischof  verschwor  Sid.  das  Versemachen, 
doch  nicht  ohne  zahlreiche  Rückfälle.  Epist.  IX,  12:  ab  exordio  reUgiosae 
professionis  hnic  principaliter  exercitio  reiiuntiavi  (vgl.  A.  3).  Aber  schon 
ep.  IX,  13  erhält  ein  Bewunderer  seiner  Muse  ein  20  J.  altes  und  ein  neues 
Gedicht  zugeschickt,  letzteres  (Asklepiadeen)  sogar  zum  Vortrage  inter  bi- 
bendum;  ebenso  ep.  IX,  15  (Jamben)  und  16  (sapphisch).  Auch  sonst  ist 
er  immer  bereit  Bestellungen  auf  Gedichte  zu  entsprechen.  So  ep.  II,  10 
(Hendekas.  zur  Einweihung  einer  Kirche  in  Lugdunum).  IV,  8  (auf  eine 
der  Königin  Ragnahilda  zu  überreichende  concha).  VII,  17  (nenia  sepul- 
cralis  auf  einen  Abraam).  Andere  Gedichte  in  der  Briefsammlung:  II,  8 
(nenia  funebris  . .  per  hendecasyllabos,  auf  Philematia,  .  .  quam  .  .  ceteris 


970  i^ic  Kaiserzeit.    Fünftes  Jahrhiuidert. 

epigrammatum  meorum  voluminibus  applicandam  mercenanus  bybüopola 
Buscipiet).  III,  12  (Uendekas.  auf  das  Grab  seines  Grossvaters).  lY,  11 
(auf  Claudianus).  18  (Kircbweihe  in  Tours).  YIII,  9  (Uendekasyllaben  an 
Lampridius).  Jugendgedichte  VIII,  11  (Uendekas.)  und  IX,  13  (Anakreonteen). 
Erwähnung  seiner  poetischen  Improvisationen  ep.  I,  11.  V,  17.  IX,  13.  Das 
Versprechen  Attilae  bellum  stiio  me  posteris  intimaturum  zeigte  sich  als 
unausführbar  (ep.  VIII,  15),  wie  Sid.  auch  die  Aufforderung  zu  einem  Ge- 
schichtswerke mit  Gnmd  ablehnte  (ep.  IV,  22).  Epist.  VII,  3:  contesta- 
tiunculas  quas  ipse  dictavi  . .  tibi  transmisi.  ib.  9:  orationem  quam  videor 
ad  plcbem  Biturigis  in  ecciesia  sermocinatus,  . .  quam  duabus  vigilüs  unius 
noctis  aestivae,  Christo  teste,  dictatam  (er  beilegt).  III,  14:  meas  nugas, 
sive  confectas  opere  prosario,  seu  poetarum  stilo  cantilenosas.  I,  1:  con- 
tenti  versuum  .  ?  editorum  opinione,  de  qua  mihi  iam  pridem  in  portu  iudicii 
publici  . .  sufficientis  gloriae  ancora  sedet. 

6.  Die  neun  Bücher  Briefe  umfassen  147  Stücke,  worunter  IV,  2 
von  Mam.  Claudianus  (438,  3  ff.)  herrührt.  Die  Adressaten  sind  senatores 
et  pontifices  (ep.  VII,  12);  an  Bischöfe  gerichtet  sind  B.  VI.  VII,  1  —  11. 
VIII,  13—15.  IX,  2— -11.  Widmung  an  Constantius  (presbyter  Lugduncnsis]; 
ep.  I,  1:  diu  praecipis  .  .  ut  si  quae  litterae  paulo  politiorcs  varia  occasione 
fluxernnt  .  .  omnes  retractatis  excmpiaribus  enucleatisque  uno  volumine 
includam  (nach  dem  Vorgange  des  Cicero,  Plinius,  Titianus  und  Symma- 
chus).  Im  Falle  günstiger  Aufnahme  actutum  tibi  a  nobis  volumioa  na- 
merosiora  .  .  multiplicabuntur.  IV,  2  Beschwerde  des  Claudianus  über 
Nichterwähnung  in  der  Sammlung.  IV,  10 :  post  terminatum  libellum  qui 
parum  (paulo?)  cultior  est  reliquas  denuo  litteras  usuali  .  .  sermone  con- 
texo.  non  enim  tanti  est  poliri  formulas  editione  carituras.  IV,  22:  ut  epi- 
stolarum  curam  iam  terminatis  libris  earum  converteremus  ad  stilum  hi- 
storiae.  Die  drei  ersten  Bücher  scheinen  somit  zusammen  herausgegeben. 
Erweiterung  durch  ß.  IV— VII;  s.  ep.  VII,  18  (an  Constantius) :  a  te  prin- 
cipium,  tibi  desinet  (Vergil.  ecl.  VIII,  11):  nam  petitum  misimus  opus, 
raptim  relectis  exemplaribus,  quae  ob  hoc  in  manus  pauca  venerunt  quia 
mihi  nihil  de  libelli  huiusce  conscriptione  meditanti  hactenus  incustodiU 
nequcant  inveniri.  Spätere  Hinzufügung  von  B.  VIII  auf  Anregung  des 
Petronius  (in  Arelate);  ep.  VIII,  1:  scrinia  Arverna  petis  eventilari,  cui 
sufficere  suspicabamur  si  quid  superiore  vulgatu  protulissemus.  itaquc 
morem  geremus  iniunctis,  . .  ut  epistolarum  seriem  .  .  in  extimo  fine  panri 
adhuc  numeri  summa  protendat.  Vgl.  ib.  16:  spoponderam  Petronio  .  . 
praesens  opusculum  paucis  me  epistolis  expediturum.  .  .  malui  ut  illum 
correctionis  labor,  te  (Constantius)  honor  editionis  aspiceret.  .  .  peracta 
promissio  est.  Dazu  schliesslich  B.  IX;  s.  IX,  1  (Firmino):  exigis  ut  epi- 
stolarum priorum  limite  irrupto  stilus  noster  in  ulteriora  procurrat.  . .  ad- 
dis  et  causas  quibus  hie  über  nonus  octo  superiorum  voluminibus  adcrc- 
scat:  eo  quod  C.  Secundus,  cuius  nos  orbitas  sequi  hoc  opere  pronnutias, 
paribus  titulis  opus  epistolare  determiuet  (oben  317,  5  f.).  .  .  uos  vero  si 
quod  exemplar  (von  B.  I — VIII)  manibus  occurrerit  libri  marginibos  octavi 
celeriter  addemus.    So  hat  die  Sammlung  triplices  epilogos  (IX,  1). 

7.  Sid.  ep.  VII,  18:  ita  mens  patet  in  libro  velnti  vultus  in  apeciik). 
dictavi  enim  quaepiam  hortaudo,  laudando  plurima,  aliqua  suadendo,  miio- 


437.    Apollinaris  Sidonius.  971 

rendo  pauca  iocandoque  nonnolla.  .  .  eingalae  causae  singulis  fermc  epi- 
stolis  finiuntur.  Anfangs  zufällig  entstanden  und  wirkliche  Briefe  (Em- 
pfehlungs-  und  Glückwunschschreiben,  Todesanzeigen,  Geschäftsbriefe  u. 
dgl.))  wuchs  die  Sammlung  immer  mehr  durch  bewusste  Nachbildung  des 
Plinius  und  Symmachus,  das  Bestreben  bestimmte  Stoffe  zu  behandeln  und 
den  Wunsch  von  Bekannten  und  Freunden  durch  solche  Briefe  verewigt 
zu  werden  (ep.  VII,  12.  Vill,  6.  IX,  11.  16).  Viele  Briefe  sind  förmliche 
Lobreden  auf  einzelne  Männer  (wie  Theoderich  II,  ep.  I,  2;  Ecdicius,  ib. 
III,  3;  ClaudianuB,  ib.  IV,  11;  Sigismer  regius  iuvenis,  ib.  IV,  20),  meist 
den  Adressaten  selbst  (IV,  9.  13.  21.  VI,  1.  12.  VII,  1.  12—14.  IX,  7  u. 
sonst).  Inhalt  und  Ausdehnung  stehen  oft  in  Missverhältniss  (sunt  omnes 
loquacissimae,  ep.  IX,  11  vgl.  II,  9.  III,  7. 11.  IV,  3.  VI,  3.  VII,  2.  IX,  15  u.  sonst). 
Die  an  Bischöfe  gerichteten  (s.  A.  6)  haben  einen  feierlicheren  Ton  und 
eine  litaneiartige  Schlussformel  (memor  nostri  esse  dignare,  domine  papa). 
Schwerlich  ernst  gemeint  ist  die  Versicherang  (ep.  VIII,  16):  nos  opuscula 
sermone  edidimus  arido,  exili,  certe  maxima  ex  parte  vulgato. 

8.  Sidonius  ist  eine  Persönlichkeit  von  demselben  Teige  wie  die  Män- 
ner die  auch  literarisch  seine  Vorbilder  sind,  Plinius  d.  J.  und  Symmachus 
(s.  A.  6  und  ep.  IV,  22 :  ego  Plinio  ut  discij^ulus  assurgo) :  gutmütig,  bereit 
zu  helfen,  von  unanfechtbarer  Sittenreinheit  in  einer  verwilderten  Zeit,  fei- 
nerer Sitte  und  geistiger  Bildung  zugewandt,  ein  treuer  Freund  (tenues  nobis 
esse  amicitias  nee  inimici  fingere  queuut,  ep.  IX,  9)  und  guter  Familien- 
vater; dabei  aber  von  einer  grenzenlosen  Eitelkeit,  unersättlichem  Durst 
nach  Lob,  sich  und  Andere  überschätzend  (vgl.  die  Urteile  oben  436,  4  ff. 
und  unten  438,  1—6.  8),  ein  würdeloser  Schmeichler  der  Machthaber,  ein 
leerer  Phrasenmacher,  erfüllt  von  den  Vorurteilen  seines  Volkes  (vgl.  oben 
436,  2  g.  E.)  und  seines  (adeligen)  Geschlechtes  (z.  B.  ep.  IX,  6).  Seine  Christ- 
lichkeit ist  am  stärksten  aufgetragen  in  den  Briefen  an  seine  bischöflichen- 
StandesgenoRsen  (z.  B.  ep.  IX,  2  nennt  er  sich  einen  novus  clericus,  pec- 
cator  antiquus),  aber  auch  sonst  aufrichtig  und  correct  (ep.  VIII,  4:  tem- 
pus  est  .  .  de  perpetua  vita  potius  quam  memoria  cogitari;  IX,  8:  iudicii 
dies,  resurrectio;  VIII,  11:  quisque  praesumpserit  .  .  vetita  rimari,  vereor 
huiusmodi  a  cathoUcae  fidel  regulis  exorbitaturum) ,  jedoch  frei  von  dog- 
matischer Verbissenheit  (wegen  spiritales  quaestiones  verweist  er  ep.  IV, 
17  auf  sacerdotes  fide  clari,  und  auch  für  Juden  hat  er  Humanität,  obwohl 
ihm  deren  secta  despectui  est,  ib.  III,  4  vgl.  VI,  11.  VIII,  13)  und  Raum 
lassend  für  warme  Bewunderung  der  classischen  Literatur.  Vgl.  ep.  II,  9 : 
similis  scientiae  viri,  hinc  Augustinus,  hinc  Varro,  hinc  Horatius,  hinc  Pru- 
dentius  lectitabantur.  Er  hat  zwar  ein  klares  Bewusstseiu  von  dem  Gegen- 
satze der  beiden  Weltanschauungen  (ep.  IX,  13:  procul  hinc  et  Hippocre- 
nen  .  .  et  Apollinem  cauornm  .  .  abigamus,  et  Minervam.  .  .  removete 
ficta  fatu:  deus  ista  praestat  unus;  vgl.  VIII,  4:  talibus  studiis  anterior 
aetas  iuste  . .  occupabatur;  modo  tempus  est  seria  legi,  seria  scribi  etc.); 
aber  er  bedient  sich  gewöhnlich  unbefangen  der  Gestalten  und  Begriffe 
der  alten  Welt  und  ist  in  deren  Literatur  wohlbewandert  (s.  bes.  c.  9). 
Dass  er  jedoch  in  dieser  Welt  nicht  ursprünglich  zu  Hause,  sondern  nur 
durch  Schulbildung  und  fortgesetztes  Studium  eingebürgert  ist  zeigt  das 
viele  Fremdartige,  Analogiewidrige,  Verschrobene  und  Geschmacklose  was 


972  ^*^  Kaisurzeit.    Fünftes  Jahrhuudert. 

sein  latciniHcher  Ausdruck  hat,  in  Wortstellung  wie  Wortbildung  und  Syn- 
onymik (ex  asse  gaudeo  u.  dgl.,  granditer  anxius,  sis  meminens,  ilicet  = 
nam,  phtliisiscere,  crepusculaaccns,  combinans,  bonuscula,  complices,  spon- 
taliter,  trebaciter,  ducalius,  sternax,  incursax  u.  dgl.),  eine  bunte  Mischuug 
von  Reminiscenzen  aus  allen  Zeiten  und  Stilarten.  Seine  Prosodie  ist,  mit 
Ausnahme  willkürlicher  Messungen  von  Eigennamen  und  Fremdwörtern, 
wie  EuripTdis  (c.  9,  231.  23,  126),  Ctesiphon  (c.  23,  139),  cätholicam  (ep.  IV, 
11),  phllosophi  (c.  15,  182.  187),  untadelig. 

9.  Ausgaben  von  El.  Vinetus  (Lugd.  1552),  J.  Wower  (cum  notis  P. 
Colvii,  Paris,  et  Lugd.  1598),  J.  Savaro  (Paris.  1599.  1609.  4.),  G.  Elroen- 
horst  (Hannover  1617)  und  bes.  J.  Sirmond  (Paris  1614.  1652.  4.  in  Sir- 
mondi  opp.  I.  p.  464  flF.).  In  der  Bibl.  patr.  max.  VI.  p.  1075  ff.,  Gallandi 
bibl.  patr.  X.  p.  463  ff.,  Migne's  patrol.  LVIII.  Auch  hier  wäre  noch  ein 
weites  und  dankbares  Arbeitsfeld. 

10.  A.  Germain,  cssai  litteraire  et  historique  sur  Ap.  Sid.,  Montpel- 
lier 1840.  M.  Fertig,  C.  S.  A.  S.  und  seine  Zeit  nach  seinen  Werken  dar- 
gestellt, 3  Thle.,  Wiirzburg  1845.  1846.  PiUJBau  1848.  4.  G.  Kaufmann,  die 
Werke  dcß  A.  S.  als  eine  Quelle  für  die  Geschichte  seiner  Zeit,  GöttL  1864. 
44  S.;  C.  S.  A.  S.,  im  Neuen  Schweiz.  Museum  V  (Basel  1865)  S.  1  —  28. 
C.  A.  Chaix,  St.  Sidoine  Ap.  et  sou  siede,  2  Voll.  (462  u.  408  pp.)  Cler- 
mont-Ferrand  1867;  vgl.  G.  Kaufmann,  Götti.  gel.  Anz.  1868,  S.  1001—1020. 

438.  Aus  dem  Freundeskreise  von  Sidonius  besitzen  wir 
noch  Schriften  von  Rustieius  Elj)idius  Domnulus,  Mainertus  Clau- 
dianus  und  Faustus.  Von  Domnulus  sind  uns  einige  clirist- 
liche  Gedichte  erhalten;  von  dem  Presbyter  Mamertus  (Ecdicius) 
(jlaudianus  die  drei  Bücher  de  statu  animae  welche  er  unis 
J.  470  dem  Sidonius  widmete.  Ihrem  Inhalte  nach  ist  diese 
Schrift  scholastisch,  in  der  Form  bald  trocken  bald  schwülstig. 
Auch  einen  christlichen  Hymnus  von  prosaischem  Tone  besitzen 
wir  von  ihm.  Gleichfalls  ein  Freund  des  Sidonius  war  der  Bischof 
von  Reii  (Riez),  Faustus,  gegen  welchen  das  Werk  des  Clan- 
dianus  gerichtet  war  und  von  welchem  eine  Schrift  de  gratia 
dei,  Briefe,  Predigten  u.  dgl.  auf  uns  gekommen  ist. 

1.  Subßcription  des  Vat.  4229  von  Pomponius  Mela:  Fl.  Rusticias 
llelpidiua  Domnulus  v.  c.  et  spectab.  com.  consißtor.  emendavi  Rabennac 
Aehnlich  am  Julius  Paris.  Vgl.  Elpidio  viro  spect.  comiti  sacri  condstorii 
in  den  Acta  concil.  ephes.  bei  Harduin  II.  p.  77.  Die  nächste  Stufe  nadi 
den  comites  cons.  war  die  des  quaeetor.  Der  Domnulus  von  welchem  Si- 
don.  ep.  IX,  13  erzählt  dass  er  unter  Majorianus  (J.  457 — 461)  zu  Arki 
Gedichte  gemacht  habe  (vgl.  oben  436,  8)  und  an  welchen  Sid.  ep.  IV,  85 
gerichtet  ist  heisst  ib.  carm.  14  praef. :  vir  quaestorius ;  und  die  chrisiUclieii 
Gedichte  (s.  A.  2)  haben  die  Ueberschrift:  Rustici  Helpidi  v.  c  et  iiü.  4St 
quaestore.  Die  Identität  der  Person  ist  daher  höchst  wahrscbeidädi.  0. 
Jahn,  Berichte  der  sächs.  Ges.  d.  Wiss.  1851,  S.  315-347. 


438.    Domiiulub  und  Mam.  Claudiamis.  973 

2.  Rastici  Elpidii  Carmen  de  Cliristi  beneficiis  (ed.  Herrn.  Müller, 
Göitingen  1808  4.)  in  Hexametern,  und  Historiarum  tcstamenti  veteris  et 
novi  tristicha,  '24  Strophen  von  je  drei  Hexametern.  Beide  gedruckt  in 
G.  KaV)riciu8,  corpus  poett.  Christ,  p.  754  ff.  und  in  patristischen  Samm- 
lungen (z.  B.  Bibl.  patr.  max.  IX.  p.  462  ff.). 

3.  Gennad.  vir.  ill.  83:  Claudianus  Viennensis  ecclcsiae  presbyter, 
vir  ad  loquendum  artifex  et  ad  disputandum  subtilis,  composuit  tres  quasi 
de  statu  vel  de  substantia  animae  libros,  in  quibus  agit  .  .  ut  ostendat 
aliquid  esse  incorporeum  praeter  deum.  scripsit  et  alia  nonnulla,  iuter 
quae  et  hymnum  de  passioue  domini  cuius  principium  est  , Fange  liugua 
gloriosi'.  fuit  autem  frater  Mamerti  Viennensis  episcopi.  Nachruf  an  ihn 
(nuper  ereptus)  von  Sidon.  epist.  IV,  11  mit  masslosem  Lobe,  n  ß.:  vir 
providus,  prudeus,  doctus,  eloquens,  acer  et  hominum  aevi,  loci,  popnli  sni 
ingcniosissimus  quique  indesinenter  salva  religione  philosopharetur  et  .  .  a 
collegio  complatonicorum  solo  habitu  ac  fide  dissociabatur.  .  .  episcopum 
fratrem  maiorem  natu  affectuosissime  observans  etc.  sed  et  ille  suspicie- 
bat  hunc  granditer,  habens  in  eo  consiliarium  in  iudiciis,  vicarium  in  eccle- 
siis  etc.  Und  in  der  nachfolgenden  nenia  auf  ihn  z.  B.:  Claudianus,  triplex 
bybliotheca  quo  magistro  —  romana,  attica,  christiana  —  fulsit.  . .  orator, 
dialecticus,  poeta,  tractator,  geometra  musicusque,  doctus  solvere  vincla 
quaestionum  et  verbi  gladio  secare  sectas,  si  quae  catholicani  fidom  laces- 
8unt.  paalmorum  hie  modulator  et  phonascus  etc.  Brief  des  Claudianus 
an  Sidonius  in  dessen  epist.  IV,  2.  Anderer  an  den  ßhetor  Sapaudus  s. 
oben  436,  9. 

4.  Die  Schrift  de  statu  animae  hat  die  Widmung :  praefectorio  (also 
nach  J.  467,  s.  ob.  437,  2),  patricio,  doctissimo  et  optimo  viro  C.  SoUio  Sidonio 
Claudianus  sal.  und  das  Nachwort:  Claudianus  C.  Sollio  Apollinari.  Jene 
beginnt :  editionem  libellorum  quos  de  animae  statu  condidi . .  mihi  imperasti 
und  enthält  auch  eine  kurze  Inhaltsangabe.  B.  I  beginnt:  magnum  in  ge- 
nere  humano,  Solli  Sidoni,  frater  amantissime,  multorum  vitium  est  etc. 
Im  Nachwort:  libellorum  a  me  transmissorum ,  quos  philosophicae  artis 
subtilissima  disputatione  disposui  etc.  üeberschwünglicher  Preis  dieser 
Schrift  durch  Sidon.  epist.  IV,  3  vgl.  V,  2:  librum  de  st.  an.  tribus  volu- 
minibus  illustrem  Mamertus  Claudianus,  peritissimus  christianorum  philo- 
Bophus,  .  .  excolere  curavit  etc.  Polemik  gegen  chartula  quaedam  (I,  1), 
ein  opusculum  (I,  2)  welches  anonym  erschienen  war  (ib.),  aber  den  Fau- 
stus  zum  Verfasser  hatte;  s.  A.  7. 

5.  Der  Hymnus  Fange  etc.  besteht  aus  30  trochäischen  Tetrameteru. 
Ueber  ihn  Sidon.  epist.  IV,  3:  de  hymno  tuo  si  percontere  quid  sentiam, 
commaticus  est,  copiosus,  dulcis,  elatus  et  quoslibet  lyricos  dithyrambos 
amoenitate  poetica  et  historica  veritate  supereminet  u.  s.  f.  in  diesem  Stile. 
Auch  noch  andere  Sachen  in  gebundener  Form  tragen  seinen  Namen  und 
sind  theilweise  unter  die  Gedichte  des  älteren  Claudianus  (oben  413)  hin- 
oingerathen.  So  im  epischen  Versmass  contra  poetas  vanos,  ein  Carmen 
paschale,  laus  Christi,  bIs  zov  acor^^a,  ilg  xov  d£an6zi]v  X^taroV;  im  ele- 
gischen in  lacobum  mag.  eq.  und  miracula  Christi.  Da  Sidonius  (ep.  IV, 
II;  8.  A.  3)  Gedichte  in  griechischev  Sprache  ihm  beilegt,  so  mager  wirk- 
lich der  Verf  sein. 


974  ^0  Kaiserzeit    Fünftes  Jahrhundert. 

6.  Abgedruckt  sind  des  Mam.  Claudianus  erhaltene  Werke  z.  B.  in 
Gallandi  bibl.  patr.  X  und  in  Migne's  patrol,  LIII  (p.  693  —  790);  die  Ge- 
dichte auch  in  G.  Fabridus  Corp.  poett.  Christ,  p.  775  ff.  und  andern 
Sammlungen. 

7.  Geunad.  vir.  ill.  85:  Faust  üb,  ex  abbate  Lerineusis  monasteiü 
apud  Regium  (vielmehr  in  Reii)  Galliae  episcopus  factus  (ums  J.  462),  vir 
in  divinis  scripturis  satis  intentus,  .  .  composuit  librum  de  spiritu  sancto. 
. .  edidit  quoque  opus  cgregium  de  gratia  dei  (s.  A.  8).  .  .  legi  eius  et 
Adversus  Arianes  et  Macedonianos  parvum  libellum  .  .  et  alium  Advenus 
eos  qui  dicunt  esse  in  creaturis  aliquid  incorporeum,  in  quo  divinis  testi- 
moniis  et  patrum  confirmat  sententiis  nihil  credeudum  incorporeum  praeter 
deum  (hiegegen  Claudiauus,  s.  A.  3  u.  4).  est  et  eius  Epistola  in  modum  libelli 
ad  diaconum  quendam  Gratum  nomine  edita,  qui  a  fide  catholica  discedens 
ad  Nestorianam  abiit  impietatem.  .  .  sunt  vero  et  alia  eius  scripta,  quae 
quia  necdum  legi  nomiuare  nolui.  .  .  scripsit  postea  ad  Felicem  praef. 
praet.  et  patriciae  dignitatis  virum,  filium  Magni  consulis,  iam  religioBom, 
epistolam  ad  timorem  dei  hortatoriam.  Vgl.  ib.  86:  floruit  hie  (Caesarius, 
episc.  Arelatensis)  eo  tempore  quo  et  Faustus,  Anastasio  remp.  admini- 
strante.    Sidon.  carm.  16.  epist.  IX,  3.  9.   Vgl  oben  437,  4. 

8..  Die  Schrift  des  Faustus  De  gratia  Dei  in  zwei  Büchern,  als  pela- 
gianisch  angegriffen  von  Gelasius,  Fulgentius  (unten  441,  1)  n.  A.,  ist  er- 
halten. Die  auf  uns  gekommenen  Briefe  des  F.  (an  Leontius,  Paulinen, 
Felix,  Ruricius  u.  A.)  sind  dogmatischen  Inhalts  und  meist  umfangreich. 
So  der  an  Leontius  contra  eos  qui  dtmi  per  solam  dei  voluntatem  alios 
dicunt  ad  vitam  attrahi  .  .  liberum  arbitrium  cum  Manichaeis  negänt;  die 
Correspondenz  mit  dem  presbyter  Lucidus  gegen  den  Pradestinatianismos, 
das  Schreiben  gegen  den  Ananisinus  u.  s.  w.  Letztere  Richtung  zog  dem 
F.  die  Ungnade  des  arianischen  Westgothenkönigs  Eurich  zu  (J.  481).  Fer- 
ner Sermones  u.  A.  Vgl.  Sidon.  epist.  IX,  3  an  Faustus:  immane  sutpido 
dictandi  istud  in  vobis  tropologicum  geuus  ac  figuratum  limatiaque  pluri- 
fariam  verbis  eminentissimum.  ib.  9 :  legi  volumina  tua  etc.  legimus  opus 
operosissimum,  multiplex,  acre,  sublime,  digestum  titulis  exemplisque  con- 
gestum,  bipartitum  sub  dialogi  schemate,  sub  causarum  themate  quadri- 
partitum.  . .  mulierem  pulchram  . .  tibi  iugasti,  .  .  philosophiam  scilicet 
.  .  huic  copulatum  te  matrimonio  qui  lacessiverit  sentiet  ecclesiae  ChrisÜ 
Piatonis  academiam  militare  teque  nobilius  philosophari. 

9.  Die  Schriften  des  Faustus  bei  P.  Pithöus,  coUectio  vett  Galliae 
theolog.  (Paris,  1586.  4.),  in  der  BibL  patr.  max.  (Lugd.  1677)  VIII,  in 
Migue's  patrol.  LVIII  (p.  783-889  vgl.  LIIL  p.  681—685).  Vgl.  Wiggers, 
Pelag.  IL  S.  228  ff. 

439.  Wie  bei  Claudianus  und  Faustus  so  dreht  sich  auch 
bei  andern  Theologen  der  Zeit  von  welchen  wir  noch  Arbeits 
besitzen  die  schriftstellerische  Thätigkeit  vorzugsweise  um  das 
Verhältniss  von  Willensfreiheit  und  Gnade,  auch  wohl  noch  um  die 
alten  Streitigkeiten  über  die  Person  Christi.  Andere  verfassen 
(^omraentare  zu  biblischen  Schriften,  Predigten  und  dgL    Solehe 


:>%i^ 


438  f.    Faustus.    AmobiuB  iun.  u.  A.  975 

theologische  Schriftsteller  sind  Amobius  (iunior),  Cerealis,  Ge- 
lasius,  Honoratus,  Ruricius,  Salonius  u.  A.  Besonders  wichtig 
aber  ist  desGennadius  Fortsetzung  von  Hieronymus'  Verzeich- 
niss  der  kirchlichen  Schriftsteller  (viri  illustres)  bis  auf  ihn  selbst 
(um  495). 

1..  Des  Amobius  Commentarius  in  psalmos  igt  gewidmet  Leontio 
et  RubUco  episcopis,  die  um  460  fallen.  Ausserdem  ist  erhalten  Amobit 
catholici  et  Serapionis  conflictus  de  deo  trino  et  uno  etc.,  in  Form  einer 
Verhandlung  vor  einem  Schiedsgericht,  in  der  Weise  ut  Amobius  a  parte 
sediä  apostolicae  defensor  fieret  et  Serapion  a  synedrio  Aegyptiorum  al- 
tercator  existeret,  iudices  vero  essent  a  parte  catholica  Decius  Constantius 
et  a  parte  Aegyptiorum  Ammonius.  Abdruck  in  der  Bibl.  patr.  max.  VIII, 
in  Migne's  patrol.  LIII  (p.  238—669). 

2.  Gennad.  vir.  ill.  86:  Caesarius,  Arelatensis  urbis  episcopus,  .  . 
scripsit  egregia  et  grata  et  valde  monachis  necessaria  opuscula.  de  gratia 
quoque  et  libero  arbitrio  edidit  testimonia.  .  .  quod  opus  etiam  papa  Fe- 
lix per  suam  epistolam  roboravit  et  in  latius  promulgavit  floruit  hie  .  . 
Anastasio  remp.  administrante  (J. 491—518).  Vgl.  Greg.  Tur.  hist.Franc.IX,39. 

3.  Gennad.  ill.  96:  Cerealis  episcopus  natione  Afer,  interrogatus  a 
Maximino  Arianorum  episcopo,  si  paucis  posset  .  .  fidem  catholicam  assi- 
gnare, . .  copiosis  tarn  veteris  quam  novi  testamenti  indiciis  approbavit  et 
libello  edidit.  Abgedruckt  ist  diese  Schrift  z.  B.  in  Migne's  patrol.  LVIII. 
p.  767—767. 

4.  Gennad.  ill.  97:  Eugen  ins,  Carthaginis  . .  episcopus  et  confessor 
publicus,  admonitus  ab  Hunerico  Vandalorum  rege  catholicae  fidei  expo- 
sitionem  et  maxime  verbi  homousii  proprietatem  disserere  (J.  484) . .  com- 
posuit  librum  fidei  (abgedruckt  z.  B.  bei  Migne  patrol.  LVUI.  p.  219—234). 
. .  iam  vero  asportandus  pro  fidelis  linguae  remuneratioue  in  exilium  epi- 
stolaa  velut  commonitorias  fidei  . .  dereliquit  (abgedruckt  z.  B.  bei  Migne 
LVIII.  p.  770—775).  altercationes  quoque  quas  cum  Arianorum  praesulibus 
per  intemuntios  habuit  conscripsit  et  relegendas  per  maiorem  domus  Hu- 
nerico transmisit.  similiter  et  preces  pro  quiete  christianorum  eidem  velut 
apologias  obtulit.  vivere  adhuc  (um  495)  . .  dicitur.  Er  starb  J.  505.  Vgl. 
Greg.  Tur.  bist.  Franc.  II,  3.  mirac.  I,  68. 

6.  Gennad.  ill.  94:  Gelasius,  urbis  Romae  episcopus  (J.  492 — 496), 
scripsit  adversus  Eutychen  et  Nestorium  grande  et  praeclarum  volumen  et 
tractatus  diversarum  scripturarum  et  sacramentorum  elimato  sermone  et 
adversus  Petrum  et  Acacium  scripsit  epistolas.  .  .  fecit  et  hymnos  in  si- 
militudinem  Ambrosü  episcopi.  obiit  sub  Anastasio  Aug.  Abdruck  des 
Erhaltenen  (worunter  auch  de  lupercalium  intermissione)  in  den  Concilien- 
sammlungen,  in  der  BibL  patr.  max.  VIII,  in  Migne's  patrol.  LIX.  Schrei- 
ben seiner  Vorgänger,  der  Päpste  Hilarius  (J.  461—467),  Simplicius  (J. 
467—483),  FeUx  III  (J.  483—492),  bei  Migne  LVIII. 

6.  Gennad.  ill.  96:  (Antonius)  Honoratus,  Constantinae  (Africae 
civitatis)  episcopus,  scripsit  ad  Arcadium  quendam  qui  pro  confessione  fidei 
catholicae  in  partibus  Africae  a  Genserico  rege  missus  exulabat  epistolam 
.  .  hortatoriam.    In  Migne^s  patrol.  L.  p.  567—670. 


976  ^iö  Kaiaerzeit.    Fünftes  Jahrhundert. 

7.  Gennad.  ill.  99:  Honoratus,  Massiliensis  eccleaiae  episcopus,  vir 
cloqucns  et  absque  ullo  linguac  impedimento  ex  tempore  in  ecclesia  dc- 
clamator  . .  in  homiliarum  modum  .  .  midta  componit.  Auch  war  er  als 
lieiseprediger  thätig.  . .  sanctus  quoque  papa  Gelasius  (A.  5)  per  scriptu- 
ram  aguoscens  eins  fidei  iutegritatem  rescripto  suo  probatam  iudicavit. 
sauctorum  quoque  patrum  vitas  .  .  coaptat  ipse  legendas,  praecipue  nutri- 
toris  Bui  Hilarü  (oben  428,  7).  litanias  ad  supplicandam  dei  clemenÜam 
cum  plebe  sibi  credita  pro  viribus  agit.  Gedruckt  ist  seine  vita  Uilarii 
z.  6.  in  Migne's  patrol.  L.  p.  1220  - 1246. 

8.  Gennad.  ilL  98:  Pomerius  natione  Maurus,  in  Gallia  presbyter 
ordinatus,  iuterrogantibus  luliano  episcopo  et  Vero  presbytero  dialecti- 
corum  more  respondens  arte  dialectica  .  .  composuit  De  natura  animae 
et  qualitate  eins  et  De  resurrectione  .  .  libros  VIII  (abgedruckt  z.  B.  bei 
Migne  LIX).  .  .  memini  legisse  me  olim  eins  dictatum  ad  quendam  no- 
mine Principium  de  contemtu  mundi  ac  rerum  transiturarum  hortatorium 
et  alium  De  vitiis  et  virtutibus  praetitulatum.  scripsisse  dicitor  et  alia  et 
adhuc  scribere,  quae  ad  meam  notitiam  non  venerunt.  vivit  usque  hodie 
(um  495).    Bei  Isid.  ill.  12  heisst  er  lulianus  cognomento  Pomerius. 

9.  Von  Ruricius,  episcopus  Lemovicensis  (Limoges)  J.  484  —  507, 
äiud  82  Briefe  in  zwei  Büchern  erhalten,  gerichtet  vorzugsweise  an  Bi- 
schöfe, wie  Sidonius,  Faustus,  Aeonius,  Euphrasius,  Caesarius,  Sedatos, 
Aprunculus,  Volusiauus  u.  A.  Die  Nachahmung  des  Sidonius  ist  unver- 
kennbar (II,  18  versucht  sich  R.  auch  in  Hendekasy Ilaben);  an  Reichthum 
des  Inhalts  aber  sind  die  Briefe  mit  denen  des  Sid.  nicht  zu  vergleichen. 
Abdruck  z.B.  in  Migne's  PatroLLVIlI.  p.68— 124.  Vgl.  oben  437,4.  Epitaph  des 
Venant.  Fort.  (IV,  5)  auf  die  beiden  Ruricii  Anicii,  Grossvater  und  Enkel. 

10.  Salonius,  Sohn  des  Eucherius  (oben  428,  6),  Verfasser  einer 
Expositio  mystica  zu  den  Sprüchen  Salomo's  in  dialogischer  Form  (abge- 
druckt z.  B.  bei  Migne  LIII.  p.  967  —  99.3)  und  einer  ganz  ähnlichen  zum 
Prediger  Sal.  (ib.  p.  99H— 1011).  Ein  Brief  von  ihm,  Ceretius  und  Vera- 
nius  an  Leo  M.  bei  Migne  LIV.  p.  887  ff.  Briefe  und  Schriften  des  Sal- 
vianus  an  ihn,  oben  435,  1.  3.  4;  ebenso  Briefe  des  Sidonius. 

11.  Vigilius,  Bischof  von  Thapsus  (Africa),  J.  484  verbannt;  Verf. 
von  Adversus  Nestorium  et  Eutychem  libri  V  pro  defensione  synodi  Chal- 
cedonensis  (gedruckt  Tubing.  1528  fol.  Colon.  1555).  Unter  dem  Namen 
des  Athanasius  erschien  seine  Altercatio  adversus  Arium.  Bestritten  ist 
die  Urheberschaft  der  libri  XII  de  trinitate.  Abdruck  in  Chittlets  Ausg. 
des  Victor  Vit.  (Divion.  1664.  4). 

12.  Gennad.  ill.  100:  ego  Gennadius,  Massiliac  presbyter,  scripsi 
adversus  omnes  haereses  libros  VIII  et  adversus  Nestorium  libros  VI,  Ad- 
versus Pelagium  libros  III  et  tractatus  de  mille  aunis  et  de  apocalypsi  b. 
loannis,  et  hoc  opus,  et  opistolam  de  fide  mea  (=»  de  ecclesiasticis  dogma- 
tibus,  bei  Migne  LVIII.  p.  979  —  1000)  misi  ad  b.  Gelasium,  urbis  Bomae 
episcopum.  Vgl.  ib.  72  extr. :  hunc  ipsum  hbellum  (Timothei  ad  Leonein 
imp.)  noscendi  gratia  ego  rogatus  a  fratribus  in  latinum  transtuli.  Ueber- 
Bchrifb  des  Hauptwerkes  im  Veronensis:  catalogus  virorum  illustriom  qooi 
b.  Hicronymum  sequens  commemorat.  Ausgaben  an  dem  Werke  des  Hie- 
ronymus  (z.  B.  ed.  Vallars.  II,  2.  p.  967  —  1016),  in  Migne's  patrol.  LVIII 


439  f.     Gennadius  u.  A.    Victor.    Idacius.  977 

p.  1053  — 1120  und  sonst.  Später  fortgesetzt  von  Isidorus.  Alle  dieee  zu- 
sammen (mit  deren  mittelalterlichen  Forteetzongeu)  in  den  Schriften  De 
illnstribuB  ecclesiae  scriptoribus  von  SuflFridus  Petrus  Leovardiensis  Frisius 
(Colon.  1580)  und  von  Aub.  Miraeus  (Antverp.  1639  fol.). 

440.  Historische  Arbeiten  aus  der  zweiten  Hälfte  des  fünf- 
ten Jahrh.  sind  des  Victor  Vitensis  Geschichte  der  Verfolgung 
der  orthodoxen  Kirche  durch  die  arianischen  Vandaler^  und  die 
Chronik  des  Spaniers  Idacius,  welche  die  Jahre  379— 469  um- 
fasst  und  die  Geschicke  seiner  Heimat  besonders  berücksichtigt. 
Ein  Verzeichniss  der  Consuln  vom  Beginn  der  Republik  bis  ins 
J.  468  n.  Chr.,  geschöpft  aus  den  altem  Fasten  und  einem  Aus- 
zuge aus  Livius,  ist  ohne  triftige  Gründe  gleichfalls  dem  Idacius 
beigelegt  worden. 

1.  Victor,  episcopus  Vitensis  (in  Byzacene),  ohne  Zweifel  auch  aus 
Africa  gebürtig  (historia  persecutionia  afiicanae  a  s.  Victore  patriae  Vi- 
tensis episcopo  in  einer  Handschrift).  Aus  dem  Vorwort:  ego  iubentis 
imperio  oboedientiae  cervicem  submittens  quae  obvenerunt  in  partibus 
Africae  debacchantibus  Arianis  sensim  breviterqne  indicare  tentabo.  Zeit- 
bestimmung 1,1:  sexagesimus  nunc,  ut  clarum  est,  agitur  annus  ex  quo 
popnlus  ille  crudelis  ac  saevus  vandalicae  gentis  Africae  attigit  fines  (J. 
427  +  59  =  486;  nach  Papencordt  429  +  59  =  488).  B.  I  (nach  der 
Eintheilung  von  Chifflet)  enthält  die  Verfolgungen  durch  Geiserich  (t  477), 
B.  II,  IV  und  V  die  durch  dessen  Sohn  und  Nachfolger  Hunerich  (J.  477 
—  Ende  484);  B.  III  das  Letzterem  überreichte  Glaubensbekenntniss  der 
orthodoxen  Bischöfe  (s.  oben  439,  4).  Die  Erzählung  ist  unter  dem  frischen 
Eindrucke  des  Selbsterlebten  einseitig  und  grell  gehalten,  die  Darstellung 
ungebildet.  F.  Papencordt,  Gesch.  d.  vandal.  Herrschaft  in  Africa  (Berl. 
1837)  S.  366—370. 

2.  Gedruckt  Colon.  1517.  1538  (cura  B.  Lorichii);  cum  notis  Fr.  Bal- 
duini  (mit  Optatus  Milev.)  Paris.  1569;  cum  notis  P.  Fr.  Chiffletii  (mit 
Vigil.  Thaps.),  Divion.  1664.  4.  c.  n.  et  obss.  Th.  Ruinart,  Paris.  1694.  8. 
Veron.  1732.  4.  In  den  patristischen  Sammlungen  z.  B.  von  Migne  (LVIIl. 
p.  180—260.    Prolegg.  p.  125—179.     Appendices  p.  260 — 434). 

3.  Idac.  praef. :  Idacius,  i^rovinciae  Gallaeciae  natus  in  Lemica  ci- 
vitate  (Lamego),  .  .  summi  praesul  creatus  officii  (vgL  c.  4:  capto  Idacio 
episcopo  VII  kal.  aug.  —  des  J.  464  —  in  Aquaeflaviensi  ecclesia),  .  .  per- 
exiguum  informatus  studio  saeculari,  . .  sanctorum  eruditissimorum  patrum 
in  praecedenti  opere  suo  . .  ostensum  ab  bis  secutus  exemplar.  quorum 
primus  Eusebius  etc.  post  hunc  Hieronymus  presbyter  etc.  quem  quodam 
tempore  propriae  peregriuationis  (in  Palästina)  .  .  adhuc  infantulus  vidisse 
me  certus  sum.  .  .  partim  ex  studio  scriptorum,  partim  ex  certo  aliquan- 
torum  relatu,  partim  ex  cognitione  quam  iam  lacrimabile  propriae  vitae 
tempus  ostendit  quae  subsequantur  adiecimus.  .  .  ab  anno  primo  Theo- 
dosii  Aug.  in  annura  III  Valentiniani  Aug.,  Placidiae  reginae  filii,  .  .  a 
nobis  conscriptii  sunt  studio  vel  ex  scriptorum  stilo  vel  ex  relationibus  in- 

Teuffel,  BOm.  Litcraluigeschichto.  (32 


978  I^ie  Kaißerzeit.    Fünftes  Jahrhundert. 

dicantuin.  ezin  immerito  allectus  ad  episcopaius  officiam  .  .  sabdidimng 
etc.  posteris  in  temporibus  quibus  ofi'enderint  reliquimus  consummandai 
Sichtlich  bemüht  sich  der  Verf.  redlich  die  Wahrheit  zu  sagen,  und  wo 
ihm  nicht  seine  Leichtgläubigkeit  im  Wege  steht  ist  er  ein  werthvoUer 
Zeuge.  Vgl.  F.  Papencordt,  Gesch.  d.  vandal.  Herrschaft  (1837)  S.  3ö2 
—  356. 

4.  Handschrift  von  Sirmond,  wonach  von  diesem  herausgeg.  Paris. 
1619  und  in  sn.  Opp.  (Paris.  1696.  11.  p.  291  fl*.  Venet.  1728.  II.  p.  228  ff.); 
von  Bouquet  (recueil  des  bist,  de  la  France  I.  p.  612  ff.),  Florez  (Esp.  sagr. 
IV.  p.  346  ff.),  Roncalli  (vetust.  latt.  scr.  chron.  II.  p.  337  ff.).  Auch  bei 
Migne  patrol.  LI.  p.  873—890. 

5.  Das  von  Sirmond  dem  Idacius  zugeschriebene  Conauluverzeichniss 
streut  auch  geschichtliche  Nachrichten  ein,  Anfangs  spärlich,  in  den  letzten 
zwei  Jahrhunderten  häufiger.  Mit  Idacius  hat  es  sicher  die  Zeit  gemein, 
sowie  die  handschriftliche  üeberliefernng.  Ausgaben  von  Sirmond  und 
Roncalli  (s.  A.  4),  in  Grävius'  Thesaur.  antiqq.  rom.  XI.  p.  246  ff.,  Migne^B 
patr.  LI.  p.  891—894  u.  sonst. 

441.  Ungefähr  in  der  zweiten  Hälfte  des  Jahrh.  lebte  und 
schrieb  wahrscheinlich  in  Africa  der  eitle  Grammatiker  Fabius 
Planciades  Fulgentius,  von  welchem  wir  drei  Schriften  be- 
sitzen: Mythologiarum  (oder  mythologicon)  libri  HI  mit  einer 
Einkleidung  in  der  Weise  des  Martianus  Capella  und  voll  aben- 
teuerlicher Erklärungen  der  Namen  und  Mythen;  eine  allego- 
rische Auslegung  des  Inhaltes  der  Aeneis  ( Vergiliana  continentia), 
und  eine  Expositio  de  abstrusis  sermonibus,  worin  der  Verf. 
Belege,  wenn  sie  ihm  nicht  zu  Gebote  stehen,  herzhaft  selbst 
erfindet.  Seine  Darstellung  bewegt  sich  in  gezierten,  bombasti- 
schen, abgeschmackten  Phrasen.  Wohl  mit  ihm  verwandt  ist 
der  Bischof  Fulgentius  von  ßuspe  in  Africa  (J.  468 — 533; 
Bischof  seit  508),  von  welchem  zahlreiche  theologische  Schrifl«n 
auf  uns  gekommen  sind,  dessen  Schreibweise  aber  ebenso  nüch- 
tern und  trocken  ist  wie  die  seines  geckenhaften  Namensvetters 
verschroben. 

1.  Isidor.  vir.  ill.  14:  Fulgentius  Afer,  ecclesiae  Ruspensia  epi- 
scopus,  . .  scripsit  multa,  ex  quibus  legimus  De  gratia  dei  et  libero  arbi- 
trio  libros  responsionum  YII,  in  quibus  Fausto  (oben  438,  7)  Galliae  £e- 
giensis  urbis  episcopo,  pelagianae  pravitati  consentienti,  respondena  obni- 
titur  etc.  legimus  et  eius  librum  de  s.  trinitate  ad  Felicem  etc.  extant  et 
duo  eius  libri  de  veritate  praedestinationis  etc.  est  et  Über  altercatiooifl 
eius  quo  de  fide  cum  Thrasamundo  rege  .  .  disputavit,  und  Änderet. 
..  claruit  sub  Thrasamundo  (J.  496—523)  rege  Vandalorum,  Anastasio  imp. 
regnante  (J.  491—518).  Ausser  zahlreichen  Schriften  dieses  F.  (bei  Migoe 
LXV)  besitzen  wir  auch  eine  Vita  desselben,  wahrscheinlich  von  seiBem 
Schüler  (Fulgentius)  Ferrandus,  Diakon  in  Karthago  (ed.  P.  Fr.  Chifflet» 


-..^  -.^ 


441.    Fulgentias,  der  Bischof  und  der  Graromatiker.  979 

Divion.  1649.  4.;  bei  Migne  LXVII),  eine  in  ihrer  Wahrhaftigkeit  achtungs- 
werthe  Quelle  für  die  Zeitgeschichte. 

2.  Aus  Pulg.  praef.  der  myth.  ad  Catum  presbyterum.  me  disce- 
dentem  a  te,  domine,  dum  quasi  urbanis  extorrem  negotiis  ruralis  otii 
torpor  astringeret,  evitans  aerumnosa  calamitatum  naufragia  quibus  pu- 
blicae  incessabiliter  vexantur  actiones  (p.  5).  .  .  sopitis  in  fa?illa  silentii 
raucisonis  iurgiorum  classicis  quibus  me  galagetici  (Salmasius:  gallo- 
getici;  L.  MüUer:  gallaedd)  quassaverant  impetus  defaecatam  silentio 
vitam  agere  creditabam  (p.  6).  .  .  tributaria  in  dies  couTentio  com- 
pulsantium  pedibus  limen  proprium  triverat,  nova  indictionum  ac  mo- 
mentanea  proferens  genera.  .  .  addebatur  bis  quod  etiam  bellid  fre- 
quenter  incursus  pedum  domo  radicem  infigere  iusserant.  .  .  tandem 
domini  regis  felidtas  (p.  7)  . .  pavores  extorsit.  .  .  licuit  tandem  arva  yisere 
etc.  (p.  8).  In  den  Aufschriften  heisst  der  Verf.  Fabins  (vgl.  p.  19  M.) 
Plandades  Fulgentius  (vgl.  p.  23.  27  M.)  v.  cl;  Goth.  66  gibt  ihm  auch 
das  praenomen  Gaius.  Die  Bezeichnung  Carthagiuiensis  verstehen  Lersch 
und  L.  Müller  von  Neukarthago  in  Spanien.  Italiener  war  F.  jedenfalls 
nicht;  s.  p.  142  M.:  serva  istaec  tuis-  Bomanis;  . .  nobis  vero  erit  maxi- 
mum  si  etc.  Vgl.  M.  Zink,  S.  4  —  8.  Da  er  auch  von  den  pagani  als  Dritten 
spricht  (myth.  I,  23.  II,  9.  III,  7.  VergiL  cont.  p.  162  M.),  so  war  er  ge- 
tauft. Seine  Zeit  f^t  sicher  nach  Martianus  Cap.  (vgl.  expos.  s.  v.  caeli- 
batus);  alles  Weitere  aber  hängt  von  der  Deutung  der  verschwommenen 
Angaben  des  F.  p.  6  ff.  ab.  Zink  bezieht  den  dominus  rex  auf  den  Van- 
dalenkönig  Hunerich  (J.  477—484)  und  setzt  den  F.  vor  den  mythogr.  vat. 
I  (Zink  S.  13 — 16),  etwa  J.  480;  A.  Reifferscheid  (s.  A.  9)  denkt  an  die 
Einfälle  der  Mauren  in  das  vandalische  Gebiet  in  Africa,  welche  von 
Thrasamunds  Nachfolger,  dem  römerfreundlichen  König  Hilderich  (J.  623 
—630),  im  Anfang  seiner  Regierung  bei  Capsa  geschlagen  worden  seien  (?), 
und  setzt  den  F.  in  die  erste  Hälfte  von  saec  VI;  L.  Müller  (Fleckeisens 
Jahrbb.  96,  S.  791 — 796)  versteht  die  Zeitanspielungen  von  dem  Siege  des 
Gothen  Theoderich  über  den  Suevenkönig  Rechiarius  in  Galläden  J.  466. 

3.  Fulg.  myth.  praef.  p.  3  M.:  parumper  ausculta  dum  tibi  .  .  ordior 
fäbulam  quam  nuper  . .  nocturna  praesule  lucema  commentns  sum,  das 
Gespräch  mit  KaUiope  das  die  Einldtung  bildet,  ib.  p.  20:  mihi  non  cor- 
nutuB  adulter  arripitur  (in  dem  Buche)  etc.  (p.  21:)  certos  remm  prae- 
stolamur  effectus,  quos  repulsos  mendacis  Graeciae  fabnloso  commento 
quid  mysticum  in  bis  sapere  debeat  cerebrum  agnoscamus.  Proben  seiner 
Namenerklärung:  Cybele  =»  %vdog  ßsßaiov  (III,  6  p.  111);  Alpheus  = 
dXrj^eiag  tpotg  (III,  12).    Anderes  bei  Zink  S.  33—36. 

4.  Der  Titel  der  zweiten  Schrift  lautet  in  den  Hdss.  z.  B.  moralis 
expositio  Vergilianae  continentiae,  nach  der  subscriptio:  Vergilianae  con- 
tinentiae  secundum  philosophos  moralis  expositio.  Widmung  ad  Chalddium 
grammaticum  (Levitarum  sanctissimum ,  p.  137).  p.  138:  Vergilianae  con- 
tinentiae (Inhalt)  secreta  physica  tetigi.  . .  bucolioam  georgicamque  omi- 
simus.  In  seiner  Selbstgefälligkeit  lässt  F.  die  albernen  Bemerkungen  der 
Schrift  durch  Vergil  selbst  vortragen.  Gegen  den  Schluss  hin  wird  der 
Verf  selbst  der  Sache  überdrüssig  und  bricht  jäh  ab,  falls  nicht  etwas 
verloren  ist. 

G2^ 


980  Die  Kaiserzeit.    Fünftes  Jahrhundert. 

5.  Vorwort  der  expositio  de  abstrusis  sermonibas  (an  Cbalddios): 
.  .  libellum  quem  de  abstr.  serm.  parari  iussisti  in  qnantam  niemoriae 
entheca  subrogare  potuit  absolutum  retribui,  non  tarn  phaleraiis  sermonum 
fitudentes  spumis  quam  rerum  manifestationibus  dantes  operam  diluddan- 
dis.  Die  Schrift  enthält  Erklärungen  von  63  veralteten  und  seltenen  Wör- 
tern in  willkürlicher  Auswahl,  planlos  zusammengestellt,  mit  vielen  ge- 
fälschten oder  erdichteten  Citaten  aus  wirklichen  und  erdichteten  Schrift- 
stellern (z.  B.  Crispiuus  Heraclea,  Q.  Fabius  Lucullus  epico  carmine,  Lud- 
lius  comicus  in  Immolaria,  Callimorphus  Pisaeis,  Antidamas  in  mondibus 
libris).  L.  Lersch,  Fab.  PI.  Fulg.  de  abstr.  s.  nach  zwei  Brüsseler  Hdss. 
herausgegeben  und  literarhistorisch  gewürdigt,  Bonn  1844.  XXIV  u.  100  S. 
lieber  eine  Berliner  Hds.  s.  Rhein.  Mus.  XIX.  S.  297 — 301.  Abdruck  der 
Schrift  auch  au  P.  Daniels  Servius,  dem  Nonius  von  Mercenus,  Gerlach 
und  Roth  (p.  387—398)  und  sonst. 

6.  Nicht  erhaltene  Schriften.  Fulg.  verg.  cont.  p.  149  M. :  saturanter 
haec  in  libro  physiologo  quem  nuper  edidimus  de  medidnalibus  caosis  et 
de  septenario  ac  de  novenario  numero  etc.  qui  ista  discere  cupit  nosfrum 
physiologicum  perlegat  librum.  Gedichte;  praef.  mjth.  p.  2  f.  M. :  meas 
cachinuantes  saepius  nenias  lepore  satirico  litas,  .  .  dum  ludicro  Thalia 
ventilans  epigrammate  comoedica  solita  (est)  vernulitate  mulcere.  Proben 
seiner  poetischen  Befähigung  myth.  praef.  p.  11  f.  (trochäische  Tetrameter, 
vielfach  nach  dem  Accent  gemessen,  z.  B.:  Thespiädes  Hippocrene;  ferte 
gradum  pröperantes;  übi  guttas  florulentae;  rupe  pastor  c^dnit;  quod  ce- 
cinit  pastorali  Märo  silva  Mantuae  etc.)  uud  p.  23—25  (Hexameter),  verg. 
cont.  p.  140  (fünf  Hexameter). 

