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GESCHICHTE
DER
RÖMISCHEN LITERATUR
VON
W. S. TEUFFEL.
LEIPZIG.
DRUCK UND VERLAG VON B, 0. TEUBNER.
1870.
Das Recht der Üebersetzung in fremde Sprachen wird vorbehalten.
VORWORT.
Durch Zweierlei hauptsächKch unterscheidet sich die vor-
liegende Bearbeitung der römischen Literaturgeschichte schon
äusserlich von ihren Vorgängern : dem Umfange nach durch ihre
gleichmässige Berücksichtigung der christlichen Literatur, der
Art nach durch ihre chronologische Anlage. Das Eine wie das
Andere ist der Ausfluss davon dass vpr Allem mein Bestreben
war eine wirkliche Geschichte der römischen Literatur zu
geben, eine Darstellung ihrer Erscheinungsweisen während der
Jahrhunderte ihres Daseins.
Von diesem leitenden Gesichtspunkte aus musste es als ganz
unmöglich erscheinen die christliche Literatur auszuschliessen
oder auch nur zu verkürzen; denn vom Ende des zweiten Jahrh.
n. Chr. an ist sie nun einmal ein Bestandtheil der römischen
Literatur, und zwar einer von immer zunehmender Wichtigkeit.
Sie trotzdem hintanzusetzen wäre nur dann zulässig wenn man
überhaupt sich, mit Weglassung aller technischen Fächer, auf
die sog. schöne Literatur beschränken wollte. Behandelt man
aber die Literatur der Jurisprudenz, Naturwissenschaften u. s. f.,
so darf man auch gegen die der Theologie sich nicht verschliessen.
Abhalten könnte davon nur etwa ihr grosser Umfang. Aber es
versteht sich dass sie Gegenstand der Literaturgeschichte nur
in der Ausdehnung werden kann in der es auch die übrigen
technischen Fächer sind; was aber die Art der Behandlung be-
tritt, so war mein Bemühen" sie mit historischem Sinne anzu-
fassen, also ohne Einmischung in die dogmatischen Zänkereien,
aber auch ohne Geringschätzung.
a*
IV VORWORT.
Das andere Unterscheidungsmerkmal ist die Anlage nach der
Zeitordnung. Sie ist eine so unmittelbare Folge des historischen
Grundcharakters und hat sich mir in mehr als zwanzigjährigem
akademischem Vortrage so vollständig bewährt dass ich hoffe
es werde auch in Zukunft dabei sein Bewenden haben.
Eine weitere Folge der historischen Haltung welche meine
Arbeit erstrebt war dass für mich der zufällige Umstand ob
von den Schriften eines Mannes viel oder wenig oder vielleicht
auch gar nichts auf uns gekommen ist nur von untergeordneter
Bedeutung war. Ich habe die einzelnen Gestalten der Literatur
nach ihrem innem Werthe, an sich und für ihre Zeit, zu wür-
digen gesucht und konnte mich dadurch dass vielfach der Zufall
gerade gegen die gehaltvollsten und selbständigsten sich .miss-
günstig erwiesen hat nicht bestimmen lassen nun auch meiner-
seits sie in Schatten zu drängen.
Sonst war mein Bestreben auf Zuverlässigkeit gerichtet, wie
auf Unparteilichkeit. Ich habe mich fem zu halten gesucht
gleich sehr von blinder Bewunderung alles Geschriebenen wie
von Parteinahme für oder wider. Aber den unwandelbaren
Gesetzen nach denen sich eines Mannes Tüchtigkeit und eines
Schriftstellers Werth bemisst musste unverkürzt ihr Recht werden.
Die Grenze für die Darstellung war dadurch gegeben dass
mein Werk eine römische Literaturgeschichte ist, eine Ge-
schichte der Literatur des römischen Volkes und des römischen
Reiches. Wäre mein Ziel eine lateinische Literaturgeschichte
gewesen, d. h. eine Geschichte der in lateinischer Sprache ab-
gefassten Literatur, so hätte ich kein Ende zu finden gewusst.
So aber war dieses mit dem Ende des römischen Volkes und
Reiches von selbst geboten. Nur durfte hier nicht mit Pedanterie
verfahren werden. Mit der Absetzung des Augustulus war weder
das Reich noch vollends gar das Volk vernichtet; es waren daher
auch die Haupterscheinungen der Literatur im sechsten Jahr-
hundert mit in Betracht zu ziehen, und um ihnen ihre richtige
Beleuchtung zukommen zu lassen musste auch manches schein-
bar Fremdartige und Unbedeutende noch Aufnahme finden.
Ich darf dieses Vorwort nicht schliessen ohne meinen
nächsten Vorgängern den schuldigen Zoll der Dankbarkeit zu
entrichten. Bähr's umfassende Bücherkenntniss hat mir manche
Notiz geliefert die mir selbst entgangen war. Wenn es ver-
hältnissmässig selten vorkam, so hat diess seinen Grund theils
darin dass ich vom ersten Beginn meiner Studien an mir die
VORWORT. V
griechische und römische Literaturgeschichte zur Lebensaufgabe
gemacht und daher von Anfang an dafür gesammelt habe^ theils
in dem umstände dass ich grundsätzlich darauf verzichtete alle
jemals ausgesprochenen Ansichten^ mögen sie irgend welchen
Grund für sich haben oder nicht, zu verzeichnen. Bernhardy's
schönem Werke aber verdanke ich seit einer langen Reihe von
Jahren unendlich viele Anregung, und es ist für mich ebenso
Bedürfniss wie Pflicht diess hier öffentlich auszusprechen.
Tübingen, 31. October 1870.
WUh. Sigm. Teuffei.
Inhaltslibersicht.
A. Allgemeiner und sachlicher Theil.
1. Komischer Volkscharakter. S. 1. 2. Stellung der Kömer zur
Literatur. S. 2.
3. Dramatische Begabung der Römer. S. 2. 4. Volksmässige Auffüh-
rungen. S. 3. 5. Die Fescenninen. S. 3. 6. Die saturae. S. 5. 7. Der
raimus. Begriff und ältere Geschichte. Plnnipes. S. 6. 8. Der mimus
am Ende der Republik und in der Kaiserzeit. S. 8. 9. Die Atellanen als
Volksposse. 8. 12. 10 Die Atellanen als Literaturzweig. S. 13. 11.
Volkspoesie der Römer. S. 14. 12. Das Kunstdrama. Uebersicht. S. 15.
13. Die Tragödie. S. 16. 14. Die praetexU. S. 18. 15. Die palliata.
Uebersicht ihrer Geschichte. S. 19. 16. Nähere Charakteristik der pal-
liata. S. 20. 17. Die togata (taberuaria, trabeata). S. 24. 18. Die
Rhinthonica. S. 26.
19. Das Epos. Geschichtliche und nationale Stoffe. S. 27. 20. Das
heroische Epos. Christliche Epiker. S. 28. 21. Das Lehrgedicht. S. 29.
. 22. Der poetische Brief. S. 30. 23. Die Fabel. S. 31. 24. Die Satire
als Literaturzweig. S. 31. 25. Das Idyll. S. 33.
26. Lyrische Arten: a) das Epigramm. S. 34. . 27. b] die lambik.
S. 36. 28. c) die Melik. S. 87. 29. d) die Elegie. S. 38.
30. Die Prosa bei den Römern. S. 40. 31. Die Geschichtschreibung
bei den Römern im Allgemeinen. S. 40. 32. Die Annalisten. S. 42.
33. Die Historiker. S. 44. 34. Die Altertfaumsforschung, Polyhistorie und
Grammatik. S. 49.
35. Die Beredtsamkeit bei den Römern. S. 51. 36. Die Bercdtsam-
keit in der Republik. S. 52. 37. Die Beredtsamkeit in der augusteischen
und der Kaiserzeit. Rhetorik. S. 56.
38. Die Jurisprudenz in der Republik. S. 59. 39. Die Jurisprudenz
in der augusteischen und der Kaiserzeit. S. 61.
40. Die Philosophie bei den Römern in der Zeit der Republik. S. 64.
41. Die Philosophie in der Kaiserzeit. S. 67.
42. Mathematik und Astronomie. S. 69. 43. Die Naturwissenschaften.
S. 70. 44. Die Land- und Haus- Wirtschaft. S. 71. 45. Die Heilkunde.
S. 72. 46. Die Kriegswissenschaft. S. 73. 47. Die Architektur. S. 74.
48. Die Feldmcsskunst. S. 74. 49. Die scriptores metrolog^ci. S. 74.
50. Die Geographie. S. 75.
Inhnltsübersicht. VII
B. Besonderer und persönlicher Theil.
L Vorgeiehiehte der rönÜBoheii literatnr, bis nim J. 614 d. 8t
51. Formeller Charakter der ältesten Aufzeichnungen. Carmen. 6. 77.
52. Der Satnrnins. S. 77. 53. Materieller Charakter der ältesten Auf-
zeichnungen. Uebersicht. S. 79. 54. a) Gottosdienstliches. Carmen
5«Uare. 8. 79. 55. Carmen fratrum anralium. 8. 80. 56. Weissagungen.
S. 80. 57. Tabulae Iguvinae. 8. 81. 58. b) Politisch-historisches.
Foedera regum. 8. 81. 59. Bundesverträge aus der ältesten Zeit der
Republik. 8. 82. 60. Leges regiae. 8. 82. 61. lus Papirianum. 8. 83.
62. Commentarii regum. 8. 83. 63. Libri und commentarii pontificum.
8. 83. 64. Fasti als Kalender. 8. 84. 65. Fast! als Magistrats Ver-
zeichnisse. 8. 87. 66. Annales pontificum. 8. 88. 67. Aufzeichnungen
anderer prieiterlicher Collegien. 8. 90. 68. Aufzeichnungen weltlicher
Behörden. 8. 90. 69. Libri magistratuum. 8. 91. 70. c) Monumenta
privata. Haus- und Familien Chroniken. 8. 91. 71. Lobreden auf Ge-
storbene. 8. 91. 72. Loblieder auf Gestorbene. Neniae. Tafellieder.
S. 92. 73. Inschriften der fünf ersten Jahrhunderte. 8. 93. 74. Car-
mina trinmphalia. 8. 94. 75. Andere carmina popularia. 8. 95. 76.
d) Rechtsquellen und Rechtsliteratnr. Die zwölf Tafeln. 8. 95. 77.
Legis actiones. 8. 96. 78 Cn. Flavius (ius Flavianum). 8. 97. . 79.
Aelteste Kechtsgel ehrte. P. Sempronius. Ti. Cornncanius. 8. 97. 80.
Appius Claadius. 8. 97.
n. Snte Periode. Von Andronikas bis in die lullanisohe Zeit J. 614—670 d. 8t.
81. Allgemeine Charakteristik der beiden Jahrhunderte. 8. 99.
A. Sechstes Jahrh.undert.
1. Dichter.
82. Andronicus. 8. 107. 83. Cn. Naevius. 8. 109. 84. Plantus.
Leben und schriftstellerische Thätigkeit. 8. 111. 85. Die erhaltenen
zwanzig Btücke in der überlieferten (alphabetischen) Reihenfolge. 8. 113.
86. Ihre Gesammtgeschichte und Literatur. 8. 119. 87. Dichterische
Eigenthümlichkeit des Plautus. 8. 120. 88. Fortleben des Plautus. Pro-
loge. Alte Commentatoren. 8. 122. 89. Q. Enniui. 8ein Leben. 8. 123.
90. 8eine Annales. 8. 124. 91. 8eine Tragödien und praetexta. 8. 126.
92. Seine 8aiurae. 8cipio, Epicharmus, Euemerus u. A. 8. 127. 93.
Dichterische Eigenthümlichkeit des Enniui.* 8. 128. 94. M. Pacuvius.
8. 129. 95. Statins Caecilius. 8. 130. 96. Andere Palliatendichter.
Trabea, Luscius o. A. 8. 131. 97. P. Terentius. Sein Leben. 8. 132.
98. Seine schriftstellerische Thätigkeit. Handschriften. Commentatoren.
Didaskalien. 8. 134. 99. Seine sechs Stücke in der herkömmlichen
Ordnung. S. 186. 100. Dichterische Eigenthümlichkeit des Terenz. 8.
140. 101. Der Togatendichter Titinius. 8. 142. 102. Der Palliaten-
dichter TnrpiHus. 8. 142. 103. Andere Dichter des sechsten Jahrb. d.
81. 8. 142. 104. Metrische Inschriften aus dem sechsten Jahrh. d. St.
8. 143.
VIII Inbaltsübersicht.
II. Prosaisten.
106. Aelteste Geschichtsclireiber: Q. Fablus Pictor. S. 143. 106. L.
Cincius Alimentus. 8. 145. 107. M. PorciusCato. Leben und Charakter.
S. 147. 108. Cato als Redner. 8. 148. 109. Cato als Geschichtschrei-
ber. 8. 149. 110. Cato^s praecepta ad tilium und andere Schriften. 8.
151. 111. Gato*8 8chrift de re rustica. 8. 153. 112. Andere gleich-
zeitige Redner. 8. 154. 113. C. 8ulpiciu8 Gallus und C. Titius. 3. 155.
114. Gleichzeitige Juristen: P. und 8ez. Aelins u. A. 8. 156. 115. M.
Fulvius Nobilior und sein 8ohn Q. 8. 157. 116. Andere gleichzeitige
Geschichtschreiber. 8. 158. 117. Sp. Carvilius. 8. 159. 118. Prosaische
Inschriften des sechsten Jahrb. d. 8t. 8. 160.
B. Siebentes Jahrhundert d. 8t.
I. Dichter.
119. L. Attius. 8. 160. 120. T. Quintius Atta. 8. 162. 121. L.
Afrauius. 8. 163. 122. C. Lucilius. 8. 164. 123. Epigrammatisten :
Poropilius, Valerius Aedituus, Porcius Licinus, Q. Catulus. — A. Furius.
8. 167. 124. Didaktiker: Q. Valerius, Terentius Libo, Volcatius Sedi-
gitus. 8. 168. 125. L. Pomponius und Novius. 8. «169. 126. Metrische
Inschriften aus J. 600—670. 8. 170.
II. Prosaisten.
127. Redner J. 600 — 620: der jüngere Africauus, seine Freunde und
Gegner. 8. 171. 128. Geschichtschreiber dieser Zeit, besonders Cassius
Hemina und Piso Frugi. 8. 173. 129. Juristen dieser zwei Jahrzehnte»
besonders M\ Manilius, M. Brutus und P. Mncius Scaevola. 8. 175. 130.
Die Zeit der Gracchen (620—635). Ti. und C. Gracchus. 8, 177. 131.
Die andern Redner der g^acchischen Zeit, besonders C. Garbo, C. Fannius
C. F., M. Scaurus, C. Curio. 8. 180. 132. Geschichtschreibcr aus dieser
Zeit, bes. C. Fannius M. F., Antipater und Asellio. 8. 182. 133. Alter-
thumsforscher und Gelehrte der gracchischen Zeit, bes. Tuditanus und
Junius Gracchanus. 8. 185. 134. Stoiker und Juristen dieser Zeit: C.
Blossius und Q. Tubero, Q. Soaevola Aug^. 8. 186. 135. Die Zeit nach
den Gracchen, Jahr 635 — 650. Redner darin: T. Albucius, C. Fimbria
u. A. 8. 188. 136. P. Rutilius Rufus und Q. Lutatius Catulus. 6. 189.
137. L. Aelius Stilo und andere Literatoren. 8. 191.
138. Die Jahre 650—670. Cn. Matius, Laevius, Hostius. 8. 193.
139. Die Hauptredner dieser Zeit: M. Antonius und L. Crassus. 8. 195.
140. Redner zweiten Ranges, bes. L. Philippus, Caesar Strabo, C. Cotta,
P. Sulpicius, C. Curio. 8. 197. 141. Die Rechtsgelehrten dieser Zeit:
Q. Scaevola Pontifez und seine Schüler und Fachgenossen. 8. 199. 142.
Die Annalisten dieser Zeit: Aufidius, Quadrigarius, Valerius Antias. 8. 201.
143. Sisenna und Licinius Macer. 8. 204. 144. Sulla und LucuUus.
C. Piso. 8. 207. 145. Andere Geschichtschreiber aus der sullanischen
Zeit: L. Manlius, Voltacilius. 8. 208. 146. Gelehrte, Lehrer und Litera-
toren, bes. Plotins Gallus, Nicanor, Opilius, Gnipho, Cosoonius, 8er. Clodins.
8. 209. 147. Schriftsteller über Land- und Hauswirtschaft: Saserna,
Scrofa u. A. 8. 211. 148. Anhänger der Philosophie. 8. 212. 149. Die
Inhaltsübersicht. IX
Rhetorik ad Herennium. S. 213. 150. Prosaische Inschriften aus den
Jahren 600—700. S. 216.
in. Zweite Periode. Das goldene Zeitalter der rdmiiehen Literatnr, J. 671—770.
A. Die Ciceronische Zeit, J. 671—711 d. St.
151. Allgemeine Charakteristik und Uebersicht der ciceronischen Zeit.
S. 216.
I. Erste Hälfte der ciceronischen Zeit, J. 671 — 691 d. St.
152. M. Terentius Yarro. Sein Leben und Charakter. 8. 226. 153.
Seine Schriftstellerei. Ueberblick und Poetisches. S. 228. 154. Die
prosaischen Schriften yarro*s. S. 231. 155. Varro*8 Werk de lingua
latina. S. 237. 156. Yarro^s Bücher rerum rusticarum. S. 238. 157.
Erhaltung der varronischen Schriften. Die sog. sententiae Yarronis. S. 239.
158. Q. Hortensins und andere Redner, bes. der Optimaten. S. 241. 159.
Atticns und andere Geschichtschreiber. S. 244. 160. Ucbersetzer philo-
sophischer Schriften, Amafinius u. A. S. 246. 161. Aquilius Gallus,
Sulpicius Rufus und andere Juristen. S. 247. 162. M. TuUius Cicero.
Sein äusseres Leben. S. 250. 163. Cicero als Mensch und Staatsmann.
8. 251. 164. Cicero als Schriftsteller. S. 252. 165. Cicero als Redner.
S. 254. 166. Die erhaltenen Reden Cicero's. S. 256. 167. Sonstige
Reste von Cicero's rednerischer Thätigkeit. S. 268. 168. Cicero als
Schriftsteller über Rhetorik. S. 269. 169. Cicero's rhetorische Schriften.
S. 270. 170. Die Sammlungen ciceronischer Briefe im Ganzen. S. 273.
171. Die erhaltenen Sammlungen dieser Briefe. S. 276. 172. Cicero als
Philosoph. S. 280. 173. Cicero*8 philosophische Schriften. S. 281. 174.
Cicero als Jurist. S. 293. 175. Cicero als Historiker. S. 294. 176.
Cicero's Schriften in gebundener Form. S. 296. 177. Q. Cicero. S. 297.
17& M. Tullius Tiro. S. 298. 179. Dichter dieser Zeit: Albucius, Egiia-
tius, D. Laberius, M. Furius Bibaculus. S. 300.
IL Zweite Hälfte der ciceronischen Zeit, J. 691 — 711 d. St.
180. Die ältere Generation. Uebersicht. S. 302. 181. C. Inlins
Caesar. Sein äusseres Leben. S. 303. 182. Caesar^s Charakter und
Schriftstellerei. S. 804. 183. Die erhaltenen commentarii des Caesar. S.
306. 184. Fortsetzung seiner commentarii durch Hirtius u. A. S. 310.
185. Cornelius Nepos. S. 312. 186. P. Nigidius Figulus und andere
Auguralschriftsteller. S. 317. 187. Yalerius Cato, Orbilins und andere
Grammatiker. S. 320. 188. M. Porcius Cato der Jüngere. S. 322. 189.
Die Juristen Ofilius, Trebatius, A. Cascellius n. A. S. 323. 190. Die
Redner M. Calidius, C. Memmius u. A. S. 325. 191. T. Lucretins Carus.
S. 326.
192. Die jünger« Generation. Uebersicht. S. 330. 193. C. Sallustius
Crispus. Leben und Schriften. S. 332. 194. Sein schriftstellerischer
Charakter. S. 336. 195. Q. Tubero, Alfenus Yarus, C. Matius. S. 340.
196. Andere Caesariauer (bes. Redner), wie Q. Cornificius, M. Antonius, L.
Balbns. Caellns Rufus, Munatius Plauens u. A. S. 342. 197. Gelehrte
mid Lehrer: Ateins Philologus u. A. S. 346. 198. Dichter ohne Partei-
iA^ii
X Inhaltsübersiüht.
färbe: Varro Atacinns, Publilins Sjrus u. A. S. 348. 199. Anti-
caesarische Redner und Schriftsteller: M. und D. Bmtas^ C. Cassius, Cas-
sius Parmensis, Trebonins, Ampins, Pitholaus u. A. S. 351. 200. Ticidas,
Helvius Cinna und Licinins Calvus. S. 354. 201. Catullus. S. 357.
202. Politische Tagesliteratar. S. 362. 203. Acta senatus. Acta popnli.
S. 363. i 204. Briefe. S. 365.
205. Inschriften aus den Jahren 670—710 d. St. S. 365.
B. Die augusteische Zeit, J. 711-767 d. St.
206. Allgemeine Charakteristik und Uebersicht. S. 367. 207. Die
leitenden Männer: August, Maecenas und Agrippa. S. 376. 208. Asinius
Pollio und M. Messala. S. 381.
209. Die Dichter. L. Varius und Aemilius Macer. S. 386. 210.
P. Yergilius Maro. Leben und äussere Verhältnisse. S. 388. 211.
Vergils Charakter als Mensch und Dichter. S. 391. 212. Vergils Ge-
dichte: die BucoUca. S. 393. 213. Vergils Georgica. S. 395. 214.
Vergils Aeneis. S. 397. 215. Die kleineren vergilischen Gedichte. S.
402. 216. Fortleben von Vergils Person und Gedichten. S. 409. 217.
Cornelius Gallus. S. 413. 218. Q. Horatius Flaccus. Leben und
äussere Verhältnisse. S. 413. 219. Die Satiren des Horatius. S. 416.
220. Die Epoden des Horatius. 8. 418. 221. Seine Oden. S. 419. 222.
Seine Briefe. S. 426. 223. Schicksale seiner Werke. 8. 428. 224.
Charakter des Horaz als Mensch und Schriftsteller. S. 434. 225. C.
Valgius Rnfns. 8. 437. 226. Andere Freunde des Horaz: Aristius
Fuscus, Fundanilis, Servius Sulpicius, Titius u. A. S. 438. 227. Domi-
tius Marsus. S. 439. 228. Anser. Codrus. Bavius und Maevius. Pupius.
MelissuB. Lynceus. 8. 440. 229. Albins TibuUns. Snlpicia und Lyg-
damns. S. 442. 230. Sex. Propertius. 8. 446. 231. P. Ovidius
Naso. Leben und Charakter. S. 450. 232. Ovids erotische Dichtungen.
8. 454. 233. Ovids Metamorphosen und Fasti. S. 457. 234. Ovids
Gedichte aus der Verbannung. S. 459. 235. Pseudo-Ovidisches. Allge-
meine Ovid-Literatur. 8. 460. 236. Ovids dichterische Freunde: Ponti-
cus, Tuticanus, Macer d. J., Sabinus, Cornelius Severus, Pedo Albinovanus
und andere Epiker aus der letzten Zeit des Augustus (Rabirius, Julius
Montanus u. A.). 8. 462. 237. Didaktiker: Gratius Faliscus und Manilius.
(Carmen de figuris.). 8. 466. 238. Elegiker, Lyriker, Dramatiker u. dergl. :
Bassus, Proculus, Alfius Flavus, Gracchus, Philistio u. A. S. 470.
239. Die Prosaiker der augusteischen Zeit. Die Geschichtschreiber
Galba, Octavius, Volnmnius, Bibulus, Dellius und die Autobiographen.
Cincius. S. 471. 240. T. Livius. Leben und Schriften. S. 472. 241.
Charakteristik des Livius und seines Geschichtswerkes. 8. 477. 242.
Pompeius Trogus. (Justinus.). S. 483. 243. Fenestella, Arrnntius u. A.
Geschichtschreiber der spätem augusteischen Zeit. S. 486. 244. Die
Grammatiker Santra und Sinnius Capito. S. 489. 245. M. Verrius
Flaccus. (Festus. Paulus.) S. 490. 246. C. lulius Hyginus. S. 493.
247. Andere Grammatiker, Gelehrte und Forscher der Zeit. 8. 498. 248.
Vitruvius Pollio. S. 500. 249. Juristen der Zeit: Aelius Gallus, Antistius
Labeo, Ateius Capito, Fabius Mela. S. 503. 250. Die Philosophie in
der augusteischen Zeit. Q. Sextius Niger. Papirins Fabianns u. A. 8. 507.
Inhaltsübersicht. XX
251. Die Redner der aagosteischen Zeit. Q. Haterius, Messalinus und
Cotta, Aeserninns, T. Labienas« Cassius Sevems u. A. S. 511. 252. Die
Rhetoren: Porcius Latro, Arellius Fuscus, Albncius Silus u. A. S. 515.
253. Seneea der Vater. S. 521. 254. Rutilius Lupus. S. 524.
IV. Dritte Periode. Die römifche Xaiseneit.
255. Allgemeine Uebersicht der Kaiserzeit. S. 525.
A. Das silberne Zeitalter der römischen Literatur.
Erstes christliches Jahrhundert, J. 14 — 117 u. Chr.
256. Charakteristik und Uebersicht. S. 526.
1. Die Zeit der julischen Dynastie, J. 14 — 68 n. Chr.
257. Uebersicht und Reihenfolge. 8. 531.
a. Die Regierungszeit des Tiberius.
258. Literatur und Schriftsteller in dieser Zeit. 8. 531. 259. Mitglie-
der des kaiserlichen Hauses: Tiberius. Germanicus. 8.533. 260. Redner
find Rhetoren: Votienus Montanus, Mam. Scaurus, Domitius Afer u. A. 8.
535. 261. Geschichtschreiber: Crerautius Cordus, Aufidius Bassns u. A.
8. 538. 262. Vellejus Patercalus. 8. 540. 263. Valerius Maximus.
S. 543. 264. A. Cornelius Celsns. 8. 547. 265. Juristen: Masurius
Sabinus, Coccejus Nerva, Cassius Longinus, Proculus u. A. 8. 550. 266.
Grammatiker: Inlins Modestus, Pomponius Marcellus, Remmius Palaemon,
Qavius Bassus. 8. 552. 267. Caepio. Antonius Castor. Apicius. lulius
AtUcus und Graecinus. 8. 553. 268. Phaedrns. 8. 555.
b. Die Regierungszeit des Caligula, Claudius und Nero,
J. 37 — 68 n. Chr.
269. Literatur und Schriftsteller in dieser Zeit. 8. 557. 270. Mit-
glieder des kaiserlichen Hauses: Claudius. Agrippina. Nero. 8.558. 271.
L. Annaeus Seneca. Sein Leben und Charakter. 8. 561. 272. Schrift-
stellerische Eigenthümlichkeit des Seneca. 8. 563. 273. Seneca's pro-
saische Schriften. 8. 565. 274. Seneca's poetische Schriften, bes.
Tragödien. 8. 569. 275. Goschichtschreiber: Gaetulicus, Nonianns, Cor-
bulo, Bocchus. 8. 573. 276. Curtius Rufus. 8. 574. 277. Columella.
8. 576. 278. Asconius. 8. 579. 279. Pomponius Mela. 581. 280.
Redner und Rhetoren: Vibius Crispus, Eprius Marcellus, Galerius Tracha-
lus, lulius Africanus, Verginius Flavus u. A. 8. 582. 281. Juristen:
Caelius Sabinns, Nerva filius, Urseins Fcrox, Sex. Pedius u. A. 8. 585.
282. Lehrer und Anhänger der Philosophie: Comutus, Musonius, Thrasea
Paetus, Helvidius Priscus u. A. 8. 586. 283. Valerius Probus. 8. 589.
284. Panegyricus in Pisonem. 8. 593. 285. Persius Flaccus. 8. 595.
286. Lucanns. 8. 598. 287. Caesius Bassus u. a. Dichter. 8. 602. 288.
Petrontas. 8. 603. 289. Calpurnius Siculus. (Nemesianus.) 8. 607. 290.
Dae Lehrgedicht Aetna. Lucilius Junior. 8. 609. 291. Homerus latinus.
8. 61 L
XII Inhaltsübersicht.
2. Die Zeit der flavischeu Dynastie, J. 69 — 96 n. Chr.
292. Uebersicht. S. 613.
a. Vespasianas und Titus. *•
293. Literatur und Schriftsteller unter ihnen. S. 613. 294. Plinius
der ältere. Leben und Schriftstellerei. S. 614. 295. Seine naturalis
historia. S. 617. 296. Andere Historiker: Mucianus, Cluvius Rufns,
Vipstanus Messala, Fabius Rusticus. S. 621. 297. Die Rhetoren Gabini-
anus, Aper, lulius Secundus. S. 623. 298. Die Juristen Pegasus, luventius
Celsus und Plautius. S. 624. 299. Valerius Flaccus. S. 625. 300.
Andere Dichter: Curlatius Matemns, Saleius Bassus. S. 627.
b. Domitianns.
301. Literatur und Schriftsteller unter ihm. 8. 628. 302. Silius
Italiens. S. 630. 303. Statins. S. 633. 304. Martialis. S. 638. 305.
Arruntius Stella, Turnus, Scaevus, Vestricius Spurinna, Sulpicia. S. 642.
306. Andere Dichterlinge der Zeit. S. 646. 307. Quintilianus. S. 647.
308. Sonstige Rhetoren und Redner: Aquilius Regulus, yictorius Marcellus,
Septimius Severus u. A. S. 653. 309. Sex. lulius Frontinus. S. 656.
310. Juristen (Autidius Chius und Palfurius Sura) und Grammatiker (Aemillus
Asper u. A.). S. 660. 311. Sonstige Schriftsteller in Prosa, bes. Aru-
leuus Rusticus. S. 661.
3. Die Zeit des Nerva und Trajan, J. 96 — 117 n. Chr.
312. Uebersicht. Nerva. Traianus. S. 662. 313. Juvenalis. S. 664.
314. Sonstige Dichter der Zeit: Titinius Capito, Passennus Paulus u. A.
S. 668. 315. Cornelius Tacitus. Leben und Charakter. S. 670. 316.
Seine Schriften. S. 678. 317. Der jüngere Plinius. S. 692. 318. Sonstige
Redner und Geschichtschreiber unter Trajan. Annius Florus u. A. S. 698.
319. Juristen: Neratius Priscus, luventius Celsus, lavolenus. Aristo u. A.
S. 701. 320. Die Grammatiker Flavius Caper, Urbanus, Velins Longus,
Caesellius Vindex u. A. S. 704. 321. Die Gromatiker Hyginus, Baibus
und Siculus Flaccus. S. 707.
B. Zweites Jahrhundert, J. 117—211 n. Chr.
322. Uebersicht. S. 709.
1. Die Zeit Hadrians, J. 117—138 n. Chr.
323. Uadrianus. S. 712. 324. Suetonius Tranquillus. S. 714. 325.
Julius Florus. S. 719. 326. Andere Historiker der Zeit. S. 721. 327.
Die Juristen lulianus, Valens, Pomponius. S. 721. 328. Rhetoren: Cal-
purnius Flaccus u. A. S. 724. 329. Grammatiker: Terentius Scaurus
u. A. S. 726. 330. Sonstige Prosaiker: Caelius Aurelianus. S. 727.
331. Dichterisches aus der Zeit: Annianns u. A. S. 728.
2. Die Zeit der Antonine, J. 138—180 n. Chr.
a. Antoninus Pius, J. 138 - 161 n. Chr.
332. Antoninus Pius. Uebersicht. S. 729. 333. M. Cornelius Fronte.
S. 730. 334. Sonstige Redner, Rhetoren und Sophisten: Antonius Juli-
Inlialtsübersiclit. XII T
anQs ü. A. S. 735. 335. Oelehraamkeit und Grammatik: Sulpicius Apol-
linaris, Arrantius Celsus u. A. S. 735. 336. Philosophen: lunius Rusticas
n. A. S. 737. 337. Geschieh tschreibung: Ampelius. Licinianns. S. 739.
338. Jaristen: Africanus. Maecianus. Ulpius Marcellas u. A. S. 741. 339.
Gains. S. 744. 340. A. Gellius. S. 747. 341. Schriftsteller in gebun-
dener Form. Pervigilium Veneria. S. 750.
b. M. Aurelius, J. 161—180 n. Chr.
342. M. Aurelius. Uebersicht. S. 751. 343. Die Schüler des Fronte:
Aufidius Yictorinus, Titianus u. A. S. 753. 344. L. Apuleius. Leben
und Charakter. S. 755. 345. Seine Schriften. S. 758. 346. Cervidins
Scaev^ola u. a. Juristen. S. 762.
3. Die Zeit des Commodus und Septimius Severus,
J. 180 — 211 n. Chr.
347. Uebersicht. Septimius Severus. S. 764. 348. Papinianus. S. 765.
349. Callistratus, Tryphoninus u. a. Juristen. S. 767. 350. Minucius Felix.
S. 769. 351. Tertullianus. 8. 772. 352. Grammatiker: Acre, Porphyrie,
Dositheus, Sammonicus der Vater, Statilius Mazimus u. A. S. 774.
C. Drittes Jahrhundert, J. 211—305 n. Chr.
1. Erste Hälfte, J. 211—253 n. Chr.
353. Uebersicht S. 777. 354. Domitius Ulpianus. S. 779. 355.
Julius Paulus. S. 782. 356. Marcianus, Macer, Modestinus u. a. Jaristen. .
S. 784. 357. Julius Romanus, Censorinus, Atilius Fort. u. a. Gramma-
tiker. S. 786. 358. Marias Maximus u. a. Geschichtschreiber. S. 789.
359. Cyprianus. Novatianus. S. 792. 360. Schriftsteller in gebundener
Form: Alfius Ayitus. Septimius Severus. Sammonicus der Sohn, u. A. S.
794. 361. Commodianus. S. 797.
2. Zweite Hälfte, J. 253-305 n. Chr.
362. Uebersicht. S. 799.
a. Die Zeit vor Diocletian, J. 253—284.
363. Nemesianus. S. 801. 364. Die Geschichtschreiber der Zeit.
S. 802. 365. Aquila Romanus. S. 803. 866. Iiiba. Sacerdos. Hateria-
nus. S. 804. 367. lulius Solinus. S. 805. 368. Nonius Marcellus.
S. 808.
b. Die Zeit Diocletians, J. 284—305.
369. Beredtsamkeit: Panegjriker. Eumenius. S. 810. 370. Geschicht-
schreibung: Spartianus, Gallicanus und PoUio. Julius Valerius. S. 813.
371. Codex Gregorianus und Hermogenianus. S. 817. 372. Terentianus
Maurus. S. 818. 373. Amobius. S. 820. 374. Lactantius. S. 821.
375. Schriftwerke in gebundener Form. Reposianus, Pentadius u. A.
S. 826.
iri^«^
XIV Inhaltsübersicht.
D. Viertes Jahrhundert.
376. üebersicht. S. 827.
1. Erste Hälfte des Jahrhunderts.
377. Constantio und seine Lobredner. Nazarins u. a. Redner und Rhe-
toren. S. 830. 378. Die Kaiserbiographien von Vopiscus, Lampridius,
Cnpitolinus. S. 833. 379. Optatianus und Juvencus. S. 836. 380. Hermo-
genianus. Fragmenta vaticana u. A. S. 838. 381. Grammatiker: Comi-
nianus, Albinus, Asmonius, Euanthius n. A. S. 841. 382. Finnicus Ma-
ternus, der Heide und der Christ. S. 843. 383. Philosophie. S. 848.
384. Marins Victorinns. S. 849. 385. Aelius Donatus. S. 852. 380.
Palladius. S. 853. 387. Ttineraria. Regiononverzeicl^nisse. S. 854.
2. Zweite Hälfte.
a. Die Zeit vor Theodosius I.
388. Geschichtsquellen. Der Chronograph von 354. S. 855. 389. Ge-
schichtsabrisse: Aurelius Victor. S. 857. 390. Eutropius, Rufus Festns,
Julius Obseqnens. S. 858. 391. Redner: Mamertinus u. A. S. 861. .392.
HilariuSf Lucifer u. A. S. 863. 398. Grammatiker: Charisius. Diomedes.
S. 865. 394. Avienus. S. 867. 395. Ausonius. S. 870. .396. Damasus
u. a. christliche Schriftsteller. S. 875. 397. Uebersetzungen von Diktys,
Dares, Josephus, Pelagonius u. A. S. 877.
b. Die Zeit von Theodosius I. J. 379 ff.
398. Üebersicht. S. 881. 399. Symmachus, Vater, Sohn und Enkel.
S. 882. 400. Sonstige Redner. Pacatus. S. 888. 401. Rhetorische
Schriftsteller. Fortnnatianus, Arusianus. S. 890. 402. Heidnische Ge-
schieh tschreiber: Nicomachus. Ammianus Marcellinus. S. 891. 403. Heid-
nische Philosophen: Vettius Praetextatus u. A. S. 895. 404. Servius. Ti.
Donatus. S. 896. 405. Vegetius. S. 899. 406. Marcellus Empiricus. S.
901. 407. Ambrosius. S. 902. 408. Hieron jmus. S. 904. 409. Rufinus
u. a. christliche Prosaiker. S. 907. 410. Prudentiu.s u. a. cliristliche
Dichter. S. 909. 411. Paulinus Nol. S. 912. 412. Lex dei. S. 914.
3. Viertes bis fünftes Jahrhundert.
413. Claudianus. S. 915. 414. Augustinus. S. 918. 415. Sulpicins
Severus. S. 924. 416. Hilario. Tichonius. Mallius Theodorus. S. 927.
417. Pelagius u. a. Zeitgenossen Augustins. S. 927. 418. Macrobius. S.
929. 419. Vibius Sequester, Exuperantius, Theod. Priscianus. S. 931.
420. Endelechius. Licentius. S. 933. 421. Symphosins. 8. 935. 422.
Avianus. 8. 936. 423. Martianus Capeila. S. 937.
E. Fünftes Jahrhundert.
424. üebersicht. 8. 940.
1. Erste Hälfte des Jahrb.
425. Rutilius Namatianus. S. 948. 426. Orcsins. 8. 944. 4>7.
Marius Mercator u. a. Anhänger Augustins. 8. 947. 428. Cassianii.s u. a.
Inhaltsübersicht. x\r
Zeitgenossen. S. 948. 429. Vincentias Lerin. S. 950. 430. Papst Leo
M. S. 962. 431. Prosper Aqnit. n. a. christliche Prosaiker. S. 953. 432.
Codex Theodosianas. S. 956. 433. Consaltatio. S. 958. 434. Mcrobaa-
des. Victor. Orientins. S. 959. 435. Salvianus. S. 962.
2. Zweite Hälfte des Jahrh.
436. Uebersicht. S. 964. 437. Apollinaris Sidonins. S. 967. 438.
RnsticiuB Domnalas, Claudianas Mamertns und Fanstus. S. 972. 439. Arno-
bias^ ianior, Gelasias, Gennadius u. a. christliche Schriftsteller. S. 974.
440. Christliche Geschichtschreiber: Victor Vitensis, Idacias. 8. 977. 441.
Falgentius der Bischof und der Grammatiker, ä. 978. 442. Andere
Grammatiker: Cledonius, Consentins, Pompeias, Phocas, Rufinas u. A. S.
981. 443. Sedulius. S. 984. 444. Auspicius, Dracontins, Avitus u. a.
christliche Dichter. S. 986. 445. Flavius Felix, Florentinus, Luxorius,
Coronatus. S. 989.
F. Aas dem sechsten Jahrhundert.
446. Allgemeines. S. 990. 447. Boetius. S. 992. 448. Eunodius.
S. 995. 449. Priscianns. S. 998. 450. Eatyches, Andax n. a. Grammatiker.
S. 1001. 451. Cassiodoms Senator. S. 1002. 452. Chronisten: Marcel-
linas, Victor Tann. n. A. S. 1007. 453. Geschichtschreiber: Jordanis. S.
1009. 454. Gildas Sapiens und Gregor von Tours. S. 1012. 455. Rechts-
bücher. Corpus iuris u. A. S. 1014. 456. Dichter: Arator. Venantius
Fortunatus. 8. 1020. 457. Corippus. Orestis tragoedia. 8. 1024. 458.
Gregor I, Eagippius a. a. theologische Schriftsteller. S. 1026.
459. Aus dem siebenten Jahrb.: Isidorus Hisp. u. A. S. 1028.
460. Aus dem achten Jahrb.: Aldhelmns, Beda u. A. S. 1031.
Alphabetisches Register. 8. 1033.
Druckfehler und Berichtigungen.
§. 8, Z. 2 schreibe: D. Laberias^ Publilius Syrus und vielleicht L. Valerius.
§. 8, Z. 7 schreibe: Philistion, Catnllas n. s. w.
§. 8, 1, Z. 7 f. schreibe: Laberius und Publilius Syrus, Letzterer zu-
gleich Mime (Schauspieler).
§. 8, 7, Z. 5 f. streiche die Worte: Dazu bis Skazonten.
§. 19, Z. 16 ff. schreibe: verfasste Hostius, in offenbarem Anschluss an
Ennius, ein bellum istricum, L. Attius und A. Furius gleichfalls
Annales. Cicero selbst u. s. w.
§. 21, S. 29, Z. 3 V. u. streiche die Parenthese.
§. 24, 4 g. E. schreibe: Lucillus (statt Decius).
§. 29, 3, vorletzte Zeile lies: 282 (statt 252).
§. 36, 6, Z. 4 f. schreibe: So C. Laelius für Tubero (unten 134, 2) und
für Fabius Maximus (unten 127, 2).
§. 37, 6 streiche: M. Romanius bis Rom).
§. 39, S. 63, Z. 2 streiche: J. 308.
§. 50, Z. 2 streiche die Parenthese.
§. 55, 3, Z. 2 lies: Ceccarelli.
§. 85, 2) schreibe: Demophilos (statt Diphilos] und den Prologvers: Demo-
philus scripsit, Macius vortit barbare.
§. 88, 7 schreibe: s. unten 154, 5.
§. 93, 5 streiche den letzten Satz (Isidor. etc.). Vgl. 178, 4.
§. 122, 5 lies: die Art der Eintheilung und u. s. w.
§. 124, 4 lies: s. unten 140, 3.
§. 127, 7 streiche die vier letzten Zeilen (Liv. LIX bis augenda). Vgl. 135, 3.
§. 132, 6 (S. 185, Z. 19 f.) schreibe: sit etc. non praedicare autem interea etc.
§.153, A. 1 z. A. lies: Gell. III, 10, 7.
S. 224, Z. 4 v. u. schreibe: und weiterhin Aemilius Macer, Alfenus Varus,
Tanusius Geminus, Cornelius Gallus, T. Livius u. s. w.
S. 316, Z. 2 v. u. lies: P. 1 und II.
S. 340, Z. 8 lies: Zeit des Augustus.
S.345, Z. 13 V. u. lies: 718 d. St.
S.372, A. 5, Z. 2 lies: unten 230, 2 u. s. w.
S. 380, Z. 11^9 V. u. ist zu streichen: Frontin bis contulit; vgl. 321, 4.
S.384, Z. 1 V. u. lies: 1958 = 695 d. St.
S. 385, Z. 2 lies: 12 n. Chr. » 765 d. St. Ebenso Z. 5: 12 n. Chr.
5.387, Z. 6 lies: 739 d. St.
5.388, Z. 5 lies: 739 d. St.
S.391, Z. 1 V. u. lies: 228, 3.
S. 397, Z. 15 V. u. lies: Prop. III, 82.
S. 407, Z. 11 lies: 229, 4.
S.413, Z. 6 lies: 685 — 728 d. St.; ebenso daselbst Anm. 2, Z. 7: 26 v. Chr.
_, »728 d. St.
S.427, Z. 5 V. u. lies: 220 (statt 20).
S.460, Z. 15 V. u. Ues: 237, 1 (statt 7).
S. 492, Z. 14 lies: zweiten (statt vierten).
S. 558, Z. 15 f. V. u. streiche: Vielleicht bis 499.
S. 617, Z. 3 V. u. lies: iyTivnUonai&slag,
S. 656, Anm. 17, Z. 2 streiche: Erucius bis 4).
S.695, Z. 16 V. u. lies: Trajan.
A. Allgemeiner und sachlicher Theil.
1. Den Römern fehlte die Beweglichkeit, Vielseitigkeit und
die Phantasie der Hellenen; ihre Vorzüge liegen in der Nüch-
ternheit und Schärfe des Denkens, der Festigkeit und Ausdauer
des Willens. Ihre Verständigkeit richtete sich auf das Zweck-
mässige und artete wohl auch in Selbstsucht und Pfiffigkeit aus,
wie ihre Festigkeit in Eigensinn und Schwerfälligkeit. Auf
dem Gebiete des Staates imd des Rechts haben jene Eigen-
schaften Grosses und Dauerndes hervorgebracht; für die Kunst
und Literatur waren sie entschieden ungünstig.
1. Cic. Tusc. I, 1, 2: quae tanta gravitas, quae tanta constantia, ma-
gnittido aniini, probitas, fides, quae tarn excellens in omni genere vrrtus in
uUis fuit ut sit cum maioribus nostris comparanda? (3.) Doctrina Graecia
nos et omni litterarum genero superabat etc. De imp. Pomp. 20, 60: ma-
iores nostros semper in pace cousuetudini, in bellcT utilitati paruisse. Tac.
dial. 5: si ad utilitatem vitae omnia consilia factaque nostra dirigenda sunt.
Plin. N. H. XXV, 2: nostri, omnium utilitatum et virtutum rapacissimi.
Quintü. XII, 2, 7: ego illum quem instituo romanum quendam veUm esse
sapientem, qui non secretis disceptationibus, sed rerum experimentis atque
operibus vere civilem virum exhibeat. — Liv. XXHI, 14, 1: insita (Roma-
norum) animifl industria. Liv. XLII, 62 : romana constantia , vgl. ib. XXX , 7 :
romana in adverais rebus constantia, imd Polyb. III, 7ö extr. XXVII, 8:
iSmv xovto TtdvTTj Tcaga *PcoyLa(oiq id^og xal ndtqiov iari., to xara ßlv
rag ^Xazteoasig av&cxdsatdrovg aal ßaQvtätovg tpoihsad'aiy xarci Sl rag
imzvxCag mg iiSTQicotdtovg. ib. I, 39: ovtsg iv navzl cpiXoti^oi diaq)SQ6v-
Tcog. — Der jüngere Africanus bei Macrob. Sat. III, 14, 7: eunt in ludum
histribnum, discunt cautare, quae maiores nostri ingenuis probro ducier
volueruut. Ib. 10: Cato, cui . . etiam cantare non serii hominis videtur.
Sen. Controv. p. 40, 1 Bu.: cantaudi saltandique obscena studia. Tac.
diaL 10: in Graecia, ubi ludicras quoque artes exercere honestum est. Alle
nicht unmittelbar praktischen Beschäftigungen sind artes leviores (Cic.
Brut. 1, 3) und mediocrea (Cic. de or. I, 2, 6), studia leviora (Cic. de or.
I, 49, 212. Cat. 14, 50) und minora (Cic. Brut. 18, 70).
TenTfel, Rom. Literaturgpeschichtc. \
2 SachUcher Theil.
2. Ueber deu römischen Volkscharakter: R. Ihering, Geidt des röm.
Rechts I. bes. S. 291-313. Bernhardy, röm. L. G S. 2 ff . W. Teuffei,
Charakteristik des Horaz S. 23—34. Bimsen, Aegyptens Stellung I. S. 194 ff.
K. F. Hermann, Culturgesch. d. Gr. u. R. II. S. 26 ff. Mommsen, R. G.
allenthalben, z. B. P. S. 28 f. C. Peter, Studien zur röm. Gesch. (1863)
S. 116 11. Pantke, Parallele zwischen griech. u. röm. V Ikscharakter, Wien
1854 E. Zeller, Religion u. Philos. b. d. Römern (Berl. 18(;6), S. 8 ff . —
Köpke, über den ästhetischen Standpunkt der Römer in Vergleichung mit
den Griechen, Berlin 1807. L. Friedländer, über den Kunstsinn der Römer
in der Kaiserzeit, Königsberg 1851. K. F. Hermann, über den Kunstsinn
der Römer und deren Stellung in der Gesch. der alten Kunst, Göttingen 1855.
2. So lange die römische Eigentliümlichkeit ungetrübt be-
stand galt literarische Thätigkeit nur so weit als sie selbst eine
praktische Seite hatte für unbedenklich. Die Schriftsteller waren
lange Zeit Fremde, wenig geachtet und mit der Armut ringend,
daher von der römischen Gleichgültigkeit gegen die Form mit
ergrijßfen. Zwar die Wichtigkeit der Beredtsamkeit als eines
Mittels für die politische Wirksamkeit, imd den Werth der
Kenntniss des Geschehenen sowie der Rechtskunde wusste man
früh zu würdigen; um so mehr aber waren alle übrigen Gebiete
des Wissens vernachlässigt; gebundene Form fand nur im Dienste
des Cultus Anerkennung und bestand lange Zeit in einer ein-
zigen Art. Erst die wachsende Bekanntschaft mit dem Helle-
nischen rief im Laufe des sechsten Jahrh. der Stadt neue Be-
griffe, Interessen und Bedürfnisse ins Leben.
1. Cic. p. Plane. 27, 66: M. Catonis illud quod in principio scripsit
Originum suarum semper magnificum et praeclarum puta,vi: clarorum ho-
minum atque magnorum non minus otii quam negotii rationem exstare
oportere. Derselbe Cato bei Gell. N. A. XI, 2, 5 zum Ruhme des alten
Rom: poeticae artis honos non erat, si quis in ea re studebat aut sese
ad convivia adplicabat grassator vocabatur. Festus p. y3:ia M.t scribas
proprio nomine antiqui et librarios et poetas vocabant. Bezeichnend dafür
welche Literaturzweige als zulässig galten ist die Schriftstellerei des altern
Cato. Er fürchtete cjg anoßaXovci ^PoofiaCoL xa ngayiiata ygau^drcDv il-
XriviyL^v avctnXrjad'ivTsg (Plut. Cato mai. 23). üebersicht der Betheiligung
der Römer an der Literatur bei Cic. Tusc. I, 1 — 3.
2. Voorduin, de artibus et doctrinis in quibus Romani elaboraverunt,
Gent 1822. 150 pp. 4. M. Hertz, Schriftsteller und Publicum in Rom,
Berlin 1853. 45 S. 8.
3. Unter den verschiedenen Gattungen der Poesie hat das
Drama noch die meisten Anknüpfungspunkte im römischen
Volkscharakter. Wie alle Italiener, hatten auch die Römer
eilien scharfen Blick für das Auffallende in der äusseren Er-
Stellung der Römer zur Literatur. — Fescenninen. 3
scheinung ^ die Gabe feiner Beobachtung, lebendiger Nach-
ahmung und rascher Erwiederung. Das Improvisieren, die Neck-
und Spottlieder, sowie die Form von Wechselgesprächen und
Wechselgesängen sind daher in Italien uralt.
1. Proben des itaJum acetum (Hör. S. I, 7, 32 vgl. maledica civitas,
Cic. p. Cael. 16, 38; Romanorum facetiae, Trebell. Gallien. 9) geben die
zahlreichen Beinamen welche ursprünglich Spitznamen waren und sich auf
körperliche Eigenthümhchkeiten bezogen; s. Quintil. I. 0. I, 4, 25. Fr.
Ellendt, de cognomine etc. (Königsberg 1853) p. 9—22. Später wurde
diese Eigenschaft durch die poHtischen und gerichtlichen Kämpfe weiter
ausgebildet. Vgl. Cic. de or. II, 54 S. Quintil. VI, 3.
2. Verbot der occentationes in den XII Tafeln, bei Prügelstrafe. —
Plaut. Aul. III, 2, 31 f : nisi reddi mihi vasa iubes pipulo hie differam ante
aedes. — Spottlieder auf den Triumphator, s. unten 74. — Die Sitte bei
Suet. Vesp. 19: in fimere Favor archimimus personam eins (des Vesp.) ferens
imitansque, ut est mos, facta ac dicta vivi. Amöbäische Form hat das
Lied der fratres arvales, die Fescenninen, die Lieder beim Triumphe, Bett-
lerlieder (Schol. Hör. Ep. I, 17, 48), Hirtenlieder (amant alterna Camenae,
Verg. Eci. UI, 59).
3. Vorliebe für dialogische Einkleidung noch lange in die Literatur
hinein fortwirkend, z. B. bei dem Juristen Junius Brutus, bei C. Curio.
Ihre Volksthümhchkeit zeigt z. B. die Inschrift aus Aesernia, I. R. N. 5078.
4. Bei festlichen Gelegenheiten erfolgten lustige Auffüh-
rungen dieser Art, unter Begleitung der tibia und Tanz, auch
öffentlich. Die Theilnebmer hatten sich, nach dem Gefallen der
Südländer an Vermummungen, verkleidet, das Gesicht gefärbt
oder mit einer Maske verdeckt. Von der possenhaften Dar-
stellung eines vorgekommenen Ereignisses war ein kleiner Schritt
zu der einer erdichteten Handlung, wobei der Plan erfunden,
verabredet, die Ausführung des Einzelnen den Mitwirkenden
überlassen war. Volksmässige Aufführungen dieser Art waren
die Fescenninen, die Saturae, die Mimi, weiterhin die Atellanen.
1. Verg. 6e. II , 385 ff. : Ausonii . . coloni versibus incomptis ludunt
risuque soluto pra(jue corticibus sumunt horrenda cavatis etc. Tibull. II,
1, 55: agricola . . minio suffusus . . rubenti primus inexperta duxit ab arte
choros.
2. Mommaen R. G. P. S. 206—208.
5. Die Fescenninen haben ihren Namen von der süd-
etroskischen Ortschaft Fescennium, sind aber überhaupt mittel-
italisch. Sie waren ein Bestandtheil einer ländlichen Volks-
loBtbarkeit, wurden bei heitern Anlässen aufgeführt, und die
1*
4 Sachlicher Theil.
Theilnehmer ergieiigen sich dabei in gegenseitigen Sticheleien,
derben Witzen im massiven Volksgeschmack u. dgl. Ur-
sprünglich auch bei ländlichen Festen (z. B. nach der Ernte,
am Feste der Tellus und des Waldgottes) ausgeübt, sah sich
die Sitte allmählich in einen engern Kreis gedrängt und auf
Hochzeiten beschränkt. Als seit dem Ende der Republik die
Kunstpoesie sich ,der Fescenninen bemächtigte fasste sie die-
selben theils von ihrer skoptischen Seite auf, theils von ihrer
Anwendung bei Hochzeiten.
1. K. Zell, Ferienschriften II. S. 121 fF. 0. Müller, Etrusker II. S. 284 fF.
R. Klotz, lat. Lit. Gesch. I. S. 292 tf. W. Corssen, Origines poes. p. 124 —
132. A. Th. Bromau, de versibus fesc. Upsala 1852. 18 pp. 4. A. Ross-
bach, röm. Ehe (1853) S. 340-345.
2. Festus im Auszage des Paul. Diac. p. 85 M. : Fescennini versus, qui
canebantur in nuptiis, ex urbe Fescennina dicuntur allati, sive ideo dicti
quia i'ascinum putabantur arcere. Der unmittelbare Zusammenbang des
Namens mit dem der Ortschaft wird sich, bei der sprachlichen Form des
Wortes und der Analogie der AteUanae, nicht abweisen lassen. Weiterhin
ist aber gemeinsame Abstammung von fascinus = Phallos, als dem Sym-
bol der Fruchtbarkeit, das ebenso bei ländlichen Festen als bei Hochzeiten
an seinem Platze war (Rossbach S. 343 ff.), ganz wohl denkbar.
3. Hör. Ep. II, 1, 1^39 ff.: agricolae prisci . . condita post frumenta le-
vantes tempore festo corpus et ipsum animum .... TeUurem porco, Sil-
vanum lacte piabant, floribus et vino Genium . . (145) Fescennina per hunc
inventa licentia morem versibus alternis (vgl. Liy. VII, 2, 7 u. Sen. Med.
108) opprobria rustica fudit, libertasque recurrentes accepta per annos lu-
sit amabiliter, donec iam saevus apertam in rabiem coepit verti iocus u. s. w.
Liv. VII, 2, 7: non . . Fescennino versu similem iucompositum temere ac
rüdem alternis iaciebant. Lucan. II, 368 f.: non soliti lusere sales'nec more
Sabino excepit tristis convicia festa maritus. Macrob. Sat. lU, 14, 9 : M. Cato
senatorem non ignobilem Caecilium . . Fescenninum vocat, wohl wegen
seines ridicularia fuudere, iocos dicere (ib.). Vgl. Fest. v. spatiator,
p. 344 b. M.
4. CatuU. 61, 122 f.: ue diu taceat (bei der Hochzeit) procax Fescen-
nina locutio. Sen. Med. 107 ff. : concesso iuvenes ludite iurgio. hinc iUinc
iuvenes mittite carmina. rara est in dominos iusta licentia. V. 113 f. :
festa dicax fundat convicia fescenninus, solvat turba iocos, Sen. Controv.
VII, 21. p. 223, 16 f. Bu. : inter nuptiales fescenninos (wie Plin. N. H. XV,
22, 86 vgl. Serv. Aen. VII, 695 : Fescennium oppidum est, ubi nuptialia in
venia, sunt carmina) in crucem generi nostri iocabantur. Auson. cento nupt.
(Id. XIII): Fescenninos araat celebritas nuptialis verboriimque petulantiam
notus vetcre instituto ludus admittit. Claudian. Feseonn. 4, 29tf. : ducant
pervigiles carmina tibiae permissisque iocis turba licentior exsultet tetricis
libera legibus.
0. Catulls erstes Hochzeitgedicht (bXl) bildet (V. 122 ff.) die nationale
Die Saturae. 5
Sitte nach. Vgl. Auson. Id. XIII s. f.: quid Anniaui fescenuinos (loquar)?
Von Claudiaji Laben wir in nuptias Honorii Aug. et Mariae iescennina (vier
Gedichte in verschiedenen Massen). Dagegen Macrob. Sat. II, 4, 21: tem-
poribus triiunviralibuä Pollio, cum fescenninos in eum Augustus scripsisset,
ait: at ego taceo. non est euim facile in eum scribere qui potest pro-
scriVjere.
6. Nach Diomedes III. p. 475 P. = 479, 13 K. nannten die (späteren)
Grammatiker den Amphimaker oder Kretikus auch fescenninus und am-
phiraeres. Als ursprüngUches Mass der Fescenninen aber, so weit sie über-
haupt gebundene Form hatten, ist das saturnischc vorauszusetzen. Auf die
Bühne kamen die Fescenninen nicht.
6. In den saturae scheint von Anfang an das Drama-
tische überwogen zu haben. Es waren wohl lustige Auffüh-
rungen der ländlichen Jugend Latiums, einzehie Lieder oder
komische Erzählungen, vorgetragen unter gesticulierendem Tanz
und begleitet von der tibia, ihren Anlässen und Gegenständen
nach manchfaltiger als die Fescenninen. Sie hängten sich an
die landesübKchen Feste an und wurden, als im J. 390 d. St.
in Rom eine Öffentliche Bühne errichtet ward, von umher-
ziehenden Bänkelsängern auch auf dieser aufgeführt. Später,
als unter die öffentlichen Lustbarkeiten auch kunstgerechte Dra-
men in gi'iechi scher Weise aufgenommen worden waren, schlös-
sen sich jene an dieselben an und giengen in Folge dessen all-
mählich in den Namen Nachspiele, exodia, über, den sie aber
bald an die Atellanen abzutreten hatten.
1, Ueber die saturae ist Alles dunkel und unsicher. Einigen Halt bie-
tet der Ausdruck saturas agere (Liv. VII, 2, 7: impletas modis saturas de-
scripto iam ad tibicinem cantu motuque congrucnti peragebant), die Her-
übernahme auf die Bühne und der Uebergang in den Begriff exodia; s.
Liv. 1. 1. 11 : iuventus histrionibus fabellarum actu relicto ipsa inter se more
anüquü ridicula intexta versibus iactitarc coepit; quae exodia postea ap-
pell ata . . sunt.
2. AVjleitung des Namens. Diomed. III. p. 483 P. = 485 f. K. : satira
dicta ßive a Satyris, quod similiter in hoc carmine ridiculae res pudendae-
que dicuntur, quae velut a Satyris proferuntur et fiunt; sive satura a lance,
quae referta varüs multisque primitiis in sacro apud priscos dis infereba-
tnr . . .; aive a quodam genere farciminis^ quod multis rebus refertura sa-
tarani dicit Varro vocitatum. Unter diesen Ableitungen fand die zweite lange
Zeit ausachlieselichen Beifall, und es wurde der Name bald auf die Manch-
faltigkeit des Inhalts bezogen, bald auf die Mischung von Gesang, Tanz,
Mimufi und Text; obwohl die Hervorhebung der Manchfaltigkeit das Da-
sein einheitlicher Formen voraussetzt, was erst bei der späteren, litera-
rischen Gestalt der Satire zutrifft. Mommsen, R. G. 1"^ S. 28. 206. 430, hat
die er*te Ableitung, in modificierter Gestalt, aufgenommen.* Nach ihm ist
6 Sachlicher Theil.
satura „der Mummenschanz der vollen Leute" (adzvQoi, saturi, Ygl. Tibull.
II, 1, 23 saturi . . coloni), „das beim Volkscarneval gesungene Lied". Wel-
cher Substantivbegriff soll dabei der Femininalform zu Grunde liegen?
Etwa res? Vgl. übrigens das ital. farsa (eig. Füllsel, Gemengsei) und die
arabische Dichtart Qasside (eig. das Volle, Satte, H. Ewald in d. Götti.
Gel. Anz. 1861, S. 833).
3. Errichtung eines Brettergerüsts im Circus für Vorstellungen zur
Unterhaltung der Menge (durch mimi, s. § 7) im J. 390 = 364 v. Chr., Liv.
VlI, 2. Fest. p. 326, a: scenicos (ludos) primum fecisse C. (Ati-?)lium, M.
Popilium M. f. (Cos. 395 d. St.) (curules) aediles memoriae (prodiderunt)
historici. Mommsen P. S. 430: „Die neue Bühne . . war zwar zunächst
lediglich für Spielleute und Possenreisser jeder Art bestimmt, unter denen
die Tänzer zur Flöte, namentlich die damals gefeierten etruskischen, wohl
noch die vornehmsten sein mochten; indess" war damit doch ein Keim für
ein regelrechtes Theater gegeben, wie es 120 Jahre später durch Andro-
nikus begonnen wurde. Nachdem durch diesen ein förmliches, der grie-
chischen Literatur entnommenes Textbuch eingeführt worden war mochten
die alten Lieder zur tibia nunmehr zur Ausfüllung der Pausen verwendet
werden, während die possenhaften Aufführungen, in ähnlicher Weise wie
das griechische Satyrdrama, sich an jene kunstgerechten ' ernsthaften an-
schlössen.
4. Exodium ist ein heiteres Nachspiel zu einem ernsthaften Stücke ;
vgl. Plut. Crass. 33: tCg tolovto (paaiv ^^oSiov tiqv Kquccov argazT^yiav,
coansQ Tgaycodieev, tflevT^Gat. Vgl. Pelopid. 34: rrjv tatpriv oiov xQaycp-
Siocg ^ifydli^gj trjs tVQavvidog b^oSlov d'satQLnov yBvo^tvrjv. Schol. luv.
III, 175: exodiariuf apud veteres in fine ludorum iutrabat, quia ridiculus
foret, ut quidquid lacrimarum atque tristitiae conlegissent ex tragicis af-
fectibus huius spectaculi risus detergeret. Nach dem Untergang der alten
saturae wurden hiezu neben den mimi mit Vorliebe die Atellanen ver-
wendet; daher Atellanicum exodium (Suet. Tib. 45), exodium Atellanae
(luv. VI, 71) und Lyd. de mag. I, 40: 'AtsUccvt} iorlv rj zav Xsyo^ivcav
i^odiaQLcov. MissverständUch Livius (VII, 2, 11): quae exodia postea ap-
pellata consertaque fabellis potissiraum Atellanis sunt.
7. Der Miraus, als possenhafte Darstellung von Personen
und Handlungen auf der Bühne, ist in Rom der Sache nach
wohl so alt als das Dasein einer Bühne. Ursprünglich wohl
selbständig auf der Bühne aufgeführt, wurde er, seitdem auf
derselben kunstmässige und ernste Darstellungen überwogen,
als Nachspiel verwendet, trat aber hiebei lange Zeit gegen die
neuhereingekommene atellanische Volksposse zurück, bis im ci-
ceronfschen Zeitalter auch der Mimus in die Literatur aufgenom-
men wurde und nun seinen Platz auf der Bühne — zuerst als
Nachspiel, in der Kaiserzeit auch selbständig — um so länger
behauptete.
1. Diomed. III. p. 488 P. =491, 13 ff. K.: mimus est sermonis cuius-
Der Mimus. Begriff ii. ältere Geechichte. Planipes. 7
ibet inotuB (sermonem movere, wie iocum movere bei Sali. Cat. 25) sine
reverentia , vel factorum et (etiam) turpium cum lascivia imitatio ; a Grae-
cis ita definitus: fiTiiog iativ fiifirjaig ßtov tct t8 avynextogrjfibva xofl davy-
Xmgrjta nfgiixotv. So sind nach Euanthius die mimi benannt ab diutuma
imitatdone viliiim rerum et levium personarum, und nach Isid. Or, XVIII,
49: mimi smit dicti graeca appellatione quod rerum humananim sint imi-
tationes. Plutarch, Quaest. sympos. VII, 8, 4, unterscheidet zwei Arten
von fjtiaoi, (ov tovg filv vnod'iasig, tovg dh naiyvia %ctXovaiVy welche aber
beide sich zur Tischunterhaltung nicht eignen, die ersteren Sid xd /^r/x??
rmv dgaiidttov nal.to dvaxoQrjyrjtov , die naiyvia aber nicht wegen ihres
Schmutzes, obwohl sie trotzdem eine beUebte Unterhaltung bei Tische bil-
den, sogar in Anwesenheit von Frauen und Knaben. In letzterer Bedeu-
tung z. B. bei Polyb. XXXI, 4: vno xav fiificav 6 ßaaiXsvg siastpfgexo . .
(og £ig Qjv x(av fLifitov. xal xijg cviLqxovCag ngoTialovfitvijg dvanr^dijaag
cagx^txo %ttl vnen^LVfxo fisxd xdv yslatxonoiäiv. Die Literaturgeschichte
kann nur der erstere, sceuische, Mimus beschäftigen; über die andere Art,
die iiifioi als possenhafte Aufführungen in Privatkreisen, welche der Sitten-
geechichte angehört, s. bes. 0. Jahn's Prolegg. zu seiner Ausg. des Persius,
p. LXXXIV — XCll. üeber den römischen Mimus überhaupt Ziegler, de
mimia Rom., Göttingen 1788, und bes. C. 1. Grysar's (die Zeiten zu wenig
sondernde) Abh,, der römische Mimus, Wien 1854 = Sitzungsber. der Wiener
Akad., philosophisch-hist. Gl. XII. S. 237—283, nebst den Anhängen S. 283—
337. Ueber den späteren Mimus auch E. Munck, de fab. Atell. p. 124 ff.
Krahner, Ztschr. f. Alt. Wiss. 1852, S. 390 ff. L. Friedläuder, Sittenge-
schichte Roma IP. S. 298 ff.
2. Der Mimus war „ein uraltes volksthümliches Product, und von seiner
ursprünglichen Gestalt unterscheiden sich die Erzeugnisse des Laberius
und Syrus nicht mehr als von der alten Posse von Atella deren literarische
Bearbeitung durch Pomponius und Novius". J. Vahlen, Ztschr. f. östr. Gymn.
1859, S. 291. In der That stimmt der Mimus ganz zum itaUschen Volks-
charakter (§. 3 f.) und zur Culturstufe der Römer. So lauge er nicht schrift-
lich fixiert war, und damit nicht abgegrenzt von den possenreisserischen
Aulführungen im gewöhnlichen Leben, entzog er sich der Beachtung. Doch
hat die Spuren seines Vorkommens vor der suUanischen Zeit M. Hertz zu-
sammengestellt, in Fl^ckeisens Jahrbb. XCIII. S. 581—583. Die älteste ist
bei Festus p. 326 M,, wo nach Erwähnung der Errichtung einer Bülme
und Einrichtung von Spielen darauf (ludi scenici, saltationes) es heisst:
solebant (bis prodire mimi) in orchestra (?), dum (in scena actus fa-)bulae
coraponeren(tur, cum gestibus ob-jscaenis. Darauf Erwähnung von ludi
(Apollinares) C. Sulpicio C. Fulvio cos. (vielmehr P. Sulp. Cn. Fulvio =
543 d. St. 211 V. Chr.) wobei ein hbertinus mimus magno natu qui ad ti-
bicinem saltaret auftrat, und der abweichenden Ansicht des Sinnius Capito,
der den Vorfall Claudio et Fulvio cos. ,542 = 212) ansetzte. Vgl, F. Osann,
Festus und die erste Aufführung von Mimen in Rom, Jahns Jahrbb. LXXIII.
S. 660—663. Aus dem siebenten Jahrh. werden Ausschreitungen des Mimus
durch nomiuatim compellare in scena (Comif. ad Her. I, 14, 24. H, 13, 19)
angeführt, sowie aus J. 639 von Cassiodor dass die Censoren artem ludi-
cram ex urbe removerunt. Aus derselben Zeit muss der mimus vetus op-
pido ridiculus Namens Tutor bei Cic. de or. II, 64, 259 (Scene J. 663 d. St.)
8 Sachlicher Theil.
sein. Val. Max. 11, 10, 8 bezeichnet die nudatio mimarum auf der Bühne
an den FJoralien als einen priscus mos ioooram. Ebenso lässt der aQxtfiifiog
ZcJQi^ (Plut. Süll. 36) in der Zeit des Sulla auf alte Organisation dieses
Standes schh'essen. Vielleicht dass vor dem Aufkommen des Namens mimus
die Sache unter der Bezeichnung planipes bestand; vgl. Grysar S. 245 f.
3. Diomed. III. p.* 487 P. = 490 , 3 ff . K. : quarta species (fabularum
latinarum) est planipedis, qui g^aece dicitur iiifiog. ideo autem latine pla-
nipes dictus quod actores pedibus planis, i. e. nudis, proscenium introirent,
non ut tragici actores cum cothurnis neque ut comici cum soccis. . . . cuius
planipedis Atta . . ita . . meminit : daturin estis auruni? exsultat planipes.
Festus p. 277 in.: mimi planipedes. Aus(m. ep. 11: de mimo planipedem.
Juv. VIII, 101: planipedes audit (populus) Fabios (vgl. Suet. Ner. 4. Tac.
Hist. III, 62). Donat. de com.: planipedia autem dicta ob humilitatem
argumenti eins ac vilitatem actorum, qui . . utuntur in scena . . piano pede.
Gell. 1,11, 1*2: si ut planipedi saltanti . . numeros et biodos . . tibiceu in-
cineret. Macrob. Sat. II, 1, 9: planipedis et fabulonis (sannionis?) impudica . .
verba iacientis. Die sachliche Identität von planipes und mimus ist hienach
wohl unzweifelhaft.
4. Cic. ad Fam. IX, 16, 7: secuuäum Oenomaum Attii non, ut olim
solebat, Atellanam, sed, ut nunc fit, mimum introduxisti. Vgl. embolium
(Cic. p. Sest. 54, 116) und emboliaria bei Plin. N. H. VII, 47, 158, aus der
Bullanischen Zeit, sowie aus der Kaiserzeit bei Orelli 2613, und emboliarius
(Garucci, graffiti d. Pompei p. 14). Dass noch später manchmal der mimus
als Nachspiel verwendet wurde ist ausserdem vielleicht zu schliessen aus
Donaths (de com.) Definition des siparium: mimicum velum quod populo
obsistit dum fabularum actus commutantur. Vgl. Sen. tranq. 11, 8: Publi-
lius . . inter multa alia cothumo, non tantum sipario, fortiora et hoc ait.
Juv. VIII, 185 f. : vocem . . locasti sipario, clamosiftn ageres ut Phasma Ca-
tulli. Auch s. Sueton. Dom. 10 : occidit et Helvidium filium, quasi scenico
exodio (wohl einem Mimus) sub persona Paridis et Oenones divortium suum
cum uxore taxasset.
8. Zu einem Literaturzweig wurde der Mimus am Ende
der Republik durch D. Laberius und C. Matius, sowie Publilius
Syrus. Damit wurde der Kreis seiner Stoflfe erweitert, seine
Form der der übrigen Dramengattungen näher gebracht. In
der Kaiserzeit sodann, wo der Mimus zusammen mit dem stum-
men Pantomimus die HeiTschaft hatte, verfassten Texte für den-
selben Philistion, Q. Lutatius Catullus und Lentuhis, neben
welchen noch Hostilius, MaruIIus, Atticus, Vergilius Romanus,
Äemilius Severianus und Aesopus genannt werden. Was aus
dieser Zeit über den Charakter des Mimus berichtet wird ge-
stattet, wenn man die Raffiniertheit in Abzug bringt, einen
Rückschluss auch auf die ältere Gestalt. Nur dass jetzt, nach-
dem fast alle andern Dramengattungen in dem Mimus unter-
gegangen waren, dieser eine reichere Handlung entfaltete und
selbständig auftrat.
Der Mimus am Ende der R^puLlik u. in der Kaieerzeit. 9
1. Athen. VI. p. 261 C: iVixoAaos (Damasc.) . . ZvXXav cprjalv . . oijzco
XcciQSiv fjkifioig xal ysXcDZOTtOLoCg, q)iX6yeX(0V ysvo^svovy (og xal noXXd yfjg
(Aetgcc avTOig jjofptffcF'O'rt« trjg dfjiioatag. ifKpavi^ovat &* avzov to tueqI
ravta iXagov cd vn* avzov yQaq)siaat accTVQiytal yKofimdiai t^ nctzQt(p
q}iiiv^y was Grysar S. 287 auf Mimen bezieht. Vgl. Plut. Süll. 2 u. 36.
Sicher waren Mimographen in Caesar's Zeit Laberius und der Verfasser
von (nicht dramatischen?) Mimiamben Matius. Pub Uhus Syrus vereinigte
damals in sich den Mimographen und den Minien (Schauspieler). Aus der
augusteischen Zeit L. Crassicius, genere Taren tiuus, . . initio circa scenam
versatus est, dum mimographos adiuvat (Suet. gramm. 18). Zweifelhaft
ist ob die von Seneca (Ep. 8, 9) seinem LuciUus zugeschriebenen Senarc
aus Mimen sind. Ueber Atticus s. Martial. II, 7, 3: compouis belle mimos.
Von Vergiüus Romanus sagt Plin. Ep. VI, 21, 4: scrijjsit mimiambos tc-
nuit^r, argute, venuste atque in hoc genere eloquentissime. Tertull. apolog.
15: dispicite Lentulorum et HostiUorum venustates, utrum mimos an deos
vestros in iocis et strophis rideatis. Aesopus bei Amm. Marc. XXX , 4, 2 1 ;
Aemilius Severianus (aus Tarraco), mimographus, Orelli 2622. Für den
pantomimus componierten Sujets in der Kaiserzeit Arbronius Silo (Sen.
suas. II, 19. p. 17, 9Bu.: pautomimis fabulas scripsit), Lucau (fabulae sal-
ticae XrV, Vacca), Statins (Juv. VII, 87).
2. Cic. de or. II, 59, 242: mimormn est ethicorum si nimia est imi-
taiio (carikierende Charakterbilder), sicut obscenitas. Vgl. ib. 239. orat.
26, 88: ridiculo sie usurum oratorem ut . .nee subobsceno (utatur), ne mi-
micum (sit). Ovid. Trist. II, 497 (obscena iocantes) u. 515 (imitantes tur-
pia). Quintil. VI, 1, 47. — Hauptzweck: Lachen zu erregen. Hör. S. I,
10, 6 f. Apulej. Flor. I: si mimus est riseris, si comoedia faveris. Cas-
siod. Var. IV fin. : mimus, qui nunc tantummodo derisui habetur. Lyd.
mag. I, 40: jLttfitxi) ^ vvv d-qd'iv aovri aco^ofiivr), zsxvi^ov fisv J';i;ov(7a ov~
$lv Xoyoo, [Lovov z6 ytXrjd'og inocyovaa yiXcozL. Mittel dazu auch das Ge-
aichterschneiden (Quintil. VI, 3, 29), Nachahmen von Thierlauten ut dgl. —
Oekonomie und Plan : Cic. Phil. II, 27, 65 : persona de mimo, modo egens,
repente dives. p. Cael. 27, 65.: mimi est iam exitus, non fabulae: in quo
cum clausula non invenitur fugit ahquis ex manibus, deinde scabilla con-
crepant, aulaeum toUitur. Später hierin sorgfältiger; Quintil. IV, 2, 53:
est qiudam etiam . ductus rei credibilis, qualis in comoediis etiam et in mi-
mis. Plut. de solert. anim. 19 (aus Vespasians Zeit): fiificp nXoTiriv ^%ovzl
6g€tfiazniT}v xal •noXvnQoconTiov. — Proben des Dialogs bei Cic. de or. II,
67, 274, z. B.: quid est tibi Ista midier? „Uxor". Similis, me dius fidius. —
Prolog, von Laberius (Macrob. Sat. II, 7, 2 f.). Vgl. Isid. Orig. XVIII, 49:
habebant (mimi) suum actorem qui antequam mimum ageret fabulam pro-
nuutiaret. Ueber die cantica s. unten A. 7.
3. Als scurrile Darstellung des gemeinen Lebens berührt sich der Mi-
mus mit der Togata imd hat mit ihr viele Titel gemeinsam, wie Aquae
caldae, Augur, CompitaUa, FuUo, Virgo, letztere beiden auch mit der kunst-
mlUisigen Atellane, mit welcher er ausserdem die Titel Gemini, Hetaera,
Nupidae, Piscator theilt. Das hauptfiächUchste Unterscheidungsmerkmal
wird wohl beim Mimus das Ueberwiegen der Mimik, bei den Atellanen
das Vorkommen der oscae personae gewesen sein. Mit der Palhata hat
10 Sachlicher Theil
der Mimus die Titel Colax, Hetaera, Phasma gemeinsam, und auch Alex-
andrea, Belonisiria, Cophinus, Ephebus, Necyomantia, Scylax sind ursprüng-
lich griechische Titel von Mimen. Die Handlung des mimus war mit Vorliebe
obscen, bes. Verführungen, Ehebruchsscenen, Ueberlisten von Gatten oder
Vätern oder überhaupt Arglosen. Vgl. Ovid. Trist, II, 497 ff. Cic. p. Rab. Post.
12, 35: illim omnes praestigiae, . . omnes fallaciae, omnia denique ab iis
mimorum argumenta nata sunt. Juv. VI, 44. VIII, 197. Capitol. M, Anton.
29, 2. Lamprid. HeUog. 25, 4 (mimica adulteria}. Donat. zu Aen. V, 64:
mimi solis iuhonestis et adulteria placent. Lactant. inst. VT, 20: (mimi)
docent adulteria dum finguut. Minuc. Fei. Oct. 37, 12: mimus vel exponit
adulteria vel monstrat. Grysar S. 253. In derselben Richtung wurden auch
die mythologischen Stoöe ausgewählt und behandelt, welche namentlich
in der Kaiserzeit immer häufiger wurden (von Laberius: Lacus Avemus,
Necyomantia). Arnob. adv. gent. IV, 35: etiam mimis et scurrilibus Indi-
ens sanctissimorum personae interponuntur deorum, et ut spectatoribus
vacuis risus possit atque hilaritas excitari iocularibus feriuutur cavillatio-
nibus numina. Ib. VIT, 33: symplegroatibus plurimis intermixtos se esse de-
risionis in materiam norunt (dii). TertuU. apolog. 15: dispicite . . utrum
mimos an deos vestros . . rideatis, moechum Anubim et mascidam Lunam,
Dianam flageUatam et lovis mortui testaraentum recitatum et tres Her-
cules famelicos irrisos. Aehnliclie Stoffe Kinyras und Myrrha (Joseph. Ant.
XIX, 1, 13), Paris und Oenone (Suet. Dom. 10), Priapus (Augustin. civ. dei
VI, 7). Ebenso in den Pantomimen Leda (Juv. VI, 63. Arnob. adv. g. VIT,
33) u. dgl. (Appulej. apol. 74 extr. Arnob. 1. l.\ Dadurch waren die Cli-
men theils ein S^inptom theils ein Hauptbeförderungsmittel der greulichen
Sittenverderbniss.
4. Mit dieser Scurrilität und Verderbniss bilden einen scheinbaren Con-
trast (Sen. Ep. 8, 8 f.) die weisen und moralischen Sprüche von welchen
besonders des Syrus Mimen, vielleicht unter dem Einflüsse der griechischen
Komödie (vgl. Plaut. Rud. IV, 7, 23 ff.\ förmlich strotzten. Doch ist diese
Vereinigung von Possenhaftigkeit und Altklugheit volksmässig (vgl. W.
Hertzberg zu Juvenal XV, 16. S. 336 f.), und in der Kaiserzeit vdrd der
zweite Bestandtheil wohl minder hervorgetreten sein. Dagegen persönliche
Anzüglichkeiten, wie sie schon früher der Mimus sich erlaubt hatte (Corni-
ficius oben 7, 2. Laberius V. 7), nahm er sich jetzt manchmal gegen die
Höchstgeetellten heraus. Capit. M. Ant. 8, 1 : adepti imperium ita civiliter
se ambo egerunt ut . . eos Marullus, sui temporis mimographus, cavillando
impune perstringeret. Ib. 29, 1 f. (ter — Tullus). Maximin. 9, 3 fl*. Lam-
prid. Comm. 3, 4 (appcllatus est a mimis quasi obstupratus). Vgl. Vopisc.
Aurel. 42, 5.
5. Die Darstellung der Mimen geschah durch Einen Hauptschauspieler.
Publilius ciun mimos componeret ingentique assensu in Italiae oppidis
agere coepisset (Macrpb. S. II, 7, 7). Laureolum . . Lentulus egit (Juv.
VIII, 187). Doctus archimimus . . cotidie in Capitolio mimum agebat
(Augustin. civ. d. VI, 10). Neben diesem gab es auch actores secundarum
(Suet. CaL 57), die jenem untergeordnet waren (Hör. Ep. I, 18, 13), ihn
blind nachahmten (Suet. 1. 1.) und die Schläge von ihm einnahmen (Jüv.
V, 171. VllI, 192. Martial. II, 72, 3 f. V, 61, 11 f. Arnob. adv. g. VIl, 33).
Der Mimus am Ende der Republik n. in der Kaiserzeit. 11
Insbesondere war unter diesen die stehende Rolle des stupidua (Orelli 2(545
aus Verona: Aurelius Eutyches, stupidus greg(is) urb(anae), vgl. ib. iGOS.
Juv. VIII, 197), dargestellt capite raso (Heinrich zu Juv. V, 171. S. 219 f.
Non. Marc. p. 6, 25: calvitur = frustratur, tractum a calvis mimis, quod
ßint Omnibus frustratui, Arnob. 1. L: delectantur dii stupidorum capitibus
rasis, salpiti-anim sonitu ac plausn, factis et dictis turpibus, fascinorum in-
gentium rubore). Festus s. v. salva res, die palliata einmischend: secun-
darum partium fuit, qui fere Omnibus mimis parasitus inducitur. Ebenso
ungenau Hieronym. ep. ad Eustoch. 22: virgines . .. quae rubore frontis
parasitos vincunt mimorum. Dem Mimus eigenthümlich und eine Haupt-
quelle der Lüderlichkeit war die Darstellung der weiblichen Rollen durch
Frauenzimmer, unter denen manche Mimae zu einer gewissen Berühmtheit
gelangten, wie Arbuscula, Dionysia, Cytheris, Origo, Quintilia, Bassilla (C. I.
gT. in. p. 1023); Claudia Hermione, archimima, Orelli 4760; Arete archi-
mima, Gruter p. 380, 4. — In der Kaiserzeit ist an eine Beschränkung in
der Zahl der Schauspieler nicht zu denken; vgl. Petron. Sat 80: grex agit
in scena mim um, pater ille vocatur, filius hie, nomen divitis (vgl. Sen. Ep.
114, 6: in mimo divites fugitivi) ille tenet. Plut. de sol an. 19: uium
nXoxijv exovzi . . nolvTigocconov. So erforderte der Laureolus ein grosses
Personal (Joseph. Ant. XIX, 1, lo). Auftreten eines dressierten Hundes,
Plut. 1. 1.
6. Kostüm der mimi eine bunte Harlekinsjacke, centunculus (Appulej.
apol. 13) und keine calcei (excalceati, Sen. Ep. 8, 8), daher planipedes,
oben 7, 3. Die Mimae ihrem Charakter gemäss aufgeputzt und entblöst;
eigenthümlich, wie es scheint, das recinium oder ricinium. Festus p. 274 —
276: recinium . . esse dixerunt vir(ilis) toga(e simile vestimentum quo)
mulieres ütebantur, praetextum clavo purpureo, imde reciniati mimi plani-
pedes. Vgl. Varro L. L. V, 132: antiquissimis amictui ricinium, Non.
Marc. p. 542: ricinum . . palleolmn femineum breve. Serv. Aen. I, '282:
togas etiam feminas habuisse cycladmn et recini (Var. ricini) usus ostendit.
Masken waren schon durch die Mimik ausgeschlossen. Ueber die Rang-
stufe auf der die Mimi in der Öffentlichen Schätzung standen s. z. B. Vopisc.
Carin. 16, 7: mimis, meretricibus, pantomimis, cantoribus atque lenonibus
Palatium implevit. Vgl. Trebell. Gallien. 21, 6. Trig. tyr. 9, 1 u. A.
7. Die Sprache der Mimen war, dem Stoti'e und Publicum entsprechend,
plebejisch; über Laberius s. Gellius XVI, 7. Als Versmasse finden wir in
den üeberresten iambische Senare und trochäische Tetrameter. Vgl. La-
berius V. 55: versorum, non numerum, numero studuimus. Dazu die mim-
iambi des Matius in Skazonten. Doch ist bei der Handlung des Mimus
(z. B. den alapae) kaum zu glauben dass alle Mimen zu jeder Zeit
durchaus gebundene Form hatten; vielmehr wird diese sich wohl auch
manchmal auf cantica beschränkt haben. Das Vorhandeniein solcher er-
bellt aus fiificodoL (Plut. Süll. 2). Die obscena cantica von welchen omne
convivium strepit (Quintil. I, 2, 8) waren wohl hauptsächlich aus Mimen.
Versus cantare bei Capitol. Maximin. 9, 5. Auch salva res est dum cantat
senex, Fest. p. 326. Die Begleitung durch die tibia galt wohl hauptsäch-
lich der saltatio; Festus p. 276: ad tibicinem saltare; Gell. I, 11, 12: si ut
planipedi saltanti . . numeros et modos . . tibicen incineret. Quintil. I, 10, 31 :
12 Sachlicher Theil.
non hanc (musicen) a nie praecipi quae nunc in scenis effeminata et im
piidicis modis fracta non ex parte minima si quid in nobis virilis roboris
manebat excidit. Den nahen Zusammenhang mit dem Pantominms zeigt
z. B. Macrob. Sat. II, 7, 13: cum canticum quoddam saltaret Hylas (Panto-
mime) cuius clausula erat xov y^tyccv *Jyafiiiivova; vgl. Apulej. apol. 74
extr. : saltandis fabulis exossis plane et enervis, sed, ut audio, indocta et
rudi moUitia. negatur enim quidquam histrionis (allgemeiner Ausdruck)
habuisse praeter impudicitiam. Auch im Pantomimus fehlten also cantica
nicht, nur dass diese wohl nicht der Pantomime selbst vortrug, sondern
sie hinter der Scene gesungen wurden.
8. Ueber den Mimus im Mittelalter vgl. Grysar S. 331—337, und Kräh-
ner, Ztschr. f. Alt. Wiss. 1852, S. 388 f.: die letzten heidnischen Priester
waren auch die letzten Mimen und Joculatoren (s. z. B. die Schilderung
eines solchen in einem Sermon des Maximus Tauriuensis bei Muratori
Anecd. IV. p. 99), und die früheste Kunde von dem Drama des beginnen-
den Mittelalters zeigt uns dasselbe als ein kirchliches und dieselben Jocu-
latoren in seinem Dienste.
9, Die Atellanen (Atellanae fabulae) sind benannt nach
dem campanisehen Landstädtehen Atella, in einer ursprünglich
oskischen Gegend. Atellanerstücke bedeuteten von Anfang an
Krähwink eliaden, komische Darstellungen kleinstädtischen Trei-
bens deren Figuren allmählich stehend wurden. Nachdem im
J. 543 d. St. die Römer Campaniens Selbständigkeit vernichtet,
die Landschaft latinisiert hatten gelangte Sache und Name nach
Rom, und bald waren Maccus, Bucco, Pappus u;id Dossennus
auch beim römischen Volke allbekannte und beliebte Gestalten,
an die man ähnliche, wie Manducus, Mania, Lamia, Pytho, an-
schloss. Die jungen Römer mochte das neue Spiel als eine
Art verbesserter saturae anmuten, und sie übten es persönlich,
maskiert, aus. Dabei wurde höchstens der allgemeine Gang der
Handlung verabredet, das Uebrige der Improvisation überlassen.
Um so kunstloser war die Anlage der Stücke. Die Form war
wohl meist einfacher Dialog , etwa mit eingelegten Liedern im
saturnischen Masse; der Witz massiv, die Gesticulation lebhaft
und gleichfalls gern sclunutzig-, die (lateinische) Sprache plebe-
jisch gehalten.
1. Literatur: C. E. Schober, über die Atellanen, Leipzig 1825, und de
Atellanis exodiis, Breslau 1830. F. Weyer, üb. d. At., Mannheim 1826.
Zell, Ferienaohriften, IL S. 139 tf. Klenze, philol. Abhh. (Berlin 1839) S. 91—
105. E. Munk, de fabulis Atellanis (nebst Sammlung der Bruchstücke),
Breslau 1840. Th. Keller, de lingua et exodiis Atellanarum, Bonn 1850.
Lannoy» Essai sur les Atellanes et sur quelques productions du thdätro
populaire dans l'ancienne Rome, in den M^m. de la societe littfl^raire de
Louvain, V (1850) p. 85-130. Mommsen, R. G. II«. S. 438—442. W. Teuffel
in Paul/s R. E. I, 2. S. 1957-r-1960.
Die Atellanen als VolksposBC ii. Literaturzwoig. 13
2. Diomedes III. p. 487 P. = 490, 1 f. K. : tertia species est fabularum
latinarum quae a civitate Oscoruni Atella, in qua primiim coeptae (un-
richtig), appellatae sunt Atellanae, argumentis dictisque iocularibus. Momm-
sen a. a. 0. hält die Atellanen für ursprünglich und uralt latinisch und
die (seit 643) latinisierte Oskerlandschaft nur für ihren poetischen Schau-
platz. Letzteres stünde in einigem Widerspruch mit dem hohen Alter,
sowie mit der allgemeinen Bezeichnung der Atellanen als osci ludi (Cic.
Fam. VU, 1,3), oscum ludicrum (Tac. A. IV, 14), der stehenden Figuren
als oscae personae (Diomed. III. p. 488 P. = 490, 20 K.).
3. Maccus ist dumm, gefrässig und lüstern, hat Eselsohren u. s. w.
Bucco arbeitet mit der bucca, plappernd imd fressend. Pappus ist ein
eitler, aber sehr verblendeter Alter, der von Frau und Sohn überlistet wird.
Dosaennus (dorsum) ein püi^ger Beutelschneider, der dottore.
4. Liv. VIT, 2, 12: quod genus ludorum (At.) ab Oscis acceptum tenuit
iuventus nee ab histrionibus pollui passa est. eo institutum manct ut acto-
res Atellauarum nee tribu moveantur et stipendia tamquam expertes artis
ludicrae faciant. Daraus in seiner Weise Val. Max. II, 4, 4. p. 71, 12 ff.
, Halm. Fest. v. personata, p. 217 a. M. : per Atellanos, qui proprio vocan-
tur personati, quia ius est üs non cogi in scena ponere personam, quod
ceteris histrionibus pati necesse est. Als J. 639 d. St. die Censoren artem
ludicram ex urbe removerunt nahmen sie davon nur aus latinum tibicinem
et ludum atellanum (M. Hertz statt des hdschr. talanum), Cassiod. ad a.
(S. 620 bei Mommsen).
5. Va^o Gerontodidascalo : putas eos non citius tricas Atellanas quam
id extricaturos? Non. p. 8, 29. Vgl. Tertull. spect. 17: Atellanus gesticu-
lator. Quintil. I. 0. VI, 3, 47: amphibolia, neque illa obscura (? obscena)
quae Atellani e more captant.
6. Missverständlich Strabon V, 3, 6. p. 233 C: xiav "Ocfxcöv l-AliXoi-
noTCiv 17 öidlinzog [tivsi naga toig 'Pconatotg, cüfftf aal noLi]fiatci anrivo-
ßaxBCa^ai xar« ziva ayoiva natgiov xal ii,iu.oXoys 10%" ai. Oskisch wäre in
Hom nicht verstanden worden; vgl. Liv. X, 20, 8. Titin. v. 104. Gell. N.
A. XVII, 17, 1. Macrob. Sat. VI, 4, 23. Vielleicht kam dem Strabon die
Sprache der rustici (Varro L. L. VII, 84. 96) in den Atellanen so fremd-
artig vor dass er sie für einen andern Dialekt hielt, verführt überdiesa
durch den Namen der osci ludi.
10. In der sullanischen Zeit wurde die Atellane durch Pom-
ponius aus Bononia und Novius aus einer Volksposse zu einem
Zweige der Kunstdramatik gemacht, indem dieselben die Stücke
vollständig schriftlich auszuarbeiten begannen. Durch geord-
neten Plan, Charakterzeichnung und metrische Form wurde die
Atellane nunmehr den anderen Arten der Komödie gleich und
war nur etwa burlesker. Neben der Schilderung des Volkslebens
und persönlichen Anzüglichkeiten finden sich jetzt auch mytho-
logische Titel. Seitdem wurde die Atellane in Rom als Nach-
spiel verwendet und auch durch eigentliche Schauspieler aufge-
14 Sachlicher Theil.
fiüirt. Noch in der ersten Kaiserzeit bestand sie fort und hatte
an Mummius einen Vertreter, wurde aber den Zeitverhältnissen
gemäss immer stummer und gieng bald im Pantomimus unter.
1. Ueber Pomponiua und Novius s. unten §. 125. — Cic. Farn. IX,
16, 7 (J. 708): secunduiu Oenomaum Accii non, ut olim solebat, Atel-
lanam, sed, ut nunc fit, mimum introduxisti. Vgl, Mar. Vict. p. 2527 P.
und oben §. 7, 4. In Landstädtchen wurden Atellaneu auch selbständig
aufgeführt, Juv. III, 175.
2. Suet. Nero 39: Datus Atellanarum histrio in cantico quodam u. s. w.;
vgl. Galb. 13: Atellania notissimum canticum exorsis. Juv. VI, 71 f.: Ur-
bicus exodio risum movet Attellanae gestibus Autonoes. OrelU 6682 (aus
Pompeji) : Methe Cominiaes Atellana. Tac* A. IV, 1 4 : Caesar (Tiberius) de
immodestia histrionum rettulit . . . oscum quondam ludicrum, levissimae
apud volgum oblectationis , eo flagitiorum et virium venisse ut auctoritate
patrum coercendum sit. Vgl. Suet. Tib. 45 extr. Calig. 27 extr. : Atellanae
poetara (den Mummius?) ob ambigui ioci versiculum media amphitheatri
arena igni cremavit. — Macrob. Sat. I, 10, 3: Mummius, qui post Novium
et Pomponium diu iacentem artem Atellaniam suscitavit. — Spartian. Hadr. ^
26, 4: in convivio tragoedias, comoedias, Attellanas . . semper exhibuit
(Hadrian). Tertull. de spectac. 17. Arnob. adv. gent. VII, 33. Ueber das
Verhältniss zum Mimus s. oben 8, 3. Vgl. L. Priedländer, Sittengesch.
Roms IP. S. 297 f.
11. Zur Volkspoesie gehört bei den Römern ^Ues was
in der Zeit vor Einführung kunstmässiger Poesie, also vor An-
dronikus und dem Jahre 514 d. St., in gebundener Form (dem
saturnischen Rhythmus) bei ihnen vorhanden war. Auch man-
ches aus der literarischen Zeit Ueberlieferte reicht, nach Bestim-
mung und Art, in die ältere zurück. Aus der Kaiserzeit ge-
hören hieher vorzugsweise Pasquille und sonstige Gelegenheits-
- gedichte mit Hinneigung zum Accentuieren und Gleichgültigkeit
gegen den Hiatus. Daher auch die für den Gebrauch und das
Yerständniss des Volks berechneten christlichen Kirchenlieder
in gleicher Weise gehalten sind.
1. Aufzählung der Erscheinungen in gebundener Form aus der Zeit
vor Andronikus unten §. 51 ff.
2. Aus der literarischen Zeit reichen wohl weiter zurück: a) volks-
thümliche Liebeslieder, wie eines bei Hör. S. I, 5, 15 f. angedeutet ist.
Kunstproducte aber sind Ständchen Lieder bei Plaut. Cure. I, 2, 60 ff. (in
Kretikern), Hör. 0. III, 10 und Ovid Amor. I, 6. — b) Wiegenlieder; s. Schol.
Pers. III, 16: quae infantibus, ut dormiant, solent dicere saepe: lalla, lalla,
lalla, aut dormi aut lacte, wofiir wohl latta zu setzen; daher lallare bei
Pers. III, 18 u. Auson. epist. XVI, 00 f.: nutricis inter lemmata Lallique
somniferos raodos. — c) Lieder bei Kinderspielen, Hör. Ep. I, 1, 59 f u.
II, 3, 417 (mit Schol.}, woraus wohl (s. L. Müller, in Fleckeisens Jahrb.
h
Volkspoesie der Uöiner. Kunstdrama. 15
89, S. 484) die Verse zu gestalten : habeat scabiem quisquis ad nie veuerit
Dovissimus. R^x erit qiii recte faciet; qui nou faciet n6n erit. Auch Mä-
luin consiliiuu cönsultori [semper ipsijst Pessimum. Dergleichen Sentenzen
konnten übrigens auch aus der Literatur (wie des Syrus Mimen) in den
Volksmund übergehen und zu Sprüchwörtern werden. — d) Spottlieder
auf verspätete Feldarbeiter Hör. S. I, 7, '28 fF. mit Auson. Mosell. 160:
navita labeus . . probra canit seris cultoribus), auf Geizhälse (Plaut. Trin.
350 ff. R : elvi immuni sein quid cantari solet? „Quöd habes ne habeäs et
illuc quod nön habes habeas malum, Quandoquidem nee tibi bene esse p6te
pati neque älteri". Dagegen erweist sich durch Inhalt und Ausdruck
als spät das Recept für gulones bei Macrob. S. VII, 12* 9: mülsum quod
probe tämperes Miscendumst novo Hym^ttio ßt vetulo Falt^rno.
3. Auch in den volksmässigen Ergüssen aus der Kaiserzeit tritt Vor-
liebe für den (der lat. Sprache naturgemässen) trochäischen Tetrameter
zu Tage. In diesem Masse gehalten sind die Pasquille aus dieser Zeit bei
Sueton. Caes. 80 (vgl. 49. 51), Schol. Juv V, 3. Vgl. Suet. Caüg. 6. Vopisc.
Aurel. 6,5. 7, 2. Kunstreichere, aus den gebildeteren Kreisen hervorge-
gangene, haben das Mass des Epigramm: Suet. Oct. 70. Tib. 59. Cal. 8.
Ner. 39. Dom. 14. 23. Vgl. Schol. Hör. S. I, 7, 20. Ein epigrammatarius
bei Vopisc. Florian. IG, 3. Vgl. G. H. Bernstein, versus ludicri in Rom.
Caesares priores olim compositi, Halle 181(). Zell, Ferienschiiften II. S. 165
— 169. Was (nach Festus p. 285 M ) retiario adversus mirmillonem pugnanti
cantatur wird gewöhnlich sotadisch gemessen, lässt sich aber wohl auch
Yolksmä^sig satumisch auffassen : Non t6 pet6, pisce'm petö : quid me fügis,
Galle? — Von Kirchenliedern vgl. Dies irae, dies illa etc. Äpparebit rd-
pentina Dies magna dömini u. s. w. Bald machte sich auch der Reim
geltend, wie in den zwei römischen Volksgedichten aus dem sechsten Jahrh.
bei Gregorovius, Gesch. d. St. Rom I. S. 372 f.
4. Zell, Ferienschritten II. S. 97 ff. Edelestand du M^ril , podsies po-
polaires latines antdrieures au douzieme siecle, Paria 1843. W. Teuffei, in
Pauly's R. E. VI, 2. S. 2736—2738. Westphal, allg. griech. Metrik (Leipzig
1865) S. 270 ff.
12. Das Kuiistdrama, welches, zuerst unter allen Gat-
tungen von Kunstpoesie, zu Anfang des sechsten Jahrh. in Rom
importiert wurde, ward bald nach der ernsten wie der heiteren
Seite hin eifrig bearbeitet, bald mit mehr bald mit weniger
Selbständigkeit. Doch überwogen weitaus die zur Belustigimg
dienenden Arten, die palliata, Rhinthonica, togata (einschliess-
lich der trabeata und der tabernaria), der mimus (nebst plani-
pedia oder riciniata), wozu noch kommen die Atellanen in ihrer
zweiten Gestalt. Auf der ernsten Seite ist neben der Tragödie
nur die praetexta zu nennen.
1. Donat. »de com.: Fabula generale nomcn est; eins duae primae par-
tes sunt tragoedia et comoedia. Caesius Bassus de metr. p. 2672 P. zählt
auf: tragoedia, praetextata, comoedia, tabernaria, Atellana, Rhinthonica,
16 Sachlicher Theil.
mimi. Donatus l. 1.: coraoecliarum forinae sunt tres: pälliatae, graecuin
habitum referentes, togatae, iuxta formam personarum habitum togarum
desiderantes . . Atellanae etc. und: comoedia luultas species habet: aut
eniiu palliata est aut togata aut taberuaria aut Atellana aut mimus aut
Rhinthonica aut planipedia. (Euanth.) de trag, et com. : illud vero tenen-
dum est, post viav TtoficoSiav Latinos multa fabularum genera protulisse,
ut togatas, a scenicis atque argumentis latinis; praetextatas . . ; Atellanas, .- . ;
Rhinthonicas, ab auctoris nomine; tabernarias, ab humilitate argumenti et
stili; mimos, ab diuturna imitatione vilium rerum et levium personarum.
Lyd. de magg. 1,40: ^ ticafjLcaSCa zB(iv£Tai sig imd, slg nalXLcczav, Toya-
zccvj 'ArsXldvTjVy taßsQvagCctv , ^Pivd'capiniiv, nXavmsSccQiav ticcI fiLfiLTii^v.
2. Über sämmtliche Gattungen enthält werthvolle Nachrichten (ge-
mischt mit verkehrten) theils Diomedes ars gramm. , B. III. p. 484—489 P.
= 487—492 Keil, theils der Aufsatz de tragoedia et comoedia, wovon die
erste Hälfte wahrscheinlich Euanthius zum Verfasser hat, die zweite Hälfte
von Westerhov als fragmentum Donati (de comoedia) herausgegeben ist;
das Ganze abgedruckt auch in Zeune's Ausg. des" Terenz, I. p. XXV —
XXXIV.
13. Die Tragödie verlief bei den Römeru in durchgängiger
Abhängigkeit von den Griechen. Zwar hätte es im Charakter
der Römer, ihren Einrichtungen und ihrer Geschichte nicht an
Umständen gefehlt welche für die Hervorbringung einer selb-
ständigen tragischen Poesie günstig gewesen wären; aber die
poetische Kraft zur Gestaltung solcher Stofi'e war bei ihnen doch
nicht vorhanden, am wenigsten zu der Zeit wo erstmals ihnen
Tragödien vorgeführt wurden. Diese waren Uebersetzungen aus
dem Griechischen, bei Andronikus noch roh gearbeitet, mit zu-
nehmender Güte und Selbständigkeit bei Nävius, Ennius, Pacu-
vius, Attius. Gravitätisch waren diese Tragiker der Republik
alle, in Haltung der Charaktere wie Gedanken und Sprache, nur
dass sie bald in Schwulst ausarteten, bald in Trivialität herab-
glitten und ihre Verse schwerfällig bauten. Dasselbe dürfen
wir voraussetzen von den Tragödien des Atilius, C. Titius, C.
Julius Caesar Strabo, Varro, Q. Cicero, Cassius aus Parma, Asi-
nius PoUio, von vsrelchen Letzterer jedoch, wie es scheint, im
Stoffe selbständig war. Die Verfeinerung der Technik in der
«augusteischen Zeit wirkte auch auf die Tragödie und zeigte
sich gewiss ebenso in des L. Varius Thyestes, Ovids Medea wie
bei Turranius, Gracchus, Mam. Scaurus, Pomponius Secundus
und in den Tragödien des Seneca. Aber in demselben Masse
verzichteten diese Dichter auf populäre Wirkung, und immer
mehr überwucherte die Phrase. Unter den Tragödienschreibern
der späteren Zeit ist nur Curiatius Maternus von einiger Bedeutung.
Die Tragödie. 17
1 . Die früheren Sammlungen der fragmentarischen Ueberreste (znletzt
in Bothe'a Poetae scenici latini) aind veraltet. Tragicormn latinorum reli-
quiae, recensoit 0. Ribbeck. Lips. 1852. (mit quaestiones scenicae und einem
Wörterverzeichniss.)
2. T. Baden, de causis neglectae a Romanis tragoediae, Götti. 1789.
H. Planck vor seiner Ausg. der Medea des Ennius (Götti. 1807. 4) p. 9 — 66.
G. Köpke, Warum sind die Römer gegen die Griechen im Trauerspiel zu-
rückgeblieben? in Seebodes N. Archiv 1826, S. 146 — 161 und vor seiner
Uebersetzung des Plautus. A. G. Lange, Vindiciae tragoediae rom., Lips.
1822. 4 imd in seinen Vermischten Schriften (Leipzig 1832) p. 15 ff. W. Re-
gel, virorura doctorum de re tragica Rom. iudicia etc. Götti. 1834. 4 und:
res tragica Rom. retractat^, Lüneburg 1845. 4. Th. Ladewig, Analecta
scemca, Neustrelitz 1848. 4. Ganz besonders aber F. G. Welcker, die grie-
chiBchen Tragödien n. s. w. (Rhein. Mus. Suppl. II, 3.), Bonn 1841, S. 1332—
1484. Ueber die Tragödie in der Kaiserzeit auch L. Friedländer, Sitten-
geschichte Roma II«. S. 308—314.
3. Die Zahl der uns irgendwie bekannten Dichter von Tragödien be-
läuft sich höchstens auf 36; die der Stücke auf höchstens 150 (vgl. Ribbeck
p. 435 — 437); erhalten sind nur die des Seneca. Allgemeine Beurteilung
bei Quiutil. X, 1, 97: tragoediae scriptores veterum Attius atque Pacuvius
clarissimi gravitate sententiarum, verborum poudere, auctoritate persona-
ram. Ceterum nitor et summa in excolendis operibus manus magis videri
potest temporibus quam ipsis defuisse. . . (98.) lam Varii Thyeetes cuili-
bet graecarum comparari [?] potest. Ovidii Medea videtur mihi ostendere
quantum ille vir praestare potuerit si ingenio suo imperarc quam indul-
gere maluisset. Eorum quos viderim longo princeps [?] Pomponius-Se-
cunduB.
4. Auch die Tragödie bestand aus ruhigeren und bewegteren Partien,
Dialog und Gesang, diverbium und cautica. Vgl. Donat. de trag, et co-
moed. : diverbia histrioues pronuntiabant. cantica vero temperabantur mo-
dis non a poeta, sed a ^rito artis musicae factis. Der Dialog war über-
wiegend im iambischen Trimeter gehalten , der aber in der republikanischen
Zeit an allen Stellen ausser der letzten sich Spondeen (bzhgsw. Anapäste
and Daktylen) gestattete und erst von der augusteischen Zeit an rein ge-
halten wurde. Die cantica zeigen wenig metrische Manchfaltigkeit; am
häufigsten sind Anapäste und Kretiker, daneben troch. und iambische
Tetrameter, auch daktylische Verse. Diese wurden von der tibia begleitet
(Cic. orat. 65, 184 de or. I, 60, 254. Tusc. I, 44, 107. Hör. Ep. II, 3, 215),
ond Geübtere konnten schon aus der Ouvertüre des tibicen das Stück er-
kennen welches gegeben wurde (Cic. Acad. pr. II, 7, 20 vgl. de or. III,
50, 196). In der dceronischen Zeit kamen durch den ausgezeichneten Schau-
spieler Aesopua die Tragödien (bes. des Pacuvius und Attius) sehr in Auf-
nahme; 8. z. B. Cic. p. Seat. 66. Pin. V, 22, 63. Tusc. I, 44, 106. LaeL 7,
24. Andere tragoediarum actores sind Rupilius (Cic. off. I, 31, 114), Ca-
tienuB und Fufius (Hör. S. II, 3, 60 f.), Apelles (Suet. Calig. 33), Glyko
(Per«. V, 9), Apollinaris (Suet. Vesp. 19). Dass noch Seneca die Regel von
den drei Schauspielern beobachtet, also doch wohl an AufFührung seiner
Teaffel, RGm. Lileraturgeschichte. 2
18 Sachlicher Theil.
Tragödien dachte, hat H. Weil nachgewiesen, Revue arch^ol. 1866. I.
p. 21—36.
5. Einen Chor in der Weise der Hellenen können die Römer schon
darum nicht gehabt haben weil bei ihnen die orchcstra durch den Senat
besetzt war. Chorische Orchestik ist dadurch ausgeschlossen, nicht aber
zeitweiliges Erscheinen und Zusammensingen einer Mehrheit von Schau-
spielern (catervae atque concentus, Cic. de or. III, 50, 19G; vgl. Columella
XII, 2) auf der Bühne, deren pidpitum eben darum breiter war (Vitruv.
V, 5). Bei den älteren römischen Tragikern ist irgendwelche Nachbildung
der Chorlieder schon desshalb wahrscheinlich weil sie überhaupt Uebersetzer
sind; dazu kommen Titel wie Bacchae, Eumenides (vgl. Cic. p. Rose. Am.
24, 66 f. in Pis. 20, 46), Hellenes, Myrmidones, Phinidae, Phoenissae,
Stasiastae, Troades, sowie zahlreiche einzelne Spuren. So setzt die Er-
zählung von Lucullus bei Hör. Ep. I, 6,^40 ff. (vgl. Plut. Luculi. 39: argccT-
rjyov nots qfilotifiovfiBvov nsgl &iag yial x^Q^ ^^^^ TioGfiov airovfiivov
7C0Qq>vQccg ;|rXa|Liv^ag) einen Chor voraus. So sang in der Ino des Andro-
nikus chorus hynmum Triviae (Ter. Maur. 1934) , waf im Ly curgus des Nä-
vius ein Chor von Bacchae, in der Iphigenia des Ennius ein chorus (Gell.
XIX, 10, 12), ebenso in dessen Medea (fr. 14 = Eur. Med. 1251 tf.); bei
Pacuvius ein stasimum (Mar. Vict. p. 2622 P.) und in Antiopa, Chryses,
Niptra gleichfalls Chorähnliches. Einen chorus Proserpinae erwähnt Varro
L. L. VI, 94. Spärlicher sind die betreffenden Anzeichen bei Attius, doch
deutlich in den Bacchae und im Philocteta. Auch Pomponius Secundus
(Ter. Maur. 1965 ff.' 2135 ff. Mar. Vict. p. 2564 P.) und Seneca hätten ihre
Chorpartien ohne den Vorgang der A eiteren wohl nicht gedichtet. Vgl.
überhaupt Grysar, über das canticum und den Chor in der römischen Trag-
ödie, Wien 1855 = Abhh. der Wiener Ak. XV. S. 365—423 (das canti-
cimi S. 367—383; der tragische Chor S. 384—403; die Kitharöden und die
cantores tragoediarura in der Kaiserzeit, S. 403 — 423).
14. Die national-römische Tragödie ist die (tabula) p r ac-
te xta, welche in Ermanglung eines einheimischen Heroenmy-
thus historische Stoffe behandelte und meist von solchen Dichtem
bearbeitet wurde welche zugleich Tragödien (mit griechischem
Stoffe und nach griechischen Originalen) verfassten.^ So Nae-
vius (Clastidium; Romulus), Ennius (Ambracia; Sabinae?), Pa-
cuvius (Paullus), Attius (Aeneadae, s. Decius; Brutus), Curiatius
Maternus (Cato, Domitius Nero?); ausserdem Baibus ein Iter ad
Lentulum, Persius einen Restio (?), ein unbekannter Dichter
(Cassius?) einen Marcellus. Auch die Octavia gibt sich als eine
praetexta. Form und Charakter der praetexta war der Tragödie
nachgebildet und nur der Ton, entsprechend dem StoflFe, etwas
weniger hoch gehalten.
1. Die Form praetexta haben Asinius Pollio (bei CHc. Fam. X, 32, 3.
ö), Horatius (Ep. II, 3, 288), Probus (vita Persii, p. 237 Jahn), Festus
Die Prtltexta. Die Palliata, ihre Geschieht«. 19
(p. 223 vgl. p. 3Ö2, a. M.); die Bezeichnung als praetextata ist bei den spä-
teren Grammatikern die vorherrschende."
2, Diomedes p. 487 P. = 489, 24 ff. K.: prima species est togatarum
(nationale Dramen) quae praetextatae dicuntur, in quibus imperatoriira
negotia agebantur et publica et reges romani vel duces inducuntur, per-
sonarum dignitate et sublimitate tragoediis sirailes. praetextatae autem
dicuntur quia fere regum vel magistratuum qui praetexta utuntur in eius-
modi fabulis acta comprehenduntiu*. (Vgl. praetextati in magistratibus,
in sacerdotüs, bei Liv. XXXIV, 7. Auch Non. Marc. p. 641: praetexta, in-
signe romanmn, quod supra tunicas honorati quique sumunt.) Donatus de
cornoedia: tragoedia, si latina argumentatio sit, praetextata dicitur. Eu
anth. de trag, et com.: praetextatas , ab dignitate personarum et latina
historia. Lydus de magg. I, 40: i} xqaytpSCa zifivsTai eig 7iQrj7ci8dzav yiccl
Tigairf^tciTav' av 17 f*iv tiQTjniddTa iXXrjvindg ^%si vno&iaeig^ ry dl ngai-
Ts^rdta Qfofia'Cxdg. Daher kann Tac. dial. 2 den Cato des Curiatius Ma-
temus (ungenau) als tragoedia bezeichnen. Die praetextae meint mit seinen
togatae Sjen. Ep. I, 8, 8; s. unten 17, 1.
3. Sammlang der üeberreste bei J. H. Neukirch, fab. tog. p. 71—95
und Ribbeck, trag. p. 235—240, vgl. p. 348—351. F. G. Welcker, die griech.
Tragödien (1841) S. 1344—1347. 1388 tf. 1402 f.
15. Unter den Arten der Komödie (vgl. 12) ist die früheste
die palliata, d. h. die mit griecliischem Stolt'e und nach grie-
chischen Originalen, insbesondere der neuen attischen Komödie,
gearbeitete. Sie beherrscht das ganze sechste Jahrh. d. St. Zu
ihr gehören Andronikus, Naevius, Plautus, Ennius, Trabea, Ati-
lius, Licinius Imbrex, Juventius, Statins Caecilius, Luscius La-
nuvinus, Terentius, Plautius, Turpilius. Diese Namenfolge stellt
einerseits einen Fortschritt dar in Verfeinerung der äusseren
Form, andererseits eine Abnahme der Selbständigkeit gegenüber
von den griechischen Originalen. Die altern Palliatendichter
suchten durch allerlei Zuthaten, locale, zeitliche, vergröbernde,
die Stücke dem Geschmacke ihres Volkes anzupassen; die spä-
teren, wie Terenz, verschmähten diess, verloren aber darüber
die Fühlung mit dem Volke, das sich lustigeren Gattungen zu-
wandte, den togatae, Atellanen und mimi. In Folge dessen er-
losch die Hervorbringung von Palliaten und musste die Bühne,
wenn sie solche aufführen wollte, auf die ältere Literatur zurück-
greifen. So erhielten sich besonders die Stücke des Plautus und
Terenz bis in die Kaiserzeit hinein auf der Bühne. Was in
letzterer Zeit selbst Derartiges hervorgebracht wurde, wie von
Vergilius Homanus und M. Pomponius Bassulus, blieb auf enge
Kreise beschränkt und ohne Wirkung.
1. Diomed. III. p. 486 f. P. = 489, 18 K. : graecas fabulas ab habitii
2*
20 Sachlicher Theü.
palliatas Varro ait nominari. Vgl. Plaut. Cure. II, 3, 9: isti Graeci pal-
liati etc. Pallium graecanicum (Suet. Dom. 4) = tfidtiov sllrjviTiov (Lu-
kian. raerc. cond. 26). Auch wurde die Palliata schlechtweg comoedia ge-
nannt und ihre Dichter comici. Vgl. Ritschi, Parerga S. 189. So Dio-
med. III. p. 488 P. = 490, 14 fF. K. : togata tabemaria a comoedia differt,
quod in comoedia graeci ritus inducuutur personaeque graecae . ., in illa
vero latinae . . Terentius et Caecilius comoedias scripserunt. So nennt
Quintil. XI, 3, 178 als maximos actores comoediarum seiner Zeit den De-
metrius und Stratokies, wo die nähere Beschreibung und 182 zeigt dass
Palliaten gemeint sind. Ebenso Fronto Ep. p. 54 und 211 N. (comoedias,
atellanas). 106 (sententias comes ex comoedis) u. A.
2. Die alte attische Komödie war zu eng mit ihrer Zeit verwachsen
als dass sie für eine andere Nation und Zeit zur Nachbildung sich geeig-
net hätte ; die mittlere aber ist eine blose üebergangsform. Dagegen die
neue war zeitlich die nächste, im sechsten Jahrh. d. St. allein noch auf
der Buhne, und durch ihre typische Charakterzeichnung und allgemein
menschliche Haltung vorzugsweise für die üebertragijng auf fremden Bo-
den geeignet. Innerhalb derselben besonders Menander, dann auch Diphi-
los, Philemon. Andere bei Gell. II, 23, 1: comoedias lectitamus nostrorum
poetarum sumptas ac versas de Graecis, Menandro aut Posidippo aut Apol-
lodoro aut Alexide et quibusdam item aliis comicis. — Bugge, causas
nonnullas neglectae apud Romanos comoediae Graecorum veteris et me-
diae ex ipsa civitatis romauae forma eruere conatus est, Christiania 1823.
— üeber den Untergang der pall. in der Kaiserzeit M. Aurel. comm. XI,
6: ij via ii(OficoS£a nqoq zi noTS naQsilrjnzai rj %ax* oUyov inh xr^v in
fiifiTjaittg tpiloxB%v£av vnsggvrj; Wohl blose Stilübung war der Versuch
des Surdinus, ingeniosus adolescens (in der augusteischen Zeit), a quo
graecae fabulae eleganter in sermonem latinum conversae sunt (Sen. suas.
VII, 12. p. 43 f. Bu.). Comoedias audio bei Plin. Ep. V, 3, 2 ist wohl von
recitierten (wie des VergiUus Romanus) zu verstehen.
3. Die Ueberreste der Palliatendichter (ausser Plautus und Terenz)
ausser Bothe's Poetae scenici lat. bes. bei 0. Ribbeck, Comicorum latino-
rum . . reliquiae (Lipa. 1855), p. 3 — 112. Wunderliche Location der Pal-
hatendichter (Caecilius Statins, Plautus, Naevius, Licinius, Atilius, Teren-
tius, Turpilius, Trabea, Luscius, Ennius) von Volcatius Sedigitus bei Gel-
üus XV, 24. Vernunft darein zu bringen bemühte sich vergeblich Th. La-
dewig, ilber den Kanon des Volc. Sed. Neustrelitz 1842. 4. Vgl. Ritschi in
Reifferscheids Sueton p. 601 f H. Iber, de Volcati Sedigiti canone, Mün-
ster 1865. 48 pp. 8.
16. Aus der neueir Komödie nahm die palliata nicht Mos
Handlung, Charaktere, Oekonomie und äussere Form sondern
auch die Blasiertheit und den sittlichen Nihilismus und hat da-
durch zur Lockerung der Sitten Roms nicht wenig beigetragen.
Insbesondere der Prolog, Epilog und auch wohl die Eintheilung
in Acte stammt aus den attischen Vorbildern. Da die Palliata
einen Chor so wenig kennt wie die neue Komödie, so zerfällt
das einzelne Stück in Dialogpartien (diverbia) und Monodien
Nähere Charakteristik der Palliata. 21
(cantica). In jenen haben die Palliatendichter, für ihr Publi-
cum, die Redseligkeit ihrer Originale gekürzt und dafür die
Handlung vermehrt, namentlich durch das Mittel der Con-
tamination, zumal da sie in der Zahl der Schauspieler sich we-
niger beschränkt sahen als ihre Vorbilder. Der Dialog ist meist
im iambischen Senar gehalten, für die cantica sind (ausser Sep-
tenaren) Kretiker und Bacchien besonders häufig, letztere ver-
hältnissmässig streng, die Senare in prosodischer Hinsicht mit
zahlreichen und starken Zugeständnissen an die volksmässige
Aussprache. Der Vortrag der cantica wurde von der tibia be-
gleitet. Masken hatten die Schauspieler erst seit der Zeit des
Teren«.
1. Ueber das Yerhältniss der palliata zur neuen Komödie s. besonders
Mommsen R. G. I*. S. 883 — 885 und W. Hertzberg vor seiner üebersetzung
plautinischer Stücke 1[Stuttgart 1861) S. IX— XXXII. Die Charaktere bei-
der Gattungen sind: geizige Väter, leichtsinnige Söhne, listige Sklaven,
geld- und liebesüchtige Hetären, plumpe und aufschneiderische Kriegs-
manner, hungerleiderische Parasiten, lauter Symptome einer überreifen,
der Fäulniss nahen oder schon darein übergegangenen Cultur. Isidor.
Orig. XVin, 46: comoedi sunt qui privatorum hominum acta dictis ac
gestu canebant atque stupra virginum et amores meretricum in suis fabu-
hs exprimebant.
2. Euanth. de tr. et com.: comoediae aut motoriae sunt aut stata-
riae aut mixtae. motoriae (sunt) turbulentae, statariae quietiores, mixtae
ex ntroque actu consistentes. Dabei fallen die plautinischen so ziemlich
alle den motoriae zu, von Terenz die meisten den mixtae, Phormio den
motoriae, Hautontim. den statariae (Haut. prol. 36). Damach auch die
Schauspieler (vgl. Donat. zu Ter. Ad. prol. 24 nebst Quintil. XI, 3,. 178)
und weiterhin die Redner (Cic. Brut. 30, 116. 68. 239) in statarii und mo-
torü eingetheilt.
3. Diomedes HI. p. 489 P. = 491 , 29 f. K. : latinae comoediae chorum
non habent, sed duobus membris tantimi constant, diverbio et cantico.
primis autem temporibus, sicuti adserit Tranquillus, omnia quae in scena
versantur in comoedia agebantur. nam et pautomimus et pythaules et
choraules in comoedia canebant (der pantomimus wohl in Folge der Schei-
dung von Gesang und Actiou; vgl. Liv. YII, 2, 10: inde ad manum cantari
faistrionibus coeptum diverbiaque tantum ipsorum voci relicta). Allmählich
aber habe sich eine Sonderung von histriones (actores comoediarum), * mimi
und tibicines vollzogen. Derselbe, p. 491, 23 ff. Keil: personae diverbio-
rom aut duae aut tres aut raro quattuor esse debent, ultra auger e nume-
rom non licet, in canticis autem una tantum debet esse persona aut, si
duae foerint, ita esse debent ut ex occulto una audiat, nee conloquatur,
»ed secum . . verba faciat. Dass drei als die Normalzahl der zu verwen-
denden actores auch bei den Palliatendichtem galt ist an sich wahrschein-
lich und erhellt für die spätere Zeit aus Martial VI, 6: comoedi tres sunt,
fied amat tua Paula, Luperce, quattuor: et yL(oq)6v Paula ngoamnov amat.
22 Sachlicher Theü.
Indeasen waren die Aedileu der Republik weniger auf das Sparen bedacht als
die Choregen Athens und bewilligten den Dichtern auch mehr Schauspie-
ler^ und so ist unter den plautinischcn Stücken nur bei zweien (Cist. und
Stich., beide jedoch unvollstilndig eAalten) allenfalls mit drei SchauBpie-
lem auszukommen, acht aber erfordern mindestens vier, zehn mindestens
fünf Schauspieler; von den terenzischen machen zwei Stücke 4, zwei 5 und
zwei sogar 6 Schauspieler nothwendig. Nicht einmal in dem engeren Sinne
worin Horaz (Ep. II, 3, 192) vor Scenen mit mehr als drei redenden Per-
sonen warnt beschränken sich die Palliatendichtcr ; vgl. z. B. Ter. Phorra.
III, 2. IV, 3 und Diomed. UI. p. 488 P. = 491, 2 f. K.: at latini scriptorcs
complures personas in fabulas introduxerunt, ut speciosiores frequentia
facerent. Ascon. zu Cic. Div. in Caec. 15: latinae fabulae (Togateu u. dgl.)
per pauciores agebantur personas (als die PaUiaten).
4. G. Hermann, de canticis in Rom. fabb. scenicis, Opusc. I. p. 290 ff.
G. A. B. Wolff, de canticis etc. Halle 1824. 4. Grysar (s. oben 13, 5).
Uebrigens gibt es auch Komödien ohne cantica, wie Plaut, mil. glor., Pcrsa
vielleicht auch Epidicus. Spuren synodischer (mehrstimmiger) cantica bes.
am Schlüsse der Captivi; vgl. auch ib. U, 1. Musikbegleitung tibiis pari-
bus aut imparibus aut sarranis, worüber z. B. Diomed. p. 492, 10 ff. K.
Donat. de comoed. s. f., praef. Eim. u. Adelph., wo: modulata est tibiis
dextris, i. e. Lydüs, ob seriam gravitatem, qua fere in omnibus comoedüs
utitur hie poeta (Ter.). Saepe tamen mutatis per scenam modis cantica
mutavit, quod significat titulus scenae, habens subiectas personis littcras
M. M. C. (mutatis modis cantici). Sinistris (oder sarranis), mit hellerem Ton,
also bei minder ernsten J'artien. Der Ausdruck tibiae pares wird gewöhn-
lich erklärt: mit lauter dextrae oder sinisfrac (impares = dextrac und
sinistrae), wobei aber die Angabe ob dextrae oder sinistrae zu erwarten
wäre; s. K. Dziatzko, Rhein. Mus. XX. S. 594—597. Vgl. Grysar a. a. 0.
S. 376—378.
5. In der alten attischen Komödie und wohl auch noch der mittleren
wurden die Pausen in der Handlung durch Chorlieder bezeichnet imd aus-
gefüllt, in der neuen wohl schon d^irch den avlTjrijg. Erst in letzterer
kann daher die Etntheilung in Acte aufgekommen sein, wie denn auch bei
Aristoteles sich noch nichts Derartiges findet. Die Theorie derselben scheint
von den Alexandrinern aufgebracht worden zu sein. Schon vorausgesetzt
ist sie bei Cic. ad Qu. fr. I, 16, 46: ut hie tertius annus imperii tui tam-
quam tertius actus perfectissimus atque ornatissimus fuisse videatur (vgl.
Apul. Flor. 16, 64 p. 132 Bip.: cum iam in tertio actu, quod genus in
comoedia fieri amat, iucundiores affectus moveret), noch unmittelbarer in
Horatius' Regel (Ep. II, 3, 189): neu sit quinto productior actu fabula.
Doch können die ursprünglichen Handschriften des Plautus imd Terenz
noch keine Eintheilung in Acte und Scenen enthalten haben. Dies erhellt
aus der mehrmaligen Klage des Donat über die Schwierigkeit dieser Ein-
theilung (vgl. Euanth. de tr. et com. : postremo ne locum quidem reliquenmt
choro, quod latini fecerunt comici, unde apud illos dirimere actus quinque-
partitos difficile est) und aus der nicht seltenen Unregelmässigkeit, wo nicht
Unrichtigkeit, der überlieferten. Im Allgemeinen s. Donatus arg. Andr.:
est attente animadvertendum ubi et quando scena vacua sit ab omnibus
Nähere Charakteristik der Palliata. 23
personitf, ut in ea chorus (in der Tragödie) vel tibicen (in der Komödie)
audiri possit; quod quom viderimus, ibi actum esse ünitimi debemus agno-
scere. Fünf Acte als Maximum setzt auch Donaths Regel (ib.): uullam per-
sonam egressam quinquies ultra e3dre posse. Diese vertheilen sich ge-
wöhnlich in der Weise dass der erste die Auseinandersetzung {nQotaaig)
enthält, in Act II bis IV der Knoten geschürzt, die Verwicklung herbei-
geführt wird (ix^taaig), worauf dann im fünften die Lösung erfolgt (yiata-
4fTQog>ij). Vgl. G. A. B. Wolfi', de actibus apud Plautura et Terentium,
Guben 1814. 4. Ritschi, Rhein. Mus. IV. S. 697 ff. K. F. Hermann, de
Ter. Adelphis, Jahns Jahrbb. Suppl. VI. p. 71 ff. G. Schmitz, de actuum
in Plautinis fabulis descriptione, Bonn 1852.
6. Der Prolog enthielt der Regel nach die Darlegung des Inhalts des
nachfolgenden Stückes (Ter. Andr. prol. 5 ff.), wurde aber auch, wie die
Parabase in der alten Komödie, zur Erörterung persönlicher Anliegen des
Dichters benutzt. Euanth. de tr. et com. unterscheidet daher vier Arteu:
avazaziTiögj coramendaticius; avaqfogmog, relativus; vjro-O'f irixog , argu-
meniarius; fiiTttog, mixtus. Vorgetragen wurde der Prolog uncostümiert
(sine omamentis, Plaut. Poen. prol. 123, c= ornatu prologi, Ter. Hec. prol.
B, 1) von einem Schauspieler der nicht gleich zu Anfang des ersten Acts
auüzutreteu hatte (Umkleidung, Poen. prol. 126; Ausnahmen bei Ritschi
Parerg. p. 19) oder vom Dominus gregis (wie bei Terenz öfters). Doch
steht er nicht immer vor dem ersten Act (Plaut, mil. II, 1. Cist. 1,3;
vgl. Donat. praef zu Ter. Phorm. a. E.) und kann auch überhaupt fehlen
(Plaut. Cure). Für neue Aufführungen eines Stücks, auch nach dem Tode
des Verfassers, wurden neue Prologe gedichtet, und die erhaltenen zu plau-
tinischen Stücken sind grösstentheils von dieser Art; s. Ritschi, Parerga
S. 209 ff. 225 ff. 233 ff. und unten §. 88.
7. Die stehende Fonn des Epilogs ist plaudite. Vgl. Menand. fr. 831:
i^d^ccvtsg iniyiQOTrjaaTS mit Plaut. Truc. Schluss: plaudite atque exsurgitc.
Auch s. Quintil. VI, 1, 52: illud quo veteres tragoediac comoediacquc
clnduntur, Plodite. Hör. Ep. II, 3, 165 u. a.
8. Als Ersatz für vorgenommene Kürzungen des Originals und zur Er-
höhung der stofflichen Anziehungskraft eines Stücks nahmen schon Nae-
vinfl, Plautus, Ennius und nach deren Vorgang auch Terenz (Andr. prol.
18 ff.) aus einem griechischen Stücke verwandten Inhalts einzelne Scenen in
das von ihnen bearbeitete herüber, was Luscius contaminare nannte; s.
Andr. prol. 16. Haut. prol. 16 ff. Dagegen die ngoaconoc ngotatma dienen vor-
zugsweise zur Erleichterung der Exposition, s. Donat. arg. Andr. : persona pro-
tatica intelligitur quae semel inducta in principio fabulae in nullis deinceps
fabulae partibus adhibetur. (Euanth.) de trag, et com.: TiQotattyicc ngocoanuy
i. e. personas extra argumentum arcessitas , non facile ceteri habent (doch
Plautus im miles den Artotrogus); quibus Terentius saepe (in Andr. und
Eun.) utitur, ut per harum inductiones facile pateat argumentum.
9. Masken. Diomed. lU. p. 486 P. = 489, lOff. K.: antea galearibus, non
personis, utebantiu:, ut qualitas coloris indicium faceret aetatis, cum essent
aut albi (Greise) aut nigri (Jünglinge) aut rufi (Sklaven), personis vero
uti primus coepit Roscius Gallus , praecipuus histrio , quod ocuÜs perversis
erat nee satis decorus sine personis nisi parasitus pronimtiabat. Dagegen
24 Sachlicher TheiL
Donat. de comoed. : personati primi egisse dicontur comoediam Cincios
Faliscus, tragoediam Minucius Prothymus, welcher Letztere auch in den
Adelphi mitwirkte. Dazu Donat. praef. zu Ter. Ad. : haec acta est . . ageu-
tibus L. Ambivio et L . . . , qui cum suis gregibus iam tum personati age-
bant. Aber der Phormio z. 6. wurde noch ohne Masken aufgeführt, wie
I, 4, 32 ff. = 210 — 212 zeigt. Einmal eingeführt, scheint das Tragen von
Manken fortwährend die Regel gebheben zu sein; wenigstens erhellt dies
aus Stellen wie Cic. de or. Ul, 59, 221: in ore sunt omnia . . . personatum
ne Roscium quidem maguopere laudabant (nostri senes), sowie aus dem
cogi in scena ponere personam , quod ceteris histrionibus (ausser den Atel-
lani) pati necesse est (Fest. p. 217 M.); auch wird seitdem an den actores
comoediarum (im unterschied von den mimi = artifices scenici, bei Sen.
Ep. I, 11, 7) nur die Stimme, der Vortrag und die Action als chartikter-
istiscl; hervorgehoben, wie bei Quintil. III, 8, 51. XI, 3, 178. Als solche
actores com. kennen wir aus der Zeit des Plautus einen (C. Publilius) Pol-
lio (Ritschi, Parerga S. 250. 256. 261 f. 392), aus der des Terenz durch
Donatus und die Didascalien ausser den oben Z. 1 f. Genannten besonders :
(L.) Ambivius Turpio, L. Atilius aus Präneste; aus der des Quintilian:
Stratocles und Demetrius (I. 0. XI, 3, 178).
17. Togatae im weiteren Sinne heissen theils alle nicht
den Griechen nachgebildeten, sondern ursprünglich italischen
Dramen, mag darin die Toga mit Verbrämung (praetexta und
trabeata) oder ohne solche die Tracht der agierenden Personen
bilden. Im engem Sinne aber bezeichnet togata diejenige na-
tionale Dramengattung worin Leute in der einfachen Toga, tog-
ati, auftraten. Später wurde dafür der Name tabernaria
häufiger. Diese togata stellt das Treiben der unteren Stände
Roms dar, hat in Folge dessen einen derberen Ton als die pal-
liata, aber zugleich mehr Frische und wahres Leben. Insbe-
sondere aber hat sie vor jener den ganzen Begriff der Familie
voraus: das weibliche Geschlecht spielt eine unvergleichlich be-
deutendere Rolle als in der palliata, wogegen die Sklaven zu-
rücktreten. Zeitlich begrenzt ist die togata einerseits durch die
überfeinerte Palliata (Terenz), andererseits durch die kunstmäs-
sige Atellane und den Mimus. Ihre Hauptdichter sind Titinius,
Quintius Atta und L. Afranius, alle aus der Zeit von 585 bis
675 d. St. Durch Afranius wurde die togata in höhere Kreise
der Gesellschaft gehoben, Oekonomie und Ton der palliata in
sie eingeführt, auch wohl griechische Stücke für seine Zwecke
benutzt, und dadurch eine Art Mittelgattung geschafiFen, die aber
mit ihm erlosch. Noch in der Kaiserzeit wurden Togaten (des
Afranius) aufgeführt, aber, dem Zeitgeschmacke gemäss, mit
Einmischung von Pantomimik.
1. Zu den togatae im weitesten Sinne des Wortes (als einem generale
Die Togata. 25
nomen) rechnet Diomedes in. p. 486 f. P. = 489 f. K. a) praeteitatae,
b) togatae = tabemariae^ c) Atellanae, d) planipedes, und definiert sie:
quae scriptae sunt secundum ritus et habitum hominum togatorum, i. e.
Romanorum. In diesem Sinne umfasst togata auch die von Diomedes über-
gangene trabeata, freilich eine blos vorübergehende und wenig bedeu-
tungsToUe Erscheinung, vorzugsweise dem Ritterstande gewidmet, dessen
specifische Tracht die trabea war (Pers. III, 29. Dio LVI, 31), und einzig
auf der Person des Freigelassenen von Mäcenas, C. Melissus, beruhend.
Soet. de gramm. 21 extr. (p. 116 Rffsch.): fecit (Mel.) et novum genus toga-
tarum inscripsitque trabeatas. In derselben allgemeinen Bedeutung, sogar
vorzugsweise von praetextae, gebraucht togatae Sen. Ep. I, 8, 8: non at-
tingam tragicos nee togatas nostras. habeut enim hae quoque aliquid so-
veritatis et sunt inter comoedias ac tragoedias mediae.
2. Diomed. III. p. 487 P. = 489, 28 ff. K. : secunda species est togatarum
quae tabemariae dicuntur et humiütate personarum et argumentorum simi-
litudine comoedüs (= palliatis) pares, in quibus . . humiles homines et
privatae domus ihducimtur, quae quidem olim, quod tabulis tegerentur,
communiter tabemae vocabantur. Vielmehr sind privatae domus auch in
den palliatae, und tabernae vielmehr Buden von Handwerkern und über-
haupt Gewerbtreibenden. Festus v. togatarum (p. 352, a. M.) zählt unter
den Personen der tabemariae u. A. auch auf plagiarii, servi denique, über-
haupt solche die ex tabemis honeste prodeant. Vgl. auch die Togateu-
titel Augur, Cinerarius, Fullonia, Libertus, Psaltria, Tibicina. Togatae
heiseen die Lustspiele dieser Art bes. bei Cic. p. Sest. 65, 118. Hör. Ep.
n, 3, 288. VeUej. H, 9, 3. Sen. Ep. XIV, 1 (= 89), 7 (vgl. Afran. v. 299).
Suet. Ner. 11. .Quintil. X, 1, 100. Gell. X, 11, 8. XIII, 8, 3.
3. Der Schauplatz der togatae ist gewöhnlich Rom; nicht selten aber
wird die Scene in eine Provinzialstadt verlegt, um entweder die Klein-
städterei lächerlich zu machen oder unter deren Maske Rom zu geissein
oder den Eindruck zu schildern welchen Rom auf ein Landkind macht;
vgL die Titel Brundisinae, Ferentinatis , Setina, VeHterna, Ulubrana. Schon
aus den Titeln erhellt ferner die grosse Betheiligung des weiblichen Ge-
schlechts (auch von Jungfrauen), noch mehr aus den Bruchstücken. Vgl.
auch Serv. Aen. XI, 160: in togatis victrices appellantur quae vires extu-
lenint. Sehr bezeichnend ist weiter Donat. zu Ter. Eun. 12: concessum
est in palliata poetis comicis servos dominis sapientiores fingere, quod item
in togata non fere licet.
4. Diomedes p. 488 P. = 490, 16 f K.: togatas tabernarias in scenara
datavemnt praecipue duo, L. Afranius et G. Quintius. Acro zu Hör. Ep. II,
3, 288 verworren: praetextas et togatas scripserunt Aelius Lamia, Anto-
nius RufuB, Gn. Melissus, Afranius, Pomponius. Ein togatarius (histrio)
Stephanie (cui in puerilem habitum circumtonsam matronam ministrasao
compererat Augustus und den er dafür per trina theatra virgis caesum
relegavit) bei Suet. Aug. 45; vgl. Plin. N. H. VII, 49: minus miror Ste-
phanionem, qui primus togatas saltare instituit, utrisque saeciüaribus ludis
saltasse , et D. Augusti et quos Claudius Caesar consulatu suo quarto fecit,
quando LXIII non amplius anni interfuere , quamquam et postea diu vixit.
Aufführung des Incendium von Afranius unter Nero, Suet. Ner. 11.
26 Sachlicher Theil.
In Ucbertragung der Oekonomie der palliata hat Afranius Prologe
(v. 25—30. Macrob. Sat. VI, 5, 6: Afranium . . qui in prologo ex j^ersona
Priapi ait, wie in der Bella die Sophia redend auftrat) und cantica (sogar
synodische). Cic. p. Sest. 55, 118: cum ageretur togata — Simulans, iit
opinor — caterva tota clarissima concentionc . . contionata est. Dahin
gehört auch die Herübemahme des Parasiten , wofiir freilich das römische
Clientelwesen , sowie die scurrae Analogien boten.
6. Sammlung der Ueberrcste von Togaten ausser bei Bothe auch bei
J. H. Neukirch, de fabula togatii (Lips. 1833) p. 96 — 280 und bei Ribbeck,
com. lat. li. 115 — 188. Uebcr die Togata s. auch Ladewig in Pauly's
Real-Enc. VI, 2. S. 2024 f. und Mommsen R. G. P. S. 885 f. IP. S. 438.
18. Aufnahme in Rom fand auch die Rhinthonica, be-
nannt nach dem Phlyakographen Rhinthon aus Tarent, welcher
tragische Stoffe durch possenhafte Behandlung ins Lächerliche
zog. Auch CkaQOXQa'yadca und 'JraAtx^ wird diese Gattung ge-
nannt. Ihre Vertretung in der uns erhaltenen Literatur ist
zweilelhaft. Am nächsten verwandt scheinen Atellanen mit
mythologischem Stoffe.
1. Die Aufiiahme der Rhinthonica in Rom erhellt aus ihrer Aufführmig
unter den Arten des römischen Lustspiels, s. § 12, 1. Ueber Rhinthon s. bes.
Suid. 8. V. (II. p. 614 f. Bernh.): ^Piv&aav, Tagavtivog %{oiii%6gy aQxrjyog
trjg naXoviiivrjg iXagotgaycoSiagy rj iati tpXvaiioyQcctpCa' vtog Sh r/v %fQa
fisoDg xofl yiyovsv inl zov n^tütov IlToXsficciov (323 — 285 v. Chr. = 431 —
469 d. St.) * dQccfiata dh avzov xcofitxa r^ayixd X7j\ Steph. Byz. y. Tagag r
avByQatp-qaav noXXol . . xal *Pivd'(ov Tagavttvog q)Xvc(^, toc zgayiTia [is-
tagQvd'tii^üiv slg ysXoCov. Athen. IX. p. 402B: cfg d' kaxlv ovxog (ZxXiy-
Qictg) xrig UaXLnfjg ^aXovfisvrjg umfKpdi'ag noLTjtijg, yivog Tocgavtivog.
Lyd. de mag. I, 40: *Ptvd^(ovt%Ti (iatlv) ij i^catinij, wo Welckers Vermu-
timg i^odfurj, gebilligt von Vahlen, Rh. M. XVI. S. 474, nicht sehr em-
pfohlen wird durch das vorausgegangene dtsXXävr} di iativ rj ttov Xtyo-
liiviov i^odiagicDv; vgl. vielmehr Plaut. Men. II, 1, 11 = 236 R. : Graeciam-
que exoticam von Unteritalien (Graecia magna).
2. Die %oifi(pdotQaycpdLa des Alkäos, Deinolochos und Anaxandrides
(Meineke bist. crit. com. gr. p. 247 f.) ist älter als die tXagotQ. deren agx-
rjyog Rhinthon war, also nicht mit ihr identisch. Vielleicht war naifjupdoTg.
mehr komödienartig (etwa wie Plaut. Amphitr., welcher im Prolog v. 59
u. 63 als tragicocomoedia bezeichnet wird), tXagotg. aber possenhaft, atel-
lanenartig. Tragicocomoedia auch bei Lutat. zu Stat. Theb. V, 160. •
3. Eine Rhinthonica ist jedenfalls der plautinischc Amphitruo nicht;
8. Vahlen, Rh. M. XVI. S. 472 ff., welcher vermutet dass vielmehr Atella-
nen mit mythologischem Stoffe Rhinthonicae seien, possenhafte Travestie-
rungen mythisch-tragischer Gegenstände.
4. Bernhardy zum Suidas II. p. 614 f. Neukirch, de fab. tog. p. IS-
IS. E, Munck, de fabb. Atell. p. 84—89. Vahlen, Rh. M. XVI. S. 472—476.
Die Rhinthonica. Das Epos. 27
19.. Für das Epos günstig war der Trieb der Römer auf
das Erhalten, der das Geschehene in der Erinnerung zu bewahren
suchte und in der gebundenen Form eine Förderung des Be-
haltens und Weitergebens erkannte. Daher schon frühe in den
Ahnenliedern und den Aufschriften mancher Art Epenartiges.
Das hier befolgte saturnische Mass war auch das der ältesten
literaturmässigen Epiker, des Andronikus und des Naevius, jener
(mit seiner lateinischen Odyssee) noch bioser UebersetÄer, dieser
(mit seinem bellum punicum) kühn in das Leben seines Volkes
und der Gegenwart hineingreifend. Auch dessen Nachfolger
Ennius wählte, in seinen Annales, einen nationalen Stoff, aber
erweitert zu einer ganzen römischen Geschichte bis auf seine
Zeit und in dem griechischen Masse für Episches, dem dakty-
lischen Hexameter, gehalten. Sein Vorgang wurde massgebend
nach Inhalt wie nach Form. Ein Jahrhundert lang wagte zwar
sich Niemand wieder an das Epos; aber dann verfassten L. Attius
und A. Furius gleichfalls Annales, in der ciceronischen Zeit
Hostius (bellum istricum) ausdrücklich eine Fortsetzung des
Werkes von Ennius. Cicero selbst behandelte sein Consulat und
seine Verbannung in Hexametern (de suo consulatu, de tempo-
ribus meis). In der augusteischen Zeit verherrlichte Anser den
M. Antonius, Andere bearbeiteten Stoffe aus der Zeitgeschichte
in der Weise der Alexandriner und theilv^eise in panegyrischer
Richtung, wie L. Varius (de morte, nämlich Gaesaris; Panegy-
ricus Augusti), TibuU (Panegyrikus auf Messala), Octavian selbst
(Sicilia), Cornelius Severus (bellum siculum), Rabirius (bellum
actiacum), Pedo Albinovanus (de navigatione Germanici per
oceanum septentrionalem). In der Kaiserzeit wandte sich die
epische Thätigkeit mit Vorliebe der freieren und schöneren Ver-
gangenheit zu: Lucan's Pharsalia, das Epos de hello civili bei
Fetron. Sat. 119, und des Sihus Italiens Punica; wo man die
Gegenwart zum Stoffe wählte, konnte es nur in höfischem
Sinne geschehen (Gordian's Antoninias; Claudianus mit seinen
zahlreichen panegyrischen Epen und dem bellum Gildonicum
und geticum; Sidonius Apollinaris; Corippus).
1. Das stoffliche Interesse blieb immer das überwiegende und leitende.
Cic. de imp. Pomp. 9, 25: sinite hoc loco, sicut poetae solent qui res ro-
manas scribunt, praeterire me nostram calamitatem. Drang der römischen
Grossen nach Verherrlichung, z. B. Cic. p. Arcb. 10, 26. 11, 27. So wurde
dann von Augustus das Abfassen von Epen systematisch begünstigt und
veranlasst, und es bedurfte fast der Entschuldigung (wie bei Horaz) wenn
man keines machte. Einen Haufen wirklicher oder vermeintlicher Epiker
28 Sachlicher Theil.
zählt Ovid ex Pont. IV, 16 auf. In der neronischen Zeit war, das Ver-
fassen von Epen eine Art Mode, s. Persius I, 69 ff. Vgl. Petron. Sat. 118.
Martial. IV, 14. X, 64. Stat. süv. II, 7, 48 ff.
2. F. Winkelmann , die epischen Dichter der Römer bis in die Zeiten
Virgils, in Jahns Archiv II. S. 558 ff.
20. Ein heroisches Epos konnte im alten Rom nicht
entstehen, da die italischen Götter Abstractionen und götter-
gleiche Heroen dem Bewusstsein fremd waren. Als daher gegen
das Ende der Republik, unter dem Einflüsse der alexandrinischen
Dichter, auch diese Gattung Anbau fand musste man fremde
Stoffe wählen. So CatuU {Epithalamium Pelei et Thetidos), Hel-
vius Cinna (Smyma), Licinius Calvus (lo), Terentius Varro (Ar-
gonautica), Pedo (Theseis), sowie (dem Stoffe nach) Ovid's Me-
tamorphosen, später der Culex und die Ciris, weiterhin Valerius
Flaccus (Argonautica). Andere übersetzten die Ilias, wie C. Ma-
tius und (Ninnius?) Crassus, später Gaurus und für die Schule
der sog. Pindarus Thebanus; etwas höher Strebende griffen nach
dem epischen Kyklus, wie der kyprischen Ilias (von Laevius?),
wie Furius Bibaculus (Aethiopis), Aemilius Macer (Antehomerica
und Posthomerica) , Julus Antonius (Diomedea), Domitius Mar-
sus (Amazonis), Camerinus (Excidium Troiae), aus späterer Zeit
Nero's Troica, Lucans Iliaca, Statins^ Thebais und Achilleis u. A.
In der Mitte zwischen der historisch-nationalen und der alex-
andrinisch-mythologischen Richtung steht Vergils Aeneis, welche
eine einheimische Sage in historisch-psychologischer Weise, aber
mit mythologischem Hintergrunde, durchführt und für die poe-
tische Technik der Nachfolgenden mustergültig wurde. Nach
dem Siege des Christenthums wurden statt der römischen Ge^
schichte und der griechischen Mythologie nunmehr Stoffe aus
der biblischen Geschichte alten und neuen Testaments bearbeitet,
und an die Stelle der panegyrici auf Kaiser und römische Grosse
traten Lobgedichte auf christliche Heilige ; imuier aber blieb die
Behandlung in dem von Vergil eingeschlagenen Geleise. So im
vierten Jahrh. Juvencus, Damasus und Paulinus, im fünften Se-
dulius, Dracontius imd Arator, im sechsten Alcimus Avitus und
Venantius Fortunatus. Ausserhalb des Christenthums schrieb
Claudianus seine mythologischen Epen Raptus Proserpinae und
Gigantomachia. Noch der letzte Ausläufer des römischen Epos,
die tragoedia Orestis (in Hexametern), zeigt zahllose Anklänge
an Vergil.
1. Manier der Beschreibungen, z. B. Sen. Apoc. 2, 3: omnes poetae,
Heroisches u. christliches Epos. Das Lehrgedicht. 29
neu contenti ortus et occasus describere (wie Julius Montanus, Sen. Ep.
122, 11 — 13), etiam medium diem inquietant. Pathos der obligate Ton:
heroici carminis sonus, Tac. dial. 10. Uebertragung der Weise des heroi-
schen Epos auch auf das historische, wie bei Silius; vgl. Petron. Sat. 118:
non enim res gestae vergib us comprehendendae sunt, quod longo melius
historici faciunt, sed per ambages deorumque ministeria et fabulosum sen-
tentiarum tormentum praecipitandus est hber spiritus, ut potius furentis
animi vatidnatio appareat quam religiosae orationis sub testibus fides.
2. Abfallend von der Ueberlieferung ist schon die Troiae halosis in
Senaren bei Petron. Sat. 89.* In demselben Masse paraphrasierte später
Avienus die Geschichte des Livius, bearbeitete Marianus die Argonautica
»des Apollomus und Theriaca des Nikander.
21. Das Lehrgedicht (didaktische Epos) entsprach dem
nüchternen Sinne der Römer und fand daher schon sehr frühe
Vertretung. Von ansehnlichem Alter ist die Unterweisung eines
Bauern an seinen Sohn im satumischen Masse , und Appius Clau-
dius wie Cato schrieben in ähnlicher Richtung. Manchfaltiger
waren die Stoffe von Ennius' Lehrgedichten. Die Satiren des
Lucilius schlugen gleichfalls die Bahn des Didaktischen ein und
behandelten sogar die Orthographie. Literaturgeschichtlichen
Inhalts waren die Lehrgedichte von L. Attius (Didascalica),
Q. Valerius aus Sora, Volcatius Sedigitus, Porcius Licinus. Varro
Atacinus verfasste eine Cosmographia. Unter diesen Lehrge-
dichten waren die wenigsten im Masse des griechischen Epos
gehalten, das erst am Ende der Republik, unter dem Einflüsse
der griechischen Literatur, das herrschende wurde. So in Ci-
cero's Uebersetzung des Ajatus, in des Lucretius Darstellung der
epikureischen Philosophie (de rerum natura) und weiterhin bei
Vergil, welcher (in seinen Georgica) einen glücklich gewählten
Stoff mit Wärme vmd vollendeter Kunst bearbeitete. Ovid ver-
wendete das elegische Mass zu spielend didaktischer Behandlung
erotischer Gegenstände (Ars amandi, Remedia amoris, Medica-
mina faciei), sowie einheimischer Sagen (Fasti); im epischen
Masse nxur den mythologischen Stoff der Verwandlungen (Meta-
morph.). Zeitgenossen Ovid's von weniger Geschmack bearbei-
teten, in blinder Nachahmung der Alexandriner, auch ganz
prosaische Dinge in Lehrgedichten. So verfasste Valgius Rufus
ein Lehrgedicht über die Kräuter, Aemilius Macer Theriaca und
eine Omithogonia, Gratius Faliscus Cynegetica, ein Anderer
(nicht Ovid) Halieutica; im ersten christl. Jahrh. Manilius Astro-
nomica^ Germanicus eine neue Bearbeitung des Aratus, Colu-
mella über den Gartenbau ;- auch das beschreibende Epos Aetna
30 Sachlicher Theil.
aus dem Begi^in des silbernen Zeitalters ist hieher zu rechnen,
sowie aus dem vierten Jahrh. der Phoenix des Lactantius, die
vielerlei Sachen des Ausonius, besonders seine Moseila, des Avie-
nus Descriptio orbis terrae und Aratea, sowie (in lamben) seine
Ora maritima, des Palladius Lehrgedicht de re rustica, sowie die
christlich-dogmatischen des Prudentius ; aus dem fünften des Ru-
tilius Namatianus Reisebeschreibimg (Itinerarium) im elegischen
Masse. Ist in den meisten dieser Arbeiten die Versification eine
äusserliche Zuthat zu dem Stoffe, so schwindet vollends der poe-
tische Gehalt bei den Lehrgedichten von Grammatikern für den
Gebrauch der Schule, dergleichen nicht nur die versus memo-
riales sind (besonders zahlreich vertreten bei Ausonius) sondern
insbesondere die Lehrbücher der Rhetorik, Metrik, Prosodik,
Metrologie in gebundener Form, die carmina de figuris vel sche-
matibus (von Marbod und unbekannten Verfassern), des Teren-
tianus Maurus metrisch gehaltenen Werke de litteris, de sylla-
bis versus heroici, de metris Horatianis, die ähnlichen von Al-
binus und vielleicht Caesius Bassus, die carmina de ponderibus
et mensuris von Remmius Flavinus (oder Favonius) u. A. Un-
ternehmungen ähnlicher Art sind die Arzneimittellehren im epi-
schen Masse von Serenus Samonicus und Vindicianus. Besonders
fruchtbar an derartigen Erzeugnissen war dann das Mittelalter.
22. Didaktische Richtung haben auch der poetische Brief
und die Fabel. Zu einem poetischen Briefe kann jedes Ge-
dicht werden durch Anreden einer bestimmten Person, imd so
sind Lehrgedichte welche z. B. an einen Sohn gerichtet sind
zugleich Episteln. Im engem Sinne aber heisseu so solche Ge-
dichte worin die Bestimmung für einzelne Personen auf den
ganzen Inhalt des Gedichts und seine Haltung von Anfang bis
zu Ende bedingend einwirkt. So richtete Sp. Mummius aus
dem Lager vor Korinth (J. 608 d. St.) scherzhafte Briefe in
Versen an seine Freunde in Rom; so gab Lucilius einigen sei-
ner Satiren dje Form von Briefen an Freunde, und ein Brief
ist auch des Catull Gedicht an Allius. In der augusteischen
Zeit widmete Horaz einzelne Satiren dem Mäcenas, viele lyrische
Gedichte einzelnen Freunden, und verhandelte in seinen späteren
Lebensjahren Fragen des Lebens und der Literatur in wirklichen
Briefen im epischen Masse. Ovid schrieb im elegischen theils
fingierte Liebesbriefe von Frauen des Mythus (Heroides) theils
ernstlich gemeinte der Klage und Bitte aus der Verbannung (Tri-
stia und ex Ponto). Die Satiriker Persilis und Juvenal reden gleich-
Poetische Briefe. Die Fabel. Die Satife. 31
falls öfters einzelne Personen an, ohne jedoch mit der Briefform
Ernst zu machen. Echte Briefe aber sind die 25 des Ausonius in
verschiedenen Massen und theilweise von scherzhaftem Inhalte.
1. Cic. ad Att. XIII, 6, 4 (vom J. 709) : Mummium fuisse ad Corinthum
pro cerio habeo. saepe enim hie Spurius qui nuper est mortuus epistplae
(seines Grossvaters) mihi proiiuutiabat versiculis facetis ad familiäres mis-
sas a Corintho. Von Lucilius begann ein Buch oder eine Satire: salutcm
versibus Lucilius quibus potest impertit, totumqiic hoc studiose et seduloetc.
I. Die Fabel, welche paränetischen Inhalt in Erzäh-
lungen namentlich aus dem Thierleben (Thierepos) einkleidet,
erscheint in der römischen Literatur zuerst als eines der Dar-
stellungsmittel in den saturae des Ennius, Lucilius und Horaz,
als selbständige Gattung aber erstmals bei Phädrus (in Senaren)
zur Zeit des Tiberius. Unter Hadrian verfasste Dositheus, ein
Jahrhundert nachher Titianus eine prosaische Uebersetzun^ der
Fabeb des Babrios; später scheint Symmachus, wohl in gebun-
dener Form, Aehnliches gearbeitet zu haben, und kurz nach ihm
dichtete Avianus 42 Fabeln des Babrios im elegischen Masse
nach. Die Fabelsammlungen des sog. Romulus, des Anonymus
Nereleti, des Baldo und des Alexander Neckam gehören dem
Mittelalter an.
1. Die Fabel von der Haubenlerche bei Ennius (in satiris . . versibus
fjnadratis), Gell. II, 29 = Vahlen's Ausg. des Ennius p. 159— IGl. Die
vom kranken Löwen (Hör. Ep. I, 1, 73 tl) schon bei Lucilius (Non. p. 303,
nff.). Andere bei Horaz, S. II, 6, 79 ff. Epp. I, 7, 29 ff. 10, 34 ff. An-
spielougen auf Fabeln bei Hör. S. II, 3, 299. 5, 56. Epp. I, 3, 19. 16, 46.
2. Seneca Cons. ad Polyb. 8, 27 : uou audeo te usque eo producere ut
fabellas quoque et Aesopeos logos, intemptatum romanis ingeniis opus,
aoHta tibi venustate conectas. Auson. Epist. 16, 74—81: apologos . . Ae-
sopiam trimetriam, quam vertit exili stilo, pedestre concinnans opus, fandi
Titianus artifex. ib. 17 rühmt er von Symmachus: quis ita ad Aesopi vo-
Dostatem . . accedat?
24. Die Satire wurde zu einem Literaturzweige durch
Ennius, welcher einer Sammlung seiner vermischten Gedichte
den Titel Saturae gab. Dieses Beispiel befolgte vielleicht sein
Neffe Pacuvius, sicher der römische Ritter C. Lucilius. Die bei
Letzterem im Inhalte überwiegende Kritik der öffentlichen Zu-
stande seiner Zeit wurde fortan ein Hauptmerkmal im Begriffe
der Satire, da derjenige welcher, nach einigen minder bedeu-
tenden Nachfolgern, mit glänzender Begabung in der Weise des
Locilins weiter arbeitete, Horaz, mit Nachdruck dieselbe Rich-
tung verfolgte, jedoch ausschliesslich nach der Seite des socialen
32 ' Sachlicher Theil.
und literarischen Lebens und unter Beschränkung auf den He-
xameter. Die aus Prosa und Versen frei gemischten Saturae
Menippeae des Polyhistors Varro fanden in der Zeit des Nero
Nachfolge , bei Seneca (^ATtoxokoxvinciöig) und Petronius, im
fünften christlichen Jahrh. bei Martianus Capella, bei welchem
aber der prosaische Bestandtheil stark überwiegt, und im sechs-
ten in des Boethius Schrift de consolatione philosophiae. Da-
gegen Horaz erhielt in der neronischen Zeit einen Nachahmer an
dem jugendlichen Stoiker Persius. Unter Domitian schrieb Sa-
tiren Turnus und Sulpicia; nach dem Tode jenes Kaisers der
Rhetor Juvenalis seine dunkel gefärbten Sittenpredigten und
Sittengemälde. Satirischer Geist ist auch in dem (in Prosa ge-
schriebenen) Sittenroman des L. Apulejus (Metamorph.) und in
manchen apologetisch-polemischen Schriften des TertuUianus. Im
vierten Jahrh. verfasste Tetradius Satiren, im fünften Glaudian
seine episch gehaltenen Angriffe, in Rufin um und in Entropium.
1. Diomed. III. p. 482 f. P. = 485, 30 ff. K.: satira dicitur Carmen
apud Romanos nunc quidem maledicum et ad carpenda hominum vitia ar-
chaeae comoediae charactere (richtiger Quintilian X, 1, 93: satira quidem
tota nostra est) compositum, quäle scripserunt Luciliue et Horatius et Per-
sius. at olim Carmen quod ex yariis poematibus constabat satira yocaba-
tur, quäle scripserunt Pacuvius et Euniusr. Die Ableitung des Namens von
satura lanx (s. oben 6, 2) würde auf die Satire als Literaturzweig, auch
schon die des Ennius, wohl passen; hätte Eimius bei diesem Titel an die
alten (dramatischen) Possen gedacht, so müsste er ihn humoristisch ge-
meint haben, was wenig wahrscheinlich ist wenn er so ernsthafte Gedichte
wie den Scipio mitbegriff.
2. Hör. S. I, 10, 54 (46) f.: hoc erat, experto frustra Varrone Atacino
atque quibusdam aliis, melius quod scribere possem. Zu diesen quidam
alii gehörte wohl auch der Polyhistor Varro mit seinen vier Büchern Sa-
turae, sodann L. Albucius (cuius Luciliano charactere sunt libelli, Varro
tt. R. III, 2, 17), C. Trebonius (Cic. ad Fam. XII, 16, 3) und die Freige-
lassenen Saevius Nikanor (Suet. gramm. 5) und Lenäus (ib. 15). — Lyd.
de magistr. I, 41: iis&* ov (Lucilius) xal zovg fist' avTOv, ovg kccXovci
*PcoficcCoL aatVQiTiovg, ot VEoirsgot . . xrjv oatVQiyiriv iiiQcctvvav xwftoo^tai',
'OqdzLog ft^v ov% ^^oa r^g xi%vi]g %a)(fcav, Tligaiog Sh rov noirjtiQV Em-
tpQOva iiLiiT^acca^'cci ^iXatv to Av7i6q>QOvog nagrjld'ev ccfiavgov Tovgvog
dh Tial 'lovßsvdXiog xal UsTQtoviog avzod'ev xatg XaiSogCaig ins^sX&ovxfg
Tov aarvQtiiov vofiov 7taQStQ(oaocv.
3. Quintil. X, 1, 95: alterum illud etiam prius satirae genus, sed non
sola carminum varietate mixtum, condidit Terentius Varro, vir Bomano-
rum eruditissimus. Der Kjrniker Menippos aus Gadara, Schüler des Kyni-
kers Diogenes, aus der Generation nach Alexander, hatte als anovdoysXoiog
ernsthafte Gegenstaude aus den praktischen Gebieten der Philosophie in
Die Satire als Literaturzweig. Die Idylle. 33
heiterem Tone abgehandelt. Die Lockerung des Schönheitsgefühls in sei-
oer Zeit und Menippos^ Stellung als Kyniker macht glaubhch dass dieser
bereits mit der Mischung von Prosa und Versen vorangegangen war, die
schon bei Varro manchmal mitten im Satze erfolgt. Vgl. A. Riese iu Jahns
Jahrb. 95, S. 646—648. Cic. Acad. post. I, 2, 8 lässt den Varro sagen:
in Ulis veteribus nostris quae Menippum imitati, non interpretati, quadam
hilaritate conspersimus multa admixta ex intima philosophia, multa dicta
dialectice. Vgl. Gell. 11, 18, 7 : Menippus . . , cuius libros M. Varro in sa-
tiris aemulatuB est quas ahi cjnicas, ipse appellat Menippeas. In der Art
von Vano's satirae Menippeae sind auch Kaiser Julian's griechisch geschrie-
bene KaiaaQsg.
4. Nach Porphyr, zu Hör. Ep. I, 3, 1 war der Zeitgenosse des Horaz,
Julius Plorus, ein saturarum scriptor cuius sunt electae ex Ennio, Lucilio,
Varrone saturae. Gleichzeitig mit Juvenal schrieb Julius Rufus satiras
(Martial. X, 99), sowie angeblich Silius (Schol Juv. I, 20: Lucillium dicit . .
vel Silium et ipsum sui temporis satyriciun, qui omnes, ut Probus refert,
ex Aurunca fuenmt) und Manlius Vopiscus (Stat. Silv. I, 3, 103). Angeb-
lich aus dem dritten Jahrh. ist das Testament eines Schweins , eine Paro-
die der juristischen Testamentsform'^n , veröffentlicht zuerst von Petrus
Lambedus, comm. de bibl. Caes. Vindob. III. p. 346 tf. , dann bei Brissö-
niua de formulis VII. p. 677 u. A. Aus dem vierten Jahrh. sagt Ausonius
(Epiat. 15) von seinem alumnus Tetradius z. B. (V. 9 f.): rüdes Camenas
qni Suessae praevenis aevoque cedis, non stilo; später Rutilius Nam. von
seinem Freunde Decius (Itin. I, 699—606): huius vulnificis satira ludeute
Camenis nee Turnus potior nee luvenalis erit (V. 603 f.).
5. Is. Casaubouus de satyrica Graecorum poesi et Roman, satira,
Paris 1605. Halle 1774. J. A. Vulpi, de satirae lat. natura et ratione eius-
qne scriptoribus, Padua 1744. G. L. König, de satira Rom., Oldenb. 1796.
Flögel, Geschichte der komischen Literatur, II. S. l — 57. Wernsdorf, poe-
tae latini minores, III. p. XIII— XXVI. C. L. Roth, zur Theorie und innern
(iegchichte der römischen Satire, Stuttgart 1848. W. Teuflei in Pauly's
K. E. VI, 1. S. 819—822. C. Scheibe, de satirae rom. origine et progressu,
Zittau 1849. 4. H. Berning, de satirarum scriptoribus Rom., Recklings-
Iiansen 1850. 4. Fr. Haase, d. röm. Satire, in Prutz Deutsch. Museum 1851.
S. 858—867. J. M. Söderhelm, de vemacula Rom. satira ad ideam eins
nakivam adumbrata, Helsingfors 1852. 4. 0. Petermann, über den Ursprung
»md Begriff der röm. Satire, Glogau 1856. 4. Jung, de satira rom., Neisse
1862. 4.
25. Die Idylle als Gattung, mit ihrem weiblich weichen
»Schmachten nach einem vermissten Ideale, blieb den Römern
in der Hauptsache fremd. Am meisten idyllischen Geist zeigt
Tibull, nächstdem Vergil, und in seiner Art auch Horaz. Aber
im Ganzen kannten die Römer das Landleben zu genau als dass
sie es idealisiert hätten. Aus ländlichen Verhältnissen hervor-
gegangen gerieth der junge Yergil zuerst auf diese Gattung,
ahmte den Theokrit nach, ohne ihn zu erreichen, durch sein
Teoffel, Rum. Lileraturg-eschichte. 3
34 Sachlicher TheiL
AUegorisieren die Gattung sogar verunstaltend. Dagegen das
Moretum zeugt vom Humor seines Verfassers. Die Dirae des
Valerius Cato schwanken zwischen Idylle und Satire, neigen
sich aber eher zur ersteren, besonders durch ihre amöbäische
Fassung. Aus dem Anfang der Zeit des Nero sind des Calpur-
nius Siculus sieben Eklogen; an ihn schloss sich gegen Ende
des dritten Jahrh. Nemesianus an. Vielleicht aus derselben Zeit
waren des Septimius Serenus Opuscula ruralia und Falisca, in
lyrischen Massen, stofflich aber Idyllen. Um so weniger sind
diess die EidvXkia des Ausonius, am ehesten noch in einzelnen
Partien die Moseila, sowie aus dem Ende dieses vierten Jahrh.
das Gedicht des christlichen Rhetors Severus Sanctus Endele-
chius de mortibus boum. Von Claudianus haben sieben Gedichte
manchfaltigen Inhalts und theils im epischen, theils im elegi-
schen Masse den gemeinsamen Titel Eidyllia.
1. Diomed. 111. p. 483 P. = 486, 17 K.: bucolica dicuntur poemata
secundum Carmen pastorale composita.
2. Aus Vergils Georg, s. bes. 11, 458 ff. Horaz (S. II, 6. Ep. I, 10)
liebt und preist das Landleben als das gesündere und unabhängigere. —
Macrob. Sat. III, 18, 11: Suevius, vir longe doctissimus, in idyllio quod in-
scribitur Moretum, worauf er 8 Hexameter daraus anführt, die sehr ver-
schieden sind vom Tone des pseudovergilischen Moretum; vgl. ib. VI, 6, 15:
Suevius in libro quinto. Auf IdyUiaches weist wohl Ovid. ex Pont. IV,
16, 35: (cum) Naidas a Satyris caueret Fontanus amatas. Gleichfalls in
der augusteischen Zeit schrieb M. Valerius Messala erotisch gehaltene
Idyllen in griechischer Sprache (Ps. Verg. Catal. 11, 13—24).
3. Hunger, de poesi Rom. bucolica, Halle 1841. R. Unger, Valg. Ruf
p. 286—326. W. Teuffei in Pauly's R. E. I, 2. S. 2628 f
26. Die Lyrik, als subjective Poesie im weitesten Sinne,
stimmte wenig zu dem auf das Handeln gerichteten Wesen der
Römer, und wurde daher erst spät und in beschränktem Um-
fange bei ihnen betrieben. Verhältnissmässig frühzeitig finden
sich nur solche Arten welche mit dem Leben irgendwie in Be-
ziehung standen, wie Cultuslieder (der Salier, fratres arvales,
Hymnus des Andronikus), Gesänge zu Ehren Verstorbener,
Elaglieder, Zaubersprüche, und was sonst durch das satumische
Mass zum Carmen wurde. Ausserdein führte der nationale Hang
zu scharfer Kritik schon frühe zu Spottliedern, dergleichen die
Fescenninen, die occentationes, die Soldatenlieder auf den Trium-
phator, und wohl auch manche in den Volkspossen eingelegte
cantica waren. Unter den eigentlichen Kunstformen fand die
leichteste, das Epigramm, am frühesten Anbau, theils als
Lyrische Arten: Das Epigramm. 35
Aufschrift, theils als Gelegenheits- und Sinngedicht, theils auch
als kleine erotische Elegie. In ersterer Weise wurde es seit
Ennius allmählich immer häufiger auf Gräbern wie Bildern ver-
wendet, bald blose Hexameter (wie die Grabschrift des Plautus),
bald Distichen (wie die Grabschrift des Cn. Cornelius Scipio
Hispanus, Prätor 615 d. St.), am umfassendsten Jn Varro's Ima-
gines. Vertreter der beiden andern Richtungen des Epigramm
sind aus der ersten Hälfte des siebenten Jahrh. Valerius Aedi-
tuufi, Porcius Licinus, Q. Lutatius Catulus, Quintius Atta; aus
der zweiten Hälfte Varro Atacinus, Licinius Calvus und Catull,
und wohl auch Hortensius, C. Memmius Gemellus, Q. Scaevola,
und Andere denen erotische Gedichte zugeschrieben werden. In
der augusteischen Zeit August selbst, Domitius Marsus, Pedo,
Comificius, Sulpicia. Unter Domitian sodann wurde das Epi-
gramm in mehrerlei Formen mit Virtuosität gehandhabt von
Martialis; auch Ausonius hat Manches dieser Art, und noch
lange fort dauerte die Hervorbringung solcher Kleinigkeiten, ins-
besondere für das Bedürfniss der Grabschriften. Noch aus dem
sechsten Jahrh. haben wir eine Sammlung von Epigrammen des
Luxorius. In neuerer Zeit sind diese Producte zusammengestellt
und unter dem Namen Anthologiß, latina veröffentlicht worden.
1. Lyriconim iucunditas, elegorum lasciviae, iamborum amaritudo, epi-
grammatom lusus, Tac. dial. 10. — Ecquis nostrorum poetarum tarn fluen-
t«8 carminum delicias fecisset (wie Änakreon)? nisi CatuUus forte pauca et
Calvus iiidem pauca. nam Laevius implicata et Hortensius invenusta et
Cinna inlepida et Memmius dura, ac deinceps omnes rudia fecerunt atque
absona. Gell. XIX, 9, 7; worauf ib. 10 ff. versus Valeri Aeditui, . . item
Pordi Licini et Q. Catuli angeführt werden quibus mundius, veuustius, li-
maüus, tersios graecum latiuimive nihil quidquam reperiri puto. Plin. Ep.
V, 3, 5 zählt als Verfasser erotischer Gedichte auf: M. Tullium, C. Calvum,
Asinium Polionem, M. Messalam, Q. Hortensium, M. Brutum, L. Sullam,
Q. Catulum, Q. Scaevolam, Ser. Sulpicium, Varronem, Torquatum, immo
Torquatos, C. Memmium, Lentulum Gaetulicimi, Annaeum Senecam, Luca-
num, . . Verginium Rufum, . . D. lulium, D. Augustum, D. Nervam, Tibe-
riom Caesarem; ferner Neronem, weiterhin (ib. 6) P. Vergilius, Cornelius
Nepog et prius Attius Enniusque. Es scheint frühzeitig eine erotische An-
thologie veranstaltet worden zu sein, woraus vielleicht Plinius, dann Gel-
liaa (1. l.) und Apulejus (apol. 9) ihre speciellen Kenntnisse auf diesem Ge-
biete haben werden. Zu den Epigrammen vgl. oben 11, 3. Cicero's Frei-
gelassener, M. Tullius Laurea, verfasste Epigramme in lateinischer (Plin.
• N. H. XXXI, 2) wie griechischer (Anth. gr. II. p. 90 f.) Sprache.
2. Catalecta veterum poetarum von Jos. Scaliger, Lugd. B. 1573. 1617.
Epigrammata vett. e codicibus et lapidibus collecta, von P. Pithöus, Paris
1590. Anthologia -Latina von P. Burmann, Amsterdam 1759 u. 1773. 2 Voll.
3*
36 Sachlicher Theil.
4. Anthologia vett. latt. epigrammatum et poem. ed. H. Meyer, Lips. 1835.
2 Voll. Eine Sichtung des alten und Sammlung des reichhaltigen neuhin-
zugekommenen Stpffes zu einer Anthol. latina hat L. Müller zugesagt.
27. Die vom Drama her geläufige metrische Form des lam-
bus wurde bald auch für andere Zwecke verweudet (Grab-
schriften; wie des Pacuvius). Als Carmen maledicum scheint
den lambus unter den Römern zuerst Purius Bibaculus ange-
wandt zu haben, neben ihm Catull, Calvns, auch der jüngere
Cato, sodann Horaz (Epoden) und Bassus. Die Kaiserzeit konnte
dieser Gattung nicht günstig sein, und der lambus wurde hier
meist farblos in Anwendung gebracht. Doch ist unter den Ge-
dichten des Martialis ein Theil in diesem Masse gehalten, und
später Hess Ausonius es sich angelegen sein auch den eigent-
lichen lambus wieder aufzufrischen.
1. Diomed. III. p. 482 P. = 485, 11 fF. K.: iarabus est Carmen male-
dicum. . . cuius carmiuis praecipui scriptores . . apud Romanos LuciUus
et CatulluB et Horatius et Bibaculus. Qiiintü. X, 1, 96: iambus uon sane
a Bomanis celebratus est ut proprium opus, quibusdam interpositus. cuius
acerbitas in Catullo, Bibaculo, Horatio, quamquam illi epodos interveniat,
reperietur. Vgl. ib. IX, 4, 41: aspera et maledica . . etiam in carmine
iambis grassantur. X, 1, 9: scriptores . . iamborum veterisque comoediae
etiam in Ulis (parum verecundis verbis) saepe laudantur. Ovid. Rem. am.
377 f. : liber in adversos hostes stringatur iambus, seu celer extremum seu
trahat ille pedem (Hinkiambus). Catull 36, 5 (truces vibrare iambos) und
40, 2 gebraucht iambus von maledica carmina überhaupt, abgesehen vom
Masse, auch von Hendekasy Ilaben, wie er (und spilter Martial) sie vorzugs-
weise anwandte.
2. Plut. Cato min. 7: oqyri %al vfotTjzi xQiipag tavtov elg tdfißovg
noXXa xov SminCtova tta&vßgiafy toj ^rtxpeS ngoaxQrjodfisvog rov *jlQXiX6xoVy
ro 8* düolaatov d(pBlg xal naiöagimdsg. Ovid. Trist. IV, 10, 47: Basaus
quoque dar üb iambo. Vgl. Prop. 1, 4. Zeit Verhältnis» und Art würde zu
dem Rhetor JuHus Bassus (Sen. p. 295. 303 Bu.) stimmen. Materiell iam-
bisch war auch die satira des Lenäus (Suet. gramm. 15) und ist es die Ibis
des Ovid. Choliambisch sind unter den Ps. vergilischen Catal. 2 u. 7, iam-
bisch 3—5 und 8; choliambisch auch die mimiambi des Matius, Petron.
Sat. 5, der Prolog des Persius und ein Theil der Gedichte des Martiahs.
Auch unter den Priapeia ist der lambus vertreten. Antistius Sosianus pro-
brosa adversus principem (Nero) carmina (lambenV) factitavit volgavitque
(J. 62 n. Chr.), Tac. A. XIV, 48. AureUum Apollinarem, iamborum scri-
ptorem (um 280 n. Chr.), Vopisc. Car. 11, 2 (p. 221, 16 f Peter). Scherz-
hafte Sinngedichte auf Zeitgenössisches in Hendekasyllaben bei Lamprid.
Alex. Sev. 38. Von Ausonius s. bes. Epigramm. 45 — 52 gegen den Rhetor
Rufus.
3. In den Inschriften sind iambische Senare nicht selten; &. 126,3. So
die Altarinschrift des L. Fulvius Maximus in Bonn (Rhein. Mus. XIX. S. 53—62.
Lyrische Arten: Die lambik. Die Melik. 37
Jahrt>l>. d. rheinl. Alt. Fr. XXXVI. S. 116 ff. XXXVII. S. 151 ff. Annal.
deir Tnßt. arch. XXXVI. p. 224 ff.), die ^Inschrift auf den Schulmeister Fu-
gius F»liilocalu8 (Hermes I. S. 147 -151 / Tgl. S. 151 -155), die Grabschrift
aer Senenia Pollia (OrellüHenzen 6237. Ritschi, Rh. M. XVII. S. 300 ff.)
tmd ^^ele andere (vgl. Fröhner, Philologus XIII. S. 176. 183. 185). Ska-
^nten (Hinkiamben) z. B. bei Orelli 4828 (Rom), Mommsen I. R. N. 2001
(NoU), Jahrbb. d. rheinl. Alt. Fr. XXXII. S. 63, Meyer Anthol. lat. 1302.
GrabBchrifb auf einen Hund in Hendekasyllaben mit catullischen Remini-
BceBzen, aus Auch, Hermes I. S. 68.
28. Am Ende der Republik, wo die Kenntniss der grie-
chischen Literatur in Rom immer vielseitiger, das Leben erregter
geworden war, versuchte fast jeder höher gebildete Römer sich
gelegentlich in irgend welcher Form von kleinen Gedichten;
auch die Begabteren, wie Varro Atacinus, Laevius, Calvus und
Catull, bewegten sich unschlüssig in verschiedenen Gattungen
und metrischen Formen ; den Catull aber machte Liebe und Hass
die er darin niederlegte zum ersten eigentlichen Lyriker der
Römer. Auf seiner Bahn wandelte Horaz fort, mit viel weniger
personlichem Pathos, aber desto schärferem Kunstverständniss.
Andere in seiner Zeit brachten es über Tändeleien und Anläufe
nicht hinaus. Im ersten christl. Jahrh. war Formgewandtheit
sehr verbreitet und in Folge dessen auch poetisches' Dilettanti-
sieren; hervorragend aber imd von nachhaltigem Einfluss war
keiner der zahlreichen lyrischen Dichter dieser und der nächsten
Zeit, wie Caesius Bassus, Salejus Bassus, Gaetulicus, Arruntius
Stella, Vestricius Spurinna, der jüngere Plinius, P. Annius Flo-
rus, Voconius, Hadrian, Sentius Augurinus, Pompejus Saturni-
nus, Annianus. Von dieser Formbeherrschung, welche Manchen
— wie den Septimius Serenus und Terentianus Maurus — trieb
Verse zu machen nur um ein bestimmtes Metrum darzustellen,
sind besonders glänzende Vertreter Statius und Ausonius, auch
noch Sidonius Apollinaris ; und nicht minder ist das Pervigilium
Veneris ein unverächtliches Zeugniss von der lyrischen Kunst
des zwejten und dritten Jahrh. Von den christlichen Dichtem
des vierten Jahrh. zeichnet sich Prudentius durch die Manch-
faltigkeit der von ihm gehandhabten melischen Masse aus, Am-
brosius (in seinen Hymnen) durch Tiefe der Empfindung.
1. Die älteeten Meüker bezeichnen, unter dem Einfluss der römischen
ßegrift'e und wegen des spielenden Inhaltes, ihre Arbeiten selber als nugae,
ineptiae, (Eroto-)paegnia, opuscula u. dgl. Hieher gehören Viele der von
Plin. Ep. V, 3, 5 (s. oben 26, 1) Genannten, vielleicht auch Cassius aus
Parma. In der augusteischen Periode vielleicht Titius (Hör. Ep. I, 3, 9 ff*.),
JnloB Antonius (Hör. 0. IV, 2) imd Rufus (Ovid. ex Pont. IV, 16, 28); dann
38 SachUcher Theil.
des Mäcenas Tändeleien und des Melissus Ineptiae; auch eine Anzahl der
Priapeia, 87 Scherz- und Schmutzgedichte auf Priapus in manchfacheu
metrischen Formen, bes. lamben und Heudekasy Ilaben, von meist unge-
nannten Verfassern aus dem ersten christl. Jahrh., von Catull bis Martialis.
Text in den lateinischen Anthologieen und an Bücheler*s Textausgabe des
Petronius (Berlin 1862) p. 109 ff. nebst dessen Vindiciae libri Priapeiorum,
Rhein. Mus. XVm. p. 381—415. Abh. darüber von J. E. Wemicke, I. Thom
1853. 144 pp. 8.
2. Quintil. X, 1, 96: lyricorum Horatius fere solus legi dignus. . . si
quem adicere velis, is erit Caesius Bassus, quem nuper vidimus; sed eum
longe praecedunt ingenia viventium (wobei er wohl an Aruntius Stella,
Vestricius Spurinna, vielleicht auch schon Statins, denkt, zugleich ein Mass-
stab für das Urteil über Bassus). Diesen epigonen Lyrikeryi fehlte es we-
niger an Form als an Inhalt. Versiculi des Plinius, erotischen Inhalts, bes.
Hendekasy Ilaben, Ep. V, 3, 1. VII, 4, 1. 7 ff . Gleichzeitig Passennus Paul-
lus Nachahmer des Horaz (ib. IX, 22, 2). Voconius poeta (unter Hadrian)
versu lascivus, mente pudicus (Apul. apol. 11); ipsius etiam D. Hadriani
multa id genüs legere me memiui (ib.). Absichtliche oder unwillkürliche
Ueberschätzung von Zeitgenossen z. B. auch in Bezug auf Numerianus
(Caesar 284 n. Chr.) bei Vopisc. Car. 11, 2: versu talis fuisse praedicatur
ut omnes poetas sui temporis vicerit. Votivinschrift des Alfenus Fortuna-
tus in lonikem, Renier Inscr. de V Alg. 157.
29. In Folge des Einflusses der alexandrinischen Dichter
gewann am Ende der Republik besonders die Elegie in Rom
Boden, und hierin übertrafen die Schüler durch Walu'heit und
W^ärme der Empfindung wie durch Kunstvollendung weitaus
ihre griechischen Vorbilder. Catull zwar bewegt sich in dieser
Form meist noch etwas unfrei; besser scheint es schon dem
Cornelius Gallus (Lycoris) geglückt zu sein ; Tibull lieferte darin
Meisterwerke, Propertius leidenschaftliche Bilder, und Ovid war
in der elegischen Form ganz und gar zu Hause. Im ersten
christl. Jahrh. war diese Form lange Zeit in der Mode, und
auch die Schule bediente sich ihrer zu Stilübungen. Um so ge-
ringer war der Gehalt dieser Hervorbringungen. Später theilte
sich dieses Mass mit dem epischen in das Schicksal für alle
möglichen Stoffe verwendet zu werden, Epithalamien, Epikedien
und Epitaphien, Räthsel und Akrosticha und centones; und als
die Verwilderung einbrach, als die Bande der alten quantitie-
renden Kunstpoesie gelöst und die neueuropäische Form der Poe-
sie noch nicht zur Reife gediehen war, da waren es wiederum
jene beiden metrischen Formen welche, als die verbreitetsten
und populärsten, davon vorzugsweise betroffen wurden.
1. Diomed. III. p. 481 f. P. =^ 484, 17 ff. K. : elegia est carnien com-
positum hexametro versu pentametroque . . . quod genus carminis praeci-
Lyrische Arten: Die Elegie. 39
pue scripserunt apud Eomanos Propertius et Tibullus et Gallus, imitati
Graecos CalUmachum et Euphoriona. Quintil. X, 1, 93: elegia quoque
Graecos provocamus. cuius mihi tersus atque elegans maxime videtur au-
ctor Tibullus. sunt qui Propertiiim malint. Ovidius utroque lascivior, sicut
durior Gallus. — Zeitliche Aufeinanderfolge s. Ovid. Trist. IV, 10, 63 f.:
siicc«8sor fuit hie (Tibullus) tibi, Galle, Propertius illi; quartus ab his Se-
rie temporis ipse fui. — Cic. Tusc. III, 19, 45 über Ennius : o poetam egre-
gioin, quamquam ab his cantoribus Euphorionis (Calvus, Catull, Cinna etc.)
contemnitur. Die Verfasser von kurzen Elegien (d. h. Epigrammen) ans
dieser Zeit s. oben 26, mit A. 1. Vielleicht gehört dahin auch Cassius aus
Parma (Hör. Ep. I, 4, 3). Aus der augusteischen Zeit femer der Verfasser
Ton Tibull HI (Lygdamus). — Strophische Composition hat nachzuweisen
gesucht C. Prion, d. Symmetrie und Responsion der römischen Elegie, Lü-
beck 1867. 85 S. 4.
2. Persius I, 61 f. : si qua elegidia crudi dictarunt proceres. Juv. I, 3 f. :
impuiie . . mihi recitav^rit ille iiogatas, hie elegos? So verfasste Elegieen
unter Domitian Arruntius Stella, in der Zeit des Jüngern Plinius dieser selbst
(£p. YII, 4, 3. 7) und Passennus Paullus, eq. rom., municeps und Nach-
komme des Propertius (Plin. Ep. VI, 16, 1. IX, 22, 1 f.). Angeblich hora-
zische elegi hielt schon Sueton für unecht. Elegische adsanora, wie in
obitum Maecenatis, Consolatio ad Liviam de morte Drusi, Elegia ad Vale-
rimn Messalam u. A. bei Wernsdorf, poetae lat. min. III u. IV. Unter die-
sen ist die Consolatio wohl von einem Italiener des 16. Jahrh. verfasst;
s. M. Haupt, Epicedium Drusi, cum commentarüs , Lips. 1849. 38 pp. 4.
VerBuch einer Widerlegung von Adler, Anclam 1861. 4. Ebenso ist ein
neueres Machwerk der elegische Cento eines angeblichen Asinius Cornelius
Gallaa bei Wernsdorf III. p. 183 ff. Dem Mittelalter (frühestens der Zeit
des Theoderich) gehören an die sechs Elegieen des Maximianus aus Etru-
rien, von ihrem ersten Herausgeber (Pompon. Gauricus, Ven. 1501. 4.) trüg-
lich unter dem Namen des (Conielius) Gallus veröffentlicht; s. Wernsdorf
III. p. 126 ff. VI. p. 204 ff.
3. Epithalamien u. s. w. bes. von Statius, Ausonius, Sidonius Apollina-
ris, Claudianus. — Ceutones (Flickgedichte), zusammengeflickt aus (aus
dem Zusammenhange gerissenen) Versen bes. des (Homer und) Vergil
(Auson. Idyll. XUI. praef. Isidor. Orig. I, 38, 25), von Hosidius Geta (Me-
dea), Ausonius (cento nuptiaUs = Idyll. XIH), Proba Faltonia (die biblische
Geschichte), Sedulius (de verbi incamatione), Pomponius (Isid. 1. 1.), Maro
d Jang. (de ecclesia). Im Kleinen schon bei Petron. 132, p. 186 Bü. Anderes
in der lat. Anthologie von Meyer, Nr. 252. 576. 693. Vgl. B. Borgen, de cento-
nibos Homericis et Vergilianis etc. Kogenh. 1828. 4. L. Müller, metr. lat.p. 465 f.
4. Die Räthsel waren eine Nachahmung griechischer Sitte. Ein
eigener Bäthseldichter ist erst (im 4.-6. Jahrh.) Symposius, später Aldhel-
mas und Tathvinns (achtes Jahrh.). Solche lateinische Räthsel waren eine
beliebte Elosterunterhaltung, und es ist daher noch vieles Derartige hand-
»chrifÜich vorhanden; s. L. Müller in Fleckeisens Jahrb. 93, S. 266 — 272.
566. 95, S. 497.
6. Akrosticha, gleichfalls aus der griechischen Literatur herüberge-
kommen, insbes. zur Einhüllung eines Namens (z. B. des Verfassers), sind
40 Sachlicher Theil.
schou der älteren römischen Literatur nicht fremd : schon Ennius verfasste
eines (Cic. de div. II, 64, 111), mid später werden sie imlner häufiger. Eines
von Fortunatus bei Renier, Inscr. de V Alg. 2074, ein anderes (Lovella) ib.
2928. Christliche bei de Rossi, Inscr. christ. Nr. 425 (vom J. 395). 753.
831. Vgl. Rhein. Mus. XX. S. 138. 457. 634 f. Philologus XIII. S. 183 f.
6. Die Verwilderung in der Form (Sprache, Prosodie, Versbau) be-
ginnt auf Inschriften aus Volkskreisen schon mit dem dritten Jahrh. lud
nimmt fortwährend zu. Ein starkes Beispiel davon ist die Inschrift des
L. Praecilius Fortunatus (Renier 1. 1. 2074). Vgl. W. Fröhner im Philolo-
gus XIII. S. 170 ff.
30. Wie in der griechischen Literatur so ist auch bei den
Römern eine schriftmässige Prosa verhältnissmässig spät ent-
standen und ausgebildet worden. Bis dahin war Alles im Sa-
turnius gehalten, dessen Band um so weniger hemmte je lockerer
es war. Der erste Schritt zu einer prosaischen Literatur geschah
mittelst VeröflFentlichung einer (J, 474) gehaltenen Rede, durch
Appius Claudius. Da indessen die nachfolgenden Schriftsteller
sich der griechischen Sprache bedienten, so beginnt die Ge-
schichte der Prosa eigentlich erst mit dem älteren Cato. Laiige
blieb jedoch die geschriebene Rede zurück hinter der gesproche-
nen und deckte sich mit ihr erst in Cicero, in dessen Zeit die
Prosa ihren Gipfelpunkt erreicht und schon ein vollständiger
Ausdruck der Eigenart jedes Schriftstellers ist. Einen rhetori-
schen Charakter aber behielt sie von jener Entstehung her fort-
während. Im ersten Jahrh. der Kaiserzeit sinkt sie bereits von
ihrer Höhe, durch Vermischung mit dem poetischen Ausdruck
und Abkehr vom Natürlichen. Die Verarmung von Formenlehre
wie Syntax beginnt schon in dieser Zeit. Später drang auch
das Volksmässige ein. Und als in der Literatur Provinzialen
das Uebergewicht erhielten, die kein angeborenes Sprachgefühl
leitete und die daher die Sprache aller Zeiten und Stilgattungen
durcheinandermengten, wurde die Verwirrung immer grösser.
Schriftsprache und lebende Sprache giengen inmier weiter aus-
einander, und die Art von jener war ganz abhängig von der
Bildungsstufe des einzelnen Schriftstellers, die eine immer tiefere
wurde. Je weiter die Ausbildung der provinziellen Idiome (der
romauischen Sprachen) fortschritt, um so mehr wurde das La-
teinische zu einer fremden Sprache.
31. Für Geschichte, als Aufbewahrung des Geschehenen
zum Ruhme der Vergangenheit, zur Nachachtung für Gegen-
wart und Zukunft, besassen die Römer einen sehr regen Sinn.
Die Prosa. Geschichte. 41
Uralt ist die Sitte amtlicher Aufzeichnungen durch die Ponti-
fices, die Jahres- und Monatsverzeichnisse, die fasti und annales,
die libri pontificii, commentarii regum, magistratuum, und vom
Beginn der Republik an war der jährliche Wechsel der Behör-
den ein weiterer Antrieb zu solchen Aufzeichnungen. Aber
auch für die Familien war die Sitte Hausbücher zu führen, der
imagines, später der Stammbäume, die der laudationes funebres,
der Gesänge von den Ahnen beim Mahle, Anlass genug das
Geschehene im Gedächtniss zu erhalten. Andererseits jedoch
war die Geschichte, wie im Alterthum überhaupt so auch bei
den Römern, in gefährlich engem Bunde mit dem Interesse des
Staats und der Familie. Das Verlangen das geschichtlich Wahre
als solches zu ermitteln und fortzupflanzen ist auch den Römern
fremd; upi so lebhafter war der Wunsch mittelst der Geschichte
ihr Volk, Haus, ihre Partei oder Person in ein günstiges Licht
zu stellen. Später trat dazu als weiteres trübendes Element die
Rhetorik. Noch femer aber als historische Kritik lag den Rö-
mern lange Zeit historische Kunst. Sallust ist der erste kunst-
gerechte Historiker der Römer; alles Frühere ist entweder rein
registerartig gehalten oder doch ohne wahre Verarbeitung des
Stoffes und ohne historischen Stil. Die ältesten Geschicht-
schreiber zogen es sogar vor griechisch zu schreiben, hauptsäch-
lich wohl weil das Lateinische für schriftliche Darstellung noch
wenig ausgebildet war, aber gewiss zugleich um die Kunde des
Geschehenen im engeren Kreise der Patricier zu halten.
1. Sammlungeu der Ueberreste der römischen Geschichtaclireiber von
A. Krause (Vitae et fragmenta bist. vett. rem., Berlin 1833) und (bis zur
Zeit Cicero's) von C. L. Roth, an Gerlachs Ausg. des Sallust von 1862,
p. 249 ff. Neue Sammlung angekündi^ von Reifferscheid.
2. 6. J. Vossius, de historicis latinis, Lugd. Bat. 1627. 1651. 4. Nach-
träge dazu von J. A. Pabridus, Hamburg 1709, M. Hanke, de Rom. re-
rum scriptoribus, Lips. 1669. 1675. 4. H. Ulrici, Charakteristik der anti-
ken Historiographie , Berlin 1833. L. de CloBset, essai sur Vhistoriographio
de« Romains, BrÜBScl 1849. C. Nipperdey, zur GeBchichte der römischen
Uifitoriographie , Philologus VI. S. 131—140. F. Althaus, de historiae con
ßcribendae historia, Berlin 1852, p. 49—62. F. D. Gerlach, die Geschicht-
sdireiber der Römer, von den frühesten Zeiten bis auf Orosius, Stuttgart
(Hoffimann) 1855. Die Einleitungen zu Darstellungen der römischen Ge-
schichte, vonNiebuhr, Wachsmuth, Blum, Schveegler, Mommsen (P S. 432 ff.)-
Untersuchungen über ^e Glaubwürdigkeit der altröm. Geschichte von L.
0. Bröcker (Basel 1855), G. C. Lewis (übersetzt von F. Liebrecht, Hano-
ver 1858). H. Nissen, kritische Untersuchungen über die Quellen der vier-
tem und fünften Dekade des Livius, Berlin 1863.
42 Sachlicher Theil.
3. Pontifices, penes quos scribeudae historiae potestas fuit, Vppisc.
Tac. 1, 1. Lange kounte daher kein Nichtpatricier, später kein Nichtfreige-
borener an die Geschichtschreibung sich wagen: L. Voltacilius Pilutus . .
prinius omnium libertinolriim, ut Cornelius Nepos opinatur, scribere histo-
riam exorsus, non nisi ab honestissimo qaoque scribi solitam ad id tem-
pus, Suet. rhet. 3. Häufiges Zurückgehen auf Vorgänge, z. ß. Liv. YIII,
18, 12: memoria ex annalibus repetita . . dictatorem creari placuit. —
Stadtchroniken auch ausserhalb Eoms. Liv. VIII, 10, 8: inter Romanos
Latinosque qui eins pugnae memoriam posteris tradiderunt. Später flös-
sen beide zusanameu, und Valerius aus Antium ist so ein römischer Ge-
schichtschreiber.
4. Pädagogische Zwecke. Plut. Cato mai. 20: xcfl tag ictogiag ds
Gvyyqdipat qiTjalv avtog (Cato) iSCa x^'-Q^ ^^^ fisydloig ygcififiaaiv j onmg
oCxod'sv vTtuQxV "^^ ^^^^^ ngog ifineiQCav tdiv nalaidiv tial naxqCoav mtps-
5. QuintiUan kann Geschichte und Roman so wenig unterscheiden
dass er X, 1, 31 sagt: historia est proxima poetis et quodammodo carmen
solutum, et scribitur ad narrandum, non ad probandum. Cic. Brut. 11,
42: quoniam concessum est rhetoribus ementiri in historiis, ut aliquid di-
cere possint argutius. de leg. I, 2, 5: cum sit (historia) opus, ut tibi qui-
dem videri solet, unum hoc Oratorium maxime (wohl hauptsächlich in Be-
zug auf stilistische Darstellung). Vgl. unten 33, 2. Ideologisch Tac. Agr. 1 :
apud priores . . celeberrimus quisque ingenio ad prodendam virtutis me-
moriam, sine gratia aut ambitione, bonae tantum conscientiae pretio du-
cebatur.
32. Bis zum Ende des zweiten punischeu Kriegs schuf Rom
nur Geschichte und Geschichtsquellen. Als es dann zu einer
Darstellung der Geschichte kam schloss sich diese in ihrer Form
uaturgemäss an die bisherigen annales au. Daher sind die älte-
sten römischen Geschichtschreiber Annalisten. Deren gab es
zw.ei Generationen : eine ältere, welche bis in das siebente JahrL
d. St. hineinreicht und in magerer, chronikartiger Fassung, aber
mit einer gewissen Zuverlässigkeit, die Thatsachen in der Jah-
resfolge verzeichnete; und eine jüngere, welche für Leser schrieb,
den überkommenen Stoflf ausmalte und ihn in ihrer Weise ver-
schönerte. An der Spitze der älteren steht Q. Fabius Pictor;
ihm folgten L. Cincius Alimentus, C. Acilius und A. Postumius
Albinus. Alle diese behandelten die älteste Geschichte summa-
risch, die zeitgenössische ausführlicher, und schrieben alle in
griechischer Sprache, wie auch der Sohn des älteren Africanus.
Bei Pictor und Acilius folgten aber bald lateinische Bearbeitungen
nach. Der Erste der lateinisch schrieb und zugleich den Gegen-
stand zu einer Geschichte von Italien erweiterte war Cato (Ori-
gines). Seinem Vorgange folgten in Bezug auf die Sprache
Die Annalisteii. 43
L. Cassius Hemina und wohl auch Ser. Fabius Pictor; dann
L. Calpumius Piso Frugi (Cos. 621), Fabius Maximus Servilia-
üus, C. Sempronius Tuditanus (Cos. 625), L. Scribonius Libo,
Vennouius, und Cn. Gellius, von welchen jedoch mindestens der
Letztere bereits die Weitschweifigkeit der Jüngern Generation
der Annalisten an sich hatte. Einwirkung griechischer Stilistik
verräth C Fannius, besonders aber L. Coelius Antipater; der
Einfluss von Polybios' Pragmatismus andererseits tritt bei Sem-
pronius Asellio zu Tage. Gleichzeitig wandelten Clodius Li-
cinus und Cn. Aufidius auf der alten Bahn fort; Letzterer
schrieb sogar wieder griechisch. In die sullanische Zeit fallen
mehrere Verfasger von Denkwürdigkeiten und Selbstbiographien,
nämlich M. Aemilius Scaurus, P. Rutilius Rufus, Q. Lutatius
Catnlus, sodann Sulla selbst und (griechisch) L. Lieinius Lucul-
lus. In derselben Zeit hat die jüngere Annalistik ausgeprägte
Vertreter an Q. Claudius Quadrigarius und dem abenteuerlich
ausmalenden Valerius Antias. Achtbarer war C. Lieinius Macer,
der letzte eigentliche Annalist. Denn L. Cornelius Sisenna (Prä-
tor 676) befolgte in seiner zeitgenössischen Geschichte viel mehr
eine sachliche als eine chronologische Ordnung. Nachzügler aus
der ciceronischen Zeit sind Atticus und Q. Tubero. Aber noch
bei Tacitus macht sich das annalistische Element geltend, und
auch manche Kaiserbiographien hatten die Form von Annalen.
1. Wo von der Mitte des ßiebenten Jahrh. an annales erwäHnt wer-
den, da sind annaliatische Schriftwerke gemeint. Schwegler, R. G. LS. 11 f.
Im Unterschiede von annales als Chroniken bezeichnet historia in der Regel
pragmatische Darstellung von Selbsterlebtem (Gell. V, 18, 1 ff. Serv. Aen.
I, 373), was aber Beides häufig bei einander war, indem der erste Theil
eines Geschichtswerkes aus annales, der spätere aus historia bestand. So
konnten beiderlei Titel für dasselbe Werk gewählt werden. H. Nissen, krit.
Unters. S. 87 mit Anm. Vgl. F. Thiersch, Münchner Gel. Anz. 1848,
Nr. 131 ff.
2. In Benutzung der Vorgänger herrschte grosse Freiheit. Der Nach-
folgende schrieb die Werke des Früheren mit mehr oder weniger Zutha-
teu and UmarVjeitung ab, mit oder ohne Nennung des Namens. Meist
legte der Schriftsteller eine einzige Hauptquelle seiner Arbeit zu Grunde
und änderte dieselbe nach andern Quellen oder eigenem Ermessen ab. H.
Nissen, krit. Unters. S. 77—80. 90. Th. Pluess, neues Schweiz. Museum VI
(1866) S. 47 f.
3. Cic. de or. II, 12, 52 f.: erat historia nihil aliud nisi aunalium con-
ftdio. Tac. dial. 22: nulli sensus tarda et inerti structura in morem anna-
liom componantur. Dionys. I, 7: dal Se (die ngayiiatsCai der AnnaUsten)
tatg illrjvinaCg XQOVoygoKp^ais ioi%viai. Den Massstab rhetorischer Stilistik
anlegend Cic. leg. I, 2, 6: post annales pontificum maximorum . . si aut
44 Sachlicher Theil.
ad Fabium aut ad . . Catonem aut ad Pisonem aut ad Fannium aut ad
Yennonium venias, quamquam alius alio plus habet virium, tarnen quid
tarn exile quam isti omnes? Fannii autem aetati coniimctus Antipater
paulo inflavit vehementiuß . . . sed tarnen admonere reliquos potuit ut ac-
curatius scriberent. Ecce autem successere huic Gellius, Clodius, Asellio,
nihil ad Coelium, sed potius ad antiquorum languorem et inscitiam. Dio-
nys. Ant. I, 7: i% tmv taxoqi^v , , ag ot ngog avtciv inatvovfisvoi *P(o-
(laioav avviyqaipaVy Ilogtiiog ts Katmv aal ^dßiog Md^ifiog %al Ovaligiog
6 'Jvtievg xal Ai%lvviog Molmbq^ AtXioC ts ncel riXXioi nccl KctXnovQVioiy
xnrl %xBQOi ov%vol ngog tovtoig av^Qsg ov% dtpavsig. Die allerältesten
(Q. Fabius und L. Cincius) hatte Diouys. schon I, 6 genannt.
4. Mommsen R. G. II'. S. 463 f. L. Kieserling, de rer. rom. scriptori-
bus quibus T. Liviijs usus est, Berl. 1858. H. v. d. Bergh, de antiquissi-
mis annalium scriptoribus romanis, Greifsw. 1859. W. TeufFel in Pauly's
B. E. I, 1. S. 1018 — 1020. Ueber die Verwendung der priesterlichen anna-
les durch die (späteren) Annalisten und deren Einwirkung auf Livius s.
H. Nissen, krit. Unters. S. 86 S.
5. Sempronius Asellio bei Gell. V, 18, 8: inter eos qui annales reUn-
quere voluissent et eos qui res gestas a Eomanis perscribere conati essent
omnium rerum hoc interfuit. Annales libri tantummodo quod factum quo-
que anno gestum sit, ea demonstrabant, i. e. quasi qui diarium scribunt,
quam Graeci stprifisgiSot vocant. Nobis nou modo satis esse video quod
factum esset, id pronuutiare, sed etiam quo consilio .quaque ratione gesta
essent demonstrare.
6. L. Wiese, de vitarum scriptoribus romanis, Berlin 1840. 4. W. H.
D. Suringar, de romanis autobiographis, Lugd. B. 1846. 4. Köchly und
Büstow, Einl. zu Caes. gall. Krieg (Gotha 1857) S. 3 — 6. Die apologetische
Richtung^ war in diesen Memoiren so ausgesprochen dass Cic. Brut. 29,
112 ein solches Werk geradezu laudes nennt. Was Andere nicht selbst
thaten, das thaten für sie dienstwillige Clienteu, später auch hungernde
griechische Literaten.
33. In der ciceronischen Zeit veranlasste der reiche Stoff
den die Gegenwart bot, zusammen mit der Verbreitung einer
gewissen schriftstellerischen Fälligkeit, Viele zu geschichtlichen
Darstellungen. So ausser Atticus und Cicero selbst auch Hor-
tensius, Varro, Procilius, Luccejus, Libo, Domitius und Egnatius.
Hervorragend durch Inhalt oder Form sind nur die Leistungen
von Cornelius Nepos, Caesar und Sallustius. Caesar hat zu-
gleich durch Begründung (J. 695) einer amtlichen Zeitung den
spätem Geschichtschreibern vorgearbeitet. Der Bürgerkrieg för-
derte ausser Caesars eigenen Schriften noch viele andere Dar-
stellungen aus Parteigesichtspunkten zu Tage. In Caesar's Sinne
schrieben Hirtius, Oppius und Cornelius Baibus, für Pompejus
trat Voltacilius Pilutus auf, sowie T. Ampius Baibus, für Cicero
sein Tiro. Den parthischen Krieg des M. Antonius beschrieb
Die Historiker, 45
Dellius. Auf der Gegenseite verfasste M. Brutus gleichfalls
Denkwürdigkeiten, und sein Stiefsohn Bibulus und sein Freund
Volumnius geschichtliche Schriften zu seinem Lobe. Die Zeit-
geschichte behandelten auch die Annalen des Tanusius Geminus,
sowie theilweise Q. Tubero, den Bürgerkrieg selbst Asinius Pol-
lio und M. Valerius Messala. Die augusteische Zeit brachte in
der römischen Geschichte des Livius ein Werk von künstlerischer
FormYoUendung hervor und durch Pompejus Trogus die erste
Universalgeschichte, zu welcher Idee Varro, Atticus und Corne-
lius Nepos nur schüchterne Anläufe genommen hatten. Im Ver-
laufe der Eaiserzeit verlor sich immer mehr das Verständniss
der Zustande des alten Rom, sowie die Möglichkeit und der Mut
zu wahrheitsgetreuer Darstellung der Gegenwart und nächsten
Vergangenheit. Desto breiter machte sich der Servilismus und
die Schönrednerei. Servil schrieb unter Tiberius (wenigstens in
Bezug auf die Gegenwart) Vellejus Paterculus, farblos Valerius
Maximus; ihren Freimut büssten Labienus unter August und
Cremutius Cordus unter Tiberius. Um so unbestrittener blieben
die Geschichtsdarstellungen welche die Mitglieder der herrschen-
den Dynastie selbst verfassten, wie August, Tiberius, Agrippina,
weiterhin der schreibselige Claudius und noch später Trajan
(Dacica) und Septimius Severus. Neutrales Gebiet wählte Cur-
tius, und Aufidius Bassus sowie der ältere Plinius beschränkten
sich auf die auswärtigen Verhältnisse. Aber durch das ganze
erste Jahrh. glomm ein Sinn für die Geschichte fort. Davon
iieugt nicht nur die grosse Zahl der ganz oder halb verscholle-
nen Geschichtswerke aus dieser Zeit, wie von dem altern Seneca,
SerriUus Nonianus, Cluvius, Lentulus Gaetulicus, Fabius Rusti-
cos, Cornelius Thuscus, sondern auch dass in einer der ersten
Pausen des Despotismus ein Tacitus erstehen konnte. Mit der
Beredtsamkeit blieb indessen die Geschichtschreibung fortwährend
in verhängnissvoll enger Berührung; je mehr daher jene aus-
artete, vollends unter dem Einfluss der Schule des Fronto, desto
tiefer sank auch die Gescjiichtschreibung an Achtung und Acht-
barkeit. Bezeichnend für die Geschichtschreibung der Kaiserzeit
ist ferner ihre Richtung auf das rein Persönliche, aus welcher
theils eine Anzahl Biographien von Privaten hervorgieng theils
die Geschichtsbehandlung welche Sueton begann und seine Nach-
folger carikierten. Solche Hof- und Kaiser-Geschichtschreiber
waren besonders Marius Maximus, darauf Junius Cordus, Aemi-
lios Partheuianus, Aelius Maurus, Curius Fortunatianus, Fulvius
46 Sachlicher Theil.
Asprianus, u. A., woraus dann die sechs Scriptores historiae
augustae — Aelius Lampridius, Julius Capitolinus, Volcatius
Gallicanus, Aelius Spartianus, Trebellius PoUio und Fiavius Vo-
piseus — ihre in Ermanglung besserer Quellen für uns so werth-
voUen Arbeiten geschöpft haben. Für das vierte Jahrh. sodann
haben wir an Ammiahus Marcellinus einen trefflichen Gewährs-
mann. Für die Geschichte der republikanischen Zeit wurde in
dieser Epoche des allgemeinen Verfalls Livius ausschliesslich
massgebend, so sehr dass selbst diejenigen älteren Abrisse der
republikanischen Zeit welche keineswegs einfache Auszüge aus
Livius sind, wie Florus und Victor's viri illustres, doch den
Späteren dafür galten. Den Livius selbst aber fand man zu
weitläufig. Er wurde daher (spätestens im dritten Jahrh.) in
einen tabellarischen Abriss gebracht, aus welchem Obsequens
und Cassiodor geschöpft haben, sowie Vopiscus, Eutropius, Sex.
Rufus und Pseudo-Idatius. Noch andere Quellen benutzten Li-
cinianus und L. Ampelius. Vom vierten Jahrh. an machte auch
hier der Einfluss des Christenthums sich geltend. Der Chrono-
graph des J. 354 gibt neben Consularfasten auch eine Oster-
tafel, neben einem Verzeichniss der praefecti urbis auch eines
der römischen Bischöfe und der Märtyrer. Des Sulpicius Seve-
rus Chronik (um 400) enthält einen Abriss biblischer und nach-
bibliöcher Geschichte; des Orosius Werk hat einen christlich-
apologetischen Zweck; die Chroniken beginnen mit Adam. Im
5. und 6. Jahrh. war das gegenseitige Abschreiben allgemeine
Sitte : so Hieronymus den Eusebios, Prosper ( J. 455) den Hiero-
nymus, Victorius (Paschale, J. 457) den Prosper, Cassiodor (519)
den Victorius, Jordanis (551) den Cassiodor, und zwar jeder so
dass er seinen Vorgänger immer bis auf die eigene Zeit fort-
setzte. Cassiodor und Jordanis haben jedoch durch andere Werke
zugleich selbständigen Werth und sind zusammen mit Gildas
dem Weisen (559), Gregor von Tours (593), Isidor von Sevilla
(628) die letzten Vertreter des Alterthums auf dem Gebiete der
Geschichte. Erst ein volles Jahrh. nach ihnen beginnt die mit-
telalterliche lateinische Historiographie, mit den Klosterannalen,
unter denen die von den angelsächsischen Klöstern ausgehenden
(wie Beda) die werthvollsten sind. Unter dem Einfluss dieser
Klöster sind im Karolingerreiche die Werke des Paulus Diaco-
nus und Eginhard entstanden.
1. Tac. Hist. 1, 1: postquam bellatum apud Actium . . magna ingeuia
cessere; simul veritas pluribiis modiB infracta, primum iuecitia reip. ut
f* J?» "
Die Historiker. 47
alienae, mox libidine adsentandi aut rursns odio adversus domiuantes. A.
I, 1: temporibus Auguati dicendis non defuere decora ingenia, donec gli-
scente adulatione deterrerentur. Tiberii Gaique et Olaudii ac Neronis res
florentibus ipsis ob metum falsae, postquam occiderant, recentibus odiis
compositae sunt. Ein Beispiel letzterer Art ist wohl C. Fannius, welcher
exitus occisorum aut relegatorum a Nerone beschrieben hatte (Plin. Ep.
V, 5, 3).
2. Plin. Ep. V, 5, 3 von C. Fannius: tres libros absolverat, subtiles . .
atque inter sermonem historiamque medios. Die historia erforderte nach
den Zeitbegriffen (vgl. Quintilian, oben 31, 5) höheren Schwung, Phanta-
sie, eloquentia. Tac. dial. 23: eloquentia Aufidii Bassi aut Servilii No-
nianl Agr. 10: quae priores noudum comperta (über Britanniae situm
populosque) eloquentia percoluere rerum fide tradentur. Daher die Alter-
native, entweder auf eloquentia oder auf veritas und fides zu verzichten.
Vopiac. Prob. 2, 7: mihi id animi fuit ut non Sallustios, Livios, Tacitos,
Trogos atque omnes disertissimos imitarer viros in vita principum et tem-
poribus disserendis, sed Marium Maximum, Suetonium Tranquillum, Fa-
bium Marcellinum, Gargilium Martialem ceterosque qui haec et talia non
tam^diserte quam vere memoriae tradiderunt. Von ähnlichem Standpunkt
aas Licinianus : Sallustium non ut historicum puto, sed ut oratorem legen-
dam; nam et tempora reprehendit sua et delicta carpit et couiiones in-
gerit et dat in censum loca, montes, flumina et hoc genus amoena et culta
et comparat disserendo. Daher aber auch Urteile wie von Seueca N! Q.
VII, 16, 1 f.: nee magna molitione detrahenda est auctoritas Ephoro: hi-
storicus est. . . . Haec in commune de tota natione (der historici), quae
adprobari opus suum et fieri populäre non putet posse nisi illud meudacio
adsperserit. Ueber die Geschichtschreibimg der Frontonianer vgl. Lukian
«»S dfi Gvyyqatpnv xr^v taxoqCav.
3. Zu den unwillkürlichen Geschichtsquellen gehören die Briefe und
deren Sammlungen, insbesondere die wirklichen, nicht für die Veröffent-
lichung geschriebenen Briefe, als ein Spiegel der betreffenden Persönlich-
keit und ihrer Zeit. Der Verfasser lässt sich in solchen nach Inhalt wie
Form gehen. Cic. Phil, n, 4, 7: quam multa ioca solent esse in epistoUs,
qoae, prolata si sint, inepta videantur! quam multa seria, neque tamen ullo
modo divolganda ! ad Farn. IX, 21, 1: epistolas quotidianis verbis texere
solemus. XV, 21, 4: ego illas Calvo btteras misi, non plus quam has quas
nunc legis existimans exituras. aliter enim scribimus quod eos solos qui-
bus mittimus, aliter quod mnltos lecturos putamus. Quintil. IX, 4, 19:
oratio soluta, qualis in sermone et epistoUs. Plin. Ep. VI, 16, 22: aliud
' est epistolam , aliud historiam, aliud amico, aliud omnibus scribere. Solche
wirkliche Briefe gab es von Cato an seinen Sohn (s. 110, 4), von Cor
nelia an ihren Sohn C. Gracchus (s. 112, 6). Eine besonders wichtige
QneUe für die Geschichte seiner Zeit sind bekanntlich die Briefe des
Cicero, auch in ihrem jetzigen unvollständigen Bestände. Ebenso die des
jungem Plinius, obwohl sichtlich für die Veröffentlichung geschrieben,
wie die ^n Symmachus und Sidonius ApoUinaris; dann die des Hie-
rooymas und besonders Cassiodors Sammlung von Erlassen (Var.). Blose
Einkleidung war die Briefform schon bei dem Schreiben des älteren Afri-
48 Sachlicher Theil.
canos an Eöuig Philipp über seine eigenen Leistungen und des Scipio Na-
sica über den von ihm mitgemachten Feldzug gegen Perseus (Plut. Aem.
Paul. 15); später für einen beliebigen Inhalt, z. ß. für gelehrte Erörterun-
gen, wie in Varro's Epistolae und Epistolicae quaestiones, bei Sinnius Ga-
pito, ValgiuB Rufus, Valerius Messala^ oder für philosophische Betrach-
tungen (Seneca). Wenn Juristen (Antistius Labeo, Atejus Capito) sich
dieser Form bedienten, so waren es wohl Bescheide (responsa) auf erho-
bene Kechts&agen. In der Kaiserzeit wurde die Epistolographie als Stil-
gattung behandelt (vgl. Fronto) und war in den Eednerschulen das Ab-
fassen von Briefen eine beliebte Aufgabe, wobei man gern an berühmte
Namen anknüpfte. Auf diesem Wege entstanden viele untergeschobene
Briefe, wie des Horaz epistola prosa oratione, quasi commendantis se
Maecenati, welche schon Sueton für unecht hielt; so später die angebli-
chen Briefe von Seneca an den Apostel Paulus, und vielleicht auch Lucan's
Epistolae ex Campania. Besonders zahlreich sind die gefälschten Briefe in
der griechischen Literatur.
€. Eine andere wichtige Geschichtsquelle sind die Inschriften, de-
ren es schon aus dem sechsten Jahrh. der St. gibt, die mit dem siebenten
Jahrh. zahlreicher zu werden anfangen, aus der Kaiserzeit .aber in über-
strömender Menge in allen Provinzen des römischen Reichs gefundenwor-
den sind. Von älteren Sammlungen sind zu nennen: die von M. Smetius
(Inscriptiones antiquae, Lugd. B. 1588. fol.), J. Gruter (Thesaurus inscri-
ptionum, Heidelberg 1603. 1663. Amst. 1707. fol.), Th. Reinesius (Syiir
tagma inscriptionum antiquarum, Lips. 1682. fol.), Muratori (Novus thesau-
rus veterura inscriptionum, Mailand 1739. 4 Voll, fol.); von neueren die
von J. C. Orelli (Inscriptionum latinarum selectarum amplissima collectio,
Zürich 1828. 2 Voll., von W. Henzen 1856 durch einen dritten Band ver-
mehrt) und die bahnbrechenden Arbeiten von Th. Mommsen (Inscriptiones
regni NeapoUtani latinae, Lips. 1852. fol. Inscriptiones confoederationis
helveticae latinae, Zürich 1854. Inscriptiones latinae antiqiüssimae ad C.
Caesaris mortem = Corpus inscriptionum latinarum Vol. I, Berlin 1863.
fol.) und F. Ritschi (Priscae latinitatis monumenta epigraphica ad arche-
tj'porum fidem exemplis lithographis repraesentata ?= Corpus inscr. lat.
Vol. pnmi tabulae lithographae, Berlin 1862. gr. fol.), an v/elche sich au-
schliessen die von L. Renier (Inscriptions romaines de TAlgerie , Paris 1855 f.
fol.) u. a. Das locale Princip, nach welchem die auf den ersten nachfol-
genden Bände des Berliner Corpus inscriptionum latinarum angelegt sein
werden, befolgen auch die Sammlungen von L. M. Jordäo (Portugalliae
inscriptiones romanae. Vol. I. Lissabon 1859. fol.), J. W. Chr. Steiner
(Codex inscriptionum rom. Rheni, Darmstadt 1837—1854, 2 Thle, und Co-
dex inscr. rom. Danubii et Rheni, Seligenstadt 1851—1862, 4 Thle.), Th."
W. Rappenegger (die röm. Inschriften im Grossherz. Baden, Mannheim
1845), J. V. Hefner (das römische Baiern in seinen Schrift- und Bild- Wer-
ken, 3. Aufl. München 1852), Chr. Stalin (Wirtembergische Geschichte,
Bd. 1), W. Brambach (Corpus inscriptionum rhenanarum, Elberfeld 1865),
J. M. Ackner und F. Müller (die römischen Inschriften in Dakieu, Wien
1865) u. A. (Inscriptiones latinae in terris Nassov. repertae , JViesbaden
1854).. Ein chronologisch sachliches Eintheiluugsprincip liegt zu Grunde
der Sammlung christlicher Inschriften von J. B. de Rossi (Inscriptiones
Die Geschichte, Alterthumsforschung, Polyhistorie u. Grammatik. 49
chriätianae urbis Romae septimo saeculo antiquiores, I. Rom 1861). Zur
Methodik der Epigraphik vgl. W. Henzen, die lat. Epigraphik und ihr©
gegenwärtigen Zustände, in der Allg. Monatsschrift, I (Braunschweig 1853),
S. 157—184. V. Bitschi, Monumenta epigraphica tria . . commentariis gram-
matdcis illustrata (Berlin 1852. 4.), in seiner Enarratio vor den P. L. M. E.
und in zahlreichen einzehien Abhandlungen, zusammengestellt im dritten
Bande seiner Opuscula. Zu den metrischen Inschriften vgl. F. Bücheier
in Jahns Jahrbb. LXXVU. S. 60—78 und W. Fröhner, im Philologus XIII.
S. 165—191. Im Ganzen s. auch K. Zell, Handbuch der römischen Epi-
graphik, Heidelberg 1850—1867. 3 Thle.
5. In der Kaiserzeit kamen zu den sonstigen Geschichtsquellen (z. B.
den acta) auch noch ephemerides (Tagebücher), z. B. Aureliani (Vopisc.
AureL 1,6), Turduh Gallicani (Vopisc. Prob. 2, 2. vgl. 3, 4. 6, 1). Daraus
flössen wohl auch die oft so kleinlichen persönlichen Züge welche die
Schriftsteller verzeichnen, weil etiam minora plerique desiderant (Capit.
Mai. et Balb. 6, 1). In der früheren Kaiserzeit verfassten Biographien
von Privaten Plinius d. Aelt. von seinem Freunde Pomponius Secuudus
(Plin. Ep. III, 5, 3), Julius Secuudus von JuUus Asiaticus (Tac. dial. 14),
Tacitua von Agricola, Claudius Pollio von seinem Freunde Annius (Plin.
Ep. Yll, 31, 5). Dazu die laudes des Paetus Thrasea und Helvidius Pris-
CHS durch Herennius Senecio und Arulenus Rusticus (Suet Dom. 10. Plin.
Ep. VII, 19, 5).
6. üeber Livius' Autorität imd Benutzung in der späteren Kaiserzeit
ä. Th. Mommsen, Cassiodor S. 551 f., welcher auch bemerkt dass der
fragliche Abriss Jahr um Jahr die Consulnamen im Ablativ vorangestellt
haben müsse. Ueber das gegenseitige Abschreiben s. Mommsen a. a. 0.
S. 565 f Wie utbefangen man di^s ansah zeigt Ausonius, der seine Fasti
(von Anfang der Stadt bis auf seine Zeit) mit dem Verse schloss: hacte-
DQs adscripsi fastos. 8i fors volet, ultra adiciam; si nori, qui legis adicies.
7. Das über den Schluss der antiken und Beginn der mittelalterUchen
Historiographie Gesagte nach A. v. Gutschmid, Grenzboten 1863, I. S. 341 f.
8. Fälschungen des fünfzehnten Jahrh. sind der Fenestella, Messala
Corvinus und die historia Papirii. Th. Monmisen, Hermes I. (1866.) S. 135 f.
34. Aus dem gleichen Grunde wie die Geschichtschreibung
und in Zusammenhang mit ihr entstand und gedieh bei den Rö-
mern auch die Alterthumsfoyschung, nach der sachlichen
wie der sprachlichen Seite. Zur letzteren trieb überdiess das
praktische Bedürfniss die in der Entwicklung begriffenen Laute
der Sprache in der richtigen Weise durch die Schrift zu fixie-
ren. Die Meisten und Vornehmsten aber wandten sich dem mos
maiorum zu, der Erforschung der Gebräuche und Einrichtungen
der alten Zeit. So Cincius Alimentus, Cato, M. Fulvius No-
bilior, Cassius Hemina, C. Sempronius Tuditanus, M. Junius
Gracchanus, L. Julius Caesar. Dazu gesellten sich vom sieben-
ten Jahrh. an auch Studien über die ältere Literatur. Vertreter
Teuf fei, Ri)iu. Litcratorg'eochichte. 4
OÖ Sachlicher TheiL
derselben sind, ausser L. Attius und Lncilius, auch Porcius Li-
cinus, Q. Valerius aus Sora, Saevius Nikanor, Aurelius Opilius,
Sisenna, Octavius Lampadio, M. Antonius Gnipho, Q. Cosconius,
Voleatius Sedigitus, Santra, besonders aber L. Aelius Stilo. Auf
sprachlichem Gebiete gab der Stoiker Krates, welcher im J. 595
d. Si. als Gesandter nach Rom kam, eine nachhaltige Anregung.
Man versuchte sich im Etymologisieren, die Einen indem sie
überall auf das Griechische zurückgiengen (Hypsikrates), die An-
dern indem sie Alles aus dem Lateinischen selbst abzuleiten
suchten (Varro, Nigidius Figulus, Labeo). In der ciceronischen
Zeit, wo Rom nachgerade der anerkannte Mittelpunkt des gei-
stigen Lebens im gesammten Reiche war und alle Hülfsmittel
der Forschimg in sich schloss, erreichte diese ihre Blüte mit
Varro, und neben ihm Nigidius Figulus, Sinnius Capito, Vale-
rius Cato, Attejus Philologus u. A. Von Staatsmännern schrieb
z. B. Caesar selbst de analogia, Appius Claudius (Cos. 700) de
disciplina augurali. In der augusteischen Zeit erlebte die ge-
lehrte Forschung einen Nachsommer durch Julius Hyginus, Ver-
rius Flaccus, M. Valerius Messala, Julius Modestus, Scribonius
Aphrodisius, L. Crassitius, Pomponius Marcellus, an welche sich
dann Asconius Pedianus und A. Cornelius Celsus anreihten. Die
Vielseitigkeit des Celsus wurde noch überboten durch die des
älteren Plinius, und noch im zweiten Jahrh. zeigen Sueton, Sul-
picius ApoUinaris und auch Fronto eine manchfaltige Bildung
und literarische Thätigkeit. Im Ganzen aber hat seit dem ersten
Jahrh. die Schule mit ihren engeren Zwecken imd Bedürfnissen
die Herrschaft gewonnen, und die Grammatiker geben jetzt in
der Forschung den Ton an. So M.^ Valerius Probus aus Beryt,
Annans Cornutus, Caesius Bassus, Aemilius Asper, Flavius Ca-
per, Q. Remmius Palämon, Caesellius Vindex, Urbanus, Velius
Longus, Nisus; dann unter Hadrian A. Gellius, Terentius Scau-
rus; unter Antoninus Pius C. Jjilius Romanus, Dositheus Magi-
ster; im dritten Jahrh. Helenius Acro, Sacerdos und Censorinus,
Voleatius, Haterianus. Erst um die Mitte des vierten Jahrh.
begegnen wir wieder namhafteren Grammatikern, meist Ver-
fasser von Lehrbüchern (Artes), wie Marius Victorinus, Aelius
Donatus, Comminianus, Charisius, Diomedes, der jüngere Pro-
bus; Commentatoren wie Ti, Claudius Donatus, Aruntius Celsus,
Servius Maurus Honoratus, Pomponius Porphyrio; Lexikographen
wie Festus und Nonius Marcellus. Dann im fünften Jahrh.
Macrobius und Agroecius, und. zu Anfang des sechsten Priscian.
Alterthumsforschung ii. Grammatik. Die Beredtsamkeit bei den Römern. 5t
Auch auf diesem Gebiete ist der Schein der Manchfaltigkeit und
Bewegung grösser als die yVirkliehkeit, da auch hier die Aus-
nützung der Vorgänger in grossem Umfange betrieben wurde.
1. Suetou de grammatids. — Suringar, historia critica scholiastarum
lat., Lugd. Bat. 1834 f. 3 Bde. L. Lersch, die Sprachphilosophie der Al-
ten, Bonn 1838 — 1841. 3 Bde. van Heusde, de L. AeHo Stilone (1839)
p. 17—33. Gräfenhan, Gesch. d. class. Philologie im Alterthum, Bonn
1843 ff. bes. Bd. IV (1850).
2. L. Mercklin, die isagogischen Schriften der Römer, Philologus IV.
S. 413—437. 0. Jahn, über römische Encyclopädien, Berichte der sächs.
Ges. d. W. 1850, S. 263 ff.
3. Sammlungen der erhalteneu Schriften der grammatici latini von
D. Gothofredus (Genf 1595. 1622. 4), El. Putsche (Hanover 1605. 4.), Fr.
Lindemann (Lips. 1831—1840. 4. unvollständig; nur T. III und IV, 1),
ond besonders von H. Keil, Lips. 1857 ff. 6 Bde, -wovon bis jetzt 4 voll-
ständig erschienen sind. Vgl. W. Christ im Philologus XVIII. S. 112 ff.
36. Für Beredtsamkeit waren die Römer schon von Na-
tur wohlausgestattet, durch ihren scharfen Verstand, ihren Ord-
nungssinn, ihre italische Lebhaftigkeit, gemässigt durch römi-
schen Ernst. Noch günstiger war der Einfluss von Sitte und
Verfassung, die Mündlichkeit aller Verhandlungen, die grosse
Zahl der Anlässe wo es gut zu reden galt, zum Volke, zum Se-
nate, zu Geschworenen oder zu Einzelrichtem, zum Heere, zu
einer Trauerversammlung. Die Fähigkeit zu reden wurde daher
ein unerlässliches Erforderniss im Staate, der Besitz von Beredt-
samkeit ein Mittel zu politischer Bedeutung, vollends als die
Standesvorrechte nach einander fielen und die politischen Par-
teikämpfe immer häufiger und hitziger wurden.* In Folge dessen
nahm die Beredtsamkeit von Anfang an eine praktische Rich-
tung und wurde die Uebung im öflFentlichen Reden ein wesent-
licher Bestandtheil im Bildungsgange eines jungen Römers, so
dass schon der ältere Gato schriftliche Anleitung dazu gab und
in manchen Familien, wie bei den Scribonii, sich die Beredt-
samkeit Generationen hindurch fortvererbte. Daher auch die
grosse Zahl von Rednern unter den Römern,, das frühe Begin-
nen der Beredtsamkeit und die hohe Blüte die sie bei ihnen
erreichte, ihr Steigen und Fallen mit der politischen Verfassung.
I. Cic. Off. II, 19, 66: huic (eloquentiae) a maioribus uostris est in
toga diguitatis principatus datus. Brut. 49, 182: . . in tanta et tarn vetere
republica maxumis praemiis eloquentiae propositis onines cupisse dicere,
non plurumos ausos esse, potuisse paucos. Liv. XXXIX, 40: ad summos
honores alios scientia iuris, alios eloquentia, alios gloria militaris provexit.
Qointil. II, 16, 8: pop. rom., apud quem summa semper oratoribus digni-
4*
52 Sachlicher Theil.
tas fuit. Tac. dial. 37: . . procerum manum multum in his Btudiis operae
curaeque posuisse nee qnemquam iUis temporibus magnam potentiam sine
aliqua eloquentia consQcutam. *
2. Cic. de or. II, 13, 55: nemo studet eloquentiae nostrorum hominum
nisi ut in cansis atque in foro eluceat: apud Graecos etc. (war das Be-
redtseiu Selbstzweck). Das Praktische gicng sogar auf Kosten der Moral:
eine Verpflichtung bei der Wahrheit zu bleiben wurde für den gericht-
lichen Eedner kaum anerkannt. Was Cic. Brut. 207 von M. Antonius sagt,
dass er facilis in causis recipiendis gewesen sei, gilt auch von ihm selbst,
und wiederholt lehrt er dass für den Redner nicht das verum Ziel sei,
sondern verisimile; s. de or. II, 59, 241. off. II, 14, 51. Aehiilich (juintil.
II, 15, 22. ni, 8, 13. XII, 1, 33 ff. VI, 2, 5: ubi animis iudicum vis affe-
renda est et ab ipsa veri contemplatioue abducenda mens, ibi proprium
oratoris opus est. Dagegen XII, 7, 7: non convenit ei quem oratorem esse
volumus iniusta tueri scientem; vgl. IV, 2, 93.
3. Beginn in früher Jugend. Der 18jährige Africanus minor sagt bei
Polyb. XXXII, 9: donoi slvai näaiv ij^v^^off tig . . %cd noXit TLSxtoQtafiivog
tfjg QcafiaYtifjs aigiasrng xal ngd^scog dzi ngiasig ovx cctgoviiat Xiysiv, Be-
sonders häufig machte man den Anfang mit der Lobrede auf einen eben
gestorbenen Verwandten. Noch August duodecimum annum agens aviam
luliam defunctam pro contione laudavit (Suet. Aug.. 8). Der jugendliche
Charakter solcher laudationes funebres war daher wohl mit ein Grund
dass sie (später) so selten herausgegeben wurden, £. Hübner im Hermes I.
S. 441. Auch mit Anklagen Schuldiger die rednerische Laufbahn zu be-
ginnen war häufig; s, Polyb. XXXII, 15 g. E. Cic. Off. II, 14, 49. Val.
Max. V, 4, 4. Quintil. XII, 6, 1. Tac. dial. 34 g. E. Apulej. apol. 66.
4. Die Beden welche spätere Historiker in die Eönigszeit verlegen
beweisen natürlich nichts für die Beredtsamkeit jener Zeit; doch machte
die Verfassung schon damals ein gewisses Mass von /politischer Beredtsam-
keit nothwendig. Dann aus J. 370 d. St. lässt Livius (VI, 20) den ange-
klagten M. Manlius pro fastigio rerum oratioue etiam magnifica reden.
Die Sammlung von Meyer bringt es von Appius Claudius bis Symmachus
auf 158 Redner, ungerechnet die vielen deren Eeden nie geschrieben wur-
den oder von denen uns wenigstens nichts Derartiges bekannt ist.
6. Hauptquellen Cicero's Brutus, der Ehetor Seneca, Tacitus' dialogus,
Quintilian X, 1, 105—122 u. XH, 10, 10—12. Auch Plinius' Briefe. Ora-
torum romanorum fragmenta coUegit H. Meyer, Zürich 1832. (Pariser
Nachdruck 1837.) 1842. — A. Westermann, Gesch. der röm. Beredtsamkeit,
Leipzig 1835. F. EUendt, succincta eloquentiae rom. usque ad Caesarea
historia, vor seiner Ausgabe des Brutus. Auch Mommsen, U* S. 455. III.
S. 596 f.
36. Die älteste Beredtsamkeit war naturalistisch^ der kunst-
lose Ausdruck einer durch eine bestimmte Lage und bestimmte
Zv^ecke angeregten, politisch bedeutenden und redefähigen Per-
sönlichkeit. Aber schon am Ende des fünften Jahrh. gab Ap-
pius Claudius eine politische Rede nachträglich heraus, und von
den Leichenreden die aus dem sechsten Jahrh. erwähnt werden
Die Beredtsamkeit in der Bepublik. 53
ist denkbar dass sie von Anfang an geschrieben waren. Jeden-
falls der grösste Redner des sechsten Jahrh., der ältere Cato,
muss seine Reden in der Regel niedergeschrieben (und veröffent-
licht) haben, wenn auch vielleicht erst nach ihrer Abhaltung,
als politische Streitschrift. Ueberhaupt war im sechsten Jahrh.
d. St. das gesprochene Wort noch die Hauptsache; das Nieder-
schreiben und Veröffentlichen der Reden geschah für politische
Zw^ecke. Ausser Cato kennen wir aus dieser Zeit herausgegebene
Reden bes. von dem altem Africanus, L. Papirius, und C. Titius.
Das siebente Jahrh. traf ^ie romische Beredtsamkeit schon so
entwickelt dass das Bekanntwerden mit der griechischen Rhetorik
sie nur steigern und bewusster machen, nicht aber ihres natio-
nalen Charakters entkleiden konnte. Der Erste welcher seine
Reden kunstmässig anlegte war Ser. Sulpicius Galba (Cos. 610),
und schon den Jüngern Gracchus machte die Verbindung von
Begabung und Kunst zu einem vollendeten Redner. Auch war
es schon in der ersten Hälfte dieses Jahrh. eine Ausnahme wenn
ein Redner keine seiner Reden herausgab, und es gab schon
Solche welche Reden schrieben die dann Andere hielten. In
der Zeit der Gracchen hatte die praktische politische Beredtsam-
keit ihre höchste Höhe erreicht, und einige Jahrzehnte hindurch
wurde diese Stufe festgehalten. Als es aber allmählich nicht
mehr das souveräne Volk war zu dem der Redner sprach, son-
dern ein Haufe Pöbels, fieng man an weniger Werth zu legen
auf die künstlerische Vollendung der gesprochenen Rede. Bei
den herausgegebenen trat der politische Zweck jetzt meist zurück:
man schrieb und veröffentlichte Reden auch nur als Probe seiner
Beredtsamkeit. Die hervorragendsten Redner dieser Zeit waren
M. Antonius (Cos. 655) und L. Crassus (Cos. 659); aber neben-
ihnen stand noch eine ganze Reihe gleichfalls in ihrer Art be-
deutender Redner, Avie Q. Lutatius Catulus, Q. Mucius Scävola
(Cos. 659), L. Marcius Philippus (Cos. 663), L. Apulejus Sa-
tuminus (654), M. Livius Drusus (66^, C. Julius Caesar
Strabo (Aedil 664), P. Sulpicius Rufus (666), C. Aurelius
Cotta (Cos. 679). Das praktische Ziel nie aus den Augen ver-
lierend hielten die Redner und römisch denkenden Theoretiker,
wie in der sullanischen Zeit die Rhetorik an Herennius, die
von den griechischen Rhetoren aufgebrachten Difteleien von sich
ferne, so sehr sie sonst die Anleitung zu schätzen wussten die
sie durch Griechen erhielten. Nach der Mitte des siebenten
Jahrb. begannen auch Einheimische in lateinischer Sprache
täiak
54 Sachlicher Theil.
Unterricht in der Beredtsamkeit zu ertheilen. Durch die Grie-
chen fand auch die damals im griechischen Asien herrschende
überladene Redeweise in Rom Eingang und hatte namentlich
an Hortensius einen Vertreter. Aber schon dessen jüngerer Zeit-
genosse, Cicero, lenkte davon wieder ab und einem Mittelwege
zu, der rhodischen Schule; und ihn hat eine glückliche Verbin-
dung von Talenten, geschärft und veredelt durch unermüdlichen
Fleiss, auf die höchste Höhe der römischen Kunstjberedtsamkeit
gehoben. Zugleich hat er um die Popularisierung der Haupt-
lehren der Rhetorik sich Verdienste erworben. In seinen spä-
teren Lebensjahren bildete sich eine Richtung welche ihn noch
immer allzu asiatisch fand. Ein Kreis jüngerer Männer, zu
denen auch Caesar gehalten zu haben scheint, gieng grundsätz-
lich auf die echten alten Attiker zurück, und die Meisten wähl-
ten sich unter jenen sogar den schvninglosesten , den Lysias,
zum Muster. So M. Brutus, Licinius Calvus, Caelius Rufus,
Q. Comificius, M. Calidius und weiterhin Asinius Pollio und
M. Messala, von welchen jener* den Thukydides, dieser den Hy-
pereides vorzugsweise bewunderte. So häufig in dieser Zeit das
Veröffentlichen von Reden war, so war es doch auch jetzt noch
ßelten dass die gehaltene und die herausgegebene genau über-
einstimmte; denn der Redner sprach zwar vorbereitet, aber in
der Hauptsache frei.
1. Cato: orator est, Marce £01, vir bonus dicendi peritus; 8. Sen. Con-
trov. praef. 9, p. 49, 17 Bu. Vgl. Quintil. XII, 1, 1 ff.
2. Zu den ältesten Rednern gehören P. Licinius Crassus (Cos. 549) und
M. ' Cornelius Cethegus (Cos. 550). Herausgegebene Leichenreden des Q.
Caecilius Metellus auf seinen Vater Lucius (J. 533), des Fabius Cunctator
auf seinen Sohn (nach 541), des M. Claudius Marcellus auf seinen Vater
(546); Senatsrede des Q. Metellus (553) und des L. Papirius aus Fregellä
(um 580); Vertheidigungsrede des altem Africanus (569); Volksrede des
C. Titius (593). Vgl. unten §.112 und 113. Auch die Leichenrede auf den
Jüngern Africanus (625) existierte in Buchform; s. 127, 2. Vielleicht dass
diese Veröffentlichungen zugleich einen politischen Zweck hatten.
3. Quintil. in, 1, 19:*Romanorum primus, quantum ego quidem sciara,
condidit aliqua in hanc materiam (Theorie der Beredtsamkeit) M. Cato
ille Censorius (in seinen praecepta). post M. Antonius inchoavit. Aber
noch lange fort gab es Autodidakten, wie von Curio (Cos. 678) Cicero
(Brut. 59, 214) sagt: nullum ille poetam noverat, nullum legerat oratorem,
nullam memoriam antiquitatis collegerat; non publicum ius, non privatum
et civile cognoverat. quamquam hoc quidem fuit etiam in aliis — et ma-
gnis quidem — oratoribus, . . ut Sulpicio, ut Antonio. Doch waren solche
Fälle damals Ausnahmen, und mit unrecht sagt daher Aper (bei Tac. dial.
19) noch von den Bednern der ciceronischen Zeit: paucissimi praecepta
Die Beredteamkeit in der Republik. 55
rhetonim aut philosophonim placita (Letzteres ist eher richtig) cogno-
verant.
4. Cic. de or. II, 22, 92 : nostri oratores . . scripta ex quibus iudicium
fieri posset non miüta sane reliquerunt. Diess ist relativ gemeint, mit den
Griechen verglichen. Cic. selbst erwähnt geschriebene Reden von den bei-
den Gracchen (Brut. 104. 117), M. Aemilius Scaurus (ib. 112), P. Rutilius
Eufug (114), dem Sohne des jungem Africanus (77), Q. Tubero (117), Cu-
rio (122) und dessen Sohn (220), Sulpicius Galba (127), Flavius Fimbria
(129), T. Albucius (131), Q. Lutatius Catulus (132), Q. Scaevola (163\ Cae-
sar (262); dazu Quintil. X, 1, 116 von Ser. Sulpicius Rufus, Ascon. Comel.
p. 934 Or. von Cominius. Vgl. Cic. p. Cluent. 60, 140: M. Antonium
aiunt solitum esse dicere, idcirco se nuUam umquam orationem scripsisse
ut, ä quid aliquando non opus esset ab se esse dictum, posset negare di-
xisse. Auch extra urbem, apud socios et Latinos, gab es Redner und von
ilinen veröffentlichte Reden (Cic. Brut. 169 f.), wie von L. Papirius aus
Fregellä und (um 650) T. Betutius aus Asculum (ib.).
5. Der ältere Cato und noch (C.) Gracchus begann jede seiner Reden
mit einer Anrufung oder doch Erwähnung von Göttern, Serv. zu Verg.
Ae. VII, 259. XI, 301. Gell. XIII, 23 (22), 1 (in plerisque antiquis ora-
tionibus). Die Ausnahmslosigkeit womit dies von den Reden des Cato aus-
gesagt wird macht wahrscheinlich dass es auch von dei\jenigen gilt
welche er in Civilproceasen (causae privatae) gehalten hat, welche die einzi-
gen derartigen sind von denen wir aus der Zeit vor Cicero wissen dass
ne veröffentlicht wurden, wie auch aus der Zeit nach Cicero nur einige
vor dem Centumviralgericht gehaltene civilrechtliche uns bek^nt sind.
H. Jordan, Caton. quae exstant, p. LXXXYII.
6. L. Aelius Stilo . . scriptitavit orationes multis, orator ipse numquam
foit, Cic. Brut. 169 vgl. 205 f. M. Bibulus scriptitavit accurate, cum prae-
sertim non esset orator, ib. 267. Plotius Gallus dictavit Atratino (dem
Ankläger) actionem, Suet. rhet. 2. So C. Coelius für Tubero (Cic. de or.
II, 84, 341), Laelius für. Fabius Maximus (unten 127, 2). Cicero selbst ver-
fasate so Reden für Cn. Pompejus und T. Ampius (Quintil. III, 8, 50) und
(J. 700) für einen Vater die Leichenrede auf seinen Sohn Serranus (ad Q.
fr. III, 8, 5: laudavit pater scripto meo).
7. Cic. Brut. 96, 328: id declarat totidem quot dixit . . scripta verbis
oratio. Diess war aber nicht das Gewöhnliche; s. ib. 24, 91: videmus aUos
oratores inertia nihil scripsisse, ne domesticus etiam labor accederet ad
forensem; pleraeque enim scribuntur orationes habitae iam, non ut habean-
tor. Vgl. ib. 93. Quintil. X, 7, 30: plerumque multa agentibus accidit ut
maxime uecessaria et utique initia (von Reden) scribant, cetera quae domo
affenmt cogitatione complectantur, subitis ex tempore occurrant. quod fe-
ciffie M. TuUium commentariis ipsius (vgl. ib. IV, 1, 69) apparet. Plin. Ep. I,
20, 7: . . Cicerouis pro Murena, pro Vareno (auch p. Quintio), in quibus brevis
et nnda quasi subscriptio quorundam criminum solis titulis indicatur. ex
his apparet illum permulta dixisse, cum ederet omisisse. Aehnlich machte
68 L. Crassus (Cic. Brut. 160. 164). Anders die Miloniana und zweite phi-
lippische des Cicero, und auch schon Cato hatte nichtgehaltene Reden her-
ausgegeben (s. unten 108, 1). Die gehaltenen Reden wurden in der Zeit des
irfcjuS
">>
66 Sachlicher Theil.
Cicero nachgeschrieben (wie die pro Milone). Suet. Caes. 55 von CaesarB
Rede pro Q. Metello : non immerito Augustus existimat magis ab actuariis ex-
ceptam male subsequentibus vcrba dicentis quam ab ipso editam. Noch
Quintilian beklagt sich (VII, 2, 24) dass Buchhändlerspeculation Reden von
ihm die ueglegentia . . notariorum corruptae waren veröffentlicht habe.
Andererseits schrieb z. B. M. Brutus blos exercitationis gratia eine Ver-
theidigungsrede für Milo (Quintil. III, 6, 93 vgl. X, 1, 23). Auch unterge-
schobene Reden gab es frühzeitig. Sulpici (tr. pl. 666) orationes quae
feruntur, eas post mortem eins scripsisse P. Canutius putatur. . . . ipsius
Sulpici nulla oratio est, Cic. Brut. 205.
8. Hieronym. zu Euseb. Chr. a. 1929 = Ol. 173, 1 ~ 667 d. St.: Plo-
tius Gallus primus Romae latinam rhetoricam docuit. Vgl. Suet. rhet. 2.
Sen. controv. II, 8, 5. p. 116, 22 f. Bu. Quintil. II, 4, 42. Die J. 662 durch
die Censoren (worunter L. Crassus) erfolgte Ausweisung der latini rhetores
(Gell. XV, 11, 2) war wirkungslos. Hieron. 1. 1. 1936 = Ol. 174, 4 = 673:
Vultacilius Plotus latinus rhetor, Cn. Pompei libertus et doctor, scholam
Romae aperuit. Griechische Lehrer der Beredtsamkeit waren in der cic.
Zeit der ältere Hermagoras, Molen, Apollodoros aus Pergamon. Schüler:
Apollodori praecepta magis ex discipulis cognoscas, quorum diligentissimus
in tradendo fuit latine G. Valgiup, graece Atticus, Quintil. III, 1, 18. Vgl.
Hieronym. 1. 1. 1953, Ol. 179, 1 = 690: Apollodorus Pergamenus, graecus
orator, praeceptor Calidii et Augusti, clarus habetur. Cic. Brut. 263: C.
Sicinius, ex disciplina Hermagorae; ebenso T. Accius aus Pisaurum, ih. 271.
Schüler des Molen auch T. Torquatus, Brut. 245.
9. Zur Charakteristik der Hauptredner der cic. Zeit: Quintil. XII, 10,
11: vim Caesaris, indolem Caelii, subtilitatem Calidii, diligeutiam Pollio-
nis, dignitatem Messalae, sanctitatem Calvi, gravitatem Bruti, acumcn Sul-
pici, acerbitatem Cassii reperimus. Vgl. Apul, apol. 95: ut in illa (ora-
tione) neque Cato gravitatem requirat, ncque Laelius lenitatem, neque
Gracchus impetum, nee Caesar calorem, nee Hortensius distributionem, nee
Caivus argutias, nee parsimoniam Sallustius, nee opuleutiam Cicero.
37. Die augusteische Zeit enthält in Asinius PoUio und M.
Messala noch Vertreter der republikanischen Beredtsamkeit, und
auch August selbst, sowie Agrippa und Mäcenas, zeigen sich
gelegentlich als rednerisch gebildet. Aber in ihr schwinden mit
der alten Verfassung auch die Gelegenheiten und' StoiFe für die
Beredtsamkeit und wachsen in demselben Masse die Hindernisse
und Schranken. So tritt immer mehr die blose Theorie an die
Stelle der Praxis, rhetores an die der oratores, Declamation au
die Stelle der Rede. Noch in die Zeit Augusts fallen daher die
frühesten Vertreter der kaiserlichen Beredtsamkeit, der Red-
ner Cassius Severus, die Rhetoren Porcius Latro, Albucius Silus,
Arellius Fuscus, Junius Gallio, Cestius Pius, Fulvius Sparsus,
Argentarius, Blandus, Q. Haterius, Julius Bassus, Porape-
jus Silo, Varius Geminus, u. A., an die sich in August's letzten
Die Beredtsamkeit in der augusteischen u. Eaiserzeit. Die Rhetorik 57
Jahren noch Rutilius Lupus und der Rhetor Seneca anreihten.
Das Wesen dieser neuen Beredtsamkeit besteht in ausschliess-
lichem Cultus der Form neben wissentlichem Verzicht auf ernst-
haften Inhalt und praktische Zwecke. Die Rhetorschule wird
jeht Selbstzweck und Mittelpunkt des geistigen Lebens und
baut sich eine Welt von Fictionen auf, meist aus den griechi-
schen Vorgängern geschöpft. Aus dem genus deliberativum
nimmt sie ihre suasoriae, vom iudiciale ihre controversiae ; von
der epideiktischen Gattung sind die laudationes und vituperatio-
nes behebt. Die Manieren des rhetorischen Hörsaals werden
dann auch auf che wenigen Gelegenheiten übergetragen wo man
noch praktisch thätig sein konnte, und diese zu Schaustellungen
theatrahscher Declamation benützt. Desto seltener war Rechts-
kemitniss. Die namhaftesten nachaugusteischen Redner dieser
Art sind Votienus Montanus, Romanius Hispo, Crispus Passienus,
Domitius Afer, Galerius Trachalus, Julius Africanus, Vibius
Crispus, Julius Secundus, und zuletzt Tacitus und Plinius. Ver-
gebens weisen Quintilian und Tacitus (im dialogus) auf die
echten classischen Muster hin und kämpfen gegen die Richtung
ihrer Zeit an, von der sie unwissentlich selbst mitergriffen sind.
Mit Fronto wurde die Rede noch überdiess geschraubt und mit
Archaismen geschmacklos behängt. Dieselbe Manier, aber mehr
Geist hat Apulejus. Je vielseitiger und feiner das römische
Recht sich, besonders im dritten Jahrh., entwickelte, um so un-
znganghcher wurde es für die Phrasenmacher, die so auch den
letzten Rest von praktischer Thätigkeit einbüssten und sich von
da an auf Prunkreden beschränkt sahen, auf den servilen Pa-
iiegyrikus, fingierte Standreden und auf die Form von Briefen.
Besonders Gallien war hieran frucntbar. Noch der bedeutendste
Vertreter dieser Richtung ist Symmachus, nächstdem Ausonius;
desto leerer sind die Panegyriker Claudius Mamertinus, Eimie-
nius, Nazarius, Drepanius Im sechsten Jahrh. gehört dahin
Ennodius, auch theilweise Boethius und Cassiodor. Gehaltreicher,
aber in der Form verwahrloster war die Art der afrikanischen
Rednerschule , welche im dritten und vierten Jahrh. dem Chri-
stenthum seine geistvollsten Vorfechter geliefert hat (TertulUan,
Amobius, Cyprian, Augustinus). Die Rhetorik dieser Jahrhun-
derte beschäftigte sich damit die alten Meister auszuziehen und
durch Verwässerung ihrer Zeit mundgerecht zu machen.
1. Tac. dial. 38 extr.: (orationes) mediis D. Augusti temporibus habi-
tae, postquom longa temporum quies et coutinuum populi otium et assi-
ijy»^«.
58 Sachlicher Theil.
dua senatus tranquillitas et maxime prindpis disciplina ipsam quoque elo-
quentiam, sicut obmia, pacaverat. Damals lehrte zu Rom Rhetorik neben
den Griechen Theodorus aus Gadara und Oaecilius aus Kaie Akte auch
der römische Ritter Blaudus. Sen. Contr. II. praef. 5, p. 116, 19 ff. Bu.:
Blandus rhetor, qui eques rom. Romae docuit. ante illum intra libertinos
praeceptores pulcherrimae disciplinae continebantur et . . turpe erat docere
(gegen Bezahlung) quod honestum erat discere. Für die gewachsene Be-
deutung der Rhetorik ist auch diesEi bezeichnend.
2. Tac. dial. 14 extr. : novi rhetores, veteres oratores. Dieser novi
werden von dem älteren Seneca mindestens 100 genannt. Spätere auch bei
Juv. VII, 143 ff. 214. Nero war der erste Kaiser der julischen Dynastie
welcher alienae facundiae bedurfte, Tac. A. XIII, 3. Die Hauptredner sei-
ner Zeit charakterisiert Quintil. XII, 10, 11: copiam Senecae, vires Afri-
cani, maturitatem AM, iucunditatem Crispi, sonum Trachali, elegantiam
Secundi. Lateinische Schriftsteller über Rhetorik aus dem ersten Jahrh.
(ausser Seneca und Quintilian): Celsus, Laenas, Luranius (Quint. IX, 4, 38),
Stertinius, Gallio, Porcius Latro, Cestius Pius, Plinius Secundus (Quint. XI,
3, 143), Verginius, Tutilius, Vettius (Juv. VU, 150 f.). Vgl. Quintil. III, 1,
19 — 21. Quintilian war der erste von Staatswegen (durch Vespasian) an-
gestellte Lehrer der Beredtsamkeit. Schon in dieser Zeit Juv. VII, 147 f.:
accipiat te Gallia, vel potius nutricula causidicorum Africa, si placuit
mercedem ponere linguae.
3. Die causae corruptae eloquentiae, welche Tacitus (dial.) und Quin-
tilian (vgl. V, 12, 23. VI, prooem. 3. VIII, 6, 76) in eigenen Schriften zu
ergründen suchten, lagen nicht blos in der licentia atque inscitia decla-
mantium (Quintil. 11, 10, 3), sondern diese war nur ein Symptom, und die
eigentlichen Ursachen lagen in den Zeitverhältnissen. Das Publicum war
nicht besser als seine Redner und verlangte immer Neues und Pikantes;
Tac. dial. 19. Quint. IV, 1, 57. 72. 5, 10. 8, 1. Ebenso waren die welche
vividam et incorruptam eloquentiam tuendis civibus exercebant (Tac, A. XIII,
42), die gerichtlichen Redner, causidici, nicht anders als die Schulredner,
vielmehr in ipsa capitis aut fortunarum pericula irrupit voluptas (Quint. IV,
2, 122 vgl. 127. 3, 2. Pers. I, 83 ff. Martial. VI, 19). Für das juristisch
Technische sahen sich die meistei* dieser Gerichtsredner, in Ermangelung
eigener Kenntnisse, auf pragmatici als monitores angewiesen, Quint. XII,
3 , 2 ff. Juv. VII , 123.
4. Zur Praxis der Rhetorschulen Quint. X, 3, 21: obstant fere turba
discipulorum et consuetudo classium certis diebus audiendarum, nonnihil
etiam persuasio patrum numerantium potius declamationes quam aestiman-
tium. üeber die unpraktischen, dem wirklichen Leben fremden Themata
(wie von abdicati, vom raptor, Juv. VII, 168) Quint. II, 10, 6. VIII, 3, 23
u. sonst. Beliebt war auch das Donnern gegen Tyrannen (Juv. VII, 151),
aus der Geschichte Sulla (ib. I, 16 f.), Hannibal (VII, 161 ff.). Arbeiten
über solche Schulthemen von Quintilian und Calpumius Flaccus, besonders
wichtig aber der ältere Seneca und des Philostratos vitae sophistarum. Der
Vortrag übertrieben lebhaft und gebärdenreich, Quint. II, 12, 9 f. IV, 2,
37. 39. XI, 3, 184. Sitte des Applaudierens , Quint. II, 2, Uff.
5. Aus dem dritten Jahrh. Lamprid. Diad. 4, 2: solent pueri pileo iu-
signiri naturali (Glückskappe), quod obstetrices rapiunt et advocatis cre-
Die kaiserliche Beredtsamkeit. Die Jurisprudenz in der Repu]>lik. 59
dulis vendunt, siquidem causidici hoc iuvari dicuntur. Alex. Sev. 35 , 1 fi.:
oratores et ppetas non sibi panegyricos dicentes, quod . . stultum ducebat,
sed aut orationes recitantes aut facta vetenim canentes libenter audiviö . .
ad Athenaeiun audiendorum et graecomm et latinorum rhetorum vel poe-
tamm causa frequenter processit. audivit etiam forense» oratores cansas
recitantes quas vel apud ipsum vel apud praefectos urbis egeraut. 44, 4 f. :
rhetoribus, grammaticis, medicis etc. salaria instituit et auditoria decrcvit
et disdpulos cum annonis . . dari iussit. etiam in provinciis oratoribus
forensibus multum detulit, plerisque etiam aunonas dedit, quos constitisset
gnüi agere. Ib. 68, 1 Claudius Venacus, orator amplissimus. Vgl. Capi-
toL Maximin. 29 (iun. 3), 4: Messalam ex familia nobili, oratorem poteu-
tissimam eundemque doctissimum. Des Jüngern Maximin Lehrer war ora-
tor Titianus, ib. 27 (iun. 1), 5. Unter Gordian IIIMisitheus, doctissimus
vir, quem causa eloquentiae dignum parentela sua putavit (Capit. Gord.
23, 6). üeber Numerianus sagt Vopisc. Car. 11, 1: eloquentia praepoUens,
adeo nt publice declamaverit feranturqne illius scripta nobilia, declama-
tioni tarnen magis quam Tulliano adcommodatiora stilo. Er erhielt vom
Senat eine Statue mit der Inschrift: Numeriano Caesar! , oratori tempori-
bos suis potentissimo (ib. 11, 3). Der jüngere Postumus war nach Tre-
belL Poll. XXX tyr. 4,2 ita in declamationibus disertus ut eins contro-
fersiae Quintüiano dicantur insertae. M. Damatius Urbanus, optima facun-
dia praeditns (in Sitifis, J. 231), Orelli-Henzen 5607. Aus diesem Jahrh.
ist der Bhetor Aquila Romanus.
6. Aus dem vierten Jahrh. die Lehrer des Ausonius, Ti. Victor Miner-
nos, dessen Sohn Alethius Minervius, dann Latinus Alcimus Alethius, Leh-
rer des Kaisers Julian, Aemilius Magnus Arborius , rhetor Tolosae, Auson.
Profess. Burdig. 1. 6. 2. 16. — M. Romanius lovinus, rhetor eloquii latini,
Orelli-Henzen 5606 (Rom). — StoiFe panegyrici und fictae ludorum (Schulen)
lites, Auson. 1. 1. 1, 13 ff.
7. Sammlung der späteren rhetorischen Schriften, bis auf Beda herab,
von C. Halm: Rhetores latini minores. Ex codd. maximam partem primum
adhibitis emendavit. Lips. 1863. Sie enthält die scriptores de figuris sen-
tentianmi et elocutionis (bes. Rutilius Lupus, Aquila und Julius Rufinianus),
dann die Lehrbücher der Rhetorik von Fortunatianus, Augustinus, Sulpi-
dos Victor, Julius Severianus und Julius Victor, sowie die betr. Theile der
encjclopädischen Werke des Martiauus Capella, Cassiodor und Isidor; wei-
ter Albini (vulgo Alcuini) dialogus de rhetorica, und eine Anzahl Schrift-
steller welche einzelne Theile der Rhetorik behandelt haben, wie Priscian's
Uebersetzung der ngayviivdoftara des Hermagoras, Abhandlungen von Em-
poriofi, Rufinus u. A.
38. Die Rechtswissenschaft ist das einzige Gebiet der
Literatur welches sich bei den Römern von Anfang bis zu Ende
rein national entwickelt hat. Der unbeugsame Sinn der auf
sein Recht sich steift und davon nicht lässt war den Römern
immer eigen und für das Festwerden eines Rechtes günstig, zu
dessen Ausbildung dann die bei ihnen reichlich vorhandenen
Eigenschaften der Verstandesschärfe, des praktischen Geschickes
t5£-
60 Sachlicher Theil.
und des Ordnungstriebes vollkommen ausreichten, und wofür die
der römischen Rechtsverfassung eigenthümliche Vereinigung von
Stätigkeit und Entwicklungsfähigkeit bald höchst förderlich
wurde. Sehr früh gab.es feste Satzungen, ursprünglich von
sacralem Charakter und im Besitze der patricischen Pontifices,
daher auch deren Auslegung, Anwendung und Weiterbildung in
der Hand der Patricier lag. Nachdem aber um 450 d. St. die Klag-
formen und das Verzeichniss der Gerichtstage veröflFentlicht wor-
den waren wurde das Recht allgemein zugänglich und hat auch
alsbald Vertreter an den Plebejern P. Sempronius Sophus und
Tib. Coruncanius. Bei der positiven Natur des Rechts konnte
die literarische Thätigkeit anfänglich nur im Sammeln und Er-
läutern der Rechtsquellen bestehen; so beim ersten juristischen
Schriftsteller, Sex, Aelius Catus (um 550). Je manchfaltiger
dann das Leben sich gestaltete, desto wichtiger wurde die Rechts-
kenntniss, und die auctoritas prudentum, wie sie sich in ihren
Rechtsbescheiden (responsa) aussprach, wurde allmählich zu einer
förmlichen Rechtsquelle. Seit Anfang des siebenten Jahrh. d. St.
finden wir die responsa aufgezeichnet und in Sammlungen ver-
öffentlicht; so von dem Sohne des Cato Censorius, von M. Ju-
nius Brutus und P. Mucius Scaevola (Cos. 621), während M'. Ma-
nilius eine Formularsammlung herausgab. In der Mitte des sie-
benten Jahrh. wurde, wohl unter dem Einflüsse des stoischen
Systems, das römische Recht schon systematisch dargestellt durch
Q. Mucius Scaevola (pont. max., Cos. 659). Dessen Schüler war
C. Aquilius Gallus, und durch des Letzteren Schüler, Ser. Sulpicius
Rufus, wmrde die Systematisierung des Rechts, zu welcher auch
Cicero einen Beitrag lieferte, wesentlich gefördert. Dass bis da-
hin die Rechtskenn tni SS überwiegend auf mündlichem Wege fort-
gepflanzt worden war und in manchen Familien (wie den Aelii,
Mucii, Pofcii, Sulpicii, später den Antistii) gleichsam sich vererbte
hatte die Juristen allmählich zu einem eigenen Stande gemacht.
1. Quellen: Poinponius de origine iuris, Dig. I, 2. Weiterhin überhaupt
die Digesten. Sammlungen von Gneist (Institutionum eyntagma, Lips. 1858)
und von Ph. E. Huschke (lurisprudentiae anteiustinianae quae supersunt,
Lips. 1861. 1867) und das Corpus iuris auteiustinianei , Bonn 1835 ff.
2. J. A. Bach, historia lurisprudentiae romanae, Lips. 1754 ff. editio
sexta, ed. A. C. Stockmann, Lips 1806. S. W. Zimmern, Geschichte des
römischen Privatrechts bis Justinian; bes. I, 1 (Heidelberg 1826). A. F.*
Rudortf, römische Rechtsgeschichte, Leipzig 1857, bes. I: Rechtsbildung.
Auch in den Lehrbüchern der Institutionen, bes. dem von Puchta, Bd.I. F.D.
Sanio, zur Geschichte der römischen Rechtswissenschaft, Königsberg 1858;
Die Jurisprudenz bei den Römern. 61
und: Varroniana in den Schriften der röm. Juristen, yornehmlich an dem
Enchiridion des Pomponius, nachzuweisen versucht, Leipzig 1867. Momm-
een R. G. I». S. 406, A. 2. 441 f. II. S. 458—460. — H. E. Dirksen, Bruch-
stücke aus den Schriften der römischen Juristen, Königsberg 1814. Ueber
die ältesten rÖm. Juristen auch de Geer, Verslagen etc. der holländ. Aka-
demie, VII (1863) p. 196—209.
3. Bei den Griechen war die Rechtsbildung und Rechtswissenschaft
auffallend vernachlässigt; s. Cic. de or. I, 45, 198. 59, 253. Desto gün-
stiger lagen die Verhältnisse bei den Römern; vgl. Ihering, Geist des rÖm.
Rechts 1. S. 300 ff. Bei ihnen wurde die Rechtskenntniss sogar populär ;
vgl. die Sponsionsformcln für Viehhandel bei Cato (R. R. 144—150 und Varro
(unten 129, 1). Je nationaler daher ein Dichter ist um so mehr tritt bei ihm
das Recht hervor. So bes. bei Plautus. Aber auch Terenz, Eun. prol. 10 ff.,
glaubt ein Stück des Luscius damit abgethau dass er ihm einen groben Ver-
stoss gegen den Civilprocess nachweist. Vgl. auch die Togatentitel Emanci-
patus, lurispenta (auch Icta?) von Titinius und Afranius. Dass Geschäfts-
männer (wie M". Curius, Cic. ad Fäm. VII, 29) Rechtskunde besassen ist
ohnehin selbstverständlich; später a^ch einzelne Frauen, Juv. VI, 244 f. —
Cic off. 11, 19, 65: in iure cavere, consilio iuvare atque hoc scientiae ge-
nere prodesse quam plurimis vehementer et ad opes augendas pertinet et
ad gratiam. itaque cum multa praeclara maiorum tum quod optime con-
fititnti iuris civilis summo semper in honore fuit cognitio atque interpre-
tatio. Liv. XXXIX, 40: ad simimos honores alios scientia iuris . . provexit.
4. Dem consulere der Clienten (consultores) steht das (de iure) respon-
dere (Cic. Brut. 30, 113) der consulti gegenüber, das entweder zu Hause
erfolgte (auf einem solium sitzend, Cic. de or. II, 55, 226. III, 33, 133j
oder indem man transverso foro ambulabat (ib. III, 33, 133). A. F. Rn
dorff, die Entstehung der consultatio, Ztschr. für Rechtswiss. XIII. S. 50— 6G.
Indem man dabei Jüngere als Zuhörer zuliess bildete man zugleich Schü-
ler, wie schon Coruncanius. So war Cicero auditor des Augurs Q. Scae-
vola, und schreibt (ad Fam. VII, 19) an Trebatius: num ius civile vestrum
ex libris cognosci potest? qui quamquam plurimi sunt doctorem tamen
Donniunquam desiderant. Es gab dabei viel (Formeln) auswendig zu 1er
nen, Cic. de or. I, 58, 246.
5. Der Schematismus des stoischen Systems konnte bei Juristen nicht
ohne Einfluss bleiben. So war der Augur Q. Scaevola mit Panaitios be-
freundet (Cic. de or. 1, 11, 45), und der Pontifex Q. Scaevola verräth stoischen
Einfluss in seiner Dreitheilung der 'Götterlehre (Augustin. civ. d. IV, 27}
and in dem Buchtitel ''O^oi. Späterhin zeigte sich namentlich in der Auf
fassung des Naturrechts (als tpvasL SCnuiov) Einwirkung des Aristoteles und
der Stoiker. M. Voigt, das ius naturale I. Leipzig 1856. Hildenbrand,
Rechte- u. Staats-Philosophle I. S. 593 ff. Laferri^re, Mdm. concernant
rinfloence du stoicisme sur la doctrine des Jurisconsultes romains, Mdm.
de Tacad. des sciences morales X (1860) p. 579—685. Mit dem Epikuräis-
mus hält die Jurisprudenz für unvereinbar Cic. ad Fam. VII, 12.
39. Da das Hauptfeld der römischen Jurisprudenz, däs Ci-
vilrecht, von der Staatsverfassung ziemlich unabhängig war, so
brachte deren Umsturz keiiie Störung in die Entwicklung jener;
[
ii^_:i
62 Sachlicher Theil.
vielmehr erforderte die monarchische Conceutration der Gesetz-
gebung und Rechtspflege um so dringender technische Rath-
geber und Organe. ,Die Zeit des Augustus besass ausgezeichnete
Juristen an C. Trebatius Testa, A. Cascellius, auch Q. Tubero;
und unter ihm begann die Spaltung der Juristen in Sabinianer
und Proculianer, an der Ersteren Spitze der schmiegsame C. Ate-
jus Capito, während das Haupt der Proculianer der republika-
nisch gesinnte M. Antistius Labeo war. Schon August verlieh
auch den responsa theilweise Gesetzeskraft. Unter den folgen-
den Kaisern der julischen Dynastie blühten die Rechtsgelehrten
Masurius Sabinus, M. Coccejus Nerva, C. Cassius Longinus und
Sempronius Proculus. Den Kaisern unentbehrlich und in seinem
Privatrecht auch in den schlimmsten Zeiten ungestört, ja die
höchsten Stellen im Staate bekleidend, erhielt der Stand der
Juristen fortwährenden Zufluss a# begabten und charaktervollen
Männern, welche ihre Wissenschaft zu einer für Laien uner-
reichbaren Feinheit ausbildeten und dem Rechte Gleichheit und
Folgerichtigkeit verliehen. War schon unter der flavischen Dy-
nastie (Nerva Sohn, Caelius Sabinus, Pegasus, Juvenüus Celsus,
Vater), dann unter Nerva und Trajan (Celsus Sohn, Neratius
Priscus, Priscus Javolenus, Titius Aristo) die Zahl bedeutender
Rechtsgelehrten und Rechtslehrer ansehnlich, so folgen sieh
vollends seit Hadrian, etwa 130 bis 230 n. Chr., die grossen
Juristen in ununterbrochener Reihe: Salvius Julianus, L. Volu-
sius Maecianus, Sex. Pomponius, L. Ulpius Marcellus, Q. Cervi-
dius Scäevola, ganz besonders aber die Koryphäen und Classil^er
der Jurisprudenz: Gaius, Aemilius Papinianus, Julius Paullus,
Domitius Ulpianus, sowie Jlerennius Modestinus. Solche geistige
Grössen erhoben die Rechtswissenschaft zu einer Höhe dass,
damit verglichen, alles der republikanischen Zeit Angehörige als
blose Vorarbeit erscheint, verliehen ihren Schriften die Klarheit,
ja Schönheit von wissenschaftlicTien Kunstwerken, und schufen
das römische Recht aus einem Bürgerrechte zu einem Menschen-
rechte um, in welchem die nationalen Besonderheiten nahezu 'ab-
gestreift, die Rechtsbegriffe auf den klarsten Ausdruck gebracht
sind und das durch den das Ganze durchwehenden Geist der Hu-
manität zu einem Horte der Bedrängten geworden ist. Manches
was ursprünglich rechtswidrig und eine Härte war wussten sie zu
mildern oder umzuwandeln durch ihre Auslegung, die freilich zu-
gleich den Worten Gewalt anzuthun lehrte. Mit der Mitte des
dritten Jahrh. n. Chr. erlosch die juristische Production. Mit dem
Die Jurisprudenz in der augiisteischen und der Kaiserzeit. 63
vierten Jahrh. begann die Sammlung der kaiserlichen Verordnun-
gen im codex Gregorianus (J. 308), welchem bald (365) der codex
Hermogenianus nachfolgte. Unter Theodosius II und Valenti-
nian III wurde dann die Codification des christlich-römischen
Rechts unternommen, in dem codex Theodosianus, dem im J.
438 Gesetzeskraft verliehen wurde und der von 448 bis 468 an
Novellae des Theodosius und seiner Nachfolger Nachträge er-
hielt. Aus dem fünften Jahrh. sind auch die fragmenta Vati-
cana und die Collatio legum mosaicarum et romanarum; aus
dem Anfange des sechsten Jahrh. das Edictum Theoderici, die
lex romana Visigothorum (breviarium Alaricianum) , sowie die
lex romana Burgundionum. Den Abschluss machte die durch
Justinian angeordnete und hauptsächlich von Tribonianus aus-
geführte Sammlung der Rechtsquellen, zuerst (529) der Codex
lustinianeus, dann (533) die Institutionen und die Digesta, eine
Auswahl, aus den Schriften der besten Juristen in 50 Büchern,
darauf (534) eine vermehrte Auflage des Codex (repetitae prae-
lectionis). Die (168) Novellae constitutiones lustiniani stammen
aus 535 — 565, sind aber eine erst nach dem Tode Justinians
gemachte Privatsammlung; eine andere (von 125 Novellen) ent-
stand 556, die Epitome luliani. Später folgte eine dritte Samm-
lung, von 134 Novellen, im Mittelalter Authenticum genannt.
1. Populäre Vorstellungen von der Aufgabe der Juristen: qui iuris
nodos et legum aenigmata solvit, Juv. VIII, 58. lurisconsulti , quorum
sommus circa verborum proprietatem labor est, Quintil. V, 14, 34. Wirk-
lich blieb die Entwicklung des Criminalrechts weit zurück hinter der des
PriTatarechts. Auch noch in der Kaiserzeit war ein gewisses Rechtsver-
ständniss lange verbreitet. So sagt bei Apulej. Met. IX, 27 ein gewöhn-
licher Mann: non herciscundae famiüae, sed communi dividundo formula
dimicabo. Und eine Inschrift der appischen Strasse (Orelli 5069): Iter pri-
▼atom Anni Largi. precario utitur Antonius Astralis (damit keine Servi-
tut entstehe). Andererseits auch populäre Sticheleien auf die Diftelei
(nimia et misera diligentia, Dig. II, 31, 88. §. 17) der Juristen, wie auf
den Grabschriften: huic monumeuto dolus malus abesto et iurisconsultus
(oder ius civile), Orelli 4374. 4390 f. 4821. So wird ib. 7236 ein librarius
gerühmt qui testamenta scripsit annos XIV sine iuris consulto. Auch das
Testament eines Schweins (oben 24, 4) gehört hieher, obgleich es wohl aus
juristischen Kreisen stammt.
2. Der praefectus urbi war ein Jurist, und Juristen verfassten die kai-
serlichen Verordnungen (constitutiones). Capitol. Ant. Philos. 11, 10: habuit
secum praefectos, quorum et auctoritate et periculo semper iura dictavit.
onis antem est Scaevola praecipue iuris perito. Lamprid. Alex. Sev. 16,
1: neqne uUam constitutionem sacravit sine XX iurisperitis et doctissimis
ac si^ientibuB viris isdemque disertissimis non minus L. Dieser Apparat
64 SachUcher Theil.
war aber nicht das Gewöhnliche. Ihre amtliche Stellung brachte die In- *
risten in den Geruch dass sie vorzugsweise das Interesse des Fiscus im
Auge haben (Juv. IV, 53 fF.); doch waren die ausgezeichnetsten unter ihnen,
ein Labeo, Cassius (Tac. A. XIV, 43), Papinian (Spartian. Carac. 8), von
« Servilismus weit entfernt, und des Salvius Juhanus Ruhm kam noch seinem
Urenkel zu Gute (Spart. Did. Itd. 1). ..
3. Quintilian (XII, 3) verficht ausdrücklich die Nothwendigkeit der
Rechtskenntniss für die Redner und tröstet (ib. 6 vgl. 9) diese: das Recht
sei non tarn arduum quam procul intuentibus fortasse videatur, polemi-
siert jedoch (ib. 1 1) auch gegen die Juristen welche die Beredtsamkeit ver-
schmähen und se ad album ac rubricas transtulerunt et formularii vel . .
leguleii esse maluerunt. In der Regel verstanden die Redner vom Rechte
gar nichts (Vgl. oben 37, 3), das sich zu ihren Phrasen so spröd verhielt;
ja sie glaubten in ihrem Dünkel sogar sich darüber lustig machen zu können
(Tac. dial. 32). Gegensatz von causidici und iurisconsulti schon bei Seneca
apocol. 12. In einem gewissen Zusammenhang aber wurden Rechtskenntniss
und Beredtsamkeit doch fortwährend gedacht; vgl. Lamprid. Alex. Sev. 16,
2: si de iure aut de negotiis tractabat solos doctos et disertos adhibebat.
4. Die allgemeine ünkenntniss der Kaiserzeit über die Zustände der
Republik (vgl. oben 33, 1) erstreckte sich auch auf die Juristen . . Die iuris
auctores der Republik wurden bald als veteres bezeichnet und vergessen.
Celsus ist der Letzte der noch einzelne Schritten der veteres vor Q. Mu-
cius Scaevola unmittelbar benutzt zu haben scheint. Auch die Schriften
der veteres nach Q. Scaevola haben wahrscheinlich schon Pomponius und
dessen Zeitgenossen nicht mehr im Original benutzt, und Pomponius begeht
daher in seiner Uebersicht bei der älteren Zeit verschiedene Fehler ; s. un-
' ten 114, 3. 129, 2. 4 u. 5.
5. H. E. Dirksen, von den Zeugnissen der Epigraphik über . . einzelne
römische Rechtsgelehrte, Abhh. der Berliner Akad. 1852, S. 105—208. H.
H. Fitting, über das Alter der Schriften römischer Juristen von Uadrian
bis Alexander Severus, Basel 1860. 55 S. 4. Ein wirres Verzeichniss vom
Juristen angeblich unter Alex. Severus bei Lamprid. AI. Sev. 68.
40. Zum Betriebe der Philosophie hatten die Römer we-
nig natürlichen Beruf. Zwar fehlte es ihnen nicht an der Nei-
gung aus den zerstreuten Erfahrungen des Lebens eine Summe
zu ziehen; aber das eigentliche SpecuHeren erschien ihrem
rein praktischen Sinne als Müssiggehen. Alles eigentlich Phi-
losophische kam ihnen nur durch die Griechen zu, und zu einer
Zeit wo in Hellas selbst an die Stelle der grossen Meister Epi-
gonen getreten waren welche auf Reproduction und schulmässi-
ges Weiterspinnen eines kleinen Kreises von Gedanken sich be-
schränkten. Der erste Vermittler griechischen Philosophierens,
Q. Ennius, griff sogar (ausser der Lebensweisheit seines Epi- '
charmus) nach einem Erzeugniss seichtester Aufklärung, der
Schrift des Euhemeros, und noch bei Pacuvius und L. Attius
Die Philosophie in der Republik. 65
klingt dieser Ton nach. Die Unvereinbarkeit solcher Lehren mit
der bestehenden Sitte und Religion veranlasste J. 581 die Aus-
weisung der Epikureer Alkaeos und Philiskos, 599 = 155 die
möglichst baldige, aber doch zu späte, Entfernung der aus Athen
gekommenen Gesandtschaft, bestehend aus dem Akademiker
Kameades, dem Stoiker Diogenes und dem Peripatetiker Krito-
la^s, von denei^ besonders der Erstere durch seine Beredtsam-
keit und Freisinnigkeit auf die jüngere Generation tiefen Ein-
druck machte. Bald fand der weitsichtige Stoiker Panaitios bei
dem jüngeren Scipio Aufnahme und durch ihn der Stoicismus
unter den Römern Eingang. Anhänger desselben waren der
jüngere Laelius, Q. Aelius Tubero, C. Fannius, Sp. Mummius,
C. Blossius, P. Rutilius Rufus, Valerius Soranus, L. Aelius Stilo,
femer die Juristen Q. Mucius Scaevola (der Augur wie der Pon-
tifex), L. Lucilius Baibus, Sex. Pompejus und Ser. Sulpicius
Rufus, sowie zuletzt der jüngere Cato und als Schriftsteller
Stertinius. Andere Römer wurden durch den Griechen dem sie
in die Hände geriethen für andere Systeme gewonnen; nament-
lich die (neue) Akademie fand durch ihren Probabilismus und
hieraus fliessende advokatische Nutzbarkeit manchfachen An-
hang, wie bei C. Aurelius Cotta (Cos. 679), L. LucuUus, L. Tu-
bero. Zu den Peripatetikern neigten sich M. Piso (Cos. 693)
und M. Licinius Crassus (Cos. 684). Den Epikureismus empfahl
seine Fasslichkeit, ethische Lässlichkeit und Selbstgenügsamkeit
namentlich solchen Naturen welche sich aus dem politischen
Getriebe gern in behagliche Müsse zurückzogen, wie in der Zeit
des Cicero sein Atticus, Papirius Paetus und M. Marius. Eben
darum fand dieses System auch am frühesten literarische Ver-
tretung in lateinischer Sprache, ausser Ennius und der commu-
nis historia des Lutatius in der Zeit vor Cicero durch Rabirius,
Catius und Amafinius, besonders aber durch Lucretius. Ausser-
dem waren Bekenner des Epikureismus L, Saufejus, L. Manlius
Torquatus (Prätor 706), C. Vellejus, Statilius, P. Volumnius,
theilweise auch C. Cassius. Vereinzelt stand Nigidius Figulus
mit seinem (wenig reinen) Pythagoreismus. Desto zahlreicher
waren diejenigen welche, nach dem Beispiele der angesehensten
griechischen Philosophen dieser Zeit, wie des Antiochos aus
Askalon, mehrere Systeme synkretistisch verbanden, wie der
Polyhistor Varro in der Dialektik, Theologie und Naturphilo-
sophie zur Stoa hielt, in der Ethik aber zur Akademie, und
M. Brutus, der umgekehrt in der Ethik Stoiker, sonst aber
Tcaffel, Rom. Literatarg-cschichte. 5
60 Sachlicher Tneil.
Akademiker war. Besonders aber ist der Eklekticismus vertreten
durch die zahlreichen philosophischen Schriften des Cicero.
1. Uebersicht bei Cicero, Tusc. IV, 1—3 vgl. de or. IT, 37. Acad. pr.
II, 2, 6. — flepke, de philosophis qui Romae docuerunt usque ad Autoni-
nos, Berlin 1842. E. Zeller in seiner Gesch. der griech. Philosophie und
in dem Vortrag: Religion und Philosophie bei den Römern, Berlin 1866
(in Virchow's Sammlung gemeinverst. Vortr. XXIV.), bes. S. 18 fi'. Momm-
sen R. G. II* S. 411—417. III«. S. 550. Auch A. Stahr, Aristoteles bei den
Römern, Leipzig, 1834.
2. Den Hang der Römer zum Reflectieren bezeugt des Appius Caecus
Lehrgedicht, der illtere Cato und der sententiöse Charakter der bei ihnen
populärsten Drameugattungen. Namentlich nahm ihre Lebensweisheit gern
eine fatalistische Färbung an, wie L. Paullus bei Liv. XLV, 8 und Scipio
Africanus bei Cic. off. I, 26, 90. Aber bezeichnend ist des Emiius Wort:
philosophari est mihi necesse, at paücis, nam omnino haüd placet (Reliq.
ed. Vahlen p. 145). Die im J. 573 d. St. ausgegrabenen angeblichen Bücher
des Numa, mit scripta pliilosophiae,Pythagoricae, wurden verbrannt,, quia
philosophiae scripta essent, Plin. N. H. XIII, 27. Der ältere Cato war
olag (piXoaotpia ngoa-nsHQOvTicog (Plut. Cat. mai. 23). Cicero glaubt seine
philosophische Schriftsteller ei fast in jeder seiner derartigen Schriften
rechtfertigen zu müssen und thut diess besonders aufrichtig off. II, 1, 2 ff.
Noch Tacitus lässt seinen Agricola (Agr. 4) sagen: se prima in iuventa Stu-
dium philosophiae acrius , ultra quam concessum Romano ac senatori , hau-
sisse. Was die Römer von der Philosophie verlangten war Bildung des
Charakters, Belehrung über die sittlichen Aufgaben des Menschen, über
die Güter durch deren Besitz seine Glückseligkeit bedingt ist und über die
Mittel um sie zu erlangen (Zeller a. a. 0. S. 19). So gab Varro als causa
philüsophandi an dass der Mensch dadurch bonus et beatus werde, und
Cornelius Nepos (bei Lactant. Inst. III, 15, 10) macht gegen das Betreiben
der Philosophie geltend: video magnam partem eorum qui in schola de
pudore et continentia praecipiant argutissime , eosdem in omnium libidiuum
cupiditatibus vivere. Und schon Pacuvius (bei Gell. XIII, 8, 4) sagte: ego
odi homines ignava opera et philosopha sententia. Dazu die durchschnitt-
liche Mittelmässigkeit der Griechen welchen die Römer ihre Philosophie
verdankten. „So wurden denn die Römer in der Philosophie nichts als
schlechter Lehrer schlechtere Schüler." Th. Mommsen.
3. Abwägung der verscliiedenen philosophischen Systeme hinsichtlich
ihrer Verwendbarkeit für die Beredtsamkeit bei Quintil. XII, 2, 24 f. Am
wenigsten förderlich erschien hiefür der Stoicismus , Cic. de or. III, 18, 66.
fin. IV, 28, 78 f Parad. praef. 2. Brut. 30, 114. 118 ff. Quintil. X, 1, 84
vgl. XII, 2, -25. Doch behauptet Cic. (Farn. XV, 4, 16) von sich und Cato
(Uticensis): nos philosophiam veram illam et antiquam, quae quibusdam
otii esse ac desidiae videtur, in forum atque in remp. atque in ipsam aciem
paene deduximus; vgl. Parad. praef 1: animadverti saepe Catonem . .,
cum in senatu sententiam diceret, locos graves ex philosophia tractare ab-
hörten tes ab hoc U8U forensi et publico, sed dicendo consequi tarnen ut
illa etiara populo probabilia viderentur.
Die Philosophie in der augusteischen und der Kaiserzeit. 67
4. Cic. in Vatin. 6, 14: tu qui te Pythagoreum soles dicere et homi-
nis doctissimi nomen tuis immanibus et barbaris moribus praetendere. Zu
den Philosophen kann aber darum Yatinius nicht zählen, so wenig als etwa
Caerellia wegen Cic. Att. XIII, 21, 5: mirifice Caerellia, studio videlicet
philosophiae flagraus, describit (libros meos) de tuis; istos ipsos de finibus
habet; vgl. ib. 22, 3.
41. Augustus begünstigte das Studium der Philosophie
planmässig und verfasste sogar selbst Hortationes ad philoso-
pliiam. Ausser ihm kennen wir jedoch nur T. Livius, Crispi-
nus und den älteren Öextius als philosophische Schriftsteller aus
seiner Zeit. Philosophische Bildung aber besassen und bekun-
deten fast alle bedeutenden Schriftsteller dieser Periode, wie
Vergil, Horaz, L. Varius. Der Zeitströmung entsprach am
meisten der Epikureismus, der in den ernsteren Naturen die
Stimmung wehmütiger Resignation hervorrief. Auch noch im
ersten Jahrh. n. Chr. blieben der Epikureismus und der Stoi-
cismus die einzigen in Rom vertretenen Systeme. Jetzt aber
fanden Wenige in sich die Freiheit und Selbstgewissheit des
Sinnes wie sie der Epikureismus zur Grundlage hat; die Mei-
sten wandten sich dem Stoicismus zu, die Einen indem sie, wie
Seneca, durch Weglassung der kosmologischen Grübeleien und
Härten des Systems ihn abschwächten, Andere, wie der jüngere
Sextius, durch Beimischung theistischer und pythagoreischer
Bestandtheile ihn vertiefend. Die charaktervollsten Männer,
wie Paetus Thrasea, Helvidius Priscus, und auch der junge
Persius Maccus, verschärften sogar noch die Schroffheiten der
Lehre und Praxis und brachten, da sie zugleich dem Despotis-
mus sich entgegenzustämmen suchten, das stoische Bekenntniss
zu politischer Missliebigkeit. Andere huldigten wenigstens der
Mode einen Philosophen zu halten und mit ihm zu disputieren.
So sah sich Rom mit Philosophen überschwemmt, unter denen
viele durch persönliche Verächtlichkeit die Philosophie selbst in
üblen Ruf brachten. Vespasian stellte einen öfi^entlichen Lehrer
der Philosophie an, Domitian aber verwies (J. 92) die Philoso-
phen aus der Hauptstadt. Auch noch im zweiten Jahrh. über-
wog die stoische Richtung und war in Rom zahlreich vertreten,
durch Griechen wie Römer, unter Letzteren besonders durch
Junius Rusticus; mit M. Aurel gelangte der Stoicismus sogar
auf den Thron. Andere betrieben die Popularisierung der Phi-
Jf)8ophie, indem sie ihre epideiktischen Vorträge auch auf dieses
Gebiet erstreckten, wie Apulejus. Dabei suchten Manche die
5*
68 Sachlicher ITieil.
Wirkung zu verstärken durch einen nebelhaften Mysticismus,
der sich willkürlich Piatonismus nannte, wie Taurus, Favorinus,
und auch Äpulejus. Der Neuplatonismus des dritten Jahrh.
hat in der römischen Literatur keinen namhaften Vertreter.
Der Sieg des Christenthums im vierten Jahrh. trieb diejenigen
welche ihm nicht zufielen zu Wiederauffrischung der Schätze
der alten griechischen Philosophie, die durch Reproduction und
Uebersetzung zugänglicher gemacht wurden. So durch Augustin
in seiner vorchristlichen Zeit, so besonders durch Boetius im
sechsten Jahrh. Durch solche Bemühungen wurden jene den
abendländischen Völkern überliefert, die das Mittelalter hindurch
daran zehrten.
1. L. Varus (Varius?) Epicureus, Caeaaris (August) amicus, Quintil.
VI, 3, 78. Er und Vergil hatten den Sjron zum Lehrer. Horaz verspot-
tet in seinen älteren Gedichten die Wunderhchkeiten der Stoa und bekennt
sich zur epikureischen Lehre ; in den späteren lässt er dem Ernste und Ge-
halte des Stoicismus Gerechtigkeit widerfahren. Liv. XLIII, 13, 1: nihil deos
portendere vulgo nunc credunt. Unter Caligula Jlofiwijdtoj, cvyKlriti'Kog
fttVy tag ciQXccg d^ disXrjXvd'mg exsSov ndaag, 'EnixovQfiog Ss aXlcag xai
dl' avto anQciyfiovog inizridivtrjg ßtov, Joseph. Antiq. XIX, 1, 5. Auch
auf Grabschriften der Zeit ist diese Richtimg manchfach vertreten. Die
Sextii, Vater und Sohn, schrieben in griechischer Sprache, wie auch Cor-
uutus. L. Crassicius, Lehrer des Julus Antonius, transiit ad Q. Sexti phi-
losophi sectam (Suet. gramm. 18). Das Urkundenbuch dieser für die gei-
stige Gährung der Zeit bezeichnenden Mischung von Stoicismus mit jüdisch
theistischen und pythagoreisch asketischen sowie theosophfechen Elemen-
ten ist die aus 429 Sätzen bestehende Spruchsammlung des Sextius, die in
einer lateinischen (des Rufinus) und einer syrischen Bearbeitung erhalten
ist, während von dem griechischen Originale nur grössere Bruchstücke
existieren. Vgl. M. Ott in den Rottweüer Programmen von 1861 und 1862.
2. Im ersten Jahrh. cokettierten auch Frauen mit Philosophie, s. L.
Friedländer, Sittengesch. Roms I*. S. 292 f.; und von Nero erzählt Tac. A.
XIV, 16: etiam sapientiae doctoribus tempus impertiebat post epulas utque
contraria adseverantium discordia frueretur. nee deerant qui ore voltuque
tristi inter oblectamenta regia spectari cuperent. Diese tristitia gehörte
zum Costüm der Philosophen , sogut wie der lange Bart imd schäbige Man-
tel, den sie, um mehr zu imponieren, von den Kynikern entnahmen. Nur
dass zu diesem SpirituaHsmus die servile Aufdringlichkeit und ethische
Verworfenheit so vieler Exemplare übel stimmte. Quintil. I. 0. 1. prooem.
15: voltum et tristitiam et dissentientem a ceteris habitum pessimis mori-
bus (wovon Proben bei Juv. II, 4 ff. 65) praetendebant. XII, 3, 12: alii
pigritiae arrogantioris, qui subito fronte conficta immissaque barba . . pau-
lum aliquid sederunt in scholis philosophantium , ut deinde in publico tri-
stes, domi dissoluti captarent auctoritatem contemptu ceterorum. Ueber
diesen Hochmut auch V, 11, 39: inferiora omnia praeceptis suis ac litteris (?)
credunt. Dagegen die Redner gewöhnlichen Schlages sapientiae studinm
PhiloBOphie. Mathematik und Astronomie. 69
et praecepta prudentium penitus reformidant (Tac. dial. 32). Weiter vgl.
Quintil. XI, 1, 33: phiiosophiam ex professo, ut quidam fdciunt, ostentan-
tdbas u. 8. w. ib. 35: at vir civilis vereque sapiens, qui se non otiosis dis-
putationibas, sed administrationibus reip. dediderit, a qua longissime isti
qai philosophi vocantur recesserunt. Aehnlich XII, 2, 6 f. vgl. ib. 9: haue
art«m superbo nomine et vitiis quorundam bona eins corrumpentium invi-
sam. Populäre Sticheleien: facilius inter philosophos quam inter horologia
conveniet (Sen. apocol. 2, 3), und numquam philosophum audivit als Lob
für einen Menschen. Aehnliche Polemik gegen die griechischen Philosophen
za Korn übrigens schon bei Plautus, Cure. II, 3, 9 ff. und dieselben Kla-
gen noch bei Gellius, z. B. VII (VI), 10, 6: nunc videre est philosophos
nitro currere ut doceant ad fores iuvenum divitum eosque ibi seder e atque
opperiri prope ad meridiem, donec discipuli nocturnum omne vinum edor-
miant. XEU, 8, 5: nihil fieri posse indignius neque intolerautius dicebat
(Macedo, familiaris mens) quam quod homines ignavi ac desides, operti
barba et pallio, mores et emolumenta philosophiae in linguae verborum-
que artes converterent et vitia facundissime accusarent intercutibus ipsi
vitiis madentes. Aus derselben Zeit Apulej. Flor. I, 7. p. 118 Bip.: ne . .
rudes, sordidi, imperiti pallio tenus philosophos imitarentur et disciplinam
regalem, tam ad bene dicendum quam ad bene vivendum repertam, male
dicendo (doppelsinnig) et similiter vivendo contaminarent. — C. Martha,
les moralistes sous Tempire romain . . philosophes et poetes, Paris 1865.
3. Capitol. M. Antonin. philos. 2, 7: usus est etiam Commodi ma-
gißtro, . . ApoUonio Chalcedonio stoico philosopho. 3, 2 f: audivit et
Sextum Chaeronensem Plutarchi nepotem, lunium Rusticam, Claudium
Maximum et Cinnam Catulum, stoicos. Peripateticae vero studiosum audi-
vit Claudium Severum et praecipue luniiun'Rusticum, . . stoicae discipli-
nae peritissimum. L. lunius Rusticus, philosophus stoicus, Orelli il90.
C. Tutilius Hostilianus, philosophus stoicua, domo Cortona, ib. 1191. C.
Matrimus Valentins, philosophus epicureus, ib. 1192. Gaius StalKus . . ex
Epicureio gaudivigente choro, ib. 1193. Ceionius Rufius Albinus v. c. Con-
söl (J. 335 n. Chr.), philosophus etc. ib. 3111.
42. Den hohen praktischen Werth der Mathematik und
der Astronomie wussten die Römer nicht zu würdigen, sondern
betrachteten sie als müssige Speculation. Einzelne Liebhaber
ausgenommen, wie Sex. Pompejus und Sulpicius Gallus (Cos.
588), beschränkten sie sich auf das unmittelbar im Leben An-
wendbare, auf das niedere Rechnen und das Messen, letzteres
für den Bedarf des LagerscHagens und des Vertheilens von
Ackerlosen zur Feldmesskunst (unten 48) erweiternd. Sonst
aber bestand die Mathematik der Römer in verflachter Wieder-
gabe griechischer Fachwerke, insbesondere des Nikomachus.
Mit Astronomie beschäftigte sich Sulpicius Gallus aus Lieb-
haberei, Varro aus Polyhistorie, Nigidius Figulus aus Mysticis-
mus; vollends in der Kaiserzeit herrschte die Astrologie. Unter
70 Sachlicher Theil.
Tiberius machte sie Manilius zum Gegenstande eines Lehrge-
dichts. Ans dem dritten christlichen Jahrhundert ist von Be-
deutung des Censorinus Abhandlung de die natali , aus dem
vierten besitzen wir von Julius Firmicus Maternus acht Büclier
matheseos, aus dem sechsten des Boetius zwei Bücher de in-
stitutione arithmetica.
t. Das rechte Verständniss von der Bedeutung der mathematischen
Wisbenschaften war auch im griechischen Alterthum wenig verbreitet; s.
TeufFel zu Aristoph. Wolken 201. So reclmet noch Plutarch, an seni 16,
die ysoDiiitgai und aQL&fjLTjTLyiol zu den pv ngantmag aXla d'scüQrjTiyLag
tixvag txovtsg. Die Vorstellung der Römer erhellt schon aus der Bedeu-
tung von mathematici =^ astrologi. Die Vemachlässigimg der Astronomie
rächte sich in der Zeit der Republik durch permanente Kalenderverwirrung.
Im Allgemeinen Cic. Tusc. I, 2, 5: nihil (apud Graecos) mathematicis illu-
strius; at nos metiendi ratiocinandique utilitate huius artis terminavimus
modum. Das Rechnen nahm auch im Schulunterricht eine Stelle ein; s.
Hör. S. I, 6, 72 ff. Ep. I, 1, 56. II, 3, 325 f. Vgl. im Allgemeinen M.
Cantor, mathematische .Beiträge zum Culturleben (1863) S. 168— 23ü.
2. Für die Geschichte der Geometrie bei den Römern ist erheblich
die Vorrede des Baibus an seinen Lehrer und Freund Celsus, GromsÄci
lat. I. p. 90 ff. Lachm. (ums J. 100 n. Chr.). Hienach waren wichtige Punkte
der Lehre vom Dreieck damals bekannt. F. Hultach, Philologus XXII. S. 62.
43. Auch für die sie umgebende Natiu* hatten die Römer
kein reines Interesse und nahmen sich weder die Zeit noch hat-
ten sie den Mut sie unbefangen zu beobachten. Daher sind sie
in den Naturwissenschaften immer zurück und von den
Griechen abhängig geblieben. Insbesondere die von Aristoteles
und Theophrast zu so hoher Ausbildung gebrachte (Zoologie
und) Botanik kam nach Rom spät, und erhielt dürftigen Anbau,
hauptsächlich im Zusammenhange mit der Landwirtschaft, we-
niger mit der Heilkunde, da die römischen Aerzte die Heil-
mittellehre noch mehr als Anderes vernachlässigten. In der
augusteischen Zeit übersetzten Valgius Rufus und Aemilius Macer
. alexandrinische Lehrgedichte botanischen und zoologischen In-
halts. In den encyclopädischen Werken des Celsus und des altern
Plinius waren auch die Naturwissenschaften vertreten, imd die
erste Kaiserzeit hatte für dieselben eine dilettantische Hin-
neigung, indem sie an die Naturerscheinimgen moralisierende Be-
trachtungen zu knüpfen liebte. Davon zeugen auch Seneca's
Quaestiones naturales. Die späteren Jahrhunderte begnügten
sich mit Wiedergabe der griechischen Schriften.
1. Plin. N. H. XXV, 2 f.: minus hoc (Botanik, Pharmakognosie, Toxi-
kologie u. dgl.) quam par erat nostri celebravere. . . primusque et diu so-
Die Naturwisöenschaften. Land- und Hauss- Wirtschaft. 71
luß idem ille M. Cato . . paucis diimtaxat attigit. . . Post eum unus illu-
atrium tentavit C. Valgius . . imperfecto volumine ad Div. Augustum. . .
Antea condiderat 8olu8 apud nos . . Pompeius Lenaeue, Magni libertus.
. . Pompeius . . transferre ea (des Mithridates Recepte für Gifte und
Gegengifte) serraone nostro libertum suum Lenaeum, grammaticae artis,
iüseit. Von Cornelius Valerianus citiert Plinius wiederholt (N. H. X, 2. XIV,
" 3 vgl. Ind. auct. VIII) zoologische und botanische Angaben (vgl. auch III,
17), welche aber den Charakter des Anekdotenhaften haben.
2. R. Albani, de historia naturali apud veteres, Dresden 1854. 40 pp. 8.
Ernst H. F. Meyer, Geschichte der Botanik I (Königsberg 1854) bes. S. 334 ff.
II (1855) S. 1 ff.
44. Für die Landwirtschaft hatten die Römer ganz
besonderes Interesse und suchten sich neben den eigenen Er-
fahrungen auch die fremder Volker nutzbar zu machen. So
Hess der Senat das landwirtschaftliche Werk des Karthagers
Mago iüs Lateinische tibersetzen, und das Einzige was wir von
dem altern Cato besitzen ist seine Schrift de re rustica. An
Mamilius Sura, an Saserna (Vater und Sohn), sowie Tremellius
Scrofa hatte das siebente Jahrhundert d. St. weitere landwirt-
schaftliche Schriftsteller, und auch vom Polyhistor Varro haben
wir noch eine Schrift dieses Inhalts. Vergils Georgica sind eine
Verherrlichung dieser Seite menschlicher Thätigkeit. In der
nämlichen Zeit widmete Sabinus Tiro dem Maecenas sein Werk
über Gartenbau. Denselben Gegenstand behandelte im dritten
Jahrhundert Gargilius Martialis. Aus dem Anfange der Kaiser-
zeit haben wir das Werk des Columella, aus dem vierten christ-
hchen Jahrhundert das des PaUadius. Kurz vor Columella hat- *
t^n Cornelius Celsus, Julius Atticus und Julius Graecinus ihre
landwirtschaftlichen Werke verfasst. Das der Brüder Quintilii
gegen Ende des zweiten Jahrhunderts wp-r wohl griechisch ge-
schrieben. Das den Namen des Apicius tragende Kochbuch ist
um die Mitte des dritten christlichen Jahrhunderts nach grie-
chischen Quellen gearbeitet.
1. Colum. 1, 1, 12—14: ut agricolationem romana tandem civitate do-
Deniua . . iam nunc M. Catoiiein Censorium illmn moinoremus, qui eam
latine loqui primus inatituit; post buuc duos Sasemas, patrem et filium,
qui eam diligeutius erudierunt; ac deinde Scrofam Tremellium, qui etiam
eloquentem reddidit, et M. Terentium, qui expolivit; mox Vergilium, qui
carmine quoque potentem fecit. nee i^ostremo quasi paedagogi eius memi-
m»8e dedignemur, lulii Hygini, veruutamen ut Cartbaginiensem Magonem
rusticationis parentem maxirae veneremur. nam huius XXVllI memorabilia
illa Volumina ex SCto in latinum sermonem conversa sunt. Non minorem
, tarnen laudem meruerunt nobtrorum temporum viri, Cornelius CelsuH et
laliu» Atticus . . . cuius velut discipulus duo volumina similium praecepto-
72 Sachlicher Theil.
rum de vineis lulius Qraecinus composita facetius et eruditiuä posteritati
tradenda curavit. Varro R. R. 1, 1, 10: hos (graecos scriptores de agri-
(ultiira) nobilitate Mago Karthaginiensis praeteriit punica lingua, quod res
dibpersas coraprehendit libris XXVIII , quos Cassiim Dionysius Uticensig
vertit libris XX ac graeca lingua Sextüio praetori misit. . . Hosce ipsos
utiliter ad VI libros redegit Diophanes in Bithynia et misit Deiotaro regi.
Vgl. ib. 17, 3. 38, 1. II, 1, 27. III, -2, 13. Cic. de or. I, 58, 249. Plin.
N. H. XVIII, 5: Poenus Mago, cui . . tautum honorem Senatus noster
habuit Carthagine capta ut, cum regiüis Africae bibliothecas donaret,
imius eins XXVIIT Volumina censeret in latinam linguam tranaferenda, cum
iam M. Cato praecepta condidisset, peritisque linguae puuicae dandum ne-
gotium, in quo praecessit omnes vir clarissimae familiae D. Silanus. Vgl. ib.
XVII, 11. 16. 19. 30. XVm, 7. 23. XXI, 68. Auch XIX, 57: Sabinus Tiro
in libro Cepuricon (KrjnovQi'nmv) quem Maecenati dicavit. Ib. XVIII, 42
Sura Mamilius, wie auch im Quellenverzeichniss zu Buch VIII, X, XVII,
XVIII, XIX, vielleicht auch zu XL lieber Sasema s. Varro R. R. I, 16, 5.
Colum. I, 1, 6 (Saserna . . eo libro quem de agricultura scriptum reliquit).
Varr. R. R. II, 1, 11: Scrofa noster, cui haec aetas defert rermn rustica-
rum omuium palmam.
2. Scriptores rei rusticae veteres latini, curante I. M. Gesnero, Lips.
1735. 2 Voll. 4. Ed. secunda (besorgt von I. A. Ernesti), Lips. 1773 f. 4.
In der Zweibrücker Sammlimg (Bip. 1787) 3 Bde, wozu 1788 als vierter ein
Lexicon rusticum. Dieselben illustravit I. G. Schneider, Lips. 1793—96.
4 tomi in 9 partes.
45, Die Heilkunde war in Rom mehr als fünf Jahrhun-
derte imbekannt. Die einfache Lebensweise und Abhärtung
Hess selten ein Bedürfniss davon aufkommen; und geschah es,
so gab es Hausmittel imd Beschwörungsformeln für Mensch und
Vieh. So sah es noch der ältere Cato an und eiferte gegen
die griechischen Aerzte, die immer zahlreicher nach Rom kamen
und in deren Händen auch die ärztliche Praxis wie Wissen-
schaft fast ausschliesslich blieb, bis die arabische Medicin der
griechischen an die Seite trat. Nur wenige Schriften in latei-
nischer Sprache begegnen uns. Unter Tiberius schrieb Celsus
seine Encyclopädie, von der wir die auf die Medicin bezüglichen
Bücher noch haben. Sie sind nach griechischen Mustern gear-
beitet, mit gesundem Urteil und in gebildeter Sprache. Auch
der ältere Plinius bietet Vieles für die Geschichte der Medicin.
Bedeutender ist im zweiten Jahrhundert n. Chr. der Methodiker
Caelius AureUanus aus Afrika, der in barbarischer Sprache,
aber anschaulich die Krankheitsformen zeichnete. Die Em-
piriker Scribonius Largus im ersten Jahrh. n. Chr. und Serenus
Samonicus (zu Anfang des dritten Jahrh.) verfassten Arzneimittel-
lehren, jener in trockenem Tone die zusammengesetzten Arz-
Die Heilkunde. Die KriegswiBsenschaft. 73
neien behandelnd, dieser in gebjandener Form ein Volks- und
Haus-Arzneibuch liefernd, wie im vierten Jahrh. Vindicianus.
Ausserdem bietet das vierte und fünfte Jahrh. n. Chr. eine An-
zahl geistloser Empiriker, die in roher Sprache viel Aberglauben
vortrugen, wie Theodorus Priscianus, Sex. Placitus, Marcellus
(Empiricus) und die unter dem Namen des Apulejus (Barbarus),
Antonius Musa und Plinius (Valerianus) schreibenden Fälscher.
Gleichfalls aus dem vierten und fünften Jahrh. haben wir thier-
arztliche Schriften von Pelagonius und P. Vegetius.
1. Plin. N. H. XXIX, 5: millia gentium sine medici» degunt, nee tarnen
ßine medicina , sicut populus rem. ultra sexcentesinium annum , nee ipse in
accipieudis artibus lentus, medicinae vero etiam avidus. 6: Cassius Hemina
. . . auctor est primum e 'medicis venisse Romam Peloponneso Archaga-
thum (J. 535 d. St.). ib. 7 Gates Warnung vor den griechischen Aerzten :
iuranmt inter se barbaros necare omnes medicina (vgl. Plut. Cato mai. 23).
ib. 8; profitetur (Cato) esse commentarium sibi quo medeatur filio, servis,
familiaribus. . . Solam hanc artium graecarum nondum exercet romana
gravikas in tanto fructu; paucissimi Quiritium attigere, et ipsi statim ad
Oraecos transfugae; immo vero auctoritas aliter quam graece eam traetanti-
l>as, etiam apud imperitos expertesque linguae, non est. Aucb die Augen-
ärzte deren Namen wir aus ihren Stempeln noch kennen sind, nach ihren
cognomina zu schliessen, meist griechischen Ursprungs und, wegen der Häu-
figkeit der Namen Julius und Claudius, meist aus dem ersten und der ersten
Hälfte des zweiten christl. Jahrh.; C. L. Grotefend, die Stempel der grie-
chischen Augenärzte gesammelt und erklärt, Hanover 1867. Je zahlreicher
aber unter den griechischen Aerzten die Schwindler und Charlatans waren
(einer der klügsten am Ende der Kepublik Asklepiades aus Prusa), desto
weniger gelangte der Stand zu Achtung; vgl. z.B. bei Vopisc. Firm. 7, 4
tue Zaeammenstellung: sunt Aegjptii . . mathematici, haruspices, medici.
2. Kurt Sprengel, pragmat. Geschichte der Arzneikunde, I (Halle 1792);
4. AuJl. bes. von J. Rosenbaum, Leipzig 1846, I. S. 199 — 225. Hecker,
Gesch. der Heilkunde II. E. Isensee, Gesch. der Medicin I (Berlin 1840).
5. 103— 180. L. Choulant, Handbuch der Bücherkunde der älteren Medicin,
zweite Aufl., Leipzig 1841, bes. S. 161 ö'.
46. Kriegswissenschaft und Kriegsgeschichte wurde
erst in der Kaiserzeit literarisch behandelt, und wir haben aus
dieser die Schrift des Hyginus über das Lagerschlagen (vgl.
unten 48), des Sex. Julius Frontinus (unter Domitian) Strate-
gematica, wovon aber das letzte (vierte) Buch aus dem vierten
bis fünften Jahrh. stammt, sowie das Werk des Vegetius (im
vierten Jahrh.), Epitome institutionum rei militaris.
1. Aus der Zeit der Republik ist nur etwa zu erwähnen des älteren
Afiicanus Begründung seines strategischen Verfahrens , welche er in einem
an König Philipp gerichteten Schreiben (in griechischer Sprache) gab; s.