7.  Des  F.  stilistische  Vorbilder  sind  Apulejus  und  Martianns  Capella. 
Aber  auch  mit  Sidonius  hat  er  Aehnlichkeit  genug  um  den  Gedanken  au 
eine  specifisch  „afrikanische  Latinität'*  nicht  aufkommen  zu  lassen.  Sein 
Satzbau  ist  überladen,  so  dass  es  dem  Leser  nur  mit  Mühe  gelingt  vor 
dem  Wortschwall  zum  Verständniss  des  Gedankens  zu  gelangen  und  den 
langgestreckten  Unholden  von  Perioden  ihren  spärlichen  Inhalt  abzuge- 
winnen (Zink  S.  39).  Die  Unregelmässigkeit  ist  bei  ihm  Regel,  und  be- 
sonders ir.  der  Rection  der  Tempora  und  Modi  herrscht  vollständige  Anar- 
chie; B.  die  Nachweisungen  bei  Zink  S.  37  —  62  (Gräcismen,  Idiotismen, 
poetische  Constructionen,  Inversionen  u.  s.  w.).  Ueber  die  schwindelhafte, 
in  Wahrheit  aber  dürftige  Gelehrsamkeit  des  F.  in  seinen  Citat«n  s.  ebd. 
S.  62  —  93. 

8.  Abdruck  der  Schriften  des  F.  in  den  mythographi  latini  von  Th 
Muncker  (IL  p.  1—184)  und  van  Staveren  (p.  695—783).  M.  Zink,  der  My- 
tholog  Fulgentius,  Würzburg  1867.  94  S.  4.  E.  Jungmann,  quaestionum 
Fulgentiarum  capita  III,  in  RitscbPs  Acta  soc  philol.  Lips.  I  (1870). 

9.  Liber  absque  litteris  de  aetatibus  mundi  et  hominis  .  .  aactore 
Fabio  Claudio  Gordiano  Fulgentio  v.  cl.  eruit  e  mss.  codd.  (bes.  der  Sor- 
bonne) Jac.  Hommey  et  notis  illustravit,  Pictav.  1694,  Paris.  1696.  (B,  X 
und  XI  abgedruckt  Rhein.  Mus.  XXIII.  S.  137—142).  Nach  dem  Vorwort 
sollte  das  Werk  (nach  der  Zahl  der  Buchstaben)  aus  23  Büchern  bestehen; 
in  den  bekannten  Hdss.  finden  sich  aber  nur  B.  1—14.  Der  geschichtiidie 
Inhalt  ist  dürftig;   den  meisten  Raum  nimmt  die  biblische  Geschichte  ein. 


441  f.    FulgentiuB.    Cledonius.  981 

6.  X  enthält  die  Geschichte  Alexanders  d.  Gr.,  XI  die  yon  Born  bid  Caesar, 
XII  den  Inhalt  der  vier  Evangelien,  XIÜ  die  Apostelgeschichte,  XIV  die 
römische  Kaiserzeit.  Die  Ausführung  ist  UmoyQdiifiatog  ^  so  dass  in  den 
einzelnen  Büchern  je  ein  Buchstabe  des  Alphabets  der  Reihe  nach  unan- 
gewendet  bleibt*,  in  B.  I  der  Buchstabe  A,  in  II  der  Buchstabe  B  u.  s.  f., 
was  jedesmal  am  Schlüsse  bemerkt  wird  (z.  B.  decimo  libro  absque  K 
finito  undecimns  absque  L  incipit).  Diese  Idee  ist  ganz  im  Geiste  des 
Grammatikers  Fulg.,  mit  dem  die  Schrift  auch  die  Zahlenmystik  (vgl.  A.  6) 
gemein  hat,  sowie  Stil  und  Wortschatz  und  die  erlogenen  Quellenangaben 
(so  soll  das  Vorbild  seines  mirificum  opus  sein:  librorum  bis  duodenum 
volumen  Xenophontis  poetae).  Auch  dass  sich  der  Verf.  wiederholt  als 
Africauer  bezeichnet  stimmt  ganz  gut.  Abweichend  ist  nur  der  mittlere 
Theil  des  Namens,  dessen  Claudius  aber  bei  dem  Vater,  Gordianus  bei  dem 
Grossvater  des  Fulg.  Ruspensis  (A.  1)  wiederkehrt.  Vermutlich  war  des 
Grammatikers  voller  Name  Fab.  Flanciades  (von  seinem  Vater  Plauens?) 
Cl.  Gord.  Fulg.,  wobei  letzterer  vielleicht  von  dem  Bischof  herstammte, 
dem  sein  Vater  quasi  praescius  qualis  esset  futurus  diesen  Namen  gegeben 
hatte  (vita  Fulg.),  also  ohne  dass  er  vorher  in  der  Familie  üblich  gewesen 
wäre.    A.  ReifiFerscheid,  Rhein.  Mus.  XXIII.  S.  133  —  137.  142  f. 

442.  Andere  Grammatiker  ungefähr  aus  dieser  Zeit  sind 
die  Commentatoren  der  Ars  des  Donatus,  Cledonius  aus  Rom, 
Lehrer  in  Constantinopel,  und  Pompeius  aus  Mauretanien.  Von 
einem  grammatischen  Werke  des  Galliers  Consentius  sind 
zwei  Abschnitte,  de  nomine  et  verbo  und  de  barbarismis  et  me- 
taplasmis,  gleichfalls  auf  uns  gekommen;  ebenso  von  dem  gram- 
maticus  urbis  Romae  Phocas  eine  Ars  de  nomine  et  verbo  und 
eine  vita  Vergilii  in  Hexametern.  Von  Rufinus  aus  Antiochia 
besitzen  wir  einen  commentarius  in  metra  Terentiana,  sowie 
eine  Abhandlung  über  die  Metra  der  Redner,  beide  theil  weise 
in  gebundener  Form. 

1.  Ars  Cledonii  romani  senatoris,  Constantinopolitani  grammatici 
bei  Putsche  p.  1861  —  1936  und  Keil  V.  p.  9—79.  Sie  ist  uns  erhalten 
durch  einen  cod.  Bemensis  saec.  VI,  der  aber  sehr  verwirrt  und  verdorben 
ist.  Sie  bildet  einen  fortlaufenden  Commentar  zu  Donatus,  geschöpft  aus 
den  in  den  Schulen  üblichen  Quellen  (z.  B.  Vergilcommentaren),  denselben 
welche  auch  in  den  ausführlicheren  Werken  von  Sergius  (oben  385,  2)  und 
Pompejus  (s.  A.  2)  benützt  sind  (genannt  werden  Yarro,  Plinius,  Probus, 
Terentianus,  Sabinus),  und  enthält  neben  dem  Gewöhnlichen  auch  einige 
gewähltere  Bemerkungen.  Entstehung  aus  Schulvorträgen;  vgl.  p.  14, 
4  ff.  K. :  quodam  tempore,  dum  Ars  in  Capitoiio  die  competenti  tracta- 
retur,  unus  e  florentibus  discipulis  lohannes  a  grammatico  venia  postulata 
.  .  sciscitatus  est  etc.    F.  Osann,  Beiträge  II.  S.  314—316.  Keil  V.  p.  3—8. 

2.  Pompei  commentum  Artis  Donati  herausgegeben  von  Lindemann 
(Lips.  1820)  p.  3—480,  bei  Keil  gramm.  latl.  V.  p.  95  —  312.  Ueber  die 
Handschriften  davon  s.  Keil  p.  83  —  88.    Der  Charakter  als  Schulbuch  ist 


982  I^ic  Kaiscrzcit.    Fünftes  Jahrhoudert. 

stark  ausgeprägt  ((lurch  Fragen,  Anreden  n.  dgL).  verbosa  et  pneriHs 
tractandi  ratio,  molestisBima  rernm  tritissimamm  repetitione  fastidimn 
creans,  hac  sola  re  quodam  modo  vel  excusatnr  vel  intellegitur  quod  scbo- 
larom  conBuetadinem  grammaticaB  scribendo  imitatos  est  (Keil  p.  90). 
Benützt  ist  hauptsächlich  Donats  ausführlichere  Ars  und  cfes  Servins  Com- 
mentar  zu  Donat  in  seiner  ursprünglichen  Fassung,  mit  willkürlichen  Um- 
änderungen. Genannt  wird  besonders  häufig  Probus  und  Plinius;  ausser- 
dem Claudius  Sacerdos,  Caper,  luba,  Terentianus,  und  viele  ältere  (Lud- 
lius,  Cato,  Yarro,  Caesar,  Verrius  Flaccus  u.  A.),  diese  ohne  Zweifel  nur 
aus  späteren  Quellen.  Als  Maurus  bezeichnet  sich  P.  p.  205,  5  f.  E.  YgL 
p.  287,  5.  Im  Mittelalter  wurde  sein  Buch  neben  Priscian,  Donatus  und 
Servius  besonders  häufig  benützt  und  angeführt,  erstmals  durch  Julianui 
von  Toledo  (gegen  Ende  von  saec.  YII).  Auch  Exoerpte  daraus  sind  er- 
halten (Keil  V.  p.  88).  Osann  Beitrage  IL  S.  311—313.  Gräfenhan,  Gesch. 
d.  class.  Philol.  IV.  S.  108  f.  A.  45.  Keil,  gramm.  V.  p.  89—94,  vgl.  Pro- 
rectoratsprogramm  von  Erlangen  1868,  p.  3:  eo  tempore  quo  primom  cum 
vetere  eruditione  misceri  nova  barbaries  coepta  est,  id  quod  inde  a  sexto 
fere  saec.  vel  exeunte  quinto  factum  esse  suspicor,  Pompeiu^  . .  scripaii 
qui  quamvis  rudi  sermone  et  molestissimis  verborum  ajnbagibus  usus  ple- 
raque  inepte  et  pueriliter  disputet,  tarnen  multa  melioris  doctrinae  vesti- 
gia  ex  antiquioribuB  .  .  retinuit. 

3.  Ars  Consentii  v.  c.  de  duabus  partibus  orationis,  nomine  et 
verbo,  bei  Putsche  p.  2017  —  2074;  Ars  Cons.  v.  c.  de  barb.  et  metapl., 
von  A.  Cramer  zu  Regeusburg  entdeckt  und  von  Buttmann  herausgeg. 
(Berol.  1817) ;  beide  zusammen  bei  Keil  gramm.  latt.  V.  p.  338 — 404.  Nadi 
der  Auswahl  seiner  Beispiele  von  Ortsnamen  ist  der  Verf.  sicher  aus  Gal- 
lien (F.  Osaun,  Beiträge  II.  S.  346  f.),  und  gehört  daher  wohl  zu  der  Fa- 
milie des  dichterischen  Freundes  von  Sidonius,  Consentius  in  Narbo  (s. 
oben  436,  5).  Die  Identificierung  mit  demselben  (Funccius,  Osann)  ist  aber 
nicht  wahrscheinlich  (Lachmann,  H.  Keil),  dicendi  genus  exquisitum  et 
artificiosum  et  a  vulgari  grammaticorum  consuetudine  diversum  galüco 
homine  studio  rhetoricae  artis  . .  exculto  non  videtur  esse  indignum  (H. 
Keil  p.  333).  Verweisungen  auf  nicht  erhaltene  frühere  (p.  353,  17.  398, 
35  f.  399,  30  K.)  und  spätere  (p.  377,  26.  393,  30  ff.  K.)  Theile  des  Werkes 
machen  glaublich  dass  die  zwei  Schriften  zufällig  gerettete  Ueberreste  einer 
vollständigen  Grammatik  sind.  Vorgänger  nennt  Consentius  selten  bei 
Namen;  doch  finden  sich  die  von  Varro,  Probus,  (Aruntius)  Celsus,  Pa- 
laemo,  Pansa  und  Asper.  Die  ausgedehnte,  aber  nicht  auf  unmittelbare 
Benützung  fahrende  Uebereinstimmung  mit  Donatus,  Charisius  und  Dio- 
medes  macht  glaublich  dass  Cons.  aus  den  gleichen  Quellen  wie  diese  ge- 
schöpft bat,  also  aus  Palaemo,  Probus  und  Cominianus.  H.  Keil  L  1.  p. 
334  —  336. 

4.  Doppeltes  Vorwort  der  Ars  des  Phocas,  in  gebundener  Form 
(6  Distichen,  beginnend:  Ars  mea  multorum  es)  und  in  Prosa.  Ans  letz- 
terem: praecipue  discipulis  nostris  .  .  nominum  regulas  et  verborum  in 
unum  congessi,  quoniam  .  .  super  ceteris  abunde  dictum  a  summis  aucto- 
ribus  aestimo.  quo  in  opere  nihil  mihi  sumam  nee  a  me  novi  quidqoam 
repertum  adfirmabo.  multa  namque  ex  multorum  libris  decerpta  coD€iima 
brevitatc  conclusi.    Geschöpft  ist  das  Schriftchen  aus  denselben  Qaellei)  wie 


442.    Pompeius,  ConseDtiiis  u.  a.  Grammatiker.  983 

CharisiuB,  hauiptsächlicli  wohl  aus  Palämon  und  den  Catholica  des  Probus. 
Angefahrt  wird  Ph.  schon  von  Priscian  (X,  23.  p.  5t5,  16  H.)  und  Oassiodor 
(de  orthogr.  p.  2279  P.  vgl.  p.  2321.  inst.  div.  30);  andererseits  ist  des 
Phocas  vita  Yergilii  (s.  oben  S.  389  M.)  vorzugsweise  aus  Donatus  geschöpft. 
Handschriften  der  ars  sind  zahlreich  (Keil  V.  p.  405—407).  Abdruck  der- 
selben bei  Putsche  (p.  1688—1722),  Lindemann  (p.  321—353)  und  bes.  bei 
Keil,  gramm.  latt.  V.  p.  410—439.  Vgl.  ib.  p.  407  f.  Wemsdorf,  poetae 
latt.  min.  III.  p.  347  f. 

5.  Den  Namen  des  Phocas  trägt  auch  ein  Aufsatz  de  aspiratione 
(bei  Keil  V.  p.  439 — 441),  wohl  mit  Unrecht,  nam  et  dicendi  genus  quae- 
dam  quae  ab  illius  sermone  aliena  sunt  continet  et  rerum  tractandarum 
ratio  tarn  diversa  est  ab  üs  quae  de  eodem  argumento  a  veteribus  gram- 
maticis  composita  sunt  ut  recentiore  aetate  haec  ex  antiquorum  commen- 
tariis  congesta  et  veteris  grammatici  nomine  inscripta  esse  videantur. 
Keil  1.  1.  p.  409. 

6.  Des  Ruf  in  US,  grammaticus  Antiochensis ,  comm.  in  metra  Ter. 
ist  abgedruckt  bei  Putsche  p.  2706  S.  und  bei  Gaisford  (script.  rei  metr.) 
p.  378  ff.  Die  ähnliche  Schrift  des  Priscian  (unten  449,  5  b)  ist  darin  noch 
nicht  benützt;  wohl  aber  führt  R.  neben  vielen  andern  Grammatikern  auch 
den  Donatus,  Victorinus  und  Servius  an  (Osann,  Beiträge  II.  S.  307  f.). 

7.  Rufini  v.  c.  litteratoris  versus  (Hexameter  und  sapphische  Strophen) 
et  excerpta  de  compositione  et  de  metris  oratorum  in  den  Sammlungen 
von  Pithoeus,  Capperonnier,  Gaisford  (script.  rei  metr.  p.  388  ff.),  in  Orelli's 
Schol.  Cic.  I.  p.  183  ff.  Am  besten  in  Halm's  Rhetores  latt.  p.  575—584. 
Angeführt  werden  darin  von  jüngeren  Schriftstellern  Gharisius,  Diomedes, 
Victorinus,  Terentianus;  auch  ein  Pompeius  Messalinus  (de  numeris  et  pe- 
dibus  oratorum  sie  dicit,  p.  582,  22). 

8.  Dass  die  22  Vetse  über  Pasiphae  in  den  sämmtlichen  horazischen 
Metren  (abgedruckt  bei  Wemsdorf,  poet.  latt.  min.  III.  p.  393—395,  in  Meyer's 
anth.  lat.  997)  von  Rufinus  verfasst  seien  ist  eine  Vermutung  von  Dousa, 
gebilligt  von  Wemsdorf  (1.  l.  p.  339—342)  u.  A. 

9.  Cassiod.  divin.  lect.  30:  orthographos  antiquos  legant  Velium  Lon- 
gum  (oben  320,3),  Curtium  Valerianum,  Papiriauum,  Adamantium  Mar- 
tyrium de  V  et  b,  einsdem  de  primis,  mediis  atque  ultirais  syllabis,  eius- 
dem  de  b  littera  trifariam  in  nomine  posita.  Auszug  aus  der  erstem  Schrift 
des  AdamantiuB  bei  Cassiod.  de  orthogr.  5  imd  daraus  bei  Putsche  p.  2295  ff. 
Das  prooemium  davon  an  A.  Mai's  Ausgabe  des  Fronto  p.  548  ff.  F.  Osanu, 
Beiträge  U.  S.  288—294.  Papirianus  de  orthographia  auch  bei  Priscian. 
I,  35  (p.  27,  11  H.).  XII,  26  (p.  593,  15);  vgl.  ib.  I,  39.  X,  11.  Auszug 
daraus  bei  Cassiod.  de  orthogr.  4  =  Putsche  p.  2293  f.;  aus  Curtiue 
Val.  bei  Cassiod.  1.  1.  3. 

10.  Ueber  Lactautius  Placidus  s.  oben  303,  9. 

11.  Schol.  Bern,  zu  Vergil.  Ecl.  X  fin.  (p.  839  H.):  haec  omnia  de 
commentariis  Romanorum  congregavi,  i.  e.  Titi  Galli  et  Gaudentii  et 
maxime  lunilii  Flagrii  Mediolanensis.  Der  Verf.  selbst  also  ist  kein  Römer, 
sondern  wie  es  scheint  ein  Schotte  (Adananus)  ungefähr  des  achten  Jahrh. 
Von  seinen  drei  Quellen  wird  T.  Gallus  von  ihm  nur  zu  Georg.  I,  1—149 


984  I^io  Kaiserzeit.    Fünftes  Jahrhundert. 

elfmal  angeführt,  später  nicht  -wieder,  vielleicht  weil  für  wesentlich  den 
gleichen  Stoff  (denn  Galhis  wie  Qaudentius  hatten  ans  Servius  geschöpft) 
die  Fassung  des  Gaudentius  (dessen  Commentar  sich  auf  die  Eklogen 
und  Georgica  erstreckte)  sich  mehr  empfahl.  Der  Versuch  von  H.  Hagen, 
Jahrbb.  f.  class.  Philol.  Suppl.  IV.  p.  697 — 703,  zu  beweisen  dass  viehnehr 
Servius  diese  beiden  benützt  habe,  ist  misslungen,  schon  weil  er  nicht  be- 
rücksichtigte dass  bei  jeder  Verschiedenheit  des  Ausdrucks  das  correcte 
Latein  auf  Seiten  des  Servius  ist,  und  Abweichungen  wie  p.  701 :  omnis  terra, 
ut  etiam  Varro  docet,  quadrifariam  dividitur  (Servius)  gegen :  omnis  terra 
quadrifaria  (Gaudentius)  den  Servius  unzweifelhaft  als  den  Vorgänger  er- 
weisen, lunius  Philargyrius  (in  den  Schol.  Bern,  entstellt  zu  luni- 
lius  Flagrius)  hatte  in  seinem  Commentar  zu  Verg.  Ecl.  u.  Georg,  weder 
selbst  den  Servius  benüfzt  noch  ist  er  (trotz  IL  Hagen  1.  1.  p.  704  —  708) 
von  diesem  benützt  worden,  zeigt  noch  achtbare  Kenntnisse  und  in  seinen 
Angaben  grosse  Zuverlässigkeit  (Ribbeck  prolegg.  p.  193  f.).  Ph.  Wagner, 
de  lunio  Philarg.  (Dresden  1846.  1847),  bes.  I.  p.  25—30,  hat  daher  den 
J.  Ph.  für  einen  Zeitgenossen  des  Servius  erklärt,  G.  Thilo  (Rhein.  Mos. 
XV.  S.  134)  spätestens  in  saec.  VI,  wahrscheinlich  aber  früher,  gesetzt. 
Vgl  noch  oben  216,  5. 

443,  Unter  den  christlichen  Dichtern  der  Zeit  zeichnet 
sich  der  jungverstorbene  Sedulius  aus  durch  Einfachheit  und 
Lebendigkeit  der  Sprache  sowie  eine  von  dem  classischen  Ge- 
brauche nicht  sehr  stark  abweichende  poetische  Technik.  Er  bear- 
beitete die  neutestamentliche  Geschichte  unter  dem  Titel  Paschale 
Carmen  zuerst  im  epischen  Masse  in  vier  oder  filnf  Büchern  imd 
dann  erweitert  auch  in  rhetorischer  Prosa.  Beide  Bearbeitungen 
sind  auf  uns  gekommen.  Die  poetische  ist  viel  natürlicher  und 
anziehender  als  die  prosaische.  Ausserdem  besitzen  wir  von 
Sedulius  eine  künstlich  angelegte  Elegie  mit  Parallelen  zwischen 
dem  alten  und  dem  neuen  Testament,  sowie  einen  Hymnus  auf 
Christus  in  iambischen  Dimetem  mit  alphabetischer  Folge  der 
vierzeiligen  Strophen  und  häufigen  Schlussreimen. 

1.  . .  Macedonio  presbjtero  SeduHus  Gaelius  . .  salutem.  .  .  cum  sae- 
cularibus  studiis  occupatus  vim  impatientis  ingenii . .  inani  vitae  dependerem 
et  Htteraria«  sollertia  disciplinae  lusibus  infructuosi  operis  .  .  serriret,  tan- 
dem  deus  . .  ingenium  caelestis  (prudentiae)  sale  condivit.  . .  quattuor  ergo 
Mirabilium  divinorum  (weil  das  Werk  die  miracula  Christi  behandelt)  libel- 
los,  quos  ex  pluribus  pauca  complezus  usqne  ad  passionem  et  resurrectio- 
nem  ascensionemque  .  .  Christi  quattuor  evangelistarum  dicta  congregans 
ordinavi,  .  .  tuae  defensioni  commendo.  huic  autem  operi  .  .  PaschaUs 
carminis  nomen  imposui,  quia  pascha  nostrum  immolatus  est  Christos.  Aus 
der  Widmung  der  prosaischen  Redaction  au  denselben  Macedomus:  prae- 
cepisti  . .  paschalis  carminis  teztum  . .  in  rhetoricum  me  transferre  iermo- 
nem.  .  .  iniunctam  suscepi  provinciam.  .  .  tradita  multa  pro  metricae 
necessitatis  angustia  priori  commentario  nequaquam  videntur  inserta  qnae 


:  Vjti 


443.    Sedulius.  985 

postmodom  linguae  resolutio  magis  est  asseciita.  .  .  quae  defueraot  primis 
uddita  sunt  secundis  (libellis).  .  .  priores  libri,  qnia  versa  digesti  sunt, 
nomen  Paschalis  carminis  acceperunt;  sequeiites  autetn  in  prosa  . .  conversi 
Paschalis  designantur  operis  vocabulo  nuncupati.  Die  Zeit  des  Sedulius 
wird  bestimmt  dadurch  dass  derselbe  ein  Frenud  des  Asterius,  Cos.  494, 
gewesen  zu  sein  scheint  (s.  A.  5)  und  von  Geuuadius  nicht  aufgeführt  wird, 
wohl  aber  erwähnt  von  Venantius  Fortunatus  (vita  Mart.  I,  16.  misc.  VIIT, 
1,  59:  Sed.  dulcis),  Isidor  (ill.  7)  und  Cassiodor.  Einen  unzuverlässigen 
Anhalt  gibt  das  (angebliche?  bestimmt  datierbare?)  Decret  des  Papsts  6e- 
lasius  de  libris  recipiendis:  item  venerabilis  viri  Sedulii  paschale  opus, 
quod  heroicis  descripsit  versibus,  insigni  laude  praeferimus.  item  luvenci 
(oben  379)  nihilominns  laboriosum  opus  non  spemimus,  sed  miramur.  Vgl. 
Arevairs  prolegg.  150  ff.  Ebenso,  in  Ermanglung  irgend  welcher  Beglaubi- 
gung und  Begründung,  die  von  Arevali  23  erwähnten  Angaben  von  (wel- 
chen?) codd.:  libros  suos  scripsit  tempore  Yaleutiniani  et  Theodosii  (des 
jungem)  u.  ähnl. 

2.  Sedul.  I,  23  ff.:  cur  ego  davidicis  assuetus  cantibus  odas  chorda- 
rnm  resonare  decem  sanctoque  verenter  stare  choro  et  placidis  caelestia 
psallere  verbis  clara  salutiferi  taceam  miracula  Christi  ?  Als  solche  werden 
schon  die  im  A.  T.  berichteten  Wunder  betrachtet  und  B.  I  Tnach  einem 
Vorwort  im  elegischen  Masse)  dargestellt.  B.  II  beginnt  dann  mit  der 
Geburt  Christi,  B.  lü  mit  der  Hochzeit  zu  Kana.  B.  V  (in  einem  Theile 
der  Hdss.  zerfällt  das  Ganze  nur  in  vier  Bücher)  schliesst  mit  der  Himmel- 
ÜEthrt  und  einem  Epilog.  Auch  Beden  Christi  werden  kurz  in  Verse  ge- 
bracht. Auf  üebergänge  in  der  Erzählung,  Verknüpfung  der  einzelnen 
Theile  wird  kein  Werth  gelegt  Die  Darstellung  beweist  rhetorische  Bil- 
dung und  Kenntniss  besonders  des  Vergil.  Die  prosaische  Bearbeitung 
hat  in  Ausdruck  und  Wortstellung  viel  Geschraubtes. 

3.  Die  Abweichungen  von  der  classischen  Prosodie  und  Metrik  bei  Sed. 
bestehen  in  Verlängerung  kurzer  Silben  durch  die  Hebung  (z.  B.  1, 35.  V,  162. 
Eleg.  69  f.:  per  hominem),  Verkürzung  langer  in  der  Senkung  (z.  B.  haec 
Sputa  V,  102;  Tdöla  V,  146;  fulget  eous  V,  191;  ohnehin  sperando  I,  350 
u.  dgl.)  und  Hiatus  (z.  B.  II,  77  ducem  hoc;  el.  6  u.  62  zwischen  den  zwei 
Hälften  des  Pentameters;  hymn.  17:  enixS  ^st?).  Die  Cäsuren  beschränken 
sich  fast  durchaus  auf  nsvd'rjfiLfisg^g  und  die  Verbindung  von  TQi^T^fiifLSQTJg 
mit  (tQ^tog  TQOxcciog  und)  iq)^rj(Lifi,sQi^g.  In  der  Elegie  bilden  dieselben 
Worte  sowohl  die  nsv^rjfiifjLSQ^g  des  Hexameters  als  die  zweite  Hälfte  des 
Pentameters:  epanaleptische  Anlage.  In  dem  Hymnus  ist  X  vertreten  durch 
Xristo,  Y  durch  Ymnis.  Die  Unhörbarkeit  von  auslautendem  m,  s,  t  zeigt 
sich  in  Reimen  wie  pectoris  —  dei;  inpie  —  times;  viderant  —  praeviam;  per- 
sonat — pignora;  millia — victimam;  fundere  —  originem;  plurimus — febrium ; 
vinculis  —  sibi;  torridi  —  obstruit  u.  s.  f.    Vgl.  unten  444,  2. 

4.  Die  Zutheilung  eines  cento  vergilianus  De  verbi  incarnatione  an 
Sedulius  beruht  lediglich  auf  dem  Zufalle  dass  in  einer  corveyschen  Hand- 
schrift derselbe  ohne  Absatz  und  Ueberschrift  in  das  Carmen  paschale  ein- 
gereiht ist.  Herausgegeben  ist  dieser  cento  zuerst  von  Martene  und  Du- 
rand (Collectio  ampl.  IX.  p.  125),  dann  besonders  in  Arevali's  Ausg.  des 
Sed.  (s.  A,  6)  =  Migne  XIX.  p.  773—780.    Derselbe  steht  tief  unter  der 


086  ^^^  KaiBerzcit.    Fünftes  Jahrhundert. 

Kunst  des  SeduUua.  So  reiht  er  v.  72  die  beiden  Fergilischen  Steilen  ore 
favete  omnes  und  et  ad  hec  advertite  mentem  hahnloB  zu  Einem  Yerse 
zusammen.    Vgl.  auch  oben  410,  15.  424,  8. 

5.  Aus  einer  Reimser  Seduliushandschnft  veröffentlichte  Sirmond  zu 
Ennod.  epp.  I,  24  die  Subscription :  Hoc  opus  Sedulius  inter  chartulas  dis- 
persum  reliquit.  quod  recoUectum  adomatumqne  ad  omnem  elegantiam 
divulgatum  est  a  Turcio  Rufio  Asterio  y.  c,  consule  ordinario  (des  J.  494) 
atque  patricio.  Darauf  folgt  ein  (an  Macedonius  presbjter  gerichtetes) 
Epigramm  desselben  von  vier  Distichen  (v.  6:  Asteriique  tui,  .  .  cuius  ope 
et  cura  edita  sunt  populis).  0.  Jahn,  Berichte  der  sächs.  Ges.  d.  W.  1851, 
S.  350  f.  Dieser  Asterius  ist  derselbe  von  welchem  auch  die  berühmte 
Subscription  im  Mediceus  des  Vergil  herrührt:  Turcius  Rufius  Apronianos 
Asterius  v.  c.  et  inl.,  ex  comite  domest.  protect.,  ex  com.  priv.  largit,  ex  praef. 
urbi,  patricius  et  consul  ordin.  legi  et  distincxi  codicem  fratris  Macharii  v. 
c.  . .  XI  kaL  mai.  Romae.  Daran  schliessen  sich  wieder  acht  Distichen 
(v.  4:  scenam  euripo  extulimus  subitam)  ähnlichen  Inhalts  an.  VgL  Riese*» 
anthol.  lat.  I.  p.  11  f.  Akro-(und  tele-)  stichische  Gedichte  auf  Sedulius  an- 
tistes  von  einem  Belisarius  scholasticus  und  einem  Lib^Hüs  bei  Migpie  XIX 
p.  782—786  (aus  Arevalus). 

6.  Ausgaben  des  Sed.  theils  mit  luvencus  (Venet.  1502.  4.  apud  Aldum; 
Basil.  1541)  theils  in  den  Sammlungen  der  christlichen  Dichter  von  Fabri- 
cius  und«  von  Maittoire  (II.  p.  1660  ff.),  und  der  Kirchenväter  überhaupt 
(z.  B.  Bibl.  patr.  max.  VI.  p.  458  ff.).  Sonderausgaben  von  Chr.  Cellarios 
(Halle  1704.  1739),  H.  J.  Amtzen  (Leovard.  1761)  und  bes.  recogn.  et  ilL 
a  Faustino  Arevalo,  Rom.  1794.  4.  Abdruck  letzterer  in  Migne's  Patrd. 
XIX  (Paris  1846)  p.  433—772. 

7.  Ueber  Sedulius  vgl.  R.  Ceillier,  bist.  g^n.  X.  p.  631 — 685  nnd  Are- 
valus Prolegg. 

8.  Bei  dem  schottischen  Mönche  Dicuil  (J.  825),  de  mens.  p.  13: 
auctoritate  .  .  Vergilii,  quem  in  talibus  causis  noster  simulavit  (s»  imitatus 
est)  Sedulius  etc.  ist  gemeint  der  Zeitgenosse  und  Freund  Dicuils,  der 
Grammatiker  Sedulius  aus  Schottland,  Verfasser  von  Versen  sowie  einer 
expositio  in  primam  artem  Donati,  von  commentarii  in  artem  Eutychü,  und 
in  maius  volumen  Prisciani,  in  secundam  editionem  Donati.  Vgl.  Amtzen's 
Ausg.  (A.  6)  praef.  p.  2—6.  L.  Müller,  Rhein.  Mus.  XX.  S.  358  f.  Sedulii 
Sooti  carmina  edita  ab  Aem.  Grosse  (Königsberg  1868.  16  pp.  4.)  und  Sed. 
Sc.  carmina  XL  ex  cod.  Bruxell.  ed.  E.  Dünmiler,  Halle  1868.  36  pp.  4. 

444«  Die  Uebrigen  welche  sich  in  dieser  Zeit  der  gebun- 
denen Form  bedienen  schliessen  sich  entweder  correct  an  die 
hergebrachten  Regeln  an,  steigern  auch  wohl  die  Schwierigkeiten 
durch  allerlei  Künsteleien,  oder  bauen  sie  ihre  Verse  nach  dem 
volksmässigen  Grundsatz  des  Accents.  Zu  den  Letzteren  gehört 
Äuspicius,  ums  J.  470  Bischof  von  Toul,  mit  seinem  Schrei- 
ben an  Arbogast,  sowie  der  Gallier  Amoenus;  zu  den  Eirsteren 
dagegen  Paulinus  von  Perigueux  (um  470)  mit  seinem  Epos 


.^ 


444.    Auspicius.    Amoenus.   Fanlinus  Petricord.  987 

über  das  Leben  des  heil.  Martinus  von  Tours  in  sechs  Büchern ; 
uiid  Dracontius,  von  welchem  wir  ein  Lehrgedicht  de  deo  in 
drei  Büchern  besitzen  und  ein  elegisches  (satisfactio)  worin  er 
den  Vandalenkonig  Gunthar  oder  Guthamund  (J.  484 — 496)  um 
Verzeihung  bittet  dass  er,  statt  ihn,  einen  Feind  desselben  be- 
sungen habe.  Beide  Gedichte  sind  stark  rhetorisch  gehalten  und 
verrathen  Kenntniss  wie  der  biblischen  so  auch  der  classischen 
Literatur.  Durch  regelrechte  kunstvolle  Versification  bemerkens- 
werth  sind  die  christlichen  Gedichte  des  Bischofs  von  Vienne, 
Alcimus  Ecdidius  Ävitus  (f  523). 

1.  Auspicii  episcopi  eccleeiäe Tullensis  ad  Arbogaatem  comitem Tre- 
verorum  epistola,  abgedruckt  z.  B.  bei  Migne  patrol.  LXI.  p.  1006 — 1008.  Die 
Verse  lesen  sich  ganz  alexandrinerartig  und  kümmern  sich  weder  um  Quan- 
Htat  noch  Hiatus.  Beispiele:  praecelso  4t  spectabili  bis  Arbogasto  cömiti 
AuspfciuB,  qui  diligo,  salutem  dico  plurimam  (1  f.).  quod  te  Tallensi  pro- 
xime  magnüm  in  urbe  vidimus  (4).  olarüs  et^nim  g^nere,  clarüs  et  vitae 
moribus  (16).  pat^r  in  cunctds  nobilis  üiit  tibi  Arigius  (17).  fuit  in  armis 
älacer  illä  antiquus,  verum  4et  (33).  tamen  non  g^neraliter  istä;  de  cunctia 
dixerim  u.  s.  f. 

2.  Amoeni  enchiridion  veteris  et  novi  testamenti,  einzelne  Punkte 
daraus  je  in  4  Hexametern  abhandelnd  (vgl.  oben  438,  2) ;  Reste  von  einem 
epischen  Gedicht  auf  Martinus;  22  Hexameter  auf  einen  Aegypter  der 
durch  Anrufung  von  Martini  deus  aus  einem  Sturm  gerettet  wurde;  end- 
lich ein  Gedicht  in  iambischen  Dimetem  in  Leontium  episcopum  redditum 
Burdegaiensi  ecdesiae  in  23  vierzeiligen  akrostichischen  Strophen  mit  meist 
gereimter  Endsilbe.  Strophe  1:  Agnoscat  omne  saeculum  antistitem  Leon- 
tium, Burd^galense  praemium,  dono  supemo  redditum.  10:  Earus  sacer- 
dos  ordinem  Hilarius  non  ambiit,  Martinus  illud  effugit,  Gregörius  vix 
sustulit.  21 :  Xus  sereno  lumine  etc.  22:  Ymnum  canendo  concrepet.  23: 
Zelante  fido  pectore  tam  vera  dici  non  pudet.  haeo  parva  nobilissimo 
papae  damus  Leontio.  Wie  hier  pectore  —  pudet  gereimt  ist,  so  vorher 
tempore  —  conscriberet ;  pectore  —  praesumeret;  desiderat  —  improba;  de- 
fleverat  —  anxia,  bezeichnend  far  die  damalige  ünhörbarkeit  des  Endcon- 
sonanten;  vgl.  oben  396,  2.  443,  3.  Abdruck  bei  Migne  LXI.  p.  1076—1082; 
aber  auch  (ib.  LXXXVIH.  p.  81  f.)  als  Venant.  Fort.  misc.  I,  16. 

3.  Das  Werk  des  b.  Paulinus  Petricordiensis  ist  gewidmet  dem 
Bischof  Perpetuus  von  Tours,  der  noch  ein  Schüler  des  heil.  Martin  ge- 
wesen war.  Ygl.  VI,  13:  quinque  prius  recolens  signavi  gesta  libellis  etc. 
27  f.:  tanti  revehens  praecepta  magistri  Perpetuus,  und  am  Schlüsse:  Per- 
petuum urbs  Tür5num  Martine  antistite  gaudet.  Stofflich  folgt  das  Werk 
dem  des  Sulpicius  Severus  und  malt  die  Legenden  nur  noch  weiter  aus. 
Die  Form  im  Ganzen  correct,  neben  herkömmlichen  Willkürlichkeiteu 
wie  eremo,  münerante  und  Auskunflsmitteln  wie  mage.  Gleichfalls  domino 
sancto  ac  beatissimo  patrono  Perpetuo  episcopo  gewidmet  sind  des  Pau- 
linus versus  quos  pagina  in  pariete  reserata  (an  der  Martinskirche  zu  Tours) 
susciperet,  und  die  de  visitatione  nepotuli  mei,  welchen  Perpetuus  geheil* 


988  I^i^  Kaiserzeit.    Fünftes  Jahrhundert. 

Latte.   Ausgabe:  cum  uotis  Inreti  all.  cura  et  studio  Chr.  Daumii,  Lips.  16S1. 
In  den  patristischen  Sammelwerken,  z.  B.  von  Migne  LXI.  p.  1009—1075. 

4.  Von  einem  andern  Paulinus  (Pellaeus),  aus  Burdigala,  Enkel  des 
Ausonins,  ist  ein  Dankgebet  in  mehr  als  600  Hexametern  (eucharisticon  de 
vita  8ua)f  aus  J.  456,  erhalten.  Die  metrische  Form  bietet  mehr  Anstösse, 
der  Ton  aber  hat  mehr  Schwung  als  bei  Paul.  Petric.  Gedruckt  z.  B.  in 
der  Appendix  der  bibl.  patr.  (Paris.  1679)  T.  VIII. 

6.  Isid.  ill.  24:  Dracontius  composuit  heroicis  versibus  hexa^meron 
creationis  mundi  etc.  Diese  drei  Buch  er  de  deo  bestehen  ans  754,  808  a. 
682  Hexametern.  B.  I  malt  besonders  die  mosaische  Schöpfongsgeschichte 
aus;  B.  n  beschreibt  bes.  die  Sintflut;  B.  III  belegt  die  dogmatischen  Auf- 
stellungen mit  reichen  Beispielen  aus  der  biblischen  und  römischen  Ge- 
schichte (Abraham  und  Isaak;  die  drei 'Männer  im  Feuerofen;  Daniel  in- 
der  Löwengrube;  Paulus;  Brutus,  Curtius,  Begulns,  Saguntum;  Judith,  Dido 
u.  a.  Frauen);  die  Trockenheit  des  Lehrtones  wird  dadurch  nicht  selten 
überwunden.  Ildefons.  vir.  ill.  14:  Eugenius  (Bischof  von  Toledo  ums  J. 
650)  .  .  libellos  Dracontii  de  creatione  mundi  conscriptos,  quos  antiqoitas 
protulerat  vitiatos,  ea  quae  inconvenientia  repperit  subtrahendo,  immutando 
vel  meliora  coniciendo  ita  in  puichritudinis  formam  coegit  ut  palchriores 
de  artificio  corrigentis  quam  de  manu  processisse  videantur  auctoris,  et 
quia  de  die  septimo  idem  Dracontius  omnino  reticendo  semiplenam  opus 
visus  est  reliquisse,  iste  et  sex  dierum  recapitulationem  singulis  versiculis 
renotavit  et  de  die  septimo  quae  illi  visa  sunt  eleganter  dicta  subiecit. 
clarus  habitus  fuit  temporibus  Chindasvinthi  et  Beccesvinthi  regnm  etc. 
Carm.  de  deo  quod  Dr.  scripsit  libr.  U  emend.  ac  suppl.  C.  E.  Glaeser, 
Bresl.  1847.  4.;  libr.  III  ib.  1848.  4. 

6.  Die  satisfactio  (316  Verse)  scheint  rasch  hingeworfen  und  beutet 
das  eigene  (früher  veröffentlichte)  Lehrgedicht  stark  aus.  Unersättliches 
Herbeischleppen  von  Beispielen  aus  Mythus  und  Geschichte.  Anlast:  mea 
corda  deus  .  .  pellit  ad  illicita,  ut  qui  facta  ducum  possem  narrare  meo- 
rnm,  nominis  asdingi  bella  triumphigera,  .  .  praemia  despicerem '.  .  et  pe- 
terem  subito  certa  pericla  miser  (19  —  26).  culpa  mihi  iiierat  dominos  re- 
ticere  modestos  ignotumque  mihi  scribere,  nee  dominum  (93  f.).  te  coram 
(Gott)  . .  me  carminis  illius ,  ausus  quod  male  disposui ,  paenitet  et  fateor 
(105  f.).  Er  hat  dafür  verbera,  vincla,  fames  erduldet  (312)  und  bittet  jetzt 
den  König  flehentlich  um  Verzeihung,  avi  ut  laudes  dicam  patriasqae  suas- 
que  (51).  Des  Königs  terrae  pelagique  triumphos  Ansila  testatur,  Maoni 
ubique  iacet  (213  f.).  Vgl.  Papencordt,  Gesch.  der  vandal.  Herrschaft  S. 
374—379. 

7.  Dracontius  ist  auch  in  der  alten  Mythologie  wohlbewandert  (Gyn- 
thia  =  luna  II,  339.  satisf.  239;  Phrixus  II,  447;  Hecate  II,  539;  Iph.  Taor. 
m,  212  ff.;  Oedipus  III,  265  ff.)  und  dtiert  (III,  257)  den  Statius  (Theb.  X). 
Doch  verwechselt  er  (sat.  188)  den  Commodus  und  M.  Aurelius  nnd  ge- 
braucht manche  Eigennamen  prosodisch  unrichtig.  So  Menecca  (III,  256), 
Stephanus  (sat.  171),  TTtus  (ib.  183).  Bemerkenswerth  II,  660  u.  sat  161: 
ex  eadem  muliere.  Dagegen  idola  (II,  579)  und  die  häufige  Dehnmig  tob 
Kürzen  mittelst  des  rhythmischen  Tons  hat  Drac.  mit  vielen  chrisÜicheB 
Dichtern  vor  ihm  gemein. 


444  f.     DracontduB,  Avitus,  Luxorius  u.  a.  989 

8.  Ausgaben  des  Drac  besonders  von  J.  Sirmond  (Paris.  1619  u.  sonst), 
Faust.  Arevalus  (Rom  1791.;  4),  J.  B.  Carpzov  (Helmstedt  1794).  Abdruck 
der  Ausg.  von  Arevalus  bei  Migne,  patrol.  LX.  p.  695 — 932. 

9.  Isid.  ill.  23:  Avitus  episcopus  (seine  Orabschrift  s.  Rhein.  Mus. 
XXI.  S.  271  f.)  scientia  saecnlarium  litterarum  doctissimus  edidit  quinque 
libellos  heroico  metro  compositos.  quorum  primus  est  de  origine  mundi, 
II  de  originali  peccato,  III  de  sententia  dei,  IV  de  diluvio  mundi,  V  de 
transitu  maris  mbri.  scripsit  et  ad  Fuscinam  sororem  de  laude  virginitatie 
librum  unum,  pulcherrimo  compositum  carmine  et  eleganti  epigrammate 
coaptatum.  Hauptausgabe  von  J.  Sirmond  (Paris  1643;  in  Sirmondi  opera, 
Paris.  1696,  IL  p.  185  ff.  u.  sonst).  Daraus  in  den  Sammlungen  christlicher 
Dichter  z.  B.  von  Maittaire  (IL  p.  1673  ff.),  den  patristischen  Sammel- 
werken (z.  B.  Migue  LIX).  Die  Homilieu  des  Av.  (St.  Avit)  z.  B.  in  den 
l^tudes  paläographiques  et  bist,  sur  des  papyrus  du  VI«  si^cle  von  Delisle, 
Rilliet  u.  Bordier  (Paris  1866.  4.),  die  in  Betreff  der  Basilika  von  Anne- 
masse in  Facsimile. 

445.  Durch  den  codex  Salmasianus  sind  uns  erhalten  die 
Verse  des  Flavius  Felix,  Plorentinus  und  Luxorius,  welche  alle  drei 
unter  dem  Vandalenkönig  Thrasamund  (J.  496 — 523)  in  Africa 
(Karthago)  lebten  und  auch  nach  Dürftigkeit  der  äusseren  Ver- 
haltnisse und  schriftstellerischer  Manier  einander  ähnlich  sind. 
Der  jüngste  und  fruchtbarste  unter  denselben  ist  Luxorius, 
welcher  durch  Scherzgedichte  in  verschiedenen  Massen  (bes.  dem 
elegischen  und  in  Hendekasyllaben)  dem  Martialis  nachstrebte. 
Ein  Landsmann  imd  Freund  des  Luxorius  war  der  Grammatiker 
Coronatus,  von  welchem  die  gleiche  Quelle  einige  Gedichte 
aufbewahrt  hat. 

1.  Fl.  Felicis  V.  cl.  postulatio  honoris  apud  Victori(ni]anum  v.  inl. 
et  primiscriniarium  im  cod-  Salm,  (anthol.  lat.  von  Riese  264,  p.  177  f.) 
mit  den  Messungen  stölida,  meroris,  ecciesiae  und  dem  Schlüsse:  adnue 
pOBcenti,  miserum  sustolle  ruinae:  clericus  ut  fiam,  dum  velis,  ipse  potes. 
Er  ist  ohne  Zweifel  der  Felix  von  welchem  ib.  210  —  214  fünf  Epigramme 
de  thermis  Alianarum  sich  finden,  das  letzte  (214)  mit  dem  Akrostich  Thra- 
samundus,  dem  Mesostich  cunta  innovat,  und  dem  Telestich  vota  serenans. 
Ueberdiess  besteht  jeder  Vers  aus  37  Buchstaben.  Vgl.  L.  Müller  in  Fleck- 
eisens Jahrbb.  95,  S.  796—798.    Biese,  anth.  lat.  p.  XXIV.  XXVII. 

2.  Des  Florentinus  39  Hexameter  zum  Preise  des  Königs  Thrasa- 
mund  in  Biese's  anthol.  lat.  376  (p.  243  f ). 

3.  Von  Luxorius  sind  in  der  anthol.  lat.  von  Biese  nr.  18  (p.  66 
—68).  203  (p.  148  f.)  und  287—375  (p.  208—243).  Nr.  18  ein  epithalamium 
Fridi  (68  Hexameter)  von  massivem  Tone;  203  gilt  dem  Hildericus  rex  (J. 
523—530).  Nr.  287  fiP.  bilden  eine  zusammenhangende  Sammlung  von  Ju- 
gendgedichten (quos  olim  puer  in  foro  paravi  versus  ex  varüs  locis  dedu- 
ctos,  287  vgl.  288:  paginam  . .  quam  tenello  tiro  lusi  viscerc),  gewidmet 
seinem  Freunde  Faustus,  grammaticae  magist^r  artis  (287).    Aufschrift  im 


990  I)ie  Eaiserzeit.   FQnftes  und  seohflies  Jahrhundert. 

Salmas. :  incipit  liber  epigrammaton  viri  clarisB.  Luxori  et  spectabüia  (vgl 
ib.  18).  Eb  sind  Epigramme  auf  Personen  und  Sachen,  namentlich  ludi 
circenses  und  Kunstwerke  (374  gar:  de  Diogene  picto,  ubi  lasdnenti  me- 
retrix  barbam  vellit  et  Cupido  mingit  in  podice  eins).  Schmutz  gilt  auch 
hier  als  unzertrennlich  von  der  Gattung  (z.  B.  297.  301  f.  308  f.  317.  322  f. 
340.  358.  363.  368).  Der  Verf.  scheint  Heide  zu  sein;  wenigstens  findet  sich 
neben  den  vielen  Anspielungen  auf  die  alte  Mythologie  keine  auf  Christ- 
liches.   Sonstige  Verhältnisse:  nostri  defugiens  pauperiem  laris  (289). 

4.  Die  meisten  Stücke  des  Lux.  haben  das  elegische  Mass;  nächsi- 
dem  sind  Hendekasyllaben  häufig.  Daneben  auch  Hexameter,  iambische 
Gedichte  (288.  315.  360.  309),  trochäische  (291),  anapästische  Dimeter  (299. 
322.  357),  Glykoneen  (295),  anakreontische  (298)  und  asklepiadeische  (314. 
316.  323.  356.  361)  Verse,  sowie  Asynarteten  (292.  305).  Fremdwörter  wer- 
den auch  hier  öfters  nach  Bedürfniss  gemessen  (Solon  351;  methodida  302; 
phllosophum  374;  söphismate  365).  Verlängerung  von  Kürzen  (ut,  pes), 
Verkürzung  von  Längen  (viväs  318;  negotii  340)  verhältnissmä^sig  selten. 
Die  Anapäste  coniugis  carae  (322),  cui  dedit  plures  (357)  folgen  der  volks- 
mässigen  Aussprache  (vgl.  oben  444,  2). 

5.  Zu  Lux.  vgl.  L.  Müller  in  Fleckeisens  Jhbb.  95,  S.  783 — 786.  Biese, 
anthol.  I.  p.  XXIV  f.  XXVII. 

6.  Von  Coronatus  in  Biese's  Authol.  lat.  Nr.  223  (Variation  über 
ein  ver^rilisches  Thema,  29  Hexameter  erhalten)  und  die  beiden  Epigramme 
226.  228,  immer  mit  der  Bezeichnung  des  C.  als  vir  clarissimus.  Beste 
von  Coronati  scholastid  de  ultimis  syllabis  partium  orationis  mit  der  Wid- 
mung: Domino  eruditissimo  peritissimorum  atque  inlustri  fratri  Luxorio 
Coronatus.  H.  Keil  gramm.  lat  IV.  p.  L.  vgl  De  gramm.  inf.  aetat.  (Erlang. 
1868.  4.)  p.  4  mit  not.    Biese  anthol.  p.  XXIV.  XXVL 

F.    Aus  dem  sechsten  Jahrhundert. 

446.  Nachdem  der  germanische  Söldnerführer  Odoaker, 
welcher  J.  476  den  letzten  weströmischen  Kaiser  gestürzt  hatte, 
selbst  dem  Ostgothen  Theoderich  (J.  454 — 526)  erlegen  war  (J. 
493)  und  dieser  mit  thatsächlicher  Zustimmung  des  oströmischen 
Kaisers  sich  zum  König  von  Italien  gemacht  hatte,  genoss  dieses 
Land  drei  Jahrzehnte  lang  die  Segnungen  des  Friedens  und  der 
Ordnung.  Unter  ihm  schrieben  Boethius,  Ennodius,  theüweise 
Cassiodorus  und  in  Constantinopel  Priscianus.  Unter  seinen 
schwEichen  Nachfolgern  zerfiel  sein  Reich  wiederum,  und  Italien 
sah  sich  fortwährenden  Verwüstungen  ausgesetzt,  die  den  letz- 
ten Best  von  geistigem  Leben  erdrückten.  Auch  in  den  übrigen 
Ländern  des  Westens  kann  sich  die  römische  Cultur  mit  Mühe 
der  Stürme  erwehren  die  sie  vollends  zu  vernichten  drohen.  Am 
längsten  flackert  sie  in  Grallien,  wo  Gregor  von  Tours  und  Ve- 
nantius  Fortunatus,  Arator  u.  A.  sie  literarisch  vertreten.  Noch 
am  meisten  Betrieb  findet  die  Geschichtschreibung:    Africa  hat 


445  f.    Coronatas,  Deuterius  u.  A.  991 

seinen  Bisehof  Victor^  Britannien  den  Gildas^  und  in  Jordanis 
beiheiligt  sich  an  ihr  sogar  ein  Gothe.  Diesen  Gesehichtschreibem 
kann  unter  Justinian  der  Osten  den  Prokopios  aus  Caesarea 
gegenüberstellen.  Die  zahlreichen  Versuche  das  Recht  für  ein- 
zelne Länder  und  für  da^  gesanimte  Reich  zu  kurzer  Darstellung 
zu  bringen  erhalten  endUch  unter  Justinian  ihren  Abschluss 
durch  das  Corpus  iuris.  Sonst  ist  es  fortwährend  vorzugsweise 
die  Geistlichkeit  durch  welche  die  Literatur  Pflege  findet;  noch 
am  Ende  des  Jahrh.  geschieht  es  durch  den  römischen  Bischof 
Gregor  I,  und  im  siebenten  Jahrh.  durch  den  letzten  Literator 
des  romischen  Reiches,  den  fleissigen  Bischof  Isidorus  von  Se- 
villa. 

1.  Theoderich,  geb.  454,  im  Auftrage  des  oströmischen  Kaisers 
Zeno  J.  489  in  Italien  eingebrochen,  nach  vieijährigem  Kampfe  siegreich. 
Nach  Zeno*8  Tod  (491)  thatsächlich  selbständiger  Herrscher,  von  Anasta- 
sius  J.  498  stillschweigend  als  solcher  anerkaimt.  Hoflager  in  Bavenna 
und  Verona  (Dietrich  von  Bern).  Besuch  in  Rom  J.  600.  Stirbt  26  August 
526.  Lobrede  auf  ihn  von  Ennodius,  s.  unten  448,  2.  C.  Cless  in  Pauly's  Real- 
Enc.  VI,  1.  S.  1799—1816.    R.  Köpke,  deutsche  Forschungen  S.  148—184. 

2.  lustinianus,  geb.  11  Mai  482,  Kaiser  seit  1  April  627,  stirbt  11 
November  565;  s.  W.  Teuffei  in  Pauly's  RealEnc.  IV  (1846).  S.  664-677. 
Isambert,  histoire  de  Justinien,  Paris  186^.  2  Voll,  üeber  seinen  Geschicht- 
schreiber Prokopiuss.  W.  Teuffei  in  A. W^ Schmidts  Ztschr.  f.  Geschichts- 
wiss.  VIII  (1847).  S.  38—79;  in  Paul/s  Real-Enc.  VI,  1.  S.  84—86.  F.  Dahn, 
Prokop.  V.  Caes.,  Berlin  1866.  602  S. 

3.  Vettius  Agorius  Basilius  Mavortius,  Cos.  627,  und  sein  Gehülfe 
bei  dem  Emendieren  von  Handschriften,  Felix  orator  urbis  Romae;  s.  oben 
223,  4  (S.  432).  vgl.  423,  7.  Den  Namen  des  Mavortius  trägt  der  cento  vergi- 
lianus  des  cod.  salmas.  über  das  urteil  des  Paris  (Riese^s  anthol.  10,  p. 
28—30),  und  auch  der  de  ecclesia  (ib.  16,  p.  44^ — 49)  gibt  sich  (nach  v.  110) 
als  Arbeit  des  Mav. 

4.  Am  Schlüsse  von  Macrob.  somn.  Scip.  I  steht  in  Hdss.:  Aurelius 
Memmius  Symmachus  v.  c.  emendabam  vel  (=»  et)  disting.  meum  Ra- 
vennae  cum  Macrobio  Plotino  Eudoxio  v.  c.  Ohne  Zweifel  der  kurs  nach 
seinem  Schwiegersohne  Boethius  (unten  447)  J.  626  hingerichtete  Q.  Aur. 
Memm,  Symm.,  Cos.  485;  0.  Jahn,  Berichte  d.  sächs.  G.  d.  W.  1851,  S.  347  f. 
Vgl.  A.  6  u.  449,  6. 