Polyb. X,9,3: dia tijg iniatoliig t^g ngog ^lUnnov avtov zov IlonXCoy
74 Sachlicher Theil.
accqxog inttd'siyiotog ort tovtotg totg ijiXoyiaitoig %qriociiLivog . . naO'oXov
XB zotg iv ^IßyjQia ngäy^ccaLV inißdXono ,xal Tiazä fii^og x^ t^g KaQxrido-
vog noXiOQuia.
4:7, Auf dem Gebiete der Architektur ist uns nur das
Werk des M. Vitruvius PoUio de architectura (in zehn Büchern)
aus der Zeit des Augustus erhalten.
48. Durch die Militärcolonien und die Reichsvermessung
unter August wurde die Bedeutung der Feldmesskunst so
gesteigert dass in der Kaiserzeit eigene Schulen dafür entstan-
den, sowie eine eigene halb mathematische, halb juristische
Literatur, welche vom ersten christlichen Jahrh. an bis ins
sechste herabreicht. Der älteste dieser schriftstellernden Feld-
messer (gromatici, agrimensores) ist IVontinus (vgl. 46), dessen
Werk in der christlichen Zeit von Aggenus ürbicus commen-
tiert wurde. Unter Trajan schrieb Baibus seine expositio, sowie
der ältere Hyginus, bald darauf auch Siculus Flaccus. In ßpäte
Zeiten aber fallen M. Junius Nipsus, Innocentius u. A. mit
einer theilweise barbarischen Latinität. Unter den hieher ge-
hörigen Schriften des Boetius ist viel Unechtes. Von minderem
ist der Name des Verfassers nicht bekannt.
1. Sammlungen: von A. Turnebus (de agrorum coudicionibus libri,
Paris 1654. 4.), N. Rigaltius (Auetores finium regundorum, Paris 1614. 4.),
G. Goesius (Rei agrariae auctores legesque, Amsterd. 1674. 4.), besonders
aber: Gromatici veteres ex recensione C. Lachmauni, Berlin 1848. = die
Schriften der römischen Feldmesser herausgegeben und erläutert von
Blume, Lachmann und RudorfF, Bd. T, wozu Bd. IL (1862) die Erläute-
rungen der Genaimten und Th. Mommsen's , bes. S. 320 tf. die gromati-
Bchen Institutionen von Rudorff.
2. Paul. Diac. p. 96 M. : groraa appellatur genus machinolae cuiusdam
quo regiones agri cuiusdam cognosci posaunt, quod genus Graeci yvtoitova
dicunt. Also ein Visierinstrument. Vgl. im Allgemeinen Zeiss, Ztschr. f.
Alt. Wiss. 1840, Nr. 106 — 108 und den Art. Agrimensores von W. Rein und
E. Wölfflin in Paul/s R. E. I, 1. S. 694—596. Ueber die volksthümlichen
Bestandtheile in der Sprache der Gromatiker s. A. F. Pott, Ztschr. f. Alt.
W. 1854, S. 219 tf.
49. Gleichfalls erst der Kaiserzeit gehören die Schriftsteller
über Masse und Gewichte an.
1. Metrologicorum scriptorum reüquiae. Collegit, recensuit, partim
nunc primum edidit Fr. Hultsch. Vol. IT, quo scriptores romani et indices
coiitinentur. Lipsiae 1866. Inhalt: praefatio (kritische Hülfsmittel und
Zeichenerklärung) p. 1— XXXI ; prolegomena in scriptores romanos (literar-
hißtorisch) p. 1—45. Auszüge aus Varro L. L. p. 49—53; aus Columella
p. 53—56; aus Frontin. de limit., p. 56—59; aus Hygin. de cond., p. 59 —
Architektur. Feldiiiesakunst. Metrologie. Geographie. 75
61. Volusius Maecianus p. 61 — 76. Auszüge aus Festuß, p. 75—82; aus
Priscian p. 82 — 86; aus Victorius p. 87 f. Das Carmen de ponderibus
p. 88—08; das de librae . . partibus p. 99 f.. Epiphanius p. 100—106. Aus-
züge aus Isidor, p. 106—123. u. p. 135— 142. Varia fragmenta p. 123—136.
Calvi versio Ubularum Alexandrinarum p. 142—146.
50. Die Geographie wurde unter den Römern zuerst von
dem Polyhistor Varro (de ora maritima; de aestuariis) eigens
abgehandelt, sonst aber meist nur als Anhang oder Beigabe zur
Geschichtschreibung und blieb in Stoff und Behandlung von den
Griechen abhängig, so weit ihr nicht Autopsie zu Gute kam,
wie in Catos Origines, wie bei Caesar und Sallust. Einzelne
beschrieben auch ihre Reisen und was sie darauf gesehen, wie
Statins Sebosus. Indessen erst die von Caesar beabsichtigte,
von August durch Agrippa ausgeführte Vermessung und Be-
schreibimg des ganzen römischen Reiches, unter Entwerfung
von Karten und geographischen Abhandlungen, schuf eine um-
fassende und zuverlässige Grundlage. Bald folgt denn die
fleissige und in ihrer Art kritische Arbeit des Pomponius Mela,
darauf des altern Plinius Abriss der Erdbeschreibung in B. III
bis VI seiner N. H. Seneca's Quaest. nat. enthalten eine Art
mathematischer und physischer Geographie, und zur Kenntniss
von Germanien und Britannien liefern die Germania des Tacitus
und sein Agricola Beiträge. Die ganze Erdbeschreibung aber
unternimmt kein Römer mehr. Des Plinius Arbeit wurde um
die Zeit Hadrians in einen Auszug gebracht und mit Angaben
aus andern Quellen vermehrt, wornach dann im dritten Jahrh.
Solinus seinen eigenen Auszug machte. Gleichfalls im dritten
Jahrh. schrieb der ältere lulius Titianus seine descriptio pro-
vincianim imperii romani. Aus dem vierten Jahrh. sind die
geographischen Lehrgedichte des Avienus (orbis terrae und ora
maritima) und die Mosella des Ausonius ; auch des Ammianus Mar-
cellinus Geschichtswerk enthält viel Geographisches. Zu Anfang
des fünften Jahrh. verfasste Rutilius Namatianus sein Itinera-
rium (de reditu suo) im elegischen Masse; um dieselbe Zeit
(oder noch zu Ende des vierten Jahrh.) Vibius Sequester sein
Schulbuch über die bei den gelesensten Dichtem vorkommenden
geographischen Namen. Von den beiden unter dem Namen
des Aethicus (ij^txog) Ister laufenden Kosmographien ist die
eine ein Auszug aus der Kosmographie des Julius (Houorius)
Orator und bloses Verzeichniss, die andere eine zusammen-
hängende Beschreibung; eine dritte ist ein Werk des Mittel-
«. ».
76 Sachlicher Theil.
alters. Aus dem neunten Jahrh. ist der sogenannte Geographus
Kavennas. Verzeichnisse der Strassenzüge, Stationen und Ent-
fernungen geben die Itineraria , deren wir aus dem vierten Jahrh.
drei haben, das It. Antonini, das Hierosolymitanum (von Bur-
digala nach Jerusalem) und das It. Alexandri. Das Original
der Peutinger'schen Landkarte aber (Tabula Peutingeriana) ge-
hörte wohl schon der Mitte des dritten christlichen Jahrh. an.
In dem engem Kreise der Hauptstadt bewegt sich des Frontinus
Schrift de aquis urbis Romae (aus dem Ende des ersten Jahrh.),
sowie das Regionenverzeichniss der Stadt Rom aus dem vierten
Jahrh., welches in einer doppelten Redaction (wahrscheinlich
aus 334 und etwa 360 n. Chr.) erhalten ist und aus dessen
mittelalterlichen Interpolationen die beiden trügerischen Schrift-
steller P. Victor und Sex. Rufus entstanden sind.
1. ükert, Geographie der Griechen und Römer, bes. 1,1. Gotha 1816.
Lelewel, Geschichte der Erdkunde, in dessen kleineren Schrr. geogr.-hist.
Inhalts (übers, von Neu, Leipzig 1836). A. Forbiger, Handbuch der alten
Geographie, Leipzig 1842. und andere Lehrbücher dieser Art.
2. Die tabula Peutingeriana, benannt nach dem Augsburger Kaths-
herm Konrad Peutinger an den sie durch ihren Entdecker (in Worms,
J. 1507) Konr. Celtes kam, ist eine im J. 12G5 zu Colmar gemalte und
jetzt (aus der Bibliothek des Prinzen Eugen) in der Wiener Hofbibliothek
befindliche Copie eines alten Originals, auf zwölf breiten Pergamentstrei-
fen. Es ist eine Reisekarte, welche die ganze den Römern bekannte Welt
umfasst (im Westen fehlt ein Stück), von Nord nach Süd stark zusammen-
gepresst, desto gedehnter von Ost nach West. Verhältniss der Breite zur
Höhe 21 V4 : 1. VeröflPentlichung durch C. F. von Scheyb, Wien 175a fol.;
dann von Mannert, Lips. 1824. fol., auch in Katancsichs Orbis antiquus e
tab. Peut. (Buda 1824 f 4.) und im Recueil d'Itin^raires anciens von Fortia
d'Urban, Paris 1846. 4. Abhandlungen: Ueber den Strassenzug der P. T.
von Vindonissa nach Sumlocenis* und von da nach Regino, von A. Pauly,
Stuttgart 1836. 4. Mit 1 Karte. Ueber die P. T. imd die zwischen Rhein
und Donaumündung auf ihr verzeichneten Grenzvölker s. E. v. Wieters-
heim, Gesch. der Völkerwanderung, Bd. II, Excurs c. Ueber den Gallien
betreffenden Theil der Tafel s. A. Maury in Revue arch. 1864. I. p. 60—63.
E. Paulus, Erklärung der P. T. mit besonderer Anwendung derselben auf
die Römerstrassen von Windisch (Vindonissa) nach Regensburg (Regiuum)
und von Pfin (ad fines) nach Augsburg (Aug. Vind.), Stuttgart 1867. Mit
1 Tafel.
3. Für die Statistik des späteren römischen Reiches ist von Wichtig-
keit das byzantinische Staatahandbuch (Verzeichniss der Hof-, Civil- und
Mihtär-Aemter) , Notitia dignitatum et administrationum onmium , tam civi-
lium quam militarium, in partibus oricntis et occidentis, eine offizielle Ar-
beit, verfasst am Ende des vierten Jahrh. Hanptausgabe von E. Böcking
(Bonn 1839—1850, wozu 1853 ein Index). Der Text (nebst Bildern) besteht
aus 1 16 pp. ; das Uebrige fällt auf die Adnotatio.
B. Besonderer und personlicher Theil.
I.
Yorgeschichte der römischen Literatur
bis zum J. 514 d. St.
51. Was in der ältesten Zeit von Geschriebenem über den
Charakter von Registern hinausgieng hatte ohne Zweifel alles
eine gewisse rhythmische Haltimg und war in so fern ein carmen.
1. Alter der Schrift in Rom: in Latium litteras attulerunt Pelasgi,
Plin. N. H. VII, 57, 193. Erst seit der Tarquinierherrschaft aus Chmiä
erhalten? Schwegler I. S. 36. Dagegen für das hohe Alter der Schreibe-
kunst in Rom (mit Recht) Mommsen R. G. I*. S. 199 f
2. Carmen z. B. Liv. I, 24. 26 (lex horrendi carminis). 32. IIl, 64
(rogatioms carmen). X, 38 (Schwurformel). 41. Cic. de legg. II, 23, ö9
(XII tabb.). de or. I, 57 extr. Ritschi, Sat. poes. I. p. 4 f. H. Düntzer, das
Wort Carmen als Spruch, Formel, Lehre, in Mützells Ztschr. f. Gymn. 1857.
S. 1—33 und dagegen 0. Ribbeck in Jahn's Jahrbb. LXXVlt. S. 201—213.
3. C. Zell, Ferienschriften IL S. 99 ff. W. Corssen, Origines poesis
romauae, Berlin 1846. W. Th. Streuber, über die älteste Poesie der Römer,
Verfaandl. der Basler Philol. Vers. 1847. R. Westphal, über die älteste
Form der röm. Poesie, Tübingen 1852.
52. Jener Rhythmus wird durch den Namen saturnischer,
d. h. altitalischer, Vers bezeichnet. In diesem tritt für das Ohr
am stärksten hervor das Zerfallen in zwei Hälften von verschie-
denem GrundrhythmuS; die erste Hälfte gewöhnlich ansteigend,
die zweite in der Regel fallend. Das Massgebende scheinen die
(vier) Hebungen zu sein, während die Senkung unterdrückt wer-
den kann und der Hiatus noch nicht bekannt ist. Hebung wie
Senkung kann zweisilbig sein. Die lockere Fügung wird ge-
kräftigt durch das Band der Alliteration. Eine andere Auffas-
gang legt unmittelbar den Massstab griechischer Metrik an und
stellt als Grundschema des Saturnius auf:
Dabiint malum Metelli Naevio poetae. — Der Saturnius lebte,
78 Die fünf ersten Jahrli. d. St.
noch lange nachdem die Einführung der griechischen Verskunst
(mit den Massen der scenischen Dichter und dann den dakty-
lischen des Ennius) ihn aus" der Literatur verdrängt hatte, in
der Nation fort und scheint zu Rom noch am friüiesten ausser
Gebrauch gekommen zu sein.
1. Mar. Vict. III, 1. p. 2586 R: versus cui prisca apud Latinos aetas
tanqnam Italo et indigenae Satumio sive Faunio nomen dedit. Andere Ab-
leitung (von satura) bei Mommsen R. G. I*. S. 206 Anm.
2. Serv. Verg. Ge. II, 385: ad rhythmum solum compositus. Vgl. W.
Teutfel in Jalin's Jahrbb. LXXVII. S. 281. Ansicht von Niebuhr, K. F.
Hermann (Culturgesch. II. S. 57), R. Westphal (Dissertation von 1852; etwas
modificiert Allg. Metrik, 1865, S. 251-256) u. A. — Die Form der späteren
Volkslieder v^äre dann nur eine Wiederauffrischung der ursprünglichen,
durch die Kunstpoesie eine Zeit lang zurückgedrängten. Ueberhaupt reiht
sich bei dieser Auffassung der Saturnius als gleichartiges Glied in die Ge-
schichte der Volkspoesie ein. Vgl. Westphal, a. a. 0. S. 254— 256 K. Bartsch,
der saturnische Vers und die altdeutsche Langzeile. Beitrag zur verglei-
chenden Metrik. Leipzig (Teubner)M867. 62 S. 8.
3. Hellenisierende Auffassung: Atil. Fortunat. p. 2680 P.: habet prima
parte iambicum dimetron catalecticon, in secunda trochaicon brachycata,-
lectou, quod ithyphallicum dicimus (Pfau: zwei trochäisclie Tripodien, die
erste mit Anakrusis); doch mit dem Gestilndniss so zahlreicher Abwei-
chungen ut vix invenerim apud Naevium quos pro exemplo ponerem.
Auf dieser Seite bes. G. Hermann (Metr. §. 525) , K. 0. Müller (alle Sen-
kungen ausser der letzten können unterdrückt werden; vgl. Corssen p. 193 ff.
und W. Hertzberg, Hall. A. Lit. Z. 1847. April. S. 765 f.), F. Ritschi (nega-
tive Grundsätze: ut nee omitfcitur unqüam vel prioris hemistichii anacrusis
vel alterutrius thesis finalis, nee unquam alteri hemistichio anacrusis ad-
datur , nee säepius quam in singulis hemistichüs semel reliquae theses sup-
primantur, nee quicquam offeusionis vel arsium solutio vel neglectio cae-
surae vel vocaHura hiatus habeat; de tit. Mumm. p. IL), vgl. 0. Ribbeck
in Jahns Jahrbb. LXXVII. S. 199 tf. und dagegen Cprssen, Aussprache IL
S. 418 ff. Beschränkungen und Berichtigungen der RitschPschen Theorie
8. auch bei F. Bücheier in Jahns Jahrbb. LXXXVII. S. 330—342 und bes.
A. Spengel, Philologus XXIII. S. 81 — 113, welcher Letztere die fünf
„Gesetze" aufstellt: 1) Der sat. Vers ist ein asynartetischer. 2) In keinem
Verse kaim mehr als Eine Thesis unterdrückt werden, und zwar nur die
vorletzte, gewöhnlich des zweiten Hemistichs. 3) Die Cäsur kann nie ver-
nachlässigt werden, sondern tritt entweder nach der vierten Thesis ein
oder nach der dritten Arsis. 4) Hiatus wird häufig zugelassen. 5) Die
Arsen können aufgelöst, die Thesen durch Pyrrhichien und häufiger noch
durch Längen ersetzt werden. Unerlaubt ist der Pyrrhichius nur in der
letzten Thesis , sowie bedingt in der vierten. Auch R. Westphal , allg.
Metrik, bes. S. 252 f In der Mitte steht die Ansicht von Mommsen R. G.
I. S. 206 f
4. Flavii Sosipatri Charisii de versu Saturnio commentariolus, ex cod.
Neap. mmc primum ed. a F. G. Schneidewin. Gott. 1841. 4. Vgl. H.Keil,
Der Saturnius. Carmen Saliare. 79
Philologns III. S. 90 ff. Stellensammlung von J. A. Pfau , de numero sa-
tumio Spec. I (Quedlinburger Progr. 1846. 4) und de n. s. commentatio
(Quedlinb. 1864. §.) p. 7—49.
5. H. Düntzer und L. LerBch, de versu quem vocant Saturnio, Bonn
1838. 8. (Hauptsache die Silbenzählung!) C. H. Weise, der sat. Vera im
Plautuß (!), Quedlinb. 1839.
6. Die Erkenntniss dass auszugehen sei von den monumentalen Sa-
turniern ist der bleibende Gewinn von Eitschls Forschungen. Die Satur-
nier des Andronikus und Nävius kommen erst in z^^eiter Reihe in Betracht.
Aber wenig Wahrscheinlichkeit hat es dass die einzige metrieche Form
deren sich ein literarisch noch nicht cultiviertes Volk bediente in eine Viel-
heit künstlicher und schwieriger, mit dem blosen Gehör nicht zu fassen-
der Bestimmungen eingeschnürt gewesen sei.
7. Anwendung in Volksliedern und Inschriften; Bücheier in Jahns
Jahrbb. LXXVn. S. 61. vgl. W. Teutfel, Ebend. S. 281 f. W. Fröhner,
Phüologus XIII. S. 208.
8. Festus, s. V. navali Corona. Atil. Fort. p. 2680. Livius XL, 62
(J. 575 d. St.). XLI, -28 (J. 580). Titulus Mummianus (c. 615 d. St.) s.
Kitschl's Monogr., Berlin 1852. 4. Schol. Bob. zu Cic. p. Arch. p. 359 Or.
J 620). Vgl. unten 104, 1. 126, 1.
9. W. Th. Streuber, de inscriptionibus quae ad numerum Sat. refe-
mntiir, Zürich 1845. Inschrift von Sora (Mommsen I. R. N. 4495), s. W.
Henzen, Rhein. Mus. N. F. V. S. 70 ff. Diar, inst. Arch. 1845. p. 71 W.
ßitschl, Mouumenta epigraph. tria, p. 14ff. ; Saturniae poeseos reliquiae,
Bonn 1854. 4.; Rhein. Mus. VIII. S. 288.
53. Ilirem Inhalt nach sind die Denkraiiler und Anfzeicli-
uungen der ältesten Zeit vorzugsweise praktischi^r Art, theils
rein gottesdienstlieh, theils politisch-liistorisch , und sie liaben
theils einen öffentlichen theils einen privaten Charakter. Vom
vierten Jahrh. d. St. an gewinnt auch das Recht Bedeutung
für die Literatur.
a) Gottesdienstliches.
54. An dem uralten Frilhlingsfeste der Salier im März
wurden beim Festzuge auf dem Palatium von jener Priester-
schaft alte, schon der ciceronischen Ze\i unverständliche und
daher in ihr commentierte Cultuslieder (axamenta), besonders zu
Ehren des Lichtgottes Mars, abgesungen, deren treue Fortpflan-
zung auf frühzeitige Aufzeichnimg schliessen lässt.
1. Zurückfiihrung auf Numa, Varr. L. L. VII, 3. Cic. de or. III, öl*,
197. Hör. Ep. II, 1, 85. Liv. I, 20. Quintil. I, 10, 20. Ter. Scaur. p. 2261.
Diomed. p. 473 P. Im Unterschied von diesen Salii Palatini waren die Col-
iim(oder Agonenses) jüngeren Ursprungs, s. Scheitfeie in Pauly's B. E. VI,
1. S. 690 f.
2. ünverständlichkeit, Hör. 1. 1. Quintil. 1,6, 40. Daher Commentar
80 Die fflnf ersten Jahrh. d. St.
von L. Aelius Stilo (Varro L. L. VII, 2. Fest. p. 141. 146. 210. 329) und
von Sabidius (V Schol. Mai's zu Aen. X, 241). Vorliebe späterer Alterthüm-
1er, Capitolin. M. Ant. 4. Syramach. Ep. III, 44.
3. Ueberreste davon vielfach zusammengestellt und commentiert, z. B.
Egger, Lat. serm. vet. rell. p. 72 f. Bergk de carm. Sal. Marburg 1847. 4.
Corssen, origg. poes. rom. p. 43. 55—85.
4. Qaintil. I, 10, 20: versus quoque Saliorum habent Carmen.
5. Ueber den ganzen Saliercult s. Scheiffele in Pauly*s Real-Enc. VT,
I. S. 688—694. Ueber Mars als Sonnengott s. Bergk, Ztschr. f. Alt. Wiss.
1856, S. 143 f. vgl Corssen 1. 1. p. 28—36 u. in Aufrecht u. Kuhn's Ztschr.
II. S. 1-35. Schwegler I. S. 228 ff. (Gott des Wachsthums).
6. In der Zeit des Verfalls der alten Religion wurden auch preisende
Erwähnungen von Fürsten in das Salierlied aufgenommen, wie des August
(Dio LI, 20. Mon. Anc. II, 19), Germanicus (Tac. A. II, 83. vgl. Henzen
5382), Verus (Jul. Cap. M. Ant. 21).
55. Die arvalische Brüderschaft, welche im Mai,
kurz vor der Ernte, einen feierlichen Flurumgang hielt, hatte
gleichfalls ihre feststehenden uralten Ritual-Lieder, von welchen
eines, sammt dem Protokoll einer Zusammenkimft dieses Colle-
giums aus der Zeit des Heliogabalus , durch einen glücklichen
Zufall, auf uns gekommen ist. Es wurde mit lehhafter orchesti-
scher Bewegung (tripudium) und im Wechselgesang vorgetragen.
J. Ueber die fratres arvales bes. W. Hertzberg, de ambarvalibus et
amburbialibus , in Jahn's Archiv V. S. 414 ff. E. Hotfraann, d. Arvalbrü-
der, Breslau 1858. 4. (auch in den Verhh. der Bresl. Phil.-Vers. S. 67 ff.)
Vgl. L. Preller in Jahns Jahrbb. 79, S. 547 f.
2- Der im J. 1777 zu Rom gemachte Fimd ist herausgegeben von Ma-
rini, gli atti e monumenti de' fratelli arvali, scolpiti gia in tav^ole di marmo
ed ora raccolti, diciferati e commentati, Rom 1795. 2 VolL 4. (Facsinule
IL p. 668 und bei Ritschi P. L. M. E. XXXVI A.) und seitdem oft abge-
druckt und erläutert, z. E. G. Hermann, El. d. metr. p. 613 ff. Orelli
Inscr. I. p. 388 ff. vgl. II. p. 444. R. H. Klausen, de carmine fratjmm arva-
lium, Bonn 1836. Corssen, Origg. p. 86 ff*. Th Bergk, Zeitschr. f. Alt. W.
1856, Nr. IT 19. Melchiorri, Appendice agli atti e monumenti de' fratelli
Arvali. Rom 1855. 4. W. Henzen, frammenti di tavole arvaliche, Annal.
deir inst. arch. XXX (1858) p. 47—53. De Rossi, vicende degli atti de*
fratelli arvali , ed un nuovo frammento di essi , Ebds. p. 54 — 79. Corp. Inscr.
lat. I, 28. p. 9 f. Borghesi, Oeuvres IV. p. 394 ff.
3. Neuer Fund im Juni 18C6 beim vierten Meilenstein der via Portuen-
ais, in vigna Cercarelli; 72 Zeilen, enthaltend die Acten des CoUegiums
von Oct. 58 bis Mäarz 59 n. Chr. Vgl. Rossi, Bull. d. archeol. cristiana
1866, p. 53—62. W. Henzen, im Hermes II. S. 37— 55 und Th. Mommsen,
ebds. S. 56—64.
56. So hatten sicherlich auch noch andere kirchliche Kör-
perschaften ihre uralten Lieder und Litaneien. Ausserdem gab
Weissagungen. Tabulae Iguvinae. Foedera regum. 81
es alte Sprüche und Weissagungen im saturnischen Mass, welche
der Volksglaube auf Faunus, Carmentis u. A. Eurückführte und
welche theilweise schon frühzeitig gesammelt, noch mehr aber
gefälscht wurden.
1. Ennius Ann. v. 222 V.: versibus quos olim Fauni vatesque canebant.
Fest. p. 325: versaa antiquiBsimi , quibus Faunus fata cecinisse hominibus
Tidetur, Satnrnii appellantur. Ebenso gab Carmentis ififiitgovg XQtjafiovg
(Plnt. Q. R. 56), nämUch im Saturnier (Varr. L. L. VII, 88). Similiter
Marcius et Publicius vates cecinisse dicmitur (Cic. de div. I, 60, 115). Hör.
Ep. II, 1, 26: annosa volomina vatum, und dazu Porphjrio: veteres libros
Marci vatis Sibyllaeque et similium. Vgl. Fest. p. 326, b. M. : ex libris
Sibyllims et vaticinio Marci vatis. Corssen, Origg. p. 6 — 15. 162. Momm-
sen R S. 204. 213.
2. Marcius (Cic. l. 1. Liv. XXV, 12. Macrob. Sat. 1, 17. Plin. N. H.
VII, 33. Porph3nr. 1. 1. vgl. Fest. p. 165: Cn. Marc.) lebte, unbestimmt
▼ie lange, vor dem zweiten punischen Kriege (vates hie Marcius illustris
faerat etc. Liv. l. 1.). Von mehreren dieses Namens sprechen Cic. de div.
I, 40, 89 (Marcii fratres, nobili loco uati). II, 55, 113 (nee Publicio neacio
cui, nee Marcus vatibus). Serv. Ae. VI, 70. Symmach. Ep. IV, 34. Vgl. unten
74, 3. Reduction der Proben bei Liv. 1. 1. auf Saturnier von Westphal, Form
d. alt. r. P. S. 58. '
57. Ritualvorschriften, Gesänge und Gebete im umbrischen
und im lateinischen Dialekte enthalten die sieben im J. 1444
zu Eugubio gefundenen Tafeln (tabulae Iguvinae) von ver-
schiedenem Alter. Satumischer Rhythmus mit Alliteration tritt
darin theilweise unverkennbar zu Tage.
1. Erste vollständige Veröffentlichung 1723 durch Bonarota in Demp-
sters Etruria regalis. — Lanzi, Saggi di lingua Etruaca Vol. III. R. Lep-
siua, de tabulis Eugubinia (Berlin 1833), im Rhein. Mus. II (1834) S. 191 ff.
and: Inscriptiones umbricae et oscae, ad ectypa monumentorum confectae,
Lip». 1841. mit Atlas. G. F. Grotefend, Rudimenta linguae umbricae, Han-
nover 1835 — 39, VIII Partes, u. in Paul/s Real-Enc. IV. S. 95—103. C.
Lasgen, Beiträge zur Deutung der eug. Tfl'., im Rhein. Mus. I (1833). S.
360 tf. u. II. S. 141 ff*. S. Th. Aufrecht u. A. Kirchhoff, die umbr. Sprach-
denkmäler, mit 10 lithogr. Taff. Berlin 1849—1851. 4. 2 Bde. E. Huschke,
die iguvin. Tafeln nebst den kleineren umbr. Inschrr. Leipzig 1859. 8.
2. Satumius u. Alliteration, s. Grotefend a. a. 0. S. 98. 99. 100. West-
phal, älteste röm. Poesie S. 67 f.
b) PoUtisch-Historisches.
68, Bundesverträge aus der Königszeit sind 1) der apo-
kryphe hundertjährige des Romulus mit den Vejenternj 2) das
Böndniss des TuUus Hostilius mit den Sabinern; 3) das des
Servius Tullius mit den Latinern; 4) der Friedensschluss des
Tarquinius (Superbus?) mit Gabii.
Teuf fei, Riiin. Lilcraturg^oscliirhte. (j
82 Die fünf ersten Jahrh. d. St.
1) Dionys. Antt. II, 55: Vtrjlai,g ivexdgce^s rag Ofioloyias, nach grie-
chischer Sitte.
2) Dionys. III, 33: atTjXae dvTtyQd(povg d'ivtsg, vgl. Hör. Ep. II, 1, 24 f.
3) Dionys. IV, 26: Tra (irjdslg XQovog avtovg aq>avLarj ax'^Xrjv üataffTtev-
düag %aX%Tiv iyQtt'tpsv iv Tavtij etc. und sie war ygafifidtcDv ^%ovGa xctqcL-
•nxflQag iXXr^vinmv j olg xo naXaiov 97 ""EXXdg ixgdxo,
4) Geschrieben auf dem Fell des dabei geopferten Stieres, ygdfifiaeiv
dgxtu'^ytoCg , und im Tempel des Saucus aufbewahrt, Dionys. lY, 68. vgl.
Paul. Diac. p. 56 M. Hör. 1. 1. Gegen die Beziehung auf den letzten Tar-
quinius ist Mommsen I. S. 143. Vgl. auch Schwegler I. S. 18 f. A. 2. S. 21.
37, A. 9. 43 E. 789.
59. Aus der ältesten Zeit der Republik finden wir 1) die
Urkunde des Schifffabrts- und Handelsvertrags mit Karthago,
angeblich aus dem ersten Jahre der Republik; 2) Vertrag mit
König Porsena; 3) Bündniss mit den Latinern vom J. 261 d. St.;
4) Foedus Ardeatinum aus dem J. 310. Dazu noch 5) die lex
tribunicia prima vom J. 261 d. St. und 6) die lex Icilia de
Aventino publicando, vom J. 298 d. St.
1) Polyb. in, 22 : Sia^rjuaL . . ag xa-ö"' oaov riv Svvaxov d^gißtaraxa
SiSQ(i7jvBvaavxfg rffiBig vnoysyQdq)afisv. zriXi,%avxTi ydqSi Statpogd yeyovs
x^g diaXinxov xal nagd ^Poofiaioig xfjg vvv ngog xiqv dgxceiccv toaxs rovg
avvsxcoxdxovg ivia fioXig i^ intaxdasoig dL8v%Qivsi'v. Aus einem Missver-
Btändnisse des Polyb. erklärt (und als erster Vertrag der des J. 406 d. St.)
von Th. Mommsen, Rom. Chronol. S. 320 — 325, 2. Aufl., unter Zustimmung
von J. Aschbach, Sitzungsber. der Wiener Akad. XXXI. S. 421—428, A.
Schäfer, Rhein. Mus. XV. S. 396 f. 488. XVI. S. 288—290; dagegen be-
kämpft von E. Müller, Verhandl. d. Frankfurter Philologenvers. (1861) S.
79—92, und H. Nissen, in Jahns Jahrbb. 95, S. 321—332. Vgl. auch P. J.
Röckorath, foedera Romanorum etCarthaginiensium critica ratione illustran-
tur. Diss. Münster 1860. 74 pp. 8.
2) Plin. N. H. XXXIV, 14, 1.39; in foedere quod expulsis regibus populo
rom. dedit Porsena . . invenimus.
3) Cic. p. Balb. 23, 53: foedus . . quod quidem nuper in columna ahe-
nea meminimus post rostra incisum et perscriptum fuisse. Vgl. Liv. II,
33. Fest. p. 166.
4) Liv. IV, 7.
5) Fest. p. 318, 30.
6) Liv. III, 31. Dionys. X, 32.
60. Die sogenannten leges regiae, angeblich Verordnun-
gen und Entscheidungen welche von den römischen Königen aus-
giengen, in ihrer Form zum Theil Alterthümlichkeit anstrebend
und von sacralem Charakter, sind uraltes Gewohnheitsrecht, ei'st
später aufgezeichnet und willkürlich unter die einzelnen Könige
vertheilt.
Bundesverträge. Lege« und comment^rii regum. 83
J - H. E. Dirksen, Vereuche zur Kritik u. Auslegung der Quellen des
röm- Eechts (1823), S. 234—358. W. Rein in Pauly's R. E. IV. S. 994 f.
Schi?«^egler I. S. 23—27. vgl. S. 572, A. 1. 664, A. 3. Mommsen P S. 441.
4J1. Die Sammlung dieser angeblichen leges regiae hiess
BaeH ihrem Urheber ins papirianum. Da das älteste ius ci-
vile mit dem ius saerum zusammenfällt^ so Hess sich als Inhalt
jener Sammlung, im Hinblick auf einzelne Bestimmungen in
derselben, mit einigem Rechte das ius civile bezeichnen, ge-
nauer aber bestand sie aus sacralen Normen. Oeffentlichen
Charakter scheint die Sammlung nie gehabt zu haben.
1. Pompon. Dig. I, 2, 2. §. 2: quae omnes (leges regiae) conscriptac
eistant in libro Sexti Papirii, qui fuit illis temporibua quibus Superbus . .
Is Über appellatur ius civile papirianum . . quod (Papirius) leges sine or-
dine latas in unum composuit. Ib. §. 36: fuit in primis peritus (iuris) P.
Papirius, qui leges regias in unum contulit. Schwanken über die Person
und Zeit des Pap., s. Schwegler I. S. 24 f. A. 5. Inhalt nsgl tcäv tsgav
nach Dionys. III, 36. Des Granius Flaccus liber de iure papiriano citierfc
Paullus Dig. L, 16, 144. Vgl. Rein in Pauly^s R. E. IV. S. 660 f.
62. Die commentarii regum nehmen den Schein als ob
sie von (den) Königen aufgezeichnet wären nur mit Unrecht
fär sich in Anspruch, mögen aber Bestimmungen über könig-
liche Functionen enthalten haben, welche, der Sache nach uralt,
in der historischen Zeit niedergeschrieben und gesammelt wurden.
1 Cic. p. Rab. p. r. 5, 15: ex annalium monumentis atque ex reguin
commentarüs. Besonders commentarii Numae (Liv. I, 31), welche Ancus
Martins in album elata proponere in pubUeo iubet (Liv. I, 32. vgl. Dionys.
in, 36). 'Tnofivijfiata Nov(iä (Plut. Marcell. 8) = libri Numae (Piso bei
Plin. N. H. XXVm, 4) = leges Numae (Serv. Aen. VI, 860) = lex Pom-
pilü regis in Pontificum libris (Festus p. 189 M.). Ebenso commentarii
Servii Tullii (Liv. I, 60) = descriptio classium (Festus p. 246. 249 M.),
dem Inhalte nach auch = censoriae tabulae (Cic. orat. 46, 1ö6).
2. Schwegler I. S. 27 f. vgl. 545, A. 2.
3. Anderer Art sind die auf einer Unterschiebung oder Mystification
beruhenden Bücher Numas von religionsphilosophischem Inhalte welche im
J. 573 d. St. ausgegraben wurden; s. E. v. Lasaulx, über die Bücher des
K. Numa, Ablih. der bair. Akad. phil. Cl. V. S. 83 ff. und dagegen Schweg-
ler I. S. 564—568. Mommsen I. S. 844.
63, Den ausgedehntesten Gebrauch von der Schreibekunst
machten die Priester, und zwar theils in Bezug auf ihren un-
railtelbaren Wirkungskreis, den Gottesdienst und dessen Ritual,
sowie das geistliche Recht (libri pontificii oder pontificum
u. clgh), theils über denselben hinaus (commentarii ponti-
n :?•.
wC...
84 Die fünf ersten Jahrh. d. St.
ficum), Aufzeichnungen von Vorkommnissen Staats- und saeral-
rechtlicher Art welche als Vorgänge für künftige Fälle dienten.
1. Unbestimmte Anführungen (pontifices dicunt, docent, apud p. legi-
mus etc.) Varro L. L. V, 23. Colum. ü, 21, 5. Macrob. Sat. III, 20, 2. —
Publica und pontificum monumenta beisammen bei Val. Prob, de notis 1,
vgl. Th. Mommsen, Berichte der sächs. G. d. W. 1853, S. 133.
2. Pontificum libri, Cic. de or. I, 43, 193. Hör. Ep. 11, 1, 26. Ma-
crob. Sat. I, 12, 21. Fest. p. 189 M. — pontificii libri, Varr. L. L. V, 98.
Cic. Rep. II, 31, 54. vgl. N. D. I, 30, 84. Fest. p. 366. — pontificales libri,
Serv. Verg. Ecl. V, 66. Ge. I, 21. Ae. XII, 603. vgl. Lyd. mehs. IV, 20. —
Ubri sacri, Serv. Ge. I, 272. libri sacrorum. Fest. p. 141. — indigitamenta
(eig. Anrufungsformeln, also wohl ein Theil der libri pont.), i. e. ponti-
ficales libri, Serv. Ge. I, 21. — commentarii sacrorum (pontificalium), Fest,
p. 166.286. 360. — commentarii pontificum, Cic. Brut. 14, 55. p. dorn. 5.S,
136. Liv. IV, 3. VI, 1. PHn. N. H. XVIII, 3. Quintil. VIII, 2, 12. —
U^ot^avztav ygafpai, Dionys. VIII, 56. te^al Silxoi, ib. I, 73. tegal ßLßXoi,
Ib. X, 1.
3. Ambrosch, observationes de sacris Rom. libris, Part. I. Bresl. 1840.
4. und: über die Religionsbücher der Römer, Bonn 1843. Schwegler I.
5. 31—34.
64:.* Die Pontifices, als Inhaber der Zeitmesskunst, führten
auch die fasti, das Verzeichniss der Spruch- oder Gerichts-Tage
(dies agendi, dies fasti), als Bestandtheil der Monatstafel (Ka-
lendarium) , mit Aufzählung der auf jeden Tag fallenden Feste
und Spiele, Märkte, Opfer u. dgl., woran sich allmählich, aus-
gehend von den Jahrestagen trauriger Ereignisse, auch sonstige
kurze Notizen über geschichtliche Vorkommnisse anschlössen,
sowie Bemerkungen über den Aufgang von Sternbildern. Seit
der Freigebung dieser fasti (§. 78) wurden auch von Privat-
personen fasti auf Tafeln und in Büchern veröffentlicht und
zum Gegenstande gelehrter Erläuterung gemacht. Nach Ein-
führung der julianischen Zeitrechnung (709 d. St.) kam die
Veröflfentlichung wieder in offizielle Hände, jetzt des Imperator
als pontifex maximus. Wir besitzen aus dieser Zeit eine Anzahl
auf Stein gegrabener oder geschriebener (gemalter) Kalender-
bruchstücke aus Rom und italischen Städten und vom achten
Jahrhundert d. St. bis in die Zeit des Claudius herabreichend.
Als die neue Zeitrechnung sich eingelebt hatte wurde wieder
Raum für die Privatindustrie. Erhalten sind noch zwei vollstän-
dige Kalender, ein amtlicher des vierten Jahrhunderts, geschrie-
ben von Furius Dionysius 'Philocalus (aus dem J. 354 n. Chr.),
und eine christliche Umarbeitung des amtlichen Kalenders, ver-
fasst von Polemius Silvius (aus J. 448 f. n. Chr.).
Libri und commentarii pontificum. Fasti. 85
1. Dies fasti per qiios praetoribiis omnia verba sine piaculo licet fari.
Conttajrü horuni vocantur dies nefasti, per quos dies nefas fari praeto-
rem I>o, Dico, Addico. Itaque non potest agi. Varro L. L. VI, 4. p. 210
Sp. vgl. 7. p. 229. Ovid. Fast. I, 48. liv. I, 19 extr.: idern (Numa) ne-
fastofl dies fastosque fecit. — Siiet. Caes. 40: fastos correxit, iam pridem
vitio pontificum per intercalandi licentiam turbatos = Einführung der ju-
lianißelien Zeitrechnung; vgl. Aug. 31. Capit. M. Antonin. 10: fastis dies
iudiciarios addidit. — Petron. Sat. 30: altera (tabula in poste triclinii de-
fixa liabebat inscriptum) lunae cursum stellarumque septem imagines pictas,
et qui dies boni quique incommodi esst-nt distinguente bulla notabantur. —
Cic. Phil. II, 34, 87: adscribi iussit in fastis ad Lupercalia: C. Caesari . .
M. Aütonium . . regnum detulisse, Caesarem uti noliüsse. Bei Domitians
Regierungsantritt wurde eine Senatscommission niedergesetzt qui fastos
adalatione temporum foedatos exonerarent, Tac. H. IV, 40. Vgl. C. I. lat.
I. p. 377 b.
2. Fulvius Nobilior in fastis quos in aede Herculis Musarum posuit,
Macrob. Sat I, 12. vgl. 13 extr. Varro L. L. VI, 4. p. 213 Sp. Censorin.
d. n. 20. 21. Charis. I. p. 112 P. = 138, 16 K.
3. Verrius Flaccus statuam habet Praeneste, in superiore fori parte,
circa hemicyclium in quo fastos a se ordinat(Ä et marmoreo parieti incisos
publicarat, Suet. gramm. 17. Theilweise erhalten in den fasti praenestiui;
8. u. A. 8, 9. Vgl. Mommsen, C. I. lat. I. p. 363, a. Nachgrabungen des
J. 1863 constatierten dass das hemicyclium worin nach Foggini diese fasti
gefunden wurden nicht daß des Verrius Flaccus ist. Vgl. Henzen im Bull,
arch. April 1864.
4. Fasti als Bücher (Fest. p. 87, 19. Ovid. Fast. I, 657) verfassten Ju-
nius Gracchanus, Cincius, Cornelius Labeo, Ovid, Nisus, Masurius Sabinus,
Julius Modestus (de feriis) u. A. Festus p. 67. Macrob. Sat. I, 11 extr.
Merkel vor seiner Ausg. der Fasti des Ovid p. LIII. Mommsen C. I. lat.
L p. 363. — Astronomische Fasten von Clodius Tuscus, Merkel 1. 1. p.
LXVI tf. — Aus der griech. Literatur Joh. Lydus de mensibus.
5. Sammlungen der epigraphischen fasti durch Jucundus; J. Mazochi
(1509?); Aldus Manutius vor T. III seiner 2. u. 3. Ausg. des Ovid; Ge.
Fabricius (1587). Vgl. C. I. lat. I. p. 293. Grävius Thesaur. VIU. P. F.
Foggini, Fastorum anni rom. a Verrio Flacco ordinatorum reliquiae u. s. w.
Rom 1779 fol. Daraus in OreUi Inscn*. II. p 379 ff. Vollständige und kri-
tische Sammlung dieser hemerologia und menologia durch Th. Mommsen,
C. I. lat. I. p. 293—360. Dazu sachliche Commentarii, ib. p. 361—412.
Vgl. dessen Rom. Chronologie S. 208 ff. (2. Aufl.), auch Ideler, math.
Chronol. U. S. 135 ff.
6. Nur das in unsern Steinkalendem mit grosser Schrift Geschriebene
gehört zum ältesten röm. Festkalender (wahrsch. ursprünglich ein Bestand-
theil der XII Tafeln) ; alles mit kleiner Schrift Beigesetzte ist späterer Nach-
trag. Th. Mommsen, im Rhein. Mus. XIV. S. 82 f. 85. C. I. lat. I. p. 361 f.
7. Die Auszüge aus dem amtlichen Kalender sind auf den erhaltenen
mit Willkür und Unkenntniss gemacht. Mommsen C. I. lat. I. p. 363, b.
8. Erhaltene hemerologia, nach ihrer Entstehimgszeit geordnet:
86 Die fünf ersten Jahrh. d. St.
1) Pincianum (au8 Juli, Aug., Sept.), 'zwischen 723 und 725 d. St. ein-
gehauen, Orelli p. 413. C. I. lat. I. p; 298.
2) Allifanuui (aus Juli u. Aug.), vor 725 eingehauen. Or. p. 413. C. I.
p. 299.
3) Tusculanum, vor 734 geschrieben; C. I. p. 300.
4) Venusinum (Mai u. Juni), wohl aus 726. Or. p. 412 f. C. I. p. 300 f.
5) Sabinum (aus Oct.), nach 735 eingehauen, C. I. p. 302.
6) Maifeianum, Marmortafel, zwischen 746 und 757 geschrieben. Orelli
I. p. 382 ff. 411. C. I. p. 303—309. Merkel zu Ovid's Fast. p. XII ff. Vgl.
p. XVII-XXI. LH. .
7) Esquilinum (aus Mai u. Juni), vor 757 verfasst. Or. p. 412. C. I. p. 310.
8) Feriale Cumanum, bis 739 reichend, eingehauen nach 757. C. I. p. 310.
0. Kellermann in 0. Jahns Spicil. epigr. p. 3 ft\ 21.
9) Praenestinum des Verrius Flaccus, geschrieben zwischen 752 u. 763
(10 n. Chr.), mit Nachträgen bis 774 (21 n. Chr.), enthaltend Januar bis April
u. December; bei Foggini 1. 1. Orelli II. p. 379 ff. 408 ff. C. I. p. 311-319.
10) Vallense (Aug. u. Sept.), geschrieben nach 760 (7 n. Chr.) und vor
767 (14), mit Nachträgen bis 784 (31). Or. I. p. 413. C. I. p. 320 f.
11) Ostiensc, geschrieben noch vor dem Tode des August (767), C. I.
p. 322. G. B. de Rossi, Bull. arch. 1860, p. 71—80.
12) Vaticanum (aus März, Apr., Aug.), geschrieben nach 768 und vor
787, Or. p. 412. C. I. p. 322.
13) Amiteruinum (aus Mai bis Dcbr.), geschrieben nach 769 (16 n. Chr.)
imd wahrsch. vor 772 (19), Or. p. 412. C. 1. p. 323—325.
14) Pighiaimm, geschrieben zwischpi^ 784 mid 790 (31—37), in den
letzten Jahren des Tiberius, C. 1. p. 326.
15) Antiatinum (aus den letzten 6 Monaten), reichend bis 19 n. Chr.,
eingehaucn J. 804 (51), unter Claudius. Orelli p. 413. fleuzen 6445. C.
1. p. 327—329.
16) Farnesianum (aus Febr. u. März), Or. p. 412. C. I. p. 330.
17) Urbinas, C. I. p. 330.
18) aus der aedes Concordiae zu Rom,
19) aus der via Gratiosa zu Rom; Nr. 16 --18 noch wahrscheinhch aus
der Zeit der julischen Dynastie; C. I. p. 331. .
9. Den amtlichen Kalender der Mitte des vierten christl. Jahrh. schrieb
am Ende des J. 354 der Kalh'graph Furius Dionysius Philocalus ab, stattete
ilm mit zahlreichen Bildern aus und widmete seine Arbeit einem Valcntinus.
Sie ist in zwei Exemplaren erhalten, von welchen das eine (Peirescianum,
sacc. 8 oder 9) wieder verloren gieng und nur in zwei Abschriften des 17 saec.
(in Brüssel und der Vaticana) noch existiert; vom zweiten (saec. 9), ursprüng-
lich in Strassburg, jetzt in Bern, ist nur der December noch vorhanden, dafür
aber zu Wien eine vollständige Abschrift aus 1480. Oefters herausgegeben,
z. B. von Lambecius, Bibl. Caesarea, Append. comm. 1. IV (Wien 1671) p.
271—302, X. Schier, Kalendarium Furü D. Ph., Wien 1781. Montfaucon,
Antiq. Suppl. I. p. 25-37. Grävius Thes. VIII. p. 95—113. Bes. aber Th.
k
Fasti als Kalender und Magiätratsverzeichuissc. 87
^otöJO^^^*^. C. I. lat. I. p. 334 — 356. Dazu dessen Abh. über den Chrono -
graplacn deö J. 354, in den Abhh*. der säcbs. Ges. d. W. II (1850) S. 560 ff.
565 ff- ^^nd die üebersicht im C. I. lat. I. p. 332 f.
10. Der Kalender des Polemius Silvius ist geschrieben J. 448 f. unter
Vaicnü.i\ian III und gerichtet an den Bischof Eucherius (f zu Lyon 450).
In aönem christlichen Eifer hat der Verfasser alles an dem alten Kalender
vras üun nach heidnischem Aberglauben aussah weggelassen, dafür aber
geschichtliche Data, grammatische und meteorologische Bemerkungen u. dgl.
aiis seinem eigenen Wissen hinzugethan. Erhalten in einer Brüsseler Hand-
schrift; abgedruckt in Henschen*B Acta sanctomm, Jimi, VII (1717) p. 178
-184 und daraus in Migne^s Patrologia XIII (1845) p. 575 ff.; jetzt (je neben
dem des Philocalus) von Th. Mommsen, C. I. lat. I. p. 335—357. Dazu
dessen Abh. über den Laterculus des Polemius Silvius, in den Abldi. der
Sachs. Ges. d. W. III (1853) S. 231—277, vgl. dessen Abh. über Cassiodor,
Ehds. VUI. S. 694—696, und die Zusammenstellung der Ergebnisse im C. I.
lai I. p. 333, b.
U. Ausserdem ist ein ländlicher Monatskalender, mit Angabe der
ländlichen Geschäfte, Feste, der Länge des Monats und Tages u. s. w. (me-
nologium rusticum) in doppelter, materiell nicht verschiedener Fassung er-
halten: mcnol. nist. Colotianum und Vallense, abgedruckt zuletzt C. I. lat.
I. p. 358 f. vgl. Grävius Thes. VIII. p. 19 ff. Orelli IL p. 380 f.
65. Von den Tages- (und Monats-) Verzeichnissen her
wurde der Name fasti übergetragen auch auf Jahresverzeichnisse
mit Angabe der eponymen Magistrate jedes Jahres (fasti con-
sulares), der in jedem Jahre gehaltenen Triumphe (fasti triumpha-
les), der jeweiligen Priester (fasti sacerdotales). Auch von fasti
iü dieser Bedeutung des Wortes sind Ueberreste auf uns ge-
kommen, unter denen die fasti capitolini weitaus die wichtig-
sten sind.
1. Fasti als Verzeichnisse bes. von Behörden z. B. Liv. IX, 18: in an-
nalibuB magistratuum fastisque. Cic. in Pis. 13, 30: hos consules fasti ulli
ferre posaunt? ad Brut. I, 15: in fastis nomen adscribitur; vgl. Tac. A. III,
17: e fastis rädere. Trcbell. Gallien. 15: Gallienura tyrannum in fastos
pubÜcos retulerunt
2. Fasti capitolini, so genannt von der jetzigen Aufbewahrung der
aufgefundenen Bruchstücke auf dem Capitol; im 16. u. 19. Jahrh. zu Rom in
der Nähe des Forum ausgegraben; ursprünglich auf der marmornen Wand
deg Castortempels oder der regia eingegraben, mid zwar zuerst nach 718 und
vor 724 d. St. (weil der Name des M. Antonius und seines Grossvaters
ausgelöscht ist, in Folge des SC. von 724, und dann wieder hergestellt),
dann fortgesetzt nicht vor J. 742; die Magistrate von 742 bis 766, sowie die
Säcularspiele bis 841 wurden wahrsch. unter Domitian hinzugefügt. Weitere
Fortführung dieses amtlichen Verzeichnisses mochte wegen der geschwun-
denen Wichtigkeit des Consulats und des Häufigerwerdens der Jahresbe-
zeichnung nach der trib. pot. der Kaiser nicht als dringlich erscheinen; in
den Municipien aber hatte man fortwährend Interesse dafür; vgl. die fasti
88 Die fünf ersten Jahrh. d. St.
Caleni zum J. 289 n. Chr. bei Orelli-Henzen 6447. Vgl. über die Geschichte
dieser amtlichen fasti, ihre Entdeckung und Veröffentlichung, W. Henzen
im C. I. lat. I. p. 415-425.
3. Die fasti capitolini waren ein Verzeichniss der auf einander folgen-
den Consuln, Censoren, Dictatoren und magg. eqq. (fasti consulares nach
dem Hauptinhalt), sowie (auf den Pfeilern zur Seite der Hauptwand) der
vorgekommenen Triumphe (f. triumphales). Letztere reichen von Romulus
bis zum J. 735 d. St., und auch die ersteren erstreckten sich wohl ur-
sprünglich auch auf die Königszeit. Der Chronograph des J. 354 (Anon.
Noris.) ist der letzte Schriftsteller von welchem directe Benutzung dieser
fasti sich erweisen l^sst.
4. Abdruck der Fasti capitolini mit Ergänzungen z. B. von J. G. Baiter,
Zürich 1838, u. bes. von W. Henzen im C. I. lat. I. p. 425 — 442, wozu An-
merkimgen ib. p. 443—451. Die acta triumphoi*um ib. p. 453—461, nebst den
commentarii, ib. p. 462 — 464. Eine vergleichende Zusammenstellung der
Angaben der Schriftsteller und Fasten über die J. 246—766 d. St. von Th.
Mommsen ib. p. 483—552.
5. Ausserdem 16 kleinere Bruchstücke von Consular- und Triumphal-
Fasten aus der Zeit der Republik und des Augustus herausgg. u. eommen-
tiert von W. Henzen, C. I. lat. I. p. 465—479. Bes. wichtig darimter die
fasti Venusini (früher Capuani), Nr. VI, p. 467—471, abgedruckt auch
Mommsen I. R. N. 697 ; sowie die barberinischen Triumphalfasten, C. I. lat. I.
Nr. XVI, p. 477-479.
6. In die Sacerdotalfasten wurden die Einträge aiy ährlich gemacht,
wie aus der verschiedenen Schrift derselben erhellt; s. Orelli-Henzen 6053.
6058. Th. Mommsen, Sacerdotalfasten aus Bovillä, Ztschr. f. Alt. Wiss.
1845, Nr. 65, S. 513—517. B. Borghesi, frammento di fasti sacerdotali, und
sul frammento di fasti sac. ritrovato nella Basilica Giulia, Memoria IIL
p. 155-225. Monimienti etc. 1856, p. 48—52. = Oeuvres III. p. 391 ff.
66. Von den ursprünglich nicht zur Veröffentlichung be-
stimmten Aufzeichnungen der Priester sind zu unterscheiden
die von Anfang an mit Rücksicht auf die Veröffentlichung ab-
gefasäten annales pontificum, vom Pontifex maximus ge-
führt (und angeblich desshalb annales maximi genannt)^ in-
dem dieser alljährlich eine weisse Tafel öffentlich aufstellte wor-
auf die denkwürdigen Ereignisse des Jahres, besonders auch
(seit J. 505 regelmässig) die Prodigien, in kürzester Fassung
verzeichnet wurden. Wer Lust hatte mochte sich davon Ab-
schriften nehmen. Diese Sitte war eine sehr alte und bestand
bis ins siebente Jahrhundert d. St. hinein. Als aber die Auf-
Zeichnungen und Veröffentlichungen dieser Art durch Schrift-
steller immer häufiger wurden, fand man jene amtlichen ent-
behrlich. Wie man sie jetzt zusammenstellte und ihnen Buch-
form gab bildeten sie eine Sammlung von 80 Büchern. In-
Annales pontificum. 89
desseji da ihr Aufbewahrungsort, die Amtswohnung des Pon-
tifex maximus (Regia), wiederholt, die ganze Stadt aber durch
die Gallier (J. 364) in Flammen aufgieng, so können die auf
die älteren Zeiten bezüglichen Theile jener Sammlung nur aus
der Erinnerung nachgearbeitet und daher minder glaubwürdig
gewesen sein, uud was über die ältesten Zeiten nachträglich
aufgenommen wurde war ohnehin nur freie Dichtung.
1. Paul. Diac. p. 126: maximi annales appellabantur non (? vgl. Hüb-
ner S. 419) [a] magnitudme , sed quod eos pontifex maximus confecisset;
?gl. Ser?. Ae. I, 377 (A. 2). Macrob. Sat. III, 2, 17 u. CitJ. Legg. I, 2, 6: annales
pontificum maximorum, sowie (nach ihm) Quintil. X, 2, 7; pontificum an-
nales. Vgl. 6 nagcc roig aQxtBQivai (bei dem jedesmaligen pont. max.)
mipLsvog niva^ bei Dionys. Hai. I, 74 nach Niebuhrs Verbesserung; s. Hüb-
ner S. 414. Der Name maximi kam ohne ZweifeL erst später auf, als es
auch noch andere annales, von andern Prhebern und von kleinerem üm-
fimg, gab (Hübner S. 419).
2. Serv. Aen. I, 377: ita annales conficiebantur: tabulam dealbatam
qnotiaimis pontifex maximus habuit, in qua praescriptis consulum nomini-
bos et aliorum magistratuum digna memoratu notare consueverat, domi
militiaeque, terra marique gesta, per singulos dies (mit Angabe der Tage
and in chronologischer Ordnung), cuius diligentiae annuos commentarios
in octoginta libros veteres retulerunt eosque a pontificibus maximis, a qui-
bns fiebant, annales maximos appellarunt. Gell. N. A. IV, 5, 6: in annalibus
maximis, libro undecimo. Diese Bedaction in Buchform rührte vielleicht
gleich&lls (s. A. 3) von P. Mucius her. Mommsen IP. S. 453. Hübner
S. 422.
3. Cic. de or. II, 12, 52: ab initio renun romanarum (seit unvor-
denklicher Zeit) usque ad P. Mucium pontificem maximum (ums J. 631 —
^1 d. Si) res omnes singulorum annorum mandabat litteris pontifex ma-
xinus referebatquc in album et proponebat tabulam domi, potestas ut
6BBet populo cognoscendi: ii qui etiamnunc annales maximi nominantur.
Der offizielle Charakter und die Bestimmung für die grosse Menge brachte
^ch tendenziöse Entstellungen des Sachverhalts mit sich; s. H. Nissen,
trit. Unters. S. 97 f.
4. Cato bei Gell. N. A. II, 28, 6: non lubet scribere quod in tabula
apad pontificem maximum est, quotiens annona cara, quotiens luuae aut
Bolis lomini caHgo aut [aliut] quid obstiterit. Vgl. Cic. de rep. I, 16, 25:
ex hoc die , quem apud Ennium et in maximis annalibus consignatum vide-
1IIU8, ßuperiores solis defectiones reputatae Amt.
5. LiviuB und wohl auch Dionysius scheinen die ann. max. nicht (un-
mittelbar) benutzt zu haben, s. Schwegler I. S. 8. A. 4. vgl. S. 11 f A. 13.
Zwar sagt Dionys. IV, 30: iv zaCg hiavaioiq avaygafpaCg %axa zov xiaauQa-
xoarov iviavtov trjg TvlXiov oigx^g tov 'jlggovvTa titsXsvtri'KOTa nagsi-
liifpantv. Doch kann er damit auch Annalisten gemeint haben ; vgl. IV, 7
(L. Piso Prugi iv xaig hiavaiotg ngccyfiats^aig) u. 15 (derselbe iv tfj
ngmtj xmv SviavOicov dvaygarpuv).
90 Die liinf ersten Jahrb. d. St.
6. Nägele, Studien über altital. u. röm. Staats- u. Ilechtsleben (Scbaff-
hauaen 1849) S. 269 ft*. F. D. Gerbach, von den Quellen der ältesten röm.
Geschichte (Basel 1853). Schweglei« I. S. 7 ff. Mommsen 1«. S. 432 i. J. G.
Hulleman , disp. eritiea de annabbus maximis, Amsterd. 1865. 86 pp. 8. Le-
wis, Untersuchungen über die Glaubwürdigkeit der altröm. Gesch. (übers,
von Liebrecht, 1858) L Cap. IV u. V. E. Hübner, Jahrbb. für class Philol.
LXXIX. S. 401. 407. 411—423.
67. Wie das CoUegium der Pontifices so hatte auch das
der Augurn seine Bücher (libri augurales) imd Denkschrifteii
(commentarii augurum). Ebenso gab es libri Saliorum, cora-
mentarii XVyirorum. Ausserdem hatten die einzelnen Priester-
schafteu ihr Album oder ihre Fasten, chronologische Verzeich-
nisse der betreffenden Priester, sowie ihre Protokolle (acta) über
die vorgekommenen Amtshandlungen.
1. Libri augurum z. B. Varr. L. L. V, 21. 33. 58. VlI, 51. Cic. Rcp. I, 40,
63. II, 31, 54. N. D. I, 33, 72. II, 4, 11. p. dorn. 15, 39. Gell. N. A. XIII,
14, 1. Fest. p. 253. 322. Serv. Ae. IV, 45. IX, 20.
2. Commentarii augurum, Cic. de div. U, 18, 42. Fest. p. 317. Serv.
Ae. I, 398.
3. hbri SaUorum, Varr. L. L. VI, 14.
4. Comm. XVvirorum, Censorin. 17, 9. 10. 11.
5. Fasti, Orelli C. I. 2207. Pbn. N. U. XI, 71, 186. Ueber die Sacer-
dütalfasten s. §. 65, 6. Ueber die acta fratrum arvalium s. §. 55, 2.
68. Auch die weltlichen Behörden hatten ihre entsprechen-
den Aufzeichnungen, theils solche die von ihnen verfasst wur-
den (commentarii magistratuum), theils solche deren Ge-
genstand sie waren (libri magistratuum). Erstere bezogen sich
auf die Geschäfte der einzelnen Behörden: commentarii consu-
lum, quaestorum u. a. Die wichtigsten dieser Art sind die ta-
bulae censoriae (ungenauer libri censorii), Listen über den
Personal- und Vermögens-Stand der römischen Bürgerschaft, als
Ergebnis9 des abgehaltenen Census, sowie üebersichten über das
Staatsvermögen, Einen Privatcharakter und Privatzweck schei-
nen dagegen gehabt zu haben die commentarii censorum.
1. Commentarii consulum, Varro L. L. VI, 88. Commentarium vctus
anquisitiouis M. Sergii M'. f. Quaestoris, ib. VI, 90. 91. 92.
2. Tabulae censoriae, Varr. L. L. VI, 86. Cic. erat. 46, 156. de leg.
agr. I, 2, 4. Plin. N. H. XVIII, 3. — Libri censorii. Gell. II, 10, 1. vgl.
TifiT^tLna ygcciifiata, Dionys. IV, 22. Einsetzung der Censur 311 d. St.
3. Commentarii slüayooyfKol (vgl. Gell. XIV, 7, 1) gewesener Censoren,
in ibren FamiUen als Leitfaden erblich, Dionys. I, 74. vgl. Plin. XXXV, 2,
7. Fest. p. 356. Dahin gehört auch der Saturnier oridns consül magistmm
povpuli dicat, Vel. Long. p. 2234 P. vgl. lieifferscheid, Rh. Mus. XV. S. 627.
Comm. u. libri augurum und inagistratuum. Monumenta privata. 91
4. Vgl. Schwegler I. S. 28—30.
09. Libri magistratuum heissen die Verzeichnisse der
Behörden jedes Jahres, dergleichen wohl geführt wurden seit-
dem die Behörden jährlich wechselten. Ein Theil derselben,
die ältesten welche sich über den gallischen Brand hinaus im
Originale erhalten hatten, war auf Leinwand geschrieben und
heisst daher libri lintei. Diese waren auf dem Capitol im
Tempel der Göttin der Erinnerung aufbewahrt und werden von
Livius als eine Quelle seiner Gewährsmänner öfters erwähnt.
1. Liv. IV, 7: neque in annalibus prisds neque in libris magißtratuum.
XXXIX, 52 (in mag. libris) vgl. IX, 18 (§. 65, 1).
2. Leinwand Schreibmaterial der alten Zeit, z. B. Liv. X, 38: ex libro
veterc Unteo der Sanmiten.
3. Magistratuum libri, quos linteos in aede repositos Monctac Maccr
Lidnius citat, Liv. IV, 20. vgl. ib. 7. 13. 23. Schwegler 1. S. 17 f.
c) Monumenta privata.^
70. Auch Private machten sich frühzeitig Aufzeichnuugen
für späteren Bedarf, sowohl in Zusammenhang mit ihren Haus-
buchern ak selbständig, theils über Ereignisse welche das Ganze
betrafen (Stadtphroniken) theils über solche welche nur für die
jeweilige Familie oder Person näheres Interesse hatten (Haus-
nnd Familien-Chroniken). Während bei den ersteren nur das
Bestreben das Geschehene in der Erinnerung festzuhalten leiten
konnte, so mischte sich bei den zweiten leicht persönliche
Vorliebe und Verherrlichuugstrieb ein. Die letzteren werden
erst begonnen haben als der Sturz des Königthums die Bedeu-
tung der Adelsfamilien gehoben hatte, und die älteste derselben
scheint die des fabischen Geschlechtes gewesen zu sein.
1. Privata momunenta, Liv. VI, 1.
2. IpBae familiae sua quasi omamenta ac monumenta servabant, et ad
osum . . et ad memoriam laudum domesticarum et ad illustrandam nobi-
litatem suara, Cic. Brut. 16, 62.
3. Nägele, Studien S. 303 ff. Schwegler l. S. 12 ff. — Anderes s. § 68
Ende, mit A. 3.
71. Zu dieser Gattung gehören die Ahnenlisten und Fa~
mihenstammbäume (stemmata), die Aufschriften (indices, elogia)
unter Ahnenbildem und die Lobreden auf gestorbene Ange-
hörige (laudationes oder orationes funebres), bei welchen allen
früh und spät über dem panegyrischen Zwecke die Wahrheit
vielfach hintangesetzt wurde.
92 Die fünf ersten Jahrh. d. St.
1. Eitelkeit secundärer Geschlechter eine Verwandtschaft mit vorneh-
men nachzuweisen, und der vornehmen (wie- der Antonii, lulii) ihre Ahnen
bis auf Trojaner und auf Götter zurückzuführen. Plut. Num. 1 . Plin. N. H.
XXXV, 2, 8. Cornel. Nep. Att. 18. Suet. Caes. 6 u. a.
2. Elogia heissen auch die Aufschriften auf den Grabmälern z. B. der
Scipionen (§. 73, b). Als Aufschriften einer Reihe von Ahnenbildem wurden
elogia in späterer Zeit aus privaten und öffentlichen Quellen angefertigt.
Dergleichen historische elogia auf Männer der Republik, aber meist aus
der Kaiserzeit, sind gesammelt und erläutert von Th. Mommsen, C. I. lat.
I. p. 277 — 280. Aufschriften auf Statuen oder Hermen für Bibliotheken
ib. p. 281. Anderes s. unten 73.
3. Vitiatam memoriam funebribus laudibus reor falsisque imaginum
titulis, dum familia ad se quaeque famam rerum gestarum honorumque
fallente mendacio trahunt, Liv. VIII, 40, vgl. IV, 16 u. Cic. Brut. 16, 62:
his laiidationibus historia rerum nostrarum est facta mendosior. molta
enim scripta sunt in eis quae facta non sunt etc. Die Sitte solcher lauda-
tiones ist alt, Dionys. V, 7. Plut. Poplic. 9 vgl. Polyb. VI, 53 u. Cic. de
legg. II, 24, 62. vgl. de or. II, 11. Auch s. Quintil. III, 7, 2. XI, 3, 153.
Gell. N. A. XIII, 20. — Die erste Leichenrede auf eine Frau (seine Mut-
ter) hielt Lutatius Catulus (Cos. 652), Cic. de or. II, II, 44.
4. Taylor, lectiones Lysiacae c. 3 (ed. Lysiae, London 1739. 4. p. 680 ff.).
Döring, de laudationibus fun. apud veteres, in seinen Opusc. p. 100 ff*. Caden-
bach, de Romanorum laud. fun., Essen 1832. 4. Schwegler I. S. 16 f. Ger-
lach, Geschichtschr. d. R. S. 27—29. H. Graft", de Rom. laudationibus,
Dorpat 1862. 96 pp. 8. Th. Mommsen-, zwei Sepulcralreden aus der Zeit
August« und Hadrians, Abhh. der Berl. Ak. 1863, S. 455 ff. bes. S. 464.
E. Hübner, Hermes I (1866) S. 440 f.
72. Auch Loblieder auf Verstorbene gab es schon in
alter Zeit. Solche wurden theils bei den Leichenbegängnissen
unter Begleitung der tibia gesungen (neniae), theils bei fest-
lichen Gelagen durch Knaben, später von den Theilnehmern
im Rundgesang, gleichfalls zur tibia. Beide Sitten sind uralt,
und die erste bestand auch — wiewohl entartet — bis in späte
Zeiten fort; die zweite war schon einige Menschenalter vor der
Zeit des älteren Cato im Erlöschen. Eine Handhabe für ße-
construction der älteren römischen Geschichte bietet weder die
eine noch die andere.
1. Veterum instituta, . . . meditata ad memoriam virtutis carmiiia etc.
Tac. A. III, 5.
2. Nenia est Carmen quod in funere laudandi gratia cantatur ad
tibiam. Fest. p. 161. 163. vgl. Cic. legg. II, 24, 62. Quintil. VIII, 2, 8.
Ursprünglich wohl beim Leichenschmause (nach Non. s. v. ist silicemium
ein convivium funebre das antiquo more ad sepulcrum cum defuncti laude
Statt fand) und durch die Angehörigen (vgl. Suet. Aug. 100), später vor
dem Leichenhause, beim Leichenzuge und am Orte des Verbrennens durch
^
Loblieder auf Verstorbene. Inschriften. 93
bezahlte Klageweiber, praeficae (schon Naevius bei Ribbeck Com. p. 25 : haec
. . praeficast, quae sie morti^um coUaudat; Plaut. Truc. II, 6, 14 f. : praefica,
quae alios coUaudat etc. Varro L. L. VII, 70 : mulier . . quae ante domum
mortui laudes eius caneret u. a. St.), daher geschmacklos und bald be-
rüchtigt (nenia, ineptum et inconditum carmen etc. Nou. p. 145, vgl. Plaut.
Ab. IV, 1, 63. Truc. II, 1, a. Petron. Sat. 47. 68. Capitol. Clod. Alb. 12:
nenÜB quibusdam anilibus occupatus , u. a. St. in m. Art. in Pauly's R. E.
V. S. 395 f.).
3. Cic. Brut. 19, 75: utinam exstarent illa carmina quae multis saeclis
ante suam aetatem in epulis esse cantitata (deinceps, Tusc. IV, 2, 3) a
singulis convivis (spätere, von den Griechen entnommene Sitt«, Mommsen
I*. S. 205. 424) de clarorum virorum laudibus in Originibus scriptum reli-
qmt Cato! Vgl. Tusc. 1. 1. u. I, 2, 3. Val. Max. II, l , 10. Dagegen Varro
bei Non. s. v. assa voce: in conviviis pueri modesti (vgl. Mommsen I*.
S. 205. 214) ut cantarent carmina antiqua, in quibus laudes erant maiorum,
et aesa voce et cum tibicine. Vgl. auch Hör. Od. IV, 15, 25 ff.; virtute
fiiiictog more patrum duces . . canemus, und I, 12. Zurückführung auf
Numabei Cic. de or. III, 51, 197. Quintil. I, 10, 20. Loblieder auf Ro-
nrnlus bei Dionys. I, 79. Plut. Num. 5; auf Coriolan, Dionys. VIII, 62.
Vgl. Zell, Ferienschrr. IL S. 170 ff. 193 ff.
4. Niebuhr hat diese Lieder für ein zusammenhängendes Epos gehal-
ten und darauf die Hypothese gebaut dass dieses Epos der auf uns gekom-
menen Darstellung der ältesten röm. Geschichte ah» Quelle gedient habe,
daher diese einen so poetischen Charakter an sich trage, üeber diese
jetzt allgemein aufgegebene Ansicht s. bes. W. Corssen, Origg. p. 112 ff.
162 ft. Schwegler I. S. 53 — 63 u. H. Cl. Willenborg, de Dibcle . . deque
Niebahrio antiquissimam gentis rom. memoriam e carminibus manasse ad-
flnnante, Münster 1853.
fS. Denkmäler verwandter Art sind die Aufschriften auf
Weihgeschenken, Ehrensäulen und Grabmälern, dergleichen aus
den ersten Jahrhunderten der Republik uns eine Anzahl theils
literarisch theils inschriftlich erhalten ist. Literarisch: 1) die
Inschrift an dem leinenen Panzer des Tolumnius welchen A. Cor-
nehus Cossus im J. 317 (326?) d. St. weihte und welchen noch
August sah. 2) Die tabula triumphalis des Dictator T. Quin-
tius vom J. 374. 3) Die Grabschrift des A. Atilius Caiatinus
(Cos. 496). Inschriftlich: a) die Inschrift an der columna ro-
strata welche dem C. Duilius, zu Ehren seines Seesiegs über
die Karthager im J. 494, errichtet wurde, b) Von den Scipio-
uengrabschriften die drei ältesten, die Namensaufschrift des L.
Cornelius Cn. f. Scipio (Cos. 456), die seines Sohnes L. Cor-
nelius L. f. Scipio (Cos. 495) und des Letzteren elogium in
Satumiem. c) Von anderen Inschriften reichen wohl noch in
da8 fünfte Jahrhundert d. St. zurück Grabschriften von Fourii
94 Die fönf erBten Jahrh. d. St.
(C. I. lat. I, 63 S,)j einzelne aus Präneste (ib. 74 flf.), sowie
zwei Fragmente eines Senatusconsnlt aus Venusia (ib. 185 f.).
1. Liv. IV, 20.
2. Liv. VI, 29. Festus p. 363.
3. Cic. Cato 17, 61: Carmen incisum in sepulcro; vgl. de fin. 11, 35, 116.
Pauly's Real-Enc. I, 2. S. 2017 f.
a) Ausser Aelterem, das jetzt antiquiert ist, s. F. Ritachl, Inscriptio quae
fertur columnae rostratae Duellianae, Berlin 1852. 4.; Comm. altera, Bonn
1861. 4.; P. L. M. E. XCV, und Momnisen C. I. lat. I, 195 (p. 37—40),
So wie die Inschrift vorliegt ist sie keineufalls ursprünglich, sondern aus
der Zeit des Kaisers Claudius ; im günstigsten Falle ist sie die Erneuerimg
der ursprünglichen Inschrift mit Einmischung von Neuerem (Ritschi, Rhein.
Mus. IX. S. 19); aber die neben den späteren Formen sich findenden hyper-
antiken, sowae zahlreiche sachliche Inconvenienzen (vgl. auch Haakh in
Pauly's R. E. II. S. 1279 f. A.) und der ganze redselige Ton machen Momm-
sens Ansicht (1. 1. p. 40 b) wahrscheinlicher, dass die Säule ursprünglich
keine oder nur eine ganz kurze und einfache Inschrift hatte , die erhaltene
aber erst bei einer Restauration des Denkmals unter Claudius nach den
vorhandenen Geschichtsquellen und unter gesuchter Nachbildung der alter-
thümlichen Ausdrucksweise angefertigt wurde.
b) Die Scipionengrabschriften wurden 1614 und 1780 an der appischen
Strasse ausgegraben und sind oft abgedruckt und erläutert, z. B. von
Visconti, OreUi u. A. Jetzt bei Ritschi P. K M. E. XXXVH-XLII und
Mommsen C. I. lat. I, 29—39, p. 11—21. Die in die Zeit vor 514 fallen-
den sind dort. Nr. 29, 31, 32. p. 16. 17 f. Ueber diese Grabschriften s.
Ritschi, Rh. Mus. IX. S. 1 — 19. 159. Th. Mommsen, Ebd. S. 462—468,
R. G. I« S. 426. F. Bücheier, Jahns Jahrbb. 87, S. 328 — 330. 336 f. Im
Aufbringen dieser Sitte zeigt sich mit die hellenisierende Richtung der
Scipionen.,
c) F. Ritschi, de sepulcro Furiorum Tusculano, Berlin 1853. 4. Ueber
ihre Zeit ib. p. III. Ueber die zwei Inschrr. aus Venusia (l. R. N. 715 f.
= C. I. lat. I, 185 f.) Ritschi, Inscr. Aletr. p. XIV not.
4. Was aus dieser Zeit durch Münzen und Inschriften an Geschriebe-
nem auf uns gekommen ist findet sich gesammelt im C. I. lat. I, wo die
pars prior (p. 1 — 40) die Inscriptiones vetustissimae , hello Hannibalico
quae videntur anteriores, enthält.
5. In Nachbildung der alten Sitte umgab Augustus den im J. 762 ein-
geweihten Tempel des Mars Ultor auf. dem forum Augusti mit Statuen von
Grössen der römischen Geschichte von Aeneas an, sammt entsprechenden
Aufschriften (elogia). Diese Einrichtung fand in manchen Municipien (wie
Arretium, Pompeji) Nachahmung. Die nach seiner Annahme auf jene
augusteischen zurückgehenden der erhaltenen elogia s. bei Mommsen C. I.
lat. I. p. 281—292 (mit Commentar).
74. Alt ist femer die Sitte dass beim Siegeseinzuge eiue.s
Feldherrn dessen Heer Lieder preisenden und neckenden Inhal-
tes vortrug (carmina triumphalia) , häufig im Wechselgesange.
Carmina triumphalia. Andere c. popularia. Zwölf Tafeln. 95
1. Liv. III, 29. IV, 20. 53. V, 49. VII, 10. 17. 38. X, 30. XXXEK, 7.
XLV, 38. 43. Dionys. II, 34. VII, 72. App. Pun. GG. Plut. Aemil. P. 34
(o atgatog . . ocSatv ta (lev a}Sccg zivag natgiovg avocfiifiiyfjbivag yelcotty
Tff ffl icaLccvag ^nivi%{o'vg %al tav diaTtsngayiisvav inatvovg). Marcell.
8. Dio XLin, 20. VeDej. II, 67. Suet. Caes! 50 f. Martial. I, 4, 3 f.
2. Form des Wechselgesangs, Liv. IV, 53. Plin. N. H. XIX, 8, 41.
3. Refrain io triumphe, Varro L. L. VI. 68. TibuU. II, 5, 18. Liv.
ni,29. vgl. Hör. 0. IV, 2, 49 f.
3. Zell, Ferienschriften II. S. 148 tf. Guicherit, de camiinibus fratruni
Marcionun et de carminibus triumphalibus militiim Romanorum. Lugd.
Bat. 1846.
75. Volksthümlichen Charakter und meist saturnischen
Rhythmus hatten auch die alten Witterungsregeln , Beschwö-
rungsformeln, Zaubersprüche u. dergl.
1. Pest. p. 93: in antiqiK) carmine: hiberno pulvere, verno luto gran-
dia farra, eamille, metes. Vgl. Macrob. Sat. V, 20, 18: in libro vetustiösi-
morum carminum . . invenitur hoc nisticum vetus canticum: hiberno u. s. w.
Serv. zu Georg. I, 101. PUn. N. H. XVII, 2, 14, sowie XXVllI, 2 (5), 29: car-
mina quaedam exstant contra grandines contraque morbornm generali. s.w.
Ib. XXVII, 12, 106 (in freien trochrdschen Rhythmen: reseda, murbos ro-
seda! scisne, scisne, quis hie puUus egerit radices? nee cajiut nee pedes
habeat). Cato R. R. 160. Verg. Ae. IV, 487 ff. Hör. Ep. II, 1, 138. Tibull.
I, 2, 53 f. Mommsen P. S. 204. 432. Vgl. oben §. 11.
d) Rechtsquellen und Rechtsliteratur.
76. Die seit Abschafiüng des Königthums für die Plebejer
immer drückender werdende Rechtsunsicherheit und Rechts-
niigleichheit gegenüber von den Patriciern führte nach langen
Kämpfen am Anfange des vierten Jahrhunderts d. St. zur Eut-
werfung und Einführung eines gemeinen Landrechts, durch
welches das bestehende, aber grösstentheils ungeschriebene, (Se-
wohnheitsrecht formell codificiert, materiell durch die gemach-
ten Erfahrungen und die neugewonnene Kenntniss auswärtiger
Staats- und Rechts- Verhältnisse verbessert wurde: die Gesetz-
gebung der zwölf Tafeln. Sie regelte das Civilrecht und
Civilverfahren, umfasste aber auch sacral- und criminal-rechtliche,
sowie polizeiliche Bestimmungen. Mit der fortschreitenden Pra-
xis und Sprachentwicklung vermittelt wurden diese Gesetze
*>choii frühzeitig durch Commentatoren.
1. J. 300 d. St. lex Terentilia, Absendung von drei Gesandton nach
Hellas. Rückkehr 302, Wahl eines Gesetzgebungsausschusses (Xviri legi-
bus scribundia), Amtsantritt im Mai 303, Abfassung von 10 Tafeln, zu denen
im J. 304 noch zwei hinzukamen. Beihülfe des Ephesiers Hermodoros.
2. Einfluss der solonischen Gesetzgebung, Cic. de legg. 11, 23, 59. 25,
64. Dig. X, 1, 13. XLVIT, 22, 4. Plut. Sol. 21. 23.
96 Die fünf ersten Jahrh. d. St.
3. Die XII tabulae wurden fons omnis publici privatique iuris, Liv. III,
34. vgl. Dionys. X, 3. Auson. Id. XI, 619. Tac. A. III, 27. Die zwei letz-
ten Tafeln oft vom allgemeinen Lobe ausgenommen, Cic. de rep. II, 36, 61.
37, 63.
4. Diod. XII, 26: ßgaxfoig xal ansgirtong ßvyaeifASvrj. Gell. N. A. XX,
1, 4: eleganti atque absoluta brevitate verborum scriptae, doch daneben
quaedam obscurissima aut durissima u. s. w.
5. Auf Erz gegraben (Liv. III, 57. Dionys. X, 57. Diod. XII, 26) ; das
ursprüngliche Original zwar wohl beim gallischen ßrande zu Grunde ge-
gangen, aber nachher aus dem Gedächtniss wieder hergestellt. Bis in die
ciceronische Zeit in den Schulen auswendig gelernt, Cic. de legg. II, 4, 9.
23, 59. In der Zeit des Diodor (XII, 26: SUfisive ^ccvfKxiofiivTj fiixQ'' ^<^^
xa-O"' '^ficeg %ceiQmv) und des A. Gellius (XX, 1) noch vorhanden. Für die
des Cyprian geht es aus dessen rhetorischer Wendung (Epist. 11, 2 : incisae
8 int leges XII tabulis et publice aere praefixo iura praescripta sint, —
inte^ leges ipsas deliuquitur, inter iura peccatur) nicht sicher hervor.
6. Commentatoren : Sex. Aelius Catus (Cic. de legg. II, 23, 59. Top.
2, 10. Pompon. Dig. I, 2, 2. §. 38), L. Acilius (Cic. de legg. 1. 1.), L. Ae-
lius Stilo, Ser. Sulpicius Rufus (Dig. L, 16, 237. Fest. p. 210. 322 vgl.
p. 174. 321. 376), Antistius Labeo (Gell. N. A. I, 12, 18. VII, 15, 1. XX,
1, 13), Valerius (Fest. p. 321 vgl 253. 355. B. SchöU, XII tabb. p. 35—
38), Gajus (von dessen Commentar in den Digesten 20 Bruchstücke erhal-
ten sind).
7. Sammlung und Bearbeitung der Ueberreste der 12 Tafeln nächst
Gothofredus (z. B. in Otto's Thesaur. iur. rom. III. p. 1—254) bes. von
H. E. Dirksen, Uebersicht der bisherigen Versuche zur Kritik u. Herstel-
lung des Textes der Zwölftafelfragmeute , Leipzig 1824. Legis XII tabb.
reliquiae, edidit, constituiC, prolegomena addidit B. Scholl, Lips. 1866.
Auch z. B. in Egger, lat. serm. vet. rell. (Paris 1844) p. 89 ff. R. Gneist,
Institut, syntagma (Lips. 1858). Näheres bei B. Klotz, Lat. Litt. Gesch. I.
S. 328, A. 416. u. S. 342 f. und de XII tabularmn libello eiusque origine,
Lips. 1858. 4. B. Schölls Prolegg. capp. 1—4, p. 1—112.
8. Ueber die Zwölftafelgesetzgebung s. bes. Schwegler ÜI. S. 1—47.
77. Die Errungenschaft der zwölf Tafeln wurde. den Ple-
bejern alsbald dadurch wieder verkümmert dass die Patricier
sich in den Alleinbesitz^ der Auslegung und Anwendung der-
selben zu setzen wussten. Insbesondere die Kenntniss der ge-
naueren Formen des gerichtlichen Verfahrens (legis actio-
nes), sowie der Tage an welchen ein Rechtsgeschäft kirchen-
rechtlich zulässig sei, blieb den Plebejern verschlossen.
1. Interpretatio legum, auctoritas prudeutum, disputatio fori (ius civile
im eng. S. ), Pompon. Dig. I, 2, 2. §. 5. Et interpretandi scientia et actio-
hes apud coUegium pontificum erant, ib. §. 6. vgl. Yal. Max. U, 5, 2.
2. Legis actiones theilweise Slter als die 12 Tafeln, bes. die per sa-
cramentum und wohl auch die per iudicis (arbitrive) postulationem ; we-
Legis actiones. Cn. Flavius, Coruncaniug, Ap. Claudius. 97
niger per condictionem , per manus iniectionem , per piguoris capionem.
Literatur bei Rein, Pauly's Real-Enc. IV. S. 902—904 u. dazu bes. Schmidt,
de originibus legis actionum, Freiburg 1857. 4.
3. Diebus fastis, quos populus a paucis principum quotidie petebat,
Plin. N. H. XXXIII, 6, 17. vgl. Cic. p. Mur. 11, 25. Vgl. oben §. 64.
78. Abhülfe verschaflFte um 450 d. St. der Schreiber Cn.
Flavius, welcher mit Unterstützung seines Patronus App.
Claudius den Kirchenkalender und die Legisactionen veröffent-
lichte: Fast! imd ins Flavianum.
1. Appii Caeci (s. §. 80) scriba, cuius hortatu exceperat eos dies consul-
tando assidue sagaci ingenio, Plin. XXXIII, 6, 17. Cic. Mur. 11, 25.
2. Verzeichniss der dies fasti und nefasti durch ihn auf einer Gipstafel
auf dem Forum aufgestellt, Liv. IX, 46. Vgl. Val. Max. II, 5, 2.
3. Legis actiones composuit, Cic. ad Att. VI, 1,8. vgl. de or. I, 41,
186. Pompon. Dig. I, 2, 2. §. 7. Hie über, qui actiones continet, appella-
tur iu8 civile Flavianum, Pompon. 1. l. Später ergänzt und fortgeführt
durch Sex. Aelius, welcher alias actiones composuit et librum populo dedit,
qui appellatur ius Aelianum, Pomp. 1. 1. Auszüge aus dem ius Flavianum
in der Schrift des Probus de notis? Th. Mommsen, Berichte der sächs.
Ges. d. W. 1853, S. 133 f.
79. Nachdem so die Rechtsquellen alle öffentlich geworden
waren hörte die Rechtskenntniss auf ein Monopol der Patricier
zu sein: unter den ältesten Rechtsgelehrten sind neben einigen
Patriciern die bedeutendsten die Plebejer P. Sempronius
Sophus und Tiberius Coruncanius, der erste Rechtslehrer.
1. Pompon. Dig. I, 2, 2. §.37: fuit . . maximae scientiae Sempronius,
quem populus rom. aotpov appellavit (Cos. 450 d. St., unter den ersten
plebej. Pontifices 454, Censor 455, s. Haakh in Paulis R. E. VI, 1. S. 974 f.
Nr. 12); C. Scipio Nasica, qui Optimus a senatu appellatus est (Verwechs-
lung? Derjenige welcher, aber erst im J. 550, den Beinamen Optimus er-
hielt heisst sonst immer PubL und war Consul 563 d. St. Vgl. Pauly's R. E. IJ.
S. 666 f. Nr. 11), cui etiam pubhce domus in sacra via data est, quo fa-
cilius consuli posset. Deinde Q. Mucius (? Maximus vermutet Bynkershoek). .
§. 38: Post hos fuit Ti. Coruncanius, qui, ut dixi (§. 35), primus profiteri
coepit, cuius tarnen scriptum nullum exstat, sed responsa complura et me-
morabiUa eins fuerunt. Er war Cos. 474 und der erste plebejische Pontifex
maximus. Vgl. Real-Enc. IL S. 722 f. u. E. Schrader, Cor. der erste öffent-
liche Bechtslehrer, CiviHst. Magazin V. S. 187 ff.
2. Ob Sophus und Coruncanius ihrer Rechtskenntniss ihr Priesteramt
verdankten oder umgekehrt ihrem Priesteramte ihre Rechtskenntniss, mag
zweifelhaft sein; vgl. Mommsen P. S. 442.
80. Die hervorragendste Erscheinung dieser Zeit aber und
ihr um ein Jahrhundert voraus war Appius Claudius Cae-
Tcafrel, Ruin. Lileralurgescbichlo. {
98 Die fünf ersten Jahrh. d. St.
cus (Censor 442 d. St., Cos. 447 und 458), der geniale Edel-
mann welcher im Staate die Beschränkung des vollen Gemeinde-
bürgerrechts auf die Ansässigen zersprengte, der das alte
Finanzsystem brach, von dem die römischen Wasserleitungen
und Strassen, die römische Jurisprudenz, Eloquenz und Gram-
matik datieren, und von dem auch die Anfänge einer lateini-
schen Schriftprosa sowie einer Kunstpoesie herrühren.
1. Mommsen R. G. P. S. 427. 378. 420 und Römische Forschungen I
(Berlin 1864) S. 301—313 (demagogischer Charakter bes. seiner Genaur).
Vgl. Haakh in Pauly's B. E. U. S. 406 f. Nr. 11. N. Saal, de App. Cl. Caeco
comm. hist. Köln 1841. 4. W. Siebert, über App. Claudius Caecus, mit
bes. Berücksichtigung seiner Censur und der des Fabius u. Decius, Kassel
1863. 111 S. 8.
2. Sein elogium bei Orelli 539, u. im C. I. lat. I. p. 287, Nr. XXVIII.
3. Pompon. Dig. I, 2, 2. §. 36: App. Claudius . . maximam scientiam
habuit; hie Centemmanus appellatus est. Appiam viam stravit et aquam
Claudiam induxit, et de Pyrrho in urbem non recipiendo sententiam tulit
(berühmte Rede vom J. 474, lange erhalten, s. Cic. Brut. 16, 61. Cato m.
6, 16. Sen. Ep. 114, 13. Tac. dial. 18. 21. Quintil. II, 16, 7); hunc etiam
actioues scripsisse traditum est (vielmehr hat er die legis actiones des Fla-
vius veranlasst; Mommsen streicht actiones), primum de ueurpationibus,
qui liber non exstat. Idem . . R literam invenit (d. h. unterschied die
beiden Laute r und s durch die Schrift, vgl. Mommsen P. S. 443), ut pro
Valesüs Valerii essent et pro Fusüs Furii. Auch die Verbannung des Z
aus der Schrift wird auf ihn zurückgeführt (Martian. Cap. p. 64, 4 Eyss.).
4. Sollers iuris atque eloquentiae consultus, Liv. X, 22. vgl. 19.
5. Isidor. Origg. I, 37, 2: primus apud Graecos Pherecydes Syrius soluta
oratione scripsit, apud Romanos autem Appius Caecus adversus Pyrrhum
solutam orationem exercuit (ungeschickter Ausdruck statt: der Erste der
etwas Prosaisches niederschrieb u. herausgab, vgl. oben §. 30); iam exhinc
ceteri prosae eloquentiam condiderunt.
6. Cic. Tusc. IV, 2, 4: mihi Appii Caeci Carmen, quod valde Panae-
tius laudat epistola quadam quae est ad Q. Tuberonem, Pythagoricum vi-
detur. Vgl. Fest. p. 317: in Appii sententiis. Ps. Sali. Ep. ad Caes. I, 1,
2: quod in carminibus Appius ait, fabrum esse suae quemque fortunae.
Priscian. VIII. p. 792 P. = 384, 3 ff. Htz.: Appius Caecus: amicum ciim
vidds öbliviscere miserias u. s. w. (saturnisch). Der erste Anfang helleni-
sierender römischer Poesie, Mommsen P. S. 432.
Allgemeine Chara3d;eri8tik des sechsten u. siebenten Jahrh. 99
n.
Erste Periode ^der römischen Literatur.
Von Andronikus bis in die sullanische Zeit. J. 614—670 d. St.
81. Die Jakrhunderte wo Rom keine Literatur besass sind
die seiner eigentlichen Grösse. Die Literatur kam erst auf durch
das Bedürfniss der Schule und der Schaubühne, als die Unter-
weisung durch Begleiten des Vaters auf den Markt und in den
Rath nicht mehr genügend erschien, und voti der Bühne ausser
den bisherigen altnationalen Possen und Tänzen auch zusam-
menhängende theatralische Vorstellungen erwartet wurden. Die
romische Literatur ist daher von vornherein unter dem Einflüsse
der griechischen; sie ist durch dies'e ins Leben gerufen, in ihrer
Art fortwährend von ihr abhängig und kann desshalb selbst auch
Boden gewinnen nur auf Kosten des echt und alt römischen
Wesens*).
Kenntniss griechischer Sprache und Einrichtungen ist zwar
in Italien und Rom uralt. Griechischen Einfluss verräth schon
die servianische Verfassung uud die BeschaflFenheit der ludi
romani^); auf dem Gebiete des Cultus nährten ihn die sibyl-
linischen Bücher. Auch Namen wie Codes (iCvxAc)^), Cata-
mitus (Ganymedes) deuten auf frühe Zusammenhänge. Zu An-
fang des vierten Jahrhunderts d. St. wird die römische Gesetz-
gebung verbessert durch Benützung der solonischen, im Laufe
des Jahrhunderts auf dem römischen Fonun ein eigener Platz
für die Griechen (Graecostasis) eingerichtet. Seit der Erobe-
ning Campaniens, zu Anfang des fünften Jahrhunderts d. St.,
gewinnt dieser Einfluss an Ausdehnung: Beinamen wie Philip-
ptis, Philo, Soptus, Agelastus haben nichts Fremdartiges, die
Sitte bei Tische zu liegen. Verstorbenen Grabschriften und
Denkmäler zu setzen u. A. wird von den Griechen her ange-
nommen^); und wie am Ende des Jahrhunderts auch die Be-
ziehungen zu dem griechischen Unteritalien immer häufiger
werden, können römische Grosse bei Missionen sich schon der
griechischen Sprache bedienen, wie die Seefahrer und Handels-
leute unter den Römern es wohl schon früher verstanden. Durch
') Momlnsen R. G. 1«. S. 860 f.
«) Mommsen I«. S. 87. 209 fF.
^) Mommsen P. S. 424. Vgl. oben §. 73, b.
100 Das sechste und siebente Jahrh. d. St.
die zahlreichen griechischen Sklaven und Freigelassenen wurden
auch die unteren Stände Roms mit Griechischem bekannt. Nach
solchen Vorbereitungen war die Wirkung um so raschet und
tiefer als der erste punische Krieg die waflfenfahige Mannschaft
Roms in Sicilien mit griechischer Bildung in engere und länger
dauernde Berührung brachte. Von dort nahm man Geschmack
für feinere Genüsse mit nach Hause, und es ist daher wohl kein
Zufall dass schon im nächsten Jahre nach Beendigung des ersten
punischen Krieges (490 — 513) Andronikus zu Rom mit Dramen
auftreten konnte, und seitdem solche Aufführungen ohne Unter-
brechung sich folgten. Selbst während des hannibalischen
Krieges (536 — 553) hatten dieselben in der Hauptsache ihren
ungestörten Verlauf; denn des Naevius schriftstellerische Wirk-
samkeit fällt zum grössten Theile und von der des Plautus we-
nigstens die grössere — wenn auch wohl minder fruchtbare —
Hälfte in die Zeit dieses Krieges. In ihm haben die specifiscli
römischen Tugenden sich nochmals in ihrem schönsten Glänze
gezeigt. Aber als die furchtbare Anspannung aller Kräfte,
welche er nothwendig gemacht hatte, nachliess, das Gefühl der
Erlösung yon einer Ungeheuern Gefahr und der Jubel über den
endlichen Sieg für alle Genüsse des Lebens zugänglicher
machte^), schlug auch die Literatur tiefere Wurzeln in Rom,
zumal sie schon um 548 durch Verleihung der Corporations-
rechte an die poetae als bürgerlich achtbar anerkannt worden
war. Zugleich traf es sich dass J. 550 M. Cato den Ennius
nach Rom brachte, das künftige Haupt der altrömischen Partei
denjenigen welcher bald der Bannerträger der hellenisierenden
Richtung werden sollte. Seit dieser Zeit wurde immer mehr
wahr was Porcius Licinus bei Gellius XVH, 21 sagt:
Li dem zweiten Pönerkriege hat die Muse raschen Schritts
Sich hineinbegeben in des Romulus rauhes Kriegervolk ^).
Mit Betrübniss sah ein nationalgesinnter Dichter wie Naevius
das Verlassen der nationalen Bahn und Umsichgreifen des
Fremden^). Der in gleichem Verhältniss mit ihrem Reichthum
^) Auch die oskische Atellane scheint am diese Zeit uach Rom. ge-
kommen zu sein; s. oben §.9.
*) Poenico hello secundo Musa pinnato gradu
Intulit se beUicosam in Bomuli gentem feram.
Vgl. auch Hör. Ep. U, 1, 162 f. ►
^) Diess hesagt seine Grabschrifb: mit seinem Tode ohliti sunt Bomai
loqoier latina liugua.
Allgemeine Charakteristik des sechsten u. siebenten Jahrh. 101
wachsende Ehrgeiz der Nobilität kam der Gafflust der Menge
wetteifernd entgegen; mit andern Volksbelustigungen wurden
daher auch die dramatischen Aufführungen eifrig gefördert, die
Anfertigung von Stücken für diese wurde zu einer leidlich loh-
nenden Arbeit, und neben und nach Plautus sehen wir daher
Ennius, Pacuvius, Statins Caecilius, Terenz hiefür thätig. Die
Kriege mit Philipp IIL von Makedonien (J. 554 — ^557) und voll-
ends der mit Antiochus (J. 563 f.) trugen zur Untergrabung
altrömischer Sitte wesentlich bei, erweiterten indessen auch den
Horizont, rückten die Idee eines Weltreiches immer näher, damit
aber auch die Noth wendigkeit die angestammte Nationalität zu
vertauschen gegen die hellenische Civilisation mit ihrem kosmo-
politischen und humanitären Charakter. Nun war aber deren
Ueberlegenheit so gross dass man sich zu ihr nur aufnehmend
und lernend verhalten konnte; und dabei fehlte es den meisten
Hörnern an der Fähigkeit an dem Fremden zu sondern zwischen
dem Werthvollen, Unerlässlichen , und dem Ungeeigneten und
Schädlichen; ohne Vorbehalt und Wahl warfen sie sich der hel-
lenischen Cultui* in die Arme und eigneten sich nicht blos ihre
glänzenden Lichtseiten an sondern auch ihre grellen Schatten.
Anfangs waren es ausschliesslich die Vornehmen welche dem
neuen Wesen sich zuwandten; insbesondere der Ereis der Sci-
pionen schätzte und förderte das Hellenische und hielt sich sei-
nerseits von den Ausschreitungen desselben ziemlich^) ferne.
Seine Abkehr von der altrömischen Denkweise zeigte der ältere
Africanus besonders durch das Wort das er im Munde führte:
numquam se minus esse otiosimi quam cum otiosus esset ^);
womit er aber seine Mussestunden ausfüllte erhellt aus dem Vor-
wurf den ihm die Gegenpartei, an deren Spitze Q. Fabius stand,
im J. 550 machte, dass er sich mit Scharteken und Turnen
abgebe 3). Ein hochachtbarer Vertreter der hellenisierenden
Richtung war auch L. Aemilius Paulus (c. 527 — 594). Beide
schrieben und sprachen geläufig griechisch, wie auch T. Quin-
tius Flamininus (Cos. 556), Ti. Gracchus (Cos. 577. 591), C. Sul-
picius Gallus (Cos. 588), Cn. Octavius und ohnehin alle Anna-
listen des hannibalischen Krieges (Fabius Pictor, Cincius, Aci-
lius). Verse machten Q. Fabius Labeo (Cos. 571) und M. Popil-
lius Laenas (Cos. 581). Selbst Cato entfaltete wenigstens in
«) Vgl Näviuß bei Gell. N. A. VH (VI), 8, 6. Val. Max. VI, 7, 1.
«) Cic. Off. III, 1, 1.
3) Uv, XXIX, 19 8. f.
102 Das sechste und siebente Jahih. d. 8t.
lateinischer Prosa eine rege schriftstellerische Thätigkeit, und
er der behauptete dass die Römer über den griechischen Büchern
das Handeln verlernen werden^) musste noch in seinen alten
Tagen sich dazu verstehen das Griechische zu erlernen. Aber es
mehren sich auch schon die Symptome des Verfalls der alt-
römischen Sittenstrenge ^), so dass ein Mann vom alten Schlage^
wie T. Manlius Torquatus, sich in seiner Vaterstadt fremd und
einsam fühlte^). Mit jeder Generation, fast mit jedem Jahre
werden diese Symptome bedenklicher, die Zerklüftung des Fa-
milienlebens, die Missachtung von Gesetz und Ordnung, und
sogar der väterlichen Götter. In demselben Masse steigerte
sich zwar auch der Widerstand der Anhänger des Alten, wie
des alten Cato, der namentlich in seiner Censur (J. 570) den
Kampf rücksichtslos durchführte. Aber sie versuchten Unmög-
liches, einen Process aufzuhalten der das Ergebniss von tau-
send unabänderlichen Factoren war, der Umwälzung sich ent-
gegenzustämmen die sich mit unwiderstehlicher Gewalt in Glau-
ben, Leben und Sitte, im .Denken und im Handeln der Nation
vollzog. Dazu waren die Mittel die sie anwandten vielfach ver-
kehrt und zweckwidrig. So verwies man J. 581 die epikure-
ischen Philosophen Alkäos und Philiskos aus Rom, so vertrieb
man J. 593 abermals die Philosophen und rhetores latini, so
schickte man J. 599 die athenische Gesandtschaft an deren Spitze
Karneades stand möglichst bald wieder nach Hause. Dafür aber
lockte der Senat J. 587 tausend vornehme und hochgebildete
Achäer — worunter Polybios — nach Italien und hielt sie dort
17 Jahre lang als Geissein fest. Ueberhaupt hat die Politik
der schamlosen Selbstsucht welche der römische Senat in dieser
Zeit befolgte und welche ihren Gipfelpunkt erreichte in dem
nichtswürdigen Verfahren gegen das unglückliche, zu Boden ge-
worfene Karthago^), die mutwilligen, nichts als Vergrösserung
und Bereicherung bezweckenden Kriege welche Rom seit dem
>) Vgl. oben §. 2, 1 und bei Plin. N. H. XXIX, 7: quandocunque ista
gens suas literas dabit omnia corrumpet.
») Liv. XXVI, 2, 15 (aus 543): eum (Cu. Fulvius) in ganea lustrisque,
ubi iuventutem egerit, senectutem acturum.
') Liv. XXVI, 22, 9 (J. 543): neque ego vestros mores consul ferre po-
tero ueque vos imperium meum.
<) V'gl. über diese machiavellistisclie Politik C. Peter, Studien zur röm.
Gesch. (Halle 1863) S. 115 ff. Selbst ein so warmer Bewunderer der Rö-
mer wie Polybios wird dadurch wiederholt zu Aufschreien der Entrüetung
veranlasst; s. XXXI, 18 vgl. 8. 12. 19 extr. XXXII, 2.
Allgemeine Charakteristik des sechsten u. siebenten Jahrh, 103
zweiten punischen fortwährend führte, den altrömischen Geist
weit nachhaltiger untergraben als alle hellenische Kunst und
Weisheit je yermocht hätte. In erschreckender Progression
wuchs namentlich in den drei letzten Decennien des sechsten
Jahrhunderts das innere Verderben, die Sittenlosigkeit^), Feil-
heit, unersättliche Bereicherungswut, die imi Nichts sich küm-
merte, über Gesetze, Senatsbefehle, Staatsprocesse frech sich
hinwegsetzte , eigenmächtig Krieg führte , ohne Erlaubniss
Triumphe feierte, die Provinzen aussog, die Bundesgenossen be-
raubte. Schimpfliche Verträge und Friedensschlüsse werden
immer häufiger. Statt früher durch virtus vergrössert sich jetzt
Rom durch Hinterlist, Treulosigkeit und diplomatische Ränke.
Eine gewisse Bildung verbreitete sich freilich allmählich auch
über die Masse: schon die vielen griechischen Fremdwörter bei
Plautus (und Ennius) zeugen hiefür 2), und dass die ludi scenici
immer mehr das Uebergewicht gewinnen über die circenses').
Aber was in den dramatischen Spielen dem Volke hauptsäch-
Keh geboten wurde, die Stücke der palliata, trug selbst wieder-
um zur Auflösung der Sitten erheblich bei, und gelegentlich
trat auch unverkennbar zu Tage dass diese Bildung doch nur
ein leichter Fimiss war, der von selbst abfiel sobald man sich
gehen Hess*).
Was das sechste Jahrhimdert gereift hatte, das vollendete'^
das siebente: schon das Jahr 608 brachte Karthago's und Ko-
rinths Zerstörung. Mit Karthago war eine Mahnerin zu fort-
gesetzter kriegerischer Tüchtigkeit für immer verstummt, und
weitsichtiger als der alte Eiferer Cato beweinte daher der wel-
cher sie zerstören musste selbst ihren Fall; Korinths Untergang
und die Vernichtung der hellenischen Selbständigkeit trieb die
Hellenen schaarenweise nach Rom, um dort Ersatz zu finden
för die verlorene Heimat. Mit dem eigenthümlich römischen
Wesen war es jetzt für immer zu Ende: Graecia capta fenun
victorem cepit. Aus dem sechsten Jahrhundert herüber ragt
in das siebente herein die edle Gestalt des jüngeren Africanus
(c. 570 — 625), des Freundes von Panaitios und Poljbios; um
-ihn sanmielt sich Alles was nicht untergehen will in dem Strome
*) Vgl. Polyb. XXXI, 24 und bes. XXXU, 11 (p. 1096 Bk.).
*) Mommsen R. G. I*. S. 857, Anm.
*) J, 674 dauern die circenses zwei Tage, die scenici fünf (Liv. XL, 52);
J. 580 die circenses einen Tag, die scenici vier (ib. XLII, 10).
*') Vgl. z. B. Polyb. XXX, 13 (aus Athen. XIV. p. 615; vom J. 687.
104 . Das sechste und siebente Jahrh. d. St.
des Egoismus, der Geldgier und Sittenlosigkeit : von Altersge-
nossen (ausser Terenz) sein Bruder Q. Fabius Maximus (Cos.
609), sein Schwager Q. Aelius Tubero, der jüngere Laelius (Cos.
614), D. Junius Brutus (Cos. 616), L. Furius Philus (Cos. 618),
Sp. Mummius, Sex. Pompejus, P. Rupilius (Cos. 622); von jün-
geren Männern C. Lucilius (geb. 606), die Schwiegersöhne des
Laelius, C. Fannius und Q. Mucius, sowie der jüngerö Tubero,
P. Rutilius, A. Verginius u. A. ^) Aber je stärker der Gegen-
satz war in welchem das Denken und Thun dieses Kreises zu
der herrschenden Richtung stand, desto mehr geriethen sie in
aristokratische Absonderung hinein und desto geringer wurde
ihr Einfluss. Der Bankrott der Nobilität, die innere Fäulniss
der höheren Stände tritt zu Tage im numantinischen Kriege
(611—621) und regt die Gracchen (621—631) zu ihren An-
strengungen auf; er bekundet sich grell im jugurthinischen
Kriege (643 — 648) und macht es der rohen Kraft des geistig
wenig bedeutenden Marius möglich wunderbare Erfolge zu ge-
winnen. Damit dass er griechisch nicht versteht bildet dieser
bereits eine Ausnahme in seiner Zeit 2), ohnehin von der regie-
renden Classe^) ; schon die Aufführung griechischer Stücke zu Rom
in griechischer Sprache zeigt die Verbreitung dieser Kenntniss.
Manche Inschriften aus dieser Zeit sind in beiden Sprachen
verfasst, und die Römer, früher in der palliata sich selbst als
barbari mitbezeichnend, theilen jetzt mit den Griechen die Herr-
schaft, sie auf dem Gebiete der Politik, die Griechen auf dem
der Bildung. Die römischen Schriftsteller der Zeit erkennen
das Uebergewicht der grichischen Literatur an, die einen
indem sie auf Wetteifer in der Form Verzicht leisten, wie
Lucilius, Andere indem sie Correctheit und Glätte in zu-
nehmendem Masse erstreben, wie L. Attius; Manche lassen
sich durch blinde Nachahmung sogar ins Tändelnde führen,
wie die erotischen Epigrammatiker. Die politischen Verhält-
nisse bewirken zunehmende Ausdehnung und Verfeinerung der
Volkslustbarkeiten ^). Seit 609 wurden alljährh?jh vollständige
1) Vgl. Cic. Lael. 27, 101.
«) SaU. Jug. 85, 32.
') P. Crassus, Cos. 623, versteht fünf griechische Dialekte, s. unten 129, 5.
*) Tac. A. XJV, 21 : possessa Achaia Asiaque ludos curatius editos
a L. Mummii triumpho (609), qui primus id genus spectaculi (theatrales
artes) in urbe praebuerit. Vgl. Ritschi Parerga S. 227 f. Th. Mommsen,
Rh. Mus. X. S. 127. Vereinzelt und wirkungslos war der Reactionsversuch
der Ceusoron des Jahrs 639 d. St.; s. oben §.9, 4.
Allgemeine Charakteristik des sechsten n. siebenten Jahrh. 105
Theater in griechischer Weise, mit umherlaufenden erhöhten
Sitzreihen, errichtet, wenn auch noch aus Holz und so dass das
Theater nach gemachtem Gebrauche jedesmal wieder abgebro-
chen wiirde; denn erst 699 wurde durch Pompejus ein Theater
aus Stein gebaut. Fortwährend überwiegt daher auch in der
literarischen Production das Drama. Die Tragödie hat im sie-
benten Jahrh. an L. Attius einen achtbaren Vertreter; innerhalb
der Komödie lösen sich palliata, togata, kunstmässige Atellane
und kunstmässiger Mimus in rascher Folge ab, zeigen aber eben
in dieser Stufenfolge ein immer tieferes Herabsteigen zum Ge-
schmacke der Masse, zur plebejischen Posse und zu gemeinem
Sinnenkitzel. Das Epos zehrt noch an dem Aufschwünge den
es nach der Mitte des sechsten Jahrh. (in Naevius und Ennius)
genommen und findet in der Gegenwart keinen Antrieb zu neuem
Aufblühen, üeberhaupt war ausserhalb des Dramas die poeti-
sche Production fast erloschen; kaum dass Lucilius und jene
Erotiker eine Ausnahme machen. Der Nation als solcher fehlte
es an dichterischem Vermögen und Streben, und die inneren
Unruhen liessen es auch zu keiner Sammlung kommen. Dagegen
Geschichtschreibung, Beredtsamkeit und Rechtskunde wachsen
in der Treibhaushitze der politischen Kämpfe rasch an Umfang
und Gehalt, und die Forschung wird von der Mitte des ,7. Jahrh.
an emsig nach allen Seiten hin betrieben, in Prosa wie in ge-
bundener Form, meist zwar nicht von eigentlichen Römern,
ausser L. Aelius Stilo.
Die lateinische Sprache und Metrik blieb im 7. Jahrh. we-
sentlich so wie sie im sechsten Ennius festgestellt hatte *). Vor
Ennius war das Lateinische, in Folge seines tiefge wurzelten
Triebes die Vocallängen (besonders im Auslaut) zu Kürzen abzu-
schwächen, die auslautenden Consonanten aber zu verdunkeln
und abzustossen, auf dem Wege in umbrische Stumpfheit zu
verfallen, die Flexionsformen zu trüben, die Declination einzu-
büssen und so schon jetzt zu einer romanischen Sprache zu wer-
den. Die poetae scenici vor ihm hatten in jenen Beziehungen
der nachlässigen und schwankenden Aussprache des gewöhn-
lichen Lebens viele Zugeständnisse gemacht; Ennius aber hat
den drohenden Zerfall wenigstens für die Schriftsprache auf
mehrere Jahrhunderte aufgehalten. Zwar auslautendes s hat auch
er prosodisch unberücksichtigt gelassen; es war demnach schon
0 Vgl. RitHchl im Rh. Mus. XIV. S, 394 ff.
106 Das sechste und siebente Jahrh. d. St.
in seiner Zeit vor Consonanten so gut wie unhörbar; erst von
den alexandrisierenden Dichtern gegen Ende der Republik wurde
es als voller Laut anerkannt*). Aber in allem üebrigen hat
Ennius das Verdienst mit scharfem Schnitte der Unbestimmtheit
ein Ende gemacht zu haben, indem er jedem in der gesetz-
mässigen Sprache vorhandenen Laute seine Geltung verschaffte,
jede Silbe in einer der beiden grossen Kategorien Lang oder Kurz
unterbrachte und diese Scheidung in allen zweifelhaften Fällen
mittelst feinhöriger Belauschung dessen was in correcter Aus-
sprache das üebergewicht hatte vollzogt), Piir seine neueProso-
dik schuf Ennius auch ein in der römischen Literatur neues
Mass, den daktylischen Hexameter, und beseitigte in diesem die
Auflösung der Hebungen, die in allen vor ihm angewandten
Massen, dem satumischen wie den scenischen, geübt worden
war^). Freilich erstreckte sich sein Einfluss nur auf die Schrift-
sprache und die nach dieser sich modelnde Sprache der Gebilde-
ten; die kunstlose Praxis des gewöhnlichen Lebens gieng daneben
noch geraume Zeit ihre eigenen alten Wege fort. Nicht nur
dass der Saturnius auch nach Einführung des Hexameters noch
eine gute Weile fortbestand, in den öffentlichen Denkmälern
und in den volksmässigen Formen dramatischer Lustbarkeit: auch
eine Art von Vulgärmetrik bestand im siebenten Jahrh., welche
sich zwar des Hexameters bediente, auf diesen aber die proso-
dischen Freiheiten der scenischen Dichter des sechsten Jahrh.
übertrug und namentlich die Auflösung der Hebungen beibehielt;
so in der Inschrift des Mummius und den sortes Praenestinae.
Auch bei den Kunstdichtern zeigte sich die Einwirkimg der
nationalen Weise wenigstens in ihrer fortwährenden Vorliebe für
die Alliteration.
Wie die Sprachformen selbst in dieser Zeit fixiert wurden,
so auch deren Wiedergabe durch die Schrift. Das lateinische
Alphabet*) stammt von einem jüngeren griechischen, dem dori-
schen der Griechen in Kyme (Cumae) und in Sicilien, und wurde
deshalb von Anfang an von Links nach Rechts geschrieben.
Es bestand aus 21 Buchstaben, worunter X und Z, aber nicht G.
Im sechsten Jahrh. führte der Freigelassene des C!os. 520 u. 526,
1) Vgl. Cic. or. 161.
«) Ritschi a. a. 0. S. 395.
3) Ritschi a. a. 0. S. 407.
*) Vgl. Mommsen R. G. I*. S. 196—200. W. Corssen in Pauly's R. E. I, 1.
S. 803-805.
Sechfitea Jahrh. Dichter: Andronicus. 107
Sp. Carrilius, das Scbriftzeichen 6 ein, liess aber das von An-
fang an unpopuläre und allmählich ausser Gebrauch gekommene
2 weg, das erst in der ciceronischen Zeit, zusammen mit Y,
(wieder) in die Schrift kam und nun seinen Platz am Schlüsse
des Alphabets erhielt. Das Alphabet des Carvilius bestand so
gleichfalls aus 21 Buchstaben. Andere Bestimmungen der Schrei-
bimg knüpfen sich an die Namen von Dichtem an, weil bei dem
schwankenden Zustande der lateinischen Sprache und der Selten-
heit fliessender Handhabung der Kunst des Schreibens jeder
Dichter zugleich den Grammatiker zu machen hatte, um die
gesprochene Sprache in der Schrift genau wiederzugeben'). So
soll Ennius zuerst die Verdoppelung der Consonanten in der
Bücherschrift angewandt haben ; L. Attius bezeichnete die Länge
von Vocalen durch Verdopplung derselben, und Lucilius unter-
schied die Laute I und EI durch die Schrift, — alle mit dem
Erfolge dass ihr Vorgang auf die Schreibung der wichtigeren
Urkunden ihrer Zeit, theilweise auch griechischer^), Einfluss
übte, wenn auch nicht immer sogleich und noch weniger gleich-
massig. Von den Vocalen schrieb man vor 520 ausser A nur
0 und E; zwischen 520 und 550 kam neben 0 auch V auf,
aber erst zwischen 550 und 568 siegte V und I für die Dauer'),
doch so dass ihre Verdopplung fortwährend vermieden wurde.
Zu den auch für die Geschichte der Sprache wichtigsten
Urkunden dieser beiden Jahrhunderte gehört insbesondere das SC.
de Bacanalibus vom J. 568, die Inschrift von Sora , der titulus
Mummianus (um 615), ein Theil der Scipionengrabschriften, die
tabula Bantina (zwischen 621— 636), die Epistula ad Tiburtes^),
der Schiedsspruch von Q. und M. Minucius in der Grenzstrei-
tigkeit zwischen den Genuaten und Veturiem (J. 637), die lex
agraria vom J. 643 u; a.
A. Sechstes Jahrhundert d. St.
I. Dichter«
82. Andronicus (c. 470 — c. 550) kam jung, bei der Er-
oberung Tarents (J. 482 = 272 v. Chr.), als Gefangener nach
Itom und in den Besitz eines Livius , vielleicht des nachmaligen
') Etwa wie die ältesten Setzer (bes. des Griechischen) Gelehrte sein
innuten.
*) H. Sauppe, Göttinger G. A. 1867. Nachr. Nr. 9, S. 169.
') Ritschi und Mommsen, Bhein. Mos. IX. S. 14—18. 464 ff.
*) Mominsen im C. I. lat. I. p. 107 f.
108 Sechstes Jahrhundert d. St.
(J. 547) Siegers von Sena, M. Liviua Salinator. Vom Unterricht
im Lateinischen und Griechischen lebend, erhielt er die Freilas-
sung und damit den Namen (L. ?) Livius Andronicus. Für seine
Schüler übersetzte er die Odyssee in lateinischen Saturniem, un-
behülflich und nicht ohne schwere Missverständnisse. Daneben
war er Schauspieler und schrieb sich selbst seine Texte, die er
gleichfalls aus dem Griechischen übersetzte und herausgab, vor-
zugsweise Tragödien, unter Nachbildung der leichteren griechi-
schen Masse und Beibehaltung der volksmässigen Alliteration.
Die erste Aufführung eines solchen zusammenhängenden Stückes
geschah im J. 514 = 240. Im J. 547 wurde ihm die Anfertigung
des Dankliedes für den Sieg bei Sena übertragen. Auch wur-
den ihm zu Ehren den poetae Corporationsrechte verliehen und
diesen für ihren Gottesdienst im Minervatempel auf dem Aventin
ein Platz eingeräumt.
1. Vorname L. (Gell. N. A. XVII, 21, 42. Fest. v. eurregit, p. 297 M.)
entstanden aus dem Anfang von Livius?
2. Hieronym. chron. ad a. 1829, Ol. 148, 1 (= 566 d. St., wohl in Folge
von Verwechslung der zweiten Eroberung Tarents im J. 545 mit der er-
sten): Titus Livius tragoediarum scriptor clarus habetur, qui ob ingenii
meritum a Livio Salinatore, cuius liberos erudiebat, libertate donatus est.
Cassiod. Chron. ad a. 515: his conss. ludis romanis primum tragoedia et
comoedia a Lucio Livio ad scaenam data. Dagegen J. 514 bei Cic. Brut.
18, 72. Gell. 1. L
3. Sueton. de gramm. 1: antiquissimi doctorum, qui iidem et poetae et
semigraeci erant, — Livium et Enniiun dico, quos utraque lingua domi
forisque docuisse adnotatum est — nihil amplius quam Graecos interpreta-
bantur aut si quid ipsi latine composuissent praelegebant.
4. Liv. VII, 2, 8: Livius . ., qui ab saturis ausus estprimus argumento
fabulam serere, idem scilicet, id quod onmcs tum erant, suorum carminum
actor etc. Cic. leg. II, 15, 39: (theatra) quae solebant quondam conpleri
severitate iucunda Livianis et Naevianis modis. Titel seiner Tragödien:
Achilles, Aegisthus, Aiax (mastigophorus), Andromeda, Danao, Equus Troia-
nus, Hermiona, Ino, Tereus. Ueberreste bei E. Klussmann, Rudolstadt 1849.
26 pp. 4. und Ribbeck, trag. lat. p. 1 — 5, vgl. p. 243— 245. Komödien:
Gladiolus, Ludius, Virgus (? Ribbeck Verpus, 0. Günther Auriga). Ueber-
reste bei Ribbeck, com. lat. p. 3 f.
5. Cic. Brut. 18, 71: et Od3rsBia latina est sie tanquam opus aliquod Dae-
dali et Livianae fabulae non satis dignae quae iterum legantur. Gell. N. A.
XVIII, 9, 5: offendi in bibüotheca Patrensi librum verae vetustatis Livi An-
dronici, qui inscriptus eet^Odvaastaj in quo erat versus primus: virüm
mihi, Camena, insece versütum. Auf die Odyssia hauptsächlich bezieht
sich wohl die Benutzung der carmina Livi als Schulbuch durch Orbilius,
Hör. Ep. II, 1, 69 ff. Die Ueberreste der Od. gesammelt von 0. Günther,
im Progr. von Greiffenberg 1864. 10 pp. 4. J. A. Pfau, de numero satur-
Dichter: Andronicns. Naevius. 109
nio (Quedlinburg 1864) p. 70--78. vgl. Jahns Jahrb. 87, S. 331—333. 93,
S. 566—568 u. A.
6. Liv. XXVII, 37: decrevere pontifices ut virginee ter novenae per ur-
bem euntes Carmen canerent. Id cum in lovis Statoris aede discerent condi-
tom ab Livio poeta Carmen etc. ... Carmen in lunonem regiuam canentes,
illa tempestate forsitan laudabile rudibus ingeniis, nunc abhorrens et in-
conditum, ßi referatur. Fest. p. 333 M.: cum Livius Andronicus hello Pu-
nico secuudo ecripsisset carmen quod a yirginibus est cantatum, quia pro-
sperius resp. populi rom. geri coepta est, publice adtributa est ei in Aven-
tino aedis Minervae, in qua liceret scribis histrionibusque consistere ac
dona ponere, in honorem Livi, quia is et scribebat fabulas et agebat. Vgl.
O. Jahn, Berichte d. sachs. G. d. W. 1856, S. 294 ff. AI. Riese in den Verh.
der Heidelberger Philologenvers. (Leipzig 1866) S. 161—166.
7. H. Düntzer, L. Livii Andr. fragmeuta coUecta et iulustrata. Berlin
1835. 94 pp. 8.
8. F. Osann, Analecta critica (Berlin 1816) p. 1 — 28. Stieve, de rei scen.
ap. Born, origine (Berl. 1828) p. 68—90. A. L. DöUen, de vita Livii Andr.
Dorpat 1838. 52 pp. 8. W. Teuffei in Pauly's R. E. IV, S. 1118—1120.
O. Günther in Mützell's Ztschr. 1860, S. 809--814. Th. Mommsen, R. G. I*.
S. 861—863.
83« Cn. Naevius, gebürtig aus Campanieu, aber von
Nationalität ein Latiner, kämpfte im ersten punischen Kriege mit
und brachte seit d. J. 519 = 235 Stücke zur AuflPülirung, im All-
gemeinen in der Weise des Andronicus, nur mit mehr Talent
und Freiheit und unter Bevorzugung der Komödie. Der rück-
sichtslose Freimut mit dem er darin,' in echt römischer Weise,
auch politische Grössen angrifiF, zog ihm zuerst Gefängniss und
dann Verbannung zu, in v^relcher er (um 555) starb. In seinen
späteren Lebensjahren unternahm er es auch den nationalen und
selbsterlebten StoflF des ersten punischen Krieges poetisch zu be-
handeln, und that es im satumischen Masse. Vermöge dieser
nationalen Richtimg wurde er ferner innerhalb des Dramas
Schöpfer der praetexta, und erhielt sich Jahrhunderte hindurch
im freundlichen Gedächtniss seines Volkes. Auch uns noch weht
aus den spärlichen auf uns gekommenen Ueberresten ein frischer,
energischer, reichbegabter und selbstbewusster Geist entgegen.
1. Gell. N. A. I, 24, If.: triam poetarum iUustrium epigrammata, Cn.
Naevi, Plauti, M. Pacuvii, qoae ipsi fecerunt et incidenda sepulcro suo re-
liqaeront . . . Epigramma Naevi plenum superbiae campanae (vgl. Cic. leg.
agr. 11,33,91. Liv. IX, 6, 5) ...: immörtal^s mortales si for^t fas fl^re,
Fler^nt divaä Cam^nae Naäviüm po^tam. Itä<qae postquam ^st orcino tra-
ditÜB thesaüro Obb'ti sunt Romai loquidr lingua latina. „Wenn N. nicht
römischer Bürger, sondern Bürger einer latinischen Stadt Campaniens war,
8o erklärt es sieb leicbter dass ibn die römische Polizei so rücksichtslos
110 Sechstes Jahrhundert d. St.
behandelte. Schauspieler war er auf keinen Fall, da er im Heer diente."
Th. Mommsen.
2. Gell. XVlI, 21, 44 f. : anno post Romam conditam quingentesimo un-
devicesimo ... Cn. Naevius poeta fabulas apud popnlum [primum?] dedit,
quem M. Varro in libris [libro] de poetis primo stipendia fecisse ait bello
poenico primo, idque ipsum Naevium dicere in eo carmine quod de eodem
bello scripsit. Vgl. unten 84, 2.
3. Gell, ni, 3, 16: de Naevio accepimus fabulas eum in carcere duas scri-
psisse, Hariolum et Leontem, cum ob assiduam maledicentiam et probra
in primores civitatis, de graecorum poetarum more dicta, in vincula Ro-
mae a triumviris coniectus esset, ünde post a tribunis plebis exemptus
est, cum in his quas supra dixi fabulis delicta sua et petulantias dictorum,
quibus multos ante laeserat, diluisset. Ps. Ascon. zu Cic. Verr. act. pr.
10, 29. p. 140 Or. : dictum facete et contumeliose in Metellos antiquum
Naevii est: fatö Met^ Romai h'unt cönsul^s, cui tuuc Metellus consul (J.
648) iratus versu responderat . . . : dabunt malüm Metälli Na^viö po^tae. —
Plaut, mil. gl. 211 f. R.: 6s columnatüm poetae esse indaudivi bärbaro,
Quoi bini custödes semper tötis horis öccubanlj.
4. Hieron. chron. zu J. 1813, Ol. 144^ 1 (= 560 = 204): Naevius pomicus
Uticae moritur, pulsus Roma factione nobilium ac praedpue MeteUi (Me-
tellorum?}. Cic. Brut. 15, 60: his consuübus (des J. 660), ut in veteribus
commentariis (welchen?) scriptum est, Naevius est mortuus; quamquam
Varro noster, diligentissimus investigator antiquitatis, putat in hoc erra-
timi vitamque Naevi producit longius. Varro hatte ohne Zweifel Recht.
Geboren war N. etwa 485 oder 490.
6. Tragödien: Andromacha (? von Ennius?), Danae, Equus troianus,
Hector proficiscens, Hesiona, Iphigenia, Lycurgus. Fragmente beiRibbeck
trag. p. 6—13. vgl. p. 246—247.
6. Praetextae: Clastidium, Romulus s. Alimonium Romuli et Remi.
Ribbeck trag. p. 235 f. vgl. p. 348 f. Grauert im Philologus H. S. 115—130.
Röper, ebdff. VH. S. 591 f. Berchem unterscheidet: Lupus s. Alimonium
R. et R., und Romulus.
7. Komödien: Acontizomenos, Agitatoria, Agrypnuntes, Appella, Ario-
lus, Astiologa, Carbonaria, Colax, Commotria, Corollaria, Dementes, Deme-
triua, (Diobolaria?) Dolus, Figulus, Glaucoma, Gymnasticus, Lampadio,
Leo, LuduB, Lupus (vgl. Anm. 6), Nagido, Nautae, Nervolaria, Paelex,
Personata, Proiectus, Quadrigemini, Satura (? Festus p. 257 M.) , Stalagmo-
nissa, Stigmatias, Tarentilla, Technicus, Testicularia , Tribacelus, Triphal-
lus, Tunicularia. Die Ueberreste bei Ribbeck, com. lat. p. 6 — 25. Vgl.
Klussmann p. 132 — 181. Vieles ist unsicher, namentlich wegen der häufigen
Verwechslung mit Laevius, Livius und Novius. — Die Stücke mit lateini-
schem Titel sind wohl die späteren. Alle aber gehören der paUiata an;
doch bewegte sich N. seinen Originalen gegenüber, wie es scheint, freier
als selbst Plautus, und nahm schon Gontamination vor (Ter. Andr. prol. 7).
Von den Komödien (und etwa dem Epos) gilt wohl hauptsächlich des Horaz
ärgerliche Frage (Ep. 11, 1, 53): Naevius in manibus non est et mentibus
haeret paenc recens?
Dichter: Naevius. Plautus. 111
8. Bellom punicum (poenicum). Cic. Cato 14, 49 f. : si habet aliquod tam-
qaam paboluin studii atque doctrinae, nihil est otiosa seuectute iucundius.
... Qoam gaudebat Bello suo punico Naevius! — Säet, de gramm. 2: C.
Octavius Lampadio Naevii Punicum bellum .. uno volumine et continenti
acriptora expositum divisit in Septem libros. Ein Cornelius und ein Vir-
gilios als Commentatoren bei Varro L. L. VIT, 39. — • Cic. Brut. 19, 75 f. :
Naevi .. Bellum punicum quasi Myronis opus deiectat. ... Et luculente qui-
dem (Naevius rem scripsit), etiamsi minus quam tu (Ennius) polite. Die
beiden ersten Bücher enthielten die Urgeschichte Roms und Karthagos
(Aeneas und Dido), das dritte begann dann mit dem ersten punischen
Kriege. Der Stoff war in nüchterner Weise, etwa im Tone einer Reim-
chronik, behandelt. Die Ueberreste ex recensione I. Yahlen, Lips. 1854.
20 pp. 4, Auch bei Pfau, de numero sat. (Quedl. 1864) p. 79— 96. Vgl.
Jahns Jahrb. 87, S. 333—336.
9. A. Schütte, de Cn. Naevio poeta, P. I. Würzburg 1841. E. Klussmann,
Cn. Naevii poetae rom. vitam descripsit, carminum reliquias coUegit, poesis
rationem exposuit, Jena 1843, nebst M. Hertz, Berl. Jahrb. 1843. II. S. 217
—236. W. Teuffei, in Pauly's R. E. V. S. 396—400. Mommsen, R. G. P.
S. 879—881. 873 f. 898 f. M. J. Berchem, de Gn. Naevii poetae vita et scri-
ptiB, Münster 1861. 112 pp. 8.
84. T. Maccius Plautus, geboren um 500 = 254 in der
umbrischen, aber damals wohl schon latinisierten Landstadt Sas-
sina, als Freier, aber von niedrigem Stande. In ßoDfi an der
Bühne beschäftigt, verlor er die dort gemachten Ersparnisse durch
Handelspeculationen, verdingte sich zeitweilig in eine Mühle,
und erwarb sich den Lebensunterhalt durch lateinische Bearbei-
tung griechischer Lustspiele, bis er J. 570 = 184 starb. Die
Nothwendigkeit schnell zu arbeiten, um sich etwas zu erwerben,
verbunden mit der stofflichen Unselbständigkeit seiner Hervor-
bringungen, lässt auf Fruchtbarkeit des Plautus schliessen. Aber
über die Anzahl der von ihm bearbeiteten Stücke entstand Un-
sicherheit, hauptsächlich dadurch dass man bald alle Palliaten
aus der Zeit des Plautus — von denen viele nur noch in Bühnen-
exemplaren vorhanden sein mochten — als plautinisch zu be-
zeichnen sich gewöhnte. Varro unterschied unter diesen drei
Classen: 21 allgemein als echt anerkannte, ferner wahrscheinlich
echte (wohl 19 Stücke), und endlich unechte. Die der ersten
Classe (fabulae Varronianae) sind ohne Zweifel die erhaltenen.
1. Der Name (statt des früheren M. Accius) aus dem Ambrosianus und
Gell. III, 3, 9 gewonnen von Ritschi, de nominibus Plauti, Parerga p. 3 — 43,
nnd gegen Geppert (Jahns Jahrb. Suppl. XIX. S. 262 ff. vgl. Ritschl's Ausg.
d^ Mercator p. XI f.) vertheidigt von M. Hertz, T. Maccius Plautus oder
M. Accius Plautus? Berlin 1854. 32 S. 8. Dazu (gegen Yallauri): de Plauti
poetae nominibua epimetrum, Breslau 1867. 16 pp. 4.
112 Sechstes Jahrhundert d. St.
2. Cic. Brut. 15, 60: Plautus P. Claudio L. Porcio coss. (J. 570) mor-
tuuB est, Catone censore. Cato 14, 50 unter den Beispielen von Beschäf-
tigungen der senectus: quam gaudebat . . . Trnculento Plautus, quam Pseu-
dulo (aufgeführt J. 563) ! Diess stimmt auch zu andern Daten. Vgl. Ritschi,
de aetate Plauti, Parerga p. 45 — 70. Daher ist jedenfalls unrichtig wenn
Hieronym. zu Euseb. chron. 1813, Ol. 144, 1 (= 550 d. St.) angibt: Plautus
ex Umbria Sarsinas Bomae moritur, wofür M. Hertz moratur vorschlug,
Andere Verwechslung mit clarus habetur -annehmen. — Gell. I, 24, 3:
Epigramma Plauti, quod dubitassemus an Plauti foret, uisi a M. Varrone
positum esset in libro de poetis primo: Postquam est mortem aptus
Plautus comoedia luget, scaena est deserta, dein risus, ludus iocusque et
numeri innimieri simul omnes conlacrimarunt. — Lessiug, Abh. von dem
Leben und den Werken des PI. (J. 1750), sämmtl. W. m S. 1—27 (Lach-
mann). C. G. Andresen, de vita Plauti, Altona 1843. 4.
3. Gell, in, 3, 14: Saturionem et Addictum et tertiam quandam. . in
pistrino eum scripsisse Varro et plerique alii memoriae tradiderunt, cum,
pecunia omni quam in operis artificum scenicorum pepererat in mercati-
bus perdita, inops Romam redüsset et ob quaerendum victum ad circum-
agendas molas quae trusatiles appellantur operam pistori locasset.
Hieronym. 1. 1.: qui propter annonae difQcultatem ad molas manuarias
pistori se locaverat, ibi quotiens ab opere vacaret scribere fabulas solitus
ac vendere. Hör. Ep. H, 1, 175: (PI. ist formlos:) gestit enim nummum
in loculos demittere.
4. Gell, in, 3, 11: feruntur sub Plauti nomine comoediae circiter cen-
tum atque triginta: Serv. praef ad comm. in Aen. : Plautum alii dicunt vi-
ginti et unam fabulas scripsisse, alii quadraginta, alii centum Letztere
Zahl wohl (mit M. Hertz) aus einer andern Quelle als 130; anders Bitschi,
Parerga S. 126. 173. Indices (der plautinischen Stücke) Aelii, Sedigiti,
Claudü, Aurelii, Attii, Manilii erwähnt Gell. 1. 1. §. 1.; ib. 12: homo erudi-
tissimus L. Aelius XXV eins (Plauti) esse solas existimavit. üeber Varro
ib. 1 ff. dass er nach seinem persönlichen Gefühl und Urteil, ob ein Stück
des Plautus würdig sei oder nicht, seine Classen unterschieden habe: (3)
nam praeter illas XXI quae Varronianae vocantur, quas idcirco a ceteria
segregavit quoniam dubiosae non erant, sed consensu omuium Plauti esse
censebantur, quasdam item alias probavit, adductus filo atque facetia ser-
monis Plauto congruentis, easque iam nominibus aliorum occupatas Plauto
vindicavit. Bitschi vermutet dass dieser zweiten Classe (avTilByofisva)
Varro 19 Stücke zutheilte (daher die Zahl 40 bei Servius), etwa (S. 128 ff.):
22. Saturio; 23. Addictus; 24. Boeotia; 25. Nervolaria; 26. Fretum; 27. Tri-
gemini; 28. Astraba; 29. Parasitus piger; 30. Parasitus medicus. 31. Com-
morientes; 32. Condalium; 33. Gemini lenones. 34. Peneratrix; 35. Frivo-
laria; 36. Sitellitergus; 37. Fugitivi; 38. Oacistio; 39. Hortulus; 40. Artemo.
* Zur dritten Classe (vod-a) könnten dann gehören (S. 154 ff.): 1. Colax;
2. Carbonaria; 3. Acharistio; 4. Bis compressa; 5. Anus; 6. Agroecus;
7. Dyscolus; 8. Phagon?; 9. Comicula; 10. Calceolus; 11. Baccaria; 12. Cae-
cus aut Praedones. Dass aber die (mit Ausnahme der letzten, Vidularia)
erhaltenen 21 eben die Varronianae (der ersten Classe, der ofioXoyo-vfisva)
sind ist schon an sich höchst wahrscheinlich. Varro's Ansehen bewirkte
Dichter: Plautus. Seine Stücke. 113
dass man die von ihm anerkannten Stücke im Abschreiben und Lesen
bevorzugte.
5. Zur Entstehung der kritischen Schwierigkeit Gell. III, 3, 13: non
dubium est quin istae (alle?) quae scriptae a Plauto non videntur et no-
mini eins addicuntur veterum poetarum fuerint et ab eo retractatae atque
expolitae sint ac propterea resipiant stilum Plautinum. Diess könnte nur von
Stücken des Andronikus und Naevius^ gelten; s. Ritschi Parerga S. 96—113.
In §. 10 erwähnt Gellius auch dass in Varro's Über de comoediis plautinis
id quoque scriptum, Plautium fuisse querapiam poetam comoediarum, des-
sen Stücke wegen der Namensähnlichkeit (Gen. Plauti) mit denen des
Plautus zusammengeworfen worden seien; was aber nicht weit hilft; s.
Ritschi S. 95 f. Hauptursache (Ritschi S. 113 f.): dass der Name plauti-
nisch zu einer Art von Collectivbezeichnung für die Blütezeit der palliata
wurde, indem das Namenlose theils selber sich an den berühmten Na-
men anlehnte, theils missverständlich, von manchen Schauspieluntemeh-
^mem auch wohl wissentlich, dem Plautus zugeschrieben wurde. Vgl.
Mommsen R. G. I*. S. 882 : „ Solcher handwerksmässigen Komödien-
bearbeiter scheint es in Rom damals [zur Zeit des Plautus] eine ziem-
liche Zahl gegeben zu haben; allein ihre Namen sind, zumal da sie wohl
durchgängig ihre Stücke nicht publicierten [d. h. selbständig und unter
ihrem eigenen Namen herausgaben], so gut wie verschollen [ein solcher
Verschollener wäre eben Plautius]; und was von diesem Repertoire sich
erhielt gieng späterlün auf den Namen des populärsten unter ihnen, des
Plautus".
6. Ueber die ganze Frage s. Ritschi, die fabulae Varronianae des
Plautus, Parerga S. 71—245.
85. Die erhaltenen zwanzig Stücke stehen in den Hand-
schriften in ungefährer alphabetischer Ordnung, nur dass bei
den Bacchides diese jetzt zu Gunsten der chronologischen ver-
lassen ist. Das Folgende zählt sie in dieser überlieferten Rei-
henfolge auf.
l)Amphitruo, das einzige plautinische Stück mit mytholo-
gischem (komisch- wunderhaftem) Stoflfe, der etwas ethisch Be-
denkliches hat, aber mit formeller Meisterschaft und heiterster
Laune behandelt ist. Original und Abfassungszeit unbekannt.
Bedenklich ist das frevle Spiel das mit der Tugend der treuen und edlen
Alkmene getrieben wird. Verwechslungen wie in den Menaechmi, nur hier
in Folge absichtlicher Nachahmung. Wegen der Mischung göttlicher imd
menächUcher Personen vom Prolog als tragicomoedia bezeichnet. Das
Original ohne Zweifel aus der neuen Komödie und weder ein Stück des
Archippos (alte att. Komödie) noch des Rhinthon; s. J. Vahlen, Rhein.
Mos. XVL S. 472 fF. Auffuhrungen vielleicht noch im vierten und fünften
Christi. Jahrb.; s. Amob. adv. g. IV, 35. VII, 33. Prudent. perist. X, 226.
Aogustin. Epist. 202. Nach IV, 2 ist eine Lücke von ungefähr 4 Scenen
oder 300 Versen, entstanden durch den Verlust einer Blätterlage; im 15.
Tfuffpl, Rum. r.ilrralurg-esrhirhlr. 3
114 SechstcB Jahrhundert, d. St.
Jahrh. von Hermolaus Barbarus durch eine nach Form und Inhalt miss-
glückte Nachdichtung ausgefüllt.
Ausgaben von F. Ast (Landshut 1818), Lindemann (Lips. 1834), F. W.
Holtze (Lips. 1846).
F. Osann, über den A. des PL, Rhein. Mus. von Welcker und Näke IL
S. 305—335. Em. Hoffmann, de Plauti Amph. exemplari et fragmentis,
Bresl. 1848. Welcker, griech. Trag. S. 1478—1481.
2) Asiiiaria, von possenhaftem StoflFe, aber manchf altiger
und lebendiger Charakterzeichnung und mit Scenen von grosser
komischer Wirkung. Original wohl der ^Ovccyog des Diphilos
und Abfassungszeit um 560.
Statt Demophilus scripsit schreiben im Prolog Ladewig und Bitschi,
Parerga S. 272, A.: eam Diphüus scripsit.
Ausgabe von E. J. Richter, Nürnberg 1833. — Linge, de As. PL, in-
signi corruptae apad Atticos sub novae comoediae aevum pueromm edu-
cationis ezemplo, Hirschberg 1834.
3) Aulularia, eines der ausgezeichnetsten Stücke des Plau-
tus^ nach Anlage wie Ausführung , enthaltend die Zeichnung
eines Geizhalses in einer Manchf altigkeit von Situationen. Der
Schluss ist verloren.
Original sicher ein Stück der neuen Komödie. Abfassuugszeit wegen
III, 5 nach Aufhebung der lex Oppia, also nach 559; Ladewig in Ztschr.
f. d. A. W. 1841, S. 1085 f.
Ausgaben von Göller (Cöln 1825), E. J. Richter (Nümb. 1833), Deenik
(Leyden 1835), Hildyard (London 1839), Th. Vallauri (Turin 1853), W.
Wagner (with notes, Cambridge 1866).
Wolff, prolegomena ad PI. A., Naumburg 1836. 4. Bromig, Verglei-
chung der A. des PI. und des Avare von Moliere, Burgsteinfurt 1854. 4.
C. Humbert, Moli^re's Avare und PL A., in Herrig's Archiv XVIII. S. 376
— 410. G. Claus, de Aul. PI. fabula iisque scriptoribus qui eam imitati
sunt, Stettin 1862. 74 pp. 8. W. Wagner, de PL A. Bonn 1864. 34 pp, 8.
4) Captivi, ein Rührstück, ohne erotische Verwicklung und
spannendes Interesse, doch mit schönen Scenen und durch die
Figur des Parasiten belebt.
Contamination (so dass der Haupttheil aus Anaxandrides, der Parasit
aus Antiphanes wäre) ohne triftige Gründe behauptet von Ladewig, der
Kanon des Volc. Sed. (1842) S. 28—31; halb zurückgenommen in Pauly's
R. E. V. S. 1733.
Ausgaben von Avellini (Neapel 1807. 4.), Bosscha (AmstenJ. 1817),
Fr. Lindemann (em., Lips. 1830; mit Mil. gl. und Trinummus, Lips. 1823.
1844), C. E. Geppert (lat. u. deutsch, Berl. 1859), J. Brix (für den Schul-
gebr. erkL, Leipzig 1865).
Lessing, Werke IIL S. 77—122. 127-140. Vgl. W. Hertzberg vor sei-
Dichter: Plautus. Die erhaltenen Stücke. 115
ner Uebersetzung S. XIX. — J. Brix, Emendationes in PI. Capt., Liegnitz
18Ö2- 22 pp. 4.
5) Curculio (Gurgelmensch), komischer Name des Parasi-
ten, in dem Stücke. Die Charaktere sind die gewöhnlichen, die
Erfindung ziemlich dürftig. Abfassung bald nach 561.
TV, 2, 23 ff. Anspielung auf die lex Sempronia (Liv. XXXV, 7) vom
J. ö€l. W. Teuffei, Rh. Mus. VIII. S. 33. Ausser IV, 2 ist merkwürdig
IV, 1 als eine Art von Parabase.
Ausgabe von C. E. Geppert (lat. u. deutsch), Berlin 1845. Lindemann,
Bcena PL ex Cure, emendata, Zittau 1846. 4. L. Mercklin, Symbolae exe-
get. ad Cure. PL, Dprpater Lectionskatalog 1861. 14 pp. 4.
6) CasTna, nach den KkriQoviisvot des Diphilos gearbeitet,
aber mit Zuthat von Unsauberkeiten im massiv römischen Ge-
schmacke, die wohl auch den Wegfall der Schlusspartien zur
Folge hatten. Das Elrhaltene ist nämlich ohne Zweifel eine
abgekürzte spätere Bühnenbearbeitung, während der Prolog-
schreiber'noch das vollständige Stück kannte.
W. Teuffei im Rh. Mus. VIII. S. 27—30. Abfassung vor dem Verbot
der Bacchanalien (J. 568) folgert Mommsen R. G. I*. S. 873, Aum. aua
V, 4, U gegen Ritschi, Parerga S. 191 ff.
Unecht ist die angeblich in Pompeji gefundene Theatermarke mit
„Casina Plauti^.
Ausgabe (in us. lectt.) von Geppert, Berlin 1866. — Th. Ladewig,
Einl. und Anm. zur Gas., Rh. M. III. S. 185 ff. Th. Mommsen, zum Pro-
log der Gas., Ebds. X. S. 122—127. üeber Gas. III, 5 s. A. Fleckeisen,
Kritiscbe Miscellen (Dresden 1864) S. 5 ff. Geppert, über die Gas. im cod.
Ambr., in Mützells Ztachr. f. Gymn. XVII. S. 625—636. W. Studemuud,
Ebds. XVUL S. 526—558.
7) Cistellaria, kaum zur Hälfte erhalten, vielleicht gleich-
falls nach einem Theaterexemplar. Die Handlung hat viele
Aehnlichkeit mit der des Epidicüs. Abfassung vielleicht um 555.
W. Teuffei, Rh. M. VDL S. 30—32.
Ausgabe von L. E. Benoist, Lyon 1863. — Th. Ladewig, Einl. und
Anm. zur Gist., Rhein. Mus. III. S. 520 ff.
8) Epidicus, mit reicher, aber etwas verwickelter Hand-
lung und ohne besonderen Aufwand von Witz und Lebendigkeit.
Abfassung nach J. 559.
Die Verwickeltheit der Handlung erklärt sich vielleicht (mit Ladewig,
ZtBchr. f. d. A. W. 1841, S. 1086—1090 und dagegen R. Müller, p. 5-14)
aas Gontamination imd dient andererseits vielleicht der Vorliebe des Dich-
ter« fSr da^ Stück (Bacch. 11, 2, 36) zur Erklärung. — II, 2, 40 ff. setzt
die Aufhebung (J. 559) der lex Oppia sumptuaria voraus.
Ausgaben von Fr. Jacob (Lübeck 1835) und G. E. Geppert, Berlin 1865.
8*
116 Sechstes Jahrhundert d. St.
— R. Müller, de PL Epidico, Berlin 1865. — üebersetzung von Fr. Jacob,
Lübeck 1843.
9) BacchideS; nach Anlage wie Charakterzeichnung eines
der besten Stücke. Die Eingangsscenen sind zugleich mit dem
Schlüsse der Aulularia verloren gegangen. Original wohl Me-
nander's ^Ig i^anatciv, Aufführung J. 565.
Ueber den Inhalt der verlorenen 2-3 Scenen s. Ritschi, Rhein. Mus. lY.
S. 354 — 376. 561 — 610, Die schlechten Ergänzungen in älteren Ausgaben
sind wahrsch. von Antonio Beccadelli aus Palenno verfasst.
Contaminatiou unwahrscheinlich; s. W. Teuifel, Rh. M. VIII. S. 26 f.
In IV, 9, 149 f. Anspielung auf die vier Triumphe des J. 565.
Ausgaben von F. Ritschi (Hai. 1835), G. Hermann (Lips. 1845).
Abhandlungen (ausser der angef. wichtigsten von Ritschi): F. V.
Fritzsche, Rostocker Soramerkatalog 1846. 7 pp. 4. Schneidewin (zu I, 2)
Rhein. Mus. II. S. 415-427. M. H. E. Meier, Halle 1853. 4. = Opusc. II.
p. 330—336.
10) Mostell'aria, die Geistergeschichte, ein Stück von sehr
correcter Anlage und mit einer Manchfaltigkeit gutgezeichneter
Charaktere.
Original wohl das ^da^a des Philemon, Ritschi Parerga S. 159 f.
272, Anm.
Ritschi, de turbato scenarum ordine Most. PL, Parerga p. 431 — 508.
.1. A. Stamkai-t, commentarius in PI. Most., Amsterdam 1858. ^28 pp. 8.
Erklärt von A. 0. Fr. Lorenz, Berlin 1866.
11) Menaechmi, wohl das gelungenste der plautinischen
Stücke, die lustigen -Verwechslungen und Conflicte behandelnd
welche durch die tauschende Aehnlichkeit zweier Zwillingsbrü-
der herbeigeführt werden. Vorbild und Abfassungszeit unbekannt.
Argumentimi sicelissat (prol. 12) bezieht sich nur auf den Ort der
Handlung. Dass die Jidvfioi. des Poseidippos zu Grunde liegen (Ladewig,
Philölogus I. S. 275 if'.) ist sehr zweifelhaft; s. Rh. Mus. VIII. S. 33 f.
Für die Abfassungszeit (vor J. 539?) bietet II, 3, 60 wenig Festes.
Zur Kritik: J. Vahlen, Rhein. Mus. XVI. S. 631—638. W. Teuffei, JaJins
Jahrb. 93, S. 704. 95, S. 32—34. 273 f. Rfiein. Mus. XXII. S. 451—455.
W. Claus, üb. d. M. d. PI. und ihre Nachbildung, bes. durch Shake-
speare, Stettin 1861. 48 S. 4.
Ausgaben von Hildyard (Cantabr. 1840), Geppert (lat. und deutsch,
Berl. 1845), J. Brix (f. d. Schulgebrauch erkl., Leipzig 1866).
12) Miles gloriosus, stark aufgetragene Zeichnung eines
Bramarbas, nicht ohne Gedehntheiten, doch im Ganzen wohl-
angelegt und heiter ausgeführt.
Der überlieferte IStol gegen Fleckeisen, Rhein. Mus. XIV S. 628 f. Anm.,
Dichter: Plautiis. Erhaltene Stücke. 117
vertheidigt von W. Hertzberg, üebersetzung S. 356 f. und A. Riese, Khein.
Mus. XXII. S. 303 f.
Original nach II, 1, 8 der Ula^mv eines griech. Dichters, und daneben
für den Eingaugsact der KoXa^ des Menander (W. A. Becker) oder der
AiQrianfixT}g des Dipliilos (Ritschi). Vgl. Rhein. Mus. VIII. S. 31.
Abfassungszeit nach J. 550 (wegen V. 211 f.) und vor 568 (wegen 1016).
Ausgaben von Danz (Vimar. 1804), Lindemann (em., Lips. 1827; mit
Capt. u. Trin. 1823. 1844), Vallauri (Turin 1855).
Ritschi, scona Plaut, emend., Bresl. 1839. 4. Bonner Sommcrkat. 1849.
üeber das alte Argumentum des M. gl., Bonn 1841. 4. Excurse, Rh. M.
VII. S. 314 ff. F. V. Fritzsche, Rostocker Index Sommer 1850. M. Haupt,
BerUner Index Sommer 1858. 0. Ribbeck, Rhein. Mus. XII. S. 594—611.
A. Schöne, ebd. XVIIL S. 157-162.
13) Mercator, mit einer der Casina ähnlichen Handlung,
aufgeführt wahrscheinlich nicht vor 558 d. St. Original Phile-
moü's "EfiJioQos,
Abfassungszeit aus III, 1, 28 gefolgert von Ladewig, Ztschr. f. d. A.
yf 1811, 8. 1085; vgl. Ritschl Parerga p. 344.
Zum Mercator: E. J. Brix, Philologus XII. S. 650—657. F. *Bücheler,
Rhein. Mus. XV. p. 428-444.
14) Pseudölus (WsvdvXog)^ nach Haltung, Ton und Form
von einer gewissen Gereiftheit, aufgeführt J. 563.
Dass Pseudölus der Titel sei s. 0. Seyffert, Philologus XXV. S. 448 f.
Anm. üeber den TJebergang von griech. v in lat. o s. Flcckeiscu Jahrbb.
93, S. 9—12.
Erste Aufführung bei der Einweihung des Tempels der magna mater
(Vgl. II, 4, 19) nach der Didaskalie (Ritschi, Parerga S. 286. 295). Vgl.
Cic. Cato 14, 50: quam (gaudebat in seuectute) Truculento Plautus, quam
Pseudulo! — Bearbeitung nach einem Stücke der mittleren Komödie be-
hauptet ßergk, Rhein. Mus. XX. S. 290.
Annot. instr. Rome\jn, Daventr. 1836. — Mit Rud. u. Truc. denuo rec.
et expl. F. H. Bothe, Lips. 1840. — H. Usener, Paeud. Plaut, scaena se-
cunda recognita, Greifswalder Sommerkatal. 1866. 18 pp. 4.
15) Poenulus, in Erfindung und Anlage nicht ohne Män-
gel, aber berühmt durch das darin vorkommende Phönikische.
Aufführung um 565 d. St. Original ein KaQx^^oviog, wahr-
scheinlich des Menander.
lieber die Mängel und die Zeitkriterien s. W. Teuffei, Rhein. Mus. VIII.
S. 35 — 37. Bei einer späteren Aufführung Umnennung in Patruus pulti-
phagonides (prol. 54). Die letzte Scene ist in doppelter (unvereinbarer,
aber ungefähr gleich alter) Fassung erhalten, Ritschl Parerga p. 601.
Ausgabe von Geppert, Berol. 1864. — üeber das Punische s. Pro-
gramme von Bellermann (Berlin 1806 — 1808) , E. Lindemaun (Schneeberg
1833 f. 1837), Wex (Schwerin 1838). F. C. Movers, phönikische Texte, I. Berl.
118 Sechstes Jahrhundert d. St.
1845. • Wex im Rhein. Mus. II. S. 130 ff. IX. S. 312—315. XII. S. 627-630.
F. Hitzig, Ebds. X. S. 77—109.
16) Persa, ein Bedientenstück von einfacher Erfindung,
doch theilweise sehr lebendiger Ausführung. Abfassungszeit
wahrscheinlich J. 557 d. St.
Th. Ladewig, über den Kanon des Volc. Sed. S. 38—40.
17) Rudens (das SchiflFstau), vorzüglicher durch die heitere
und witzige Ausführung vieler einzelnen Scenen als durch die
Anlage des Ganzen. Abfassung um 562 d. St.
W. Teuffei, Rhein. Mus. VIII. S. 37 f. — Ausgaben von F. V. Reiz
(Lips. 1789), C. E. Chr. Schneider (Vratisl. 1824), F. H. Bothe (s. Pseud.),
Geppert (Berlin 1846. Vgl. Ritschi, Rhein. Mus. V. S. 128 ff.), E. Benoist
(Paris 1864). — Kampmann, adnott., Oels 1830. 4.
18) Stichus, aufgeführt 554 d. St. ludis plebeis. Original
Menander's Q>iXa8tX^)oi^ doch unter Abänderung des Schlusses.
Ritschi, Parerga S. 261—280. Bergk, Ztschr. f. A. W. 1850, S. 332 ff.
W. Teufi^l, Rhein. Mus. VIII. S. 38—40. Dziatzko, Ebds. XXL S. 82 f.
19) Trinummus, ein Familienstück, ohne weibliche Cha-
raktere, von bemessener Anlage und Tonfärbung. Aufgeführt
nicht vor 560 d. St. Original Philemon's OriöavQog.
Ausgaben von G. Hermann (Lips. 1800), Göller (Colon. 1824), Linde-
mann (em., Lips. 1830; mit Cai)t. u. Mil. 1823. 1844), Geppert (lat. u. deutsch,
Berl. 1844. Leipzig 1854), Th. Vallauri (Turin 1856), J. Brix (für den Schul-
gebrauch erklärt, Leipzig 1864).
Ritschi, de actae Trin. tempore, in Parerga p. 339 — 354. De interpola-
tione Trin., Ebds. p. 611—579. Grauert, Allg. Schulztg. 1829,. Nr. 4—6.
M. H. E. Meier, de PI. Tr., Opusc. II. p. 321— 329. Vollbehr, de Tr., Rends-
burg 1862. 16 pp. 4. Bergk, Marburger Ind. 1849 f. 12 pp. 4. F. V.
Fritzsche, Rostocker Ind. 1849 f. W. Studemund, der pL Trin. im cod.
Ambrosianus, Rhein. Mus. XXI. S. 674—621.
Uebersetzt von F. Osthelder (Speier 1852 f. 4.) und W. Wagner (Frankf.
1861).
20) Truculentus, aufgeführt um 565 d. St., voll guter,
aber wilder Laune. Hauptrolle die einer Hetäre.
W. Teuffei, Rhein. Mus. VIII. S. 40 f. Cic. Cato 14, 50.
Ausgaben von C. E. Chr. Schneider (Vratißl. 1834. 4.), Göller (Colon.
1824), F. H. Bothe (s. Pseud.), Geppert (Berol. 1863), A. Spengel (ed., illustr.,
Gotting. 1868). — A. Spengel, lectt. Plaut. München 1866. 8 pp. 4.
Nr. 21, Vidularia, gieng, als letztes Stück der Sammlung, noch im
Laul'o des Mittelalters verloren.
Querolus s. Aulularia, in Prosa, aus dem 3. oder 4. Jahrh., herauagg.
von P. Daniel (Paris 1564), Klinkhamer (Amsterd. 1829). Der Inhalt davon
Dichter: Plautus. Erhaltene Stücke. 119
und des plaut. Amphitruo in elegische Verse gebracht von Vitalis de Blois
^Blesensifl) im 12. Jahrh.; hrsgg. von Osann, Darmstadt 1836.
86. Im Anfang des 15. Jahrh. waren nur die 8 ersten Stücke bekannt
und in sehr vielen Hdss. verbreitet, die 12 letzten verschollen. Von letz-
tem wurde in Deutschland um 1428 eine Handschrift aufgefunden (der
jetzt in der Vaticana befindliche Orsini'ßche Codex), sowie im 16. Jahrh.
die beiden Hdss. des Camerarius, der vetus codex (alle Stücke enthaltend)
und der (von Pareus) sogenannte decurtatus (enthält die 12 letzten Stücke).
Im Laufe des 15. Jahrh. wurde dann in Italien, wahrsch. auf Veranstalten
von Alfons I in Neapel (reg. seit 1435), vielleicht durch Antonius aus Pa-
lermo, ein dem damaligen Bedürfniss und Geschmack entsprechender Text
der 20 Stücke redigiert, in höchst eigenmächtiger und kenntnissloser Weise,
mit unzähligen Aenderungen, Conjecturen und Interpolationen, und dieser in
zahlreichen Exemplaren verbreitet. Eine der ältesten dieser interpoHerten
Hdss. ist der Vindobonensis vom J. 1443, zugleich mit dem Lipsiensis der
relativ correcteste. Vgl. Eitschl, Rhein. Mus. IV (1836). S. 163—180; und
über die Hdss. des Camerarius Ebds. S. 514 ff. 535 ff.
Jenen Hdss. allen, welche sich sämmtlich auf die Kecension des Cal-
liopius gründen, steht gegenüber das von A. Mai 1815 auf der ambrosia-
nischen Bibliothek zu Mailand gefundene Palimpsest (cod. Ambros.),
welches freilich 7 Stücke gar nicht und die andern zum Theil sehr lücken-
haft enthält, aber von diesen einen älteren unverdorbeneren Text bietet.
Vgl. A. Mai, M. Acci Plauti fragmenta inedita etc. Mediol. 1815 (auch
bei Osann, Anal. crit. p. 205—228). F. Ritschl, Ztschr. f. d. Alt. Wisß.
1837, Nr. 91—93 und Prolegomena zum Trinummus cap. I, VI, VII. Gep-
pert, über den cod. Ambr. und seinen Einfluss auT die plautiuische Kritik,
Leipzig 1847. W. Studemund, Rhein. Mus. XXI. S. 574-579.
Kritische Geschichte der Ausgaben und des Textes von Plautus (bis
auf Bothe) von Ritschi, Rhein. Mus. IV (1836). S. 180—216. 485—570. Von
den ersten 8 Stücken erste Ausg. s. 1. et a. Vom vollständigen Plautus ed.
princeps cura Georg. Merulae, Venet. 1472 fol. (die 7 letzten Stücke aus
einer nicht interpolierten Abschrift des cod. Ursin.). Revision durch Me-
nda's Schüler Eusebius Scutarius, Mediol. 1490. fol. Ven. 1495. 4. — Venet.
1499 fol. von Bern. Saracenus. — c. interpret. I. Bapt. Pii, Mediol. 1500.
foL (aus seinem Commentar schreibt siöh die heutige Abtheilung in Acte
her). Neue Textesconstitution durch Pylades Buccardus aus Brescia,
Brixiae 1506. fol. Dessen Text, aber interpoliert und verstümmelt, wurde
durch die Aldina (Ven. 1522) Vidgate bis auf Joach. Camerarius, dessen
vollständige Ausgabe Basileae 1552 erschien. Lambins Commentar (und
Text) gab nach des Verf. Tode (Lutetiae 1576) J. Helias heraus. Fr. Taub-
manns Commentar erschien Witebergae 1605, dann (mit reicheren Angaben
aus den seitdem in die Heidelberger Bibliothek gelajigteh Hdss. des Ca-
merarius u, a.) 1612, am besten (ex recognitione lani Gruteri) 1621. 4. —
Ed. J. Ph. Pareus, Francofurti 1610. 8.; mit Variantensammlung aus den
Pfälzer Hdss. Neapoli Nemetum (Neustadt in der Pfalz) 1619. 4. = Franco-
furti 1623. 4., und (ohne die Variantensammlung, aber mit vollständigerer
AQ&ählung der Fragmente) Francof. 1641. 8. — Die weiterhin, bis auf
Bitschl, geltende Vulgate (und Verszählung) gründete sich auf die Aus-
120 Sech8t<?ö Jahrhundert d. St.
gäbe von J. Fr. Gronov (Lugd. Bat. 1664. 1669. 1684; c. praef. Emesti,
Lips. 1760. 2 Bde. 8.). — Ed. Fr. H. Bothe, Berol. 1809—1811. 4 Voll. 8.,
uud Poetae acenici latini (Halberstadt 1821.) Vol. I u. 11 = Stuttgart 1829 f.
4 Voll. — rec, ioterpr. est C. H. Weise, Quedlmb. 1837. 1847. 2 Voll, und
bei Tauchnitz, ed. nova 1866. — ex recognitione A. Fleckeiseni, Lips.
Teubner. 1859. 2 Voll. (10 Stückö). — Epochemachend: ex rec. et cum ap-
paratu critico Fr. Ritschelii. Tom. I. (Prolegomena, Trinummus, Mil., Bacch.),
Bonn 1848 f. IL (Stich., Pseud., Men., Most.) 1850 f. III. (Persa, Merc,
Poen., Rud.) 1853 ff. Gleichzeitig eine Ausgabe mit blosem Text. Vgl. A.
Fleckeisen, in Jahns Jahrb. LX. S. 234-263. LXI. S. 17—66. Th. Bergk,
Ztschr. f. d. Alt. W. 1848, S. 1129 ff.
üebersetzungen: von Danz (lat. und deutsch, 4 Bde, Leipz. 1806 —
1811); Kuffner, Wien 1807 ff. 5 Thle.; Köpke, Berl. 1809. 1820. 2 Bde;
Rost (9 Stücke), hrsgg. von Lipsius, Leipz. 1836; M. Rapp (im Trimeter),
Stuttg. (Metzler) 1838 ff., vollständig in 17 Bdchn.; W. Hertzberg (Trinum-
nms, Mil., Capt., Rud.), Stuttg. 1861; W. Binder, Stuttg. (Hoffmaun) 1862 ff.;
J. J. C. Donner, Leipzig u. Heidelb. 1864 ff. (bis jetzt 3 Bde\
Zur Textkritik z. B. : A. Fleckeisen, Exercitationes Plautinae, Gotti.
1842; Plautinische Analekten, Philologus II (1847) S. 57—114; Kritische
Miscellen, Progr. des Vitzthum'schen Gymnasiums in Dresden, 1864; Plautini-
sches, in seinen Jahrbb. 95, S. 625—637. J. Brix, Emendationes Plautinae,
Hirschberg 1854. 4. Th. Bergk, Ztschr. f. d.^lt. W. 1855, Nr. 37 f.; Haller
Programm von 1858. 1866; Philologus XVII. S. 38—58 u. sonst. M. Crain,
Philologus IX. S. 646—678; Progr. von Putbus 1858. 4.; Berliner Ztschr.
f. Gymn. 1866, S. 471—485. 867—870. 1867, S. 148—154. Th. Ladewig,
Philologus XVII. S. 248—269. 452-480. C. Kretschmer, Quaestiones PI.,
Breslau 1863. 32 pp. 8. Andr. Spengel, T. Maccius Plautus; Kritik, Pros-
odic, Metrik, Göttingen 1865. 240 S. 8. K. H. Welse, die Komödien des
PL, kritisch nach Inhalt imd Form beleuchtet, zur Bestimmung des Echten
und Unechten u. s. w., Quedlinburg 1866. 189 S. 8. 0. Seyffert, zu Plau-
tus, Philologus XXV. S. 439—470. A. Kiessling, plautinische Miscellen, in
der Symbola philolog. Bonn. S. 833—840.
' 87. Plautus ist ausschliesslich komischer Dichter uud ist
ein Volksdichter mit allen Vorzügen und Fehlern ^ines solchen.
Zwar entlehnt er seinen Stoff aus der griechischen Literatur,
und hier scheinen ihn Diphilos und Philemon fast mehr ange-
zogen zu haben als der feine Menander. Aber Plautus ist selbst
so voll eigener Einfalle dass er immer wieder von seinem Ori-
ginale weg geräth und seine eigenen Witze einmischt. Auch
führte der verschiedene Bildungsgrad des beiderseitigen Publi-
cums auf Vergröberung der Zeichnung. Persönliche Anspielun-
gen finden sich unter den eigenen Zuthaten nicht; wohl aber
übt Plautus an Richtungen und Verhältnissen seiner Zeit oft eine
scharfe, ernstgemeinte Kritik. Mit der Wahrscheinlichkeit nimmt
er es nicht immer genau, und die Anlage seiner Stücke ist oft
Dichter: Plautus. Dichtereigonthümlichkeit. 121
lose. Seine Hauptstarke ist der lebendige Dialog. Seine Witze
sind häufig derb, nicht leicht aber fad; und Süssliches ist ihm
durchaus zuwider. Ihrer äusseren Form nach nehmen seine
Stücke eine Mittelstellung ein zwischen dem altnationalen Sa-
tumius und den Griechen: mit jenem theilen sie die Vorliebe
für Alliteration, die prosodische Lockerheit (insbesondere das
Nichtvorhandensein des Positionsgesetzes) und wohl auch die ge-
ringe Empfindlichkeit gegen den Hiatus; mit diesen aber die
Masse und die allgemeinen Regeln über deren Gestaltung. Diese
werden von Plautus in der freien Weise der älteren poetae scenici
gehandhabt, aber mit vollkommener Sicherheit und oft mit wirk-
lichem Wohlklang. N^ch Seiten der Sprache sind seine Stücke
eine überaus wichtige Urkunde für die Geschichte des Lateinischen.
1. Zur Charakteristik des Plautus s. bes. Monunsen R. G. I*. S. 881
—883. W. Hertzberg vor seiner Uebersetzung, bes, S. XXVIII f. XXXII ff.
Th. Ladewig in Pauly's R. E. V. S. 1728—1739. Musterung der ein-
zelnen Stücke im Rhem. Mus. N. F. VIII. S. 51—69, bei M. Rapp, Geach.
d- griech. Schauspiels (Tübi. 1862) S. 302—365, und J. L. Klein, Gesch. des
Dramas IL (Leipzig 1865) S. 492—566.
2. Unter den Alten übertreibt Cicero die Bewunderung (wenn er ihm
Off. L 29, 10 i das iocandi genus elegans, urbanum, ingeniosum, facetum
auf gleicher Linie mit den Attikern zuschreibt; Sidon. Apoll. XXIII, 148
gar: Graios, Piaute, sales lepore transis), Horaz die Kritik (vom Stand-
punkte des Kimstdichters) Ep. II, 1, 170 ff*. 3, 270 ff. In der augusteischen
Zeit priesen die Verehrer der altlateinischeu Dichter seine Lebendigkeit
und Raschheit, die sie mit der des Epicharmos verglichen, wohl damit zu-
gleich seine vielfache Formlosigkeit beschönigend; . über dieses vielfach
missverstandene properare ad exemplar Epicharmi (Hör. Ep. U, 1, 57 f.) s.
Th. Ladewig, über den Kanon des Volc. Sed. (1842), S. 19—26 und Philo-
logiis I. S. 276—285. Auch vgl. Linge, de Plauto properante ad ex. Ep.,
Katibor 1827. 4. Zu properare vgl. bes. Aristoph. Eccl. 583: cog t6 taxv-
veiv ingixoiv y^sziiBi nXetazov naga xoCai d'SccTCCtg.
3. Abfassungszeit der Stücke. Köpke vor seiner Uebersetzung S. XIII ff.
Windißchmann, Rhein. Mus. I. S. 110 ff. F. Ritter, Allg. Schulztg. 1830,
S. 873 ff. Petersen, Ztschr. f. Alt. W. 1836. S. 615 ff. Naudet im Journal
des Savants 1838, p. 330 ff. Vissering, Quaestiones Plaut. I. (Amsterdam
1842) p. 94 ff'. Ritschi, Parerga I. S. 117 f. 353 f.
4. Verhältniss zu seinen griech. Originalen: W. A. Becker, de com.
rom. maxime Plaut, quaestiones (Lips. 1837) p. 82 ff*. Ritschi, Parerga
S. 271 ff. Fr. V. Fritzsche, de graecis fontibus Plauti, I. Rostock 1845. 4.
G. Boissier, quomodo graecos poetas Plautus transtulerit, Paris 1857. Fr.
Schultz, Plautus in seinem Verhältniss zur mittleren und neueren griechi-
schen Komödie, Neustadt in Pr. 1866. 24 S. 4.
6. Reichthum an Schimpfwörtern u. dgl. Vgl. P. Langen, de exso-
crandi formulis Plautinis Terentianisque, Rhein. Mus. XII. S. 426—433.
122 . Sechstes Jahrhundert d. St.
6. Häufigkeit der Auspielungen auf Kriegswesen und Juristisches.
Kampmann, res militares PI., Breslau 1839. Romeijn, loca nonnulla ex
PI. com. iure civili illustrata, Daventr. 1836. E. I. Bekker, de emtione
venditione quae Plauti fabulis fuisse probetur (Berlin 1853) und loci Plau-
tini de rebus creditis, Greifswald 1861. 25 pp. 4. G. Demelius, plautinische
Studien, Ztschr. für Rechtßgeschichte von Rudorli*, Bruns u. s. w. 1. (1862)
S. 351—372. II. S. 177—238. Vgl. oben 38, 3.
7. Charakterzeichuung. L. E. Benoist, de personis muliebribus apud
PL, Marseille 1862. 77 pp. 8.
8. Sprache. Tömerös, de ingenio sermonis Plaut., Upsala lä33. Kamp-
mann de Ab praep. usu Plaut., Breslau 1842. de In praep. usu PL 1845.
F. Lübker, de usu infinitivi PL, Schleswig 1841 = Ztschr. f. d. Alt. W.
1849, Nr. 14—16. Fr. Umpfenbach, meletemata Plautina, Giessen 1860.
67 pp. 8. (de med et ted accusativis, p. 3—47; de iussivo temporis prae-
t^riti, p. 48 tf.). F. Ritschi, Plautinische Excurse, Rhein. Mus. N. F. VII— XII.
Fr. Schultz, de obsoletis coniugationum Plaut, formis, Conitz 1864. 23 pp. 4.
H. Bocksch, de casuum quam dicunt attractione ap. PL et Ter. Breslau
1865. 41 pp. 8. G. Schmilinski, de proprietate sermonis PL usu linguarum
romanicarum illustrata, Halle 1866. 48 pp. 8. F. W. Holtze, Syntaxis pris-
corum Script, lat. usque ad Terentium. I. II. Lips. 1861 f. 426 und 396 pp. 8.
E. Lübbert, grammatische Studien I. Breslau 1867.
9. Prosodie und Metrik. Linge, de hiatu in vers. PL Bresl. 1817.
J. Brix, de PL et Ter. prosodia, Bresl. 1841. E. Kärcher, Prosodisches zu
PL u. Ter., Carlsruhe 1846. R. Enger, zur Prosodik des PL, Ostrowo
1852. 4. W. Corssen, Vocalismus u. s. w. letzter Absclmitt. Brix vor seiner
Ausg. des Trinummus, W. Wagner in seiner der Aulul. und Rhein. Mus.
XXII. S. 422—428; bes. aber Ritechl, Rhein. Mus. XIV (1859) S. 394—407.
Vorliebe für den trochüischen Tetrameter von Epicharmos her? Vahlen,
Rhein. Mus. XVI. S. 475.
10. F. V. Fritzsche, de canticis Plaut. I. Rostock 1861. 8 pp. 4. (Ind.
lect.) W. Studemund, de canticis PL, Halle 1863. 94 pp. 8. Vgl. A. Spen-
gel, Eos I. S.. 606— 609. M. Crain, über die Composition der pl. Canticii,
Berlin 1865. 53 S. 8. A. Spengel, de versuum creticorum usu plautino,
Berlin 1861. 0. Seyffert, de bacchiacorum versuum usu pL, Berlin 1864.
48 pp. 8.
11. lieber ein altes plautinisches Glossar s. W. Hertzberg, Archiv f.
Philologie VIL S. 275 ff. Ritschi, Bonner Katalog, Sommer 1846. 10 pp. 4.
— Lexicon Plautinum by L. Evans, London 1853.
88, Die plautinischen Stücke erhielten sich auch nach dem
Tode des Dichters lange Zeit auf der Bühne, und für Wieder-
aufführungen zu Anfang des siebenten Jahrh. d. St. sind die
meisten erhaltenen Prologe verfasst. Auch wurde er bald Ge-
genstand gelehrter Behandlung in Sprache wie Sachlichem, ganz
besonders durch Varro.
1. Prologe. Ritschi, Parerga I. S. 180-238.. W. Teuffei, Rhein. Mus.
VIII. S. 26; Jalms Jahrbb. 95, S. 82 f. A. L. R. Liebig, de prologis Te-
Dichter: Plautus. Enuiuö. 123
rentiaiiis et Plautinis, Görlitz 1859. 50 pp. 4. C. Dziatzko, de prologis PI.
et Ter. quaestiones selectae, Bonn 1864. 38 pp. 8; über die plaut. Prologe,
allgemeine Gesichtspunkte, Lucern 1867. 16 S. 4.
2. Von den metrischen Inhaltsangaben (argumenta) stammen die akro-
stichischen (zu allen Stücken ausser Bacch. erhalten) vielleicht noch aus
dem 7. Jahrh. d. St. (Aureliua Opihus), die nichtakrostichischen (deren
fünf erhalten sind) wohl aus der Zeit der Antonine. Ritschi vor seiner Ausg.
det§ Triuummus, p. 316—320. F. Osann, Ztschr. f. Alt. W. 1849, Nr. 20 iF.
3. F. Ritschi, de veteribus Plauti interpretibus, in seinen Parerga 1.
p. 357—387.
4. Verzeichnisse (indices) der plaut. Stücke nach Gell. III, 3, 1 von
Aelius (Stilo), Volcatius Sedigitus, Serv. Claudius, AureHus Opiüus , L. At-
tius, Manihus imd Varro.
5. Einzelheiten des plautinischen Sprachschatzes erläuterten die Glosso-
graphen Aurelius Opilius , Ser. Claudius, Aelius Stilo, Flavius Caper, Aruu-
tius Celsus.
6. Förmliche Commentatoren des PI. waren L. Cornelius Sisenna und
(unter Hadrian) Terentius Scaurus. Ritschi, Parerga p. 374 ff.
7. Varro's Schriften über Plautus s. unten bei Varro.
89, Q. Eiinius, geboren 515 = 239 zu Rudiae inj Lande
der Peucetier, wo Griechisches und Oskisches sich vielfach diu-ch-
draug, diente J. 550 auf römischer Seite in Sardinien, wo ilm
M. Porcius Cato traf und mit nach Rom nahm. Hier lebte
auch er vom Unterrichten im Griechischen und Anfertigen von
Uebersetzungen griechischer Stücke für die römische Bühne, mid
gewann sicli die Gunst des älteren Africanus durch ein Lob-
gedicht auf ihn, betitelt Scipio. M. Fulvius Nobilior, Cos. 565,
nahm den Ennius in seine Provinz Aetolien mit, als Zeugen und
Herold seiner Thaten. Dessen Sohn verschaffte J. 570 dem Dich-
ter das römische Bürgerrecht, indem er, zum triumvir coloniae de-
ducendae ernannt, mit Genehmigung des Volks demselben ein
Ackerloos (in Potentia) zuwies. J. 585 starb Ennius an der Gicht.
1. Geburtsjahr bezeugt durch Varro, Gell. N. A. XVII, 21, 43. vgl.
Cic. Brut. 18, 72 f. Tnsc. I, 1, 3. — Strab. VI. p. 281 Gas.: 'Podiai, no-
Xtq kU.Tiv\q e| iiq rjv 6 notrjviqg "Evviog. Mela U, 4, 61. Sil. It. XII, 393 ft*.
Auson. Id. XII (grammaticom. 17) u, A. Calabrae Pierides, Hör. 0. IV, 8,
20 vgl. üvid. A. A. III, 409. Suid. v. "Ewtog: noLrjf^g Msaodniog. Fest.
V. solitaur. p. 293 M.: quam consuetudinem (non geminandi litteras in
fcicribendo) Ennius mutavisse fertur, utpote Graecus graeco more usus.
Suet. gramm. I: antiquissimi doctorum, qui iidem et poetae et semigraeci
erant, Livium et Ennium dico u. s. w. Gell. XVII, 17, 1: Q. Enuius tria
corda habere sese dicebat, quod loqui graece et osce et latine scdrct.
2. Comel. Nep. Cato 1, 4: praetor provinciam obtinuit Sardiniam,
ex qua quaestor superiore tempore ex Africa decedens Q. Ennium poetam
124 Sechstes Jahrhundert d. St.
deduxerat. Vgl. Hieron. z. Euseb. Chron. Ol. 135, 1 = 515 d. St.: Q. En-
nius poeta Tarenti (Missverständniss) nascitur, qiii a Catone quaestore Ro-
mam translatus habitavit in monte Aventino (vgl. Varro L. L. V, 34, 163:
. . ligionem Porcina, nämlich Licinus, designat quom de Ennio scribens
dicit eum cöluisse Tutilinae loca)) parco admodum sumptu contentus et
iinius (? vgl. Cic. de or. II, 68, 276) ancillae ministerio. Fr. Ritter, ZtscUr.
i\ d. A. W. 1840, S. 370.
3. Cic. p. Arch. 9, 22: carus fuit Africano superiori noster £nnias;
itaque etiam in sepulcro Scipionmn putatur is esse constitutns ex marmore.
Liv. XXXVIII, 56: Romae extra portam Capenam in Seipionum moniunento
tres statuae sunt, quarum duae P. et L. Seipionum dicuntur esse, tertia
poetae Q. Ennii. Vgl. Welcker, Trag. S. 1360. — Vertrauliches Verhält-
niss zu Scipio Nasica, Cic. de or. II, 68, 276.
4. Cic. p. Arch. 11, 27: ille qui cum Aetolis Ennio comite bellavit
Fulvius. Tusc. I, 2, 3: oratio Catonis, in qua obiecit ut probrum M. No-
l)iliori quod is in provinciam poetas duxisset. duxerat autem consul ille
in Aetoliam, ut scimus, Enuium. Aur. Vict. ill. 52, 3: quam victoriam
(des Fulvius über die Aetolier), per se magnificam, Q. Ennius, amicus eiua,
insigni laude celebravit.
5. Cic. p. Arch. 10, 22: ergo illum, . . Rudinum hominem, maiores
nostri in civitatem receperunt. Brut. 20, 79: Q. Nobiliorem M. f. . ., qui
etiam Q. Ennium, qui cum patre eius in Aetolia militaverat (ungenau),
civitate donavit, cum triumvir coloniam deduxisset. Liv. XXXIX, 44: eo-
dem anno (570 d. St.) coloniae duae, Potentia in Picenum, Pisaurum in
gallicum agrum, xleductae sunt. . . diviserunt agrmn coloniasque deduxe-
runt üdem triumviri, Q. Fabius Labeo et M. et Q, Fulvii, Flaccus et No-
bilior. Vgl. Fr. Ritter a. a. 0. S. 383—385. In Folge dessen Ennius' Aus
ruf: nos sumus Romani qui fiivimus ante Rudini, Cic. de or. III, 42, 168.,
6. Cic. Cato mai. 5, 14: aimos septuaginta natus — tot enim vixit
Ennius — ita ferebat duo quae maxima putantur onera, paupertatem et
senectutem, ut eis paene delectari videretur. Brut. 20, 78: hoc (C. Sulpi-
cius Gallus) praetore ludos Apollini faciente, cum Thyesten fabulam do-
cuisset, Q. Marcio Cn. Servilio coss. (585 = 169), mortem obiit Ennius.
Hieron. zu Euseb. Chr. ad Ol. 153, 1: Ennius poeta septuagenario maior
articulari morbo perit (vgl. Ennius bei Priscian. VIII. p. 829 P.: numquam
poetor nisi si podager; auch vgl. Hör. Ep. I, 19, 7 f.: Ennius ipse pater
munquam nisi potus ad arma prosiluit dicenda; Seren. Samon. c. 37, v. 7 13 f.:
Ennius ipse pater, dum pocula siccat iniqua, hoc vitio tales fertur meruisse
dolores), sepultusque in Scipionis monuraento (s. A. 3), via Appia intra
primum ab urbe miliarium. Quidam ossa eius Rudiam ex laniculo trans-
lata adfirmant (vielleicht weil ihm dort irgend ein Denkmal errichtet war).
Grabschrift bei Cic. Tusc. I, 15, 34: aspicite, o cives, senis Enni imaginis
formam. hie vestrum panxit maxima facta patrum u. s. w. vgl. ib. 117.
Cato mai. 73.
90. Den meisten Ruhm gewann Ennius als Epiker, durch
seine Annales, welche die traditionelle römische Geschichte,
von Aeneas' Ankxmft in Italien bis auf des Dichters eigene Zeit,
Dichter: Ennius (Leben und Annales). 125
in chronologischer Ordnung darstellten. Das Werk sollte ein
Seitenstück zu den homerischen Epen werden, und galt den Rö-
mern auch dafür; der künstlerische Werth desselben kann aber
nur sehr untergeordnet gewesen sein. Wichtig wurde es auch
dadurch dass darin, neben vielem Anderen was die homerische
Weise nachahmte, auch der epische Vers der Hellenen erstmals
in die römische Literatur eingeführt wurde.
1. Ueberreste (über 600 Verse und Verstheüe) am besten bei J. Vah-
len, Ennianae poes. reliquiae (Lips. 1854), p. 3—88. vgl. ib. p. XVIII— LXXX.
Würdigung bei Mommsen R. G. P. S. 899—901.
2. Diomed. III. p. 480 P. = 484, 3 fif. K. (nach Reiöerscheids Emen-
dation in Jahn's Jahrb. 79, S. 157 f.) : epos latinum primus digne scripsit
Ennius, qui res Romanorum decem et oeto complexus est libris, qui vel an-
nales (in)scribuntur, quod singulorum fere annorum actus contineant, sicut
publici annales quos pontifices scribaeque conficiunt, vel ßomais (nach
Reifferscheid in der augusteischen Zeit aufgebrachter Titel), quod Roma-
Dorum res gestas declarant.
3. Erstes Buch (fragmenta emend., dispos., illustr. H. Ilberg^ Bonn 1852.
Vahlen p. XX— XXXIX): Einleitung, Vorgeschichte, Grimdung bis zu Ro-
mulus' Verg()tterung. Zweites Buch (Vahlen p. XXXIX f.) : Numa bis Ancus
Martins. Drittes (Vahlen p. XL— XLIII): die drei letzten Könige. Viertes
(ib. p. XLIII — XLV): Anfang der Repubhk bis zur gallischen Eroberung.
Fünftes (ib. p. XLV— XLVH): Samniterkriege? Sechstes (p, XLVII-LV):
Pyrrhus. Siebentes (librorum VII — IX, s. de bellicis punicis, fragmenta
emend., disp., illustr. Th. Hug, Bonn 1852. Vahlen p. L V— LXI) : erster puni-
scher Krieg, in Kiuxe, weü der Stoff schon von Naevius behandelt war, über
welchen in gespreizter Geringschätzung geurteilt wurde; s. Cic. Brut. 19,
75. Achtes und neuntes (Vahlen p. LXI — LXVIII): Kannibalischer Krieg.
Zehntes und elftes (ib. p. LXVIII— LXXI): makedonischer Krieg. Zwölftes
(ib. p. LXXI f.): ? Dreizehntes und vierzehntes (p. LXXH— LXXIV): Krieg
mit Antiochus. Fünfzehntes (p. LXXIV f.) : Fulvius Nobilior in Aetolien.
Tod des altem Africanus (J. 667). Damit Abschluss ums J. 570. — Plin.
N. H. VII, 29, 101 (von der fortitudo welche Gegenstand der poetica fabu-
lositas geworden): Q. Ennius T. (Liv. XXXIX, 56. XL, 1: L.) CaeciHum
Dentrem fratremque (M., s. Liv. XLII, 6) eins praecipue miratus propter
eo8 sextum decumum adiecit aunalem. Das Buch hatte daher ein neues
Proömium, und erhielt weitere Fortsetzmigeu durch B. XVII u. XVIII
(Vahlen p. LXXV— JjXXX), w^orin die Ereignisse von 571 bis 580 behan-
delt und schhesslich von der eigenen Person des Dichters gesprochen wurde;
8. Gell. XVII, 21, 43: consules Q. Valerius et C. Mauilius, quibus natum
esse Q. Euuium poetam M. Varro in primo de poetis hbro scripsit eum-
que cum septimum et sexagesimum annum haberet (also J. 582) duodevi-
gesimum (so Merula, F. Ritter, Vahlen, XI IX süitt XII) annalem scri-
psisse, idque ipsum Ennium in eodem libro dicere.
4. Q. Vargunteius annales Ennii, quos certis diebus in magna fre-
qnentia pronuntiabat , Suet. gi*amm. 2. Vgl. ib. 8: M. Porapilius Androni-
eus . . adeo inops atqne egens ut coactus sit praecij^uum illud opusculum
126 Sechstes Jahrhundert d. St.
Buum , Annalium Ennii elenchorum XVI milibus nummum cuidain vendere.
Cic. opt. gen. or. 1, 2: licet dicere Eunium Bummom epicum poetam, ßi
cui ita videtur. Martial. V, 10, 7f. : Ennius est lectus salvo tibi, Roma,
Marone et sua riserimt saecula Maeoniden. Vitruv. IX. praef. 16: qui lit-
terarum iucunditatibus instinctas habent mentes non possunt non in suis
pectoribus dedicatum habere sicut deorrnn sie Ennii poetae simulacram.
Quintil. X, 1, 88: Ennium sicut sacros vetustate lucos adoremus, in quibus
grandia et antiqua robora iam non tantam habent speciem quantam reli-
gionem. Vgl. II, 17, 24: dicet notum illud (des Ennius): Dum clavom rectum
teneam; vgl. IX, 4, 115. Vulcat. Gall. Avid. Cass. 5, 7: scis versum a bono
poeta dictum et omnibus frequentatum : Moribus antiquis etc. Gell. XVllI,
5, 2: (Antonio) luliano nuntiatur anagnosten quendam, non indoctum ho-
minem, voce admodum scita et canora Enni Annales legere ad populum
in theatro. ib. 3: Ennianistam . . se ille appellari volebat. 4: quem cum
iam inter ingentes clamores legentem invenissemus etc. 7 : cumque aliquot
eorum qui aderant „quadrupes equus" apud suum quisque grammaticum
legisse se dicerent etc. Spart. Hadr. 16, 6: Ciceroni Catonem, Vergilio En-
nium, Sallustio Coelium praetulit. Macrob. Sat. VI, 9, 9: quia saeculum
nostrum ab Ennio et omni bibliotheca vetere descivit, multa ignoramus
quae non l^terent si veterum lectio nobis esset familiaris.
91. Nächstdem ist die Tragödie Ennius' wichtigstes Ar-
beitsfeld. Dabei scheint er mit Vorliebe Stücke des Euripides
ins Lateinische übertragen zu haben, da ihn dessen Aufklä-
rung und rhetorisierende Manier angezogen haben mag. Auch
eine praetexta, betitelt Ambracia, verfasste er, sowie Komödien,
ohne jedoch auf letzterem Gebiete zu Bedeutimg zu gelangen.
1. Erhalten -sind Bruchstücke von Achilles und (? vgl. Welcker, Trag.
S. 1374. Klussmann in Jahns Jahrb. Suppl. XI. S. 325 — 328) Achilles Ari-
starchi, Aiax, Alcumaeo, Alexander, Andromacha Aechmalotis, Andro-
meda, Athamas (? Welcker a. a. 0.), Cresphontes, Erechtheus, Eumenides,
Hectoris lustra, Hecuba (F. Osann, Analecta crit., Berlin 1816, p. 126—
140), Iphigenia, Medea exsul (vgl. H. Planck, Q. Ennii Medea, comraen-
tario perp. illustrata etc. Götti. 1807. 4. F. Osanu, 1. 1., p. 79—125), Me-
dea Atheniensis, Melanippa, Nemea, Phoenix, Telamo, Telephus, Thye-
stes. Die Ueberreste bei Ribbeck, Trag. lat. p. 13—62 (vgl. p. 248—278),
und Vahlen, Enn. p. 91—150. Welcker, griech. Trag. S. 1373—1380. Von
diesen sind sicher nach Euripides: Andromeda, Hecuba, Iphigenia, Medea
exsul, Molanippa, Telephus, sowie Alexander, Andromacha; wahrschein-
lich aber auch Alcumaeo, Cresphontes, Erechtheus, Medea Ath., Phoenix.
Nach Aeschylos nur Eumenides, nach Sophokles wahrscheinlich Aiax, nach
Aristarchos der eine Achilles. Die Vergleichung mit den betreffenden Ori-
ginalen zeigt dass die Stücke des Ennius freie Uebersetzungen waren, bei
der Iph. mit Vervollständigung der Handlung aus Sophokles. Vgl. Cic. fin.
I, 2, 4: cum . . . fabellas latinas ad verbum e graecis expressas non inviti
legaiit. quis enim tarn iniraicus päene nomini romano est qui Ennii Me-
deam aut Antiopam Pacuvii spemat aut reiciat quod se isdem Euripidis
fabulis delectari dicat? de opt. gen. G, 18: eidem . . Andromacham aut
Dichter: Enniüs (Dramen und Anderes). 127
Antiopam aut Epigonos latinas recipiunt; quod igitur est eorum in oratio-
nibus e graeco conversis fastidium, nullum cum sit in versibus? Gell. XI,
4: Eoripidis versus sunt in Heeuba . . . Hos versus Q. Ennius, cum eam
tragoediam verteret, non sane incommode aemulatas est. Dass Ennius
dieser Thätigkeit bis an sein Ende treu blieb zeigt Cic. Brut. *20, 78.
2. Ambracia war höchst wahrscheinlich eine praetexta und behandelte
seines Gönners M. Fulvius Nobilior Eroberung der gleichnamigen Stadt,
J. 565- Ribbeck, com. lat. p. IX f. vgl. Vahlen, Enn. p. 153. Eine zweite
praetexta des Ennius, Sabinae (der Raub der Sabinerinnen), vermutet Vah -
len (Rhein. Mus. XVI. S. 580, vgl. Enn. p. LXXXVIII) wegen Jul. Victor,
p. 402, 30 Halm: ut (in) Sabinis Ennius dixit.
3. Der leichte Ton der Komödie scheint dem Ennius wenig geglückt zu
sein. Von zwei Komödien, Cupuncula und Pancratiastes, haben wir schwache
Spuren; s. Ribbeck com. p. 4. Vahlen, Enn. p. LXXXl imd p. 153 f. Vol-
catius Sedigitus führte ihn unter den komischen Dichtern nur antiquitatis
causa mit auf.
92. Femer gab Ennius Saturae heraus, in dem Sinne einer
Sammlung vermischter Gedichte in verschiedenen Massen. Ein
Bestandtheil derselben war wohl der Scipio, sowie vielleicht der
Sota^ Protrepticus, die Heduphagetica, der Epicharmus, Eueme-
rus und Epigramme.
1. lieber die saturae des Ennius s. Vahlen Ennius p. LXXXI— XC. Die
JEleste ib. p. 154 ff. Vier Bücher nach Porphyr, zu- Hör. Sat. I, 10, 47;
aus einem sechsten citiert Donat. zu Ter. Phorm. II, 2, 25. Versraasse:
Trochäen, lamben, Sotadeen, daktyl. Hexameter; dass Ennius auch Satur-
nier gedichtet habe ist an sich nicht wahrscheinlich und aucb nicht er-
wiesen. Inhalt lehrhaft, auch Fabeln. — C. Petermann, über die Satire
des Ennius, Hirschberg 1851 f. 4. Vgl. oben 24, 1.
2. Der Scipio bildete wahrscheinlich das dritte Buch der saturae (Vah-
len p. LXXXVI). Vgl. über ihn F. Ritter, Ztschr. f. d. Alt. W. 1840, S.
388 — 395. Abfassung vor den Annales, etwa 554, nach Scipio's siegreicher
Heimkehr aus Afrika (J. 553) ; zu späterer Datierung (Vahlen p. LXXXVII)
liegt kein wirklicher Grund vor. Auch hier verschiedene Masse. Die Sprache
ißt ernst und gehoben, dem Gegenstande entsprechend. Die Ueberreste
{theilweis unsichere, besonders H) bei Vahlen Enn. p. 155—157.
3. Sota = Sotades (Zatddrjg), nach welchem das sotadische Mass
benannt ist. In Sota Ennii, Varro L. L. V, 62; in Asota, Fest. p. 316 M.
Vahlen Enn. p. 164 f. XC f.
4. Praecepta s. Protrepticus, Doppeltitel, in beiden Sprachen, Vahlen
p. 165 u. XCI.
5. Heduphagetica , gastronomischen Inhalts, nach dem Alexandriner
Archestratos, Vahlen p. 166 u. XCI f. Rhein. Mus. XVI. S. 581 Anm.
6. Epicharmus, eine Art naturphilosophischen Lehrgedichtes, wohl be-
titelt nach demjenigen welchem die in dem Buche ausgesprochene (pytha-
goreische) Weisheit in den Mund gelegt war. In trochäischen Tetrametern.
Vahlen p. 167 f. und XCIH f.
128 Sechstes Jahrhundert d.^ St.
^ 7. Euemeras, sive Sacra historia, lateinische Bearbeitung der isqu
oivayQaq)iq des EvijiiSQog (um 450 d. St.), mit Uebertragung dieses tollen
blasphemischen Systems der Mythendeutung auch auf die italischen Göt-
ter. Cic. N. D. I, 41, 119: Euhemerus, . . quem noater et interpretatus
et secutus est praeter cefceros Ennius. Augustin. Civ. D. VII, 26 (27): to-
tam de hoc Euhemerus paudit historiam, quam Ennius in latinum vertit
eloquium. Aus den Anführungen des Lactantius (nach einer Umarbeitung
in Prosa) hört sich vielfach der ursprüngliche trochäische Rhythmus her-
aus. — Krahner, Grundlinien zur Gesch. d. Verfalls etc. S. 37 ff. Gerlach,
histor. Studien S. 154 ff. Mommsen R. G. I«. S. 843. Vahlen p. XCIII f.
u. p. 1G9 flf. B. ten Brink, Varronis locus de urbe Roma. Accedunt Q.
Eunü apologus Aesopicus et reliquiae Euemeri versibus quadratis, Ut-
recht 1855.
8. Die wenigen Epigramme (im elegischen Mass), z.B. die Grabschrift
des Ennius, bei Vahlen Enn. p. 162 f. vgl. p. XC.
93. Ennius ist ein entschiedenes künstlerisches Talent,
iiwar scheint er rasch gearbeitet zu haben, und seine Gedichte
verletzen oft die Gesetze der Schönheit und des guten Ge-
schmackes; aber auf der neuen Bahn die er einschlug hatte er
auch besonders grosse Schwierigkeiten zu überwinden und war
durch das Kümmerliche seiner äusseren Lage in der gleichmäs-
sigen Ausbildung seiner reichen Gaben gehindert. Dieses Miss-
verhältniss zwischen äusserlicher Stellung und innerer Leistungs-
fähigkeit steigerte zugleich sein Selbstgefühl. In seiner Zeit
ein Missionär der Aufklärung, hat er der römischen Poesie und
Sprache die Wege gezeigt und eröfl&iet auf denen sie Jahrhun-
derte lang fortwandelte.
1. Die augusteischen und kaiserlichen Dichter heben einseitig und un-
dankbar an Ennius hauptsächlich seine relative Formlosigkeit hervor: Horaz
Ep. 11, 1, 60—62. 3, 259—262. Prop. IV, 1, 61. Ovid. Am. I, 15, 19.
Val. Max. VIII, U, 1. Sen. Ep. 68, 5 v^l. Dial. V, 37, 6. Fragm. 110—
114. Martial. XI, 90. Macrob. I, 4, 17. Gerechtere Würdigung bei Ovid.
Trist. II, 423 f.: suo Marterl cecinit gravis Ennius ore, Ennius ingenio maximus,
arte rudis. Vgl. QuinUl. I. 0. I, 8, 8. X, 1, 40. Auch Sen. fr. 114 H.r
quidam sunt tam magni sensus Q. Ennii ut, licet scripti sint inter hircosos,
possint tamen inter unguentatos placcre. Macrob. Sat. VI, 3, 9: nemo ex
hoc viles putet veteres poetas quod versus eorum scabri nobis videntur.
ille enim stilus Enniani saecuH auribus solus placebat etc. Quintil. X, 1,
88. Fronto p. 171 Rom. = 114, 2 Naber: multiformis. Cicero, etwas übertrei-
bend, de or. I, 45, 198 u. de prov. cons. 9, 21: summus poeta. Tusc. III,
19, 45 f.: egregius poeta . . praeclarum carraen. Doch Orat. 11, 36: multa
apud Emiium neglegentius. pro Mur. 14, 30: ingeniosus poeta et auctor
valde bonus. Aff'ectierte Bewunderung spricht auch Vitruvius aus; s. oben
90, 4. — Vgl. Lucr. I, 118 ff. Mommsen R. G. I«. S. 892—896.
2. Sprach- und Vers-Künsteleien, bzhgsw. Geschmacksfehler, z. B. Ann.
Dichter: Ennius. Pacuvius. 129
113. 586. 452. Trag. 837. 448. Sat. 34 f. Vgl. L. Mflller in Jahns Jahrhb.
95, S. 504 f. Acrostichon Q. Ennius fecit, Cic. de divin. II, 54, 111.
3. Selbstgefühl. Vgl. Grabschrift, die Polemik gegen Naevius, Cic.
Brat 19, 76. Ann. 3 f. 15. Sat. 6 f. Doch s. auch Ann. 551.
4. Aufklärung (ausser Euhemerus) bes. Trag. 353— 359 V.: ego deum
genus ^e semper dixi et dicam ca^tum, S^d eos non curare opinor quid
agat humanuni genus; Nä,m si curent, bäne bonis sit, male malis, quod
nunc abest. . . S^d superstitiösi vates inpudentesque arioli Aüt inertes aüt
inaani aut qm'bus egestas fmperat, Qui sibi semit&m non sapiunt, älteri
monstrant viam; Quibua divitias pöllicentur, ab eis drachmnam ipsipetunt.
5. Verdienste um die Sprache s. oben 81, S. 105 f. Ungermaun, Q.
Ennius poeta versu hexametro in litteras latinas inducfo quatenus meritus
sit, Coblenz 1866. 4. — Festus p. 293 M. : nulla geminabatur littera in scri-
bendo. quam consuetudiuem Ennius mutavisse fertur, utpote Graecus graeco
more usus, quod iUi aeque scribentes ac legeutes duplicabant mutas, semi-
[vocales et liquidas]. Isidor. Et. I, 22: vulgares notas Ennius primus mille
et centum invenit.
§. Aeltere (antiquierte) Sammlungen der Ueberreste von H. Columna
(Neapel 1590. 4.) = Fr. Hessel (Amsterd. 1707. 4.); der Annalen von P.
Merula (Leiden 1595. 4.) und E. S(pangenberg), Lips. 1825. M. Hoch, de
Ennianorum Ann. fragm. a P. Merula auctis, Bonn 1839. Jos. Lawicki, de
fraude Pauli Merulae, Ennianorum annaHum editoris, Bonn 1852. Th. Bergk,
Qaaestioues Ennianae, Marburg 1844. XVII pp. 4.; Specimen novum, Halle
1860. 11 pp. 4.; Kritische Studien zu Enu., in Jahn's (Fleckeisens) Jahrb.
83, S. 316—334. 495—509. 617—638; de Enuianis reliquiis, Halle 1863. 4.
7. Ennianae poesis reliquiae. Bec. lo. Vahlen. Lips. 1854. XCIV u.
238 pp. 8. Vgl. Schneidewin, Götti. gel. Anz. 1855, S. 655—671. 0. Bib-
beck, Bhein. Mus. X. S. 265—292. Vahlen, Bh. M. XIV. S. 552—569. XVI.
S. 571—585.
94. M. Pacuvius, der Schwestersohn des Ennius, war
geboren um 534 d. St. in Bruudisium, und betrieb, von seinem
Oheim nach Rom gezogen, dort neben dem Gewerbe eines Ma-
lers auch das Abfassen von Bühnenstücken, insbesondere von
Tragödien. Nachdem er noch J. 614 dort ein Stück aufgeführt
hatte kehrte er nach Unteritalien zurück und starb zu Tarent
ums J. 622. Wir kennen von ihm nur 12 Tragödien imd eine
praetexta (Paulus). Jene zeigen Vorliebe für Sophokles neben
Herabstimmen des Tones zum Schauspiel, die Ueberbleibsel alle
nach Stimmung, Sprache und Versbau einen gut bürgerlichen
Charakter.
1. Cic. Brut. 64, 229: Attius isdem aedilibus ait se et Pacuvium do-
cuisse fabulam, cum iUe octoginta, ipse triginta aunos natus esset. Attius
aber war 584 geboren. Hieron. zu Euseb. Chr. Ol. 156, 3 = 602 d. St. ==
152 V. Chr.: Pacuvius Brundisinus tragoediarum scriptor clarus habetur,
Ennü poetae ex filia (vielmehr seiner Schwester, s. Plinius) nepos, vixitque
Teuffei, Rom. Lileratnrg^eschichle. \)
130 Sechstes Jahrhundert d. St.
Romae quoad pictaram ezercuit ac fabulas venditavit. Deinde Tarentam
transgreßsus prope nonagenarius diem obiit. Plin. N. H. XXXV, 7: pro-
zime celebrata est in foro boario, aede Hercalis, PacuTÜ poetae pictura.
Ennii sorore genitus hie fuit, clarioremqiie eam artem Romae feeit gloria
scenae. Gell. XIII, 2, 2: cum Pacuvius graudi iam aetate et morbo cor-
poris diutino adfectus Tarentum ex urbe Roma concessisset u. s. w. und
I, 24, 4: epigramma Pacuvii verecundissimum et purissimum dignumque
eius elegantissima gravitate : . . . Hie sunt poetae Päcuvi Marci sita Ossa etc.
2. Tragödien: Antiopa, Armorum iudicium, Atalanta, Chryses, Dulo-
restes, Hermiona, Iliona, Medns, Niptra, Pentheus, Periboea, Teucer. Saxnm
lung der Ueberreste bei Ribbeck, Trag. p. 62—114 vgl. p. 278—298 nebst
Welcker, Trag. S. 1380—1384. W. Teuffei, Tübinger Progr. 1858, S. 7^
II. Der Paulus (Ribbeck p. 236 vgl. p. 349) hatte wohl den Aemilius Pau-
lus Macedonicus zum Gegenstaude; 0. Jahn, Berichte d. sächs. G. d. W.
1856, S. 301.
3. Unsicher ist die Angabe von Diomedes III. p. 483 P. = 486, 33 K. :
satira . . Carmen . . quäle scripserunt Pacuvius et Ennius.
4. Gell. VI (VII), 14, 6: exempla in latina ling^a M. Varro esse dicit
ubertatis Pacuvium, gracihtatis Lucilium, mediocritatis Terentium. Da-
gegen Fronto p. 114, 1 (Naber) nennt ihn mediocris. Cic. Brut. 74, 258: illo-
rum (des Laelius und Jüngern Africanus) aequales Caecilium et Pacuvium
male locutos videmus; vgl. ad Att. VII, 3, 10. Orat. 46, 155. Ludl. bei
Non, p. 30, 27: tristis contorto aliquo ex Pacnviano exordio. Hör. Ep. II,
1, 55 f. Quintil. X, 1, 97. Pen». Sat. I, 77 f. MartiaL XI, 91. Tac. dial.
20. Würdigung dieser Urteile: W. Teuffei im Tüb. Progr. 1858, S. 11—14.
5. H. Stieglitz, de Pacuvii Duloreste, Lips. 1826. 130 pp. 8. Th. La-
dewig, Art. Pacuvius in Pauly's Real Enc. V. S. 1042—1044. J. Wennemer,
de Pacuvio, inprimis de eius Antiopae, Dulorestis Ilionaeque fragmentis,
Münster 1853. 50 pp. 8. Mommsen R. G. IP. S. 432 f. W. Teuffei, Caec.
Statius, Pacuvius u. s. w. Tübingen 1858. 4. S. 5—14.
95. Statius Caecilius, der ungefähr gleichaltrige Zeit-
genosse des Pacuvius, gehörte durch Geburt dem keltischen
Stamme der Insubrer an, kam nach Rom wahrscheinlich als
Kriegsgefangener um 554 — 560, und schloss sich nach seiner
Freilassung hauptsächlich an Ennius an, den er auch nur um
wenig überlebte, ohne aber dessen hohes Alter zu erreichen.
So zeitlich in der Mitte stehend zwischen Plautus und Terenz,
scheint sich Caecilius in den Komödien die er nach neuattischen
Originalen verfasste Anfangs mehr an die Art des Plautus ge-
halten zu haben, während er später, in Folge der hellenisie-
renden Richtung der Zeit, immer regelrechter wurde, aber doch
sich mehr Kraft bewahrte als Terenz entwickelt. Die Ueber-
reste zeigen ganz die Weise der palliata, aber weniger alter-
thümliche Formen als bei Pacuvius.
Dichter: Pacuvius. Statius Caecilius. 131
1. Hieronym. zu Euseb. Chr. Ol. 150, 2 = 576 = 179 v. Chr.: Statius
Caecilias comoediarum scriptor clarus habetur, natioue Inauber Gallus et
Ennii primum contubemalis. Quidam Mediolanensem ferunt. Mortuus est
anno post mortem Ennii III (die Zahl eingefügt von Bitschi, Sueton. ed.
Reifferscheid, p. 497, um den Caec. noch die Andria des Terenz erleben
zu lassen) et iuxta eum in laniculo (so Bitschi 1. 1. statt iuxta laniculum)
sepultus. Vgl. K. F. Hermann, de script. ill. p. 3 f. Gell. IV, 20, 13: Cae-
cilius ille comoediarum poe^ inclutus ser?u8 fuit et propterea nomen ha-
buit Statius. Sed postea versum est quasi ih coguomentum appellatusque
est Caecilius Statius. Caecilius kurzweg z. B. bei Cic. de or. II, 10, 40.
Brut. 74, 258. de opt. gen. 1, 2. ad Att. VII, 3, 10; Statius allein niemals,
auch nicht de or. 11, 64, 257. — Starb Caec. J. 588 so mag er, da er nie
zu den longaevis gerechnet wird (Ritschi, Parerga S. 183, Anm.), um 535
geboren gewesen sein, stand also 554—560 im kriegstüchtigen Alter.
2. Anfängliche Misserfolge als Dichter, Prolog II, 6 ff . zu Ter. Hec.
Später Bestellung zum Beurteiler aufzuführender Stücke, Suet. vit. Ter. 2.
Ritschi, Parerga S. 329 Anm.
3. Von den 39—40 Komödieutiteln die wir kennen (s. Caecilii Statu . .
deperd. fabb. fragmenta ed. L. Spengel, München 1829. 62 pp. 4. und Rib-
beck com. p. 29— 69) stimmen 16 mit menandrischeu überein (Andria, An-
drogynos, Chalda, Dardanus, Ephesius, Hymnis, Hypobolimaeus Rastraria,
Imbrii, Karine, Nauclerus, Plocium, Polumeni, Progamos, Synaristosae, Syn-
ephebi, Titthe), zwei (Chrysion und Epicleros?) mit solchen des Antipha-
n^, einer (Epist-athmos?) mit Poseidippos, und einer (Epistula?) mit Alexis.
Die Titel selbst zerfallen in drei Classen (Ritschi, Parerga S. 144f.): 1) rein
l&teioische, wie Plautus sie zu wählen pflegte; 2) Doppeltitel, lateinische
und griechische; 3) rein griechische, in der Weise des Terenz und Tur-
piüns. Letztere bilden die weitaus überwiegende Zahl. Hienach zu schlies-
sen, hätt« „Caecilius, Anfangs ganz auf plautinischer Bahn wandelnd, sich
allmählich emancipiert und durch immer näheren Anschluss an griechische
Art und Weise endlich die Stufe herbeigeführt auf der die Römer mit
gänzlicher Selbstentäusserung sich in eine fremde Kunstgattung hineinzu-
Tersetzen und ein unvermlscht griechisches Kunstwerk mit Empfänglichkeit
aufeunehmen im Stande waren" (Ritschi a. a. 0. S. 145 Anm.).
4. Varro bei Non. v. poscere : in argumentis Caecilius poscit palmam ;
bei Charis. IL p. 216 P. = 241, 28 f. K.: ndd-ri Trabea, Atilius, Caecilius
fädle moverunt. Vgl Hör. Ep. II, 1, 59 und Anderes bei W. Teuffei, im
Progr. von 1858, S. 3, A. 16—20. Als geborener Insubrer und spät nach
Rom gekommen konnte Caecilius nicht für einen guten Gewährsmann für
das was fein lateinisch sei gelten; Cic. ad Att. VII, 3, 10.
5. Im Allgemeinen s. Mommsen I^. S. 883 und W. Teuffei, Caecilius
Statius u. s. w. Tübingen 1858. 4. S. 1—5.
96. Ein Palliatendichter aus der Zeit des Caecilius war
auch Trabea und vielleicht der ihm ähnliche Atilius^ sowie
der Urheber der Boeotia^ Aquilius, und Licinius Imbrex.
Ein älterer Zeitgenosse und Nebenbuhler des Terenz war Lus-
cins Lavinius.
9*
132 Sechstes Jahrhundert d. St.
1. Yarro bei Charis. IL p. 216: nad'ti Trabea, Atilius, Caecilius facile
nioverunt Vgl. Eitschl, Parerga S. 194 f., welcher (S. 196) demgemäss die
Blütezeit der beiden Ersteren vor die des (erst erwachsen nach Born ge-
kommenen) Caecilius setzt. Der Gentilname des Trabea ist unbekannt,
der Vorname Q. ohne urkundliche Gewähr. Zwei Ueberreste (aus Cicero's
Tusc. ) von lebhaftem Tone und gebildeter Sprache bei Ribbeck, com. p. 26.
2. Archaistischer sind die spärlichen üeberbleibsel des Atilius (p. 27
bei Ribbeck), der als Palliatendichter durch den Titel Misogynos bezeich-
net wird. Da Cicero (ad Att. XIV , 20 , 3) ihn poeta durissimus nennt,
ebenso aber Porcina Licinus bei Cic. fin. I, 2, 5 den Atilius welcher die
Elektra des Sophokles übersetzte einen ferreus scriptor, so sind wohl Beide
identisch. Weniger wahrscheinlich ist dass er derselbe sei mit dem Schau-
spieler L. Hatilius aus Präneste welcher (zu Anfang des siebenten Jahrh. ?
Dziatzko, Rhein. Mus. XXI, S. 72, A. 13) in terenzischen Stücken aufbrät.
3. Die Boeotia, ihrem Titel nach zur palliata gehörig, für deren Ver-
fasser schon zu (vor) Varro's Zeit ein Aquilius galt, schrieb Varro wegen
ihres plautinischen Geistes dennoch dem Plautus zu (Gell. III, 3, 3 f.), wo-
gegen L. Attiua nachdrücklich sich erklärt hatte (ib. 9). Die Zeitanspie-
lungen passen zu 580—600 d. St. Ritschi, Parerga S. 82 iF. 123 ff. 208.
Ribbeck, com. p. 27—29.
4. Licinius Imbrex, vetus comoediarum scriptor, in fabula quae Ne-
aera (in)8cripta est. Gell. XIII, 23, 16. Vgl. Paul. Diac. p. 109 M.: Im-
brex nomen cuiusdam comici. Zur palliata weist ihn der Titel Neaera.
Ribbeck, com. p. 29. *
5. Lnscius Lavinius (Lanuvinus), der (malevolus) vetus poeta gegen
welchen in allen terenzischen Prologen, mit Ausnahme derer zur Hecyra,
bitter polemisiert wird. Er übersetzte mehrere Stücke von Dichtern der
neuen attischen Komödie, wie das ^dofia des Menander (Ter. Eun. prol.
9) und einen OrioavQog (ib. 10), so wortgetreu dass er auch Züge die einem
römischen Publicum Anstoss geben mussten mitherübemahm und dem Te-
renz die Abweichungen von seinem griechischen Original und die ZutJiaten
aus andern griechischen Stücken als Fehler tadelte. Ter. Eun. prol. 10 ff.
Vgl Andr. prol. 15 ff. Haut. 16 ff. Ad. 1 ff. Grauert, Analekten S. 116 f.
Ladewig, über den Kanon des Volc. Sed. S. 12—17. Ribbeck, com. p. 71 f.
6. üeber Plautius s. oben §. 84, 5.
97. P. Terentius (Afer) war zu Karthago geboren, ge-
langte aber frühe nach Rom, wo er Sklave eines (Senators)
Terentius (Lucanus) war, der ihm die Erziehung eines Freien
geben Hess und bald ihm die Freiheit schenkte. Vielleicht als
Africaner kam er mit dem Jüngern Africanus in ein näheres
Verhältniss, wodurch das Gerede hervorgerufen wurde dass jener
der wahre Verfasser seiner Stücke sei. Nachdem er sechs Stücke
zur Aufführung gebracht begab sich Terenz Studien halber nach
Griechenland. Auf der Rückreise von dort starb er im J. 595
;= 159, erst 26 Jahre alt, eine Tochter hinterlassend.
Dichter: Trabea, Luscius. Terentius. 133
1. Quelle der durch Donatus (vor seinem Commcntar zu Tereuz) uns
erhaltene Auszug aus Suetons Werk de poetis, vorzugsweise eine Zusam-
menstellung der (manchfach widerstreitenden) Angaben der Grammatiker.
Vgl. N. Fritsch, Suetonii vita Ter. emend. et illustr. Bonn 1852. K. L. Roth,
Rhein. Mus. XII. S. 174-188. H. Borgens, Philologus XI. S. 787 f.; besonders
aber Ritschl's Bearbeitung dieser vita Terentii in ReifFerscheids Sueton.
reliqq. (Lips. 1860) p. 26—35 und p. 479—538. Dazu Th. Bergk, Philologus
XVI. S. 627—636.
2. Was sich sonst noch Derartiges findet, wie in Hieronymus' Bear-
beitung der Chronik des Eusebios (zu Ol. 155, 3), in der von G. v. Murr
(Nürnberg 1786 ff.) aus einer Nürnberger, von A. Mai (Mediol. 1815) aus
einer Mailänder Hdschr. herausgegebenen (und daher vita Ambrosiana be-
nannten) vita, geht auf dieselbe Quelle zurück, theilweise mit willkürlichen
Ausmalungen. ' Vgl. Ritschi 1. 1. p. 534 ff. Selbständigen Werth hat nur
der' ganz kurze Zusatz des Donatus zu jenem Auszug.
3. Nach Rom kam Terenz wohl durch einen Sklavenhändler, der ihn
in Afrika kaufte oder raubte. Als Kriegsgefangener jedenfalls nicht un-
mittelbar, da er nach dem Ende des zweiten punischen Kriegs (553) ge-
boren wurde und beim Beginn des dritten (605) schon todt war; s. Feue-
Stella bei Sueton. Bergk a. a. 0. S. 628: „es ist gar nicht unwahrschein-
lich dass T. bei einem Streifzuge der Numidier in das karthagische Gebiet
in Kriegsgefangenschaft gerieth und so entweder auf dem Wege des Han-
dels oder als Geschenk des Masinissa oder eines seiner politischen Agen-
ten in das Haus eines röm. Senators kam".
4. Den Vornamen Publius kann T. entweder von seinem Freilasser ha-
ben oder von einem andern Gönner, etwa dem jungem Africanus. Vgl. Cic.
ad Fam. XUI, 36, 1. Att. IV, 15, 1. Th. Mommsen, Rhein. Mus. IX. S. 452.
5. Cum multis nobilibus famihariter vizit, sed maxime cum Scipione
Africano et C. Laelio. Quibns ctiam corporis gratia conciliatus existima-
tur. . . Non obscura fama est adiutum Terentium in scriptis a Laelio et
Scipione, eamque ipse auxit niimquam nisi leviter (vgl. Prol. zu Haut, und
Ad.) refutare conatas. (Suet. 1. 1.) Letzteres wohl weil das Gerede für
keinen der beiden Theile beleidigend war. Erörterungen darüber bei
Suet. 1. 1. Vgl. Cic. ad Att. VII, 3, 10: Terentium, cuius fabellae jiropter
elegantiam sermouis putabantur a C. Laelio scribi. Quintil. I. O. X, 1, 99:
licet Terentii scripta ad Scipionem Africaniun referantur. Vagellius in
Actione bei Donatus. Vielleicht dass T. seine Arbeiten vor ihrer Veröffent-
lichung im Kreise seiner Freunde vorzulesen pflegte und dabei deren Be-
merkungen und Mittheilungen nach Verdienst berücksichtigte. Für uns
hat das Gerede jedenfalls den Werth einer Bürgschaft für den rein und
specifisch römischen Charakter von T.^s Sprache.
6. Post editas comoedias nondum quintum atque vicesimum (die Zahl
XXXVI beruht nur auf der depravata scriptura interpolatorum Hbrorum,
Ritschl 1. 1. p. 515) egressus (Ritschi ingressus) annum, causa vitandae
opinionis qua videbatur aliena pro suis edere seu (studio fügt Ritschl ein)
percapiendi Graecorum instituta moresque, quos non perinde exprimeret
in scriptis, egressus (G. Becker: in Graeciam profectus) est nequo amplius
\m
134 Sechstes Jahrhundert d. St.
rediit. . . Q. Cosconius redeuntem e Graecia perisse in mari dicit cum (die
dann folgende Zahl CVIII ist nur eine Wiederholung von CVM, Eitschi
p. 519) fabulis conversis a Menandro ; ceteri mortuum esse in Arcadia (den
Zusatz Stymphali streicht Bitschi p. 520) sive Leucadiae tradunt (Fleck-
eisen, krit. Miscellen, Dresden 1864, S. 59—61: perisse in mari in sinu
Leucadiae dicit), Cn. Comelio Dolabella M. Fulvio Nobiliore coss. (J. 595),
morbo implicatum ex dolore ac taedio amissarum sarcinanmi, quas nave
praemiserat, ac simul fabularum quas uovas fecerat. Suet. 1. 1. Vgl. Lucan.
y, 651 f.: oraeque malignos Ambraciae portus, wozu Schol. : malignos dixit,
sive quia saxosi sunt sive quia Terentius illic dicitur periisse. Auson. epist.
18, 16: Arcadiae medio qui iacet in gremio.
7. Da Hecyra und Adelphi J. 594 aufgeführt sind und J. 595 Ter.
starb, so kann er nicht viel länger als ein Jahr von Rom weg gewesen
sein. War er bei seinem Tode 26 J. alt, so war er 569 geboren, also um
dieselbe Zeit wie der jüngere Africanus. Fenestella's Behauptung (für
apologetische Zwecke), T. sei älter gewesen als Scipio und Laelius, scheint
allein zu stehen; Ritschi p. 513 f.
8. Fuisse dicitur mediocri statura, gracüi corpore, colore fusco (Suel
1. 1. vgl. Ps. Verg. Moret. 32 f. : Afra genus , tota patriam testante figura,
torta comam labroque tumens et fusca colore). Sein Bild auf Contomiaten
in Gotha, sowie in einer vaticanischen Hdschr. seiner Stücke aus 9 saec;
eine Büste des T. mit einer komischen Maske auf dem rechten Arme seit
1839 im capitoHnischen Museum. Visconti Iconogr. rom. I. p. 317 ff. 0.
MüUer's Archäologie von Welcker 421, 3.
9. Reliquit filiam, quae post equiti rom. nupsit, item hortulos XX iu-
gerum via Appia ad Martis (vgl. Pauly's Real-Enc. I, 2. S. 158 Anm.),
Sueton.
98. Die sechs Komödien welche Terenz verfasst und zu Rom
auf die Bühne gebracht hat sind alle erhalten, und in zahlrei-
chen Hdss., welche in zwei Classen zerfallen, den Bembinus und
die auf die Recension des Cälliopius zurückgehenden. Auch
Commentatoren fanden seine Stücke in der Kaiserzeit; wir be-
sitzen nur noch den Commentar des Douatus und des Eugra-
phius. Ausserdem sind zu den Stücken Didaskalien auf uns
gekommen, aber in schwieriger l^assung, sowie metrische In-
haltsangaben.
1. Scripsit comoedias sex, ex quibus primam Andriam etc. Suet. 1. 1.
vgl. Auson. epist. 18, 15 von der Zahl Sechs: protuHt in scenam quot dra-
mata fabellarum etc.
2. Ueber die Terenzhdss. vgl. Ritschi, de emendatione fabularum
Terentianarum , vor dem Breslauer Katal. für 1838 f. Hiemach ist aus
der vor die Recension des Cälliopius fallenden Classe die weitaus älteste
und überhaupt die wichtigste Hds. der Bembinus, und ausserdem gehören
dazu wahrscheinKch der Victorianus, vielleicht der ^ecurtatus (bei Faer-
nus). Die Unterschrift des Cälliopius (Call, recensui) tragen der Basilicanus,
Dichter: Terentius (DidaskaUen u. s. w.). 135
VaticanuB, Ambrosianas , ungefähr aus 9 saec. Vgl. 0. Jahn, die Sub-
Bcriptionen u. s. w. Berichte der aJlchs. G. d. W. 1851, S. 362—364. üeber die
zwei ältesten Pariser Hdss. s. Äitschl, Rhein. Mus. VITI. S. 289 — 292. —
Geppert, zur Gesch. der terentianischen Kritik, Jahns Jahrb. Suppl. XVIII.
S. 28—87.
3. Commentatoren : Probus, Asper, Aelius Douatus, Euanthius, Hele-
nius Acro; zweifelhaft Aruntius Celsus; s. Suringar, bist. crit. schol. lat. I.
p. 77 ff. Ritschi, Parerga p. 361 ff. Aelius Donatus' (Mitte des 4. christl.
Jahrb.] Commentar zu Terenz, werthvoll auch durch Vergleichung der
griech. Originale, erschien erstmals (ed. princeps) Rom. 1472, und dann
in den meisten altem Ausg., auch noch bei Zeune. L. Schopen, de Te-
rentio et Donato eins interprete, Bonn 1821, und Specimeu emend. in Ael.
Donati comm. Ter., Bonn 1826. 4. A. Richter, de Donati comm. Terent.
Bonn 1854. Dagegen der Commentar des Eugraphius (aus Ende des 10.
christL Jahrb.) hat keinen selbständigen Werth.
4. Diejenige Redaction der Didaskalien welche jetzt die Vulgata der-
selben bildet stammt aus den Emendationen des Ant. Goveanus (Venedig
1567) her. Ritschi, Parerga S. 325, A. In ihr sind yerschiedene Redactionen,
die des Bemb. und die calliopische, yermischt. Beiden lag eine ursprüng-
lich vollständigere Sammlung von Nachrichten (Didaskalien) zu Grunde,
welche aus Bühnenexemplaren der betr. Stücke von oder nach den Gram-
matikern des 7. Jahrb. d. St. zusammengestellt sein mochte. Daraus hat
der Bemb. eine lückenhafte und verwirrte, aber nicht durch systematische
Redaction oder willkürliche Aenderungen entstellte Auswahl erhalten, die
calliopische Recension eine überlegte, je auf eine einzige (die erste) Auf-
führong sich erstreckende , aber theilweise mit Willkür gemachte. Dziatzko
Rhein. Mus. XXI. S. 87 ff. Vgl. überhaupt Ritschi, Parerga S. 263 ff. J.
A. Becker im Mainzer Progr. 1852. 4. Geppert in Jahns Jhrbb. Suppl.
XVIII. S. 550—582. W. Wilmanns, de didascalüs Terentianis, Berlin 1864.
66 pp. 8. Alfr. Kohl, didascaliae Terentianae explicatae, Halle 1865. 65 pp. 8.
C. Dziatzko, Rhein. Mus. XX. S. 570—598. XXL S. 64—92.
5. Die Aufzählung in §. 99 folgt der herkömmlichen Ordnung, welche
sich an den Bemb. -anschliesst , der damit die Reihenfolge der Abfassung
getroffen zu haben meint. Diese erwähnt er allein regelmässig, durch
facta I (prima oder primo loco), II u. s. w. (Ritschi Parerga S. 263 u. S.
:S64, A.), während die andern Hdss. die Numer nur dreimal geben, aber
übereinstimmend mit Bemb. Bei Donat ist gleichfalls Andr. I, Phorm. IV,
Hec. V; aber Eun. ist bei ihm III, und Ad. ist II. Die Hec. ist inconsequent
numeriert, da sie nach der Zeit ihrer Abfassung II, nach der ihrer voU-
ständigen Aufführung VI sein müsste ; vgl. Ritschi in Reifferscheids Sue-
ton, p. 501. Zu Lebzeiten des Terenz erfolgten nach den Didaskalien nach-
stehende Aufführungen:
J. 588. Andria.
589. Uecjra 1 (erstmals).
591. Hautontimorumenos.
593. Eunuchus (lud. meg. im April).
Phormio (lud. rom. im September).
136 Sechstes Jahrhundert d. St.
594. Hecyra 2 (zweiter Versuch) und Adelphi (bei den Leichen-
spielen des Aemilius Paulus).
Hecyra 3 (vollständige Aufführung , ludis romanis).
Dziatzko, Rhein. Mus. XXI. S. 84—87. üeber die Möglichkeit früherer Ab-
fassung der Adelphi s. unten §. 99, 6.
6. Die kurzen Inhaltsangaben (periochae) der einzelnen Stücke, in Se-
naren, haben im Bemb. allemal die Ueberschrift : C. Sulpici ApoUinaris
periocha.
7. A. L. R. Liebig, de prologis Terentianis et Plautinis, Görlitz 1859.
50 pp. 4. C. Dziatzko , de prologis Plaut, et Ter. quaestiones selectae, Bonn
1863. 38 pp. 8. vgl. W. Wagner in Fleckeisens Jahrb. 91, S. 279—293.
99. Diese sechs Stücke sind folgende:
1) Andria, aufgeführt J. 588 an den megalensischen Spie-
len^ eine Bearbeitung der ^AvögCa des Menander, mit Zuthaten
aus der IJeQiv^Ca desselben Dichters. Die Schlussscene ist in
doppelter Fassung erhalten.
Im Bembinus ist die Didaskalie, zusammen mit dem Anfang des Stücks,
verloren ; Donats titulus aber berichtet über die erste (und eine zweite, zwi-
schen 611 — 620, durch Q. Minucius und Valerius, Dziatzko Rhein. Mus. X.XI.
S. 64 f.) Aufführung. Vgl. Suet. vit. Ter. 2: primam Andriam cum aedi-
libus daret, iussus ante Caecilio recitare ad cenautem cum venisset, dici-
tur initium quidem fabulae, quod erat contemptiore vestitu, subsellio iuxta
lectulum residens legisse, post paucos vero versus invitatus ut accumberet
cenasse una, dein cetera percucurrisse non sine magna Caecilii admiratione.
Dass der Prolog für die erste Aufführung sei bejaht C. Dziatzko,
Rhein. Mus. XX. S. 579 f. XXI. S. 64 f., gegen W. Wagner im Bonner
Über miacell. 1864, p. 72—82.
Verhältniss zum Original: Grauert, Analekten S. 173 — 197. K. P. Her-
mann, Ter. Andr. quam fideliter ad Menandrum expressa sit, Marburg 1838.
4. W. Ihne, Quaest. p. 5 — 15. Th. Benfey vor sr. üebersetzung. W. Teuf^
fei, Rhein. Mus. VIÜ. S. 41 f.
Schlussscene: Döderlein, lect. var. tnas, g. E. Grauert, Analekten S.
197—204. Ritschi, Parerga p. 583—606. Nach Letzterem stammen beide
Fassungen aus dem Alterthum, aber von verschiedenen Verfassern; di|
kürzere wohl die ältere und von Terenz selbst, die ausführlichere für eine
Aufführung nicht lange nach Ter.'s Tod.
Ausgaben: mit ausführl. Comm. von Perlet, Ronneburg 1805; cum notis
ed. Fikenscher, Lips. 1809; ex rec. Fr. ä^itteri, Berl. 1833; mit krit. und
exeget. Anm. von R. Klotz, Leipzig 1865. XII u. 220 S. 8.; rec. et illustr.
L. Quicherat, Paris 1866. 69 pp. 12.
Roos, über den Charakter des Sosia in der Andria, in: Versuche über
Classiker, Giesseu 1790, S. 39—93. Drakenborch, dictata ad Ter. com., in
Grauerts Analekten p. 1—56. A. B. Wolfif in Ter. A., Guben 1811. J. Wol-
lenberg, Collation der A. aus einem cod. der Bibliothek zu Tours, in
Mützells Ztschr. XIV. S. 711—718. Vogel, Ter. Andr. in graecum conversa,
P. I. Treptow 1863, 4.
Dichter: Terentius (Andria, Euniichus, Haui.). 137
2) Eunuch US; kunstreich zusammengesetzt aus Menanders
Evvovxog und Bestandtheilen von dessen KoXcc^, Die Manch-
faltigkeit und Lebendigkeit seiner Handlung verschaffte dem
Stücke schon bei Lebzeiten des Dichters entschiedenen Erfolg.
Verhäliaiifls zum Original: Graiiert, Analekten S. 147 — 173. W. Hiue,
Qaaest p. 15—25. W. Teuffei, Rhein. Mus. VllT. S. 42—45. Nach Pers. Sat.
V, 161 ff. hiess Thais im Evv. Chrysis, Phädria aber Chärestratus, Parmeno
dort Davus, und Gnatho hiess im Kol. Struthias.
Eunuchus bis die (deinceps, Ritschi) acta est meruitque pretium Quan-
tum nulla antea cuiusquam comoedia, i. e. (vgl. Ritschi Suet. p. 503 f.)
octo milia nummum , Suet. p. 29 R. Vgl. Auctar. Donat. ib. p. 35 u. Do-
naths praef. zum Eun. Ritechl, Parerga S. 330 — 333. Dziatzko, Rhein. Mus.
XXI. S. 68, A. 6.
Die Consuln des AufTührungsjahrs fehlen bei Donat; die DidaskaHe
(der titulus) der calliop. Recension gibt M. Valerius (593)» C. (reg. u. a.:
ComeL) Mummius (608), Fannius (593); die aed. cur. bei Donat und in der
calliop. Rec. L. Postumius Albinus (Cos. 600, also Aedil um 594) , L. Cornelius
Merdla (wohl der Vater des gTeichnamigen Cos, von 667) und Aufführung
ludis megalensibus; im Bemb. aber M. Juuius (Brutus, der Rechtsgelehrte,
ein vir praetorius?) ,und L. Julius (Caesar, Vater des gleichnamigen Cos.
von 664?), ludis romanis. Daher wohl zwei Aufführungen, J. 593 (Coss.
M. Valerius Messala, C. Fannius Strabo; Aedilen Albinus und Merula) und
wieder 608 (Coss. Cn. Cornelius Lentulus, L. Mummius Achaicus; Aedilen
Juni US und Julius). Vgl. Dziatzko, Rhein. Mus. XXI. S. 66 — 68.
F. Seybold, über den Eunuchen des Ter., Pirmasenz 1786. Roos, su-
per Ter. quibusdam locis, in seinen Versuchen über Classiker , p. 131 — 150.
Böttiger, spec. novae ed. Ter., in seinen Opuscula p. 245 — 284.
Uebersetzt von Gravenhorst, Hamburg 1852.
3) Hautontimorumenos, der Selbstquäler, nach dem
gleichnamigen Stücke des Menander, ohne Zuziehmig eines
zweiten; ein Intrikenstück, mit etwas abenteuerlicher Handlung,
magerer Charakteristik und trockenem Tone.
Avxov (vgl. Dziatzko, Rhein. Mus. XX. S. 571, A. 1) tifioiQovfisvog = se
crudans (1, 1, 29), se exerccns (1, 1, 94); ipse se poeniens (Cic. Tusc. lll, 27, 65).
Ex integra graeca integra comoedia, prol. 4; ib. 36 stataria genannt.
Consuln des Aufföhrungsjahrs im Bemb. : Cn. CorneUus, Marcus (vielmehr
Manius) luvenius (d. h. luvencius, luventius), in den andern Hdss. M. lunio,
T. Sempronio, wohl Hinweisung auf J. 591, wo Ti. Sempronius Gracchus
II und M*. luventius Thalna Consuln waren, und auf Wiederholung im
Consulat eines Cornelius (Cn. Cornelius Lentulus J. 608? P. Cornelius Sci-
pio Naaica Serapio J. 616?). Bei der ersten Aufführung (ludis megalensi-
bus) wohl aed. cur. L. Cornelius Lentulus (ohne Zweifel der Gesandte von
592 bei Polyb. XXXI, 23 und Cos. 598) und L. Valerius Flaccus (Cos.
602?). Vgl. Dziatzko, Rhein. Mus. XX. S. 574 f. XXI. S. 68 f. 70, A. 11.
138 Sechstes Jahrhandert d. St.
Lessing, Hamburgische Dramaturgie Stück 87 f. Zimmermami, über
den H. des T., Hamburg 1829.
4) Phormio, betitelt nach dem Parasiten des Stücks, wäh-
rend das Original des Apollodoros aus Karystos 'Ejcidixa^ofievog
hiess. Die Handlung ist spannend, die Cliarakterzeichnung
manchf altig und fein, die Ausführung lebendig und heiter.
Ueber Titel und Original s. prol. 25-28 nebst Donatus, nach welchem
ApoUodors Stück vielmehr 'EntSiTiaSofiivri betitelt war. Vgl. Meineke,
bist. crit. com. gr. p. 464—466.
Im Bemb. lautet der titulus: acta ludis megalensibus Q. Caspione Cn.
Servilio cos. Graeca ApoUodoru Epidicazomenos. Facta est Uli. Im cod.
Basilic. sind die Coss. G. Fannius, M. Valerius angegeben, wie bei Donat
(praef.) M. Valerio et Cn. (vielmehr C.) Fannio coss.; auch haben die
Hdss. der calliop. Rec. und Donat ludis romanis. Letztere berichten die
erste Aufführung, J. 593, unter den Aedüen Albinus und Merula; der Bemb.
eine spätere Wiederaufführung, etwa J. 613 (wo Coss. Cn. Servilius Caepio
und Q. Pompejus, wahrscheinlicher als 614, wo Coss. C. Laelius imd Q.
Servilius Caepio). Dziatzko, Rhein. Mus. XX. S. 575. XXI. S. 70—72.
Ter. Phormio ed. C. G. Elberling, Kopenh. 1861.
C. A. Böttiger, de pers. scen. ad Ter. Ph. 1, 4, 32. Weimar 1794.
J. Wollenberg, Collation des Ph. aus einer Hds. des 13. saec. in Tours,
in Mützells Ztschr. XIV. S. 888-893. C. H. Humbert, Le Phormion de
Terence et les Fourberies de Scapin de Mohäre, Elberfeld (Progr. der
Realsch.) 1859. 4.
5) Hecyra, die Schwiegermutter, ein Stück von eigenthüm-
licher Charakterzeichnung und fast ohne Handlung, daher nicht
nach dem Geschmacke des römischen Publicums und lange mit
Schwierigkeiten der Auffühnmg kämpfend.
Die Handlung verläuft nur im Gemüte, und die schliessliche Lösung
hebt nur gemütliche Schwierigkeilen. Mit der Charakterzeichnung scheint
es der griechische Dichter auf Abweichung von dem Hergebrachten abge-
sehen zu haben. Die Exposition erfolgt dj^rch ngoamna itgotcetma.
Da für 'Ext»pa das Lateinische ein eigenes Wort (socrus) hat, so ist
fast gewiss dass das Stück (wie die Adelphi) nach einem *ExvQa betitelten
griechischen gearbeitet ist. Ein solches ist zwar nicht bekannt, doch nicht
zu bezweifeln die Angabe des Donat: fabula Apollodori (Carystii) dicitur
esse graeca, zumal da derselbe sie im Commentar fünfmal, unter Anfuh-
rung bestimmter Worte des Apollodor, wiederholt (vgl. Meineke fragm.
com. gr. p. 1104 f. ed. min.). Wenn daher der Bemb. sagt: graeca Me-
nandru, so ist diess vielleicht veranlasst durch Sidon. Apoll. Ep. IV, 12,
welcher Menanders 'EnttginovtBg als eine fabula similis argumenti (wie
die Hec.) bezeichnet, wobei aber sehr fragli'ch ist wie weit diese Aehnlich-
keit gieng. Höchstens liesse sich annehmen dass die ngoaama ngotatixa
aus dem menandrischen Stücke seien. W. Teuflfel in Pauly's Real-Enc. VI,
2. S. 1700, Anm. Dziatzko, Rh. Mus. XXI. S. 76-78. 80 f Vgl. Fr. V.
Fritzsche, Lectiones Terentianae, Rostock 1860. 4. p. 21 — 26.
Dichter: Terentius (Phonnio, Hec, Adelphi). 139
Sachlich richtig würde die Didaskalie lanten: facta II (es heisst aber
V). acta ludis megalensibus Sex. lulio Caesare (Cos. 697), Cn. Comelio
Dolabella (Cos. 595) aedilibus cur., Cn. Octavio T. Manlio coss. (J. 589=
166). primum acta sine prologo. (Störung durch funambuli, prol. I, 4.)
Relata est iterum L. Aemiliö Paulo ludis funeralibus (J. 695; dazu proL
I). non est placita (vgl. prol. II, 33 iF.). tertio relata est (mit prol. II)
Q. Fulvio (Cos. 601) L. Marcio (Cos. 606) aed. cur. (an den ludi romani
des J.594 d. St.). placuit. (Darauf Abreise des Terenz in den Osten.) Vgl.
Dziatzko, Rhein. Mus. XX. S. 676 ff. XXI. S. 72—76. Ritschi, in Roiffer-
scheids Sueton p. 600 f.
6) Adelphi, nach Menanders ^Aöek(poi^ unter Mitbenutzung
einer Scene aus dem Anfang der UvvaTCod^vrjaxovtEg des Di-
philos. Die einfache, wohlberechnete Anlage, feine Charakter-
zeichnung und Heiterkeit des herrschenden Tones machen die-
ses Stück des Terenz zu seinem gelungensten. Nur hat die
skeptische Art wie schliesslich die alte und die neue Zeit gegen
einander abgewogen werden etwas Unbefriedigendes.
Acta ludis funeraUbus Lucio Aemilio Paulo, quos fecere Q. Fabius
Mazumus, P. Cornelius Africanus. . . Facta sexta, M. Comeho Cethego,
L. (Auicio) Gallo coss. (J. 594 = 160). So der titulus. Das* aber diese Auf-
führung nicht die erste war haben Wilmanns und Dziatzko wahrscheinlich
gemacht (s. Rhein. Mus. XX. S 577 f. XXI. S. 78—82). Donatus, praef.
Ad. , sagt: hanc dicunt ex Terentianis secundo loco actam; und da Leichen-
spiele wenige Tage nach dem Tode des Betreffenden gehalten zu werden
pflegten, für ein neues Stück daher die Vorbereitungen immöglich so schnell
sich hätten beendigen lassen, auch der Prolog noch einen bescheidenen
Ton anstimmt, imd Haut. prol. 17 (multas contamiuasse graecas etc.) das
Vorausgehen mehr als Eines contaminierten Stückes voraussetzt, so hat
jene Angabe Donats viele Wahrscheinlichkeit.
Verhältniss zum Original: prol. 6 ff. Grauert, Analekten S. 124 — 147.
Ihne, Quaest. p. 25-38. W. Teuffei, Rhein. Mus. VIII. S. 45-47.
üeber den Schluss s. W. Teuffei, Rhein. Mus. VIII. S. 47—50. Sonstige
Literatur zur Beurteilung des Stücks: Lessing, Hamburgische Dramaturgie
Stück 71 f. 97 — 100. Zimmermann, Terenz und Menander, ein Beitrag
zur ErkL der Ad., Clausthal 1824. K. Fr. Hermann, de Ter. Adelphis,
Marburg 1838. 4. == Jahns Jahrbb. Suppl. VI. p. 65—79.
Holtze, Bemerkungen zu einigen Stellen der Ad., in Jahns Jahrbb.
Suppl. XI. S. 1—23. Speck, Obs. crit. in Ter. Ad. Bresl. 1847. Rotter,
ad Ter. Ad. excursus de sono versuum, Bresl. 1846. 4. A. Klette, Adelphon
Terentianae emendationes, in der Symbola philolog. Bonn. p. 843 — 848.
1. Ausgaben sämmtlicher Stücke des Terenz. Editio princeps : Argento-
rati apud Mentelin., 1470 fol. Eine Ausg. s. 1. et a., nach Salomonsen,
in Jahn's Archiv IV. 1836. S. 325—330, in ItaUen um 1470—1475 gedruckt.
Dann Venet. 1476 mit Donat; c. nött. Mureti, Venet. 1555. 8.; emend. a
Faemo, Florent 1565; c. Donati et Eugraphii comm. ed. Lindenbrogius,
140 Sechstes Jahrhundert d. St.
Paris. 1602. Francof. 1623; c. annot. Boecleri, accedunt coxnm. Guyeti,
Argeutorati 1657; Latin et fran9. par Mad. Dacier, Paris 1688. 12. III Voll.;
ex rec. et c. not. R. Bentleji, Cantabr. et Lond. 1726, zuletzt heraasg.
YOii Vollbehr, Kiel 1846; comm. perp. illustr., acced. Donatus, Eugraphius,
Calphumius etc., cur. Westerhovius , Hag. Comit. 1726. 4. II Voll., wieder
herausg. von Stallbaum, Lips. 18:^0; ed. Zeune, Lips. 1774; ed. Bothe in
Poet. scen. T. IV., Mannhem. 1837; ed. Perlet, Lips. 1821; ed. Reinhardt,
Lips. 1827; illustr. Lemay-e, Paris 1827. III Voll.; ed. Elberling, Havniae
1834; rec. A. Fleckeisen, Lips. Teubner 1857. XXVin und 343 pp. 8.
2. Aelteste Uebersotzung: Terentius der hochgelahrte Poet. Zu tütsch
transferirt nach dem Text und nach der Gloss. Mit vielen Holzschnitten.
Strassburg 1499 fol. Neuere: von Th. Benfey, Stuttgart 1837 ff. 9 Bdchn,
umgearbeitet (Andr., Eun. u. Ad.) Stuttgart 1854; von Fr. Jacob, Berlin
1846; J. Herbst, Stuttg. 1854 ff. J. J. C. Donner, Leipzig und Heidelb.
1864, 2 Bde.
3. Allgemeine Erläuterungsschriften: Ruhnkenü dictata ed. Schopen,
Bonn. 18*25. Gronovii notae in Terent. ed. Frotscher, Lips. 1833. G. Her-
mann de Bentlejo eiusque edit. Terent., in Opusc. II. F. V. Fritzsche,
quaest. Terent. spec. L, Rostoch. 1849. 4.; Lectiones Terentianae (I. Do
Ter. codice Rostochiensi. II. de graecis Ter. fontibus), Rostoch. 1860. 26 pp.
4. 1862. 8 pp. 4. Jos. Krauss, Quaestiones Terentianae criticae, Bonn 1850.
48 pp. 8. A.Klette, exercitationes Terentianae , Bonn 1855. 23 pp. 8.' Rein-
hardt, über eine neue Bearbeitung des Ter., Ilildburghausen 1855. 19 S.
4. J. Brix, de Ter. fabulis post R. Bentleium emendandis, Liegnitz 1857.
18 pp. 4. Th. Ladewig, Beiträge zur Kritik des Ter. Neustrelitz 1858.
26 S. 4.
100. Die dichterische Eigenthümlichkeit des Terenz besteht
in dem negativen Merkmale der Unfreiheit und dem positiven
der Correctheit, theilweise der Eleganz. Er folgt seinen griechi-
schen Originalen treulich, und wo er sie kürzen, die Handlung
reicher machen muss greift er abermals nach Griechen. Seine
Stoffe sind ziemlich einförmig und auch in den Personennamen
wenig Abwechslung. Terenz hat nicht die Lebendigkeit, Frische
und Beweglichkeit des Plautus, aber auch nicht seine Unarten.
Der ruhige Mittelton gelingt ihm am besten; nicht so die Sprache
des Affects, und an komischer Kraft leidet er bitteren Mangel.
Die Anlage seiner Stücke ist ebenraässig und glatt, die Cha-
rakterzeichnung reinlich und consequent. Er ist ein Kunst-
dichter, mehr nach dem Geschmacke vornehmer Kenner als des
Volkes. Auch seine Sprache zeigt überall Glätte und Eleganz.
Seine Verse sind nicht so manchfaltig und belebt wie die des
Plautus, aber geordneter und strenger.
1. üeber Tereuz überhaupt s. Th. Ladewig in Pauly's Eeal-Enc. VI,
2. S. 1695—1701. Bohtz, über das Komische und die Komödie, S. 196 f.
Mommseu R. G. II*. S. 433 — 437. Musterung der einzelnen Stücke bei M.
Terentius' Dichtereigenthümlichkeit. 141
ßapp, Gesch. d. griech. Schauspiels (Tüb. 1862), S. 269—291. 297 — 302.
J. L. Klein, Gesch. d. Dramas 11 (Leipz. 1865). S. 567—635.
2. Yerhältniss zu seinen Originalen. Fabulae eins exstant quatuor e
Menandro translatae, Andriä, Eunachus, Adelphi et Heautont., duae ex
Apollodoro Carido (d. h. Carjstio), Hecjrra et Phonnio (vita Ambros. bei
Mai , Fragm. Plaut, et Ter. p. 38. Ebenso Donaths Zusatz zu Suetous vita).
üeber die Art der Benutzung s. Meineke zu Menand. p. 1—9. 19—22. 67
—79. 98—100. 140-142. Grauert, bist. u. philolo^ Analekten, S. 116—208.
Beufej in den Einl. zu seiner Uebersetzung. Könighoff, de ratione quam
Ter. in fab. gr. lat. convertendis secutua est, Cöln 1843. W. Ihne, Quaestiones
Terentianae, Bonn 1843. Th. Ladewig, über den Kanon des Volc. Sedigi-
tus (1842), und Beiträge zur Kritik des Ter. (1858) S. 1—10.
3. Ein Symptom der Unselbständigkeit ist auch die Häufigkeit der Cou-
tamination, so geschickt sie gewöhnlich ausgeführt ist. Die Personennamen
seiner Originale änderte Ter. meist ab, hauptsächUch so dass die Personen
einen Namen führen dessen Appellativbedeutung ihrer Rolle entspricht.
Die Liebhaber heissen Phädria, Charinus, Chaerea, Pamphilus; die Mädchen
Pamphila, Philumena, Bacchis; die Sklaven Geta, Syrus, Parmeno u. s. w.
Diese Sitte hindert von den Charakteren und Stücken ein festes Bild zu
behalten. Ohnehin bildet die Liebe eines jungen Mannes zu einem Mäd-
chen welches schliesslich als Freie erkannt und geheiratet wird den Gegen-
stand der Andria, des Eun., Haut., Phormio; auch in der Hec. eine Art
avayrtoQiapLog , und in den Ad. ist die Geliebte wenigstens eine obscure
Person. — Auch die Metra seiner Originale änderte Ter. nach Bedürlnisa
und Belieben ab. — Die Exposition erleichterte sich Ter. öfters durch «90-
canea ngotatiTid, s. oben §. 16, 8.
4. Quintil. X, 1, 99: Terentii scripta . . sunt in hoc genere elegantis-
sima et plus adhuc habitura gratiae si intra versus trimetros stetissent
(weü es für Partieen von höherem Stil dem T. an Schwung fehlte).
6. Magere Wortspiele: Andr. 218. — Eun. prol. 42. 45. Haut. 218. —
Haut 356. 379. 526. Hec. 543. Ad. 220 u. sonst.
6. Gell. VI (VII) 14, 6: vera et propria . . exempla in latina lingua
M. Varro esse dicit . . mediocritatis Terentium.
7. Afranius in Compitalibus : Terenti numne similem dicent quempiam?
(Ritschl, Suet. p. 523.) und wohl auch V. 30: ut quidquid loquifcur sal me-
rumst! Cicero ad Att. VII, 3, 10: Terentium, cuius fabellae propter ele-
gantiam sermonis etc. und in Limone (bei Suet.) : . . lecto sermone, Terenti,
. . Menandrum in medium nobis sedatis motibus afiers etc. Caesar (bei
Suet): . . puri sermonis amator. Lenibus atque utinam scriptis adiuncta
foret vis, comica ut aequato virtus polieret honore cum Graecis neve hac
despectus parte iaceres! Caesar erkennt ihn daher nur als dimidiatus Me-
nander an.
[J^8. E. Kärcher, Prosodisches zu Plaut, u. Terenz, Karlsruhe 1846. Lie-
big, de hiatu in versibus Ter. , Bresl. 1848. 8. und: de genetivi usu Teren-
tiano, Oels 1853. 26 pp. 4; die hypothetischen Sätze bei Ter., Görlitz 1863.
36 S. 4. Heinrichs, de ablativi apud Ter. usu et ratione, P. I. Elbing 1858.
28 pp. 4. IL Elbing 1860. 26 pp. 4.
142 Sechstes Jahrhundert d. St.
101. Der erste Togatendichter ist für uns Titinius, aus
einem geachteten plebejischen Geschlechte in der Zeit des Te-
renz, den er aber überlebt zu haben scheint. Seine Stücke ha-
ben alle lateinische Titel und waren stofflich bereits tabernariae.
Die Ueberreste zeigen einen derben, volksthümlichen Ton, eine
Sicherheit, Lebendigkeit und Frische die an Plautus erinnert,
während die methodische Charakterzeichnung Titinius mit Te-
renz gemein hatte und sie namentlich auch auf Frauenrollen
erstreckte.
1. Varro bei Charis. IT. p. 215: t)^?? nullis alüs servare convenit (con-
tigit?) quam Titinio, Terentio, Attae. Mit Ritschi, Parerga S. 194 f. mag
hieraus geschlossen werden dass Tit. vor Ter. geboren war; da aber die-
ser schon sehr jung als Schriftsteller auftrat und das Vorhandensein von
Togaten schon während der Bühnenthätigkeit des Ter. unerweislich und
imwahrscheinlich ist, so wird die des Tit. erst nach dem Tode des Ter.
begonnen haben. Vgl. Mommsen R. G. I* S. 885. A. 1.
2. Seren. Samm. med. 1045: Titini sententia . . . qui veteri ciaras ex-
pressit more togatas.
3. Uns bekannt sind 15 Titel; die Bruchstücke bei Bothe, poet. scen.
V, 2. p. 58—76. Neukirch, fab. tog. p. 102—1^)2. Ribbeck, com. p. 115—137.
Heber Tit. vgl. Neukirch 1. 1. p. 97—101. Ritschi, Parerga S. 194 f. Lade-
wig in Pauly's Real-Enc. VI, 2. S. 2014, Nr. 11. Mommsen R. G. P.
S. 885 f.
102. Der palliata treu blieb Turpilius, gleichfalls ein
Altersgenosse des Terenz, aber weit ins siebente Jahrh. d. St.
hinein am Leben. Auch er bearbeitete Stücke der mittleren
und neuen Komödie lateinisch. Der Ton seiner Ueberreste ist
lebhafter als bei Caecilius und Terenz, die Sprache reich an
volksthümlichen Bestandtheilen, der Versbau wie bei Terenz.
1. Hieronym. zu Euseb. Chr. Ol. 169, 2 = 103 v. Chr. = 651 d. St.:
Turpilius comicus senex admodum Sinuessae moritur.
2. Die Ueberreste bei Bothe, scen. lat. V, 2. p. 77—94. P. Grautoff,
Turpil. comoediarum reliquiae, Bonn 1853. 42 pp. 8. Ribbeck, com. p. 73
—96.
3. Von den 13 uns bekannten Titeln (alle griechisch) stimmen sechs
mit solchen des Menander überein, Demetrius war nach Alexis* gearbeitet,
Lemniae oder Philopator nach Antiphanes. „Es ist wahrscheinlich dass T.
früh aufhörte zu dichten, weil mit dem Ablauf des sechsten Jahrh. die Zeit
der palliata vorbei war und an der Gunst des Volkes keine Aufmunterung
mehr fand.** Ritschl, Parerga S. 188 Anm.
103. Andere Palliatendichter dieser Zeit waren luventius
und Valerius; als Dichter sonst^ nicht bekannt Q. Fabius
Labeo und M. Popillius Laenas.
TitiniuB, Turpilius u. a. Dichter. Fabiiia Pictor. 143
1. laventiuB comicus bei Varro L. L. VIT, 65. vgl. VI, 50. luventius
in comoedia, Gell. XVIII, 12, 2. luventius in Anagnorizomene bei Fest,
p. 298 V. summussi beruht auf Conjectur (vgL 0. Müller p. 407). Paul.
Diac. (p. 299 M.) setzte dafür den Collectivnamen für die spätere palliata :
Terentius. — Ribbeck , com. p. 70 f.
2. Valerius (identisch mit Val. Aedituus? Vetus poeta heisst dieser
bei Gell. XIX, 9, 10 und wird vor Licinus und Catulus genannt), Verf.
eines Phormio, Ribbeck, com. p. 72.
3. Herrenlose Palliatentitel: Adelphi, Hydria, Georgos; Ribbeck, com.
p. 96f.
4. üeber Fabius und Popillius (Cos. 581) vgl. unten 114, 6.
104. Von den Inschriften des sechsten Jahrh. d. St. haben
nur wenige eine ausführlichere und in gebundener Votm gehal-
tene Fassung.
1. Ueber das in Saturniem Ueberlieferte vgl. oben ^2 , 8. Sonst gehö-
ren hieher von den Seipiouepgrabschriften (vgl. oben 73, 3, b) Nr. 33 uud
34 bei Mommsen (C. I. lat. I. p. 19 f.), sowie vielleicht (wenn sie nicht aus
dem Anfang des 7. Jahrh. ist) die Inschrift von Sora C. I. lat. I, 1175.
2. Von den literarisch überlieferten Grabschriften des Naevius (s. 83,
1), Plautus (s. 84, 2), Ennius (s. 89, 6), Pacuvius (s. 94, 1), ist die erste
in Satomiem, die zweite (schwerlich plautinische) in Hexametern, die dritte
im elegischen Masse, die vierte in iambischen Senaren gehalten.
n« Prosaigten.
105. Unter den ältesten römischen Geschichtschreibern,
welche sich noch der griechischen Sprache bedienten (s. oben
31), ist der früheste und bedeutendste Q. Fabius Pictor, aus
der Zeit des zweiten punischen Krieges. Seine [aroQia reichte
von Aeneas an bis auf seine Zeit, letztere ausführlicher behan-
delnd. Polybios undDionysios tadeln ihn zwar manch fach; aber
Polybios hat ihn für den hannibalischen Krieg doch als Haupt-
qneUe benützt, und Livius scheint ihm häufiger zu folgen als
er ihn nennt. Neben der griechischen gab es auch eine Jüngere)
lateinische Bearbeitung seines Gesehichtswerkes. Mit weniger
Sicherheit werden ihm Schriften über das ius pontiticium bei-
gelegt.
1. Dionys. Ant. I, 6: ofiotag dl tovzoig (den griechischen Darstellern
der römischen Geschichte) %al ovSlv diacpogovg t^idcaitav laroQLCit; xal
'PfOfiaimv oaoi xa naXaici igya zrjg noksoag illr^vi-nfj dialiyitco avviyQaritav,
iv $lai nQtaßvtaroi Koivrog zs ^äßiog xal Atvyiiog Kiymog, ot^ifjotegoi
naxd tovg q>oivi'Ki,%ovg a%fidaavzsg nolifiovg. zovtoav 81 zav c(vdQ(ov cxa-
xB^os olg fisp avtog i^yoig naqeyivsxo Sid xr^v ifinsi^sfiav cifx^tßcofi uvi^
^
144 Sechstes Jahrhundert der St.
yQarjfS, td 6h uqx^^^ ^<^ ficra Tr)v %xiaiv z'^g noXstog ysvofisva nsgialaito-
döig inidffafiBv, Polyb. III, 9: xara zovg ytaigovg (des hannibaUschen
Kriegs) 6 ygdqxov J^Foh. P.) yiyovs xal tov avvsäg^ov [istsCxs täv 'Pa-
(icciav. Liv. XXII, 7, 4 (bei der Schlacht am Trasimenersee) : Fabium
aequaletn temporibus huiusce belli potissimum auctorem habui. Zur nähe-
ren Bestimmung der Zeit des Fabius Pictor vgl. Eutrop. III, 6: L. Aemi-
lio COS. (529 d. St.) ingentes Galloriun copiae Alpes tranaierunt. sed pro
Romanis tota Italia consensit traditumque est a Fabio historico, qui ei
hello interfuit etc. Ebenso Oros. IV, 13. Vgl. Plfc. N. H. X, 34. Nach der
Schlacht bei Cannä (538) Q. Fabius Pictor Delphos ad oraculum missus est
(Liv. XXII, 57, 5 vgl. XXIII, 11, 1 flf.). Plut. Fab. Max. 18: dg deX(povg
in((i(pd-rj ^songonog IliiittoQ avyysvrjg ^aßcov (des Ounctator). App. Hann.
27: ^ ßovlri Koivxov ^dßiov, tov avyyQatpia rcivds tcuv ^QyoDV, ig dsl-
(povg ^nffiTis etc. Ueber seinen Vater und Sohn s. Haakh in Pauly'a R. £.
VI, 2. S. 2911 ff. Nr. 31 u. 38.
2. Liv. I, 44, 2: scriptorum antiquissimus Fabius Pictor. II, 40, 10:
Fabium, longe antiquissimum auctorem. Diouys. VII, 71: Kotvxta ^aßito
ßsßaitotff XQoafisvog xal ovSs^iiäg ^xi dsofisvog niaxscug ixigag' nocXcct^oxa-
xog yocQ dvriQ xwv xd Qa^aiad avvxa^a^ivoav %al nCaxiv ov% i£ <ov fjttovas
fiovov dXXd xal i^ iiv avxog iyvco naQSXofisvog. Dagegen IV, 6 und 30
tadelt D. bei einem imtergeordneten Puncto dessen Qad'Vfiia. Polyb. 1 , 14
sagt er habe die Geschichte des puuischen Krieges unternommen dta x6
xovg ifinsiQOxaxa doviovvxag ygdqxiv vtcIq avrov, ^lXCvov xal ^dßtov,
fi^ dBovxmg iQ^LV dTtriyyiX%ivaL xrjv dXjj^siav. i%6vxag ^Iv ovv iipsva&ai
xovg dvdQocg ovx v7CoXa(ißdv(Oy axoxccio^svog i% xov ßCov xal xiig atgi-
asatg avx&v, wohl aber habe den Pictor sein patriotisches Interesse für
die Römer irre gefuhrt; vgl. ib. 58. III, 8 u. 9 aber spricht sich Polyb. auch
über Pictor in seiner kritteligen Weise aus; vgl. Mommsen R. G. I-. S. 910.
Th. Lucas im Glogauer Progr. 1854, p. 10 — 18, Livius I, 55, 8: magis
Fabio, praeterquam quod antiqiüor est, crediderim . . quam Pisoni. Er
citiert ihn sonst noch VIII, 30, 9. X, 37, 14; aber auch wo er unbestimmt
antiquissimos scriptores oder priscos annales oder vetustiores scriptores
erwähnt meint er wohl vorzugsweise den Pictor. Vgl. W. Harless, de Fab.
p. 33—35.
3. Die Ueberreste des Pictor bei A. Krause , vitae et fragm. vett. hist.
rom. p. 52 ff. und C. L. Roth, (an Gerlachs Sallust von 1852) p 260—269.
W. Harless, de Fab. p. 13 — 33. Abhandlungen (ausser D. G. Moller, Al-
torf 1689. 4.) von H. K. Whitte (Kopenh. 1832), A. Krause (a. a. 0. p. 38 ff.),
Exp. Baumgart (Breslau 1842. 52 pp. 8.), W. Harless (de Fabiis et Aufi-
diis rer. rom. scriptoribus, Bomi 1853. p. 1—12), K. W. Nitzsch (Q. F. P.
über die ersten Jahre des hannibalischen Krieges, Allg. Monatsschrift,
Braunschweig 1854, S. 67 — 84), Du Rieu (Disp. de gente Fabia, Lugd.
Bat. 1856, p. 165 — 199), L. Kieserling (de rer. rom. Script., Berlin 1858,
p. 7—18). Auch W. A. Becker, Rom. Alterth. I. S. 39 ff. A. Schwegler
R. G. I. S. 74—77. F. D. Gerlach, die röm. Geschichtschr. S. 34-44.-
4. Plut. Romul. 3: xd %vqmxaxa (der ältesten röm. Geschichte) ngm-
xog Big xovg^EXXrivag i^iSams JionXrjg 6 nsxaQ'q&iog, o) xal ^dßiog TIC-
%x(og iv xoig nXsi'atoig inrjuoXov^-rjas. Die sachliche Uebereinstimmung
Prosaisten: älteste Geschichtschreiber: Fabius Pictor. 145
zwischen Pictor und -dem sonst völlig unbekannten Diokles erklärt sich
wohl richtiger aus der Gemeinsamkeit ihrer Quellen (Schwegler I. S. 412
—414), wo nicht gar (mit Schwegler S. 414) daraus dass Diokles die röm.
Annalisten benutzt hat. Vgl. Kieserling p. 15 f.
5. Da aus dem Werke des Fabius Pictor Stellen in lateinischer Sprache
als Worte des Geschichtschreibers selbst mehrfach angeführt werden (z. B.
spelunca Martis, lupus als Femininimi,' duoetyicesimo anno, letzteres bei
Geil, y, 4, 3), so ist jedenfalls auch eine lateinische Bearbeitung anzu-
nehmen. Nur muss dieselbe später gewesen sein als die griechische, da
jene eine höhere Ausbildung der lat. Prosa zur Voraussetzung hat, deren
älteste Urkunde Cato's Origines sind (daher bei Cic. de or. 11, 12, 51: ut
noster Cato, ut Pictor, ut Piso, und ib. 53: talis noster Cato et Pictor et
Piao; dagegen de leg. I, 2, 6, wo es sich um das Sachliche handelt, die
Ordnung: ad Fabium aut Catonem aut ad Pisonem). Fraglich kann dann
sein ob die lat. Bearbeitung noch von dem Verfasser selbst ausgeführt
worden ist oder, wie bei Acilius, von einem Dritten, vielleicht gleichfalls
einem Fabius. Aber die Annahme dass es zwei berühmte AnnaUsten des
Nameiis Fabius gegeben habe wird dadurch noch nicht begründet. Viele
(wie Krause, Baumgart, Kieserling) halten für diesen zweiten den Juristen
Servias Fabius Pictor, Andere den Fabius Maximus Servilianus (Cos. 612),
der doch wenigstens sicher Geschichtliches verfasst hat. Nimierius kann
nicht mehr ernstlich in Frage kommen seit in der betreffenden Stelle des
Cicero (de div. I, 21, 43: Aeneae somnium, quod in iii Fabi Pictoris grae-
ds annalibus eiusmodi est) M. Hertz (philologisch-klinischer Streifzug, S.
32 ff. Bhein. Mus. XVIl. S. 579, A. 8) das vorauszusetzende ni, statt mit
Sigonins in Numeri, vielmehr in nostri aufgelöst hat. Uebrigens lässt sich
ao8 der angef. Stelle Ciceros auch schliessen dass die lateinische Bearbei-
tung der Annaleu des F. P. den Traum des Aeneas gar nicht oder nicht
in dieser Ausführlichkeit enthielt, dieselbe also zugleich eine abgekürzte
war. Diese war (oder wurde) auch in Bücher eingetheilt; das erste Buch
citiert de orig. gent rom, 20, 1 und Non. p. 518, 28; das vierte Gell. V,
4, 3. Zweifelhaft ist Dionjs. A. I, 79: KoLVtog ^dßtog 6 TLUxonq XsyofiB'
9oq . , iv fj nQ(ozfj ypofgpct, da Dionjs. sonst nicht nach Büchern citiert.
6. Dass Fabius Pictor sein griechisches Geschichtswerk nicht vor Be-
endigung des zweiten punischen Krieges begann liegt in der Natur der
Sache, sovrie dass er es bis zu dessen Ende fortgeführt haben wird; positiv
beweisen lässt sich aber Beides nicht.
7. Festus p. 250, b. g. E.: puilia saxa esse ad portum qui sit secun-
dum Tiberim ait Fabius Pictor, quem locum putat Labeo dici etc. Da
Labeo sicher der Jurist Antistius Labeo ist, so hat es alle Wahrscheinlich-
keit dass das Citat sich auf eine Schrift des F. P. de iure pontificio be-
zieht. Nur kann deren Verfasser der Jurist Servius F. P. (s. unten 129, 3)
mindestens ebenso gut sein als der Annalist Q. F. P. Non. Marc. p. 518:
Favins Pictor Rerum gestarum lib. I: „et simul videbant picum Martium".
Idem iuris pontificii Ubro III. Diess beweist nur dass der Annalist wie
der Jurist Fabius Pictor hiessen und dass Nonius beide für identisch hielt.
106. Des Pictor jöngerer Zeitgenosse, L. Cincius Ali-
Tcoffel, R5ro. Uteratiirg^schichte. \Q
146 Sechstes Jahrhundert d. St.
mentus, Prätor 544 f., schrieb ein ähnliches Werk wie jener,
gleichfalls griechisch, und wie es scheint nicht ohne Quellen-
forschung und Kritik. Doch ist die Gestalt dieses Annalisten
durch die häufige Verwechslung mit einem viel späteren Manne
dieses Namens unsicher geworden.
1. Dionys. I, 74: AsvTiLOs Kiymogy avj^g in tov ßovlsvtixov aws^Q^ov,
(setzt die Gründung Roms) nsgl t6 tizuQxov itog t'^g ^cadsTidtrjg oXvfi-
niaSog (Mommsen, röm. Chronologie ' S. 316 ff. Pluess p. 34 ff.). Liv. XXI,
38 , 3 : L. Cincius Alimentus , qui captum se ab Hannibale (jedenfalls nach
seiner Prätur, wahrsch. J. 546) scribit. XXYI, 23, 1: praetorum inde co-
mitia habita. P. Maulius Yulso ... et L. Cincius Alimentus creati sunt.
XXYII, 7, 12: legiones decretae: M. Valerio cum Cindo (bis quoque est
enim prorogatum in Sicilia imperium) Cannensis exercitus datus. Vgl. noch
ib. XXVI, 28, 3. XXVII, 6. 8, 16. 26, 3. 28, 17. 29, 4.
2. Liv. VII, 3, 7: Volsiniis quoque clavos indices numeri annorum
fixos in templo Kortiae etruscae deae comparere diligens talium monu-
mentorum auctor Cincius adfirmat. Das Präsens comparere hätte, (mit
Mercklin) auf einen Cincius des 7. Jahrb. bezogen, keinen anderen Sinn
als bei dem älteren. Auch dtiert Liv. sonst nie andere als Geschichts-
werke. Man müsste daher (mit Pluess p. 17 ff*. 25 ff.) an einen Zeitgenos-
sen des Livius denken. — Sonstiges über das Werk des Cinc. bei Dionjs.
I, 6; 8. oben 105, 1. Ib. 79: ubqI 91 tmv i% trjg 'lUag ysvoiisvmv Koiv-
Tog ulv ^dßiog . . co AevKiog xb KCy%iog xal Kdtcav ÜOffKiog nal TlCemv
KaXnovQVLog xofl tcov aXXav avyyqcctpitov ot nXsiovg rjvioXov^Tjaav. Vgl.
II, 38. 39, Liv. XXI, 38, 3—5: L. Cindus Alimentus . . maxime auctor me
moveret, nisi confunderet numerum Qallis Liguribusque additis. . . ex ipso
autem audisse [se] Hannibale etc. Vertheidigimg der Angabe des Cindus
bei F. Lachmann, de fönt. Liv. II. p. 80 ff. vgl. Pluess p. 5—8. Dass an-
dere Schriftsteller (z. B. Polybios) ihn nicht erwähnen mag aus der Gleich-
heit-des Stoffes mit dem Werke des berühmteren Fabius sich erklären.
3. Die Ueberreste von Cincius bei Krause p. 63 — 68, M. Hertz, Cinc.
p. 17—21 und C. L. Roth (1852) p. 259—262. Abhandlungen: H. Liebaldt,
bist. rom. reliq. spec. De L. Cincio AI. Diss. Halle 1833, p. 9 ff. M. Hertz,
de Luciis Cinciis, Cindorum fragm. ed. Berlin 1842. 112 pp. 8. Schweg-
1er I. S. 78—80. Qerlach, röm. Geschichtschr. S. 44—52. Kieserling, de
rer. rom. Script, p. 18 — 22. J. Th. Pluess, de Cinciis rerum rom. scripto-
ribus, Bonn 1865. 45 pp. vgl. N. Schweiz. Mus. VI (1866) S. 43 ff.
4. Dem Cincius werden femer zugeschrieben (s. Hertz p. 32 — 60)
ein Buch de fastis (Macrob. Sat. I, 12, 12 vgl. K^yniog iv tm negl ioQ-
rmv bei Lyd. de mens. IV, 92 und ib. IV, 44: KCy%iog 6 ^Pmpiaiog
ffoqpKTTjfff) , de comitiis (Fest. v. patridos, p. 241 M.), de consulum po-
testate (Fest. v. praetor, p. 241 M.), de offido iurisconsulti (wovon
FestuB V. nuncupata pecunia, p. 173 M. , und p. 321, ein zweites Buch
citiert), mystagogica (ein zweites Buch bei Fest. v. trientem, p. 363 M.),
de re militari (aus dem 3., 5. u. 6. Buche bei GelL XVI, 4), de verbis
prisds (bei Fest. bes. p. 214. 277. 330. M.). Dass alle diese staatsrechtlich
antiquarischen Schriften von einem späteren gelehrten Juristen Namens
Prosaisten: L. Cincius Alimentus. M. Porcius Cato. 147
Cincius verfasst sein müssen ist augenscheinlich und durch M. Hertz 1. 1.
p. 61 ff. näher nachgewiesen worden. Während aber Hertz diesen in die
Zeit des Cicero setzt und mit dem in den Briefen des Cic. yorkommenden
L. Cincius identificiert, hat Pluess p. 36 ff. ihn bis in das augusteische Zeit-
alter herabgerückt, wofür die Aufzählung bei Arnob. adv. gent. IH, 38 und
bei Charis. inst, gramm. I, 21, 124 = p. 107 P. = p. 132, 30 K. (Varro
et Tollins et Cincius) spricht. Er müsste also mindestens ein jüngerer
Zeitgenosse des Cicero gewesen sein. Auch vermutet Pluess dass dieser
CinduB zugleich (um 729 d. St.) Annalen verfasst habe, welche vielfach
(z. B. von Dionys. Hai.) mit dem Werke des gleichnamigen alten Anna-
listen verwechselt worden seien, zumal da der jüngere Cincius das Werk
seines Ahnen in sein eigenes 'hineinverarbeitet habe.
107. Der eifrigste Vertreter der nationalen Richtung in
Leben und Literatur ist im sechsten Jahrh. d. Str. M. Porcius
Cato, geboren zu Tusculum J. 520 d. St., Quästor 550, Aedil
555, Prätor 556, Consul 559 = 195 v. Chr., Censor 570 = 184,
gestorben 605. Eine kernhafte, tüchtige Natur, ihrer Ziele klar
bewusst und sie bald mit schroflFer Energie, bald auch mit Schlau-
heit verfolgend, kampflustig und voll Mutterwitz, ist Cato das
Urbild eines alten Romers. Aber daneben verräth er den Ein-
fluss seiner Zeit in der Eitelkeit womit er seine Person in ein
helles Licht zu stellen liebte und in seinem oft unreinen Egois-
mus. In der Politik besass er nicht die Weitsichtigkeit seiner
aristokratischen Gegner, aber an patriotischem Wohlmeinen
übertraf ihn Keiner. Trotz der geringen Achtung die er vor
aller Schreiberei bezeigte war er doch ein fruchtbarer Schrift-
steller und ist sogar der erste eigentliche Prosaist der Römer.
1. Beinamen des Cato (= Sapiens): Censor, Censorius, Orator, spätei
von dem üticensis miterschieden durch den Beisatz piiscus oder superior.
Vielseitigkeit; s. Quintil. XII, 11, 23: M. Cato idem summus imperator,
idem sapiens, idem orator, idem historiae conditor, idem iuris, idem rerom
msticanim peritissimus fuit. Vgl. Cic. de or. III, 33, 135. sowie unten 110,
2. Liy. XXXIX, 40 (beredte und warme Charakteristik, welche aber von
den Origines nicht eigens spricht), üeber sein Leben und seinen Charakte»-
8. des ComeUus Nepos und des Cicero Cato, Plutarchs ß{og Kdtcavog,
Victor vir. ill. 47; von Neueren bes. W. Drumann, Gesch. Roms V. S. 97
— 148. Ausserdem J. G. Schneider, de M. Porcii Catonis vita, studiis,
Bcriptis, in seinen Scriptores rei rusticae, T. I. G. C. Brillenburg, de . .
Catone Ceusorio, Lugd. B. 1826. W. E. Weber, de . . Catonis vita et mo-
libus, Bremen 1831. 4. Wilms, Catonis Censorii vita et fragmenta, Dort-
mund 1839. 1843. 4. Th. Renvall, de . . Catone Censorio, Helsingförs 1845.
EL Dohm, über Cato d. Aelt. und dessen Lebensverhältnisse , Itzehoe 1845.
4. W. Teuffei, in Pauly's R. E. V. S. 1904—1911. Mommsen R. G. I*.
5. 846 ff.
2. J. H. V. Bolhnis, diatribe in . . Catonis scripta, Utrecht 1826. A. Lion,
10*
148 Sechstes Jahrhundert d. St.
Catoniana, sive . . Catonis Censorii. quae supersunt operum fragmenta,
Götti. 1826. H. Jordan, M. Catouis praeter librum de re rustica quae ex-
stant, Lips. 1860 (CIX pp. Prolegomena und 135 pp. fragmenta). 0. Rib-
beck, M. Pore. Cato Cena. als Schriftsteller, im Neuen Schweiz. Museum I
(Bern 1861) S. 7 — 33. Auch H. Jordan, Quaestionum Caton. capita II,
Berlin 1856.
3. Cic. Brut. 18, 69 yon Cato: cum ita sit ad nostrorum temporum
rationem yetus ut nullius scriptum exstet dignum quidem lectione quod sit
antiquius. Vgl. ib. 16, 61: nee yero habeo quemquam antiquiorem, cuius
quidem scripta proferenda putem, nisi quem Appi Caeci oratio . . et non-
nullae mortuorum laudationes forte delectant. Aber der Erste welcher
eine grössere Anzahl yon Schriften (und theiVweise yon grösserem Umfange)
in lateinischer Prosa yerfasste und herausgab ist Cato unzweifelhaft.
108. An allen öffentlichen Angelegenheiten bis an sein
Lebensende aufs Eifrigste sich betheiligend und mit der herr-
schenden Partei und der hellenisierenden Zeitströmung uner-
müdlicK" im Kampfe liegend hatte Cato reichste Gelegenheit
seine angeborene Redegabe zu erproben. Er war aber auch der
erste Römer welcher in grösserem Massstabe seine Reden nieder-
schrieb und herausgab. Cicero kannte deren mehr als 150, wir
nur von 80, vom Consulatsjahre Cato's ab, Bruchstücke oder
Anlässe. Diese 80 vertheilen sich ungefähr gleichmässig zwi-
schen gerichtliche und politische (im Senat oder vor einer Volks-
versammlung gehaltene) Reden. Die Ueberreste zeigen eine un-
gekünstelte Beredtsamkeit, die sich aber trefflich versteht auf
alle wirksamen Tonarten, Scherz und Ernst, Selbstlob und
schneidenden Spott.
1. Ungenau Cornel. Nep. Cat. 3, 3: ab adolescentia oonfecit (vielmehr
habuit) orationes. Richtiger lässt Cicero (Cato mai. 11, 38) ihn sagen:
causanun illustrium quascumque defendi nunc (in senectute) cum maxime
conficio orationes. Unter den uns als veröffenthcht bekannten sind auch
solche welche nachweishch nicht wirklich gehalten worden sind (in M.' Ad-
lium vom J. 565, s. Jordan p. LXXVl). Vgl. oben 36, 7.
2. Cic. Brut. 17, 65: refertae sunt orationes amplius centum quinqua-
ginta,, quas quidem adhuc inyenerim et legerim, et yerbis et rebus illustri-
bus. Die auf uns gekommenen Titel und Bruchstücke sind gesammelt
(ausser von Bolhuis und Lion, s. 107, 2) von H. Meyer, orat. rom. fragm.*
p. 11 — 151 (der es auf 93 Reden brachte) und gesichteter von H. Jordan,
Caton. q. exst. p. 33 — 74 vgl. p. LXI — XCVIII. Uebersicht p. XCV: earum
quas Cognovimus Catonis orationum dimidia fere pars in iudiciis causisque
versatur, in suadendis dissuadendisque legibus atque in seutentiis senato-
riis altera pars. Civilrechtliche Fälle behandelten mehrere ; ib. p. LXXXVII
— LXXXIX. Selbstvertheidigungen kennen wir nur sechs (ib. p. XCV f.),
während wir doch wissen dass Cato 44mal sich von Gegnern angeklagt
sah, ohne indessen jemals verurteilt zu werden (Pliii. N. H. VII, 27-, 100.
Prosaisten: M. Porcius Cato (Reden und Origines). 149
Victor vir. ill. 47, 7. Plut. Cat. 16. comp. 2. Val. Max. III, 7, 7. Ampel, lib.
mem. 19, 8). Die Reden dieser Art waren der Natur der Sache nach Im-
proyisatioueu, und Cato mochte wohl auch, nicht selbst dazu beitragen die
gegen ihn erhobenen Anschuldigimgen auf die Nachwelt zu bringen. Ue-
berdiess waltete hier der Zufall, da Liv. XXXIX, 40 unter seinen scripta
omnis generis auch orationes pro se multae auffuhrt.
3. Die Reden des Cato erhielten sich durch die Bhetoren und Gram-
matiker, sowie durch die Alterthümelei des zweiten Jahrh. (wie Hadriau Ci-
ceroni Catonem praetulit, Spart. Hadr. 16, 6) verhältnissmässig lange. Im
vierten christl. Jahrh. kannte sie Servius (ad Aen. VlI, 259. XI, 301) und
Marius Victorinus (Boeth. in Cic. Top. I. p. 271 Or.). Jordan p. XCVI.
4. Die beste (Jordan p. XCVII f ) Charakteristik der Redeweise des
Cato gibt Gellius, N. A. VI, 3, 17 ff. 52 f., wo z. B. (53): ea omnia distin-
ctius numerosiusque fortassean dici potuerint, fortius atque vividius potuisse
dici non videntur. Die Schilderungen des Cicero (bes. Brut. 16, 63 ff. 85,
293 f. auch de or. I, 37, 171. orat. 45, 152) sind theils phraseologisch ver- .
schwömmen, theils getrübt durch das Bestreben den Cato als Schild und
ab Folie für sich selbst zu benützen. Verständig Quintil. II, 5, 21. Im
Allgemeinen z. B. Ampel. 19, 8: hie est omuium rerum peritissimus et, ut
Sallustio Crispo videtur, romani generis disertissimus. Doch schrieb schon
Verrius Flaccus de obscuris Catonis (Gell. XVII, 6, 2 f ). Neuere Literatur
über Cato als Redner: £. Schober, diss. de Catone Cens. oratore, Neisse
1826. 4. F. Ellendt, historia eloq. rom. 13 — 15. A. Westermann, Gesch.
d. röm. Beredts. 23—27, S. 37—53.
109. Cato verfasste ferner die erste römische Geschichte in
lateinischer Prosa, mit seinen sieben Büchern Origines, die er
in seinen späteren Lebensjahren begann und fast bis zu seinem
Tode fortführte. Das Werk zog auch die übrigen Volksstämme
Italiens, einschliesslich Oberitaliens, in seinen Kreis und be-
handelte auch das Ethnographische und Culturgeschichtliche in
einem Umfange welcher gleichfalls ohne Nachfolge blieb. Im
Uebrigen war die Darstellung in der Weise der Annalisten ge-
halten, bald mager, bald ausführlich und sogar für die Auf-
nahme ganzer Reden des Verfassers Raum findend.
1. ComeL Nep. Cat. 3, 3 f. : senex (also wohl nicht yor dem sechszig-
sten Lebensjahre, 580 d. St.) historias scribere instituit. eariim simt libri
YII. primns coutinet res gestas regum populi rom.; secundus et tertius
nnde quaeque civitas orta sit italica; ob quam rem omnes Origines vide-
tor- appellasse. in quarto autem bellum poenicum est primum (wohl nebst
summarischer Darstellung der ihm vorausgehenden Jahrhunderte der Re-
publik), in quinto secundimi. atque haec omnia capitulatim sunt dicta
mach den Hauptsachen, unter Hervorhebung besonders bezeichnender Hand-
lungen und Aeusserungen, Jordan p. LIV). reliquaque bella pari modo
penecutuB est, usque ad praeturam Ser. Galbae (vielmehr bis 605, s. A. 2)
qm diripoit Luedtanos. atque herum bellorum duces (z. B. Hannibal, Ma-
150 Sechstes Jahrhundert d. St.
harbal; aber sicher auch die römischen, aus den dem Verf. so wenig theuren
Adelsgeschlechtern ; vgl. Plin. N. H. VIII, 5, 11: Cato, cum imperatorum
nomina annalibus detraxerit, eum qui fortissime proeliatus esset in poenica
acie Summ tradidit vocatum) non nominavit, sed sine nominibus res nota-
vit. in eisdem exposuit quae in Italia Hispaniisque aut fierent aut vide-
rentur admiranda (bemerkenswerth, Q'civßdaLci, nagdöo^d). in quibus (wohl
überhaupt den Origines) multa industria et diligentia comparet, nulla doc-
trina (keine Bücherkenntniss, s. Jordan p. LX). Dionys. Ant. 1, 11: Uoq-
mog KcizcDVt 6 rag yBViaXoyCag tmv iv ^IzaXia noXfcav iniueXiöTata avv-
ayayoiv. ib. 74: Kdratv UoQyiiog bIXtjvl'kov filv ov% OQL^st, XQ^'^^^ i^^^
Gründungsjahr Roms), inifisX-qg dl yevofievog tl %(xi xig akXog nsgl trjv
awayonyriv rijg ccQxaioXoyoviiivrjg taxoqCag iteaiv dno(paivsL dval %al
TQKX'üOvta xofl tttQa%oaioig vatSQOvanv tdiv ^JXiattmv. 6 öl xQOvog ovxog
dvafiSTQTjd'slg taig 'EQccToad'ivovg (der die Zerstörung Trojas 1183 setzte)
XQOvoyqatp^aig nntd to nQCOtov itog nintsi trjg ißdofirjg 6Xv(inidiitog. (1183
—432 = 761.)
2. Der Titel Origines (Urgeschichte) erklärt sich am besten bei der
Annahme dass die drei ersten Bücher zuerst allein erschienen. Vom sie-
benten Buche wenigstens ist gewiss dass es erst nach den andern ausge-
arbeitet und veröffentlicht wurde; s. Cic. Brut. 23, 89: Lusitanis a Ser.
Galba praetore (J. 603) . . interfectis T. Libone tribuno pl. (605) populum
incitante . . M. Cato legem suadens in Galbam multa dixit; quam oratio-
nem in Origines suas rettulit, paucis antequam mortuus est diebus an men-
sibus. Vgl. Cato bei Cic. Cato mai. (Scene J. 604) 11, 38: septimus mihi
liber Originum est in manibus. Gell XIII, 26 (24), 15: Cato ex Originum
septimo, in oratione quam contra Ser. Galbam dixit. Die Herausgabe der drei
ersten Bücher könnte um 688 erfolgt sein^ da das Alter von Ameria darin
nach dem Kriege mitPerseus bestimmt war (Plin. N. H. III, 14, 114: Ame-
riam . . Cato ante Persei bellum conditam annis DCCCCLXIV prodit).
Uebrigens war die ins fünfte Buch aufgenommene Bede Catos pro Rhodi-
ensibus gleichfalls schon aus J. 586 = 168 v. Chr. Würde man daher die
ursprüngliche Veröffentlichung auf 5 Bücher erstrecken, so wäre der Titel
a parte potiori gewählt, da die Hereinziehung der Urgeschichte auch des
übrigen Italien Cato eigenthümlich war, während er für die Urgeschichte
Roms an Fabius Pictor einen Vorgänger hatte, dem er hier manchmal
folgte (vgl. Dionys. ant. I, 79), und auch die Geschichte der beiden puni-
schen Kriege von jenem vorher bearbeitet war. Jordan p. XXIV : qui li-
bros Septem ab Aeneae adventu ad Ser. Galbae praeturam pertinentes
'Origines' nominavit satis . . monstravit sese res romauas ab origine re-
petitas vel ab origine libros VH composuisse. Aber dieselbe Ausdehnung
hatten die Werke fast aller Annalisten, ohne dass doch der Titel Origines
sonst jemals gewählt worden wäre.
3. Historiae das Werk zu nennen berechtigte sein allgemeiner Inhalt;
so Cornel. Nep. 1. 1. und Serv. Aen. VI, 842: Cato Censorius, qui scripsit
historias. Plut. Cat. 25: awstdcttsto Xöyovg xs navtoSanovg xal tctogiccg,
Zusammenstellung mit den Annalisten bei Cic. de or. ü, 12, 61: Graeci
quoque ipsi sie initio scriptitarunt ut noster Cato, ut Pictor, ut Piso. De
leg. I, 2, 6: post annales pontificum maximorum . . si aut ad Pabium aut
Prosaisten: M. Porcius Cato (Origines und Praecepta). 151
ad . . Catonem aut ad Pisonem aut ad Fannium aut ad Vennonium venias.
Plin. N H. Vin, 5, 11 (vgl. oben A. 1) nennt die Origines geradezu an-
Dales. Abweichend von der Art der Annalisten war jedenfalls auch die
Aufnahme von Reden des Verfassers, wie Cato überhaupt haud sane de-
trectator laudum suarum (Liv. XXXIV, 15, 9) war. Diese Beden scheinen
später eigens zusammengestellt worden zu sein und dadurch (wie die aus
SaUuste Historiae) das Werk selbst dem sie ursprünglich angehörten über-
lebt zu haben (vgl. Jordan p. LVIII).
4. Sammlung der Ueberreste der Origines bei Krause p. 89 ff. , C. L.
Roth p. 266—288, H. Jordan p. 3—30 vgl. p. XIX— LXI. A. Wagner, . .
Orig. fragmenta emendata, disposita, iUustrata, Bonn 1849. 68 pp. 8. A. Bor-
mann, . . Originum libri VII. Reliquias disposuit et de instituto operis
dispntavit. Brandenburg 1858. 48 pp. 4. U. Jordan in Jahns Jahrbb. LXXIX.
S. 424—433. J. Vahlen, Ztschr. f. östr. Gymn. 1859, S. 480—489. Auch
W. Fröhner, Philologus XV. S. 350 f. Schwegler R. G. I. S. 81—84. Ger-
lach, Geschichtschr. 8. 55—58. L. Eieserling, de rer. Script, p. 23—29.
110. In der Form von Lehren für seinen Sohn veröflFent-
lichte Cato auf seine Erfahrungen gegründete Anleitungen zur
Landwirtschaft^ Gesundheitspflege, Beredtsamkeit; wohl auch
zur Kriegführung, sowie vielleicht zur Handhabung des Rechts.
Namentlich aus den drei ersten Gebieten zeugt manches trefiende
Wort von seinem Scharfblick. Auch verfasste er für seinen
Sohn Lebensregeln in gebundener Form und richtete an ihn
Briefe. Wie er die Witzworte Anderer gesammelt und heraus-
gegeben hatte, so sammelte man bald auch die seinigen; über-
diess lehnten sich im Mittelalter Spruchsammlungen an seinen
Namen an.
1. 0. Jahn, über römische Encyclopädien, Berichte d. sächs. G. d. W.
1860, S. 263-273. 281. H. Jordan, Caton. q. exst. p. XCIX ff.
2. Der sachlich passendste Titel für das didaktische Hauptwerk des
Cato ist praecepta ad filium (Non. t. mediast., p. 143). Daneben finden
sich allgemeine Angaben, wie ad filium, libri quos scripsit ad filium (Serv.
Georg II, 95), oder besondere Bezeichnungen, die entweder der Form ent-
nommen sind (oratio, epistula) oder dem Inhalt (de agricultura, de ora-
tore). Zweifelhaft ist dann femer der Umfang dieses Werkes. War Cato
aach omnium bonarum artium magister (Plin. N. H. XXXV, 2, 2 vgl. XIV,
4, 44: insignis . . claritate litterarum praeceptisque omnium rerum expe-
tendarum datis generi romano) und konnte Cic. (de or. III, 33, 135) von
ihm sagen: nihil in hac civitate temporibus iUis sciri discive potuit quod
illo non cum investigarit et scierit tum etiam conscripserit, so fragt es sich
doch ob diese umfassende Schriffcstellerei in einem einzigen Werke bei ein-
ander war. Vorschriften über Landwirtschaft enthielten die libri ad
filinm jedenfalls ; s. Jordan p. 78 f. CI f ; ebenso war die Polemik gegen
die griechischen Aerzte (ygl. oben 45, 1) und mancherlei Gesundheitsre-
geln an seinen Sohn gerichtet (0. Jahn S. 265—268. Jordan p. 77 f); nicht
152 Sechstes Jahrhundert d. St.
minder Begehi fiir den Redner (Jordan p. 80), um deren willen ihn Qnintil.
III, 1, 19 für den ersten Römer erklärt der condidit aliqua in hac materia.
Dass die Anleitung sich auch auf das Kriegswesen erstreckte, somit der
Über de re militari (Jordan p. 80—82 vgl. p. CII f.) ein Bestandtheil der
praecepta ad filium gewesen wäre (Jahn S. 270 f.), ist an sich ganz glaub-
lich, wird aber durch die üeberreste nicht unterstüzt, da sich in diesen
weder eine Anrede noch eine besondere Berücksichtigimg des Standpunktes
eines Lernenden erkennen lässt. Vgl. Köchly und Rüstow, griech. Kriegs-
schriftsteller n (1855) S. 61-65. Noch mehr gilt diess von Cato's juristi-
schen Schriften, deren er jedenfalls verfasst hat (Cic. de or. III, 33, 135:
num quia ius dvile didicerat causas nou dicebat? aut quia poterat dicere
iuris scientiam neglegebat? utroque in genere et elaboravit et praestitit.
Pompon. Dig. I, 2, 2, 38: deinde — nach den Aelii — M. Cato, princeps
Porciae familiae, cuius et libri exstant, sed plurimi Marci filii eins, ex qui-
bus ceteri oriuntur, Mommsen ordiuntur). Aber da sein Sohn auf diesem
Gebiete berühmter wurde, so ist das Citat bei Festus p. 157 M. (Cato in
commentariis iuris civilis), sowie Cic. de or. II, 33, 142 eher auf diesen zu
beziehen; s. 114, 6. Was sicher den praecepta angehört lässt diese als
eine Art Noth- und Hülfs- Büchlein für einen jungen Römer erscheinen,
eigeuthümlich gefärbt durch die originelle energische Persönlichkeit des
Verfassers, zeugend (wie auch die dicta) von einer merkwürdigen Gabe
den Nagel auf den Kopf zu treffen (z. B. rem tene, verba sequentur) , und
in kategorischem, fast orakelhaftem Tone gehalten.
3. Dass der liber Catonis qui inscriptus est carmen de moribus (Gell.
XI, 2, 2 vgl. Non. p. 465) den praecepta angehört habe macht liber wie
Carmen unwahrscheinlich. Wenn es ein Versmass hatte (vgl. oben 51, 2),
so war diess ohne Zweifel das satumische (Ritschi, Vahlen, Jordan); doch
lassen die wenigen üeberreste (Jordan p. 82 f.) dieses nur theilweise er-
kennen. Vgl. Ritschi, poes. Saturn, spicileg. I. Bonn 1854. 4. p. 7 ff . J.
Vahlen, Ztschr. f. d. östr. Gymn. 1859, S. 469—477. H. Jordan p. CHI f.
Für trochäische Septenare sprachen E. Kärcher (Philologus Vm. S. 727—
731 vgl. IX. S. 412—425) und A. Böckh (Monatsber. der Berl. Akad. Mai
1854, S. 264 —282), für Sotadeen A. Fleckeisen (Catonianae poesis reliquiae,
Lips. 1854).
4. Briefe des Cato an seinen Sohn werden erwähnt von Cic. (de off.
I, 11, 10) und Plutarch (Cato mai. 20. Quaest. rom. 39), ohne dass die Art
der Anführung auf einen Bestandtheil der praecepta hinwiese. Ob Cato
auch an Andere gerichtete Briefe veröffentlichte ist unsicher. Jordan p. 83 f.
vgl. p. CIV f.
5. Cic. off. I, 29, 104: multa multorum facete dicta, ut ea quae a sene
Catone collecta sunt, quae vocant 'Anotpd'iyfiata. Plut. Cato mai. 2 extr.:
fisd'rjQfirjvsvfiiva (aus dem Griechischen) noXXa %atä Xi^tv iv toig 'Ano-
(pd'iyiiciöi xal xaCg yvafioXoyiaLg (Witzworte und Sentenzen, wohl zwei
Arten derselben Gattung) xcTaxTat. Vgl Jordan p. CVl und 83, Rhein.
Mus. XIV. S. 261—283, und in Jahns Jahrb. 73, S. 384-391.
6. Die eigenen dicta des Cato scheinen bald nach seiner Zeit gesam-
melt worden zu sein, aus persönUcher Erinnerung wie aus seinen Schriften.
Cicero und Cornelius Nepos kannten ohne Zweifel schon eine solche Samm-
Prosaisten: M. Porcius Gato (de re rustica u. A.). 153
long; die meisten aber hat Plutarcb überliefert; Zusammenstellnng bei
Jordan p. 97—111 vgl. p. CVIf. Viel später wurden aus seinen Schriften
(bes. Beden) scharfe Unterscheidungen synonymer Ausdrücke von Gram-
matikern ausgehoben, was das Missverständniss erzeugte als hätte er selbst
über Synonymik (differentiarum über) geschrieben; Jordan p. CVII f. In
mittelalterlichen Spruchsammlungen wurden auch, aber aus sehr abgelei-
teten Quellen, Sprüche des Cato aufgenommen; der Titel Catonis (oder
Cat. alterius, des neuen Cato) sententiae will sie aber nur als Weisheits-
sprüche bezeichnen', wobei der „neue" Cato vielleicht auf den Verfasser
der Distichen de moribus, den Dionysius Cato oder Ethicus, hindeuten soll.
R Jordan p. CVm und Rhein. Mus. XIV. S. 277—280.
111. Vollständig erhalten ist uns von sämmtlichen Schrif-
ten des Cato nur das Buch de re rustica, eine für ein be-
stimmtes Gut (des L. Manlius) bei Casinum und Venafrum be-
rechnete Anleitung zu dessen Bewirtschaftung. Auf den ersten
sjstematischen Theil folgt in ziemlicher Unordnung eine bunte
Menge von Recepten, Haushaltungsregeln, Formeln für Kauf
und Miethe, für Opfer und sympathetische Curen. Der Ton
entspricht der schroffen Weise des Cato: aphoristisch hinge-
worfene kurze Sätze von grosser Bestimmtheit lösen einander
ab. Die Sprache hat nicht viel Alterthümliches; daher in der
Schrift uns eine spätere üeber arbeitung vorliegen wird, zu wel-
cher der Inhalt wie der Mangel eines erkennbaren Planes einlud.
1. Text in den Sammlungen der scriptores rei rusticae; s. oben 44, 2.
Besonderer Abdruck cura Haynisch, Schleiz 1743. Uebersetzt von G. Gross
(Halle 1787), Ganter (Donaueschingen 1844). Erhaltung in der ursprüng-
lichen Gestalt (allmähliche Entstehung aus gelegentlich gemachten Auf-
zeichnungen für den Privatgebrauch) behauptet R. Klotz, über die ursprüng-
liche Gestalt von Cato*s Schrift de r. r., in Jahns Jahrbb. Suppl. X (1844).
8. 6 flf. vgl. seine lateinische Literaturgeschichte I. S. 22 — 24; üeberarbei-
tong H. Eeü, observationes criticae in Catonis et Yarronis de r. r. libros
(Halle 1849. 101 pp. 8.), bes. p. 65 -76. Zur Textkritik H. üsener im Rhein.
Muß. XIX. S. 141—144.
2. Die Beziehung auf ein bestimmtes Gut hat nachgewiesen K. W.
Kitzsch, über Cato's Buch vom Landbau, Zeitschr. f. d. Alt. Wiss. 1845,
Nr. 62 — 64, S. 493 — 511. Daraus erklärt sich die besondere Berücksichti-
gung des Weinbaus (Casinum) und Oliveubaus (Venafrum), während vom
Getreidebau wenig die Rede ist, weil auf dem Gute des L. Manlius die
Aecker verpachtet waren. Ungenau daher Varro (R. R. I, 2, 28) : in magni
illius Catonis libro qui de agri cultura est editus. Dagegen bei Cic. Cato
m. 15, 54: in eo libro quem de rebus rusticis scripsi. Ein Theil des Gu-
te«, der zur Winterweide bestimmte, bestand auch aus ager pubUcus. So-
gar Handwerkeradressen aus Casinum imd Venafrum c. 135. Ueber die in
der Schrift vorkommenden Pflanzen s. E. Meyer, Gesch. der Botanik L S.
341—347.
^is
154 Sechstes Jahrhundert d. St.
3. Bezeichnend für den Geist und Ton ist namentlich c. 143 über die
vilica, z. B.: ea te metuat. facito ne nimium luxuriosa siet. vicinas alias-
que mulieres quam minimum utatur, neve domum neve ad sese redpiat.
ad cenam ne quo eat neve ambulatrix siet. rem divinam ni faciat . . .
scito dominum pro tota familia rem divinam facere. munda siet. viUam
conversam mundamque habeat. u. s. f.
112. Zeitgenossen des Cato die wir als Redner kennen sind
Q. Fabius Maximus (Cunctator), Q. Caecilius Metellus, M. Cor-
nelius Cethegus, P. Licinius Crassus (Dives), der ältere Africa-
nus, der Vater der beiden Gracchen, sowie L. Papirius und L.
Paulus.
1. Q. Fabius Q. f. Q. n. Maximus Verrucosus, Cos. 521, 526, 539, 540,
545; Censor 624; Dictator 537; s. A. Haakh in Pauly's R. E. VI, 2. S. 2901
—2911. Cic. Cato m. 4, 12: multa. in eo viro praeclara cognovi, sed nihil
est admirabilius quam quo modo ille mortem filii tulit, clari viri et con-
sularis. est in manibus laudatio; quam cum legimus, quem philosophum
non contemnimus? Plut. Fab. 1: diaaco^stai avtov Xoyog ov slnsv Iv xta
d'^fop, TOv Tcaidog avxov usd'* vnatstav ditod'avövtog iyyioifiLOv. ib. 25:
z6 d' iyKoifiiov . . aitog slns "nataaTocg iv ayoga xal ygatpag tov Xoyov
i^idayisv. Ob „Fabius Maximus: amitti quam apisci*' bei Priscian. VTII.
p. 380, 16 f. Htz. daraus ist steht nicht fest; s. Hertz zu d. St. Der Sohn
(Cos. 541) wird nicht vor J. 648 gestorben sein; s. Haakh a. a. 0. S. 2911,
Nr. 32.
2. Q. Metellus, Cos. 648; s. Haakh a. a. 0. IL S. 23, Nr. 3. Plin. N.
H. Vn, 43: Q. Metellus in ea oratione quam habuit supremis laudibus pa-
tris sui L. MetoUi (Cos. 503 ; Dictator 530) . . . scriptum reliquit etc. Vgl.
Cic. Brut. 14, 57.
3. M. Cornelius Cethegus, Cos. 550, gestorben 558; s. C. Krafft in
Pauly's R. E. U. S. 686, Nr. 1. Als Redner gepriesen von Q. Ennius, s.
Cic. Brut. 15, 57—59. Cato m. 14, 50. Enn. ed. Vahlen. p. 45 f. IV f.
4. P. Licinius Crassus Dives, Cos. 549, f 571; s. W. Teuffer in Pauly's
R. E. IV. S. 1054 f. Nr. 10. Liv. XXX, 1,5: facundissimus habebatur sen
causa oranda seu in senatu, ad populum suadendi ac dissuadendi locus
esset; iuris pontificii peritissimus. Vgl. Cic. de or. UI, 33, 134. Cato mai.
20, 50 (et pontificii et civilis iuris studium).
5. Der ältere Africanus (Cos. 549 u. 560), f um 570; s. C. Krafft a. a.
0. II. S. 654—661. Cic. Brut. 19, 77: ipsum Scipionem accepimus non in-
fantem fuisse. Liv. XXXIX, 52, 3: tribunus pl. M. Naevius (J. 567 oder
569), adversus quem oratio inscripta P. Africani est. vgl, XXXVIH, 56.
Gell. rV, 18, 6: fertur etiam oratio quae videtur habita eo die aScipione;
et qui dicunt eam non veram u. s. w. Cicero glaubte nicht an ihre Echt-
heit; s. Oü'. III. 1, 4: nulla eins ingenii monumenta mandata litteris; und
sicher war sie apokryph, s. Nissen, krit. Unters. S. 51. üeber seinen
Sohn s. 116, 3; über seinen Schwiegersohn Nasica s. 116, 4. Auch denLae-
lius dieses Africanus rühmt als politischen Redner Sil. It. XV, 453 — 458.
ProsoiBten : Redner. C. Sulpicius Gallae. * C. Titius u. A. 155
6. Ti. Semproniua P. f. Ti. n. Gracchus, Cos. 677 u. 691, Censor 686;
8. A. Haakh a. a. 0. VI, 1. S. 978 — 981. Cic. Brut. 20, 79: erat isdem
temporibos Ti. Gracchus . . cuius exstat oratio graeca apud Bhodios (J.
^9 oder 693). quem civem-cum gravem tum etiam eloquentem constat
foisse. Auch von ihm (vgl. A. 6) gab es eine apokryphe (Vertheidigungs-)
Bede in dem Processe seines Schwiegervaters, des älteren A&icanus; b.
Liv. XXXVin, 66, 2 ff. Von seiner Gattin, Cornelia, sind in den Hdss.
des Cornelius Nepos zwei grössere Bruchstücke eined Briefes au ihren
Sohn Gajus (vom J. 630) erhalten. Dass es Briefe von ihr im Alterthum
gab ist unzweifelhaft (Cic. Brut. 68, 211: legimus epistulas Comeliae, ma-
tris Gracchorum: apparet filios non tarn in gremio educatos quam in ser-
mone matris. Vgl. Quintil. I, 1, 6); ob aber die auf uns gekommenen echt
seien ist schon bezweifelt worden (A. G. Lange, Vermischte Schriften S.
108 ff. Sörgel, Comeliae . . epistolarum fragmenta genuina esse non posse,
in W. Bauer und G. Friedlein, Blätter für das baierische Gjmnasialschul-
wesen, III, 4. 1866), wenn auch gewiss mit Unrecht. Ein Rhetor hätte
die Mutter der Gracchen wohl eher für Freiheit und für Rache an den
Mördern der Bruders declamieren lassen (vgl. oben 37, 4); nimmermehr
aber wäre einem solchen diese Verbindung von altrömisch -männlicher
Energie des Gedankens mit weiblicher Weichheit und Sorglosigkeit der
Stilisierung gelungen. Vgl. auch L. Mercklin, de Comeliae vita, moribus,
epistoHs, Dorpat 1846.
7. Cic. Brut. 46, 170: apud maiores nostros video disertissimum habi-
tum ex Latio L. Papirium Fregellanum, Ti. Gracchi P. f fere aetate;
eioB etiam oratio est pro Fregellanis colouiisque latinis habita in senatu.
8. L. Aemilius L. f. M. n. Paulus, Cos. 672 und 686, f 594; s. W.
Teuffei in Pauly's R. E. I, 1. S. 368—370. Cic. Brut. 20, 80: etiam L.
Paolos, Africani pater, personam principis civis facile dicendo tuebatur.
VgL Liv. XLV, 8. VaL Max. V, 10, 2: quem casum (Tod seiner Söhne)
quo robore animi sustinuerit oratione quam de rebus a se gestis apad po-
polom habuit haue adiciendo clausulam nulli ambiguum reUquit. Vgl. Liv.
XLV, 41. Plut. Aem. P. 36.
113. Unter den jüngeren Zeitgenossen des Cato welche im
sechsten Jahrh. d. St. Redner waren sind besonders bemerkens-
werth C. Sulpicius Gallus und C Titius, jener wegen der
Gründlichkeit seiner Bildung, dieser weil er auch Tragödien ver-
fasste.
1. C. Sulpicius C. f. C. n. Gallus, Cos. 588, t 604 (s. Cic. Brut. 23, 90);
Fgl. Haakh in Pauly's R. E. VI, 2. S. 1493 f. Nr. 29. Cic. Brut. 20, 78: de
minoribus C. Sulpicius Gallus maxime omnium nobilium graecis litteris stu-
duit, isque et oratorum in numero est habitus et fiiit reliquis rebus orna-
tuB atqne elegans. Off. I, 6, 19: yidebamus in studio dimetiendi paene
caeli atque terrae C. Gallum. . . quam delectabat eum defectiones solis et
lanae multo ante nobis praedicere! Seine angebliche Vorausverkündigung
der Mondsfinstemiss in der Nacht vor der Schlacht bei Pydna (vom 21 —
22. Juni 586 d. St = 168 v. Chr. nach dem proleptischen julianischen Ka-
lender) hat Th. H. Martin, Eevue arch^ol. 1864. I. p. 192 ff., wohl mit
156 Sechstes Jahrhundert d. St.
Recht auf eine nachträgliche Erklärung der Naturerscheinung am darauf-
folgenden Tage beschränkt. Als astronomischen Schriftsteller führt ihn
Plinius im Ind. auct. zu Buch II auf, vgl. N. H. II, 19, 21: in qua sen-
tentia (des Pythagoras über die Entfernung der Gestirne von einander) et
Gallus Sulpicius noster fuit. Vgl. ib. c. 9: ab imperatore productus ad
praedicendam eclipsim, mox et composito volumiue.
2. Macrob. II, 12 = III, 16, 14: C. Titius, ^ir aetatis Lucilianae, in
oratione qua legem Fanniam (J. 593) suasit. Cic. Brut. 45, 167: eiosdem
(wie M. Antonius und L. Crassus) fere temporis fuit eques rom. C. Titius,
qui meo iudicio eo pervenisse videtur quo potuit fere latinus orator sine
graecis litteris et sine multo usu pervenire. huius orationes tantum argu-
tiarum, tantum exemplorum, tantum urbanitatis habent ut paene attico
stilo scriptae esse yideantur. easdem argutias in tragoedias satis quidem
ille acute, sed parum tragice transtulit. Ist die lex Fannia die vom J. 593
(und eine andere dieser Art kennen wir nicht), so können obige Bestim-
mungen der Lebenszeit des Titius so wenig genau sein wie die Eeihen-
folge bei Fronto Epist. I, 7. p. 20, 6 Naber: coutigisse quid tale M. Por-
cio aut Q. Ennio aut C. Graccho aut Titio poetae? Jene Datierung be-
ruht wohl auf einer Verwechslung mit dem C. Titius des J. 665 (vgl. Pauly's
R. E. VI, 2. S. 2009, Nr. 4). Ohnehin ist sie beidesmal ziemlich imbe-
stimmt, die Stelle des CJic. auch sonst unwahrscheinlich. Wer Tragödien
verfasste kann nicht ohne Kenntniss der griechischen Literatur überhaupt
(wohl aber vielleicht der rednerischen) gewesen sein; und wenigstens der
erhaltene grössere üeberrest einer Rede des Titius zeugt weniger von ar-
gutiae, Urbanität und attischem Stil als derber Energie und drastischer
Detailmalerei. Jedenfalls aber wird Titius J. 593 noch jung gewesen sein.
— Haym, de C. Titio, Lauban 1832. 4. Mommsen R. G. II*. S. 403 f.
vgl 455.
114. Namhafte Juristen aus dem sechsten Jahrb. d. St.
sind die beiden Aelii, Publius und besonders dessen jüngerer
Bruder Sextus, der erste Verfasser eines juristischen Buches,
betitelt Tripertita, weil es die zwölf Tafeln, deren Auslegung,
und das Klagformular zum Inhalt hatte. Ausserdem Scipio Na-
sica, L. Atilius (oder Acilius), Q. Fabius Labeo und Cato's Sohn.
1. P. Aelius Q. f. P. n. Paetus, Cos. 553, Censor 555, f 580. W. Teuf-
fei in Pauly's R. E. I, 1. S. 332, Nr. 5. Pompon. Dig. I, 2, 2, 38: deinde
(nach Ti. Coruncanius) Sex. AeUus et frater eins, P. Aelius, et P. Atilius
maximam scientiam in profitendo habuerunt, ut duo Aelii etiam consules
fuerint. Atilius autem primus a populo Sapiens appellatus est.
2. Sex. Aelius Paetus Catus, Cos. 556, Censor 560. W. Teuffei a. a. 0.
S. 332 f. Nr. 6. Cic. de or. I, 48, 212: sin quaereretur quisnam iuris con-
sultus vere nominaretur, eum dicerem qui legum et consuetudinis eins qua
privati in civitate uterentur et ad respondendum et ad agendum et ad
cavendum peritus esset; et ex eo genere Sex. Aelium, M\ Manilium, P. Mu-
cium nominarem. Brut. 20, 78: Sex. AeUus, iuris quidem civilis omnium
peritissimus, sed etiam ad dicendum paratus. Cato maL 9, 27: nihil Sex.