5.  Deuterius,  Lehrer  der  Grammatik  und  Rhetorik  zu  Mailand,  wel- 
chem Ennodius  (dict  8  u.  9)  seinen  Neffen  Lupicinus  und  den  Arator  als 
Schüler  empfiehlt,  welchen  er  in  einem  scherzhafben  Gedichte  (II,  104)  preist 
(verenda  Calvities)  und  in  einem  Briefe  (I,  19)  wegen  seiner  Augenleiden 
tröstet  (tua  lumin a  nube  doloris  hebetantur,  cuius  tam  clara  sunt  carmina?). 
Poetischer  Bettelbrief  in  seinem  Namen  bei  Ennod.  carm.  I,  2  (Deut.  v.  s. 
grammatico).  Zweifelhaft  ist  seine  Identität  mit  dem  Deut,  soholaeticus  in 
der  Subscription  des  Capella  (oben  423,  7).  Vgl.  0.  Jahn,  Berichte  d.  sachs. 
Ges.  d.  W.  1851,  S.  350  f. 


992  1^16  Eaiserzeit.    Aus  dem  secheten  Jahrhundert. 

6.  Aufzahlung  der  rednerisch  gebildeten  Adeligen  Roms  bei  Ennod. 
paraenes.  didasc.  p.  263  f.  M. :  Faustus  und  Avieuus,  die.patricii  Festus, 
Sjmmachus,  Probinus,  Cethegus,  Boetius,  Agapetas,  Probus.  Dazu  Oly- 
brius  (Ennod.  carm.  I,  8),  und  ausserhalb  Roms  Partheuius  (Arator  ep.  ad 
Parth.  19  ff.).  Faustus  verfasste  auch  Gedichte  in  mehreren  Büchern  (En- 
nod. carm.  I,  7.  II,  3.  143).  Sitte  der  öffentlichen  recitationes  noch  in  die- 
sem Jahrh.  in  Italien ;  s.  Ennod.  carm.  I,  9  praef. :  cur  recitet  publice  quem 
laus  nee  decet  publica  nee  delectat?  Vgl.  unten  456,  2. 

7.  Ungefähr  dem  Anfang  von  saec.  VI  gehört  wohl  an  die  angeW 
liche  Epistola  Valerii  ad  Rufinum  ne  uxorem  ducat,  eine  Art  suasoria  welche 
aus  Hieronymus  und  Augustinus  Notizen  entnimmt.  Gedruckt  in  Hieronjm. 
Opp.  XI.     Vgl.  L.  Müller  in  Fleckeisens  Jhrbb.  95,  S.  790. 

8.  Aus  der  ersten  Hälfte  von  saec.  VI  ist  wohl  der  mythographas 
vaticanus  I,  der  noch  Heide  ist,  aber  (wenigstens  B.  II)  den  Fulgentioa 
bereits  benutzt.  Vgl.  oben  246,  7  (S.  498).  Später  fällt  mjih.  vat.  ü,  wel- 
cher aus  dem  ersten  Manches  wörtlich  entlehnt,  myth.  vat.  IH  aber  erst 
ins  neunte  oder  zehnte  Jahrh.  Ed.  princeps  der  drei  Mythographen  von 
A.  Mai  (Class.  auct.  e  vatic.  codd.  edit.  T.  III),  Rom  1831,  und  danach  von 
G.  H.  Bodo  (scriptores  rerum  myth.  latini  III),  Celle  1834,  2  Voll.  Vgl 
F.  Osann,  Haller  Allg.  Lit  Ztg.  1834,  Erg.  Bl.  12.  M.  Zink,  der  Mytholog 
Fulgentius  S.  13—16. 

9.  Die  herrschende  Ansicht  der  Zeit  über  die  Philosophie  spricht 
Gregor.  Tur.  aus,  Mirac.  I  praef.:  philosophorum  inimicam  deo  sapientiam. 
Vgl.  Ennod.  euchar. :  illa  saecularis  pompae  philosophia.  Venant.  Fort.  ep. 
V,  1  gesteht:  Plato,  Aristoteles,  Chrysippus  vel  (et)  Pittacus  mihi  vix  opi- 
nione  noti  sunt. 

10.  Von  dem  fränkischen  König  Chilperich  erzählt  Gregor  von  Tonn 
bist.  Franc.  VI,  46 :  confecit  duos  libros  quasi  Sedulium  meditatus,  quorum 
versiculi  debiles  nullis  pedibus  subsistere  possunt,  in  quibus,  dum  non  in- 
tellege bat,  pro  longis  syllabis  breves  posuit  et  pro  brevibus  longas  statue- 
bat; et  alia  opuscula,  vel  hymnos  sive  missas.  An  König  Charibert  preist 
Venani  Fort.  misc.  VI,  4  seine  gewandte  Handhabung  der  lateinischen 
Sprache. 

447,  Durch  Charakter  wie  Bildung  ragt  in  dieser  Zeit 
hervor  der  vornehme  Römer  Anicius  Manlius  Torquatos  Seve- 
rinus  Boetius,  Cos.  510,  durch  Theoderich  hingerichtet  J.  525. 
Von  seiner  edlen  Gesinnung  wie  seiner  Vertrautheit  mit  dem 
Geiste  und  der  Form  der  classischen  Vergangenheit  bietet  ein 
glänzendes  Zeugniss  die  von  ihm  im  Gefangniss  verfasste  Schrift 
de  consolatione  philosophiae,  in  fünf  Büchern.  Ausserdem  be- 
sitzen wir  von  ihm  zahlreiche  Uebersetzungen  griechischer  Werke 
von  philosophischem,  rhetorischem  und  mathematischem  Inhatte. 
Insbesondere  durch  seine  Uebersetzungen  des  Aristoteles  gewaan 
er  grossen  Einfluss   auf   die   mittelaltei  liehe  Scholastik.    Jhem 


447.    Boetius.  993 

und  der  Märtyrerschein  womit  sein  Lebensende  umgeben  wurde 
gab  auch  Anlass  ihm  christlich-theologische  Schriften  fälschlich 
beizulegen. 

1.  Boetius,  geb.  um  475 — 480,  vermähU  mit  Rusticiana,  der  Tochter 
des  SymmachiiB  (oben  446,  4),  hatte  den  Theoderich  J.  500  im  Senat  mit 
einer  zierlichen  Rede  begriisst  und  wurde  von  diesem  manchfach  verwen- 
det. Als  aber  der  OBtrömische  Kaiser  Justin  versuchte  Theoderichs  Thron 
dadurch  zu  untergraben  dass  er  Italien  gegen  die  arianischen  Gothen  auf- 
hetzte, und  die  nationalrömische  Partei  in  den  Verdacht  gerieth  darauf 
einzugehen,  ward  B.  in  die  Verwicklung  hineingezogen.  Seine  freimütige 
Vertheidigung  des  Senators  Albinus,  welcher  geheimen  Briefwechsels  mit 
Justin  bezichtigt  war,  wurde  von  Gegnern  benützt  um  auch  ihn  bei 
Theoderich  anzuschwärzen.  Da  seine  unabhängige  patriotische  Haltung 
während  seines  ganzen  Lebens  der  Anklage  Schein  genug  geben  mochte, 
wurde  B.  in  Ticinum  (Pavia)  gefangen  gesetzt,  von  dem  servilen  Senat 
uugehört  verurteilt  und  in  agro  Calventino  unter  Martern  (Anon.  Vales.) 
hingerichtet.  Sein  Tod  durch  den  arianischen  Gothenkönig,  die  Verwechs- 
lung mit  Anderen  des  Namens  Severinus,  sowie  seine  vermeintliche  Ab- 
fasfiimg  von  theologischen  Schriften  brachten  den  B.  später  in  den  Ruf 
eines  Märtyrers  für  seinen  katholischen  Glauben  und  in  den  Geruch  der 
Heiligkeit.    Vgl.  A.  2.  3     W.  Teuffei  in  Pauly's  Real-Enc.  I,  2.  S.  2415  f. 

2.  Ennodius  ep.  Vli,  13  an  Boetius:  tu,  emendatissime  hominum,  .. 
quem  in  annis  puerilibns  .  .  industria  fecit  antiquum,  qui  per  diligentiam 
imples  omne  quod  cogitur,  cui  inter  vitae  exordia  ludus  est  lectionis  assi- 
duitas,  .  .  in  cuius  manibus  duplicato  igne  rutilat  qua  veteres  face  fulse- 
rnnt.  Theoderich  (Cassiod.  Var.  I,  45)  an  B.:  te  multa  eruditione  sagi- 
natum.  .  .  translatiouibus  tuis  Pythagoras  musicus,  Ptolemaeus  astrono- 
mus  leguntur  Itali.  Nicomachus  arithmeticus,  geometricus  EucUdes  audiun- 
tur  Ausoniis.  Plato  theologus,  Aristoteles  logicus  quirinali  voce  disceptant. 
mechanicum  etiam  Archimeden  Latialem  Siculis  reddidisti.  et  quascnnqne 
disdplinas  vel  artes  fecunda  Graecia  per  singulos  viros  edidit  te  uno  auctore 
patrio  sermone  Roma  snscepit.  qnos  tanta  verborum  luculentia  reddidisti 
claros,  tanta  linguae  proprietate  conspicuos  ut  etc.  Vgl.  Prokop.  Goth.  I, 
t.  p.  11  Bonn.  Diese  Thätigkeit  gieng  hervor  aus  warmer  Begeisterung 
für  die  alte  Literatur  und  die  alte  Zeit;  vgl.  praef.  zum  comm.  in  praedi- 
cam.  Aristot.:  etsi  nos  curae  officii  consularis  (J.  510)  impediunt  quo  minus 
in  his  studiis  omne  otium  plenamque  curam  consumamus,  pertinere  tarnen 
videtur  ad  aliquam  reip.  curam  elucubratae  rei  doctrina  cives  instruere  etc. 
Die  üeberzeugung  des  B.  war  daher  schwerlich  wesentlich  verschieden  von 
der  des  Ahns  seiner  Frau  (oben  399,  13),  so  gewiss  er  sich  auch  zum  Chri- 
stenthum  bekannte.  Vgl.  K.  Schenkl,  Verhandl.  der  Wiener  Philologen- 
vers. (Wien  1859)  p.  79  ff. 

3.  Die  Schrift  de  consolatione  beginnt  mit  einer  Klage  im  elegi- 
schen Mass  (Carmina  qui  quondam  studio  florente  peregi  flebilis,  heus, 
maestos  cogor  inire  modos)  über  die  jetzige  Lage  ihres  Verf.  Da  erscheint 
ihm  die  Philosophie  und  tröstet  ihn  über  sein  Schicksal  in  einer  Art  Theo- 
dicee.    Die  Trostgründe  sind  rein  philosophische,    die   für   die   specifisch 

TeHffel,  romi  Literaturgeschichte.  (j3 


994  l^ie  Eaiserzeit.    Aus  dem  sechsten  Jahrhundert. 

christlichen  kaum  Raum  lassen.  (G.  Arnold,  unparteiische  Kirchen-  und 
Ketzer  -  Historie  S.  260:  „kein  periodus  der  Schrift  fleusst  aus  den  christ- 
lichen principiis,  sondern  lauter  heidnische  Trostgründe  werden  angeführt'' ) 
Die  zu  Tage  tretende  Denkweise  ist  ein  überwiegend  platonisch  gefärbter 
Eklekticismus.  Zu  allen  positiven  Rehgionen,  auch  der  diristlichen,  hat 
der  Verfasser  die  kühle  Stellung  eines  vornehmen  gebildeten  Mannes:  er 
hütet  sich  gegen  sie  zu  polemisieren,  aber  für  seine  Person  hält  er  sie  sich 
vom  Leibe  und  sucht  seine  geistige  Nahrung  anderswo.  Ueberali  Beweise 
edler  Gesinnung,  eines  Strebens  nach  den  höchsten  Zielen  der  Menschheit, 
manchmal  wahrhaft  reUgiöse  Stimmung,  aber  immer  frei  von  specifisch 
christlicher  Färbung.  Wenn  er  die  christlichen  Schriften  auch  vom  Jugend- 
unterricht her  kennen  mochte,  so  beruft  er  sich  doch  niemals  auf  sie;  desto 
häufiger  nennt  er  Piaton,  Aristoteles,  Cicero,  Seneca.  Vgl.  F.  Nitzsch  S. 
42—89.  Wenn  die  heidnischen  Göttemamen  (insbes.  Phoebus,  die  Museii, 
Ceres  u.  A.)  öfters  vorkommen,  so  ist  das  schwerlich  ernstlicher  gemeint 
als  bei  den  Schriftstellern  des  18<en  Jahrh.  Die  Form  ist  theils  dialogisch, 
theils  hat  sie  Aehnlichkeit  mit  der  satura  Menippea,  sofern  die  prosaische 
Rede  häufig  unterbrochen  wird  durch  metrische  Stücke  in  der  Weise  von 
Seneca^s  Tragödien  und  in  den  manchfaltigsten  Formen  wie  sie  Epos,  Ele- 
gie, Jambos  und  Melos  darbieten,  wobei  der  Verfasser  zwar  nicht  immer 
Strenge  beweist,  aber  sicher  grosse  Gewandtheit.  Die  Sprache  ist  die  ge- 
zierte und  manierierte  seiner  Zeit,  doch  temperiert  durch  ein  nüchtern  sjl- 
logistisches  Element. 

4.  Ed.  priuceps  der  Schrift  Nürnberg  1473  (per  Ant.  Coburger);  spä- 
ter z.  B.  cum  comment.  Thome,  Colon.  1504.  4.;  in  nsum  Delphini  cum 
noti  P.  Callyi,  Lutet.  1680.  4  ;  cum  nott.  P.  Bertü,  Lugd.  Bat.  1671;  cur. 
J.  A.  Vulpio,  Patav.  1721  u.  1744;  cum  nott.  varr.,  Glasgov.  1761.  4.;  mit 
(deutscher)  Uebersetzung  und  Anmerkk.  von  Fr.  C.  Freitag,  Riga  17^; 
ed.  Helfrecht,  Cur.  Kegn,  1796;  besonders  die  von  Th.  Obbarios  (ad  opt. 
libr.  mss.  nondum  coUatorum  fidem  rec.  et  prolegg.  instr.X  Jena  1843;  mit 
LXIV  pp.  prolegg.  Auch  von  R.  Peiper,  mit  den  opuscula  sacra  qoae  h- 
runtur  (s.  A.  8),  Lips.  1869.  Uebersetzungen  in  alle  möglichen  Sprachen. 
Eine  angelsächsische,  angeblich  von  Alfred  d.  Gr.  (J.  871—901),  herausgg. 
von  Ch.  Rawlinson  (Oxford  1698)  und  J.  S.  CardaJe  (London  1828.  1835). 
Eine  deutsche,  aus  dem  Anfang  von  saec.  XI,  in  St.  Gallen,  hrsgg.  von 
E.  G.  Graff  (Berlin  1837),  H.  Hattemer  (Denkmäler  des  MAlters  III,  1). 

P.  Langen,  quaestiones  Boetianae,  in  der  Symb.  philol.  Bonn.  p.  261 
— 268.  R.  Volkmann,  in  B.  de  cons.  phil.  libros  commentariolum  criticon) 
Jauer  1866.  8  pp.  4. 

5.  Andere  erhaltene  Schriften  des  B.  Dialogi  II  in  Porphyriom  a 
Victorino  translatum,  Commentariorum  in  Porph.  a  se  translatum  HbriY, 
Uebersetzungen  und  Commeutare  zu  Aristoteles  Categoriae  (libri  IV),  von 
der  Schrift  de  interpretatione  (erste  Bearbeitung  in  2  Büchern,  zweite  in 
6),  den  Analytika  (prior,  u.  posi),  den  Elench.  sophist.,  der  Tojok  des  Ari- 
stoteles; Commentar  zur  Topik  des  Cicero  (oben  169,  6,  2);  de  syllogimo 
categorico  libri  11;  de  syll.  hypothetico  libri  II;  de  divisione^  de  definHioiie, 
de  differeiitiis  topicis  (libri  IV);  de  musica  libri  V;  de  arithmetica  libri  ü, 
liebst  einer  Uebersetzung  der  Geometrie  des  Euklid  es  in  zwei  Büchern. 


«i-,».  *  t-j 


447  f.    Boetius.    Ennodius.  995 

6.  Die  von  A.  Mai  (class.  auctt.  e  vaticc.  codd.  ed.  III.  p.  317  ff.  327  ff.) 
vermeintlich  erstmalB  aus  einer  vaticaniBchen  Handschrift  saec.  XI  heraus- 
gegebenen Abhandlungen  Communis  speculatio  de  rhetoricae  cognatione  und: 
Locorum  rhetoricorum  distinctio  sind  schon  gedruckt  im  vierten  Buche  der 
differentiae  topicae  des  B.,  p.  880  ff*,  der  Basler  Ausgabe,  und  (nebst  an- 
dern Stücken  der  diff.  top.)  auch  in  die  Dialektik  des  Cassiodor  überge- 
gangen ;  8.  C.  Halm  im  Rhein.  Mus.  XVIII.  S.  463  f.  Was  bei  Mai  p.  331  ff. 
folgt  und  auch  dem  B.  beigelegt  wurde  ist  vielmehr  ein  Werk  aus  dem 
eilfteu  Jahrhundert:  Franconis  ex  opere  de  quadratura  circuli  specimen. 

7.  Unter  den  mathematischen  Schriften  bietet  die  den  Namen  des 
B.  tragende  Geometrie  besonderes  Interesse,  als  Beitrag  zur  Eenntniss  alter 
Rechnungs-  (bes.  Divisions-)  Methoden  und  zur  Geschichte  der  Zahlzeichen. 
M.  Cantor,  mathemat.  Beiträge  zum  Culturleben  (1863)  S.  181  — 198. 
199—230.  G.  f^riedlein,  Gerbert,  die  Geometrie  des  B.  und  die  indischen 
Ziffern,  Erlangen  1861.  (vgl.  F.  Hultsch  in  Fleckeisens  Jahrbb.  87,  S.  422 
—425),  und:  Zur  Frage  über  die  Echtheit  der  Geometrie  des  B.  (ebd.  87, 
S.  425 — 427).  Boetii  de  institutione  arithmetica  libri  II,  de  instit.  musica 
libri  y.  Accedit  Geometria  quae  fertur  Boetii.  Ex  libris  mss.  ed.  G.  Fried- 
lein, Lips.  (Teubner)  1867. 

8.  Der  früheste  Zeuge  für  christlich  theologische  Schriften  des  B.  ist 
Alcuin  (um  770).  Es  sind  die  Schriften  quomodo  trinitas  unus  deus  ac  non 
tres  dii;  utrum  pater  et  filius  ac  Spiritus  sanctus  de  divinitate  substantia- 
liter  praedicentur;  brevis  fidei  christianae  complexio;  de  persona  et  dua- 
bus  naturis  contra  Eutychen  et  Nestorium.  Deren  vollständige  Unechtheit 
ist  unzweifelhaft  und  von  Fr.  Nitzsch  in  einer  eigenen  Schrift  (das  System 
des  B.  und  die  ihm  zugeschriebenen  theologischen  Schriften ;  eine  kritische 
Untersuchung;  Berlin  1860.  183  S.)  ausführlich  nachgewiesen;  s.  bes.  S.  93 
— 174.  Ebenso  wurden  dem  B.  mit  Unrecht  beigelegt  die  Schriften  de  uni- 
tate  et  uno,  quomodo  substantiae  bonae  sint,  und  de  disciplina  scholarium, 
welche  letztere  einen  brabanter  Mönch  des  13^«»  Jahrh.  Namena  Thomas 
(Brabantinus  Cantipratanus)  zum  Verfasser  hat. 

9.  Gesammtausgaben  der  Schriften  des  B.  Venet.  1491.  1492  fol.  (cum 
comm.  s.  Thomae).  Basil.  1546.  1570  (ex  rec.  Glareani).  fol.  Alles  bei  und 
durch  einander  in  Migne*s  patrol.  LXIII  und  LXIV. 

10.  C.  G.  Heyne,  censura  Boethii,  Opusc.  acad.  VI.  p.  144-— 166.  C. 
F.  Bergstedt,  de  vita  et  scriptis  B.,  Upsala  1842.  J.  G.  Sutterer,  B.  der 
letzte  Römer,  sein  Leben  u.  s.  w.  Eichstädt  1852.  4. 

448,  Ein  Redekünstler  und  Versemacher  aus  der  Zeit  des 
Theoderich  ist  der  Bischof  von  Pavia,  Magnus  Felix  Ennodius 
(J.  473 — 521)  aus  Gallien.  Die  geschichtlich  bedeutendsten  sei- 
ner Schriften  sind  die  Biographie  seines  Vorgängers  Epiphanius 
und  der  Panegyricus  auf  Theoderich  (ums  J.  507),  letzterer 
masslos  im  Preisen,  vorsichtig  im  Verhüllen  und  unerträglich  ge- 
bläht in  der  Form.  Die  neun  Bücher  Briefe  leiden  an  Inhalts- 
losigkeit;  noch  melir  die  Schulreden.     In  seiner  Zeit  als  Stilist 

63* 


99()  1^16  Kaiserzeit.     Aus  dem  sechsten  Jahrhundert. 

anerkannt,  hatte  Enn.  Reden  und  Briefe  für  Andere  zu  schrei- 
ben, auch  Predigten  für  Bischöfe.  Die  Sammlung  der  Gredichte 
des  Enn.  enthält  im  ersten  Buche  grössere  Arbeiten  (Reisebe- 
schreibungen, ein  Epithalamium,  mehrere  Hymnen),  im  zweiten 
kürzere  Gelegenheitsgedichte,  theilweise  recht  unbedeutende,  zu 
Preis  wie  Unglimpf.    Incorrectheit^n  der  Form  sind  nicht  selten. 

1.  Ennodius  aus  Gallien  (ep.  I,  2  vgl.  c.  II,  73\  vielleicht  Arelate. 
Eucharist.  (p.  248  M.):  tempore  quo  Italiam  optatissimus  Theoderici  regis 
resusdtavit  ing^easus  (J.  489)  . .  ego  annorum  ferme  XVI  amitae  quae  me 
aluerat  .  .  solatio  privat us  sum  .  remansi  solus,  inops  etc.  poposci  in  matri- 
monium  cuiusdam  nobilissimae  .  .  parvulam  filiolam,  protinus  .  .  ezceptus, 
.  .  ut  aUmentis  affinerem,  .  .  ex  mendico  in  regem  mutatus.  Nachdem  er 
das  so  leicht  Gewonnene  durchgebracht  wurde  E.  Priester  und  seine  Frau 
trat  in  ein  Kloster  ein.  Bischof  von  Ticinum  (Pavia)  seit  611.  Abge- 
sandter des  Papstes  Uormisdas  an  den  oström.  Kaiser  Anastasius  für  die 
Vereinigimg  beider  Kirchen.  Frühere  Reisen  carm.  I,  1  (nach  Brian^on 
auf  Geheiss  eines  vates  =^  Bischofs).  5  (über  den  Po  zu  einer  Schwester). 
6  (aus  Rom  zur  See). 

2.  Panegyricus  dictus  clementissimo  regi  Theoderico,  nach  J.  504 
(Zuruckeroberung  von  Sirmium,  s.  12,  .3)  und  vor  508  (ehe  Theoderich  für 
seinen  Enkel  Amalarich  das  westgothische  Reich  zu  verwalten  bekam). 
Beschaffenheit:  adeo  omnia  sunt  plena  argutianim  et  ineptiarum,  tot  un- 
dique  calamistri  adhibiti,  tot  mira  verborum  et  compositionia  monstra  nt 
nauseam  moveat  oratio  turgida  atque  inflata,  stomachum  ambigua  et  ob- 
scura.  verum  etsi  graviter  cum  rerum  iudicio  tum  sententiamm  delectu 
laborat  Ennodius,  ist  er  doch  eine  wichtige  Geschichtsquelle  (vgl.  R.  Köpke, 
deutsche  Forschungen  S.  165  ff.,  bes.  S.  173.  175.  178),  Manso  p.  435  vgl 
M.  Fertig  III.  S.  4:  bei  manchem  Guten  ist  des  Ungeschickten,  Steifen, 
Verzwickten,  Leeren,  Masslosen,  Wüsten  und  Barbarischen  in  diesem 
letzten  römischen  Redestücke  viel.  Abgedruckt  auch  in  den  Sammlungen 
der  panegyrici  (oben  369),  cum  annotationibus  in  Manso's  Gesch.  d.  ost- 
goth.  Reichs  p.  437—487,  vgl.  p.  435  f.  487—490.  Uebersetzt  von  M.  Fertig 
(Ennod.  u.  seine  Zeit  III),  Landshut  1858.  4. 

3.  Vita  b.  Epiphanü  episcopi  Ticinensis  (f  496);  b.  Antonii  monachi 
Lerinensis  (bald  nach  dessen  Tod  verfasst).  Libellus  adversus  eos  qui  contra 
synodum  (vom  J.  502)  scribere  praesumpserunt  (für  Papst  Symmachos). 
Eucharisticum  de  vita  sua,  eine  kurze  Selbstbiographie,  nach  dem  Vorgange 
von  Augustinus  Confessiones  in  Form  eines  Gebetes  (Fertig  I.  8.  7 — 11). 
Paraenesis  didascalica  ad  Ambrosium  et  Beatum  (die  in  Rom  studierten, 
Empfehlung  der  Poesie,  verecundia,  castitas,  fides,  grammatica,  rhetorica, 
eingeleitet  je  durch  Verse).  Ausserdem  werden  zu  den  (zehn)  opiucnla 
noch  gezahlt  praeceptum  quando  iussi  sunt  omnes  episcopi  cellulaDOs  ha- 
bere; petitorium  quo  absolutus  est  Geroiitius  puer  Agapeti,  und  zweibene- 
dictiones  cerei. 

4.  Die  28  dictiones  enthalten  Reden  für  Andere,  Gelegenbeitsreden 
(z.  B.  in  natali  Laurentii  Mediolanensis  episcopi)  und  Schnlreden,  von  leb- 
teren  sieben  wirklich  in  der  Schule  gehalten  (bei  Einführung  oder  Bef9r- 


418.     Ennodius.  997 

derang  von  Schülern),  16  aber  Musterreden  (10  controversiae,  5  ethicae  oder 
Buasoriae)  bezeichnend  durch  die  Wahl  ihrer  Gegenstände,  z.  B.:  in  novercam 
quae  cum  marito  privigni  odia  suadere  non  posset  utrisque  venena  por- 
rezit;  in  eum  qui  praemii  nomine  Vestalis  virginis  nuptias  postulavit;  in 
tjrannum  qui  praemii  nomine  parricidae  statuam  inter  viros  fortes  dedit; 
in  eum  qui  in  lupanari  statuam  Minervae  locavit;  und  als  ethicae:  verba 
Thetidis  cum  Achillem  videret  extinctum ;  verba  Menelai  cum  Troiam  videret 
exustam;  verba  Didonis  cum  abeuntem  videret  Aeneam,  u.  dgl. 

5.  Die  neun  Bilcher  Briefe  (die  Buchzahl  im  Anschluss  an  Sidonius), 
im  Ganzen  297,  ohne  chronologische  Ordnung,  sind  zum  Theil  an  Männer 
von  hoher  Stellung  in  Kirche  (wie  Symmachus,  Hormisdas)  und  Staat  (wie 
Boötius  und  Liberius)  gerichtet;  an  Veuantius  V,  22  und  p.  364  M.;  23  an 
elf  Frauen,  z.  B.  seine  Schwester  Euprepia.  Alle  scheinen  von  E.  als  Dia- 
konus (inlMailand)  und  vor  J.  510  geschrieben.  OefiFentliche  Verhältnisse,  voll- 
ends politische,  werden  kaum  berührt.  Die  Schreibweise  ist  höchst  manierirt. 

6.  Dass  das  Versemachen  für  einen  Priester  sich  nicht  recht  schicke 
fühlt  Enn.  so  gut  wie  Sidonius  und  entschuldigt  es  wiederholt  (c.  I,  6  praef. 
u.  9  praef.).  Galt  doch  die  heidnische  Mythologie  für  ein  uuerlässliches 
Zubehör  der  Verse,  so  dass  auch  Enn.  den  Phoebus,  Apollo,  die  Cynthia, 
Venus  (bes.  I,  4),  Parcae  (I,  5.  II,  2.  109),  Pierides,  di  (II,  24,  1)  oft  genug 
in  Bewegung  setzt,  freilich  ohne  alles  Arg,  indem  ihm  z.  B.  Olympus  ein- 
fach der  christliche  Himmel  ist  (vgl.  I,  6  von  Christus:  ille  per  ezcelsum 
videat  me  dezter  Olympum).  Aber  auch  moralische  Bedenken  hatte  das 
Versemachen,  wenn  man  anzügliche  Gegenstände  so  wenig  mied  wie  Enn. 
II,  25  ff.  51  ff.  70  ff.  97.  101  ff.  thut,  offenbar  weil  er,  wie  Luzorius,  ein 
wenig  Schmutz  als  unzertrennlich  von  der  Gattung  des  Epigramm  ansah. 
Dass  es  jedoch  nur  eine  Form  der  Stilübung  war  zeigt  die  häufige  Ver- 
bindung mit  einem  prosaischen  Vorwort  (bei  Ennod.  I,  6.  7.  8.  9.  II,  150) 
oder  Nachwort  (II,  107),  die  Verwendung  von  Versen  als  dictiones  (Ennod. 
I,  2.  6.  9)  und  Versstoffe  wie  Ennod.  II,  23  f.  (de  eo  qui  ut  fihum  matri 
reconciliaret  furtum  fecit;  de  eo  qui  dicebatur  meretricis  fiUus  esse),  vgl.  A.  4. 

7.  Die  Gedichte  von  B.  I  liefern  bei  ihrer  phraseologischen  Haltung 
weniger  stoffliche  Ausbeute  als  Ueberschriften  wie  Itinerarium  Brigantiouis 
castelli,  Itinerarium  Padi,  Dictio  Ennodii  diaconi  quando  Roma  rediit  (vgl. 
A.  1)  erwarten  liessen.  Das  Epithalamium  dictum  Maximo  v.  s.  bewegt  sich 
nach  dem  Vorgange  des  Claudianus  in  einer  Manchfaltigkeit  von  Formen 
(elegisches  Vorwort,  4  tetr.  troch.,  6  sapphische  Strophen,  der  Haupttheil 
im  epischen  Masse,  zum  Schlüsse  6  Hendekasyllaben)  und  fasst  auch  das 
Sinnliche  frei  an.  I,  7  bietet  dem  Faustus  (oben  446,  6)  als  Gegengeschenk 
ein  Vorwort  in  Prosa,  16  Distichen,  12  Hexameter,  wieder  2  Distichen,  6 
sapphische  Strophen  und  zum  Schlüsse  12  anapästische  Dimeter.  I,  9  episches 
Gedicht  zum  Geburtstag  des  Epiphanius  (s.  A.  3),  in  annum  XXX  sacerdotii 
=■  J.  496.    I,  10—21  Hymnen  im  dim.  iamb.  acat.  bes.  auf  Heilige. 

8.  Buch  II  besteht  aus  151  Gedichten  (dazu  epist.  V,  8)  meist  im 
elegischen  und  epischen  Mass  (c.  107  sapphische  Strophen,  123  tetr.  troch.), 
Epitaphien,  zur  Einweihung  von  Kirchen,  auf  Kunstwerke,  spottende  Epi 
gramme,  Gedichte  zum  Preise  bes.  von  Bischöfen  (77  ff.);  vgl.  150  praef.: 
qui  miratur  officii  terminos  in  amicorura  me  laudibus  egressum  recolat  quam 


f)98  I^iß  Kaiserzeit.     Aus  d^m  sechsten  Jahrlmndert. 

iroperioßa  est  semper  affectio  etc.  De  horto  regia  (Theoderici)  Jll.  Pe 
eö  quod  Meesala  consul  (J.  506)  Ennodius  in  cognomine  dictus  est,  32  vgl. 
144—146.  Vieles  ist  so  iinbedentend  dass  es  des  Aufbewahren«  nicht  werth 
war;  Enn.  aber  bemerkt  ausdrücklich  was  ex  tempore  (26.  57.  107)  oder 
subito  (142)  gemacht  sei.  Auch  vgl.  57,  6:  carmina  byblis  sulcavi,  tumulo 
ne  tenear  moriens. 

9.  Ennod.  entschuldigt  carm.  II,  57,  8  ff.  u.  146  etwaige  prosodische 
Incorrectheiten.  Sie  sind  am  häufigsten  in  Eigennamen  und  Fremdwörtern 
(wie  Melissa,  SätumTus,  ceruchus,  physica;  auch  thyrambus  statt  dith.  I,  7. 
II,  109);  doch  kommen  auch  Regelwidrigkeiten  vor  wie  venerandum,  rö- 
misse,  reuuis,  mulierem  (volksmässig?),  rlgent,  lltamus  und  andererseits 
ötii,  nöminasse,  convivii,  astutia,  immöbilis,  pauperes,  possides. 

10.  Ausgabe  der  Werke  des  E.  von  J.  Sirmond,  Paris  1611  (und  in 
Sirmonds  Opera  I,  Paris.  1696.  p.  1353  ff.,  Venet.  1728  p.  371  ff.),  abgedruckt 
auch  in  Gallandi  bibl.  patr.  und  Migne's  patrol.  LXIII  (p.  13 — 364). 

11.  M.  Fertig,  Enn.  und  seine  Zeit,  I.  11.  Passau  1855.  4. 

449,  Gleichfalls  zur  Zeit  des  Kaisers  Anastasius  schrieb 
in  Constantinopel,  aber  in  lateinischer  Sprache,  der  Gramma- 
tiker Priscianus,  dem  wir  das  vollständigste  und  vollendetste 
Lehrgebäude  der  lateinischen  Sprache  verdanken,  die  achtzehn 
Bücher  Institutionum  grammalicarum,  besonders  wichtig  durch 
die  reiche  Fülle  von  üeberlieferungen  aus  der  alten  Literatur 
und  in  seiner  Terminologie  vielfach  bis  auf  den  heutigen  Tag 
fortwirkend.  Das  Werk  gehörte  zu  den  gelesensten  des  Mittel- 
alters und  ist  daher  in  zahllosen  Handschriften  erhalten.  Ausser 
diesem  Hauptwerke  besitzen  wir  von  Priscian  auch  noch  einige 
kleinere  Schriften,  von  denen  die  wichtigsten  die  drei  an  Sjm- 
machus  gerichteten  sind,  sowie  in  gebundener  Form  einen  Pane- 
gyrikus  auf  Anastasius  und  ein  geographisches  Schulbuch. 

1.  Das  Zeitalter  des  Pr.  aus  Caesarea  in  Mauretanien  wird  bestimmt 
durch  seinen  pauegyricus  auf  Anastasius  (J.  491— 518),  die  Subscription  des 
Theodorus  (s.  A.  3)  und  die  üeberschrift  von  Cassiod.  de  orthogr.  13:  ex 
Prisciano  grammatico,  qui  nostro  tempore  Constantinopoli  doctor  foit 
Aufenthalt  zu  Rom  nach  der  Widmung  an  Symmachus  (A.  5).  Prisdan. 
inst.  VI,  51  (p.  238,  5  ff.  H.):  quod  . .  doctissime  attendit  noster  praeceptor 
Theoctistus,  omnis  eloquentiae  decus,  cui  quidquid  in  me  sit  doctrinae 
post  deum  imputo.  Vgl.  XVill,  56  (II.  p.  231,  24  f.  H.):  teste  sapientai- 
simo  domino  et  doctore  meo  Theoctisto,  quod  in  institutione  aitis  gnaa- 
maticae  docet  etc.  Cassiod.  divin.  lect.  30:  Theoctistum  quoque  aliqua  de 
tali  arte  (orthogr.)  conscripsisse  comperimus.  Ps.  Acro  zu  Hör.  S.  I^  6,  97: 
(Barium)  civitas  est  quae  Atbaris  dicitur  hodieque,  ut  dixit  grammalicaB 
Theotistus. 

2.  Widmung  der  inst:  luliane  consul  ac  patricie,  cui  summot  digiii- 
tatis  gradns  summa  adquisivit  in  omni  studio  ingenii  claritado,  . .  tibi  lioe 


449.    Priscianus.  999 

opus  devoveo.  Der  Schluss  des  Vorworts  enthält  eine  Inhalteangabe.  B. 
I— XVI  enthalten  die  Formenlehre,  XVI  und  XVIII  handeln  de  constructione 
8.  ordinatione  partium  orationis  inter  se.  Ueber  die  Quellen  ib.:  cum  eos 
(ApollonioB  Djsk.  und  Herodian)  omnia  fere  vitia  quaecumque  antiquorum 
Graecorum  commentarüs  sunt  relicta  artis  grammaticae  expurgasse  com- 
perio,  .  .  nostrorum  autem  neminem  post  illos  imitatorem  eorum  extitisse, 
. .  conatus  sum  . .  supra  nominatorum  praecepta  yirorum  quae  congrua 
sunt  visa  in  latinum  transferre  sermonem,  collectis  etiam  omnibus  ferc 
quaecumque  necessaria  nostrorum  quoque  inveniuntur  artium  commentarüs 
grammaticorum.  Wirklich  erweist  sich  ein  grosser  Theil  des  Systems  von 
Pr.  als  eine  Uebersetzung  aus  ApoUonios  nsgl  avvtä^smg,  tcsqI  avzaivvfiiag^ 
nsgl  övvSiofLioVf  negl  ^niQQriyi>ax(ov ,  sowie  aus  den  Scholien  zu  Dionjsios 
Thrax.  Auf  Grund  dieser  griechischen  Quellen  weicht  Pr.  in  Einzelheiten 
von  der  herkömmlichen  Anordnung  ab  und  pflegt  diess  mit  Geräusch  zu 
verkündigen.  So  in  der  Ausscheidung  von  qualis,  quantus,  quot,  unus,  alter, 
alius,  totus  u.  s.  f.  aus  der  Zahl  der  Pronomina,  in  einer  verschiedenen 
Auffassung  der  Nomina  adiectiva  und  mehrerer  technischen  Ausdrücke, 
sowie  einer  abweichenden  Eintheilung  der  Coi^unctionen  (W.  Christ,  Philo!. 
XVIII.  S.  140).  Um  so  enger  schliesst  er  sich  in  den  speciellen  Ausführungen 
und  in  den  Mittheilungen  aus  der  älteren  Literatur  der  Römer  an  seine 
Vorgänger  (bes.  Flavius  Caper)  an.  In  den  beiden  letzten  Büchern,  wo 
Pr.  nicht  so  reiche  und  für  den  unmittelbaren  Gebrauch  zugerichtete  Vor- 
arbeiten vorfand,  zeigt  sich  die  Unzulänglichkeit  seiner  Studien  und  die 
Enge  des  Kreises  von  Schulschriftstellern  worin  er  zu  Hause  war.  Seine 
Darstellung  leidet  an  grosser  Weitschweifigkeit,  und  von  lateinischer  Wort- 
stellung hat  Pr.  sehr  dunkle  Begriffe. 

3.  Die  Gesammtzahl  der  Handschriften  des  Pr.  berechnet  Hertz 
I.  p.  XIII  auf  gegen  tausend,  quorum  quidem  libros  XVIII  omnes  com- 
plectuntur  pauci,  libros  postremos  duos  (XVD  et  XVIII,  de  constructione, 
sive  Priscianum  minorem)  itidem  satis  pauci,  libros  XVI  priores  (de  VIII 
partibus  orationis  s.  Priscianum  maiorem)  plerique  (1. 1.).  Alle  gehen  zurück 
auf  die  Recension  des  Flavius  Theodor us  (von  Aldhelmus  verwechselt  mit 
Theodosius)  antiquarius  (Schönschreiber),  der  später  in  Hofdienste  trat  (s. 
unten  450,  3)  und  von  sich  sagt:  scripsi  Artem  Prisciani  eloquentissimi 
grammatici,  doctoris  mei,  manu  mea  in  urbe  Roma  Constantinopoli  im 
Laufe  von  J.  526  u.  527;  s.  0.  Jahn,  Berichte  d.  sächs.  Ges.  der  Wiss.  1851, 
8.  354—359.  Erhalten  ist  aber  weder  die  Recension  des  Theodorus  selbst 
noch  eine  unmittelbare  Abschrift  derselben;  vielmehr  zeigen  auch  unsere 
ältesten  Hdss.  einen  schon  vielfach  interpolierten  und  verderbten  Text. 
Die  Haupthds.  ist  Paris.  7496  saec.  IX  (R  bei  Hertz),  besonders  wichtig 
durch  die  Correctur  zweiter  Hand  (r),  die  auf  einen  codex  vetustus  zurück- 
geht. Vgl.  M.  Hertz,  Berichte  üb.  d.  Verhandl.  der  Berl.  Akad.  1847,  S. 
417-42!;  ed.  Prise.  L  p.  X— XXHI.    W.Christ,  Phüol.  XVHL  S.  142-161. 

4.  Ueber  die  Ausgaben  der  Inst.  vgl.  M.  Hertz  I.  p.  XXIII— XXVII. 
In  Putsche's  gramm.  (Hanau  1605.  4)  p.  533—1214.  Ed.  A.  Krehl,  Lips. 
1819  f.  2  Voll.  Hauptausgabe  ex  recens.  M.  Hertzii,  in  KeiPs  gramm. 
lat.  n  u.  III,  Lips.  1855.  1859. 

6.    Kleinere  Schriften.    Dem  Symmachus  (cos   485?)  gewidmet  sind 


lfK)0  Die  Kaiserzeit.    Aus  dem  Bechsten  Jahrhundert. 

drei.  Vorwort:  Omni  te,  Symmache,  nobilitatia  spleudore  celebratora,  .. 
studiis  etiam  optimarum  artiom  discipUnarumque  fiorentem  .  .  fama  qui- 
dem  antea  nobis  abaentem  venerabilem  faciebat,  nunc  antem  praesentem 
.  .  oBtendit.  .  .  itaque  .  .  (a)  de  figuri«,  sicut  iussisti,  nomerorum  breriter 
coUecta  demoustrabo  et  de  nummis  vel  (=  et)  ponderibus,  praeterea  (b) 
de  Terentii  metris,  nee  non  etiam  (c)  de  praeexercitamentis  rhetoricis,  quae 
Qraeci  ngoyvfivdauaza  vocant,  quoniam  diligentius  ea  sophistae  ianiores, 
quos  Bequimur,  ; .  exposuisse  videntur.  Die  erste  Schrift  (über  die  im  Lat. 
und  Griech.  üblichen  Zahlzeichen,  die  Münzverhältnisse  und  Bildungen 
der  lat.  Kahlbegriffe)  ist  geschöpft  aus  Dardanos  (etwa  saec.  IV)  nsgl  «ra- 
^limv;  die  zweite  (abgedruckt  auch  bei  Gaisford,  script.  rei  metr.  latt.  p. 
410  ff".)  will  beweisen  dass  die  Stücke  der  palliata  wirklich  in  Veraen  ge- 
schrieben seien,  nur  sehr  regellosen ,  und  ist  entnommen  aus  Ueliodor, 
Hephästion,  Terentianus  und  Asmonius;  die  dritte  ist  eine  üebersetzung 
der  nQoyvfiv.  des  Hermogenes.    Keil  p.  394  f. 

d.  Institntio  de  nomine  et  pronomine  et  verbo  (in  älteren  Aasgaben 
betitelt  de  declinationibus  u.  dgl.),  Auszug  aus  dem  grösseren  Werke  für 
Schulzwecke.    Keil  p.  395  f. 

e.  Partitiones  XII  yersuum  Aeneidos,  an  diesen  die  SchulQbong  {{if- 
Qnsnog,  später  ini(tSQ.)  durchmachend  welche  die  Griechen  an  Ilonier  vorzu- 
nehmen pflegten,  die  metrische  und  grammatische  Zergliederung  der  Verse, 
in  Form  von  Fragen  und  Antworten.    Keil  p.  397  f. 

f.  De  accentibus,  Regeln  über  den  Accent,  meist  mit  Priscian  über- 
einstimmend, aber  nicht  von  ihm  selbst,  nam  non  solum  omne  dicendi  genus 
ab  hoc  grammatico  prorsus  alienum,  ne  dicam  rüde  et  saepe  etiam  ineptom 
est,  sed  etiam  res  ipsae  de  quibus  agitur  speciem  eins  aetatis  quae  iam 
usum  et  scientiam  latinae  linguae  non  habebat  prae  se  feruut.  in  exemplis 
vero  barbara  quaedam  vocabula  hie  scriptor  posuit.    Keil  p.  400  f. 

6.  Ausgaben  der  kleineren  Schriften  (ausser  Putsche  und  Krebl^  A.  4) 
von  F.  Lindemann  (Lugd.  B.  1818)  und  bes.  von  H.  Keil,  gramm.  latt  111. 
(Lipo.  1860)  p.  405—528;  vgl.  die  praef.  p.  387  ff.  W.  Christ,  PhiloL  XVIII. 
S.  153—158. 

7.  Prisciani  grammatici  de  laude  imp.  Anastasii  .  .  nunc  primum  . . 
ed.  et  illustr.  St.  L.  Endlicher,  Wien  1828  (comment.  p.  21—78).  Dieser 
Panegyrikus  (312  Hexameter  mit  einem  Vorwort  von  22  klappernden  iamb. 
Senaren)  scheint  um*s  J.  512  verfasst.  Trotz  aller  Anstrengung  bleibt  er 
durchaus  nüchtern.  Schluss  in  der  (bobbioschen)  Hds.  (jetzt  in  Wien): 
expl.  laudes  sapientissimi  imp.  An.  .  .  dictae  a  Priseiano  grammatico.  Pris- 
ciani periegesis  e  Dionjsio,  1087  Hexameter  mit  dem  Schlüsse:  .  .  pelagi 
partes  percurri  Carmine  vastas  et  terrae  pariter  regiones  finibua  amplu. 
omnipotens  pro  quo  genitor  mihi  praemia  donet.  Abgedruckt  ist  dieses 
Schulgedicht  bei  Wemsdorf,  poetae  lat.  min.  V.  p.  265—422  (vgL  p.  «26 
—236  und  die  notae  p.  423—493),  in  Q.  ßemhardy's  Geogr.  g^.  min.  I.  p. 
461  ü.,  und  in  C.  Müller'a  Geogr.  gr.  min.  II  (1861)  p.  190  ff. 

8.  In  Hdss.  des  Priscian  findet  sich  ein  carmen  de  ponderibas 
et  mensuris,  das  daher  vielfach  ihm  zugeschrieben  wurde,  obwohl  obae 
Grund  (nam  nee  mss.  librorum  auctoritate  satis  defenditur  nomen  g^ramnia* 
tici  nee  rerum  de  quibus  agitur  argumento,  Keil  p.  402).    Dasselbe  is(  nd- 


449  f.    PriBcianus.    Eutycheß.  1001 

mehr  wahrsch.  schon  am  Ende  von  eaec.  IV  oder  Anfang  von  V  verfasst 
(C.  Schenkl,  Sitzangsber.  der  Wiener  Akad,,  hist.-philol.  Cl.  XLIII.  1863. 
S.  35  tf.).  W.  Christ  (Rhein.  Mus.  XX.  S.  66—70)  will  es  sogar  schon  unter 
Diodetian  setzen.  Vgl.  L.  Müller  ip  Fleckeisens  Jhbb.  93,  S.  559.  Abge- 
druckt ist  es  (in  163  Hexametern)  bei  Wernsdorf,  poet.  lat,  min.  V.  p.  494 
—  619  (vgl.  p.  230—240),  darauf  (zu  208  Versen  vervollständigt)  aus  einer 
Bobbio*schen  Hds.  zu  Wien  von  Endlicher  (mit  dem  panegyr.,  s.  A.  7), 
am  besten  durch  F.  Hultsch,  Script,  metrolog.  rom.  (1866)  p.  88—98  (vgl. 
p.  24—31). 

9.  Nicht  minder  mit  Unrecht  trägt  des  Priscian  Namen  eine  epitome 
Phaenomenon  s.  versus  (16  Hexameter)  de  sideribus,  z.  B.  bei  Wernsdorf 
poetae  lat.  min.  V.  p.  620—622. 

10.  Wahrscheinlich  aus  saec.  VI  ist  das  carmen  de  librae  sive  assis 
partibuB,  20  Hexameter,  in  Hdss.  angehängt  an  das  de  ponderibus  (A.  8). 
Abgedruckt  am  besten  bei  Hultsch,  script.  metrol.  rom.  p.  99  f.  vgl.  p. 
31  f.  Schenkl  (s.  A.  8)  S.  58,  A. 

460.  Noch  bei  Priscian's  Lebzeiten  verfasste  sein  Schüler 
Eutyches  gleichfalls  grammatische  Werke,  von  welchen  eine 
Ars  de  verbo  in  zwei  Büchern  auf  uns  gekommen  ist.  Sie  zeigt 
Benützung  der  Schriften  seines  Lehrers,  aber  auch  älterer  Quellen 
Der  Vorspnmg  welchen  auf  diesem  Gebiete  damals  der  Osten 
hatte  erhellt  am  klarsten  wenn  wir  mit  den  Leistungen  Priscians 
vergleichen  die  wenig  späteren  kümmerlichen  des  Asper  und 
Audax  oder  gar  die  abenteuerlichen  Schwindeleien  des  Vergilius. 

1.  Cassiod.  de  orthogr.  9  hat  die  Ueberschrift:  Eutychis  de  aspi- 
ratione.  Die  Hdss.  des  £.  selbst  haben  meist  die  Form  Euticii  oder  En- 
iicis.  Eut.  p.  456,  28  £f.  E. :  de  quibus  . .  quia  romanae  lumen  facundiae, 
mens,  immo  communis  omnium  hominnm  praeceptor,  in  quarto  de  nomine 
libro  summa  cum  subtilitate  copiosissime  grammaticus  Priscianns  disseruisse 
cognoscitur  etc.  Aus  dem  prologus:  tuis  petitionibus  satisfadens,  meorum 
dilectissime  discipulorum  Cratere,  .  .  opusculum  hoc  ad  discernendas  per- 
tinens  coniugationes  duobus  Hbellis  iuclusi,  quorum  prior  observationibus 
instruitur  generaUbus,  alter  .  .  speciales  exequitur  regulas. 

2.  Ausgaben  der  Schrift  des  Eut.  von  Jo.  Camerarius  (Tubing.  1537, 
mit  Mär,  Vict.  u.  A.),  bei  Putsche  (p.  2143—2189)  und  Lindemann  (p.  153 
—198)  und  bes.  von  H.  Keil,  gramm.  lat.  V.  p.  447—489,  vgl.  p.  442—446. 
F.  Osann,  Beiträge  H.  S.  162—165. 

3.  üeber  einen  andern  Schüler  des  Priscianns,  den  Fl.  Theodorus 
Dionys.  v.  d.,  memoriahs  sacri  scrinii  epistolarum  et  adintor  v.  m.  quae- 
storis  sacri  palatii,  s.  oben  449,  3. 

4.  Von  einem  grammaticus  Aspe r  sind  zweierlei  sehr  verschiedene, 
aber  gleich  werthlose,  Arbeiten  erhalten :  in  einem  Bemensis  saec.  VH  die 
eine,  katechetisch  gehaltene,  minorem  Artem  Donati  secutus  hie  gramma- 
ticus de  YIIl  partibus  orationis  disseruit  et  maximo  exemplornm  numero 


1(KJ2  ^^6  Kaifierzeit.    Aus  dem  sechsten  Jahrhimdert. 

congesio  .  .  pruecepta  illius  illusiravit.  .  .  eruditionis  autem  nuUa  in  hoc 
libro  sunt  vestigia,  neque  ulla  Teterum  scriptorum  exempla  adscripta  sunt. 
H.  Keil,  gramm.  latt.  V.  p.  630.  Die  andere  ist  abgedruckt  bei  Putsche 
p.  1726—1736,  Lindemann  p.  309—316,  Keil  V.  p.  647—654,  Tgl  p.  530—532; 
p.  631:  tam  multa  in  definitionibus  et  in  divisionibus  partium  orationis  et 
in  verbis  quibus  praecepta  artis  efferuntur  et  in  genere  tractandi  a  more 
antiquorum  grammaticorum  dissentiunt  ut  recentis  .  .  scriptoris  mannm 
prodant. 

6.  Audax,  Verfasser  einer  grammatischen  Schrift  de  Scauri  et  Pal- 
ladü  libris  excerpta  per  interrogationem  et  responsionem ,  erwähnt  nicht 
vor  saec.  VII  und  erhalten  in  einer  Bemer  und  einer  Münchner  Hds.  saec. 
IX,  sowie  überarbeitet  in  einer  Karlsruher  saec.  IX:  Volfuiuus  indpiont 
artes  Audaci  de  Sc.  et  F.  libris  exe.  H.  Keil  im  Hermes  1.  S.  332  f.  vgl 
De  gramm.  quibusd.  inf.  aet.  (Erlang.  1868.  4.)  p.  4:  plura  sane  (als  Asper) 
ex  antiquiore  doctrina  servavit,  sed  eorum  maximam  partim  e  Maximi 
Victorini  libris  qui  feruntur  recepit. 

6.  H.  Keil,  de  gramm.  inf.  aet.  (Erl.  1868)  p.  6:  oranium  qui  infe- 
riore aetate  de  grammatica  arte  scripserunt  longe  inö^tissimus  fuit  Ver- 
gilius  a  Maio  (Class.  auct.  V.  p.  1  sqq.)  editus,  qui  sexto  septimove  sae- 
culo  in  Gallia  vixisse  videtur  (was  in  der  not  näher  begründet  wird),  is 
enim  de  grammatica  arte  ita  dispntavit  ut  potius  insulsas  fabulas  quam 
veram  artis  tractationem  exhiberet.  neque  omniuo  certam  disciplinam  et 
rationem  disputandi  secutus  est,  sed  plerumque  de  controversiis  quibusdam 
qiias  a  granimaticis  suae  aetatis  tractatas  esse  ait  disseruit.  in  quibus  om- 
nia  fictis  fabulis  contexuit.  (folgen  Beispiele.)  .  .  de  plurimis  autem  quae- 
stionibus  quas  tractat  se  institutum  esse  scribit  ab  Aenea,  praeceptore  suo, 
quem  saepe  laudibus  effert;  de  aUis  praecepta  ponit  Mitterii  cuiuBdam 
Spaniensis,  quem  senem  noctu  .  .  interroganti  sibi  de  rebus  düBciliimis 
respondisse  scribit  (p«  12  sqq.). 