Aelius tale (über das Alter), nihil multis annis ante Ti. Coruncanius, nihü
Prosaisten: P. u. Sex. Aelius. M. u. Q. Fulvins Nobilior. 157
modo P. Crassus (i. 112, 4), a quibus iura civibus praescribebantur, quo-
mm nsque ad extremmn »piritum est proyecta prudentia. Pompon. 1. 1.:
Sex. Aelimn etiam Ennius laudavit, et exstat illius liber qui inscribitar
Tripertita, qui liber veluti cunabula iuris continet. Tripertita autem dici-
tur quoniam lege XII tabularum praeposita iungitur interpretatio (vgl. R.
Scholl, Legis XII tabb. reliqq. p. 22—25), deinde subtexitur legis actio, eius-
dem esBe tres alii libri referuntur, quos tarnen quidam negant eiusdem
eese, sed hos sectati ad aliquid Aeli Cati (nach Huschke's Verbesserung).
Vgl. ib. 7: augescente civitate, quia deerant quaedam genera agendi, non
post multum temporis spatium (n^h Cn. Flavius) Sex. Aelius alias actio-
nes composuit et librum populo dedit, qui appellatur (in der späteren Zeit)
ins Aelianum. Vgl. Mommsen R. G. I*. S. 913.
3. PomponiuB Dig. I, 2, 2, 37: fuit maximae scientiae (als Jurist) . . .
GaioB (?) Scipio Nasica, qui Optimus a senatu appellatus est (J. 650;
Coa. 561), cui etiam publice domus in sacra via data est, quo faciHus consuli
poBset.
4. L. Atilius bei Pomponius, s. A. 1.- Dagegen Cic. Lael. 2, 6: scimus
L. Adlium apud patres nostros appellatum esse Sapientem . . . quia pru-
denB esse in iure civiü putabatur. Leg. II , 23, 59: hoc (lessum der XII
Tafeln) veteres interpretes Sex. Aelius, L. Acilius non satis se intellegere
dixerunt.
5. Q. Fabius Labeo, Cos. 571; s. A. Haakh in Pauly's R. E. VI, 2. S.
2912 f. Nr. 37. Cic. Brut. 21, 81: Ser. Fabius Pictor et iuris et litterarum
et antiquitatis bene peritus; Quintusque Fabius Labeo fuit ornatus eisdem
fere laudibus. Suet. vita Terent. 4 (p. 31 f. Rtfsch.) : Santra Terentium
putat . . uti potuisse . . Q. Fabio Labeone et M. Popüiio, consulari utroque
ac poeta. Vgl. oben 97, 6. 103, 4.
6. Ml Porcius Cato (Licinianus) , geb. um 562, f 602; s. W. Teuffei
in Pauly's R. E. V. S. 1910, Nr. 11. Pomponius s. oben 110, 2. Gell. XIU,
20 (19), 9: ex maiore Catonis filio, qui praetor designatus patre vivo mor-
tous est et egregios de iuris disciplina libros reliquit. Inst. I, 11, 12:
apnd Catonem bene scriptum refert autiquitad etc. Ulp. Dig. XXI, 1, 10,
1: Catonem scribere lego etc. Paul. ib. XXIV, 3, 44 pr. : Nerva et Cato
respondenmt, ut est relatum etc. u. XLV, 1, 4, 1: Cato libro XV" scribit
etc. Besonders bekannt ist er durch die regula Catoniana, dass für die
Giltigkeit von Legaten der Stand zur Zeit ihrer Errichtung massgebend
sei; 8. darüber den Digestentitel XXXIV, 7 und Majansius ad Ict. fragm.
I. p. 83 — 110. E. L. Haruier, de regula Catoniana, Heidelberg 1820.
115. Einer der aristokratischen Gegner des Cato, M. Ful-
vius Nobilior, verfasste und veröffentlichte fasti. Auch des-
sen Sohn Q. bethätigte Interesse für die Literatur.
1. Der Vater war Cos. 565 (in Aetolien), Censor 575. Macrob. Sat. I,
12, 16: FuIyIus Nobilior in fastis quos in aede Herculis Musarum (gestiftet
wohl aus der ätolischen Beute, vgl. Plin. N. H. XXXV, 10, 6H) posuit Ro-
molum dicit . . lunium mensem vocasse. Vgl. ib, 13, 21: Fulvius id egisse
M'. Acilium coa. dicit a. u. c. a. DLXII, inito mox hello aetolico. Varro
L. L. VI, 33: ut Fulvius scribit et lunius (über den Namen Aprilis). Cen-
158 Sechstes Jahrhundert d. St.
BOrin. d. n. 20, 2 : magis lunio Gracchano et Fulvio et Varroiii et Suetonio
aliisque credendum. ib. 4: sive a Numa, ut ait FuItIus, sive, ut lunius,
a Tarquinio. 22, 9: Fulvios et lunias auctores sunt (über die röm. Monats-
namen). Charis. I. p. 112 P. =: p. 138, 16 f.: Nobiliore. comparativa Pli-
nius e putat ablativo finiri; antiquos tarnen ait per i locutos, quippe fastos
omnes et libros „a Fulvio Nobiliori'* scriptum rettulisse. Vgl. oben 64, 2
und über sein Yerhältniss zu Ennius A. 2. u. oben 89, 2. 4. 6.
2. Oic. Brut. 20, 79: Q. Nobiliorom M. f. iam patrio instituto deditimi
studio litterarum, qui etiam Q. Enniom, qui cum patre eins in Aetolia
militaverat (vgl. oben 89, 4), civitate donavit cum triumvir coloniam de-
duxisset (J. 570, wo coloniae duae, Potentiam in Picenum, Pisaurum in
gallicum agrum deductae sunt, Liv. XXXIX, 44, 10; vgl. oben 89, 5).
Liv. XLIX: Q. Fulvius Nobilior ei (dem Cato) saepe ab eo in senatu lace-
ratus respondit pro Galba (J. 605, auf die Klage der Lusitani). Cos. war
Quintus J. 601, und wahrscheinlich Censor 618.
116. Geschichtschreiber in Cato's Zeit waren femer C. Aci-
lius, A. Postumius Albinus, sowie der Sohn des älteren
Africanus, welche aber alle in griechischer Sprache schrieben.
Auch der ältere Africanus, sowie Scipio Nasica lieferte einen
Beitrag zur Geschichte.
1. Cic. off. III, 32, 115: Adlius autem, qui graece scripsit histonam,
plures ait fuisse qui in castra revertissent (nach der Schlacht bei Cannae).
Das Werk gieng aber (einleitungsweise?) bis auf die Gründung Roms zu-
rück; 8. Plut. Romul. 21 {rdiog ^JyiiXiog tatOQSi, nqo xi\g KT^aetog etc.).
Dionys. Ant. III, 67 {Fcciov 'JxiXXiov noirjadfisvog . . ßsßaicozijv), Strab.
V, 3, 3. p. 230 (falls hier statt des handschriftlichen oys KvXiog oder ö
yisytvXiog mit Schwegler, R. G. I. S. 80, A. 1 'AxvXiog zu schreiben ist).
Fortgeführt hatte A. seine Geschichte mindestens bis J. 560 (Liv. XXXV,
14, 5), wahrscheinlich aber herab bis in seine eigene Zeit, falls er (was
ziemlich sicher) der C. Acilius Senator ist der nach Gell. VI (VII), 14, 9
(vgl. Plut. Cat. mai. 22) im J. 599 bei einer griechischen Gesandtschaft im
Senat den Dollmetscher machte, und (was ziemlich wahrscheinlich) bei
Liv. LIII die überlieferte Schreibung C. luUus Senator graece res romanas
scribit (um J. 612 d. St.) mit M. Hertz (de Cinc. p. 12. Rhein. Mus. XVII.
S. 579 f. A. 9) in Acilius Senator abzuändern ist. Später wurde das Werk
von Claudius (Quadrigarius) , ohne Zweifel unter selbständiger Fortführung
bis in die Zeit der Bürgerkriege herab (Oros. V, 20: Claudius historicus),
lateinisch bearbeitet und in dieser Gestalt von Livius benutzt; s. Liv. XXV,
39, 12: Claudius, qui annales Acihanos ex graeco in latinum sermonem vertit.
Vgl. XXXV, 14, 5: Claudius secutus graecos Acilianos libros. Gegen die
Identität dieses Claudius mit Quadrigarius führt Nissen, kril Untera. S.
39—41 an dasB Livius ihn immer nur Claudius nenne, nie (wie andere Vor-
gänger) auch mit dem coguomen; wogegen Pluess, de Cinc. p. 43 — 45
für die Identificierung Beider die Erzählung von dem Zweikampfe des
Manlius Torquatus (Liv. VII, 9 f.) geltend macht, für welche Liv. VI, 42,
5 den Claudius als Gewährsmann nennt, während sie Gellius (IX, 13, 4 ff.)
ausdrücklich und unter Anführung seiner Worte dem Q. Claudius Quadri-
Prosaisten: C. Acilius. A. Postmnius Albinus. Sp. Carvilius. 159
gariuB zuschreibt. Im Allgemeinen vgl. Gerlach, Geschichtschr. S. 53 f.
Eieserling, rer. rom. Script, p. 29 f. A. Premier in Pauly's R. E. I, 1. S.
109 f. Nr. 4.
2. A. Postumius A. f. Albinus, Cos. 603; vgl. A. Haakh in Pauly's R. E.
V. S. 1941, Nr. 33. Polyb. XL, 6: JvXos Tloatoviiiog . . oUiag filv ^v xal
yivovg ngcixovj %ata dh Ti)y Idiav (pvaiv azcofivXos %al lalog xal niqns-
ffog diatpSQOVTcag. iniQ'vfiijöag dl svd'img ^x naCSmv trjg iXXrjviyirjg dyco-
Y^g %al diaXsxTOv aoXifg filv ^v iv zovxoig . . . tsXog Öh xal noCruLo. ypa-
tpnv %€tl ngayfiatiyi^v tcxoQCuv insxsigi^asv, Cic. Acad. pr. II, 45, 137:
A. Albinum, . . doctum sane hominem, ut indicat ipsius historia scripta
graece. Brut. 21, 81: vivo Catone minores natu multi uno tempore ora-
tores floruerunt. nam A. Albinus, is qui graece scripsit historiam, . . et
litieratus et disertus fuit. GeU. XI, 8, 2 flF. (welchen Macrob. praef. 14 ff.
wörthch ausschreibt): Albinus . . res romanas oratione graeca scriptitavit.
Aus Macrob. (II, 16 =) III, 20, 5: Postumius Albinus Annali primo de
Bruto: ea causa sese stultum brutumque faciebat könnte man auf das Vor-
handensein einer lateinischen Uebersetzung auch dieses Werkes schUessen ;
dodi könnte die Uebersetzung jener Worte ebenso gut von dem Gewährs-
manne des Macrob. herrühren wie die in praef. 14 tf. von Cornelius Nepos
(Gell. XI, 8, 5). Jedenfalls aber scheint es hieuach dass auch Post, irgend-
wie auf die Anfönge Roms zurückgieng. Serv. Ae. IX, 710: Postumius
De adveutu Aeneae et Lutatius Communium historiarum Boiam . . dicunt
wird schon durch die Uebereinstimmung mit dem falschen Vict. de orig.
g. rom. 15, 4 verdächtig und bedarf auch sonst der Aufklärung.
3. Cic. Brut. 19, 77: filius eins (des älteren Africanus), *. . si corpore
valoisset, in primis habitus esset disertus; indicant cum oratiunculae tum
historia quaedam graeca, scripta dulcissime. Cat. mai. 11, 35: ad pater-
nam magnitudinem animi doctrina uberior accesserat. Vellej. I, 10, 3:
P. Scipioni, P. Africani filio, nihil ex paterna maiestate praeter speciem
Hominis vigoremque eloquentiae retinenti. Augur ward er 574 (Liv. XL,
42, 13). Seine Grabschrift in Satumiem im C. I. lat. I, 33 (p. 19).
4. Plut. Aemil. Paul. 15: 6 Naaiyiäg ini,%aXoviisvog Ziirjnioiv (Cos.
592 u. 599, Censor 595; s. C. Krafffe in Pauly's R. E. II. S. 667, Nr. 12) . .
yeyQaqxog nsgl tmv ngd^etov xovttov (im Kriege mit Perseus) iniatoXiov
xQog xiva xcov ßaaiXimv. Vgl. ib. 16. Cic. Brut. 20, 79: P. etiam Scipio-
nem Nasicam . . habitum eloquentem aiunt. Vgl. Cato mai. 20, 50. Ueber
die ähnliche Schrift des älteren Africanus s. oben 46, 1.
117. Eine literarhistorisch erwähnenswerthe Persönlichkeit
aus dem sechsten Jahrh. d. St. ist auch der Freigelassene Sp.
Carvilius, einer der Ersten die in Rom eine öffentliche Schule
errichteten und der Ordner des römischen Alphabets von 21
Buchstaben.
1. Plut. Quaest. rom. 59, p. 278 D: ngazog ccvsqt^s yQ(xfifiaxoSiScc6Kcc-
Iffcv SnoQiog KagßCXiogy dnsXsvd'SQog KaQßt,Xiov tov ngoitov yafisx-^v
inßaXovxog. üeber die Zeit dieser ersten (willkürlichen) Ehescheidung
sdiwanken die Angaben zwischen 519 und 524; s. Ritschi Parerga p. 68 — 70.
i^
160 Siebentes Jahrhundert d. St.
Auch W. Rein in Pauly's R. E. U. S. 1188. lieber ^das Alphabet des
Carviliuß s. oben S. 107.
118. Unter den Inschriften des sechsten Jahrh. welche
nicht gebundene Form haben ninamt sprachlich wie sachlich
das SC. de Bacanalibos die hervorragendste Stelle ein. Im
Uebrigen ist deren Zahl klein, und ihre Bedeutung gehört theils
der politischen Geschichte theils der der Schrift an.
1. Das SC. de Bacanalibus vom J. 568 in Facsimile bei Ritschl P. L.
M. £. XVIll, aufgeführt und erläutert von Mommsen C. I. lat. I, 196.
p. 43 f.
2. Von den Scipionengrabschriften gehört hieher Nr. 35 (p. 20) bei
Mommsen, för L. Cornelius Scipio, Quaestor 587, f um 593, sowie vielleicht
Nr. 36 (c. 600?) für Scipio Asiagenus. Von den elogia bezieht sich auf
das sechste Jahrh. das des L. PauUus (C. 1. lat. I. p. 278, I vgl. p. 289^
XXX), des P. Claudius Pulcher (ib. p. 279, IX), des älteren Africanus (p.
280, XIV), Q. Pabius Maximus (p. 288, XXIX), sowie des Vaters der Grac-
chen (p. 289, XXXI).
3. Die übrigen datierbaren Inschriften des sechsten Jahrh. (vom An-
fang des hannibalischen Kriegs an) bei Mommsen C. I. lat. I, 530 — 539,
p. 145—148.
B. Siebentes Jahrhundert cL St.
I. Dichter.
119. L. Attius, geboren J. 584 d. St. und gestorben um
650; ist berühmt hauptsächlich als Verfasser von Tragödien,
welche Nachbildungen von griechischen waren. Die Auswahl
welche Attius unter diesen traf zeugt von richtigem Verständ-
niss des wahrhaft Tragischen, auch einiger Vorliebe für das
Romantische, sowie für den troischen Sagenkreis. Der Ton der
Ueberreste ist lebhaft und bewegt, häufiger verständig zuge-
spitzt als pathetisch. Auch original römische Stoffe behandelte
er in den Prätexten Aeneadae s. Decius imd Brutus. Ausser-
dem verfasste er in gebundener Form neun Bücher Didascali-
con, Pragmaticon libri, Parerga imd Annales. In Vielseitigkeit,
Formgewandtheit, aufgeklärter Richtung und auch künstleri-
schem Selbstgefühl dem Ennius ähnlich, übertrifft Attius diesen
Vorgänger an Sorgfalt und Feile.
1. Die gleicherweise beglaubigten Schreibmigen Attio? und Accius sind
wohl dialektisch yerschieden. In der Eaiserzeit wurde die mit tt allmäh-
lich die herrschende; die Griechen schreiben immer "Artiog.
2. ffieron. zu Euseb. Chr. Ol. 160, 2 = 138 v. Chr. = 616 d. St.: L.
Dichter: L. Attiiip. 161
Acciufi tragoediarum scriptor clarus habetur, natus Mancino et Serrano
coss. pareutibus libertinis et seni iam Pacuvio Tarenti sua scripta recita-
vit. a quo et Fundus Accianus iuxta Pisaurum dlcitur, quia illuc inter co-
]ono8 fuerat (sein Vater, denn die deductio geschah schon 570) ex urbe
deduetus. Der Freilasser seines Vaters war vielleicht ein Vorfahr des
Ritters T. Attius (Accins) aus Pisaurum in der Zeit des Cicero. Accii
(und Attii) auf Inschrr. aus Pisaurum, Olivieri marm. Pisaur. 1738.
3. Cic. Brut. 64, 229: Accius isdem aedilibus (um 614) ait se et Pacu-
vium docuisse fabulam, cum ille I^XXX, ipse XXX annos natus esset, p.
Arch. 11, 27: D. Brutus, summus yir et imperator (Cos. 616), Accii ami-
cissimi sui carminibus templorum ac mouumentorum aditus exomavit suo-
rum, -wozu Schol. Bob. p. 359: eius versus Satumii a D. Bruto Gallaeco
vestibulo templi Martis superscripti. — Cornif. ad Her. I, J4, 24: mimus
quidam nominatim Accium poetam compellavit in scena. cum eo Accius
iniuriarum egit. hie nihil aliud defendit nisi licere nominari eum cuius
nomine scripta dentur agenda. Vgl. ib. II, 13, 19: P. Mucius (iudex) eum
qui L. Accium poetam nominaverat condemnavit. — Plin. N. H. XXXIV,
10: notatum ab auctoribus estL. Accium poetam in Camenarum aede ma-
xima forma statuam sibi posuisse, cum brevis admodum fuisset. — Cic.
Brut. 28, 107: D. Brutus M. filius, ut ex familiari eius (vgl. Leg. 11,21,54)
L. Accio poeta sum audire solitus, u. s. w. — Val. Max. III, 7, 11: poeta
AccioB . . lulio Caesari, amplissimo ac florentissimo viro (selbst auch Ver-
fasser von Tragödien, aedilis J. 664, starb J. 667), in conlegium poetarum
venienti numquam adsurrexit, . . quod in comparatione communium stu-
diorum aliquanto se superiorem esse confideret. XJeberdiess war Attius um
etwa 40 J. älter als dieser Kunstgenosse. — Tod des Attius sexagesimo anno
irund) vor der Wiederholung seines Tereus im J. 710 d. St., Cic. Phil. I,
15, 36 vgl. ad Att. XVI, 2, 3 und 5 in.
4. Quintil. V, 13, 43: aiunt Attium interrogatum, cur causas non age-
ret, cum apud eum in tragoediis tanta vis esset optime respondendi, hanc
reddidisse rationem: quod illic ea diceret quae ipse vellet, in foro dicturi
adversarii essent quae minime vellet. Bei Cic. p. Plane. 24, 59 heisst er
gravis et ingeniosus poeta, Sest. 56, 120: summus' poeta. Die Epitheta al-
tos (Hör. Ep. II, 1, 56), animosi oris (Ovid Am. I, 16, 19) u. dgl. "bezeich-
nen ebenso allgemein seine Eigenschaft als Tragiker. Vgl. Gell. XIII, 2,
2 : cum Pacuvius . . Tarentum concessisset, Accius, tunc haud parvo iunior,
proficiscens in Asiam cum in oppidum venisset, devertit ad Pacuvium co-
miterque invitatus plusculisque ab eo diebus retentus tragoediam suam
cni Atreus nomen est desideranti legit. (3.) Tum Pacuvium dixisse aiunt,
sonora quidem esse quae scripsisset et grandia, sed videri tarnen ea sibi
duriora paulum et acerbiora. (4.) Ita est, inquit Accius, uti dicis; neque
id me sane paenitet; meliora enim fore spero quae deinceps scribani.
5. Von seinen Tragödien sind uns noch mindestens 37 Titel bekannt,
wohl so ziemlich alle die er überhaupt verfasst hat; die berühmtesten
waren etwa Atreus, Epigoni, Epinausimache, Philocteta, Telephus. Die
üeberreste bei Ribbeck, trag. p. 114—194. Vgl. p. 298—346. H. Grote-
meyer, de L. Attii tragoediis, Münster 1851. Au^hlung der Titel und
de« Inhalts der Stücke bei W. Teuffei im Tübinger Univ. Progr. 1868,
Trüffel, Rom. Literaturg-cschichle, 21
162 Siebentes Jahrhimdert d. St.
S 17 — 28. Die Epinausimache und die Nyctegresia waren vielleicht nicht
nach einer griech. Tragödie, sondern nach der Iliaa (also in der Form selb-
stflndig) gearbeitet.
6. Von seinen Prätexten (Ribbeck Trag. p. 237—240 vgl. p. 849—351)
behandelte Decius den Opfertod des jüngeren P. Decius Mus (J. 459 d. St.),
Brutus den Sturz des Tarq. Superbus und die Einsetzung von Consuln.
7. Didascalica, eine Geschichte der griech. und röm. Poesie, mit be-
sonderer Berücksichtigung der Dramatik, wahrscheinlich (nach Analogien)
in trochUischen Tetrametern (G. Hermann; nach Lachmanu, Ritschi u. A.
vielmehr Sotadeen). Madvig, Opusc. acad. (Kopenh. 1834) p. 96 if. W.
Teuffei, Progr. von 1858, S. 35 f.
8. Pragmaticon libri, (gleichfalls) in troch. Tetr. und literarisch-kunst-
geschichtlichen Inhalts.
9. Aus den Parerga bei Non. p. 61 v. porcae ein Bruchstück land-
wirtschaftlichen Inhalts. Vielleicht auf diese oder die Pragmatica ist zu be-
ziehen Accius in Praxidico mit einer iambischen Vorschrift über das Säen
bei Plin. N. H. XVIII, 5, 55 vgl. Ind. auct. libri XVIII.
10. Annales im epischen Mass, mindestens drei Bücher, woraus mytho-
logische Anführungen (über Hermes und die KQOvia) erhalten«
11. Reflectieren über die Sprache beweisen so manche Wortkünsteleien
in Attius' Tragödien, insbesondere die Art der Anwendimg der Alliteration
(W. Teuffei, Progr. von 1858, S. 32 f.), die Nachricht (bei Mar. Vict. p.2456 P.)
dass er aggulus (statt ang.) schrieb, z und y nicht anwandte, die Länge
von Vocalen durch Gemination bezeichnete, wie denn M. Varro ihm seine
Schrift de antiquitate litterarum widmete. Vgl. Varr. L. L. X, 70: Accius
haec in tragoediis larg^us a prisca consuetudine movere coepit et ad for-
mas graecas verborum magis revocare, a quo Valerius (s. §. 124, 1) ait:
Accius Hectörem nolet facere, Hectora malet; und V, 21: apud Accium non
terminus, sed termen. Daher hat auch Wahrscheinlichkeit die Vermutung
von Detlefsen (Rhein. Mus. XVIII. S. 236—238) dass bei Plin. N. H. VII,
39, 128: prefcium hominis in servitio geniti maximum ad hanc diem fuit
grammUticae artis Daphni, Accio (die Hdss. Natio, also wohl L. Atio) Pi-
saurense vendente et M. Scauro principe civitatis HS DCC licente der Trag-
iker gemeint sei, dessen Unterricht dem Daphnis seinen grossen Werth ver-
liehen habe.
12. J. Stahlberg, de L. Attii vita et scriptis, Halle 1844. G. Boissier,
le po^teAttius. fitude sur la tragedie latine pendant la rdpubüque. Paris
1856. W. Teuffei, Caecilius Statins u. s. w., Tübinger üniversitätsprogramm
1858. 4. S. 14—37, und Pauly's Real-Enc. I, 2. S. 2008—2010.
120. T. Quintius Atta, Togatendichter in der ersten
Hälfte des siebenten Jahrb., gestorben 676 d. St. Die elf Titel
welche wir von ihm kennen sind alle römisch; die spärlichen
Ueberreste zeigen viel Archaistisches und einen lebhaften, kecken
Ton. Consequente Charakterzeichnung rühmte man auch von ihm.
Dichter: L. Attius. Quintiu!« Atta. L. Afranius. 163
1. Hierouym. zu Euseb. Chr. Ol. 175, 4 — 676 d. St.: T. Quiutius (bei
Schöne Quinticius) Atta scriptor togatacum Rornae moritur sepultusque via
Praenestina ad miliarium 11. — Diomed. III. p. 487 P. : Atta togatarum
scriptor; p. 488: togatas tabernarias in scenam dataverunt praecipue duo,
L. Afraniius et G. Quintius.
2. Ueberreste bei Bothe scen. lat. V, 2. p. 97—102; Neukirch, fab.
tog. p. 153—164; Ribbeck, com. p. 137—140.
3. Varro bei Charis. II. p. 215: rjd-T} nullis aliis servare convenit quam
Tiünio, Terentio, Attae. Fronto Epist. IV, 3. p. 62 Naber: animadvertas
particulatim elegantis Novium et Pomponium et id genus in verbis ruati-
canis et iocnlaribus ac ridicularüs, Attam in muliebribus.
4. Bei Hör. Ep. II, 1, 79 fF. ist Atta Beispiel eines der antiqui die noch
in die Gegenwart hereinwirken und sie (nach seiner Meinung) beeinträch-
tigen.
5. Non. Marc. v. crines, p. 202 M. : Atta in Epigrammatibus.
6. Neukirch, de fab. tog. p. 153—164. W. TeufFel in Pauly's Real-Enc.
I, 2. S. 2049.
121. L. Afranius, nach J^Vuchtbarkeit wie nach künst-
lerischem Werthe der bedeutendste Dichter der togata; geboren
GOO — 610 d. St. Von seinen Stücken kennen wir so ziemlich
alle Titel, da das Interesse für sie lange wach blieb. Er be-
arbeitete national-römische Stoffe, aber im Geiste des Menander
und mit Benützung desselben. Seine Stücke bewegten sich vor-
herrschend in den mittleren Kreisen und dem Familienleben.
In der Form wusste er, wie Titiuius, die Volksthümlichkeit des
Plautus mit der correcten Eleganz des Terentius zu verbinden.
1. Cic. Brut. 45, 167: quem (den C. Titius) studebat imitari (hat wohl
nur den Werth eines Uebergangs) L. Afranius poeta, homo perargutus, in
fabulis quidem etiam . . disertus. Vellej. II, 9, 3: clara etiam per idera
ae?i spatium fuere ingenii^, in togatis Afrani, in tragoediis Pacuvii atque
Attii, usque in graecorum ingeniorum comparationem evecta. Vgl. I, 17,
1. Quintil. X', 1, 100: togatis excellit Afranius; utinam non inquinasset
argumenta puerorum foedis amoribus, mores suos fassus. Danach Auson.
epigT. 71, 2 ff. : repperit obscenas veneres vitiosa libido, . . quam toga fa-
cundi scenis agitavit Afrani. Dergleichen Stoffe, der neuen Komödie in der
Hauptsache fremd geblieben, entsprachen, wie die Atellanendichter zeigen,
den Durchschnittssitten des damaligen Rom. — Macrob. Sat. VI, 1, 4f At'ra-
nias togatarum scriptor in ea togata quae Compitalia inscribitur non in-
verecunde respondens arguentibus quod plura sumpsisset a Menandro Fa-
teor, inquit, sumpsi non ab illo modo Sed ut quisque habuit conveniret
quod mihi Quodque me non posse melius facere credidi, Etiam a Latino.
Cic. fin. I, 3, 7 : locos quosdam, si videbitur, transferam, . . . cum inciderit
at id apte fieri posset, ut ab Homero Ennius, Afranius a Menandro solet.
Zu seiner ganzen Richtung (vgl. oben §. 17) stimmte auch seine Bewun-
derung des Tereuz (Afrau. V. 29 f.).
164 Siebentes Jahrhundert d. St.
2. Mehr als 40 Titel kennen wir; die berühmtesten waren Divortium,
Emancipatus, Epistula, Fratriae, ifrivignus, Vopiscus. Die Ueberreste bei
Bothe, scen. V, 2. p. 160—200; Neukirch, fab. tog. p. 176—279; Ribbeck,
com. p. UO— 187. Dazu vgl. Philologus XXI. S. 122. 480. Miguel, Cue-
stion filolögica: un fragmento de Afranio, Madrid 1864. 60 pp. 8. und:
Nueva dipertacion acerca de im fragm. d. Afr., Madrid 1864. 113 pp. 8.
3. Aufführung seines Simulans J. 696 (Cic. p. Sest. 55, 118), seines In-
cendium unt^ Nero (Suet. Ner. 11). In der augusteischen Zeit stellten
Enthusiasten ihn dem Menander gleich (Hör. Ep. 11, 1, 57). Noch Apulej.
(apol. p. 420): eleganter, ut semper, Afranius hoc scriptum reliquit.
4. Bothe, scen. V, 2. p. 156—159. Neukirch, fab. tog. p. 165 — 175.
Mommseu, R. G. II«. *S. 438. W, Teuffei, Caecüius Statins u. s. w. Tü-
bingen 1858. 4. S. 37—43.
122. C. Lucilius, geboren um 606 d. St. in der Latiner-
stadt Suessa Aurunca in Campanien, aus einem wohlhabenden
Rittergeschlechte , und schon jung in den Kreis des jüngeren
Africanus aufgenommen. Als Latiner ohne das ins bonorum,
aber in unabhängiger Stellung, legte Lucilius seine Gedanken
über Alles was er sah und hörte und las in seinen vermischten
Gedichten (Saturae) nieder, und unterwarf darin das Leben der
Gegenwart nach allen Seiten hin — nach Politik, Sitten, Lite-
ratur — einer freimütigen Kritik, wie sie weder ein Komiker
vor ihm noch ein Satiriker nach ihm gewagt hat. Die Ueber-
reste verrathen vielseitige Bildung, scharfen Verstand, sittliche
Tüchtigkeit, heitere Laune und treffenden Witz, aber auch Gleich-
gültigkeit gegen die äussere Form. Ein hochachtbarer und
Hebenswürdiger Vertreter des neurömischen Wesens, starb Lu-
cilius im J. 651 d. St.
1. Hieron. zu Euseb. Chr. Ol. 158, 2 = 606 f. d. St.: Lucilius poeta
nascitur. Vellej. II, 9, 4: celebre et Lucilii nömen fuit, qui sub P. Afri-
cano (J. 620 f. d. St.) Numantino hello eques militaverat. Hieron. 1. 1. zu
Ol. 169, 2 = 651: G. Lucilius (d. Hdss. Lucius) satirarum scriptor Neapoli
moritur ac publico fimere effertur anno aetatis XLVI. Eine sichere Spur
welche über 651 hinausdeuten würde ist nicht vorhanden, da die von Lucilius
erwähnte (Gell. H, 24, 10) lex Licinia spätestens 650 fällt (s. Rein in Pauly's
ßeal-Enc. VI, 2. S. 1509) i^nd die Bezeichnung des Lucil. als senex bei
Hör. Sat. 11, 1, 34 nichts über dessen Lebensdauer aussagt; s. Teuffel's
Comm. zu d. St. (Leipzig 1857) , S. 22 f. Der im J. 663 spielende Dialog
von Cic. de orat. (s. I, 16, 72. II, 6, 25) setzt den Lucilius als gestorben
voraus. Vgl. im AUg. Varges, Rhein. Mus. 1835, p. 15—69.
2. Juv. I, 20: magnus Auruncae alumnus. Auson. Epist. 15, 9: rüdes
Camenas qui Suessae praevenis. — Hör. S. II, 1, 75 nennt sich infra Lucili
censum, wozu Porph.: constat enim Lucilium fuisse maiorem avunculum
Pompei. etenim avia Pompeii soror Lucilii fuerat. Lucilius besass zu Rom
Dicht-er: C. Lucilius. 165
sab Velia das Haus quae Antiochi regis iilio obsidi publice aedificata fue-
rat (Ascon. p. 13 Gr.).
3. Verhältaiiss zum Jüngern Africanus (670—625) und Laelius (Cos. 614):
Hör. S. II, 1, 71—74. Ungenau ebds V. 62—68; s. W. TeufFers Comm. dazu
8. 28 f. Andere Freunde: (Postumius) Albinus, L. Aelius Stile, Granius.
Gegpier oder doch von Lucilius Angegriffene : Mucius Scävola, L. Cornelius
Lentulus Lupus (Pers. I, 116), Q. Caecilius Metellus (127, 7; Hör. S. II, 1, 67),
T. Albucius, Hostilius Tubulus, Papirius Carbo u. A. — Cornif. ad Her. II,
13, 19: C. Caelius iudex absoWit iniuriarum eum qui Lucilium poetam in
Bcena nominatim laeserat. -
4. Cornif. ad Her. IV, 12, 18: quo in vitio (in Bezug auf verborum
traiectio) est Lucilius assiduus, ut hoc est in priore (Lachmann primore)
libro. (Ps. Acro zu Hör. S. II, 1, 22 spricht von Hör., nicht von Lucilius.)
Wenn daneben sicher 30 Bücher citiert werden (nur vom B. 21 fehlen
Bruchstücke), so -ist eine doppelte Eintheilungsweise vorauszusetzen: eine
ältere, in zwei grosse Theile oder Sammlungen, und eine spätere, in 30
Bücher. Vgl. van Heusde, Lucil. p. 251 ff. Lersch, Ztschr. f. d. Alt. W.
1839, S. 403—408. J. Becker, Ebds. 1843. Nr. 30—33. K. Fr. Hermann,
Götti. Gel. Anz. 1843, S. 380—384. Petermann, Jahns Jahrb. XXXIX. S.
161 ff. u. Ztschr. f. d. A. W. 1846, Nr. 37 f.
5. Die Art der Eintheilungen und die Urheber derselben sind nicht sicher.
Jedenfalls aber fanden die Satiren des L. Arühzeitig gelehrte Bearbeitung.
Saat, gramm. 2: (studium grammaticae beschränkte sich zu Rom anfäng-
lich darauf) ut carmina parum adhuc divolgata vel defunctorum amicorum,
vel si quorum aliorum probassent, diligentius retractareut ac legende com-
mentandoque etiam ceteris nota facerent; . . . . ut Laelius Archelaus Vet-
tiueque Philoconms Lucilii satiras familiaris sui, quas legisse se apud Ar-
chelaum Pompeius Lenaeus, apud Philocomum Valerius Cato praedicant.
Und c. 14: huius (des Curtius Nicia in der Zeit Ciceros) de Lucilio libellos
etiam Santra comprobat.
6. Die saturae des L. waren manchf altig wie in der Form (die Hexa-
meter überwiegen, doch auch viele Trochäen und lamben) so auch im In-
halte. Vorherrschend aber war bei letzterem die ethisch-kritische Tendenz,
durch welche L. der erste Satiriker wurde. Daher Hör. S. II, 1, 62: est
Lucilius auBus primus in hunc operis componere carmina morem; 10, 48
nennt er ihn inventor, ib. 66 Graecis intacti carminis auctor. Vgl. K. Fr.
Hermann, de satirae auctore ex sententia Horatii, Marburg 1841. 4.; wo-
gegen C. Petermann, Hirschberger Progr. 1846 und 1851. 4., vergebens
wieder die Stelle auf den (Nachahmer der Griechen) Ennius beziehen
wollte. Hör. S. I, 4, 6: hinc (von der alten Komödie) omm's pendet Luci-
lius ist unrichtig imd ungerecht; die Behauptung von Lydus (de mag. I.
41 : Tov 'Pivd-cava, og s^afiitQOig ^yga^tps nQmtog umfimSiav. i J ov tt^cdtoc
laßtov rag a(pOQ^ag AovKiXiog 6 *P(oiiaiog '^QoaiyiOLg ^nsöiv i'K(Ofio)dT^ae)j
LuciliuB habe sich an Rhinthon angeschlossen, beruht sichtlich auf Ver-
wechslung.
7. Gegenstände der Kritik des L. Dass er primores populi arripuit
populumque tributim (Hör. S. II, 1, 69) bestätigen die Ueberreste. Vgl.
166 Siebentes Jahrhundert d. St.
Trebonius bei Cic. Fara. XII, IG: qui magis hoc Lucilio licuerit adsuiuere
libertatis quam nobis? Apul. apol. 10: C. Lucilium, quamquam sit iambi-
cus, tarnen improbarim quod Gentium et Macedonem pueros directis no-
minibus carmine buo prostituerit. E. Szelinski, de nominibus personarimi
apud poetas sat. rom. (Königsl>erg 1862) p. 1 — 10. Aber auch Literarisches
und Grammatisches. Gell. XVII, 21, 49: Pacuvius et Pacuvio iam sene Ac-
cius clariorque tunc in poeraatis eorum obtrectandis Lucilius fuit. Hör. S.
I, 10, 53: nil comis tragici niutat Lucilius Atti? wozu Porph. : facit autem
haec Lucilius cum alias tum vel maxime in tertio libro, meminit et nono
et decimo. Insbesondere polemisiert« er gegen des Attius Neuerungen in
Sprachgebrauch (quare pro facie, pro statura Accius status, bei Non. p. 22G)
und Schreibung, wobei er die von Attius eingeführte Doppelschreibung
langer Vocale verdrängte und nur ei für i beibehielt; Ritschi, Monura.
epigr. tria (1852) p. 30 f. W. Corssen, Philologus XVIII. S. 723—726. —
Quintil. X, 1, 94: eruditio in eo (L.) mira et libertas atque inde acerbitüs
et abundantia salis.
8. Mittlere Haltung. Cic. de or. II, 6, 25: C. Lucilius, liomo doctus
et perurbanus, dicere solebat, neque se ab indoctissimis ueque a doetissimis
legi velle ; . . quo etiam scripsit : Persium non curo legere, . . Laelium Dccu-
mum volo. Fin. I, 3, 7 : nee vero , ut noster Lucilius , recusabo quominus om-
nes mea legant. Utinam esset ille Persius! Scii)io vero et Rutilius multo
etiam magis. Quorum ille iudicium reformidans Tarentinis ait se et Consen-
tinis et Siculis scribere. Facete is quidem, sicut alia; sed neque tam docti
tum erant . . et sunt illius scripta leviora, ut urbanitas summa appareat,
doctrina mediocris. Petron. Sat. 4 extr.: schedium Lucilianae humilitatis.
Gell. VI (VII), 14, 6: vera et propria . . exempla in latina lingua M. Varro
esse dicit . . gracilitatis Lucilium. Vgl. Fronto p. 113 f. mid p. 62 Naber.
9. Vernachlässigung der Form. Vgl. Hör. S. I, 4, 9 ff. 10, 1 ff . 50 ff.
Was dieser behauptet (S. I, 4, 9 f.), L. in hora saepe ducentos . . versus
dictabat stans i>ede in uno, bestätigt L. selbst, z. B. fr. XI, 6: conicere in
versus dictum praeconis volebam Grani. Besonders der Versbau ist sehr
locker und ungeschlacht; auch hilft er sich oft durch unzulässige Mittel.
Vgl. Auson. Epist. 5, 36 ff. : Villa Lucani- mox potieris -aco. Rescisso disces
componere nomine versum; Lucili vatis sie imitator eris.
10. Das Ansehen das Lucilius noch in der augusteischen Zeit (bes. bei
der-nationalen Partei) genoss erhellt aus den häufigen und angelegentlichen
Auseinandersetzungen des Horaz mit ihm. Noch später gab es Leute welche
Lucilium pro Horatio, Lucretium pro Vergilio legunt (Tac. dial. 23), und
wer auf Energie und Originalität den Hauptwerth legte hatte darin ganz
Recht. — Quintil. X, 1, 93: satira quidem tota nostra est, in qua primus
insiguem laudem adeptus Lucilius quosdam ita deditos sibi adhuc habet
amatores ut eum non eiusdem modo operis auctoribus sed omnibus poetis
praeferre non dubitent. Ueber seine ethische Wirkung Juv. I, 165 ff.
11. Sammlung der Fragmente (über 800) von Janus Dousa (mit Anm.
von Franz Dousa), Lugd. ß. und Amst. 1661. 4. Patav. 1735. 8. (besorgt
von Vulpi), an Havercamps Censorinus (Lugd. B. 1643. 1767.), in der Zwei-
brücker Ausg. von Persius u. Juvenal, u. sonst. Fragmens revus, traduits
etc. par E. F. Corpet, Paris 1845. Edidit, auxit, emendavit Fr. D. Gi3r-
Dichter: C. Luciliun. Epigrammati sten. A. Furius. 167
lach, Zürich 1846. Die vod M. Haupt zugesagte Bearbeitung Lachmanns ist
nicht erschienen. Beiträge zur Kritik: E. Kiussmann, Philologus XVI. p.
166—168. L. Müller, Rhein. Mus. XVJI. S. 195-200. J. Iltgen, Luciliana,
Bonn 1865. 31 pp. 8. A. Fürth, Quaestiones Lucilianae, Bonn 1866. 34 pp.
8. Zum B. I: R. Bouterwek', Rhein Mus. XXl. S. 339-361. B. III bear-
beitet von Varges, Stettin 1836. 4. B. IX von L. F. Schmidt, Berlin 1840. 4.
12. lieber Lucilius: Manso in den Nachträgen zu Sulzer IV. S. 419—
442. Patin, cours sur Lucile, Paris 1836. Herrn. Schönbeck, Quaestionnm
Lucilianarum Part. I. Halle 1841. 8. Petermann, de C. Lucilii vita et
carminibuB, Bresl. 1842. 8. Dziadeck, sat. rom. imprimis Luciliana ant. Gr.
comoediae non dissimilis, Conitz 1842. 4. J. A. C. van Heusde, Studia cri-
tica in C. Lucilium, Trai. ad Rh. 1842. 321 pp. 8. Vgl. K. Fr. Hermann,
Gott. G. A. 1843. Stück 37—40. S. 361—392 (worauf Heusde replicierte:
Epistola ad C. F. H., de Lncilio, Trai. ad Rh. 1844. 62 pp. 8.), Petermann
in Jahns Jahrbb. XXXIX. S. 146—169. und Gerlach, Ebds. XLIII. S. 371—
388. F. D. Gerlach, C. Lucilius u. d. röm. Satura, Basel 1844. 4. S. 11 —
22. = Historische Studien (Basel 1847) S. 3 fF. Ch. Labitte, les satires de
Luc, Revue d. deux mondes 1845. III. p. 721—745. Patin, Journal des
Savang 1846, Fevr. p. 65—76. Mai p. 281—296. Ch. Elsperger, comm.
de satira Lucilii, Ansbach 1851. 21 pp. 4. Duykers, Etüde sur Luc, Revue
deTinstr. publ. en Belgique, 1B61, Nr. 2—4. W. Teuffei in Pauly's Real-
Enc. IV. S. 1181—1187. Moramsen R. G. IP. S. 444—448.
123. Epigramme meist erotischen Inhalts und nach grie-
chischen (alexandrinischen) Vorbildern verfassten Pompilius
und Valerius Aedituus in der ersten Hälfte des siebenten
Jahrh., Porcius Licinus und Q. Lutatius Catulug (Cos.
652) in der Mitte desselben, Licinus überdiess ein Gedicht lite-
rarisch-historischen Inhalts in trochäischen Tetrametern, Catulus
auch eine Autobiographie. Letzterem befreundet war der Epi-
ker A. Furius aus Antium.
1. Papini (vielmehr Pompili) lniYQce(i(idtLov quod in adolesceutem
fecerat Cascam, Varro L. L. VII, 28 (zwei Distichen); vgl. Pompilius (so
M. Hertz statt Pomponiua) in epigrammate, Priscian. III. p. 602 P. = p.
90, 2 Htz. Nonius Marc. p. 88 (nach Lachmann's Verbesserung, Lucret.
p. 306): Varro ovog Xvgag: Pacvi discipulus dicor, porro is fuit Enni, Eu-
nios Musarum. Pompilius clueor. Varro L. L. VII, 93; apud Pompilium
(ein Senar).
2. Gell. N. A. XIX, 9, 10: versus cecinit Valeri Aeditui, veteris poe-
tae, item Porcii Licini et Q. Cattdi, quibus mundius, venustius, limatius,
tersius graecum latinumve nihil quidquam reperiri puto (sehr übertrieben).
Zu dem ersten Epigramm des Val. Aed. (ib. §. 11) vgl. H. Usener, Rhein.
Mas. XIX. S. 150 f. XX. S. 147—161. R. Peiper, Ebds. XIX. S. 311. Beide
Epigramme abgedruckt in der lat. Anthologie von Burmann (III, 242 f.)
und Meyer (Ep. 27 f.).
3. Das Epigramm des Porcius Licinus bei Gell. XIX, 9, 13. Vgl. XVII,
168 Siebentes Jahrhundert d. St.
21, 45: Porcius Licinus seriuB poeticam Romae coepisse didt in his versi-
bus: Poenico bellö secundo u. s. w. (oben S. 100, A. 2). Elf trochäischc
Septenare von ihm über Terenz in Suetons vita Terentii c. 1 f. (p. 292,
16 ff. Roth. p. 27, 9 ff. Rffsch.), von diesem wohl auB Varro's Schrift de
poetis geschöpft; s. Ritechl Parerga S. 244. 622. 637 f.; in Reifferschcids
Sueton p. 489—497. Die vier letzten v^iederholt ib. p. 294, 18 ff. Roth,
p. 33, 7 ff. Rff'sch. Auch vgl. Charis. I. p. 103 P. = p. 129 K.: huius fre-
tuB, Porcius Licinus.
4. Epigramm des Q. Catulus bei Gell. XIX, 9, 14. Ein anderes bei
Cic. deor. nat. I, 28, 79. Daher mit aufgezählt bei Plin. Ep. V, 3, 5. Seine
Autobiographie richtete er ad A. Furium poetam, familiärem suum (Cic.
Brut. 35, 132). Aus des Letzteren Annales führt Macrob. Sat. VI, 1, 31 —
34. 44. Hexameter an welche Vergil nachgeahmt habe ; höchstes Citat Fu-
rius in undecimo (annali), ib. 34. Archaistisch sind sie so wenig dass sie
eben so gut von Vergil selbst sein könnten. Weniger gilt diess von den
Versen bei GelL N. A. XVIII, 11, 4. Vgl. ib. 2: Furium veterem poetam,
und im ind. capp.: ex carminibus Furi Antiatis. Vgl. Weichert poet. lat.
rel. p. 348—353. Ein anderer Vers bei Schol. Veron. Aen. IX, 379 : in an-
nalibus belli gallici: hie qua ducebant vastae divortia fossae.
124, In gebundener Form schrieb in der ersten Hälfte d^s
siebenten Jahrh. auch der gelehrte Q. Valerius aus der Latiner-
Stadt Sora, und vielleicht Terentius Libo, weiterhin Volcatius
Sedigitus; ausserdem verfasste C. Julius Caesar Strabo um diese
Zeit Tragödien.
1. Bei Cic. de or. III, 11, 43 sagt L. Crassus: nostri (die eigentlichen
Römer) .minus student litt^ris quam Latini. Dennoch übertreffe leicht
auch der ungelehrteste geborene Römer litteratissimum togatorum omnium,
Q. Valerium Soranum, lenitate vocis atque ipso oris pressu et sono. —
Varro L. L. VII, 31: apud Valerium Soranum: vetus adagio est, o P. Sci-
pio (gestorben J. 625). Hienach ist er auch noch Zeitgenosse des L. At-
tius und daher es möglich dass er der Valerius ist von welchem Varro
L. L. X, 70 den Vers anfuhrt: Accius Hectörem nolet facere, Hectora ma-
let, wo 0. Müller auch an den Aeditnus denkt. Zwei Hexameter (stoischen
Inhalts, über Juppiter als höchsten imd einen Gott) bei Augustin. civ. D.
VII, 9. g. E. (vgl. Mythogr. p. 152Bode): in hanc sententiam eüam quos-
dam versus Valerii Sorani exponit idem Varro in eo libro quem seorsum
ab iötis de cultu deorum scripsit. Plin. N. H. praef. (extr.): hoc ante me
fecit (nämlich seinem Buche eine Inhaltsübersicht beizugeben) in literis
nostris Valerius Soranus, in libris quos ^Tro^rt^cov inscripsit. In diesem
war es wohl auch wo er den geheimen Namen der Stadt Rom (Plin. N. H.
III, 6, 9. Solin. 2) oder (nach Plut. quaest. rom. 58 s. 61) ihrer Schutzgott-
heit enuntiavit und dafür bald (durch einen elenden Tod, Plut 1. 1.) büsste
(Plin. 1. 1.). Er kann auch der Valerius sein welchen Varro L. L. V, 65
wegen der Ableitung des plautinischen scrupipedae anfahrt. Vgl. Haakh
in Pauly's ReaJ-Enc. VI, 2. S. 2342, Nr. 50. Seine beiden Söhne, Q. u. D.,
nennt Cic. Brut. 46, 169: vicini et familiäres mei, non tarn in dicendo ad-
mirabiles quam docti et graecis littens et latinis.
Dichter: Q. Valerius Soranus, Sedigitus u. A. L. Pomponius. Noviuß. 169
2. Donats Zusatz zu Suetons Leben des Terenz: duos Terentios po^
ias fuißse scribit Melius ^aecius), quorum alter Fregellanus fuerit Teren-
tius Libo, der andere der Komiker.
3. Gell. XV, 24, 1: Sedigitus (im ind. capp : Volcatius Sedigitus), in
libro quem scripsit de poetis, quid de bis sentiat qui comoedias fecerunt
et quem ex omnibus praestare ceteris putet ac deinceps quo quemque in
loco et bonore ponat bis versibus suis demonstrat. Folgen 13 iambiscbe
Senare, worin zehn Palliatendicbter in einfer überaus wunderlicben Loca-
tion aufgezählt werden; s. oben 15, 3. Ist bei Suet/ vit. Terent. p. 294
Roth= p. 33 Rffsch. die Reihenfolge Porcius (Licinus), Afranius, Volca-
tioa, Cicero, Caesar die chronologische, wie wahrscheinlich, so wird Vol-
catius nach der Mitte des 7. Jahrb. geblüht haben. Doch scheint der Zeit-
genosse des Cicero, P. Nigidius Figulus, jene Verse bereits in eines seiner
Werke aufgenommen zu haben, da dieselben in Hdss. des Plautus dem
Nigidius zugeschrieben werden; Ritschi, Parerga S. 65 f. 240 f. M. Hertz,
de Nig. Fig. p. 47 — 49. Drei andere Senare Ton ihm über Terenz bei
Saeton. v. Ter. p. 294, 4 ff. Roth = p. 32, 10 ff. Rffsch. mit Ritschi p. 617 f.
Er scheint hienach das Leben und die Schriften der betr. Dichter kurz be-
handelt und eine Art ästhetischer Würdigung derselben gegeben zu haben,
üeber die Zeit der palliata scheint er aber nicht herabgestiegen zu sein,
und auch darum ist nicht rathsam ihn in die ciceronische Zeit hineinzu-
rücken.
4. Ueber L. Julius Caesar Strabo (Aedil 664, getödtet 667) s. unten
and vgl. oben 119, 3.
126. Nach der Mitte des siebenten Jahrb. d. St. blühten
auch die beiden Dichter welche die Atellane aus einem Volks-
spiel zn einem Zweige der komischen Literatur machten, L.
Pomponius aus Bononia und Novius, jener, wie es scheint,
der originellere und noch fruchtbarere. Beider Ueberreste lassen
in tiefen Sittenverfall auch bei den niederen Volksclassen hin-
einblicken.
J. Hieron. zu Euseb. Chr. Ol. 172, 4 = J. 665 d. St.: L. Pomponius
Bononiensis, Atellanarum scriptor, clarus habetur. Vellej. II, 9, 6: sane
DOü ignoremus eadem aetate (wie Valerius Antias u. A.) fuisse Pomponium,
sensibus celebrem, verbis rüdem et novitate inventi a se operis commen
dabilem. Vgl. Schober, de loco Vellei, Neisse 1831. 4. Macrob. Sat. VI,
9, 4: Pomponius, egregius Atellanarum poeta. Vgl. Fronto ad M. Caes.
IV, 3. p. 95 Mai. = 62 Naber (s. oben 120, 3). Sen. Coutrov. VII, 18, 9.
p. 206, 21 f. Bu : auctorem huius viti quod ex captione unius verbi plura
significantis nascitur aiebat (Cassius Seyerus) Pomponium Atellanarum
Bcriptorem fuisse. E. Munk, de L. Pomponio Bononiensi Atellanarum poeta,
Glogau 1826. 8. und de fab. Atell. (Lips. 1840) p. 93 if. Tb. Ladewig in
Pauly'g Real-Enc. V. S. 1876 f. Seine Ueberreste bei Munk, fab. At. p. 135
— 164. Ribbeck com. p. 191—215. Zu den 65 dort aufgeführten kommt
auch noch Dotalis, s. L. Müller, metr. lat. p. 429.
2. Stoffe ausser den oskischen Figuren (Bucco auctoratus, adoptatus;
170 Siebentes Jahrhundert d. St.
hiruea Pappi, Pappiis agricola, praeteritus, sponsa Pappi; Maccus, Macci
'^emini, Maccus miles, Sequester, virgo) besondeiÄtände (Rustici, Fullones,
Leno, Pictores, Piscatores, Pistor, Praeco, Medicus, Aeditumus, Aruspex,
Augur u. A.), Stammesunterschiede (Campani, Galli Transalpini), Politi-
sches (Petitor, Pappus praeteritus, Praefectus morum), Literarisches (Phi-
losophia; vgl. V. 83. 138. 181), auch Mythologisches (Agamemno supposi-
tus, Marsya, wohl auch Atalanta, Sisyphos, Ariadne, Vahlen im Rhein. Mus.
XVI. S. 473 f.). Manche Titel klingen wie von Palliaten (Adelphi , Sync-
phebi, Syri, Dotata). Persönliche Anspielungen V. 15. Erotische Verwick-
lungen derbster Art, wie Verkleidung als Mädchen, V. 57 ff. 67 f. ; Maccus
Virgo ; Nuptiae ; Prostibulum. Zahlreiche Obscönitäten imd sonstiger
Schmutz; Wortwitze, sehr häufige Alliteration; Sprüchwörtliches und an-
deres Volksmässige. Versmasse: iambische Senare und Septenare, tro-
chäische Septenare, auch (V. 164 f.) Kretiker.
3. Novius, Atellanarum probatissimus scriptor, Macrob. Sat. I, 10, 3.
Vorname unbekannt; häufig Verwechslung mit Naevius. Novianae Atel-
lauiolae excerpiert von M. Aurelius nach Fronto Ep. II, 10. p. 34 Naber.
üeberreste (43 Titel) bei Munk, fab. Atell. p. 165 vgl. p. 117 ff. Ribbeck,
com. p. 215—230.
4. Stoffe: personae oscae (duo Dossenni; Maccus copo, cxsul; Mauia
medica; Pappus praeteritus), Stände und Gewerbe (Agricola, Bubulcus, Fi-
citor, Vindemiatores; Bubulcus cerdo, Fullones; Milites, Optio, Hetaera),
Landfitädter (Milites Pometinenses) , Literarisches (V. 5. 26. 38. 67. 116,
vielleicht auch eine Travestie Phoenissae), parodisch Mythologisches (Her-
cules coactor). Scheinbar in der Weise der alten Palliata die Titel Do-
tata, üallinaria, Lignaria, Tabellaria, Togularia, in der der neuen Paedium.
Bemerkenswcrth auch Mortis et vitae iudicium; Malivoh, Parcus, Surdus.
5. Die possenhafte Haltung und die Obscönitäten, die Häufigkeit der
Alliteration und volksmässigen Formen und Constructionen, aber auch, die
Versmasse hat Novius mit Pomponius gemein. Dem Novius eigenthümlich
ist vielleicht die verhältnissmässige Häufigkeit von Bildern aus dem Kin-
derleben (V. 41. 62. 65).
126. Inschriften in gebundener Form aus dem siebenten
Jahrh. gibt es theils im saturnischen Masse theils im volks-
mässig gehandhabten Hexameter oaer in anderen griechischen
Metren, besonders dem iambischen Senar.
1. Im Satumius: der titulus Mummianus vom J. 609 (C. I. lat. I, 541.
p. 150 f. vgl. oben 52, 8), die Grabschrift des Maarcus Caicilius (ib. 1006,
p. 218), die Inschrift von Sora (ib. 1175, p. 240; vgl. oben 52, 9. 104, 1),
wie auch die Grabschrift der Atistia (ib. 1016, p. 222) wohl so ge-
meint ist.
2. Im populären Hexameter: der titulus Mummianus bei Mommsen
C. I. lat. I, 542. p. 151 f., sowie die sortes Praenestinae (ib! 1438 — 1454,
p. 268—270). Ausserdem die Grabschrift des Cn. Taracius (ib. 1202, p. 244)
und des Protogenes (ib. 1297, p. 253). Ein daktylischer Oktometer ib. 1480,
p. 273. Auch Nr. 1038 lässt daktyHsches Mass erkennen. lamben und
Prosaisten: Der jüngere Africamis u. ii. Redner. - 171
Hexameter in Nr. 1019; Distichen Nr. 1011 und 1220, sowie von den Sci-
jHonengrabschriften Nr. 38 (p. 21).
3. Im iambischen Masse gehalten sind von den Inschriften des C. I.
lat. Nr. 1007—1010. 1012. 1027. 1059? 1267? 1273. 1306. 1479.
II. Prosaisten.
127. Die beiden ersten Jahrzehnte des siebenten Jahrh.
)— 620 d. St.) waren für Rom ausgefüllt durch Kriege, ins-
besondere den lusitanischen (601 — 620; Viriathus) und den
numantinischen (611 — 621), in deren schmachvoller Führung
sich bereits die Folgen des J. 608= 146 (Karthago, Korinth)
zeigen. Die literarische Thätigkeit war daher in dieser Zeit
sehr untergeordnet. Redner haben diese beiden Jahrzehnte an
dem jüngeren Africanus und dessen Bruder Fabius Aemilianus,
sowie dem jüngeren Laelius, an Sulpicius Galba, M. Lepidus,
Furius Philus, Q. Metellus Macedonicus, auch den beiden Mummii.
1. P. Cornelius Scipio Aemilianus, geb. 570 (Liv. XLIV, 44, 3), Cos.
607 und 620, Censor 612, f 625; vgl. C. Krafft in Pauly's Real-Enc. II. S.
662—666. Cic. Brut. 21, 82: C. Laelius et P. Africanus in primis eloquentes.
quorum exstant orationes. Lael. 25, 96: quanta illa (Seipionis) fuit gravi-
tas, quanta in oratione maiestas! . . sed . . est in manibus oratio. Vgl.
deinv. I, 4, 5. de or. I, 49, 215. Brut. 74, 258. off. I, 32, 116. Seipionis
oratiunculae excerpiert von M. Aurelius, nach Frouto Ep. II, 10. p. 34 N.
Unter den Ueberresten seiner Reden (Meyer ed. I. p. 101—106) sind zwei
etwas umfangreichere, bei Gell. VI (VII), 11, 9. Macrob. (II, 10 =) III,
14, 7, Die meisten geissein in schneidender Weise die einreissende Ver-
weichlichung der Sitten. Art des Vortrags s. Cic. de or. I, 60, 255 : raulti
öratores fuerunt, ut illum Scipionem audimus et Laelium, qui omnia ser-
Dione (Gesprächs ton) conficerent paullo intentiore. — Allgemeine Bildung
des Africanus. Cic. Tusc. I, 3, 5: Galbam, Africanum, Laelium doctos fuisse
traditum est. II, 26, 62: semper Africanus Socraticum Xenophontem in
roÄmbus habebat. Insbesondere die Kvgov naiSsicCy Cic. ad Q. fr. I, 1, 8,
23. (Sokratische) Ironie hatte ihm C. Fannius in Annalibus zugeschrieben,
Cic. Acad. II, 5, 15. de or. II, 67, 270. Brut. 87, 299. Umgang mit Po-
Hio6 (Polyb. XXXn, 9 f.) und Panaitios (Cic. Acad. II, 2, 6. pro Murena
31, 66. vgl. de or. II, 37, 154). Freundschaft mit G. Laelius (z. B. Cic. de
OJ^- n, 6, 22. Hör. S. II, 1, 71 tf.), Terenz (oben 97, 5) und dem jungen
Lucilius (oben 122, 1).
2. Q. Fabius Maximus Aemilianus, älterer (Polyb. XXXII, 9 f. Cic. Lael.
19. 69) Bnider des Scipio Africanus; Cos. 609; s. A. Haakh in Pauly's Real-
Enc. VI, 2. S. 2914, Nr. 44. Geistig weit veeniger bedeutend als sein jün-
gerer Bruder (Cic. l. 1.) , spielte er auch eine wenig hervorragende Rolle.
Er hielt die Leichenrede auf (den jungem) Africanus (Cic. pro Mur. 36, 75),
welche C. Laelius verfasst hatte und später unter seinem Namen heraus
gab; B. Schol. Bob. zu Cic. p. Mil. 7, 2. p. 283 Or.: super Africani laudi
esiJL
172 Siebentes Jahrhundert d. St.
bus ezstat oratio C. Laeli Sapientis, qua ubub videtur Q. Fabius Maximus
in laudatione mortui Scipionis. Vgl. Cic. de or. II, 84, 341: Q. Tuberoni
Africanum avunculum laudanti scripsit C. Laelius.
3. G. Laelius (Sapiens), Sohn des Gleichnamigen (oben 112, 5), etwas
älter als sein Freund Scipio Aemilianus (Cic. de rep. I, 12, 18); Cos. 614;
B. H. Hanna, de C. LaeHo Sapiente, Lugd. B. 1832. A. Haakh in Pauly's
Real-Enc. IV. S. 725—727, Nr. 2. — Cic. Brut. 21, 84: iugeni, litteranim,
eloquentiae, sapientiae denique, etsi utrique (dem Africanus und dem Lae-
Hus) primas, priores tamen lubenter deferunt Laelio. Vgl. ib. 82 (oben A.
1) und de or. I, 60, 265. Brut. 21, 83: plurimum tribuitur ambobus, di-
cendi tamen laus est in Laelio illustrior. at oratio Laelii de collegüs non
melior quam de multis quem voles Scipionis; . . . multo tamen vetustior
et horridior ille quam Scipio. de or. I, 13, 58: Ser. Galbae et . . C. Lae-
lio, quos constat dicendi gloria praestitisse. Brut. 24, 94: hanc ob causam
(weil Laelius limatius dicendi consectabatur genus) videtur Laeli mens spi-
rare etiam in scriptis (orationibus), Galbae autem vis occidisse. 86, 295:
de Laelio, cuius tu oratione negas fieri quidquam posse dulcius, addis etiam
nescio quid augustius. nomine nos capis summi viri vitaeque elegantissi-
mae verissimis laudibus. Vgl. de rep. VI, 2, 2 (Laelii oratio exstat). N.
D. ni, 17, 43 (in illa aureola oratiuncula). Anklagereden von Laelius ken-
nen wir nicht, wohl aber politische, Vertheidigungen und Lobreden (s. A. 2).
Vgl. H. Meyer, orat. fragm. p. 96—100 ed. 1. — Cic. ad Att. VII, 3, 10:
Terentii fabulae propter elegantiam sermonis putabantur a C. Laelio scribi;
vgl. oben 97, 5. Fin. II, 8, 24: Diogenem stoicum adulescens, post autem
Panaetium audierat Laelius. Von seiner Vorliebe für Philosophie aoipog
(Lucil. ib.). Sapiens genannt (Brut. 68, 213. oif. II, 11, 40. III, 4, 16). An-
tipater widmete ihm sein Geschichtswerk (orat. 69, 230).
4. Ser. Sulpicius Galba, geb. um 565 (aetate paulum bis — dem Lae-
lius und Jüngern Africanus — antecedens heisst er bei Cic. Brut. 21 , 82),
J. 605 wegen einer Handlung schmählicher Treulosigkeit die er 604 als
Proprätor in Lusitanieu begangen angeklagt und nur durch künstliche
Mittel freigesprochen, trotzdem Cos. 610. Vgl. A. Haakh in Pauly's Real-
Enc. VI, 2. S. 1494 f. Nr. 31. Als Redner war er nach Cic. Brut. 21, 82
der erste Römer welcher künstliche Figuren anwandte (ut egrederetur a
proposito ornandi causa, . . . lit communibus locis uteretur), wohl um die
Schlechtigkeit der Sache zuzudecken. Dagegen war er ignarus legum,
haesitans in maiorum institutis, rudis in iure civüi (Cic. de or. I, 10, 40).
Sein Vortrag zeichnete sich aus durch grosse Lebhaftigkeit (in agendo . .
vehemens atque incensus, Brut. 22, 88; incitate et gravis et vehemens oratio,
ib. 24, 93; lateribus et clamore contendebat, de or. I, 60, 255; nihil leniter
dixit, or. 30, 106; vgl. Brut. 22, 86: atrocior acriorque Laelio; 23,89: ele
gantia in Laelio, vis in Galba; de or. III, 7, 28: gravitatem Africanus, le-
uitatem Laelius, asperitatem Galba, profluens quidquam habuit Carbo et
canorum), daher seine Reden geschrieben minderen Eindruck machten (Brut.
24, 93 f.). Auch war sein sprachlicher Ausdruck minder gefeilt (eziliores
orationes sunt et redolentes magis antiquitatcm quam aut Laelii aut Sci-
pionis aut etiam ipsius Catonis; itaque evannerunt, vix iam ut appareant,
Brut. 21, 82 vgl. Tac. dial. 18).
ProsaiBten: Redner und Geschichtschmber. C'assins Heraina. 173
5. M. Aemilius Lepidus, qui est Porcina dictuB (Cic. Brut. 25, 95), Cos.
617; 8. W. TeufFel in Pauly's Real-Enc. I, 1. S. 357, Nr. 8. Cic. 1. 1.: isdem
temporibna fere quibus Galba, sed paiüo minor natu, et summus orator est
habitoB et fuit, ut apparet ex orationibus, scriptor sane bonus. Vgl. ib.
86, 295. 97, 333. Doch theilte auch er Galba's Unkenntniss des Rechts (de
or. I, 10, 40). Aemilius Porcina orator, in oratione uti lex Aemilia abro-
getar, Priscian. IX. p. 474, 20 f. Htz.
6. L. Furius Philus (Cos. 618) perbeue latine loqui putabatur littera-
tiusque quam ceteri, Cic. Brut. 28, 108. Freund des Jüngern Alricanus;
Umgang mit gelehrten Griechen (de or. II, 37, 154). Unter den philoso-
phisch angeregten und praktisch Weisen (sapientes) aufgeführt de leg. agr.
11, 24, 64 (Catones, Phili, Laeliij.
7. Q. Caecilius MeteUus Macedonicus, Cos. 611, Censor 623, fßSd; po-
litischer Gegner des jungem Africanus; s. A. Haakh in Pauly's Real-Enc.
IL S. 23 f. Nr. 6. Cic. Brut. 21, 81: Q. MeteUus . . in primis est habitus
eloquens . . cuius et aliae sunt orationes et contra Ti. Gracchum exposita
est in C. Fauni anualibus. Liv. LIX: Q. MeteUus censor censuit ut coge-
rentur omnes ducere uxores liberomm creandorum causa, exstat oratio
eiu9, quam Augustus Caesar . . in senatu recitavit. Suet. Aug. 89: Hbros
totos senatui recitavit . . ut orationem Q. Metelü de prole augenda.
8. Cic. Brut. 25, 94: fueruut etiam in oratorum numero mediocrium
L. et Sp. Mummii, fratres, quorum exstant amborum orationes; simplex
qmdem Lucius et antiquus, Spurius autem nihüo ille quidem omatior, sed
tarnen astrictior; fuit enim doctus ex discipUna Stoicorura. Lucius ist der
Cos. 608 und Zerstörer Korinths; s. W. Teuffei in Pauly's Real-Enc. V. S.
199—202, Nr. 3. Sein jüngerer Bruder Spurius begleitete ihn als Legat
nachÄchaja und schrieb epistolas versiculis facetis ad famiUares missas a
Corintho (Cic. ad Att. XIII, 6, 4). Vgl. oben §. 22. W. Teuffei a. a. 0.
S. 202, Nr. 4.
9. Cic. Brut. 25, 94: multae sunt Sp. (Postumii) Albiui (Cos. 606) ora-
tiones. — Andere s. 128, 2. 4. 129, 4 u. 5.
128. Die Geschichtschreiber in dem ersten Fünftel des
siebenten Jahrh. d. St. halten sich noch an die Weise der altern
Annalisten, schreiben aber nach Cato's Vorgange alle lateinisch.
Der früheste unter ihnen ist Cassius Hemina, der bedeutendste
L Calpurnius Piso Frugi; beide mit der Entstehimg Roms be-
ginnend und mit der eigenen Zeit schliessend. Ausserdem ge-
hören dazu Fabius Maximus Servilianus und vielleicht L. Scri-
bonius Libo.
1. Censorin. d. n. 17,11 (über die vierten Säcularspiele) : at Piso cen-
soriua et Gn. Gellius, sed et Cassius Hemina, qui illo tempore vivebat, post
annum factos tertium adfirmant, nämlich im J. 608 d. St. Yetustissimus
aactor aunalium heisst er bei Plin. N. H. .XIII, 27, 84. vgl. XXIX, 6: Cas-
sius Hemina ex antiquissimis auctor est. Nicht sicher ist ob er der L. Cas-
aus censorius der Schol. Veron. zu Aen. II, 717 ist Ebenso ist unsicher
174 Siebentes Jahrhundert d. St.
das Citat Gassius Hemina de censoribus libr. II bei Noniua p. 346, 22. Von
seinem Geschichtswerk, das bald Anuales bald Historiae genannt wird,
werden vier Bücher angeführt. Die Urgeschichte war ausführlich behan-
delt und auch auf andere Städte Italiens erstreckt. Das vierte Buch hatte
den Titel bellum punicum posterior (Priscian. VII, 60l p. 347, 5 f. Htz.);
das dritte Buch behandelte also wohl den ersten punischeu Krieg, wäh-
rend das zweite die römische Geschichte bis zum ersten pun. Kriege kurz
zusammengefasst haben wird (Vahlen Enn. p. LI not.). Da Plinius in sei-
nem Quellen verzeichniss ihn zu B. XII (arborum naturae), XIV (de pere-
grinis arboribus et unguentffe), XXXI I (Heilmittel) mit aufführt, so scheint
er auch Curiositäten mitbehandelt zu haben. Die Ueberreste von ihm, die
sich theilweise gegen andere Cassii schwer abgrenzen lassen, bei Krause
p. 155—166, C. L. Roth (1852) p. 288—295, J. E. Schmitter, Cassii He-
minae annalium fragmenta eraendata, Düsseldorf 1861. 4. üeber ihn Schweg-
1er R. G. I. S. 87 f. Gerlach, Geschichtschr. S. 59 f.
2. L. Scribonius Libo, Volkstribun 605. Cic. Brut. 23, 90: Libonem
non infantem video fuisse, ut ex orationibus eiua intellegi potest. Er ist
wohl auch gemeint ad Att. XIII, 30, 3 (in Libonis annaUXIV]; vgl. 32, 3.
44, 3 (Libonem mecum habeo et habueram ante Cascam).
3. Q. Fabius Maximus Servilianus, Cos. 612. Macrob. I, 16, 25: Fabius
Maximus Servilianus pontifex in libro XII negat oportere atro die pareu-
tare. Schol. Veron. zu Georg. III, 7: Servilianus historiarum scriptor.
Serv. zur Aen. 1,3: Fabius Maximus annalium primo. Dionys. Ant. 1,7:
ag Ol TtQog avzöiv inaivov^svoi 'PouLLaiav cvviyQatpdiv, IloQ^iog ts Kd~
TODV Kai ^äßiog Md^i(iog xal OvaUgiog 6 Uvrisifg u. s. w. Da Polyb. III,
8 ausser Fabius Pictor noch keinen Geschichtschreiber der gens Fabia zu
kennen scheint, so wird Servilianus mit seinen Aufzeichnungen erst in spä-
teren Jahren begonnen haben. W. Harless, de Fabüs p. 37 — 44. vgl.
ib. p. 3.
4. L. Calpurnius Piso Frugi, trib. pl. 605, Cos. 621, Censor wahrschein-
lich 634 (censorius, A. 1. Pb'n. N. H. XIII, 13 vgl. Wßcov Aevmog 6 Tifi,riTt%6g
bei Dionys. Ant. II, 38. 39. XII fr.), Gegner der Gracchen. Sein Geschichta-
werk begann mit der Gründung Roms und handelte im siebenten Buche
von seiner eigenen Zeit (Censorin. 17, 13: Piso, in cuius aunali septimo
scriptum est sie u. s. w.). Ueber den Titel desselben ist das gewöhnliche
Schwanken (s. A. 1); nur dass Plin. 1. 1. noch überdiess sagt: L. Piso cen-
sorius primo commentariorum; daher 0. Jahn (Berichte der sächs. G. d.
W. 1848, S. 429 f.) und Pluess de Cinc. p. 28, not. 83 (auch bei Dionysios)
einen zweiten Piso, M. Hertz (philologisch-klinischer Streifzug, 1849, S. 15 ff.)
wenigstens eine zweite Schrift dieses Piso (antiquarischen Inhalt«) unter-
scheidet. An Wahrheitsliebe fehlte es dem Piso gewiss nicht (gravis auctor
nennt ihn Plinius, N. H. II, 53, 140), und die Anführungen desselben, die
besonders in den zwei ersten Büchern des Livius und bei Dionysios häufig
sind, verrathen zwar nicht immer guten Geschmack, im Ganzen aber einen
schlichten, nüchternen, treuherzigen Sinn, auch einen Anflug von Rationa-
lismus, der dem Romantiker Niibuhr so antipathisch war. Ueber die Dar-
stellung des Piso urteilt Cicero, vom Standpunkte des Stilisten, ungünstig;
Gellius, als Bewunderer alles Alterthümlichen, findet das einfache Neben-
ProsaiBten: Piso Frugi. W. Manilins und andere Juriöten. 175
einander meiner Sätze reizend. Brut. 27, 106: Piao H causas egit et mul-
tanun legum aut auctor aut dissuasor fuit, isque et orationes reliquit, quae
iam evanuerunt, et annales sane exiliter scriptos. Vgl. de leg. I, 2, 6.
de or. II, 12, 51 ff. oben 32, 3. Dagegen Gellius VII (VI), 9, 1: res per-
quam pure et venuste narrata a Pisone. XI, 14, 1: simplicissima auavi-
tate et rei et orationis L. Piso Frugi usus est in primo annali. Seine bei-
den Beispiele "feigen dass Piso sieb in anekdotenhaftes Detail einUess; auch
fuhrt ihn Plinius als Quelle an zu Buch XII bis XVIII (Bäume), XXVIII
a. XXIX (raedicinae), XXXIII f. (Metalle), XXXVI (Steine). Vgl. A. 1.
Seine Ueberreste bei Krause p. 139 ff. C. L. Roth, p. 295—304. Liebaldt,
de L. Calpumio Pisone annalium scriptore, Naumburg 1836. 4. Schwegler
J. S. 88 f. Gerlach, Geschichtschr. S. 60—62. Kieserling, rer. Script, p. 30—
35. Mommsen R. G. II«. S. 454.
129. Bedeutende Juristen haben diese zwei Jahrzehnte an
Manius Manilius, M. Junius Brutus, Ser. Fabius Pictor, und
besonders dem Consul des J. 621, P. Mucius Scaevola, ^inem
scharfsinnigen, jedoch mehr bedächtigen und behaglichen als
energischen Ehrenmanne, der auch die offiziellen annales abschloss
and in Buchform brachte. Er wie Manilius und Brutus waren
angesehene Schriftsteller in ihrem Fache, insbesondere Manilius
Verfasser von Formularen zu Kaufcontracten. Auch des Scae-
vola Bruder, der Cos. 022, P. Licinius Crassus Mucianus, war
eiu genauer Kenner des Rechts, sowie C. Marcius Figulus.
1. M\ Manilius, Co«. 605, zum Freundeskreise des jungem Africanus
gehörig; s. L. Bröcker in Pauly's R. E. IV. S. 1481 f. Nr. 4. — Pompon.
Dig. I, 2, 2, 39: post hos (Cato und sein Sohn) fuerunt P. Mucius et Bru-
tus et Manilius, qui fundaveruut ins civile. ex bis , . Ubellos reliquit . .
Manilins tres. et exstant volumina scripta, Manilii monumenta. Cic. de or.
I, 58, 246: Manilianas venalium vendendorum leges ediscere. Varro R. R.
II, 3, 5: Manilius scriptum reliquit (Sponsionsformel über den Kauf von
Ziegen) sie. ib. 5, 11: paulo verbosius haec (Stipulationsform) qui Manilii
actiones sequuntur. 7, 6: eratio equina simiüs fere ac boum, . . . ut in
Manilii actionibus sunt perscripta. L. L. VII, 5, 105. p. 161 M.: nexum
Manilius scribit omne quod per libram et aes geritur. Bei Varro immer mit
der Var. Mamilius. Cic. fin. 1,4, 12: partus ancillae sitne in fructu habendus
diaseretur-inter principes civitatis, P. Scaevolam Maniumque Manilium, ab
iisque M. Brutus dissentiet, . . nosque ea scripta . . legimus Hbenter. ad
Fam. VII, 22: ut scires id . . Sex. Aelium, M\ Manilium, M. Brutum sen-
siisse. Vgl. ib. &, 2. p. Caecin. 24, 69: si ut Manilius statuebat, sie est iu-
dicatom. Gell. XVII, 7, 3: Q. Scaevola patrem suum et Brutum et Mani-
linm, viros adprime doctos, quaesisse ait u. s. w. Dig. XLI, 2, 3, 3:
Brutus et ManiUus putant u. s. w. Als Jurist heisst er bei Cic. (rep. I,
12, 18. vgl. Brut. 28, 108) vir prudens. Brut. 28, 108: nee multo minus
(als P. Scaevola) prudenter (loqui putabatur) M'. Manilius. de or. III, 33,
133: M\ Manilium . . vidimus transverso ambulantem foro, quod erat insigiie
eum qui id faceret facere civibus omnibus consilii sui copiam.
176 Siebentes Jahrhundert d. St.
2. M. Junius Brutus, iuris peritissimus (Cic. Brut. 34, 130 vgl. 47, 175;
iuris civilis in primis peritus, Ott'. IT, 14, 50). Pompou. 1. 1. 39 heisst er
praetorius und wird gesagt dass er Septem libellos reliquit. Dagegen Cic.
de or. II, 55, 223: tres Bruti de iure civili Ebros tribus legendos dedit.
p. Clueni. 51, 141: tres excitavit recitatores cum singulis libris quos M.
Brutus . . de iure civili reliquit. Quintil. VI, 3, 44: tris excitavit lectores
hisque (M. Bruti) dialogos dedit legendos. Die dialogisclie Einkleidung
erhellt aus Cic. de or. II, 55, 224, wo es auch heisst: ex libro tertio, in
quo finem scribendi fecit (M. Brutus); tot enim, ut audivi Scaevolam dicere,
sunt veri Bruti libri. Also waren nach Scävola die vier weiteren Bücher
Fortsetzungen des ursprünglichen Werkes durch einen Juristen des sieben-
ten Jahrh. — Cic, de or. II, 33, 142: video in Catonis (des Sohnes) et in Bruti
libris nominatim fere referri quid alicui de iure viro aut mulieri respon-
derint. Gell. VI (VH), 15, 1. XVII, 7, 3. Dig. XLIX, 16, 4 (inter Brutum
et Scaevolam varie tractatum est\
3. Cic. Brut. 21, 81: Ser. Fulvius (Cos. 619) et una Ser. Fabius Fictor
et iuris et litterarum et antiquitatis bene peritus. Gell. I, 12, 14: in libro
I Fabii Pictoris quae verba pontificem maximum dicere oporteat . . scri-
ptum est. X, 15, 1: in libris qui de sacerdotibus publicis compositi sunt,
item in Fabii Pictoris primo scriptos legimus. Nach der Art der Nennung
scheint auch Gellius (vgl. oben 105, 7) dieses Werk de iure pontificio dem
berühmten Annalisten Fabius Pictor zugeschrieben zu haben, was Nipper-
dey, Philologus VI. S 131, für richtig hält.
4. P. Mucius Scaevola, Cos. 621, Pontifex maximus seit 631, f um
640 (vgl. Ascon. in Milon. p. 46 Or.); s. W. Teuffei in Pauly's R. E. V.
S. 181—183, Nr. 8. — Pompon. 1. 1. 39 (s. A. 1). Ist die dortige Reihen-
folge der Aufzählung (Mucius, Brutus, Manilius) nicht etwa dignitär, son-
dern wollte chronologisch sein, so würde Pomp, den Vater imd den Sohn
verwechseln; s. W. Teuffei a. a. 0. ß. 182 Anm. vgl. S. 180 Anm. Ausser-
dem Pomp. 1. 1. : ex bis P. Mucius etiam decem libellos reliquit. . . illi duo
(ManiliuB u. P. Mucius) consulares fuerunt, P. autem Mucius etiam ponti-
fex maximus. Letzteres mindestens seit 631; s. Cic. de dom. 53, 136. Als
solcher scheint er die Abfassung der offiziellen Aunales, durch den ponti-
fex maximus, als überflüssig geworden durch die Privat- Annalisten, abge-
schafft zu haben; wenigstens giengen jene (nach Cic. de or. 11,12, 52) nur
usque ad P. Mucium pontificem maximum. Gleichzeitig wird er wohl für
die Sammlung der bisher geführten annales und deren Herausgabe in Buch-
form Sorge getragen haben; s. oben 66, 2 u. 3. Mommsen R. G. II*. S. 453.
Zusammenhang des Pontificats mit Jurisprudenz: Cic. de leg. II, 19, 47
(vgl 21, 62): . . Scaevolae (Vater und Sohn, Letzterer Cos. 659), pontifi
ces ambo et eidem iuris peritissimi (vgl. de leg. 11, 21, 52). Saepe, inquit
P. filius, ex patre audivi pontificem bonum neminem esse nisi qui ins ci-
vile cognosset. de or. I, 37, 170: P. Crassus, ille Dives, . . cum P. Scae-
volae frater esset, solitus est ei persaepe dicere, neque illum in iure civiU
satis facere posse nisi dicendi copiam assumpsisset . . neque se ante cau-
sas amicorum tractare atque agere coepisse quam ius civile didicisset.
Brut. 28, 108: latine loqui putabatur . . P. Scaevola valde prudenter et
acute, paulo etiam copiosius. de or. I, 56, 240 (von Crassus): id quod
Prosaisten: P. Scaevola. Die Gracchen. 177
ipse diceret et in P. Mucii, fratris sui, libris et in Sex. Aelü commentarÜE
scriptum protnlisse. Die Proben seiner Entsclieidimgen und Aeusserungen
die uns erhalten sind zeigen ihn eben so scharf im Definieren (Cic. Top. 4,
24.6, 29. 8, 37. 9, 38) als stark in der Casuistik (Cic. de leg. II, 22, 57.
fin. I, 4, 12. Gell. XVII, 7, 3. Dig. XXIV, 3, 66 pr. XLIX, 15, 4. L, 7,
17. vgl. XL VII, 4, 1, 15), insbesondere auch bereits im Anleiten zu gesetz-
licher Umgehung der gesetzlichen Bestimmungen (Cic. leg. II, 21, 53).
Nur eine Paiteiansicht aber war es wenn Nasica ihm den Grundsatz fiat
iuütitia, pereat mundus zuschrieb (Val. Max. III, 2, 17: tum Scipio Nasica
quouiam, inquit, consul, dum iuris ordinem sequitur, id agit ut cum omni-
hm legibus romanum imperium corruat etc.). In seinem Umgange bildete
sich Rutilius Eufus (Cos. 649); s. unten 136, 2. Sein glänzendster Schüler
aber war sein Sohn, der Cos. 659 (unten 141, 1 ff.).
5. P. Licinius Crassus Dives Mucianus, leiblicher Bruder des Vorigen,
aber adoptiert von P. Crassus (Cos. 549; s. oben 112, 4); Cos. 623, f 624;
8. W. Teuffei in Pauly's R. E. IV. S. 1057 f. Nr. 15. — Gell. I, 13, 10: is
Crassus. . traditur habuisse quinque rerum bonarum maxima et praecipua:
qnod easet ditissimus , quod nobilissimus, quod eloquentissimus, quodiuris-
coMultißsdraus, quod pontifex maximus. Cic. de or. I, 50, 216: P. Crassus
idem fuit eloquens et iuris peritus (ebenso Brut. 33, 127. Cato mai. 14,
W). Ib. 56, 240: fuit Crassus in numero disertorum, sed par Galbae (oben
127, 4) nullo modo. ib. 37, 170 (s. A. 4). Brut. 26, 98: P. Crassum valde
probatum oratorem . . accepimus, qui et ingenio valuit et studio et habuit
quasdam etiam domesticas disciplinas. nam . . cum esset P. Muci (Cos.
i><9j filius fratremque haberet P. Scaevolam (s. A. 4) domi iua civile cogno-
Terat in eo industriam constat summam fuisse maximamque gratiam, cum
et consuleretur plurimum et diceret. Unter den Juristen nennt ihn , aber mit
dem Vornamen L. (wohl durch Verwechslung mit dem Redner L. Crassus,
nnten 139, 3 f.) und an unrechter Stelle (nach Sex. Pompejus u. A.), Pompon-.
Wg. I, 2, 2, 40: L. Crassus, frater P. Mucii (des Cos. 621, s. A. 4), qui Mu-
cianus dictus est. Ausserdem s. Val. Max. VIII, 7, 6: P. Crassus, cum in
Asiam ad Aristonicum regem debellandum consul venisset, tanta cura grae-
cae linguae notitiam comprehendit ut eam in quinque divisam genera (d. h.
Dialekte) . . penitus cognosceret. Natürlich verstand er das Griechische
schon vorher voUständig.
6. Valer. Max. IX, 3, 2: G. Figulum mansuetissimum, pacato iuris
iudido (studio?) celeberrimum, Sohn des Cos. 592 und 598, aber selbst
nicht zum Consulat gelangt; daher die ärgerliche Frage an seine consul-
tores: an vos consulere scitis, consulem facere nescitis?
130. Die Zeit der Gracchen (J. 620—635 d. St.) war
cuie Periode innerer Stürme, die den Staat in seinen Grund-
feten erschütterten. In diesen leidenschaftlichen Parleikämpfen
war die Rede eine mächtige Waffe, obwohl sie gegen brutale
Gewalt nichts ausrichtete. Am gewaltigsten handhabte die Rede
in dieser Zeit der jüngere Gracchus (J. 600—633 d. St.). Die
zündende Energie seiner Beredtsamkeit tritt uns aus den we-
Tcarrel, Riim. LilemCurg^schicIilo. J2
178 Siebentes Jahrhundert d. St.
nigen Proben die wir von ihr besitzen noch ergreifend entgegen.
Wie überhaupt so auch als Redner viel weniger bedeutend war
des Caius älterer Bruder, Tiberius (J. 591 — 621 d. St.).
1. Personalien und Literatur. Tiberius Sempronius Gracchus, geb. 591
oder 592 d. St., Quästor des Cos. Hostilius Mancinus im numantinischen
Kriege (^J. 617 := 137), Volkstribun 621 = 133, als welcher er, ungeduldig
über den Widerstand welchen er bei seinen wohlgemeinten Vorschlagen
fand, bald aus der gesetzlichen Bahn gerieth und von dem Pontifex maxi-
mus P. Nasica erschlagen wurde {ovnoD zgidnovta ysyovag^ Plut. C. Gracch.
1). Cajus war neun Jahre jünger (Plut. Ti. Gr. 3. C. Gr. 1.), somit 600
oder 601 geboren, 621 ff. triumvir agris dividundis, 628 f. Quästor des Cos.
Aurelius Orestes in Sardinien, Volkstribun 631(123)— 633(121), in welchem
letztern Jahre er dem Cos. L. Opimius erlag. A. Haakh in Paidy's Real-
Enc. VI, 1. S. 983—987. Dieckmann, die beiden Gracchen, Hanover 1851.
Th. Lau, die Gracchen und ihre Zeit, Hamburg 1854. 287 S. 8. J. Sörgel,
de Ti. et C. Gracchis, I. Erlangen 1860. 24 pp. 4. II. Erlangen 1863. 21 pp.
4. III. Erlangen 1866. 24 pp. 4. A. C. G. Lundeuius, de Ti. Sempronio
Graccho, Helsiugfors 1850. 159 pp. 8. A. G. Kok, quo anno aetatis Ti.
Gracchus quaestor fiierit, in seinen Quaestiones Plutarcheae, Lugd. Bat. 18G3.
2. Gemeinsames und Vergleichung Beider. Plut. Ti. Gr. 2: tdsa ngoa-
(onov xcrl ßksfificttt xal %ivi]pLaTi ngaog nal Hazaatrifiat iKog tjv 6 Tißi-
Qiog, ivxovog S\ xofl afpodgog 6 rdi'og. . . 6 Xoyog tov filv Fatov (poßf-
Qog xal nsQinad'^g sig dBLVooaLv, ridCtov S* 6 tov Tißsqiov mal (läXXov
inaytoyog oCutov. rff S^ Xs^si Kad'aQog xal Siansnovr^aivog dtigißcog iitsi-
vog^ 6 Sf Fatov nid^avog xofl ysyavcafiivog. tw d* jjd'si . . 6 ft^v iniBi-
yirjg xal ngaog y 6 Sl tgccxvg xal d'VfiotiSqg. Mag hier der Unterschied
allzusehr geschärft sein, so war doch jedenfalls Cajus der lebhaftere und
durch die Erfahrungen seines Bruders verbittert. Liv. LX: G. Gracchus . .
eloquentior quam frater. Dio fr. 85 Bk. : 6 FgccTixog rr/v ftlv yvoofirjv
ofioiav TW dSBXq)a stxfv * . rij Öl nagaaytsvrj xciv Xoyoav noXv avtov
ngos(pEgfv. Cic. Brut. 97, 333: Gracchi in contionibus multo faciliore et
liberiore genere dicendi (usi sunt quam superiores). Plin. N. H. XIII, 26:
longinqua monumenta Tiberii Caique Gracchorum manus, quae apud Pom-
ponium Secundimi . . vidi.
3. Tiberius. Cic. Brut. 27, 103; fuit uterque (Carbo und Tib.) sum-
mus orator. 104: et Carbonis et Gracchi haberaus orationes noudum satis
splendid as verbis, sed acutas prudentiaeque plenissumas. fuit Gracchus . .
graecis litteris eruditus. nam semper habuit exquisites e Graecia magistros,
in eis iam adolescens Diophanem Mytilenaeum (vgl. Plut. Ti. 8. 20), Grae-
ciae temporibus illis disertissumum. de harusp. resp. 19,41: Ti. Gracchus
couMelht statum civitatis: qua gravitate vir, qua eloquentia, qua dignitate !
Appian. b. c. I, 9: Tißigiog ZsfingoovLog Fgdyixogy dviqg ini(pavi^g yiai
Xa(i7tg6g ig qnXoti^iav, stneiv ts dwatcitaxog. Dass seine Stellung zum
numantinischen Vertrag in den Rhetorschulen frühzeitig ausgebeutet wurde
zeigt Quintil. VII, 4, 13: interdum culpa in hominem relegatur: ut si
Gracchus reus foederis numantini . . missum se ab imperatore suo diceret.
Martian. Cap. V. p. 149, 18 ff. Eyss. : remotio est cum obiectnm crimen
Prosaisten: die Gracchen. 179
in alterum vel in aliud . . removetur. in alium, ut Ti. Gracchus in Man-
dnum, qui auctor faciendi foederis fuit. Man kann daher auch zweifel-
haft sein ob das was Plutarch (Ti. Gr. 9. 15) und Appian (b. c. I, 9), Er-
sterer (c. 15) als Probe der ntd'avovrjg und nvnvovTjg zov avSgog, den
Tib. zur Begründung seiner Anträge sprechen lassen wirklich aus Reden
desselben geschöpft ist oder Ausmalung von Bhetoren und rhetorisierenden
Historikern (wie Fannius oder Livius). Die Quelle des Plutarch scheint
wirklich Proben aus den Reden wenigstens des Cajus gegeben zu haben;
vgl. 0. Gr. 4 extr. : toiavtri filv ri ni-Agla tmv X6y(ov rjv avtovy xal noXld
laßsiv in TcoV ysyQafifiivcav iaziv ofioia.
4. Caius. Allgemeine Charakteristik seiner Beredtsamkeit. Plut. C.
Gr. 1: Tov loyov c^cnsQ (oiivTtTSQcc nataO'KSvaio^svog inl tiJv noXiziiav . .
anidn^f xovg alXovg pT^roppr? naidoov (infantium) (ii^dhv diacpigovrag.
3: l<s%v(ov Tö5 liysiv mg aXXog ovdei'g. 4: ^v dl >t«l fisyaXo(poDv6TaTog nal
QWfiaXsoixaTog iv toi Xiynv. Cic. de harusp. resp. 19, 41: C. Gracchus
quo ingenio, qua eloquentia, quanta vi, quanta gravitate dicendi! pro
Font. 17, 39: exstat oratio hominis, ut opinio mea fert, nostrorum homi-
iram longe ingeniosissimi atque eloquentissimi, C. Gracchi. Brut. 33, 125:
vir et praestantissumo ingenio et flagranti studio et doctus a puero, C.
Gracchus, uoli enim putare quemquam pleniorem aut uberiorem ad di-
c«ndum fiiisse. . . damnum illius immaturo interitu res romanae latinae-
qne litterae fecerunt. 126: eloquentia nescio an habuisset parem neminem,
grandis est verbis, sapiens sententiis, genere toto gravis: manus extrema
non accessit operibus eins; praeclare inchoata multa, perfecta non plane.
Tac. dial. 18: Catoni seni comparatus C. Gracchus plenior et uberior.
26: malim C. Gracchi impetum. In der Zeit des Fronto erneuerte sich
das Interesse für Gracchus. Fronto Epist. p. 145 N.: tribunalia Catonis
et Gracchi et Cicerom's oratiouibus celebrata. p. 114: coutionatur Cato
infegte, Gracchus turbulente, TuUius copiose. iam in iudiciis saevit idem
Cato, triumphat Cicero, tumultuatur Gracchus, Calvus rixatur. p. 54: ora-
toreg veteres, quorum aut pauci aut praeter Catonem et Gracchum nemo
tubam inflat. Beschäftigimg mit Reden des (C.) Gracchus ib. p. 56. 61.
iöö. Diesem neuerwachten Interesse verdanken wir die Erhaltung köst-
licher Proben seinw Beredtsamkeit durch Gellius, bes. N. A. X, 3, 3—5.
^l, 10. 13, 3. XV, 12. Dio hat bereits wieder aus secundären, dem
C. Gracchus politisch abgeneigten Quellen geschöpft; s. fr. 85 Bk. , wo
^iich: noXX^ fihv nvAvotriti iv^v^r^^dtfov y tioXX'^ ds xal ctpo^qoxrixi ovo-
l^dKov Ininav idrjfirjyogsi.
5. Art der Beredtsamkeit des C. Gracchus: Lebendigkeit des Vor-
trags (Plut. C. Gr. 4; monitor zum Massigen oder Steigern der Stimme,
Cic. de or. III, 60, 225. Plut. C. Gr. 4 extr. de cohib. ira 6. vgl. Val.
Max. VIII, 10, 1. QuintU. I, 10, 27. Gell. I, U, 10 ff. Dio 1. 1.) und der
Action (Auf- und Abgehen, Entblösen des Armes, Plut. Ti. Gr. 2. Dio fr.
8j Bk.). Cic. de or. III, 56, 214: quae sie ab illo esse acta constabat ocu-
'ifl, voce, gestu, inimici ut lacrimas teuere non possent. Einschneidende
I*olemik gegen den Uebermut der Oligarchie imd auch einzelnen Gegnern
gegenüber (Schol. Vat. in Cic. or. p. Flacc. 2, 16. p. 233 Gr.: gegen Piso
C. Gracchi exstat oratio maledictorum magis plena quam criminum; vgl.
12*
180 SiebenteB Jahrhundert d. St.
Cic. p. Font. 17, 39). Cic. Tusc. III, 20, 48: lege orationes Gracchi: pa-
tronnm aerarii esse dicea. Wahl der treffendsten Ausdrücke, Cic. de or.
I, 34, 154. — Gell. XI, 13, 2: in eiuB orationis principio collocata verba
sunt accuratdus modulatiusque quam veterum oratorum consuetudo fert.
lieber seine exordia oben 36, 5. Angebliche Benutzung des Rhetors Me-
nelaos aus Marathus, Cic. Brut. 26, 100. Die üeberreste von (17) Reden
bei Meyer or. rom. fragm. p. 116—128 = 227—249 ed. II.
6. Cic. de divin. I, 18, 36: Ti. Gracchus P. f. . . nonne, ut C. Gracchus,
filius eius, scriptum reliquit, duobus anguibus domi conprehensis haru-
spices convocavit? Genauer ib. II, 29, 62: C. Grachus ad M. Pomponium
scripsit duobus anguibus domi conprehensis haruspices a patre convocatos.
Vgl. Plut. Ti. Gr. 1. Die betrelFende Schrift hatte also Briefform, war
somit keinenfalls eine Rede, sondern wohl eine politische Schulz- uud
Streitschrift. Auf sie kann sich daher gleichfalls beziehen Phit. Ti. Gr. 8:
6 S* d8sJi(p6g autov FaCog ^v tlvl ßißUco yiygatpBV (was dem Tib. den
Anstoss zu seinen leges agrariae gegeben habe).
131. Von den Rednern der gracchischen Zeit standen auf
Seiten der Gracchen nur die Brüder Crassus und Scaevola (oben
129, 4 und 5), des Tiberius Schwiegervater Appius Claudius
(Cos. 611), sovvrie M. Fulvius Flaccus (Cos. 629), C. Papirius
Carbo (Cos. 634) und P. Decius (Prätor 639); auf der Gegen-
seite aber T. Annius Luscus (Cos. 601), Q. Metellus (oben 127,
7), P. Na^ica (Cos. 616), L. Piso Frugi (oben 128, 4), P. Po-
pilius (Cos. 622), C. Famiius (Cos. 632), Q. Aelius Tubero (un-
ten 134, 2), M. Scaurus (Cos. 639), M. Livius Drusus (Cos. 642).
Unbekannt ist die politische Parteistellung des Redners C. Scri-
bonius Curio (Prätor 633).
1. Cic. Acad. pr. II, Ö, 1.3: duo sapientissimos et clarissimos fratres,
P. Crassum et P. Scaevolam, aiunt Ti. Graccho legum auctores fuisse, al-
terum quidem palam, alterum obscurius.
2. Appi Claudi volubilis, sed paulo fervidior erat oratio, Cic. Brut. 28,
108. Ap. Claudius C. f. Polc(er) auf einem Umes Gracchanus; CensorGlB;
A. Haakh in Pauly's RealEnc. II. S. 410, Nr. 26.
3. Cic. Brut. 28, 108: in aliquo numero (erant) etiam M. Fulvius Flac-
cus et C. Cato . ., mediocres oratores, etsi Flacci scripta sunt, sed ut stu-
diosi litterarum (dilettantischer Forscher auf ^em Gebiete der Literatur).
Pauly's Real-Enc. III. S. 532 vgl. 534.
4. C. Papirius C. f. Carbo, tr. pl. 623, praetor 629, Cos. 634; C. Fuchs
in Pauly's Real-Enc. V. S. 1145 f. Nr, 2. Cic. Brut. 27, 104: et Carbonis . .
habemus orationes (oben 130, 3). 105: Carbo . . est in multis iudiciis cau-
sisque cognitus. hunc . . L. Gellius . . canoruin oratorem et volubilem
(vgl. de or. III, 7, 28) et satis acrem atque eundem et vehementem et
valde dulcem et perfacetum (vgl. Lael. 25, 96) fuisse dicebat; addebat in-
dustrium etiam et diligentem et in exercitationibus commentationibusque
multum operae solitum esse ponere (vgl. Quintil. X, 7, 27 : C. Carbo etiam
Prosaisten: Andere Hedner der Gracchenzeit. 181
iu tabemaciilo solebat hac uti exercitatione dicendi). 106: hie optiinus
illis temporibus est patrouua habitus. Vgl. 43, 159 u. 62, 221 (eloquentis-
samiiB homo); 27, 103 (summus orator). Seine Bildung muss aber einseitig
rednerisch gewesen sein wenn er, wie Galba und Porcina (oben 127, 4 u. 5)
von den leges, instituta maiorum und dem ius civile wenig verstand (Cic.
de or. I, 10, 40). Auch war er ebenso charakterlos wie talentvoll: er, der
Genosse des C. Gracchus (Cic. Lael. 11, 39. Mil. 3, 8. Val. Max. VI, 2, 3),
vertheidigte und pries als Consul dessen Mörder L. Opimius (Cic. de or.
II, 25, 106. 39, 105. 40, 169).
5. Cic. Brut. 28, 108 : Flacci (Anm. 3) aemulus P. Decius fuit, non infans
iUe quidem, sed ut vita sie oratione etiam turbulentus (weil er J. 634 den
L. Opimius belangte). Vgl. A. Haakh in Pauly's Real-Enc. II. S. 879, Nr. 7.
6. Cic. Brut. 20, 79: et T. Annium Luscum, Q. Fulvi collegam (im
Consulat), non indisertum dicunt fuisse. Vgl. Plut. Ti. Gr. 14: Titog "Av-
viog, ovY. inisiKrjg (ihv ovSs OüStpQtov ttvQ'Qainog , iv dl Xoym nsgl rag
Iparifcrfiff %al anongtasig afiaxog elvai do%6Jv. Er ist vielleicht der An-
nios gegen welchen der ältere Cato eine Rede hielt (Festus p. 305 M.).
Vgl. W. Teuffei in Pauly's Real-Enc. I, 1. S. 1022, Nr. U.
7. P. Cornelius Scipio Nasica Serapio (Cos. 016), Cic. Brut. 28, 107:
Attiu» . . illum . . cum omuibus in rebus vehementem tum acrem aiebat
in dicendo fuisse. C. Krafft in Pauly's Real-Enc. II. S. 667 f. Nr. 13.
8. P. Popillius C. f. Laenas, Cos. 622 (vgl. C. I. lat. I, 550 f. p. 154.
A. Haakh a. a. 0. V. S. 1900 f. Nr. 10), cum civis egregius (als Verfolger
der Anhänger des Ti. Gracchus) tum non indisertus fuit, Cic. Brul^ 25, 95.
9. C. Fannius C. f. Strabo, Cos. 632. Cic. Brut. 26, 99: unam ora-
tionem de sociis et nomine latino contra C. Gracchum reliquit sane et
bonam et nobilem. 100: cum Fannius numquam sit habitus elinguis. nam
et caasaa defensitavit et tribunatus eius (J. 612 oder 613), arbitrio et au-
ctoritate P. Africani gestus, non obscurus fuit. Stellen aus seiner Rede
gegen C. Gracchus bei Cic. de or. III, 47, 183. Jul. Victor in Halms Rhet.
lat. min. p. 402. Charis. 1. p. 143, 13 K.
10. M. Aemilius M. f. L. n. Scaurus, geboren um 591, aus einem
vornehmen, aber verarmten Geschlechte, durch seine Energie, Gewandt-
heit und Klugheit allmählich zum Vorkämpfer der Oligarchie in der nach-
gwcchischen Zeit- geworden; Cos. 039, Censor 645, lange Zeit hindurch
princeps senatus, f um 6G5. Vgl. W. Teuffei in Pauly's Real-Enc. I, 1.
S. 370—372. Opimium contra Gracchum . . private consilio armavit, Aur.
^Jct. ill. 72, y. Wie er immer auf den guten Schein Werth legte, so ver-
^a«8te er wohl auch desshalb eine Selbstbiographie (tres ad L> Fufidium
libri BCripti de vita ipsius, Cic. Brut. 29, 112 vgl. 35, 132 u. Val. Max. IV,
*) 11 nach Köchly's Verbesserung), die aber (vielleicht eben wegen ihrer
sichtlich apologetischen Haltung) wenig Verbreitung fand (Cic. 1. 1.). Mög-
lich dass Cicero's Empfehlung (1. l.) der Schrift um einige Jahrhunderte
das Dasein fristete; wenigstens werden seltsame Formen (wie sagittis con-
fictag, poteratur, possitur) aus Scaurus de vita sua noch bis zu Diomedes
Iserab citiert (Historicorum reliquiae von C. L. Roth p. 327 f ) , und nicht
öar bei Valer. Max. (IV, 4, 11) und Frontinus (Strat. IV, 3, 13) finden sich
^'jichrichten daraus sondern noch bei Aurel. Victor geht das Capitel über
182 Siebentes Jahrhundert d. St.
Scaurus (ill. 72) mittelbar wohl auf diese Quelle zurück. Daneben kannte
Cicero Reden von ihm (Brut. 29, 112: huius et orationes sunt), wie es
scheint sowohl gerichtliche als politische. Brut. 29, 111 : in Scauri oratione
. . gravitas summa et naturalis quaedam inerat auctoritas . . 112: hoc
dicendi genus ad patrocinia mediocriter aptum videbatur, ad senatoriam
vero sententiam . . vel maxime. de or. I, 49, 214: quamquam est in di-
eendo minime contemnendus, prudentia tamen rerum maguarum magis
quam dicendi arte nititur (in seiner öffentlichen Stellung).
11. M. Livius C. f. Drusus, trib. pl. J. 632, Cos. 642; W. Teuffei in
Pauly's Real-Enc. IV. S. 1108 f. Nr. 6. Vir et oratione gravis et auctori-
tate, Cic. Brut. 28, 109 vgl. Plut. C. Gr. 8: r{^ii xal Xo'^to xal nXovxta
TOtg fidlLöta TL^onfiivoig . . ivdfiiXXog,
12. C. Scribonius Curio, Priitor 633, der erste von drei Rednern aus
der familia Curionum, in qua tres continua serie oratores exstiterunt (Plin.
N. H. Vli, 41 vgl. Schol. Ambr. in Cic. or. in Clod. et Cur. p. 330 Or.).
Cic. de or. II, 23, 98 nennt ihn vel eloquentissimus temporibus iUis. Ge-
nauer Brut. 32, 122: t'uit . . sane illustris orator, cuius de ingenio ex ora-
tionibus eins existumari potest. sunt enim et aliae et pro Ser. Fulvio
de iucestu nobilis oratio, nobis quidem pueris haec omnium optuma pu-
. tabatur. Vgl. ib. 124. Eine Stelle daraus bei Cic. de inv. I, 43, 80 == ad
Uerenn. II, 20, 33. Scripsit etiam alia nonnuUa (Reden) et multa dixit et
illustria, et in numero patronorum fuit, Brut. 32, 124.
132. Die Gescliichtschreiber dieser Jahrzehute streben
meist *Smpor aus der Weise der alten Annalistik. Zwar nicht Cn.
Gellius uud wohl auch nicht Tuditanus (s. 133, 1), Vennonius luid
Clodius Licinus, desto gewisser aber C. Fannius mit seiner Be-
schränkung auf die nächste Vergangenheit und seiner Wahr-
heitsliebe, in stilistischer Hinsicht L. Caelius Antipater in
seiner rhetorisch gehaltenen Geschichte des zweiten punischeu
Kriegs, und stofflich P. Sempronius Asellio, welcher sich
gleichfalls auf das Selbsterlebte beschränkte, dabei auch die in-
nere Geschichte mit zu behandeln suchte mid eine Art von
Pragmatismus erstrebte. Fannius und Asellio nähern sich so
dem Memoirenartigen und grenzen an die Autobiographen. In
diese Zeit fällt wohl auch der Abschluss der bisher amtlich ge-
führten annales und deren Veröffentlichung in Buchform (oben
66, 1 und 2).
1. Fvuiog rilliog in der Geschichte der Eönigszcit erwähnt bei Dio-
nys. Hai. II, 31. 76 vgl. riXliog IV, 6. VI, 11 (ot negl FiXXiov). VII, 1.
Cn. Gellii annalem tertium mit einem Gebete der Hersilia bei Gell. N. A.
^ Xm, 23 (22), 13 vgl. XVIII, 12, 6: Cn. Gellius in annalibus. ib. VIII, 14 ent-
hielt verba quaedam ex Naevio poeta et Cn. Gellio non usitate collocata.
Censorin. d. n. 17, 11: Piso censorius et Gn. Gellius. Macrob. Sat. I, 16,
tSl: Gellius annalium Ubro XV et Cassius Hemina. Charis. I, 15. p. 54,
. 13 ff. K.: GeUius in II . . et in V . . et in VII . . idem Gellius XCVII
Prosaiöteü. Geschicht«chreiber: C. Fannius, Antipater u. A.sollio. 183
(? exe. Cauchii: XXVH). p. 55, 7 (wie auch p. 139, 2): Gellius libro XXIII
(? Cauch.: XXXVI; bei Priacian. VII, 37. p. 750 P. = p. 318, 4 f. Htz.
dasselbe Fragment Gellias libro XXX). Umfangreich und umständlich
muss das Werk jedenfalls gewesen sein. Zweifelhaft ist ob dieser Annalist
(Nipperdey, Philologus VI. S. 132 f.) der Cn. Gellius ist gegen welchen der
alte Cato eine Rede hielt (Gell. N. A. XIV, 2, 21. 26) oder erst des Letz-
teren Sohn (A. Haakh in Pauly's Real-Enc. III. S. 661 f.). Cic. leg. I, 2, 6
(oben 32, 3) entscheidet nichts, da die Stelle auch sonst oberflächlich ist
und überdiess die Hdss. nicht Gellius haben, sondern belli. — Krause
fragm. bist. p. 202 ff. C. L. Roth p. 304—308. Schwegler R. G. I. S. 80.
2. Cic. leg. I, 2, 6 : Fabium aut . . Catonem aut Pisonem aut Fannium
aut Vennonium. ad Att. XII ,3,1: moleste fero Vennonii me historiam
non habere. Dionys. Hai. IV, 15: (og Ovsvvmviog iat6q7i%£v.
3. Cic. Brut. 26, 101: alter C. Fannius, M. f., C. Laeli gener, iet mo-
ribos et ipso genere dicendi durior. is soceri instituto . . Panaetium au-
(IWerat. eins omnis in dicendo facultas ex historia ipsius non ineleganter
scripta perspici potest. Vgl. ib. 31, 118 und oben A. 2. Kriegsgetahrte
des Ti. Gracchus im dritten punischen Kriege (Plut. Ti. Gr. 4) und (J. 612)
in Hispanien (Appian. Hisp. 67). Später Prätor (ßxivLog MÜq-aov vtog
ötptfti^yog, Joseph, ant. XIII, 9, 2). Victorin. in Cic. rhet. I, 20. p. 67 Or.
= 203, 27 Halm: Sallustius . . in libro I Historiarum dat Catoni brevita-
t«m, . . Fannio vero veritatem. Höchste bekannte Biicherzahl: C. Fannius
in Vni annali (Schol. Ver. ad Aen. III, 707) oder G. Fannius annahum VIII
(Chans. I, 21. p. 124, 1 K.). und da die Darstellung breitspurig genug
gewesen zu sein scheint (vgl. Cic. Brut. 21, 81: des Metellus Rede contra
Ti. Gracchum exposita est in C. Fanni annalibus) und kein üeberrest auf
die entfernte Vergangenheit hinweist, wohl aber Alles auf die selbsterlebte
(z- B. Cic. de or. II, 67, 270: Fannius in annalibus suis Africanum Aemi-
üanum . . appellat sÜQoova = Brut. 87, 299: ut ait in historia sua C. Fan-
ßioB), so wird sich auf letztere das Werk beschränkt haben. Für die
gracchißche Zeit wird es dann besomlers wichtig gewesen sein (vgl. H. Pe-
t«r, die Quellen Plutarchs S. 97 f.). M. Brutus (unten 199, 1) brachte es in
ßinen Auszug: epitome Bruti Fanniana an (V) Bruti epitoma Fanniorum,
Cic. ad Att. XH, 5, 3. — C. L. Roth bist. p. 311—313. A. Haakh in Pauly's
ßeal-Enc. HI. 8. 421, Nr. 5.
4. (h*c. leg. 1,2,6: Fannii aetate (Dativ) coniunctus Antipater pauIo
uiflavit vehementius habuitque vires agrestis ille quidem a^quc horridas,
sine nitore ac palaestra etc. de or. II, 12, 54: paululum se erexit et ad-
Ä historiae maiorem sonum vocis vir optimus, Crassi familiaris, Anti-
pater. Brut 26, 102: L. Caelius Antipater scriptor . . fuit ut temporibus illis
J^iculentus, iuris valde peritus, multorum etiam, ut L. Crassi (geboren 614),
^oagißter. Pompon. Dig. I, 2, 2, 40: Caelius Antipater, qui- historias con-
scripgit, sed plus eloquentiae quam scientiae iuris operam dedit. Seine
Rechtekenntniss lässt auf römische Nationahtät schliessen. Freigelassener
*ar er jedenfalls nicht; s. Suet. rhet. 3 (oben 31, 3). Dass er der gracchi-
schen Zeit angehört zeigt Cic. de divin. I, 26, 56: G. Gracchus multis dixit,
ut (icriptnm apud eundem Caelium est, sibi in somnis . . fratrem visum
esse . . Hoc antequam tribunus pl. G. Gracchus factus esset et se audisse
184 Siebentes Jahrhundert d. St.
Bcribit (Jaelius et illum dixisse multis. Vgl. Val. Max. I, 7, 6: Caelius etiam,
certus romanae historiae auctor, sermonem de ea re ad suas aures illo
adliuc vivo pervenisse scribit. Antipater verfasste somit sein Werk nach
dem Tode des C. Gracchus. Vellej. II, 9, 6: vetustior Sisenna fuit Cae-
lius. Cic. orat. 69, 230: quod (traicere verba, quo melius cadat oratio) se
L. Caelius Antipater in prooemio belli punici nisi necessario facturum ne-
gat. . . Et hie quidem, qui hanc a Laclio (Vossius: L. Aelio), ad quem
scripsit, . . veniam petit, et utitur ea traiectione verborjim et nihilo tarnen
aptius explet concluditque sententias. Es ist wahrscheinlich dass eine der-
artige Erklärung am Anfange des Ganzen, nicht eines Theiles, abgegeben
wurde und das Werk sonach den (zweiten) punischen Krieg behandelte,
die wenigen nicht auf diesen sich beziehenden Ueberreste also Digressio-
nen augehörten. Vgl. Cic. de divin. I, 24, 49: hoc item in Sileni, quem
Caelius sequitur, graeca historia est; is autem diligentissume res Hanni-
balis persecutuB est. Sonst wird das Werk bald im Allgemeinen als hi-
storiae bezeichnet, bald nach Anlage und Charakter als annalis oder an-
nales. Bücherzahl wohl sieben, da eine höhere niemals, das 7. Buch aber
öfters angeführt wird. Dem Antipater fehlte es nicht an Kritik (Caelius:
ex scriptis eorum qui veri arbitrantur, Priscian. VIII, 4, 18. p. 383, 11 Htz.)
und Sinn für die Wahrheit (Liv. XXI, 46, 10. XXVII, 27, 13); aber nach
dem bedenklichen Lobe Cicero*s scheint es als wären bei ihm jene Vor-
züge durch Rhetorik überwuchert worden. Auch zeigen die Ueberreste
Vorliebe für Ausmalung, Beschreibungen (Liv. XXIX, 27, 13 if. Non. Marc,
p. 137, 16), Uebertreibungen, und Gleichgültigkeit gegen Zahlen (Liv. XXIX,
25, 3: Caelius ut abstinet numero ita ad immensum multitudinis speciem
äuget). Livius mag ihn daher (in seiner Erzählung des zweiten punischen
Kriegs) häufiger zur Ausschmückung verwendet haben als er ihn nennt.
M. Brutus hatte auch dieses Werk (vgl. A. 3 E.) excerpiert (Cic. ad Att. Xlfl,
8: epitomen Bruti Caelianorum vehm mihi mittas, vgl. Charis. IL p. 195 P.
= 220, 12: Brutus et Coelius frequenter eo usi sunt). Auch einen Com-
mentator (alterthümlicher Formen) fand Antipater (in der Zeit Hadrians?).
Charis. I. p. 115 P. = 143, 9 f. K.: Paulus in Coelii hist(oriarum oder -ae)
libr. I; vgl. ib. II. p. 193 P. = 217 f. K. Sammlung der Ueberreste des
Antipater bei Krause (p. 190—201), C. L. Roth (p. 313—322), Meltzer (p.
15 — 39). Ueber ihn die Preisarbeiten von W. Groen van Prinsterer (Lugd.
B. 1821. 4.) und B. A. Nauta (Lugd. B. 1822. 4.); A. Krause, bist, fragm.
p. 182 — 189; L. Kieserling, de scriptoribus p. 35—38; 0. Meltzer, de L. Coeho
Antipatro belli punici secundi scriptore u. s. w. Lips. 1867.
5. Liv. XXIX, 22, 10: hunc Pleminium Clodius Liciuus in Hbro III re-
rum romanarum refert etc. Er behandelte sonach i\en gleichen Stoff wie
Antipater und ist wohl der von Cic. leg. I, 2, 6 als Nachfolger des Letz-
tem genannte Clodius der ad antiquorum languorem et inscitiam geschrie-
ben habe. In andern Stellen ist die Vertheilung unter die verschiedenen
Claudii (besonders den Quadrigarius) und Clodii oder Licinii zweifelhaft.
Vgl. C. L. Roth bist. p. 322 f.
6. Sempronius Asellio. Vorname unbekannt; ein A. Sempronius
Asellio wurde J. 665 als Prätor erschlagen (Liv. LXXIV. Val. Max. IX,
7, 4. Appian. b. c. I, 54). Is Asellio sub P. Scipione Africano tribunus
Prosaisten. Alterthuiusforsclier: Tuditaiuis u. Junius Gracchanus. 185
militum ad Numantiam ( J. 620 f. vgl. oben 122 , 1) jfiiit (wie Rutilius llu-
fus; ». J36, 1) resque eas quibus gerendis ipse interfuit conscripsit (Gell.
II, 13, 3). Nächst dem problematischen Citat Asellio rerum romanarum
Xli (XI? XX?) bei Chans. II, 14, 31. p. 176 P. ==: 195, 18 K. (welches
Mommsen auf die Zerstörung des Peiraieus durch Sulla bezieht) ist die
höchste Bücherzahl ib. p. 195 P. =3 220, 14: Sempronius Asellio historia-
mm XrV; vgl. Gell. XIII, 22 (21), 8: Sempronius Asellio in Ubro rerum
gestarum XIV. Vgl. C. Nipperdey, Philologus VI. S. 136. lli. Mommsen,
Rhein. Mus. XVI. S. 450 f. mit Anm. Der Tod des Ti. Gracchus (J. 621)
war im fünften Buche erzählt (Gell. II, 13, 2. 4f). Auf J. 641 bezieht sich
wohl Schol. Bern, zu Georg. III, 474; Norica castella dixit ab urbc No-
reia, quae est in Gallia, ut Asellio historiarum nou ignarus (Th. Mommsen:
vielleicht bist. rom. nono) docet. Polemik des Asellio gegen die gewöhnliche
Geschichtsbehandlung der Annalisten und Darlegimg seiner eigenen Grund-
sätze bei Gell. V, 18, 8 f. (vgl. oben 32, 5): nobis non modo satis esse video
quod factum esset, id pronimtiare, sed etiam quo consilio quaque ratione
geata essent demonstrare. . . nam ueque alacriores ad remp. defendundam
neqne segniores ad rem perperam faciundam annales libri commovere
quidquam possunt. scribere autem bellum initum quo cousule . . sit . .
et eo libro quae in bello gesta sint . . non praedicare aut interea quid
senatus decreverit aut quae lex rogatiove lata sit . ., id fabulas pueris
est narrare, non historias scribere. Dass Cic. leg. I, 2, 6 ihn neben Gel-
lins und Clodius tief unter Autipater stellt geschieht aus einseitiger Her-
vorhebung der stilistischen Seite oder aus ungenügender Kenntniss des
Werkes von Asellio. Die Fragmente bei Krause p. 218 — 221. Roth p.
323—326.
133. Alterthumsforscher haben diese Jahrzehnte an C. Sem-
pronius Tuditanus (Cos. 625) und dem Gracchaner M. Junius;
jener neben einem eigentlichen Geschichtswerke Verfasser von
libri magistratuum, dieser einer Schrift de potestatibus. Auch
der Dichter L. Attius, der um diese Zeit blühte, war zugleich
Gelehrter (oben 119, 7. 8. il). Andere verwandten ihre Thä-
tigkeit vorzugsweise darauf die ältere Literatur zugänglich und
verständlich zu machen, wie Lampadio und Varguntejus.
1. C. Sempronius C. f. C. n^ Tuditanus, triumphierte als Cos. Kai.
Oet. 625 de lapndibus (C. I. lat. I. p. 459, XXI). A. Haakh in Pauly's
Eeal-Enc. VI, 1. S. 976 f. Nr. 20. Cic. Brut. 25, 95: G. Tuditanus cum
omni Tita atque victu cxcultus atque expolitus tum eins clegaus est habi-
tum etiam orationis genus. Dionys. Hai. I, 11: ot XoyLcitaToi, rav ^onfiaC-
%av avyyQafpicov, iv olg hti Tlogtiiog ts Kdtoov . . ytal FaXog UefiitQooviog
nal SXXoi cv%voi. Vgl. ib- I> 13. Die dortige Angabe über die Urein-
wohner Italiens wird aus dem Geschichtswerke sein, sowie die über Regu-
lus bei Gell. VII (VI), 4, 1 und über den Triumph des Flaminiuus bei
Plat. Flam. 14. Dasselbe scheint somit in der Weise der Annalisten Ur-
zeit wie nähere Vergangenheit befasst zu haben. Daneben wird genannt
Tuditanus libro III magistratuum (Macrob. Sat. I, 13,21) über die Schalt-
zeiten und in commentario XIII C. Tuditani (Messala bei Gell. XIII, 15, 4)
186 Siebentes Jahrhundert d. St. .
über den Prätor; und diesem Werke werden auch die Angaben über die
nundinae (Macrob. S. I, 16, 32) und die tribuni pl. (Ascon. ad Cornel.
p. 76 Or.) angehören. Aus Anläse des Einschaltens, das Manche auf Numa
zurückführten, kann dort auch von den J. 573 d. St. gefundenen angeb-
lichen Büchern des Numa (oben 62 , 3) die Bede gewesen sein , so dass
.sich gleichfalls auf dieses Werk beziehen lässt Plin. N. H. XIII, 13, 27:
hoc idem tradit L. Piso censorius primo commentariorum . . Tuditanus
tertio decimo, Numae decretorura fuisse. Die Ueberreste von Tuditanus
bei Krause p. 179—182, Roth p. 309—311.
2. Plin. N. H. XXXIII, 2,9: idque duravit ultra C. Gracchum. . lunius
certe, qui ab amicitia eins Gracchanus appellatus est, scriptum reliquit.
Censorin. d. n. 20, 2: magis lunio Gracchano et Fulvio etVarroni et Sue-
tonio credendimi; vgl. ib. 4. 22, 9. oben 115, 1. Varro L. L. VI, 33: ut
Fulvius scribit et lunius; vgl. ib. V, 42. 48. 55. VI, 95: in M. lunii com-
mentariis. Ulp. Dig. I, 13, 1. pr.: Gracchanus denique lunius libro 8ei>timo
de potestatibus , wornach Lyd. de magistr. I, 24: 'lovviog FguTixtccvog iv
TW nBgl i^ovaiav. Das Werk war an seinen Freund Pomponius, den Va-
ter des Atticus, gerichtet (Cic. leg. III, 20,49: de potestatum iure . . plu-
ribus verbis scripsit ad patrem tuum M. lunius sodalis, perite meo quidem
iudicio et diligenter). Die spärlichen Ueberreste zeigen wie Junius Sach-
erforschung und Worterklärung zu vereinigen bemüht war; gracchische
Parteitendenz aber lässt sich daraus nicht erweisen; Gellius XIV, 8, 1 f.
schliesst eine solche sogar aus. Ebenso wenig erweislich ist unmittelbare
Benutzung der Schrift des Gracchanus noch nach Varro. Niebuhrs Phanta-
sien haben hier viel Verwirrung angerichtet. Sammlung der Fragmeute
des Gracchanus und Erörterungen über ihn: H. E. Dirksen, Bruchstücke
aus den Schriften der röm. Juristen (Königsberg 1814) S. 56—60. A. Krause,
bist. p. 221 f. L. Mercklin, de lunio Gracchano, Part. I. II. Dorpat 1840.
. 1841. M. Hertz, de Cinciis (1842) p. 88—109. W. Teuffei in Pauly's Real-
Euc. IV. (1844). S. 534 f. J. Becker in d. Zeitschr. f. Alt. Wiss. 1854,
Nr. 16. F. D. Gerlach, die röm. Gcschichtschreiber (1855) S. 84—88.
3. Sueton. granim. 2, p. 100 f. Rffsch. : primus . . atudium grammati-
cae in urbem intulit Grates Mallotes . . qui missus ad senatum ab Attalo
rege inter secundum ac tertium bellum punicum, sub ipsam Enni mortem
. . nostria exemi>lo fuit ad imitandum: hactenus tarnen ut carmina parum
adhuc divolgata vel defunctorum amicorum, vel si quorum aliorum pro-
liassent, dUigentius retractarent ac legende commentandoque et cet^ris
nota facerent; ut C. Octavius Lampadio Naevii Punicum bellum . . (oben
83, 8), ut post^a Q. Vargunteius Annales Enni (oben 90, 4). . . Instruxe-
runt auxeruntque ab omni parte grammaticam L. Aelius (unten 137) u. s. w.
134. Die stoische Philosophie hatte in der gracehischen
Zeit Bekenner an dem treuen Freunde jJes Tiberius Gracchus,
0. Blossius aus Kumä, und an dem charaktervollen, aber ein-
seitigen Q. Tubero (Cos. 636), welcher auch Jurist war. Bei
dem Augur Q. Scaevola, Cos. 637, überwog die Rechtskennt-
niss über den Stoicismus. Juridische Schriften verfasste in die-
ser Zeit C. Livius Drusus.
Prosaisten. Stoiker ü. Juristeu: Blossius, Tubero, Scaevola. 187
1. Plut. Ti. Gr. 8: Jiotpdvovs tov gjjtOQog %al BXoaeCov xov (piloao-
(pov nagogiiTiaccvTav avtov, cav , . tjv . , 6 Bl. avxo^ev i^ 'ixaXlag Kv-
Itttiog, 'AvxmdzQOv xov Taq<si(og ysyovciig iv äaxsi ffvviJ-O'i^ff %al xsxifirmi-
voi Vit* avxov ngoaqxovijofot ygafifidxoDV cpiXoaoipcov. Vgl. ib. 20. Cic.
Lael. 11, 37. W. Teufiel in Pauly's Real-Enc. I, 2. S. 2399, Nr. 2.
2. Q. Aelius Tubero, Sohn einer Tochter des L. Aemilius Paulus und
Schwester des jüngeren Africanus, Prätor wohl 631, cos. suif. 636, Lieblings-
schüler des Panaijbios. Sein Stoicismus war ihm nicht ungünstig in der
Jurisprudenz, hinderlich aber in der Beredtsamkeit^ und liess ihn, bei der
Schroflheit womit er ihn auch im Leben durchführte, in seiner Zeit als
Sonderling erscheinen; s. W. Teuffei in Pauly's Real-Enc. I, 1. S. 334 f.,
Nr. 4. Cic. Lael. 11, 37: Ti. Gracchum remp. vexantem a Q. Tuberone . .
derelictum videbamus. Brut. 31, 117: Q. Aelius Tubero fuit . . nuUo in
oratorum nümero, sed vita severus et congruens cum ea disciplina quam
colebat^ paulo etiara durior. . . ut vita sie oratione dm*us, incultus, hor-
ridns. . . fuit autem constans civis et fortis et in primis G. Graccho mo-
leatus, quod indicat Gracchi in eum oratio, sunt etiam in Gracchum Tu-
beronis. is fuit mediocris in dicendo, doctissumus in disputando. Die
Leichenrede für Keinen Oheim Africanus liess er sich daher durch C. Lae-
liu8 verfertigen (Cic. de or. II, 84, 341). Pompon. Dig. I, 2, 2, 40: Q. Tu-
bero, üle stoicus, Panaetii auditor, qui et ipse consul. Cic. bei Gell. I,
22, 7: nee vero scientia iuris maioribus suis Q. Aelius Tubero defuit, doc-
trina etiam superfuit, was Gellius erläutert: disciplinas enim Tubero stoi-
e^ et dialecticas percalluerat. Panaitios selbst und Hekaton und Posoi-
donios richteten an ihn philosophische Schriften.
3. Q. Mucius Q. f. Q. n. Scaevola, von seinem gleichnamigen Neflen
(unten 141, 1) unterschieden dm-ch die Bezeichnung als Augur, geboren
im 595 (J. 625 ist er iam aetate quaestorius, Cic. de rep. I, 12, 18), Cos.
637, gestorben nach 666 (Val. Max. III, 8, 5). Vgl. W. Teuffei in Pauly's
Äeal-Enc. V. S. 183 f. Nr. 10. Eigentlicher Rednier war er nicht (Cic. Brut.
26, 102: oratorum in numero non fuit; vgl. de or. I, 10, 39. 49, 214. 55,
'-34), noch weniger Philosoph, doch dem Panaitios befreundet (Cic. de or.
^»11, 45). Seine Stärke war das respondere de iure; Schriften aber scheint
er nicht verfasst zu haben. Vellej. II, 9, 2: Q. Mucius iuris scientia quam
proprie eloquentiae nomine celebrior fuit. Cic. Brut. 26, 102: iuris civilis
«itellegentia atque omni prudentiae genere praestitit. 58, 212: peritissi-
'^us iuris idemque percomis est habitus. Atticus und Cicero pflegten als
adolescentuh seinen Consultationen anzuwohnen (Cic. legg. I, 4, 13. Lael.
', 1. Brut. 89, 306). Bei aller Charaktertüchtigkeit war er zugleich per-
sönlich liebenswürdig (comiter, ut solebat, Cic. de or. I, 9, 35 und 55, 234:
eximia suavitate), sogar ein ioculator (ad Att. IV, 16, 3), ^nd kann daher
ganz wohl der Q. Scaevola sein Welchen Plin. Ep. V, 3, 5 zwischen Q. Ca-
talus und Ser. Sulpicius als Verfasser von lasciva carmina nennt. Dann
itönute er auch allenfalls der Movyiiog £%£v6kag sein von welchem Anthol.
Pal. IX, 217 (Anth. gr. ed. lacobs II. p. 241) ein Epigramm auf ein Bild
des Pan inmitten von Ziegen erhalten ist. Das rühmende Epigramm auf
Cicero's Jugendgedicht Marius (Q. Cic. bei Cic. de legg. I, 1, 2: ut ait
Scaevola de fratris mei Mario: cauescet saechs innumerabihbus) könnte
188 Sielxmtes Jahrhundert il. St.
der Zeit und den sonstigen Verhältnissen nach gleichfalls von ihm sein.
Wahrscheinlicher aber wird Beides (mit M. Haupt, Berichte der sächs. G. d.
W. 11. S. 52) auf seinen Sohn zu beziehen sein, der sich J. 695 unter der
cohors amicorum des Dichterlinges Q. Cicero befand (Paidy's Real-EnC. V.
S. 188, Nr. 17).
4. C. Livius C. f. Drusus, des Vornamens wegen älterer Bruder des
Cos. von 642 (oben 131, 11). Cic. Tusc. V, 38, 112: C. Drusi domum com-
pleri a consultoribus solitam accepimus; . . caecum adhibebant ducem.
Val. Max. VIII, 7, 4: Lifius Drusus, qui et aetatis viribus et acie oculorum
defectus ins civil e populo benignissime interpretatus est utilissimaque di-
scere id cupientibus monumenta composuit.
136. Die blutige Unterdrückung der gracchischen Reform-
versuche steigerte den Uebermut der Nobilität auf den höchsten
Grad und machte die Schlechtigkeiten des jugurthinischen Krie-
ges (J. 643 — 648) möglich, erweckte aber auch in C. Marius
den Rächer. Literarisch bilden die Jahre 635 bis 650 d. St.
die Blütezeit des C. Lucilius und des L. Afranius. •* Redner die-
ser Zeit waren des alten Cato Enkel, Cos. 636, Q. Metellus
(Cos. 645), der von Lucilius gegeisselte Epikureer T. Albucius,
C. Galba, C. Fimbria (Cos. 6oÖ) u. A.
1. Ausser Lucilius (oben 122), L. Afranius (oben 121) fallen in diese
Zeit auch noch Atta (oben 120), die Erotiker Pompilius, Valerius Aedituus
und Catulus (oben 123), der gelehrte Q. Valerius Soranus (oben 124, 1),
sowie A. Furius (oben 123, 4) und Porcius Licinus (oben 123, 3). Auch
der seltsame Humorist Valerius Valentinus scheint dieser Zeit anzuge-
hören. Festus p. 363 M.: Tappulam legem convivalem ficto nomine con-
scripsit iocoso carmine Valerius Valentinus, cuius meminit Lucilius. Val.
Max. VIII, 1,8: C. Cosconium Servilia lege^reum . . Valeri Valentini ac-
cusatoris eius recitatimi in iudicio Carmen, in quo puerum praetextatum
et ingenuam virginem a se cotruptam poetico ioco significaverat , erexit.
Vgl. A. Haakh in Pauly's Real-Enc. VI, 2. S. 2346, Nr. 65.
2. Gell. XIII, 20 (19), 10: M. Cato M. f. M. n. is satis vehemens ora-
tor fuit multasque orationes ad exemplum avi scriptas reliquit et consul
cum Q. Marcio Rege fuit (J. 630 = 118) inque eo consulatu in Africa . .
mortem obit. Auffallend ist dass Cicero im Brutus seiner nicht gedenkt.
Vielleicht dass seine Reden mit denen seines Grossvaters vermengt wur-
den. Vgl. noch Festus p. 154, 25 fi. Priscian. III. p. 602 P. = p. 90, 12 ff.
Htz. (Cato nepos de actionibus ad populum ne lex sua abrogetur).
3. Q. CaeciliuB Metellus Numidicus, Cos. 645 = 109 (gegen Ju-
gurtha), Censor 652; vgl. A. Haakh in Pauly's Real-Enc. II. S. 30 f. Nr. 21.
Vellej II, 9, 1 nennt ihn und Scaurus als Redner zweiten Ranges iu
ihrer Zeit. Vgl. Cic. Brut. 35, 135. Gell. I, 6, 1: oratio Metelh Numidici,
gravis ac diserti viri, quam in censura dixit ad populum de ducendis uxo-
ribus. Liv. LIX: Q. Metellus cinsor censuit ut cogereutnr omnes ducere
uxores liberorum creandoruui causa, exstat oratio eius, i]uam Augustus
Prosaisten. Nachgracchische Redner. Rntilins Rufus. 189
C&esar . . in senatu recitavit. Säet. Aug. 89: libros totes senatui recita-
vii^ . . ut orationem Q. Metelli de prole augenda.
4. Cic. Brut. 35, 131: doctus etiam Graecis T, Albucius, vel potius
paene Graecus. . . licet ex orationibus iudicare. fuit autem Athenis ado-
lescena, perfectua Epicureus (vgl. de d. nat. I, 33, 93) evaserat. So hatte
ihn J. 633 Q Scaevola dort getroffen und ihn verspottet, welche Scene
Lucilias in seinen Satiren schilderte; s. Cic. de fin. I, 3, 8 f. or. 44, 149.
Im J. 651 der Erpressung angeklagt und verurteilt begab er sich wieder
nach Athen und philosophierte in aller Gemütsruhe (Cic. Tusc. V, 37, 108).
A. Preuner in Pauly's Real Enc. I, 1. S. 652, Nr. 1.
5. Cic. Brut. 33, 127: C. Galba, Servi (oben 127, 4) . . filius, P. Crassi
(oben 129, 5) . . gener, . . rogatione Mamilia, lugurthinae coninfationis
invidia, cum pro sese ipse dixisset, oppressus est (J. 644). exstat eins per-
oratio, qui epilogus dicitur; qui tanto in honore pueris nobis erat ut eum
etiam edisceremus.
6. Cic. Brut. 34, 129: C. (Flavius) Fimbria . . bonus auctor in senatu.
idem tolerabilis patronus nee rudis in iure civili, et cum virtute tum etiam
ipso orationis genere liber. cuius orationes pueri legebamus, quas iam
reperire vix possumus. Vgl. de or. II, 22, 91.
7. Aus derselben Zeit werden von Cicero als Redner genannt, ater
ohne von ihnen herausgegebener Reden zu erwähnen, P. Scipio und L. Bc-
stia (Brut. 128), C. Licinius Nerva (ib. 129), C. Sextius Calvinus, M. Brutus
und L. CaesulenuB (ib. 130), M. Silanus, M. Aurelius Scaurus, A. Postu-
mius Albinus, der flamen Albinus, Q. Caepio (ib. 135), C. und L. Memmii,
Sp. Thorius, M. Marcellus und sein Adoptivsohn P. Lentulus (ib. 136),
L. Cotta (ib. 137); ferner L. Apulejus Saturninus (seditiosorum omnium
poßt Gracchos eloquentissimus, ib. 62, 224), C. Servilius Glaucia (ib.).
136. Eine mehrseitige literarische Thätigkeit entfalteten in
dieser Zeit die beiden Optimaten P. Rutilius Rufus (Cos. 649)
und Q. Lutatius Catulus (Cos. 652): der edle Rufus ein Anhänger
der Stoa, Redner, Kenner des Rechts und Schriftsteller auf diesem
Gebiete, endlich Verfasser von geschichtlichen Werken, insbe-
sondere einer Selbstbiographie; Catulus neben seiner politi-
schen und kriegerischen Wirksamkeit Verfasser erotischer Epi-
gramme, sowie gleichfalls einer Selbstbiographie und von sonsti-
gem Geschichtlichem.
1. P. Eutilius Rufus, geb. ums J. 596 (vgl. Cic. Brut. 22, 85 mit
Appian. Hisp. 88), im Kreise des jüngeren Africanus aufge^vachsen , unter
welchem er auch (wie Asellio, oben 132, 6) im numantinischen Kriege (J.
620 f) als trib. mil. diente (Appian. Hisp. 88 vgl. Cic. de rep. I, 11, 17).
Ale Prätor (in unbekanntem Jahre) Urheber der actio (Gai. Inst. IV, 35)
oder constitutio (fragm. Vat. 1) Rutiliana, sowie des Edicts über die Pa-
tronatsrechte (Dig. XXXVIII, 2, 1, 1), und wohl friiher der lex Rutilia
über die rufuli (Festus p. 261 M.). Cos. 649 = 105, später (J. 662?) zur
Strafe für seine strenge Rechtlichkeit nach sokratisch stolzer Vertheidigung
190 Siebentes Jahrhundert d. St.
von den Ritter-Geschwomen verurteilt und nach Smyma sich verbannend,
wo er das Bürgerrecht erhielt (Cic. p. Balb. 11, 28. Tac. A. IV, 43), noch
im J. 676 lebte (Cic. Brut. 22, 85 vgl. de rep. I, 8, 13 und de d. nat. III,
32, 80) und auch gestorben zu sein scheint; s. A. L'Oisel, vie de P. R. R.,
jurisconsulte stoicien, in seinen divers opuscules (Paris 1652. 4.) p. 161 ff.
und in Meermanns Thesaur. iur. I. p. 359 ff. Majansius Comment. IL p. 1 ff.
A. Haakh in Paulis Real-Euc. VI, 1. S. 586 f. Nr. 7. Löwe, P. Rutihi
Rufi vita narrata, Züllichau 1853. 4. Ph. E. Huschke in der Zeitschr. für
Civilrecht N. F. XIV. (1856.) S. 1—21.
2. Vellej. II, 13, 2: P. Rutilium, virum non saeculi sui sed omnis aevi
Optimum. Vgl. noch Capitol. Gordian. 5, 6. Ammian. XXX, 4. Cic. Brut.
30, 118: Rutilius in quodam tristi et severo genere dicendi versatus est.
. . multa opera multaque industria Rutilius fuit; quae erat propterea gra-
tior quod idem magnum munus de iure respondendi sustinebat. (114.) sunt
eius orationes ieiunae, multa praeclara de iure; doctus vir et graecis lit-
teris eruditus, Panaeti auditor, prope perfectus in stoicis. Suet. Aug. 89:
libros totos . . recitavit . . ut orationem . . Rutili de modo aedificiorum.
Diomed. L p. 372 P. = 376, 4 K.: P. Rutilius . . pro L. Cesutio ad popu-
lum. H. Meyer, oratt. p. 263 ff. ed. IL Seine Rechtskenntniss verdankte
er dem P. Scaevola (oben 129, 4)^ s. Cic. off. II, 13, 47 vgl. Pompon. Dig.
I, 2, 2, 40. Aus seinen juristischen Schriften wird in den Digesten (aus
Schriften des Ulpianus) Einiges angefi'ihrt, aber ohne nähere Angabe; s.
Dig. VII, 8, 10, 3. XXXIII, 9, 3, 9 (vgl. GeU. IV, 1, 22). XLIII, 27, 1, 2.
S. W. Zimmern, Gesch. d. röm. Privatrechts I, 1. S. 280 — 282. Auch was
Macrob. Sat. I, 16, 34 (Rutilius scribit etc.) über die nundinae anführt
könnte durch Vermittlung des Varro aus einem juristischen Werke des
Rutilius stammen (oder aus seiner Selbstbiographie).
3. P. Rutilius Rufus de vita sua citieren Charisius (p. 120, 17. 125, 11.
130, 18. 139, 18. 146, 35. 195, 16 Keil) und Diomedes (p. 374, 13. 376, 3 K.),
Ersterer wiederholt (p. 120. 139) aus dem fünften Buche desselben. Auf
eine Darstellung von Selbsterlebtem führt auch Appian. Hisp. 88: ^PovtCXiov
^Povrpovj avyyQ(X(pia töjvds xatv ^gycnv (vor Niunantia), xotf %LUctQ%ovvta^
iaelsvas u. s. w. (daraus Suid. s. v. *PovxClioq)y und was Isidor. Orig. XX,
II, 4 aus Rutilius Rufus de vita sua anführt stimmt gleichfalls mit App.
Hisp. 85. Ebenso kann aus der Schrift de vita sua sein Plut. Mar. 28:
(og 6\ 'PovTiXiog iGxoQiCy xa iihv älXa (piXaXrid'rjg dvrJQ %al XQV^^^Sf i^^oi
8s TW MuQiG) TtQoans'KQOVTKasy sowie Plut. Pompei. 37 (o ^PovtUiog iv xaCg
iaxoQLaig). Dagegen fällt die Gesandtschaft des J. 599 (aiunt Rutilius et
Polybius, Gell. VI (VII), 14, 10) in seine früheste Kindheit, und der Tod
des älteren Scipio (Scipionem et Polybius et Rutilius hoc anno mortuum
scribunt, Liv. XXXIX, 52, 1) sicher vor seine Geburt, ohne dass aber un-
möglich wäre dass beide Ereignisse irgendwie in die Selbstbiographie her-
eingezogen worden wären. Jedenfalls aber muss neben der lateinischen
Bearbeitung eine in griechischer Sprache angenommen werden, worin viel-
leicht der persönliche Standpunkt mehr zu einem historischen (in der Weise
d^s Asellio) erweitert (und der allgemeinere Titel ^Icxogiai gewählt) war.
Vgl. Athen. IV, 66. p. 168 E: 'PovxaCm tq) t^v poofiaifx^i; IöxoqCuv ixÖB-
dtonoTi xri *£lli]V(ov (ptovij. VI, 108. p. 274 C: 'PovxCXiog 'Pov(pog 6 ti}v
Prosaisten: Q. Catulus und L. Aelius Stilo. 191
TcaxQiov latogiav yBygaqKOS' XII, 61. p. 543 B: diaßorjzog ^v tcccqcc 'Pen-
liaioig xal Zitttog int tQvq)^ . . , cog (priai 'PovxiUoq, was aus Anlass von
RutiliuB' Ankläger Apicius (vgl. ib. p. 168 E) bemerkt sein konnte. Beide
Arbeiten scheinen in Smyrna verfasst zu sein; vgl. Oros. V, 17 extr. :
Smymam commigrans litterarum studiis intentus consenuit. Im Allgemeinen
8. Krause bist. p. 227—231. C. L. Roth p. 328—330. Suringar de rom.
antobiogr. p. 8 flf. Gerlach, Geschichtöchreiber S. 77 — 79. Nissen, krit.
Untersuchungen (1863) S. 41—43.
4. Q. Lutatius Catulus, Cos. 652= 102, der Sieger von Vercellä 663,
f 667, einer Hinrichtung durch Marius zuvorkommend. Cic. Brut. 35, 132:
non antiquo illo more, sed hoc nostro . . eruditus (vgl. de or. II, 7, 28).
multae litterae, summa non vitae solum atque naturae sed orationis etiani
comitas, incorrupta quaedam latini sermonis integritas (vgl. 74, 259. de aw
m, 8, 29. ofF. I, 37, 133. Quintil. XI, 3, 35). quae perspici cum ex ora-
tionibus eins potest tum facillume ex eo libro quem de consulatu et de
rebus gestis suis conscriptum moUi et xenophonteo genere sermonis misit
ad A. Furium poetam, familiärem suum. Plut. Mar. 25: oiioia d\ xal rov
Katlov avtov ctnoXoysCad'cci . . Catogovai. (Sulla? H. Peter, die Quellen
Plutarchs, S. 102), vgl. 26: cag tov KdzXov avtov taxoQSiv Xiyovai, und
27: td ovv idfpvQct . . dvsvfxd'TJvaL Xiyovaiv. Auch verfasste er eine
Communis historia in mindestens vier Büchern (Philargyr. zu Verg. Ge.
IV, 564), welche nach den Ueberresten (vgl. C. L. Roth, bist. p. 332 f.)
eohemeristische Richtung gehabt zu haben scheint, so dass der Titel
wahrscheinhch (AI. Riese, Rhein. Mus. XVIII. S. 448—450) weltliche Ge-
schichte (im Gegensatze zur historia sacra) bedeutet. Daraus ohne Zwei-
fel auch die Angaben über den lacus Curtius (Cornelius et Lutatius scri-
bunt etc. Varro L. L. V, 150) und über das Gründungsjahr Roms (Nepoti
et Lutaäo, Solin. Polyh. 2). Zu der skeptischen Haltung welche Catulus
auch in der Philosophie (als Anhänger der neuen Akademie) einnahm
(Cic. Acad. U, 48, 148) stimmt ein solches Werk vollkommen. Ueber die
Epigramme des Catulus s. oben 123, 4. Im Allgemeinen L. 0. Bröcker in
Pauly's Real-Enc. IV. S. 1246 f. Nr. 8. Gerlach, Geschichtschreiber S. 79 f.
137. Einen Gelehrten hat diese Zeit an dem römischen
Ritter L. Aelius Praeconinus Stilo aus Lanuvium. Er hielt zur
Stoa und war der Erste welcher (Befreundeten) in lateinischer
Literatur imd lateiniecher Redekunst eigentliche Unterweisung
gab und die lateinische Sprach- und Alterthumsforschung wissen-
schaftlich begründete, indem er auf die ältesten Denkmäler zu-
röckgieng und sie commentierte. Der erste römische Philolog,
vererbte er Umfang und Ziel seiner Forschung auf seinen Schüler
Varro. Gleichzeitig mit Stilo wirkten in ähnlichem Sinne auch
Gelehrte griechischen Ursprunges, wie Laelius Ärchelaus und
Vettius Philocomus.
1. Suet. de gramm. 2 (p. 101 f. Rtfsch.): instruxerunt auxeruntque ab
omni parte grammaticara L. . Aelius Lanuvinas generque Aelii Ser. Clodius,
uterque erjues rom. multiqne ac varii et in doctrina et in rep. usus, (3.)
192 Siebentes Jahrhundert d. St.
Aelius cognomine duplici fuit; nam et Praeconinus, quod pater eins prae-
conium fecerat, vocabatur et Stilo, quod orationes nobilissirao cuique scri-
bere solebat; tantus optimatium fautor ut Metellum Numidicum (oben 135, 3)
in exsilium comitatus sit (J. 654). Cic. Brut. 56, 205: L. Aelius . . . fuit
vir egregius et eques rom. cum primis honestus, idemque ernditissimus et
graecis litteris et latinis antiquitatisque nostrae et in inventis rebus et in
actis scriptorumque veterum litterate peritus. Quam scientiam Varro no-
ster acceptam ab illo auctatnque per sese . . pluribus et illuBtrioribus lit-
teris explicavit. (206.) Sed idem Aelius stoicus esse voluit, orator aut-em
nee studuit umquam nee fuit; scribebat tamen orationes quas alii dicerent,
ut (205: Cottae pro se lege Varia, J. 663,) Q. Metello *F., ut Q. Caepioni
(vgl. ib. 169), ut Q. Pompeio Rufo. . . (207.) His scriptis etiam ipse inter-
fui, cum essem apud Aelium adulesceus eumque audire perstudiose solerem.
Comif. ad Herenn. IV, 12, 18: Lucilins . . in priore libro: Has res ad te
scriptas, Luci, misimus, Aeli. Varro bei Gell. N. A. I, 18, 2: L. Aelius
noster, litteris ornatissimus memoria nostra, und L. L. VII, 2: homo in pri-
mis in litteris latinis exercitatus. Vgl. auch noch Gell. X, 21, 2: qui do-
ctissimus eorum temporum fuerat, L. Aelius Stilo. Plin. N. H. XXXIII, 1, 7
(L. Aelii Stilonis, Praeconini ob id cognominati). XXXVII, 1, 4 (Stilo Prae-
coninus). Oefters in den Hdss. Laelius statt L. Aelius, z. B. Cic. or. 69, 230
(L. Caelius Antipater in prooemio belli punici . . . hanc a Laelio, ad quem
scripsit, . . veniam petit, s. oben 132, 4). ad Fam. IX, -15, 2. Acad. post.
I, 2, 8. (de or. I, 62, 265? Plin. N. H. XIV, 13, 15?). Da hienach L. Aelius
einerseits noch Frßund des Lucihus war, andererseits Cicero noch bei ihm
in die Schule gieng, so muss er etwa J. 610 geboren sein und ein hohes
Alter erreicht haben. Vgl. Ritschi Parerga S. 239.
2. Literarische Thätigkeit: Aehana studia (antiquitatis romauae), Cic.
de or. I, 43, 193? vgl. Acad. post. I, 2, 8. Berufung auf mündüche Aeus-
serungeu bei Varro R. R. IIl, 12. L. L. V, 66. 101. VI, 7. Gell. N. A.
XII, 4, 5. Schriften: Aelii . . interpretationem carminum Saliorum vi-
debis et exiliter (?) expeditam et praeterita obscura multa, Varro L. L.
VIT, 2. Vgl. Fest. v. manuos, molucrum, pescia. Corssen, Orig. poes. rom.
p. 48 ff. und oben 54, 2. — Erklärung der XII Tafehi: Cic. Legg. II, 23,
59. Fest. V. sonticus morbus. R. Scholl, Leg. XII tabb. reliqq. p 30 will
hierbei den Stilo überall verstanden wissen wo schlechtweg Aelius dtiert ist.
— Conmientarium deproloquiisL. Aelii, docti hominis, qui magister Var-
ronis fuit, . . legimus. sed in eo nihil edocente^ neque ad iustitueudum
explanate scriptum est, fecisseque videtur eum librum Aelius sui magis
admonendi quam aliorum docendi gratia. Gell. N. A. XVI, 8, 2 f — Zur
Kritik und Auslegung älterer lateinischer Dichter. Bewunderer des Plautus,
Quiutil. X, 1, 99. Indices Aelii (u. A.) super his fabulis (Plauti) quae di-
cuntur ambiguae. Gell, in, 3, 1 u. ib. 12: homo ernditissimus L.' AeHus
XXV (comoedias) eins (Plauti) esse solas existimavit. Vgl. oben 84, 4. 88, 4.
Zahlreiche etymologische (in quo . . erravit aliquotiens, Varro bei Gell. I,
18, 2) und grammatische Bemerkungen des Stilo zusammengestellt bei van
Heusde p. 64—81.
3. Hauptschrift: Disquisitio de L. Aelio Stilone, Ciceronis in rhetoricis
magistro , Rhetoricorum ad Herenn. ut videtur auctore (letzterer Beweis-
versuch ist misslungen). Inserta sunt Aelii Stilonis et Servii Claudü frag-
Die Jahre 660 — 670: Matius, Laevius, Hostius. 193
menta. Scripsit J. A. C. van Heusde. Traj. ad Rh. 1839. VIII u. 109 pp.
Vgl. Moramsen, R. G. II«. S. 426. 457.
4. Sueton. gramm. 2 (vgl. oben 133, 3): ut Laelius Archelaus Vettius-
qoe Philocomus Lucili sataras familiaribus suis (pronuntiabant) , quas le-
gisse se apud Archelaum Pompeius Lenaeus, apud Fhilocomum Yalerius
Cato praedicant. Da im Folgenden dieser niedrigeren Stufe gelehrter
Thätigkeit die höhere, durch Stilo vertretene gegenübergestellt wird (in-
stroxerunt etc., oben A. 1), andererseits die Schüler der Genannten (Le-
naeuB und Cato) der dcerouischen Zeit angehören, so werden Archelaus
ondPhilocomus ungefähr gleichzeitig mit Stilo, etwa 645 — 675, zu setzen sein.
138. Die beiden Jahrzehnte 650 — 670 d. St. mnschliessen
abermals heftige innere Kämpfe theils mit den Bundesgenossen,
welche sich im marsischen Kriege völlige Gleichstellung mit
den Römern erstritten, theils zwischen der wieder erstarkten
Volbpartei und der für ihre Vorrechte sich wehrenden imd
schliesslich durch Sulla siegreichen Nobilität. Das rege Leben
das sich in diesen Kämpfen entfaltet bringt auf den natio-
nalen Gebieten geistiger Thätigkeit, in Beredtsamkeit imd
ßechisgelehrsamkeit, glänzende Früchte hervor. Die Kunst zu
reden wird ünterrichtsgegenstand imd auch von Einheimischen
gelehrt Die Geschichtschreibung ist in den Händen der jün-
geren Annalistik und verräth bei den Einen Einfluss der Rhe-
torik, bei Andern auch Parteifärbung. Auch auf dem Gebiete
der Poesie herrscht Leben: die atellanische Volksposse wird
durch Pomponius und Novius schriftmässig, Cn. Matius verfasst
Mimiamben imd übersetzt die Ilias; Laevius beginnt spätestens
jetzt die manchfaltigen Formen der griechischen Mehk nachzu-
Mden; ihren Epiker hat die Zeit an A. Furius, dem Nachfolger
des Hostius (bellum istricum), ihren Tragiker an L. Julius Cae-
sar Strabo. Zugleich sind diese Jahrzehnte die Jugendzeit von
Cicero (geb. 648) und Caesar (geb. 654).
1. Latini rhetores zu Rom, s. oben 36, 8.
2. Ueber die jüngere Annalistik s. oben §. 32.
3. üeber Pomponius und Novius s. oben 125.
4. Varro L. L. VII, 95: apud Matium: Corpora Graiorum ma«rebat
Diandier ignL Vgl. ib. 96. Gellius, der den Matius fast nie nennt ohne vor ihm
*^ einem doctus vir, homo impense doctus, vir eruditus u. dgl. sich zu
^enieigen, citiert Cn. Matium . . in secundo Iliadis (VII, 6, 6) und Cn.
Matius in Iliadis XXI (IX, U, 14 vgl. 15). Vgl. Chans, p. 117, 13. 345, 8 K.
^risdan. VII. p. 334, 19 f. Htz.: Gn. Matius in Iliade: celerissimus advolat
fiector. Da von Matius ein höheres Buch als XXI nicht angeführt wird,
^ohl aber bei Priscian. IX. p. 478, 12 f. Ninnius Crassus in XXIV Iliados,
w könnte man vermuten dass Letzterer die von Matius unvollendet ge-
Teuffel, Rom. Literalurg-eschichte. 13
194 Siebentes Jahrhundert d. St.
lassene üebersetzung zu Ende geführt habe, wenn nicht Non. p. 476, 14
hätte: CrassuB lib. XVI Iliados. Die mimiambi waren possenhafte (mimus-
artige) lamben, eine Modiücation der lambik, nicht des Mimus. An Auf-
führung auf der Bühne ist nicht zu denken. Dem possenhaften Charakter
des Inhalts entspricht auch das Versmass (senarii claudi). Aus den mim-
iambi des Cn. Matius führt Verse an Gell. X, 24, 10 (vgl. Macrob. I, 4, 24).