451.  Neben  Boetius  der  bedeutendste  Mann  des  Jahrhun- 
derts, durch  amtliche  Stellung  wie  durch  eigenen  Werth,  ist 
Magnus  Äurelius  Cassiodorus  Senator,  aus  einem  angesehenen 
und  reichen  Geschlechte  in  Bruttien  geboren.  Sein  langes  Le- 
ben (ungefähr  480 — 575)  reicht  von  Theoderich  bis  Jostinian, 
seinen  Höhepunkt  aber  hat  es  unter  Theoderich,  wo  Cassiodor 
Gonsul  (J.  514)  war  und  als  Geheimsecretär  des  Königs  die 
thatsächliche  Leitung  der  laufenden  Geschäfte  hatte.  Nächst 
Reden  ist  seine  früheste  Veröffentlichung  seine  Chronik,  welche 
die  Weltgeschichte  von  Adam  bis  ins  J.  519  n.  Chr.  um&sst, 
eine  Compilation  aus  älteren  Quellen,  vom  J.  496  an  aus  eige- 
ner Kunde,  aber  in  dürftig  höfischer  Weise.  Werthvoller  ist 
seine  Geschichte  der  Gothen,  die  uns  aber  nur  in  der  baribari- 
sirenden  Bearbeitung  des  Jordanis  erhalten  ist,  und  seine  swSlf 
Bücher  Yariarum,  eine  Sammlung  der  von  Cassiodor  in 


450  f.    Audax  ii.  A.    Cassiodorus.  1003 

amtlichen  Stellungen  verfaf»sten  Schriftstilcke,  Erlasse'  im  Namen 
des  jeweiligen  Regenten  und  sonstige  Urkunden.  In  seinen  spä- 
teren Jahren  in  ein  Kloster  zurückgezogen,  verfasste  Cassiodor 
nunmehr  eine  Reihe  theologischer  und  encyclopädischer  Schrif- 
ten. So  eine  Uebersicht  der  für  seine  Klosterbrüder  empfehlens- 
werthen  Literatur  in  ^wei  Büchern  (lectiones  divinae);  einen 
Abriss  der  sieben  freien  Künste,  Institutiones  divinarum  et  sae- 
cularium  litterarum,  gleichfalls  in  zwei  Büchern,  nur  theilweise  er- 
halten; ausserdem  de  anima,  de  amicitia  u.  Ä.^  sowie  Gramma- 
tisches (de  orthographia  u.  dgl.).  Allenthalben  zeigt  C.  eine 
für  seine  Zeit  achtbare  Kenntniss  und  Werthschätzung  der  alten 
Literatur  und  einen  tüchtigen  Charakter.  Seine  Schreibweise 
ist  im  Zeitgeschmacke  und  schwülstig. 

1.  Ueber  seine  Vorfahren  in  drei  Generationen  j^bt  C.  selbst  Kunde 
durch  den  Mund  des  Königs  Theoderich,  in  den* beiden  Erlassen  (Var.  I, 
3  u.  4)  durch  welche  seinem  Vater  Auszeichnungen  bewilligt  werden.  Aus 
I,  4:  Cassiodoros  praecedentes  (dem  Vater  "des  Schriftstellers)  fama  con- 
celebrat.  .  .  antiqua  proles,  .  .  cum  togatis  clari,  inter  viros  fortes  eximii, 
quando  et  valetudine  membrorum  et  corporis  proceritate  floruerunt.  pater 
enim  candidati  sub  Valentiniano  (III)  principe  (J.  426  —  465)  gessit  tribuni 
et  notarii'laudabUiter  dignitatem.  . .  patricio  Agtio  .  .  magna  fuit  caritate 
sociatus.  Sendung  an  Attila.  Zurückziehung  in  amoenissima  Bruttiorum. 
avns  enim  Cassiodorus  .  .  a  Vandalorum  (unter  Geneerich)  incursione  Sici- 
liam  Brnttiosque  armorum  defensione  liberavit.  .  .  vixit  et  ipse  in  provincia 
honore  iudicis  et  securitate  privati  etc.  tanta  etiara  patrimonii  sui  ubertato 
gloriatus  est  ut  etc.  Üeber  den  Vater  ib. :  primus  administrationis  introitus 
comitivae  privatarum  mole  fuudatus  est  (Comes  rer.  privat.).  .  .  qui  mox 
deinde  sacrarum  largitionum  honore  suscepto  crevit  etc.  bis  itaque  sub 
praecedenti  rege  (Odoaker?)  gymnasiis  exercitatus  emeritis  laudibus  ad 
palatia  nostra  pervenit.  I,  3:  in  ipso  imperii  nostri  exordio  .  .  Siculorum 
suspicantium  mentes  ab  obstinatione  praecipiti  deviasti.  .  .  ubi  sub  pro- 
cinctu  martio  civilia  iura  custodiens  publica  privataque  commoda  inavanis 
arbiter  aestimabas.  .  .  Bruttiorum  et  Lucaniae  tibi  dedimus  mores  regen- 
dos (als  corrector\  ne  bonum  quod  peregrina  provincia  (Sicilien)  meruisset 
genitalis  soli  (vgl.  Var.  XII,  I^)  fortnna  nesciret.  .  .  oblectat  nos  actus 
praefecturae  (vgl.  Var.  IX,  24)  recolere  etc.  .  .  patriciatns  tibi  apicem  iusta 
remnneratione  conferiraus.  Der  Schriftsteller  selbst  (Senator,  vgl.  den  Bi- 
schof Senator  bei  Ennod.  carm.  II,  87)  wurde  primaevus  unter  Theoderich 
quaestor,  dann  magister  officiorum,  514  Consul  (Chronik  ad  a.:  Senator 
V.  c.  cons.  me  consule  etc.),  bei  Athalarichs  Regierungsantritt  noch  ma- 
gister, sed  implevit  quaestoris  officium  ( Var.  IX,  26  vgl.  I.  praef. :  frequenter 
quaesturae  vicibus  ingravato),  schützte  und  verwaltete  eine  Zeit  lang  die 
Küstenprovinzen  (Var.  IX,  26),  und  wurde  J.  634  praef.  praet.  (Var.  IX,  26). 
VgL  Var.  I  praef.:  praefectum  te  praetorianae  sedis  omnes  noverunt.  IX, 
25:  cumulavimus  (Athalarich)  beneficiis  nostris  copiosum  virtutibus,  divitem 
moribos,  plenum  magnis  honoribus  Senatorem.    Viermal  war  er  Präfect, 


1004  ^^^  Kaiserzeit.    Aus  dem  sechsten  Jahrhundort 

vier  Königen  hat  er  in  mindestens  40  Jähren  gedient.  Wahrscheinlich 
nach  dem  Starze  des  Vitigis  (J.  540)  zog  er  sich  in  das  von  ihm  gestiftete 
Kloster  Vivarium  in  Bruttien  zurück,  verfasste  hier  seine  theologischen  and 
allgemeinen  Schriften  ond  starb  ums  J.  575.  Vgl.  A.  2.  R.  Köpke,  deut- 
sche Forschungen  S.  85—89. 

2.  Die  schriftstellerische  Thätigkeit  des  C.  zerfällt  in  zwei  Hälften: 
eine  historisch- politische  [Reden,  Chronik,  Goth.  hist.  und  Variae)  während 
seiner  Amtszeit,  nnd  eine  theologisch-grammatische  seit  der  Zurückziehung 
nach  Vivarium.  Vgl.  Var.  I  praef. :  dixisti  ad  commendationen  universitatis 
freqnenter  reginis  (bes.  Amalasuntha)  ac  regibus  (bes.  Theoderich,  Var.  TX, 
25)  laudes  (die  Ueberreste  bei  C.  Baudi  di  Vesme,  frammenti  di  orazioni 
panegiriche  di  Magno  Aur.  Cass.  Senatore  raccolti,  in  den  Memorie  der 
Furiner  Akademie  VIll.  p.  169  ff.),  duodecim  libris  Gothorum  historiam 
defloratis  prosperitatibus  condidisti  (s.  A.  4).  Die  schon  vorher  (J.  519) 
verfasste  Chronik  (s.  A.  3),  wird  als  nicht  politische  Arbeit  übergangen. 
Schriften  aus  der  Klosterzeit  aufgezählt  de  orthogr.  praef.:  post  commenta 
psalterii,  ubi  praeetante  domino  conversionis  meae  (Uebertritt  zum  Mönchs- 
leben) tempore  primum  Studium  laboris  impendi;  deinde  post  institutiones 
quemadmodum  divinae  et  humanae  debeant  intellegi  lectiones,  duobus  libns 
.  .  sufficienter  impletis;  . .  post  expositionem  epistolae  quae  scribitur  ad 
Romanos,  unde  pelagianae  haereseos  pravitates  amovi;  .  .  post  codicem  in 
quo  artes  Donati  cum  commentis  suis  et  librum  de  etjmologiis  et  alium 
librum  Sacerdotis  de  schematibus  dom.  praesf.  collegi;  .  .  post  librum 
quoque  titulorum,  quem  de  divina  scriptura  collectum  Memorialem  volui 
nuncupari;  . .  post  complexiones  in  epistolis  apostolorum  et  Actibus  apo- 
stolorum  et  apocaljpsi,  quasi  brevissimas  explanationes  decursas  ad  aman- 
tissimos  orthographos  discutiendos  anno  aetatis  meae  nonagesimo  tertio 
(etwa  J.  572)  perveni.  Der  in  seinen  Werken  stehende  coznputus  pa- 
sch alis,  eine  Anweisung  die  Daten  des  christlichen  Kalenders  zu  berech- 
nen, verfasst  J.  562,  ist  hier  nicht  aufgezählt,  schwerlich  weil  er  erst  nach 
dem  9S*^^  Lebensjahre  ausgearbeitet  wurde,  vielmehr  weil  er  nicht  von 
Cass.  selbst  herrührt,  sondern  einem  Abschreiber  seiner  €hronik ;  b,  Momm- 
sen,  Cassiodor  S.  572. 

3.  Chronica  M.  A.  C.  Senatoris,  v.  c.  et  inl.,  ex  quaestore  sacn 
palatii,  ex  cons.  ord.,  ex  mag.  off.,  praef.  po.  atque  patriczi.  Verfasst  auf 
Veranlassung  von  Eutharich,  dem  Schwiegersohne  Theoderichs.  Von  Adam 
bis  in  £utharichs  Consulat,  J.  519,  werden  5271  Jahre  gerechnet.  Die  ersten 
5  Epochen  (von  Adam  bis  zu  den  primi  consules)  sind  ex  chronicis  Eusebii- 
Hieronymi.  Die  sechste,  a  Bruto  et  Tarquinio  usque  ad  consulatum  ve- 
strum,  1031  Jahre,  das  längste  aus  dem  Alterthum  überlieferte  Consnhiver- 
zeichniss.  Der  ältere  Theil,  bis  J.  31  n.  Chr.,  ex  Tito  Livio  (wohl  imAb- 
riss)  et  Aufidio  Basso,  gibt  den  Coss.  immer  zwei  Namen,  der  spätere  (aus 
der  Ostertafel  des  Victorius  Aquit.)  nur  einen  einzigen.  Die  Xviri  und  Kriegs- 
tribunen werden  weggelassen  und  dafür  auf  das  Xvirat  40  Jahre  (statt  3} 
gerechnet.  Die  Jahrtafel  der  Kaiserzeit  sammt  den  beigefügten  historischen 
Notizen  ist  geschöpft  aus  der  des  Hieronjmus,  weiterhin  der  nach  Kaisern 
abgetheilten  Consulnliste  des  Prosper.  J.  455 — 495  stammt  wahracheiiüich  »dt 
der  ravennatischeu  Chronik  in  ihrer  ursprünglichen  Vollständigkeil.  Von 
496  an  scheint  Cass.  aus  eigener  Kunde,  jedoch  in  dürftigster  HaCKshreibcr* 


A 


451.    Cassiodorus  Senator.  1005 

auswahl,  die  gleichzeitigen  Ereignisse  aufgezeichnet  zu  haben.  Die  Fehler 
sind  zahlreich  Und  zum  Theil  stark.  Die  Ueberlieferung  wird  vielfach  par- 
teiisch zurecht  gelegt.  Bemerkenswerth  sind  die  auf  gothische  Verhält- 
nisse bezüglichen  Zusätze.  Mommsen,  Abhandl.  d.  sächs.  Ges.  d.  Wias. 
VIII  (philol.  bist.  Cl.  III),  Leipzig  1861,  S.  549—670.  U«ber  die  Hand- 
schriften der  Chronik  ebd.  S.  571—588.  Die  Ausgaben  (in  den  Werken 
des  Cass.  und  den  Sammlungen  der  Chroniken)  bieten  im  Ganzen  den  Text 
des  Sichardus  in  der  Bearbeitung  des  Panvinius;  kritische  Ausgabe  von 
Mommsen  a.  a.  0.  S.  589-659. 

4.  Cassiod.  lässt  über  sich  den  Athalarich  J.  533  sagen  (Var.  IX,  25). 
tetendit  se  etiam  in  antiquam  prosapiem  nostram,  lectione  discens  quod 
vix  maiorum  notitia  cana  retinebat.  iste  reges  Gothorum  .  .  latibulo  ve- 
tustatis  eduxit,  iste  Amalos  cum  generis  sui  claritate  restituit,  evidenter 
ostendens  in  XVII »°^  progeniem  stirpem  nos  habere  regalem.  originem 
gothicam  historiam  fecit  esse  romanam,  colligens  .  .  quod  per  librorum 
campos  passim  fuerat  ante  dispersum.  VgL  A.  2.  Var.  XII,  20:  in  historia 
nostra  .  .  retulimus.  Jordan.  Get.  praef.:  XII  Senatoris  volumina  de  origine 
actibusque  Getarum  ab  olim  usque  nunc  per  geuerationes  regesque  de- 
scendentia.  Bei  dem  Tode  des  Athalarich  (2.  Oct.  534)  scheint  Cass.  sein 
Werk  abgebrochen  zu  haben,  welches  schon  533  dem  Könige  wohl  in  der 
Hauptsache  vollendet  vorlag  und  etwa  535  herausgegeben  wurde.  Be- 
nützung des  Orosius  (Eöpke,  deutsche  Forschungen  S.  71),  Trogus,  Am- 
mianus  und  griechischer  Schriftsteller  (Köpke  S.  79—82);  auch  der  gothi- 
schen  Ueberlieferung  und  Heldensage  (ebd.  S.  84  f.  vgl.  S.  89  —  93).  H. 
V.  Sybel,  de  fontibus  Jord.  p.  12  it.  Der  Auszug  des  Jordanis  (unten  453, 
2  f.)  verschuldete  wohl  den  Untergang  des  Originalwerkes. 

5.  Var.  I  praef.:  dicta(ta)  mea  quae  in  honoribus  saepe  positus  pro 
explicanda  negotiorum  qualitate  profuderam  in  unum  corpus  redigere  sua- 
debant  (diserti).  .  .  ideo  quod  in  quaesturae,  magisterii  ac  praefecturae 
dignitatibus  a  me  dictatum  in  diversis  publicis  actibus  potui  reperire  bis- 
sena  librorum  ordiuatione  composui.  .  .  cunctarum  dignitatum  sexto  et 
VIIo  libris  formulas  comprehendi.  . .  librorum  vero  titnlum  . .  Varia - 
rum  nomine  praenotavi,  quia  necesse  nobis  fiiit  stilum  non  unum  su- 
mere  qui  personas  varias  suscepimus  admonere.  .  .  huc  accedit  quod 
modo  regibus,  modo  potestatibus  aulicis,  modo  loqui  videamur  humil- 
limis,  .  .  ut  merito  Variarum  dicatur  quod  tanta  diversitate  conficitur. 
Die  ersten  5  Bücher  enthalten  die  Schreiben  und  Erlasse  unter  Theoderich, 

B.  VIII — X  die  im  Namen  des  Athalarich,  Theodat  und  Wittiges;  B. 
XI  und  XII  die  Correspondenz  und  Verfügungen  aus  der  Zeit  da  Cass. 
praef.  praet.  war.  Spätestes  Datum  (und  Zeit  der  Herausgabe)  J.  538 
(Var.  XII,  16).    Theilweise  Umarbeitung  für  die  Veröffentlichung  vermutet 

C.  Schirren,  de  ratione  p.  69.  L.  Tross,  in  Cass.  Varr.  libros  sex  priores 
symbolae  criticae,  Hamm  1853. 

6.  Cassiod.  de  anima  praef.:  cum  iam  suscepti  operis  optato  fine 
gauderem  meque  XII  voluminibus  (Variarum)  iactatum  quietis  portus  ex- 
ciperet, .  .  amicorum  me  suave  collegium  in  salum  rursus  cogitationis  re- 
pressit,  postulans  ut  aliqua  quae  tam  in  sacris  libris  quam  in  saecularibus 
abstrusa  compereram  de  animae  substantia  vel  de  eins  virtutibus  aperi- 


1006  *  ^^^  Kaiserzeit.    Aus  dem  gechsten  Jahrhundert. 

rem.  Dies  geschieht  denn  in  den  beliebten  (s.  A.  12)  zwölf  Abacfanitten. 
Vgl.  c.  19:  clauBÜnuB  itaque  nostrum  munusculam  numero  duodenario,  qui 
coelos  eignorum  diversitate  decoravit  etc.  Quellen  werden  nicht  genannt 
Schlusa  von  erbaulichem  Charakter. 

7.  CasBiod,  de  inst.  div.  litt.  (=  diirin.  lect.)  1  praef.:  cum  studia 
saecularium  litterarum  magno  desiderio  fervere  cognoscerem,  .  .  graviBsimo 
Bum  dolore  permotus  quod  BcripturiB  divinis  magistri  public!  de  essen  t 
. .  nisus  Bum  oiun  beat.  Agapeto  urbis  Romae  episcopo  (J.  535—536)  ut  . . 
collatis  expenais  in  urbe  romana  proi^sBos  doctores  scholae  acciperent  chri- 
stianae.  .  .  sed  cum  propter  bella  ferventia  et  turbulenta  nimis  in  italico 
regno  certamina  desiderium  meum  nuUatenuB  valuisset  impleri,  .  .  ad  hoc 
divina  caritate  probor  esse  compulsus  ut  ad  vicem  magistri  introductorios 
vobis  libros  istos  .  .  confecerim,  per  quos  .  .  et  scriptararum  diTinarum 
series  et  saecularium  litterarum  compendiosa  notitia  .  .  panderetur.  . .  in 
quibus  non  propriam  doctrinam,  sed  priscorum  dicta  commendo.  .  .  nos 
potius  iatinos  scriptores  .  .  sectamur,  ut  quoniam  Italis  scribimas  ronuuioä 
quoque  expositorea  commodissime  indicasse  videamur.  Buch  II  (c.  24  iL) 
behandelt  kurz  auch  die  weltliche  Literatur ;  c.  28  z.  B.  ermahnt  zum  Sto- 
diiun  der  scriptores  rei  rusücae:  inyitat  siquidem  tos  locus  Vivariensis 
mouasterii  ad  multa  peregprinis  et  egentibus  praeparanda,  quando  habetis 
hortos  irriguos  et  piscosi  amnis  Pellenae  fluenta  vicina.  Schluss  wieder 
mit  einem  Gebet. 

8.  Vorwort  der  Ency clopädie :  Superior  liber  (s.  A.  7)  domino  prae- 
staute  completus  institutionem  divinarum  continet  lectiouum.  hie  XXXIII 
titulis  noscitur  comprehensus.  qui  numerus  aetati  dominicae  probatur  ad- 
commodns  etc.  nunc  tempus  est  ut  aliis  septem  titulis  saecularium  le- 
ctiouum praesentis  libri  textum  percurrere  debeamus;  qui  tamen  calculas 
per  septimanas  sibimet  succedentes  .  .  usque  ad  totius  orbis  finem  semper 
extenditur.  Am  ausführlichsten  wird  die  Dialektik  behandelt.  Unterschrift 
des  cod.  Bamberg,  saec.  VIII:  Cassiodori  Senatoris  institutionum  div.  e 
human,  rerum  libri  II  expl.  fei.  Codex  arohetypus  ad  cuius  exemplaria 
sunt  reliqui  corrigendi.  Vgl.  A.  Mai,  class.  auctt.  111.  p.  350  ff.  Der  die 
Rhetorik  betreffende  Theil  ist  am  besten  gedruckt  bei  Halm,  rhetores  latt 
min.  p.  495 — 500.  Die  in  jüngeren  Hdss.  vorausgehenden  30  kurzen  Capp. 
(bei  Halm  p.  501 — 504)  sind  eine  Blumenlese  von  Aussprüchen  bes.  das 
Quintilian  die  mit  dem  Werke  des  Cass.  nichts  zu  thun  hat;  s.  Halm  I.  L 
p.  XII  f 

9.  Das  schon  divin.  lect.  praef.  u.  c.  30  bethätigte  Interesse  für  Or- 
thographie führte  zuletzt  (s.  A.  2)  auch  noch  zu  einer  eigenen  Schrift 
darüber:  XII  auctorum  opuscula  deducimus  in  medium,  quae  ab  Ulis  bre- 
viter  et  copiose  dicta  sunt  (praef.)  Sie  ist  gerichtet  an  einen  AemiHofl 
amicus  und  bildete  einen  Anhang  zur  Encyclopädie ;  s.  praef. :  iam  tempoi 
est  ut  totius  operis  nostri  conclusiouem  facere  debeamus,  ut  melius  in  animo 
recondantur  quae  septenaria  conclusione  distincta  sunt.  Die  obligate  Zw5lf- 
zahl  der  auctores  entsteht  dadurch  dass  Adamantius  Martjrins  yierfi^  ge- 
zählt wird  (5—8),  Caesellius  Vindex  doppelt  (10.  11);  die  übrigen  und  An- 
naeus  Cornutus,  Velius  Longus,  Curtius  Valerianus,  Papiiianua,  Eii^f<dMS 
und  Priscianus. 


451  f.    Oassiodorus.    Marcellinus.  1007 

10.  Nur  Herausgeber  war  Cassiod.  bei  der  lateinischen  Bearbeitung 
der  Kirchengeschichte  von  Theodoret,  Sozomenos  und  Sokrates  (Tripartita; : 
quos  nos  per  Epiphanium  scholasticum  latino  condentes  eloquio  necessarium 
duximus  eorum  dicta  deflorata  in  unius  stili  tractum  deo  iuvante  perducere 
et  de  tribus  auctoribus  unam  facere  dictionem  (praef.).  Vgl.  divin.  lect.  17 : 
quoB  a  viro  Epiphanio  disertissimo  in  uno  corpore  XII  libris  fecixnus  deo 
auxüiante  transferri.  £s  ist  eine  Art  Synopse  der  drei  Schriftsteller,  gleich- 
falls vertheilt  per  XII  libros  (praef.). 

11.  Der  unendlich  wortreiche  Commentar  zu  den  Psalmen  (bei  Migne 
LXX.  p.  9 — 1056)  beginnt:  repolsis  aliquando  in  Kavennate  urbe  soUicitu- 
dinibus  dignitatum  . .  cum  psalterii  caelesds  animarum  mella  gustassem  .  . 
avidus  me  perscrutator  immensi  etc.  Da  er  Vieles  nicht  verstand,  ad  Au- 
gustini confugi  lectionem.  Daraus  sei  das  Folgende  ein  Auszug,  quem  tarnen 
codioem  etiam  per  quinquagenos  psahnos  .  .  trina  sum  divisione  partitus, 
ut  daritas  litterae  senioribus  oculis  se  pulchrios  apeciret  etc.  Das  Schluss- 
wort beginnt:  explicitus  est  decorus  et  mirabilis  ordo  psalmorum,  numero 
quidam  mystico  terminatus  etc.  Am  Schlüsse  der  praef.  zu  den  complezio- 
nes  in  epist.  apost.:  Cass.  Senatoris,  iam  domino  praestante  conversi, 
ezplicit  praefatio. 

12.  Cassiod.  Var.  IX,  25  über  Cass.:  numquid  .  .  aliqua  se  elatione 
iactavit  .  .?  .  .  benevolus  cunctis,  moderatus  in  prosperis,  ignorans  nisi 
graviter  lacessitus  irasci.  qui  cum  iustitia  sit  rigidus  ad  remissiones  irarum 
non  perdurat  austerus;  suarum  rerum  distributor  egregius  et  dum  nescit 
aliena  quaerere  novit  propria  l^gus  offerre.  Als  Schriftsteller  hat  Cass. 
seine  weithin  kenntlichen  Eigenthümlichkeiteu ,  seine  unermüdlich  wieder- 
kehrenden Wendungen  (bes.  von  frommer  Färbung),  seine  Zahlenmystik 
bes.  mit  der  Zahl  12,  7  und  3;  vgl.  A.  5.  6.  8.  9.  10.  11),  durch  die  er 
dem  Aberglauben  seiner  Zeit  seinen  Zoll  entrichtet.  Seine  Bücheikenntuiss 
ist  für  seine  Zeit  ungewöhnlich  und  erstreckt  sich  auch  auf  das  Griechische, 
wiewohl  er  sich  hier  lieber  lat.  üebersetzungen  bedient;  s.  lect.  divin.  17 
u.  A.  10.  Unter  den  römischen  Dichtem  ist  ihm  auch  Horaz  geläufig;  s. 
Var.  I  praef.  A.  Olleris,  Cassiodore  conservateur  des  livres  de  rantiquit<i 
latine,  Paris  1841. 

13.  Ausgaben  seiner  Werke.  Cum  notis  Fornerii,  Paris.  1584.  4.  Ex 
fide  mss.  anctiora  et  locupletiora,  Genevae  1656.  1663.  4.  Studio  Jo.  Ga- 
retii  cum  notis,  Rothomag.  1679.  Venet.  1729.  2  Voll,  fol.;  wieder  abge- 
druckt in  Migne*8  patrol.  LXIX  und  LXX,  vermehrt  durch  die  complexiones 
in  epistolas  Pauli,  quas  ed.  et  annot.  Scipio  Maffeius. 

14.  Vita  Cassiodori  in  Garet*s  Ausgabe.  Manso,  Gesch.  des  ostgoth. 
Reichs  (1824)  S.  85—92.  332—341.  A.  Thijm,  jets  over  .  .  Cassiodorus  en 
z^ne  eeuw,  Amsterdam  1858.  152  S.  A.  Thorbecke,  Cass.  Senator,  ein  Bei- 
trag zur  Gesch.  d.  Völkerwanderung,  Heidelberg  1867. 

462«  Vor  und  nach  Cassiodor  verfassten  Chroniken  Mar- 
cellinus Comes  für  die  Jahre  379 — 534(566),  mit  ausschliess- 
licher Berücksichtigung  der  Ereignisse  im  ostromischen  Reiche ; 


1008  ^ie  Kaiserzeit.    Aus  dem  sechsten  Jahrhundert. 

sowie  der  afrikanische  Bischof  Victor  von  Tunnuna^  vom  Anbe- 
ginn bis  J.  566,  wovon  aber  nur  der  letzte  Theil,  von  J.  444  an, 
erhalten  ist,  als  Fortsetzung  des  Werkes  von  Prosper  und  vor- 
zugsweise auf  Afrika  berechnet.  Gleichfalls  Fortsetzer  der  Chro- 
nik des  Prosper  sind  der  Bischof  Marius  von  Avenehes,  für  die 
Jahre  455 — 581,  und  der  Abt  Johannes  Biclariensis  für  seine 
Zeit,  J.  565—590. 

1.  Cassiod.  div.  lect.  17:  Marcellinus  quattuor  libros  de  temporum 
qualitate  et  positionibus  locorum  pulcherrima  proprietate  con£cien8.  . .  chro- 
nica vero  .  .  scripsit  graece  Eusebius,  quem  transtulit  Hieronjmus  in  lati 
num.  .  .  hunc  subsecutus  est  supraschpius  Marcellinus  Illyriciauos,  qui  ad- 
huc  patricii  lustiniani  fertur  rexisse  cancellos,  sed  meliore  condicione  de- 
yotus  a  tempore  Theodosii  principis  usque  ad  fores  (Garet:  finem,  J.  565) 
imperii  triumphalis  Aug.  lustiniani  opus  suum  domino  iuvante  perduxit. 
Marcell.  chron.  praet.:  ego  simplici  dumtaxat  computatione  Orientale  tan- 
tum  secutus  imperium  per  indictiones  perque  consules  iufra  scriptoB  CXL 
annos,  .  .  a  consulatu  Ausonii  et  Olybrii  (J.  379)  .  .  enumerans  et  usque 
in  consulatum  Magni  (J.  518)  . .  colligens  eorumdem  auctorum  (Eusebius- 
Hierouynius)  operi  subrogavi.  itemque  alios  XVI  annos,  a  consulatu  lustini 
Aug.  primo  (J.  519)  usque  in  consulatum  lustiniani  Aug.  quartum  (J.  534), 
suffeci.  id  sunt  simul  anni  CLVI,  et  meum  rusticum  opus  supposui.  Das 
erhaltene  Werk  aber  reicht  durch  spätere  Fortsetzungen  (die  erste,  bis  547, 
vielleicht  von  einem  fränkischen  Verfasser)  bis  zum  J.  558,  in  blosen  Da- 
tumsangaben (ohne  Ereignisse)  bis  J.  566.  Jordanis  hatte  wohl  eine  Be- 
daction  vor  sich  die  nur  bis  547  reichte;  v.  Sybel,  fönt.  lord.  p.  32.  Auf- 
schrift ^  Marcellini  comitis  v.  c.  chronicon. 

2.  Ausgaben  des  Marc,  von  J.  Sirmond  (Paris  1619  =>  Opera  II,  Paris 
1696,  p.  309  ff.  Venet.  1728,  p.  269  ff.),  bei  Roncalli  (vetust.  latt  scr.  chro- 
nica) II.  p.  266  ff.;  in  Gallandi  bibl.  patr.  X  =  Migne's  patrol.  LL  p.  917 
-948. 

3.  Isid.  ill.  38  (script.  eccl.  25):  Victor  TunnunensiB  ecclesiae  afri- 
canae  episcopus  a  principio  mundi  usque  ad  primum  lustini  ionioris  im- 
perium (J.  566)  brevem  per  consules  annuos  bellicarum,  ecclesiasticarum 
rerum  nobilissimam  promulgavit  historiam.  Er  habe  im  Dreicapitelstreit 
eine  Rolle  gespielt  und  sei  daher  von  Justiuian  in  ein  klösterliches  Gefäng- 
niss  gesteckt  worden,  zuerst  in  Aegypten,  dann  in  Constantinopel,  und 
hier  gestorben  (J.  569}.  Vgl.  Victor  ad  a.  555.  556.  Isid.  chron.  p.  419 
Rone. :  Victor  Tunnunensis  ecclesiae  episcopus  recensitis  praedictorum  (Hie- 
ronjmus und  Fortsetzer)  historüs  gesta  sequentium  aetatum  usque  ad  con- 
sulatum lustini  iunioris  explevit.  Dagegen  beginnt  das  Erhaltene:  a  XVIII 
consulatu  Theodosii  iunioris  (J.  444)  Victor  episc.  Tunn.  ecclesiae  A&icae 
historiam  prosequitur  ubi  Prosper  reliquit.  Da  aber  V.  für  J.  444 — 455 
nicht  nur  in  den  Thatsachen  sondern  auch  nicht  selten  in  den  Worten  mit 
Prosper  vollkommen  übereinstimmt,  so  hat  Papencordt,  Gesch.  d.  vandaL 
Herrschaft  8.  359—364,  vermutet  dass  Isidors  Angabe  die  richtige  sei  und 
die  widersprechende  in  den  Hdss.  des  Victor  von  einem  Abschreiber  ber- 
rühre  welcher  Prospers  Werk  nur  in  der  bis  zum  J.  444  reicbend^t  Au»- 


452  f.    Marcellinus  u.  a.  Chronisten,    lordanis.  10()9 

gäbe  oder  in  einer  verstümmelten  Handschrift  besass  und  dieser  jetzt  als 
Fortsetzung  Victor's  Darstellung  der  späteren  Zeiten  anreihte,  mit  Weg- 
lassung der  früheren  Theile,  von  Erschaffung  der  Welt  bis  aufs  J.  444,  die 
in  Folge  dessen  verloren  giengen. 

4.  In  den  J.  444—455  hat  V.  die  politischen  Begebenheiten  kürzer, 
die  kirchlichen  weitläufiger  behandelt  als  Prosper.  Weiterhin  beschäftigen 
ihn  fast  nur  die  kirchlichen  Ereignisse  in  Afrika.  Seine  Nachrichten  dar- 
über tragen  das  Gepräge  der  Wahrhaftigkeit.  Doch  herrscht  im  Chro- 
nologischen manchfache  Verwirrung.  Randbemerkungen  zu  seiner  Chro- 
nik von  unbekanntem  Verfasser  enthalten  einige  nicht  unwichtige  That- 
sachen.  Papencordt  S.  364  f.  Abdruck  bei  Roucalli  II.  p.  337  ff.,  in  den 
patristischen  Sammlungen  von  Gallandi  und  Migne  (LXVIII.  p.  937—962). 

5.  Marii  Aventicensis  (f  um  596)  chronicon,  zuerst  herausgegeben 
von  Chiffiet,  dann  gedruckt  in  den  Sammlungen  von  Bouquet  (Recueil  des 
bist,  de  la  France  IL  p.  12  ff.),  Roncalli  (II.  p.  399  ff.),  sowie  von  Gallandi 
und  Migne  (T.  LXXII.  p.  793-802). 

6.  Isid.  ill.  31:  loannes,  Gerundensis  ecclesiae  episcopus,  natione 
Gothus  provinciae  Lusitanae  Bcallabitanus.  Er  lernte  zu  Constantinopel 
Lateinisch  und  Griechisch  und  septimo  demum  anno  in  Hispanias  reversus 
est.  Von  den  Arianern  verfolgt,  postea  condidit  monasterium  quod  nunc 
Biclaro  dicitur  (daher  Joa.  Biclarensis).  .  .  addit  et  in  libro  chronicorum 
ab  anno  primo  lustini  iun.  principatus  usque  ad  annum  octavum  Mau- 
ritii  principis  Rom.  et  quartum  Recaredi  regis  annum,  historico  com- 
positoque  sermone.  Gedruckt  ist  diese  Chronik  in  H.  Florez  Espana  sa- 
grada  VI  (Madrid  1773)  p.  382  ff.  430  ff.,  in  Migne's  patrol.  LXXII  (p.  863 
— 870)  u.  sonst.  Aus  der  praef.:  post  Eusebium,  .  .  Hieronymum,  .  .  nee 
non  et  Prosperum  .  .  atque  Victorem  Tunn.  eccL  afr.  episc.  .  .  nos  . .  quae 
temporibus  nostris  acta  sunt,  ex  parte  quod  oculata  fide  pervidimus  et  ex 
parte  quae  ex  relatu  fidelium  didicimus,  studuimus  ad  posteros  notescenda 
brevi  stilo  transmittere. 

7.  Ueber  den  Anonymus  Valesii  8.  oben  402,  11. 

453.  Zwischen  J.  551  und  555  verfasste  der  Gothe  lor- 
danis die  beiden  auf  uns  gekommenen  Geschichts werke  de 
rebus  geticis  und  de  origine  mundi  (oder  de  breviatione  chro- 
nicorum)^ letzteres  eine  aus  den  gewöhnlichsten  Hülfsmitteln 
zusammengeschriebene  Weltchronik;  die  Geschichte  der  Gothen 
aber  wichtig  nach  dem  Untergange  des  Originalwerkes  von  Cas- 
siodor,  von  welchem  das  des  lordanis  ein  flüchtiger  und  unge- 
schickter Auszug  ist. 

1.  Schreiben  des  Papsts  Vigilius  (Verdammungsurteil  gegen  Theo- 
doros  aus  Caesarea,  im  Dreicapitelstreit)  vom  14  August  551  (Migne  patr. 
LKIX.  p.  62):  nos  . .  cum  Dacio  Mediolanensi,  . .  atque  lordaue  Crotonensi, 
fratribus  et  coepiscopis  nostris,  . .  decernimus.  Ob  dieser  J.  selbst  in  Con- 
stantinopel anwesend  war  oder  seine  Beitrittserklärung  schriftlich  einsandte 
ist  nicht  zu  entscheiden.    Bischof  heisst  J.  sonst  nicht;    vielleicht   ist   er 

Teuflel ,  rüm.  Li(eratargeschii-hl<*.  Q^ 


1010  t^ie  Kakerzeit.    Aus  dem  sechsten  Jahrb ändert. 

daher  eher  der  in  dem  Schreiben  des  Pelagius  (Nachfolger  Ton  Vigilias) 
vom  15  Febr.  556  (directam  a  vobis  relationem,  defensore  ecclesiae  nostrae 
Jordane  deferente,  suscipientes  etc.)  genannte.  Köpke  S.  58—60.  Jord.  gei 
50:  Scyri  .  .  et  ceteri  Alanorum  cum  duce  suo  noraine  Candax  Scythiam 
minorem  inferioremque  Moesiam  accepere.  cuius  Candacis  Alanowamathis 
patris  mei  genitor  Peria,  i.  e.  meus  avus,  notarius  . .  fuit  etc.  ego  item, 
quam  vis  agrammatus,  lordanis  ante  conversionem  meam  notarius  fui. 
Auch  Geogr.  liav.  nennt  ihn  lordanus  oder  lordanis.  Erst  PeaÜnger  und 
Rhenanus  haben  (aus  ihrer  Hds.?)  den  Namen  lornandes  aufgenommen, 
für  welchen  spricht  J.  Grimm,  kleinere  Schriften  III.  S.  171  —  179.  234. 

2.  Aufschrift  lordanis  de  rebus  geticis  oder  de  Getarum  s.  Gotho- 
rum  origine  et  rebus  gestis  (vgl.  A.  5).  Aus  dem  Vorwort,  welches  fast 
wörtlich  abgeschrieben  ist  aus  Bufin^s  Vorwort  zu  seiner  Uebersetzung  von 
Ürigenes'  Commentar  zum  Römerbrief  (v.  Sybel,  vgl.  Köpke  S.  65— 67): 
me,  . .  frater  Castali,  lp«xarc  vela  compellis  relictoque  opusculo  quod  intra 
manus  habeo,  i.  e.  de  breviatione  (Var. :  abbrev.)  chrouicorum,  suades  at 
nostris  verbis  Xil  Senatoris  volumina  de  origine  actibusque  Getarum  ab 
oUm  usque  nunc  per  generationes  regesque  desceudentia  in  uno  et  hoc 
parvo  libello  coartem.  dura  satis  imperia  etc.  super  onrne  autem  pondus 
quod  nee  facultas  eorundem  librorum  uobis  datur,  quatenus  eins  sensui 
iuserviamus.  sed,  ut  uon  mentiar,  ad  triduanam  lectionem  dispensatoris 
eins  benefido  libros  ipsos  antehac'  legi,  quorum  quamvis  non  verba  recolo 
sensus  tamen  et  res  actas  credo  me  integre  teuere,  ad  quoa  nonnulla  ex 
historiis  graecis  ac  latinis  addidi  convenientia ,  initium  finemque  et  plura 
in  medio  mea  dictione  permiscens.  Das  initium  ist  übrigena  aus  Orosius 
und  irgend  einer  Kosmographie.  Schluss:  haec  qui  legis  scito  me  maiorum 
secutum  scripta  ex  eorum  spatiosis  pratis  paucos  flores  coUegiase,  unde 
iuquireuti  pro  captu  ingenii  mei  coronam  contexam.  nee  me  quis  in  fa- 
vorem  gentis  praedictae,  quasi  ex  ipsa  trahentem  originem,  aliqoa  addi- 
disse  credat  quam  quae  legi  aut  comperi.  nee  sie  tamen  cuncta  quae  de 
ipsis  scribuntur  aut  referuntur  complexus  sum  etc.  Abfasaimg  J.  552;  s. 
c.  14  (Amalorum  regnum  destructum  est,  unter  Totila  und  Teja,  frühestens 
Oct.  £52).  19  (pestilens  morbus  .  .  ut  nos  ante  hos  novem  annos,  nämhch 
543  in  Italien,  experti  sumus).  58  (Agil,  contra  quem  Athanagildus  insur- 
gens  .  .  ubi  et  Liberius  etc.).    Köpke  S.  55—57.    Vgl.  A.  5. 

3.  Dass  die  Schrift  des  J.  im  Wesentlichen  nichts  ist  als  ein  Auszug 
ans  dem  Werke  Cassiodor's  hat  zuerst  S.  Cassel  ausgesprochen  (magyar. 
Alterth.  S.  299),  darauf  C.  Schirren  (de  ratione  quae  inter  J.  et  Cassiod. 
intercedat  commentatio,  Dorpat  1858.  94  pp.)  aus  sprachlichen  Gründen, 
li.  Köpke  aber  (Deutsche  Forschungen,  Berlin  1859,  S.  50 — 79)  aus  sach- 
lichen erwiesen.  Vgl.  A.  v.  Gutschmid  in  Fleckeiseus  Jahrbb.  85,  S.  124 
— 151.  Die  gelehrten  Citate  mit  denen  J.  prunkt  sind  fast  alle  dem  Gass. 
nachgesehrieben;  er  selber  spricht  (c.  9)  von  Dio  historicus  qui  operi  suo 
Getica  titulum  dedit  (Verwechslung  mit  Dio  Chrysostomus,  J.  Grimm  S. 
189).  Seinen  Auszug  aus  C.  verbrämte  J.  mit  buntscheckigen  Bandbemer- 
kungen (Köpke  S.  74—76).  Neben  C.  benützte  er  etwa  Mela,  Orosiitt  und 
bes.  Marceliinus  Comes,  Letzteren  ohne  ihn  zu  nennen  (Köpke  8.  53.  61. 
63).    Die  manchfachcn  groben  Irrthumer  kommen  wohl  auf  die  Rechoon^ 


463.     lordanis.  101 1 

des  J.  Das  flüchtige  Machwerk  ist  zusammengesetzt  aus  vereiuzelten  Bruch- 
stücken und  breit  ausgeführten  oder  nur  angedeuteten  Episoden,  voll  lä- 
stiger Wiederholungen  und  doch  reich  An  Lücken,  voll  falscher  Verbin- 
dungen und  willkürlicher  Kreuz-  und  Quersprünge.  Am  Schluss  hat  J. 
vergessen  was  er  zu  Anfang  angekündigt  hat  und  ein  ander  Mal  verweist 
er  auf  A-ühere  Angaben  die  er  nicht  gemacht  hat.  Im  Ganzen  ist  seine 
Schrift  eine  rohe  und  verworrene  Masse,  im  Einzelnen  wichtig  als  Stoff 
und  wo  die  ursprüngliche  Farbe  nicht  ganz  verwischt  ist  selbst  anziehend 
(Köpke  S.  72).  Heil  und  Rettung  für  die  Reste  seines  Volkes  erkennt  er 
nur  im  Anschluss  an  Rom,  das  durch  göttiichen  Rathschluss  zur  Weltherr- 
schaft berufen  ist  (Eöpke  S.  77). 

4.  Sonderausgabe  der  Schrift  von  C.  A.  Closs  (recogn.,  adn.  crit. 
instr.,  Stuttgart  1861).  c.  1—3  ed.  C.  Stahlberg,  Hagen  1859.  24  pp.  4. 
Kritische  Ausg.  für  die  Pertz^schen  Monumenta  Germ,  längst  angekündigt. 

5.  Aus  dem  Vorwort  der  breviatio  (oder  de  regnorum  ac  tempo- 
rum  successione).  Vigilantiae  vestrae,  nobilissime  frater  Vigili  (der  Papst  J. 
537— 555, S.A.  1),  gratias refero  quod  me  perlongo  tempore  dormientem  vestris 
tandem  interrogationibus  excitastis.  .  .  vis  enim  praesentis  mundi  cogno- 
scere  aerumnas.  addis  praeterea  ut  tibi  quomodo  resp.  coepit  et  tenuit 
totumque  paene  mundum  subegit  .  .  ex  dictis  maiorum  flosculos  carpens 
breviter  referam,  vel  etiam  quomodo  regnnm  a  Romulo  . .  in  Aug.  venerit 
lustinianum,  quamvis  simpliciter,  meo  tamen  pandam  eloquio.  .  .  quoqno 
modo  valuimus  late  sparsa  collegimus  et  prius  ab  auctoritate  divinamm 
scripturarum  . .  incohantes  .  .  dev6nimus  ad  regnum  Nini  etc.  . .  in  XXIV^ 
anno  lustiniani  imp.  (April  550—551;  vgl.  p.  240},  quamvis  breviter,  uuo 
tamen  in  tuo  nomine,  et  hoc  parvissimo  libello  confeci,  iungens  ei  aliud 
Volumen  de  origine  actuque  geticae  gentis,  quod  iam  dudum  communi 
amico  Gastalio  edidissem  etc.  Vgl.  A.  2.  J.  550  oder  Anfangs  551  hatte 
J.  die  brev.  etwa  bis  J.  539  (Ende  des  Vitiges)  geführt,  da  kam  die  Auf- 
forderung des  Castalius  (A.  2);  552  vollendete  er  die  gothische  Geschichte 
und  führte  auch  diese  bis  J.  539 ;  dann  kehrte  er  zu  seiner  Chronik  zurück 
und  fügte  ihr  Nachträge  bis  551  hinzu.  7.  Juni  555  starb  Vigilius.  KOpke 
S.  57  f.  vgl.  S.  53-55. 

6.  Auf  einen  Auszug  aus  Hieronymus  chron.  (und  dessen  Quellen 
Florus,  Eutrop.  und  Sext.  Rufus)  lässt  die  brev.  Einiges  aus  Orosius  folgen 
und  schliesst  wieder  mit  Marcellinus,  der  bis  J.  547  ausgiebig  benützt  wird 
(s.  oben  453, 1  E.).  Unbefangen  hat  er  öfters  Nachrichten  des  Eutrop  imd 
Orosius  in  den  Hieronymus  hineingearbeitet,  ohne  zu  bemerken  dass  dieser 
selbst  den  Eutrop,  und  Orosius  den  Eutr.  u.  Hier,  benützt  hatte  (Köpke 
S.  52  f.).  Wörtliche  Uebereinstimmungen  mit  Get.,  aber  auch  Abweichun- 
gen (aus  Cassiodor);  s.  Köpke  S.  60—63.  Sonderausgabe  von  Fr.  Linden- 
brog,  Hamburg  1611.  4. 

7.  Gesammtausgaben  in  Garet's  Cassiodor,  Gruters  bist.  aug.  Script, 
latt.  min.,  Hanau  1611  fol.,  und  in  Mnratori*s  Script,  rer.  ital.  I. 

8.  Papencordt,  vandal.  Herrschaft  S.  383  —  388.  S.  Freudensprung, 
de  lornande  eiusque  libr.  natalibus,  Münster  1887.  4.  H.  v.  Sybel,  de  fon- 
tibus  libri  lordaui  de  or.  act   Get.,  Berlin  1888.  45  pp.    J.  Jordan,  Jorda- 

64* 


1012  I^ie  Kaiserzeit.    Aus  dem  sechsten  Jahrhundert. 

• 

nes'  Leben  und  Schriften,  Ansbach  1843.  28  S.  4.  Hansen  in  Pauly'd  Real- 
Enc.  IV.  S.  241  f.  J.  Grimm,  über  Jörn,  und  die  Geten,  Abhandl.  d.  Berl. 
Ak.  vom  J.  1846  =  kleinere  Schriften  III  (Berlin  1866).  S.  171  —  235.  J. 
Stahlberg,  Beiträge  zur  Gesch.  der  deutschen  Historiographie  im  Mittel- 
alter; I.  Jornandes;  Mülheim  a.  R.  1854.  24  S.  4.  E.  Köpke  u.  A.  (s.  A.  3). 
W.  Wattenbach,  Deutschlands  Geschichtsquellen*  S.  55—60. 

464.  Specialgeschichten  verfassten  auch  der  Brite  Gildas 
(Sapiens)  aus  Bath  und  der  Auvergnate  Gregorius,  Bischof  von 
Tours.  Gildas  (um  493 — 573)  schilderte  die  Leiden  seines  Hei- 
matlandes seit  der  Landung  der  Sachsen,  in  dem  liber  queroliis 
de  calamitate,  excidio  et  conquestu  Britanniae ;  Gregorius  von 
Tours  (um  540—594)  verfasste  neben  wunderhaften  Heiligenge- 
schichten und  andern  theologischen  Schriften  besonders  zehn 
Bücher  fränkischer  Geschichte,  mit  Wahrheitsliebe  und  nicht 
ohne  Kritik,  aber  mit  den  Vorurteilen  und  Beschiunktheiten 
seiner  Zeit  und  in  zerrissener,  unbehülflicher  Darstellung. 

1.  Gildas  I,  26:  usque  ad  annum  obsessionis  Badonici  montiB  (J.  449), 
. .  quique  quadragesimus  quartus  oritur  anuus,  mense  iam  primo  emenso, 
qui  iam  et  meae  nativitatis  est.  J.  449  -|>  44  =-  493.  Praefatio:  in  hoc 
libro  quidquid  deflendo  potius  quam  declamando  .  .  fuero  prosecutus  .  . 
non  tam  fortissimorum  militum  enuntiare  trucis  belli  pericula  mihi  statu- 
tum  est  quam  desidiosorum.  silui  .  .  spatio  bilustri  temporis  vel  eo  am- 
plius  praetereuntis.  .  .  amicis  imperantibus  ut  qualemcunque  gentis  bri- 
tannicae  historiolam  sive  admonitiunculam  scriberem.  .  .  nunc  persolvo 
debitum  multo  tempore  antea  exactum,  vile  quidem  stilo,  sed  fidele  (ut 
puto)  et  amicale  quibusque  egregiis  christianis  etc.  Abfassung  nach  J.  543. 
Die  erste  Hälfte  (Historia)  gibt  in  26  Capp.  «ine  Geschichtserzählung,  die 
zweite  (Epistola)  reiht  daran  increpationes  zuerst  gegen  die  reges  patriae 
(Constantinus,  Aurelius  Conanus,  Yortiporius,  Cuneglassus,  Maglocunus),  non 
minus  prophetarum  oraculis  (alttestamentliche  Citate)  quam  nostria  sermo- 
nibus  (II,  18),  dann  (pars  III)  auch  gegen  die  Geistlichkeit.  Der  Ton  ist 
eifernd^  die  Sprache  aber  besonders  wegen  der  schleppenden  unorganischen 
Perioden  schwer  verständlich. 

2.  Ausgaben  des  Gildas  in  Th.  Gale's  bist.  brit.  scriptores  XV  (Ox- 
ford 1691  fol.),  in  C.  Bertrames  britann.  gentium  bist.  aut.  scriptores  111 
(Kopenhagen  1759)  und  in  den  Monumenta  historica  britannica  (London 
1848.  fol.)  I.    In  Migne's  patrol.  LXIX  (p.  328-391)  aus  Gallandi  bibl.  patr. 

3.  Gregorius  (ursprünglich  Georgius  Flor entius),  aus  einem  adligen 
Geschlechte  der  Auvergne  (Venant.  Fort.  VIII,  21,  3  ff.),  geboren  zwischen 
539  und  643,  Bischof  von  Tours  573,  gestorben  17  November  594.  Die  vita 
desselben  (von  Odo)  hat  wenig  Werth.  Greg.  bist.  Fr.  IV,  l:  veniam  pre- 
cor  si  aut  in  litteris  aut  in  sjUabis  grammaticam  artem  excessero,  de  qua 
adplene  non  sum  imbutus.  Vgl.  de  glor.  confess.  praef.  u.  vitae  patr.  pr.: 
non  me  artis  graiumaticae  studium  imbuit  neque  auctorum  saecolariani 
polita  lectio  erudivit.    Zwar  zeigt  er  Bekanufschaft  mit  Sallust,  Vergil, 


451.     Gililas.    Gregovius  Tmon.  1013 

riiniuB,  Golliuä,  Prudeniiue,  Orosias,  Sidonius ;  doch  ist  sciuc  KcuntniHs  der 
alten  Geschichte  und  der  Geographie  dürftig.  Kries,  de  Gr.  Tur.  episc. 
vita  et  scriptid,  Breslau  1839.  J.  W.  Löbell,  Gregor  von  Tours  und  seine 
Zeit  (Bresl.  1839;  zweite  verra.  Ausg.  Leipzig  1869),  S.  6—12. 

4.  Greg.  bist.  Franc.  X,  31,  19:  decem  libros  Historiarum,  VII  Mira- 
culonim  (1.  de  miraculis  domini  ac  s.  apostolorum  reliquorumque  martyrum. 
2.  de  virtutibus  s.  luliani  martyris.  3—6.  de  virtutibus  s.  Martini.  7.  de 
quorimdam  feliciosorum  vita  ==  vitae  patrum;  vgl.  de  glor.  conf.  pracf.), 
unum  De  vitis  patrum  scripsi;  in  psalteriis  tractatum  librum  unum  com- 
mentatus  sum ;  De  cursibus  etiam  ecclesiasticis  unum  librum  condidi  (s.  A. 
7).  quos  libros  licet  stilo  rusticiori  conscripserim ,  tameu  coniuro  omues 
sacerdotes  domini  . .  ut  numquam  libros  hos  abolere  faciatis  aut  rescribi 
quasi  quacdam  legentes  et  quasi  quaedam  praetermittentes.  De  gloria 
confessorum  gibt  sich  (praef.)  selbst  als  achtes  Buch  de  miraculis.  Diese 
Werke  schrieb  Gr.  nicht  nach  einander,  sondern  abwechselnd;  mit  der 
Heiligengeschichte  war  er  sein  Leben  lang  beschäftigt  (etwa  575—594)  und 
daneben  schrieb  er  an  seiner  fränkischen  Geschichte,  die  bis  zur  Mitte  von 
B.  V  um  577  entstanden  ist,  bis  gegen  Ende  von  VIII  J.  584  oder  585, 
von  da  bis  zum  Ende  J.  590  oder  591,  während  der  Epilog  noch  später 
zugefügt  ist.  Der  Psalmencommentar  ist  fast  ganz  verloren.  Nicht  erhal- 
ten sind  auch  die  Hist.  Franc.  II,  22  (in  praefatione  libri  quem  de  missis 
ab  eo  —  Sidonius  —  compositis  coniumdmus)  und  de  glor.  mart.  I,  95  extr. 
(passio  eorum,  quam  Syro  quodam  interpretante  in  latinum  transtulinuis) 
erwähnten  Schriften. 

5.  Greg.  bist.  Franc.  I  praef.:  scripturus  bella  regum  cum  gcntibus 
adversis,  martyrum  cum  paganis,  ecclesiarum  cum  haereticis,  prius  fidem 
moam  proferre  cupio,  ut  qui  legerit  me  non  dubitct  esse  catholicum.  . .  il- 
lud  tantum  studens  ut  quod  in  ecclesia  credi  praedicatur  sine  aiiquo  fuco 
aut  cordis  haesitatione  retineam.  Die  Kirche  in  ihren  Beziehungen  zur 
Welt  ist  der  Mittelpunkt  der  Darstellung;  der  Standpunkt  die  Orthodoxie 
und  Wundergläubigkeit  der  Zeit.  Doch  spricht  der  Verf.  mit  Freimut 
über  die  Laster  vieler  Diener  der  Kirche  und  ist  überhaupt  nicht  mit  Be- 
wusstsein  parteiisch.  Der  Gesichtskreis  ist  eng  umgrenzt,  bes.  in  Bezug 
auf  Ausländisches;  s.  A.  3.  Im  Allgemeinen  herrscht  gegenüber  von  der 
üeberlieferung  Sorglosigkeit;  bei  wichtigen  Punkten  aber  fehlt  es  nicht 
an  bedächtiger  Prüfung.  Löbell«  S.  320  —  354.  Wattenbach,  Deutsch- 
lands Geschichtsquellen«  S.  70—75.  Greg.  v.  T.  fränkische  Geschichte, 
übersetzt  von  W.  Wattenbach,  Berlin  1851  (Geschichtschr.  d.  deutschen 
Vorzeit). 

6.  Ausgabe  der  Werke  des  Gr.  von  Th.  Ruinart,  Paris.  1699  fol.,  ab- 
gedruckt in  Migne*s  patrol.  LXXI.  Darin  sind  auch  die  übrigen  Heiligen- 
geschichten enthalten  die  dem  Gr.  beigelegt  werden  (z.  B.  historia  septem 
dormientium),  aber  mit  unrecht,  da  das  eigene  Verzeichniss  des  Gr.  (A.  4) 
bis  in  sein  letztes  Jahr  herab  reicht.    Vgl.  Löbell  S.  14  f. 

7.  Gregorii  Tur.  episc.  liber  de  cursu  stellarum  qualitor  ad  ofßcium 
implendum  debeat  observari,  sive  de  cursibus  ecclesiasticis,  nunc  primuni 
(aus  einem  cod.  Bamberg,  saec.  VIII)  ed.  F.  Haase,  Breslau  1853.  4.  (Ad- 


1014  ^ic  Raiserzeit.     Aus  dem  sechsten  Jahrhundert. 

noi  p.  29—51.)  Der  Name  des  Verf.  ist  im  cod.  nicht  genannt;  Haase  hat 
aber  p.  1—3  die  ürheberBchaft  des  Gregor  (vgl.  p.  24:  ante  pestilcntiam 
Arvemae  regionis  =  hist.  Franc  IV,  »l;  und  priasquam  Sigibertus  rex 
obiit  =  hist  Fr.  IV,  52)  und  p.  3—5  die  Identität  mit  der  oben  A.  4  ab- 
gekürzt de  curs.  (a  officiis)  eccl.  betitelten  Schrift  nachgewiesen. 

8.  Literatur  über  Gr.  s.  A.  3.  A.  Jacobs,  gdographie  de  Gr^goire 
de  Tours,  Paris  1858.  155  pp.  A.  Lecoy  de  la  Marche,  de  Tautorit«^  de 
G.  de  T.;  ätnde  critique  sur  le  texte  de  Thist.  des  Francs,  Paris  1861. 
131  pp. 

455.  Das  Bedürfhiss  die  geltenden  Rechtsgrundsätze  und 
Gesetzesbestimmungen  übersichtlich  zusammenzustellen  bestand 
gleich  sehr  im  weströmischen  wie  im  oströmischen  Reiche.  Nur 
trat  dort  hinzu  das  Verlangen  die  Stellung  der  germanischen 
Sieger  gegenüber  von  den  besiegten  Romanen  abzugrenzen;  und 
einen  wesentlichen  Unterschied  begründete  auch  dass  im  Osten 
Rechtsschulen  und  geschichtliche  Rechtskenntnisse  fortbestanden, 
im  Westen  nahezu  untergegangen  waren.  So  haben  denn  die 
auf  dasselbe  Ziel  gerichteten  Bemühimgen  in  beiden  Reichs- 
hälften einen  sehr  verschiedenen  Charakter:  im  Westen  einen 
kümmerlichen  und  rohen,  wie  das  edictum  Theoderici  regis  vom 
J.  500,  bei  den  Westgothen  die  lex  romana  oder  breviarium 
Alarici,  im  burgundischen  Reiche  der  sogen.  Papian;  während 
im  Osten  durch  Justinian  das  Corpus  iuris  geschaffen  wurde. 
Dieses  besteht  aus  zwei  Haupttheilen ,  dem  Juristenreeht  (ius 
vetus)  und  dem  Kaiserrecht  (ius  principale),  von  welchen  der 
letztere  zuerst  bearbeitet  wurde  (J.  528  f. ;  umgeänderte  Auflage 
J.  534).  Hiefür  wurde  ein  Ausschuss  niedergesetzt,  dessen  wich- 
tigstes Mitglied  Tribonianus  (f  545)  war.  Die  Constitutionen 
der  Kaiser  wurden  aus  den  bestehenden  Sammlungen  und  deren 
Nachträgen  abermals  gesichtet,  verkürzt  und  zu  den  zwölf  Bü- 
chern des  codex  lustinianeus  vereinigt.  Die  Ausarbeitung 
der  Auszüge  aus  dem  ius  vetus  in  50  Büchern  Digesta  erfolgte 
J.  530 — 533.  Auf  Grund  der  neuen  Codification  wurde  gleich- 
zeitig ein  neues  Lehrbuch  durch  Tribonian,  Theophilos  und  Do- 
rotheos  ausgearbeitet,  die  vier  Bücher  Institutiones  haupt- 
sächlich nach  Gajus.  Dazu  kamen  noch  nachträgliche  Verord- 
nungen, Novellae,  in  drei  Privatsammlungen,  aus  J.  533  bis 
gegen  das  Ende  des  Jahrb.,  meist  in  griechischer  Sprache.  War 
Justinians  Beweggrund  zu  diesen  Sammlungen,  neben  der  Sucht 
seinen  Namen  zu  verewigen,  das  despotische  Bestreben  mecha- 
nische Gleichheit  herzustellen,  Controversen  unter  d^i  Joristea 


455.     Lex  roinana  Visig.  und  Burgiiiid.  1015 

abzuschneiden  und  ein  Urteilen  der  Richter  nach  eigenem  Ermes- 
sen unmöglich  zu  machen,  so  hat  er  doch  dadurch  die  sonst  dem 
Untergange  verfallenen  Schätze  der  alten  Jurisprudenz  gerettet, 
durch  die  Digesta  eine  geschichtliche  Behandlung  des  römischen 
Hechts  möglich  gemacht  und  eine  Grundlage  für  alle  spätere 
Weiterbildung  desselben  geschaffen. 

1.  Das  Edictum  Theodetici  regis  ist  ein  öffentlicher  Anschlag  wel- 
chen Theoderich  bei  seiner  Anwesenheit  in  Rom  (J.  600),  wohl  durch  Cas- 
siodor,  anfertigen  und  aushängen  liess.  Es  enthält  154  Artikel  in  plan- 
loser Ordnung,  geschöpft  ex  novellis  legibus  ac  veteris  iuris  sanctimonia 
(d.  h.  dem  cod.  Theod.  und  späteren  Novellen,  sowie  Paul.  Sent.  und  cod. 
Greg.),  und  sollte  eine  Anleitung  für  die  Rechtsprechung  der  Militär-  und 
Civil -Richter  bieten.  Abgedruckt  hinter  Pithöus'  Cassiodor  (Paris.  1679 
fol.)}  in  den  Sammlungen  von  Liudenbrog,  Goldast  u.  A. ,  am  besten  von 
G,  F.  Rhön,  comm.  ad  ed.  Th.  r.  Ostrog.,  Halle  1816.  4.  Rudorft,  röm. 
Rechtsgesch.  I.  S.  293  f. 

2.  Für  die  Westgothen  in  Gallien  und  Spanien  galt  als  Gesetz  die 
von  König  Eurich  (J.  466  —  484)  veröffentlichte  lex  Visigothorum.  Dessen 
Sohn,  Alarich  II,  setzte  J.  506  einen  Ausschuss  unter  dem  Pfalzgrafen  Go- 
jarich  nieder  welcher  das  geltende  Recht  codificieren  sollte.  Dessen  Ar- 
beit ist  die  lex  romana  Visigothorum,  seit  1550  willkürlich  auch  Bre- 
viarium  Alarici  oder  (nach  dem  die  Abschriften  beglaubigenden  refercu- 
darius  Anianus)  Aniani  genannt,  herausgeg.  zuerst  von  Sichard  (an  sr  Ausg. 
des  cod.  Theod.,  Basil.  1528  fol.),  dann  von  G.  Hänel  (ad  LXXVI  librorum 
mss.  fidem  recogn.  etc.  Lips.  1849.  4.).  Aus  dem  cod.  Theod.  sind  398 
Constitutionen  entnommen,  dazu  33  Novellen,  aus  cod.  Greg.  22,  Hermog. 
2  Constitutionen,  aus  Papinian  eine  Stelle.  Gajus  ist  in  verkürzter  Fas- 
sung aufgenommen;  ähnlich  Paulus^  sententiae.  Au  den  meisten  Stellen 
ist  eine  Paraphrase  oder  Interpretation  beigefügt.  In  dieser  Gestalt  be- 
stand das  römische  Recht  während  des  früheren  Mittelalters  in  einem  gros- 
sen Theile  des  Westens  fort  und  wurde  selbst  wieder  in  Auszüge  gebracht. 
Rudorff,  röm.  Rechtsgesch.  I.  S.  288—291.  303.  G.  Hänels  praef.  (und  in 
den  Berichten  der  sächs.  Ges.  d.  Wiss.  1865,  S.  1—18).  Dernburg,  Gajus 
S.  119  ff.  E.  de  Rozierc,  formules  Visigothiques  iuedites,  Paris  1854.  4. 
J.  G.  0.  Biedenweg ,  comm.  ad  formulas  visigoth.  novissime  repertas,  Ber- 
lin 1856. 

3.  Lex  Burgundionura  vom  J.  472  (unter  König  Gundobald),  ver- 
ändert J.  517  (unter  König  Sigismund),  auch  Gundobada  genannt.  Für 
die  Anwendung  des  burgundischen  oder  römischen  Rechtes  eine  schrift- 
liche Instruction ,  Forma  et  expositio  legum  conscripta ,  in  47  Titeln ,  ge- 
ordnet nach  den  Titeln  der  Gundobada  und  geschöpft  aus  den  burgundi- 
schen Gesetzen,  dem  codex  Greg.,  Hermog.  und  Theodos.  nebst  den  No- 
vellen dazu,  dann  aus  dem  nichtepitomierten  Gajus  und  Paulus.  Zweifel- 
haft ist  das  Verhältniss  zum  breviar.  AI.  (A.  2),  an  welches  das  Werk  in 
vielen  Hdss.  angehängt  ist.  In  diesen  ist  es  für  den  Text  zur  letzten  Ru- 
brik angesehen  und  daher  betitelt  Papiani  liber  primus  responsoruni. 
Auch  Auszüge  des  Werks  sind   erhalten.    Ausgaben  von  Cuiacius   (15G6. 


1016  ^^^  Kaiserzeit.     Aus  dem  sechsten  Jahrhundert. 

1586  foL),  Schulting  (iurispr.  1717.  1737.  4.  1744),  J.  C.  Amaduzzi  (Rom. 
1767  fol.),  F.  A.  Biener  (ius  civ.  antei.  p.  1501—1541),  F.  A.  Barkow  (lex 
rom.  Burg.  1846),  F.  Bluhme  (in  Pertz  Monum.  Germ.,  Leges  III.  1863.  p. 
497  ff.).  Radorff,  röm.  Rechtsgesch.  I.  S.  291—293.  F.  Bluhme,  über  den 
burgundischen  Papianus,  in  Bekker  und  Muther's  Jahrb.  d.  gem.  d.  Rechts 
II  (1858),  und  in  H.  v.  SybePs  histor.  Ztschr.  1869,  S.  234  ff. 

4.  Const.  Just,  de  novo  Codicc  faciendo  vom  13  Febr.  528:  Hacc 
quae  necessario  corrigenda  esse  multis  retro  prindpibus  visa  sunt,  interca 
tamen  nuUus  eorum  ad  eftectum  ducere  ausus  est,  .  .  rebus  donare  publi- 
cis  . .  censnimus  et  prolixitatem  litium  amputare,  multitudine  quidem  con- 
stitutionum  quae  tribns  codicibus,  Greg.,  Herm.  atque  Theod.,  contineban- 
tur,  illarum  etiam  quae  post  eosdem  Codices  a  Theodosio  . .  alüsqoe  post 
eum  retro  principibus  et  a  nostra  etiam  dementia  positae  sunt,  resecauda, 
uno  autem  codice  sub  felid  nostri  nominis  vocabulo  componendo,  in  quem 
colligi  tam  memoratorum  tri  um  codicum  quam  novellas  post  eos  positas 
constitutiones  oportet.  (1.)  ideoque  ad  hoc  .  .  opus  cfliciendam  elegimus 
. .  loannem ,  .  .  Leontium ,  .  .  Phocam ,  . .  Basilidem ,  . .  Thomam ,  .  .  Tri- 
bonianum,  y.  magnif.,  magisteria  dignitate  iuter  agentes  decoratum,  Con- 
stautinum,  . .  Theophil  um,  v.  cl.,  comitem  sacri  nostri  consistorii  et  iuris 
in  hac  alma  urbe  doctorem,  Dioscorum  et  Praesentinum,  disertissimos 
togatos  fori  ampl.  praetonani.  (2.)  quibus  specialiter  permisimus,  resecatis 
taui  supervacuis  . .  praefationibus  quam  similibus  et  contrariis, . .  illis  etiam 
quae  in  desuetudinem  abierunt,  certas  et  brcvi  sermone  conscriptas  .  .  le- 
ges componere  et  congruis  titulis  subdere,  adicientes  quidem  et  detrahen- 
tes,  immo  et  mutantes  verba  earum,  ubi  hoc  rei  commoditas  exigeret,  col- 
ligentes  vero  in  unam  sanctionem  quae  variir  constitutionibus  disper^^a 
sunt,  . .  ita  tamen  ut  ordo  temporum  earum  constitutionum  non  solum  ex 
adiectis  diebus  consulibusque  sed  etiam  ex  ipsa  compositione  earum  clare- 
scat.  Am  7.  April  529  wurde  die  fertige  Arbeit  dem  praef.  praet.  Menna 
in  Constantinopel  übersandt  (durch  die  Constitution  Summa  reip.  tuitio), 
mit  der  Bestimmung  dass  vom  16  April  529  an  recitationes  constitutionum 
ex  eodem  nostro  codice  fiant. 

5.  Als  bis  zur  Vollendung  der  Dig.  und  Inst,  zahlreiche  neue  Erlasse 
erschienen  waren  (namentlich  50  Entscheidungen  von  Controversen,  Ded- 
siones),  welche  nun  extra  corpus  eiusdem  codicis  divagabantur,  wurde  eine 
neue  Bearbeitung  des  codex  veranstaltet  (codex  repetitae  praelectionis), 
per  Tribonianum  v.  exe,  magistrum,  ex  quaest.  et  ex  cons.,  legitimi  operis 
nostri  ministrum,  nee  non  v.  magnif.,  quaest.  et  Beryti  legum  doctorem 
Dorotheum,  Mennam  insuper  et  Constantinum  et  loannem,  viros  eloquen- 
tissimos,  togatos  fori  amplissimae  sedis.  Sie  erhielten  ausgedehnte  Voli- 
macht  zur  Vornahme  von  Verbesserungen.  Dieser  verbesserte  cod.  lust 
wurde  durch  die  Constitution  (vom  16  Nov.  534)  Cordi  nobis  verkilndet 
und  erhielt  Gesetzeskraft  vom  29  Dcbr.  534  an,  mit  Ausschluss  aller  übri- 
gen Constitutionen  und  auch  des  ersten  cod.  lusi  (A.  4),  der  in  Folge 
dessen  völlig  untergegangen  isi  Der  neue  cod.  lust.  ist  in  12  Bücher, 
diese  in  765  Titel  abgetheilt.  In  letztere  sind  die  (ungefähr  4652;  Con- 
stitutionen und  Rescripte  nach  der  Zeitfolge  eingereiht.  Die  älteste  Const 
ist  von  Hadrian,  die  jüngste  vom  4  Nov.  534;   die  meisten  von  DiocletiaD 


..1^ 


455.    Codex  Instinian.  und  Digesta.  1017 

uud  Maximian  (1222),  Alexander  Severus  (447)  und  Justinian  (402).  Cliro- 
Dologieches  Verzeichniss  derselben  bei  Wieling,  iuriaprud.  resiitiita  IL  p. 
3— 143,  ergänzt  durch  G.  Häners  Corpus  legum  ab  imperatoribus  romanis 
ante  lustinianum  latarum  quae  extra  Constitutionum  Codices  snpersunt,  Lips. 
1857.  282  pp.  4.  nebst  fasc.  II,  enthaltend  reichhaltige  Indices  auch  zu  den 
theodosischen  und  justinianischen  Sammlungen  (278  pp.  4.).  Die  aus  der 
vorconstantinischen  Zeit  (aus  cod.  Greg,  und  Herraog.)  sind  trefflich  redi- 
giert, die  von  Constantin  an  byzantinisch  schwülstig.  Das  Kircbenrecht 
steht  an  der  Spitze;  im  Wesentlichen  aber  wird  die  Ordnung  der  inzwi- 
schen erschienenen  Digesten  eingehalten  und  damit  die  des  Edicts. 

6.  Verordnung  zur  Sichtung  und  Zusammenstellung  des  ius  vetus 
(de  vetere  iure  enucleando)  vom  15  Decbr.  530  (Deo  auctore)  im  cod.  lust. 
I,  17  (Triboniano  quaestori),  wo  §.  3:  tibi  primo  et  hoc  opus  comraisiraus, 
ingenii  tui  documentis  ex  nostri  Codicis  ordinatione  acceptis,  et  iussimus 
quos  probaveris  tam  ex  facundissimis  antecessoribns  (Rechtslehrcrn)  quam 
ex  viris  disertissimis  togatis  fori  ampl.  sedis  (Praktikern)  ad  sociandnm  la- 
borem  eligere.  (4.)  iubemus  igitur  vobis  autiquorum  prudontium  quibus 
auctoritatem  conscribendarum  interpretandarumque  legum  sacratissimi  prin- 
cipes  praebuerunt  iibros  ad  ius  rom.  pertineutes  et  legere  et  elimare,  ut  ex 
his  omnis  materia  colligatur,  nulla  . .  neque  similitudine  neque  discordia  dcre- 
licta.  . .  (5.)  cumque  haec  mateiia  .  .  collecta  fuerit,  oportet . .  in  iibros  L  et 
certos  titulos  totum  ius  digerere,  tam  sccundum  nostri  constitutioncm  Co- 
dicis quam  edicti  perpetui  imitationcm.  . .  (10.)  si  quae  leges  in  veteribus 
libris  positae  iam  in  dediietudinem  abierunt  nuUo  modo  vobis  easdem  po- 
nere  permittimus.  . .  (12.)  nostram  autem  consummationem,  quae  a  vobis  . . 
componetur,  Digestorum  vel  Pandectarum  nomcn  habere  sancimus,  nullis 
iuris  peritis  in  posterum  audentibus  commentarios  illis  applicarc  etc.  Ver- 
kündigung des  fertigen  Werkes  durch  die  Const.  (vom  16  Dcbr.  533)  Tantii 
circa  nos  (Cod.  Inst.  I,  17,  2  =  JsAmKsv  im  prooem.  der  Dig.),  wo  §.  1  als  Mit- 
theilung Tribouiaus  berichtet  ist,  duo  paene  milia  librorum  esse  conscripta 
et  plus  quam  trecenties  decem  milia  versuum  a  veteribus  eff'usa,  welche 
von  dem  Ausschuss  in  CL  paene  milia  versuum  verkürzt  seien  und  in  VII 
partes  abgetheilt.  Gesetzeskraft  vom  30  Dcbr.  533  an  (ib.  23).  Verzeich- 
niss der  Mitglieder  des  Ausschusses  ib.  9:  Tribonianus  (mag.,  ex  quaest.  et 
ex  cons.,  qui  similiter  eloquentiae  et  legitimae  scieutiae  artibus  .  .  emicuit), 
Constantinus  (comes  sacr.  larg.  etc.),  Theophilus  (vir  ilL,  magister  iurisque 
pcritus  in  Cpel),  Dorotheus  (vir  ill.  et  facundissimus  quaestorius,  Rechts- 
lehrer in  ßeryt),  Anatolius  (gleichfalls  apud  Berytienses  iuris  interpres,  aus 
einer  alten  Juristenfamilie),  Cratinus  (comes  sacr.  larg.  und  antecessor  iu 
Cpel),  nebst  11  Anwälten  bei  der  praefectura  orientis  (Stephanus,  Menua 
u.  8.  w.). 

7.  Verzeichniss  der  (38)  excerpierten  iuris  auctores  mit  Angabe  von 
Titel  und  Zahl  der  betreffenden  Bücher  im  cod.  Flor.  (A.  11),  daher  in- 
dex FlorentinuR  genannt;  abgedruckt  in  den  meisten  Ausgaben  der 
Dig.  (am  Schlüsse),  sowie  in  RudorfiTs  röm.  Rechtsgesch.  I.  S.  305—307. 
Umdruck  der  Excerpte  in  den  Pandekten  nach  Verfassern  und  Buchern  in 
C.  F.  HommePs  Palingenesia  librorum  iuris  veterum,  3  Voll.  Lips.  1767  f. 
Der  Ausschuss  hat  ohne  viel  Kritik  alle  ihm  zugänglichen  alten  Rechts« 


1018  I^ic  Kaiserzeit.    Aus  dem  Bcchsteu  Jahrhundert. 

quellen  benützt,  die  Bausteine  derselben  auBeinandergenommen  uad  dann 
wieder  mit  Geschick  zu  einem  neuen  Gebäude  zusammengefugt.  Jeden- 
falls ist  diese  offizielle  Arbeit  sehr  viel  vollständiger  und  zuverlässiger  als 
vorangegangene  Privatuntemehmungen,  wie  die  fragmenta  vaticana  (oben 
380).  Fr.  Blume f  d.  Ordnung  der  Fragmente  in  den  Pandekten,  Ztschr. 
f.  Rechtsgesch.  IV.  1820.  S.  257—472.  Vgl.  Rudorff  a.  a.  0.  S.  303  f.  Th. 
Mommsen*s  Ausg.  der  Dig.,  Addit.  p.  50* — 58*,  und  der  index  librorum 
ex  qnibus  Digesta  compilata  sunt  ib.  p.  59* -67*. 

8.  Const.  Tanta  (s.  A.  5)  11:  cum  prospeximus  quod  ad  portandam 
tantae  sapientiae  molem  non  sunt  idonei  homines  rüdes,  .  .  ideo  Tnbo- 
niano,  viro  exe,  qui  ad  totius  operis  gubemationem  electus  est,  nee  non 
Theophilo  et  Dorptheo,  viris  ill.  et  facundissimis  antecessoribua ,  accersitis 
niandavimus  quateuus  libris  .  .  qui  prima  iegum  argumenta  coutinebaDt 
et  Institutioues  vocabantur  separatim  collectis  quidquid  ex  bis  utile  .. 
sit  .  .  capere  studeant  et  IV  libi-is  reponere  et  totius  eruditionis  prima 
fundamenta  atque  elementa  ponere,  quibus  iuvenes  suffulti  possint  graviora 
.  .  Iegum  scita  sustentare.  .  .  (12.)  omni  igitur  rom.  iuris  dispositione  com- 
posita  et  in  tribus  voluminibus,  i.  e.  Institutionum  et  Digestorum  s.  Pan- 
dectarum  nee  non  Constitutionum,  perfecta  et  in  tribus  annis  consummata 
etc.  Aus  der  Const.  (vom  21  Nov.  533)  Imperatoriam  (vor  den  Inst.)  4: 
post  libros  L  Digestorum  s  Pandectarum  .  .  in  hos  IV  libros  easdem  In- 
stitutiones  partiri  iussimus,  ut  sint  totius  legitimae  scientiae  prima  ele- 
menta. (6.)  quas  ex  omnibus  antiquorum  Institutionibus  et  praecipue  ex 
commentariis  Gai  nostri  .  .  aliisque  multis  commentarüs  compositas  . .  co- 
gnovimus.  Ueber  das  Verhältniss  zu  Gajus  (oben  339,  5)  s.  C.  A.  Klenze 
u.  £.  Böcking,  Gai  et  lustiniani  Institut,  iuris  rom.  cognoverunt,  adnota- 
tionem  adiecerunt  coniunctasque  ediderunt,  Berlin  1829.  4.  Sonstige  Aus- 
gaben der  Inst,  von  G.  Haloauder  (Norimb.  1529),  F.  Hotomann  (ed.  11, 
Basil.  1569  fol.),  J.  Cujacius  (Paris.  1585  u.  sonst),  F.  A.  Biener  (BeroL 
1812),  E.  Schrader  (Berol.  1832.  4.),  P.  Krüger  (rec,  Berlin  1867),  Ph.  E. 
Huschke  (cum  praef.,  Lips.  Teubner  1868). 

9.  Das  Schwinden  selbständiger  Jurisprudenz,  die  durch  Justinian 
überdiess  mit  Bewusstsein  ertödtet  wurde,  sowie  die  Incongruenz  zwischen 
dem  wesentlich  römischen  Rechte  und  den  byzantinisch  -  griechischen  Zu- 
ständen machte  fortwährend  neue  kaiserliche  Erlasse  nothwendig:  vBagai 
diaxd^tig  fiSTcc  rov  xcodixof,  novellae  constitutiones,  kurz  Nsagal^  Novel- 
lae.  Die  beabsichtigte  amtliche  Sammlung  dieser  nachträglichen  Verord- 
nungen kam  nicht  zur  Ausfahrimg ;  wohl  aber  sind  drei  Privatsaramlungen 
erhalten.  Die  älteste  (etwa  aus  J.  556)  besteht  aus  125  Novellen  und  hat 
den  Titel:  Constitutiones  novellae  lustiniani  de  graeco  in  latinum  translatae 
per  lulianum,  virum  eloquentissimum ,  antecessorem  civitatis  Cpolitanae, 
daher  kurz  Epitome  luliani.  Vollständiger  ist  die  zweite,  von  168  No- 
vellen in  griechischer  Sprache,  ungefähr  aus  J.  580.  Eine  dritte  besteht 
aus  134  Novellen  (die  lateinischen  im  Original,  die  griech.  in  lat.  Ueber- 
setzung)  und  hiess  im  Mittelalter  (im  Gegensatz  zur  Epitome  luliani)  An- 
thcnticum  (oder  Über  authenticorum) ,  neuerdings  versio  vulgata  (Antben- 
ticum,  novellarum  const.  lust.  versio  vulg.  .  .  rec.  prolegg.  etc.  instrnzH 
G.  E.  Heimbach,  Lips.  1846— J 851).  F.  A.  Biener,  Geschiebte  der  Novellen 
Justinians,  Berlin  1824. 


.MA 


455.     Inetitutiones  Inst     Corpus  iuris.  1019 

10.  Von  Beinern  Gesetzgebungswerke  wollte  Justinian  nur  wörtliche 
Uebersetzungen  gestatten  (^gfirjvsi^cci  ytcerd  noda),  sowie  Paraphrasen  (sg- 
fiTiveiai  ftg  nXdtos)  und  Verweisungen  auf  andere  Titel  und  Stellen  (in- 
dices  und  naQciTiTXa)^  nicht  aber  Coranientare  (vnofivi^futTa),  Aber  auch 
von  selbst  hielt  sich  die  Thätigkeit  der  Rechtsschulen  wesentlich  innerhalb 
dieser  Grenzen,  sowohl  im  Osten  als  im  Westen  (Rom,  Ravenna,  Pavia). 
Aus  dem  letztem  sind  die  ältesten  Bearbeitungen  und  Benützungen  des 
justinianischen  Rechts:  Glossen  und  Scholien  zu  Julian  und  der  Collatio  leg.; 
das  dictatum  de  consiliariis  und  die  collectio  de  tutoribus,  die  Rechts- 
Sammlung  der  Agdmendoren ,  sowie  die  Turiner  Glosse  zu  den  Institutio- 
nen. P.  Krüger,  die  Turiner  Institutionenglosse ,  Zeitschr.  f.  Rechtsgesch. 
VII.  1868.  S.  44—78.  H.  Fitting,  über  die  sogen.  Turiner  Institutionenglosse 
und  den  sogen.  Brachylogus,  Halle  1870.  103  S.  Die  älteste  mittelalter- 
liche Glossatorenschule  ist  die  von  Bologna  (um  1075).  v.  Savigny,  Ge- 
schichte d.  röm.  Rechts  im  Mittelalter,  Heidelberg  1815—1831,  6  Bde. 

11.  Eine  Handschrift  welche  das  gesammte  justinianische  corpus 
iuris  civilis  enthielte  gibt  es  nicht.  Am  meisten  vervielfältigt  sind  die  am 
wenigsten  umfangreichen  Institutionen;  die  ältesten  Hdss.  sind  aus  saec.  X. 
Von  den  Pandekten  ist  die  Haupthandschrift  der  codex  florentinus  (littera 
florentina)  saec.  VII,  zuletzt  für  Mommsen  verglichen  von  Reifferscheid  und 
Kiessling.  Ihre  Lücken  werden  ergänzt  durch  die  zahlreichen  Vulgathandss. 
(saec.  XI  ff.),  welche  durchgängig  die  Digesten  in  Digestum  vetus  (I — XXIV, 
2),  Infortiatum  (XXIV,  3  bis  XXXVIII)  und  Digestum  novum  (XXXIX-L) 
eintheilen.  C.  Fuchs,  kritische  Studien  zum  Pandektontexte,  Leipzig  1867. 
Mommsen's  Prolegg.  Unter  den  Hdss.  des  Codex  reichen  nur  zwei  (in  Pi- 
stoja  und  M.  Cassino)  in  saec.  X  hinauf.  P.  Eruger,  Kritik  des  just.  Codex, 
Berlin  1867. 

12.  Die  Ausgaben  zerfallen  in  glossierte  und  unglossierte,  je  nach- 
dem sie  die  Bemerkungen  (glossae)  der  Bologneser  Schule  (zuerst  gesam- 
melt von  F.  Accursius  als  glossa  ordinaria,  J.  1220  ff.)  enthalten  oder  nicht. 
Die  älteste  unglossierte  Gesammtausgabe  ist  die  von  Cl.  Chevallon  (Paris 
1525—1627),  die  neueste  glossierte  opera  Fehii  (Lyon  1627,  5  Voll.  fol.). 
Unglossierte  Ausgaben  ohne  Anmerkungen  von  G.  Haloander  (Norimb. 
1529.  4.  3  Voll.),  D.  Gothofredus  (erstmals  unter  dem  Namen  Corpus  iuris 
civilis,  Genev.  1583.  4.),  Freyesleben  (Corp.  i.  c.  academicum,  1721—1789); 
mit  kritischen  oder  exegetischen  Anmerkungen  bes.  von  D.  Gothofredus 
(Lugd.  1590,  zuletzt  1624.  fol.  durch  J.  Gothofredus;  abgedruckt  Amst. 
ap.  Elzevir  1663  fol.),  G.  Chr.  Gebaucr  und  G.  A.  Spangenberg  (Gotting. 
1776.  1797.  4.  2  Voll.),  J.  L.  W.  Beck  (Lips.  1825—1836,  5  Voll.),  A.  und 
M.  Kriegel,  E.  Herrmann,  E.  Osenbriiggen  (Lips.  1828—1843.  4.  und  öfters 
wieder  abgedruckt). 

Von  den  Digesten  allein  bes.  die  Ausgaben  ex  officina  Laurentii  Tor- 
rentini (ex  florentinis  pandectis  repraesentati,  Plorent.  1553  fol.  3  Voll.)  und 
recogn.  Th.  Mommsen  et  P.  Krüger  (Berlin  1866  —  1870.  2  Voll.  4.)  nebst 
der  ed.  stereotypa  davon  (Berlin  1868  ff.). 

13.  E.  Spangenberg,  Eiuleitnng  in  das  römisch- justinianische  Rechts- 
buch oder  corp.  i.  civ.,  Hannover  1817.  Die  Lehrbücher  der  Institutionen 
z.  B.  von  J.  E.  Kuntze  (Lpzg.  1869.  2  Bde.),  der  Pandekten  (bes.  von  E. 
Böcking  (I.  S.  58—69  nebst  den  Anhängen  S.  *1  — »22);   die  Werke  über 


1020  t)ic  Kaiscrzeit.    Aus  dem  scclibtciiKJalirhuiulcit. 

römische  llechtsgoechichte  von  Uugo  u.  bes.  liudorfF  (LS.  196—353).  H. 
E.  Dirkscn,  manuale  latinitatis  fontiiim  iuris  civilis  Bomanoram;  thesauri 
latinitatis  epitome,  Berlin  1837.  4.  1029  pp. 

456.  Der  gebundenen  Form  bediente  sich  um  die  Mitte 
des  Jahrh.  in  Italien  der  jüngere  Freund  des  Ennodius,  der  red- 
nerisch gebildete  Arator,  von  dem  wir  eine  rhetorische  Ver- 
sification  des  Inhalts  der  Apostelgeschichte  in  zwei  Buchern  be- 
sitzen, mit  grösserer  Leichtigkeit,  aber  geringerer  Sorgfalt  einige 
Jahrzehnte  später  Venantius  Fortunatus  (um  535 — 600), 
ein  italienischer  Abenteurer  der  im  fränkischen  Reiche  eine  neue 
Heimat  fand  und  in  Poitiers  mit  der  Zeit  Presbyter,  am  Ende 
seines  Lebens  noch  Bischof  wurde.  Sein  Formgeschick  bethä- 
tigte  er  theils  durch  ein  rasch  hingeworfenes  Epos  in  vier  Bu- 
chern auf  Martinus,  den  Heiligen  von  Tours,  theils  in  vielen 
einzelnen  Gedichten,  Kirchenliedern  wie  solchen  worin  er  fürst- 
liche Personen,  Bischöfe  und  sonstige  Würdenträger  des  Reiches 
in  höfischer  Weise  ansang.  Letztere  Gedichte  bilden  eine  Samm- 
lung (Miscellanea)  von  elf  Büchern  und  manchfaltigem  Inhalte. 
Auch  in  Prosa  verfasste  er  Lebensbeschreibungen  von  Heiligen. 

1.  Cassiod.  var.  VIII,  12  (Aratori  Atbalaricns  rex):  primaevus  ve- 
nisti  ad  houores.  advocationis  te  campus  exercuii  .  .  intra  ie  foit  qiiam- 
vis  ampla  professio  litterarum.  . .  auspicatus  es  militem.  . .  iuvat  repetcre 
pomposam  legationem  (de  partibus  Dalmatiarum  an  Tbeodericb,  um  525), 
quam  .  .  torrenti  eloquentiae  flamine  peregisti.  .  .  genitoris  facuudia  et 
moribus  adiuvaris,  cuius  te  eloqnium  instruere  potuit,  etiam  si  libris  non 
vacasse''.  erat  enim  . .  egregie  litteris  eruditus.  .  .  ibi  te  tulliaua  lectio 
disertum  reddidit  ubi  quondam  gallica  liugua  resonavit.  .  .  mittit  et  Li- 
guria  Tullios  suos.  .  .  te  comitivae  domesticorum  illustratum  bonore  de- 
coramus.  Ennod.  carm.  II,  105  (in  natalem  infantis  Aratoris).  114 — 116  (de 
ilagello  inf.  Ar.),  dict.  9  (praefatio  quando  Arator  auditorium  ingressus  est). 
Handschrift  aus  Reims:  oblatus  bic  codex  ab  Aratore  illustri  ex  comite 
domesticorum,  ex  comite  privatarum,  viro  religioso  etc.  Studiert  batte  er 
zu  Mailand  (bei  Denterius)  und  Ravenna  (ep.  ad  Parthen.  35  ff.) ;  er  nahm 
in  Rom  die  Tonsur  um  540  (vgl.  ep.  ad  Parth.  70)  und  wurde  subdiaconns. 

2.  Dem  Epos  de  actibns  apostolorum  (vgl  Venant.  vit.  Mari.  I, 
22  f )  gehen  zwei  Widmungen  im  elegischen  Masse  voraus,  an  den  gelehr- 
ten Florianus  (prisca  volumina  linquens.  cede  dies  operi  quod  pia  causa 
iuvat)  und  an  den  Papst  Vigilius  (J.  537—555):  versibus  ergo  canam  quo« 
Lucas  rettulit  actus  historiamque  sequens  carmina  vera  loquar.  Unter- 
Bchrift:  oblatus  est  huiusmodi  codex  ab  Aratore  subdiacono  .  .  papae  Vi- 
gilio  et  susceptus  ab  eo  die  VIII  id.  Apr.  (des  J.  544)  in  presbyterio. 
. .  quem  cum  ibidem  legi  mox  pro  aliqua  parte  fecisset  Surgentio  .  .  in 
scrinio  dedit  recte  collocandum.  cuius  beatitudiuem  litterati  omnes  doctis- 
simique  continuo  rogaverunt  ut  eum  iubcret  publice  recitari.     quod 


t. 


456.    Arator.    Fortuuatus  1021 

fieri  praecepiseet  in  eccleda  b.  Petri  qoae  vocatur  Ad  vincula,  . .  turba  con- 
veiiit  atque  eodem  Aratore  subdiac.  reeitante  distinctis  diebus  anibo  libri 
quattuor  vicibus  sunt  auditi,  .  .  propter  repetitiones  assiduas  quas  cum  fa- 
vore  multiplici  postulabant  Uebersendung  des  Werkes  Parthenio  mag.  off. 
atque  patricio  (in  Gallien),  seinem  Jugendfreunde  (in  Ravenna)  und  Schwe- 
stersohne des  Ennodius,  mit  einer  Zuschrift  im  elegischen  Masse  worin  ne- 
ben Claudianus  auch  Martialis  ausgebeutet  wird. 

3.  6.  I  enthält  1076,  II  1250  Hexameter.  Das  Stoffliche  tritt  in  der 
rhetorischen  Behandlung  zurück.  Die  Form  ist  elegant,  abgesehen  von 
den  durch  zahlreiche  Vorgänger  entschuldigten  prosodischen  Willkürlich- 
keiten  (ecclesiae,  idula,  Macedo,  Pharao,  affatim,  spädo  u.  dgl.).  Gedruckt 
in  G.  Fabricius,  corp.  poett.  christ.  p.  569  ff.,  in  der  bibl.  patr.  max.  X, 
und  besonders  (cum  observatt.)  von  H.  J.  Arntzen  (Zutphan.  1769).  Dar- 
aus in  Migne's  patrol.  LXVIII.  p.  45—252.    Ed.  A.  Hühner,  Neisse  1850. 

4.  Wie  Arator  aus  dem  westlichen,  so  ist  Veuantius  Honorius  Cle- 
mens Fortuuatus  aus  dem  östlichen  Oberitalien  gebürtig  (vit.  Mart.  IV, 
665  ff.:  mea  Tarvisus.  . .  per  Cenetam  g>'adien8  et  amicos  Duplavenenses, 
qua  natale  solum  est  mihi).  Grammatisch- rhetorische  und  juridische  Stu- 
dien (zu  RAvenna?),  v.  Mart.  I,  26  ff.  Wanderung  (s.  misc.  I  prol)  nach 
Gallien,  angeblich  wegen  der  Wunderkraft  des  h.  Martin  (v.  Martin.  I,  44. 
IV,  684  ff.  VIII,  1,  21),  ums  J.  564,  unter  König  Sigibert  (X,  20,  1  f.)  In 
Tours  war  damals  Gregor  (oben  454)  schon  Bischof  und  nahm  sich  seiner 
an  (VIII,  21,  11.  26,  2  ff.  27,  11  ff.).  An  ihn  sind  viele  Gedichte  des  F. 
gerichtet  (misc.  V,  3—5.  9—20.  VIII,  16-27.  IX,  6  f.  vgl.  X,  5  f.  12  f.  19). 
In  Poitiers  fesselte  ihn  (VIII,  1,  21:  Martinum  cupiens  voto  Eadeguudis 
adhaesi;  vgl.  ib.  11  ff.:  Fortuuatus  ego  .  .  Pictavis  residens)  die  fromme 
thüringische  Fürstentochter,  frühere  Gemahlin  Lothars  I,  Radegund  (misc. 
VIII,  1,  22),  welcher  viele  Gedichte  gelten,  zum  Theil  mit  schwärmerischer 
Tonfärbung  (misc.  VIII,  14,  6:  sine  te  uimium  nocte  premente  gravor. 
. .  tempora  subducis  ceu  non  videaris  amanti,  cum  vos  dum  cerno  hoc  mihi 
credo  parum.  15,  3:  abstuleras  tecum,  revocas  mea  gaudia  tecum.  XI,  2: 
quam  vis  sit  caelum  nebula  fugiente  serenum,  —  te  celante  mihi  stat  sine 
sole  dies).  Nach  ihrem  Tode  (587)  verfasste  F.  auch  eine  Lebensbeschrei- 
bung von  ihr.  An  ihre  Tochter  Agnes  XI,  5  ff.  In  Poitiers  primum  pre- 
sbyter,  deinde  episcopus  ordinatus  est  atque  in  eodem  loco  digno  tumu- 
latus  honore  quiescit  (Paul.  Diac.  bist.  Langob.  II,  13).  In  den  Gedichten 
nennt  er  sich  aber  weder  presb.  noch  Bischof,  wohl  aber  XI,  4,  3  For- 
tuuatus agens  (der  Radegundis)  und  erwähnt  erst  XI,  29  seiner  Priester- 
weihe. Auch  Gregor  von  Tours  (bist.  Franc.  V,  8)  nennt  ihn  nur  presbyter ; 
F.  müsste  also  Bischof  erst  nach  Vollendung  jenes  Geschichtswerks,  somit 
frühestens  592,  geworden  sein.  Seine  Gedichte  deuten  oft  auf  eine  etwas 
parasitische  Existenz  (z.  B.  III,  16.  VII,  14  f.  X,  12.  XI,  9  ff.).  ITi.  Bor- 
mann, über  das  Leben  des  lat.  Dichters  Venantius  u.  s.  w.  (Fulda  1848. 
4.)  S.  3—22;  vgl.  S.  15:  V.  zeigt  sich  in  seinen  Gedichten  als  ein  Mann 
der  . .  den  geistlichen  und  weltlichen  Würdenträgern  gern  Weihrauch  streut 
und  es  dabei  mit  der  einfachen  Wahrheit  nicht  sehr  genau  nimmt;  so  über- 
häuft er  einen  Charibert,  Chilperich,  eine  Fredegimde  mit  wahrlich  sehr 
unverdienten  Lobsprüchen ;  da  wo  er  den  Tod  der  Galsuinta  erzählt  stellt 
or  sich  als  wisse  er  gar  nichts  von  dem  Urheber  dieser  Frevelthat  u.  s.  w. 


1022  t)ie  Kaiserzeit.    Aus  dem  sechsten  Jahrliunderi. 

5.  Prosaische  Werke  des  F. :  Lebensbeschreibungen  des  Bischofs  Hi- 
larius  von  Poitiers,  auf  Veranlassung  von  dessen  Nachfolger  Pascentius 
(P.  II  r  de  miraculis  s.  Hilarii);  des  Albinus  confessor;  Germanus,  B.  von 
Paris;  Severinus^  B.  von  Bordeaux  (Greg.  Tur.  de  glor.  conf.  45;  nicht 
erhalten);  Medardus,  B.  von  Noyon  (bei  Surius  III.  p.  658—670);  Amaotius, 
der  Radegunde  u.  A.  Abgedruckt  z.  B.  bei  Migne  LXXXVIIJ.  p.  513—561. 
Auch  in  den  Miscellauea  ist  viel  Prosaisches  mitenthalten,  inabes.  Briefe 
an  Bischöfe,  eine  Erklärung  des  Vaterunser  (X,  1)  und  des  apostolischen 
Symbols  (XI,  1).  Die  Prosa  des  F.  ist  meist  geschraubt,  schwerfällig  und 
schwölstig. 

6.  De  vita  s.  Martini  libri  IV.  Widmung  an  Gregor:  cum  iusseritiä 
ut  opus  illud  . .  quod  de  suis  virtutibus  explicuisti  (oben  454,  4)  versibos 
debeat  digeri,  id  agite  ut  ipsum  mihi  relatum  iubeatis  transmitti.  nam  .. 
quod  de  vita  eins  vir  disertus,  domnus  Sulpicius  (oben  415),  sub  uno  libello 
prosa  descripsit  et  reliquum  quod  dialogi  more  subnecüt^  primum  qui- 
dem  opus  a  me  duobus  libellis  et  dialogus  subsequens  aliis  duobus  libellis 
complexus  est^  ita  ut  brevissime  .  .  in  IV  libellis  totum  illud  opus  versa 
inter  boc  bimestre  spatium,  inter  frivolas  occupationes  sulcarim.  Vgl.  III, 
10  f.:  cum  duce  Sulpicio,  bene  cuius  ab  ore  venusto  Martini  sacros  dulcis 
stilus  edidit  actus.  Das  umfangreiche  Werk  (5 13+491 +529+712 =2245 
Hexameter)  verräth  hinreichend  die  Eilfertigkeit  seiner  Entstehung:  die 
Anlage  ist  salopp  (vgl.  I,  45  f.  50  ff.  56  ff.),  mechaniscb  aus  Sulpicius  den 
Stoff  aufgreifend,  die  Ausführung  breit  und  trivial,  voll  leerer  Wortspie- 
lereien (z.  B.  I,  19:  prudens  prudenter  Prudentius  immolat  actus;  vielleicht 
Anspielung  auf  seines  Gönners  Gregor  Worte,  de  curs.  eccl.  p.  24  Hse: 
Prudcutius  cum  de  .  .  Stella  prudenter  dissereret;  I,  99:  ne  timeam  timi- 
dum,  timor  est  deus,  arma  timentum);  die  technische  Form  häuft  die  In- 
correctheiten  aller  Vorgänger  (hcresis,  ecclesiae,  problcma,  Apolliuaris, 
Arrius  «'^Ipftog,  ergone,  miscam  u.  s.  f.)  und  verbindet  sie  mit  häufig 
nachlässigem  Versbau  (z.  B.  I,  140:  dogmate,  luce,  fide  informans  virtote 
sequaces).  Abfassung  vor  576,  da  zur  Zeit  des  Abschlusses  (TV,  636  t) 
Germanus  noch  Bischof  von  Paris  war  (vgl.  Greg.  Tur.  V,  8). 

7.  Ansehnlichen  geschichtlichen  und  topographischen  Werth  haben 
die  elf  Bücher  Gedichte  (miscellanea),  von  manchfaltigem  Inhalt,  meist 
Gelcgenheitspoesie.  Aus  dem  renommistisch  bescheidenen  Vorwort  an 
Gregor:  quia  viriliter  flagitas  ut  quaedam  ex  opuscuüs  imperitiae  meae 
tibi  transferenda  (Abschreibenlassen)  proferrem,  nugarnm  mearum  admiror 
te  amore  seduci,  . .  praesertim  quod  ego  imperitus  de  Bavenna  progre- 
diens  Padum  . .  Tiliamentumque  tranans,  .  .  Rhenum  Germania  trantiend 
ac  post  Mosellam,  .  .  Ligerim  et  Garomnam  .  .  transmittens,  Pyrenaeis 
occurrens  . .  paeue  aut  equitaudo  aut  dormitando  conscripserim.  Auf  ita- 
lienische Verhältnisse  bezieht  sich  nur  I,  1.  2;  alle  übrigen  Gediohie  achei- 
nen  in  Gallien  verfasst.  In  der  Anordnung  kreuzt  sich  die  nach  der  Zeit 
mit  einer  sachlichen  (bes.  nach  dem  Bange  der  Adressaten}.  Der  1,  15 
als  lebend  angeredete  Bischof  Leontius  erhält  IV,  10  ein  Epit^h;  K  VI 
sind  Könige  Sigibert  (f  575)  und  Charibert  (t  567),  IX  aber  Chüpoidi 
(I,  t  584)  und  X  Childebert  (II,  geb.  570),  Sigiberts  Sohn  und  Nadifolger 
(J.  575-596).  VI,  2  gilt  der  Vermählung  von  Sigibert  und  Briuihild(J.  56«) 


450.    Veoantius  FoituDatus.  1023 

VII,  9,  7  ist  F.  im  9t«a  Jahre  von  der  Heimat  entfernt;  IX,  7,  50  werden 
Gedichte  erwähnt  die  er  vor  20  J.  verfusst.  ß.  I— III  haben  vorzugsweis 
kirchliche  Dinge  (Gebäude  u.  dgl.)  und  Personen  zum  Gegenstande;  IV 
enthält  Epitaphien  auf  Bischöfe,  einen  Abt,  Presbyter,  Diakonus,  dann 
Laien,  zuletzt  Frauen;  V  an  Bischöfe,  bes.  Martin  und  Gregor;  VI  an  Kö- 
nige, Königinnen,  Prinzessinnen;  VII  an  hohe  Hof-  und  Staats -Beamte 
(Gogo,  Bodegisil,  Lupus,  Mummulenus,  Sigismund  u.  A.);  VIII  Christliches, 
sowie  an  Radegund  und  Gregor;  IX  an  Chilperich  und  Fredegund  und  deren 
Kinder;  an  Gregor  und  andere  Bischöfe  und  sonstige  Geistliche;  X  wieder 
au  Mummulenus,  an  Childebert  und  Brunhild,  Sigoald;  XI  poetische  Corre- 
spoodenz  mit  Radegund  und  ihrer  Aebtissiu  Agnes.  Mit  B.  VIII  scheint 
die  Sammlung  ursprünglich  abgeschlossen  gewesen,  IX— XI  späterer  Nach- 
trag zu  sein. 

f  8.  Weitaus  die  meisten  Gedichte  haben  das  Masq  der  Elegie;  das 
epische  nur  V,  8.  VI,  2  (Epithalamium).  VIII,  9;  IX,  7  auf  Gregors  Ver- 
langen eine  sapphische  Ode.  Prosaisches  Vorwort  zu  einem  Gedicht  V,  5 
(u.  IX,  6);  prosaische  Briefe  mit  Versen  schliesend  III,  4.  V,  1.  Elegie  in 
Schlangenforra  (ophites,  serpentinus,  echoicus;  vgl.  oben  375,  6)  III,  37. 
Manche  Gedichte  behandeln  ganz  in  der  Weise  der  Elegie  persönliche 
Erlebnisse,  Abenteuer  (VI,  10.  VII,  14),  Reisen  (X,  10.  XI,  27  f.),  Gesund- 
heitsverhältnisse (VI,  12.  VIII,  16) ;  auch  die  Elegie  de  excidio  Thuringiac 
(ex  persona  Radegundis)  gehört  dahin,  sowie  VI,  7  (auf  den  Tod  der  Ga- 
lesuinta)  u.  II,  20  (auf  den  todten  Medardus).  Andere  sind  versificiei-te 
Briefe  (Empfehlungsschreiben  für  sich  und  Andere).  Zahlreich  vertreten 
sind  die  Lobgedichte  an  Lebende,  bes.  Bischöfe  (wie  Leontius,  Felix,  Gre- 
gorius).  Aufschriften  für  Kirchen  und  Geräthe;  Epigramme  als  kurze  Ge- 
legenheitsgedichte. 

9.  Kirchliche  Lieder  (hymni)  mit  Uebergewicht  des  Rhythmus  in  vier- 
zeiligen  Strophen  und  meist  gereimt;  die  Mehrzahl  mit  aufsteigendem 
Rhythmus  (dim.  iamb.  ac.  II,  7.  10.  VIII,  3  f. ;  cat.  II,  8),  im  absteigenden 
II,  9  (dim.  troch.  ac.  und  cat.)  und  besonders  stark  rhythmisierend  VIII,  5 
(ä,ve,  märis  Stella,  d^i  mater  alma,  . .  solve  vincla  räis,  mala  nostra  pello, 
iter  pära  tutum  etc.).  Der  Hiatus  kommt  nicht  in  Betracht  (II,  9:  arbor 
feta  alma  luce;  stans  ad  aram  immo  supplex).  11,  4.  5.  6  Künsteleien  in 
der  Weise  des  Porfirius  (oben  379,  1—3):  Gedichte  deren  Buchstaben  die 
Form  des  Kreuzes  bilden  oder  den  Anfang  des  Namens  Christus  (V,  7,  zu- 
gleich akrostichisch).  Der  Hymnus  auf  Leontius  (I,  16)  in  alphabetischer 
Ordnung  der  Strophen  wird  sonst  dem  Amoenus  (oben  444,  2)  zugeschrieben, 
der  trochftische  II,  1  (pange  lingua  etc.)  von  Gennadius  ausdrücklich  dem 
Claudianus  Mam.  (oben  438,  3  u.  5). 

10.  In  der  griechischen  Literatur  hat  F.  sehr  schwache  Kenntnisse 
(VII,  12,  26  flf.:  Archyta,  Pythagora«,  Arätus,  Cato,  Pläto,  Chrysippua. 
. .  quidve  poeta  potest  Maro,  Lysa,  Menander,  Homerus;  vgl.  Messungen 
wie  ChalcSdon).  Aus  der  römischen  besass  er  in  seiner  Heimat  wohl  aus- 
gedehntere; im  fränkischen  Reiche  aber  schrumpften  sie  auf  Cicero  und 
Vergil  zusammen,  neben  welchen  nur  noch  Reminiscenzen  an  Horaz  fort- 
wirken (V,  6.  IX,  7).  Vgl.  IX,  7,  35  ff.  Besser  ist  er  in  der  christlichen 
Literatur  zu  Hanse  (Mart.  I,   15  tf.  mise    VIII,   1,  51  ff.  VIII,  G).    Seine 


1024  ^ie  Kaiserzeit.    Aus  dem  sechsten  Jahrhundert. 

Christlichkeit  ist  sehr  eifrig,  klingt  aher  etwas  geschäftlich.  Vgl.  misc.  U, 
12,  3  fiP. :  iam  pietatis  opus,  victores  (Märtyrer)  texere  libris,  admonet  in- 
genium,  res  ratione  duplex,  una  quod  est  habilis  de  magnis  magna  fatiBii 
. .  altera  causa  monet  quoniam  successus  amatur  etc.  Oit  genug  schim- 
mert recht  weltlicher  Sinn  hindurch,  wie  in  dem  Epithalamium  (VI,  2); 
und  VIII,  6,  205  fP.  malt  die  weibliche  Liebe  zu  Christus  doch  g%r  zu  far- 
benreich aus.  Ueberhaupt  ist  F.  sehr  viel  mehr  Talent  als  Charakter. 
Das  elegische  Mass  handhabt  er  fast  mit  ovidischer  Leichtigkeit;  freilich 
um  so  weniger  mit  ovidischer  Durchsichtigkeit,  Eleganz  und  Kunst.  Für 
die  prosodische  Behandlung  der  Eigennamen  scheint  nur  die  Bequemlichkeit 
massgebend  (z.  B.  Cesärla,  Agnppina  ;  kurze  Silben  werden  unzählige 
Male  durch  die  Hebung  verlängert,  lange  nicht  selten  verkürzt,  harte  Ver- 
schleifuugen  (wie  si  Hilarium  quaeris,  quae  ut  foveas,  pro  undis)  gesetzt, 
der  Hiatus  (bes.  zwischen  den  beiden  Hälften  des  Pentameters)  zugelassen, 
die  Cäsur  vernachlässigt.  Dazu  Plebejismen  wie  moveret  (VH,  1,  1),  re- 
gionis  utraeque  (VII,  5),  concivis  (VII,  14)  u.  dgl.  Wirklich  ist  F.  sermone 
levis  (Mart.  I,  27)  und  arbeitete  nur  allzu  rasch;  s.  A.  6  u.  misc  III,  27 
(garrulitate  levi).  V,  5  praef.  X,  12  (ex  tempore);  sehr  oft  auf  Bestelliuig. 
VorHebe  für  Wortspiele  (funis,  finis;  febris,  fibris;  saluto  salutem  u.  dgl). 

11.  Ausgaben  der  Werke  des  F.  von  Ch.  Brower  (Mainz  1603.  4.), 
M.  A.  Luchi  (Rom  1786,  2  Voll.),  letztere  wieder  abgedruckt  in  Migne*8 
patrol.  LXXXVUI.  Die  Moselgedichte  an  der  Mosella  von  Tross  und  von 
Böcking  (S.  105—123);  s.  oben  S.  873. 

12.  Ven.  Fort.  misc.  III,  23  an  den  Bischof  Bertechramnus  in  Bor- 
deaux: ardua  suscepi  missis  epigrammata  (des  B.)  chartis.  .  .  nitido  pom- 
posa  poemata  cultu.  Nur  enthalten  sie  Plagiate  (carmine  de  veteri  furta 
novella)  und  metrische  Schnitzer  (superaddita  syllaba,  pede  laesa). 

13.  Von  einem  Honorius  scholasiicus  28  elegische  Verse  an  den  Bi- 
schof von  Raveuna  Jordanes  in  der  Mitte  vou  saec.  VI,  zur  Antwort  auf 
dessen  Aufforderung  sich  von  der  We}t  zurückzuziehen,  bei  Mabillon,  Ana- 
lecta  I  p.  364  (387). 