XV, 25, 1 f. (vgl. Neu. Marc. p. 106, 25. 107, 17). XX, 9, 2 f. Vgl. Priscian.
VI. p. 274, 25 f. Htz. Macrob. III, 20, 5. Terent. Maur. p. 2437 P. Ziegler,
de mimis p. 65 ff. Wernsdorf, poett. latt. min. IV. p. 568 ff. Meyer, AnthoL
lat. Ep. 120.
5. Ausonius im Nachworte zu seinem ceuto nuptialis, zu dessen Recht-
fertigung: quid antiquissimi poetae Laevii Erotopaegnion libros loquar?
Gell. XIX, 9, 7 (s. oben 26, 1) in der Aufzählung römischer Erotiker: Lae-
viuB . . Uortensius . . Cinna . . Memmius. ib. II, 24, 8: huius legis (der
Licinia sumptuaria, gegeben vor dem Consulat des Licinius, also vor 657
d. St., 8. W. Rein in Pauly's Real-Enc. VI, 2. S. 1509) Laevius poeta me-
minit in Erotopaegnüs. (ib. 10: Lucilius quoquc legis istius meminit.)
Man ist daher versucht den L. bis in die Zeit des Lucilius und der erotischen
Epigrammatiker (oben 123) hinaufzurücken, wozu auch der Charakter se.i-
ner Sprache stimmen würde (vgl. bes. Gell. XIX, 7, 2 ff.). Laevinus nennt
ihn Mommsen, R. G. III*. S. 579; doch vgl. Gell. XIX, 7, 2 (in Laeviano
carmine) und 12 (verborum Laevianorum). Häufige Verwechslung seines
Namens mit Livius, Naevius, Laelius (z. B. Apulej..apol. 30). Porphyr,
zu Hör. 0. III, 1, 2. p. 245 vgl. 241 H. : Romanis utique non prius audita,
quamvis Laevius lyrica ante Horatium scripserit, sed videntur illa non
Graecorum lege ad lyricum characterem exacta. Der tändelnde und von
dem seinigen überhaupt weit abweichende Charakter der Gedichte des
Laevius mochte dem Horaz ein Recht geben von diesem Vorgänger abzu-
sehen. Höchste Bücherzahl: Laevius ^EqtoxonaLyvCtav VI bei Charis. II.
p. Iß3 P. = 204, 16 K. Vgl. Charis. IV. p. 288, 5 f. K.: in pterygio Phoe-
nicis Laevii novissimae ödes Erotopaegnion. Möglicherweise Unterabthei-
lungen dieses Gesammttitels (Weichert p. 40 vgl. 57) sind die Citate Lae-
vius in Adoue (Priscian. p. 269, 6 Htz.), in lone (ib. p. 281, 3), in Prote-
silaodamia (Gell. XU, 10, 5. Nonius p. 116. 209. Prisqian. p. 242, 13 vgl.
in Protesilao Priscian. p. 484, 9; in Laudamia, p. 496, 27), in Sirenocirca
(Priscian. p. 302, 1. Non. p. 120), in Polymetris (Priscian. p. 258, 12), in
Centauris (Fest. p. 206 M.), Alcestis (Gell. XIX, 7, 2). Dahin gehören wohl
auch die corrupten Citate Vaeius und Veius Pullis oder Pubs bei Non.
p. 72. 139. 513. Ohne Zweifel selbständig aber war des Laevius Cypria
Ilias (Charis. I. p. 118 P. = 145, 21 K.: Laevius Cypriae Iliadis libro I;
vgl. Pfiscian. X. p. 881 P. = 502, 24: nevius in Iliadis secundo, wo M. Hertz
Ninnius in den Text gesetzt hat) in Hexametern, während die sonstigen
üeberreste des Laevius lyrische Masse zeigen, iambische Dimeter, Tro-
chäen, phaläkische Verse, louiker u. a. in freier Behandlung und Mischung.
Stoffsammlung bei A. Weichert, de Laevio poeta, in den poett. latt. vitae etc.
p. 31—88. Dazu Fr. WüUner, de Laevio poeta, Münster 1829. 4. und in der
Allg. Schukeitung 1830. II. S. 1259 ff. W. Teuffei in Pauly's Real-Enc. IV.
S. 732. L. Müller, de re metr. p. 75—77. Zu den üeberresten vgl. auch
M. Haupt, Observv. critt. p. 43 f. J. Becker, Philologus VI. S. 362—365.
J. 650 — 670. Die Redner M. Antonius und L. Crassus. 195
6. Das bellum istricum des Host ins scheint mindestens aus drei Bü-
chern bestanden zu haben; vgl. Macrob. VI, 3, 6 und 5, 8 (libro II belli
lüstrici). Serv. Aen. XII, 121 (belli histrici primo). Vgl. Fest. v. scaevam
tmd tuesca, p. 325. 356 M. Diesen relativ unwichtigen Krieg (J. 576 ff.)
eigens zu behandeln konnte kaum etwas Anderes bestimmen als die Ab-
sicht die Annales des Ennius fortzusetzen. Würde man aber den Titel
mit Bergk (Jahns Jahrbb. 83, S. 322) auf die Kämpfe des J. 625 beziehen,
80 fiele auch dieser Erklärungsgrund weg. Für die Ansicht dass hienach
Hosting der früheste Fortsetzer des Ennius ist, älter noch als L. Attius
mid als die §. 123 Genannten, doch etwas später als die §. 103 Aufge-
zählten, spricht auch die Aufführung desselben bei Serv. 1. 1. nach
EnniuB und vor Asellio, bei Macrob. VI, 5, 8 nach Naevius, imd die Be-
schaffenheit der Citate aus dem Epos (sient, auch die Messung Dia Mi-
nerva, semol autem tu, invictus Apollo, weim sie sicher wäre) ist mindestens
nicht dagegen. Unzweifelhaft würde jene Datierung wenn ganz feststände
dass bei Priscian. VI. p. 719 P. = 270, 8 f. Htz. (vetustissimi etiam „hoc
pecu", unde ,4iaec pecua** plurale, dicebant. Hostilius in I annali: saepe
greges pecuum ex hibernis pastibus pulsae) das handschriftliche Hostilius
abEuändem sei in Hostius. Hiezu würde endlich stimmen Prop. III, 20, 8 :
splendidaque a docto fama refulget avo, vorausgesetzt dass die dort au-
geredete Cynthia in Wirklichkeit Hostia hiess und eine Römerin war.
Vgl im Allgemeinen A. Weichert, poetar. latin. vitae p. 3—18.
7. üeber A. Furius s. 123, 3; über Caesar Strabo s. unten 140, 3.
139. Die Hauptredner dieser Zeit sind M. Antonius (Cos.
655) und L. Licinius Crassus (Cos. 659), jener ein Autodidakt
der das was er war seinem trefflichen Gedächtnisse seiner ange-
borenen Lebendigkeit und beweglichen Phantasie verdankte und
hauptsächlich durch glänzenden Vortrag wirkte; Crassus aber
ein Mann von feinem Verstände und juristischer Bildung, als
Itedner daher weniger hinreissend als Antonius, dafür aber über-
zeugend durch die Klarheit seiner Auseinandersetzungen und
gewinnend durch heiteren Witz imd Gewähltheit der Sprache.
1. M. Antonius C. f. Orator, geboren 611, Prätor 650, Consul 655 =
99, Censor 657, durch die Marianer getödtet 667; s. E. J. G. Bruner, de
M. Antonio et L. Crasso oratoribus rom., Helsingfors 1853. 4. W. Teuffei
in Pauly's Real-Enc. I, 1. S. 1169--1171, Nr. 6. Charakteristik seiner Rede-
weise (ausser de oratore, wo er und Crassus die Hauptträger des Gesprächs
sind) bes. Cic. Brut. 37, 139—38, 142 (vgl. 57, 207. 69, 216. 88, 301. 89, 304),
z. B. : erat memoria summa, nulla meditationir suspicio. . . verba ipsa
uon illa quidem elegantissimo sermone. . . sed tamen in verbis et eli-
gendis . . et collocandis . . nihil non ad rationem et tamquam ad artem
dirigebat; verum multo magis hoc idem in sententiarum ornamentis et
conformationibus. . . actio singularis. . . gestus erat . . cum seutentiis
congTuens. . . vox permanens, verum subrauca natura, sed hoc Vitium
. . in bonum convertebat. habebat enim flebile quiddam in questionibus
aptamque cum ad fidem faciendam tum ad misericordiam commovendam.
13*
196 Siebentes Jahrhundert d. St.
Gesammtergebniss: omnium eloquentissimus quos ego viderim (Cic. Tusc.
V, 19, 55). Vgl. de or. I, 38, 172: Antonii incredibilis quaedam . . via in-
genii videtur, etiamsi scientia iuris nudata sit, posse se facile ceteris armis
prudentiae tueri.
2. Seine Reden, unter welchen die für M\ Aquilius (J. 656) die be-
rühm teste gewesen zu sein scheint, gab M. Antonius grundsätzlich nicht
heraus, nicht sowohl — womit er selbst es scherzhaft zu begründen pflegte
— aus advocatischer Schlauheit (oben 36, 4) als vielmehr wohl haupt-
sächlich in der £rkenntniss dass geschrieben dieselben unmöglich gleichen
Eindruck machen können wie von ihm vorgetragen. Nur eine kleine,
wenig bedeutende Schrift de ratione dicendi veröffentlichte er gelegent-
lich; s. Cic. orat. 5, 18. Brut. 44, 163. Quintil. III, 1, 19 (hoc solum opus
eins, atque id ipsum imperfectum, manet). 6, 45. Eine Aeusserung daraus
bei Cic. de or. I, 21, 94. orat. 5, 18. Quintil. VIII. prooem. 13. XII, 1, 21.
Plin. Ep. V, 20, 5. Die Nachrichten über die von Antonius gehalteneu
Beden s. bei H. Meyer oratorum fragm. p. 280 — 291 ed. II.
3. L. Licinius L. f. Crassus, geboren 614 (Cic. Brut. 43, 161), J. 635 erst-
mals als Redner aufgetreten (annos natus XXI, Cic. de or. III, 20, 74; unrich-
tig XIX bei Tac. dial. 34; s. Rhein. Mus: XIX. S. 675-677), 636 Führer der
Colonie nach Narbo Martins, Cos. 659, Censor 662, als welcher er bei der Aus-
weisung der rhetores latini (oben 36, 8) mitwirkte (Cic. de or. III, 24, 93 f
Tac. dial. 35), f 663. Vgl. A. Haakh in Pauly's Real-Enc. IV. S. 1058—1063,
Nr. 18. Die Darstellung welche Cic. de or. von Crassus gibt ist getrübt da-
durch dass Cic. sichtlich sich selbst mit ihm identificiert; wie er denn auch
die Komödie mit dem kilikischen Triumph ihm nachgemacht hat. Jene
Identification geht so weit dass dem Crassus sogar (II, 33, 142 vgl. I, 42,
190 f.) die Absicht beigelegt wird ein Werk de iure civili in artem redi-
gundo zu schreiben. Ebenso werden I, 34, 154 f. ihm die Stilübungen zu-
geschrieben welche Cic. in seiner Jugend gemacht hat (vgl. Quintil. X,
5, 2). Namentlich die Betonung der Nothwendigkeit vielseitiger Bildung
für den Redner (z. B. I, 34, 156 ff.) stammt aus dieser Quelle; denn in
Wahrheit spricht nichts dafür dass sich Crassus in dieser HinsicKht von
Antonius und andern Vornehmen seiner Zeit wesentlich unterschied. Treuer
ist die Schilderung Brut. 38, 143—39, 145. 40, 148. 43, 158—44, 165. Z. B.
143: erat summa gravitas, erat cum gravitate iunctus facetianmi et urba-
nitatis . . lepos; latine loquendi accurata et sine molestia diligens elegan-
tia; in disserendo mira explicatio; cum de iure civili, cum de aequo et
bono disputaretur , argumentorum et similitudinum copia. 146: ut elo-
queiitium iurisperitissimus Crassus, iurisperitonmi eloquentissimus Scaevola
(unten 141, 1 f ) putaretur. 158: vehemens et interdum irata et plena
iusti doloris oratio . . idem et peromatus et perbrevis. 159: iam in al-
tercando iuvenit parem neminem, versatus est in omni fere genere cau-
sarum. 162: quin etiam comprehensio et ambitus iUe verborum (der Satz-
bau) . . erat apud illum contractus et brevis, et in membra quaedam,
quae xco ila Graeci vocant, dispertiebat orationem libentius (vgl. orat. 66,
223). Tac. dial. 18: Graccho politior et omatior Crassus. 26: C. Gracchi
impetum aut L. Crassi maturitatem. Macrob. Sat. V , 1 , 16 f. : sunt stili
duo . . unus est maturus et gravis, qualis Crasso adsignatur . . alter huic
contrarius, ardens et erectus et infensus, quali est usus Antonius.
J. 650 — 670. L. Crassus, L. Philippiis, Caesar Strabo u. A. 197
4. Heraasgegebene Reden. Cic. orat. 38, 132: Crassi perpauca sunt,
nee ea iudiciorum. Brut. 43, 160: orationis eins (fär die Vestalin Licinia,
J. 641) scriptas quasdam partes reliquit. . . exstat m eam legem (de co-
lonia Narbonem deducenda) . . oratio. 161 : haec Crassi (pro lege Servilia)
cum edita oratio est (J. 648), . . XXXIV tum habebat annos. 44, 162: est
eÜam L. Crassi in consulatu (J. 659) pro Q. Caepione . . pon brevis ut
laudatio, ut oratio autem brevis. postrema ceusoris oratio, in bis Omni-
bus inest quidam sine ullo fuco veritatis color. 163: vellem plura Crasso
libuisaet scribere. 164: multa in iUa oratione (pro lege Servilia) . . dicta
Bunt, plura etiam dicta quam scripta, quod ex quibusdam capitibus expo-
eitia nee explicatis intellegi potest. ipsa illa censoria contra Cn. Domitium
ooüegam non est oratio, sed quasi capita rerum et orationis commenta-
man paulo plenius Vgl. oben 36, 7. Die Einfachheit seiner Redevreise
¥ar Dicht nach dem Geschmacke der späteren Rhetorik. Nur durch Ci-
cero sind uns einzelne Stellen aus seinen Reden erhalten; s. H. Meyer
oratorom fragm. p. 291 — 317 ed. II. Diese Proben zeigen häufige Anwen-
doBg der Anaphora und der rhetorischen Frage und sind eben wegen
ihrer Lebendigkeit angeführt, geben daher nur von einer Seite an der
Beredtsamkeit des Crassus ein Bild.
140. Neben diesen beiden hervorragenden besass diese Zeit
tüchtige Redner an dem Juristen Q. Scaevola (Cos. 659) und an
L. Marcius Philippus (Cos. 663) ; unter den etwas Jüngern waren
die bedeutendsten Redner L. Julius Caesar Strabo, welcher auch
Tragödien verfasste, C. Aurelius Cotta (Cos. 679) und P. Sulpi-
cius Rufua, nächst welchen auch C. Scribonius Curio (Cos. 678)
erwähnenswerth ist.
1. üeber Scaevola s. unten 141, 1.
2. L. Marcius Philippus, geboren um 610 d. St., Cos. 663, Censor
668, gestorben nach 677; s. W. Teuffei in Pauly's Real-Enc. IV. S. 1638—
1540, Nr. 4. Cic. Brut. 47, 173; duobus summis, Crasso et Antonio, L. Phi-
lippus proxumus accedebat, sed longo intervallo tamen proxumus. . . erat
in Philippo . . summa libertas in oratione, multae facetiae; . . erat . .
graecifl doctrinis institutus, in altercando cum aliquo aculeo et maledicto
facetus. Vgl. 45, 166: summa nobilitate hominem, . . summa etiam eio-
qnentia. Da er zu improvisieren pflegte (Cic. de or. II, 78, 316), so kennen
wir nur einige aus der Erinnerung angeführte Worte aus Reden von ihm,
bei Cic. off. II, 21, 73. de or. III, 1, 2. Sallust (Bist. I) legt ihm eine
Bede gegen Lepidus (J. 676 f.) in den Mund.
3. C. lulius L. f. Caesar Strabo (C. I. lat. I.p. 278, IV; auch Sesquiculus
und Vopiscus, Mar. Victor, de orthogr. I. p. 2456. Varro R. R. I, 7, 10.
Cic. Phil. XI, 5, 11), aed. cur. (J. 664=90; Cic. Brut. 89, 305. Ascon. in
Scaur. p. 24 Or.), Q., tr. mil. bis, Xvir agr. daud. adtr., iud., pontif. (nach
dem elogium im C. I. lat. 1. 1.), J. 667 mit seinem älteren Bruder Lucius
(Cos. 664) von den Marianern erschlagen. Cic. Brut. 48, 177: festivitate et
facetüs C. lulius L. f. et superioribus et aequalibus suis omuibus praesti-
tit, oratorque fuit minume ille quidcra vehemens, sed nemo umquam nrba-
198 Siebentes Jahrhundert d. St.
nitate, nemo lepore, nemo suavitate conditior (vgl. de or. II, 23, 98. off.
I, 37, 133. TuBC. V, 19, 55). sunt eins aliquot oratioues, ex quibus, sicut
ex eiusdem tragoediis, lenitas eius sine nervia perspici potest. de or. III,
8, 30: novam quandam rationem attulit orationis. . . res . . tragicas paene
comice, tristes remisse, severas hilare, forenses scenica prope venustate tra-
ctavit. Ascon. zu Cic. p. Scaur. p. 24 Or. : idem inter primos temporis sui
oratores et tragicus poeta bonus admodum habitus est. huius sunt enim
tragoediae, quae inscribuntur Tuli Von letzteren kennen wir die Titel
Adrastus, Teuthras, Tecmessa; Welcker, griech. Trag. S. 1398—1400. Rib-
beck tragg. p. 194. Vgl. oben 119, 3. Die Ueberreste seiner Kedeu bei
Meyer p. 330 ff. ed. II. Vgl. C. Krafffc in Pauly's Real-Enc. lY. S. 426, Nr. 8.
4. C. Aurelius M. f. Cotta, geboren um 630 (Cic. Brut 88, 301),
663—672 in der Verbannung, Cos. 679, f 680. W. Teuffei in Pauly's Eeal-
Enc. I, 2. S. 2164 f. Nr. 10. Cic. Brut. 49, 182 f.: aetate inferiores paulo
quam lulius, sed aequales propemodum fuerunt C. Cotta, P. Sulpicius, Q.
Varius, Cn. Pompouius (vgl. ib. 62, 221. 90, 308; dagegen de or. III, 13,
50), C. Curio (A. 6), C. Carbo (Prätor 669, f 672; Brut. 62, 221), L. Fufius
(Brut. 222), M, Drusus (ib.), P. Antistius (ib. 226 f.). . . ex bis Cotta et
Sulpicius cum meo iudicio tum onmium facile primas tulerunt. Vgl. de
or. I, 8, 30. orat. 56, 204. Ascon. in Coruel. p. 66 Or. Cic. Brut 55, 202:
inveniebat acute Cotta, dicebat pure ac solute. . . nihil erat in eiua ora-
tione nisi sincerum, nihil nisi siccum atquc sanum. Vgl. 92, 317 (remissus
et lenis et propriis verbis comprehendens solute et facile sententiam). orat.
30, 106. de or. II, 23, 98. III, 8, 31. Zu dieser verständigen Weise stimmte
es auch dass er Interesse für die Philosophie hatte und sich an die neue
Akademie (und Antiochos) anschloss; s. Cic. de deor. nat. I, 7, 16. II, 1, 1.
de divin. I, 5, 8. Veröffentlicht hat er keine Reden (orat. 38, 132). Cottae
pro se lege Varia quae inscribitur, eam L. Aelius (oben 137, 1) scripgit
Cottae rogatu, Brut. 56, 205 vgl. 207: Cottam miror, summum ipsum ora-
torem minumeque ineptum, Aehanas levis oratiunculas voluisse existumari
suas. Sallust (Eist) legt ihm eine oratio ad populum rom. in den Mund.
Sammlung der Nachrichten über ihn und seine Reden bei Meyer, oratt.
p. 339—343 ed. II.
5. P. Sulpicius Ruf US, Altersgenosse des Vorigen, etwa 633 geboren,
als Volkstribun J. 666 von den Sullanern geächtet und getödtet; s. A. Haakh
in Paul/s Real-Enc. VI, 2. S. 1495 f. Nr. 35. Cic. Brut. 55, 203: fuit Sul-
picius vel maximo omnium quos quidem ego audiverim grandis et, ut ita
dicam, tragicus orator. vox cum magna tum suavis et splendida; gestus et
motus corporis venustus; . . incitata et volubilis, nee ea redundans tarnen
et circumfluens oratio. Crassum hie volebat imitari, Cotta malebat Antonium
(nach Cicero^B Schilderung der Redeweise Beider möchte man diess eher
umkehren); sed ab hoc vis aberat Antoni, Crassi ab illo lepos. Vgl. de
or. I, 29, 131. II, 21, 88. 23, 96. III, 8, 31. de harusp. resp. 19, 41. Bmt
56, 205 (vgl. orat. 38, 132): Sulpici orationes quae feruntur, eas post mor-
tem eius scripsisse P. Canutius putatur. ipsius Sulpici nulla oratio est,
saepeque ex eo audivi cum se scribero neque cousuesse ueque possc
diceret.
6. Cic. Brut. 57, 207 : bis duobus (Cotta und Sulpicius) eiusdem aetaüs
J. 660— 670. Rechtsgelehrte: Q. Scaevola Pontifex. 199
^mumerabatar nemo tertins, sed mihi placebat (Cn.) Pomponius (s. A. 4)
maxume, vel dicam, minume displicebat. 58, 210: erant tamen quibuß vi-
deretur illius aetatis tertius Curio, quia splendidioribus fortasse verbiß
utebatur et quia latine uon pessime loquebatur, usu, credo, aliquo dome-
stico. nam litterarum admodum nihil sciebat. Vgl. 69, 213. Volkstribun
ifar dieser C. Scribonius 664, Consul 678, und starb 701; s. A. Haakh in
Paidy'8 Real-Enc. VI, 1. S. 879 f. Nr. 11. Er war ein erbittertet Feind
des Caesar (Suet. Caes. 9. 49. 50. 52) und verfasste gegen ihn eine poli-
tische Streitschrift in dialogischer Form; s. Cic. Brut. 60, 218 f. Auch
war er Pontifex maximus; daher Varro's Logistoricus Curio de cultu
deoram.
7. Ausser den Genannten erwähnt Cicero im Brutus noch eine grosse
* Anzahl von Solchen welche Reden hielten (qui tantum in dicentiimi nu-
mero, non in oratorum, fuerunt, s. 47, 176) oder gar nur clamatores (49,
182) waren. Er konnte hiebei nahezu Jeden aufführen welchen die Magi-
stratsverzeichnisse enthielten, kümmert sich aber ziemlich wenig um die
chronologische Ordnung, sondern schüttet ab und zu einen Sack voll
Namen mit magerer Charakteristik aus, wie 165 f 168 f. 174 f. 178—180.
Noch am ehesten erwähnenswerth sind die welche in dieser Zeit apud so-
dos et Latinos oratores habiti sunt (46, 169), nämlich Q. Vettius Vettianus
e Marais, Q. und D. VaJerii Sorani, die Söhne des oben 124, 1 Besproche-
nen, C. Rusticelius Bononiensis, und besonders omnium eloquentissimus
extra hanc urbem T. Betutius Barrus Asculanus, cuius sunt aliquot ora-
tiones Asculi habitae et illa Romae contra Caepionem nobilis sane, cui
orationi Caepionis ore respondit Aelius (oben 137, 1), Brut. 46, 169. Ib.
89, 304 heissen oratores non illi quidem principes L. Memmius (vgl. ib.
36, 136. 70, 247) et Q. Pompeius, sed oratores tamen. Letzterer, Q. Pom-
peias Rufus (Cos. 666), etiam ipse scripsit eas (orationes) quibus pro se
est usus, sed non sine Aelio (ib. 56, 206).
141. Nächst der Beredtsamkeit entfaltete die mit ihr un-
mittelbar zusammenhängende Rechtsgelehrsamkeit in dieser
Zeit das meiste Leben. Sie hatte einen glänzenden Vertreter
an dem Pontifeix Q. Scaevola (Cos. 659), einer der wohlthuend-
sten Grestalten des ßömerthums, ebenso gründlich wie vielseitig
gebildet und freisinnig, ein Ideal von einem Manne des Rechts,
dem er sein Leben weihte als Sachwalter, Rathgeber, Lehrer
und Schriftsteller; der Ers^ welcher eine systematische Bear-
beitung der Rechtswissenschaft imtemahm, die allen Nachfolgern
als Gnmdlage diente, und dabei frei von aller Pedanterie, rede-
gewandt imd ein Charakter von unbeugsamer Rechtlichkeit und
ungetrübter Lauterkeit. Neben seinen Schriften lebte er auch
durch zahlreiche Schüler fort, imter denen die hervorragendsten
waren Lucilius Baibus und Aquilius Gallus. Neben ihm wirkten
als Juristen besonders Sex. Pompejus, Aculeo imd Q. Cornelius
Maximus.
200 Siebentes Jahrhundert d. St.
1. Q. MuciuB P. f. (Sohn dea oben 129, 4 Besprochenen) P. n. Scae-
vola, Freund des Redners L. Crassus (oben 139, 3 f.) und sein College in
allen Aemtem (z. B. dem Consulat 659), ausser der Ceusur und dem Yolks-
tribunat, von den Marianem ermordet 672; vgl. S. W. Zimmern, Gesch.
d. röm. Privatrechts I, 1. S. 284—287. W. Teutfel in Pauly's Beal-Enc. V.
S. 184—187, Nr. 11. Von seinem gleichnamigen Oheim (oben 134, 3) unter-
schieden durch die Bezeichnung als pontifex maximus, z. B. Ascon. p. 67
Gr.: significat Q. Mucium Scaevolam pontificem max. eundemque et ora-
torem et iurisconsultum. L. Crassus nennt ihn bei Cic. de or. I, 39, 180:
aequalis et collega meus, homo omni um et disdplina iuris civilis eruditis-
simus et ingenio prudentiaque acutissimus et oratione maxime limatus . .
atque, ut ego soleo dicere, iuris peritorum eloquentissimus , eloquentium
iuris peritissimus. Seine Redeweise zeichniete sich aus durch Klarheit,
Eleganz und Bündigkeit des Ausdruckes; s. Cic. de or. I, 53, 229. Brut.
39, 145. 40, 148. 44, 163 (Scaevolae dicendi elegantiam satis ex iis oratio-
nibus quas reliquit habemus cognitam). Wie an den Stellen wo ein Scae-
vola kurzweg und fast sprüchwörtlich genannt ist (wie bei Hör. Ep. II, 2,
89) vorzugsweise an ihn als den berühmtesten Träger dieses Namens zu
denken sein wird, so könnte er auch der von Quintil. XI, 2, 38 wegen
seiner Gedächtnissstärke erwähnte Scaevola sein. Sein Interesse für Sy-
stematisierung des ins civile, zumal die Schrift tcsqI o^cov (A. 2 g. E.), macht
glaublich dass er zur Stoa hielt und dass er daher wirklich der doctissi-
mus pontifex (maximus) Scaevola ist von welchem Augustin. de civ. dei
IV, 27 (nach Varro) die stoische Dreitheilung der Götterlehre (Götter der
Dichter, der Philosophen, der Staatsmänner) und sehr aufgeklärte Aeusse-
rungen über die Volksreligion anführt; s. E. Zeller, die Philosophie bei
den Römern (1866), S. 32—36, wo nur nicht aus der üngefährlichkeit sol-
cher Aeusserungen abgeleitet sein sollte was vielmehr Ausfluss der allezeit
bewährten Offenheit und Charakterfestigkeit des Scaevola war.
2. Pompon. Dig. I, 2, 2, 41: Q. Mucius, P. f., pontifex maximus, ins
civile primus constituit, generatim in libros XVIII redigendo. Vgl. Gell.
VI (VII), 15, 2 : Q. Scaevola in Hbrorum quos de iure civili composuit XVI**.
„Zum ersten Mal erschien hier ein umfassendes, einheitliches und geglie-
dertes System, anstatt der früheren Gesetzesinterpretation und Casuistik,
der Gutachten und PräJudicien." A. F. Rudorff, röm. Rechtsgeschichte I.
S. 161. Es war getragen von dem specifisch römischen Grundgedanken
des freien Verfügungsrechtes, letztwillig imd unter Lebenden (uti legassit
super familia tutelave, ita ius esto, Dig. L, 16, 120 vgl. 122. Gell. lY, 1, 17.
Dig. XXXIII, 9, 3 pr. XXXIV, 2, 27 pr.), woran sich die Verpflichtung An-
derer aus Verletzungen und Verträgen (Gell. VI (VII), 15, 2. Dig. XVII,
2, 30. XLVII, 2, 76, 1), sowie die Rechtsverfolgung (Dig. XIX, 5, 11) an-
schloss; s. Rudorff a. a. 0. S. 161 f. An dieses Werk lehnte sich die
RechtsschriftsteUerei der nächsten Zeit an, ergänzend, weiterbildend und
berichtigend. So schrieb Ser. Sulpicius Notata Mucii (Dig. XVII, 2, 30
vgl. Gell. IV, 1, 20: in reprehensis Scaevolae capitibus. Gaj. Inst. I, 188.
ni, 149), Laelius Felix Ad Q. Mucium (Gell. XV, 27, 1. 4), Gajus (I, 188)
ex Q. Mucio, und Sex. Pomponius (nach Hadrian, s. Dig. VII, 8, 22) Ad
Q. Mucium lectionum Hbri XXXIX, welches letztere Werk in den Pandek-
ten statt des Q. Mucius selbst sehr häufig excerpiert und wohl auch Dig.
J. 650 — 670. Bechtsgelehrte und AnnaÜBten. 201
%JAy 1, 53 f. gemeint ist (Zimmern a. a. 0. S. 287, A. 28). Ausser
diesem Hauptwerke verfasste Scaevola auch ein Compendium, über singu-
laris "Oqcdv (definitionum), welches in den Pandekten viermal angeführt ist
(Dig. XLI, 1, 64. XLUI, 20, 8. L, 16, 241. 17, 73; vgl. XXXV, 1, 7 pr.
Madana (^utio), als das älteste dorthin übergegangene Werk.
3. Pompon. Dig. I, 2, 2, 42: Mucii auditores fuerunt complures, sed
praecipuae auctoritatis Aquilius Gallus, Baibus Lucilius, Sex. Papiriiis, 6.
luyentius. . . omnes tarnen hi a Ser. Sulpicio nominantur, alioquin per se
eonun scripta non talia exstant ut ea omnes appetant; denique nee ver-
Bantor omnino scripta eorum inter manus hominum, sed Servius (iis)libroB suos
complevit. Unter diesen gehört sicher Gallus (unten 161, 1) der ciceronischen
Zeit an, wie Cicero selbst auch eine Zeit lang Zuhörer bei den responsa dieses
Q. Scaevola war (Lael. 1, 1). Sex. Papirius und G. luventius sind sonst
nicht bekannt, wohl aber wird bei Cic. Brut. 48, 178 einem T. luventius
zvar Trockenheit als Redner, dabei jedoch magna iuris civilis intellegentia
zQgescbrieben. L. Lucilius Baibus, doctus et eruditus homo von bedächt-
licher Langsamkeit (Cic. Brut. 42, 154), war der frühere Lehrer des Ser.
Sulpicius (unten 161, 2).
4. Juristen neben Scaevola waren, ausser Antipater (oben 132, 4), Q.
Tobero (oben 134, 2) und Butilius Rufns (136, 2), auch Q. Lucretias VispiUo
(in privatis causis et acutus et iurisperitus, Cic. Brut. 48, 178) und Paulus
(Pompon. L 1. 40; richtiger nach Cic. Lael. 27, 101 Aulus) Verginius, sowie
Volcatius, der Lehrer des A. Cascellius (Plin. N. H. VIII, 40, 61), und wohl
auch C. Sextius Calvinus (Cic. Brut. 34, 130), Pontidius (Cic. de or. II, 68,
275), sowie M. Buculeius (ib. I. 39, 179).
Sex. Pompeius, Cnei Pompei (Magni) patruus (Pompon. Dig. I, 2,2,
40); praestantissimum Ingenium contulerat ad summam iuris civilis et ad
perfectam geometriae et rerum stoicarum scientiam (Cic. Brut. 47, 175
vgl. de or. I, 15, 67. III, 21, 78. off. I, 6, 19).
Der römische Ritter C. (Visellius) Aculeo, der Freund des Redners
L. Crassus (Cic. de or. II, 1, 2), nach Cic. de or. I, 43, 191 ita tenens ius
civile ut ei (ausser Q. Scaevola) nemo de üs qui peritissimi sunt antepo-
natur, und (Brut. 76, 264) seine Rechtskenntniss auf seinen Sohn C. Visel-
lius Varro vererbend.
Q. Cornelius Maximus, nur bekannt als der Lehrer des Trebatius Testa
(unten 189, 3), und Cic. ad Fam. VII, 17, 3 (idem Q. Comelio videbatur,
vgl. ib. 8, 2). Vgl. auch Gaj. Inst. I, 136 (Maximus). Dig. XXXIII, 7, 16, 1
(Cornelius).
142. Unter den Annalisten dieser Jahrzehnte bediente
sich Cn. Aufidius der griechischen Sprache, Q. Claudius Qua-
drigarius aber machte den Fortschritt seine römische Geschichte
erst mit dem gallischen Brande zu beginnen. Yalerius Antias mit
seinem sehr ausführlichen Werke ist der bedeutendste unmittel-
bare Vorganger des Livius, aber in seinen abenteuerlichen Aus-
malungen und imgeheuerlichen Zahlangaben zugleich ein bezeich-
neüader Vertreter der jüngeren Annalistik.
202 Siebentes Jahrhundert d. St.
1. Cn. Aufidius praetorius (seine Prätur wird um 650 fallen) pueris
nobis (also etwa 660 d. St.) et in senatu sententiam dicebat nee amicis
deliberantibus deerat et graecam scribebat historiam et videbat (Bentley
vivebat)in litteris, Cic. Tubc. V, 38, 112 vgl. fin. V, 19, 54: equidem e
Cn. Aufidio praetorio, erudito homine oculis capto, saepe audiebam. Er
erlebte ein hohes Alter (Cic. p. döm. 13, 35). C. I. gr. 2349 b (vno FvaCov
Av(pi8iov FvaCov vtov xov txvtLatQat-qyov) aus Adrarayttion bezieht sich
wahrscheinlicher auf seinen Sohn (W. Teuffei in Pauly's Real-Enc. I, 2. S.
2128, Nr. 5). Von jener graeca historia haben wir keine Ueberreste; doch
war ihr Inhalt ohne Zweifel die Geschichte Roms. W. Harless, de Fabiis
et Aufidiis rerum rom. scriptoribus (Bonn 1853) p. 46—49.
2. Vellej. II, 9, 6: acqualis Sisennae Rutilius (oben 136, 2) Claudiusque
Quadriga rius et Valerius Antias. Person des Cl. unbekannt. Identisch mit
dem Uebersetzer des Acilius? s. oben 116, 1. Beim Titel seines Werkes das
gewöhnliche Schwanken zwischen Annales, Historiae, Rerum romanarum
libri. Die höchste uns bekannte Buchzahl ist Q. Claudius in XXITI annali
bei Gell. X, 13, 4. Dass schon das erste Buch von der Eroberung Roms
durch die Gallier handelte zeigen dessen Ueberreste; mit der hierdurch
bewiesenen Kritik stimmt es aber wenig dass auch Cl. bei Schlachtberich-
ten auf feindlicher Seite ungeheure Verlustzahlen angab (Liv. XXXIII, 10,
9. XXXVIII, 23, 8). Nach sonstiger Analogie wird er sein Werk bis auf
seine Zeit fortgeführt haben; B. XIX handelte von Sullas Eroberung des
PeiraieuB (Gell. XV, 1, 4 ff.). Da das dritte Buch bereits den ersten pu-
uischen Krieg erzählte, so muss die Behandlung des Stoffes sehr ungleich-
massig gewesen sein: Anfangs ganz übersichtlich, in zunehmender Breite
je näher der Verfasser seiner eigenen Zeit kam', so dass er auch Reden
und sicher (Gell. I, 7, 9. III, 8, 8) ganze Briefe seiner Erzählung einver-
leibte. Auch im Einzelnen war die Darstellung umständlich und schlag
öfters (z. B. Gell. X, 13, 4) einen räsonnierenden Ton an. Die Sprache war
archaistisch und daher sehr nach dem Geschmacke der Zeit des Fronto;
s. Fronto bei Gell. XIII, 29 (28), 2 und Epist. p. 114, 3 f. N.: historiam
scripsere . . Claudius lepide, Antias invenuste, Sisenna longinque. Gell.
XV, 1, 4: Q. Claudi, optumi et sincerissimi scriptoris; IX, 13, 4: Q. Clau-
dius . . purissime atque inlustrissime simplicique et iucompta orationis
antiquae suavitate descripsit. Cicero und Dionys. Hai. erwähnen ihn nicht;
Livius nennt ihn zehnmal, immer kurzweg Claudius und theilweise gegen
ihn polemisierend. Die meisten Ueberreste verdanken wir dem GeUius.
Sammlung derselben bei Krause p. 249—266, Roth p. 339—351. H. Peter,
M. Claudi Quadrigari annalium reliquiae. disposuit, rec, praefatus est. Frank-
furt a. d.O. 1868. 33 pp. 4. Ueber Claudius s. Giesebrecht, über Q. Cl. Quadr.,
Prenzlau 1831. 4. Krause p. 243—249. Gerlach, Geschichtschreiber S. 81
—83. Kieserling, de rer. script. p. 43—46. Nissen, krit. Unters. S. 39 — 41.
3. Valerius Antias (wohl Nachkomme des L. Valerius Antias bei
Liv. XXIII, 34, 9), Verfasser eines bald Annales bald Historiae (oder Hi-
storia) genannten Geschichtswerkes von mindestens 75 Büchern (B. LXXV
citiert Gell. VI (VII), 9, 17; B. LXXIV Priscian. IX, 53. p. 872 P. = 489,
6 Htz.), das mit der Urzeit Roms begann (Gell. VII (VI), 7, 6; erst das
zweite Buch handelte von Numa, Macrob. Sat. I, 13, 20. Amob. adv. nat.
J. 650 — 670. Annalisten: Aufidiub, Quadrigarius, Val. Antias. 203
V, i) und bis in die sullanische Zeit herabreichte (er hatte noch von den
Erben des J. 663 gestorbenen Redners L. Crassus gesprochen, Plin. N. H.
XXXIV, 3, 14). Dionys. Hai. nennt ihn U, 13 und I, 7 (s. oben 32, 3)
unter den Inaivovfisvoi der .röm. Geschieh tschreiber. Besonders aber ken~
neu wir ihn durch Livius, der ihn häufiger nennt als irgend einen Vor"
ganger (in den erhaltenen Büchern 35 mal) und den Rahmen seines Wer-
kes TOn ihm entnommen zu haben scheint. In den ersten Dekaden folgt
er ihm arglos und spricht daher VII, 36, 13 gutes Mutes von 30000 Er-
schlagenen, ib. 37, 16 von ad quadraginta milia scutorum; IX, 27, 14 ad
tiiginta milia caesa aut capta; ib. '43, 17 trigiuta milibus hostium caesis;
ib. 37, 11 gar caesa aut capta eo die hostium milia ad sexagiuta u. s. w.
üinrill, 5, 12 die schüchterne Bemerkung: difficile ad fidem est, in tam
autiqua re, quot pugnaverint ceciderintve exacto adfirmare numero ; audet
tarnen Antias Valerius concipere summas. In den helleren historischen
Zeiten aber, wo er auch bessere Quellen hat (wie Polybios), entdeckt Liv
die Unzuverlässigkeit und Aufschneiderei seines bisher fast blind befolgten
Gewährsmannes und tadelt ihn nun mit um so grösserer Bitterkeit je we-
niger die im Früheren durch Antias veranlassten Irrthfimer gut gemacht
werden konnten, da die betr. Bücher (Dekaden) schon veröffentlicht waren.
Vgl. XXVI, 49, 3 : scorpiones maiores ^inoresque ad LX captos scripserim
si auctorem graecum sequar Sileuum, si Valerium Antiatem, maiorum
scorpionum sex milia, minorum tredecim: adeo nullus meutiendi modus
est XXX, 19, 11: Valerius Antias quinque milia hostium caesa ait. quae
tanta res est ut aut impudenter ficta sit (von Antias) aut neglegenter (von
Andern) praetermissa. XXXVI, 38, 6: duodetriginta milia hostium caesa
Antias Valerius scribit, capta tria milia et quadringentos , signa militaria
C'XXIV, equos MCCXXX . . ubi ut in numero scriptori parum fidei sit,
(inia in augendo eo non alius intemperantior est, magnam victoriam fuisso
adparet. XXXIII, 10, 8: si Valerio quis credat, omnium rerum immodice
nomerum augenti, quadraginta milia hostium eo die sunt caesa, capta, ubi
niodestius mendacium est, quinque milia septingenti. XXXVIII, 23, 8: Va-
lerios Antias, qui magis (als Claudius) immodicus in numero augendo esse
ßolet. Vgl. auch XXXIX, 43, 1: Valerius Antias, ut qui nee Catonis
oratiouem legisset et fabulae tantum sine auctore editae credidisset. Wenn
daher für eine Angabe Valerius der einzige Gewährsmann ist fügt Livius häufig
»iValerio credamus (credas) bei (XXXVI, 19, 12. XXXIX, 41, 6. XLIV, 13, 12)
oder nennt nur den Gewährsmann (XXXVIII, 50, 5. XXXIX, 22, 9. 56, 7),
theilweise unter ausdrücklicher Verwahrung, wie XXXVII, 48, 1 ß. (Vale-
fioa Antias auctor est rumorem celebrem Romae fuisse . . . Rumoris hu-
ius qoia neminem alium auctorem habeo , neque adfirmata res mea opi-
^one Bit nee pro vana praetermissa) imd XLV, 43, 8 (HS ducenties ex ea
praeda redactum esse auctor est Antias. . . quod quia unde redigi potue-
^^ non apparebat auctorem pro re posui). In der That geht bei Vale-
ries die Zahlenlüge ins Absurde: 40000 Feinde und darüber in einer
^hlacht erschlagen zu lassen ist ihm ganz geläufig (Liv. XXXIII, 10, 8.
36, 13. XXXIV, 15, 9. XXXVI, 19, 12. Gros. IV, 20). Bei Tolosa aber
^ieas er, sich selbst überbietend, gar octoginta milia Romanorum socior-
•^que, . . quadraginta milia calonum atque lixarum getödtet werden
(Orog. V, 16). Dass diess und andere Ausmalungen von ihm einfach er-
204 Siebentes Jahrhundert d. St.
dichtet wurde erhellt auch daraus dass er mit seinen Angaben sehr häufig
ganz allein stand; s. Gell. VI (VII), 19, 8: Valerius Antias contra decre-
torum memoriam contraque auctoritates veterum annalium dixit. Vgl.
VII, 8, 6. Liv. XXXII, 6, 5: Valerius Antias tradit . . XII milia hostium
eo proelio caesa u. s. w. ceteri graeci latinique auctores . . nihil memora-
bile actum . . tradunt. Unglückliche Vertheidigungsversuche des Antias
bei Krause p. 269 ff. und Liebaldt p. 12 ff. Sammlung der Ueberreste bei
Krause p. 272— ,288 und Roth p. 351—363; über ihn Liebaldt, de Valerio
Antiate annalium scriptore, Naumburg 1840. 22 pp. 4. Schwegler R G. I.
S. 90—92. Gerlach, Geschichtschreiber S. 83 f. Nissen, krit. Untersuchun-
gen. S. 43 — 46. Kieserling, de scriptoribus p. 46-49.
143. L. Cornelius Sisenna (635 — 687) verfasste neben an-
deren Schriften insbesondere eine Geschichte seiner Zeit in al-
terthiimelndem Stile, wogegen dessen Freund C. Licinius Mac er
wieder auf die ältesten Zeiten zurückgieng und deren Darstel-
lung in Folge fleissiger Quellenforschung manchfach berichtigte,
dabei aber zugleich der Rhetorik und wohl auch der Vorliebe
fiir seine gens zu viel Einfluss gestattete.
1. Sisenna muss um 635 geboren sein (Roth, Sis. vita p. 4—10), war
Prätor 676 (SC. de Asclepiade im C. I. lat. I. p. 110 f.: Cos. Q. Lutatio
Q. f. Catulo et M. Aemilio . . Lepido, pr. urbano et inter peregrinos L.
Comelio . . f. Sisenna, vgl. Cic. Comel. I, 18 mit Ascon. p. 73 Gr.) und
starb 687 auf Kreta als Legat des Pompejus im Seeräuberkriege (Dio
XXXVI, 1 KoQVTjXiog 2^t,aivvag, vgl. Appian. Mithr. 95 Aovmog Ziaivväg).
C. L. Roth, L. Comelii Sisennae . . vita, Basel 1834. 4. — Vellej. II, 9, 5;
historiarum (0. Jahn: milesiarum) auctor iam tum (zur Zeit der Redner Anto-
nius und CrasBus) Sisenna erat iuvenis; sed opus belli civilis (= socialis? A.
Riese S. 54 f) Sullanique post aliquot annos ab eo seniore editum est. Cic.
Brut. 64, 228: inferioris aetatis (als P. Antistius) erat proximus L. Sisenna, doc<
tus vir et studiis optumis deditus, bene latine loquens (dagegen 74, 259 f.:
Sisenna quasi emendator sermonis usitati cum esse vellet non . . deterreri
potuit quo minus iuusitatis verbis uteretur. . . ille famiUaris meus recte
loqui putabat esse inusitate loqui), g^narus reip., non sine facetiis, sed ne-
que laboris multi nee satis ve|[«atuB in causis (doch vertheidigte er den
C. Rutilius nach Brut. 260, und J. 684 den Verres, s. Cic. Verr. Acc. II,
45, 110. IV, 20, 43 vgl. ib. 15, 33; Letzteren gemeinsam mit Hortensius,
mit dem er auch sonst befreundet war, Sen. Controv. I. prooem. 19 und
imten 144, 2); interiectusque inter duas aetates Hortensi et Sulpid nee
maiorem consequi poterat et minori necesse erat cedere. huius omnis fa-
cultas ex historia ipsius perspici potest; quae cum facile omnis vincat su-
periores (?), tum indicat tamen quantum absit a summo quamque geuus
hoc scriptionis nondum sit satis latinis Htteris illustratum. Leg. I, 2, 7:
Sisenna, eins (des Macer) amicus, omues adhuc nostros scriptores . . facile
Buperavit. is tamen neque orator . . umquam est habitus et in historia
puerile quoddam consectatur, ut unum Clitarchum neque praeterea quem-
quam de Graecis legisse videatur. Diese Vergleichung mit einem der
abenteuerlichen Geschichtschreiber Alexanders d. Gr. kann unmöglich tref-
Sisenna und Licinius Macer. 205
fend sein wenn der Fachmann Sallust Eecht hat, lug. 95, 2: L. Sisenua
optume et diligentissume omnium qui eas (Sullae) res dixere persecutuB
parum mihi libero ore locutus yidetur. Für die Anlage des Werkes be-
zeichnend ist die Aeusserung (bei Gell. XII, 15, 2): nos una aestate in
Asia et Graecia gesta litteris idcirco continentia mandavimus ne vellicatim
aut saltuaüm scribendo lectorum animos impediremus. Titel Historiae.
Umfang jedenfalls 12 Bücher; über diese Zahl nur ein vereinzeltes Citat
bei Non. p. 468, 10: Sisenna Uist. IIb. XXIII, statt dessen XIIII, von Riese
S. 63 XVIII vorgeschlagen worden ist. lieber das J. 663 zurück weisen
nur einige Fragmente welche über die Urzeit (Aeneas u. s. w.) handeln
(Serv. Aen. I, 108. 242. XI, 316) und vielleicht einer eigenen Schrift des
Sisenna über die Gründung Roms (Non. p. 127, 29: Sisenna ab urbe
condita: iuxtim Kumicium flumen obtruncatur, näml. Aeneas) zuzutheilen
sbd (Riese S. 55 f.). Doch stimmt eine solche so wenig zu Siseuna's son-
stiger Schriftstellerei dass immer noch mit mehr Wahrscheinlichkeit jene
Stellen einem Pro()mium (in der Weise des Sallust) zugetheilt werden (bei
Non. 1. 1. dann: Sisenna: ab urbe condita iuxtim etc.). Die Ueberreste
zeigen viel Detailbeschreibung, auch Spuren voii Reden (bes. B. lY), so
dass die Behandlung umständlich gewesen sein muss (longinque, Fronto,
oben 142, 2). Das Meiste bezieht sich auf den marsischen Krieg (vgl. (Die.
de diy. I, 44, 99) und ist uns durch Nonius erhalten, der (aber fast nur
aus 6. ni u. lY) die alterthümlichen Formen des Sisenna aufführt. Sie
geben uns von der capriciös archaisierenden Sprache des Sisenna einen
Begriff; vgl. oben Cicero (Brut.) und Varro bei Gell. II, 25, 9: Sisenna
unoB „adsentio" (nicht adsentior) in senatu dicebat; vgL Quintil. I, 5, 13.
Sammlung bei Krause p. 303—317 und Roth p. 368—377. A. Riese, über
das Geschichtswerk des L. Cornelius Sise'nna, in der Festschrift zur Be-
grössnng der XXIV Philologenversammlung (Leipzig 1865) S. 53-64.
2. Die Alterthümelei des Sisenna steht in Wechselwirkung mit seiner
Thatigkeit als Grammatiker. Rufinus p. 2711 P. c= 384 Gaisf. führt Stellen
an ans Sisenna in commentario Poenuli, Sisenna in Rudente, S. in Amphi-
tijone, in Captins, in Aulularia. Er ist so der erste uns bekannte Com-
mentator des Plautus; s. Ritschi Parerga p. 374 f. 376—384. Sisenna's Com-
mentar zum Amphitruo erwähnt auch Charis. p. 178. 182. 196 P. = 198^
26. 203, 27. 221, 6. 9 K. vgl. p. 83. 96 P. = 107, 14 ff. 120, 10 ff. K. Ritschi
I L p. 385 f. Drei von den letztem vier Stellen beziehen sich auf Adver-
bia auf -im, für welche Sisenna auch in seinem Geschichtswerk eine
Vorliebe zeigte. Von der Gelehrsamkeit desselben einen hohen Begriff zu
geben sind aber diese Bemerkungen nicht geeignet. Dagegen zeigt ihn
als Lebemann im Geschmacke des Sulla die Thatsache dass er des Aristei-
des schlüpfrige Erzählungen (MiXr}aia%a) übersetzte; Ovid Trist. II, 443 f.;
Terfcit Aristiden Sisenna, nee obfuit illi Historiae turpes inseruisse iocos.
Fronto Epist. p. 62 N.: animadvertas particulatim elegantis . . Sisennam
in lasdviis. Diese Schrift scheint aus 15 Büchern bestanden zu haben;
wenigstens dtiert Charis. II mehrmals /p. 194. 196. 200. 207. 209 Keil) B.
XIII und (nach den ezc. Cauch.) p. 223, 14 K. Sisenna Milesiarum XIIII,
sowie p. 208, 4: Sisenna Milesiarum XV. Im Allgemeinen vgl. Krause,
hist. p. 299—203. Wemicke, Sisenniana, s. Sisennae vita et fragmenta,
Thom 1839. 4. Gerlach, Geschichtschreiber S. 90—92.
206 Siebentes Jahrhundert d. St.
3. C. Licinius L. f. Macer (auf Denaren aus der Zeit des Sulla, J. 670—
673, 8. Mommsen, röm. Münzwesen S. 607, C. I. lat. I. p. 137, 434), Vater des
im J. 672 geborenen Redners und Dichters Calvus (unten 200, 4), tr. pleb.
681, als welchen Sallust (Hist.) ihn eine Rede ad populum halten lässt;
J. 688 wegen Erpressungen in seiner prätorischen Provinz vor dem Prätor
Cicero angeklagt imd von ihn! verurteilt, gab er sich selbst den Tod; s.
W. Teutfel in Pauly's Real-Enc. IV. S. 1075, Nr. 1. Ihn als Redner cha-
rakterisiert Cic. Brut. 67, 238: C. Macer auctoritate semper eguit, sed fuit
patronus propemodum diligentissumus. huius si vita, si mores, si voltus
denique non omnem commendationem ingeni everteret, malus nomen in
patronis fuisset. non erat abundans, non inops tarnen, non valde nitens,
non plane horrida oratio; vox, gestus et omnis actio sine lepore; at in
inveniendis componendisque rebus mira accuratio. . . hie etsi etiara in
pubUcis causis probabatur, tarnen in privatis illustriorem obtinebat locum.
Noch deutlicher tritt Cicero's Abneigung zu Tage in dem Urteil über Macer
als Geschichtschreiber, de leg. 1, 2, 7: quid Macrum numerem.^ cuius lo-
quacitas habet aliquid argutiarum, nee id tamen ex illa erudita Graecorum
copia', sed ex librariolis latinis , in orationibus autem (folgt eine corrupte
Stelle, welche jedenfalls einen starken Tadel enthielt; Nipperdey, Philolo-
gus VI. S. 136 schreibt: multa, in epistolis relatis summa impudentia).
Hienach hatte Macer gleichfalls Reden (und vielleicht Briefe, vgl.
Nouius p. 269: Licinius Macer in epistula ad senatum) seinem Werke
einverleibt und war dasselbe überhaupt redselig gehalten. Erheblicher
und in sich glaublicher sind die AussteUungen von Livius, VII, 9, -5 : quae-
sita ea propriae familiae laus leviorem auctorem Licinium facit. cum men-
tionem eins rei in vetustioribus aunalibus nullam inveniam etc., und von
Dionys. Hai. Ant. VI, 11 : AmCvviog xal ot nBQl riXUov ovdlv s^rjraxotBg
ovzB zdiv sinotcov ovts t€ov SvvttTciVy und VII, 1: Amlwiog xal rilXiog
xal alXoi av%vol tqjv *P(Ofiai<ov cvyyqntpitov ov6\v i^rjtaTiOTsg tmv nsgl
Toug xQOvovg angißmg. Wenigstens würde die Gleichgültigkeit gegen das
Chronologische zu dem rhetorischen Charakter des Werkes stimmen. Auch
ist sehr glaublich dass die lebhaft antioptimatische' Richtung des Verfas-
sers in seinem Geschichtswerke sich nicht verleugnete, obwohl es in die
eigene Zeit nicht herabgereicht zu haben scheint. Andererseits hatte er,
wie auch Cicero's hämische Hindeutung auf die librarioli latini bestätigt,
vor fast allen seinen Vorgängern den sehr grossen Vorzug immittelbarer
Quellenforschung. Vgl. Liv. IV, 7, 12: Licinius Macer auctor est et m
foedere Ardeatino et in linteis libris (vgl. oben §. 69) ad Monetae inventa.
20, 8: quod tam veteres annales quodque magistratuum libros, quos lin-
teos in aede repositos Monetae Macer Licinius citat identidem auctores.
23, 2 f.: in tam discrepante editione (der Consuln) et Tubero et Macer li-
bros linteos auctores profitentur. neuter tribunos mil. eo anno fnisse tra-
ditum a scriptoribus antiquis dissimulat. Licinio libros haud dubie sequi
linteos place t et Tubero iucertus veri est. Titel ohne Zweifel Annales,
woneben auch ungenauer Historiae. Das Werk umfasste jedenfalls die ältesten
Zeiten (Macrob. Sat. I, 10, 17. Dionys. II, 62) und wird von Livius nur in
der ersten Dekade (ausdrücklich) genannt; das letzte Datum wobei er es
anführt ist aus J. 456 d. St. Auch die Bücherzahl ist unbekannt; nur aus
B. I u. II werden sichere Anführungen gemacht; dann folgen gleich Pris-
Licinius Macer. Sulla und LucuUus. 207
cian. X. p. 895 P. = p. 525, 3 f. Htz. (vgl. Diomed. 1 p. 366 P. = 369,
15 E.: Aemilius Macer: omniuin etc.): Aemilius Maccr iu XVI annalium:
omnium etc., wo Verwechslung mit Licinius Macer ebenso glaublich ist
wie die umgekehrte bei Plin. N. H.; endlich Nonius p. 221, 11: Licinius
Rerum romanarum lib. XXI, wo Name und Zahl gleich unsicher ist; C. L.
Roth denkt an Clodius Licinus. Sammlung der üeberreste* bei Krause
p. 237 — 242 und Roth p. 363 — 367. üeber Macer vgl. Weichert, poetar.
lat. vitae p. 92 — 104. Einseitige urteile von Liebaldt, C. Licinius Macer,
Naumburg 1848. 19 pp. 4. und (in entgegengesetzter Richtung) von Mom m-
senE. G. III*. S. 591, welcher Letztere hier wie bei Sisenna zu ausschliess-
lich Beinern Cicero zu folgen scheint. Gerechter Schwegler, R. G. I. S. 92 f.
und Kieserling, de rer. Script, p. 38 — 43. Vgl. auch Gerlach, Geschicht-
schreiber S. 87 — 90.
144. Wie in den vorangehenden Jahrzehnten Scaurus, Rn-
tilius Rufus und Catulus, so verfasste jetzt der Dictator L. Cor-
nelius Sulla (J. 616 — 676) eine Selbstbiographie, commentarii
tle rebus suis, in 22 Büchern, welche nach seinem Tode von
seinem Freigelassenen Epicadus ergänzt und abgeschlossen vnirde.
Lucullus (J. 640 — 697), an den sie gerichtet war, schrieb in
seiner Jugend selbst auch eine Geschichte des marsischen Krie-
ges, in griechischer Sprache, wie später ein C. Piso den Krieg
zwischen Sulla und Marius beschrieb.
1. Sulla war Cob. 666 u. 674, Dictator 672-675; f 676. Vgl. C. KrafiFt
inPauly's Real-Enc. II. S. 669 — 677. Th. Lau, L. Cornelius Sulla, eine
Biographie, Hamburg 1855. Die Phthiriasis, an welcher u. A. auch Sulla
gestorben sein soll, ist höchst wahrscheinlich überhaupt eine Fabel; s. bes.
Th. Uuaemann, in d. Zeitschr. der k. k. Gesellschaft der Aerzte zu Wien
(Red. Hebra), XII (Wien 1856). S. 497—533. Plut. Luculi. 1 : ZvlXag rag
avTov nga^Big dvayQafpatv itts^vm (Lucullus) ngoasqxovrjasv. Sulla 37: t6
fixoatov %al Ssvtsgov x&v vnofivrjitccTOJV ngo SvsCv 7jii8Q(ov rj itsXsvxa
yQttfpoiv inavaato. Sueton. gramm. 12, p. 110 Rffsch.: Cornelius Epica-
dus, L. Comeli Sullae dictatoris libertns calatorque in sacerdotio augurali,
. . librum quem Sulla novissimum de rebus suis imperfectum reliquerat
ip«€ fiupplevit. Als Titel wird bald rerum gestarum oder suarum libri
oder commentarii (vitoiivijy^ata) genannt. Sulla in vicesimo primo renim
suarum, Priscian. IX, 39. p. 864 P. = p. 476, 4 Htz. Plutarch hat, beson-
ders in seinem Leben des Sulla und des Marius, diese Memoiren sehr stark
und unvorsichtig und daher zum Nachtheil der geschichtlichen Wahrheit
ausgebeutet; s. H.Peter, die Quellen Plutarchs (1865) S. 57—60. 100 — 102.
Die Reste daraus bei Krause p. 290—295 imd Roth p. 334—338. Ein grie-
chischefl Epigramm von Sulla auf ein Bild der Aphrodite, bestehend aus
zwei Hexametern und einem Pentameter, findet sich in der Anthol. graeca
IL p. 66 ed. lacobs. üeber die (angeblich) vn* avvov ygaqxiacei aatvQinal
%t»fi4pdiai xfi nargia» fpmv^ s. oten §.8, 1. Vielleicht beruht diese Angabe
auf einem Missverständniss der Thatsache dass unter Sulla die Atellanen
geschrieben zu werden anfiengeu; s. oben §. 10 u. 125.
208 Siebentes Jahrhundert d. St,
2. L. LicinioB L. f. LucuUus, geboren um 640, Cos. 680, f 697; 8. sein
elogium im C. I. lat. I. p. 292. W. Drumann, G. B. IV. S. 120—174. W.
Teuffei in Pauly's Real-Enc. IV. S. 1070-1074. Berühmt durch seinen
Beichthum, auch fein gebildet. Plut. Luculi. 1: 6 AoviLovllog jjayijfjto xai
liyBiv t%av6ig inaxegav yXeotrav, mats xal 2^vXlccg (s. A. 1) . . insiva
ngoasfpoavriaiv (og avvta^of/^svip %al Stad"ijcovti tiqv tatoglav SfLSivov, . .
XiysTcci viov ovtcc Ttgog *OQXijaiov -cov Si%ol6yov xorl Siasvväv xov tato-
Qinov Itl naiSiäg tivog Big anovSrjv ngoel^ovarig oiioloy^cai, jcgo^sfiivatv
Ttoirifia Tittl Xoyov iXXr^vmov xs xcxl ^miiatnov , sig o xi av Xa%T^ xovxtoVy
TOP Magaitiov inxsXsiv noXsfiov, xat natg ^oitiev stg Xoyov sXXrivinov 6
yiXiJQog dtpmiad'atj Siaam^sxai yoig eXXi^vinjj xig laxogCa xov Magaixov
TtoXifiov. Vgl. Cic. ad Att. I, 19, 10: non dicam quod tibi ut opinor Pan-
hormi Lucullus de suis historiis dixerat, se, quo facilius illas probaret ro-
mani hominis esse, idcirco barbara quaedam et aoXoma dispersisse. Wie
er überhaupt seine Talente wenig yerwerthete, so brachte er es auch nie
zu streng kunstmässiger Beredtsamkeit, obwohl Plut Luc. 33 ihn ^Bivog
slnstv nennt. Vgl. Cic. Brut. 62, 222 (oratorem acutum) und Tac. diaL 37
(unten 158, 3). Auch für die Philosophie fehlte es ihm nicht an Interesse,
vgl. Plut. Luc. 1: ysvojievog vgeaßvxegog Tjdrj nctvxdnaaiv . . a()pi7Xf xr^v
Sidvoiav iv (piXoaO(pia axoXd^eiv xctl dvccvavsa&ai^ x6 &s(Dg7jxi%6v avx^g
iysigccg, Cic. Acad. pr. II, 2, 4: maiore studio LucuUus cum omni litte-
rarum generi tum philosophiae deditus fuit quam qui illum iguorabant
arbitrabantur, nee vero ineunte aetate solum sed 6t pro qnaestore aliquot
annos et in ipso hello. . . cum autem e philosophis . . putaretur Antio-
chus, Philonis auditor, excellere, eum secum et quaestor habuit (J. 667 f.)
et post aliquot annos imperator. . . deiectabatur autem mirifice lectione
librorum de quibi;is audiebai Vgl. de fin. III, 2, 7 f.
3. Plut. Mar. 45: FaVog xig Ilfiatovy dvrjg taxogmog, über den Tod
des Marius mit als Quelle genannt. Da er sonst nie wieder erwähnt wird,
so ist unbekannt welcher der Calpurnii Pisones er war; der oben 128, 4
behandelte L. Piso ist es jedenfalls nicht.
146. Der sullanischen Zeit gehört auch der Senator L. Man-
lius an, welcher ein euhemeristisch gefärbtes Reise- und Wun-
der-Buch verfasste; sowie der Freigelassene L. Voltacilius
Pilutus, der erste nicht frei Geborene welcher sich zu Rom an
die Geschichtschreibung wagte. Seiner sonstigen Stellung ge-
mäss scheinen seine derartigen Arbeiten rhetorisch angelegt und
apologetisch unterthänig gewesen zu sein.
1. Dionys. Ant. I, 19: xQV^f''^9 ^^ (prjai Aevitiog MdXXiog^ dvrjg ovx
darjiiog^ avxog ISbiv (in Dodona). Plin. N. H. X, 2, 4: primus atqne diU-
geutissime togatorum de eo (den Phönix) prodidit MamUius un^ Autoren,
verzeichniss zu B. X: ManiHus) Senator ille maxumis nobilis doctrinis doc-
tore nullo. . . prodit idem Mamilius . . fuisse eins conversionis annum
prodente se P. Licinio Cn. Comelio cos. (6^ d. St.) ducentesimum quintum
decumum. Varro hat dieses Buch vielfach benützt; s. L. L. V, 31 (Mal-
lius). YII, 16 u. 28 (Maniüus); vgl. Amob. III, 38 (Manilius). Macrob.
L. Manlius, PilutuB, Plotius Gallus. 209
Sat I, 10, 4 (Malliiia). Th. Mommsen, Rhein. Mus. XVI. S. 284—287, wel-
cher für möglich hält dass es der L. Manlius sei den wir aus Münzen
S\üla8 als dessen Proquästor um 670 (röm. Münzwesen S. 595) und aus
Schriftstellern (Liv. XC. Oros. V, 110. Caes. b. c. III, 20. Plut. Sertor. 12)
als Statthalter von GaUia Narbonensis um 677 kennen. Auch ist wahr-
scheinlich (Ritschi Parerga S. 242) dass er identisch ist mit dem Manilius
welchen Gellius (s. oben 88, 4) als Verfasser eines Verzeichnisses der ech-
ten plautinischen Stücke aufführt.
2. Suet. gramm. 27 = rhet. 3, p. 124 Rffsch.: L. Voltacilius Pilutus
Hieronymus: Plotus) servisse dicitur . . donec ob ingenium et studium
litterarum mauumissus accusanti patrono subscripsit. deinde rhetoricam
professus Cn. Pompeium Magnum (geboren 648) docuit patrisque eins (Cn.
Pompeius Strabo, Cos. 665, f 6^7) res gestas nee minus ipsius (ohne Zwei-
fel bei dessen Lebzeiten) compluribus libris exposuit, primus omnium li-
bertinorum, ut Cornelius Nepos opinatur, scribere hibtoriam orsus (s. oben
31,3). Hieronym. zu Euseb. Chron. 1936, OL 174, 4 = 673 =:=: 81 v. Chr.:
Vultacilius Plotus latinus rhetor, Cn. Pompei libertus et doctor, scholam
Bomae aperuit. Dass er vielmehr Freigelassener eines Voltacilius war
zeigt sein Name.
146. Seit der Mitte des siebenten Jahrh. d. St. scheint der
Jugendanterricht allmählicli in ein festes Geleise gekommen
zu sein; es mehren sich daher die Namen Solcher welche zu
Rom und im übrigen Italien als Lehrer der Grammatik imd Rhe-
torik wirkten, grossentheils freilich Freigelassene und von frem-
der Nationalität. Die Meisten waren auf jenen Gebieten zugleich
schriftstellerisch thätig und verbanden dabei mit grammatischer
Forschung auch antiquarische und literarhistorische. Die Bedeu-
tendsten waren in dieser Zeit L. Plotius Gallus, Saevius Nica-
nor, Aurelius Opilius, Antonius Gnipho und Pompilius Andro-
nicas, weiterhin Q. Cosconius, Epicadus, Servius Clodius und
Staberius Eros.
1. Sueton. gramm. 3, p. 102 Bffsch.: posthac (nach Stilo) magis ac
magis et gratia et cura artis (grammaticae) increvit, ut ne clarissimi qui-
dem ?iri abstinuerint quo minus et ipsi aliquid de ea scriberent (z. B.
Sisenna, wie schon früher Lucilius) utque temporibus quibusdam super
viginti celebres scholae fuisse in lurbe tradantur, auch grammatici theuer
gekauft wurden (als Sklaven), wie Lutatius Daphnis (vgl. oben 119, 11),
L. Apuleius. iam in provincias quoque grammatica penetraverat, ac non-
nolli de notissimis doctoribus peregre docuerunt, maxime in Gallia togata;
inter quos Octavius Teucer et Sescennius (?Fesc. oder Pesc?) lacchus et
Oppius Chares. Eine Anzahl Gelehrter dieser Zeit bediente sich auch der
gebundenen Form, wie L. Attius (s. 119, 11), Porcius Licinus (123, 3), Q.
Valeriud Soranus (124, 1), Yolcatius Sedigitus (124, 3).
2. L. Plotius Gallus (Suet. rhet. 2 = gramm. 26) primus Romae latinam
rhetoricam docuit; s. oben 36, 8. Die Zeitbestimmung des Sueton (bei
T^affrl Röm. Litfratureeschirhte. IM
210 Siebentes Jahrhundert d. St.
Hieronymus), J. 666 — 667, stimmt zu Cicero s Angabe pueris nobis (bei
Suet. 1. 1. vgl. Sen. controv. II, 8. p. 116, 23 Bu.) oder extremis L. Crassi
temporibus (Quintil. II, 4, 42). Vgl. M. Varro bei Non. p. 79: Autumedo
meus, quod apud Plotium rhetorem bubulcitarat, „erili dolori non defuit".
Nach Quintii. XI, 1, 143 hatte er de gestu eine Schrift herausgegeben.
Hunc eundem (nam diutissime vixit) M. Caelius . . significat diciasse Atra-
tino accusatori suo actionem (Suet. rhet. 2).
3. Saevius Nie an er primus ad famam dignationemque docendo per-
venit fecitque praeter commentarios , quorum tarnen pars maxima inter
cepta dicitur, saturam quoque, in qua libertinum se ac duplici cognomiue
esse . . indicat, Suetou. gramm. 5, p. 104 RiFsch. Seine Satire war akc
(wie die des Lucilius und Horaz) eine Selbstdarstellung seiner Persönlich-
keit. Sueton führt daraus zwei Hexameter an, worin Schluss-s prosodiscb
ignoriert ist.
4. Sueton. gramm. 6, p. 105 Rffsch.: Aurehus Opilius, Epicurei cu-
iusdam libertus, philosophiam primo, deinde rhetoricam, novissime gram-
maticam docuit. dimissa autem schola Butilium Rufum (oben 136, 1—3)
damnatum in Asiam secutus (ums J. 660) ibidem Smjrnae simulque conse-
nuit (missverständlich hält in Folge dessen Symmachus, Ep. I, 15 ihn für den
Lehrer des Rutilius), composuitque variae eruditionis aliquot volumina, ex
quibus novem unius corporis . . Musanmi . . inscripsisse se ait ex nnmero
divarum et appellatione (vgl. Gell. I, 25, 17: Aurelius Opihus in primo li-
brorum quos Musarum inscripsit). Die Musae enthielten nach der Probe
bei Gellius Worterklärungen, daher wohl auf dieses Werk die zahlreichen
Anführungen bei Varro L. L. und besonders Festus zu beziehen sind, wo
er bald Aurelius genannt wird (Varro VII, 65. 70. 106. Fest. p. 68. 147
u. sonst) bald Opilius (Varro VII, 50. 67. 79. Fest. p. 85), bald auch Au-
rehus Opilius (Fest. p. 141) und Opilius Aurelius (Fest. p. 163). Vgl. Eg-
ger, serm. lat. reliqq. p. 27 ff. Als Glossograph hatte er Plautus besonders
zu berücksichtigen, ohne dass er desswegen für einen eigentlichen Scholi-
asten desselben gelten kann. Auch zählt GeUius III, 3, 1 ihn unter den
Verfassern von indices der plautinischen Stücke auf, wohin ohne Zweifel
sein libellus qui inscribitur Pinax mit der akrostichischen Aufschrift Opil-
lius (Suet. l. 1.) gehört. F. Osann (Ztschr. f. d. Alt.-W. 1849, S. 199 ff.)
vermutete dass daraus die akrostichischen Argumente der plautinischen
Stücke entnommen seien. Ritschi, Parerga S. 180. 239 f. 321. 364 f. XV f.
F. Osann, Aurelius Opilius der Grammatiker, Ztschr. f. d. Alt.-Wiss. 1849,
Nr. 25 — 28.
5. M. Antonius Gnipho, ingenuus in Gallia natus, sed expositus, . .
fiiisse dicitur ingenii raagni, . . nee minus graece quam latine doctus. . .
docuit primum in D. lulii (geb. 654) domo pueri adhuc, deinde in sua pri-
vata. docuit autem et rhetoricam, ita ut quotidie praecepta eloquentiae
traderet, declamaret vero nonnisi nundinis. scholam eins claros quoque
viros frequentasse aiunt, in his M. Ciceronem, etiam cum praetura funge-
retur (J. 688, vgl. Macrob. Sat. III, 12, 8). scripsit multa, quamvis annum
aetatis quinquagesimum non excesserit etsi Ateius Philologus (sein Schü-
ler, Suet. gramm. 10) duo tantum volumina De latino sermone (vgl. Quin-
Nicanor, Opilius, Gnipho, Ser. Clodius u. a. Gelehrt«. 211
til. I, 6, 23) reliqiiisse eum tradit, nam cetera scripta discipulomm eius
esse, DOn ipsius. Suet. gramm. 7. p. 105 f. RffBch.
. 6. M. Pompilins Andronicus, natioue Syrus, studio Epicureae sectae
desidiosior in professione grammaticae habebatur. . . itaque cum se in
urbe non solum Antonio Gniphoni sed ceteris etiam deterioribus postponi
Tideret Cumas transiit ibiqne in otio vixit et multa composuit, besonders
Annalium Euni Elenchi, die später Orbiliiis unter dem Namen ihres Ver-
fassers herausgab. Sueton. gramm. 8, p. 106 Rffsch.
7. Q. Cosconius, als Gewährsmann angeführt in der suetonischen
vita Terentii (p. 32, 13 RlFsch.); s. oben 97, 6. Er ist ohne Zweifel iden-
tisch mit dem von Varro L. L. VI, 36 und 89 (Cosconius in Actionibus) er-
wähnten Grammatiker. Ritschi in Reifferscheids Sueton p. 518.
8. Cornelius Epicadus (vgl. oben 144, 1) in eo libro quem de metris
ßcripsit, Max. Victorin. p. 1957 P. ISpicadus de cognominibus, Charis. I.
)) 85 P. = 110, 3 K.
9. Ser. Clod ins, eques rom. und Schwiegersohn des L. Aelius; s. oben
137, 1. Plin. N. H. XXV, 7, 24: tradit M. Varro, Ser. aodium eq. rom.
etc. Suet. gramm. 3, p. 102 Rffsch.: cum librum soceri nondum editum
fraude intercepisset, ob hoc repudiatus secessit ab urbe. Nach seinem
Tode schenkte sein (Halb-) Bruder Papirius Paetus seine hinterlassenen Pa-
piere und Bücher dem Cicero; s. ad Att. I, 20, 7 (Ser. Claudius) und II,
1,12 (beide vom J. 694). Vgl. ad Fam. IX, 16, 4 (an Paetus): Servius,
frater tuus, quem litter atissimum fuisse iudico, facile diceret „hie versus
Plauti non est, hie est^S quod tritas aures haberet notandis generibus poe-
tarum et consuetudine legendi. Varro L. L. VII, 106 (vgl. 70 u. 66) nennt
ihn nach Aurelius (oben A. 4), dessen ganze Richtung er getheilt zu haben
scheint, da auch er ebensowohl Glossograph war (s. Varro 1. 1. vgl. Gell.
Xm, 23, 19 in commentario Ser. Claudii. Serv. Aen. I, 52 und II, 229:
(Hodiüs commentariorum. I, 176: Clodius scribit, commentariorum IV«) als
Verfasser eines Verzeichnisses der ^echten plautinischen Stücke (Gell. III,
3, 1). Vgl. Ritschi, Panerga S. 242 f. p. 365 f. Auf ihn bezieht Fr. Geb-
ier, Rhein. Mus. XVIII. S. 253 — 261 (Glossae Servii grammatici) die im
Glossarium des Labbäus mit S bezeichneten (ungefähr 2000) Glossen.
10. Staberius Eros . . emptus de catasta (vgl. Plin. N. H. XXXV, 18,
68) . . temporibus Sullanis proscriptorum liberos . . gratis in discipliuam re-
cepit, Suet. gramm. 13. Fronto p. 20 Naber: quorum (der älteren römi-
schen Schriftsteller) libri pretiosiores habentur . . si sunt a Lampadione aut
Staberio (scripti). Priscian VIII. p. 385, 1 Htz. : Staberius de proportione.
Er war noch Lehrer des Brutus und Cassius (Suet. 1. 1.). Ein Mythus war
wohl das8 Publilius, Manilius und er eadem nave nach Italien kamen (Plin.
L L, der ihn übertreibend conditor grammaticae nennt).
147. Schriftsteller über Land- und Hauswirtschaft
waren, spätestens in der suUanischeji Zeit, die beiden Saserna
und darauf Scrofa, vielleicht auch Mamilius Sura und Licinius
Maenas.
14*
212 Siebentes Jahrhundert d. St.
1. Saserna ist ein cognomen in der gens Hostilia (s. A. Haakh in
Pauly's Real-Enc. III. S. 1530, Nr. 13). Colum. I, 1, 12 (vgl. oben 44, \):
post huuc (Catonem) duos Sasernas, patrem et filium, qui eam diligeutius
erudierunt. Varro R. R. I, 2, 22 : sequar Sasemarum, patris et filii, libroe.
Sasemae- in dem Quelleuverzeichnisse von Plin. N. H. X, Sasernae pater
et filius ib. XIV, XV, XVII, XVIII, vgl. XI (Saserna) und XVU, 14, 22.
arbusti ratio mirum in modum damnata Sasernae patri filioque, celebrata
Scrofae, vetustissimis post Catonem peritissimisque. Vgl. Varro R. R. I, 16
5: Sasemae liber praecipit. 18, 2: Saserna scribit. Columella I, 1, 4 f.:
id non spemeudus auctor rei rusticae Saserna videtur adcredidisse. nan
eo libro quem de agricultura scriptum reliquit u. s. w. Vielleicht dass dei
Sohn das vom Vater^unvollendethinterlassene Werk abschloss und herausgab
2. Varro R. R. I, 2, 10: collegam (des Varro), XXvir qui fuit ad agro.«
dividundos Campanos, . . Cn. Tremellium Scrofam, virum Omnibus vir
tutibus politum, qui de agricultura Romanus peritissimuä existimatur. II
1, 11: Scrofa uoster, cui haec aetas defert rerum rusticarum omnium pal
mam. Auf diesem Gebiete war er auch Schriftsteller; s. A. 1. Colum. I
1, 12 (Scrofa Tremellius). 6. 11, 1, 4 (TremelHus). Von Plinius wird er it
dem Quellenverzeichniss zur N. H. XI. XIV. XV. XVII. XVIII genannt
immer als Scrofa.
3. Mamilius Sura, von Plinius N. H. in den Quellenverzeichnissen zi]
Buch Vin, X, XI, XVII, XVni, XIX aufgeführt, im Texte selbst aber nui
XVIII, 42 genannt (Cato . . Sura Mamilius . . Varro). Vgl. Th. Momm-
sen, Rhein. Mus. XVI. S. 282.
4. Colum. XII, 4, 2 : tum demum nostri generis postquam a bellis otiuin
fuit quasi quoddam tributum victui humano conferre non dedignati sunt,
ut M. Ambiviud et Maenas Licinius, tum etiam C. Matius, quibus Studium
fuit pistoris et coci nee minus cellarii diligentiam suis praeceptis instituere.
Ist die Aufzählung, wie glaublich, eine chronologische, so dürfte Ambiviua
in die erste Hälfte des siebenten Jahrh. d. St. zu stellen sein. Ein Menas
wird genannt auch bei Varro R. R. II, 3, 11 vgl. 1, 1. 8, 1. üeber Ma
tius, den Zeitgenossen des Cicero, s. Colum. Xu, 44, 1: quae C. Matiu£
diligentissime persecutus est . . illi enim propositum fuit urbanas mensas
et lauta convivia instruere. libros tres edidit, quos inscripsit nominibus
Coci et Cetarii et Salgamarii.
148. Zum Philosophieren bot die ganze Zeit von 65(
bis 675 wenig Müsse; die sieh damit befassten vertheilen siel
ziemlich regelmässig so dass die Juristen der Stoa, die Rednei
der neuen Akademie oder den Peripatetikern zufielen. Der Epi
kureismus fand nur unter Solchen Anhang die dem öffentlicher
Leben fem standen.
1. Cic. de or. III, 21, 78: quid . . C. Velleius afferre potest quam ol
rem voluptas sit summum bonum quod ego non possim vel tutari . . ve
refellere . . hac dicendi arte in qua Velleius est rudis? . . quid est quoi
aut Sex. Pompeius (oben 141, 4) aut duo Balbi aut . . qui cum Panaeti«
vixit M. Vigellius de virtute homines stoici possint dicere? de deor. nat
Sasema, Scrofa.^ Philosophie. Rhetorica ad Herenn. 213
I, 6, 15; cum C. Velleio senatore, ad quem tum Epicurei primae ex nostris
deferebänt. . . etiam Q. Lucilius Balbua, qui tantos progresBus habebat
in Stoicis ut cum excellentibuB in eo genere Graecis compararetur. Gleich-
zeitig waren Q. Catulus (oben 136, 4), C. Cotta (oben 140, 4) und L. Lu-
cqIIus (144, 2) Anhänger des Antiochos (Akademie), etwas später der äl
tere Zeitgenosse Cicero's (Cic. Brut. 64, 230 vgl. Ascon. in Pis. p. 15 Or.)
M. Piao (Cos. 693) durch den Peripatetiker Staseas (Cic. de or. I, 22, 104)
AnhäDger dieses Systems (Cic. d. deor. n. I, 7, 16. ad Att. XIII, 19, 4),
und ähnlich der Triumvir M. Crassus durch Alexander Polyhistor (Plut.
Crasa. 3). Zur Stoa aber hielt ausser den Genannten besonders Q. Scae-
vola (oben 141, 1), und aus den noch Aelteren P. Rutilius Rufus (136, 2)
and L. Stilo (137, 1). Epikureer kennen wir (augsM* Vellejus) in T. Albu-
diB (135, 4) und Pompilius Andronikus (146, 6). Philosophisches Interesse
hatte auch der Verf. der Rhetorik ad Herennium (149, 2).
2. Die frühesten epikureischen Schriftsteller unter den Römern, Ama-
finios, Rabirius, Catius, gehören — nach der Art zu schliessen wie bei Cic.
Acad. post. I, 2, 5 von ihnen die Rede ist — erst der ciceronischen Zeit
an; 8. unt^n 160.
149. Eine bemerkenswerthe literarische Erscheinung der
sullanischen Zeit sind die vier Bücher Rhetorica ad C. Her-
ennium, eine vollständige Rhetorik nach griechischen Quellen,
aber vom romisch-nationalen Standpunkte, mit Weglassung alles
dessen was dem Romer als unpraktische Diftelei erschien und
die Beispiele für die rednerischen Figuren den römischen Red-
nern der glänzenden letzten Jahrzehnte entnehmend, theilweise
auch sie selbst bildend. Die Art der Behandlung des Stoffes
zeugt ebenso von Klarheit und Selbständigkeit des Denkens als
von Charakter und nationalem Selbstgefühl. Auch muss der
Verfasser äusserlich in unabhängiger Stellung gewesen sein. Sein
Name ist nicht überliefert; aber die Annahme dass er Corni-
ficius hiess hat an Quintilian eine gewichtige Unterstützung.
1. Zur Charakteristik des Werks vgl. bes>I, 1,1: illa quae graeci
scriptores inanis adrogantiae causa sibi adaumpserunt reliquimus; . . nos
ea quae videbantur ad rationem dicendi pertinere sumpsimus; non enim
spe quaestus aut gloria commoti venimus ad scribendum, quemadmodum
ceteri etc., und lY, 7, 10: nomina rerum graeca convortimus. . . reliquum
scripturae cousumetur in exemplis. haec si aliena posuissemus , factum
esset ut etc. his de causis, cum artis inventionem probassemus Graecorum,
exemplorum rationem secuti non sumus. IV, 1, 1: nihü neque ante rem
Deque praeter rem locuti- sumus.
2. Persönliche Verhältnisse des Verfassers. I, 1, 1: etsi negotiis fa-
miliaribus impediti vix satis otium studio suppeditare possumus, et id
ipsum quod datur oti lubentius iti philosophia consumere consuevimus,
tamen tua nos, C. Herenni, voluutas commovit ut de ratione dicendi cou-
scriberemus. IV, 56, 69 : simul lubenter exercemur (Herennius und der Ver-
214 Siebentes Jahrhundert d. St.
fasser) propter amicitiam, cuius initium cognatio fecit, cetera philosophia
ratio confirmavit. III, 2, 3: si quando.de re militari aut de administrs
tione reip. scribere velimus. IV, 12, 17: haec qua ratione vitare poss:
mus in arte grammatica dilucide dicemus. Das Beispiel IV, 54, 68: mod
consul quondam is deinde primus erat civitatis, und : proficiscitur in Asian
deinde hostis e&t dictus, post imperator et populi rem. consul factus ei
deutet auf Abfassung des letzten Buches nach SuUa's Tode (oder mindt
stens unter seiner Dictatur).
3. Zahlreiche Partien des Werks sind wörtlich benutzt von Cicero i
seiner Jugendschrift de inventione; s. 169, 1. Die Dreitheilung der ins
nuatio z. B., welche ad Her. I, 9, 16 als neu und eigene Erfindung b
zeichnet ist, wird von Cic. de inv. I, 17, 23 kurzweg angenommen. Au(
die Verschiedenheit in vielen Hauptpunkten (C. L. Kayser, Ed. p. IX f. ur
in den Münchner Gel. Anz. 1852, S. 482 — 487) ist ein Beweis dass d
Uebereinstimmung nicht etwa blos aus Gemeinsamkeit der Quellen si(
erklärt.
4. Dass Hieronjmus, Fortunatianus, Priscianus u. A. das Werk für (
ceronisch hielten (Kayser, Ed. p. XII f.) beweist nur deren Akrisie. Ande:
Vermutungen über die Person des Verfassers (dass es Antonius Gnipl
sei* oder Aelius Stilo u. dergl.) brachten es kaum bis zu einiger Wah
scheinlichkeit. Die durch C. L. Kayser (Münchner Gel. Anz. 1852, S. 492
und Ed.) wieder aufgebrachte Autorschaft des Cornificius stützt sich a
QuintiHan. Vgl. I. 0. III, 1, 21 nach Nennung von Cicero: scripsit de eade
materia (Rhetorik) non pauca Cornificius, aliqua Stertinius. Aus des Com
Werke führt er Verschiedenes an, insbesondere lateinische Bezeichnung«
für griechische Kunstausdrücke (vgl. A. 1), was sich genau so in der Rh
torik ad Herennium findet. So V, 10, 2: ideo illud Cornificius contrariu
appellat == ad Her. IV, 18; IX, 2, 27: oratio libera, quam Cornificius
centiam vocat = Her. IV, 36, 48; 3, 71: Cornificius hanc traductione
vocat = Her. IV, 14, 20; 3, 91: et hoc Cornificius atque Rutilius axrji^
Xi^sms putant = Her. IV, 25, 35; 3, 98: adicit bis . . Cornificius interr
gationem etc. = Her. IV, 15 — 30. An andern Stellen entnimmt Quintil. dei
selben Werke, ohne es zu nennen, Beispiele, wie IX, 3, 31 (= Her. I
14, 20). 56 (= Her. IV, 25, 34). 70 (= Her. IV, 21, 29). 72 (= Her. 1
22, 30). Um die Zeit des picero sind uns mehrere Comificii bekannt. {
einer der J. 680 scriba des Prätors Verres war (Verr. Acc. I, 57, 150), e
Senator P. Cornificius (Ascon. in Mil. p. 37) und Q. Cornificius, welch
685 tr. pleb. war (Verr. act. prima 10, 30: Q. Manlium et Q. Comificiu]
duos severissimos atque integerrimos iudices, quod tribuni pl. tum enu
iudices non habebimus; vgl. Ascon. in tog. cand. p. 82 Gr.: vir sobrius
sanctus), 690 Ciceros Mitbewerber imi den Consulat (Cic. ad Att. I, 1,
und auch bei Sali. Cat. 47, 4 und Cic. ad Att. I, 13, 3 als Senatsmitgli
genannt. Kayser Ed. p. VI hält den Letzteren für den Verfasser.
5. Das Werk wurde im Mittelalter viel gebraucht und abgeschriebe
über die Hss. davon s. Kayser Ed. p. XV— XXX. C. Halm, Analecta Ti
liana, Fase. I: lect. var. ad libros rhet. qui ad Her. inscripti sunt ex cod
coli, cum brevi adnot. critica, MünQhen 1852. J. Simon, die Hdss. der £
an Her. I. Schweinfort 1863. 4. II. Schweinfurt 1864. 4.
Comificius. Prosaische Insohriften aus J. 600 — 670. 215
*
Aasgaben von P. Burmann (mit Cic. de inv.), Lugd. Bat. 1761, und
besonders Comifici Rhetoricorum ad C. Herennium libri IV; rec. et inter-
pretatuö est C. L. Kayser, Lips. 1854. XXX und 328 pp. 8. Vgl. Kaysei^-
Heidelb. Jahrbb. 1854, S. 411—413 und Philologus XII. S. 271—279. C.
Halm, zur Textkritik der Rhetorik ad Her., Rhein. Mus. XV. S. 536—673.
L. Spengel, die Interpolation in der Rh. ad Her., Ebend. XVI. S. 391—413.
C. Hansel, zu Cornif. Rh., Jahns Jahrbb. 93, S. 851 — 854.
Ueber das Werk s. C. L. Kayser, Münchner Gel. Anz. 1852, Nr. 69—62.
A. Kammrath, de Ubrorum rhett. ad C. Herennium auctore, Holzminden
1858. 23 pp. 8. J. Forchhammer, Kort udsigt etc. 1858 f. (s. Philologus
XVI. S. 574). Mommsen, R. G. II». S. 457 f. W. Teuffei, über Cic. Schrif-
ten (Tübi. 1863. 4.) S. 23—26. F. Blass, Gesch. d. griech. Beredts. (1865)
S. 121 f.
160, Unter den prosaischen Inschriften aus den Jahren 600
—670 d. St. sind besonders erwähnenswerth die amtlichen Ur-
kunden, wie die tabula Bantina, lex repetundarum, agraria u. a.
1. Tabula B antin a, gefunden zu Bantia in Apulien, auf der einen
Seite mit lateinischem, auf der andern einem (nicht identischen) oskischen
Texte, aus den J. 621—636 d. St., erstmals veröffentlicht 1795. Der er-
haltene Theil enthält Bestimmungen zur Sicherung der Verfassung ^(von
Bantia). Facsimile bei Ritschi P. L. M. E. XIX; Text, Literatur (z. B. A.
Kirchhoff, das Stadtrecht von Bantia, Berlin 1853) und Erläuterung von
Th. Mommsen, C. I. lat. I (1863). p. 45—48.
2. Lex (Acilia, früher unrichtig ServUia) repetundarum vom J. 631 oder
632 d. St., zuerst vollständig veröffentlicht von F. ürsinus, Rom 1583, am
besten erläutert von C. A. C. Elesze (Berlin 1825. 4.). Facsimile (mit
unten Nr. 5) bei Ritschl P. L. M. E. XXIU-XXVIII; Abdruck und Erläu-
terung bei Th. Mommsen 1. 1. p. 49 — 72.
3. Gleichfalls aus der Zeit der Gracchen sind wohl die Ueberreste
einer lex de quaestione perpetua bei Ritschl Tf. lll, bei Mommsen Nts
207 f. p. 126; sovne wohl die Inschrift des L. Betilienus L. f. Vaarus aus
Aletriom, ib. 1166, p. 239.
4. Schiedsrichterlicher Spruch von Q. und M. Minudus in einer Grenz-
streitigkeit zwischen den. Genuates und Viturii, vom J. 637 d. St., gefun-
den 1506; bei Ritschl Tf. XX, bei Th. Mommsen p. 72—74.
5. Lex agraria vom J. 643 d. St., fn'iher lex Thoria genannt (die aber
in 635 oder 636 fiel), vielleicht von dem trib. pl. C. Baebius (Sali. lug. 32 f.);
erhalten auf der Rückseite der lex repet. (Nr. 2), bei Mommsen 1. 1. p.
75—106.
6. Erlass des Prätors L. Cornelius Cn. f. an die Tiburter, wahrschein-
lich aus der Mitte des siebenten Jahrh. d. St., erstmals gedruckt 1583,
bei Mommsen 1. 1. p. 107 f.
7. Lex parieti faciendo aus Puteoli vom J. 649, aber erst in der Kai-
serzeit eingehauen, C. I. lat. I, 577. p. 163—165.
216 Ciceronisches u. augusteisches Zeitalter. J. 671 — 770 d. St.
m.
Zweite Periode.
Das goldene, Zeitalter der römischen Literatur.
Ciceronisches und augusteisches Zeitalter, J. 671 — 770 d. St.
A. CiceroBiflche Zeit, J. 671 — 711 d. St.
161. Das goldene Zeitalter der römischen Literatur ist die
Periode wo sie in Bezug auf Formvollendung, grossentheils auch
in sachlicher Gediegenheit , ihren Höhepimkt erreicht. Diess
vertheilt sich an zwei Generationen: die Prosa ersteigt ihren
Gipfel in der ciceronischen Zeit, die Poesie aber in der augu-
steischen.
Zu Anfang der ciceronischen Zeit ist die Niederwerfung
der Volkspartei, der Sieg der Nobilität eine vollendete Tatsache.
Aber dieser Zustand war ebenso unhaltbar wie unberechtigt.
Die Nobilitöt war zu entartet und zu sehr durch Selbstsucht zer-
rissen als dass ihre Herrschaft hätte von Bestand sein können;
das Volk aber, durch die Ausdehnung des römischen Bürger-
rechts auf alle Italiker äusserlich zu einer furchtbaren Macht
geworden, war thatsächlich nunmehr das blinde Werkzeug in
der Hand kühnen Ehrgeizes. Es lag Alles fertig für die Herr-
schaft eines Einzigen, welche zu behalten Sulla zu unbequem
gefunden hatte, so dass sogar Abenteurer wie Catilina es wagen
konnten danach zu greifen, und dem Cn. Pompejus bei mehr
Festigkeit des Willens sie nicht entgangen wäre; aber den ver-
wöhnten Günstling des Glückes brachte seine Eitelkeit und Em-
pfindlichkeit zu einem Schaukelsystem das damit endete dass er
bei beiden Parteien Achtung und^ Vertrauen eingebüsst imd dem
klaren willensstarken Caesar in die Hände gearbeitet hatte. Die
nächste Frucht davon war das erste Triumvirat (694=60 v. Chr.),
die weitere der Krieg zwischen Pompejus und Caesar, des Er-
stem Tod, des Caesar Sieg und Alleinherrschaft. Die hirnlose
Ermordimg Caesars bewirkte nur dass die fast schon todte Re-
publik nochmals, durch einen neuen Bürgerkrieg, sterben musste;
die Agonie begann von Neuem, abermals bildete ein Triumvirat
die Zwischenstufe zur Monarchie, und wie das erste dem Cicero
die Verbannung gebracht hatte, so kostete das zweite ihn das
Leben.
Charakter der ciceronischen Zeit. 217
Die Zeit hat nicht die fieberhafte Erregtheit der gracchi-
schen: dazu war die innere Erschöpfung des einen der streiten-
den Elemente, der NobiliiÄt, bereits zu gross; aber an Leben
hat sie keinen Mangel. Die Parteien kämpfen gegen einander
noch lange mit den Waffen des Geistes, mit Wort und Feder,
auf dem Forum und im Senat, auch noch als bereits die rohe
Gewalt sich geltend machte und zuerst Gladiatorenbanden, dann
förmliche Heere die Entscheidung herbeifahrten. Die Beredt-
samkeit, die Geschichtschreibung, die politische Literatur hat
daher auch in dieser Zeit noch fortwährend das Uebergewicht.
Neu ist aber dass jetzt ein Zweig der Literatur um den andern
die Höhe der Kunst erklimmt, indem das Vorurteil schwindet
als sei das Schriftstellern etwas Unwichtiges und komme es da-
bei fast nur auf die Sache an. Hierin zeigt sich die Unterwer-
fung des Romerthums unter den hellenischen Geist, die in dieser
Zeit zum festen Ergebniss wird und über immer mehr Gebiete
sich ausbreitet. Zwar fehlt es noch immer nicht an Männern
welche treu zur nationalen Fahne stehen, wie Varro; aber sie
sind schon weit zurückgedrängt und stark in der Minderheit.
In den herrschenden Kreisen ist die Entfremdung vom Volke
und der Abfall vom römischen Wesen ein allgemeiner; nur dar-
nach trachtet ein Jeder dass er möglichst rasch, auf irgend wel-
chem Wege, durch Raub oder durch Käuflichkeit, selbst auch zu
der Möglichkeit gelange es Ändern gleichzuthun in toller Ver-
schwendung. Den unnatürlich gesteigerten Gelüsten kam die
überfeinerte hellenische Cultur entgegen und ward zur Mode wie
zum Bedürfniss. Hellenen sind in allen Häusern, als Lehrer der
Jugend, als Vorleser, als Gesellschafter im Hause und auf der
Reise; und oft sind es durch Geist und Wissen bedeutende
Männer die sich in den Dienst der römischen Grossen begeben
imd ihnen zu imponieren wissen: Luculi hat seinen Antiochos,
M. Crassus den Alexander Polyhistor, L. Piso den Philodemos.
Auch Staseas bei M. Piso, Philagros bei Metellus Nepos schei-
nen sich über das Gewöhnliche etwas erhoben zu haben; Cicero
hat Diodotos, Lyson, ÄpoUonios in seiner Umgebung; M. Brutus
den Straton, Poseidonios und Empylos. Den Meisten ist es
zwar wenig Ernst, hüben und drüben: der Grieche will der
Nahrungssorgen überhoben sein, und der Römer in seinem Hof-
staat auch einen Philosophen, Poeten und eine dienstwillige Feder
haben. Aber tüchtigere Naturen imd Solche denen Reichthum
und hohe Stellung nicht schon als Erbe zugefallen war erken-
218 Ciceronisches Zeitalter. J. 671 — 711 d. St.
nen in der hellenischen Bildung ein treffliches Mittel durch
eigene Leistungen Ihre Vorgänger zu überbieten und so empor-
zukommen. Hatten schon bisher Verbannte ihren Aufenthalt
mit Vorliebe in hellenischen Städten genommen, wie Metellus,
Rutilius Rufus, so wurde es jetzt immer häufiger dass strebsame
junge Römer Bildungsreisen in den Osten imtemahmen, nament-
lich an die damaligen Hauptsitze der philosophischen und rhe-
torischen Schulen, nach Athen, Rhodos, Mytilene, und am Ende
der ciceronischen Zeit war das Beziehen einer griechischei;i Hoch-
schule schon ein anerkanntes Erfordemies der höheren Bildung,
wie das Beispiel des jungen Cicero und Horaz, des L. Bibulus,
Messala u. A. zeigt. Andererseits ergossen sich über Rom ausser
den Hellenen der Gegenwart auch die der Vergangenheit, in
ihren Büchern: wie schon früher Aemilius Paullus nach seinem
Siege über Perseus eine griechische Bibliothek nach Rom ge-
bracht hatte, so kam jetzt, nach der Eroberung Athens durch
Sulla, die Bibliothek des Apellikon nach Rom, und mit ihr be-
sonders die meisten Schriften des Aristoteles und Theophrast;
durch LucuUus ebenso reiche Bücherschätze aus der pontischen
Beute, so dass es von jetzt an Bibliophilen gab (wie Varro und
Cicero) und allmählich ein Buchhandel sich ausbildete, wie ihn
z. B. Atticus betrieb. Auch das Uebersetzen ^echischer Schrif-
ten ins Lateinische wurde hiedurch gefordert. Zwar die Vor-
nehmeren bedurften dessen nicht, da sie des Griechischen voll-
kommen mächtig waren und sogar gerade da wo sie vertraulich
und gemütlich wurden mit Vorliebe sich der weichen griechi-
schen Sprache bedienten; aber auf weitere Kreise war doch nur
durch Uebersetzungen zu wirken. Indessen waren es jetzt nicht
mehr Dramen worauf sich die Uebersetzer vorzugsweise warfen:
die vornehme Welt liess dem Volke seine nationalen Belusti-
gungen und amüsierte sich selbst in griechischen Schauspielen.
Wohl aber wurden die Erzeugnisse hellenischer Sittenlosigkeit
und Aufklärung jetzt ins Lateinische übertragen; so durch Si-
senna die Romane des Aristeides, durch Amafinius u. A. epiku-
reische Schriften. Erst später übersetzten Cicero und dann Mes-
sala auch ernstere griechische Schriften. Es war begreiflich und
durch die griechischen Lehrer selbst verschuldet dass überhaupt
nicht sowohl die alte echte classische Literatur der Hellenen
den Römern in die Hände kam, sondern die leichtwiegende der
Gegenwart und letzten Vergangenheit. So bildeten die Redner
sich nicht sowohl nach Demosthenes als nach den hellenischen
Charakteristik und Uebersicht. 219
Rhetoren Kleinasiens, wo das Griechische mit Orientalischem
zersetzt war; und als später eine jüngere Schule auf Lysias zu-
mckgieng ward dieser Missgrifif dadurch noch gesteigert dass die-
selben in der Poesie sich die Alexandriner zu Vorbildern wähl-
ten. Aber so wunderbar reich und unverwüstlich war der hel-
lenische Geist dass er trotz alledem noch mächtige Wirkungen
übte, und nicht blos zerstörende: vielmehr geht er jetzt mit
dem Romerthum einen 'Bund ein dessen Früchte die meisten li-
terarischen Erscheintmgen dieser Periode sind. Zwar verleugnen
diese ihren römischen Ursprung nicht: er verräth sich theils in
dem Ueberwiegen der praktischen Richtung in der Literatur
theils auch in dem Mangel an Feinheit welcher den Einen, wie
Lucretius imd Catull, dem Capriciösen welches Anderen, wie
dem Sallust, anhaftet. Aber noch unverkennbarer sind die Spu-
ren der griechischen Einwirkung in [dem Reichthum, der Manch-
faltigkeit, der Achtung und Popularität welche die Literatur aJl-
mählich gewinnt und ganz besonders in der Sorgfalt welche jetzt
der Form zugewendet zu werden anfängt und welche am Ende
der ciceronischen Zeit theilweise sogar in einseitigen Cultus der
Form ausartet.
Die praktische Richtung der Literatur imd der Einfluss der
politisch bewegten Zeit tritt besonders hervor an den Gebieten
welche jetzt hauptsächlich Anbau finden. Die Beredtsamkeit
vor Allem erreicht jetzt in kunstmässigem Betriebe ihren Gipfel-
punkt. Schon bisher, wo griechischer Geschmack und griechische
Kmist nur vereinzelt eingewirkt, hatte sie es zu Leistungen ge-
bracht welche in Verarbeitung undVerwerthung der politischen und
der Rechtsfragen und in packender Kraft die Hellenen weit hinter
sich Hessen; und noch zu Anfang dieser Periode ist Hortensius
ein glänzender Beweis was römisches Talent auch bei einseitiger
Schulung erreichen konnte. Ein Fortschritt war kaum möglich
VQn Seiten der Natur und Begabung; er war es aber auf Seiten
der Kunst, und hier geschah er durch Cicero. Unersättlich
im Lernen, unermüdlich arbeitend an seiner geistigen Vervoll-
kommnung, hat er den Gesichtskreis imd die Stoffe der Beredt-
samkeit erweitert, reiche Kenntnisse, klares Bewusstsein der
Kunstgesetze und ein verfeinertes Gefühl für das Schöne und
Passende im sprachlichen Ausdruck in ihren Dienst gebracht
und dadurch anstatt der bisherigen Zerfahrenheit dem lateini-
schen Stile Gesetz und Ordnung und Reinlichkeit verliehen.
Willig erkannten auch Zeitgenossen wie Caesar hierin seine
220 Ciceronisches Zeitalter. J. 671—711 d. St.
Ueberlegenheit und Mustergültigkeit an. Zwar musste er am
Abende seines Lebens die Erfahrung machen dass die jüngere
Generation sich über ihn hinausgeschritten dünkte, ihn zu asia-
tisch fand und den Namen Atticisten ausschliesslich für sich in
Anspruch nahm; und auch in der Zeit unmittelbar nach ihm
sträubten sich Sallust und Asinius PoUio gegen seine Stilistik.
Aber in der Hauptsache blieb diese siegreich; sein Sprachschatz,
Wortgebrauch und Satzbau wurde der classische und fand, nach-
dem Rom selbst allmählich davon abgefallen war, in späten Jahr-
himderten ehrenvolle Wiederaufrichtung.
In Zusammenhang mit der kunstmässigen Ausbildung der
Beredtsamkeit gewann auch die Theorie derselben, die Rheto-
rik, an Bedeutung. Hier aber herrschten jetzt die Griechen,
Hermagoras, Molon, Apollodoros, Theodoros; und deren Lehr-
bücher wurden beim Unterrichte entweder im Original zu Grunde
gelegt oder in einer lateinischen üebersetzung, dergleichen Val-
gius anfertigte. Cicero, der in seiner Jugendschrift de inven-
tione den gleichen Weg gegangen war, verfolgte in seinen rei-
feren Jahren eher die Bahn der Rhetorik ad Herennium, indem
auch er die Streitfragen der Schulen bei Seite liess, steigerte
aber dabei das Popularisieren des Stoffes. Denn an die Stelle
der knappen strengen Methodik jener Schrift setzte er unter-
haltendes, durch die Vielseitigkeit seiner Kenntnisse und den
Reichthum seiner eigenen Erfahrungen anziehendes und beleh-
rendes Reden über die Fragen der Rhetorik.
Nächstdem gedieh in dieser Zeit die politische Literatur.
Mit der Verbreitimg der Bildung war der Griffel immer mehr
zu einer Macht geworden, und an Händen die bereit waren ihn
zu führen war Ueberfluss. Um alle bedeutenden Persönlichkei-
ten und Vorgänge der Zeit setzt sich daher alsbald eine Lite-
ratur an von Flug- und Streit-Schriften, von Memoiren und Bio-
graphien. Auch die auffallend zahlreiche Bearbeitung welche
die sacralen Gebräuche in dieser Zeit fanden — durch A. Cae-
cina, Appius Pulcher, Valerius Messala, Trebatius — erklärt sich
wohl aus deren politischer Bedeutung. Ebenso steht der Brief-
wechsel zu einem guten Theile in solchem Zusammenhang, noch
mehr die Gesöhichtschreibung, wie Caesars Beispiel zeigt.
Neben dieser politisch gefärbten Historiographie hat die alte
annalistische Weise noch ihre Ausläufer, den vollkommensten in
Cornelius Nepos. Reichsten Stoff lieferten Varro's geschichtliche
Charakteristik und Ueberßicht. 221
Werke 5 Uebersichten verfassten M. Varro, Atticus und Cornelius
NepoS; diese drei zugleich Vertreter der vergleichenden Geschicht-
schreibung (Griechen und Römer). Für die stoflFliche Seite der
Geschichte war die Einführung einer amtlichen Zeitung (acta
diuma) durch Caesar (J. 695 = 59) sowie das Aufkommen der
Stenographie (notae Tironianae) höchst förderlich. Andrerseits
enthält diese Zeit in Sallust den ersten Vertreter der neuen
Weise, welche, in dem Bewusstsein dass Geschichte zu schreiben
auch eine Kunst sei, in Schilderung der Begebenheiten und han-
(lebden Charaktere den griechischen Vorbildern nachstrebt.
Mit der Geltung der Bildung wuchs auch die der Forschung
und Gelehrsamkeit, zumal da sie eiuen Varro hatte, der in
einem langen Leben eine erstaunliche Fülle des Wissens sich
erwarb und in Schriften niederlegte, in ehrlichem nationalem
Sinne, und so reich dass Jahrhunderte davon zehrten. Nächst
ihm genossen Valerius Cato, Nigidius Figulus und Santra das
meiste Ansehen; auch Aristokraten wie Valerius Messala (Cos.
701) betheiligten sich an der Erforschung des vaterländischen
Alterthums. Die Werkzeuge der Civilisation, die Lehrer, zo-
gen persönlich noch wenig Vortheil aus dem wachsenden
Eifer für Bildung. Selten widmeten Freie sich diesem Berufe,
wie Orbilius Pupillus, und dieser ward nie des Lebens froh;
die meisten waren noch immer Freigelassene griechischen Ur-
sprunges, wie Curtius Nikias, Lenäus, Attejus Prätextatus, Cae-
cilius Epirota.
Ausser den Lehrern lieferte Hellas nach Rom hauptsächlich
Philosophen, und durch diese fand philosophisches Disputie-
ren und Schriftstellern in Rom immer mehr Eingang. Eine Sel-
tenheit war es aber dass man es damit so wichtig nahm wie
Cato mit seinem Stoicismus oder Lucretius mit seinem epikurei-
schen Bekenntniss; die Meisten pflückten aus den verschiedenen
Systemen die ihnen zusagenden Früchte. Auch die Schriftstel-
ler auf diesem Gebiete entschieden sich, wie die Hauptphiloso-
phen des damaligen Hellas selbst, für einen Eklekticismus dessen
einzelne Bestandtheile je nach der Lidividualität des Verfassers
gemischt waren. So hielt Varro in der Ethik zur Akademie^
sonst zur Stoa, M. Brutus umgekehrt in der Ethik zur Stoa,
sonst zur Akademie, und Cicero liess am liebsten die verschie-
denen Systeme gegen einander reden. Ausser Lucretius haben
wir aus dieser Zeit nur von Cicero Schriften philosophischen
222 Ciceronieches Zeitalter. .1. 671— 711 d. St.
Inhalts, und deren Werth liegt lediglich in ihrer Form, in der
Gewandtheit womit die lateinische Sprache den neuen StofiTen
angepasst ist.
Die Poesie spielte in dieser Zeit lange eine untergeordnete
Rolle und hat, ausser dem was M. Varro und M. Cicero in dieser
Art unternahmen, nur die Arbeiten des Valerius Cato, Furius
Bibaculus und Q. Cicero aufzuweisen. Das Bedeutendste unter
diesen leistete M. Varro, der durch die Manchfaltigkeit der von
ihm, besonders in seinen saturae Menippeae, .angewandten metri-
schen Formen und die Strenge die er sich dabei auferlegte ein
Vorgänger der alexandrinisierenden Dichter war. In der zweiten
Hälfte des Zeitraums macht sich der Einfluss des Hellenismus
auch darin bemerklich dass der Poesie grössere Aufmerksamkeit
geschenkt wird. Die erstg bedeutende Frucht dieser Bewegung ist
das Lehrgedicht des Lucretius, zwar durch imd durch römisch in
• seiner ehrlichen Schroffheit und alterthümlichen Sprache, aber zu-
gleich erfüllt von einem Geiste der Aufklärung und in seiner Form
auf der Bahn des Ennius weiter wandelnd. Die jüngere Gene-
ration sodann verbreitete sich über die verschiedenen Zweige der
Poesie und versuchte sich in den manchfaltigsten Formen, mit
Geist und Erfolg Catull, neben ihm seine Freunde Licinius Cal-
vus und Helvius Cinna, auch Varro Atacinus und Cassius aus Parma.
Nur das Drama blieb von diesen imangebaut: in ihrer selbst-
genügsamen Abkehr von der eigenen Nation verschmähten sie
es für das Volk zu dichten imd bildeten lieber die geistesarmen,
aber formcorrecten alexandrinischen Dichter nach. Die Bühne
sah sich so auf die Vergangenheit angewiesen, und ausgezeich-
nete Schauspieler, wie der Tragöde Aesop und der Komöde
Roscius, hauchten den Stücken der Tragiker und Palliatendichter
des sechsten Jahrh. d. St. neues Leben ein. Unter den volksmässi-
geren Gattungen gewann im Laufe der ciceronischen Zeit der Mimus
die Herrschaft, als die entsprechendste Darstellung der haupt-
städtischen Zügellosigkeit. Für ihn arbeitete der römische Rit-
ter D. Laberius, sowie der Freigelassene und Schauspieler Pubb-
lius Syrus. Durch Laberius wurde der Mimus zugleich in die
Literatur eingeführt.
In dieser Zeit wurde auch der letzte Rest der nationalen
Prosodik beseitigt. Das im Leben fast unhörbare imd daher
von Ennius vor Consonanten unberücksichtigt gelassene auslau-
tende s wurde von den alexandrinisierenden Dichtem dieser Zeit
Charakteristik und Uebersicht. 22»3
grundsätzlich und regelmässig als voller Consonant behandelt,
nachdem noch M. Varro und Lucretius das prosodische Ignorie-
ren desselben sich erlaubt hatten, obwohl verhältnissmässig nicht
allzuhäufig.*) Nur die Verschleifung von auslautendem m vor an-
lautendem Vocal blieb für alle Zeit bestehen. Auch das ist ein
Symptom des Sieges den der Hellenismus gewonnen dass das
lateinische Alphabet in dieser Zeit um. die griechischen Buch-
staben y und z vermehrt wird und die griechischen Aspirate
jetzt in der lateinischen Schrift (durch th, ph, ch) wiedergege-
ben werden. 2) Lang i wird seit der sullanischen Zeit theils
durch ein über die Höhe der Zeile verlängertes I theils durch
einen Apex bezeichnet.^)
Unter den literarischen Persönlichkeiten der ciceronischen
Zeit besteht ein stark ausgeprägter Unterschied je nachdem sie
der ersten oder der zweiten Hälfte derselben, der älteren oder
der jüngeren Generation, angehören. Die Aelteren, deren Jugend
in die Schreckenszeit der Kämpfe zwischen Sulla und Marius fiel,
haben in Literatur und Leben noch eine gewisse ernste Haltung,
die auch dem Furius Bibaculus nicht abzusprechen ist. Das
Ende des siebenten Jahrh. d. St. und den Anfang des achten
kennen wir aus Cicero imd CatuU als eine stürmische entfesselte
Zeit; es ist die Zeit eines Clodius mid der Clodia, wo Zucht-
losigkeit für Genialität galt und die aJtrömische Ehrbarkeit aus
Leben und Literatur geschwunden war.^) Die jüngere Genera-
tion, die in dieser Atmosphäre aufwuchs imd frühzeitig in den
Strudel hineingerieth, wurde von ihm auch verschlungen, ver-
zehrte in Sinnentaumel rasch ihre Kräfte und fand ein frühes
Ende. Gegenüber von den altrömischen Dichtem, die auch
durch das hohe Alter das sie erreichten als wahre Patriarchen
dastehen, ist es auffallend wie kurzlebig die Schriftsteller dieser
Zeit sind, ein Catull, Calvus, Caelius Rufus, theilweise auch Lu-
cretius und Sallust. Sie sind auch in dieser Hinsicht, wie in
Ij Vgl. J. Jessen, Quaestioues Lucretianae p. 22—26.
2) Cic. orat. 48, 160. Quintil. XII, 10, 27. ^
3) Ol. Kellermann in 0. Jahn's Spec. eßigraph. (Kiel 1841) p. 105 ff.
^. Bitschi im Rhein. Mus. XIV. S. 299 ff. 378 ff. 487 f. P. L. M. E. Suppl.
V (Bonn 1864). p. XIV f. W, Schmitz, studia orthoep. et orthogr. lat.,
I>üren 1860. 4.
4) Cic. p. Cael. 17, 40: haec genera virtutum non solum in moribus
nostris sed vix iam in libris reperiuntur.
\
224 Ciceronißchcs Zeitalter. J. 671—711 d. St.
ihrer literarischen Richtung/ die Vorläufer der Augusteer, eines
TibuUus und Propertius, nur dass diese an den politischen Ver-
hältnissen eine Art Gegengewicht besassen. Diejenigen unter
ihnen denen ein längeres Leben beschieden war erreichten theil-
weise erst in der augusteischen Zeit den Höhepunkt ihrer Wirk-
samkeit, wie Trebatius, Asinius PoUio, Q. Tubero, C. Matius.
Innerhalb der beiden Generationen selbst besteht wiederum
ein Unterschied hinsichtlich der nationalen imd der politischen
Richtung. In der älteren ist der Gegensatz zwischen Alterthüm-
lich und Fortgeschritten verkörpert auf dem Gebiete der Ptosa
in Varro und Cicero, bei der jüngeren innerhalb der Poesie
durch Lucretius und CatuU; die Einen sind national und auf die
Sache gerichtet, die Andern hellenisieren und streben nach voll-
endeter Form. Cicero und der Kreis des CatuU stehen so prin-
cipiell auf demselben Boden ; aber das gleiche Princip wird dort
mit Mass durchgeführt, hier mit schroffer Einseitigkeit, so dass
die Epigonen die Nase rümpfen über den zurückgebliebenen
Consularen, und Cicero sich mokiert über die neumodischen Dich-
terlinge die in der Beredtsamkeit nichts Höheres kennen als Ly-
sias imd in der Poesie dem Euphorion nafchleiern. *) In der
Politik geht dann die jüngere Generation wieder auseinander, je
nachdem sie republikanisch gesinnt ist — wie Catull, Calvus
imd die bedeutendsten Theilnehmer der Verschwörung gegen Cae-
sar, M. imd D. Brutus, C. Cassius und Cassius aus Parma — oder
auf Caesars Seite steht, wie Sallust, C. Matius, Q. Tubero, M.
Antonius, Curio, Asinius PoUio u. A.
Auch das ist eine Eigenthümlichkeit dieser Zeit dass, nach-
dem mit dem marsischen Kriege die letzten Schranken zwischen
Rom imd Italien gefallen sind, die italischen Landstädte in zu-
nehmendem Masse an der Literatur sich betheiligen und diese
allmählich aus einer römischen . zu einer italischen wird. Als
vollends auch das diesseitige Gallien in den Verband gezogen
war und Italien nunmehr seine natürlichen Grenzen hatte, so
strömen auch von dort die Talente auf den grösseren Schauplatz.
Catull, Cornelius Nepos, Furius Bibaculus, Cassius (Parmensis)
und weiterhin Cornelius Gallus Livius sind aus Oberitalien ge-
bürtig, Varro (Atacinus) sogar aus dem jenseitigen Gallien. WoU-
1) Cic. orat. 48, 161 (poetae novi). ad Att. VII, 2, 1 (vsmxeQOi). Tusc
III, 19, 45 (cantores Euphorionis). Vgl. auch Quintü. XII, 10, 12 if.
Charakteristik und Uebersicht. 225
ten feinere Ohren auch bei diesen Neurömem etwas heraushören
was sie von der urbanitas unterschied; so besassen Letztere um
so mehr Frische und Eifer. Die langsamere Entwicklung der
ferner stehenden Theile Italiens bot dazu den Vortheil dass sie,
unabhängiger von den rasch wechselnden Moden Roms, um so
freuer festhielten an dem wahrhaft Classischen^), und aus dieser
Quelle schöpfend führten sie in der folgenden Zeit ofk genug
neue Lebenskraft; in die von der ewigen Unruhe aufgeriebenen
und erschöpften Adern der Weltstadt.
Durch Umfang und nachhaltigen Einfluss seiner schriftstel-
lerischen Thätigkeit nimmt Cicero in dieser Zeit eine Central-
stellung ein. Um ihn gruppieren sich die Aelteren und ein Theil
der Jüngeren. Etwas älter als Cicero sind Varro (geb. 638),
Aquilius Gallus, die Optimaten M. Crassus (geb. vor 639), L.
Lueullus (geb. um 640), Hortensius (geb. 640), M. Piso (geb.
um 642), sowie Atticus (geb. 645), die epikureischen Ueber-
setzer, L. Albucius, und vielleicht noch Laevius (geb. jeden-
falls vor 640). Gleichaltrig mit Cicero sind Cn. Pompejus
und D. Laberius (beide geboren 648), Sulpicius Rufiis, sowie
ungeßhr L. Luccejus, Q. Tubero, Q. Cicero (geb. 652) und
Purins Bibaculus (geb. 651). Auch Tiro, Trebatius Testa
(geb. um 665) und etwa Nigidius Figulus (Prätor 696) ge-
hören noch zu seinem Kreise. Sonst aber übt auf die Jün-
geren Caesar (geb. 654) grössere Anziehxmgskraft. Unter
diesen stehen an Lebensjahren dem Cicero naher Lucretius
(geb. 655), Cato Uticensis (geb. 659), C. Memmius (Prätor
696), Cornelius Nepos (geb. um 660), Valerius Cato (geb. um
664), Hirtius, Oppius, Mxmatius Plancus, M. Calidius, C. Tre-
bonius, Maecius Tarpa, C. Cassius, Valerius Messala. Orbilius
Pupillus, obwohl schon 640 geboren, entfaltet erst jetzt seine
Wirksamkeit. Die noch Jüngeren haben, soweit sie Gegner
der werdenden Monarchie sind, viele Berührungspunkte mit Ci-
cero gemein, sind aber fast noch mehr von ihm lunworben als
dass sie seine Gunst suchten. Dahin gehören M. Brutus (geb.
669), D. Brutus (geb. nach 670), Calvus (geb. 672), auch Catull
(geb. 668). Unter den Caesarianern dieses Alters hat Cicero zu
C. Matius (geb. um 670) und Caelius Rufus (geb. 672) ein freund-
1) Noch Sueton. gramin. 24 sagt: in provincia . . durante adhuc ibi
abtiqaonmi memoria, necdimi omnino abolita sicut Romae.
T * n f f e 1 , Rom. Literaturg-eschichte. "j 5
226 Ciceronische Z6it. Erste Hälfte, 671—691.
liches fVerhältniss, ein zweifelhaftes zu Asinius Pollio (geb. 670),
ein feindseliges zu Sallust (geb. 668) und M. Antonius (geb. um
671). Von Varro Atacinus (geb. tun 672) sind die personlieben
und politischen Beziehungen unbekannt.
Das Consulatsjahr Ciceros (691) bildet einen gewissen Wen-
depunkt wie in Ciceros Leben so auch in der Stellung der Par-
teien. Wir zerlegen hienach die ganze Periode in zwei Hälften
und theilen der ersten diejenigen Schriftsteller zu deren persön-
liche oder literarische Blütezeit vor jenes Jahr fallt, der zweiten
die erst nach 691 zur Blüte gelangten.
Erste Hälfte der ciceroui sehen Zeit.
Die Jahre 671—691 d. St.
162. M. Terentius Varro, geboren J. 638 in der sabini-
schen Stadt Reate, aus einem altsenatorischen Geschlechte, wid-
mete sich von Anfang an hauptsächlich der Forschung und lite-
rarischer Thätigkeit, blieb aber auch dem öffentlichen Leben
nicht fem und wurde namentlich von Pompejus in amtiichen
Stellungen verwendet wo es auf Zuverlässigkeit und Tüchtigkeit
ankam. Auch im Bürgerkriege kämpfte er auf Seiten der Ver-
fassungspartei in Spanien gegen Caesar, wurde vom Sieger zum
Vorstande der zu gründenden öfiFentlichen Bibliothek bestimmt^
von M. Antonius aber (711) auf die Aechtimgsliste gesetzt. Der
Gefahr entgangen, erreichte er, bis an sein Ende arbeitsam, fast
das neunzigste Lebensjahr. Varro ist ein Schriftsteller von wun-
derbarer Fruchtbarkeit und Vielseitigkeit der Stoffe wie der Form,
dabei eine eigenthümliche Mischung von Volksmässigkeit und
universellster Bildung, Lustigkeit imd Pedanterie; ein ehrenhaf-
ter Charakter, bieder und nüchtern und heiter, der alten Zeit
anhängend und von römischem Patriotismus erfüllt, aber auch
für griechische Bildung offen, ohne jedoch um Ebemnässigkeit
imd Schönheit der Darstellung sich zu bemühen; insbesondere
gefällt sich sein Humor in phantastischen und barocken Ein-
kleidungen.
1. Hieronym. in Euseb.. ohron. ad a. Abr. 1902 » Ol. 166, 1 = 638
d. St. s=» 116 V. Chr.: M. Terentius Varro filosofos et poeta naeoitor. Der-
selbe ad 1990 = Ol. 188, 1 = 726 = 28 v. Chr.: M. Terentius Varro filo-
sofus prope nonagenarius moritur. J. 727 wird sonach sein Todesjahr sein.
Beatinus nennt ihn Sjmmachus Epist. I, 2; Tgl. Varr. B. B. 11. praef. 6.
n, 8, 3. 5. 6. Von sich wohl sagte er im Catus: mihi puero modica una
fuit tunica et toga, sine fasciis calciamenta, equus sine ephippio, bahieuni
Varro's Leben und Charakter. 227
DOD cotidiannm, alveua rarus. Schiller des Stilo (s. 137, 1) und des An-
tioebos aus Askalon (Cic. Acad. post. I, 3, 12), wie Cicero, aber vor diesem*
Befreundet mit Cn. Pompejus (Gell. XIY, 7, 2) und Atticus (Cic ad Att.
n, 25, 1. Varro R. R. II, 1, 25. 2, 2), mit Cicero aber, bei der Verschie-
denartigkeit des beiderseitigen Wesens, nie besonders intim (Roth S. 8).
Briefe Cicero's an ihn, ad Fam. IX, 1—8. Volkstribun (Gell. XIII, 12, 6);
aedil. cur. (Vitmv. II, 8, 9 vgl. Plin. N. H. XXXV, 14, 49). Nach Münzen
Pro Q(uaestore) des Procos. Pompejus , wahrscheinlich J. 678 in Spanien
gegen Sertorius (Roth S. 12, A. 21), wo er um diese Zeit diente (Sali. Eist.
H. ir. 42 : haec postquam Varro in maius more rumorum accepit) , sicher
im Seeränberkriege (J. 687) sein Legat (Varr. R. R. II, praef. 7) und mit
einer Corona navalis geehrt (Plin. N. H. VII, 30, 61), wahrscheinlich (Roth
S. 17) auch im mithridatischen (J. 688 f.). Wohl nach diesem war er Prätor
(Themiflt. p. 453 Dd. : Bagtov t^v i^anelB%vv ^qx^^ ^QXV^> ^g^- Appian. b. c.
IV, 47 largarrjyri%ojg). J. 695 Mitglied der Zwanzigercommission für Aus-
führung der von den Triumvim durchgesetzten lex lulia agraria (Varr.
ß. Ä. I, 2, 10 vgl. Plin. N. H. VII, 53). J. 705 mit Afranius und Petrejus
Legat des Pompejus in Spanien, musste er, nach dem Abfall der einen
seiner Legionen, sich Caesar ergeben (Caes. b. c. I, 38. II, 17 — 20) und
scheint sich nun am weiteren Kriege gegen diesen nicht betheiligt zu
haben. J. 707 widmete er ihm seine Antiquitates rerum div. (Lactant. I,
^, 7. Augustin. Civ. D. VII, 35). Bestimmung zum Bibliothekar, Suet.
Caes. 44 vgL Isid. Orig. VI, 5, 1. M. Antonius, der 707 auf Caesars Be-
fehl dem Varro ein schon geraubtes Gut wieder hatte herausgeben müs-
sen (Cic. Phü. II, 40, 103) und 710 desselben sich abermals bemächtigte
1^- 41, 104 f.), proscribierte ihn 711 ; aber Fufius Calenus rettete ihm das
L^ben (App. b. c. IV, 47), wogegen ein Theil seiner Bibliothek (Gell. III,
10, 17) und sein reicher Grundbesitz, wie es scheint, für ihn verloren blieb
(Roth 8. 28 f.). Val. Max. VIII, 7, 3: Terentius Varro . . non annis, qui-
bns saecnli tempus aequavit, quam stilo vivacior fuit. in eodem enim lec-
tdo et Spiritus eins et egregiorum operum cursus exstinctus est. Plin. N.
H. XXIX, 18 : nisi M. Varronem scirem LXXXIII (L. v. Jan ; früher LXXXVIII)
vHae anno prodidisse etc. Vgl. unten 153, 1. J. G. Schneider, de vita M.
Ter. Varr. , in seinen Scriptores rei rusticae I, 2. p. 217 ff. A. Haakh in
Paoly's R.'E. VI, 2. S. 1688 f., Anm. K. L. Roth, über das Leben des M. Te-
rentius Varro, ein biographischer Versuch; Basel 1857. 33 S. 8. G. Bois-
ner, £tude sur la vie et les ouvrages de . . Varron. Paris 1861.
2. Allgemeine Charakteristik. Cic. Brut. 15, 60: diligentissimus m-
restigator antiquitatis. Acad. post. I, 3, 9: nos in nostra urbe peregri-
nantes . . tui libri quasi dommn reduxcrunt. . . tu aetatem patriae, tu
descriptioneB temporum, tu sacrorum iura, tu sacerdotum, tudomesticam,
tu bellicam disdplinam, tu sedem regionum, locorum, tu omniom divina-
rmn hnmanarumque rerum nomina, genera, of&cia, causas aperuisti plu-
rimumque idem poetis nostris onminoque latinis et litteris luminis et ver-
bis attuHsti, atque ipse varium et elegans omni fere numero poema fedsti
philosophiamque multis locis inchoasti, ad impellendum satis, ad edocen-
dum parttm. Phil. II, 41, 106. Bei August, civ. d. VI, 2: homo omnium
fädle acutissimus et sine ulla dubitatione doctissimus. Empfindlich ad
Att. Xin, 18 (J. 709): homo noXvygatpmtatog numquam me lacessivit (durch
15*
228 Ciceronische Zeit. Erste Hälfte, 671—691.
Widmung einer Schrift behelligt). Quintil. X, 1, 95: Terentius Varro, vir
iioraanoram eruditissimuB. plurimos hie libros et doctissimos composuit,
peritissiinus linguae latinae et omnis antiquitatis et rerum graecarum
nostrarumque, plus tarnen scientiae collaturus quam eloqueutiae. XIl, 11,
24: quam multa, paene omnia, tradidit Varro! Augustin. civ. d. VI, 2*
M. Varro . . tametsi minus est suavis eloquio, doctrina tamen atque sen-
tentiis ita refertus est ut in omni eruditione . . studiosum rerum tantum
iste doceat quantum studiosum verborum Cicero delectat. Weiterhin: vir
doctissimus undecumque Varro, qui tam multa legit ut aliquid ei scribere
vacasse miremur, tam multa scripsit quam multa viz quemquam legere
potuisse credamus. Sen. cons. ad Uelv. 8, 1. Apulej. apol. 42 u. A. Plut.
Romul. 12: Oiaggtovcc rov q>LX6aoq>oVf avÖQa 'Pcofiof/oy iv [otoqiol ßißli-
anoitarov.
163. Die Gesamintzahl der Schrift eii Varro's, wie sie
durch ein wohl auf ihn selbst zurückgehendes Verzeichniss uns
bekannt ist, belief sich auf ungefähr 620 Bücher, welche 74 ver-
schiedenen Werken angehörten. Unter diesen hatten gebundene
Form 6 Bücher pseudotragoediarum, 10 poematorum in lyrischen
und dem elegischen Mass, 150 Bücher saturae Menippeae, eine
Mischung von Prosa imd Poetischem, doch mit Uebergewicht
der ersteren, endlich 4 Bücher Saturarum und vielleicht ein
Lehrgedicht naturphilosophischen Inhaltes.
1. Gell, n, lIO, 7: tum ibi addit (M. Varro in primo librorum qui in-
scribimtur Hebdomades)', se quoque iam duodecimam aunorum hebdoma-
dam ingressum esse (also über 77 J. alt) et ad eum diem septuaginta
hebdomadas librorum (also 490) conscripsisse. Auson. Profess. Burdig. 20,
9 f. : omnis doctrinae ratio . . quantam coudit sexcentis (rund) Varro vo-
lumiuibus. Ein Verzeichniss der Schriften des Varro, welches wohl aus
Varro's Büchern de sua vita entnommen war (Ritschi S. 69—71 = S. 549 ff.),
gab Hieronymus in einem Briefe ad Paulam (s. de vir. illustr. = scriptor.
eccl. c. 64). Ein grösseres Citat daraus enthält Rufin. apolog. (== invectiv.)
U, 20. Das Verzeichniss des Hieronymus selbst aber fand sich in einer
Handschrift der Stadtbibliothek zu Arras in der praefatio von Origenes*
Commentar zur Genesis und ist daraus zuerst veröffentlicht und erläutert
worden von F. Ritschl, die Schriftstellerei des M. Terentius Varro, Bonn
1847. 88 S. = Rhein. Mus. VI. S. 481—560. Ein Facsimile der Handschrift
an dem Bonner Katalog für 1849 f. Dann von J. B. Pitra, im Spicilegium
Solesmense, Vol. Ul (Paris 1865), p. 311—313 (vgl. p. I f.) und (nach zwei
Pariser Handschriften der Homiliae in Genesim) von Ch. Chappuis, Sen-
tences de M. Ter. Varron et liste de ses ouvrages d'apres diff^rents ma-
nuscrits (Paris 1856) p. 117—124. Vgl. Ritschl, Rhein. Mus. XU. S. 149 ff.
Das Verzeichniss gibt sich selbst als unvollständig (et alia plura, quae
enumerare longum est. vix medium descripsi indicem, et legentibus fasti-
dium est), und enthält 38 oder (mit Einzelzählung der libri sing^lares) 46
Numem (mit 620—622 einzelnen Büchern), worin aber 21 uns aus sonsti-
gen Anführimgen bekannte fehlen. Hienach hat Ritschl, die Schriftstellerei
Varro's poetische Schriften. 229
S. 545 ff. =s G5 — 68 die Gesammtzahl der von Varro überhaupt verfassten
Werke auf 74, die Zahl der Bücher annäherungsweise auf 620 berechnet,
80 dass also auf die letzten in vollständiger Müsse verbrachten 11—12 Le-
bensjahre Varro's 130 Bücher fallen würden. Letzterem Thoile seines Le-
bens gehören die wichtigsten und umfangreichsten seiner Werke an, Var-
ro*» früheren Jahren aber die poetischen und rednerischen Arbeiten,
namentlich die saturae Menippeae und die logistorid (Ritschi, Bheiu. Mus.
VI. S. 554 f. A. 11).
2. Von Varro's Arbeiten in metrischer Form waren vor dem Verzeich-
niss des EQeronymus nur Epigramme zu den Imagines und Verse aus den
eadrae Menippeae (Hexameter und elegische Distichen) bekannt. Die
Pseudotragoediae (nach den Pariser Handschriften) werden den Hilarotrag-
oediae (vgL oben 18, 1 u. 2) ähnlich zu denken sein (Ritschi, Rhein. Mus.
XII. S. 151 f.), und zwar trahrscheinlich in Versen. Vgl. Riese, Varr. Satt,
p. 31 f. Die poemata waren wohl kurze Gedichte (verba plura modice in
quandam coniecta formam, Varro bei Nou. p. 428) in der Weise der ca-
iuilischen, und auf sie bezieht sich wohl Diomed. I. p. 395 P. =» 400, 29 K. :
Vam) in poetico libro. Im Unterschiede von den saturae Menippeae (s.
A. 3) müssen die Saturae schlechtweg genannten durchgängige metrische
Form gehabt haben, etwa in der Art der ludlischen. Auf ein Lehrgedicht
Varro's de rerum natura sollte man schliessen aus Quintil. I, 4, 4 (die
(jrammatik könne nicht ignara philosophiae sein vel propter £mpedoclem
'n Graecis , Varronem ac Lucrctium in Latinis , qui praecepta sapientiae
venibuB tradiderunt) und Lactant. div. inst. II, 12, 4 (Empedocles . . de
rerom natura versibus scripsit, ut apud Romanos Lucretius et Varro; zu
Vellej. n, 36, 2: auctores carminum Varronem ac Lucretium vgl. Riese,
^arr. p. 50), wofern nicht Quintihan, und nach ihm Lactantius, selbst erst
auf ein solches aus Cicero^s Worten (Acad. post. , s. oben 152, 2) geschlos-
sen haben. Vgl. A. Riese, Varr. Satt. Men. p. 16.
3. lieber die saturae Menippeae vgl. oben 24, 3. Dazu Prob, zu
Verg. EcL VI, 31. p. 14, 19 K.: Varro . . Menippeus . . nominatus .. a societate
ingenii, quod is quoque (Menippos) omnigeno carmine satiras suas (un-
glückliche Uebertragung eines^ römischen Begriffs auf Menippos) expolive-
ral. Dass bei Menippos und so auch in Varro's satirae Menippeae über-
haupt Prosa und Verse gemischt waren kann auch nach dieser Stelle für
erwiesen gelten. Für Varro erhellt es überdiess für jeden Unbefangenen
ans den betrefi'enden Ueberresten. Ausser diesem formalen Merkmale
hatten die varronischen saturae menippeae (wie manche Schriften des Lu-
kianos) mit den Arbeiten des Menippos gemein hauptsächlich den Inhalt
und den Ton, den philosophischen Standpunkt des Kynikers, der ein freies
Verhalten zu den verschiedenen Systemen und Betonen der praktischen
Seiten mit sich brachte, sowie das Spieleu zwischen Ernst und Scherz.
Wegen dieses philosophischen Ausgangspunctes der Saturae menippeae
des Varro können diese von Cicero gemeint sein mit seinem varium et
elegans omni fere numerö poema (oben 152, 2), obwohl poema von einem
150 Bücher umfassenden und zugleich Prosa enthaltenden Werke nach
Ausdruck und Numerus auffallend bleibt. , Sonst finden wir in den Ueber-
resten besonders häufig Rügen des Abfalls der Gegenwart von der Ein-
230 Ciceronißche Zeit. Erste Hälfte, 671—691.
fachheit der alten Zeit, und damit Anschluss an die polemische Richtung
der lacilischen Satire, üebrigens muss auch Inhalt wie Einkleidung bunt
gewesen sein, Gelehrsamkeit und Leben, Mythologie und Geschichte, Ver-
gangenheit und Gegenwart umspannend. Die Anlage ist häufig dialogisch
und Varro scheint dabei manchmal in eigener Person aufgetreten zu sein
(Anreden Varro, Marce; vgl. die Titel MarcopoUs, Marcipor und Bimarcus).
Auch Erzählungen einer Reihe von Erlebnissen scheinen vorgekommen zu
sein (z. B. im Sexagessis). Den Gedankengang werden wir uns in der
Weise der horazischen Satiren, locker und abspringend, vorzustellen haben.
Neben vielem Volksmässigen (Sprüchwörtliches, Derbes, Alliteration) findet
sich auch Griechisches zahlreich eingemischt, einzelne Worte wie ganze
Verse. Die angewandten Versmasse sind sehr mauchfaltig und wirklich
omni fere numero gehalten; dabei meist sehr correct durchgeführt. Die
iambischen Senare überwiegen; nächstdem Trochäen, Skazonten, Hexame-
ter (und Disticha), Anapäste; aber auch Sotadeen, Galliamben, Choriam-
ben, Hendekasyllaben, Gljkoueen, Eretiker, Bakchien. A. Riese, Varr. re-
liqq. p. 55 — 90. Wie vom Lateinischen jederzeit ohne Weiteres ins Grie-
chische übergegangen wird, so auch manchmal mitten im Satze von Prosa
zu Versen (A. Riese in Jahns Jahrb. 95, & 646—648), was L. Müller leb-
haft bestreitet, besonders de re metr. lat. p. 78 ff. Die meisten üeber-
reste sind durch Nonius erhalten; die grösste Zahl fällt auf die Eomeni-
des. I Für die Ausscheidung des zu den ^aturae menippeae Gehörigen g^bt
GeUius die besten Anhaltspuncte, womach die Verzeichnisse bei Oehler p.
42 ff. , Vahlen p. 203 f. und A. Riese p. 38 ff. Die Titel sind meist wun-
derlich und willkürlich (z.B. Sesqueulixes, Papiapapae,2^xtafia;|r^a//7r9roxi;aiv'
'TdQoyivmv), bald griechisch bald lateinisch, gern aus einem Sprüchwort be.
stehend (nescis quid vesper serus vehat; post vinum seplasia fetet; mu-
tuum muli scabunt; äXXog ovrog 'Hgwulijg; ^Ig nai^ig ot yigovtsg u. A.),
keinenfalls aber alle doppelt, vielmehr hat die Vermutung von A. Riese
(p. 26. 43 ff. Symb. S. 481 ff.) , dass die mit jtsgl beginnenden Nebentitel
(wie bei den platonischen Dialogen) von einem späteren Grammatiker
herrühren, viele Wahrscheinlichkeit. Die Doppeltitel scheinen das Merk-
mal der Logistorici zu sein. Die Abfassungszeit ist nur vom TgiKu^avog
bekannt (J. 694); J. 709 lässt Cicero (Acad. I, 2, 8) den Varro diese Sati-
ren vetera sua nennen. Sammlung der Satt. Men. rehquiae durch Fr.
Oehler (Lips. 1844) und A. Riese (Lips. 1865; vgl. Rhein. Mus. XX. S.
401—443. XXL S. 109—122. Jahn's Jahrbb. 95, S. 488—496. 507—509).
Kritische Beiträge von G. Röper (Philologus IX. p. 223—278. 567—573.
XV. S. 267—302. XVIL S. 64—102. XVXH. S. 418—486. Eumenidum re-
liquiae, Danzig 1858. 1861. 1862), J. Vahlen (in Varr. S. M. reliquias con-
iectanea, Lips. 1858. 230 pp. 8. Dazu die Beiträge von Ribbeck und Bü-
cheier, Rhein. Mus. XIV. S. 102—130. 419—452), C.L.Kayser (Heidelberger
Jahrb. 1860, S. 241—252), L. Müller (metr. poet. lat. und Jahn's Jahrbb.
a. a. 0.), M. Crain (Berliner Zeitschr. für Gymn. 1866, S. 606—618), J.
Mähly, Varro niana (bes. zum Modius), Basel 1865. 39 S. 4. u. A. — L. Merck-
lin, die Doppeltitel der varronischen Menippeae und Logistorici, Rhein.
Mus. Xn. S. 372—398; vgl. Philologus XHI. S. 713—728. AI. Riese in den
prolegomeua seiner Ausgabe und in der Symbola philolog. Bonn. S. 479—
488. Mommsen R. G. III*. S. 584—590.
Varro^s Satirae Menippeae und Logistorici. 231
154« Die prosaischeu Schriften Varro's erstreckten sich fast
über alle Grebiete des Wissens und der literarischen Thätigkeit^
Beredtsamkeit, allgemeine und Literaturgeschichte, Jurisprudenz,
Grammatik, Philosophie, Geographie, Landwirtschaft u. s. f.
Bei aUer seiner encjclopädischen Richtimg aber hat Varro doch
immer vorzugsweise das eigene Vaterland und dessen Vergan-
genheit im Auge behalten und durch diesen Theil seiner Schrift-
stellerei mittelbar imd unmittelbar noch lange fort einen grossen
Einfluss ausgeübt. Namentlich die christlichen Kirchenväter,
und unter diesen ganz besonders Augustinus, haben ihn fieissig
gelesen und benutzt. Die bedeutendsten unter den prosaischen
Schriften Varro's, und die sich auch am längsten im literarischen
Verkehr behaupteten, waren die Antiquitates rerum humanarum
et divinarum, die Bücher de lingua latina, rerum rusticarum, die
Eocyclopädie der artes liberales (Disciplinarum libri) und die
Imagines.
1. Beden: Orationum libr. XXII, and Suasionum libr. III, entere
wahrscheinlich nicht gehaltene üebungsreden (hzhgsw. Flugschriften), mög-
licher Weise z. B. in Laudationes bestehend (Varro's laudatio Porciae bei
Cic. ad Att. XEI, 48, 2), die Suasiones vielleicht politischen Inhalts. Jedes
ßnch bestand wohl aus einer Bede. Ritschi, Rhein. Mus. VI. S. 496 — 497.
M2,A,3.
2. ÄoyiaxoQixmv libri LXXVI, Erörterungen philosophischen (be-
sonders ethischen) Inhalts {ioyoi) mit einem reichen Beiwerk geschichtli-
cher Belege {loxoqiai) aus Mythus und Historie, vielleicht in der Weise
<l68 Herakleides aus Pontus, und wie Cicero's Cato und Laelius ernsthaft
0B<1 populär gehalten und in Prosa, mindestens theilweise dialogisch.
Jedes Stiick hatte einen Doppeltitel, dessen erste Hälfte der Name einer
lebenden oder gestorbenen Person bildete die mit dem Thema in irgend
welcher Beziehung stand und die vielleicht jedesmal hauptsächlich das
Wort führte, während die zweite Hälfte den Inhalt in lateinischer Sprache
iUigab; z.B. Catus, de liberis educandis; Messala, de valetudine; Curio, de
deorom cultu; Marius, de fortuna; Orestes, de insania; (Fundanius) Gallus,
(le admirandis; Sisenna, de historia. Abfassungszeit wohl nach den Satu-
fsie menippeae, Ende des 7ten und Anfang des 8ten Jahrh. d. St. Ritschi,
im Bonner Katalog für 1845 f. und im Rhein. Mus. VI. S. 601—503. 543 f.
A. 552 f. A. 4. Riese, Varr. satt. Menipp. p. 32—38. 53, und die Ueber"
reste (besonders zahlreich aus dem Catus) ib. p. 247—259. L. Krahner,
Varronis Curio de cultu deorum, Friedland 1851. 23 pp. 4. L. Mercklin,
Phüologua. Xm. S. 728—731.
3. Zeitgeschichtliches: Legationum Hbri III und de Pompeio UI,
sowie de sua vita libr. III; die erstem ohne Zweifel Varro's Thätigkeit
als Legat des Pompeius behandelnd, im Seeräuberkriege, gegen Mithrida-
tes and in Spanien; s. 152, 1. Die Schrift über Pompejus war wohl apo-
logetisch gehalten. Ritsohl, Rhein. Mus. VI. S. 498—501.
232 Ciceronische Zeit. Erste Hiüfke, 671 — 691.
4. Werke zur römischen Geschichte, a) Antiquitatum lib:
XLI (Hieronymua unrichtig XLY), eine römische Alterthumskunde , nac
sachlichen Gesichtspunkten in zwei Hälften zerfallend, rerum humanarui
in 25 Büchern (4 Theile von je 6 Büchern, nebst Einleitungsbuch), un
sodann (quod prius exstiterint civitates, deinde ab eis res divinae instit«
tae sind, August. C. D. VI, 4) 16 rerum diyinarum (5 Theile von je 3 B\
ehern, nebst einem Buche Einleitung); s. die genaue Inhaltsübersicht b
Augustin. de dv. dei YI, 3: quadraginta unum Hbros scripsit Antiquit
tum; hos in res humanas divinasque divisit, rebus humanis viginti quii
que, divinis sedecim tribuit, istam secutus in ea partitione rationem i
rerum humanarum libros senos quattuor partibus daret. intendit eni
qui agant, ubi agant, quando agant, quid agant. in sex itaque primis (
hominibus scripsit, in secundis sex de locis, sex tertios de temporibus, s<
quartos eosdemque postremos de rebus absolvit. quat«r autem seni t;
ginti et quattuor fiunt. sed unimi siugularem, qui communiter priua (
Omnibus loqueretur, in capite posuit. In divinis identidem rebus eade
ab illo divisiouis forma servata est, quantum adtinet ad ea quae diis e
hibenda sunt, exhibentur enim ab hominibus in locis et temporibus sacr
haec quattuor quae dixi Hbris complexus est tcmis: nam tres priores (
hominibus scripsit, sequentes de locis, tertios de temporibus, quartos c
sacris, etiam hie, qui exhibeant, ubi exhibeant, quando exhibeant, qu
cxhibeant, subtilissima distiuctione commendans. sed quia oportebat dicei
maximeque id expectabatur quibus exhibeant, de ipsis quoque diis tr«
conscripsit extremes, ut quinquies temi quindecim fierent. sunt aute:
omnes, ut diximus, sedecim, quia et istorum exordio unum siugularei
qui prius de Omnibus loqueretur, apposuit; quo absolute consequenter <
illa quinquepertita distributione tres praecedeutes, qui ad homines perl
neut, ita subdivisit ut primus sit de pontificibus, secundus de auguribc
tertius de quindecim viris sacrorum ; secundos tres ad loca x^ertinentes, i
ut in uno eorum de sacellis, altero de sacris aedibus diceret, tertio de 1
eis religiosis; tres porro, qui istos sequuntur et ad terapora pertinent";
est ad dies festos, ita ut unum eorum faceret de fcriis, altcrum de lud
circensibus, de scaenicis tertium. quartorum trium ad sacra pertineniiu
uni dedit cousecrationes , alteri sacra privata, ultimo publica, hanc vel
pompam obsequiorum in tribus qui restant dii ipsi sequuntur extremi, qi
bus iste universus cultus inpensus est: in primo dii certi, in secundo i
certi, in tertio cunctorum novissimo dii praecipui atque selecti. Die rer. h
man. libri suchten dem Verfall der Staatsreligion entgegenzuwirken und war<
ad Caesarem pontificem gerichtet (Augustin. de civ. dei VII, 35. Lactai
Inst. I, 6, 7), somit wohl Ende 707 herausgegeben. Davon auch eine kü
zere Bearbeitung, 'Emtourlv Antiquitatum in 9 (i-{-b) Büchern. Priscis
ist der Letzte dem das Werk selbst noch vorgelegen zu haben scheir
Ritschi, Bhein. Mus. VI. S. 506. L. H. Krahner, comm. de Varr. antiq
. . libris XLI, Halle 1834; und über das zehnte Buch, der Antiqq. rc
div. des Varro, Ztschr. f. d. Alt.-Wiss. 1852, S. 385—412. L. Merckh
Philologus XIII. S. 731 — 735. Zusammenstellung und Erläuterung d
Ueberreste bei R. Merkel in seiner Ausg. von Ovids Fasti p. CVI— CCXLV]
Vgl. auch C. H. J. Francken, fragmenta Varr. quae inveniuntur in libx
S. Augustini de civ. dei, Lugd. Bat. 1836. Lüttgert, Theologiunena Va
Vaaro's prosaische Schriften. 233
roniaoa, a S. Augostino in iudidum vocata, Sorau 1858. 1859. 4. L. Merck-
lin, de Yarrone coronarum Born, militarium inierprete praecipuo , Dorpat
1859. 4.
b) Annalium libri III, wohl ein chronologischer Abriss wie der annalis
des Attiens und die chronica des Cornelius Nepos. Ritschi , Rhein. Mus.
VI. S. 608—510.
c) de vita populi romani (vgl. Dikäarchs B{og 'EXldidog) in 4 Büchern,
an Attacas gerichtet (Charis. I. p. 101 P. = 126, 25 K.) , nach den Ueber-
resten daraus (gesammelt von Kettner p. 21 — 39) eine Art Culturgeschichte,
»achliche und chronologische Anordnung künstlich combinierend, so dass I
die Zu£tände des Einzelnen, II Familie und Staat, III Kriegswesen, IV den
N Untergang des Staats (der Republik) behandelte. Abfassung vielleicht um
711 (Ritschi, Rhein. Mus. VI. S. 512). H. Kettner, Varronis de vita pop.
rom. . . quae exstant, Halle 1863. 42 pp.
d) de gente populi rom. 4 Bücher; s. Arnob. adv. nat. V, 8: Varro . .
in librorum quattuor primo quos de gente conscriptos rom. pop. dereli-
quit, curiosis computationibus edocet ab diluvii tempore (der deukalioni-
scheu) adusque Hirti consulatum et Pansae (J. 711) annorum esse roilia
nondom duo. Verfasst im J. 711 oder kurz darauf (s. Arnob. 1. 1 ), ein
Versuch die römische Zeitrechnung in den universalhistorischen Synchro-
nismus einzureihen und damit gleichsam den geschichtlichen Stammbaum
des römischen Volkes aufzurichten (Roth, Leben d. V. S. 27). Diese Genea-
logie wurde, nach einer chronologischen Einleitung, über die sikyonische
und athenische Königsreihe (ß. I u. II) auf die latinische (B. Ill) und
dann die römische (B. IV) weiter geführt, mit besonderer Berücksichtigung
der ethuographischeu Zusammenhänge der Einrichtungen Roms (Serv. Aen.
VII, 176). Die Schrift ist in der ersten Hälfte von Augustin. de civ. d.
XYIII stark benutzt; s. bes. c. 2. 13. Francken, fragm. Varr. p. 124—150.
H. Kettner, varronische Studien (Halle 1865) S. 38—63 und die Ueber-
reste S. 63—78.
e) de familüs troianis (römische Patricierfamilien die von Aeneas oder
Genossen desselben abstammen wollten) in mehreren Büchern (Serv. Aen.
'^.704: Varro in Hbris quos de familüs troianis scripsit). Vgl. Ritschi,
allein. Mus. VI. S. 507 f. W. Hertzberg zu seiner üeloersetzung der Ae-
008 V, 116 ff. S. 369.
0 Aetia {Jttta^ nach dem Vorgange des Kallimachos), Erklärung (der
f*öo, causae, des cur) römischer Gebräuche bes. des Privatlebens, wohl
^ Haaptquelle für Plutarchs ACtiu (cofiatiid. L. Mercklin, Philologus III.
8 267-277. XIII. S. 710 f. G. Thilo, de Varrone Plut. Qua'est. rom. au-
^re praecipuo, Bonn 1853. J. J. W. Lagus, Plutarchus Varronis studio-
»^ Helsingfora 1847. Ritschi, Rhein. Mus. VI. S. 512.
g) rerum urbanarum Hbri HI, vielleicht eine Geschichte der Stadt Rom
°^tBftchlich aus topographischen Gesichtspunkten. Ritschi a. a. 0*
^' 510 f. Ö. Jahn, Hermes II. S. 235.
h) tribuum über (angeführt von Varro L. L. V, 56), benutzt in den
^nbosartikeln des Festus; s. L. Mercklin, Quacstiones Varronianae (Dorpat
1852. 4.) p. 6 ff.
234 Ciccroniache Zeit. Erste Hälfte, 671—691.
Alle diese Schriften (b— h) sind Ergänzungen und weitere Ausführun-
gen des in den Antiqq. rerum humanarum behandelten Stoffes, zu welchem
gehört auch der schon 683 (Pompeius cum initurus foret consulatum, Gell.)
verfasste Elaayaryiyiog ad Pompeium, ex quo discerct quid facere dicere.
que deberet cum senatum consuleret (Gell. XIV, 7, 2). Dagegen der in
den res divinae erörterte Stoff kehrt in keiner Specialschrift wieder, da
Varro in augurum libris (Macrob. Sat. I, 16, 19) von zweifelhafter Rich-
tigkeit (statt libro, nämlich Antiquitatum) ist; s. Ritschi, Rhein. Mus. VI.
S. 540.
5. Literarhistorische Schriften (llitBclil a. a. 0. S. 5 13-— 524): de
bibliothecis III ( de proprietate scriptorum III (stilistisch? Ritschi S. 524);
de poetis (die römischen) in mehreren Büchern (Gell. I, 24, 3: epigramma
Plauti . . a M. Varrone positum in libro de poetis primo; vgl. XVII, 21,
43. 46); de poematis III (wohl eine Art Poetik); de lectionibus III (wahr-
scheinlich über die Recitationen, Ritschi S. 521 ff.); de compositione satu-
rantai (Non. p. 67). Insbesondere die dramatische Literatur, und inner-
halb dieser namentlich Plautus, wurde von Varro in einer Reihe von
Schriften behandelt (Ritschl S. 516 ff.). So de originibus scenicis HI; de
scenicis actionibus (Aufführungen) III (nach Hieronymus; bei Charis. I. p
74 P. = 95, 18 K.: Varro de actionibus scenicis V; vgl. den Anonymus
de generibus nomiuum ed. Otto, Giessen 1850. 4., Nr. 306); de acübus
scenicis III; de personis (Masken) III; de descriptionibus (Charakterschil-
derungen) III; quaestionum Plautinarum V (wohl zur Erklärung einzelner
dunkler Ausdrücke) und de comoediis Plautinis (über echte und unechte
Stücke?) mehrere Bücher (M. Varro in libr. de comoediis PI. primo. Gell.