457.  Mit  der  Correctheit  eines  Grammatikers  und  dem 
Servilismus  und  Bombast  eines  Byzantiners  verfasste  der  Afri- 
kaner Flavius  Cresconius  Corippus  Epen  von  geschichtliehem 
Stoffe  und  panegyrischer  Bichtung^  sieben  Bücher  lohannidos 
s.  de  bellis  libycis  und  vier  Bücher  de  laudibus  lustini  Aug. 
Nur  selten  dringt  durch  die  dichten  VP^eihrauchwolken  ein  Fun- 
ken geschichtlicher  VP^ahrheit;  aber  die  Form  ist  fliessend  und 
Mustern  wie  Yergil  und  Claudianus  nachgebildet.  Di^egen  das 
Epos  eines  unbekannten  Verfassers,  betitelt  Orestis  trage e- 
dia,  zeigt  die  im  Westen  herrschende  Verwilderung  in  Sprache 
und  Prosodie,  während  der  Bau  der  Hexameter  tadellos  ist 

1.  In  deu  Ueberschriften  wird  Corippus  africanus  grammatieufi  ge- 
nannt.   Die  Johannis  besteht  aus  (581 -f488-[-460-f  11714-773+542+656=») 


467.    Corippus.    Orestis  tragoedia.  1025 

4671  Hexametern  (B.  VII  ist  am  Schlüsse  lückeDhaft  erhalten),  nebst  einem 
Vorwort  von  40  elegischen  Versen,  imd  hat  zum  Gegenstande  den  Krieg 
welchen  Johannes  Patricias  ums  J.  550  in  Africa  gegen  die  Mauren  führte 
(vgl.  Prokop.  Vand.  II,  28).  Aus  dem  Vorwort  (ad  proceres  Carthaginienes) : 
descripsit  .  .  Aeneam  doctus  carmine  Vergilius,  meque  lohaunis  opus  do- 
cuit  describere  pugnas  etc.  Aeneam  superat  melior  virtute  lohannes,  sed 
non  Vergilio  carmina  digna  cano.  .  .  nutat  in  angustum  discors  fortuna 
poetae.  . .  quid  [quod  ego]  ignarus  quondam  per  rura  locutus  urbis  per 
populos  carmina  mitto  palam.  forsitan  ex  fracto  ponetur  syllaba  versa: 
confiteor;  Musa  est  rustica  namque  mea.  .  .  quos  doctrina  negat  coufert 
victoria  versus  (Anspielung  auf  Juv.  I,  79).  Ed.  princeps:  ex  cod.  medio- 
lanensi  op.  et  stud.  Petri  Mazzuchelli,  Mailand  1820. 

2.  Das  Lobgedicht  auf  Kaiser  Justinus  minor  (J.  565—578;  s.  W. 
Teuffei  in  Pauly's  Real-£nc.  IV.  1845.  S.  681—685)  ist  nach  der  lohannis  ver- 
i'asst  (praef.  35f.:  quid  llbycas  gentes,  quid  syrtica  proelia  dicam,  inm  libris 
completa  meis?)  und  hat  ein  (im  Anfang  unvollständig  erhaltenes)  Vorwort 
(48  Hexameter),  welches  den  Zweck  des  Gedichts  ehrlich  ausspricht  (v. 
39  ff.):  cui  vincere  fas  est  indomitas  gentes,  . .  vince  meae  saevam  for- 
tunae,  deprecor,  iram.  .  .  nudatus  propriis  et  vulnera  plurima  passus  ad 
medicum  veni.  .  .  huic  ego  saiianti  .  .  grates  semper  ago  et  pro  munere 
carmina  porto.  (Vgl.  IV,  182  ff.)  Darauf  folgt  eine  Widmung  an  einen  ein- 
flussreichen Hofbeamten  Justin's,  den  quaestor  Anastasius  (51  Hexameter). 
Von  dem  Gedicht  selbst  besteht  B.  I  aus  367  Hexametern,  II  aus  430,  Ul 
aus  407,  IV  aus  377,  ist  aber  am  Schlüsse  lückenhaft;.  Die  Anlage  ist  so 
weitschweifig  dass  diese  4  Bücher  nur  die  ersten  acht  Tage  von  Justinus 
Regierung  umfassen.  Die  einzige  Hds.,  nach  welcher  M.  Ruiz  (Antv.  1581) 
das  Gedicht  herausgab,  ist  verschollen.  Spätere  Ausgaben  von  Th.  Dem- 
pster  (Paris.  1610},  A.  Rivinus  (Lips.  1653),  N.  Rittershaus  (Altorf  1664.  4.) 
und  in  W.  Jägers  Panegyrici  No.  XII. 

3.  Sammelausgabe  der  Epen  des  C,  mit  Abdruck  der  Noten  u.  Einl. 
der  Vorgänger,  im  Bonner  Corpus  scriptor.  bist,  byz.,  mit  Merobaudes 
(recogn.  Imm.  Bekker),  Bonn  1836. 

4.  Durch  zwei  Handss.,  einen  Ambrosianus  (Mai,  Spicileg.  I.  p.  XXIV) 
und  besonders  einen  Bernensis  saec.  IX,  ist  überliefert  Orestis  tragoedia, 
971  Hexameter.  Der  monströse  Gedanke  diesen  Stoff  in  einem  Epos  zu 
behandeln  und  dieses  Epos  eine  tragoedia  zu  nennen  deutet  auf  eine  Zeit 
die  den  classischen  Traditionen  völlig  fremd  geworden  ist.  Dazu  stimmen 
auch  die  zahlreichen  Plebejismen  in  sprachlichen  Formen  und  Fügungen 
(vgl.  Mähly  p.  XI— ^X XVII)  und  die  ganz  an  Fortunatus  erinnernde  proso- 
dische  Wülkür  (Mähly,  p.  XX VHI  — XXXIX),  wogegen  die  Cäsuren  und 
Verschleifungen  sogar  elegant  sind,  und  Reminiscenzen  bes.  an  Vergil  so- 
wie an  Statins  und  Lucan  sehr  häufig  vorkommen  (Schenkl  ed.  p.  20  f. 
Rothmaler  bei  Fleckeisen  95,  S.  863).  Messungen  wie  Pylädes,  cgistus 
(Aegisthus)  machen  unmöglich  dass  der  Verf.  ein  Grieche  sei. 

5.  Ausgaben  der  Orest.  trag,  von  C.  W.  Müller  (Rudolstadt  1868  f. 
4.),  J.  Mähly  (Lips.  Teubner  1866.  16.),  C.  Schenkl  (Prag  1867.  83  pp.). 

6.  Beiträge  zur  Kritik  von  F.  Haase  (miscell.  philol.  III,  6.  Bresl. 
1861.  4.),  A.  Rothmaler  (Nordhausen  1865.  4.    Fleckeiseus  Jahrbb.  95,  S. 

Teuf  fei,  rüin.  Literftturge^chichle.  65 


102G  Die  Kaiserzeit.    Aus  dem  sechateu  Jahrhundert 

861—870),  L.  Müller  (Rhein.  Mus.  XXI.  S.  455-467),  C.  Schenkl  (Zeitedir. 
f.  Ostreich.  Gymn.  XVIII.  1867.  S.  81-95),  L.  Schwabe  (Dorpater  KataL 
für  1867,  II.  13  pp.  4.),  H.  Hagen  (Philologu«  XXVII.  S.  157—168). 

458.  An  der  Spitze  der  theologischen  Schriftsteller  des 
Jahrhunderts  steht  Papst  Gregor  I  (um  540 — 604),  der  nait  sei- 
ner Abkehr  von  der  alten  Bildung,  seiner  Schwärmerei  für  das 
Mönchswesen  und  mit  seiner  Leichtgläubigkeit  ganz  ein  Sohn 
seiner  Zeit  ist,  aber  durch  persönliche  Vorzüge,  Geschick  und 
Festigkeit  im  Handeln  in  ihr  hervorragte.  Von  seinen  zahl- 
reichen Schriften  sind  geschichtlich  besonders  wichtig  seine 
Briefe.  Wie  er  um  den  Eirchengesang  sich  grosse  Verdienste 
erwarb,  so  verfasste  er  auch  selbst  Hymnen.  Das  hohe  Ansehen 
das  er  und  seine  Schriften  noch  lange  fort  genossen  führte  bald 
zu  Unterschiebungen  von  solchen  und  Einschüben  in  sie.  Ne- 
ben ihm  ist  besonders  sein  Freund  Leander  zu  nennen,  Bischof 
von  Sevilla,  sowie  Eugippius  und  der  Erzbischof  von  Br^a, 
Martinus. 

1.  GregoriuB  aus  einer  reichen  und  vornehmen  römischen  Familie, 
geb.  zwischen  640  u.  550,  praet.  urb.  um  571—574,  Papst  seit  590,  gest. 
12.  März  604.  E.  W.  Marggraf,  de  Gregorü  M.  vita,  Berlin  1844.  G.  J. 
Th.  Lau,  Gregor  I  der  Ghrosse  nach  seinem  Leben  und  seiner  Lehre  ge- 
schildert, Leipzig  1845.  556  S. 

2.  Greg.  Tur.  bist.  Franc.  X,  1:  litteris  grammaticis  dialecticisque 
ac  rhetoricis  ita  erat  institutus  ut  nuUi  in  urbe  ipsa  puturetur  esse  se> 
cutidus.  Sehr  hyperbolisch  Isid.  ill.  27:  tantum  . .  scientiae  lumine  prae- 
ditus  ut  non  modo  illi  praesentium  temporum  quisquam  doctomm  sed  nee 
in  praeteritis  quidem  illi  par  fuerit  umquam.  Dagegen  Gregor  selbst,  im 
Vorwort  zur  expos.  in  lob  (Moral.):  ipsam  loquendi  artem  quam  magi- 
steria  disciplinae  exterioris  insinuant  servare  despexi.  nam  .  .  neu  mnta- 
ciami  collisionem  fugio,  non  barbarismi  confusionem  devito,  hiatas  motns- 
que  etiam  et  praepositionum  casus  servare  contemno,  quia  indignum  ve- 
hementer existimo  ut  verba  oaeleetis  oraculi  restringam  sub  regulis  Donati. 
Vgl.  epist.  VII,  a2:  quamvis  graecae  Unguae  nescius,  in  contentione  tameu 
vestra  iudex  resedi.  Dazu  stimmt  die  Nachricht  des  Joann.  Saresber.  nng. 
cur.  VIIl,  19  dass  Gr.  die  Bücher  der  palatinischen  Bibliothek  habe  ver- 
brennen lassen,  damit  sie  den  heil.  Schriften  nicht  Eintrag  thäten.  Lau 
S.  n  f. 

3.  Echte  prosaische  Schriften«:  Expositio  in  b.  lob,  auch  Moraüa 
genannt,  eine  praktisch  allegorische  Erklärung  des  Buchs  Hiob,  verfasst 
zwischen  J.  580  u.  590,  abgetheilt  in  sechs  Codices  und  35  Bücher  und  dem 
B.  Leander  gewidmet.  XXII  Homilien  zum  Ezechiel,  in  zwei  Büchern  (am 
595).  XL  Homilien  zu  den  Evangelien  in  zwei  Büchern  (um  592).  Regula 
pastoralis,  treuliche  Winke  über  die  rechte  FiUirung  des  geistlichen  Amtec, 
dem  Erzb.  Johannes  von  Ravcnna  gewidmet,  um  590.    Vier  Bücher  Dia- 


9i.  ; 


468.    Gregoriutt  I  u.  A.  1027 

logen  (mit  dem  Diakonus  Petras)  über  das  Leben  und  die  Wunder  der 
italienischen  Heiligen,  voll  crasser  Wundersucht  (593  oder  594).  Vierzehn 
Register  Briefe,  geordnet  nach  den  Jahren  seines  Pontificats,  mit  Inter- 
polationen (z.  B.  das  Privilegium  des  Klosters  St.  Medardus).  Lau  S. 
311-319. 

4.  Von  zweifelhafter  Echtheit  sind  folgende  Schriften:  Commentar 
zum  ersten  Buch  der  Könige,  in  6  Büchern;  Erklärung  des  Hohenliedes; 
Erkl.  der  7  Busspsalmen ;  Concordia  quorundam  testimoniorum  sacrae  scri- 
pturae.    Lau  S.  319—323. 

5.  Neun  Hymnen  des  Gr.  in  der  Benedictinerausgabe  III.  p.  877  f. 
(Migne  LXXVIII.  p.  849—851).  Sie  haben  meist  die  herkömmliche  Form 
des  dim.  iamb.  in  vierzeiligen  Strophen,  zwei  sapphisches  Versmass.  Der 
Keim  ist  bald  scharf  ausgeprägt  (intimum  —  praemium  ~  noxium  —  Pes- 
simum) bald  unbestimmt  (optinie  —  proferens  —  novae  —  originem).  Die 
Sprache  ist  einfach.  Hiatus  und  Einfluss  des  Accents  wie  gewöhnlich 
(Honor,  virtüs,  impärium  sit  trinitati  unicae,  patrf,  natö,  paracleto  etc.), 
auch  in  den  sapphischen  Gedichten  (spiritus,  cuius  reboä^t  in  omni,  lucis 
aurora  rutilans  coruscat).  Seine  liturgischen  Schriften  (Sacramentarium, 
Antiphonien)  erlitten  im  Mittelalter  von  Sammlern  und  Ordnern  vielfache 
üeberarbeitungen.  Gründung  von  Sängerschulen,  Einfuhrung  des  Choral- 
gesangs.   Lau  S.  244—298. 

6.  Lau  S.  326  f. :  Phantasie  ist  dem  Gr.  nicht  abzusprechen,  die  nur 
in  seinen  allegorischen  Erklärungen  häufig  mit  dem  Verstände  davonrennt. 
Bei  grosser  Weitschweifigkeit  und  Gedehntheit  ist  er  auch  wieder  senten- 
tiös,  und  seine  Schriften  sind  eine  Schatzkammer  von  pilkktischen  Bemer- 
kungen und  geistreichen  Gedanken.  In  seiner  Texterklärung  hält  er  sich 
grösstentheils  an  Augnstin,  den  er  besonders  verehrt,  au  Ambrosius  und 
Hierouymus,  doch  mit  einzelnen  Spuren  von  Selbständigkeit.  . .  Man  ver- 
misst  bei  ihm  das  Systematische,  selbst  eine  genaue  Ordnung.  . .  Seinen 
Erklärungen  legt  er  die  lateinische  Uebersetzung  der  h.  Schrift  zu  Grunde, 
bald  die  Itala  bald  die  des  Hieronymus. 

7.  Gesammtausgaben  seiner  Schriften.  Lyon  1516.  1539  f.  fol.  Paris 
1518.  1523  fol.  Basil.  ap.  Proben,  cura  Huldr.  Coccii  1551.  1564.  fol.  Ed. 
Jo.  Gillotius,  Paris.  1571.  1586.  Cur.  Petro  Tussianensi,  Rom  1588—1593,  6 
Voll.  fol.  u.  sonst.  Studio  Petri  GuBsanvillaei,  Paris  1675.  3  Voll.  fol. 
Hauptausgabe  die  der  Benedictiner  e  congreg.  s.  Mauri  (cur.  Dionys. 
Sammarthanus  et  Gu.  Bessin),  Paris.  1705,  4  Voll.  fol.  Abdruck  Venet. 
1768—1776  von  J.  B.  Gallicioli  in  17  Voll.  4.  Migne  patrol.  LXXV-LXXIX 
(1849).     Lau  S.  327  f. 

8.  Isid.  ill.  28:  Leander,  genitus  patre  Severiano,  Carthaginensis 
provinciae  Hispaniae ,  . .  ex  mouacho  Hispalensis  ecclesiae  provinciae  Bae- 
ticae  constitutus  episcopus  (J.  576—596),  schrieb  gegen  den  Arianismus. 
praeterea  edidit  unum  ad  Florentinam  sororem  de  institutione  virginum  et 
contemptu  mundi  libellum  etc.  scripsit  et  epistolas  multas  ad  papam  Gre- 
gorium  et  .  .  ad  ceteros  quoque  episcopos.  floruit  sub  Becaredo,  viro  reli- 
gioso  ac  principe  glorioso,  unter  dem  er  auch  starb.  Seine  Schriften  bei 
Migne  LXXII. 

9.  Martinus  aus  Pannonien,  abbas  Dumiensis,  dann  Erzbischof  von 

'   65* 


1028     Die  Kaiserzeit.    Aus  dem  secbsteu  u.  siebenten  Jahrhundert. 

Braga  (Braccarensis) ,  gest.  580,  nulli  in  litteris  secunduB  suis  temporibus 
habituB,  .  .  versiculoB  qui  super  ostium  sunt  in  basilica  s.  Martini  ipse  com- 
posuit  (Greg.  Tur.  bist.  Franc.  V,  38).  fioruit  regnante  Teudummiro  rege 
Suevorum,  temporibus  illis  quibus  lustinianus  in  rep.  et  Anatagildas  Hi- 
spanuB  imperium  tenuere  (Isid.  ili.  22).  Ausser  prosaischen  Schriften  (oben 
S.  569,  16  ff.  Fabricius,  bibl.  lat.  med.  aet.  V.  p.  38  f.)  sind  auch  Verse  von 
ihm  erhalten.    Abdruck  in  Migne's  patrol.  LXXII. 

10.  Isid.  ill.  13:  Eugippius  abbas  ad  quendam  Paschasiom  dia- 
conum  libellum  de  vita  s.  monachi  Severini  (f  482)  transmissum  brevi  stilo 
composuit.  .  .  damit  post  consulatum  Importuni  iunioris  (J.  509),  Aua- 
»tasio  imp.  regnante.  Das  Erhaltene  in  Migne's  patrol.  LXII.  Die  Tita 
Severini  Noricorum  apostoli  hrsgg.  von  M.  Velser  (Augsburg  1595.  4.),  zu- 
letzt auch  von  A.  Eerschbaumer  (Schaffhausen  1862).  Sie  ist  in  schlich- 
tester Sprache  geschrieben  und  bezeichnend  für  das  volksmässige  Latein 
der  Zeit.    H.  Sauppe,  Götti.  gel.  Anz.  1862,  S.  1545—1552. 

11.  Isid.  ili.  17:  Apingius,  ecclesiae  Pacensis  Hispaniarum  episcopus, 
disertus  liugua  et  scientia  eruditus,  interpretatus  est  Apocalypsim  etc. 
scripsit  et  nonunlla  alia.    .  .  claruit  temporibus  Theodi  principis  Gothorum. 

12.  Isid.  ill.  20:  lustinianus,  ecclesiae  Yalentinae  episcopus,  .  .  scripsit 
librum  Besponsionum  ad  quendam  Busticum,  de  interrogatis  quaestionibus 
(dogmatische).  .  .  fioruit  in  Hispaniis  temporibus  Theudi  principis  Go- 
thorum. 

13.  Md.  ill.  21:  lustns,  Orgellitanae  ecclesiae  episcopus  et  frater 
praedicti  lustiniaJii,  schrieb  eine  allegorische  Erklärung  des  Hohenliedes 
(gedruckt  bei  Migne  LXVII).  huins  quoque  fratres  (gleichfalls  Bischöfe) 
Nebridius  et  Elpidius  quaedam  scripsisse  feruntur. 

14.  Isid.  ill.  29:  Licinianus,  Garthaginis  Spartariae  episcopus  (um 
584),  in  scripturis  doctus,  Verfasser  von  zahlreichen  Briefen  dogmatischen 
Inhalts  (bei  Migue  LXXII).  claruit  temporibus  Mauritii  Aug.  (J.  582—602). 
occubuit  Constäntinopoli. 

15.  Isid.  ill.  30:  Severus,  Malacitauae  sedip  antistes  (um  580),  collega 
ei  socius  Liciniaui  episcopi,  edidit  libellum  unum  adversus  Vincentium  Cae- 
saraugustanae  urbis  episcopum  (Arianer).  . .  est  et  alius  eiusdem  de  vir- 
ginitate  ad  sororem  libellus,  qui  dicitur  Anulus.  . .  claruit  temporibus 
praedicti  imp.  (des  Mauricius),  unter  dem  er  auch  starb. 

16.  Isid.  ill.  32:  Eutropius,  ecclesiae  Valentinae  (in  Spanien)  episco- 
pus j  . .  scripsit  ad  episcopum  Lucianum  .  .  epistolam  etc.  scripsit  et  ad 
Petrum  episc.  Ircabicensem  de  districtione  monachorum  epistolam.  Bei 
Migne  LXXX. 

469.  Aus  dem  siebenten  Jahrh.  sind  die  Bischöfe  Ma- 
ximus und  Braulio  von  Saragossa  zu  nennen,  besonders  aber 
der  von  Sevilla,  Isidorus  (um  570 — 640),  der  bei  wenig  Sach- 
kenntniss  und  Urteil  doch  die  Erhaltung  und  Verbreitimg  der 
alten  Literatur  sich  angelegen  sein  liess.  Von  seinen  zahlreichen 
Schriften  historischen,  grammatischen  und  theologischen  Inhalts 


.^sSLsi'msi 


458_f.    Eugippius  ii.  A.     leidoruB  Hisp.  1029 

ist  die  wichtigste  sein  weitschichtiges  Werk  Originum  libri  XX, 
das  er  unvollendet  hinterliess,  durch  die  Manchfaltigkeit  seines 
Inhaltes  und  die  Benützung  untergegangener  alter  Quellen,  be- 
sonders des  Suetonius.  Auch  seine  Schrift  de  natura  rerum  hat 
im  Mittelalter  eine  grosse  Rolle  gespielt. 

1.  Isid.  ill.  33:  Maximus  CaeBaraugustanae  civitatis  episcopus  mnlta 
versa  prosaque  componere  dicitar.  scripsit  et  brevi  stilo  hisfcoriolam  de 
bis  quae  temporibus  Gothorum  in  Hispanüs  acta  sunt  (J.  431— 644,  in  Fort- 
setzung des  Dexter),  bistorico  et  composito  sermone.  sed  et  multa  alia 
scribere  dicitar,  quae  necdum  legi.  Das  Erhaltene  z.  B.  in  Migne^s  patrol. 
iiXXX.  p.  618—632.  Fortsetzer  des  Max.  für  J.  644—668  Eutrandus,  ib.  p. 
633-635. 

2.  Ildefons.  ill.  12:  Braulio  frater  loannis  in  Caesaraugusta  dece- 
dentis  adeptus  est  locum.  .  .  clanis  est  iste  babitus  .  .  quibusdam  opu- 
sculis.  scripsit  vitam  Aemiliani  cuiusdam  monacbi.  . .  babuit  sacerdotium 
ferme  XX  annis.  . .  duravit  in  regimine  temporibus  Sisenandi,  Chintilae, 
Tulganis  et  Chindasuinthi  regum.  Vgl.  A.  3  u.  7.  Seine  erbaltenen  Scbriften 
(44  Briefe,  vita  Aemiliani,  Acta  de  martjribus  Caesaraugustanis)  z.  B.  in 
Migne's  patrol.  LXXX.  p.  649—720. 

3.  Praenotatio  librorum  d.  Isidori  a  Braulione  Caesaraugnst-ano  epi- 
scopo  (s.a. 2)  edita:  Isidorus  ..  Hispalensis  ecclesiae  episcopus,  Leandri 
(oben  458,  8)  episcopi  successor  et  germanus.  floruit  a  tempore  Mauritii 
imp.  (J.  582  —  602)  et  Reccaredi  regis.  .  .  vir  in  omni  locutionis  genere 
formatus.  . .  edidit  libros  differentiarum  II  (Synonymik,  253  Artikel ,  und 
de  diff.  spiritalibus  35  Artikel).  . .  prooemiorum  librnm  unum  (kurze  In- 
haltsangabe der  Schriften  des  N.  T.].  .  .  de  ortu  et  obitu  patrum  librum 
unum.  .  .  ad  germanum  suum  Fulgentium  episcopum  astigitanum  oifi- 
ciorum  libros  II  (liturgisch).  . .  synonymorum  libros  II  (s.  soliloquia,  vgl. 
A.  4).  .  .  de  natura  rerum  ad  Sisebutum  regem  librum  unum,  in  quo  tarn 
de  ecclesiasticorum  dpctorum  quam  etiam  de  philosophorum  indaginc 
obscura  quaedam  de  elementis  absolvit  (s.  A.  6).  de  numeris  librum  I  (vgl. 
M.  Cantor,  mathemat.  Beiträge  zum  Culturleben,  1863,  S.  277  f.).  .  .  de 
nominibuB  legis  et  evangeliorum  librum  I.  .  .  de  haeresibus  librum  I. 
. .  sententiarum  libros  III,  qnos  floribus  ex  libris  papae  Gregorii  moralibuF 
decoravit.  chronicorum  a  principio  mundi  usque  ad  tempus  suum  librum  I 
(s.  A.  5).  .  .  contra  Indaeos  postulante  Florentina  germana  sua  .  .  libroA 
II.  .  .  de  viris  illustribns  librum  unum,  cui  nos  ista  sabinnximus  (s.  A.  5). 
monasticae  regulae  libr.  I.  .  .  de  origine  Gothorum  et  regno  Suevorum 
et  Wandalorum  historia  librum  I  (ed.  1601,  p.  398—404).  quaestionum  libros 
II.  .  .  etymologiarum  codicem  nimia  magnitudine,  distinctum  ab  eo  titulis, 
non  libris.  quem  quia  rogatu  meo  fecit,  quamvis  imperfectum  ipse  reli- 
querit,  ego  in  XX  libros  divisi.  . .  ibi  redundans  diversarum  artium  ele- 
gantia,  ibi  quaecnnqne  fere  sciri  debentur  restricta  collegit  (s.  A.  7). 
sunt  et  ab'a  huius  viri  multa  opuscula  et  in  ecdesia  dei  multo  cum  oma- 
mento  inscripta.  quem  deus  post  tot  defectus  Hispaniae  novissimis  tem- 
poribus suscitans,  credo  ad  restauranda  antiquorum  monumenta,  ne  usque - 
quaque  rusticitate  veterasceremus,  quasi  quandam  apposuit  destinam.  . .  quo 


1030  t^ie  Kaiserzeit.     Ana  dem  aiebenten  Jahrhundert. 

vero  fiumiDe  eloqaenidae  . .  Acephalitarum  haeresim  confoderit  synodalia 
gesia  coram  eo  Hispali  acta  declarant.  .  .  obiit  temporibus  Heraclii  im- 
peratoriB  (J.  610—641)  et  christianisaimi  Chintilani  regia.  ÜdefoDs.  vir.  ill. 
9  (Isid.  opp.,  Paris.  1601,  p.  737):  floruit  temporibus  Reccaredi,  Liwanis, 
Witterici,  Gundemari,  Sisebathi,  Suinthilani  et  Sisenandi  regmn,  annis  fere 
XL  teuens  pontificatus  honorem. 

4.  Die  Aufzählung  der  Schritten  des  Is.  durch  Braulio  (A.  .3)  scheint  in 
der  Hauptsache  chronologisch  zu  sein;  wenigstens  stehen  die  unvollendeten 
Etymologiae  (oder  Origines)  am  Schlüsse,  und  nach  Fächern  ist  sie  nicht 
geordnet.  Die  Gesammtausgabe  Paris.  1601  fol.  enthält  ausserdem  an  oben 
nicht  aufgezählten  Schriften :  de  contemptu  mundi,  Norma  vivendi,  Ezhor- 
tatio  poenitendi,  nebst  einem  Lamentum  poenitentiae  (vgl.  Udef.  ill.  9: 
librum  lamentationis,  quem  ipse  Synonymorum  vocavit)  in  6zeiligen  alpha- 
betisch angelegten  Strophen  mit  absteigendem  Rhythmus.  Es  beginnt: 
Audi,  Christe,  tristem  fletura  amarumque  canticum,  und  schliesst:  Gloriam 
iam  vfgil  eänam  alphabetum  finiens,  tibi  patri  filioque,  inclito  paraclito, 
cui  laus  (^rit  et  potestas  pär  aeterna  saecula.  Ausserdem  Commentare  zum 
A.  T.  (ed.  1601  p.  413—615),  eine  allegorische  Erklärung  desselben  (ib.  p. 
615-525)  u.  A. 

5.  Die  Chronik  (ed.  1601,  p.  374—397)  schliesst  sich  nach  der  praef. 
an  Julius  Africanu«,  Eusebius  Hierouymus  und  Victor  Tunn.  (oben  452,  3  f.) 
an.  .  .  horum  nos  temponim  summam  ab  exordio  mundi  usque  ad  Aug. 
lleraclii  et  Sisebuti  Gothorum  regis  principatum  quanta  potuimus  brevi- 
täte  notavimus,  adicientes  e  latere  descendentem  lineam  temporum,  cuiud 
indicio  summa  praeteriti  saeculi  cognoscatur.  Die  Eintheilung  nach  sechs 
Weltaltern,  entsprechend  den  sechs  Schöpfungstagen,  ist  eine  Erfindung 
des  Is.  Die  Forteetzung  von  Gennadius  viri  ill.  in  33  Capp.  gedruckt  auch 
in  den  Gesammtausgaben  de  ill.  eccles.  scriptoribus  (oben  439,  12).  W. 
Wkttenbach,  deutsche  Geschichtsquellen*  S.  62—64. 

6.  Die  Schrift  de  natura  rerum  (vgl.  A.  3)  will  expedire  .  .  rationem 
dierum  ac  mensium,  anni  quoque  metas,  .  .  solis  denique  ac  lunae  cursus, 
.  .  tempestatum  signa  atque  . .  terrae  positionem  alteruosque  maris  aestus. 
Also  ein  Handbuch  des  Wissens  würdigsten  aus  der  Naturlehre,  quae  omnia 
secuudum  id  quod  a  veteribu»  viris  (bes.  Sueton  in  den  Prata,  auch  So- 
linus  und  vielleicht  Hyginus)  ac  maxime  sicut  in  litteris  catholicorum  vi- 
rorum  (des  Ambrosius  u.  Augustin)  scripta  sunt  proferentes  etc.  Vgl.  G. 
Beckers  Prolegg.  p.  VI— XXIII.  Sie  wurde  im  Mittelalter  viel  gelesen 
und  abgeschrieben,  auch  stark  ausgebeutet.  Vgl.  G.  Becker  p.  XXI II 
—XXXIX.  Gedruckt  steht  sie  in  allen  Ausgaben,  z.  B.  in  der  ed.  Paris. 
1601  p.  354—373.    Recensuit  G.  Becker^  Berol.  1857. 

7.  Correspondenz  des  Is.  mit  seinem  Freunde  Braulio  (A.  2  f.)  wegen 
der  Origines.  Ep.  5:  codicem  etymologiarum  cum  aliis  codicibus  de  iÜnere 
transmisi  et  licet  inemendatum  prae  valitudine  tibi  tarnen  modo  ad  emen- 
dandum  studueram  offene.  Ep.  6:  en  tibi,  sicut  pollicitus  snm,  misi  opus 
de  origine  quarundam  rerum  ex  veteris  lectionis  recordatione  coUectum 
atque  ita  in  quibusdam  annotatum  sicut  extat  conscriptum  stilo  maiorom 
(also  wörtlich  ausgeschrieben).  Folgt  eine  Inhaltsübersicht.  Die  vier  entea 
Bücher  enthalten  die  artes  liberales,  B.  V  Rechtliches,  VI  Antiquariaehet 


^wa£i 


459  f.     Isidorus.    Aldhelmus.  1031 

über  das  A.  T.;  VII  ChrisUiches;  VIII  Beiigionsgeschichtlichcs;  IX  beginnt 
das  S]f>rachUcbe,  das  bis  za  Ende  (B.  XX)  reicht,  ausser  dein  alphabetisch 
angelegten  B.  X  sonst  in  einer  Sachordniing  wie  bei  Nonius  Marcellas. 
Auch  diese  Encjclopädie  ist  vorzugsweise  aus  Sueton*s  Prata  entnommen, 
ohne  Kritik  und  so  dass  die  von  Sueton  genannten  Schriftsteller  bald  mit 
abgeschrieben  werden  (wie  bes.  Varro,  s.  oben  157,  1)  bald  ihre  Namen 
durch  unbestimmte  Wendungen  (wie  gentiles,  veteres,  philosophi)  ersetzt. 
Reifferscheid,  SuetOn.  reliqq.  p.  420—433.  476  f.,  vgl.  p.  429  (ueglegentis- 
simus  breviator).  431  (diversissimas  res  diversissimosque  auctores  confun- 
dere  solet).  444  f.  447.  449.  454.  Abdruck  derselben  Augsburg  1472  fol.; 
cum  schoHis  B.  Vulcanii  (Basil.  1577),  zuletzt  von  F.  W.  Otto  in  Linde- 
manns corpus  gramm.  latt.  III  (Lips.  1833.  4.),  besser  aber  in  Arevali*6 
Ausg.  (A.  8)  T.  III.  IV.  Die  auf  die  Rhetorik  bezüglichen  Abschnitte  (aus 
B.  II)  am  besten  in  Halmes  rhetores  latt.  min.  p.  505—522,  vgl.  p.  XIII. 

8.  Gesammtausgaben :  Paris.  1580  (studio  Marg.  de  la  Bigne).  fol. 
Cum  notis  J.  B.  Perez  et  J.  Grial,  Madriti  1599  fol.  u.  1778,  2  Voll.  fol. 
Emendata  per  fratr.  Jacobum  du  Breul,  Paris  1601  fol.  Colon.  1617  fol. 
Hauptausgabe  von  Faust.  Arevalus,  Rom.  1797 -—1803.  7  Voll.  4.,  abge- 
druckt in  Migne*s  patrol.  LXXXI— LXXXIV. 

460»  Schliesslich  seien  aus  dem  Ende  des  siebenten  und 
der  ersten  Hälfte  des  achten  Jahrh.  noch  erwähnt  einige  eng- 
lische Geistliche  welche  sich  um  die  alte  Literatur  in  ihrer  Weise 
Verdienste  erwarben.  So  der  Metriker  Aldhelmus  und  der  nach 
dem  Massstab  seiner  Zeit  gelehrte  Mönch  und  Polyhistor  Be da 
(venerabilis),  sowie  die  beiden  Erzbischöfe  Tatuinus  und  Boni- 
facius,  von  welchen  wir  neben  Anderem  auch  grammatische 
Schriften  besitzen. 

1.  Aldhelmus,  Abt  zu  Malmesbury  seit  675,  f  709  als  Bischof  zu 
Sherburn  (Salisbury).  Von  ihm  haben  wir  eine  Anzahl  Räthsel  im  Hexa- 
meter (gedruckt  in  der  Bibl.  patr.  III,  wozu  noch  Nachträge  aus  Berner 
und  Wiener  Hdss.),  welche  ihm  Anlass  geben  die  Regeln  über  das  heroische 
Versmass  in  dialogischer  Form  vorauszuschicken  (zum  Theil  in  wörtlicher 
Uebereinstimmung  mit  dem  sog.  Maximus  Victorinus)  und  daran  eine  Ueber- 
sicht  der  sämmtlichen  metrischen  Füsse  mit  Beispielen  aus  den  verschie- 
denen Wortclassen  anzureihen.  Dieser  Theil  ist  zuerst  herausgegeben  von 
A.  Mai  (Class.  auct.  e  vat.  codd.  editi,  T.  V.  1833.  p.  501—599)  unter  dem 
Titel :  S.  Aldhelmi  de  septenario  (d.  i.  die  Siebenzahl)  et  de  re  grammatica 
ac  metrica  ad  Acircium  regem,  sowie  (mit  den  Bäthseln)  verbessert  nach 
einem  cod.  Paris,  in  Aldhelmi  opera  ed.  I.  A.  Giles  (Oxon.  1844)  p.  216 
—329,  unter  dem  Titel:  Epistola  ad  Acircium,  sive  liber  de  septenario  et 
de  metris,  aenigmatibus  ac  pedum  regulis.  Aldhelmus  erwähnt  auch  (p. 
540  Mai)  das  sechste  Buch  seiner  Schrift  de  nomine.  Ausserdem  de  laudi- 
bus  virginitatis  (virginum)  sowohl  in  Prosa  als  in  Hexametern  (letztere  mit 
akrostichischer  praefatio  ad  Maximam  abbatissam),  sowie  (gleichfalls  im 
epischen  Masse)  De  VIII  principalibus  vitiis.    Seine  Verse  zeigen  Studium 


1032  I^iß  Kaißerzeit.     Aus  dem  achten  Jahrhundert. 

des  Sedulius,  der  Inhalt  Benützung  des  Sueton  (Prata)  und  des  Solinus. 
Reifferscheid,  Suet.  reliqq.  p.  449  f.  Mommsen,  Solin.  p.  XXXV.  J.  Caesar 
in  Paulj*8  Real-Enc.  I,  1.  S.  689.  H.  Keil^  de  gramm.  inf.  a«t.  p.  6  (not. 
2).    Abdruck  von  Giles'  Ausg.  in  Migne's  patrol.  LXXXIX.  p.  64 — 314. 

2.  Beda  geb.  um  672  in  Northumberland,  Presbyter  702,  f  785. 
Zahlreiche  Schriften  (ed.  Colon.  1688,  8  partes  fol.;  ed.  J.  A.  Giles,  Lon- 
don 1843  f.  12  Bde.,  in  Migne's  patrolog.  1860  f.  T.  XC  —  XCV).  In  ge- 
bundener Form  Darstellungen  der  Geschichte  von  HeiUgen  und  Märtyrern 
in  Jamben  und  Hexametern,  u.  A.  von  zum  Theil  zweifelhafter  Urheber- 
schaft;. Unter  den  geschichtlichen  bes.  seine  historia  ecclesiastica  gentis 
Anglorum  in  fünf  Büchern  und  Chronicon  s.  de  VI  huius  saeculi  aetatibus 
(von  Erschaffung  der  Welt  bis  J.  726),  beide  auch  in  den  Monomenta  hi- 
storica  britannica  by  Petrie  and  Sharpe  (London  1848.  fol.)  p.  83—289. 
Ueber  seine  chronologischen  Angaben  vgl.  G.  Oppert  in  Fleckeisens  Jahrbb. 
91,  S.  822  ff.  Grammatische  Schriften  bes.  De  orthographia  (Usener,  Rhein. 
Mus.  XXIY.  S.  HO  ff.),  De  VIII  partibus  orationis,  Cunabula  grammaticae 
artis  Donati  restituta,  De  schematibus  et  tropis  (in  Halms  rhett.  latt.  min. 
p.  607  —  618  vgL  p.  XV),  De  metrica  ratione  u.  A.  aus  älteren  Quellen. 
Mathematische  (De  arithmeticis  numeris,  De  diviaionibus  temporum  u.  A.) ; 
s.  M.  Cantor,  mathemat.  Beiträge  zum  Culturleben  (1863)  S.  279  ff.  Sehr 
viele  theologische,  exegetischeu  imd  dogmatischen  Inhalts,  sowie  Predigten. 
H.  Gehle,  de  Bedae  Venerabilis  presb.  anglo-saxonis  vita  et  scriptis  disp. 
historico-theologica,  Lugd.  Bat  1838.  113  pp. 

3.  Tatuinus,  angelsächsischer  Benedictiner  im  Kloster  Bruidune  in 
Mercia,  zuletzt  (J.  731)  Erzbischöf  von  Canterbury  (vgl.  Beda  bist.  eccl. 
Angl.  V,  23),  t  731,  Verfasser  einer  Grammatik  (de  VIII  partibus  orationis) 
nach  Donat  und  dessen  Commentatoren ;  s.  A.  Wilmanns,  Rhein.  Mus. 
XXIII.  S.  398—401.  Auch  Räthsel  und  andere  Gedichte  sind  von  ihm  er- 
halten.   L.  Müller  in  Fleckeisen's  Jahrbb.  93,  S.  566. 

4.  Bonifacius  (ursprünglich  Winfrid),  geb.  683  zu  Kirton  in  De- 
vonshire,  Benedictiner,  der  bekannte  Apostel  der  Deutschen,  zuletzt  Erz- 
bischof von  Mainz  J.  746  —  755.  Ausser  Zweifelhaftem  (vita  s.  Laevini) 
haben  wir  von  ihm  besonders  Briefe  (s.  B.  et  ad  eum  scriptae  epistolae 
CLVI),  abgedruckt  cum  notis  (a  N.  Serario),  Mogunt.  1605. 1629.  4.;  in  der 
bibl.  patr.  max.  XIII;  bei  Migne  patrol.  LXXXIX.  Ordine  chronol.  dispo- 
sitae,  uotis  etc.  illustr.  a  St.  AI.  Wurdtwein  (Mainz  1789).  Dazu  das  Schul 
buch  de  VIII  partibus  orationis,  aus  cod.  palat.  1746  herausgeg.  von  A. 
Mai  (class.  auct.  VII.  p.  475  ff.).  Vgl.  H.  Keil,  de  gramm.  inf.  aet  (1868) 
p.  6:  simpliciter  et  sine  ulla  reconditioris  doctrinae  specie,  sicut  usus  dis- 
centium  requirebat,  scriptus,  in  quo  non  solum  Donati  Ars  et  commentarii 
in  Donatum  tum  vulgo  usurpati  sed  aliorum  etiam  grammaticorum  libri 
adhibiti,  e  Charisii  vero  libris  complura  descripta  sunt.  Einiges  Metrische 
aus  derselben  Hds.  veröffentlicht  von  A.  Wilmanns,  Rhein.  Mus.  XXllI. 
S.  403—405.  Opera  quae  extant  omnia  ed.  J.  A.  Giles,  2  Voll.  London 
1844;  bei  Migne  patrol.  LXXXIX.  p.  598—891. 


Alphabetisches   Register. 

Die  Zahlen  vor  einem  Komm»  und  2^hlen  ohne  Komm»  beseiohnen  die  Numer  des 
Textet  (Paragraphen);  die  Zahlen  naoh  einem  Komma  beliehen  sich  auf  die  Anmerkungen. 


üb  actiA  senatus  203,  1. 
abecedarii  hymni  414,  8. 
Absyrtus  405,  11. 
Aburniiis  Valens  327,  5. 
Academica  des  Citpro  173, 
,  7.  des  Aiigiistiii  414,  5. 
Acclus,  L.  119. 
Achilleis  des  Statius  303, 4. 
Achilles  in  pai'theiioiu'375, 

8. 
Acholiiis  364,  1. 
Acilia  und  Acilius  Lncaiins 

280,  13. 
Acilius,  C.  11«,  1. 
Aconia  403,  1. 
Acro  223,  3.  352,  1. 
acrosücha  29,  6. 
acta    diurna    oder    popnli 

203,2. 
acta  fratrumat'VHrnini55, 2. 
acta  senatus  203,  1. 
Acte(Eintheilung  in)  16,5. 
actiacum  bellum,  Epos  236, 

9. 
actibus  apost.  (de)  456,  2  f. 
actiones  78,  3.    V^gl.  legt» 

actiones. 

actio  Rutiliana  136,  1. 
actorcs  comoediarnni  15, 1. 

16,  3  u.  9. 
actores  secundaruni  8,  5. 
actores  tragoediarunn  13,4. 
Actoriiis  Naso  199,  8. 
actuarii  36,  7. 
Acnleo  141,  4. 
AdamantiusMariyrins  442, 

9. 
Adannnus  442,  11. 
Adelphi  des  Terenz  99.  6. 
Admirnnda  des  Cicero  175, 

6. 
Aebutius  Liber^iUä  273,  4 

vffl.  280,  11. 
AeTianus  Tact.  321,  7. 


Aelius  Cordus  358,  6  K. 
Aelins  Douatus  385. 
Aelins  Gallus  249,  1. 
Aelius  Lampridius  378,  4. 
Aeliui}  Marcianus  356,  2. 
Aelius  Melissus  329,  3 
Aelius  Paetus  (P.)   114,  1. 
Aelius  Paetub  (Sex.)  114,2. 
Aelius  Sabinus  358.  7. 
Aelius  Saturninus  258,  2. 
Aelius  Serenianus  S53,  5. 
Aelius   Spartianus   370,  4 

u.  5. 
Aelius  Siilo  137,  1—3. 
Aelius  Tubero  134,  2. 
Aelius  Tubero  (L.)  159,  7. 
Aelius  Tubero  (Q.)  195,  1. 
Aelins  Verns  331,  2. 
Aemilia  Pudentilla  344,  3. 
Aemilianus(Palladins)386. 
Aemilianus  Strabo  344,  3. 
AemHius  Asper  310,  3. 
Aemilius  Lepidiis  Porcina 

(M.)  127,  5. 
Aemilius  Macer  209,  6 — 9. 

Jurist  356,  3. 
Aemilius  Papinianus  348. 
Aemilius  Parthenianus3^8, 

8. 

Aemilius  Paulus  (L.)  112,8. 
Aemilius  Probus  18&,  6. 
Aemilius  Scannis  (M.)  131, 

10.    Sein  Urenkel  (Mam.) 

260,  2. 

Aemilius  Severianus  8,  1. 
Aemilius  Sur.i  261,  5. 
Aeneaden  214,  A.  5. 
Aeneas  214,  A.  5. 
Aeneis  des  Vergil  214. 
aenigmata  29,  4. 
Aeserninus  243,  7.  251,8. 
Aesopische  Fabeln  23.  2. 
Acsopns  Mimograph  8,  1. 
Aesopus,  Schauspieler  13, 

4. 
aestuaria  154,  6,  c. 


Aethicus  Ister  50. 

Aetia  des  Varro  154,  4,  f. 

Actius  434,  3  f.  13. 

Aetna  290. 

Afranius,  L.  121  vgl,  135. 

Hi'ricanisclie    Latinität    S. 

711.  330,  4.  341.  6  g.  K. 

vgl.  441,  7, 
africanische   Redncrschnle 

37  g.  E. 
africanum    bellum   184.  3. 
Africanus,  der  ältere,  46, 1. 

112,5.  dessenSohn  116,3. 
Africanus,  der  jüngere  127, 

1.  vgl.   132,  3. 
Africanus,  s.  Julius,  Cae- 

cilius. 
Agorius  s.  Vettius. 
agraria  de  lege  166,   16  — 

18. 
AgricoladesTacitus  316,2. 
agrimensores  48. 
Agrippa  207,  7. 
Agrippiua  270,  5. 
Agroccius  391,  3. 
Aietius  Pastor  252,  6. 
Akademie,  alte  und  neue. 

in  Rom  40.    Einfluss  auf 

Beredtsamkeit  40,  3. 
Akrosticha  29,  5. 
akrostichische    argumenta 

zu  Plautus  88,  2. 
Albinovanus  s.  Celsus  und 

Pedo. 
Albinus    360,  10.   404,  4. 

Metriker   381,  5.     Auch^ 

s.  Clodius  und  Postumius.* 
Albins  Tibullus  229. 
Albucius,   L.  179,  1.     T. 

136,  4. 
Albucius  Silus  262,  4. 
Alchemie  882,  3  g.  K. 
Alcimus  391,  3. 
Aldhelmus  460,  1. 
AlexanderPolyhi8torl48,l. 
Alexander  Severus  353,  5. 


1034 


Alphabetisches  Register. 


Alexnndri  itinerarium  387, 

4. 
alexanilriuiim  bellum  184, 

3. 
Alexis  211.  2. 
Alfenus  Vanis  195,  2  vgl. 

210.  3. 
AI  flu  8    (Alphius)     A  Vit  US 

360,  1. 

AlHu8Flavu8  238.2.  252,9. 
Alliteration  S.  106. 
Alphabet  (lafeinibciies)  S. 

106  f. 
Alphius  8.  Alfius. 
Alpinus  179,  5  g.  R. 
Alterthumsforschuiig     bei 

tien  Römern  34. 
Amafinius  160,  1. 
Amazonis  227.  S. 
Ambivius,  M.  147,  4. 
Ambrosius  407. 
Ammianu8Marcelliuus402, 

5—10. 
ainöbSische  Form  3,  2. 
Amoenus  444,  2. 
A  mores  des  Ovid  232,  1  f. 
Ampelius  337,  1—3. 
Amphitruo  des  Plauiiis  85, 

1. 
Ampi  US  Baibus   199,  7. 
Anakreonteen  431,  5. 
analogia  (de)  von  Caesar 

182,  4. 
Anastasius  409,  10.     Pa- 

negyrikus  auf  A.  449,  7. 
Anatoiins  455,  6. 
Andria  des  Teren«  99,  1. 
Andronicns,  Livius  82. 
Andionieus,  Pompiliusl46, 

6. 
Anecdotn  des  Cicero  175,5. 
Anccdotum  Parisinum283, 

3. 

Auianus  417,  3.  455,  2. 
Anicins  Inlianus  400,  1. 
Anicius  Probus  394.  4. 
Annaeus  Cornutus  282,  2. 
Annaeus  Luranus  286. 
Annneus  Mela  253,  2. 
Annaeus  Novatus   252,  7. 
,  An  naeiis  Sencca,  Vater  253; 

Sobn  271—274. 
Annaeos  Screnus  271,  2. 

273,  4. 
nnnaies  32, 1.  annales  pon- 

tificnm  66.    annnies  ma- 

ximi   66,   1 — 5.    annales 

des  Enniiis  90.   des  Taci- 

tu8  316,  5. 
aunaÜs    des   Attiens    159, 

1,  h. 


Annalisten  32.    66,  5. 
Annianus  331,  3. 
Annius  Cimber  196,  10. 
Annius  Feiialis  243,  8. 
Annius  Florus  318,  7. 
Annius  Luscus  131,  6. 
Anonymus  Norbianus  388, 

2  (HI). 
Anonymus  Valesii  402,  11. 
Anser  228,  1. 
Anthfdius  436,  4. 
Anthianus  356,  6. 
Anthologia  latiBa  26.  2. 
Anthologie,  erotische  26. 1. 
Antias  (Valerius)    142,  3. 
Anticato  des  Caesar  182,  7. 
Antiochius  417.  6. 
Antiochus  144,  2  E.    158. 

6.  —  432,  1. 
Antipater,  Cadius  1^2,  4. 
Antipater  aus  Tarsos  134, 

1.    Gallus  864,  8. 
antiquitatumlibridesVarro 

154.  4.  vgl.  244.  5. 
Antistius  Capella  347,  1. 
Antistius  Labeo  249.  2  f. 
Antistius,  P.  140,  4. 
Antistius  Sosiaiius  27,  2. 
Antonini  itinerarium  387,2. 
Antoninus  Aquila  343,  6. 
Antouiuus  philosophus342. 
Antoninus  Pius  332,  1  f. 
Antonius  (Redner)  400.2. 
Antonius  Castor  267,  2. 
Antonius'  Gnipho  146,  5. 
Antonius  Inlianus  828,  1. 
Antonius,  luius  28,  1  vgl. 

247,  2. 

Antonius  Liberalis  280, 11. 
Antonius,  M.    drr  Redner 

139  mit  A.  1  f. 
Antonius,  M.  der  Triumvir 

196,  3. 
Antonius  Musa  247,  12. 
Antonius  Rnfus  238.  5. 
ApelYes  432.  1. 
Aper,  M.  297.^. 
Aphthonins  384,  3. 
Apicius  267,  4. 
Apingius  458,  11. 
Apocolocyntosis    des   Se- 

neca  273,  6. 
Apollinaris  310,4.  Vgl.  SuU 

picius  und  Sidonius. 
Apollodorus    Pergamenus 

36,  8.  Vgl.  225,  3. 
A  polloniense  monumentura 

207,  4. 
ApolloninsChaIced.  336,2. 
Apollonius   Dyso.  342,  8. 

Tyauens  344,  3. 


apologeticum    des  Terdil- 

liau  351,  4. 
apologeticum   carmen  des 

Commodianus  361,  3. 
.Apoiogiades  Apulrjus  345, 

1. 
Apophthegmata    des  Cae- 
sar 182,  5. 
Appiaous  334,  3. 
Apuleius,  L.   146,  1. 
Apulciusaus  Madauni.S44r. 
Apulehis  minor  346.  10. 
Apuleius  Satiirniuns  135,7. 
Aquae  apoUinares  387.  5. 
Aquila  178,  4.  353,  7.  Jm 

rist  356,  5.  Aq.  Romaiiu^ 

365.  Vgl.  Anioninns. 
Aquiltus,   Palliaten^iclitfr 

96,  3. 
Aquilius    Gallus    161  ntit 

A.  1. 
Aquilius   Regiilus  308,  3. 
Aquilius  SevtTus  396,  7. 
A  quin  US   198,  5.   Vgl.  In- 

lius. 
aquis  (de)  von    Frontimis 

309,  6. 

Aradius  Rnfinns  397,  3. 
Aratea  des  Cicero  176,  2: 

des  GermanicMs  250, 60* : 

des  Avienus  394,  2. 
Arator  456,  1—3. 
Arbiter  288,  6. 
arboribus    (de)     von    Co 

lumella  277,  3. 
Arborius  391,  5. 
Arbronius  Silo  8,  1.  25^, 

2  E. 
Arcadius  Cliarisins  380, 1 
Archelaus,  Laclius  117,  4. 
Archia,  pro   166,  26- 
nrchimimae  8,  5. 
archimimiis  8^  1  n.  5. 
Archippus  311,  7. 
Arcliitectur  47. 
Andea  59,  4. 
Arellius  Fuscns  252,  S. 
Argentarius  252,  6  R. 
Argonautica     de:s     Varro 

Atacinus  198,  1:  des  V>- 

lerius  Flaccus  299. 
Argumenta  tn  den  plan- 

tintschen  8türkeii  88, 1 
Aristides  330,  1.  342,  9. 
Aristius  Fuscns  226,  1. 
armenischer  EnsebinsIfA 

8. 

Armillatus  308,  5. 
A  rn  obi  us  373;  tMiior  419,  t 
Arrianiis  21S«  A.  9  B.  Jl* 

comed.  884,  4. 


Alphabetisch  es  R<?gi8ter. 


1035 


Arrianus  (Matiinis  und  Se- 

vfriis)  319,8. 
Arrins  Antoniniis  306,  4. 
Arrius  Meiiander  349,  4. 
Anuntins,  L.  194,  7.  243, 

7.  vgl.  262,  4. 
Arnintius  Olsus  835,  3. 
Amintins  Stella  305.  1. 
arg  araatoria  des  Ovid  232, 

5  vgl.  231,  3. 
ars  Donaii  385,  2. 
ars  poetica  des  Horaz  222,4. 
artes  liberales  154,  6,  a. 
Artorius  Ppocuhis  247,  5. 
aruales  fraires  55  ii.  55,  1. 
Arulenus  RusUcus  311,  2. 
Arusianus  401,  4. 
ArziieimUtellehren  45. 
Ärzte  in  Rom  45,  1. 
Asciepiodotiis  370,  8. 
Asconiiis  278  vgl.  211,  3 

-,  E.  214,  6.  Sein  Sohn 

302.  3  K. 
A8ellio,Sempronins  1.32, 6. 
Asellius  Sabinus  258,  1. 
asianisc'he     Beredtsamkeil 

36. 
Asinaria  des  PlantuH85,  2. 
Asinins  Cornelins  29,  2. 
Asinins  tiallns  260,  3. 
Asinin»  Polüo  208  mit  A. 

1—4. 
Asinius  PoHio  aus  Trailcs 

208,  A.  2  b. 
Asinius  Qüadratiis  358,  2. 
Asklepiades     aus     KInzu- 

menfi  205,  3. 
Asklepiades  aus  Pin>&  45, 

1;  vgl.  205,  13. 
Asmonius  881,  6. 
Asper  450,  4. 
Asper  (Aemilius)  810,  3. 
aspiratione  (de)  442,  5. 
Asprenas  und  Aspicnaics 

251,  2.  252.   10. 
asse  (de)  321,  5. 
Asterts  305,   1. 
Asierins  443,  5. 
astris,  de  von  Caesar  182, 6. 
Astrologie  42.  • 

Astronomie    bei   den   Rö- 
mern 42  und  42,  1. 
astronomia    des    Hyginns 

246,  6. 
astronomica  des   Manilius 

237.  2—7. 
Astyanax  364,  5. 
Atacinus  (Varro)  198,  1. 
Atel  US  Gapito  249,  4. 
Ateius,  G.  161,  5. 
Ateins  Philologus  197,  1. 


Ateius  Sanctns  347,  1. 
Atellanae  9  t.  6,  4. 
Aterianns  866,  6. 
Atherianus  364,  4.  366,  6. 
AtlUrinus  281,  5.    . 
AtiliuB  Caiatinus  73,  3. 
Atilius  Fortnnattanus  357, 

8  f. 

Atilius,  L.,  Jurist  114,  4. 
Atilius,       Palliatcndichter 

96,  2. 

Atralinus  196,  8. 
Atta,  8.  Qnintius. 
Atialus  266,  5. 
Atiicus,  T.Pomponius  159 

mit  A.  1.    Ciceros  Briefe 

an  ihn  171,  2. 
Attieus  Mimograph  8,  1. 
Atticus  des  Ovid   231,  2. 
Aiiicns  (Herodes)  334,  2. 
atiiiiche  ßeredtsamkctt  36. 

v-l.  S.  220.  224. 
Atiins,  L.  119. 
Atiius  (Labeo)  291,  3. 
Attius    Palera    und    Tiro 

Delphldius  377,  8. 
auctoritns  prudeiitum  38. 
Andax  384, 4. 420,7.450,6. 
Anfldia  208,  6  E. 
Anfldlus,  Cn.  142,  1. 
Aufldius  Bassus  261,  2. 
Aufldius  Chins  310.  1. 
Autldins  Fronto  343,  2. 
AuAdiu«  Namosa    161,  6. 
Aufldins  Victorinus  .343,  2. 
Aufschriften     auf    Weih- 
geschenken u.  s.  w.  73. 
.Augenärzte  45,  1. 
Anguralschriftstcller    186, 

10  ff. 
au$2:unis,    de   von    Cicero 

173.  20. 
Angurinns    (Sontius   oder 

Serius)  314,  6. 
ani^ustae    bist,    scriptores 

370. 

Augusteische  Zeit  206. 
Augustinus  414. 
Augustodunnm  369,  8. 
Augnstus  207,  1  —  6  vgl. 

S.    373.    Verhältniss    zu 

lloraz  224,  3. 
Auiauus422;  novus  422,5. 
Anienus  394. 
Auitus  437,  2.  4.  444,9; 

nnch  s.  Alflus. 
Aulularia  des  Plautus 86, 3. 
Aurelianns,  s.  Caelius. 
Aurelius  427,  2. 
Aurelins,  M.  342. 
Aurelius  Apollinaris362, 3. 


Aurelins  Augustinus  414. 
Aurelius  Charisius  880,  2. 
Aurelius  Gotta  140,  4. 
Aurelius    Cotta    Maximus 
261,  6. 

Aurelius  Festivus  364,  10. 
Aurelius  Opilins  146,  4. 
Aurelius Pbilippus  367,10. 
Aurelius  Scauinia   135,  7. 
Aurelius  Victor  389,  1. 
Ausonius  395. 
Ansptcius  444,  1. 
Authenticum  89  E.  455.  9. 
Autobiographen  32,  6. 
Auxanius  436,  11-1 
axamenta  54. 


Babrios  23. 

Bacc^hide8de8plantiis85,9. 
Baebius,  C.  150,  5.' 
Baebius  Macrianus  357, 10. 
Baebius  Massa  308,  4. 
Balbinus  s.  C^eliuK. 
Balbo,  pro  166,  36. 
ßalbns,  s.  Ampins,   C«)r- 

nelius. 
Baibus  mensor  321,  3  f. 
Balista  215.  1,  A.  1. 
Bandusia  218,  5  a.  K. 
Barea  Soranus  282,  8. 
basis  capitolina  330,  5. 
Bassnius  314,  8. 
Bassus  238,  4.  306,2.  378, 

2.  379,2.  Vgl.  Aufidiiis, 

lulius,  (jHvius,  Saleius. 
Batrachus  403,  2. 
Battarns  187,  2. 
Bavius  228,  3. 
Beda  (Venerabilis)  460,  2. 
Beinamen  3,  1. 
Belisarius  schol.  443,  5. 
bellum    civile    des    Lncnn 

286,  9;  bei  Petronins  288, 

3  f. 

Beredtsamkeit  bei  den  Rö- 
mern 36—37.  Vgl.  S. 
219  f.  369.  376. 

Bertechramnus  456,  J2. 

Beschreibungen    im    Epos 

20,  1. 

Beschwörungsformeln   76, 

1. 
Betilienus  160,  3. 
betoniea  (de)  346.  7  b. 
Betutius  140,  7. 
Bibaculus  179,  5. 
Bibliotheken    in   Rom,    S. 

218  u.  373. 


1036 


AlphabeÜBcheB  Regisier. 


Bibulus,  8.  Galpurniiis. 

Biographien  38,  5. 

Bland  US  37, 1  vgl.  250,  10. 

Blossiiis  134y  1. 

Bocchus  276,  4. 

Boeotta  96,  3. 

Boetiiis  447. 

Bonifacius  460,  4. 

Botanik  43  und  43,  1. 

ßraulio  459,  2. 

ßrevianumde8Kiitrop390, 
1—6;  des  Sex.Huriis390, 
7.  Alarici  455,  2. 

Brief,  poetischer  22. 

Briefe  und  Briefsammhiu- 
^eu  33,  3.  204  mit  A. 
i— 3.  Cicero'8l70f.  Cae- 
sar's  182.  8;  von  M. 
Brutus  199.  1;  von  Au- 
gustus  207,  3;  von  Asi- 
nius  Pollio  208,  3;  von 
Vergil21ö,  5,  A.  7;  Ho- 
r«z  222.  223,  2;  Plinins 
317,  5  flf.;  des  Angnstinns 
414,11;  Sidonius437,6f.; 
Leo430,2;  Enüodius448, 
5. 

Briefform  33,  3. 

Bruttidiiis  Niger  260,  6. 

Brutus  von  Cicero  169,  3. 
praetexta  von  Cas.>ins 
199,  4. 

Brutus ,  Bricfweciisel  mit 
Cicero  171,  4. 

Bucco,  9,  3. 

hucolica  26,  1;  des  Ver- 
gil  212. 

Büchleins  141,  4. 

Bühne  in  Born  6.  3. 

Burdigalense  itincrariuui 
387,  3. 

Burgundionum  lex  455,  3. 


Caecilius  200,  3. 
Caecilius  Afric»nu8  338,  3. 
Caecilius  Apuleins  346, 10. 
Caecilius  Epirota  247,  1. 
Caecilius  Metellus  (Q.)  112, 

2.  Celer  201,  2.  Mace- 
^  donicus  127,  7.  Nepo» 
^  204,  3.  Numidicus  135,  3 

vgl.  137,  1. 
Caecilius  Natalis  350,  2. 
Caecilius  Niger  166,  5,  1. 
Caecilius  Seen  nd  US  308, 17. 
Caecilius  Statius  95. 
Caecina,  A.  186,  13. 
Caecina,  pro  166,  13, 


Caelestinus  364,  2. 
Caelestius  417,  2. 
Caelio,  pro  166,  34. 
Caelius  Antipater  132,  4. 
Caeliuß  Aurelianus  330,  4. 
Caelius  Balbinus  360,  7. 
Caelius  Rufus  196,  5. 
Caelius    Sabinus     281,    2 

vgl.  298.  1. 
Caepio  267,  1. 
Caerellius  357,  3. 
Caesar,    C.    lulius    181  — 

183.    Sein   Codiflcations- 

plan  189,  1. 
Caesar,  L.  186,  12. 
Caesarius  439,  2. 
Caesellius  Viiidex  320,  4. 
Caesennitis  247,  10. 
Caesius  198,  5. 
Caesins  Bassus  287,  1 — 3. 
Caesius  Primus  und  Tau- 

rinus*  .375,  4. 
Caesonius  Maximus  271, 1. 

273,  1. 

Calenus  305,  6. 
Calidius,  M.  190,  1. 
Caligula  270.  1. 
Calliopius  86.  98,  2. 
Callistratus  (Jurist)  349,  2. 
Calpurnius  Bibulus  239,'5. 
Calpurnins  Flaccns  328,  8. 
Calpurnius  Piso  (C.)  144, 

3;  unter  Calignia  284, 1; 

unter  Trajan  314,  5. 
Calpurnius  Piso  Frugi  (L.) 

128,  4. 
Calpurnius  Siculus  289. 
Calpurnius  Statura  287, 1. 
Calvisins  Tanrus  336,  6. 
Caivus  s.  Licinius. 
Calvus  343,  10  g.  »E. 
Camerinus  236,  8. 
Camillus  161,  8. 
Campanus  319,  9. 
Caniiiius  Rufus  314.  3. 
Canius  Rufus  306,  2. 
eanticum  im  Mimus  8,  7; 

in   der  Tragödie   13,   4; 

in  der  paliiata  16,  3  f. 
Capeila  238,  3.  Martianns 

423. 
Caper  (Fiavius)  320,  1. 
Capito  252, 10;  s.  Ateius, 

Sinnius,  Titinius. 
Capitolinus     s.    Cornelius 

und  Tulius. 
Capreolus  427,  2. 
Captivi  des  Plautus  85,  4. 
Caraealla  353,  1. 
Carbo  s.  Papirius. 
ctirmen  51,  2.   Carmen  de 


ftguris   237,   8;   de  pon 

deribus  449,8:  de  lil»i-ae 

partibus  449,   10. 
Carmentis  56,   1. 
carmtna  triumphalia  74. 
Cartilin:»  265,  4. 
Carvilitis    (Sp.)    117    iifid 

S.  107. 
Carvilius  Picior  211,  2. 
Carus    bei    Ovid    236.   7. 

bei  Martial  306,  2.  Airli 

8.  Mettios. 
Cascellius  (A.)  189,  4. 
Casina  des  Plautus  85.  6. 
Cassiaui  265,  3  u.  b. 
Cassianus  428,  1—3. 
Casstodorus  451. 
Cassius  Die  358,  1. 
Cassins  Hemina  128,  1. 
Cassius  Lougiuns  199.  .1 
Cassius  Longin  US  265,  3 

vgl.  281.  4. 
Cassius  Parnieusis  199,  4. 
Cassius  Salamis  251,  9. 
Cassius   Severus  251,  11. 
Castalius  453,  2  u.  5. 
Castricius     247.     10.    T. 

328,  2. 
catachannae  323.  3. 
Catalecta    215,    5    uiii  A. 

1—4. 
Catholicades  Probus  283.  «>. 
Cfttilina  des  Sallust  193.2. 
Catilinarisclic    Reden    Ci- 

cero's  166,  20—23. 
Catilius  Severus  353,  5. 
Catius  FrOMto  818,  4. 
Catius  Insut>er   160,  3. 
Cato     8.     Valeriuj*.     Cmi« 

ethicus  110,  6  K. 
Cato  der  ältere  107—111. 

dessen  Sohn  114,  6. 
Cato    maior     des    Cicero 

173,  11. 
Cato     minor     des    Cicero 

167,  6. 
Cato  Uticensis  188.  Schrif 

ten  über  ilin  202,2. 207,3. 
Catullus   201   vgl.  215,  2, 

N.  1.  5,  A.  2. 
Catullus  Mimograph  269,1. 
Catulus  s.  Lutatiu». 
Catnlns  Cinna  336.  2. 
causidici  37,  3  u.  6.  39,1^ 
Ceiouins  lulianiis  378»  % 
Celsus  s.  ArrnnUus,  Cor- 
nelias, luveoiias. 
Celsus  bei  Balbns  381*  S§^ 

E.  Rufus  378,  %. 
Celsus  Albinovanus  22^V^ 
Celsus,  Epikore«-  8SS|  Sl^ 


Alphabetischefi  Regiüter. 


1037 


Censorinus  857,  2  —  7. 
Gentimeter  des  Ps.  Serviiis 

404,  4. 
ceatoncs  29,  3  vgl.  216,  2. 

347,  6.  nuptialis  des  Au- 

soiiius    S.   873.     Andere 

443,  4.  446,  3. 
ceiitunculns  8,  6. 
Cerealis  439,  3. 
Cerinthos  229,  3. 
certamen  albanum,  capito- 

liniim  301,  4. 
Ceiuidius    Scaevola     346, 

1—3. 
Cestius  Pins  252,  6. 
Chaeremon  311,  5. 
Chaicidins  441,  4  u.  5. 
Cliaribert  446,  10. 
Charisius,   Jurist   380,  2. 

(irammatiker  393,  1—5. 
Chilperich  446,  10. 
ChiriuB       Fortunatianus 

401,  5. 
Chor  in  der  röm.  Tragödie 

13,  5.    in  der  röm.   Ko- 
mödie   (palliata)    16,     3 

und  4. 
Chorographia   des    Cicero 

175,  7. 
Chorographia       pÜniana 

295.  7. 
Christenthum  S.  711.  vgl. 

350,  4.  362,  6.  —  S.  828. 
Chi'omutius  409,  11 
chronica  des  Cornelius  Ne- 

pos  185,  3. 
Chronik    des   Hieronymus 

408,  7;  des  Dexier  409. 

9;  Prosper431,  2f.;  Cas- 

siodor  451,  3;    Marcelli- 

nus  u.  A.  452. 
Chroniken      (Stadtchron., 

Haus-  u.  Familienchron.) 

70. 
Chronograph   von   354   n. 

Chr.  388. 
Cicero  S.  219  f.   225.    §. 

162  — 176.    Herausgeber 

des    Lucretius?     191,  2. 

U.  Cicero  177. 
cicerouische  Zeil  S.  216 ff. 
Cicuta  des  Marsus  227,  2. 
Cincius,  L.  Alimenius  106. 
Cincins,     Jurist     106,    4. 

Historiker  239,  10. 
Ciona,  161,  5. 
Cinna,  Helvius  200,  2. 
Ciris  215,  2,  mit  A,  1—4. 
Cistellarift     des      Plautus 

85,  7. 
Citiergesetz  424,  3. 


civile  bellum  Caesars  183, 7. 
civitate  (de)  dei  von  Au- 
gustin 414,  10. 
Claranus  223,  3  (S.  430). 

310.  5. 
Claudia  des  Statius  303,  2. 
Ciaudiauus413;  Mamertus 

438,    3—6;     Fulgentius 

441,  9. 
Claudius  historicus  116, 1; 

Kaiser  270,  2—4. 
Claudius  Agaturrinus  282, 

11. 
Claudius  (Ap.)  131,  2.  — 

186,  10. 
Claudius  (Ap.)  Caecus  80. 
Claudius  Etruscus  303,  2. 
Claudius  Eustlienius  370, 9. 
Claudius  Mamertinus  391, 

7  f. 
Claudius    Marcellus     186, 

10. 
Claudius  Maximus  336,  4. 
Claudius  Pollio  318,  11. 
Claudius       Quadrigarius 

142,  2. 
Claudius  Saturninus  338,6. 
Claudius       Tryphoninus 

349,  3. 
Claudius  Yeuacus  353,  5. 
Cledonius  442,  1. 
Cloatius  Verus  320,  5. 
Clodia  201,  2. 
Clodius  Albinus  353,  3. 
Clodius    Licinus    132,    5. 

243,  6. 
Clodius  Quirinalis  280, 10. 
Clodius  Sabinus  252,  10. 
Clodius,Ser.  137,1. 146,9. 
Clodius,  Sex.  197,  4. 
Clodius  Turrinus  252,   3. 

vgl.  10. 
Clodius  Tuscus  247,  6. 
Clnentio,  pro  166,  15. 
Cluvius  Rufus  296,  2. 
Cocceius     Nerva    265,  2. 

Ülius  281,  3. 
codex     Gregorianus     und 

Hermog.    371.     Theodo- 

sianus  432.   lustininneus 

455,  4  f. 
Codrus  228,  2. 
colLatio  legum  mos.  412.   ' 
collegium*  poelarum  82,  6. 

119,  3. 
coloniarum  libri  321,  4. 
Columella  277.    M.  Coiu- 

mella  277,  1. 
columna  rostrata  73,  a. 
eomici  15,  1. 
Cominianus  381,  1—3. 


Cominius  258,  2. 
commentarii     von     Cicero 

36,  7.  167,  4.   von  Cae- 
sar 183.  von  Gajus  339, 4. 
commentarii  augurum  67,2. 
commentarii       censorum 

68,  3. 
commentarii  consuium    u. 

8.  w.  68,  1. 
commentarii  magistratuuni 

68. 
commentarii  pontificnm  63 

und  68,  1  f. 
commentarii  XVvirum  67, 

4. 

commentarii  regum  62. 
conimentator    Cruqnianus 

223,  3. 
Commentatoren  der  zwölf 

Tafeln  76,  6.  des  Naevins 

83,  8.    des  Plautns  88. 

4—6.  des  Terenz  98,  3. 
Comminianus  381,  1 — 8. 
Commodianus  361. 
Commodus  347,  1. 
commonitorium  des   Vin- 

centius  429;   des  Orien- 

tius  434,  8  f. 
comoedia    12,    1.    15,   1. 

16,  2.  17,  2. 
computus  paschalis  451,  2. 
confessiones  des  Augustiu 

414,  9. 

Consentius  436,  5.  442,  3. 
Consolatio  des  Cicero  173, 

4.     des  Boetius  447,  3  f. 
Consolatio  ad  Liviam  235, 

4  g.  E. 
Constantinus  376,  2.  377, 

If.  Reden  auf  ihn  369,8. 

377,  4-7. 
Constantius,  Reden  auf  ihn 

369,  8. 
Constantius     (Sohn     von 

Constantin)  376,  2.  377, 

1  E. 

Constantius  des   Sidonius 

436,  10.  437.  6. 
Constitutiones  39,  2.  Sir- 

mondi  432,  8. 
consulere  38,  4. 
Consulnverzeichnisse  388, 

2  ni.  440,  5.  451,  3. 
consultatio  433. 
Contamination   16,  8.   83, 

7.   100,  3. 
controversiae   des   Seneca 

253,  4  ff. 
Copa  215,  4  mit  A.  1. 
Corbulo  275,  3. 
Cordus  s.  luoius. 


1038 


Alphftbetischefi  Kegieter. 


Corippus  457,  1 — 3. 
Cornelia  (Briefe)  112,  6. 
Cornelia  iiac     des     Cicero 

167,  1. 
Cornelius,  L.  150,  6. 
Cornelius  Alexander  246, 

1.  Alpinus   179,  5  g.  K. 
Cornelius  Baibus  184,  2; 

minor  196,  4. 
Cornelius  Bocclius  275,  4. 
Cornelius        Capitoliuus 

364,  6. 
Cornelius  Celsus  264. 
Cornelius  Cetliegus  112,3. 
Cornelius.  Cossiis  73,  1. 
Cornelius  Epicadiis  144, 1. 

146,  8. 
Cornelius  Gallus  196,  2.  4. 

217. 

Cornelius  Labeo  247,  7. 
Cornelius    Maxim iis    141, 

4  E. 

Cornelius  Nepos  185. 
Cornelius  Scipio  s.  Scipio. 
Cornelius  Sevenis  236,  5. 
Cornelius  Sisenna  143,  1 T. 
Cornelius  Sulla  144,  A.  1. 
Cornelius  Tacttus  315  t*. 
Cornificia  196.  2. 
Cornificil  149.  4. 
Corniücius  149,  4. 
Corniilcius  Dichter  196,  2. 
Corniticius      Grammatiker 

196.  2  g.  E. 
Coruinus    (Messala)    208, 

6—8. 
Coruueanius,  Ti.  79,  1.  2. 
Cornutus  240,  4.  —  282,2. 
Cornutus  Commentator  des 

Persius  285,  6;   des  Ju- 

venal  313,  7. 
Coronaius  445,  6. 
Cosconius,  C.  135,  1. 
Cosconius,  Q.  97,  6. 146. 7. 
Cotta,  s.  Aurelius  und  Va- 

lerius. 
Crassicius     (L.)    247,    2. 

vgl.  238,  8. 
Crates  133,  3. 
Cremutius  Cordus  261,  1. 
crepidata  14,  2. 
Crescens  336,  9. 
CresconiuB  409,  6. 
Crispinus  (Plotius)  250,  3. 

—  308,  11. 
Crispus  s.  Passienus  und 

Sallustius. 
Crispus,  Sohn  des  K.  Con> 

stantin  374,  1. 
Culex  215,  1  mit  A.  1—5. 
Curculio  des  Plautns  85,5. 


Curiatins  Materniis  300,  1. 
Curionum  farailia  131,  12. 

vgl.  Scribonius. 
Curiosum     urbis     Romae 

387,  7. 
Curius  Foriunaiiauus  358, 

6. 
Curiius  Montanus  287,  5. 
Curiius  Nicias  187,  4. 
Curtius  Riifus  276. 
Curtius  Valerianus  442,  9. 
Cynegetica     des    Gratius 

237,  1;  des  Nemesianas 

363,  1  f. 
Cynihiu    des     Propertius 

230,  1  g.  E. 
Cyiuhius  Cenet.  216,  5  E. 
Cypria   lUas   des   Laevius 

138,  5. 
Cyprianus  359,  1 — 5. 
Cytheris  199,1.  vgl.  217, 1. 


Dagellius  Fuscus  364,  7. 
Damasus  396,  1—3. 
Damatlus  357,  11. 
Daphnis  s.  Lutaüus. 
Dardanus  449,  5. 
Dares  Phrygius  397,  6—9. 
Decianus  311,  4. 
Decius,  P.  131,  5. 
Decius  Traianus  353,  9. 
Declamauon  37  u.  S.  369. 
Declamationes    des    Quiu- 

tUian  307,  11. 
Deiotaro    (pro)    166,   43; 

von  M.  Brutus  199,  1. 
Delia  des  Tibull  229,  2  f. 
Dellius  239,  6. 
Delphidius  377,  8.  391,  3. 
Demetrianus  374,  3. 
Demetrius        (Philosoph) 

282,  7. 
deorum    (de   nalurn)    des 

Cicero,  173,  10. 
deuotiones  205,  12. 
Deuterius  423,  7.  446,  5. 
Dexippus  364,  16. 
Dexter  409,  9. 
dialogt  des  Sencca  273,  4. 
dialogus  des  Tacitus  316, 

1. 
Diana   des   Valerlus  Cato 

187,  1. 
Dictinius  431,  8. 
Dictys  397.  1—5. 
Dicuil  443.  8. 
Didasi'alica  des  L.  Attius 

119,  7. 


Didaskalten  zu  Tereaz  98, 

4. 
Didius  (Epidius.»)  193.  6. 
Didius  luliaiuis  347.  3. 
Dido  an  Aeneas  375^  7. 
dies  fasti  et  nefasti  64, 1. 

77.  3.   78,  2. 
DifTereutiae  sermouuni  324, 

3  g.  E.  vgl.  459,  3. 
Digesta  455.  6  f.    des  Al- 

Cenus  Vaius  195.  2. 
Dikaiarchos  173,  8.  1. 
Diocleiiaous  362.  an  Um 

gerichtete        Geächiditfi- 

werke  370,  4.  sein  ¥Akt 

370,  12. 
Diomedes      Grammatiker 

393.  2  u.  6—10. 
Dionysius  aus  Milel  328, 7. 
Dionysius  (Cassius)  44, 1. 
Dionysius  Cato  110,  6  E. 
Dionys.  perieg.  449.  7. 
Diophanes  44.  1.   130,  3. 

134,  1. 
Dirae  187,  2. 
discipJinaruni      libri     des 

Varro    154,    6,    a. ;   dn 

Augustiu  414,  7. 
diverbium  13,4.  16,3. 
Divinatio    in    Caecilium 

166,  6. 
divinatione,  cU  von  Cicero 

173,  12. 
divin itas  376,  4. 
diurua  203,  2. 
Dodwelliana     fragmenu 

203,  4. 
Domitianus  301. 
Domitius  S2%  4.  —  431, 

15. 
Domitius  Afer  260,  5. 
Domitius  Corbulo  275,  3. 
Domitius  M«rsfis  227. 
Domitius  Ulpiaous  354. 
Domnulus  438,  1  f. 
Donatus  Aelius  385;  Qaa- 

dius  D.  404,  5 — 8.;  ros- 

fessor  374,  6  f. 
Doroiheiis  456,  5.  6.  8. 
Dositheanum  fcagmeataB 

346,  4. 
Dositheu»  352,  2l 
Dossennus  9,  3» 
Draeofitius  444»  5—^ 
Drama.  3  ff.  t^.  H.mf> 
Drei  zahl  der  Scfatupir 

13.  4  (Tragoedie).  AI 

(Komoedie). 

Drepauius    Pacatw  4(^\ 
8  —  11. 
Duellius  (ihOlii»)  Vk^' 


Alphabetisches  Register. 


1039 


EariQus  303.  Ä  vgl.  3(H,  2. 
echoicus  456,  8. 
Edictum       ( piäioi  Uehes  ) 

327,  2. 
Kdictum  TUeot^iiii  455, 1. 
Egnatius  179.  2. 
Es^iiatius  Ctfler  282,  8. 
HiSvXUoc  25. 
Einsiedlensis     anonymus 

387.  8. 

Eklektiker  40. 
Elegie,  römische  29. 
Elegiker.  römische  29.  1  f. 

vgl.  S.  374. 
elogia71,  2.  73.  6.  118.2. 
Elpidiiis  391.  4.  458.  13. 

Riisiicius  Eip.  438.  1  f. 
emboUaria   und  embolium 

7.4. 
Empiriker  45. 
Encolpius  288,  3.  358,  10. 
Endconsoiianien   uiihörbar 

443,  3.  444.  2.  445.  4. 
Eiidelechius  420,  1—3. 
Eiinin»   S.  100.    106  f.  §. 

89  —  93. 
Ell  Ullis  (iranimatiker  247. 

4. 
Ennodius  448. 
epaiialeptisdie  Verse  443, 

3. 
ephemerides    3.3.    5;    des 

Varro  154,  6,  c. 
Ephemeris    des    Ataciiuis 

198.  1. 
Epieadiis    144  mit  A,   1. 

146,  8.  vgl.  197,  3. 
epicedium  Drusi  235,  4. 
Epicharmus  *  des    Euiiliis 

92,  6. 
Epicteius  2^2.  4. 
Epidicus  des  Plaiitiis  85, 

8. 
Epidiiis  197,  3  vgl.  193,  6. 

210.  3. 

Epigramm  26. 
Epigraremata  Vergils  215, 

1,  A.  1  uod  5,  A«  4;  des 

Martial  304,  4  f. 
Epigraphik  33,  4. 
Epikureismus  40  f.  41,  1 

und  3. 
Epilog  16,  7. 
Int^B^üyLog  S.  1000  e. 
Epiphaniiis    448,   3  u.  7. 

schol.  451,  10. 
epistola  Valerii  446,  7. 
Eptstolae    des     Ausoniiis 

S.  873  f. 


Eplstolae  ad  Caesarem  se- 

nem  193,  5. 
Eplstolae  des  OvUl  2.'^2,  3. 
Epistolae    ex   Ponto    von 

Üvid  234.  2. 
Epistolae   des    M.    Varro 

154,  6,  d. 
Epistolographie  33.  3. 
Epiihalamieii  29.  3. 
Epitome  Iliaai«  291. 
Epitome  des  Victor  389,3. 

IiiUaiü  455,  9. 
Epod-en  des  Horaz  220. 
intpSoPj  ivfudos  220,  1. 
Epos,  römisches  19  f.  v^l. 

S.  374. 
Eprius  Marcel  Ins  280,  3. 
Eraiosthenes  213.  2. 
Erdkarte  424,  8. 
Erigoue  177,  2. 
erotische  Anthologie  26.1. 
erotische  Dichter  26,  1. 
Erotopaegnia  des  Laevius 

138,  5. 
Erucius  158.  10. 
Eruciiis  Clariis  318,  4.  — 

335.  4. 

E»t  et  iion  215.  5,  A.  6. 
Euagrius  409,  8. 
Euanihins  381.  7. 
Eucherius  428,  6. 
EuemerusdesEnnius92.7. 
Eugenius  401.  3.  —  439, 4. 

Tolet.  444,  5. 
Eugippius  458.  10. 
Eugraphius  98,  3. 
Eumenius  369,  7—9. 
Eumolpus  288,  3. 
Eunapius  424,  5. 
EunuchusdesTereiiz  99,2. 
Euodius  427,  X 
Euphorien  217.  1. 
Eusebius  377,  3.   400,  6. 

436,  15. 

Eustachi  US  418,  4  f. 
Eustathius  403.  6. 
Eutropius390.1— 6.  —436, 

15;  Bischof  458,  16. 
Eutyches  450  1  f. 
Excerpta  Charisii   393,  5. 
Excerpta    Comiiiiaiii   381. 

2. 
Excerpta  Diomedis  393,  9. 
Excerpta    Valesinna    402, 

11. 
exemplii      des     Cornelius 

Nepos  185,  3. 
exodiarius  6,  4. 
exodium  6,  4.  7,  4. 
Exuperantiiis  419.  4-6, 
Exuperius  377,  12. 


Fabel  23. 

Fabia  des  Ovid  231,  2. 

Fabianus  343,  4;  Maximus 

251,7;  Papirius  250,  10. 
Fabii  (Chronik)  70  E. 
Fabillus  367.  10. 
Fabius,  M.^246,  6. 
Fabius  AemiÜanus  127.  2. 
Fabius  Ceryllianus  364. 13. 
Fabius  Labeo  103,  4.  114, 

5. 
Fabius  Marcelliaus  358.  5. 

10. 
Fabius  Maximus  CiinctaJor 

112,1;  Paulus  F.  M.  251. 

7;F.M.Servilianiisl28.3. 
Fabius  Mela  249,  5. 
Fabius  Pictor,  Q.  105 ;  Ser. 

129,  3. 
Fabius  Planciades  441,  2. 
Fabius  QuinCilianus  307. 
Fabius  Riisticus  296,  6. 
Fabius  Sabiotis  353,  5. 
Fabius  Vestalis  251.  11  E. 
Fabius  Victorin us  384.  .'♦. 
Fabricius  Tuscus  247,  6  E. 
Fabricius  Veiento  280,  7. 
fabula  palliata,   praetexu^ 

togata  u.  8.  w.  14  fi". 
fabulaedesHyginus  246.5. 
fnbulae  Varronianae  84,  4 

-6. 
facetiRrumliber316,6,A.2. 
Fadius  Gallus  202,  2. 
Faltonia  410,  15. 
familiäres,  ad  (von  Cict^iu) 

171,  1. 
Fannius,  C.  33,  1  f. 
Fauniiis,  C.  132,  3.  —  318, 

8. 

Fannius  Strabo  131,  9. 
fasti  64.     fasti  dies  64,  1. 

77,  3.    78,  2.     fasti  als 

Bucher  64,4.    fasti  roii- 

sulares   und   triuuiphaies 

65  und  65.  1—5.     fu^ti 

cupitoUni  66,  2—4.    fa»tl 

sacerdotum  65,  6.     fasti 

des  Ovid  233,  4  f. 
fato.  de  von  Cicero  173, 13. 
Fauniis  56,  1. 
Fauorinus  328,  4.  3.34,  1. 
Faustinus  409^  5. 
Fausuis  438,  7  ff.  445,  3. 

446,  6. 

Feldmesskunst  48. 
Felix    (Märtyrer)    411,  4. 

vgl.  438,  7  f.  439,  2  ii.  5. 

445,  1.  446,  3. 


1()40 


Alphabetiscbes  Eegister. 


Fenestella  243,  1—4.    ge- 
fälschter 33,  8.  243,  5. 
feriale    Cuniantim    64,   8, 

Nr.  8. 
Ferrandiis  441,  4. 
Ferreolus  436,  11. 
Fescenninen  5. 
fescenninuH  5,  6. 
Festivus  s.  Aurelius. 
Festus  245,  4  f.  vgl.  362, 

6.    Rufus  390,  7  f.    Avie- 

nus  394. 
Fidius  Optatns  335,  5. 
Figulus,  s.  Marcius. 
figuris,  de  (cannen)  237,  8. 
Fimbrla,  C.  135,  6. 
finibus,  de  von  Cicero  -173, 

6. 
Firmianus  s.  Lactantius. 
Firmicus     Materiiiis     der 

Heide    382,    1—5;     der 

Christ  382,  6—10. 
Firnms  247,  10. 
lisci  (de  Iure)  354,  9. 
Flacco,  pro  166,  27. 
Fiaccus  8.  Horaiius,  Sicii- 

luB,  Valerius. 
Fiaccus  aus  Pataviuni  299, 

1. 
Flavianus  394,  5.  —  402, 

1—4. 
Flavische  Dynasiie  292. 
Flavius,  Cn.  78,  1—3. 
Flavius  Archippus  311,  7. 
Flavius  Caper  320,  1. 
Flavius  Felix  445,  1. 
Flavius  Fimbria  135,  6. 
Fla  vi  US  grammaticus  374, 1 . 
Flavius  Mallius  Theodorus 

416,  3. 
Flavius  Theodorus  449,  3. 

450,  3. 

Flavius  Ursus  308,  10. 
Flavius  Vopisciis  378,  2. 
Fiavus,s.Altlus,Verginius. 
Florentina  458,  8.  459,  3. 
Florentinus  356,  4.  291,  2. 

446,  2. 

floreotinus  index  456,  7. 
Floriauus  456,  2. 
Florida  des  Apulejus  345, 

2. 
Florus  262,  2  E.    Vgl.  An- 

nius  und  lulius. 
Fontanus  236,  14. 
Fonteio,  pro  166,  12. 
Fonteius,  M.  378,  2. 
Fortuna tian US,    s.  Atilius, 

Chirius,  Cuhus. 
Fortunatus,  s.  Venantius. 
Fragmenia  Ulpiani  354,  3. 


Fragmenta   vaticana   380, 
4—10. 

Fragmente  Cieero*s  176,  6; 

frngmentum    Dosith.    (de 

munumiss.)    346,  4.     de 

iure    fisci    364,  9.      am 

Censorinus  367,  6. 
fratres  arvales  55  und  55, 1 . 

Frigeridus  431,  9. 

Frontin  US  309. 

Fronto,  Redner  333;  Zeit 

des  Fr.  130,  4.     194,  7. 

Schüler  des  Fr.  343. 
Fronto,    Stoiker    311,  3. 

333,    12.      Vgl.    Caiius, 

Victorin  US. 
Fufidius  281,  6. 
Futius,  L.  140,  4. 
Fulcinius  319,  10. 
Fulgentius  441.  459,  3. 
Fullonius  Saturninus  383,3. 
Fulvius  Asprianus  364, 14. 
Fulvius  Fiaccus  131.  3. 
Fulvius   Nobilior,     64,    2 

(fasti).    Vater  und  Sohn 

89,  4  f.  115,  1  und  2. 
Fulvius,  Ser.  129.  3.  131, 

12. 
Fulvius  Sparsus  252,  2  E. 

u.  252,  10. 
Fulvius  Valens  327,  5. 
Fundania  156,  1. 
Fundanius  226,  2. 
Furii,  Grabschriften  73  c. 
Furius,  A.  poeta    123,  4. 

vgl.  136,  4. 
Furius  Alpinus  179,  6  g.  K. 
Furius  Antlüanus  356,  6. 
Furius  Bibaculus  179,  5. 
Furius  Camillus  161,  8. 
Furius    Philocalus    64,   9. 

vgl.  388,  2  (I).  396,  2. 
Furius  Philus  127,  6. 
Furius  Placidus  378,  2. 
Furnii  196,  7. 
Fuscus,  8.  Arellius,  Dagel- 

lius. 
Fu8iu8  Philocalus  335,  8. 


G 

Gabinianus  297,  2. 
Gaetulicus  275,  1. 
Gaianus  366,  3. 
Gaius  339. 
Galba,  s.  Sulpicius. 
Gaieuus  342,  10. 
Galerius  Trachalus  280,  6. 
Gallicanus  (Vulcatius)  370, 
6. 


galiicum  bellum  Caesars 
183,  5  f.  Buch  VIII 184. 3. 
Gallienus  362,  2. 
Gallio  (L.  lunius)  252,  7. 
gal  ItscheBered  tsamkei  1 369 
(A.  10). 
Gallus,  8.  Aelins,  Asinill^ 

und  Cornelius. 
GaUus,  T.  442,  11. 
GargiliusMartiaÜs  358.  14. 
Gaudentius  442,  11. 
Gaviuä  Bassus  266,  4. 
GaviusSabinus  u.  Silo  251 

10. 
Gelasius  439,  5. 
Gellius,  A.  194,  7  g.  E.  - 
340. 

Gellius.  Cn.  132,  1. 
Gellius,  P.  161,  6. 
genealogiae    des    HygiriiH 
246,  5. 

(jenesis  434,  5. 
Gennadius  391,  1.  —  439, 

12. 
Geographie  60.    vgl.  154, 
6,  b.    185,  3  E. 
Geometrie  bei  den  Rumern 
42,  2. 

Georgica  des  Vergil  213. 
Germania  des  Tacitus  316, 
3. 

Germanicus  269,  4—8. 
Geschichte  bei  den  Römern 
31—33.     Vgl.   S.  220  f. 
369  f. 
Getarura  de  orig.  451.  4. 
453,  2  f. 
Gigantomachia  des  CUo- 
dian  413,  5. 
Gildas  Sapiens  464,  1  f. 
Gildouicum  bellum  413,3. 
glandes  206,  9. 
Glitius  Felix  216,  2. 
gloria,  de  von  Cicero  173, 

16. 
Glossae  Pithoeanae  285,  €. 
des  Petronius  288,  2.  zun 
Corp.  iur.  455,  10.  12. 
Glossatoren  455.  10. 
Glycera  des  Tibull  229 , 2. 
Goldenes  Zeitalter  der  rom. 

Literatur  S.  216. 
Gordianus  353.  6  n.  7. 
Gorgias  254,  1. 
Grabschriften   des  Plaut» 
u.  8.  w.  104,  2.  vg^.Wb 
13. 
Gracchanns,  lunius  ISS,  2. 
Gi-acchen  180  u.  s.  Se»^ 

pronlus.  e^ 

Gracchus,  Tra{:ftrr  i9ß,  7. 


Älphabetiscbe«  Register. 


1041 


Graeciniis  des  Ovid  231,  2. 

vgl.  267,  6. 
Grammntik  und   Gramma- 
tiker 34.  vgl.  146. 
grammatische  Schriften  des 

M.  Varro  154,  6,  e. 
Granianns  (lulins)  367, 10. 
Granius  Flaccus  337,  4. 
Graniiis    Licinianus    337, 

4—6. 

Gratia  333,  2. 
Gratianus  398,  1. 
Gratiiis  Faliscns  237,  1. 
Gregorianns  (codex)  371, 

1  u.  2. 
Grcgorins  (Redner)  400,  3. 

von    Tours    454,    3—8. 

vgl.  456,  4.  6.  7.    Papst 

G.  I  458,  1—7. 
griechischer    Einflnss     in 

Rom  und  Italien,  S.  99  ff. 

217  ff. 
Grillius  419.  9. 
groma  48,  2. 
gromatici  48    und    48,  2. 

Vgl.  154,  6,  h.  309,  2  f. 

(Frontinns).  321. 
Gundobada  455.  3. 


Hadrianus  323. 
Hah'.yrf'ne  des  Cicero  176,2, 
Halicutica  des  Ovid  234,  4; 

eines  Anonymus  363,  4. 
liannibalischer  Krieg  S.IOO. 
Haterius,  Q.  251,  5. 
Hatilins  96,  2. 
Hautontimornmenos      des 

Terenz  99,  3. 
Hebdomades     d«?s     Varro 

154,  5. 
Hecyra  des  Terenz  99,  5. 
Hegesippus  397,  10—12. 
Heilkunde  45. 
Helenius  Acro  223, 3.  352, 

1. 
Heliodorus  Stoiker  311,  5. 

Metriker  329,  8.  vgl.  417, 

6. 
H<*liogabalus  .353,  4. 
Hclius  Manrus  358,  9. 
Helpidins  391,  4. 
Helvia  253,  1  u.  2.  271,  1. 
Helvidius  417,  6. 
Helvidius  Priscus  282,  12. 
HelvinsCinna  200  mit  A.2. 
liemerologia  64,  5  und  8. 
HcHdeka^yllahen  27,  1—3. 

28,  2. 


Herculis  landes  363.  5. 
Herennins  211,  3.  Rheto- 
rik ad  Heren  ni  um  149. 
Herennius  Modestinus  356, 

7. 
Herennins  Senecio  308,  7. 
Hermagoras  .36,  8. 
Hermogenianus    371,    4; 

codex  371,  3. 
Herodes  Atticus  334,  2. 
Herodianus     Grammatiker 

342,  8.    Geschieh ischrei- 

ber  358,  4. 
Heroides  des  Ovid  232,  3. 
Heronius  436,  13. 
Hesperius  395,  2.  3.  (g.m) 
Hexaemeron  444,  5. 
Hieria  211,  2. 
Hierius  400,  7. 
Hieronymus  408. 
hierosolymitanum   itinera- 

rium  3i87,.  3. 
Hilario  416,  1. 
Hilarius  von  Poitiers  392, 

1—3;   aus  Arles  428,  7. 
hilaro-tragoedia  18,  2. 
Himerius  391,  10. 
Hippolytus  aus  Portus358, 

3  E;  vgl.  388,  3  (IX). 
Hirtia  rogatio  205,  7. 
Hirtius,  A.  184,  1  u.  2. 
hispaniense  bellum  184,  3. 
historia    32,    1;    miscella 

390,  4. 
Historiae  des  Sallust  193, 

4;des  A8iniusPoirio208, 

2  b;  des  Tacitus  316,  4. 
Historiker,    römische    31. 

32,  3. 
liistricum  bellum  138,  6. 
Hochzeitslieder  5,  4  f. 
Hoenus  436,  4. 
Homerus  latinus  291,  2. 
Honoratus  439,  6  u.  7. 
Honorius  456,  13. 
Horaz218— 224u.S.372f. 

374.  376.  Reminiscenzen 

aus  Lucrctius  191, 2  g.  E. 
Horiensia  196,  12. 
Hortensius   158   mit  A.  1 

u.  2.    Schrift  des  Cicero 

173,  5. 
Horus  403,  5. 
Hosidius  Geta  347,  6. 
Hostilius ,    Mimograph    8, 

1. 
Hostius  188,  6. 
Hyginus  246;  grammaticus 

321,  1  f. 

hymni  456,  9.  458,  5. 
Hypsicrates  320,  5. 


Teuf  fei,  röm.  Literatnrgesohichte. 


I  langes,  S.223mit  Anm.3. 
lacchus  146,  1. 
iarabi  des  Horaz  220,  1. 
lambographen,     römische 

27,  1  f. 
lambus,  27. 
lanthis  305,  1. 
lanuarius  Nepotianus  263, 

8. 
lavolenus  Priscus   319,  3. 
Ibis  des  Ovid  234,  3. 
Iccius  250,  2. 
Idacius  440,  3  f. 
Idyll  25. 
Idyllia  des  Ausonins  395, 

3  k ;  des  Claudtanus  413,7. 
Iguvinae   tabulae   57   und 

57,  1  f. 
Ilias,  lateinische  291. 
illustres  viri  des  Cornelius 

Nepos  185,4;  des  Pseudo- 
Victor 389,  2. 
imagines   des  Varro   154 

5;  des  Atticus  159,  1,  d 
imperio  Pompei  (pro)  166 

14. 
index  flolrentinus  455,  7. 
indigitamenta  63,  2. 
Indignatio     des     Valerius 

Cato  187,  1. 
Innocentius  417,  6. 
Inschriften     33,     4;     auf 

Weihgeschenken  n.  s.  w. 

73;   vgl.   104.   118.  126. 

150.  205. 
Instituta  des  Probus  283, 

6;  des  Gajus  339,  2.  4. 
Institutio      oratoria      des 

QulntiÜan  307,  7  ff. 
Institutiones     des     Gajns 

339,  4;  des  Ulpianus  354, 

4;    des    Lactantius    374, 

4  f.;     des     lustinianus 
456,  8. 

Instrnctiones  des  Commo- 

dianuB  361,  2. 
Invectiva     in     Ciceronem 

193,  6. 
inventione,  de  von  Cicero 

169,  1 
lo  von  Calvus  200,  6. 
loannes  436,  12. 
loannes  Bicl.  452,  6. 
loci  Ciceronis  178,  2;  vgl. 

110,  5  f. 
Joculatoren  8,  8. 
lohannis  des  Conppus  457, 

1. 
lona  (de)  351.  6. 

66 


1042 


Alphabetisches  Register. 


lordanes    Bischof  453,  1. 

456,  13. 
lordania  453. 
Josephus  293  E.    296,  5. 

301, 6.  Uebersetzung  397, 

10—12. 
lovinus  8.  Romanius. 
ira  (de)  des   Seneca  273, 

4;    de    ira  dei  von  Lac- 

taotius  374,  6. 
Isaeus  318,  6. 
Isidorns  Hisp.  459,  3—8. 
itala  397,  15. 
'italiTirj  18,  1. 
iter  des  Caesar  182,  3.  vgl. 

196,  4. 
Itineraria  50.  387. 
luba  (Metriker)  366,  1  f. 
lugurtlia  des  Sallust  193, 3. 
lalia  die  jüngere  281 ,  3. 

Livilla,  271,  1. 
lulianus,   s.  Aniciiis,  An- 

tODios,  Didiiis,  Saivius. 
lulianus    Bischof  417,   4. 

Grammatiker  885,  2.  Ju- 
rist 455,  9.  Tolet.  442,  2. 
lulianus  Kaiser  376,  2  u. 

4.  391,  7  f.;  vgl.  883,  1. 
lullus,  C.  Senator  116,  1. 
lolius    Africanus   280,  4; 

vgl.    318,    4.     Chronist, 

358,  3. 
Inlius  Aquila  356,  5. 
Inlius  Aquilinns  343,  9. 
lulias  Atherianus  364,  4. 
luUus  Atticus  267,  5. 
lulius  Bassus  238,  4. 
lulins    Caesar    (Dictator) 

181— 188;Strabo  140,8. 
lulius  Calidus  198,  6. 
lulius  Oapitolinus  378,  5. 
luUus  Celsinus  335,  1. 
lulius  Celsus  319,  1. 
lulius  Cerealis  306,  3. 
lulius    Exuperautius    419, 

4—6. 
lulius   Florus  24,  4   (Sa- 
tiriker). 280,  5  (Redner). 

325  (Geschichtschreiber), 
lulius  Frontinus  300;  vgl. 

357,  10. 
lulius  Gabinianus  297,  2. 
lulius  Genitor  818,  6. 
lulius  Graecinns  267,  6. 
lulius  Granianus  357,  10. 
lulius  Hilario  416,  1. 
lulius  Hyginus  246. 
lulius  Kanus  282,  6.     * 
lulius  Marathus  248,  9. 
lulius  Modestiis  206,  1. 
lulius  Montanus   236,  13. 


lulius  Obsequens  890,  9. 

lulius  Paris  263,  7  u.  9. 

lulius  Paulus  (Jurist)  355; 
poeta  341,  2. 

lulius  Romanus  357,  1. 

lulius  Rufus  306,  5. 

Inlius  Secundus  297,  4. 

lulius  Sevenis  416,  8. 

lulius  Soünus  867. 

lulius  Tiro  808,  2. 

lulius  Titianus  848,  10. 

lulius  Valerius  370,  11. 

lunilius  Flagrius  442,  11. 

lunius,  M.  Brutus,  Jurist 
129,2.  M.Brutus,  Caesar- 
mörder 199,  1  D.  Bru- 
tus, Csesarmörder  199,  2. 

lunius  Cordus  858,  6. 

lunius  Gallio  252,  7. 

lunius  Gracchanus  183,  2. 

lunius  Mauricianus  888,  5. 

lunius  Maximus  811,  1. 

lunius  Messala  878,  2. 

lunius  Otho  252,  8. 

lunius  Philargyrius  442,1 1. 

lunius  Rustictts  311,  2. 
336,  3. 

Jurisprudenz  38  f.;  vgl. 
S.  870  f. 

ius  aelianum  78,  8. 

ins  flavianum  78,  3. 

ius  papiriannm  61. 

lustinianus  (Kaiser)  446, 
2;  vgl.  455.  Bischof  458, 
12. 

lustinus  242,  4  ff.  Christ 
336,  9.  Kaiser  457,  2. 
Faustinus  841,  1. 

lustus  458,  3. 

luvenalis  818. 

luvencns  379,  4—7. 

luventius  103,  1.    141,  3. 

luventius  Celsus  der  Va- 
ter 298,  3;  der  Sohn 
319,  2. 

luventius  Martialis  326,  2. 


Klosteranoalen  33  E. 
Komödie,   attische   15,  2. 

16,  1. 
MfopktodinQaymdCa  18,   2. 
Königszeit  (römische),  Ver- 


träge daraus  58. 


Kalendarium  64.  Pincia- 
nuni,  Maffeianum,  Piti«- 
nestinum  u.  s.  w.  64,  8. 

Kalender(vollständige)  64, 
9;  vgl.  388,  2  (I). 

Kalenderbruchstücke  64, 8. 

Kanus  (lulius)  282,  6. 

Karneades  40. 

Karthago,  Vertrag  mit  59, 1 . 

Kinderlieder  11,  2,  c. 

Kirchenlieder  11,  3. 


Kriegsgeschichte  und 

Kriegswissensehaft  46. 
Kunstdrama  12. 


Labeo,  s.  Antistias,  Attius, 

Cornelius. 
Laberius  1T9,  4. 
LabienuB,  T.  251,  10. 
Laehanius  425,  1  f. 
Lactantius        (Finnianus) 

874. 
Laetantius  Placidos  803,  9. 
Laelios,  der  Vater  112,  5. 
Laelius,  der  Sühn  97,  5. 

127,  3. 
Laelius  des  Cicero  173,  14. 
Laelius  Arch«laii6  137,  4. 
Laelius  Baibus  260,  9. 
Laelius  Felix  319,  7. 
Laevinns  320,  6. 
Laevius  188,  5. 
Lampadio,   Octavius  133, 

3.  146,  10. 
Laropridius  378, 4.  436, 6. 
Landwirtschaft  44. 
Largius  Licinns  310,  7. 
Largus  286,  8. 
Latiner,  Historiker  dersel- 
ben 81,  8.  Redner  36,  4. 

Vertrag  mit  den  L.  50, 8. 
Latinue  806,  5.  Drepaoii» 

400,  8  ff. 
Latro,  s.  Porcius. 
Latronianus  396,  8. 
laudatio  Caesaris  and  Per- 

ciae  Ton  Cicero  167,  h. 
laudatio  Cateats    yau  Q- 

oero  167,  6. 
laudationes  fnnebres  86,3. 

71,  Sf. ;  aiirMiirdia88i,fi. 
Lavinins  S20,  6. 
Lauren  tius  Lyda»  247,  6. 
LaureoluB  169,  1. 
Leander  458,  & 
leges  regiae  €0. 
legibus,    de    rom    Giottt 

173,  2. 
legis  «ctiodee  77,  t.  9%!^, 
Lehrgedicht  Ü.         »- 
Leinwand  60»  fL         ri^ 
Umoy^lkmm%  4«^f 
Lenaeus  i97|  %%  indi^4pk 


■*>.  ^. 


f  •  jm 


^  »3 


Alphabetisches  Register. 


1043 


lyctitiili  158,  7. 
Leutuhis,  Mimograpli  8, 1. 

Leo,  M.  430.  Bituric.  431, 

6.  436,  7. 
Leontius  437,  In. 4.  438, 

8.  439,  1. 
Leporius  427,  2. 
Lesbia  des  Catull  201,  2. 
lex  agraria  150,  5. 
lex  Antonia  205,  4. 
lex  ßargundioiium  455«  3. 
lex  Cornelia  205,  2. 
lex  dei  412. 
lex  de  quaestione  perpetua 

150,  3. 
lex  Icilia  59,  6. 
lex  lulia  miinicipalis  205, 

6. 

lex  parietl  faeiendo  150,  7. 
lex  repetuodarum  150,  2. 
lex  rormana  Visig.  455,  2. 
lex  Rubria  205,  5. 
lex  tribiinicia  59,  5. 
Libanius  891,  11. 
Libo,  s.  Scribonius,  und 

159,  5. 
librae  (de  parübus)  449, 10. 
libri  aiigurales  und  augu- 

mm  67,  1  und  2. 
libri  censoiii  68,  3. 
libri  coloniarum  321,  4. 
libri  HüCei  69,  3. 
libri  magistratnum  68  und 

69.    69,  1.  3. 
libri  pontfficRin  63  and  63, 

2. 
libri  Saliorom  67,  3. 
Licentius  420,  4—6. 
Licioianus  308,   15.    Bi- 
schof 458,  14. 
Licinius  Caivus  200  mit  A. 

4-6. 
Licinias,    L.  Crassus  der 

Redner   139  mit  A.  3  f. 
Licinius,  M.  Crassus,    ill 

vir  158,  3. 
Licinius,  P.  Crassus  112,4. 
Licinius^   P.  Crassus  Mn- 

cianus  129,5.  vgl.  131,1. 
Licinius  Imbrex  96,  4. 
Licinius  Largns  278,  1. 
Licinius  Lueullus  144  mit 

A.  2.     Andere  158,  4. 
Licinius  Macer  143,  3.  vgl. 

209,  7. 
Licinius  Maenas  147,  4. 
Licinius  Momanus  343,8. 
Licinius  Mucianus  296,  1. 
Licinius  Nepos  318,  5. 
Licinius  Rufin us  356,  1. 
Licinius  Sura  308,  14. 


Licinus,  s.  Clodius  u.  Por- 

cius ;  auch  198,  1  g.  E. 
Ligario  (pro)  166,  42  vgl. 

195,  1. 
Limon  Cicero's  176,  3. 
lingua  iatina(de)  des  Varro 

155. 
Livius ,  T.   240  f.    in  der 

Kaiserseit  33,  6. 
Livius  Androuicus  82. 
Livius  Drnsns,  C.  134,  4. 
Livius  Drusus,  M.  131, 11. 
Loblieder  auf  Verstorbene 

72. 
Loglstorici    des  M.  Varro 

154,  2. 
Logographen,  römische  36, 

6. 
Lollianus  328,  6. 
LoUianus  (Mavortius)  382, 

1. 
LoUius  Urbicus  358,  11. 
Longinus  265,  5.  vgl.  Cas- 

sius. 

Longulanus  251,  11  g.  E. 
Lucanus  286. 
Lucceius  Albinus  318,  4. 
Lucceius,  L.  159,  4. 
Lucianus  332,  4. 
Lucifer  392,  4. 
Lucilius,  Ci  der  Satiriker, 

122.  vgl.  135.  137,  1. 
Lucilius  des  Seneca  273,  4. 
Lucilius   Baibus    141,    3. 