III, 3, 9). Servius Ae. X, 894 (ut etiam Varro in ludis theatralibus docet)
meint eher das Buch der Antiqq. rer. hum. das de ludis scenicis han-
delte (s. oben 154, 4, a) als die Monographie de scenicis actionibus. Ein
besonders merkwürdiger Bestandtheil der literarhistorischen Schriften Var-
ro*s sind seine
Imaginum libri XV oder Hebdomades, ein biographisches Bilderbuch,
herausgegeben um 715 d. St. (Gell. III, 10, 17), enthaltend 700 Porträt-
bildnisse griechischer und römischer Berühmtheiten (Könige und Feldher-
ren; Staatsmänner; Dichter; Prosaiker; Fachmänner ; Künstler ; auf andern
Gebieten) mit je einem (metrischen) elogium. Das erste Buch bildete
wohl die Einleitung nebst den 14 Urvätern der in den folgenden Büchern
aufgestellten Gattungen; die weiteren 14 Bücher (oder 7 Dyadeu, die ge-
* raden Zahlen für die Griechen, die ungeraden für die Römer?) werden je
7 Hebdomaden oder 49 imagines enthalten haben (14mal 49 = 686 -f- 14
= 700). Von demselben Werke veranstaltete Varro (wohl später) eine
wohlfeilere (Volks-) Ausgabe, wahrscheinlich ohne Porträts, 'EnttOfi^v ex
Imaginum libris XV libros HII (Hieronymus), welche letztere Zahl Ritschl
zuerst (Rhein. Mus. XII S. 160) in VH (Uli) abgeändert, dann (Epimetrum
1858) belassen und auf vier Hanptkategorien (Staat, Literatur, Kunst, Son-
stiges) bezogen hat. Plin. N. H. XXXV, 2, 11: imaginum amorem flagrasse
quondam testes sunt Atticus ille Ciceronis (s. outen 159, 1, d) et M.
Varro benignissimo invento, insertis voluminum soorum fecunditati septiu-
gentorum inlustrium aliquo modo imaginibus. Gell. HI, 10, 1: M. Varro
Varro's prosaische Schriften. 235
m primo hbroram qui inscribuntur Uebdomades vcl de imaginibus. 11, 7:
M. Varro in libro de imaginibus primo Homeri imagini epigramma hoc
adposuit. Symmach. Ep. I, 2: scis Terentium . . Iteatiuum . . Hebdoma-
dum librOB epigrammatnm adiectione condisse. Auaon. Mosell. 305 fi*. :
forsan et insignes hominumque operumqae labores (der griechischen Ar-
chitektur) hie habnit decimo celebrata volumine Marci hebdomas. F. Creu-
zer, Ztschr. f. d. Alt.-Wiss. 1843, Nr. 133—147 = Deutsche Schriften, zur
Archäologie III. S. 531 fF. Elster, in Jahn's Archiv XVIII. S. 202—206.
XtX. S. 31—52. M. Hertz, in Gerhardts Denkmälern, Forschungen 1850,
S. 142 f. F. Ritschi, Rhein. Mus. VI. S. 613 f. XIT. S. 153 f. 160. XIII.
S. 317—319; de ordiue quo Varr. Hebd. dispositae fuerint, Bonner Katalog
1866 f.; Epimetrum disput. de Varr. Hebd. libris, Bonner Katalog 1858.
L. Mercklin im Dorpater Katalog 1857, Rhein. Mus. XIII. S. 460 fF. und
Philologuö Xm. S. 742—751. XV. S. 709 — 712. L. ürlichs, Rhein. Mus.
XIV. S. 607—612. J. Vahlen m Jahn's Jahrb. LXXVII. S. 737—746.
Auch auf kunstgeschichtliche Schriften des Varro lassen Bruchstücke
aus ihm bei Plinius schliessen. Ritschi, Rhein. Mus. VI. S. 520, A.
6. Fachwissenschaftliche Schriften (Ritschi a. a. 0. S. 503—505):
a) Disciplinarum libri IX, bei den Römern die erste enkyklopädische
ZotammenfaBBung der artes liberales, wie sie durch griechische Wissen-
sebafl ausgebildet waren, nämlich 1) grammatica (Wilmanns, Varr. gramm.
p. 98—116. 208—218), 2) dialectica, 3) rhetorica, 4) geometria, 6) arithme-
tica, 6) astrologia, 7?) musica, 8) medicina, 9) architectura, woraus die
sieben artes liberales des Mittelalters wurden, wie sie schon bei Augusti-
nus und Martianus Capella sich finden. Bezieht sich auf daa^ achte Buch
die Angabe von PHnius N. H. XXIX, 4, 65 (cunctarer in proferendo ex bis
remedio ni M. Varro LXXXIU vitae anno prodidisset), so wäre dieses Werk
eines der spätesten des Varro. F. Ritschi, Quaestiones Varronianae, Bonn
1845. 65 pp. 4. Vgl. Rhein. Mus. VI. S. 503 f. 635. L. Mercklin, Philolo-
gU8 xm. S. 736—738.
b) Die in Disdpl. zusammengefassteu Fächer hat Varro überdiess
groaaentheils auch in Einzelschriften behandelt; so die Grammatik (s. e),
die Philosophie (de forma phiiosophiae libri IH; vielleicht auch ein ein-
zelnes Bach de phüosophia, nach Augustin. civ. d. XIX, 1 ff. vgl. Ritsch],
Ehein. Mus. VI. S. 503), zu welcher (wie zur arithmetica) auch die ohne
Zveifel pjthagorisiereuden neun Bücher de prindpiis numerorum gehören.
V^. L. Krahner, de Varrone ex Marciani sainira supplendo; c. 1: de Var-
ronis philosophia, Friedland 1846. 4. Diese philosophischen Schriften sind
ncher nach Ciceros Academica, also nach J. 709, verfasst (Wilmanns,
Varr. gramm. Hbr. p. 9). Femer eine eigene Rhetorik (Varro . . in libro
UI Bhetoricorum, Priscian. IX. p. 872 =3 489, 2 Htz.). Die geometria zerfiel
bei Varro naph der theoretischen Seite in %avovi%ri (quae ad aures perti-
liet, Grundlage der Musik; s. Ritschi, Quaest. Varr. p. 30 f.) und onti-nri
(qoae ad oculofl pertinet, Optik nebst inmBdofiBtgta und CTeQtoftBTQtccj
ÄiWd p. 37 — 39), nach der praktischen Seite in Gromatik und Geogra-
ite (Ritschl p. 39 — iS). Die Gromatik oder Kunst und Lehre der Agri-
Q^ensoren war dann ohne Zweifel in der Schrift de meusuris (Priscian.
VUL p. 818 P. =« 420, 15 Htz. Ps. Boeth. de geometr. p. 1234) eigens be-
236 Ciceronische Zeit. Erste Hälfte, 671—691.
handelt (Ritschi, Rhein. Mus. VI. S. 536 f. 554, A. 8), wie vielleicht auch
die Länderkunde (Ritschi S. 565, A. 12), in deren Gebiet weiter einschla-
gen de ora maritima übri (Serv. Ae. I, 108. 111. V, 19. Vm, 710),
wohl identisch mit dem opus quod de littoralibus est (Solin. 11). Zwei-
felhaft aber ist ob das von Hieronymus genannte Buch de valitudine
tuenda eine selbständige Ausführung oder vielmehr ein logistoricns war
(Ritschi S. 602. 536).
c) Aus praktischen Gebieten sind ausser den libri rerum rusticarum
(unten 156) die Schrift de aestuariis (in libro quem de aest. feci, Varr. L.
L. IX, 26), sofern damit solche aestuaria gemeint sind welche Meerwasser-
fischteiche speisen (Ritschi S. 554, A. 10), sowie die beiden Witterungs-
kalender für den Landmann und für Seefahrer: Ephemeris (rustica oder
agrestis), verfasst nach dem J. 708 (Ritschi S. 533), und Ephemeridis na-
valis libri ad Pompeium (Non. p. 71, 19. Itin. Alex. M. 6), verßisst um
677 (Varro Cn. Pompeio per Hispanias mihtaturo librum illum Epheme-
ridos sub nomine elaboravit, Itin. 1. L), Schifffahrtsprognostica, von Vege-
tius V, 11 kürzer libri navales genannt (Ritschi S. 532 f.). Th. Bergk,
Rhein. Mus. I (1842). p. 367—374.
d) de iure civili libri XV, wohl in dem Sinne als römisches Privat-
recht; Ritschi. S. 505. Für eine allgemeine juristische Propädeutik und die
Hauptquelle von Pomponius hält das Werk F. D. Sanio, Varroniana in den
Schriften der röm. Juristen, vornehmlich an dem Enchirid. des Pomponius
nachzuweisen versucht (Leipzig 18C7), S. 134 vgl. S. 211 S. Verwandten
Inhalts sind wohl auch die libri de gi-adibus (Verwandtschaftsgrade) bei
Serv. Ae. V, 410. Antiquarische und staatsrechtliche Fragen neben gram-
matischen finden sich erörtert in den Ueberresten der Epistolicae quaesti-
ones, mindestens in acht Büchern (Ritschi S. 537), und wohl auch der
Epistulae, falls diese überhaupt von jenen verschieden sind, in welchem
Falle sie in graecae und latinae (Non. p. 141: Varro epistula latina ; p. 121:
Varro epistula latina libro I; p. 473: Varro ep. lat. libro II; vgL p. 419:
Varro . . epistulis Latiniae) werden eingetheilt gewesen sein (Ritschi S.
537—640. 553, A. 5 f.).
e) Grammatischen Inhalts waren, ausser dem Gesammtwerke, den
25 Büchern de lingua latina (unten 155) und der epitome daraus in 9 Bü-
chern, folgende Einzelschriften: de antiquitate litterarum (Priscian. I. p.
540 P. = p. 8, 2 Htz : Varro in II de antiquitate litterarum), an (den
Tragiker L.) Attius gerichtet und daher wohl eine der ältesten Schriften
Varro's (Ritschi S. 529 f. 557, A. 21. Wilmanns p. 117—125. 218—220); de
origine linguae latinae III (an Pompejus gerichtet? Ritschi S. 530 f.); ntQi
XotQaHtrJQmv {= tvnmv^ Formen der Wortbildung, Usener in Jahns Jahrb.
XCV, S. 247 f.), mindestens drei Bücher (Chans. IL p. 170 P. = 189, 25
K.: Varro in IH n. x-)', de similitudine verborum III (= de analogia, Ritschi
S. 529); de utilitate sermonis (Charis. p. 98 P. == 123, 3 K.: Varro de ut.
s. HH), die anomalia in den Vordergrund stellend (Ritschi 6. 529); de ser-
mone laüno V (Hieronymus; dagegen Rufin. p. 2707 P. = p. 379 Gaisf.:
in lib. VII de lingua latina ad Marcellum, vgl. Gell. XII, 6, 3. 10, 4. XVI,
12, 7 f. XVIII, 12, 8. Wilmanns p. 47—97. 170—208), die Metrik mit be-
handebid (Ritschi S. 524, vgl. Westphal, allg. Metrik S. 32 f. 92 f.). A. Wil-
r*
VaiTo's prosaische Schriften (de ling. lat.). 237
rnanns, de Yarr. libris grammaticis scripsit relliquiasque subiecit, Berlin
1864. 226 pp. 8.
Dazu endlich noch (libri) singulares X bei Hieronymus, ßovoßißla an-
bekannten Inhalts (ßitschl S. 502).
155. Von der gesammten literarischen Thätigkeit Varro's
sind nur zwei Schriften auf uns gekommen, de lingua latina
und rermn rusticarum libri IIL Aber von den ursprünglich 25
Büchern de lingua latina ist uns nur Buch V bis X erhalten;
und auch diese am Ende von VI, VIII und X, sowie am An-
fang von Vn und IX verstümmelt, ausserdem vielfach intei-poliert
und sonst verderbt. Das vollständige Werk behandelte in seiner
ersten Hälfte die Lehre von der Bildung und Flexion der Wör-
ter, in der zweiten die Syntax, unter starker Benutzung der
Alexandriner und Stoiker. Vom fünften Buche an war das Werk
dem Cicero gewidmet und ist daher spätestens J. 711 verfasst
und wohl auch herausgegeben. Der sprachwissenschaftliche
Standpunkt ist sehr ungleich, die Schreibweise abgerissen imd
ungefüg.
1. Die strenge, mechanische Symmetrie der Disposition yrie in den Anti-
qmiatam libri (s. oben 154, 4, a) so auch in den Büchern de lingua latina er-
hellt aus der -wiederholten Hervorhebimg derselben. VII, 110: quoniam omnis
operis de lingua latina tris feci parteis, primo quemadmodum vocabula im-
posita essent rebus (Etymologie), secundo quemadmodum ea in casus declina-
rentur (Dedination und Conjugation), tertio quemadmodum coniungerentur
(Syntax). V, 1 : quemadmodum vocabula essent imposita rebus in Hngua latina
KI libris exponere institui. de his tris (ausser dem ersten, die Einleitung ent-
lialtenden Buche, also B. II — IV) ante hunc feci, quos Septumio misi. in quibus
est de disciplina quam vocant ^tvfioAoytxiji'. quae contra eam dicereutur, vo-
laniine primo (B. II) ; quae pro ea, secundo (B. III) ; quae de ea, tertio (B. IV).
in bis ad te (Cicero) scribam, a quibus rebus vocabula imposita sint in
lingiia latina, et ea quae sunt in consuetudine apud poetas. VI, 97: quo-
niam de hisce rebus tris libros ad te mittere institui, de oratione soluta
duo, de poetica unum, et ex soluta ad te misi duo, priorem (B. V) de
locis et quae in locis sunt, hunc (B. VI) de temporibus et quae cum his
«unt coniuncta: deinceps in proxumo (B. VH) de poeticis verborum origi-
nibos scribere institui. VII, 5: dlcam in hoc libro de verbis quae apoetis
Bunt posita, primum de locis, dein de his quae in locis sunt, tertio de
temporibus, tum quae cum temporibus sunt coniuncta. VIII, 24: de qui-
bus utriusque generis (dvaXoyiag und dvfofiaXtag) declinationibus libros
fadam bis temos: prioris tris (B. VIII, IX, X) de earum declinationum
^dplina, posterioris (B. XI, XII, XIII) ex eins disciplinae propaginibus.
^ prioribus primus (B. VIII) erit hie: quae contra similitudinem (Analo-
gie) declinationum dicantur, secundus (B. IX), quae contra dissimilitudinem
(AuomaUe), tertius (B. X) de similitudinum forma, de quibus quae exi)e-
^'ero, singnlis tribus; tum de alterjs totidem scribere ac dividere incipia-
238 Ciceronische Zeit. Erste Hälfte, 671—691.
mu8. Buch XIV bis XXV behandelte dann die Syntax. Vgl. Bit
Rhein. Mus. VI. S. 526 f. Wilmanns, de Varr. libris gramm. p. 22 ff.
sammenstellung der Ueberreste aus den verlorenen Büchern beiWikn
p. 141—170.
2. Die Widmung an Cicero erstreckte sich auf B. V — XXV.
Gell. XVI, 8, 6: M. Varro de Ungua latina ad Ciceronem quarto vicea
auch Priscian. X, 60. p. 540, 4 Htz.: Varro in XXIIII ad Ciceronem.
aus dass die ersten Bücher einem Andern gewidmet waren ist wol
schliessen dass sie schon verfasst waren als Varro sich entschloss mi
cero eine Art Tauschhandel der Widmungen einzugehen. Schon J.
versprach er dem Cicero magnam et gravem nqoctptovriGiv (Cic. ad
XIII, 12, 3), wurde aber damit nicht so schnell fertig wie Cicero mit 8(
Büchern, so dass dieser J. 709 ungeduldig wurde (biennium praeteriit
ille KaXXin7cl9rjg assiduo cursu cubitum nullnm processerit, 1. 1.) und
auf des Atticus Zureden sich entschloss selber den Anfang zu ma
durch Widmung seiner Academica an Varro (ad Att. XIII, 12, 3. 16
18). Das Werk Varro's wurde also erst nach dem Erscheinen von Cic
Academica (J. 709) fertig, ohne Zweifel aber vor Cicero's Tod (Ende
Wenigstens hat 0. Müller's Vermutung, es sei erst nach Varro's Tod
fertig veröffentlicht worden, die Thatsache gegen sich dass Varro s(
eine Epitome davon herausgab. Vgl. 0. Müller's Praef. p. I— XI und
gegen L. Spengel, Abhandl. der bair. Akad. VII, 2. S. 443 ff. ; Roth, L«
Varro's S. 25, und Wilmanns, Varr, hbr. gramm. p. 37 — 46. Verrius 1
cus scheint das Werk nicht benutzt zu haben, vielleicht weil er es 2
achtete. Vgl. Schwegler, Rom. Gesch. I. S. 127; „die Schrift wim
von unsinnigen, kindischen, selbst gegen die Anfangsgründe der lat
sehen Grammatik verstossenden Etymologieen."
3. Die ziemlich zahlreichen Handschriften des Werkes de Hngna
stammen sämmÜich aus dem löten Jahrh. und sind Abschriften der n
ceischen in Florenz , Laur. 51 , 10 saec. XI. C. Lachmann , Rhein. ]
1835, S. 104. 1845, S. 611. H. Keil, Rhein. Mus. VI. (1848.) 8. 142—
Editio princeps von Pomponius Laetus, Rom um 1471. Neuere Ausgf
hauptsächlich von L. Spengel (BeroL 1826) und C. 0. Müller (Lips. IS
nach Letzterem A. E. Egger (Paris 1837). Neuere Beiträge zur Kritü
L. Mercklin, Philologus XIII. S. 684—692) besonders von L. Spengel, i
die Kritik der varron. Bücher de 1. 1., München 1854. 4. (Abhandl.
bair. Ak. VII, 2. S. 429—482.); de emendanda ratione libronun . . de .
München 1858. 4.; Philologus XVII. S. 288—306. W. Christ, Philoh
XVI. S. 450—464. XVII. S. 59—63. H. Kettner, krit. Bemerkungen
Varro u. lat. Glossaren, Rossleben 1867. 4. Zur Sacherklärung L. Lex
Sprachphilosophie d. Alten III. S. 169 ff. C. E. L. Oxe, de Varr. et)
quibusdam, Kreuznach 1859. 4. A. WDmanns, de Varr. libr. gra:
p. 1—46.
166. Varro's drei Bücher rerum rusticarum besit
wir^ mit Ausnahme einer Lücke zu Anfang des zweiten Bu<
vollständig. Das erste handelt vom Ackerbau, das zweite '
der Viehzucht, das dritte von den auf einem Gute gezogei
Varro'ß prosaische Schriften (rer. rust.). 239
Vogehi und Fischen. * Gelehrsamkeit und lange Lebenserfahrung
liefern hier dem achtzigjährigen Verfasser reichen Stoff. Die
Einkleidung ist dialogisch in der Weise der philosophischen
Schriften Cicero's, aber mit lebhafterer Scenerie und Handlimg,
und ist von Varro dazu benutzt seinen etwas zopfigen, aber in
seiner gutmütigen Behaglichkeit ansprechenden Witz spielen zu
lassen, besond^rs hinsichtlich der Namen seiner Personen.
1. B. E. I, 1, 1: annuB octogesimus admonet me ut sarcinas colligam
ante quam proficiscar e vita. Die Abfassung fällt somit ins J. 717 d. St.
Die Scenerie des Gesprächs von B. 11 wird ins J. 687 (21 April), die von
B. in ins J. 700 versetzt; s. 11. praef. 7. HI, 2, 3 (vgl. Cic, ad Att. IV,
15, 5). Ibid. I, 1, 4: scribam tibi (seiner Gattin Fundauia) tres libros in-
dices (übersichtliche). Dies blieb stehen, obwohl Buch II und III andere
Adressaten erhielten, jenes den Türranius Niger, dieses den Q. Pinnius.
1, 1, 11: quo brevius (wegen der grossen Zahl der Vorgänger) de ea re
conor tribus libris exponere, uno de agricultura, altero de re pecuaria,
t^o de villaticis pastionibus. II. praef. 6 : quoniam de agricultura librum
Fmdaniae uxori propter eins fundum feci, tibi, Niger Turrani noster, qui
vehementer delectaris pecore, . . de re pecuaria breviter ac summatini
percurram. III, 1, 9: cum putarem esse rerum rusticarum . . tria genera,
aniun de agricultura, alterum de re pecuaria, tertium de villaticis pastio-
Aibis, tres libros inetitui, e queis duo scripsi: primum ad Fundauiam uxo-
rem de agricultura, secundum de pecuaria ad Turranium Nigrum. qui re-
^Qoa est tertius, de villaticis fructibus, hunc ad te (Q. Pinnius) mitto,
quod visuB sum debere pro nostra vicinitate et amore scribere potissimum
^ t«. Wie diese fortwährende Einprägung der Disposition spedfisch var-
Fornsch ist, so kehrt in diesem Werke auch die Polemik gegen den Unter-
sang der alten Sitteneinfalt oftmals wieder. Ausführung über die Namen-
^itse (Fundania, Fundilius, Agrasius, Agrius, Stolo, Scrofa, Yaccius, Merula,
hmiy Pavo u. A.) bei A. Schleicher, Meletematon Yarron. spec. I (Bonn
ld46) p. 1-12.
2. Da die Lücke nach der praef. von lib. II sich in allen Handschrif-
^ findet, so stammen diese sämmtlich aus der gleichen Quelle. Diese ist
wohl die von P. Yictorius benutzte, später aber verloren gegangene Hand-
whrift der Marcusbibliothek zu Florenz (Marcianus). Die beste Abschrift
^Ton ist Laur. 51, 4, geschrieben zwischen 1420 und 1430. A. Schleicher,
^elet. Varr. I. p. 13 ff. (p. 20—32 index codicum) und besonders H. Keil,
^bservationes criticae in Catonis et Yarronis de re rustica libros, Halle
J849. Vgl. L. Mercklin, Philologus XIII. S. 694-698. Der Text in den
Scriptores rei rusticae (s. oben 44, 2) und in den opera Yarronis (s. 167, 3).
üebersetzung von G. Grosse, Halle 1788. A. Fr^my, quid in libris M. T.
^- de re rustica ad litteras attineat, Paris 1843. Diss.
157. Die übrigen Schriften Varro's scheinen über das
^hste christliche Jahrhundert hinaus sich nicht erhalten zu
luiben. Unter den sogenannten sententiae Yarronis sind nicht
240 Ciceronische Zeit. Erste Hälfte, 671 — 691.
wenige welche wirklich aus Schriften des Varro entnommen sein
könnten.
1. Ueber das Verhäitnia3 des Mardanus Capeila zu Varro s. Ztschr.
f. d. Alt-Wiss. 1845, S. 1126 ff. Jahns Archiv XIII. S. 690 ff. Krahner, de
Varrone ex Marciani satura supplendo, Friedland 1846. 4. Dass lüdor
Hisp. die 36 Stellen an denen er den Varro nennt nicht aus diesem selbst,
sondern erst mittelbar durch andere Gewährsmänner aus ihm geschöpft
hat ist theils wahrscheinlich theils gewiss gemacht worden durch
H. Eettner, varronische Studien (Halle 1865) S. 2 — 37. Daraus i&t mit
ziemlicher Sicherheit zu schliessen dass dem Zeitalter des Isidor, dem sie-
benten Jahrh. n. Chr., von dem varronischen Nachlasse nicht mehr vorlag
als uns. Diess begreift sich um so leichte^ wenn, ut traditur a maioribas
(Joh. Saresber. Policrat. II, 26. VIII, 19), Papst Gregor I (J. 590—604) eine
ganze Sammlung von Büchern aus dem Alterthum auf dem Palatinus ver-
brannt hätte. Petrarca spricht in einem Briefe den er (1 Oct. 1343) an
Varro richtet die unerfüllt gebliebene Hoffnung aus: divinarum et huma-
narum rerum libros XLI, qui nomeu tibi sonantius pcpererunt, hos adhuc
alicubi forsitan latitare suspicor, eaque multos iam per annos me fatigat
cura. Roth, Leben Varro's S. 4 f. A.
2. Die Sententiae Varronis, ungefähr 160 an Zahl (abgedruckt z. B.
bei A. Biese, Vart. Satt. p. 265—272), finden sich in den Handschriften
unter verschiedenen Titeln (Sententiae Varronis ad Papirianum Athenis
audieutem ; Proverbia Varronis ad Paxianum ; Sententiae Varronis ad Athe-
niensem auditorem morales atque notabiles; Varro ad Atheniensem audi-
torem; Liber moraüs quem Varro scripsit ad Ath. aud.; Varro in Moraü-
bus oder in libro Moralium). Ueber sie muss imbefangene Betrachtung
dem Urteile von Riese beistimmen (1. 1. p. X f.) : non absonum puto con-
icere aliqua certe ex parte eas e Varronis libris dmvandas esse, nam
insunt sententiae quales liberalior tautum excultiorque medio aevo aetas
invenire potuit quaeque Varronis ingeuio aptissimae sunt (z. B. 1: di es-
semus ni moreremur. 4: cum natura litigat qui mori grave fert 10: in
multis contra omnes sapere desipere est. 37: eo vultu -dimittendae sunt
divitiae quo accipiendae. 39: philosophiae non accommodari tempus, sed
dari oportet; ipsa euim praecipuus est dei cultus. 62: eo tantum studia
intermittantur ne omittantur. 84: nil novit qui aeque omnia. 86: cito
transcursa citius labuutur. 86: sie multi libros degustant ut convivae de-
licias. 151: sie studendum ut propter id tb putes natum; noch mehr freilich
erinnert dergleichen au Geist und Ausdrucksweise des Seneca). nee obstat
sermo, qui profecto illius aevi barbarie foede infectus est, cum in taLLbus
fiorilegiia sententias tantum respicere, verba neglegere suoque usui accom-
modare possent. So ist 56 (omnia nosse impossibile) inhaltlich identisch
mit Varr. R. R. II, 1, 3 (nemo omnia potest scire). Manches ist metrisch
oder leicht in ein Metrum zu bringen (wie 9. 21. 84. 98. 101), daher die
varronischen saturae hauptsächlich zu der Sammlung beigesteuert haben
mögen. Mercklin vermutete dass der obscure Grammatiker Varro (bei
Vergihus Maro de V'III partibus or.) aus der karolingischen Zeit der Ver-
fasser sei. In den encyclopädischen Schriften des Mittelalters (e. B. Vinceu-
tius BeUovacensis Speculum historiale und doctrinale, Amoldi de HoUandia
Sent«ntiae Varroiiis. Q. Hortensiiis. 241
•
liiber Vaticani) wurden diese Sentenzen viel benutzt. Litteratur: Senten-
tiasM. T. V. . . edidit et commentario illustravit Vine. Bevit, Padua 1843.
R. Klotz, über die dem Varro beigelegten Denkspriiche,. Jahns Archiv IX.
S. 582—603. Düntzer, ebda. XV. S. 193 ff. vgl. Jahns Jahrb. LIV. S. 135 ff.
LMercklin im Philologus II. S. 480—483. XIU. S. 739-742. Quicherat,
pensees in^dites de Varron, Bibl. de l'äcole de chartes III, 1. (Paris 1849)
p 3 ff. Sentences de M. T. V. et Uste de ses ouvrages, d'apr^s diff^rents
manuscripts, par Ch. Chappuis, Paris 1856, p. 1 -116. Ritschi, Bhein. Mus.
XII. S. 147—149.
3. Eine verlässliche Sammlung und Bearbeitung des ganzen varroni-
sehen Nachlasses gibt es noch nicht. Aelteres: Varronis opera cum notis
J. Scaligeri, A. Turnebi all., Paris 1569. 1573. 1581. 1585. Von Ausonius
Popma, Lugd. Bat. 1601. Dortrecht 1619. Amsterdam 1623. Editio Bi-
pontina 1788. 2 Voll.
158. Unter den Rednern der Optimatenpartei war der be-
deutendste Q. Hortensius Hortalus (J. 640—704 d. St.), als
Mensch weich bis zur Verschwommenheit, als Redner durch
Gedächtnissstärke und kunstreiche Gewähltheit des Vortrags
lange Zeit die erste Rolle spielend, bis Cicero ihn überholte.
Auch literarisch war er thätig: nicht nur dass er einen Theil
seiner Reden herausgab, sondern er verfasste auch eine Schrift
über allgemeine Frkgen aus dem Gebiete der Beredtsamkeit,
ausserdem Annales und erotische Gedichte. Neben ihm sind
unter den Optimaten als Redner nennenswerth der Triumvir
M. Licinius Crassus (J. 638—701), L. Licinius LucuUus (J. 640
-698), M. Pupius Piso Calpurnianus (Cos. 693), sowie auch
Cn. Pompejus Magnus (J. 648—706) und einige Andere.
1. Hortensius war Aedil 679, Prätor 682, Consul 685, f 704, nach Se-
ren. Sammon. 261 ff. an einem Halsleiden. Cic. Brat. 88, 301: (erat Hor-
tensius) primum memoria tanta quantam in nnllo cognovisse me arbitror
(Probe bei Sen. Controv. I. praef, 19. p. 54, 3 ff. Bu.), ut quae seciim com-
Daentatus esset, ea sine scripto verbis eisdem redderet quibus cogitavisset.
•302: attuleratque minume volgare genus dicendi, duas quidem res quas
nemo alius, partitiones, qiiibus de rebus dicturus esset, et collectiones
^mm quae essent dicta contra quaeque ipse dixisset. . . 303: vox canora
^ loavis, motos et gestus etiam plus artis habebat quam erat oratori sa-
Ö«. 95, 326: Hortensius genere (orationis asiatico) florens clamores facie-
W adolescens. habebat enim et Meneclium illud studium crebrarum ve-
i^Qstarumque senteutiarum . . et erat oratio cum incitata et vibrans tum
«tiam accurata et polita. 327 : erat excellens iudicio volgi et facile primas
tenebat adolescens. . . sed cum iam honores et illa senior auctoritas gra-
^08 qoiddam requireret, remanebat idem nee decebat idem; quodque ex-
erdtationem studiiimque dimiserat, quod in eo fuerat acerrimum, concin-
nitas illa crebritasque sententiarum . . vestitu illo orationis quo consueverat
Teaffel, Rum. Literatarg-cschichtc. |H
242 Ciceronische Zeit. Erst« Hälfte, 671—691.
omata non erat. Quictil. XI, 3, 8: diu princeps orator, aliquando aemulas
Ciceronis existimatus est, novissime, quoad vixit, secundus. Dem Cicero
gegenüber benahm er sich immer neidlos anerkennend und wohlwollend,
wiewohl er von dem reizbaren Nebenbuhler vielfach verkannt wurde.
2. Von den zahllosen Reden welche Hortensius im Laufe. von 44 Jah-
ren gehalten hat kennen wir von 26 die Anlässe; s. Luzac p. 119—146.
Meyer, orat rom. p. 168-172 = p. 361—378 ed. IL Herausgegebene Re-
den (z. B. pro Verre, Quintil. X, 1, 23): Cic. Brut. 94, 324 (dicendi
genus quod fuerit in utroque oraüones utriusque etiam posteris nostris
indicabunt). 96, 328 (id declarat totidem quot dixit, ut aiunt, scripta ver-
bis oratio), or. 37, 132 (dicebat melius quam scripsit). Quintil. XI, 3, 8
(actione valuisse plurimum . . fides est quod eins scripta tantum intra fa-
mam sunt, . . ut appareat placuisse aliquid eo dicente quod legentes non
invenimus). Ausserdem Quintil. II, 1, 11: loci . . quibns quaestiones ge-
neraliter tractantur, quales sunt editi a Q. quoque Hortensio, ut Sitne
parvis argumentis credendum? vgl ib. 4, 27. Priscian. VIII. p. 792 P. =
381, 10 Htz. Yellej. II, 16, 3 (maxime dilucide Q. Hortensius in Annalibus
suis rettulit). Cic. ad Att. XII. 6, 3 (de bono auctore Hortensio sie ac-
ceperam; mündlich? vgl. XIII, 3^, 3 ex Hortensio audieram; 33, 3 non
temere dixit Hortensius). Erotische Gedichte; s. Plin. Ep. V, 3, 6 (oben
26, 1). Ovid. Trist. II, 441 (nee minus Hortensi nee sunt minus improba
Servi carmina). Gell. XIX, 9, 7 (oben 26, 1). Varr. L. L. VÜI, 14 (Or-
tensius in poematis: cervix). Catull. ^5, 3 f. Im Allgemeinen L. C. Luzac,
de Q. H. oratore Ciceronis aemulo, Lugd. Bat. 1810. 161 pp. Linsen, de
H. oratore Cic. aemulo, Abo 1822 f. 4. W. Drumann, Gesch. Roms ÜI.
S. 81—108. W. Teuffei in Pauly's Real-Enc. HI. (1843.) S. 1497—1603,
3. Cic. Brut. 64, 230: Hortensius . . suos inter aequalis M. Pisonem
(A. 5), M. Crassum, Cn. Lentulum (Cos. 682), P. Lentulum Suram (Cos.
683) longe praestitit. Tac. dial. 37: ex bis (den vetera quae et in anti-
quariorum bybliothecis adhuc manent et cum maxime a Muciano oontra-
huntur ac iam . . edita sunt) intellegi potest Cn. Pompeium (A. 6) et M.
Crassum non viribus modo et armis sed ingenio quoque et oratione valu-
isse, Lentulos (A. 7) et Metellos (A. 8) et Lucullos (A. 4) et Curiones (s.
131, 12. 140, 6 und den Volkstribun des J. 704) et ceteram procerum ma-
num multum in his studiis operae curaeque posuisse. Unter diesen war
M. Licinius P. f. Crassus Dives im J. 699 über 60 J. alt (Plut Crass. 17),
Prätör 682, Cos. 684 und 699, Censor 689, Mitglied des ersten Triumvirats
694, fiel gegen die Parther 8 Juni 701; s. W. Drumann, Gesch. Roma IV.
S. 71 — 115. W. Teuflei in Pauly's Real-Enc. IV. S. 1064—1068, Nr. 29.
Cic. Brut. 66, 233: mediocriter a doctriua instructus, angustius etiam a
natura, labore et industria . . in principibus patronis aliquot annos fuit
Stärker trägt die Farben auf Plut. Crass. 3: naiSsiag x^g negl Xoyov ^d-
liGza {k\v x6 Qr^togiTiov xal 29€ia)<)i£g sig nollovg ^ffxijfff, xal yBv6(i'Svog
ffeivog elmtv iv xoig ykaXiata Ptofiaimv inifiElBia xal novtp zovg'BVipV'
taxdtovg vnsQißaXsv,
4. Ueber L. Lucullus s. oben 144, 2. Dessen Bruder, iL Lidnins
Lucullns, nach seiner Adoption (durch M. Terentius Varro) M. Terentius
M. f. Licinianus Varro, Cos. 681 (s. W. Teutfel in Pauly's Real-Enc. IV.
p-fr-;'.' <
Q. Hort^nsius, M. Crassus, M. Piso u. a. Optimaten. 243
S. 1074 f, Nr. 9), wird von Cicero (Brut. 62, 222) neben M. Octavius Cn. f.
und Cn. Octavius M. f. (Cos. 678) unter den politischen Hednem auf-
geführt
5. Cic. Brut. 67, 236: M. Piso (Cos. 693) quidquid habuit habuit ex di-
sciplina, maximeque ex omnibus qui ante fuerunt graecis doctrinis eruditus
fait. habuit a natura genus quoddam acuminis, quod etiam arte limave-
rat, quod erat in reprehendendis verbis versutum et sollers (vgl. ad Att.
I, 13, 2). . . is cum satis floruisset (als Redner) adolescens, minor haberi
est coeptus postea; deinde ex Virginum iudicio (J. 681?) magnam laudem
est adeptus et ex eo tempore . . tenuit locum tarn diu quam ferre potuit
laborem. Ascon. zu Cic. in Pis. p. 15: Pupius Piso eisdem temporibus
qoibns Cücero, sed tanto aetate maior ut adolescentulum Ciceronem pater
ad eiun dedaceret, quod in eo . . multae inerant litterae. Cic. fin. V, 1,
1: cum audissem (zu Athen) Antiochum, ut solebam, cum M. Pisone. de
deor. nat. I, 7, 16: M. Piso si adesset, so wäre auch die peripatetische
Schule vertreten, ad Att. XIII, 19, 4 (J. 709, wo Piso hiernach schon todt
war): confeci V libros nsgi telävy ut . . nsQt7taT7jti%a M. Pisoni darem.
de or. 1, 22, 104: est apud M. Pisonem . . Peripateticus Staseas.
6. Cn. Pomp ei US Magnus, geb. 30 Sept. 648, Cos. 684, 699 und (sine
collega>702, Triumvir 694, f 29 Sept. 706; vgl. W. Drumann, Gesch. Roms
IV. S. 324—656. W. Teuffei in Pauly's Real-Enc. V. S. 1848—1854. Nach
Tac. diaL 37 (s. A. 3) gab es geschriebene Reden von ihm. Cic. Brut.
^,239: maiorem dicendi gloriam habuisset pisi eum maioris gloriae cu-
piditas ad bellicas laudes abstraxisset. erat oratione satis amplus, rem
pnidenter videbat; actio vero eins habebat et in voce magnum splendorem
et in motu summam dignitatem. Vellej. II, 29, 3: sanctitate praecipuus,
eloquentia medius. Quintil. XI, 1, 36: Pompeius abunde disertus rerum
suarum narrator. Plut. Pompei. 1: ni&avozi^g Xoyov. Schreiben von ihm
aus dem Anfange des Bürgerkriegs (J. 705) bei Cic. ad Att. VIII, 11 und
12,jeA— D.
7. Die Lentuli bei Tac. dial. 37 werden wohl die bei Cic. Brut. €4,
230 (s. A. 3) genannten sein, von welchen Cn. Cornelius Lentulus Clodianus
ib. 66, 234 und der Catilinarier P. Cornelius Lentulus Sura ib. 235 als
fiedner charakterisiert wird (vgl., ib. 90, 308 Lentuli duo). Ausserdem Cn.
(Cornelius) Lentulus Marcellinus (Cos. 698) ib. 70, 247; P. Cornelius Len-
tulus Spinther (Cos. 697) und L. Cornelius Lentulus Crus (Cos. 705) ib.
77, 268.
8. Zu den Metelli bei Tac. dial. 37 (A. 3) vgl. Cic. Brut. 70, 247:
duo Metelli, Celer (Cos. 694, s. A. Haakh in Pauly's Real-Enc. IL S. 26 f.
Nr. 15) et Nepos (Cos. 697; s. Haakh a.a. 0. S. 27—29, Nr. 16), non nihil
in causis versati, nee sine ingenio nee indocti. ad Att. VI, 3, 10 (J. 704):
orationem Q. Celeris mihi velim mittas contra M. Servilium. Vgl. ad Fam.
V, 4, 2.
9. Ueber L. Lucceius s. 159, 4.
10. Andere J^dner dieser Zeit, von denen aber die Veröffentlichung
ihrer Beden nicht erwähnt wird, zählt Cicero auf, im Brutus 67, 237 (P.
Mozena, 0. Cenaorinus, L. Turins). 68, 239 (C. Piso, M\ Glabrio, L. Tor-
16*
244 Cicerouf sehe Zeit. Erste Hälfte, 671 -691.
quatus). 240 (D. Silanus, Q. Pompeius A. f. Bithyuicus). 241 (P. Autro-
nius, L. Octavius Reatinus, C. Staienu8). 69, 242 (C und L. Caepaaii, C.
Cosconius Calidianus, Q. Arrius). 70, 245 (T. Torquatos T. f., doctua vir
ex Rhodia disciplina Molonis). 246 (M. Pontidius; M. Valerius Messala,
Cos. 693). Eruciua, der Ankläger des Sex. Rosdus (s.' unten 166, Nr. 2),
heisst Antoniaster (geschmackloser Nachahmer des Redners Antonius) bei
Cic. p. Varen. fr. 8. p. 443 = 930 Or.
169. Auf dem Gebiete der GescliichtsclireibuDg war unter
den älteren Zeitgenossen Cicero's thätig besonders sein Freund
T. Pomponius Atticus (645 — 722), hauptsächlich mit. seinem
Annalis, einer synchronistisch angelegten römischen Geschichte
in magerer Tabellenform. Ausserdem Procilius, Hortensius,
Luccejus, Sulpicius, L. Tubero u. a. noch weniger Bedeutende.
1. T. Pomponius Atticus, seit der Adoption durch seinen Oheim Q. Cae-
cilius Q. f. Pompouianus Atticus, der durch Cicero's Briefwechsel mit ihm
(unten 171, 2) und des Cornelius Nepos panegyrische Biographie bekannte
Geldmann und Buchhändler. J. G. Hullemau, diatribe in T. Pomp. Att.,
Utrecht 1838. G. Boissier in Cicdron et se amis (Paris 1866). W. Teuffei
in Pauly's Real Enc. I, 2. S. 2094—2096. Schriften: a) unus liber graece
confectus, de consulatu Ciceronis (Cornel. Nep. Att. 18, 6 vgl. Cic. ad Att.
II, 1, 1 vom J. 694: tuus puer . . mihi litteras abs te et commeutarium
consulatus mei graece scriptum reddidit).
b) Annalis. Cic. Brut. 3, 13 f.: salutatio . . illius libri quo me hie
(Atticus) affatus . . excitavit. . . quo omnem rerum (nostrarum fügt 0.
Jahn aus 5, 19 ein; vgl. aber auch or. 34, 120) memoriam breviter et . .
perdiligenter complexus est. 4, 15: . . ut explicatis ordinibus temporuni
uno in conspectu omnia viderem. 5, 19: eis (durch Cicero's Schritt de
rep. vom J. 700) . . ad veterum rerum nostrarum memoriam comprehend-
endam . . incensi sumus (Atticus). Vgl. ib. 10, 42. 11, 44 (te, quem rerum
rora. auctorem laudare possum religiosissimum). 18, 72. 19, 74. orat. 34,
120: quem laborem (nicht blos die römische Geschichte sed etiam imperi-
osorum populorum et regum illustrium kennen zu lernen) nobis Attici
nostri levavit labor, qui conservatis notatisque temporibus . . annorum
septingentorum memoriam uno libro colligavit. ad Att. XII, 23, 2:
scriptum est in tuo Annali. Vgl. Cornel. Nep. Kann. 13, 1 und Ascon. zu
Cic. in Pis. p. 13 (Atticus in Annali). Schol. Ver. zur Aen. II, 717. Solin.
Polyh. 2. C. L. Roth, hist. lat. p. 382 — 385. Cornel. Nep. Att. 18, 1 f.:
summus . . fait . . antiquitatis ämator; quam adeo diligenter habuit co-
gnitam ut eam totam in eo volumine exposuerit quo magistratüs ordinavit.
nulla enim lex neque pax neque bellum neque res illustris est populi rom.
quae non in eo suo tempore sit notata, et . . sie familiär um originem sub-
texuit ut ex eo clarorum virorum propagines possimus cognoscere. c) ibi
18, 3 f.: fecit hoc idem separatim in aliis libris, ut M. Bruti rogatu luniam
familiam a stirpe ad hanc aetatem ordine enumerayerit (wozu aber viel
Erfindung oder unkritische Aufnahme der Familiendichtungen erforderlich
war; vgl. oben 70, 2. 71, 1. 3), notans qtu a quoqne ortus quos honoree
Atticus u. a. Geschichtschreiber. 245
quibusqae temporibus cepisset. pari modo Marcelli Claadii de Marcello-
ram, Sdpionis Conielii et Fabii Maidmi Fabionim et Aemiliorum. Hienach
überwog bei Atticus die freundschaftliche Dienstwilligkeit über das Inter
eaae für geschichtliche Wahrheit.
d) Imagiues. Plin. N. H. XXXV, 2, II: imaginum amorem flagrasse
qaondam testes sunt Atticus ille Ciceronis edito de iis volumine et M.
Varro. Nep. Att. 18, 6 f. : attigit quoque poeticen . . namque versibus qui
honore rerumque gestarum amplitudine ceteros rom. populi praestiterunt
exposuit ita ut sub siugulorum imaginibus facta magistratusque eorum . .
qnatemis quinisque versibus descripserit
2. Cic. ad Att. II, 2, 2 (J. 694): Dicaearchus . . a quo multo plura
didiceris quam de Procilio. Varro L. L. V, 148 (a Procilio relatum). 164
(ut Procilius aiebat). Plin. N. H. VIII, 2, 4. XII ind. Ps Ascon. zu Cic.
Verr. p. 171 Or.: legimus de Oppio et Procilio.
3. Ueber die Annalen des Q. Hortensius s. 158, 2. üeber Luculis Ge-
schichte des marsischen Kriegs s. 144, 2.
4. Cic. ad Fam. V, 12, 1 Ü. 698) an L. Lucceius Q. f.: genus scrip-
tonun tuorum . . vicit opinionem meam . . ut cuperem quam celerrime
res Dostras monumentis commeudari tuis. (2.) . . videbam italici belli et
ciTÜiB historiam iam a te paene esse perfectam, dixeras autem mihi te
reliqoas res ordiri. (3.) . . gratiam illam de qua . . in quodam prooemio
scripsistL Nach Ascon. p. 92 f., der ihn (orator) paratus eruditusque nennt,
hielt und veröfiFentlichte er J. 690 orationes in Catilinam. Vielleicht sind
diese die scripta die dem Cicero gefielen und in ihm den Wunsch erreg-
ten 8ein Consulat von ihm behandelt zu sehen, was Luccejus halb ver-
^mch, aber nie ausführte. Ein Brief von ihm an Cicero (aus J. 709) ad
Fam. V, 14. Vgl. W. Teuffei in Paul/s Real Enc. IV. S. 1156 f. Nr. 3.
5. Cic. ad Att. XI 11, 30, 3 (J. 709): in Libonis Annali (II?) quattuor
dedm annis post praetor est factus Tuditanus quam consul Mummius.
32, 3: eum (den Tuditanus) video in Libonis (II?) praetorem. Diess könnte
derselbe Libo sein an welchen Varro eine Schrift von mehreren Büchern
gerichtet hat (Varro ad Libonem primo, Macrob. (II, 14 =) III, 18, 13),
also wohl sein und des Pompejus Freund L. Scribonius Libo (Haakh in
Pauly*B Real-Enc. VI, 1. S. 881 f. Nr. 13). Dann müsste aber Appian. b.
c. III, 77 {ids fiiv Tiai tssqI zov Baccov doxsi^ Atßoovi S* ort) auf einen
Andern bezogen worden, da das dort Erzählte erst ins J. 710 fällt und
eher auf einen Caesarianer schliessen lässt.
6. Comel. Nep. Hann. 13, 1: quibus consulibus interierit (Hann.) non
convenit''. namque Atticus (gibt das J. 571 an) . . at Polybius (das J. 572)
. . Sulpicius autem Blitho (das J. 573).
7. L. (Aelius) Tubero, Jugendfreund und Schwager des M. Cicero,
J. 693—696 Legat des Q. Cicero in Asien. Vgl. W. Teuflei in Pauly's
Real-Enc I, 1. S. 336 f. Nr. 6. Cic. p. Lig. 4, 10: homo cum ingenio tum
etiam doctrina excellens. ad Q. fr, I, 1, 3, 10 (J. 694): legatos habes . .
de quibuß honore et dignitate et aetate praestat Tubero , quem ego arbi-
246 Ciceronische Zeit. Erste Hälfte, 671—691.
tror, praesertim cum scribat hlBtoriam, multos ex sois annalibus posse de-
ligere quo^ velit et possit imitari. Zweife.Ihaft ist ob dieses Geschichts-
werk fertig und herausgegeben wurde oder als Stoffsammlung auf seinen
Sohn Q. Tubero übergieng. Das Erstere ist kaum zu schliessen aus dem
Plural AUioi, bei Dionys. Hai. Ant. I, 7 (oben 32, 3). Wie Cicero hielt
auch Tubero sich vorzugsweise zur (neuen) Akademie, und der Skeptiker
Ainesidemos richtete an ihn seine TLvqqtovBioi Xoyoi (Phot. Bibl. 212. 1.
p. 169 Bk.).
160. Vorgänger Cicero's in populärer Behandlung philo-
sophischer Gegenstände in lateinischer Sprache waren Ama-
finiuS; Rabirius und Catius^ alle drei auf das epikureische
System sich beschränkend, ohne stilistischen Aufputz, treu
nach den griechiöchen Quellen, und auch nicht ohne Erfolg.
1. Cicero's Aeusserungen über diese Vorgänger zeigen wenig Unbe-
fangenheit. Acad. post. 1, 2, 5: yides ipse . . non posse nos Amafinii ant
Babirii similes esse, qui nulla arte adhibita de rebus ante oculos positie
volgari sermone disputant. nihil definiu^, nihil partiuntur, nihil apta iu-
terrogatione concludunt, nullam denique artem esse nee dicendi nee dis-
serendi putant. (6.) iam vero phjsica, si Epicurum, i. e. si Democritum,
probarem, possem scribere ita plane ut Amafinius. quid est enim magnum
. . de corpusculorum (ita enim appellat atomos) concursione fortuita loquiV
Tusc. I, 3, 6: multi iam esse Ubri latini dicuntur scripti inconsiderate ab
optimis illis quidem viris sed non satis ernditis. fieri autem potest ut
recte quis sentiat et id quod sentit polite eloqui non possit . . nee delecta-
tione aliqua allicere lectorem. . . itaque suos libros ipsi legunt cum suis,
nee quisquam attingit praeter eos qui eandem licentiam scribendi sibi per-
mitti Yolunt. II, 3, 7: est quoddam genus eorum qui se philosophoa ap-
pellari volunt, quorum dicuntur esse latini sane multi Ubri, quos non
contemno equidem, quippe quos nimiquam legerim; sed quia profitentur
ipsi illi . . se neque distincte neque distribute neque eleganter ueque Or-
nate scribere, lectionem sine uUa delectatione neglego. IV, 3, 6: C. Ama-
finius exstitit dicens, cuius libris editis commota multitudo contulit se ad
eam potissimum disciplinam. (7.) post Amafinium multi eiusdem aemuli
rationis multa cum scripsissent Italiam totam occupaverunt . . et fädle
ediscuntur et ab indoctis probantur.
2. Rabirius wird ausser Acad. I, 2, 5 (s. A. 1) nicht genannt, da er
mit dem Dichter C. Rabirius nicht wohl identisch ist.
3. Cic. adFam. XV, 16, 1 (J. 709): Catius Insuber (vgl. imten 185, 1),
Epicureus, qui nuper est mortuus, quae ille Gargettius (Epikur) et iam
ante Democritns stdoaXat hie spectra nominat. 19, 2: Epicurus, a quo
omnes Catii et Amafinii, mall verborum interpretes, pro£iciscuntur. Quintü.
X, 1, 124: in Epicureis levis quidem sed non iuiucundus tamen auctor est
Catius. Porphyr, zu Uor. Sat. II, 4 (p. 292 H.): Catius Epicureus fuit qui
scripsit quattuor libros de rerum natura' et de summo bono. ib. Acro zu
V. 48 (p. 287 H.): irridet eum qui de opere pistorio in libro scripsit Ca-
tius Miltiades; wo Cruquius hat: irridet eum quod de op. pist. in suo libro
Amafinius und CatiuB. Aquilius Gallu8.' 247
*
acribit de se ipso: haec primos inyeuit et cognovit Catius Miltiades. Vgl.
W. Tenffel Comm. zu Hör. Sat. II. S. 114—116. In den Aufschriften der
Satire wird der Eedeude theilweise M. Catius (Caciüs) genannt (s. Hauthals
Schol p. 280), bei Plin. Ep. IV, 28, 1 T. Catius.
161. Nach Charaktertüchtigkeit ein würdiger Schüler des
Pontifex Q. Scaevola war der Jurist C. Aquilius Gallus, in
seiner Gleichgültigkeit gegen politische Thätigkeit ein Symptom
ebenso der zunehmenden Abkehrung vom Staate wie der be-
ginnenden Ausbildung der Jurisprudenz zu einem selbständigen
Berufe. Desto vielseitiger und fruchtbarer war sein Schüler
ServiuB Sulpicius Rufus (649 — 711 d. St.), eine friedliche
Natur, den Extremen abhold, als Redner tüchtig, achtbar als
Gelehrter, und auch der Poesie nicht fremd, weitaus am bedeu-
tendsten aber als Kenner und Lehrer des Rechts und Verfasser
zahlreicher Schriften, durch die er auf die Ausbildung der
Rechtswissenschaft einen lange fortwirkenden Einfluss gewann.
Gleichzeitige Juristen waren P. Orbius und Precianus, minde-
stens ein Rechtskenner C. Furius Camillus.
1. Plin. N. H. XVn, 1: multo pulcherrima domus consensu omnium
iocolle Yiminali C. Aquilii equitis rom., clarioris illa quam iuris civilis
«aeutia. Prätor 688 mit Cicero, f vor 710; s. W. Teuffei in Pauly's Real-
Enc. I, 2. S. 1388 f. Nr. 9. Cic. p. Caecin. 27, 78 (J. 685): iuris civilis ra-
tionem numquam ab aequitate seiunzit, tot annos ingenium, laborem, fidem
Boam populo rom. promptum . . praebuit, . . ita iustus est et bonus vir
ot natura, non disciplina consultus esse videatur, ita peritus ac prudens ut
n iore civili non scientia solum quaedam verum etiam bonitas uata videa-
tur. Brut. 42, 164: Galli, hominis acuti et exercitati, promptam et para-
tam in agendo et in respondendo celeritatem. Pompon. Dig. I, 2, 2, 42:
ex quibus (den auditores Mucii) Gallum maximae auctoritatis apud popu-
lom fuisse Servius dicit. Vgl. oben 141, 3. Auch Ulpian kennt ihn nur
aas zweiter Hand (Dig. XIX, 1, 17, 6: Gallus Aquilius, cuius Mela refert
opiniouem, recte ait), und in den Digesten, wo er etwa ein Duzendmal
genannt wird, ist niemals ei» bestimmter Buchtitel namhaft gemacht.
Vielleicht gehen daher diese Erwähnungen auf Anführungen zurück welche
•ein Schüler Sulpicius Rufus über mündliche responsa des Aquilius machte.
Einige rechliche Formulare sind das Einzige wovon wir mit Sicherheit
wissen dass Aquilius es selbst schriftlich veröffentlicht hat. So besonders
die Aqoiliana stipulatio et acceptilatio (Inst. III, 29, 2. Dig. XL VI, 4, 18, 1),
die Formel für Erheinsetzung nachgeborener Enkel (Dig. XXVIII, 2, 29 pr.),
und formolae de dolo malo aus seiner Prätur (Cic. off. UI, 14, 60. 15, 61.
deor. nat. III, 30, 74). Majansius, ad XXX ict. comm. II. p. 57—126.
Heineccius, de C. Aquillio Gallo icto celeberrimo, Opusc. II. p. 777 ff.
8. W. Zimmern, Gesch. d. röm. Privatrechts I, 1. S. 287 f.
2. Ser. Sulpicius Q. f. Rufus, mit Cicero ungefähr gleichaltrig (ae-
248 Ciceronische Zeit. Erste Hälfte, 671—691.
tates vestrae . . iiihil aut non fere multum differunt, Cic. Brut. 40, 150),
Prätor 689, Cos. (nach Scheitern für 692) 703, 708 von Caesar zum Pro-
consul von Achaia ernannt; f 711 auf einer Sendung nach Mutiua. A. Haakh
in Pauly'ß Real-Enc. VI, 2. S. 1497 f. Nr. 41. Ursprünglich zusammen mit
Cicero zum Redner sich ausbildend verzichtete Eufus erst vom J. 677 an
auf Wetteifer mit Cicero und wandte sich vorzugsweise der Jurisprudenz
zu, in der er durch die Vielseitigkeit seiner Bildung einen wisBenschaft-
lichen Fortschritt begründete. Cic Brut. 41, 152 f.: existumo iuris civilis
magnum nsum . . apud multos fuisse, artem (Systematik) in hoc uno. quod
numquam efiPecisset ipsius iuris scientia, nisi praeterea didicisset . . dia-
lecticam. 42, 153: sed adiunxit etiam et litterarum scientiam et loquendi
elegautiam, quae ex scriptis eius, quorum similia nulla (volumina multa
Koch) sunt, facillume perspici potest. (154.) cumque discendi causa duo-
bus peritissumis operam dedisset, L. Lucilio Balbo (oben 141, 3) et C. Aqui-
lio Gallo, Galli . . celeritatem subtilitate diligentiaque superavit, BaJbi . .
tarditatem vicit expediendis conficiendisque rebus. Pompon. Dig. I, 2, 2,
43: institutus a Balbo Lucilio, instructus autem maxime a Gallo Aqiiilio,
qui fuit Cercinae. itaque libri complures eius (des Bufus) exstant Cercinae
confecti. . . huius volumina complura exstant (noch in der Zeit des Pom-
ponius). reliquit autem prope CLXXX libros. Brutus bei Cic. Brut. 42,
156: audivi nuper (J. 707) eum (den Sulp. Rufus) studiose et frequenter
Sami, cum ex eo ius uostrum pontificium, qua ex parte cum iure dvili
coniunctum esset, vellem cognoscere. Correspondenz nüt Varro: Ser. Sul-
picius, iuris civilis auctor, vir bene litteratus, scripsit ad M. Varronem.
. . Varro rescripsit etc. Gell. 11, 10, 1 f.
3. Eine Probe der rednerischen Bildung des Rufus gibt besonders sein
Trostschreiben an Cicero über den Tod der Tullia (J. 709), ad Farn. IV,
5; ein Muster sachlicher Erzählung ist sein Bericht über den Tod des
M. Marcellus ib. IV, 12 (J. 709). Quintil. X, 1, 116: Ser. Sulpicius insignem
non immefito famam tribus orationibus meruit. 7, 30: feruntur aliornm
quoque (als des Cicero commentarii, Entwürfe von Reden) et inventi forte,
ut eos dicturuB quisque composuerat, et in libros digesti, ut causarimi
quae sunt actae a Ser. Sulpicio, cuius tres orationes (vollständige, von
ihm selbst herausgegebene) exstant. x sed hi de quibus loquor commentarii
ita sunt exacti ut ab ipdo (Sulp.) mihi in memoriam posteritatis videantur
esse compositi (anders als die erst vonTiro herausgegebenen commentarii
des Cicero). Von jenen tres orationes nennt Quintilian (IV, 2, 106. vgl
X, 1, 22 und Festus p. 153 M.) eine pro Aufidia, und eine andere, in einem
Erbschaftsstreite, contra Aufidiam (VI, 1, 20), falls die letztere nicht mit
der ersteren identisch ist imd auf einem Schreib- oder Gedächtnissfehler
Quintilians beruht. Ob die Rede gegen Murena (J. 691) eine dieser her-
ausgegebenen Reden war ist nicht bekannt. Im Allgemeinen s. Meyer,
orator. rom. * p. 398—402; auch oben 36, 9. — Quintil. X, 5, 4; et illa ex
latinis conversio multum et ipsa contuLerit. ac de carminibus quidem
(Verwandlung lateinischer Gedichte in Prosa) neminem credo dubitare,
quo solo genere exercitationis dicitur usus esse Sulpicius (falls diess nicht
der oben 140, 5 besprochene Redner ist). Unter den Verfassern erotischer
Gedichte führt Plin. Ep. V, 3, 5 (s. oben 26, 1) auch Ser. Sulpicium auf.
Vgl. Ovid. Trist. II, 441 (oben 168, 2).
Ser. SulpiciiiB Rufus u. a. Juristen. 249
4. Juristische Schriften des Sulpicius Rufus. Ser. Sulpicias iureconsul-
tus, vir aetatis suae doctissimus , in libro de sacris detestandis secundOf
Gell. VII (VI), 12, 1. Ser. Sulpicius in libro quem-composuit de dotibus,
ib. IV, 3, 2. 4, 1 f. Vgl. Dig. XII, 4, 8. XXIII, 3, 79, 1. Ser. Sulp, in
reprehensis Scaevolae capitibus. Gell. IV, 1, 20. Commentar zu den XII Ta-
feln (oben 76, 6). Servius duos libros ad Brutum perquam brevissimos Ad
edictum subscriptos reliquit, Pompon. Dig. I, 2, 2, 44. Vgl. Ulp. ib. XIV,
3, 5, 1: Servius libro primo ad Brutum. Vielleicht auch bei Varro L. L.
V, 40: dividit in eo, Serviuk scribit Sulpicius, u. s. w. Ableitung des
Wortes religio von relinquere bei Macrob. Sat. III, 3, 8 dem Ser. Sulpi-
cias, von Gell. IV, 9, 8 dem (^späteren) Masurius Sabinus in commentarüe
quo8 de indigenis composuit zugeschrieben. Plin. N. H. XXVIII, 2 (5), 26:
Servii Sulpicii, principis viri, commentatio est, quamobrem mensa linquenda
Bon sit. In den Digesten wird er öfters angeführt, ohne dass sich aber di-
recte Auszüge aus seinen Werken fänden. Ev. Otto, liber sing de vita,
studiiB, scriptis, honoribus Ser. Sulpicii Rufi, in Otto Thesaur. V. p. 1565—
1630. S. W. Zimmern, Gesch. d. röra. Privatrechts I, 1. S. 290—292.
R. Schneider, Quaestionum de Ser. Sulp. Rufo icto rom. spec. I u. II,
Lips. 1834. A. F. Rudorff, röm. Rechtsgesch. I. S. 163. 235.
5. Pompon. Dig. I, 2, 2, 44: ab hoc plurimi profecerunt, fere
tameu hi libros conscripserimt: Alfenus Varus Oaius (Catus nach
fluschke's Vorschlag, s. unten 195, 2), A. Ofilius, T. Caesius, Aufidius
Tucca, Aufidius Namusa, Flatus Priscus, G. Ateius, Pacuvius Labeo La-
beonia Antisti pater, Cinna, Publicius Gellius (?). ex his decem libros
octo conscripserunt , quorum omnes qui fuerunt libri digesti sunt ab Aufi-
^0 Namusa in CXXXX libros. Unter den Genannten sind keine Schriften
bekannt von T. Caesius und Flavius Priscus. Zu den weniger berühmten
gehört auch Cinna, als juristischer Schriftsteller angeführt Dig. XXIII,
2, 6. XXXV, 1, 40, 1; sowie Publicius, ib. XXXI, 50, 2. XXXV, 1, 51, 1.
XXXVIII, 17, 2, 8 (Africanus et Publicius), der aber wohl einer späteren
Zeit angehört, so dass bei Pompon. 1. 1. eher mit Mommsen Publius Gel-
lÜas zu lesen sein wird. G. Ateius ist wohl derselbe von welchem es
Dig. XXIII, 3, 79, 1 heisst: Ateius scribit Servium respondisse, und viel-
iJeicht der Vater des berühmten Juristen C. Ateius Capito, da Letzterer
'hei Pompon. 1. 1. 47 Schüler des Ofilius heisst. Der Vater war Volks-
jtribun 699 und Prätor (vielleicht 702); s. Pauly's Real-Enc. I, 2. S. 1964 f.
Nr. 2. Collectiv Servii auditores werden, wohl nach dem Sammelwerke
des Aufidius Namusa, angeführt Dig. XXXIII, 4, 6, 1. 7, 12 pr. 7, 12, 6.
XXXIX, 3, 1, 6.
6. Cic. Brut. 48, 179: cuius (des T. Juventius, oben 141, 3) auditor
P. OrbiuB, mens fere aequalis, in dicendo non nimis exercitatus, in iure
autem civil! non inferior quam magister fuit. Im J. 691 war er Prätor in
Asien; Cic. p. Flacc. 31, 76: P. Orbius, homo et prudens et iunocens.
7. Ein Predanus iureconsultus bei Cic. ad fam. VII, 8, 2 (J. 700).
Einen Volcatius s. oben 141, 4.
8. Cic. ad fam. V, 20, 3 (J. 705): docuerunt me periti homines, in his
cum omniom peritissimus tum mihi amicissimus C. Camillus, . . praedes
250 Ciceronißche Zeit. Erste- Hälfte, 671 — 691.
Valerianos teneri. Vgl. ib. XIV, 6, 2 (J. 704): si auctio . . fiet, eures ut
Pomponius (Atticns) aut . . Camillus noatrum negotium curet. 14, 2 (J. 705) :
cum Pomponio, cum Gamillo . . conaideretis. Auch sonst wird er als ge-
schäftlicher Berather von Cicero und seiner Familie genannt; s. ad Att.
V, 8, 3. VI, 1, 19. 6, 2. XI, 16, 5. 23, 1. Er ist wohl identisch mit dem
scherzhaft als Gourmand (ad fam. IX, 20, 2 Tom J. 708) und Neuigkeits-
krämer (ad Att. XIII, 33, 4 vgl. ib. 6, 1 aus 709) bezeichneten Camillus.
162. M. TulHiiß Cicero war geboren den 3. Januar 648
= 106 V. Chr. auf seinem väterlichen Gute bei Arpinum als
Sohn eines römischen Ritters, bildete sich allseitig zum Redner
aus und trat 'als solcher erstmals unter SuUa's Dictatur auf.
Zu seiner weiteren Vervollkommnung brachte er zwei Jahre
(675 — 677) in Griechenland und Kleinasien zu, war 679 Quä-
stor in Sicilien, 6812 curulischer Aedil, 688 Prätor (urbanus),
691 = 63 Consul. Die in seinem Consulatsjahre ausgebrochene
und von Cicero unterdrückte catilinarische Verschwörung bot
den Triumvim des J. 695 den Vorwand um den unbequemen
Consular durch seinen Feind P. Clodius entfernen zu lassen.
Ende April 696 verliess Cicero Italien und lebte zu Thessalonich
und Dyrrachion als Verbannter. Am 4. August 697 zur Rück-
kehr ermächtigt langte er am 4. September wieder in Rom an.
Vom 31. Juli 703 bis 30. Juli 704 hatte er die Provinz Kili-
kien als Proconsul zu verwalten. Nach Rom zurückgekommen,
traf er den Kampf zwischen Caesar und der Senatspartei, Pom-
pejus an deren Spitze, bereits ausgebrochen. Nach langem
Schwanken begab er sich im Juni 705 zu Pompejus nach
Dyrrachion, wo er sich auch während der Schlacht bei Phar-
salos (9. August 706) befand. Vom Ende Septembers 706 bis
September 707 lebte Cicero zu Brundisium, des Siegers An-
kunft und Erlaubniss zur Rückkehr nach Rom erwartend. Die
Jahre 708 und 709, in unfreiwilliger Müsse verbracht, waren
um so fruchtbarer an literarischen Arbeiten. Der 15. März 710
rief den Cicero in die politische Thätigkeit zurück, ver^ckelte
ihn aber bald in Kämpfe mit M. Antonius, die mit seiner Pro-
scription durch das zweite Triumvirat und seiner Tödtung
(7. December 711 = 43) endigten.
1. Biographie des Plutarch. Von Neueren Con. Middleton, history of
the life of Cicero, Dublin 1741. 4. 2 Bde. Basel 1790. 4 Bde. 8.; Deutsch
z. B. Altona 1759. 3 Bde. W- Drumann, Geschichte Roms V. S. 216—716.
VI. S 1—380. fl. M. Flenuner, Annales Ciceroniani, Kopenhagen 1848
(dänisch geschrieben). W. Teuffei in Pauly's Eeal-Enc. VI, 2. (1860.) S.
2182—2206, sowie (ausgeführter und ohne Quellen-Nachweisungen) in der
\
\
Cicero* B Leben und Charakter. 251
Metzler*8chen Uebersetzung der Briefe ad Farn. (Rom. Pros. 229, Stuitg.
1861) S. 3216—3281. C. A. F. Brückner, Leben des Cicero. I: das bürger-
liche und Privatleben Cicerone, Göttingen 1862. W. H. D. Suringar, M.
Tallii Cic. comm. rerum suarum s. de vita sua. Accesserunt Annales Ci-
ceroniani, Lugd. Bat. 1854. 654 pp. W. Forsyth, Life of M. Tullius Cicero,
London 1864. 2 Bde. G. Boissier, Cic^ron et ses amis, Paris 1865. 529 pp.
2. Oppenrieder, de Cic. proconsule Cilidae, Augsburg 1853. 4. G.
d^Hugnes, de Cic. in Cilicia provincia procousulatu, Strassburg 1859. Fr.
Hoffmann, Cic. in KiliMen, Philologus XV. 8. 662—671.
163. Cicero ist eine geistig reichbegabte Natur, vielseitig,
gewandt, dabei wohlwollend, auf das Edle gerichtet und mit
rasÜosem Eifer dem selbstgesteckten hohen Ziele nachstrebend,
überaus achtungswerth in einer Zeit wo die Meisten niedriger
Selbstsucht frönten. Aber er war aus weichem Stoffe gebildet,
allen Eindrücken von aussen zugänglich, ohne die Festigkeit
des Innern um ihnen gegenüber das Gleichgewicht zu bewahren.
Seine bewegliche Phantasie, seine Feinfühligkeit und unendliche
Erregbarkeit hat ihn zu einem liebenswürdigen Menschen ge-
macht imd zu einem grossen Redner, aus welchem jede ange-
schlagene Saite voll und reich widerklang; sie machte ihn
TorzügHch geeignet zum Vermittler und Dollmetscher helleni-
scher Feinheit und Formschönheit, aber zugleich auch zu einem
schwankenden Charakter, rasch wechselnd zwischen Aufschwung
und Abspannung, empfindlich, launisch, eitel, durch jede Schärfe
verwundet, ängstlich vor Gefahren und verzagt in bösen Tagen.
Wohl mochten auch Andere ihre schwachen Stunden haben;
aber nicht bei Vielen kehrten sie so regelmässig wieder und
feiner hatte wie er das Unglück dass das Auf- und Abwogen
seiner Stimmungen in authentischen Belegen auf die Nachwelt
kam. Immer vom Augenblicke völlig hingenommen, eignete
sich Cicero wenig zum Staatsmanne und hatte doch nicht
Selbstkenntniss genug um diess einzusehen, noch Entsagung
genog um darnach zu handeln. So dienten die Anläufe^ die er
machte um eine politische Rolle zu spielen nur dazu seine
Schwäche an den Tag zu bringen. Auch hier voll guten Wil-
lens, besass er doch nicht Ruhe und Scharfblick genug um den
rechten Weg zu erkennen noch den Mut und die Ausdauer um
darauf fortzuwandeln. Abwechselnd sah er sich daher benützt
und bei Seite geschoben, angezogen und abgestossen, enttäuscht
durch die Schwäche der Freunde und die Stärke der Gegner,
und schliesslich gleich sehr bedroht von den Extremen zwischen
denen hindurch er einen Weg gesucht hatte.
252 Ciceronische Zeit. Erste Hälfte, 671—691.
1. Von Urteilen der Alten s. bes. Asinius PolÜo bei Sen. Suae. VI. p.
36, 16 ff. Bu.: huius viri tot tantisque operibas mansiiri in omne aemm
praedicare de ingenio atque indoetria superracnum est. . . utinam mode-
ratiua secundas res et fortius advcrsas ferre potuisset! namqüe utraeqae
cum venerant ei, mutari eas non posse rebator. . . maiore simultates ad-
petebat animo quam j^erebat. sed quando mortalium nulli virtus perfecta
contigit, qua malor pars yitae atque ingenii stetit, ea iudicandum de ho-
mine est. Quintil. XII, 1, 16: nee M. Tullio defuisse video in ulla parte
ei vis optimi voluntatem.
2. In früheren Jahrhunderten trübte die Bewunderung des Stilisten
den Blick für unbefangene Beurteilung des Charakters und Staatsmanns.
Die versäumte Kritik wurde aber überreichlich nachgeholt durch W. Dru-
mann, der in seiner Gesch. Roms Bd. VI den Charakter Cicero's (S. 411 —
526 als Mensch; S. 526—588 als Staatsmann) nach allen Seiten hin zwar
gründlich aber übellaunig und unter Verkennung aller entschuldigenden
Umstände beleuchtet hat. Ihn suchte Th, Mommsen (R. G. IIP. S. 597 —
600) zu überbieten durch Masslosigkeit des Ausdruckes und imhistorische
Gereiztheit. Bilhg C. Peter, Gesch. Roms II*. S. 174—180. Auch vgl.
W. Teuffei, Cicero^s Charakter und Schriften (Tübingen 1863. 4.) S. 1—5.
F. D. Gerlach, M. Tullius Cicero, Redner, Staatsmann, Schriftsteller. Basel
u. Ludwigsburg 1864. 56 S.
164. Cicero besass in wunderbarem Masse die Gabe Frem-
des in sich aufzunehmen und es innerlich verarbeitet in leichter
fliessender Sprache aus sich herauszusetzen. Er hat in Folge
dessen die römische Literatur um mehrere Gebiete bereichert
welche für dieselbe bis dahin kaum erschlossen gewesen waren
und ist der Schöpfer einer Schriftprosa geworden deren FüUe
und Rundung und Angemessenheit an den Geist der lateini-
schen Sprache für lange Jahrhunderte mustergültig wurde.
Aber die Leichtigkeit der Hervorbringung schloss die Gefahr
in sich rasch und viel und über alles Mögliche zu schreiben
^ und mit der blosen Formgewandtheit auch da durchkommen zu
wollen wo ernste Studien und sachliche Gediegenheit erforder-
lich waren. Dieser Versuchung erlag Cicero wenigstens in der
Müsse der Jahre 709 und 710. Seinen Lebensberuf setzte Ci-
cero in seine Thätigkeit als Redner, und hier zeigte sich sein
Talent in vollstem Glänze. Sorgfältig vorbereitet, wurden die
gehaltenen Reden grossentheils nachher herausgegeben. Nächst-
dem wurden die hier gewonnenen Kenntnisse und Erfahrungen
verwerthet in rhetorischen Schriften. Dann wurde die reflectie-
rende Schriftstellerei auch auf andere Gebiete erstreckt, zunächst
auf die Staatswissenschaft, dann die Ethik; Religionsphilosophie,
und sie versuchte sich sogar in den fasslicheren Fächern der
Cicero als Schriftsteller. G esain ni tau sgaben. 253
theoretischen Philosophie. Daneben führten ausgebreitete per-
sonliche Beziehungen und die Gewohnheit mit der Feder zu
denken fortwährend zu einem überaus regen Briefwechsel.
1. A. Deuerling, Cicero's Bedeutung ftir die römische Literatur, Augs-
burg 1866. 104 S.
2. Zeitliche Aufeinanderfolge der Uauptschrifteu Cicero's, nächst den
Stilübungen seiner Jugend in Prosa und Versen. J. 673: pro Quintio. —
674: pro Roscio Amerino. — 684: Verrinen. — 685: pro Caecina. — 688:
de imperio Cn. Pompei. — €91: Consulatsreden , de legä agraria, pro Ra-
birio, in Catilinam, pro Murena. — 692: pro Sulla, Archia. — 695: pro
Flacco. —- 697 f. : Reden post reditum -- 698 : pro Sestio , in Vatinium,
pro Caelio, de provinciis cons., pro Balbo. — 699: inPisonem, de oratore.
— 700: de rep., pro Plancio, Rabirio Postume. — 702: pro Milone, de le-
gibus. — 708: Brutus, Paradoxa, Orator, pro Marcello, Ligario, partitiones
oratoriae. — 709: pro Deiotarp, de finibus, Academica, Tusculanae. —
710: de deorum natura, Cato maior, de divinatione, de fato, Topica, de
optimo genere or.,^Laeliu8, de officiis, Philipp. I — IV. — 711: Philipp.
V-XIV.
3. Ueber Cicero als Stilisten s. F. Hand, Lehrbuch des lat. Stils S. 54 tf.
Mdbei Ersch und Gruber I, 17. S. 241 f. J. Bake, Schol. hypomnemata
il^agd. Bat. 1837) p. 1 ff.
•
4. C. Halm, zur Handschriftenkunde der ciceron. Schriften, München
1850.24 S. 4. und denselben im Rhein. Mus. IX. S. 321—350. Jahn's Ar-
chiv XV. 8. 165 ff. J. G. Baiter, Philologus XX. S. 335—362. 607-609.
5. Zur ciceronischen Bibliographie s. Schweiger, class Bibliogr. II, 1.
S 102 ff. Orelli Onomast. Tüll. VI, 1. p. 193 ff. 3. p. 344 f. W. Wagner,
claas. BibHogr. S. 367 ff*.
6. Gesammtausgaben: Ed. princ, Mediol. 1498. IV Voll. fol. —
VcDet, Junt. 1534 ff. IV Voll, fol., von P. Victorius. — Venet. Aid., be-
sorgt von P. Manutius 1540—1546. 9 Voll. 8. — A Dion. Lambino emend.
et aocta, Paris 1566. IV Voll, fol, und sonst. — Cum notis varr. cura
J. G. Graevii, Amstelod. 1684 ff. XI Voll. 8., nicht vollständig. — Cum
clavi Cic. ed. J. A. Ernesti, Lips. 1737 ff. 6 Voll. 8.; Halle 1757. 4 Voll.
1774 ff. 5 Von ; 1820. 9 Voll. — Cum delect. comm. (stud. Jos. Oliveti)
Paris 1740. 9 Voll. 4.; Genev. 1743 ff. — E reo. Graevii (cura G. Gara
tönii), Neap. 1777 ff. (unvollständig; nur Vol. 1—11. 14-17. 23. 24 er
schienen). — Cura notit. lit. et clavi, Bipont. 1780. 13 Voll. 8. — Cum
indd. et varr. lectt., Oxon. 1783. 10 Voll. 4. nebst Oliveti del. comm., ibid.
1824. 4., HaUe 1825 ff. 3 Voll. — Recogn. Ch. G. Schütz, Lips. 1814 ff.
20 VolL — Rec. J. C. OrelU , Turici 1826 ff. IV Voll. gr. 8. Editio altera
emendatior. Vol. I. (libri rhetorici). Curaverunt I. C. Ürellius et I. G. Bai-
tems, Torici 184'. II. Orationes. Ad codd. ex magna parte primum aut
iterum collatos emendaverunt I. G. Baiterus et C. Halmius. Pars prior.
Tor. 1854. Pars posterior 1856. III. Epistolae. Curav. Orellius et Baiterus
1S45. rV. (libri qui ad phüosophiam et remp spectant) ex libris mss. par-
tim primmn partim iterum excussis emend. Baiterus et Halmius 1861 ; dazu
i54 Ciceronische Zeit, Erste H&lfbe, 671 — 691. ^"^ **^ --i_
oachträglich 1862 Deperditorum fragmenta (ohne Mitwirkang von Bait-«^i^-j.
und Halm, ausser bei Timaeas). Zur Ed. I. (als Vol. V) Cic. Scholiastf^^..,.,^,
C. MariuB YictoriDus, Riifinus, C. Julius Victor, Bo§thius, Favonius Ei
giuB, Asconius Pedianus, Scholia Bobiensia, Scholiasta GroDovianus (ü1
welchen letzteren s. Th. Mommsen, Rhein. Mus. XVI. S. 140 — 145),
J. C. Orelli et J. G. Baiter, 2 Partes, 1833. und Onomast. Tullianmn (:
Vol. VI — VIII), continens Cic. vitam, bist, literariam, iud. geograph.
hist., ind. legum et formularum, indicem graecolat., fastos consulares, li
— 1838. 3 Voll. — Ex rec. C. F. A. Nobbe, Lips. 1828. 1 Vol. in 4.
X Voll, in 8. iterum ed., Lips. 1849. 11 u. 32 Voll. kl. 8. — Cur. N. E.
maire, Paris 1827 ff. 19 Voll. 8. — C. L. F. Panckoucke - (mit fran^^^-»-
üebers.), Paris 1836 ff. 36 Voll. — ß,ecognovit R. Klotz, 11 Voll, in V Pa^^"
tes (scripta rhet.; Orationes; Epp.; scripta philosophica, Indices), in da^"^^
Bibliothjßca Teubneriana (editio II emendatior, 1863 ff.). — Edd. I. G. Baj^=-^ —
ter et C. L. Kayser (Lips., B. Tauchnitz, 1861 ff.).
7. Lexica zu Cic: Marii Nizolii Thesaur. Cic, Basil. 1559. Venet.
1570. fol. und oft, z. B. Patav.' 1734. fol. '(Cur. J., Facciolati) , Lond. 1820.
3 Voll. 8. — Clavis Ciceroniana, ed Emesti (bei seiner Ausg. und sodbI, *
zuletzt von A. H. Rein, Halae 1831). — Lex. Cic. von C. G. Schütz, Lips.
1817. 4 Voll. Auch Orelli's imd Baiters Onomast. TulL und Pars V. von
Klotz (Lips. 1856).
165. Zum Redner hatte den Cicero schon die Natur reich
ausgestattet : die ausserordentliche. Beweglichkeit seines Geistes,
seine lebhafte Einbildungskraft^ die Entzündbarkeit und Wärme
seines Gefühls , ein ganz ungewöhnliches Formtalent, eine un-
erschöpfliche Fülle des Ausdrucks, der es für kein Yerhältniss
und keine Stimmung an dem treifenden W^orte und Tone fehlte,
ein glückliches Gedächtniss, die Gabe des schlagenden und er-
heiternden Witzes, dazu günstige Stimmmittel und eine würde-
volle Gestalt, — durch diess Alles war Cicero wie Wenige zum
Redner berufen. Aber er that auch seinerseits Alles um auf^
diesem Gebiete das Höchste zu erreichen : erst nach langer müh-
seliger Vorbereitung, theoretischer wie praktischer, trat er als
Redner auf und stand nie stille, glaubte niemals fertig zu sein,
sondern arbeitete fortwährend an seiner Vervollkommnung, trat
immer wohlvorbereitet auf, betrachtete jede gelungene Leistung
als eine Stufe und einen Sporn zu einer noch vollendeteren^
und suchte sich der Aufgabe und der Mittel sie zu erreichen]
durch fortgesetztes Nachdenken und Studium bewusst zu wer-j
den. Dadurch hat er nach allgemeinem Urteil den Platz
Seite des Demosthenes oder gleich nach ihm erreicht, wie wo]
er an dessen sittlichen Ernst und daraus fliessende Kraft
femt nicht hinanreicht. Dafür übertrifft Cicero ihn an Man^
Cicero als Redner. 255
:tfaltigkeit und Glanz, wodurch er sich der asiatischen Schule
:Äiiehr nähert als der attischen. Die Worte strömen ihm so
-reichlich zu dass er manchmal breit wird, oft ist aber seine
IKedseligkeit auch Mittel um die Schwäche seiner Gründe zu
-werdecken. In der Form liegt seine Stärke: sie ist klar, ge-
"wählt, rein, rund, sachgemäss, anschaulich, geschmackvoll und
llendend. Alle Tonarten, vom leichten Scherz bis zum tragi-
schen Ausdrucke, stehen ihm zu Gebot, besonders aber gelingt
ihm die Spi^che der scheinbaren Ueberzeugung und Empfindung,
die er durch feurigen Vortrag noch wirkungsreicher zu machen
wnsste, daher er ganz überwiegend in Criminalprocessen auf-
trat. Freilich artet -dieser Vorzug manchmal auch in EflFect-
hascherei aus, und der Prunk der Worte verhüllt oft die Armut
der Gedanken, die Bedenklichkeit der Sache. Dass er in der
Annahme von Vertheidigungen nicht sehr wählerisch war hat
er mit den Sachwaltern aller Zeiten gemein. Als Ganzes
and seine Reden oft nicht befriedigend, es fehlt ihnen nicht
selten an Schärfe der Auffassung und Anordnung; desto wirk-
samer aber sind viele Einzelheiten.
1. Cicero'B SelbstBchilderung Brut. 93, 322 vgl. Quintil. X, 1, 105--112.
Xn, 1, 19—21. 10, 12—15.
2. Cic. orat. 30, 108: nemo orator tarn malta ne in graeco quidem
otio Bcripsit quam multa sunt nostra, eaque hanc ipsam habent quam
probo varietatem. *
3. QuintU. VI, 3, 3: non solum extra iudicia sed in ipais etiam ora-
tionibus habitus est (Cic.) nimius risuB affectator. Vgl. Macrob. Sat. II,
1, 13. Drumann VI. S. 699 ff.
*
4. P. Hand bei Brach und Gruber I, 17. S. 213—217. Jenisch, ästhe-
tisch-kritische Parallele des Demosthenes und Cicero, Berlin 1801. Dru-
mann VI. S. 588—644. Cadenbach, de Cicerone oratore, Essen 1847. 4.
P. Blass, die griech. Beredsamkeit (1865) S. 125—129. A. Deuerüng, Ci-
cero*8 Bedeutung S. 21 - 28.
5. Auf eine Sammlung der Reden Cicero's worin jede Rede ein eigenes
Buch bildete weisen Citate wie Charis. p. 368, 28 E.: Cicero causarum de-
cimo tertio; Quintil. V, 10, 98: Cicero pro Caedna . . et alia in eodem
libro plurima.
6. Ausgaben sämmtlicher erhaltenen Reden des Cic. von R. Klotz
(3 Bände, Leipz.^1835. 1837. 1839) und besonders von Baiter, Halm u. A.
im zweiten Bande ihrer Umarbeitung der Orelli'schen Oesammtausgabe
des Cicero (Turic. 1854. 1856). Vgl Halm in den Münchner gel. Anz. 1854,
Nr. 19—21.
7. Ausgewählte Reden filr den Schulgebrauch z. B. von B. Weiske
(13; Lip«. 1907), Matthiä (13; Lips. 1830 f.), Madvig (12; Kopenh. 1830.
256 '^ Oiceronische Zeit. Erste Hälft«, 671— 691.
1841. 1848. 1858). Steinmetz (13; Mainz 1832), Orelli (15; Zürich 1836),
E. V. Zurck (ed. sexta, Lugd. Bat. 1836), C. Halm (Leipzig und Berlin
1850—1866. 7 Bändchen, Weidmännische Sammlung) u. A. Neuere Text-
ausgaben der or. sei. die des Haller Waisenhauses (früher besorgt von F.
A. Eckstein), welche in einer grossen Anzahl von Auflagen verbreitet ist;
von G. Linker (or. TuUianarum decas, L Wien 1857), Fr. Pauly (Prag
1860), C. Hahn (18 Reden; Berlin 1868).
8. Cicero's sämmtliche Reden, übersetzt von C. N. Osiander (in der
Metzler'schen Sammlung, 27 Bändchen). Ausgewählte, übersetzt von C. F-
WolfF (5 Bände, Altona 1807—1819), G. Wendt, Stuttgart (Metzler) 1858
(Class. d. Alt.); von E. Jenicke (in der Engelmann'schen Sammlung),
Leipzig 1858 S.; von J. Siebeiis (Stuttgart, Hoffmann, 1861 ff.).
166. Die erhaltenen Reden Cicero's sind in chronologischer
Ordnung folgende :
1) pro Quintio, gehalten J. 673 d. St., eine Verhandlung
in iudicio, wobei Cicero's Client in die Stellung eines Klägers
gedrängt ist und auf Entscheidung der eingegangenen sponsio
praeiudicialis zu seinen Gunsten klagt. Die Verhandlung ist
nur eine Episode in dem Hauptprocess, welcher eine gegen
Quintius angestellte Schuldklage betriflPt, die sich auf einen
Societätsvertrag gründet. Gesiegt scheint Cicero nicht zu haben.
Die Rede hat eine etwas breite Ausführung, aber schulmässig
strenge Disposition.
1. Den dritte^i Theil, welcher einen Punkt von untergeordneter Wich-
tigkeit und wenig Literesse ausführte, scheint Cicero selbst bei der Ver-
öffentlichung der Rede weggelassen zu haben; vgl. oben 36, 7.
2. Dnimann, Gesch. Roms EI. S. 82—84. V. S. 232-234. F. L. Keller,
Semestria ad M. Tüll. Cic. I, 1. (Zürich 1842) mit den Reco, von Bachofeh
in Richter's Jahrb. 1842. S. 961—1007 und Th. Mommsen, Zeitschr. f. d.
Alt.-Wiss. 1845. S. 1086—1099. Zeyss, Zeitschr. für d. Alt.-Wiss. 1846.
Nr. 51 f. S. J. £. Rau, disputat. iuridica ad Cic. or. p. Qu., Lugd. Bat.
1825. J. Frei, der Rechtsstreit zwischen P. Quinctius und S. Naeviua; eine
Einleitung zu Cic. Rede für P. Q., Zürich 1852. 38 S. 4. S. Benfey, zur
juristischen Erklärung der Rede pro Q., Philologus X. S. 126—133. R.
Klotz, Adnotatt. ad Cic. or. Quinct., Lips. 1862. 4.
3. Besonders herausgegeben mit der pro Sex. Rose, von J. Facciolati,
Padua 1723. 1731.
2) pro Sex. Roscio Amerino, J. 674 gehaltene erfolg-
reiche Vertheidigungsrede gegen die Anschuldigung des Vater-
mords. Der Fall war dadurch erschwert dass ein Günstling
des Dictators Sulla die Gegenpartei bildete, und schon dass
Cicero trotzdem die Vertheidigung übernahm empfahl ihn, so-
wie auch die — wenn auch schonende so doch dabei freimütige
Cicero's Reden. 257
— Art der Ausführung. Auch diese Rede theilt die Eigen-
schaften der vorigen; ausserdem hat sie manchen entbehrlichen
rhetorischen Aufputz. Die Lücke nach c. 45 scheint nicht von
Cicero selbst herzurühren;"
1. Cic. Brut. 90, 312. 316. Orat. 30, 107. Quintil. XII, 6, 4.
2. Erläuterungsschriften. Schol. Gronov. bei Orelli IV. p. 424—437.
Programme von S. N. J. Bloch, Kopenhagen 1814. 1816. Roeskild 1827 f. 4.
C.J.y. Assen, histor. ■ krit. Bemerkungen, gelesen am 20. August 1828
im Amsterd. Institut. A. Niki, abundantiam iuvenilem in Cic. or. p. R. A.
apparentem notavit, Kempten 1836. 4. Drumann V. S. 234—244.
3. Sonderausgaben von H. R. Matthäi (Schleswig 1799), W. Büchner
(rec. einend, etc., Lips. 1835), J. C. Orelli (Zürich 1837. 4), E. Osenbrüggen
(mit Einl. und Commentar, Braunschweig 1844), G. W. Gossrau (Quedlinb.
1853), C. Halm (in der Weidmännischen Sammlung L, bis jetzt 5 Auflagen),
S.Karsten (Utrecht 1861), Fr. Richter (Leipzig, Teubner, 1864). — üober-
setzt Ton Gliemann, in Jahn's Archiv XI. S. 677—616.
3) pro Q. Roscio Comoedo, nach der gewöhnlichen An-
nahme gehalten im Jahr 678, nach Drumann aber erst im Jahr
682 d. .St. Gegenstand der Rede ist ein SkLave (Panurgus)
welchen der Kläger, C. Fannius Chaerea, dem ^Roscius zur
Ausbildung in der Schauspielkunst übergeben hatte, unter der
Bedingung dass der Gewinn den dann einst die Kunst des
Sklaven eintrüge zwischen Herr und Lehrer getheilt werden
sollte. Nun hatte aber ein gewisser Flavius diesen Panurgus
getodtet und dafür zuerst dem Roscius und dann dem Fannius
Schadenersatz bezahlt, um dessen Theilung es sich jetzt handelt.
1. Unterholzner, über die Rede des Cic. f. den Schausp. R. , in Sa-
vigny's Zeitschr. I. S. 248 tf. F. A. C. Rovers, de Cic. or. p. R. C, Utrecht
'826. N. München, or. p. R. C. iuridice exposita, Colon. 1829. Puchta,
Qbör den der Rede u. s. w. zu Grunde liegenden Rechtsfall, Rhein. Mus.
V- S. 316—328. G. E. Heimbach, observatt. iur. rom. (Lips. 1834) p. 18 fF.
Huschke in Richter*s krit. Jahrb. 1840. S. 481 ff. A. Hauedoes, diss. de
^c. p. R. C. oratione, Lugd. Bat. 1844. Drumann, G. R. V. S. 346-348.
2. Or. p. R. C. ed., comm., adnott. illustr. C. A. Schmidt, Lips. 1839. —
Üebereetzt von E. Osenbrüggen, in Jahn*s Archiv XL S. 554—576.
4) pro M. Tullio, gehalten vor reciperatores J. 682 oder
6^, Klage im Namen des Tullius gegen einen Nachbar von
iesem, den sullanischen Veteranen P. Fabius, welcher dessen
Undhaus (im Gebiete von Thurii) zerstört hatte.
l. Tac. dial. 20: quis (nunc) de exceptione et formula perpetietur illa
immensa volomina quae pro M. TuUio aut A. Caecina legimus? Vgl. Jul.
Victor p. 240 Or. = 419 Halm. Schol. Bob. pr. Mil. p. 278 Or. — Für
J. 682 spricht Drumann G. R. V. S. 258, A. 64 b.
T«afrel, Rom. Liltraturg^eschichte. iy
^f*'i
258 Cicevonische Zeit. Erbte Hälfte, 671—691.
2. Ausgaben von Mai, Peiron, Beier, s. unten 167, 2. Ph. E. HuEchke
in J. G. Huschke's Anal. lit. (Lips. 1826) p. 98 ff. 372 ff. E. J. Richter,
Nürnberg 1834. 12. Keller, Semestr. I, 3. p. 653 ff. In Orelli's zweiter
Gesammtausgabe p. 88 — 102.
3. C. Beier, iurisprud. in Cic. or. p. T. exponitur, in Jahn*s Jahrb. I.
p. 214 — 220. Savigny, über Cic. or. p. T. und die actio vi bon. rapt. , in
der Zeitschr. f. gesch. Rechtsw. V. Nr. 3.
5) Divinatio in Caecilium, wodurch Cicero (Jahr 684
d. St.) sich selbst das Recht erkämpfte als Ankläger des Verres
wegen dessen Prätur in Sicilien aufzutreten, statt des von dem
Bedrohten vorgeschobenen ungefährlichen Q. Caecilius Niger; und
6 — 11) in Verrem, bestehend aus zwei actiones , von
welchen die erste am 5. August 684 als Einleitung zur eigent-
lichen Klage gesprochen ist, worauf Cicero die einzelnen Klag-
punkte in der Weise vorbrachte dass er gleichsam nur die
Ueberschriften gab, den Text aber durch Zeugenabhör und
Verlesen von Urkunden sich von selbst bilden Hess; dagegen
verarbeitete er seinen reichhaltigen StoflF spater, nach der Ver-
urteilung des Beklagten, zu den fünf Büchern der actio secunda,
de praetura urbana, de iurisdictione Siciliensi, de frumento, de
signis, de suppliciis. Diese actio secunda ist aber nur schrift-
lich herausgegeben, nie wirklich gehalten worden, obwohl der
Verfasser sich den Anschein gibt als sei das Urteil noch nicht
gefällt und sollte durch diese Reden auf dessen Findung noch
eingewirkt werden.
1. Caecilius war ein ctTCil&vd'iQiy.og av^gconogf ^voxog tw tovdatteiv
(Plut. Cic. 7); daher des Cicero Witz: quid Judaeo cum verre? — J. W.
Sluiter, spec. acad. in Cic. div. in Caec, Lugd. Bat. 1832.
2. Drumann V. S. 2G3 fi'. 327. Ps.-Ascon. p. 97-213 Or. Schol. Gron.
p. 382— 405 Or. Francke, prolegg. in Cic. orr. Verr., Wittenb. 1823, und
in Friedemanu und Seebode Mise. crit. II. p. 293 ff. Madvig, Opusc. acad.
I. p. 323 ff. P. C. Masse, disp. lit. iurid. de Cic. or. in V. de iurisd. Sic,
Lugd. Bat. 1824. Brauneisen, Bemerkungen über die verrin. Reden, Ha-
dersleben 1840. 4. Kramarczik, die Kunsträubereien des Verres, zur Erkl.
von Verr. IV., HTeiligenstadt 1849^. 4. König, de Cic. in Verr. artis operum
aestimatore, Jever 1863. 4. H. Degenkolb, die lex Hieronica etc. Beitrag
zur Erklärung der Verrinen, Berlin 1861. C. Halm, über die Hdss. der
verrinischen Reden des Cicero, insbesondere den vaticanischen Palirapsest,
in den Münchener gel. Anz. 1853, Nr. 29—33. W. G. Pluygers, Spec.
emendat. in Cic. Verr. act. II. Ubr. 2 et 3. Lugd. Bat. 1856. 4.
3. Ausgaben von C. G. Zumpt (BerHn 1831; Text besonders, ib. 1830),
G. Long (with a commentary, Ed. II. London 1862). Einzeln Lib. II von
Creuzer und Moser, Göttingen 1847; IV von N. G. Eichhoff, Giessen 1826
und übersetzt in Jahn's Archiv XIII, 1 f.; V von ürelli, Leipz. 1831. Rede
Cicero's Reden. 259
gegen Caecilius und gegen Verrea IV und V, erklärt von C. Halm (Weid-
männische ^ammlung)^ 1852 (mit einer Karte), bis jetzt 5 Auflagen. Vier-
tes (Leipzig, Teubner 1866) und fünftes (ebds. 1868) Buch erklärt von
Fr. Richter.
12) pro M. Fonteio, vom Jahr 685, in ein^r Repetuiiden-
klage; nur unvollständig erhalten.
1. Die üeberreste der Rede wurden J. 1820 von Niebuhr durch Bruch-
stücke des ersten Theilea aus einem vaticanischen Palimpsest vermehrt
iRom 1820. 8.; auch in Mai's Class. auct. II. p. 363 ff.), durch neue Bruch-
stücke aus dem Anfang der Rede nach einer Handschrift des Kicolaus von
Caes (Cu&anus) vermehrt von Jos. Klein (Berlin 1866), S. 67—78.
• 2. üeber den Inhalt der Rede s. Drumann V. S. 329—335.
13) pro Caecina, vom Jahr 685, gehalten vor reeipera-
tores, über eine Erbschaftsstreitigkeit, wobei mindestens das
formelle Recht auf Seiten Cicero's war.
1. Oic. orat. 29, 102. Vgl: Tac. dial. 20. Quintil. V, 10, 98. Verthei-
%r der Gegenpartei (des L. Aebutius) war C. Piso.
2. H. C. Gras, diss. iurid. qua . . Cic. iustam pro Caec. causam dixisse
ostenditur, Lugd. Bat. 1769. 4. Rmnpf, Observ. in Cic. or. p. Caec, Giesseu
1810. 4. Ph. E. Huschke, Analect. lit. p. 164 ff. R. Klotz, adnot. crit. ad
Cic. or. Caecin. partes I. II. Lips. 1866 f. 51 pp. 4. Drumann V. S. 335 —
3«. F. L. Keller, Semestr. lib. II. (Zürich 1813) und dazu Th. Mommsen,
Zeitschr. für d. Alt-Wiss. 1845. Nr. 136 ff. C. A. Jordan in den Prolegg.
^or seiuer Ausgabe der Rede (Lips. 1847), und gegen Jordan: Zeyss, Cic.
liat den Process des Caecina verloren, Zeitschr. f. d. Alt.-Wiss. 1848.
Nr. 109-111. A. H. G. Zimmermann, de A. Caecina (1852), p. 6—10.
14) De imperio Cn. Pompei, gehalten im Jahr 688 als
Prätor, zur Unterstützung der lex Manilia. Das Lob des Pom-
P^jus ist stark aufgetragen, die Darstellung aber meisterhaft.
1. Cic. de or. 29, 102. Fronto de bell, parth. p. 221 f. Naber. Vgl.
^chol. Oronov. p. 437—442 Or.
2. A. Mühlich, geschichtl. Einl. nebst Plan zu Cic. R. u. s. w. Bam-
'^^rg 1826. 4. C. W. Haun, Versuch einer Würdigung der Rede u. s. w.,
Merseb. 1827. 4. Drumann V. S. 356-359. A. Niki, levitatem et fallaciam
^mentationis in Cic. or. etc. ostend., Kempten 1842. 4. J. A. Reinhard,
^^ aliquot locorum in Cic. or. p. 1. M. fide historica, Freiburg i. Br. 1852.
^3 Pp. 8. Bauermeister, Cic. Rede de imp. Gn. P. nach ihrem rhetorischen
Berthe erläutert, Luckau 1861. 31 S. 4.
3. Ausgaben von C. Beneke (Lips. 1834), Halm (Lips. 1849 und in der
Weidmännischen Sammlung mit Rose. Am.), G. W. Gossrau (Quedlinburg
^854. 183 S. 8., wovon 140 S. Einleitung).
15) pro A. Cluentio Habito, Vertheidigung eines Gift-
aorders, aus dem J. 688.
17*
260 Ciceronische Zeit. Erste Hillfte, 671—691.
1. Quiütil. II, 17, 21: Cicero se tenebras offudisse iudicibns in causa
Cluentii gloriatus est. Vgl. ib. IV, 5, 11. VI, 5, 9. XI, 1, 61—63. 74.
2. Druinann V. S. 360 ff. C. J. van Assen, disp. iurid. lit. de Cic. or.
pr. etc., Franeker 1809. 8. — Kritische Ausg. von J. Classen, Bonn 1831.
16 — 18) Drei Reden, de lege agraria contra P. Servilium
RuUum, die frühesten von Cicero's Consulatsreden (691), ent-
haltend die Bekämpfung des masslosen Vorschlages des Volks-
tribunen Servilius, für den Ankauf und die Vertheilung von
Ländereien in ItaUen einen (demokratischen) Zehnerausschuss
mit den ausgedehntesten Befugnissen niederzusetzen. Den zu-
gleich gegen Pompejus gerichteten Vorschlag bekämpft Cicero
scheinbar vom demokratischen Standpunkte aus. Die erste Rede
ist am 1. Jan. im Senat gehalten (erhalten nur der letzte Theil),
die zweite und (kurze) dritte an das Volk gerichtet, eine vierte
(gleichfalls kurze) nicht auf uns gekommen.
1. Cic. ad Att. II, 1, 3. Quintil. II, 16, 7.
2. Or. III de lege agr. in usum schol. rec. J. L. Usaing, Kopenhagen
1850. Rec. et expl. A. W. Zumpt, Berlin 1861. Vgl. F. Richter in Jahn's
Jahrbb. 87, S. 251—272.
3. B.* Thorlacius, de lege Kulli agraria, in dessen Proluss. et opusc.
acad. , Kopenh. 1806. p. 259—312. Drumann III. S. 152 ff. 0. Zeyss. die
Umtriebe des P. Servihus Rullus, eine Erläuterung der agrarischen Reden
des Cicero, Reval 1846. 4. Mommsen R. G. IIP. S. 1G9 f.
4. H. C. Gebhart, Obss. crit. in Cic. orr. de 1. agr. Hof 1851. 4. H.
Ebeling, codicis Lagomarsini IX qiiae sit auctoritas in oratt. TuU. de lege
agr. recensendis, cum mantissa de cod. Paris. 7774, Braunschweig 1863.
19) pro G. Rabirio perduellionis reo, aus J. 691.
1. Ueber die Sache vgl. Mommsen R. G. III. S. 158 f. 2. Ausg.
20 — 23) Die vier Reden in L. Catilinam, in Sachen der
catilinarischen Verschwörung, die erste gehalten am 7. Nov.
691 im Senat und dem Catilina seiue neuesten Schritte im Ein-
zelsten vorhaltend; die zweite, vom 8. November, dem Volke
von den Vorgängen im Senat und Catilina 's Abreise aus Rom
Nachricht gebend; die dritte, vom Abend des 3. December,
theilt dem Volke die Verhaftung der in Rom befindlichen Cati-
linarier auf Grund der den Allobrogern abgenommenen Brief-
schaften mit; die vierte ist am 5. December im Senat gehal-
ten und unterstützt den Antrag auf Hinrichtung der Verhafteten.
1. Zur Sache vgl. bes. Drumann V. S. 377—577. E. Hagen, Catilina,
eine historische Untersuchung, Königsberg 1854. Mommsen R, ^G^ III*.
S. 162—182 und im Hermes I. S. 434.
Cicero*s Reden. 261
2. P. A. Wolf machte sich den Scherz mit ernster Miene die ünecht-
heit Ton einer dieser Reden anzudeuten, und behauptete diess später, immer
noch doppelsinnig, von altera ex mediis duabus. Demgemäss bewies
E 6. J. Cludius (im Progr. von Gumbinnen, 1826. 4. und wiedergedr. in
Seebode's Archiv II. p. 47 ff.) die Unechtheit der zweiten (obwohl Wolf
selbst, falls es ihm überhaupt irgendwie Ernst war, eher die dritte meinte,
8. Körte, Wolfs Leben I. S. 332), R. A. Morstadt (Schaäliauser Progr. 1842.
1844) die der ersten, Zimmermann (im Hamburger Progr. 1829) und
E. A. Ahrens (Coburg 1832 und 1837. 4.) u. A. die der vierten, gegen
welche letztere Behauptung auftraten C. F. Schnitzer (Quaest. Cic, Aarau
1836. Heilbronn 1837. 4.), G. H. Kolster (Itzehoe 1839. 4.), E. P. Hinrichs
(Hamburg 1839. 4.), Drumann (V. S. 612—517. 520 f) u. A. Orelli und
Paldamus (Zeitschr. f. d. Alt-Wiss. 1837. Nr. 65 f 1838. S. 112) verdäch-
tigten gar die drei letzten. In Holland aber glaubte neuerdings, ermutigt
durch den Vorgang von Bake — der ihm dann auch zu Hülfe kam (Over
de method von onderzoek naar de echtheid of de onechtheid von Cic. I
Cat., Amsterdam 1859. 44 pp. 4.) — , ein junger Gelehrter sich an der er-
sten cat. Rede die Sporen verdienen zu können , s. S. H. Rinkes , disp. de
or. I in Cat. a Cicerone abiudicanda, Lugd, Bat. 1856. L u. 66 pp. 8. An-
dere seiner Landsleute nahmen sich die Mühe seine Scrupel zu widerlegen,
i J. C. G. Boot, or. I in Cat. rec. et a Cic. male abiudicari demonstravit etc.,
Amsterdam ISbS. XXV u. 78 pp. 8. und in den Verslagcn der holländ.
Aiademie V, 1 (1860). E. J. Kiehl, Catilina, Deventer 1857. P. Epkema,
£piäi erit. de or. I in Cat. frustra a Cic. abiudicata, Amsterdam 1857.
101 pp. 8. Karsten in den Verslagen der hoU. Akademie IV, 2. Auch
C.Franke, I. Bakium or. I in Catil. a Cic. male abiudicasse, Sagan 1863.
4. Üeber diese ganze Frage vgl. die verständigen Bemerkungen von Dru-
mann V. S. 470—474. Auch Madvig Opusc. acad. II. p. 338—351. Bäum-
lein in der Zeitschr. f. Alt.-Wiss. 1838. S. 66 ff. E. Hagen, de Cic. Catili-
nariia ad . . Gottholdium, Königsberg 1851. 4. Zur materiellen Verthei-
digung der ersten Rede (gegen Drumann und Hagen, Catil. S. 213 f) vgl.
anch Adam im Heilbronner Progr. 1855. 4. Eine besoimene Kritik, welche
nicht aus jedem geheinbaren oder wirklichen Anstosse den Fehlschluss der
Unechtheit zieht, wird diese Reden unangefochten lassen.
3. Ausgaben von C. Morgenstern (Dorpat 1804), E. Anton (Leipzig
1827), C. Beneke (Leipzig 1828), J. Ph. Krebs (mit pro SuUa, in us. schol.,
Giessen 1829), C. Halm (mit p. Sulla n. Arch. in der Weidmami'schen
Sammlung, bis jetzt 6 Auflagen).
24) pro L. Murena, für den nach lex Tullia de ambitu
belangten designierten Cos. Murena (Nov. 691), im heitersten
Tone gehalten, mit allerlei Witzen über Jurisprudenz und Stoi-
cismus, deren Vertreter dem Cicero in Ser. Sulpicius ßufus und
M. Cato gegenüberstanden; doch scheint die Rede nicht ganz
so gehalten zu sein wie sie geschrieben ist.
1. Quintil. XI, 1, 69 f. Plut. Cic. 35. Drumann V. S. 477. A. 66 f.
J. Luzac, observ. apologett. pro Ictis rom. ad Cic. p. Mur. c. 11 — 13.
Lugd. Bat 1768. 4. Niebuhr, Rhein. Mus. I, 3. S. 223 ff. F. Winiewski,
262 Ciceronische Zeit. Erste Uälfte, 671 — 691.
quo tempore Murena ambitus sit reus factns, Münster (Sommerkatalo
1853. 38 pp. 4. Matern, de ratione ea qua Cic. in or. p. Mur. habita cu
Stoicos tum M. Catonem tractavit etc., Lissa 1854. 31 pp. 4. Boot, <
emendanda et explicanda Cic. or. p. Mur., Mnemosyne V. p. 347-^3(
C. Halm, über die Handschriften zu Cic. Bede p. Mur. München 186
48 S. 8. (aus den Sitzungsberichten der Münchner Akad. 1861.) 6. Sor<
de Cic. p. M. or. commentatio critica. I. Potsdam 1861. 4. J. F. C. Cam]:
zur R. f. M., Jahn's Jahrbb. 93, S. 179—190.
2. ßec. et explicavit A. W. Zumpt, Berlin 1859. Verhandlungen dj
über zwischen C. Halm und A. W. Zumpt in der Berliner Zeitschr. f. Gyn
XIV. S. 881-905. XV. S. 337—360. XVI. S. 337—366. 833—840. ErklS
von G. Tischer (Berlin 1861), C. Habn (Berlin 1866), H. A. Koch (Leipzi
Teubner 1866).'
25) pro P. Cornelio Sulla, aus dem "J. 6Ö2, erfolgreicl
Vertheidigung gegen die Anklage auf Theilnaliine an der cai
linarischen Verschwörung.
1. Schol. Bob. p. 359—369 Or. Gell. XII, 12, 2 f. G. E. J. Ever
spec. acad. in Cic. or. p. Sylla, Noviomag. 1835. 8. M. Seyflfert, Ep. er
da Cic. p. Sulla et Sestio orr., Berlin 1848. 4. C. Campe, Beiträge z
Kritik des Cicero 1 (Greiffenberg 1860. 4.) S. 21—25.
2. Ausgaben von Frotscher (Lips. 1831. Commentar 1832) und C. Ha
(Lips. 1845 und in der Weidmann'schen Sammlung, Bd. III).
2G) pro Archia, gehalten im J. 692 zur Vertheidigui
von Arehias' bestrittenem Bürgerrechte.
1. Die Rede enthält viel Declamatiou und ist desswegen zuerst v
C. W. Schröter (rec, suas obss. adiec. M. C. B., Lips. 1818), gegen w
chen Fr. Platz auftrat (in Seebode's krit. Bibl, 1820. p. 774 ff. 18:
p. 220 ff. 783 ff. 1822. p. 155 ff. 335 ff. 656 ff. 1089 ff.), dann von J. C. ''
Büchner (Schwerin 1839. 1841. 4.), welchem J. Lattmann entgegenti
(Göttingeu 1847, 8.), dem Cic. abgesprochen worden — als ob dieser ni(
auch hätte Declamatorisches schreiben köänen! Auch vgl. Tac. dial. :
nee Cicerönem magnum oratorem P. Quintius defensus aut Licinius Arch
faciunt: Catilina et Milo et Verres et Antouius hanc illi famam circu
dederunt,
2. Ausgaben von G. K. Schelle (Text, Uebers. u. Comm., mit p. \
u. Lig., Leipz. 1797—1803. 3 Thle.), H. C. F. Hülsemann (c. carmin. j
chiae, Lemgo 1800), C. C. G. Wiss (Leipz. 1814), M. C. B. (s. A. 1), C. 1
vezow (Berlin 1823), R. Stürenburg (Lips. 1832. Leipz. 1839), C. Ha
(Weidmännische Sammlung, Bd. III).
3. Zur Erklärung: Schol. Bob. p. 353—359 Or. P, Manutius, com]
Rom 1572. 4. G. van Walwyk, exerc. iur. philol. ad Cic. or. p. A., Lu«
Bat. 1776. 4. C. D. llgen, Opp. var. II, 1 (Erfurt 1797). J. Th. Ketsch
diBp. iur. lit. de Cic. or. p. A., Lugd. Bat. 1808. K. H. Frotscher, krit.
erldär. Bemerk., Schneeberg (Leipz.) 1821. Jacobs in Ersch und Gruber I,
S. 137 ff. Drumann IV. S. 199—204. Schneither, Mnemosyne V. p. 113—1!
Cicero*8 Redeu. 263
27) pro L. Valerio Flacco, aus dem J. 695, erfolgreiche
Vertheidigung gegen eine Repetundenklage , yrelche D. Laelius
erhoben hatte.
1. Auch nach den Vervollständigungen der Rede aus einer ambrosia-
nischen und einer vaticanischen Handschrift (Mai Auetor. class. '11. p. 1 — 36)
ist zwischen c. 2 und 3 noch eine Lücke. Macrob. 11, 1, 13: pro L. Flacco,
quem repetundarum reum ioci opportunitate de manifesÜssumis criminibus
exemit. is iocus in oratione non exstat: mihi ex libro Fusii Vivaculi no-
tos est.
2. C. A. Poortmann, diss. ht. iurid. de Cic. or. p. Fl., Lugd. Bat. 1835.
-Dnimanu V. S. 619—631.
28 — 31) Viel" Reden post reditum, nämlich oratio cum
Senatui gratias egit, (29) or. cum Populo gratias egit, (30) de
domo sua ad pontifices, um die Ungültigkeit der Weihung sei-
nes Hausplatzes durch Clodius und somit die Statthaftigkeit von
dessen Rückgabe zu beweisen, diese drei aus dem Sept. 697,
(31) de haruspicum responsis, letztere aus dem J. 698 und ver-
anlasst durch die Erklärung der haruspices, das Heilige werde "
missaebtet, was Clodius auf Cicero's Hausbau (auf geweihter
Statte) gedeutet hatte, Cicero nun aber auf Clodius bezieht.
1. Die erste Rede ist eine Danksagung für das was der Senat zu Gun-
sten von Cicero's Rückberufung gethan habe (ad Att. IV, 1, 5). Zur drit-
ten vgl. ad Att. IV, 2, 2. Quintil. X, 1, 23; zur vierten Ascon. p. 69 Or.
und Quintil. V, 11, 42.
2. Der zweiten Rede, ad populum, fehlt es an äusserer Beglaubigung,
"Ol 80 weniger aber an inneren Verdachtsgründen. Die andern drei sind
unzweifelhaft echt, obwohl früher vielfach bestritten. J. Markland (Re-
Diarks on the epistles of Cic. to Brutus etc. with a dissertation upon four
oratioDs adscribed to Cic, London 1745, vgl. Wolfs Ausg. p. XL VII ff.)
f^nd mit seinen Zweifeln gewichtige Unterstützung an F. A. Wolf (Cic.
<iuae vulgo feruntur oratt. IV etc., Berl. 1801), dessen Ansicht für Schütz,
•^reÜi u. A. massgebend wurde. Dagegen wurde die Unzulänglichkeit der
^rachlichen und sachlichen Einwendungen und das Gewicht der äussern
Gründe für die Echtheit nachgewiesen theils gegen Markland von Ross
*dnrch eine deductio ad absurdum, in der diss. in which the defense of
SöUa etc, Lond. 1746) und Gesner (Cic. restitutus, in den Comm. soc.
Gott. III. p. 223—284), theils gegen Wolf von J. A. Savels, disp. de vin-
fJicandis Cic. V oratt. (auch pro Marcello), Köln 1828. 4. und in seiner
^'iBg. der or. p. r. in Sen. (Köln 1830) und de Cic. or. pro domo ad Pon-
tifices (Essen 1833. 4.), Th. Lucas, Quaest. Tüll. spec. (Hirschberg 1837. 4.),
DrumannlL S. 300 f. A. 69. S. 311 ff., G. Lahmeyer, orat. de harusp. resp.
^bitae originem Tullianam 'etc. , Göttiugen 1849. Meerdervort, ann. ad
or. q. Cic. fertur de har. resp., Lugd. Bat. 1850. A. Dietzsch, über die
Halm'sche Ausgabe der Reden Cicero's in ihrer Bedeutung für die Unter-
Bochnng der angefochtenen Reden, Rhein. Mus. N. F. XII. S. 529 ff.
264 Ciceronische Zeit. Erste Hälfte, 671—691.
3. Parallele Dankreden an das Volk u. an d. Senat, deutsch mit einem
Comm. von B. Weiske, Leipz. 1800. Rede an d. San. (c. 1—8) mit Comm,
von F. F. Frenzel, Soest 1801. H. Wagner, Cic. or. post red. in senatu
rec, scripturae var. adiecit, prolegomenis instruxit, annotationibus . . ex-
planavit, defendit, Lips. s. a. (1857) 74 pp. 8.
32) pro P. Sestio, vom März 698, erfolgreiche Verthei-
digung gegen die Anklage auf vis, mit Aufbietung aller Mittel
der ßeredtsamkeit. Mehr noch aber als von der Anklage und
dem Angeklagten spricht der Redner von sich selbst und der
Partei der Optimaten.
1. ad Q. fr. 11, 4, 1: Sestius noster absolutus est a. d. V. Id. Mart. et
. . Omnibus sententiis absolutus est. . . scito nos in ^ iudicio consecutos
esse ut omnium gratissimi videremur. nam defendeudo et morose homini
cumulatissime satis fecimus et . . Yätinium . . concidimus. Schol. Bob. p.
291—313 Or. J. D. van Dam, spec. lit. in Cic. or. p. S., Lugd. Bat. 1824.
Madvig Opusc. acad. p. 411 — 524. 624 ff. T. Baden in Jahn's Archiv III.
S. 197 ff. Drumann V. S. 664 ff. C. F. Hefmann, Vindiciae lect. Bern, in
Cic. or. p. Sestio, Göttingen i852. 4. Bacher in der Berl. Ztschr. f. Gjrmn.
XVI. S. 840-864. 913-929. H. Probst in Jahn^s Jahrbb. 97, S. 351—354,
H. Wrampelmeyer, librorum mss. qui Cic. orr. p. Sest. et pro CaeL con-
tinent ratio qualis sit, Götti. 1868. 4.
2. Ausgaben von 0. M. Müller (Köslin 1827. curae sec. ib. 1831), J. C.
W. Lotzbeck (Baireuth 1829, mit p. leg. Man.), Orelli (mit der pro Cael.
Zürich 1832. 8., sodann vor dem Züricher Lectionskatal. 1834. 4., zum drit-
ten Male Heidelberg 1835. 4.), C. Halm (Lips. 1845 und 1853 ff. in def
Weidmännischen Sammlung, Bd. IV, wo bis jetzt drei Auflagen), H. A.
Koch (für den Schulgebrauch erklärt, Leipzig, Teubner, 1863).
33) In P. Vätinium, mit dem Processe des Sestius zu-
sammenhängend, in welchem Yatinius als Belastungszeuge auf-
getreten war. Auch diese Rede erreichte ihren Zweck.
1. Cic. ad Qu. fr. II, 4, 1 (s. Nr. 32, 1>. Schol. Bob. p. 315—325 Or.
Drumann V. S. 682 ff.
2. Ausgabe von Halm, Lips. 1816.
34) pro M. Caelio, aus dem J. 698, voll Geist, und bos-
haften Witzes, besonders gegen die eigentliche Klägerin, die
berüchtigte Clodia; für die Sittengeschichte von Wichtigkeit.
1. J. Klerk, de Cic. or. p. C ,' Lugd. Bat. 1825. Madvig Opusc. acad.
p. 375 ff. Schwabe, Quaest. Catull. p. 63 f. 66 f. Vollenhoven, Emend.,
Lugd. Bat. 1839. H. Wrampelmeyer (s. Nr. 32, A. 1). W. Oetling, libro-
rum mss. qui Cic. or. p. C. continent . . condicio . . eiusdem Caeliauao
virtutes et vitia . . investigantur et . . illustrantur, Götti. 1868. 4.
^2. Ausgabe von Ürelli, Zürich 1832 (mit p. Sest.).
35) De provinciis consularibus, gehalten Ende Mai's
Cicero*8 Reden. 265
698, um zu bewirken dass dem Caesar die Statthalterschaft in
Gallien verlängert werde.
1. Drmnaim V. S. 706 ff. Mominsen R. G. IIP. S. 305. Anm. Madvig
Opusc. II. p. 1 ff.
2. Ed. Orelli, Zürich 1833. 4. Erklärt von G. Tischer, Berlin 1861
(Weidmann).
36) pro L. Balbo vom. J. 698, Vertheidigung eines Ver-
trauten von Caesar (und Pompejus) gegen die Anklage auf An-
massung des Bürgerrechts.
1. Rumpf, Obss. in Cic. p. Balbo, Giessen 1814. 4. P. J. Elout, de Cic.
or. p. B., Lugd. Bat. 1828. 121 pp. 4. Madvig OpuBC. 1. 1. W. Büchner,
annott critt. ad or. etc. Schwerin 1866. 4.
37) In L. Pisonem, aus dem J. 699, im Senat gehalten,
eine Rede von monströser Massivität.
i. Der Anfang ist nicht erhalten. Elf Bruchstücke daraus hat aus der
H&ndBchrift des Nicolaus Cusanus erstmals herausgegeben J. Klein, d. Hand- *
Äciu. des Nie. C. (Berlin 186G) S. 49 f. Göttinger Gel.-Anz. 1866, S. 1582
— 1586. C. Halm in Jahns Jahrbb. 93, S. 623—628.
2. Ascon. p. 1—17 Or. H. Lagomarsini, in Friedemann und Seebode
crit. I. p. 329 ff. Drumann VI. S. 4 ff.
38) pro Cn. Plancio, vom J. 700, gegen die Anklage auf
Bestechung.
1. SchoL Bob. p. 253—273 Or. G. de Man, de Cic. or. p. PL, Utrecht
^B09. 4. Drumann VI. S. 45 ff. H. Keil, obss. critt. in — Erlangen 1864.
*- C. Campe, zur R. f. PL, in Jahn's Jahrbb. 95, S. 265—273.
2. Ausgg. von G. Garatoni (Bologna 1815. 4.), Orelli (Lips. 1825), E.
'Wunder (Lips. 1830. 4.), E. Köpke (für den Schulgebrauch erklärt» Leipz.
1856).
39) pro C. Rabirio Postumo, vermutlich erfolglose Ver-
theidigung dieses Caesarianers gegen eine nur allzu begründete
Klage wegen Erpressungen, aus dem J. 700.
1. Quinta, m, 6, 11. IV, 2, 10.
2. Drumann VI. S. 71 ff. C. Halm, über Cicero's Rede pro C. R. P.,
«ine kritische Abhandlung, München 1855. 52 S. 4. (Aus den Abhh. der
bair. Akademie VII, 3.) B. ten Brink, loci quidam corruptiores in Cic. or.
etc., Philologus XI. p. 92—100.
40) pro T. Milone wegen der Tödtung des Clodius, welche
als eine Handlung der Nothwehr dargestellt wird , aus dem J.
702; nicht die wirklich gehaltene (erfolglose) Rede, sondern
nachträglich mit grosser Sorgfalt ausgearbeitet, ein rednerisches
Meisterwerk.
266 Ciceronische Zeit. Erste Hälfte, 671 — 691.
1 . Ascon. p. 31 — 55 Of. (ed. ill. Frotscher , Freiberg. 1845. 4.)- Q'
til. VI, 5, 10. X, 5, 20. Schol. Bob. p. 275 — 290. Schol. Gron. p. 44^
2. C. A. Schwarz, an Cic. ob Mil. defensum sit reprehendendus , G ^r=
litz 1789. 4. F. W. Hageu, exercit. acad. in Cic. or. p. M., Erlang. 17"'^=
J. L. Puttmann, de moderatione iuculpatae tutelae, ad Cic. or. Mil. (Opu^^^
iur. crim. p. 111 ff.). A. F. G. Curth, de artificiosa forma or. p. M., ^^^
lin 1833. Spengel, Zeitschr. f. Alt.-Wiss. 1843. S. 432 ff. C. W. ElberlLcKriz
narratio de T. Annio Milone, Kopenh. 1840.
3. Bierregaard, de supplem. Peyron. lacunae or. Mil. XII. Kopei
1830. C. Wex, zu Cic. p. M., Jahn's Jahrbb. 83, S. 207—213. L. Lan^
Obss. ad Cic. or. Mil., I. Giessen 1864. 4. II. ib. 1865.
4. Ausgaben von Schelle (s. Nr. 26), G. Garatoni (Bologna 1817), Ore,
(Lips. 1826), W. Freund (Breslau 1838. 4.), E. Osenbrüggen (Hamb. 1841
C. Halm (Weidmännische Sammlung, Bd. V, Aufl. 5), J. Wagener (Par
1860), Fr. Richter (f. d. Schulgebr. erkl., Leipzig, Teubner, 1864).
5. Deutsch von J. P. Brewer (mit Einl. und Anm., Düsseid. 18.30),
F. Strodtbeck (^Ulm 1852. 4.); ins Griechische übers, von W. Birkle^
(Stuttg. 1860. 4.).
41) pro M. Marcello, im J. 708 im Senat an Caesar^
gerichtet zu Gunsten der Zurüekberufung dieses seines alten^
Gegners.
1. Auch diese Rede hat ihre Beglaubigung durch Citate und Zeugnisse
nicht vor Anfechtungen der Hyperkritik bewahren können, in welcher Be-
ziehung namentlich F. A. Wolf, mit seinem Zweifel Nachfolger des spani-
schen Jesuiten Juan Andrez, allen seinen Scharfsinn aufgeboten hat Um zu
beweisen dass die Rede schlecht — und desswegen nicht von Cicero —
sei, 8. die Vorrede zu dessen Ausg. der Rede (Berlin 1802. 8.). Anhänger
fand diese Ansicht an Spalding (de or. Marcell., in Wolfs und Buttmanns
Mus. antiq. stud. 1. 1808), Schütz, Orelii u. A., Bekämpfer von ungleichem
Werthe an Ol. Worm {vo^siag suspic. liberare conatus est, Kopenh. 1803),
F. Kalau (ad Wolfianas or. p. M.castigatt., Frantf. 1804. 4.), B. Weiske
(comment. in or. . . cum append., Lipa. 1805), Barbier -Vemars (in seinem
Mercure latin, Paris 1813. V. und in Seebode's Archiv 1824. p. 475 ff.),
Hug (Lucubr. de or. Cic. p. Marc, Freiburg 1817. 4.), Savels (s. oben Nr.
28 ff.), F. Passow (Verm. Schrr., Leipz. 1813. S. 268 ff.), Drumann VI. S.
266 ff. ; einen sogenannten Mittelweg (Annahme von Interpolationen in der
vorhandenen Rede u. s. w.) schlug A. L. G. Jacob ein (de or. quae inscrib.
p. Marc. Ciceroni vel abiudicanda vel adiud., Berl. u. Halle 1813), welchem
Hand u. A. folgten. Vgl. noch Schol. Ambr. p. 370 f. Schol. Gronov. p.
418 ff. Or. Drumann VI. S. 262 ff.
2. Sonderausgabe von Seebode (Braunschw. 1815). G. KeUer, uonnulla
de Cic. or. p. Marc. (Ratibor 1845. 4.) und lateinisch und deutsch mit Anm.
(Ratibor 1860. 4.).
42) pro Q. Ligario, öffentliche Fürsprache bei Caesar für
diesen verbannten Pompejaner, vom J. 708.
Cicero'ß Reden. 267
1. B. Weiske (an seiner Ausg. der Marcell.) hat die Rede grundloser
AVeise verdächtigt. Zur Erklärung vgl. Schol, Ambros. p. 371 f. Schol.
Gron. p. 414 ff. Or. P. H. A. Zillesen, de or. p. L., Lugd. B. 1826.
2. Ausgaben von ScheUe (s. Nr. 26), Soldan (Hanau 1839), C. Halm
CWeidraann'sche Sammlung, Bd. V, Aufl. 5). — - Nach einer neuen Consti-
lution des Textes übersetzt von E. W. Nauck, Cottbus 1844. 38 S. 4.
43) pro rege Deiotaro, Vertheidigung dieses gälatischen
Karsten gegen die Anschuldigung eines Mordversuches auf Cae-
sar, gehalten in des Letzteren Wohnung, October 709.
1. Schol. Ambr. p. 372. Schol. Gron. p. 421 ff. Or. Muret's nott. in
or. p. D., in dessen Opusc. III. p. 858 ff. C. J. G. Mosche, de Cic. in scri-
benda or. p. D. consilio etc., Lübeck 1815. 4. und in Friedemann und See-
bode Mise. crit. I. p. 218 ff".
2. Ausgaben von Frotscher (Lips. 1835), Soldan (Hanau 1836), C. Halm
irWcidmaun'ßche Sammlung, Bd. V. Aufl. 5).
44 — 57) Die 14 Philippicae (Antonianae), aus den J. 710
^d 711 d. St. Die erste derselben (vom 2. Sept. 710) sucht den
Redner wegen seiner langen Abwesenheit vom Schauplatze der
politischen Thätigkeit zu rechtfertigen und beklagt sich über einen
neuesten Angriff seines „Freundes'' M. Antonius. Als dieser,
hierüber aufgebracht, am 19. September im Senat eine Rede
hielt worin er des (ausgebliebenen) Cicero ganze politische Lauf-
bahn beleuchtete, arbeitete der Angegriffene eine Gegenrede aus,
welcher er die Einkleidung gab als sei sie auf der Stelle zur
Erwiderung im Senate gehalten worden, welche er aber erst
nach des Antonius Abgang aus Rom veröffentlichte, — die
zweite philippische. Die dritte, vom 20. December, bean-
tragt dass der Senat den D. Brutus und Octavian für ihren
Widerstand gegen den Consul Antonius belobe; als diess ge-
schah, theilte Cicero den gefassten Beschluss noch an demselben
Tage dem Volke mit, in der vierten Rede. Die fünfte (vom
1. Jan. 711) stellt den Antrag jenen Gegnern des Antonius
Auszeichnungen zu verleihen, diesen selbst aber für einen Reichs-
feind zu erklären. Nachdem am 4. Jan. die erste Hälfte dieses
Antrags angenommen, statt der zweiten aber noch ein gütlicher
Versuch beschlossen war verkündete diess Cicero dem Volke an
demselben Tage, in der sechsten. Die siebente (Ende Ja-
nuars) dringt abermals auf Kriegserklärung gegen Antonius.
Dass auch nach dem Scheitern jenes Versuchs nur eine halbe
Massregel beschlossen wurde tadelt die achte (Anfangs Februar)
und macht positive Vorschläge. Die neunte befürwortet^ unter
268 Ciceronißche Zeit. Erste Hälfte, 671—691.
neuen Ausfällen auf Antonius, Ehrenbezeigungen für Sei*. Sul-
picius. Die zehnte beantragt die nachträgliche Bestätigung
der von M. Brutus in Makedonien und Griechenland getroffenen
Massregeln. Die elfte (Mitte März 711) spricht (vergebens)
dafür dass die Bestrafung des Dolabella (der den Caesarmörder
C. Trebonius hingerichtet hatte) dem (Caesarmörder) C. Cassius
übertragen werde. In der zwölften sucht Cicero die beschlos-
sene abermalige Gesandtschaft an Antonius rückgängig und sich
selbst von der Theilnahme daran frei zu machen. Die drei-
zehnte (20 März 711) vertheidigt seine Kriegspolitik gegen die
Friedensmahnungen des M. Lepidus und Munatius Plancus.
Endlich die vierzehnte (22 April 711) beantragt ein grosses
Dankfest wegen des Siegs über Antonius bei Forum Gallorum
und Auszeichnungen für die siegreichen Feldherren.
1. Besonders berühmt ist die zweite Philippica, s. Juvenal X, 125 f.
2. Ausgaben der Philippicae von G. G. Wemsdorf (Lips. 1821 f. 2
Bände, verb. Text ib. 1825), Orelli (Zürich 1827); die zweite besonders
herausgegeben von Wemsdorf (mit* Uebersetzung, Leipz. 1815), H. A. G.
Win ekler (Cassel 1829), Frotscher (Lips. 1833 nebst Probe von einem
Comm. , Leipz. und Annab. 1835). Die erste und zweite von C. Halm
(Weidmännische Sammlung, Bd. VL Aufl. 3).
3. J. Mittermayr, Beitr. zur Erkl. der ersten phil. R. (Aschaffenb.
1841. 4.)j zur zweiten (Ebend. 1843. 1845. 4.). C. Campe, Philologus X.
S. 627 ff. und Jahns Jahrbb. 91, S. 163—174. F. G. Jentzen, über des Cic-
vierte phil. R. u. s. w. , Lübeck 1820. Gegen A. Krause's zwecklose Ver-
dächtigung der vierten (Cic. quae fertur Phü. IV. expl. et Ciceroni dero-
gavit, Berl. 1839, und Ueber Cic. vierte phü. Rede, Neustettin 1817. 4. =
Jahn's Jahrbb. Suppl. XIII. p. 297 — 313) s. Schuster, Vindiciae C4c. or.
Phil, quartae, Lüneb. 1851 f. 4. Schirlitz, Cic. Phil, nona, Wetzlar 1844. 4.
V. F. Deycks, de Cic. Phil. orr. cod. Vaticano, Münster 1844.
167. Ausser diesen 57 Reden sind Bruchstücke erhalten
von ungefähr zwanzig weiteren, und von 33 anderen wissen
wir wenigstens dass Cicero sie gehalten hat. Dazu kommt noch
eine Anzahl nur geschriebener (nicht gehaltener) Lobreden,
nämlich auf Caesar (vom J. 698), den jüngeren Cato (J. 708)
und dessen Schwester Porcia (J. 709).
1. unter den Bruchstücken sind die erheblichsten die zu den zwei Cor-
nelianae (pro C. Cornelio, de maiestate, vom J. 689, s. Ascon. p. 56—81
Or. und Quintil. VIII, 3, .3 f. vgl. VI, 5, 10. X, 6, 13), zur oratio in toga
Candida (J. 690) und zur Scauriana (pro M. AemiÜo Scauro, vom J. 700,
8. Drumann VI. S. 36--45. Ascon. p. 18—30. Schol. Bob. p. 373—376 Or.).
2. Sammelausgaben der Bruchstücke einzelner Beden: Sex orationum
partes ineditae, ed. A. Mai. Ed. alt., Mail. 1817. 8.; Auctor. dass. 11. p.
Cicero*8 Reden. 269
27^-326. Oratt. p. Fonteio et C. Rabir. fragraenta ed. Niebuhr, Rom
1820. Oratt. p. Scaur., Tüll, et in Clod. fragmenta inedita ed. A. Peyron,
Stuttg. 1824. 4. Oratt. p. Tüll., in Clod., p. Scauro, p. Flacco fragmenta
iued. coli. C. Beier, Lips. 1825 nebßt Indd. (herausgg. von G. Hertel), Lips.
1831. Oratt. p. Tüll., in Clod., p. Scauro, p. Flacco ed. et expl. E. C.
d*£Dgelbronner, Rotterdam 1830. Die Bruchstücke sämmtlicher Reden sind
zusammengestellt in den Gesammtausgaben von Nobbe (p. 1119 ff.). Klotz
{IV, 3. p. 201—249) und Orelli IV, 2. p. 439—459 = IV. p. 929—966. 1011.
1055 f. der zweiten Ausgabe (Turici 1861), wozu vgl. C. Halm, Beiträge
ZOT Berichtigung und Ergänzung der cic. Fragmente (Leipz. 1862), bes.
S. 15-31.
3. üeber die 33 Reden s. Orelli IV, 2. p. 460 f. = p. 966 f. der zwei-
ten Ausgabe. Westermann, Gesch. der röm. Beredtsamkeit S. 341 f.
4. Skizzen und Concepte von Reden des Cic. veröffentlichte aus dessen
Nachlass sein Freigelassener Tiro. Quintil. X, 7, 30: quod fecisse M. Tul-
liom commeutariis ipsius apparet. ib. 31: Ciceronis ad praesens modo
tempQs aptatos (commentarios) hbertus Tiro contraxit. Vgl. ib. IV, 1, 69:
Ciwro pro Scauro ambitus reo , quae causa ^est in commentariis (nam bis
eundem defendit), prosopopoeia . . utitur. Hieronym. apol. ad Rufin. II.
p. 469 Vall. ( in commentariis causarum, pro Gabinio).
5. üeber Cicero's laudatio Caesaris s. ad Att. IV, 5; über seine lau-
datio Porciae ib. XIII, 37, 3. 48, 2.
6. Plut. Caes. 54: iy^a^ips Kmigtov iyxco/iiof Kaxonvog^ ovofia rm Xoya}
^ifLivog Kdrava. Fr. Schneider, de Ciceronis Catone minore, Zeitschrift
för die Ali-Wiss. 1837. Nr. 140 f. H. Wartmann, Cato von Utika (Zürich
1858) S. 145—163. C. Göttling, de Cic. laudatione Catonis et de Caesaris
Anticatonibus, Jena 1865. 4. Dazu Additamentum, 1865. 4. Orelli IV. p.
987 f. Der Inhalt dieser Lobrede auf Cato erregte bei Caesar einigen An-
etoss (ad Att. XII, 40, 1. XIII, 27, 1), obwohl er ihre formelle VorzügUch-
keit anerkannte (ib. XIII, 46, 2); er veranlasste daher zuerst den Hirtius
zu einer Gegenschrift und schrieb dann selbst einen Anticato. Dagegen
dem M. Brutus war Cicero's Schrift zu wenig warm und zu eng, da Cicero
sich vorsichtiger Weise hauptsächlich an Cato's Privatcharakter gehalten
hatte; er schrieb daher selbst auch (Anfangs 709) einen Cato.
7. Die untergeschobene Rede pridie quam in exsihum iret s. z. B.
in der zweiten Orelli'scheu Ausgabe Cicero's II. p. 1412 ff. Ueber die fin-
gierten Streitreden zwischen Sallust und Cic. s. unten 193.
. 168. In der Theorie der Beredtsamkeit war Cicero Schüler
der Griechen und übersetzte sogar in seiner Jugend ein grie-
chisches Lehrbuch. In reiferen Jahren trat er mit selbständi-
gen rhetorischen Schriften auf, nicht um die Theorie weiter zu
fordern, sondern um seine eigene Stellung in der Geschichte
der römischen Beredtsamkeit darzulegen und seine rednerische
Weise gegen Widersacher zu vertheidigen. Dabei weiss er die
BaupÜehren der Rhetorik in anziehender Weise zu popularisie-
270 Ciceronische Zeit. Erste Hälfte, 671—691.
ren. In seinem Kampfe gegen den abstracten Doctrinarisraus
und den leeren Schematismus der Schulrhetorik geräth Cicero
sogar in das Extrem des blosen Empirismus und lässt öfters
Schärfe der Begriffe vermissen.
1. Die sämmtlichen rhetorischen Schriften Cicero's sind herausgegeben
von C. G. Schütz (Lips. 1804. 1808, 3 Bände) und bilden Vol. I. der Orel-
li'achen Ausgabe (Ed. II. Tur. 1845) ; die kleineren von J. F. Wetzel (Lieg-
nitz 1807. 1823) und Orelli (Zürich 1830).
2. C. W. Piderit, über den Kunstwerth der rhetorischen Schriften Ci-
cero's, in Jahn's Jahrbb. 82, S. 603—516. L. Spengel, Rhein. Mus. XVIII.
S. 495 — 498. H. Jentsch, Aristotelis ex arte rhetorica quid habeat Cicero,
Berlin 1866. 8.
169. Die erhaltenen rhetorischen Schriften Cicero's sind
nach der Zeit ihrer Abfassung folgende.
1) Rhetorica, eine unreife Jugendarbeit, hauptsächlich,
wie es scheint, nach Hermagoras. Die zwei Bücher, welche
allein fertig gemacht sind, handeln vorn^ rednerischen Stoffe,
de inventione, und werden daher gewöhnlich so betitelt.
1. Cic. de or. I, 2, 5: quoniam quae pueris aut adolesceutulis nobis
ex commentariolis nostris inchoata ac rudia excideruut vix hac aetate
digna et hoc usu, quem ex causis quas diximus tot tautisque consecuti
sumus. Vgl. 6, 23. Quintil. II, 14, 4. 15, 6 (in rhetoricis, quos sine dubio
ipse non probat). III, 1, 20 (rhetoricos suos). 3, 6 (Cic. in Rhetoricis).
5, 14 f. (ex Cic. rhetorico I. . . ipse hos libros improbafc). 6, 50 (Cicero
in libris rhetoricis = de inv. I, 8) und 58 (in primo Ciceronis rhetorico).
69 f. (Cic. bis pnlcherrimos illos de oratore libros substituit). 64. Hiero-
nym. adv. Rufin. I. p. 137.
2. Cic. de inv. II, 2,4: quoniam nobis quoque voluntatis accidit ut
artem dicendi perscriberemus, non uuum aliquod proposuimus exemplum,
cuius omnes partes . . exprimendae nobis necessario viderentur, sed Om-
nibus unum in locum coactis scriptoribus quod quisque commodissime
praecipere videbatur excerpsimus etc. Hermagoras wird genannt I, 6, 8.
9, 12. 11, 16. 51, 97. Quintil. III, 6, 59: sunt velut regestae in hos com-
mentarios quos adolescens deduxerat scholae, et si qua est in his culpa,
tradentis est. Vgl. ib. 11, 10. 18 (in Rhetoricis Hermagoran est secutus).
3. „Der Verfasser hatte die Rhetorik ad Herennium (s. oben 149) vor
sich liegen und benutzte sie häufig, sucht auch fortwährend es anders und
besser zu machen als jene, macht es aber gewöhnlich schlechter." „Das
ganze genus demonstrativum wird in einem einzigen Capitel, dem letzten,
abgemacht, zum Beweise dass der junge Verfasser selbst den Plan auch
die andern vier Theile auszuführen bereits aufgegeben hatte." L. Spen-
gel, Rhein. Mus. XVIII. S. 495.
4. Commentar des Victorinus zu der Schrift; s. in Halm's Rhett, latt.
minores p. 153—304. Vgl. C. L. Kayser, Philologus VI. S. 706—718. Ex-
cerpta ex Grillii commento in Cic. de inv. bei Halm l. 1. p. 696—606.
Cicero's rhetorische Schriften. 271
/
5. Sopderaosgabe mit den Anmerkungen yon Lambin, Gronov n. s. w.
?on P. Burmanu, Lugd. Bat. 1761, neu herausgeg. von F. Lindemann,
Leipz. 1828 (Schulausg. 1829.). üebersetzt von G. H. Moser, in der Metz
ler'schen Sammlung, röm. Pros. 127 f.
6. A. Linsmayer, Variae lectiones ad Cic. libr. I. de inventione ex IV
codtl. exscriptae, congessit et brevi annot. instr. , München 1853 (VIII und
27 pp. 8.) = C. Halm, Analecta Tulliana, fasc. IL F. A. Eckstein, Varie-
taa lectionis codicia Leidensis ad Cic. de inv. libros II. Halle 1854. 4.
2) De oratore libri tres, verfasst J. 699, eingekleidet in
die Form eines Gesprächs welches die beiden grössten Redner
der früheren Zeit, L. Crassus und M. Antonius, mit Anderen
im J. 663 gehalten hätten. Durch diese Einkleidung hat die
Behandlung an Leichtigkeit, Vielseitigkeit und Lebendigkeit ge-
wonnen, Cicero die Trockenheit systematischer Darstellung und
die Aufstellung eines eigenen Glaubensbekenntnisses vermieden,
so unverkennbar ist dass seine Personen nur seine eigenen An-
sichten aussprechen. Obwohl die dramatische Kunst eines pla-
tonischen Dialogs bei weitem nicht erreicht ist, so ist das Werk
<Joch durch den ßeichthum seines Inhaltes und die Gefeiltheit
Jer Darstellung zu den vollendetsten des Cicero zu rechnen.
Das erste Buch erörtert die Bildung zum Redner, das zweite
die Behandlung des Stoffes, das dritte die Form und den Vor-
^^ der Rede.
1. Cic. ad Att. XIII, 19, 4. Fäm. I, 9, 23 vgl. VII, 32, 2. Oben 139, 3.
2. J. A. Ernesti, de praestantia librr. Cic. de or., Lips. 1736. 4. J. F.
Schaarschmidt, de proposito etc., Schneeb. 1804. H. A. Schott, comm. qua
^^^ de or. Ubri examiuantur, Lips. 1806. 4. G E. Gierig, vom ästhetischen
^^erljie der Bücher u. s. w., Fulda 1807. C. F. Matthiä, Prolegg. zu u. s. w.,
^rankf. 1812. 4. Schölten, animadvv. in Cic. de or. libros, Utrecht (1828)
^■^ Pp. 8. E. L. Trompheller , Vers, einer Charakteristik der u. s. w., Co-
burg 1830. 4. Busch, Obss. ad Cic. de or., Rostock 1830. 4. Rhode, de
i^coluthis in Cic. de or., Breslau 1833. C. G. König, Opuscc. latt. (Meis-
en 1834) p. 359 ff. Paul, de Cic. de or., Thorn 1840. 4. Ellendt vor
ferner Ausg. II. p. VII fF. C. Kuniss, q^uaedam de Cic. de or. , Dresden
1842. Brückner, quid Cic. in libris de or. ex Isocrate et Aristotele mutu-
a<^8 Bit, Schweidnitz 1849. 4.
3. Ausgaben z. B. von Z. Pearce (Cambridge 1716, zuletzt Loud. 1795),
^. C. Harless (Lips. 1816), 0. M. Müller (Züllichau 1819. 1838), R. .1. F.
Henrichsen (Kopenhagen 1830), C. G. Kuniss (Leipz. 1837), und ganz be-
sonders von Fr. Ellendt (Königsb. 1840. 2 Bände). Dazu C. Fränkel, Nach-
^'"äge und Berichtigungen zu Fr. Ellendt's Comm. über Cic. de or., 5 Hefte,
I^orpat 1855 — 1860. C. W. Piderit, zur Kritik und Exegese von Cic. de
or., Hanau 1857. 1858. 4. Bake (zu B. III) in Mnemosyne VII. p. 97—123.
ö. Sorof, Philologua XXI. p. 654 — 674 und Vindiciae Tullianae, Berlin
272 Ciceronische Zeit. Erste Hälfte, 671—691.
1866. 4. Erklärt von C. W. Piderit, Leipz. 1859. 1862. 1868. Rec. lo. Bake,
Amsterdam 1863.
4. üebersetzt von Dilthey (Stuttgart, Metzler 1828; umgearbeitet von
F. Baur,»Ebend. 1869, Cl. d.Alt.); von R. Kühner (Stuttg., Hoffmann 1858).
3) Brutus de claris oratoribus, verfasst zu Anfang des J.
708, eine pragmatische Darstellung der Geschichte der römi-
schen Beredtsamkeit, höchst werthvoU durch die Fülle des darin
ausgeschütteten historischen Materials, viele treflFende und le-
bendige Charakteristiken, so wie die Aufschlüsse über Cicero's
eigenen Bildungsgang. Die dialogische Form ist mit mehr Ernst
und Geschick behandelt als in den philosophischen Schriften;
doch fehlt es nicht an grösseren und kleineren stilistischen Un-
fertigkeiten.
1. Vgl. 93, 319. Or. 7, 23. Quintil. X, 1, 38. Oben 140, 7. 168, 10.
2. Alle vorhandenen Handschriften des Brutus und des Orator sind aus
der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts imd gehen auf diejenige zurück
welche ums J. 1420 in Lodi gefunden wurde, später aber wieder verloren,
gegangen ist und für uns nur durch Abschriften existiert. Am Schlüsse
fehlt Einiges.
3. Ausgaben von Wetzel (Nürnberg 1776, Halle 1793), Orelli (mit den
übrigen kleineren rhetor. Schrr., Zürich 1830), H. Meyer und G. Bemhardy
(Halle 1838), Kuniss (Leipz. 1838), C. Peter (Leipz. 1839), Fr. Ellendt (Kö-
nigsb. 1825 imd besonders 1844), 0. Jahn (Leipz. 1849, Berlin 1856, 1865),
C. Beck (third edition, Cambridge in Massach ussets 1853. 195 pp. 8.), C.
W. Piderit (für den Schulgebrauch erklärt, Leipz. 1862).
4. E. L. Trompheller, Bemerkungen über Cic. Br., Coburg 1832. 4.
E. Marggraff, Obss. criticae in 0. Jahuii editionem Bruti Cic, Berlin
1855. 4. G. Schwister, Quaestiones aetiologieae in Cic. Brutum, Bonn 1857.
Bake, Curae secundae in Cic. Br. , Mnemosyne VI. p. 421—438. Piderit,
zur Kritik und Exegese von Cic. Brut., Hanau 1860. 1862. 4. (Cdfope,)
Beiträge zur Kritik des Cic. I (Greiffenberg 1860. 4.) S. 1 — 21. J. Mäh-
ly , Rhein. Mus. XX. S. 6S7— 640. G. Hänel, ad Cic. Brut. 27, 106. Lips.
1867. 4.
5. Üebersetzt von C. A. Mebold (Stuttg. 1829), neu bearbeitet vonW.
S. Teuffei, Stuttgart 1859 (Cl. d. Alt.).
4) Orator ad M. Brutum, Cicero^s rednerisches Vermächt-
niss, sein Ideal eines Redners ausmalend, von Werth aber mehr
durch einzelne Erörterungen und Bemerkungen als durch Voll-
ständigkeit und planmässige Anlage des Ganzen ; verfasst gleich-
falls noch im J. 708.
1. Cic. ad Farn. VI, 18, 4. XV, 20, 1. de divin. II, 1, 4. ad Att. XIV,
20, 3 u. Farn. XII, 17, 2 seinem Inhalte nach de optimo genere dicendi ge-
nannt.
2. Ausgaben von H. Meyer (Lips. 1827), Orelli (Zürich 1830), F. Göl-
Cicero*8 rhetorisclie Schriften. 2^3
ler (Lips. 1838), Peter und Weller (Leipz. 1838), 0. Jahn (Leipz. 1851.
Berlin 1859), Piderit (Leipzig, Teubner, 1866).
ff
3. G. Weller, Symb. critt. ad Cic. or., Meiningen 1837. 4. Paul, de
or, Thorn 1844. 4. Bake, de emendando Cic. or.,* Lugd. B. 1866. 82 pp. 4.
Piderit, Eos I. S. 401—409. II. S. 168 — 181; Jahns Jahrbb. 91, S. 372—
374.765—77-'. Vollbehr, ad Cic. or. symbb. criticae, Glückstadt 1864. 4.
4. üebersetzt von Hauff (in seiner Philologie II, 1. S. 111 ff.), Brewer
(Düsseldorf 1824), Mebold (Stuttgart 1829), W. S. Teuöel, Stuttgart 1861.
[d d. Alt )
5) Partiliones oratoriae (oder de partitioue oratoria),
im J. 708 oder 709 verfasst, eine Uebersicht über das Gesammt-
gebiet der Rhetorik in Form von Fragen (die er seinen Sohn
stellen lässt) und Antworten, ein ziemlich trockener Katechismus.
1. Quintil. III, 3, 7. Drumann VI. S. 293.
2. E. Reusch, disquis. de Cic. partt. or., Helmstedt 1723. 4. Piderit,
2iir Kritik von Cic. p. or., Hanau 1866. 4. und in Jahn's Jahrbb. 95, S.
275-283. H. Sauppe, Götti. Gel. Anz. 1867, S. 1863-1877.
3. Ausgabe von Hauptmann (Lips. 1741) und Piderit (für den Schul-
gebr. erklärt, Leipz. 1867). üebersetzt (mit Topik) von G. H. Moser, Metz-
ler'sche Sammlung, röm. Pros. 137.
6) Topica ad C. Trebatium, eine Erläuterung der Topik
des Aristoteles, im J. 710 auf der Reise aus dem Gedächtniss
niedergeschrieben.
1. Cic. ad Fam. VII, 19. Quintil. III, 11, 18. V, 10, 64 (scribens ad
Trebatium ex iure ducere exempla maluit).
2. Von einem Commentar des Boethius dazu sind noch sechs Bücher
erhalten (in dessen Opp. und in vielen älteren Ausgaben der Schrift des
Cicero, auch bei Orelli).
3. F. G. van Lynden, interpr. iurispr. Tüll, in Topp, expositae, Lugd.
Bat. 1805. 180 pp. 8. W. A. Macejowski, obss. in Cic. Topp. (Opusc,
Warschau 1824. p. 63-84), Braudis im Rhein. Mus. III (1829). S. 647 ff.
J. Klein, de fontibus Topp. Cic, Bonn 1844. F. Bücheier, Philologus XXI.
S. 123—126.
7) De optimo genere oratorum, Vorwort zu einer
üebersetzung der Reden des Demosthenes und des Aeschines
für und wider Ktesiphon, über den attischen und den asiati-
schen Redestil, vielleicht gleichfalls aus dem J. 710.
1. Ascon. p. 31 Or. \
2. Herausgegeben (nebst Top. und partitt.) von G. H. Saalfrank (Ra-
tifib. 1823) und von 0. Jahn an seinem Orator (1859).
170. Die vier auf uns gekommenen Sammlungen ciceroni-
scher Briefe enthalten, mit Einschluss von 90 an Cicero gerich-
Tcufrcl, Röm. Literaturgeschichte. \^
274 Ciceronische Zeit. Erste Hälfte, 671—691.
teten, im Ganzen 864 Stücke, und sind sowohl persönlichen wie
politischen Inhalts, ein unerschöpflicher Schatz für die Zeitge-
schichte, zum Theil aber von der Art dass die VeröflFentlichung
nicht im Interesse Cicero's lag-, denn bei einem Manne der so
rasch zu denken und so lebhaft zu fühlen pflegte wie Cicero,
und dem es Bedürfniss war seine jedesmaligen Gedanken und
Empfindungen mündlich oder in Briefen an einen vertrauten
Freund wie Ätticus auszusprechen, gewährt ein solcher Brief-
wechsel einen oft nur allzutiefen, ja sogar manchfach täuschen-
den Einblick in sein Innerstes, wie denn Drumann den Stoff
zu seiner Anklage zum grössten Theile diesen Briefen entnom-
men hat.
1. Der früheste Brief ist vom J. 686, der späteste vom 28. Juli 711;
^ aus Cicero's Consulat ist keiner erhalten.. Fronto ad Antonin. II, 5. p. 107
Naber: omnes Ciceronis epistolas legendas censeo, mea sententia vel magis
quam omnes eins oratioues. epistolis Ciceronis nihil est perfectius. Vgl.
auch oben 3 3.
2. B. R. Abeken, Cicero in seinen Briefen u. s. w. , Hannover 1835.
J. V. Gruber, quaestio de temporibus atque serie epistolarum Ciceronis,
Stralsund 1836. 4. A. Stinner, de eo quo Cic. in epistolis usus est ser-
mone, Oppeln 1849. 1854. 1864. 4.
3. Cicero selbst hat die von ihm geschriebenen Briefe nicht gesam-
melt, noch weniger sie herausgegeben; aber schon bei seinen Lebzeiten
trugen ihm Nahestehende sich mit derartigen Gedanken Vgl. ad Ati
XVI, 5 extr. (vom J. 710): mcarum epistolarum nulla est avvccyoayijy sed
habet Tiro instar LXX. et quidem sunt a ie quaedam sumendae. eas ego
oportet i)erspiciam, corrigam; tmn deuique cdentur; und an Tiro (Fsan.
XVI, 17, 1 vom J. 708): tuas quoque epistolas vis referri in volumina.
Nach Cicero's Tode, wo durch die Rhetorenschulen sein Ansehen immer
höher stieg, w^urdc das Sammeln und Herausgeben seiner Correspondenz
um so eifriger betrieben, theilweise wohl aus buchhändlerischer Specula-
tion. Cornelius Ncpos, in dem vor dem J. 720 vcrfasstcn Theile seiner
Biographic des Atticus (Att. 16, 3), kennt durch private Mittheilung —
denn dass sie noch nicht herausgegeben waren sagt er selbst -- die XVI
Volumina epistolarum an Atticus; und von einer langen Reihe anderer
Sammlungen wissbn wir durch Citate. So citiert Macrob. Sat II, 1, 14
Cicero in libro epistolarum ad Comelium N^potem secundo, Nonius Mar-
cellus (ed. Gerlach et Roth) p. 286 ein neuntes Buch von Briefen ad Bru-
tum (ad Brut. I, 1, 1), p. 305 eii> neuntes ad Hirtium, p. 201 ein viertes
ad Pompeium, p. 196 ein drittes ad Caesarem, p. 225 und 289 ein drittes
ad Caesarem iuniorem, p. 65 ein drittes ad Pansam, p. 348 ein zweites
ad Axium, p. 188 ein zweites ad filium, p. 190 ein erstes (und somit min-
destens zweites) ad Cassium (= ad Fam. XV, 16, 3}; ausserdem p. 319 ad
Calvum (nach Priscian. II. p. 490, 12 Keil mehrere Bücher), p. 297 epistola
ad Catonem; Suet. rhet. 2 ad M. Titinnium, Quintil. VI, 3. 112 ad Cae-
relliam, Charisius p. 85 P. = p. 1 10 Keil (quamvis Cicero requietem dixerit)
Cicero's'Briefe. 275
adHostüium, ib. p. 108, 26 (Keil) ad Marcellum, wozu noch die flXT^vtxal
t^oi^Hgcadriv, ngog Tliloncc tov Bv^dcvtiov etc.) bei Plut. Cic. 24 kom-
tien (Nake p. 10 f.). Von allen diesen Sammlungen ist an sich wahrschein-
lich das« sie schon in der augusteischen Zeit veranstaltet wurden, wo noch
wenig verloren gegangen, die EmpfÄnger selbst aber fast alle todt waren
4. Neben diesen umfassenden Sammlungen erscheint sehr frühe auch
eine kürzere, deren einzelne Bücher nach dem vorwiegenden Adressaten
citiert zu werden pflegen, s. z. B. Gell. N. A. I, 22, 19 von dem Schreiben
de« Pollio an Cicero (Fam. X, 33, 5) in libro epistolarum M. Ciceronis ad
li. Plancum et (und genauer) in epistola (M.) Asini Polhonis ad Cic; vgl.