148,  1. 
Lucilius  lunior  290,  2  f. 
Lucilius  420,  8. 
Lucretius  Carus    191  mit 

Anm.  vgl.  214,  6  g.  E. 
Lucreüus  Vespillo  251,  4. 
Lucretius  Vispiilo  141,  4. 
Lueullus  144  mit  A.  2.  des 

Cicero  173,  7  mit  A.  1. 
ludi  S.  101.  103.  104  f. 
Lupus  236,  8.  428,  8.  436, 

12.     Vgl.  Rutilius. 
Lnranius  208,  7  g.  K. 
Luscius  Lavinius  96,  5. 
Lutatius,  Q.  Catulus  123, 

4.  136,  4.  vgl.  201,  1. 
Lutatius  Daphnis  146,  1. 
Lutorius  Priscüs  258,  1. 
Luxorius  445,  3 — 5. 
Lycoris  217,  1. 
Lydia    des    Valerins  Cato 

187,  1.     Andere  187,  2. 
Lydus,  s.  Laureatius. 
Lygdamus  229,  4. 
Lynceus  228,  6. 
Lyrik  26  u.  28.  vgl.  S.  374. 
lyri8cheDiclrter26,  l.28,lf. 


Macarius  417,  6. 
Maccius  (Macius)  Plautus 

84^-88. 
M accus  9,  3. 
Macedo  336,  5. 
Macedonius  443,  1.  6. 
Macer,  s.  Aemilius,  Lici- 
nius, Pompeius. 
Macrinus    337,    1.      Vgl. 

Opilius. 

Macrobius  418. 
Maecenas  207,  6.   vgl.  S. 

372  f.  u.  215,  5  A.  6  g,  E. 
Maecianus  838,  7. 
Maecius  Tarpa  180,  1. 
Maeonius  Astyanax  364, 5. 
Maevius  228,  3. 
Magius  240,  7. 
Magnus  Arborius  391,  5. 
Mago  44,  1. 
Mallius  145,  1.  Theodorus 

416,  3. 

Mamertinus  369,  4.  Clau- 
dius M.  391,  7  f. 
Mamertus        (Claudianus) 

438,  3—6. 
MamiliusundMaailins  145, 

1. 
Mamilius  Sura  147,  3. 
iMamurra  196,  11.  201,  4. 
Manilia,  pro  lege  166, 14. 
Manilius  186,  15.     Astro- 

nomica  237,  2 — 7. 
Manilius,  C.  190,  3. 
Manilius,  M*.  129«  1. 
Manlius,    L.    145,  1.     T. 

Torquatus  158,  10. 
Maivlius  Vopiscos  306,  2. 
Manneius  205,  13. 
manumissionibus,  de  346, 

4. 
Marcellinus,  s.  Ammianus, 

Fabius,  Valerins. 
Marcellinus    bei   Augustin 

414,  10.  vgl.  436,  14. 
Marcellinus  Comes  452, 1  f. 
Marcello,  pro  166,  41. 
Marcellus  368,  1;  auch  s. 

Nonius,  Ulpius. 
Marcellus  Empiricus  (Bnr- 

dig.)  406. 
Marcia  273,  4. 
Marcianus  356,  2. 
Marcius    Figulus    129,  6. 

Philippus  140,  2.     Salu- 

taris  381,  4. 
Marcius  vates  56,  1  f. 
Marcomann  US  377,  10. 
Marianus  360,  2. 

66* 


1044 


Alphabetisches  Register. 


Marillus  252,  2.  10. 

Marius  Avent.  452,  5. 

Marius  des  Cicero  176,  2. 

Marius  Maximus  358,  5. 
Mercator  427,  1.  Vicio- 
rinus  384,  1-6. 

Mars  54,  5. 

Marsus,  s.  Domiiius  und 
Vibius. 

Martialis  304.  Vgl.  Gargl- 
iius. 

Martianus  Capeila  423. 

Martiüus  Dumiensis  458,9. 
Turonensis  415,  5.  vgl. 
444,  3.  456,  6. 

Martius  436,  4. 

martyrologium  388, 2  (VI). 

Marullus  342,  7.  Vgl.  Ma- 
rillus. 

Masken  in  der  palliata  16, 9. 

Masurius  Sabinns  265,  1. 

Materuus  300,  1  £.  308, 
16.  Vgl.  Curiatius  und 
Firmicus. 

Mathematik  der  Römer  42. 

Matius,  C.  147,  4.  195,  3. 
Co.  138,  4. 

Mauortius  446,  3.  Lollia- 
nus  382,  1. 

Mauricianus  338,  5. 

Maximian  US  29,  2.  Reden 
auf  M.  369,  4—6.  8.  vgl. 
377,  5. 

Maximin  US  353,  6.  Victo- 
rin us  384,  4. 

Maximus  366,  4.  404,  9. 
417,  6.  Auch  vgl.  Clau- 
dius, Marius,  Rutilius. 

Maximus  Taurin.  431,  6. 

.Maximus  Victorin  US  384,4. 

Maximus  von  Saragossa 
459,  1. 

Medea  von  Ovid  231,  6. 
232,  8. 

medicamina  formae  von 
Ovid  232,  7. 

Medicin  45. 

Mela,  s.  Annaeus,  Fabins 
und  Pomponius. 

Melik  und  melische  Dich- 
ter 28. 

Melissus,  s.  Aelius. 

Melissus,  C.  228,  5. 

Melodien  zu  Horaz  221, 8  E. 

Memmii  135,  7. 

Memmius,  C.  190,  2. 

Memoiren  32,  6. 

Menaechmi  des  Plauius  85, 
11. 

Menander,  s.  Arrius. 

Menelaus  130,  5. 


Menippeae  (saturae)  24,  3. 

des  Varro  153,  3. 
Menippus  24,  3.  153.  3. 
Menna  455,  4.  5.  6  £. 
menologium  rusticnm   64, 

11. 
Mentula  bei  Catull  201,  4. 
Mercator  des  Plautus    85, 

13.     5!arius  M.  427,  1. 
ftSQiCfiog  S.  1000  e. 
Merobaudes  434,  1—4. 
Mesomedes  331,  4. 
Messala  37,  5.  425,  6. 
Messala  (Redner)  208  mit 

A.  5 — 9.     Sein  Kreis  S. 

373.     Augur  186,  11. 
Messala     Corvinus,      ge- 
fälschter 33,  8.  208,  9. 
Messala  (Vipstanus)  296, 3. 
Messali nus  251,  6. 
Messius  349,  1.     Arusia- 

uus  401,  4. 
Metamorphosen   des   Ovid 

233,  1—3.  des  Apulejus 

345,  3. 

Metella  200,  1. 
Metelli  158,  8.     Vgl.  Cae- 

cilius. 
Metellus  Scipio  202,  2. 
Metius  Celer  303,  2. 
Metrik  S.  105  f. 
Metrodorus  383,  2. 
metrologici  49. 
Mettius  Carus  308,  4. 
Mettius  Pompusianus  301, 

5. 
miles  gloriosus  des  Plau- 
tus 85,  12. 
Milesiaea  143,  2. 
Milone,  pro  166,  40.  vgl. 

252,  6.     Von  M.  Brutus 

199,  1  n.  M. 
mimi  und  mimae  8,  6.  16, 

9. 
mimianibi  138,  4. 
litftaSot  8,  7. 
mim'ographi  8,  1  und  4. 
mim  US  7  f. 
Minervius  391,  2. 
Mimcius318,4.  vgl.  319,  6 

(Min.  Natalis). 
Minucii,  ihr  Schiedsspruch 

150,  4. 
Minucius  Felix  350. 
mirabilia  Romae  387,  9. 
miscellanea  des  Fort.  456, 

7. 

Misitheus  37,  5. 
Modestinus  356,  7.  375,  3. 
Modcstus  405,  8. 
.Modestus,  lulius  246,  i. 


Montanismus  351,  3.  vgl. 

1.  2. 
Montanus   236,  13.     Vgl. 

Curtius,  lulius  u.  Voiie- 

nus. 
monumentum     anryniniim 

207.  4. 
moretnm  25,  2.  215,  3  mit 

A.  If. 
moribns  (de)  273,  8. 
mortibiis   (de)    persecuto- 

rum  374,  7. 
Moschus  252.  12. 
Moseila  des  Ausoiiius,  S. 

873. 
Mostellaria  des  Plautus  85, 

10. 
motoriae  16,  2. 
Mncianus  296,  1. 
Mucius,  P.  Scaevolu  66,  2 

und  3. 129,  4.  vgl.  131. 1. 
Mucius,  Q.  Scaevola,  Au- 
gur   134,  3;    seilt  Sohu 

Q.  Scaevola  134,  3  E. 
Mucius,  Q.  Scaevola  pon- 

tifex  maximus  141  mit  A. 

1—3. 
muliöre  444,  7.  448,  9. 
mulomedicina  405,  9  ff. 
Mummius,Att-Uanendic*hter 

10,  2. 
Mumm  ins,  L.  127,  8. 
Mummius,  Sp.  22,  1.  127, 

8. 

Muuaiius  202,  2. 
Munatius  Plancus  196,  6. 
mundo  (de)  345,  6. 
Murdia  334,  5. 
Mureua,  pro  166,  24. 
Murredius  252,  10. 
Musa,  s.  Octavius  n.  252, 

10. 
Musaeus  presb.  431,  7. 
musica  (de)  von  Augnstio 

414,  7  f. 

Musonius  Rufus  282,  3. 
Mystes  225,  2. 
Mythographi  vaticani  446. 

8. 
Mythologie,        heidnische 

448,  6.  vgl.  447,  3. 
mythologische    Stoffe   der 

Mimen   und  Pantomimeii 

8,  3. 


J»   1 

Naevius,  Cn.  83  mii 
Namatianiis,  s«  Rit^ÜiiK^ 
Na  matius  42&,  i,|  ^ 


"ik: 


Alpbabeiiscbes  Register. 


1045 


naturales  qfiaestioiies  des 

Seneca  273,  5. 
naturalis  liistoria  des  Pii- 

nius  295. 
Natiirwissensclinftcit      bei 

den  Römern  43.     Nntnr- 

wissenschafiliche   Schrif- 
ten 186,  8.  459.  6. 
Naucellius  397,  13. 
Nazarins  377,  7. 
Necepso  382,  3. 
Neckam  (Alex.)  422,  5. 
Neinesinnns    289    n.    363, 

1  f. 
Nemesis   des  Tibull    229, 

2. 
Nemesins  891,  2. 
nenia  72,  2. 
Nepos,  8.  Cornelins,  Lici- 

nius. 
Neratius  Prisjüis  319,  1. 
Nero  270,  6  f. 
Nerva,  s.  Cocceius. 
Nerva  fliius  281,  3. 
Nerva,  Kaiser  312,  1. 
Nicetius  436,  12. 
Nicomachus  Dexier    402, 

3. 
Nicomachus  Flavianu3402, 

1  f. 
NigidiusFij^ulns  186, 1—8. 
Nigrinns  318,  5. 
Nikandros  209,  6. 
Niunius  Grass  ns  138,  4. 
Noctes  atticae  des  (icllins 

340,  3. 
Nonianus  (Servüius)  275, 

2. 
Nonius  Asprenas  251,  2  u. 

11. 
Nonius  Marcellus  368. 
notae  283,  3. 
notae  Einsidlenses  etc.  283, 

3. 

notae  Tironianae  178,  4. 
Notitia  dignitatnm   50,  3. 

regionum  387,  7. 
Novatianns  .359,  6. 
Novatus  (M.  Aniinciis)  252, 

7.  Presbyter  359,  6. 
novellae  Thcodos.  sill.  432, 

7.  lustinians  455,  9. 
Novius ,     Atelinnondii'hti'r 

125,  3—5. 
Novins  Vindex  306,  2. 
Numa,  Epiker  236,  11. 
Niimae  oommentarii  62,  1 

und  3.  vgl.  133,   1. 
Numerianns  362,  3. 
Numitorlns  212,  A.  1. 
Nux  elegia  235,  3. 


Obseqnens  390,  9. 
oceannm  (ad)  .375,  5. 
Octavenns  319,  12. 
Octavia  (praciexta)  274.  7. 
Octavii  168,  4.  vj?l.  239.  2. 
Ociavium,  ad,  Brief  171,5. 
Octavins  Avitns  211,  3. 
Octavius  des  Minncins  Fe- 
lix ,350. 
Octavins  lannarins  .350,  2. 
Octavins  Lampadio  133,  3. 
Octavius  Muba  2.39,  2. 
Octavins  Rnfns  314,  1. 
Octavius  Teucer  146,  1. 
Oden  des  Horaz  221. 
Occonomicus    des    Cicero 

173,  18. 
ofliciis,  de  von  Cicero  173, 

16;    von  M.  Brutus  199, 

1 ;  von  Ambrosins  407,  4. 
OfiÜus  189  mit  A.  2. 
Olympiodorns  424,  6. 
Onesimns  364,  15, 
Opilius  Aurelins  146,  4. 
Opilius  Macrinns  353,  2. 
Opimius,L.  130.1. 131. 4.5. 
Oppius  247,  11. 
Oppius  C.  184,   1  u.  2. 
Oppius  Chares  146,  1. 
OpiatianusS79, 1 — 3.  Audi 

s.  Suetonius. 
Optatus  .396,  5. 
optimo  de  genere  oratorum 

von  Cicero  169,  7. 
ora  maritima  des  Avienus 

394,  4. 
orator  Cicero's  169,  4.  de 

oratore  169,  2. 
Orbiliifs  187,  3. 
orbis   terrae    von  Avieiius 

394.  3. 
Orbius  161,  6. 
Orestistrafj:oedia457,4— 6. 
Oricniins  434.  8—11. 
Origines  des  Cato  109;  des 

Isidor  459,  7. 
orip:o  gentis   rom.   388,  3 

(X);    des   Pseudo-Victor 

389,  4. 
Orosius  426. 
Orpheus  176,  5. 
Orthographie  S.  107;    de 

orthogr.  451,  9. 
oscae  personae  9,  2. 
osüi  Indi  9,  2  und  6.  10.  2. 
Ostenafel  388.  2  (IV).  431, 

3. 
Otlio,  s.  In n ins. 
Ovidins  231—235. 


Pncntns  400,  8—11. 

Pacianus  396,  4. 

Paconianus  258,  2. 

Paconius  319,  15. 

Pactnmeius  Clemens  327, 6. 

Pacnviiis,  M.  94. 

Pacuvins  Labeo  244,  4. 

Paeanins  390,  5. 

Pnetns  Thrnsea  282.  7. 

Palnenio  (Remmini*)266. 3. 

Pnlfnrins  Snrn  308,  5.  Hi- 
storiker 364.  3. 

Palimpseste  86,  2.  215,  9. 
240,  11.286,9.  318,  12. 
337,  5.  339,  5.  380,  4. 

Palladins  386.  Rlietor  401, 
1. 

palliata  15  f. 

Panaitios  40.  vgl.  134,  2. 
.3.   136,  2. 

ncevdinteci  desTiro  178, 
3.  Justinianische  455,  6  f. 

panegyrici  369,  1 — 3. 

Panegyricns  auf  Piso  284 : 
des  Plinius  317,  12;  auf 
Consiantin  377,  6  f.;  auf 
Theoderich  448,  2;  des 
Sidonius  437,4;  auf  Ana- 
stasi us  449.  7. 

Pannicnlns  306,  5. 

Pantomimogrnpben  8,  1. 

Pantomimns  8,  7. 

Papianus  455,  3. 

Papinianistae  348,  •!. 

Papinianns  348. 

Papinins  12.3,  1. 

Papiriatins  442,  9. 

Pnpirii  historia  33,  8. 

Papirius,  I..  112,  7. 

Papirins,  Sex.  61,  1.  — 
141.  3. 

Papirius  Cnrbo  131,  4. 

Papirius  Carbo  140,  4.* 

Papirius  Fabianus  250, 10. 

Papirins  Fronto  .346,  9.  ^ 

Papirius  Tnstus  346,  7.  ^ 

Papirins  Paeins  146,  9.'fl 

Pappus  9.  3. 

Papstverzeichnisse  388,  2 
(V  u.  VI). 

paradoxa  des  Cicero  173,3. 

parasitus  8,  5.  17,  5. 

Parihenius  215,  2.  A.  3. 
3,  A.  1.  —  306,  2.  446, 
6.  456,  2. 
Particnlo  268,  2. 

partitiones  oratoriac  des 
Cicero  169,  5. 

paschale  carmen  443,  1. 


1046 


Alphabetisches  Regibk'r. 


Pasipbae  (de)  442.  8. 
Pasiphiliis  386, 1  f.  390, 1. 
Pasquille  11,  3. 
Passeunud  Paulus  314,  4. 
Passieui  252,  5. 
patavinitas  des  Livins  241, 

t4. 
Patera  377,  8. 
Patricias  431,  6. 
Paulina  und  Paulinus  271, 

2.  273.  4. 
Pantinos  beiMartial  306.8. ' 
PauliDus  NoI.  411,  1.  Mc- 

diol.  427,  4.     Peirirord. 

444,  3.     Pell.  444,  4. 
Paulus  436,  14. 
Paulas  (Apostel)  und  Se- 

neca  273,  8. 
Paulus,   Comnientatnr  des 

Autipater  132,  4  g.  K. 
Paulus,  Epitomator  desFc- 

stus  245,  6. 
Paulus,  Jurist  355. 
Pausanias  332,  3. 
Pedins  (Sex.)  281,  7. 
Pedo  Albinovanus  236,  6. 
Pegasus  (Jurist)  298,  1  f. 
Pelagius  417,  1. 
Pelagouius  397,  14.   405, 

11. 
Pen  lad  i  US  376,  6. 
PerelliuS  Faostus  211,  3. 
Perilla  des  Ticida  200,  1; 

des  Ovid  231,  2. 
periochae  zu  Terenz  98,  6; 

zu  Liviirs  240,  9. 
Peripatetiker  40.  41,  3. 
Perpetuus  444,  3. 
Pcrsa  des  Plautns  85,  16. 
Persius  Flaccus  285. 

Persona ti  9,  4.  16,  9. 
ersönliches  tn  den  Mimen 

8,  4. 
Pertinax  335,  6. 
Perfichen    in    der  palliata 

16,  9. 
Pervigilium   Veneris    341, 

6—10. 
Pescennius  Festns  358,  13. 
Petosiris  382,  3. 
Petrarca  170,  5. 
Petronius  417,  6.  436,  11. 

437,  6. 

Petronius,  C.  288,  5. 
Petronius  Arbiter  288. 
Petronius  Aristocrates  282, 

11. 
Petronius  Musa  247,  12. 
Petrus  436,  8. 
Petrus  Chryso».  428,  9. 
Pefirus  Diaconus  367,  5. 


Phaednis  268. 

phaenom.  epii.  449,  9. 

Philargytus  178,  4. 

IMiibstrius  396,  6. 

Phiiippicae  des  Cieero  166, 
44-57. 

Phillppus  Arabs  353,  8. 
presbyter  428,  6. 

Phtüppus,  8.  Marcins. 

Philistio  238,  8. 

Philociiius  64,  9.  vgl.  396, 
2. 

philomela  (de)  235,  4. 

Philosophie  bei  den  Rö- 
mern 40  f.  148.  383.  S. 
102.  221  f.  375;  des  Ho- 
raz  224,  5. 

philosophische  Schriften 
des  M.  Varro  154,  6,  b.; 
des  Cicero  172. 

Phlegon  326,  3. 

Phocas  442,  4  f. 

Phoebadius  392,  5. 

Phoenix  (Elegie)  374,  8. 

Phormio  des  terenz  99,  4. 

Phrynichus  342.  8. 

physiognomica  345,  7  d. 

Pindarus  Thehaiius  (so- 
gen.) 291.  2. 

Piso,  s.  Calfitarnius. 

Piso.  M.  148,  1. 

Piso,  M.  Pupins  158,  5. 

Pisonem,  in  166,  37. 

Pitholaus  199,  6.^ 

Pithdeo  199,  6. 

Placidus  894,  1. 

Planciades  441,  9. 

Plancio,  pro  166,  38. 

Plaocus,  s.  Munatius. 

planipedia  7,  3. 

pianipes  7,  2  f.  8,  6. 

Plautius,  Dichter  84,  5; 
Jurist  298,  4. 

PlautU8  84 — 88;  Philosoph 
250,  9.  282,  5. 

PIebejismen456,10.  457.4. 

Plinins  der  ältere  294  f.; 
der  jüngere  317. 

Plotia  Hieria  211,  2. 

Plotius  Crispinus  250,  8; 
Gailus  146.  2;  Grypms 
308,  1*2;  Sacerdos  366, 
3— 5;Tucca213,1.214,2. 

Plutarch  181,  1. 

Poenulus  des  Plautus  85, 
15. 

f)oeue  82,  6. 
'olemius  436,  15. 
Polemius  Silvius  64,  10. 
Polemo  328,  5. 
politische  Literatur  S.  220. 


Pollio    282,    3;    auch    s. 

Asinius,    ClattdiNs,    Pu- 

blilios,  Trebdlius,  Vitru- 

vius. 
Poliius  Felix  306^  1.  308, 

17.  Sil,  6. 
Polyaenus  842,  11. 
PolybiRS  216,  4.  273,  4; 

bei  Livius  241,  8. 
Polyhistor  (Solinus)  367, 

6. 

Pomerins  439^  8. 
Pompedlas  41,  1. 
Pompeia  Macrina   236,  3. 
Pompeins,     Cb.     Miifnus 

158,  6. 
Pompeius,    Sex.    141,    4. 

148.  1.  —  260.  7. 
Pompeius  Bithynicus  204, 

3. 
Pompeius  Fcsins  245«  4  f. 
Pompeius,     Orammatiker 

442,  2. 

Pompeius  Macer  236,  3. 
Pompeias  Messaliaus  442. 

7. 
Pompeius  Planta  318,  9. 
Pompeius  Rufus   140,  7. 
Pompeius  Saforninns  318, 

1. 
Porapdus  Silo  252,  10. 
Pompeius  Tragus  249. 
Pompilius  129,  1 ;  Andro- 

nicus  146,  6. 
Pomponitts,  Vater  dea  At- 

ticus  133,  2. 
Pomponias.  Cn.  140^  4.  6; 

L.  125,  1  f.;    Sex.  141. 

2;  Jurist  327,  7—11. 
Pomponius  Bassulus  314, 

8 ;  Pompot1it»s  Lileta840§, 

8  vgl.  245,  5;  MarcaH«» 

266,  2;   Mela  279;  Par- 

phyrio  223,  3.    352,  S; 

Rufus  263,  3;    SaciMidtts 

258,  7. 
ponderibus    (de)    oarmen 

449,  8. 

Ponticus  236.  1. 
PoQtidius  141,  4. 
pontificum     annale«     66; 

libri  68. 

Pontius  359,  1  g.  Sw 
Pontius  Glaucifs   dea   Ci- 
cero 176,  8. 
Popilius  Laeiiaa  258^  IS; 

M.  108.  4.    114,  «;   R 

131,  Si 
Porcia  202,  9* 
Porclus  Cma   (M.)   fOf^ 

111;   der  SoIm  tt4#Jt; 


"*  IM 


Alphabetiecbes  Hegister. 


1047 


der  Eokfil    185,  2;    der 

Urenkel  (UticeDsis)  188. 
Porcius  Latro  26*2,  2. 
Porcius    Liciuus    123,    8; 

vgl.  136.  1. 
Porürlus   Oputiaoiis   879, 

1-8. 

Por|»hyrio  228,  8.  352,  3. 
Porphyriu9(Neuplatoaiker) 

382,  9.  888,  1. 
Porsena  69,  2. 
Possidius  414,  1  ii.  4. 
post  reditum.   Reden  Ci- 

cero'8  166,  28^31. 
Postomianus  400,  6. 
Postumitis,     A.    Aibinus 

116,  2. 
Postumios,    Sp.    Albiniis 

127,  9. 
Postumius  Festus  343,  1. 
Postumus  87,  5. 
Poumius  892,  6. 
PraecUins  Fort.  861,  5, 
PraedettiDatos  429,  6. 
praefecti  urbls  (Veneich* 

niss)  388,  2  (V). 
praeilcae  72,  2. 
praetexta  14;  des  Ennius 

91,2;  des  L.Attius  119,6. 
praetextata  14,  1. 
Praelextatoa  403,  1. 
pragmaUci  87,  8. 
Pragmatius  486,  12. 
Prata  des  Sueion  824,  8. 
Preclanus  161,  7. 
Priapeia  28,  1 ;    vgl.  215, 

6,  A.  1.  229,  6.  235,  2. 
pridie   quam    in    exilium 

iret  167,  7. 
Princeps  808,  2. 
Priscianus  449;   Theodo- 

rus  Pr.  419,  10. 
Priscillianus  391,  4;   vgl. 

877, 8  E.  882,  8  E.  400,  9. 
Priscus  236,  11. 
Proba  410,  16. 
Probus  486,  14;  s.  AemU 

lius,  AniciuSy  Titius,  Va- 

lerius. 
Procilius  169,  2. 
Procopms  Gacs.  446,  2. 
Proculianer,   S.   371    mit 

A.  1. 
Procains  238,  1.  247,  5; 

Jurist  265,  5;  vgl  319, 

13.  --  436,  8. 
Profuturns  431,  9. 
Prolog  der  palliata  16,  6; 

der  togata  17,  6. 
Prologe  zu  Plautus  88, 1 ; 

zu  Terenz  98,  7. 


prologi  des  Potn pejus  Tro- 

gus  242,  4  f.  8. 
prolnsiones  215,  6.  A.  1. 
propempticon  200,  2. 
Propertius  230» 
Prosa  30.  80,  6;    vgl.  S. 

375. 
Proserpinae     raptns    des 

Claudiaii  413,  5. 
Prosodie    S.    106  f.;    des 

Planins  87,  9. 
TiQocoma  nQOtati,%a  16, 

8.  100,  3. 
Prosper  Aq.  431,  1 — 6. 
Protadius  391,  2. 
Protagoras  des  Platuii  173, 

19. 
Protarchus  246,  2. 
pit)videntia    (de)   Lehrge- 
dicht 431,  5. 
pvovinciis  consulariUu«,  de 

166,  85. 
Provinzenverzeichniss  870, 

12. 
Prüden lius  410. 
Pseudo-Asconius  278,  3. 
Pseudo-Atilius  367,  9. 
Pseudolus  des  Plautus  86. 

14. 
Ptolemaeus  332,  6. 
Publicius  vatea  66.  1  f. 
Publicius,  Jurist  161,  6. 
Pubiilius  Optatianus  379, 

1-3. 
Pubiilius  PoUio  16,  9. 
Pubiilius  SyruB  198,  2  f. 
Pudens  301,  4. 
Punica  des  Siiius  It.  302, 

4  ff. 
Pupius  228,  4. 
Pynhus  226.  1. 
Pythagoreismus    40    und 

40,  4. 


Q 

Quadratus  330,  1. 

quadriga  Messii  401,  4. 

Quadrigarius  142,  2. 

Qucrelae  des  A.  Caecina 
186,  13. 

Querolos,  S.  118  f. 

Quintianus  434,  13. 

Quiuülianus  307 ;  der  Va- 
ter 307,  1. 

Quintüius  Maroellus  363, 
6. 

Quintilius  Varus  252,  6. 

Quintio,  pro  166,  1. 

Quintipor  Clodius  179,  3. 


Quiniius,  T.  73,  2. 
Quintius,  T.  Atta  120.  vgl. 

135,  1. 
quod  Statt  acc.  c.  inf.  382, 

8  E.  399.  11.  429,  2  f. 


Rabirio,  pro  G.  166,  19. 
Rabirio,  pro  Posturoo  166, 

39. 
Rabirius   160,  2;    Epiker 

236,  9. 
Radegundis  466,  4.  5.  7. 
Räthsel  29,  4. 
Rechtswisseuschart  38  f. 
recinium  8,  6. 
recitationes  S.  373  mit  A. 

6.  S.  374  mit  A.  2.  306, 

1.  312,  4.  446,  6. 
recurrentes  versus  436, 13. 
Redner,  römische  36,   9. 

37,  2. 
Regioneuverzeicliniss  387, 

6  f. 

regula  Catoniana  114,  6. 
Regulus  (AquUius)  308,  3. 
Reim  11.  8. 
remedia  amoris  von  Ovid 

232,  6. 

Remigius  436,  12. 
Remmius  Palaemo  266,  3. 
Renaius  431,  9. 
Reposianus  376,  2. 
repubiica,  de  von   Cicero 

173,  1. 
respondere  38,  4;  vgl.  S. 

370,  A.  2. 
respoasa   38   f.;    vgl.    S. 

370,  A.  3. 

responsio  Celsina  319,  2. 
respoQsio  Ciceronis  io  SaU 

lustium  193,  6. 
retractationes  des  Augusti  n 

414,  4. 
rhetores  latini  36,  8;  der 

Kaiserzeit  37. 
Rhetorica    ad   Hereanium 

149. 
Rhetorica  des  Cicero  169. 1 . 
Rhetorik  37 ;  vgl.  S.  220. 
Rhinthoa  18,  1. 
Rhiuthoolca  18,  1  und  3. 
ricinium  8,  6. 
Romanius  Hispo  262,  10. 
Romanius  lovious  343. 11. 
Romanus  (Julius)  367,  1. 
Römischer  Volkscliarakter 

1  f. 
Romains  68,  1. 


1048 


AlphabeüscheB  Register. 


Roscio,  pro  Amcniio  166, 

2.  pro  R.  comocdo  166,3. 
Rosetuni  215,  5,  A.  6. 
Rosianus  Geminiis  327,  6. 
Rubellius  Plaiitiis  282,  9. 
Hildens  des  Plautiis  85,  17. 
Ruänus  400,  12. 
Riiflniis  Anüocli.  442,  6  f. 

Aquileiensis  409,  1 — 5. 
Ruünus,  s.  Atadiiis,  Licl- 

iiius. 
Riifius  Festus  Avieniis  394. 
Rufus,  Sex.  390,  7  f. 
RiifusMeliker  28,  1.238,5. 
-  —  806,  2. 
Riifus,  s.  Caelius,  Cliiviiis, 

Musoiiius,  Ponipeiiis,  Rii- 

tilius  und  Siiipiciiis. 
Ruriciiis  439,  9. 
vusticae  res  des  AI.  Varro 

156. 
Riisiicelius  140,  7. 
Riisticiana  399,  2.  447,  1. 
Uusticiiis  Hclpidiiis  263,  7 

M.  9.  —  438,  1  f. 
Riisticiis,  s.  Fabiiis,  Tiiiniis. 
Rutilia  lex  136,  1. 
Riitiliiis  Lupus  254. 
Ruülius  Maximiis  349,  5. 
Ruüliiis   Narnntianiis  425. 
Rutiiins  Rufiis  136,  1—3. 


S 


S  im  Auslaut  S.  222  f. 
Sabidius  54,  2. 
Sabiua  306,  2. 
Sabinianer  S.371  mit  A.l. 
Sabini  epistolae  232,  4. 
Sabinum  des  Horaz  218,  5. 
Sabinus  des  Ovid  236,  4. 
Sabinus  Tiro  247,  10. 
Sabinus,  s. Caelius,  F.ibius, 

Masurius. 
Sacerdotalfasten  65,  6. 
SacerdoSy       Grammatiker 

366,  3—5. 
Saevius  Nicanor  146,  3. 
Salaiius,  s.  Cassius. 
Saicius  Bassus  300,  2. 
Salierlicd  54  und  54,  2  IT. 
Salii  54,  1  und  5. 
Saliorum  libri  67,  3. 
Sallustius  193  und  194. 
Salonius  439,  10. 
Salvianus  435. 
Salvidienus  364,  12. 
Salvius  luliaiius  327,  1 — 

4.  8. 
Salvius  Libcralis  318,  3. 


Salvius  Valens  327,  5. 

Sammonicus  Sei'enus   der 

Vater  352,4.     der  Sohn 

360,  4—6. 
Samocus  £52,  4. 
Santra  244,  1  f. 
Sapaudus  436,  9. 
sapientes  (VII)  395,  3  i. 
Saserna  147,  1. 
satira  6,  2.  24,  1. 
satirae       des      Petrouius 

288,  1. 
Satire  24. 

Satirendichtei'  24,  2  und  4. 
Satrius  Rufus  308,  13. 
saturae  6;  des  Ennius  92, 

1    f.;    des   Liicilins   122, 

6  ff.;    des  Varro   158,  2 

und  3;  des  Horaz  219. 
saturae  Meuippeae  24,  3. 

des  Varro  153,  3. 
Saturnalia  des  Macrobius 

418,  5. 

Satiirninus  364,  12. 
Satnrninus,  Juristen  338,6. 

vgl.  352,  4  u.  Pompeius, 

Fullonius. 
saturnischer      Vers      52. 

S.  106. 

Scnevius  Memor  305,  3. 
Scaevoia    141,    1    und  s. 

Cervidius,  Mucius. 
Scaevus  Memor  305,  3. 
Scaiiriana       des       Cicero 

167,  1. 
Scaurinus  329,  1.  357,  10. 
Scaurus,  s.  Aemilius,Aui'e- 

lius,  Terentiiis. 
Sceuenabtheilung  16,  5. 
Schauspieler  in  Tragödien 

13,  4. 
scholia  Bernensia,    Vero- 

neusia  zu  Vergil  216,  5. 
scholia  zu  Horaz  223,  3 ;  zu 

Persius  285,  6;  zu  Lucan 

286,  8;    zn   Stat.   Theb. 

303,  9;zu  Jiivenal313,7; 

zu  fragm.  vat.  380,  4. 
scholia  Bobieusia  zu  Cicero 

278,  4. 
Scholiast  des  Germnnicus 

259,  8. 
scholiasta  Gronovianusl64, 

6. 
Schreibekunst  in  Rom  51, 

1. 
Schullectäre  216,  1. 
Scipio  di's  Ennius  92,  2. 
Scipio  Nasica  116,  4. 
Scipio      Nasica      Serapio 

131,  7. 


Scipio  Optimus  79, 1 . 1 14,3. 

Scipionen,  s.  Arricanus. 

Soipioneugrabschrirten  73, 

b.  vgl.   104,  1.   118,  2. 

126,  2. 

Scipioneukms    S.   101    f. 

103  r. 
Scribonius  Aphrodisiensis 

247,  3. 
Scribonius  Curio  131,  12. 
Scribonius  Cniio  140,  6. 
Scribonius   Curio   (f  705) 

196,  1. 
Scribonius  Libo  159,  6. 
Scribonius,  L.  Libo  128.  2. 
scriptores    bist,    augiistae 

370  vgl.  378. 
scriptores  rei  rusticae  44, 

1  und  2. 
Scrofa  147,  2. 
Sebosus  247,  9. 
Secundinus  436,  10. 
Securus  Memor  423,  7. 
Sedigitus,  s.  Votcatins. 
Sedulius  443,  1 — 7;  jün- 
gerer 443,  8. 
Semproniüs  Asellio  132, 6. 
Sempronius  Atratinus  196, 

8. 
Sempronius  Gracchus,  Tra- 
giker 238,  7. 
Sempronius,  C.  Graccluis 

130,  2.  4-6. 
Sempronius,  Ti.  Gracchus 

112,  6.  vgl.  130,  6. 
Sempronius,  Ti.  Gracchus 

130,  1—3. 
Sempronius  Procnliis  265, 

5. 
Semprouius  Sophus  79,  1 

u.  2. 
Sempronius         Tiiditanus 

133.  1. 
Senare  (iambische)  13,  4. 
Senator  451,  1. 
Senatspolitik  S.  102  f. 
Senates  consulta  203,  1; 

für  Asklepiades  u.  s.  w. 

205,  3. 
Senatus  consultum  de  Ba- 

canalibus  118,  1. 
Seneca    der    Vater    253« 

der  Sohn  271—274. 
sententiae  Pauli    865,  8; 

Publilii  198,  2  f.;  Sene- 

cae    198,    3;    Varrouis 

157,  2. 
Septimius  297»  5.  368,  10. 
Septimius    (Dicty»)    397, 

1—6. 
Septimius  Sereucis  300,  9. 


Alpbabetisches  Register. 


1049 


Septiniliis  Severus  308,  9. 

347,  4  f. 
Sequester,  s.  Vibius. 
Serena  413,  3.  6.  8. 
Serenus,    s.    Sammoniciis 

und  Septimius. 
Sergius  Flavus  250,  9. 
sermones  des  Horaz  219,  3 

vgl.  222,  1. 
Serranus  287,  6. 
Servilianus(Fabiu8)  128,3. 
Servilins  Barea  282,  8. 
Servilius  Nonianns  275,  2. 
Servilins   Silanus   343,  1. 
Servius  404,  1 — 4. 
Scrvins    Tullins     58.    3; 

seine  commentarii  62,  1. 
Sestius  (P.)   190,  4;    pro 

Sestio  166,  32. 
Senerianus  417,  6.  436,  8. 
Severinus  458,  10. 
Severus,   Redner  400,  4; 

Bischof  458,   15.     Auch 

s.  Aquilins,  Cassius,  Cor- 
nelius, Septimins,  Sulpi- 

cins. 
Sextilius  Enna  236,  10. 
Sextius  41,  1. 
Sextius   Calvinus   141,  4; 

Niger  260,  5—7. 
Sextus  336,  2  vgl.  330,  1. 
Sibylla  56,  1. 
Siculus  Flaccus  321,  6. 
Sidonlus  437. 
Silanus  (D.)  44,  1.  231,  3. 
Silanus  (M.)  260,  8. 
Silbernes  Zeitalter  der  röm. 

Literatur  S.  526  ff. 
Silenus  132,  4. 
Silius  Italiens  302. 
Silo,  s.  Albucins  und  Poni- 

peius. 
Siluae  des  Statins  303,  5. 
Silninus  354,  1.  P.  277,  1. 
Silns,  s.  Ail>ucins. 
Simplicius  366,  4. 
Sinnius  Capito  244,  3—5. 
siparium  7,  4. 
Siitnondische  Constit.  432, 

8. 
Siro  210,  3. 
Siscnna,  L.  Cornelius  143 

mit  A.  If. 
Sittius  136,  3. 
Smyrnn  des  Cinna  200,  2. 
Sodoma  (de)  351,  6. 
Solinus  (Inlins)  367. 
SoUins     Apoll.     Sidouius 

437. 
Somnium  Seipionis  173,  1, 

4.  418,  4. 


Sonnencnltus  376,  4. 

Sopater  383,  1. 

Sophronins  408,  10  g.  E. 

Soranns  (Barea)  282,  8. 
(Epbesius)  321,  8. 

sortes  Praenestinae  S.  106 
n.  M.  n.  126,  2. 

sortes  Vergilianae  216,  3. 

Sotion  250,  8. 

Spartianns  370,  4  f. 

anovdeid^ovTsg  200,  2. 
vgl.  S.  224,  A.  1. 

SpotUieder  11,  2,  d.  26. 

Sprüche  in  den  Mimen  8, 
4.  vgl.  11,  2,  c. 

Spriichsanimlung  des  Sex- 
tius 41,  1.  250,  6. 

Spurinna  (Vestricius)  305, 
5. 

Staberius  Eros  146,  10. 
vgl.  198.  2. 

Stadtchronik  .388,  3  (X). 

statariae  16,  2. 

Statilius  Maximus  352,  5. 

Statins  .303;  sein  Vater 
300,  3. 

Statins  Caecilius  95. 

Statins  Sebosns  247,  8. 

Statins  Ursulus  280,  12. 

Statins  Valens  358,  10. 

Stechbneh  216,  3. 

Stella  (Arriintius)  305,  1. 

stemmata  71  und  71,  1. 

Stephanio  17,  4. 

Stcrtinins  250,  4.  Avitns 
306,  2. 

Stichns  des  Plautus  85. 18. 

Stilicho  413,  3  f. 

Stilo,  Aolins  137  mit  A. 
1—3. 

Stoicismns  in  Rom  40  f. 
41,  2r.  EinQuss  auf  Ju- 
risprudenz 38,5.  vgl.  134, 
2.  nni'  die  Beredtsamkeit 
40,  3.  vgl.  134,  2.  188,  2. 

Strategemata  des  Fronti- 
nus  309,  5. 

strophische  Composiiion  in 
Virgils  Ecl.  212,  A.  3. 
in  Hör.  0.  221,  4;  bei 
den  Elegikern  29,  1 ;  bei 
Scncca  274,  3. 

stupidus  8,  5. 

suasoriae  des  Sene«  a  253, 
4  u.  7. 

Snetonius  324. 

Suetonius  Optatianns  364, 
9. 

Sueviub  25,  2.  215,  3,  A.  1. 

Suffenus  198,  5. 

Suillius  280,  1. 


Tcufrcl,  röm.  IJlcrtt(ar^escliichte. 


Sulla  144.  mit  A.  1.    pro 

Sulla  166,  25. 
Snlpicia  229,  3.  unter  Do- 

mitian  305,  6. 
Sulpicins  Alexander  402, 

12. 
Sulpicins  Apollinaris  335, 

1  f. 
Sulpicins  Blitho  159,  6. 
Sulpicins  Cornelianus  343, 

7. 

Sulpicins  Galba  239,  1. 
Sulpicius,  C.  Galba  135,  5. 
Sulpicins,  Ser.  Galba  127, 4. 
Sulpicius,  C.  Gallus  113, 1. 
Sulpicins,  P.  Rufus    140, 

5.  vgl.  161,  3  E.     Ser. 

Rufus  161,  2—4. 
Sulpicius.  Ser.  226,  3  u.  4. 
Sulpicius  Severus  415.  vgl. 

456,  6. 

Sura,  s.Licinius,  Palfnrius. 
Surdinns  15,  2. 
Syagrius  401,  2. 
Symmachi  399,  2  g.  E. 
Symmachus,  Vfiier  399,  1 ; 

Sohn  399,  2—14;  Enkel 

und  Urenkel  399,  2.  vgl. 

446,  4. 

Symphosius  421. 
Synesius  417,  7. 
Synonyma  des  Cicero  175, 

8. 


T 

tabernaria  17,  2  und  4. 
tabula  Bantina  150,  1. 
tabula  Peutingeriana  50,  2. 
tabulae  censoriae  68   und 

68,  2. 
tabulae  duodecim  76. 
tabulae  Heraclcenses  205, 6. 
tabulae  iguvinae  57,  1  f. 
Tacitns  315  f. 
Tanusius  Geminus  198,  4. 
Tarquinins  58,  4. 
Tarrutenins  Paternus  346, 

8. 
Tarntins,  L.  186,  9. 
Tatius  Cyrillus  378,  6. 
Taiuinus  460,  3. 
Taurus  s.  Calvisius. 
Tereniianus  Maurus  372. 
Terentin8(P.)  Afer  97-100. 
Terentius  Clemens  238,  4. 
Terenlius  Libo  124,  2. 
Terentius  Scaurus  329,  1. 
Terentius  (M.)Varro  152— 

157. 

** 


1050 


Alphabetisches  Register. 


Terentius  (P.)  Varro  Ata- 

cinus  198  mit  A.  1. 
Terentins   Varro  Luculius 

205,  8. 
Tereus  209,  4. 
Tertaliianus  Jurist  349,  6 ; 

Kirchenschriftsteller  351. 
tesserae  gladiatoriae  205, 

10. 
Testament  eines  Schweines 

24,  4.  39,  1. 
Tetradias  24, 4.  — -  436, 14. 
Tliallns  350,  2. 
Thaumastus  436,  11. 
Theater  S.  105;  steinerne 

in  Rom  248,  IE. 
Thebais  des  Statins  303,  3. 
Theoctistus  449,  1. 
Tlieodericus  367,  5.  König 

Theoderich  446,  1.  Pane- 

gyrious  anf  ihn   448,  2. 

Tl)eodericiedictnm455, 1. 
Theodorus    450,    3.     Th. 

Priscianus  419,  10.    Fla  • 

vius  449,  3;  auch  s.  Mal- 

lius. 
Theodosianus  codex  432. 
Theodosins    398,   2.     Th. 

(Macrobius)  418. 
Theokrit  212,  A.  2. 
Theophilus  455,  4.  6.  8. 
thierärztliche  Schriftsteller 

45  E. 
Thierepos  23. 
Thomas  Brab.  447,  8. 
Thrasamundus  445,  1  f. 
Thrasea  Paetus  282,  7. 
Thukydides  194,  1.  3.  4.  5. 
Thycstes    des    L.    Varius 

209,  2. 
Tiberianus    377,    9.    vgl. 

378,  2.  —  396,  9. 
Tiberins  259,  1—3. 
tibia  in  den  Mimen  8,  7. 

in    der   Tragödie   13,  4. 

in  der  pailiata  16,  4. 
tibiae  pares,  dextrae  u.  s. 

w.  16,  4. 
Tiballus  229. 
Tichonius  416,  2. 
Ticidas  200,  1. 
Timaeus  des  Cicero  173,  9. 
Timesitheus  353,  7. 
Tiro  des   Cicero    167,   4. 

171  mit  A.  4.  178  mit  A. 

vgl.  308,  2. 
Tiro  Sabinus  44,  1. 
Titianns    23,  2.    357,  10. 

377,  11.  vgl.  luUus. 
Titinius  101. 
Titinius  Capito  814,  2. 


TiUus  226,  4. 
Titius  Aristo  319,  4. 
Titius,  C.  113,  2. 
Titius,  C.  Probns  263,  9. 
Titius  Homnllus  318,  4. 
Titus  (Kaiser)  292  f. 
togatae  14,  2.  §.  17. 
togatarius  17,  4. 
Togatendichter  17,  4. 
Tonantius   FerreoUis  436, 

11. 
Topica  von  Cicero  169,  6. 
Torquatus  251,  2. 
Toxotius  360,  8. 
Trabea,PalIiatendichter  96, 

1. 
trabeata  17,  1.  227,  4. 
Trachalus  280,  6. 
iragicocomoedin  18,  2. 
Tragoedie,    römische    13. 

die  des  Seneca  274. 
Traianus    312,   2.     Brief- 
wechsel des  Plinius  mit 

ihm  817,  6.  9. 
Trebatius   Testa    189  mit 

A.  3. 
Trebellius  Pollio  370,  7. 
TreboniQS,  G.  199,  5. 
Tremellius  Scfofa   147,  2. 
Triarius  252,  10. 
Tribonianus  455, 4.  5.  6. 8. 
TQL%dQcevog    des    Varro 

202,  1. 
Trinummus    des    Piautus 

85,  19. 
Tristia  des  Ovid  234,  1. 
Triumphlieder  74. 
Trogus  Pom peius  242. 
Troiae  halosis  288,  3  f. 
Trucuientus    des    Piautus 

85,  20. 
Tryphoninus  349,  3. 
Tubero  s.  Aellus. 
Tucca  s.  Plotins. 
Tuditanos,     Sempronius 

133,  1. 
Tullio,  pro  166,  4. 
Tuliiiis,  M.  Cicero  162  — 

176. 
Tuliius,    Q.    Cicero    177. 

Briefe    an    ihn    171,    3. 

von  ihm  177,  3. 
Tuliius,  M.  Laurea  26,  1. 
Tuliius  Tiro   167,  4.    171 

mit  A.  4. 
Tulius  Hostilius  58,  2. 
Tuilus  (Volcatius)  230,  2. 
Turcius  Asterius  443,  5. 
Turia  251,  4. 
Turiiier  Glosse  455,  10. 
Turnus  305,  2. 


Turpilius  102. 
Turranius  238,  6. 
Turribius  431,  6. 
Tuscianus  327,  1. 
Tuscuianne      des     Cicero 

173,  8. 
Tuscus    236,    8.    247,    6. 

261,  4. 
Tuticanus  236,  2. 
Tutilius  308,  1. 


Vacca  286,  1. 

Vagellius  287,  4. 

Valens    und    Valentianus 

(Kaiser)  376,  2. 
Valens,  s.  Abumias,  SaU 

vius. 
Vaierianus  335,  7.  —  428, 

10;  vgl.  Curtius. 
Valerii  epistola  446,  7. 
Valerins,  Commentaior  der 

Xn  Tafeln   76,   6;    Pal- 

liatendichter   103,  2;   L. 

Jurist  189,  5. 
Valerins  Aeditnns  123,2; 

vgl.  135,  1. 

Valerius  Antias  142»  3. 
Valerins  Cato  187,  1. 
Valerius    Gotta    236,     15. 

251,  6. 

Valerius  Fiaccas  299. 
Valerius    Lioinianus    808, 

15. 
Valerius  Marcellinas  368, 

6.  378,  6  E. 
Valerius  Martialis  304. 
Valerius  Maximus  263. 
Valerius  Messala  (M.)  208, 

5—9. 
Valerius  Messala  (Cos.  701) 

186,  11. 
Valerius  Primanus  280,  8. 
Valerius  Probns  283. 
Valerius  Pudens  301,  4. 
Valerius  Severus  319,  14. 
Valerius  Soranus  124,  1; 

vgl.  135, 1.  Dessen  Söline 

140,  7. 
Valerius   Valentiaus    135, 

1. 

Valgius  Rufiis  225. 
Vargunteius  133,  3. 
Variae  des  Gassiodor  461, 

5. 
Varius,  L.  209,  1—6. 
Varius  Geminus  251,  12. 
Varius  Luculius  S19>  5. 
Varro,  152— 15T. 


r>       i 


Alpbabetischea  Register. 


1051 


Varronianae    fabulae    84, 

4-6. 
Varro    in    der    karoiingi- 

sehen  Zeit  167,  2. 
Varro  bei  Martial  306,  2. 
Varro  Atacinus  198,  1. 
vatioana    fragmenta    380, 

4—10. 
Vatiuium,  iu  166,  33;  vgl. 

200.  5. 
Vaünius  204,  3 ;  vgl.  200, 

6. 
Vegetius  406. 
Veiento  280,  7. 
Velius  Loiigus  320,  3. 
Velleius,  C.  148,  1. 
Velleius  Celer  329,  2. 
Velleius  Puterculus  262. 
Venantius  Fortiinatus  466, 

4—10. 

Vennonius  132,  2. 
Ventidius  194,  3. 
Venaleius  Saturninus  338, 

6;  vgl.  380,  6. 
Veranius  186,  14. 
vergiliana  conti nentia  441, 

4. 
Vergilius     (Grammatiker) 

450.  6. 
Vergilius  Eurysaces    206, 

1. 
Vergilius  Maro  210—216. 
Vergilius  Romanus  314,  7. 
Verginius  264,  1. 
Verginius,  A.  141,  4. 
Verginius  Flavus  280,  9. 
Verginius  Rufus  306,  4. 
Vermessung      des      röm. 

Reichs  207,  7. 
Vermummungen  4. 
Verrinae    orationes     166, 

6—11. 
Verrius     Flaccus     64,     3 

(fasti).  246. 
Verskünsteleien  466,  9. 
Vertacus  383,  3. 
Verträge  aus  der  Köuigs- 

zeit  68;  aus  dem  dritten 

Jahrh.  d.  St.  69. 
Verus,  L.  der  Vater  332, 

1 ;  der  Sohn  342,  1  u.  6. 
Verwand  tschaf tsgrade 

(über  die)  364,  8;    vgl. 

368.  2. 
Vespasianus  292  f. 
Vespillo,  8.  Lucretius. 
Vestricius  Spurinna    306, 

6. 
veteres  39,  4. 
Vcttius     Agorius      Prae- 

textatus  403,  1. 


Vettius  Mavortius  446,  3. 
Vettius  Philocomus  1.37, 4. 
Vettius  Vettianus   140,  7. 
vetula  (de)  236,  4. 
Vibius  Grispus  280,  2. 
Vibius      Gallus ,      Vibiiis 

Rufiuus   und  Rnfus  262, 

10. 
Vibius  Marsus  260,  10. 
Vibius  Sequester  4 19, 1 — 3. 
Victor    (P.)    389,    7    E.; 

Bischor  431 ,  7 ;    chrisU. 

Dichter  434,  6  — 7.    Vi- 

tensis  '440 ,  1  f.     Tunuu- 

neusis  462,  3  f. 
Victorianus  240,  10. 
Victorin  US,  christl.  Dichter 

384,  7;    Christi.  Schrift- 
steller 428,  4. 
VictorinuB  Fronto  333,  2. 

343,  2. 
Victorinus,     s.    AuÜüius, 

Fabius,  Marius,  Maximi* 

nus,  Maximns. 
Victorius  436,  13. 
Victorius  Marcellus  308, 8. 
Vidularia  des  Plautus,  S. 

118  g.  £. 
Vigellius  148,  1. 
Vigilantius  417,  6. 
Vigilius  439,  11.  453,  1. 

466,  2. 
Villicus  436,  4. 
Vincentius  Leri  neusis  429; 

anderer  431,  7. 
Vindex,  s.  Caesellius,  No- 

vius. 

Vindicianus  406,  3  f. 
Vindius  Verus  338,  2. 
Vinicii  262,  10. 
Violantilla  306,  1. 
Vipsanius  178,  4. 
Vipsanius  Agrippa  207,  7. 
Vipstanus  Messala  296,  3. 
Vir  bonus  216,  6,  A.  6. 
viri    illustres    des  Sueton 

324,  7.     christliche  439, 

12. 
Viri  US  Nicomachus  402, 1. 
virtutibus,  de  von  Cicero 

173,  17. 
Visellius  Aculeo   141,  4. 
Visellius  Varro  141,  4  g.  E. 
Visigothorum  lex  466,  2. 
Vispillo  8.  Lucretius. 
Vitellius,  Jurist  249,  6. 
Vitellius,  P.  260,  4. 
Vitellius  Afer  392,  8. 
Vitruvius  Pollio  248. 
Vivarium  461,  1.  7. 
Vivianus  319,  11. 


DI  planus  364. 

Ulpius  Marcellus  338,  8. 

Ummidi  US  Quadratus  318, 

4  E. 

Unicus  306,  4. 
Voconius  323.  6.  Bischof 

431,  7. 

Voconius'Romanus  318, 2. 
Voconius  Victor  306,  4. 
Vogelfang ,      Lehrgedicht 

darüber  363.  3. 
Volcatius  368,  12. 
Volcatius  Gallicauus  370, 

6. 
Volcatius,  Jurist    141,  4. 

vgl.  161,  7. 
Volcatius  Sedigitus  16.  3 

(Kanon).  124.  3. 
Volcatius  Terentianus  368. 

12. 
Volkslieder  76. 
Volkspoesie  11. 
Voltaciiius  Pilutus  31.  3. 

36,  8.  146  mit  A.  2. 
Voltaciiius  Pitholaus  199, 

6. 

Volumuius  239,  4. 
Volumnius  Quadratus  343, 

3. 
Volusius   Maecianus    338, 

7. 

Volusius,  Q.  196,  9. 
Volusius  fom  Tanusius  198, 

4. 

Vopiscus  378,  2. 
Votienus  Montanus  260, 1. 

vgl.  308,  17. 
Uranius  366.  3. 
Urbauus  320,  2. 
Urseius  Ferox  281,  4. 
Ursus  308,  10. 
VuJcatius,  8.  Volcatius. 
Vulgärlatein  362,  4. 
Vulgärmetrik  S.  106.  vgl. 

362,  4.  396,  2. 
Vulgärprosodie     S.     106. 

vgl.  410,  10.  14. 


W 

Wechselgesauge  u.  Wech* 

selgespräche  3.  2  f. 
Weiberrollen  im  Mimus  8, 

6. 
Weltchronik  388,  3  (IX). 
Wiegenlieder  11,  2,  b. 
Witteruogsregeln   76.  76, 

1. 
Witzworte,    Sammlungen 

110,  6  f.  vgl.  178,  2. 


1052 


Alphabetiscbes  Register. 


Xenoplion's   Occoiiomicus 

173,  18.  vgl.  213,  2. 
Xistns  250,  6. 


Z 

Zahl  der  Schauspieler  16, 3. 
Zahlenmystik    441,  6.  9. 
451,  12. 

Zaubersprüche  75,  1. 
Zeno  392,  7. 


Zenobias  193,  7. 

Ziegel  mit  Inschrifien  205, 

11. 
Zmyrna  des  Cinna  200,  2. 
Zoologie  43  mit  A.  1. 
Zosimus  424,  7. 
Zwölftafelgesetzgebuug  76. 


J 


I