UelLXII, 13, 21: in Ubro M. TulUi Epp. ad Ser. Sulpiciura = Fam. IV,
4, 4;Non. Marc. v. comedim (p. 83, 30 M. = p. 59 Gerl.): Cicero ad Var
ronem epistola Peti (d. h. ad Paetum, s. Fam. IX, 20, 3), während Nonius
den Brief Fam. XV, 16 aus der vollständigeren Sammlung (ad Cassium I)
Art, was freilich nicht beweist dass sie zu seiner Zeit noch existierte.
Von jenen umfangreichen Sammlungen haben wir nur kümmerliche üeber-
reste (auvollständig zusammengestellt bei Orelli FV, 2. p. 461 — 468 = p.
968-974 der zweiten Ausgabe, wozu s. C. Halm, Beiträge zu den cicer.
Fragm. S. 31 f.), dagegen die kürzere ist erhalten (ad Fam.).
5. Die Briefe des Cicero wurden mehrere Jahrhunderte fleissig gelesen
(i die üebersicht der Anführungen bei Nake, bist. crit. p. 38 f.) und auch
öcerpiert (Fronto ad Antonin. 11, 5. p. 107 Naber: memini me excerpsisse
^ Ciceronis epistulis ea dumtaxat quibus inesset aliqua de eloquentia vel
phOosopbia vel de rep. disputatio; praeterea si quid elegantius aut verbo
notabili dictum videretur excerpsi); doch weitaus nicht in dem Grade und
80 lange fort wie die meisten andern ciceronischen Schriften. Wir finden
daher nur vereinzelte Spuren des Vorhandenseins von Handschriften der-
selben und deren Benutzung in den Jahrhunderten des Mittelalters (Orelli
vor seiner Ausg. p. Vif), insbesondere vom 10 — 14. Jahrhundert (ib. p.
V/I-Xll; über Job. Saresber. ib. p. VII f.; über Petrus von Blois ib. p.
'Xf). Erst Petrarca hat sie wieder entdeckt, und zwar im J. 1345 bei
Verona die an Atticus, Q. Cicero, Brutus und Octavius, die Briefe ad fa-
miliäres etwas später in Vercelli (vgl. Orelli 1. 1. p. XII f. XXXIX f. M.
Haupt, duo epistolae ineditae de inventione Ciceronis Epp. ad Fam., Berl.
1856. 4. F. Hofmann, der kritische Apparat u. s. w. S. 1—6. Detlefsen,
in Jahns Jahrb. 87, S. 550 ff.). Von den Epp. ad fam. ist der Urcodex
(8a.ec. XI, die Quelle aller übrigen Handschriften) noch vorhanden (Cod.
Medic. plut. XLIX, Nr. IX), wie auch die Abschrift des Petrarca (Cod.
Medic. pl. XLIX, Nr. VII); dagegen von den ad Att. etc. ist die in Ve-
rona gefundene Handschrift wieder verloren gegangen und nur die gröss-
tentheils von Petrarca gemachte Abschrift erhalten (ib. plut. XLIX, cod.
XVIH), welche zugleich zahlreiche Correcturen von Coluccio Salutato ent-
hält, meist Vermutungen dieses Gelehrten, theilweise auch Besserungen
auf Grund der Vergleichung der ürhandschrift (vgl. Hofmann S. 6 f. und
8-25). Indessen der cod. Turnesianus (z), aus welchem Lambinus die ver-
hältuinmässig zuverlässigsten Mittheilungen gibt, der aber jetzt verloren
ist, stammt nicht aus dieser Abschrift Petrarca's (M) ab (F. Hofmann S.
26 — 30), sowenig als ein cod. Escurial. saec. XIV oder XV; und auch die
18*
276 Ciceronißche Zeit. Erste Hälfte, 671—691.
Eandnoten in Cratanders Audgabe (c), Basel 1528, scheinen sich auf eine
Ueberlieferung zu gründen welche älter ist als Med. (Fr. Hofmann S. 26.
30—47), nämlich entweder auf dieselbe Handschrift zu welcher die Würz-
burger und Münchner Blätter (Spengel, Münchner Gel. Anz. 1846, S. 917 ff.
926 ff. Hahn, Rhein. Mus. XVIII. S. 460—463) gehören oder doch eine ihr
ganz entsprechende. Ueber die Handschriften aus dem 15. Jahrhundert
und die edd. principes vom Jahr 1470 (die Romana und die Jensoniana =^
R und I) s. Fr. Hofmann S. 48—65, und über die diplomatische Geschichte
der Briefe: Orelli Prolegg. vor T. III. seiner zweiten Ausgabe des Cicero,
nebst D. Detlefsen in Jahns Jahrbb. 87, S. 551—571. Populär G. Boissier,
sur la maniere dont furent recueilUes et publikes les lettres de Ciceron,
Paris 1863.
6. H. A. Koch, Emendationes Ciceronis Epistolarum, Putbus 1855.
10 pp. 4. Rhein. Mus. XU. p. 268 — 279. F. Bücheier, zur Kritik der ci-
ceron. Briefe, Rhein. Mus. XI. S. 509—535. J. Krauss, Cic. Epp. emenda-
tiones. I. Cöln 1866. 4. Br. Nake, historia critica M. Tulli Ciceronis Epi-
stolarum, Bonn 1861.
7. Ausgaben sämmtlicher Briefe in chronologischer Ordnung: von C.
G. Schütz (Halle 1800. 6 Bde.), Lünemann (Göttingen 1820. 4 Bde.), Fr
BentivogUo (Mailand 1826 ff. 10 Bde.), Billerbeck (Hannover 1836. 4 Bde.).
auch von A. Thospann (Leipz. 1833. Th. I.). — üebersetzungen von C
M. Wieland (Zürich 1808—1821. 7 Bde., wovon Bd. VI und VII herausgg-
von Gräter; s. dazu die Bemerkungen zu Wieland's üebersetzung u. s. w
von C. F. D. Moser, Ulm 1828), G. H. Moser, C. H. Dömer, Fr. Rauchea
stein und F. Baur (in der Metzler'schen Sammlung, Bdchn. 51 — 76), C. L
F. Mezger (Stuttgart, Hoffmann 1859 ff.).
8. Schulauswahlen z. B. von A. Matthiä (ed. IV. besorgt von F. H.
Müller, Leipz. 1849), S. N. J. Bloch (Kopenh. 1818), B. A. Pflanz (Rottweil
1831), C. F. Süpfle (Karlsruhe 1836, 5. Ausg. 18G1), R. Dietsch (Lips., Teub-
ner 1854, 2 Partes), F. Hofmann (I. Berhn 1860. Weidmännische Samm-
lung), Jos. Frey (Leipzig, Teubner, 1864).
171« Die erhaltenen Sammlungen sind folgende:
1) ad Familiäres, 16 Bücher aus den J. G91 — 711, nach
den Personen der Empfänger geordnet (mit einziger Ausnahme
von Buch XIII), doch ohne consequente Befolgung der Abfas-
sungszeit, wahrscheinlich von Tiro herausgegeben, in der Weise
dass er zuerst die zwölf ersten Bücher und dann erst nachträg-
lich die vier letzten veröffentlichte.
1. Der Titel ist zweifelhaft (P. Victorius: M. Tulli Ciceronis epistola-
rum libri XVI), jedenfalls aber nicht ad Diversos, was gar nicht latei-
nisch ist.
2. Das dritte Buch enthält nur Briefe aa Appius Claudius Pulcher,
das achte nur Briefe des M. Caelius (unten 196, 4) an Cicero, B. XIV nur
Briefe des Cicero an Terentia und die übrige Familie, B. XVI ausschliess-
lich Briefe an Tiro; B. XIII lauter (weitere) Empfehlungsschreiben, B. XV
Nachträge zu den zwölf ersten Büchern.
Cicero^s Briefe. 277
3. Die Sammlung scheint gleich nach Cicero's Tod herausgegeben,
ehe noch die ganze Fülle von Briefen erschlossen war aus welcher später
die umfassenderen Sammlungen hervorg^engen (so F. Hofmann). Die ent-
gegengesetzte Ansicht (von B. Nake), dass die ausführhchen Sammlungen
früher seien, die erhaltene (ad Fam.) aber nur aus diesen (von verschie-
denen Händen) excerpiert, hat gegen sich dass dieser Auszug gar zu kopf-
los gemacht sein müsste, indem z. B. aus den vier Büchern ad Pompeium
nur der einzige Fam. V, 7, aus den drei an Caesar nur VIT, 5 f. aufge-
nommen wäre. Wühl aber scheint die Eigenthümlichkeit von B. XIII und
XV eine vermittelnde Ansicht zu Erfordern wie sie oben aufgestellt wor-
den iat. Auch wäre die Aeusserung über Atticus, Fam. XVI, 23, 2, schwer-
hch bei Lebzeiten des Atticus (welcher 7*22 starb) veröffentlicht worden.
4. War der Herausgeber Tiro oder Atticus? Für Atticus entscheiden
sich Tmistall, Ep. ad Middleton. p. 15, Drumann VI. S. 409 und Nake p.
32-34, der aber gegen Tiro nichts anzuführen weiss als die mangelhafte
Ordnmig der Sammlung, welche sich aus der Schwierigkeit der Aufgabe
(oöd der oben angenommenen doppelten Veröffentlichung) hinreichend er-
Uärt. Für Tiro spricht die Gewissheit dass er eine Sammlung veranstal-
ten wollte, die Thatsache dass Buch XVI auch ganz imbedeutende Briefe
an ihn enthält, auch solche die nicht von M. Cicero herrühren und solche
die nur über Tiro handeln, nicht an ihn gerichtet sind (16); femer der
Cmatand dass diese Sammlung keinen Brief von Tiro enthält, wie die un-
zweifelhaft von Atticus herrührende keinen von Atticus. Vgl. F. Hofmann,
aasgew. Briefe Cicero's I. S. 6—11. Ebenso ist auf gleichzeitige Entsteh-
^ der beiden Sammlungen ad Fam. und ad Att. daraus zu schliessen
dass grundsätzlich (die beiden Ausnahmen Fam. VIII, 16 = Att. X, 9 A;
Fam. IX, 14 =1 Att. XIV, 17 A bestätigen nur die Regel) sie sich zu ein-
ander ausschliessend verhalten.
5. Ausgaben z. B. von P. Manutius (Aid. 1575. Ven. 1579. 1589 fol. j dessen
Commentar herausgegeben auch von C. G. Richter, Leipz. 1779. 2 Bände), J.
0. Graevius (Amsterdam 1677. 1693. und sonst, 2 Bde.), J. A. Bengel (Stuttg.
i719), Cellarius und Corte (Leipz. 1771 und sonst), T. F. Benedict (Leipz.
1790-1795. 2 Bde.), J. C. F. Wetzel (Liegnitz 1794), J. A. Martyni Laguna
{Vol. I. Lips. 1794. 4. Anfang des Commentars in Jahn's Archiv 1833.
U. S. 249 ff. 365 ff. und mit Petri Victorii curae tertiae in Epp. ad Famm.
11. herausgegeben von Orelli, Zürich 1840. 4.). C. E. C. Schneider, de cod.
M»d. Epp. Cic. ad Famm. auctoritate, Breslau 1832. 4. und ludicium de
Cic. Ep. ad Fam. V, 12 (Breslau 1837. 4.). Kleijn, Obss. critt. in Cic
Ei>p. ad Fam., Lugd. Bat. 1860.
6. Die nicht von Cicero herrührenden Briefe (Clarorum virorum epist.
etc.) mit Comm. von B. Weiske (Lips. 1792). Die Familienbriefe (ad suos)
von F. Miesberg, Glogau 1839. Ep. ad L. Lucceium ed. ill. C. H. Frot-
scher, Annaberg 1838. R. Jacobs, ad Cic. Epp. ad Fam. librum XIII,
Jahn's Jahrb. 85, S. 732 — 734. J. Müller, Beiträge zur Kritik und Erkl.
der Br. Cic. an P. Lentulus, Insbruck 1862. Oudendorpii scholia in se-
lectas Epp. ad Fam. ed. J. A. Liebmann (Lips. 1839). M. Caelii Rufi et
M. Tullii Ciceronis Epp. mutuae ed. W. H. D. Suringar, Lugd. Bat. 1845.
B. Nake, der Briefwechsel zw. Cic. u. Caelius, Jahns Jahrbb. 89, S. 60—68,
278 Ciceronische Zeit. Erste Hälfte, 671—691.
und De M. Caeli Riifi epist. libro, in der Symb. philol. Bonn. p. 373—
B. Nake, de Planci et Cic. epistnlis, Berlin 1866. 4.
^ 2) Ad Atticum, gleichfalls 16 Bücher, mit dem J.
d. St. beginnend und einige Monate vor Cicero's Tod aufhön
zum Theil mit dem Werthe von Selbstgesprächen und ofl
einer nur dem Empfänger verständlichen andeutenden 1
drucksweise. Auch hier lässt die Ordnung viel zu wünsc
übrig. Die VeröfiFentlichimg (ohne die entsprechenden Bi
des Atticus) erfolgte ohne Zweifel erst nach dem Tode
Adressaten, aber auf seine Veranlassung.
1. Cic. ad Att. Vni, 14, 2: ego tecum tanquani mecum loquor.
2. Den Anfang bestimmt Com. Nep. Att. 16, 3 ungenau: XVI
Ildes. XI) Volumina epistolarum ab consulatu eius (des Cic.) usque ac
tremum tempus ad Atticum missarum; Charakteristik der Correspon
ib. 16, 4. Die Briefe aus den letzten Monaten Cicero's sind vielleicht
Rücksichten auf Octavian unterdrückt (vgl. Nake, bist. crit. p 17, n.
Aus der gleichen ängstlichen Vorsicht sind die Briefe des Atticus we
lassen, obwohl sie zimi Verständnisa der ciceronischen oft unentbeh
sind und Cicero sie sorgfältig aufbewahrt hatte (ad Att. IX, 10, 4 ff.),
derselben Eigenschaft des Atticus erklärt sich die Zurückhaltung
Sammlung bis nach dem Tode des Empfängers (J. 722), was aus (
Nep. 1. 1. erhellt, üebrigens sind Theile der Sammlung verloren g€
gen; z. B. Sen. de brev. vit. 5 citiert aus quadam ad Att. epistola
Stelle die sich im heutigen Texte nicht findet.
3. Ausgaben von P. Manutius (Venet. 1547 und oft), P. Victorius
renz 1571), J. G. Graevius (Amsterd. 1684. 1693. 1727. 2 Bde.), J. (
Boot (rec. et adn. ill., Amsterdam 1865 f. 2 Bde.).
4. Dass die beiden angeblichen Handschrifken des Sim. Bosius
Cicero's Briefen an Atticus (Crusellinus und Decurtatus) nicht existiert
ben und seine Angaben über ihre Lesarten erdichtet sind, wie auch i
Angaben über den Turnesianus, soweit sie nicht durch Lambin best
werden, Misstrauen verdienen, hat M. Haupt nachgewiesen, vor dem
liner Sommerkatalog 1855. D. Detlefsen, in Fleckeisens Jahrb. für <
Philol. Suppl. III, 1. S. 111 — 131. (Leipzig 1857). Fr. Hofmann, dei
tische Apparat zu Cicero's Briefen an Atticus geprüft. Berlin 1863. .
vgl. oben 170, 5.
3) Ad Quin tum fratrem, 3 Bücher, aus den J. 6£
700. Ohne Zweifel ist nie mehr herausgegeben worden.
1 . Ueber Blattversetzungeu in dieser Sammlung (und theilweise ii
ad Att) s. Th. Mommsen in der Zeitechr. f. Alt.-Wiss. 1844. Nr. 75 ff.
1845. Nr. 98 f, Orelli p. LXVUI seiner zweiten Ausgabe.
2. Herausgegeben von J. Hoffa (Heidelb. 1843), imd mit ad Brut
P. Manutius (Frankfurt 1580 und sonst), Yalerius Palerm. (Hagae <
1725).
Cicero 8 Briefe. 279
3. £p. I, 1 — mit der Ausdehnung und Feile einer Abhandlung (über
ProTinzialverwaltung) — besonders herausgegeben von J. Facciolati, Pa-
dna 1738.
4) Briefwechsel zwischen M. Brutus und Cicero, zwei Bü-
cher, deren einzelne Stücke in grosser Unordnung stehen.
1. Die Briefe des zweiten Buchs beziehen sich auf die Zeit vor der
Schlacht bei Mutina ^ die des ersten auf die nach derselben. Im ersten
Buch steht das Trostschreiben über den Tod der Porcia (I, 9) vor der
Nadiricht von ihrem Kranksein (I, 17, 7). I, 11 wird von Antistiuft Vetus
nach Eom gebracht, welcher I, 9, 3 schon dort ist, u. dgl.
2. Das zweite Buch wurde erst nach dem ersten (in Deutschland) auf-
gefunden und von Cratander herausgegeben; eine Handschrift desselben
ist nicht bekannt.
3. Plut. Brut. 53: to imatohov (Bqovtov), ilichQ aga z^v yvrja^oDV
Uxi. Die Ünechtheit beider Bücher hat zuerst Tunstall behauptet (Cam-
bridge 1741, imd Observations on the present coUection etc., Lond. 1744),
dann besonders Markland (Remarks on the epistles etc., Lond. 1745), auch
F. S. Huldrich (de fide et auctoritate Epp. Cic. et Bruti, Zürich 1797. 4.),
wogegen ihre Echtheit an Middleton (Lond. 1743) und neuerdings an K.
ft. Hermann warme Vertheidiger fand; vgl. des Letzteren Vindiciae lati-
nitatis Epp. Cic. ad Br., Gotting. 1844. 4.; Göttinger gel. Anzeig. 1844. St.
195 f. 1845. St. 96 f. S. 961—981; Zur Rechtfertigung der Echtheit des
ßriefw. u. s. w., Göttmgen 1845 (Abhandl. der Gott. Ges. d. Wiss. II. S.
189 ff. III. S. 143 ff.); Vindiciarum Brutianarum epimetrum, Götti. 1845. 4.
Gegen ihn vgl. A. W. Zumpt, de Cic. et Brati mutuis epp. quae vulgo
feruntur, Berlin 1845. 4. Berl. Jahrb. 1845. II. Nr. 91—94. Orelli (adn.
zn p. 755 u. 775) meint, B. I sei aus der Zeit des Augustus, B. II aus
dem löten Jahrh. Aehnlich Niebuhr, Vorles. über röm. Gesch. von Schmitz
U- p. 105 f ; und Fr. Hofmann, a. a. 0. S. 3 f glaubt, beim ersten Buche
Bei die Echtheit möglich, beim zweiten unwahrscheinlich. Nipperdey
(Abhandl. der sächs. Ges. d. Wiss. 1865, S. 71, A. 15) behauptet die
ünechtheit nur der beiden Schmilhbriefe gegen Octavian, Ep. I^ 16 u. 17.
In der That ist das was man gegen die Sammlung geltend gemacht hat
von wenig Erheblichkeit, besonders die Widersprüche der vertraulichen
Urteile Cicero's über Personen mit seinen öffentlichen, oder mit Aeusser-
angen zu anderer Zeit. De^r schlichte Charakter dieser Briefe, ohne rhe-
torische Geblähtheit, sieht nicht nach Fälschung aus, stimmt vielmehr ganz
2B Brutus' attischer Richtung. Vgl. unten 199, 1. Dass sie eine Auswahl
ais der grösseren Sammlung sind macht das Citat bei Non. Marc. p. 286
'Ep. ad Brut. IX = ad Brut. I, 1) wahrscheinlich.
5) Sicher ist die Ünechtheit des Briefes adOctavianum,
'welcher im Mediceus zwischen den Briefen ad Quintum fratrem
Qöd denen ad Atticum in der Mitte steht.
Anderes ist so augenscheinlich spätes Machwerk dass es mit Recht
aoB den neueren Aasgaben der Briefe weggeblieben ist. Vgl. auch R.
Hercher, Philologus IX. S. 592.
280 Ciceronische Zeit. Erste Hälfte, 671—691.
172. Die philosophischen Studien betrieb Cicero ur-
sprünglich als Mittel zu seiner rednerischen Ausbildung, Und
erst in seinen letzten Jahren , als er in seiner staatsmänni-
schen und rednerischen Thätigkeit sich gehemmt sah, schrieb
er, um sich zu beschäftigen und zu vergessen, in kurzer Zeit
eine Menge von Büchern philosophischen Inhalts. Er gibt
darin seine griechischen Quellen in freier, unmethodischer Weise
wieder, aber unter zahlreichen Missverständnissen, wie er z. B.
häufig die Akademiker und die Peripatetiker verwechselt. Seine
Quellenstudien erstrecken sich vorzugsweise auf neuere grie-
chische Philosophen; von Piaton aber und vollends Aristoteles
hat er nur ungenügende Kenntniss. Die schwierigen Probleme
Hess er bei Seite, und präcise scharfe Definitionen sind ihm
fast antipathisch. Zu den verschiedenen Systemen verhielt ei
sich eklektisch. Am meisten sprach ihn das Probabilitätssystem
der neueren Akademiker an wegen seiner Brauchbarkeit für den
Advokaten, so wie auf dem Gebiete der Ethik der stoische Idea-
lismus, dessen Schroflfheiten Cicero aber wegliess, wogegen er
von der laxen Moral und dem trägen Indifierentismus der Epi-
kureer sich abgestossen fühlte. Erheblicher als der materielle
Werth dieser Schriften ist der formale Nutzen welchen Cicero
gestiftet hat, indem er zuerst unter den Römern philosophische
Gegenstände in der Muttersprache auf fassliche und geschmack-
volle Weise behandelte und so den Römern Schöpfer einer phi-
losophischen Sprache wurde. Die Form seiner philosophischen
Schriften ist meist die dialogische, aber etwas eintönig und
ohne rechten Ernst durchgeführt.
1. Paradox, prooem. 2: nos ea philosophia plus utimur quae peperit
dicendi copiam et in qua dicuntur ea quae non multum discrepent ab
opinione populari. Vgl. Brut. 43, 161. 91, 315. 93, 322_ Tusc. IV, 4 in. V,
29, 82. D. N. I, 3—5.
2. ad Att. XU, 52 extr.: dices, qui talia conscribis? 'JnoyQccfpa sunt,
minore labore fiunt; verba tantum affero, quibus abundo; vgl. Farn. XIII,
63 in. Die Zuthat seines eigenen Urteiles und Geschmackes hebt er her-
vor in der öffentlichen Aeusserung de finn. I, 2, 6. 3, 7. off. I, 2, 6.
3. MisBverständniss über das Wesen der platonischen Ideen im Orat.
2, 7 — 10. In Bezug auf Aristoteles' nikomachische Ethik heisst es de fin.
V, 5, 12: quare teneamus Aristotelem et eius filium Nicomachum, cuius
accurate scripti de moribus libri dicuntur illi quidem esse Aristo telis, sed
non Video cur non potuerit patris similis esse filius, eine Aeusserung welche
es zweifelhaft macht ob Cicero je dieses Werk selber gesehen hat, s. Mad-
vig's Excurs. ad 1. Anderes s. Brut. 31, 120. 40, 149. de fin. V, 3. 6 extr.
I
Cicero's philosophische Schriften. 281
8,^1 (antiquis, quos eosdem Academicos et Peripateticos nominamns), 23
extr. and oft.
4. Literatur, ausser anderem Aelterem: Brucker, hist. crit. phil. T. IT.
p. 33flP. J. G. Zierlein, de philosophia Cic, Halle 1779. 4. Meiners, Verm.
Schriften I. p. 274 flf. H. C. F. Hülsemann, de indole philosophica Cic,
*Lüneb. 1799. 4. Ciceronis hist. philosophiae antiquae etc., collegit Fr. Ge-
dicke, Berl. 1815. Herbart, über die Philosophie des Cic, in dessen kl.
philos. Schrr. (Leipz. 1842) I, 11. E. Kühner, Cic in philosophiam merita,
Hamb. 1825. Guiard, de Cic philosophi in cives suos meritis, Landsberg
1832. 4. Ritter und Preller, hist. philosophiae graeco-romanae (Hamburg
1838) p. 416—433. Krische, Forschungen auf d. Gebiete d. alten Philoso-
phie, Götting. 1840. J. A. C. van Heusde, Cic. (pLlonXdtcaVj Utrecht 1836.
H. Ritter, Gesch. d. Philosophie IV. S. 103 ff. Drumann VI. S. 650—677.
E. Zeller, Philosophie der Griechen III, 1. S. 574—593. Baumhauer, de
Aristotelia vi in Cic scriptis, Utrecht 1841. Ritter, über Cicero's Bekannt-
schaft mit aristotel. Philosophie, Zerbst 1846. 4. Leglay, Cic. philosophiae
historicus, 1846. Eleemanu, Cicero's Leistungen in der Philosophie und
seine Verdienste um dieselbe, 1851. C. Cromo, quid Graecis Cicero in phi-
lowphia, quid sibi debuerit, Düsseldorf 1855. 4. Burmeister, Cicero als
Xenakademiker, Oldenburg 1860. W. Thomas, de Aristotelis i^mzsgi'KOi^
i^yois deque Ciceronis Aristotelio more, Göttingen 1860. Bernhardt, de
Cic. graecae philosophiae interprete, Berlin 1865. 4.
5. Die Gesammtausgaben der philosophischen Schriften Cicero's von
J. Davis (Cambridge 1736 ff. 6 Bände; ed. Rath, Halle 1804—1820) und J.
A. Görenz (Leipz. 1809 — 1813. 3 Bände) sind unvollendet geblieben. In
Orelli's Cicero bilden sie Vol. IV.
6. L. Vaucher, in Cic. libros philosophicos curae criticae. I. Lau-
Banne 1864.
173. Eine Aufzählung seiner philosophischen Schriften gibt
Cicero selbst, de divin. 11 , 1. Die erhaltenen sind nach der
Zeit ihrer Abfassung folgende:
1) De republica, den üebergang bildend aus Cicero's
praktischer Wirksamkeit, verfasst im J. 700 ff. und vor seiner
Abreise nach Kilikien (J. 703) herausgegeben, in sechs Büchern,
von denen aber kaum ein Drittel auf uns gekommen ist.
1. Cic. de div. 11, 1, 3: his libris adnumerandi sunt sex de rep., quos
tum scripsimus cum gubemacula reip. tenebamus. Vgl. ad Fam. VIII, 1
^r. Att V, 12, 2. VI, 1, 8. de legg. III, 2, 4. Tusc IV, 1, 1.
2- Die Entstehungsgeschichte des Werkes können -wir aus Cicero's
Briefen verfolgen. Den ursprunglichen Plan, nur Verstorbene redend einzu-
bohren, änderte Cic auf das Zureden des Cn. Sallustius dahin ab dass er
darin selbst mit seinem Bruder das Wort führte, kehrte aber bald wieder
2a der ursprüngb'chen Anlage zurück, verlegte die Scene ins J. 625 d. St.
'Mid machte zu Sprechern den jüngeren Africanus, Laelius u. A. Vgl. ad
H^ fr. III, 5 und 6, 1 f. Richarz , de politicorum Cic. librr. tempore na-
282 Ciceronische Zeit. Erste Hälfte, 67 i— 691.
tali, Würzb. 1829. 4. Die Form ist ein Versuch die platonischen Dialoge
nachzuahmen. Vgl. Drumann VI. S. 83—87.
3. Cicero hat für das Werk besonders Piaton und Aristoteles, abei
auch PolybiuB, Theophrast u. A. benutzt und seine eigenen politischei
Erfahrungen darin niedergelegt, lüf. S. Gratama, de Cic. de rep. et de
legg. libris diss. iuridica, Groningen 1827. J. v. Persyn, de politica Cic
doctrina in libris de rep., Amsterd. 1827. E. S. Zachariä, staatswiss. Be
trachtungen über Cicero's Bücher vom Staat, Heidelberg 1823.
4. Ein Theil des sechsten Buchs, der Traum des Scipio, ist durch Ma
crobius' Commentariorum in Somnium Scipionis libri duo aufbehalten
Gernhard, de Cic. Somn. Scip., Weimar 1834 f. mid in dessen Opuscc. latt
p. 373 ff. Eine alte griechische Uebersetzung davon (von Plauudes) s. be
C. P. Hess, Cic. Cato etc. ex gr. interpr. , Halle 1832. p. 70 ff., auch her
ausgegeben von Brüggemann, Couitz 1840. 4.
5. Das Meiste hat A. Mai in einem vaticanischen Palimpsest entdecki
und herausgegeben (Rom 1822. 4. und Stuttg. 1822. 8.; auch in Class
auct., Rom 1828. I. p. 1 — 386. imd abermals Rom 1846), nach ihm C. G
Schütz (Leipz. 1823), F. Steinacker (Leipz. 1823), C. F. Heinrich (Boni
1823), G. H. Moser (Frankf. 1826), C. Zell (Stuttg. 1827), F. Osann (Götti
1847). G N. du Rieu, Schedae Vaticanae, in quibus retractatur palim
psestus TuUianus de rep. (Lugd. Bat. 1860) p. 1 — 126 und dazu Giraud
S^ances de Tacad. des sc. mor. et pol. 1861, Februar und März (Philolo
gus XVIII. S. 669 f.). In Ürelirs zweiter Ausgabe IV. p. 759—853. 925 f
— Uebersetzt von G. H. Moser (in der Metzler'schen Sammlung, Rom
Pros. 22 f.). Villemain, la R^p. de Cic. traduite . . avec un discours pre
liminaire etc. Paris 1858.
2) De legibus, angefangen wohl im J. 702 f., unmittelbar
nach der Beendigung des vorigen Werkes, um seiner Politeia
nun auch Nomoi von sich an die Seite zu geben, wieder auf-
genommen J. 708, aber nicht zu Ende geführt und auch von
Cicero selbst nicht mehr herausgegeben ; wenigstens erwähnt er
desselben weder in seinen Briefen noch sonst jemals. Es be-
stand wohl ursprünglich aus sechs Büchern, auf uns gekommen
sind aber nur drei, nebst einigen Bruchstücken des Weiteren.
Auch das Erhaltene hat Lücken; und hätte Cicero das Werk
selbst herausgegeben, so würde er ohne Zweifel aus seinem Vor-
rathe von Vorreden eine hinzugefügt haben, während jetzt das-
selbe sogleich dialogisch beginnt. Das erste Buch, eine Art
Naturrecht enthaltend, ist mit Sorgfalt ausgearbeitet, leidet
aber an Oberflächlichkeit und Unklarheit der Begriffe; im Spä-
teren dagegen ist Vieles nur Entwurf und Skizze. Als Quelle
scheint neben Piaton besonders Chrysippos gedient zu haben;
auch in der dialogischen Form wurde wieder Piaton nachzuah-
men versucht; doch nimmt Cicero fortwährend auf die concreten
\
«
Cicero's philosophische Schriften. 283
Verhältnisse Roms ganz besondere Ki\cksicht. Das zweite Buch
handelt vom Entwerfen der Gesetze und dem ius sacrum und
bildet vielfach mit Glück die Sprache der alten Gesetze nach*,
das dritte de magistratibus; das vierte sollte handeln de pote-
statum iure, das fünfte vielleicht de iure publico, und das
sechste de iure civili.
1. Auf das J. 702 (als Zeit des Anfangens) fuhren auch die Zeitan-
spielungen (z. B. Augurat des Cic, s. II, 13, 32; Tod des Clodius, ib. 17,
42), wiewohl nicht mit voller Sicherheit, da sie auch blos der Einkleidung
angehören können. Damals aber wurde das Werk nicht Vollendet (Unter-
brechung durch die kilikische Verwaltung und dann die Bürgerkriege);
vgl. Brut. 5, 19: ut illos de rep. libros edidisti nihil a te sane accepimus,
und Tusc. IV, 1, 1 wird wohl die Schrift de rep. erwähnt, nicht aber de
legibus. Wiederaufnahme 708, s. Farn. IX, 2, 5: modo nobis stet . . et scri-
bere et legere nokixBiag et, si minus in curia atque in foro, at in litteris
et libris . . navare remp. et de moribus ac legibus quaerere. Aber auch
jetzt blieb das Werk liegen, vielleicht in Folge des zunehmenden Interes-
868 fiir systematische Philosophie oder überhaupt wegen anderer literari-
«ber Plane und Arbeiten. Fehlen einer Vorrede gegen den Grundsatz in
singulie Ubris utor prooemiis, ad Att. IV, 6, 2, vgl. XVI, 6. — Für die
ursprüngliche Erstreckung auf sechs Bücher spricht theils die Analogie
^er Schrift de rep. theils das Citat bei Macrob. Sat. VI, 4, 8: Cicero in
qmnto de legibus.
2. Ueber dfe Abfassungszeit s. ausser den Prolegg. der verschiedenen
Ausgaben C. Peter in seiner Ausgabe des Brutus (1839) p. 264—270. Horr-
^^ann, de tempore quo Cic. libros de legg. scripsisse videatur, Detmold
l^^ö. 4. Im Allgemeinen Th. Kelch, comm. de legg. Cic, Elbing 1826. 4.
^- F. Feldhügel, über Cicero's Bücher de legg., Zeitz 1841. 4. Drumann
^I. S. 104—107. Kritische Beiträge von A. W. F. Krause (Deutsch-Kro^e
1^2. 4. und in Jahn's Archiv XV. p. 234—239), C. Halm (Jahn's Jahrb.
"9, S. 759—778), J. Vahlen (Zeitschrift für Ostreich. Gymn. 1860, S. 1—32.
'861. S. 19—24), Reifferscheid (Rhein. Mus. XVII. S. 269-296), A. Baum-
stark (Philologus XIX. S. 633—649).
3. Ausgaben von J. Davis (Cambridge 1727. 1745, wiederherausgege-
ben von R. G. Rath, Halle 1818. t!, V.), J. F. Wagner (Göttingen 1804),
J. A. Görenz (Leipz. 1803), G. H. Moser und Fr. Creuzer (Frankf. 1824),
J. Bake (Lugd. Bat. 1842), C. F. Feldhügel (Zeij^^ 1852 f. 2 Voll.). In Orel-
li's zweiter Ausg. IV. p. 855 — 924. — üebersetzt von Hülsemann (Leipz.
1802), C. A. F. Seeger (in der Metzler'schen Sammlung, Rom. Pros. 29)
und A. W. Zumpt (in der Klotz'schen Uebers. der philos. Schriften, Thl. II).
3) Paradoxa, verfasst im April des J. 708, unmittelbar
nach dem Brutus, ehe noch die Kunde vom Tode des M. Cato
nach Rom gelangt war, und vor dem Orator. Wegen seines
geringen Umfanges ist das Schriftchen de div. 11, 1 nicht eigens
aufgeführt. Der Inhalt ist eine mehr rhetorische als eigentlich
284 Ciceronische Zeit. Erste Hälfte, 67i— 691.
philosophische Darstellung von sechs auffallenden Sätzen der
stoischen Lehre.
1. Aus der obigen Datierung erklären sich die Berichtigungen welche
für Parad. 2. in de fin. IV, 19, 52 und für Parad. 3. in de fin. III, 10 f.
liegen.
2. Morgenstern, Prolegg. in Cic. P., Dorpat 1819 föl. und in Seebode's
Mise, critt. I, 1. p. 386 ff. Bardili in Hauff's Philologie II, 2. S. 1 ff. Dru-
mann VI. S. 288 — 290. 0. Heine, kritische Bemerkungen zu Cic. Parad.,
Philologus X. S. 116 — 125. Detlefsen, über eine Cicerohandschrift der k.
k. Hofbibliothek, Sitzungsber. der Wiener Akad. 1855. XXI. S. 110—129.
3. Ausgaben von A. G. Gernhard (mit Cato, Leipz. 1819), J. Borgers
(Lugd. Bat. 1826. 4.), Orelli (mit Tusc, Zürich 1829), G. H. Moser (Göttm-
gen 1846); bei Orelli IV. p. 743—758 ed. II. üebersetzt von F. Banr
(Stuttgart, Metzler 1854, Class. d. Alt.), R.>Kühner (Stuttgart, Hoffmann 1864).
Griechische Uebersetzung von Dionysius Petavius (Paris 1653. und bei Hess.
Cic. Cato etc., so wie Cic. Parad. graece versa etc. ab J. Morisoto, ed.
Wensch, Halle 1841).
4) Wie Cicero mit den Paradoxen den Standpunkt des Red-
ners noch nicht verlassen hatte, so war seine Consolatio, die
nächstfolgende Schrift die man zu den philosophischen rechnen
kann, rein aus persönlichem Bedürfniss und augenblicklichen
Verhältnissen, dem Tode seiner Tochter, hervorgegangen. Sie
wurde verfasst im J. 709, unter Benutzung von Krantor's Schrift
jtsQl Ttivd'ovg und andern griechischen Werken.
1. Vgl. ad Att. XII, 14, 3. 21 extr. Tusc. I, 26 extr. III, 31, 76. IV,
29, 63. divin. II, 1, 3. 9, 22. Plin. N. H. praef. u. A.
2. Die erhaltenen Bruchstücke der Schrift bei Orelli IV, 2. p. 489 f. =
p. 989—991. ed. II. nebst Halm, Beiträge zu den ciceronischen Fragm. S.
32—35. Fr. Schneider, de Consolatione Cic. Breslau 1835. Drumann VI. S.
319 — 321. B. A. Schultz, de Ciceronis Consolatione, Greifswald 1860.
102 pp. 8. — Eine Fälschung ist M. Tullii Cic. Consolatio. Liber nunc
primum repertus et in lucem cditus. Colon. 1583. 120 pp. 8.
5) Erst in seinem Hortensius gab Cicero dann eine Vor-
rede zu den beabsichtigten eigentlichen philosophischen Schrif-
ten, um diese Art von Thätigkeit vor sich und Andern zu recht-
fertigen und womöglich dabei Nachfolger zu linden. Da aber
der Hortensius bis auf eine Anzahl Bruchstücke verloren ge-
gangen ist, so sind die Fines für uns Cicero 's erste systematisch
philosophische Schrift.
1. Cic. de div. H, 1, 1: cohortati sumus ut maxime potuimus ad phi-
losophiae Studium eo Hbro qui est inscriptus Hortensius.
2. Der Hortensius war noch im 11. Jahrhundert auf der Insel Rei-
chenau vorhanden, und noch im zwölften in einem Kloster des westhchen
^■^, ', -
Cicero*s philosophische Schriften. 285
Frankreich (in Abbatia Bevensi). Die üeberreste bei Orelli IV, 2. p. 479
-486 = IV. p. 980—987 ed. IL nebst Crecelius, in Jahn's Jahrb. 75, S. 79f.
und Halm, Beiträge u. s. w. S. 35—39. Fr. Schneider, Tremesno 1841. 4.
Drnmann VI. S. 322.
6) De finibus bonorum etmalorum, fünf Bücher, ver-
fasst in der ersten Hälfte des J. 709, unmittelbar vor den Aca-
demica, und dem Brutus gewidmet, eine Zusammenstellung der
Lehren der griechischen Schulen über das höchste Gut und
üebel, also über eine Hauptfrage der praktischen Philosophie,
wie die Academica die Hauptlehre der theoretischen Philosophie
behandeln, die Erkenntnisslehre. Eingekleidet ist das Werk in
drei Gespräche, in welchen Cicero nach der Weise des Aristo-
teles sich selbst die Hauptrolle zugetheilt hat, im Uebrigen aber
Dar Gestorbene auftreten lässt,. nämlich im ersten Gespräche
(ß. I. und n.), welches ins J. 704 gesetzt wird, den L. Man-
lius Torquatus und C. Valerius Triarius, von denen der Erstere
^ie epikureische Lehre vorträgt (B. L), die dann Cicero (B. H.)
^ Triderlegen sucht; im zweiten (B. III. IV.), ins J. 702 ge-
atzt, den M. Porcius Cato, der die stoische Lehre darlegt (B.
. -)j worauf Cicero (B. IV.) zeigt dass diese von der des An-
«Oehus aus Askalon nicht wesentlich abweiche; im dritten (B.
* -)j das sich als im J. 675 gehalten gibt^ M. Pupius Piso, der
^*^ Lehre der Akademiker und Peripatetiker darstellt, L. Tul-
"^^ Cicero u. A. Cicero's Quellen hiebei sind nicht die primä-
^^^ (namentlich nicht Aristoteles und Epikur), sondern jüngere
'^^rtreter der betrefifenden Schulen, wie Phaedrus, Chrysippus,
^^tiochus, Kameades, und der Beurteilung fehlt es an festen
^^^sichtspunkten; doch ist dieses Werk durch Sorgfalt der Dar-
^^^llung vielleicht das vorzüglichste unter den eigentlich philo- *
^ophischen Schriften des Cicero.
1. Cic. de div. II, 1,2: cum fundamentum esset plülosophiae in finibus
bonorum et malorum, perpurgatus est is locus a nobis quinque libris, ut
<luid a quoque et quid contra quemque philosophum diceretur intellegi
poaset. ad Att. XIII, 12, 3: wfpl zbX^v ovvza^ig. Vgl. ib. 19, 3 f. 21, 4.
Xll, 6, 2. de legg. I, 20. Drumann VI. S. 323 f.
2. Im Allgemeinen vgl. die Prolegg. von Görenz und Madvig u. A. *
Göring, primi-Cic. de finn. libri descriptio etc., Lübeck 1831. 4. Schnei-
der, Cod. Glogav. in C. d. f. discrep. lectio, Breslau 1841. 4. G. F. Schö-
manu, ad Cic. de fin. libri V., in s. Opusc. p. 390—401. Andere kritische
Beiträge von G. F. ünger (Philologus XX. S. 372—377. XXI. S. 481—495),
P. P. Waldenström (Annotationes, Upsala 1863), L. Vaucher (s. 172, 6),
D. Böckel (Progr. der Thurgauer Kantonsschule 1863. 4.), 0. Heine (Jahns
Jahrbb. 93, S. 245-263).
286 Cioeronische Zeit, Erste Hälfte, 671—691.
3. Ausgaben von Davis (Cambridge 1728. 1741. Oxford 1809. inRath's
Ausg. T. L), Bremi (Zürich 1798. I.), Görenz (Leipz. 1813), OreUi (mit
Acadd., Zürich 1827), Fr. Otto (Leipz. 1831), J. N. Madvig (Kopenh. 1839),
H. Alanus (Dublin 1856); bei Orelli IV. p. 75—206 ed. IL Uebersetzt von
C. V. HauiF (Tüb. 1822), G. C. Kern (in der Metzler'schen Sammlung, röm.
Pros. 118 f., neu bearbeitet von F. Baur, Class. d. Alt. 1854).
7) Academica, verfasst im J. 709, zuerst in zwei Bü-
chern, welche nach (Q. Lutatius) Catulus und (L. Licinius) Lu-
cuUus benannt waren, neben welchen in der ersten Fassung
noch Hortensius und Cicero am Gespräche Theil nahmen; bald
aber setzte Cicero an deren Stelle den Cato und M. Brutus; als
darauf Atticus schrieb, Varro nehme es übel dass Cicero ihm
noch nie eine Schrift gewidmet habe, so wurde das ganze Werk
noch einmal völlig umgearbeitet, in vier Bücher abgetheilt und
dem Varro gewidmet. In dieser zweiten Bearbeitung Hess Cicero
den Varro die Ansichten des Antiochus vortragen und führte
selbst die des Philon aus. Von der ersten Bearbeitung, welche
Atticus schon hatte abschreiben lassen als Cicero sich zu ihrer
Umschmelzung entschloss, ist das zweite Buch (LucuUus) erhal-
ten, von der zweiten (Academica posteriora) der erste Theil des
ersten Buches und einzelne Bruchstücke. Der LucuUus enthält
die (Erkenntniss-) Lehre des Antiochus und Philon, während der
Catulus die des Karneades nebst einer allgemeinen Darstellung
der alten und neuen Akademie umfasst haben mag. Der An-
fang der zweiten Bearbeitung gibt allgemeine Erörterungen und
eine üebersicht über die Geschichte der Philosophie von Sokra-
tes bis Arkesilas, den Vorgänger von Karneades und Philon.
Cicero widmete der akademischen Lehre desswegen eine beson-
dere Darstellung weil er durch dieses System überhaupt sich
am meisten angezogen fühlte, und für unsere Kenntniss dessel-
ben bildet seine Schrift, bei dem Mangel anderer, eine Hauptquelle.
1. lieber das Verhältniss der beiden Bearbeitungen s. besonders ad
Att. XIII, 13, 1: ex duobns libris contuli in quattuor. grandiores sunt
omnino quam erant illi, sed tarnen multa detracta. . . multo haec enmt
splendidiora, breviora, meliora. 16, 1: illam d'ntcdrjfiaXiirjv avvTa^iv totam
ad Varronem traduximus. primo fuit Catuli, Luculli, Hortensü. deinde . .
cosdem illos sermones ad Catonem Brutumque transtuli. ecce tuae litte-
rae de Varrone. nemini visa est aptior ^AvTioxBia ratio. Vgl. ib. 12, 3.
18. 19, 3. 5. 21, 4. 32, 3. ad Farn. IX, 8. de off. II, 2, 8. Quintil. Ilf, 6,64.
Oben 155, 2.
2. A. C. Kanitz, comm. de libr. Acc., Leipz. 1809. 4. und in Acta sera.
liips. II, 1. p. 165 — 173. Brandis im Rhein. Mus. III. S. ö43 ff. Görenz
vor seiner Ausg. Drumann VI. S. 327—330. Krische, über Cicero's Aka-
Cicero's philosophiBche Schriften. 287
demika, Göttingen 1845. E. F. HermanD, Beiträge zur Kritik von Cic.
Lucullus, im Philologus VII. S. 466 — 476. C. J. H. Engstrand, de libris
Ciceronis academicis, Upsala 1860. 32 pp. 8.
3. Ausgaben von Davis (Cambridge 1725. 1736; bei Rath T. III.), Fr.
Hülseinaun (Magdeburg 1806), Görenz (T. II. 1810), Orelli (mit de finn.,
Zürich 1827); in Orelli's Gesammtausgabe Vol. IV. p. 1—55 (Lucullus) und
p. 56—74 (Acad. post.), vgl. p. 854 ed. II. üebersetzt von G. H. Moser
(in der Metzler'scheu Sammlung, Rom. Pros. 77. 80).
8) Tusculanae disputationeS; so benannt nach Cice-
ro's Gut bei Tusculum, auf welchem die Gespräche als gehalten
dargestellt werden und auf dem sie geschrieben worden sind.
Angefangen wurden sie J. 709 und J. 710 beendigt und her-
ausgegeben, nach de finibus und vor de divinatione und de fato,
in fünf Büchern , und sind dem M. Brutus gewidmet, üeber
ihren Inhalt sagt Cicero selbst, de divin. II, 1, 2: libri Tu»cu-
lanarum disputationum res ad beate vivendum maxime necessa-
rias aperuerunt. primus enim (liber) est de contemnenda morte,
secundus de tolerando dolore, de aegritudine lenienda tertius,
^oartus de reliquis animi perturbationibus, quintus . . docet ad
beate vivendum virtutem se ipsa esse contentam. Seine Quel-
len dabei waren Piaton und die Stoiker, zum Theil auch die
Peripatetiker.
1. Cic. ad Att. XIII, 32, 2: Dicaearchi tcsqI ipvxfjg utrosque velim
^ttas et KataßacscDg. TqltcoXltitiov non invenio et epistolam eins quam
äd Arietoxenum misit. tres eos libros maxime nunc vellem; apti essent
*d id quod cogito (vgl. Tusc. 1, 11, 24). XV, 2, 4: quod prima disputatio
Tusculana te confirmat sane gaudeo. 4, 3.
2. Kühneres Prolegg. und Cic. in phil. mer. p. 111 ff. Drumann VI,
S. 347f. Emftndatipnen von A. S. Wesenberg (Viborg 1830. 1841. 1843 f.
*• Bake (Scbol. hypomn. IV.). 0. Heine, de Cic. Tusc. dispp. Halle 1854.
^' Bogen, de locis aliquot e Cic. Tusc. etc. Neuss 185G. 4. 1861. 4.
J- Schienger, Coniecturae in etc. Philologus XII. p. 280—292. H. Muther
^(1 0. Heine zu Cic. Tusc, in Jahn's Jahrb. 85, S. 491—501. J. Jeep, de
locis quibusdam Tusc. disp. quaestiones criticae, Wolfenbüttel 1865. 4.
ß- Muther, über die (rhetorische) Composition des ersten und fünften
ßichs von Cic. Tusc, Coburg 1862. 4. O. Heine, de fontibus Tusc. disp.,
Weimar 1863. 4.
3. Ausgaben von Davis (Cambridge 1709. 1723. 1730. 1738. Oxford
1^0, bei Bath T. IL), F. A. Wolf (Leipz. 1792. 1807. 1825), R. Kühner
(Jena 1829, 1835. 1846. 1853), Orelli (mit den Paradoxa, Zürich 1829), R.
^otz (Leipz. 1835. Nachträge und Berichtigungen, Leipzig 1843), G. H.
^oser (3 Bände, Hannover 1836 ff.), P. H. Tregder (Kopenh. 1841), C.
Joiirdam (Paris 1842), C. F. Süpfle (Mannheim 1845), G. Tischer (Weid-
^anu'gche Sammlung 1850 ff.; Aufl. 5, besorgt von G. Sorof, 1868), G. A.
l^och (zwei Hefte, Hannover 1854. 1857); Orelli-Baiter (IV. p. 207—368 ed.
288 Ciceronische Zeit. Erste Hälfte, 671—691.
II); M. Seyffert (emend., comment. criticos adi., Lips. 1864), 0. Heine (für
den Schulgebr. erkl., Leipzig, Teubner, 1864). Uebersetzt von F. H. Kern
in der Metzler'ßchen Sammlung, röm. Pro8. 3 — 5; umgearbeitet von F.
Baur, Stuttg. 1854, Class. d. Alt.), R. Kühner (Stuttg., HofFmann, 1855);
latein. und deutsch mit Anm. (Engelmann'sche Sammlung), Leipz. 1861.
9) Timaeus, freie Bearbeitung des 'gleichnamigen plato-
nischen Dialogs mit selbstgemachter Einkleidung^ und nach den
Academica, also J. 709 oder 710, geschrieben.
1. Priscian. XII. p. 1220 F. = p. 463, 19 f. Htz.: Cicero in Timaeo.
Wahrscheinlich sollte diese Uebersetzung einem grösseren Werke einver-
leibt werden worin Nigidius Figulus den Fythagoreismus vertreten hätte
(Hermann p. 8. 13 f.). Das erhaltene grössere Bruchstück s. bei Orelli IV,-
2. p. 495—513. = IV. p. 995-1010 ed. II.
2. Drumann VI. S. 353 f. K. F. Hermann , disp. de interpretatione
Timaei Plat. dial. a Cic. relicta, Göttingen 1842. 4.
10) De deorum natura, drei Bücher, geschrieben J. 710,
nach den Tusculanen, nachdem sie schon J. 709 begonnen
worden waren. Sie -sind gleichfalls dem M. Brutus zugeeignet.
Das Gespräch wird in die latinischeii Ferien ungefähr des J.
677 gesetzt, und C. Veliejus vertritt dabei die epikureische, Q.
Lucilius Baibus die stoische, C. Aurelius Cotta die akademische
Schule. Auch diese Schrift besteht aus Excerpten denen die
Gestalt von Dialogen gegeben ist, theilt aber auch mit den an-
dern das Verdienst die lateinische Sprache zur Darstellung, der
griechischen Gedanken bereichert' zu haben. Hauptquelle für
das erste Buch (epikureische Religionsphilosophie) war die Schrift
des Epikureers Phaedrus tvsqI &£c5v. Zur Kritik der Epikureer
benützte Cicero die Schrift des Stoikers Posidonius über diesen
Gegenstand, und für das zweite Buch (stoische Lehre) die Werke
des Kleanthes, Chrysippos, Zenon, für das dritte die Akademi-
ker Karneades und Klitomachos, also lauter späte und zum
Theil unreine Quellen. Die Darstellung ist daher manchfach
unklar, und die Kritik verfehlt oft die Hauptsache.
1. Cic. de div. II, 1, 3: quibus (Tusc.) editis tres libri'perfecti sunt de
natura deorum. ad Att. Xlll-f 39, 2: libros mihi . . mittas, et maxime
OaiÖQOv nsgl dsmv et UaXXädog. Drumann VI. S. 349 f.
2. P. van Weselen- Schölten de philosophiae Cic. loco qui est de di-
vina nat., Amsterd. 1783. 4. (Franke,) über den philosophischen Charakter
von Cicero's Büchern von d. N. d. G., Altona und Leipzig 1799. Kinder-
vater, philosophische Abhandl. über Cic. v. d. N. d. G., Leipz. 1790. A.B.
Krische, Forschungen auf dem Geb. der alten Phil. I. S. 34 ff. E. Müller,
Cic. libris de N. D. non extremam manum accessisse, Bromberg 1839. 4.
Schnitze, spec. codd. Lagomars, de n. d., Liegnitz 1847. 4.
Cicero's philoBopbisclie Schriften. 289
3. Ausgaben von J. Davis (Cambr. 1718. 1723. 1733. 1744. Oxf. 1807,
beiRathT. VI.), Kindervater (Lipa. 1796), Wideburg (Heimst. 1811), Hein-
dorf (Lips. 1815), G. H. Moser und F.-Creuzer (Lips. 1818; kleine Ausgabe
Yon Moser, Lips. 1821), C. 6. Schütz (Halae 1820), Ast (Monac. 1829), H.
Alanus (Lond. 1836), G. F. Schömann (Weidmännische Sammlung 1850 ff.
3 Aai), Orelli-Baiter IV. p. 369—480 ed. U. Kritische Beiträge von Schö-
mann (Opusc. III. p. 274—279. ^80—383), Heidtmann (zur Kritik und In-
terpretation von Cic. N. D., Neustettin 1858. 4.), I. Becker (comm. critt.,
Büdingen 1865. 4.), R. Klotz (adn. critt. P. I — III. Lips. 1867. 1868. 4.).
4. üebersetzt von J. F. v. Meyer (Frankf. 1832), G. H. Moser (in der
Metder'schen Sammlung, röm. Pros. 43 f. und Class. d. Alt. 1855), B. Küh-
ner (Stuttg., Hoffmann, Nr. 137. 142).
5. Ein missglückter Täuschungsversuch ibt : Cic. de N. D. liber quartus
etc. ed. P. Seraphinus (d. h. der nachmalige Superintendent H. H. Cludius
in Hildesheim, gest. 1835; nach Andern Ph. Marheineke), Bonn 1811.
II) Cato maior oder de seuectute^ an Atticus gerichtet,
Anfangs 710 verfasst. Das Gespräch wird ins J. 604 gesetzt,
ist aber vieknehr ein zusammenhängender Vortrag zum Lobe
in Alters, für welchen Piaton, Xenophon, Hippokrates, der
Soiker Ariston u. A. den Stoflf lieferten; daneben hat Cicero
auch auf die Zeichnung von Cato's Charakter Sorgfalt verwendet.
1. Cic. de div. H, 1, 3: interiectus est etiam nuper liber is quem ad
nostrum Atticum de senectute misimus. ad Att. XIV, 21, 3: legendus
^ saepius est Cato maior ad te missus. amariorem euim me senectua
^t. XVI, 3, 1 : idem avvtayfia misi ad te retractaüus, et quidem aQx^'
Tvvoy ipsum crebris locis inculcatum et refectum.
2. W. Richter, de laudandis et vituperandis in Cic. de sen., Guben
1803. P. J. van der Ton, C. m. explicatur et e graecis potbs. fontibus il-
lostr., Löwen 1821. 206 pp. 4. und: comm. ad quaest. de Cic. Cat., Löwen
1822. 4. Nassau, adnotatt. in libr. Cic. de sen., Groningen 1829. Dru-
mann VL S. 350 f.
3. Th. Mommsen, über eine Leydner Handschr von Cic. C. m., Mo-
natsber. der BerL Ak. 1863, S. 10—21. J. G. Sauppe, ein Rheinauer cod.
des C. m., Philologus XXI. S. 535-539. 675—679. G. Lahmeyer, zur Wür-
digung der Leydner und der zweiten Rheinauer Hds. von Cic. C. m., Phi-
lologus XXm. S. 473—481, vgl. XXI. S. 284—307. Rüdiger, zur Hand-
schriftenkunde des Cic. de sen., Berl. Zeitschr. f. Gymn. 1864, S. 798 f.
J. Mähly, zu Cic. C. m.. Neues Schweiz. Mus. VI (1866). S. 243—250.
4. Ausgaben von J. F. Wetzel (Liegnitz 1792. 1808 mit Lael.), J. A.
Götz (mit Sonm., Nümb. 1801), A. G. Gemhard (mit Parad., Lips. 1819),
P. A. Rcynders (mit Lael., Groningen 1825), F. W. Otto (Lips. 1830), R.
Klotz (Xeipz. 1831), J. B. Hutter (München 1832), J. J. de Gelder (Lugd.
Bat 1832), J. N. Madvig (Kopenh. 1835), G. Tischer (Halle 1847), J. Som-
merbrodt (Weidmännische Sammlung 1851 fP., fünf Auflagen), C. Nauck
(Berlin 1855), G. Lahmeyer (Leipz., Teubner, 2 Aufl ), G. Long (New-York
1861); Orelli IV. p. 584-611 ed. IL
Teoffel, Rüm. Liteninrgvschichtc. ^Q
290 Ciceronische Zeit. Erste Hälfte, 671 — 691.
5. Griechische üebersetzmig von Th. Gaza (bei Hess p. 3 ff.); deutsche
von Pahl (in den Metzler'schen Sammlungen), K. G. Bauer (Leipz. 1841),
F. Jacobs (in Klotzes Uebers. von Cicero's philosoph. Schriften, ThL H),
in der Engelmann'schen Sammlung, Leipzig 1860.
12) De divinatione, zwei Bücher, zur Vervollständigung
der Schrift über das Wesen der Gottheit, die Selbstoffenbarung
der Gottheit und deren Erfassung durch den Menschen behan-
delnd; im J. 710, nach dem Gato maior und nach Caesars Er-
mordung herausgegeben, eingekleidet in eine Unterredung auf
dem Tusculanum zwischen Cicero und seinem Bruder. Das
erste Buch gibt die betreffenden Lehren der Stoiker (aus Chry-
sippos Ttsgl xQTiöiLävy tvsqI [lavtLxrjg^ Diogenes, Antipater), das
zweite die Grundsätze der Akademiker über den Gegenstand
(nach Karneades, unter Benützung des Stoikers Panaetius).
Die Volks vorstelluD gen und einschlägigen politischen Institute
werden möglichst geschont, doch gibt der Augur Cicero auch
so noch manchen dankenswerthen Aufschluss; seine eigene skep-
tische Betrachtimg der Sache blickt durch die oft humoristische
Behandlungsweise sattsam hindurch.
1. Definition der divinatio I, 5, 9: earum rerum quae fortuitae putan-
tur praedictio atque praesensio; vgl. Gell. N. A. IV, 11,M.
2. Tennemann, Geschichte der Philosophie V. S. 121 ff. Drumann VI.
S. 352. Höfig, Cic.^s Ansichten von der Staatsreligion, Erotoschin 1865. 4.
3. Ausgaben von Davis (Cantabr. 1721. 1730. 1740; ed. Bath, Halle
1807), J. J. Hottinger (Lips. 1793), G. H. Moser (Frankf. 1828), L. Giese
(Lips. 1829), H. Alanus (Lond. 1839); Orelli IV. p. 481-566 ed. U. üeber-
setzt von G. H. Moser (in der Metzler'schen Sammlung, Rom. Pros. 16 f.),
R. Kühner (Stuttgart, Hoffmann, 1868).
13) De f atO; Schlussstein der religionsphilosophischen Ab-
handlungen Cicero's imd gleichfalls J. 710 geschrieben. Das
Schriftchen bekämpft die Ansichten der Stoiker über die ft-
[laQfiBvri vom Standpunkte der Akademiker aus, ist aber lücken-
haft auf uns gekommen. Als Quellen werden genannt beson-
ders Chrysippos, auch Poseidonios, Klean thes, Diodoros, Kar-
neades u. A. Als Stoffsammlung hat die Schrift Werth, doch
verräth die Darstellung Flüchtigkeit; ein festes Ergebniss wird
nicht erzielt.
1. Cic. de div. U, 1, 3: quibus (de n. d. und de divin.), ut est in
animo, de fato si adiunxerimus, erit abunde satisfactum toti huic quaestioni.
de fat. 1, 2: Hirtius noster, cos. designatus . . post interitum Caesaris.
Gell. Vn (VI), 2, 16. Macrob. Sat. (H, 12 =) lU, 16, 4. Drumwm VI.
S. 363 f.
2. Ausgaben (mit de divin.) von Davis, Moser, Alan; besonders von
Cicero's philosophische Schriften, 291
J. H. Bremi (Lips. 1795). Orelli IV. p. 567—583 ed. IL — Uebersetzt von
Moser (hinter de divin.).
3. Nuovi frammenti del libro di Cicerone de fato di recente scoperti
in pergamene paHmpsestef dal Ch. Cav. L. Grisost. Ferrucci, Modena
1853. 4. Diese angebliche Entdeckung findet sich abgedruckt (S. 469—
472) und (von F. Ritschi) nach Verdienst gezüchtigt im Rhein. Mus. IX.
8.473-477. XIII. S. 163—173. Vgl. auch F. W. Schneidewin, Göttinger
gel Anz. 1853, S. 1917 — 1926. G. Linker, Zeitschrift für die Ostreich.
Gymn. V. (1854.) S. 81—84. 423—425. H. Alanus, in fragmenta libri Cic.
de f. quae nuper Modenae edita sunt observationes, Dublin 1854.
14) Laelius oder de amicitia, dem Atticus zugeeignet,
nach dem Cato maior und vor dem Werk über die Pflichten,
ebenfalls noch im J. 710 geschrieben. Der Dialog wird ge-
führt von dem jüngeren Laelius und dessen Schwiegersöhnen
C. Fannius Strabo und Q. Mucius Scaevola und zu dem eben
(J. 625 d. St.) erfolgten Tode des Freundes von Laelius, des
jüngeren Africanus, in Beziehung gesetzt. Benützt ist dabei
vornehmlich Theophrast's Schrift über den Gegenstand, auch
Qirysippos und die Ethik des Aristoteles. Die logische An-
^ hat Mängel, sonst ist aber die Ausführung lebendig und
praktisch.
1. Cic. off. II, 9, 31: de amicitia alio Hbro dictum est. Gell. XVII,
&) 1: Cicero in dialogo cui titulus est Laelius vel de amicitia. ib. I, 3, 10:
eam librum (des llieophrast wsqI (piUag) M. Cicero videtur legisse cum
ipse qnoque librum de amicitia componeret.
2. Oemhard, quaedam ad recognoscenda ea quae Cic. in Lael. disp.
perünentia, Weimar 1823. 4. (Opusc. p. 323 ff.). Vogel, collatio trium
codd. mss. Cic. de am. Monacensium, Zweibrücken 1839. 4. 0. F. Kleine,
Adnott. in Cic. Cat. mai. et Laelium, Wetzlar 18ö5. 10 pp. 4. C. E.
l*atBche, über einige Stellen u. s. w. Philologus XII. S. 293—301. Th.
Mommsen, de Laelii Cic. codice Didotiano (saec. IX— X), Rhein. Mus. XVIII.
p. 694— 601.
3. Ausgaben von Wetzel (mit Cato, s.'S. 289), J. G. Lenz (Hildburgh.
1778), A. ö. Gemhard (Lips. 1825), C. Beier (Lips. 1828), J. B. Hutter
(Angab. 1833), B. Klotz (Lips. 1833), M. Seyffert (Brandenb. 1844 f. 2 Ab-
theü.), C. W. Nauck (Weidmännische Sanmilung 1852 ff., Aufl. 5. 1867), G.
Lahmeyer (Leipzig, Teubner 1861); OreUi IV. p. 612—640 ed. II.
4. Uebersetzungen von Pahl (in den Metzler'schen Sammlungen), A. A.
Schreiber und G. F. W. Grosse (Halle 1827), F. K. v. Strombeck (Braun-
schweig 1827, mit den übrigen sogen, kleinen Schriften), in der Engel-
mann^schen Sammlung (Leipz. 1854). Griech. Uebers. von Dionysius Pe-
tavius bei Hess (Halle 1833) p. 99 ff.
15) De gloria, zwei Bücher, Ende Juli des J. 710 fertig
gemacht.
19*
^2 Ciceronisehe Zeit. Erste HBifte, 671—691.
1. Cic. de o£E. n, 9, 31: nunc dilDamus de gloria, qnamquam ea quoqne
de re duo sunt nostri libri. Vgl. ad Att. XV, 27, 2. XVI, 2, 6. 6, 4. Gell
XV, 6, 1. Drumann VI. S. 355 f. Fr. Schneider, Meletemata in Cic. de
gl. libroß, Ztachr. f. d. Alt.-Wiss. 1839, Nr. 28 f.
2. Noch Petrarca las die Schrift (Epist. XV, 1), und Gelehrte des
fünfzehnten Jahrhunderts (wie Franc. Philelphus und P. Alcjonius) wurden
beschuldigt dieselbe für eigene Schriften benützt und dann verbrannt zu
haben, s. Hand bei Ersch u. Gruber I, 17. S. 238. Die Bruchstücke s. bei
Orelli IV, 2. p. 487 f. == IV. p. 988 f. ed. IL
16) De officiis, in drei Büchern, von Cicero an seinen
Sohn gerichtet. Auch diese Schrift ist in der unfreiwilligen
Müsse verfasst welche M. Antonius dem Cicero nach Caesars Tod
im J. 710 yerschaffbe und, wie die andern aus dieser Zeit, sehr
rasch auf das Papier geworfen. Als Hauptquelle dienten dabei
die Stoiker, besonders Panaitios in den zwei ersten Büchern,
im dritten Poseidonios, ausserdem Diogenes aus Babylon, Anti-
pater aus Tyrus, Hekaton, ferner Piaton und Aristoteles. Ge-
würzt und belebt hat Cicero seine Darstellung durch zahlreiche
Beispiele aus der römischen Geschichte, aber auch dadurch Un-
gleichheit in die Behandlung gebracht. Der sittliche Stand-
punkt ist der eines praktischen PoUtikers und erhebt sich schon
darum wenig über die conventionellen römischen Begriffe.
1. Oft. I, 2, 6: sequimur . . potissimum Stoicos, non ut interpretes,
sed, ut BolemuB, e fontibus eorum iudicio arbitrioque nostro quantum quo-
que modo videbitur hauriemus. Vgl. II, 24, 86. III, 2, 7. 12, 61 f. 15, 63.
28, 89. 91. ad Att. XV, 13, 6: nos hie (piXocotpoviitv (quid enim aliud?)
et Tff nsgl tov 'iia9'i]%ovtog magnifice explicamus nffogfpaivoviispque Ci-
ceroni. XVI, 11, 4: tcc tcsqI tov %ad'i]tLovTog, quatenus Panaetius, absolvi
duobuB. illius tres sunt. . . eum locum Posidonius persecutus. ego au-
tem et eius librum arcesaivi et ad Athenodorum Calvum scripsi ut ad me
td Hstpalaia mitteret. Qell. XIII, 28 (27), 1.
2. Garve, philosophische Anmerk. und Abhandl. (6. Aufl., Breslau
1819). Bardili, .Briefe über Cicero's Bücher von den Pflichten, in Hauff^s
Philologie I, 2. 8. 1—39. 3. S. 41—64. U, 1. S. 26—66. R. Q. Rath, Cic.
de off. in brevi conspectu, Halle 1803. Fr. Binkes, de analysi et consti-
tutione doctrinae in etc., Lugd. Bat. 1819. Lilie, de stoicorum philosophia
morali, ad Cic. librr. de off., Alt. 1800. Thorbecke, prindpium phüoso«
phiae mor. e Cic. opp. phil. exp., Lugd. Bat. 1817. J. F Sachse, de libror,
Cic. etc. indole atque proposito, QuedUnb. 1826. 4. R. Kühner, Cic. m(
p. 108 ff. Drumann VI. S. 367—369. Grysar, Prolegg. ad Cic. libr. de ol
Köln 1844. 4. Dahlbäck, de Off. Cic. comm., Upsala 1860. A. De^jar«
les Devoirs, essai sur la morale de Clodron, Paris 1866.
3. Kritische Beiträge von J. Heller (Philologus XH. p. 302—316),
Sauppe (Coniect. Tüll., Gott. 1867. 4.), G. F. ünger (Phüologus Suppl. IILJ
3—106), W. Maler (nounulli loci ex . . tractantur, s. L et a. Carlsr. 18(
Cicero's philosophieche Schriften. 293
4. Ausgaben von J. 6. Graevius (Amsierd. 1688. 1710. Neapel 1771.
Graevii scholia in Cic. ofP. prim. ed. Böther, Wittenberg 1824), J. Faccio-
lafci (Padua 17-20. Yened. 1747, wie Graevius mit den kleinen Schriften),
J. F. Heuainger (Braunschw. 1783; repet. suisq. animadvss. auxit C. Th.
Zumpt, Braunschw. 1838), J. F. Degen (Berl. 1800. 1820. 1825; 4. Ausg.,
imgearb. von E. Bonneil, Berl. 1848), A. G. Gernhard (Lips. 1811), C. Beier
(Lips. 1820 f. 2 Bde. nebst Indd., Lips. 1831), G. Olshausen (Schlesw. 1823),
ß. Stürenburg (Lips. 1834. 1843), C. G Zumpt (kleinere Ausgabe, Braun-
schweig 1837. 1849), 0. Bredberg (Kopenh. 1839), C. Wordsworth (London
mi), H. Alanos (Dublin 1841), G. F. W. Lund (Kopenh. 1849), G. F. Un-
ger (Leipzig 1852\ J. v. Gruber (Leipzig, Teubner 1856. 1866), 0. Heine
(Berlin, Weidmann, 1857 fF. 3 Aufl.); Orelli IV. p. 641—742 ed. II.
6. Uebersetzungen von J. J. Hottinger (Zürich 1820), G. G. üebelen
(Stuttg., Metzler 1834, Rom. Pros. 88 92; umgearbeitet von F.Baur, 1856,
CL d. Alt.), R. Kühner (Stuttg., Hofiftnann, 1859).
17) De virtutibus, wegen der Verwandtschaft des Inhal-
te wohl kurz vor oder nach der Schrift über die Pflichten, also
^eichfalls im J. 710, verfasst.
ffieron. in Zach. 1, 2. Augustin. de trin. XIV, 11. Charis. II. p. 186
P. = p. 208, '15 f. K, Orelli IV, 2. p. 492 = IV. p. 992 f. ed. IL Dru-
maim VL S. 359.
Nicht genau zu datieren sind folgende Schriften philoso-
phischen Inhalts von welchen nur Bruchstücke auf uns gekom-
mensind:
18) Uebersetzung von Xenophon's Oeconomicus, in einem
Alter von ungefähr zwanzig Jahren verfasst, in drei Büchern.
Vgl Cic. de off. U, 24, 87. de sen. 17, 59. Plin. N. H. XVIII, 25, 60.
GelL N. A. XV, 5, 8. Macrob. Sat. (II, 16 =) III, 20, 5. Serv. zu Georg.
I, 43. Hieron. apoL adv. Ruf. II. p. 227 Bas. Die Bruchstücke bei Orelli
lY, 2. p. 472—477 = IV. p. 974—979 ed. IL
19) Uebersetzung von Pia ton 's Protagoras, wohl gleich-
falls eine Jugendarbeit.
Van Heusde, Cic. (pilonXdcroov p. 92 ff. Drumann VI. S. 354, A. 74.
OrelU L L p. 477 = IV. p. 979.
20) De auguriisy aus unbekannter Zeit, jedenfalls nach
dem J. 703, wo Cicero Augur wurde, verfasst.
Nach Drumann VI. S. 352 f. im J. 710 nach der Schrift de divin. ver-
fasst Die Ueberreste bei Orelli IV. p. 980 ed. II. Charis. p. 98. 112 P.
»B 122, 22. 139, 11 K. de augurüs, vgl. aug^nrales libri bei Serv. Aen.
V, 738.
174. Auf dem Gebiete der Rechtsgelehrsamkeit, wie
auf dem der Philosophie, war Cicero nur Dilettant^ avciiu auch
294 CiceronisQhe Zeit. Erste Hälfte, 671—691.
ein unterrichteter. Er war zu sehr Redner und zu wenig ge-
schaffen für scharfe Begriffsbestimmung als dass er hier ein
dankbares Feld seiner Thätigkeit hätte finden können. Doch
verfasste er eine Schrift de iure civili in artem redigendo,
vielleicht ursprünglich dazu bestimmt das sechste Buch des
Werkes de legibus zu bilden, bei dessen NichtvoUendung aber
besonders bearbeitet.
1. ad Fam. VIT, 30, 2 verwechselt Cicero in der Definition von pro-
prius Besitz und Eigenthum. Ueber Cicero als Rechtsgelehrten s. die
Controversschriffcen von A. Schulting (Opuscc, Franeker 1708 und sonst),
Bynkershoek (Opuscc. II. p. 60), J. G. Hornemann (Lips. 1797. 4.), femer
J. L. E. Püttmann (Miscell., Lips. 1783. p. 143 ff.), F. A. van der Mark, de
meritis Cic. circa ius naturae, Groningen 1797, G. Dedel, Cic. doctrina de
iure etc. in den Annal. Acad. Gron. (Groningen 1824. 4.). Bach, hist. iuris-
prud. rom. p. 258 ff. Zimmern, Gesch. d. röm. Privatr. I, 1. S. 288 — 290.
u. A. Drumann VI. S. 644—650. Platner, de partt. Cic. rhett. quae ad
ius spectant, Marburg 1829. 4. G. de Caqueraj, Explication des passages
de droit priv^ contenus dans les oeuvres de Cicäron, Bennes 1857. XY und
601 pp. 8. A. Desjardins, de scientia civili apud Cic, Beauvais 1858.
2. Quintil. XII, 3, 10: componere aliqua de iure coeperat. GeU. I, 22,
7: M. Cicero in libro qui inscriptus est de iure civili in artem redigendo.
Vgl. was Cicero , de or. II , 33 , 142 ff. unter der Maske des Crassus (oben
139, 3) von sich sagt, besonders: est nobis pollicitus ius civile, quod nunc
diffusum et dissipatum esset, in certa genera coacturum et ad artem fa-
cilem redacturum. H. E. Dirksen in den Abhandl. der Berl. Akad. (histor.-
philol. Classe) von 1842 (Berlin 1844). S. 177 ff. Drumann VI. S. 107 f.
Orelli IV. p. 979 f. ed. IL
175* Auch als Geschichtschreiber war Cicero thätig^
und de legg. I, 2 f. (vgl. de or. 11, 12 — 15) gibt er eine scharfe
Charakteristik der ganzen bisherigen Geschichtschreibung und
die Andeutung dass er der Mann v^äre auch auf diesem Gebiete
epochemachend aufzutreten. Ein ungewöhnliches Mass geschicht-
licher Kenntnisse besass Cicero allerdings, und seine Reden wie
philosophischen und rhetorischen Schriften (insbesondere der
Brutus) sind Zeugen davon; indessen stand ihm auch hier wieder
seine rednerische Natur und seine Unfähigkeit von der eigenen
Person abzusehen Itindernd im Wege, und manche gelegentliche
Aeussenmgen zeigen wie wenig streng er über die Aufgabe des
Geschichtschreibers dachte. Es ist wohl glaublich dass er bei
längerem Leben diesem Gebiete sich zugewandt hätte; wirklich
verfasst hat er aber nur Schriften über sein Consulat, eine
(vielleicht nie vollendete) Geheimgeschichte, und Admiranda,
was aber alles für uns verloren ist.
Cicero als Jarist und Geschichtschreiber. 295
1. Plut. Cic. 41 : diavooviABvog, mg Hystat^ xjjv ndtgiov tatogiav YQcctp^
%if^Xaßstv aal noXXa ovfifii^aL täv ill7iVi%oiv nal oXovg tovg BlQrjfiivovg
Xoyovg avxmv %al (ivd'ovg ivxccvd'a yQUifjoa etc. Comel. Nep. fragm. Guelf.:
ille (Cic.) fiiit unus qui potuerit et etiam debuerit historiam digna voce
pronontiare, quippe qui oratoriam eloquentiam rudern a maioribus acce-
ptam perpoliverit, philosophiam ante eum iucomptam latinam sua confor-
marit oratione.
2. Zwar weiss Cicero wohl primam esse historiae legem ne quid falsi
dicere audeat (de or. U, 15, 62 vgl. ib. 62—64), aber in praxi handelt er
anders. So mutet er dem Luccejus zu (ad Fam. Y, 12, 3): amori nostro
phisculum etiam quam concedit veritas largiare; und orat. 11, 37. 20, 66
(ygL 36, 124) rechnet er die historiae zum yivog intdsi%ti%6v der Beredt-
samkeit, wie wenn er keine andere Art der Geschichtschreibung kennen
würde als die der isokratiflchen Schule. Anderes s. oben 31, 5.
3. Dramann VI. S. 677—680. J. G. Linsen und S. G. Bergh, de Cic.
bistorico, Abo 1826. 4. F. Buchholtz, über Cicero's Ansicht von der Ge-
schichte, Eimomia (1802. August) S. 390-- 403. Schwegler, röm. Gesch. I.
S. 93—96. F. D. Gerlach, die röm. Geschichtschreiber S. 96 f.
4. Commentarius consulatus sui graece compositus (ad Att. I, 19,
10. U, 1 in.), im J. 694 ausgearbeitet (ad Att. 1. 1.), zu welcher Zeit sich
Cicero auch mit einer lateinischen Schrift über denselben Gegenstand be-
schäftigte (ad Att. I, 19, 10). Vgl Plut. Caes. 8. Cass. Dio XL VI, 21.
b.*AvB%doTat schon im J. 695 begonnen (ad Att. 11, 6, 2), nach Cae-
san Tode auf Atticus' Betreiben wieder aufgenommen (ad Att. XIV, 14,
5. 17, 6. XV, 2, 2. 4, 3. 13, 3. 27, 2. XVI, 2, 6) und nach seinem Tode
herausgegeben. Denn nach Dio XXXIX, 10 (vgL XL VI, 8) ist dieses ßi-
ßllov inoQQTixov identisch mit dem tiui' iavtov ßovXBviiccttov dnoXoyiöfiog
oder der ratio (Charis. I. p. 146, 31 f. K.) oder expositio consilioriim suo-
nim (Ascon. in or. in tog. cand. p. 83 Or. Augustin. contra lulian. Fe-
lag. V, 5. Orelli IV, 2. p. 491 == IV. p. 992 ed. II.). Vgl. Drumann VL
S. 360f.
6. Admiranda (Plin. N.H. XXXI, 8, 2. 28, 1), aus unbekannter Zeit.
Die üeberreste bei Orelli IV, 2. p. 493 f. = IV. p. 994 ed. 11.
7. Prisdan VI, 16, 83. p. 267, 6 Htz.: Cicero in Chorographia, mit
den Varianten ortogr., hortogr., cosmogr., chosmogr., chronogr. imd cro-
nogr. Wirklich hatte sich Cic. im J. 695 auf Atticus* Veranlassung mit
geographischen Studien beschäftigt; s. ad Att. II, 4, 1. 3. ep. 6. 7. 9 f.
12, 3. 14, 2.
8. Ausserdem andere apokryphe Schriften, wie de notis (Orelli IV. p.
993), Synonyma, eine für den dceronischen Sprachgebrauch nicht unwich-
tige Schrift eines unbekannten alten Grammatikers (OreUi IV. p. 1063 f.
W. L. Mahne, Cic. quae vulgo feruntur Synonyma ad L. Veturium secun-
dom editiones Bomanas denuo excudi curarit, Lugd. Bat. 1851. 8. und:
secundum editionem Parisinam denuo exe. cur., ib. 1851. 8.) u. A. Eine
Si^ramlnng vou Cicero's Witzcu (liber iocularis) erwähnt Quintil. VI, 3, 5.
Vm, 6, 73. VgL Klotz, Fragm. p. 295 ff. C. Halm, Beiträge S. 39.
296 Ciceronische Zeit. Erste H&lfte, 671—691.
176. Innerhalb der Poesie hat es Cicero über die Versifi-
cation nicht hinausgebracht ^ die ihm yermoge seiner ganzen
Leichtigkeit in der Form fast von selbst kam und die er auch
Anfangs nur als Stilübung betrieb. Später aber veranlasste ihn
sein brennendes Verlangen nach Lob sich selbst und seine Er-
lebnisse zum Gegenstande von Epen zu machen^ nicht zum Vor-
theile für seinen Ruf.
1. Ueber Cicero als Dichter vgl. Sen. Exe. Controv. III. praef. 8. Ben.
de ira III, 87, 5. Tac. dial. 21. Jnvenal. X, 124 f. Martial. II, 89, 3 f.
Flut. Cic. 40. Schol. Bob. p. 306 Or. Drumann VI. S. 681—684. J. P.
Jugler, de poesi Cic, Lips. 1744. 4. J. Badeu, de poetica facultate Cic,
Kopeuh. 1789 und in dessen Opuscc (Kopenhagen 1793) p. 421 ff. F. M.
Frantzen, de Cic. poeta, Abo 1800. Tan Heusde, Cic (ptXonldTav (Utrecht
1836) p. 25 ff. 34 ff. V. Faguet, de poetica Ciceronis facultate, Poitiers
1867.
2. Jugendversuche. Flut. Cic. 2: sq^vti niog ngoQ'vyLoxBqov inl nouq-
Tixifv, %ai Ti noirificcttov ixi naidog avtov diaad^STai, UovTtos riawog,
iv tstgaiiirgm nsnoirjfiivov, Juh Capitol. Gordian. 3, 2: adolescens cum
esset Gordianus . . poemata scripsit . . et quidem cuncta illa quae Cicero,
i. e. Marium (so Feter statt et de merio oder ex de merio) et Aratum et
Halcyonas (daraus wohl die zwei Hexameter bei Non. p. 65, v. praevius) et
Uxorium etNüum(CasaubonuB: Limona, s.A. 3). quae quidem ad hoc scripsit
ut Ciceronis poemata nimis anüqua Tiderentur. — Sery. zu Yerg. Ecl. I,
58: Cicero in elegeia quae TaleaMasta (Talemasta, taliamastas, talia ma-
stas, thalamasta) inscribitur: (folgt ein Hexameter). R. Unger, SubsidTO-
rum capita tria (Friedland 1864. 4.), c 1 (de Ciceronis quibusdam carmi-
nibus) will hier Cinna statt Cicero, und Halimastys statt Tamelastis lesen.
Urlichs, Eos I (1864). S. 151 schlägt vor: in elegia quae Italia maesta in-
scribitur, was er dann mit dem Epos de suis temporibus identificiert. —
Ueber das Epos Marius, aus dem J. 667, vgl ad Att. XH, 49, 1. de leg.
I, 1, 1 f. Drumann V. S. 221. Orelli IV, 2. p. 667 = IV. p. 1048. —
Ueber Cicero's metrische Uebersetzung von Aratus* ^aiv6(isva und zi^otfi^-
fisia, wovon noch namhafte Stücke erhalten sind, s. Orelli IV, 2. p. 516 —
566 =s IV. p. 1014—1033 ed. ü. G. Schulz, quaestiones criticae ad Cic.
Aratea, Neuruppin 1868. 4. Auch Abschnitte aus Homer übersetzte Cic.
metrisch; s. de fin. V, 18, 49. Orelli p. 514 f. » ioi2 f.
3. Femer führt Suet. Terent. 5. aus Cicero in Limone {Abiikov, Fra-
tum) vier Hexameter über Terenz an (vgl. Eitschl in Reifferscheid^s Sueton
p. 524); Epigramme Flin. Epp. VH, 4, 3 und Quintü. VIÜ, 6, 73.
4. Quintil. XI, 1, 24: in carminibus utinam peperdfiset (das Selbstlob
sparsamer angebracht), quae non desierunt carpere malignL Dahin ge-
hören aus dem J. 694 die drei Bücher de suo consulatu im epischen Verv-
mass S. ad Att. II, 3, 3. vgl. I, 19, 10. de div. I, 11 ff. Orelli IV, 2.
p. 568—570 = IV. p. 1048—1051. Drumann V. S. 601 f. J. Mähly, Fhi-
lologus XXV. S. 544—551. Femer das (ums J. 699) verfasste Epos über
seine Leidenszeit (de temporibus meis), gleichfalls in drei Büchern. Vgl.
ad Fam. I, 9, 23. ad Qu. fr. IH, 1, 24. II, 15, 2. 16, 5. Att. IV, 8»-, 3.
Cicero als Dichter. Q. Cicero. 297
IXnmiann VI. S. 20 f. Orelli IV. p. 1061 f. — Endlich verfasste Cicero
aach, im J. 700 d. St., ein Lobgedicht auf Cäsar; ad Qu. fr. III, 1, 11
(poSma ad Caesarem). Vgl. 4, 4. 8, 3- 9, 6 {inog ad Caesarem]. II, 15, 2,
Ob es jemals zu Ende gefuhrt wurde ist freilich mehr ab zweifelhaft. Vgl.
Dramann HI. S. 322.
6. Eine I^chung ist das Lehrgedicht Orpheus, oder de adolescente
fltadioso, angeblich von Cicero fflr seinen in Athen studierenden Sohn ver-
fertigt; s. A, Weichert, de L. Var. etc. p. 297.
6. Sammlung der dceronischen Fragmente von Andr. Patricius (fragm.
ed. illustr., Venet. 1665. 4.), Orelli, Nobbe-Klotz; F. Schneider, de Cic.
fragm., Tremesno 1844. 4. C. Halm, Beiträge zur Berichtigung und Er-
gänzung der dceron. Fragmente, München 1862. 8. (aus den Sitzungsbe-
richten der Münchner Akademie).
177. Cicero's jüngerer Bruder, Quintus (J. 652 — 711), zeigte
lebhaftes literarisches Interesse, besonders für Geschichtschrei-
bong und Poesie, und scheint seines Bruders Leichtigkeit der
Production getheilt zu haben. Er verfasste ein annalistisches
Werk sowie eine Anzahl Tragödien, wie es scheint Uebersetzun-
gen griechischer Originale. Wir haben von ihm noch das Send-
schreiben de petitione consulatus und einige Briefe.
1. Auf J. 652 als Geburtsjahr des Q. Cicero ist aus seiner Amtslauf-
bahn zu schliesseB. Aedil war er 689, Prätor 692, verwaltete 693 696
Asien, war Legat des Pompejus in Sardinien 698, des Caesar in Oallien
und Britannien 700 — 702, seines Bruders in Kilikien 703, und wurde mit
Letzterem proscribiert und sammt seinem Sohne getödtet J. 7tt; s. Dru-
mann, Gesch. Roms VI. S. 719—761. C. H. Blase, de Q. Tullii Cic. vita,
Cöln 1847. 4. A. Haakh in Pauly's Real-Enc. VI, 2. S. 2234—2240.
2. Schol. Bob. zu Cic. p. Arch. 2. p. 354 Or.: fuit enim Q. Tullius non
solnm epid verum etiam tragid carminis scriptor. Cic. ad Att. II, 16, 4
(J. 695): Q. frater . . me rogat ut Annales suos (in gebundener Form?)
emendem et edam. ad Q. fr. II, 13, 4 (J. 700): Callisthenem et Phüistum
. . in quibus te video volutatum. . . sed quod adscribis: aggrederisne ad
hidtoriam? me auctore potes. 16, 4 (J. 700): o iucundas mihi tuas de
Britannia litteras! . . te vero vnod'eaiv scribendi egregiam habere video.
qaos tu Situs, quas naturas rerum et locorum, quos mores, quas gentes,
qoas pugnas, quem vero ipsum imperatorem habesi (Also sollte es ein
Epos werden.) ego te libenter . . adiuvabo et tibi versus quos rogas . .
mittam. III, 4, 4 (J. 700): sine ulla mehercule elgavsC^ loquor, tibi istius
generis in scribendo priores partes tribuo quam mihi. lU, 5 u. 6, 7 (J.
700): quattuor tragoedias XVI diebus absolvisse cum scribas tu quidquam
ab alio mntnaris? et nXiov (? set ndd^og Usener, Rhein. Mus. XXII. S. 460)
quaeris cum Electram et Trodam (Troadem? Troilum?) scripseris? . . sed
et istas et Erigonam mihi velim mittas. ib. 1, 13: in ea (epistola) nihil
erat novi praeter Erigonam , quam si . . accepero scribam ad te quid sen-
tiam; nee dubito quin mihi placitura sit. 9, 6: ne acddat quod Erigonae
toae, cni soli Caesare imperatore iter ex Gallia tutum non fuit. Eine
298 Ciceroniscbe Zeit. Erste Hälfte, 671 — 691.
'Hgiyovri gab es z. B. von Sophokles. Cic. de fin. Y, 1, 3: tum Quintus;
. . Sophocles . ., quem scis quam admirer quamque eo delecter. ad Q.
fr. II, 16, 3 (J. 700): SwdsCnvovq Zotpo%Xiovq, quamquam a te actam fa-
bellam video esse festive, nullo modo probavi. ad Farn. XVl, 8, 2: ego
(Q.) certe singulos eius (des Euripides) versus singula altj^eiag (?) tesÜ-
monia puto.
3. Drei Briefe des Q. Cicero an Tiro, ad Farn. XVI, 8 (J. 706). 26 f.
(J. 710), und einer (ib. XYI, 16) an seinen Bruder Marens (J. 700). Sein
Sendschreiben an Letzteren, als derselbe sich J. 690 um den Consulat be-
warb, voll wohlgemeinter, aber selbstverständlicher Bathschläge, rhetorisch
gehalten und im Stile seines Bruders, nur seltener periodologisch , findet
sich gewöhnlich in den Ausgaben der Briefe des M. Cicero (z. B. von
Orelli, p. 359 — 370). Ausgaben desselben von Valerius Palermus (oben
171, 3), C. G. Schwarz (cum animadv., Altorf 1719, Nürnberg 1791), J. Hoffa
(cum lect. var., Lips. 1837). J. W. T\jdeman, in Q. Cic. de pet. cons. ad-
notatt. , Lugd. Bat. 1838 f. Mit sehr geringer Beglaubigung werden 20
Hexameter de XII signis und zwei Distichen gegen die Weiber dem Q.
Cicero zugeschrieben; sie stehen in der Anthol. lat. von Burmann III, 88.
V,41; bei Meyer Anth. lat. I. p. 16. Vgl. Orelli's Cicero IV, 2. p. 571 f.
= 1053 f. ed. IL
178. Cicero's Freigelassener und Freund, M. Tullius Tiro,
überlebte seinen Patronus lange und sorgte pietätsvoll für des-
sen Andenken, indem er dessen Leben beschrieb, Beden und
Briefe desselben herausgab, auch vielleicht seine Witzworte
sammelte. Ausserdem verfasste er selbständige Schriften ency-
clopädischen und grammatischen Inhalts und scheint sich auch
mit Dichtkunst befasst zu haben. Besonders berühmt aber ist
sein Name geworden durch die notae Tironianae.
1. Cic. ad Fam. XVI, 4, 3: innumerabilia tua sunt in me officia: do-
mestica, forensia; urbana, provincialia; in re privata, in publica; in studüs,
in litteris nostris. 17, 1: xccvdav esse meorum scriptorum soles. Vgl. ad
Att. VII, 5, 2. Gell. VI (VH), 3, 8: Tiro Tullius, M. Ciceronia libertus,
sane quidem fuit ingeuio homo eleganti et haudquaquam rerum litterar-
umque veterum indoctus, eoque ab ineunte aetate liberaUter instituto ad-
miniculatore et quasi admini&tro in studiis litterarum Cicero usus est. ib.
XIII, 9, 1. XV, 16, 2. Freigelassen wurde er J. 700 d. St. (Cic. ad Fam.
XVI, 16). J. 704 war er noch adolescens (ad Att. VI, 7 extr.). Hieronym.
zu Euseb. Chron. ad a. Abr. 2013 = Ol. 194, 1, = c. 750 d. St.: M. Tul-
lius Tiro, Ciceronis libertus, 'qui primus notas commentus est, in Puteolano
praedio (vgl. Cic. Fam. XVI, 21, 7) usque ad centesimum annum conse-
nescit. J. C. d'Engelbronner, de M. TuUio Tirone, Amsterdam 1804. 4. A.
Lion, Tironiana, in Seebode's Archiv 1824, p. 246 ff. und ed. alt., Gotting-
1846. Drumann, G. R. VI. S. 405—409. W. Teuffei iu Paulj's Beal-Enc.
VI, 2. S. 2207 f.
2. Ascon. in Milon. p. 49 Or. : ut legimus apud Tironem Ubertum Ci-
ceronis in libro Uli de vita eius. Die Tendenz der Schrifb war eine apo-
Tiro und notae Tironianae. 299
logetische. Plutarch, welcher (Cic. 41. 49) dieselbe anfährt, hat sie jeden-
falls bei einem Theile seines Biog Kinigavog benützt; s. H. Peter, Quellen
Plutarchs S. 129—136. Tac. dial. 17. Gell. IV, 10, 6. — ib. XV, 16, 2: a
Tirone . . librorum patroni sui studiosissimo. Eine auf ihn zurückgehende
Handschrift der Reden des Cic. ib. I, 7, 1 (in oratione Cic. V in Verr.,
libro spectatae fidei, Tironiana cura atque disciplina facto) u. XIII, 21, 16
(in nno atque in altero antiquissimae fidei libro Tironiano). Quintil. X, 7,
31 (oben 167, 4). Wahrscheinhch war Tiro auch der Herausgeber cicero-
nischer Briefsammlungen; s. oben 170, 3. 171, 4. Endlich galt er für den
Urheber der Sammlimg von ioci Ciceronis. Quintil. VI, 3, 6: utinam li-
bertus eins, aut aJius quisquis fuit, qui de hac re librum edidit, parcius
dictomm numero indulsissent etc. Macrob. S. II, 1, 12: liberti eius libros
qaos is de iocis patroni composuit. Schol. Bob. in Sest. p. 309 Or.: hoo
etiam dictum . . TuUius Tiro . . inter iocos Ciceronis adnumerat.
3. Gell. VI (VII), 3, 10: (Tiro) epistulam conscripsit ad Q. Axiura, fa-
miliärem patroni sui, confidenter nimis et calide, in qua sibimet visus est
orationem (des alten Cato) pro Rhodiensibus acri subtilique iudicio per-
censuisse (wahrscheinlich in maiorem gloriam patroni). X, 1, 7: quod . .
Tito TuUius . . in epistula quadam enarratius scripsit ad hunc ferme mo-
diim. XIII, 9, 2 ff. : (TuUius Tiro) libros complures de usu atque ratione
ünguae latinae, item de variis atque promiscis quaestionibus composuit.
in bis esse praecipue yidentur quos graeco titulo üavdixrag inscripsit.
ibi de his steUis . . hoc scriptum est. Charis. IL p. 186 P. = 207, 30 E. :
,noYissime** Tiro in Pandecte non recte ait dici etc. — Cic. Farn. XVI, 18,
3 (J. 709): tu (Tiro) nuUosne tecum Hbellos? an pangis aliquid Sophocleum?
&c opus appareat.
i. Suetonius (ed. Reiffer scheid p. 135 f.) und aus ihm Isidor Orig. I,
21 und eine Casseler Hdschr. der Notae Tironis et Senecae (W. Schmitz,
Symb. philol. Bonn. 8. 532) : vulgares notas Ennius primus miUe et centum
invenit. notarum usus erat ut quidquid pro contione aut in iudiciis dice-
retur Ubrarii scriberent simul astantes, divisis inter se partibus quot quis-
que Terba et quo ordine exciperet. (Vgl. Manil. Astr. IV, 197 ff. Quintil.
II, 2, 25. Auson. epigr. 146.) Romae primus TulUus Tiro, Ciceronis 11-
bertoB, commentatus (wohl commentus, wie bei Hieronymus, s. A. 1) est
notas, sed tantum praepositionum. post eum Vipsanins, Philargyrus et
Aqmla, libertus Maecenatis (auch bei Dio LV, 7; s. unten 207, 6) alius
alias addiderunt. denique Seneca contracto omnium digestoque et aucto
numero opus effecit in quinque milia. Der hier, genannte Ennius ist wohl
der Grammatiker der augusteischen Zeit, welcher bei Temünftigerer An-
ordnung vor „denique Seneca'' au£suführen gewesen wäre. Unter der
Aufschrift Notae Tironis (Tyronis) et Senecae ist eine reichhaltige Samm-
lang solcher Abkürzungen, aus verschiedener Zeit und in sechs commen-
tarii zerfallend, auf uns gekommen, veröffentlicht zuerst 1603 von Gruter
in seinem Thesaurus inscriptionum (vgl. W. Schmitz, Rhein. Mus. XVIII.
S. 145 — 148), womach U. F. Kopp in seiner Palaeographia critica (Mann-
heim 1817. 4.) U ein Lexicon Tironianum ausarbeitete. Ein Verzeichniss
der Handschriften dieser notae bei Kopp I. §. 331—354 und bei Zeibig S.
57 ff. Dazu Th. Sickel, das Lexicon Tironianum der Göttweiger Stifts-
300 CiceroniBche Zeit Erste Hfilfte, 671—691.
bibliothek, SitznngBber. der Wiener Ak. XXXVIU. 1861. üeber die (äl-
teste) Casseler and die WolfenbütÜer Handschrift s. W. Schmitz, Tironiana,
in der Symb. philol. Bonn. S. 631—550. Zar Sache vgL G. Michaelis, über
das den tironischen Noten antersteUte Prindp der Prädicatskürzung, in
seiner Zeitschr. f. Stenographie 1869, Nr. 1. J. W. Zeibig, Geschichte and
Literatur der Geschwindschreibekunst, Dresden 1863.
179. Der gebundenen Form bedienten sich in dieser Zeit
ausser Varro, Hortensius, den beiden Cicero u. A. auch der Sa-
tiriker L. Albucius und der Didaktiker Egnatius (de rerum na-
tura). Ein Nachzügler der palliata scheint Quintipor Clodius
gewesen zu sein. Bedeutender war der römische Ritter D. La-
be rius (J. 649 — 711), welcher in seinen Mimen griechische
Bildung mit yolksmässiger Derbheit zu yerbinden wusste, sowie
M. Purins Bibaculus aus Cremona (geb. 651 d. St.), Verfasser
von Spottgedichten in der Weise des CatuU, namentlich gegen
die Monarchisten, femer eines Sammelwerkes (Lucubrationes),
vielleicht auch eines Epos über den gallischen Krieg.
1. Varro B. B. III, 2, 17: L. Albucius, homo, ut scitis, apprime do-
ctus, cuius Luciliano charactere sunt libelli, dicebat etc. vgl. ib. 6, 6 : Hor-
tensius, . . quem secati multi, ut quidem Albucius aiebat. Fronto p. 113 f
Naber: in poetis quis ignorat ut gradlis sit Ludlius, Albucius aridos, sa-
blimis Lucretius . .?
2. Macrob. Sat. VI, 5, 2 : Egnatius de rerum natura libro primo (nach
AcduB in Philoctete und vor Lucretius in secuudo); ebenso ib. 12 (nach
Livius, Ennius, Accius, vor Comifidus). Von ien dort angeführten Hexa-
metern zeigt einer prosodisches Ignorieren des auslautenden s.
3. Varro in Bimarco: cum Quintipor Clodius tot comoedias sine ulla
fecerit Musa etc. Non. p. 448. Die Bezeichnung als comoediae macht
wahrscheinlich dass es Palliaten waren. Vielleicht sind daher Varro's
Worte bei Non. p. 117 mit AI. Biese zu schreiben: Qointiporis Clodi An-
tipho fies ac poemata eins gargaridians dices: 0 Fortuna etc. (aus Ter.
Phorm. 841, wo Geta den Vers spricht).
4. Sueton. Caes. 39: ludis (des J. 709 d. St.) D. Laberius eques rom
mimum suum egit. Vgl. Macrob. S. II, 7, 2: Laberium, asperae libertatis
(nach dem Massstabe der Kaiserzeit) equitem rom., Caesar . . invitavit ut
prodiret in scenam et ipse ageret mimos quos scriptitabat, wo tnininTn
quem scripserat sachlich richtiger wäre. Denn Lab. hatte bis dahin mimi
för die von Magistraten gegebenen ludi (vgl. Macrob. n, 6, 6) veriasst,
ohne selbst aufzutreten, und wird ein zweites Mal auch nicht aufgetreten
sein. Vgl. Sen. Controy. VII. p. 207 und (besser) 414 f. Bu. Damals hatte
Lab. sein sechzigstes Lebensjahr vollendet (v. 109 Bb.), war somit 648 —
649 geboren Hieron. zuEus. Chr. ad a. Abr. 1974 = 01 184, 2»J. 711:
Laberius mimorum scriptor dedmo mense post C. Caesaru interitum (also
Januar 711) Puteolis moritur. Ergreifender Prolog zu dem (unfreiwilligen)
Auftreten des J. 709, erhalten durch Macrob. II, 7, 3 (aus Gell. Vin,^16),
LaberiuB und Bibaculus. 301
PoliÜBche Anspielungen ib. 4 f. Vgl. Gell. XVII, 14, 2: C. Caesarem ita
Laberii maledicentia et adrogantia (nach CaeBars Meinung) offendebat ut
acceptiores sibi esse Publilü quam Laberii mimos praedicaret. Auch im
Leben führte Lab. eine scharfe Zunge; s. Sen. 1. 1. und Macrob. II, 3, 10.
6, 6. Die 44 Titel die wir von seinen Stücken kennen und die sonstigen
Ueberreste zeigen wie der mimus alle früheren Gattungen der Komödie in
sich aufgenommen hat, das Griechenthum der palliata, das Familienleben
und den römischen Boden der togata, die Derbheit und Schamlosigkeit
der Atellane. Neben den palliatenähnlichen Titehi (vgl. oben 8, 3) auch
von Ständen und Beschäftigungen entnommene, wie Augur, Catularius, Cen-
tonarius, Colorator, Fullo, Piscator, Restio, Salinator, Staminariae; Intri-
ken- und Charakterstücke wie Aries, Cancer, Carcer, Image, Nuptiae, Pau-
pertas, Taurus; Aulularia, Caeculi, Galli, Gemelli, Late loquentes, Sorores,
Stricturae, Virgo; Cretensis, Tusca; Anna Perenna, Lacus Avernus, Compi-
taHa, Natal, Parilia, Satumalia. Dass der mimus auf der Höhe der Zeit-
bildung steht erhellt aus Anspielungen auf Pythagorea dogma, Cynica
haeresis, Democritus; aber auch die Sittenlosigkeit der Zeit ist reichlich
▼ertreten. Kühne Wortbildtmgeu des Laberius, z. B. Gell. XVI, 7, 1 f.
Tertull. de pall. 1. Manches aus der Sprache des Pöbels (Gell. XIX, 13, 3).
y. 55 Bb. das Bekenntniss: versorum, non numerum numero studuimus.
Die Senare sind gebaut wie die der andern poetae scenici und meist sehr
fliessend; ausserdem Trochäen, vereinzelt Bacchien. Die Ueberreste bei
Bothe scen. p. 205 ff. und in Bibbecks com. lat. p. 237—268. Ueber Lab.
8. besonders C. J. Grysar, der röm. Mimus (1854) S. 290—296.
6. Hieronym. in Euseb. Chron. ad a. Abr. 1914 = Ol. 169, 2 == 651
d. St. (dem Todesjahre des Turpilius und Lucilius): M. Furius poeta co-
gnomento Bibaculus Cremonae nascitur. Willkommen wäre die Annahme
Ton C. Nipperdey, in Hör. Satt. I. comm. altera (Jena 1858. 4.) p. 12—16,
dass Hieron. das Geburtsjahr des Bib. um mindestens 20 Jahre zu früh
angesetzt habe, falls sie durch etwas Anderes begründet wäre als den
Wunsch die eigene Vorstellung von dem Dichter mit dessen Lebenszeit in
Einklang zu bringen. — Quintil. X, 1, 96: iambus . . cuius acerbitas in
Catnllo, Bibaculo, Horatio . . reperietur. Diomed. III. p. 842 P. =» 486,
17 E. (s. oben 27, 1). Tac. A. lY, 34: carmina Bibacali et Catulli re-
ferta contumeliis Caesarum leguntur; sed ipse divus lulius, ipse divus
Augustus et tulere ista et reliquere. Proben der Hendekasyllaben des
Bib. bei Suet. gramm. 11 und Charis. I. p. 127, 12 K.: Bibaculus: du-
plid toga involutus. Ein Iambus von ihm bei Suet. gramm. 9. Vgl.
auch den Anon. de gener. nom. ed. Otto (Giessen 1860. 4.) Nr. 38.
Bibbeck, Append. Verg. p. 7 f. hält ihn auch für den Verfasser von
Vergil. Catal. 5. Der Hexameter bei Schol. Juv. VHI, 16 (Bibaculus:
Osce senex Catinaeque puer, Cumana meretrix) vrird aus einem Epigramm
sein. Plin. N. H. praef 24 über die Wahl von Büchertiteln: nostri . .
facetissimi Lucubraüonum (inscripserunt) , puto quia Bibaculus erat et vo-
cabaiur. Daraus wohl Macrob. S. JI, 1, 13: is locus (des Cicero) . . mihi
ex Hbro Fusii Vivaculi notus est. Mit Beziehung auf dieses Werk wohl
MessaLa Corvinus in quadam epistola . . non esse sibi dicit rem cum Furio
Bibaculo, ne cum Ticida quidem aut litteratore Catone (Suet. gramm. 4).
Die Literatur über den leeren Streit ob bei Pliuius 1. L Bibaculus oder
302 CiceroniBche Zeit Zweite Hälfte, 691—711.
(zur ,, Ehrenrettung" des Dichters) Vivaculus zu schreiben sei fl. bei W.
Teuffei zu Hör. Sat. ü, 5, 40. S. 135. Dass Bib. lange lebte zeigt Buet.
gramm. 9: Orbilius (geb. 642) vixit prope ad centesimum aetatis annnm,
amissa iam pridem memoria, ut versus Bibaculi docet: Orbilius ubinam
est, litterarum oblivio? Sollte dieses iam pridem, was physisch kaum
denkbar, sogar auf 15 Jahre ausgedehnt werden, so könnte Bib. das betr.
Gedicht um 725 verfasst haben. Von dieser Seite wäre sonach kein Hin-
demiss die Worte des Horaz (S. 11, 5, 40 f. vom J. 724 d. St.): seu pingui
tentus omaso Furius hibemas cana nive conspuet Alpes auf Bib. zu be-
ziehen. Porphyr, z. d. St.: hie versus Furii Vivaculi est. ille enim, cum
vellet Alpes nivibus plenas describere, ait: luppiter hibemas cana nive
conspuit Alpes, welchen Vers auch Quintil. VIII, 6, 17 als Beispiel einer
harten Metapher anführt. Specieller Acro ad 1.: Furius Vivaculus in prag-
matia belli gallici: luppiter u. s. w. Ist diess richtig, so wäre Bib. an-
fänglich ein Bewunderer Caesars gewesen und, wie Andere, erst als seine
monarchischen Bestrebungen hervortraten sein bitterer Gegner geworden.
Diess ist ebenso leicht möglich wie dass derselbe Schriftsteller früher
ein schwülstiger, später imd in einer andern Gattung ein schneidiger
Dichter gewesen sei. Zweifelhafter ist ob auf Bib. auch zu beziehen ist
Hör. S. I, 10, 36 f.: turgidus Alpinus iugulat dum Memnona, dumque de-
fingit Rheni luteum caput, wozu zwar bei Acro: Bibaculum quendam poe-
tam gallum tangit, der demnach auch eine Aethiopis verfasst haben müsste ;
aber Porphyrie: Cornelius Alpinus Memnona hexametris nimirum descri-
psit. Gewiss ist dass die Verse bei Gell. XVIII, 11 nicht von Bib. her-
rühren; s. oben 123, 4. Kirchner's Vermutung (Comm. zu Hör. S. I. 1S55.
S. 329), dass die acht Eingangsverse vor Hör. S. I, 10 den Bib. zum
Verfasser haben, hat wenig für sich. Unkritische Stoffsammlung bei A.
Weichert, de M. Furio Bibaculo poeta, in seinen poett. latt. vitae p. 331 —
364. Das andere Extrem ist vertreten durch C. Nipperdey, 1. 1., welcher
auch behauptet dass Hör. unmöglich einen so berühmten Dichter wie Bib.
habe verspotten können, sondern ein unbekannter Furius Alpinus von ihm
gemeint sei. A. Wissowa, über die den Dichter Furius betreffende Stelle
in Hör. S. ü, 5. Breslau 1867. 4.
Zweite Hälfte der cieeronischen Zeit*
Die Jahre 691 — 711 d. St.
180. In diesen Jahren tritt Caesar in den Vordergrund.
Innerhalb dieser Zeit selbst aber heben sich wiederum zwei Gre-
nerationen bestimmt gegen einander ab. Zur älteren gehören
von Geschichtschreibem , ausser Caesar selbst, Cornelius Nepos
und Caesars Fortsetzer Hirtius, sowie Oppius; von Gelehrten
und Lehrern Nigidius, Valerius Cato, Orbilius; der Stoiker
Cato; die Juristen Ofilius und Trebatius; die Redner Calidius
und Memmius; die Dichter Lucreiius und Trebonius.
1. Zu derselben Generation scheint Maecius Tarpa zu gehören, wel-
cher schon J. 699 als dramatischer Kritiker thätig war (Cic. ad fam. VU,
1, 1: nobis erant ea perpetienda quae Sp. Maecius probavisset), ohne dass
Caesar. 303
bekannt w&re ob diese Verwendung desselben sich auf literarische Leist-
ungen gründete. Denn sehr zweifelhaft ist seine Identität mit dem in
Donats Zusatz zur Tita Ter.: duos Terentios poetas fuisse scribit Metius.
Später nahm er gleichfalls eine Amtsstellung bei Recitationen im coUe-
gium poetarum ein (Hör. S. I, 10, 46 und dazu die Verhandl. der Heidel-
berger Philologenvers. S. 163—166) tmd wird daher von Horaz (Ep. II, 3,
387) sprüchw Örtlich für einen Eunstrichter gebraucht.
181, C. lulius C. f. C. n. Caesar war geboren den 12 Juli
654 (100) als Sohn eines Vaters der schon nach der Prätur ge-
storben war und der ti'eflflichen Aurelia. Als Verwandter des
Marius gerieth er nach SuUa's Sieg in Gefahr, diente J. 674 flF.
in Asien, begann seine rednerische und politische Laufbahn mit
Anklagen gegen Mitglieder der Nobilität wegen Erpressungen,
bildete sich J. 679 in Rhodos weiter aus, wurde Quästor (687)
in Hispania ulterior, Aedil 689, pontifex maximus 691, war
Prator 692, Proprätor in Hispania ulterior 693 f., Consul 695
(59), nachdem er 694 mit Pompejus und Crassus das erste Tri-
umvirat geschlossen und von jeher durch alle Mittel sich als
Mann des Volkes hinzustellen gewusst hatte. Die Jahre 696—
704 war Caesar Proconsul in Gallien, dieses Land den Römern
unterwerfend und innerlich ordnend, zugleich aber sich selbst
reiche Mittel verschaflFend imd ein kriegsgewohntes, ergebenes
Heer heranbildend. Mit diesem erkämpfte er sich J. 705—708
die Alleinherrschaft (Cos. II 707, III 708), die er J. 709 f. be-
kleidete, als Consul sine coUega (IV J. 709, V 710) und dicta-
tor reip. constituendae, bis er am 15. März 710 den Streichen
seiner Morder erlag.
1. Quellen für das Leben Caesars ausser seinen commentarii beson-
ders Sueton*s D. lulius, näcbstdem Plutarchs ßlog KaCoaqoq, letzterer wohl
ans denselben Quellen wie Appiau's *EyLtpvXia, wahrscheinlich Asinius PolHo
und Livius; s. H. Peter, Quellen Plutarchs (1865) S. 119—129.
2. Gesammtdarstellungen des Lebens von Caesar: W. Drumann 6. R.
in. (1837.) S. 129 — 762; im Auszuge von C. KrafiFfc, Pauly's Real-Enc. IV.
S. 427 — 483. P. van Limburg-Brouwer, Cesar en zyne tydgenooten, 3 Theile,
Groningen 1844 — 1846. Mommsen B. G. III. Köchly und Büstow, Einl.
zu Caes. Comm. üb. d. gall. Krieg (1857) S. 9— 50 (bis J. 703). C. Peter,
G. B. II. S. 209 ff. Merivale's Gesch. d. B. unter dem Eaiserthum , Bd. I
der deutschen Uebersetzung (Leipzig 1866). Napoleon's lU histoire de
Jules C^sar, bis jetzt zwei Bände, Paris 1865 (mit Atlas) u. 1866. Zugleich
in deutscher uebersetzung (Wien, Gerold).
3. Die überlieferte Datierung von Caesars Gebnrt^'ahr hat gegen
Mommsen III*. S. 15 f. A. (welcher 652 wollte) vertheidigt C. Nipperdey,
AbfaandL d. sächs. Ges. d. Wiss. 1865. V. S. 3 ff., indem er vielmehr die
gewöhnliche Ansicht von den leges annales als unrichtig nachwies.
304 Ciceronische Zeit. Zweite Hälfte, 691 — 711.
182* Caesarea Begabung ist von wunderbarer Vielseitigkeit:
ebenso gross als Staatsmann wie als Feldherr, war er durch
Klarheit des Geistes und eiserne Energie des Willens zum
Herrscher über eine ihrer selbst nicht mehr mächtige Zeit be-
rufen, erkannte diesen Beruf frühzeitig und verfolgte ihn mit
dem ganzen Aufwand seiner geistigen Mittel, durch List wie
Kühnheit, mit ruhiger StätJgkeit und weitsichtigster Berechnung.
Aber die Eigenschaften die ihn zum Herrscher Roms empor-
hoben waren wenig geeignet jhn zum glänzenden Schriftsteller
zu machen. Obwohl er die Sprache mit vollkommenster Sicher-
heit in Rede wie Schrift handhabte, so war ihm doch beides
immer nur Mittel für bestimmte politische Zwecke und nach
Gegenstand wie Art bedingt durch diese Zwecke und seine
ganze phautasiefreie Persönlichkeit. Darum legte er selbst nur
geringen Werth auf seine Beredtsamkeit, obwohl er darin in
seiner Zeit nur dem Cicero nachstand und durch Schärfe^ Ge-
schmack und Lebhaftigkeit der Sprache und des Vortrags sich
auszeichnete ; noch geringeren gewiss auf die Verse die er nicht
blos in seiner Jugend machte. Den nüchternen Denker bekxm-
det das Schriftstellern über Sprachrichtigkeit, den heitern ge-
winnenden Lebemann das Sammeln von Witzen; dagegen die
Abfassung eines astronomischen Werkes (de astris) stand wohl
mit Caesars Kalenderverbesserung in Zusammenhang, und ganz
unzweifelhaft dienten der Politik die Schriften gegen den zum
Märtyrer der Republik erhobenen Cato und Caesars commen-
tarii.
1. Caesar als Redner. Cic. Brut. 72, 252: de Caesare . . ita iudico,
. . illoin omuium fere oratorum latine loqui elegantissiine (vgl. unten A.
4), nee id solom domesüca consuetudine . . sed . . multis litteris, et eis
quidem reconditis et exquisitis, sammoque studio et diligentia est conse-
cutus. 75, 261: splendidam quandam minumeque veteratoriam rationem
dicendi tenet, voce, motu, forma etiam magnifica et generosa quodammodo.
Fronto Epist. p. 123 Nah. : Caesari facnltatem dicendi video imperatonam
fuisse. Quinül. X, 1, 114: C. Caesar si foro tantnm vacasset, non alius ex
nostris contra Ciceronem nominaretur. tanta in eo vis est, id acumen, ea
concitatio ut illum eodem animo dixisse quo bellavit appareat; exomat
tarnen haec omnia mira sermonis, cuius proprio studiosns fuit, elegantia.
Tac. A. XIII, 3: dictator Caesar summis oratoribus aemulus. Suet. Caes.
55: post accusationem Dolabellae (J. 677; unrichtig die Hdss. bei Tac.
dial. 34) haud dubio principibus patronis annumeratus est. Vgl. noch
QuintiL XII, 10, 11 (oben 36, 9). VeUed- II, 36. Tac dial. 21 (A. 2).
Apulej. apoL 95. Flut. Caes. 3. Ueber Caesar als Stilisten überhaupt
Hirtius, b. g. YIII. praef. 7: erat in Caesare facultas atqne elegantia
summa scribendi.
Caesar als Redner und Schriftsteller. 305
2. Caesars Beden. Cic. Bmt. 76, 262 : orationes eins mihi vehementer
probantar, compluns autem legL Tac. dial. 21 lässt seinen Lobredner der
neuen (kaiserlichen) Beredtsamkeit sagen: concedamus C. Caesari nt pro-
pter magnitudinem cogitationam et occupationes renim minus in eloqnentia
effecerit quam divinum eius ingenium postulabat . . nisi forte quisquam
Caeaaris pro Decio Samnite . . ceterosque eiusdem lentitudinis ac teporis
libros legit. Gell. lY, 16, 8: C. Caesar, gravis auctor linguae latinae, . .
in Dolabellam actionis I lib. I (die Hdss.: actionis III: ibi). V, 13, 6: in
oraüone quam pro Bithynis (J. 677, s. Rhein. Mus. XIX. S. 577 — 681) dizit
hoc prindpio usus est (vgl. Jul. Ruf. 8, p. 40, 24 Halm). XIII, 3, 6: rep-
peri in oratione C. Caesaris qua Plautiam rogationem suasit (J. 684?).
Vgl. Non. p. 354. Schol. Bob. p. 297 Or. : Caesaris orationes contra hos
iMemmius und Domitius , J. 696) exBtaut, quibus et sua acta defendit et
ülos insectatur. ib. p. 317: ibi (im Senat) habitae sunt tres illae orationes
contra Domitium et Memmium. Suet. Caes. 6: in amitae laudatione (J.
686) . . sie refert. 55: orationes aliquas reliquit, inter quas temere quae-
dam ferontur, wie die pro MeteUo (oben 36, 7) und apud milites in Hispania.
Zusammenstellung der Ueberreste von Caesars Reden und der Nachrichten
uW sie bei Meyer, oratt. rom.* p. 408—420 und in Nipperdey's Caes. von
1847, p. 749-751.
3. Caesars Gedichte. Tac. dial. 21: nisi qui et carmina eorundem
(des Caesar und M. Brutus) miratur. fecerunt enim et carmina et in by-
bliothecas rettulerunt, non melius quam Cicero, sed felidus, quia istos fe-
0886 pauciores sdunt. Suet! Caes. 56: feruntur et a puero et ab (ut ait
Varro, ab Bentley) adulescentulo quaedam scripta, ut Landes Herculis,
tragoedia Oedipus, item Dicta collectanea. quos omnis libellos vetuit Au-
gostos publicarL Ib.: reliquit et . . poema quod inscribitur Iter, (quod
fectt) . . dum ab urbe in Hispaniam ulteriorem quarto et vicesimo die
pervenit (J. 708). Sechs Hexameter über Terenz bei Suet. v. Terent. 5.
PUn. N. H. XIX, 8, 144: olus . . D. lulii carminibus . . celebratum Plin.
Ep. V, 3, 5 (oben 26, 1) lässt auf erotische Gedichte (Epigramme?) schlies-
B^ Vgl. noch Plnt. Caes. 2: non^iiaza yqd(p<ov.
4. Sueton. Caes. 56: reliquit et de anal o gl a duos libros, . . (quos)
in transitu Alpium, cum ex citeriore Gallia conventibus peractis ad exer
dtam rediret, . . fecit (J. 699?). Fronte Ep. p. 221 Naber: . . G. Caesarem
• . duos de analogia libros scrupulosissimos scripsisse, . . de nominibus
declinandis, de verborum aspirationibus et rationibus. Cic. Brut. 72, 253:
qai etiam in maxumis occupationibus ad te (Cic.) . . de ratione latine lo-
qaendi accuratissime scripserit. GeU. XIX, 8, 3: G. Caesar, . . vir ingenii
praecellentis , sermonis praeter alios suae aetatis castissimi, in libris quos
ad M. Ciceronem de analogia conscripsit. Wie Caesar auch hier Militär
and Regent war zeigt der Grundsatz der ib. I, 10, 4 nach dem ersten Buch
angeführt wird, ut tanquam scopulum sie fugias inauditum atque insolens
verbum. Zusammenstellung der Ueberreste aus dem Werke bei Nipperdey
(Caes. 1847) p. 763—767. Lorsch, Sprachphilosophie d. Alten I. S. 129 £F.
Fr. Schütte, de G. lulio Caesare grammatico, Halle 1865 (die Fragmente
p. lÄ— 36).
5. Cic. ad Farn. IX, 16, 4 (J. 708): audio Caesarem, cum volumina
Tearrel, Rom. Liter alurgeschichte. 20
306 Ciceroiiische Zeit. Zweite Hälfte, 691 — 711.
iam confecerit 'Anoip^Byfiäzcav ^ si quod afferatur ad emn pro meo qaod
menrn non ait reicere solere. Bei Suei Caes. 56 (oben A. 3) Dicia ool-
lectanea.
6. De astris. Macrob. I, 16, 39: lulios Caesar aiderum motos, de qui*
bus nou indoctos libros reliqnit, ab aegyptüs disciplinis hausit. Plin. N.
H. im QuellenverzeichniBS (B. I), zu B. XVIII unter den einheimischen: ex . .
L. Taratio, qui graece de astris scripsit, Caesare dictatore, qui item. Wirk-
lich ist er in B. XYIII dann öfters genannt, so wie yon Ptolemäns und
Lydus; 8. Nipperdey (1847) p. 767—762. Wie die Worte des Plinius sBwei-
felhaft lassen ob das Werk griechisch oder lateinisch geschrieben war, so
möchte auch das Schweigen Sueton's über dieses Werk darauf fuhren das«
es nicht eigentlich von Caesar verfasst, sondern in seinem Auftrag und
nach den von ihm gegebenen Gesichtspunkten von einem Andern (einem
Griechen?) ausgearbeitet und (unter seinem Namen?) herausgegeben war.
Ueber die Augurien aber schrieb L. Caesar, s. unten 186, 12.
7. Suet. Caes. 56: reliquit et de analogia duos libros et Antica to-
ne s totidem . . (quos) sub tempus Mundenöis proelii (17 März 709) fedt.
Juv. VI, 338: duo Caesaris Anticatones. Die Schrift war gegen Cicero*«
Lobschrift auf Cato (oben 167, 6) gerichtet, unter starken Schmeicheleien
gegen Cicero (Plut. Caes. 3. Cic. 39. Plin. N. H. VII, 30, 117), aber mit
desto grösserer Bitterkeit gegen Cato, den er, um die republikanische
Partei ihres Heros zu berauben, als eine lächerliche Person hinsteUte und
nichts Gutes an ihm Hess (Plut. Caes. 54. Cato min. 36. 52. 54). Cicero
äusserte sich gegen Caesar selbst über diese Schrift anerkennend (ad Att.
XIII, 60, 1. 61, 1), anders freilich nach Caesars Tod (Top. 26, 94). Vgl.
H. Wartmann, Leben des Cato (1868) S. 161—175.
8. Dass ein Mann von Caesars Stellung einen ausgebreiteten Brief-
wechsel hatte ist selbstverständlich, und es gab mehrere Sammlungen seiner
Briefe, die nach seinem Tode gemacht und veröffentlicht waren, theilweise
in einer Geheimschrift gehalten, zu welcher Sueton (Caes. 66 vgl. GelL
XVII, 9, 3 f.) den Schlüssel gibt. Suet. 1. l. : epistulae quoque eins ad se-
natum exstant. . . exstant et ad Ciceronem, item ad familiäres domesticis
de rebus u. s. w. Gell. XVII, 9, 1: libri sunt epistularum C. Caesaris ad
C. Oppium et Balbum Cornelium, qui rebus eins absentis curabant. Zu-
sammenstellung der Anführungen von Briefen des Caesar an die Genann-
ten und viele Andere bei Nipperdey, Caes. (1847) p. 766—783. Briefe von
Caesar an Cicero u. A. bei Cic. ad Att. IX, 6 A. 7 C. 13 A. 16. X, 8 B.
9. F. W. Otto, Nachlese zu der Sammlung von Fragmenten Caesars,
Ztschr. f. d. Alt.-W. 1850, Nr. 39 f. nebst M. Hertz, Philologus V. S. 764 ff.
183. Erhalten ist von Caesars schriftlichen Arbeiten nur
die wichtigste; seine Denkwürdigkeiten (commentarii). Sie
erzählen die Geschichte der ersten sieben Jahre des gallischen
Kriegs in sieben und die Geschichte des Bürgerkriegs bis zum
alexandrinischen in drei Büchern und halten die Mitte zwischen
einer blosen Stoffsammlung oder den flüchtig hingeworfenen
Bemerkungen eines Tagebuchs und einem sorgfältig ausgefeilten
Caesar^s Schriften. Commentarii. 307
historischen Werke. Aber so kunstlos nnd schlicht die Form
ist; so reiflich erwogen ist der Inhalt. Ohne jemals plump die
Wahrheit zu verletzen versteht der Verfasser meisterhaft die
Kunst die Thatsachen zu seinen Gunsten zu gruppieren und am
rechten Orte zu schweigen; ohne je in Prahlerei zu verfallen
oder auch nur den Schein der Objectivität aufzugeben weiss er
seine Person und Verdienste aufs Trefflichste ins Licht zu setzen^
sein Handeln als berechtigt, seine Beweggründe als rein hinzu-
stellen. Die Bücher über den gallischen Ejrieg veröffentlichte
Caesar nach dessen Beendigung, J. 703; die über den Bürger-
krieg scheinen nicht vollendet zu sein.
1. Suet. Caes. 56 in.: reliquit et rerum suarum commentarios gallici
civiliaqae belli pompeiani. Cic. Brut. 76, 262: etiam commentarios quos-
dam Bcripsit rerum suarum valde quidem probandos, nudi enim sunt recti
et venoBti, omni omatu orationis tamquam veste detracta. Hirtius b. g.
ym. praef.: Caesaris nostri commentarios rerum gestarum Galliae . .
contexui u. s. w. constat inter omnes, nihil tarn operose ab aliis esse
perfectum quod non horum elegantia commentariorum superetur. qui sunt
ediii . . adeo probantur . . ut praerepta, non praebita facultas scriptori-
bns videatur. . . ceteri quam bene atque emendate, nos etiam quam fä-
dle atque celeriter eos perfecerit scimus. Sueton. Caes. 56: Pollio Asinius
panim diligenter parumque integra veritate compositos putat, cum Caesar
pleraque et quae per alios erant gesta temere crediderit et quae per se
Tel consulto vel etiam memoria lapsus perperam ediderit, existimatque
reecripturum et correcturum fuisse. Letzteres kann nur etwa vom bell.
civ. gelten; s. Eöchly-Büstow, EinL z. gall. Krieg S. 93. Nachweisung
einer Ansahl von Entstellungen des Thatsächlichen bei Drumann III. S.
7&6 f. Dass man das Werk ab einseitige Parteischrift betrachtete war
vielleicht mit ein Grund warum wir es so wenig berücksichtigt finden.
Strabon IV. p. 177 nennt es vnofivrifJLetta t Plut. Caes. 22 (und Sjmmach.
Epist. IV, 18) itptifiSQldss (vgl. Appian. Celt. 18: iv zaig IdCuiq avayQU-
<paCg TÄv Idifov ^oytov), wie Sidon. Ap. IX, 14 missverständlich bell. gall.
VllI ab Balbi ephemeris bezeichnet. Letzterer (Ep. IX, 14) und Orosius
(YI, 7) kennen das Werk nur dem Titel nach, missverstehen libri C. Cae-
Baris de hello gallico so ab ob es die Bücher von Caesars gallbchem
Kriege bedeutete, und halten Caesars Biographen, Sueton, für den Ver-
fasser. Nipperdey (1847) p. 36.
2. Die Handschriften der commentarii zerfallen in zwei Claasen,
von denen die eine, ältere (saec. IX f.) und bessere, nur die acht Bücher
de hello gallico enthält, die andere, jüngere (saec. XI ff.) und qualitativ
geringere, sämmtliche Bücher. Zur ersteren gehören besonders Bongars. I,
Paris. I, VoBs. I, Vat. ; zur zweiten Par. II, Leid. I tmd Med. Der Schluss
von belL galL VIU und von b. Hbpan. ist in keiner Handschrift erhalten ;
bell. civ. zeigt auch sonst Lücken. Ueber die Handschriften beider Clas-
sen B. Nipperdey Ed. 1847, p. 87-50. H. J. Heller im Philologus XVII.
p. 492—509; über die der ersten A. Frigell in der Nordbk ünivers. Tidskr.
20*
808 Ciceronische Zeit. Zweite Hälfte, 691—711.
GJpsala 1867) III. S. 50—68. D. Detiefeen, Phüologus XVII. S. 649—660.
Whitte, coli. codd. II mss. Havn. Caes. de b. g., Kopenhagen 1847.
3. Ausgaben der commentarü (einschliesslich der Fortsetzungen).
£d. princeps, Rom. 1469. foL lensoniana, Yen. 1471. fol. Cura Ph. Bero
aldi (Bonon. 1504. fol.), lo. lucundi (Aid. 1513. 1519), Florentina 1508. Ed.
F. Ursinus (Antv. 1670), I. Lipsius (Antv. 1685), los. Scaliger (Lugd. Bat.
1606). Sammelausgabe (mit den Erklärungen von Glareanus, Manutius u.
A.) von G. Jungermann (Frankfurt 1604. 4.). Ex rec. lo. Davisii, Gantabr.
1706. 1727. 4. Cum annotatt. Sam. Clarkii, London 1712. fol. Cum not.
var. ed. I. G. Graevius, Lugd. Bat. 1713. 2 Voll. Ebenso cura Fr. Ouden-
dorpii, Lugd. Bat. 1737. 4. (u. Stuttgart 1822. 8. 2 Voll.). Ed. S. F. N. Mo-
rus, Lips. 1780 (cur. I. I. Oberlin, Lips. 1805. 1819).
Kritische Ausgaben: Bec., optimorum codd. auct. ann., quaestiones
criticas (251 pp.) praemisit C. Nipperdej, Lips. 1847. Annot. crit. instruxit
Fr. Dübner, Paris 1867. 2 Voll.
Schulausgaben mit kurzen Anmerkungen (oder Wörterbuch) von J. Cli.
D'ähne (Lips. 1825), A. Möbius (Hannover 1826. 1830. 2 Bde.), J. C. Held
(Sulzbach 1822 ff.), C. G. Herzog (Leipzig 1825 ff.), A. Baumstark (Freiburg
1832), Fr. Kraner (Berlin, Weidmann), A. Dobereuz (Leipzig, Teubner).
Textabdrücke von C. Nipperdey (Lips. 1847. 1856), E. Hoffinann (Vin-
dob. 1856 f.), Fr. Kraner (Lips., Tauchn., 1861), B. Dinter (Lips., Teubner,
1864), Fr. Dübner (Paris 1866) u. A.
Uebersetzungen gibt es in alle Sprachen. Eine ins Griechische wurde
im 16ten Jahrh. nach der Ausgabe des B. Stephanus (Paris 1544) wahr-
scheinlich in Paris von einem Franzosen gemacht und von Jungermann
1606 erstmals herausgegeben; s. H. J. Heller im Philologus Xü. p. 107—
149. Deutsche z. B. von Baumstark (Stuttgart, Metzler), sowie (gall. Krieg)
von Köchly und Rüdtow (Stuttgart, Hoffmann, 1856).
4. Erläuterungsschriften über Caesar und seine Memoiren überhaupt.
C. E. Schneider, über Caesars Charakter, aus seinen Schriften, in Wach-
ler's Philomathie I. S. 180 ff. D. Henne, de Caes. rerum a se gestarum
scriptore, Paris 1843.
J. F. Bosch, über die Comm. des C. nebst Beiträgen zur röm. Taktik,
Halle 1783. Napoleon (I), pr^cis des guerres de C^sar, Paris 1835; deutsch
Stuttgart 1886. W. Büstow, Heerwesen und Kriegführung Caesars, Gotha
1855. Nordhausen 1862. A. v. Cohausen, Caesars Bheinbrücken, philolo-
gisch, militärisch und technisch untersucht, Leipzig 1867. Schulkarten
zum b. g. und civ. von H. Bheinhard, Stuttgart 1859.
lieber die Glaubwürdigkeit der Comm. Caesars Bresemer (Berlin 1835.
4.), F. Winkelmann (Jahns Archiv IL S. 633—550), F. Eyssenhardt (Jahns
Jahrbb. LXXXV. S. 756—764), F. Seck (de . . fide, Essen 1860. u. 1864. 4.).
Fr. H. Th. Fischer, die Rectionslehre bei Caesar, Halle 1863. 1864. 4.
C. Kossak, de ablat. absol. usu ap. Caes., Gumbinnen 1858. 4. Reinhardt,
die tempora und modi bei Caesar, Heilbronn 1859. 4.
Beiträge zur Kritik von Fr. Kindscher (Zerbst 1860. 1864. 4.), Beck
(Lauenburg 1863. 4.) u. A.
Caesar's commcntarii. 309
5. üeber die Zeit der Herausgabe der Bücher vom gallischen Kriege
g. C. £. Schneider in Wacbler's Philomathie I. S. 184 ff., Mommsen R. Q.
m*. S. 594 Anm., Köchly und Büstow, Einl. z. gall. Krieg S. 51, A. 28.
Die drohenden Stürme sollte die Brechtfertigungsschrift beschwichtigen,
dem Volke Caesar als den höchsten Aufgaben gewachsen zeigen. Da Caesar
seine Kriegsuntemehmungen ohne Auftrag des Senates ausgeführt hatte,
so bemüht er sich fortwährend sie als nothwendige Yertheidigungsmass-
regeln hinzustellen. Sein Bericht beschränkt sich auf die kriegerischen
Vorkommnisse. Diese erzählt er als Römer für Römer, ohne eine Regung
von Mitgefühl, aber auch ohne Schönfärberei, bei all den Grausamkeiten
und Treulosigkeiten gegen Völker welche nichts als ihr Recht und ihre
Unabhängigkeit wider den ehrgeizigen Störer ihres Friedens vertheidig-
ten. Eine gewisse Wärme fühlt sich durch nur bei tüchtigen Leistungen
seiner Getreuen. Auch hütet sich Caesar durch allzu technisch militärische
Haltung die populäre Wirkung seines Berichts zu beeinträchtigen. Die
Darstellung ist knapp, ohne karg zu sein, durchsichtig und lebendig, schlicht
ohne einförmig zu werden, und anziehend auch wo sie sich gehen lässt.
Bäsonnierende Inhaltsübersicht bei Köchly und Rüstow a. a. 0. S. 51—85;
Charakteristik ebds. S. 85—94.
6. Ausgaben des bellum gallicum mit Anm. (bzhgsw. Wörterbuch,
Karten u. dgl.) von C. G. Elberling (Havn. 1827), J. C. Held (Sulzbach
1825 ff. 1832). C. G. Herzog (Leipzig 1825. 1831), J. Apitz (Berlin 1835),
C. E. C. Schneider (rec. et ilL, Halle 1840—1855. 2 Voll. ; nur B. I— VII),
M. Seyffert (2. Aufl. Halle 1851), Eichert (Breslau 1859 f.), Stüber und
Bheinhard (Stuttgart 1860), A. Frigell (rec, codd. contulit, comm. instr.,
üpsala 1861, 3 partes), F. W. Hinzpeter (8. Aufl., Bielefeld 1868), Fr. Kra-
ner (1853; 6. Aufl., bes. von Dittenberger, Berlin, Weidmann), A. Doberenz
(4. Aufl., Leipzig, Teubner, 1867), J. Quosseck (Cöln 1866) u. A.
Erläuterungsschriften. H. Köchly und W. Rüstow, Einleitung zu Cae-
sars Commentarien über den gallischen Krieg, Gotha 1857.
C. W. Glück, die bei Caesar vorkommenden keltischen Namen, Mün-
chen 1857. H. J. Heller, de nominibus celticis in Caes. comm. traditis,
Phüologus XVU. p. 270—287.
J. Reichard, geograph. Nachweis, der KriegSTorföUe . . in Gallion,
Leipzig 1832. Geographie des transalpinischen Gallien von F. A. M. Fied-
ler (Essen 1828) und J. v. Hefher (München 1836). M. A. Fischer, Ger-
govia, Leipzig 1856. A. v. Göler, Caesars gall. Krieg in den J. 58—53 v,
Chr., Stuttgart 1858; im J. 52, Carlsruhe 1859; im J. 51, Heidelberg 1800.
Zahllos sind, seitdem Napoleon IH diesem Gegenstande seine Studien
zugewandt, die geographischen und militärischen Beiträge dazu aus Frank-
reich. Zu dem Bedeutenderen gehört F. de Saulcy, les campagnes de
Jules C^sar dans les Gaules, ^tudes d'arch^ologie militaire. I. Paris 1862.
L. Fallne, Conquite des Gaules, Paris 1862. Creuly, carte de la Gaule sous
le proconsulat de Cäsar, Paris 1864. Au&ählung und Beurteilung der
einschlägigen Arbeiten in der Literaturübersicht von H. J. Heller, Phi^o-
logus XrX. S. 466—576. XXII. S. 99-174. 285-330. XXVI. S. 652—700.
A. Platen, de fide et auctoritate Caes. de bell. galL comm., Liegnitz
1854. 4.
310 Ciceronische Zeit. Zweite Hälfte, 691—711.
7. Die drei Bücher des bellum civil e sind unverkennbar schwächer
und flüchtiger gearbeitet und enthalten manche unzweifelhafte Ncahlässig-
keiten und Unrichtigkeiten. Uebrigens ist der Text ganz besonders ver-
dorben überliefert. Zur Sache Fr. Hofmann, de origine b. c. Caesariani,
Berlin 1857, und Th. Mommsen, die Rechtsfrage zwischen Caesar und dem
Senat, Abhandl. der Breslauer hist.-philol. Ges. I (1857) S. 1 — 58. A. v.
Göler, d. Bürgerkrieg zwischen Caesar und Pompejus im J. 50— 49 v. Chr.,
Heidelberg 1861; die Kämpfe bei Dyrrhachium und Pharsalus, Karlsruhe
1854; Treffen bei Buspina, Karlsruhe 1855. Möhring, Quaest. Caesarianae,
Kreuznach 1858. 4.
J. V. Hefner, Geographie zu Caesars b. c, München 1836.
Ausgaben des b. c. mit Anmerkungen u. s. w. von J. C. Held (Sulz-
bach 1822 ff. 4. Aufl. 1857), C. G. Herzog (Leipzig 1834), J. Apitz (Berlin
1837), A. Doberenz (Leipzig 1854 u. 1863), Fr. Kraner (3. Aufl., bes. von
Fr. Hofmann, Berlin 1864).
Bestreitungen der Authentie in einem Programm aus Culmbach 1864.
4. und von Heidtmann, Essen 1867. 4.
Kritische Beiträge von £lberling (obss. er., Havn. 1828, und varr. lectt
Roeskild 1853), Whitte (coUatio codd., Havn. 1847), J. N. G. Forchham-
mer (de vera . . emendandi ratione, Havn. 1852), Hartz (Adnotatt., Zül-
lichau 1864), L. Vielhaber (Wien 1864. 4.) u. A.
184. Nach Caesars Tode betrachtete der Kreis seiner näch-
sten Vertrauten es als Pflicht auch diejenigen Feldzüge dessel-
ben zu beschreiben welche Caesar selbst nicht mehr geschildert
hatte, also sein letztes Jahr in Gallien , den alexandnnischen,
africanischen und spanischen Krieg. Diese sind sichtlich von
dreierlei Verfassern. Völligen Mangel an stilistischer Befähigung
zeigt der des spanischen Krieges; in weit geringerem Masse
der des africanischen; bei jenem zerhackt und stammelnd ist
die Darstellung bei diesem geschmacklos gewunden und schwül-
stig. Dagegen die Erzählung des achten Kriegsjahres in Gal-
lien und des alexandrinischen Feldzugs verräth einen gebildeten
Verfasser und das Bestreben die Schreibweise des Caesar nach-
zuahmen; sie hat ohne Zweifel den A. Hirtius zum Urheber.
Von G. Oppius kann weder der africanische herrühren noch
der spanische, vielmehr jeder nur von einem Manne der, obwohl
in untergeordneter Stellung, den Krieg mitgemacht hatte und
daher von Birtius ersucht worden war seine Erinnerungen auf-
zuzeichnen, um^sie dereinst seiner eigenen Darstellung zu Grunde
zu legen.
1. Suet. Gaes. 56: Alexandrini Airicique et Hispaniensis (belli) incer-
tus auctor est. alii Oppium putant, alii Hirtium, qui etiam Gallici belli
UOvisBimum imperfectumque librum suppleverit. Vgl. die praefaUo zu b.
Fortsetzungen von Caeaar's commentarü. 311
g. Vlll: coactus adsiduis tuis vocibus, Halbe, . . rem difficillimam suscepi.
Caeaaris nostri commentarios rerum geBtarum Qalliae non cohaerentibua
Büperioribas atqne ineequentibus eins scriptiB contexui, noTiBSÜnumque im-
perfectum ab rebus gestiB Alexandriae confeci usque ad exitum uon qui-
dem civilis diBseneionis, cuius finem nullum videmus, sed vitae Caesaris.
. . mihi ne illud quidem accidit ut Alexandrino atque Africano bello inter
essem. quae bella . . ex parte nobis Gaesaris sermone sunt nota. Hieraus
erhellt dass diese Fortsetzung nach Caesars Tod verfasat ist, zu einer Zeit
wo der Krieg mit Antonius wahrscheinlich geworden, somit für den Bür-
gerkrieg in der That kein Ende abzusehen war, und von einem Vertrau-
ten des Caesar, aber nicht von Cornelius Baibus, also entweder von G.
Oppius oder A. Hirtius. Letzteren bezeichnet Suetou (Caes. 56 : Hirtius ita
praedicat) entschieden als Verfasser von b. g. VIII. Da nun Hirtius am
37 April 711 fiel, und die Beschreibung des bellum africanum sichtlich
einen anderen Charakter hat als b. g. VIII und alexandrin. (s. A. 3), wäh-
rend doch der Verfasser der praefatio zum b. g. VUI die Absicht hatte
aaeh bell. afr. zu beschreiben, so hat viele WahrscheinUchkeit die Combi-
nation (von Nipperdey) dass Hirtius wie b. g. VUI so auch bell. alex.
Terfasst habe, an der beab^htigten Beschreibung des bell, afric. und
hisp. aber durch seinen Tod^erhindert worden sei, worauf die für ihn
von Subalternen gemachten Aufzeichnungen über diese Kriege, so wie sie
sich in seinem Nachlasse fanden , mit herausgegeben wurden. Vgl. Dru-
mann III. S. 76. C. Nipperdey, de supplementis commentariorum Caesa-
riß, Berlin 1846 = ed. Caes. 1847, p. 8—34. Köchly-Rüstow, Einl. z. gall.
Krieg S. 105—110.
2. Sowohl Hirtius als Oppius besassen die Bildung welche das Abfas-
sen eines Geschichtswerkes voraussetzt. Hirtius verfasste auf Caesars
Veranlassung J. 709 von Spanien aus eine Gegenschrift gegen Cicero^s
Lobrede auf Cato, in Form eines Sendschreibens an Cicero, voll Schmei-
cheleien für den Letzteren (Cic. ad Att. XII, 40, 1. 41, 4. 44, 1. 45, 3.
47, 3). Ein kurzer Brief von Hirtius an Cicero bei Cic. ad Att. XV, 6.
Aber auch Oppius verfasste Schriften. Vor Allem ein Leben Caesars,
angeführt von Plut. Pompei. 10 (Onn^co fitv, oxav n^ql KaCaaqoq nole-
fitcov rj q>iX<ov dialiyrirai, atpodqa 6sC niatsvstv ^ist* svXaßsiag) u. 17*
(über Caesars persönliche Tapferkeit), sowie Suet. Caes. 53 (circa victum
G. Oppius adeo indifferentem docet ut etc.). Daraus mag auch sein was
Plin. N. H. XI, 46, 104 (C. Marium . . Oppius auctor est) über des Marius
Härte gegen sich selbst anführt. Vgl. Suet. Caes. 52: G. Oppius . . librum
edidit, non esse Gaesaris filium quem Cleopatra dicat. Ausserdem Charis.
I. p. 119 P. s>147, 3 K.: Oppius De vita Cassii, idem De vita prioris Afri-
cani. Es ist zu vermuten dass die erstere Schrift direct oder indirect
gegen den Caesarmörder C. Cassius gerichtet war, die letztere aber eine
Yergleichung des Caesar mit dem älteren Africanus anstellte, die wohl zu
Gaesaris Gunsten ausgefallen sein wird. Aber auch L. Cornelius Bal-
but aus Gadee, an welchen b. g. VIII gerichtet ist, scheint selbst über
Caesar geschrieben zu haben; s. Suet. Caes. 81: cuius rei (Vorzeichen von
Caesars Tod) . . auctor est Cornelius Baibus, familiarissimcB Caesaris, wel-
cher letztere Ausdruck Beziehung auf den Balbus minor (unten 196, 4)
nicht empfielüt. Briefe des Balbus maior au Cicero aus J. 705 bei Cic,
312 Cicerouische Zeit. Zweite Hälfte, 691—711.
ad Att. VUI, 16 A. IX, 7 B. 13 A; ein gemeinBcbafblich mit Oppius ver-
fasster ib. IX, 7 A.
3. Bell. gall. VIII träg^ am SchlosBe im Par. n den Namen A. Hir-
tii, wie aach im Bougars. I und Scaligeranos. Die Anlage ist wohlgeord-
net, die Sprache die der besten Zeit, doch die Darstellung ohne Caesars
Frische; sie hat vielmehr etwas Mattes, Lebloses und Eintöniges (Nipper-
dey 1817, p. 13). So namentlich im Satzbau (Vorliebe für cum) und in der
Wortstellung. Das bellum alexandrinum zeigt bereits grössere stili-
stische Gewandtheit und (wohl in Folge des anziehenderen Stoffes) lebhaf-
tere Färbung, theilt aber mit b. g. VIII so viele sprachliche Eigenheiten
dass die Identität des Verfassers nicht zu bezweifeln ist (Nipperdey p. 14 f.).
Dagegen im bell, africanum ist die Erzählung umständlicher und befolgt
mechanisch die Zeitordnung; der Parteistandpunkt des Verf. ist naiv, seine
Loyalität täppisch; die Sprache zeigt viele Nachlässigkeiten und vulgäre
Wendungen (z. B. unrichtigen Gebrauch des Plqpf.), Streben nach Gross-
artigkeit ohne die Befähigung dazu, einen beschränkten Wortschatz (be-
sonders häufig ist auch interim), Anwendung von Ausdrücken und Con-
structionen (z. B. Inf. bist.) die bei Hirtius fehlen (Nipperdey p. 15 — 24).
Umständlich, bis zur Unfähigkeit Wesentliches und Unbedeutendes zu un-
terscheiden, ist auch bell, hispaniense, »d ebenso ist das Mechanische
der Anlage hier ins Unleidliche gesteigert; auch die Vulgarismen sind hier
zahlreicher und erstrecken sich ausser dem Plqpf. auch auf den Coi^junctiv
und viele einzelne Wendungen (wozu auch wohl bene multi u. dgl. ge-
hört); sogar grobe Sprachschnitzer sind häufig genug. Von Satzbau und
Stil ist kaum eine Spur. Mit dieser Uncultur bilden einen heitern Gontrast
die manchfachen Citate (bes.* aus Ennius) welche der Verf. anbringt (Nip-
perdey p. 24 — 30). Aus dem flüchtigen Charakter der ursprünglichen
Schrift mag sich theilweise auch ihr verdorbener Text erklären. Der Ver-
fasser focht selbst in dem Kriege mit, kann also Oppius nicht sein, der
sich damals in Bom befand, wie auch der ältere Baibus. Ebenso verräth
bell. afr. eine zu niedrige Bildungsstufe als dass es von Oppius verfasst
sein könnte, vielmehr wird es gleichfalls von einem subalternen Theilneh-
mer am Kriege herrühren, dessen Aufzeichnungen Hirtius zu benutzen ge-
ilachte. Vgl. Nipperdey p. 33 f.
^4. C. E. C. Schneider, nova comment. de hello hisp. recensio, und de
indagando belli hisp. scriptore, Breslau 1837. 4.
186, Cornelius Nepos, gebürtig aus OberitaUen und be-
freundet mit Atticus und Cicero^ wie mit seinem jüngeren Lands-
mann Catullus. Seine Lebenszeit fallt wohl zwischen 660 und
730 d. St. Neben erotischen Gedichten waren drei Bücher
Chronica sein frühestes Werk; auch ^in geographisches scheint
er verfasst zu haben. Seine übrigen Schriften zeigen Einfluss
des Yarro in ihrem Interesse für das Culturgeschichtliche^ ihrer
biographischen und moralisierenden Richtung. So die fünf Bü-
cher Exempla^ die ausführlichen Lebensbeschreibungen des äl-
teren Cato und des Cicero, besonders aber sein letztes und
Cornelius Nepos. 313
umfassendstes Werk, de viris illustribus, mindestens sechszehn
Bacher, worin Römer und Auswärtige in parallelen Abtheilun-
gen behandelt waren. Was davon erhalten ist, das Buch de
excellentibus ducibus exterarum gentium und (aus dem Buche
de latinis historicis) die Lebensbeschreibungen des Cato und
des Atticus, zeugt weder von geschichtlicher Kritik noch von
sülistischer Vollkommenheit, ist aber bei dem Mangel besserer
Quellen öfters von Werth und empfiehlt sich durch Uebersicht-
lichkeit und Anspruchslosigkeit der Darstellung.
1. Vorname unbekannt. Heimat: Plin. N. H. IIl, 18, 127: Nepos, Padi
accola. Plin. Ep. IV, 28, 1 an Vibius Severas: Herennius Sevenia . .
magni aestimat in bjbliotheca sua ponere imagines munidpmn tuorum,
Comelii Nepotis et T. Catii (des Insubrer's, oben 160, 3). Ostiglia (Hosti-
Ha) bei Mantua, das neben andern Orten darauf Anspruch macht seine
Gebortsstätte zu sein, hat ihm am 2 Mai 1868 ein Standbild errichtet.
Lebengzeit: Hieronym. ad Pammach. 12, IL p. 419 Vall.: refert . . Cor-
nelias Nepos se praesente . . eam pro Cornelio . . defensionem peroratam
(J. 689 d. St., B. oben 167, 1). Plin. N. H. IX, 39, 137: Nepos Cornelius,
qm divi Augusti principatu obiit, me, inquit, iuvene violacea purpura vi-
gebat . . nee multo post rubra Tarentina, huic successit dibapha T3rria. . .
bac P. Lentnlus Spinther aedilis cunilis (J. 691 d. St.) primus in praetexta
0808 improbabatur. Vgl. ib. XXXVI, 7, 59. J. 710 d. St. starb ihm ein
Sohn als puer (Cic. ad Att. XVI, 14, 4). Diess, sowie die Bewunderung
womit er an Atticus (geb. 645) emporblickt, macht wahrscheinlicher dass
Nepos um 660 geboren war als (wie Mommsen und Andere ihn ansetzen)
am 650. Com. XXV, 19, 1 (quoniam Fortuna nos superstites ei esse voluit)
beweist keine Altersgleichheit mit Atticus. Aus unerkennbarem Grunde
berichtet Hieron. zu Eus. Chron. erst ad a. Abr. 1977 = 01. 185, 1 = 714
d. St : Cornelius Nepos scriptor historicus clarus habetur. Er überlebte
den Catull (Att. 12, 4) und Atticus (t722; Att. 19, 1), ohne dass aber be-
kannt ist wie lange er nach Herausgabe des Zusatzes zum Atticus (s.
A. 4, Schluss) noch lebte.
2. VerhSltniss zu Atticus, Cicero und CatulL Att. 13, 7: saepe propter
fomiliaritatem domestids rebus interfuimus. Da Atticus 668—689 in Athen
lebte, kann die familiaritas nicht vor 690 begonnen haben. — Gell. XV,
28, 1 zu stark: Cornelius Nepos*. . M. Ciceronis ut qui maxime amicus
familiaris fuit. Briefwechsel des Cicero mit Nepos (oben 170, 3). Rest
daraus bei Suet. Caes. 55; von einem Briefe des Nepos an Cic. bei Lac-
tant Inst. LH, 15, 10 (oben 40, 2). Anderes bei Cic. ad Att. XVI, 5, 5.
14, 4. Catull mochte an den Landsmann von der Heimat aus empfohlen
sein ond fand an ihm einen Gönner, der seiner auch in seinen Chronica
rühmend gedachte; 8. Catull 1, 8£P.
3. Nicht erhaltene Schriften. 1) erotische Gedichte. Plin. Ej». V, 3, 6:
inter quos vel praecipue uumerandus est P. Vergilius, Cornelius Nepos . .
non quidem hi senatoree, sed sanctitas morum non distat ordinibus. —
2) Chronica. Catull 1, 5 ff.: iam tum cum ausuö es unug Italorum
314 Ciceronische Zeit. Zweite Hälfte, 691—711.
Omne aevmn tribus explicare charÜB, DoctiB, luppiter, et laboriosis. An-
son. Epifit. 16: apologos Titiani et Nepotis chroniea, qnasi alios apologos
(nam et ipsa iustar sunt fabularum) . . migi. Dass Saturn als Mensch be-
handelt war deutet auf naiven Eubemerismus. Das Qanze war wohl ein
chronologischer Abriss dergleichen auch Atticus und Yarro verfasst hatten,
nur vielleicht gleichmäseiger auf die ausserrömischen Daten erstreckt. Die
Anftihrungen daraus in C. L. RotVs Ausgabe p. 178 f. — 8) Exempla.
Gell. VI, 18, 11: Cornelius Nepos in libro Exemplorum quinto . . litteris
mandavii Nach den Anfuhrungen daraus (bei Both p. 179 f.) scheint es
dass darin, im Geiste des Yarro, die Einfachheit des alten Bom den ent-
arteten Sitten der Gegenwart gegenübergestellt war. Mamurra (f 709?)
war darin genannt, und vielleicht ist daraus auch Suet. Aug. 77 : non am-
plius ter bibere eum solitiun super cenam in castris apud Mutinam Cor-
nelius Nepos tradit. — 4) Leben des Cato. Com. Nep. Cat. 3, 5: huius
de vita et moribus plura in eo libro persecuti sumus quem separatim de
eo fedmus rogatu T. Pomponii Attid. — 5) Leben des Cicero (in mehreren
Büchern), wohl nach dessen Tod verfasst. Gell. XY, 28, 2: Cornelius Ne-
pos . . in Ubrorum primo quos de vita illius (Cic.) composuit errasse vi-
detur. — 6) Geographisches Werk, wie es scheint in der Weise der Para-
doxographen, ohne Sichtung der Nachrichten, doch mit Angabe der
Ortsentfemungen. Plin. N. H. Y, 1, 4: minus profecto mirentur portentosa
Graeciae mendada . . qui cogitent nostros nuperque paulo minus monstri-
fica quaedam . . tradidisse, . . quaeque alia Cornelius Nepos avidissime
credidit. Die sonstigen Erwähnungen des Werkes bei Both p. 187 — 189.
4. Hieronym. II. p. 821 YalL: (de viris illustribus scripseruut) apud
Latinos . . Yarro (in den Imagines), Santra, Nepos, Hjginus et . . Tran-
quillus. Gell. XI, 8, 5: in libro Comeli Nepotis de inlustribu« viris XIII
(über Cato). Charis. I. p. 141 K.: Cornelius Nepos inlustrium XY, und:
Cornelius Nepos inlustrium virorum libro XYI. vgl. II. p. 220, 12: Nepos
de iulustribus viris IL Serv. Aen. I, 868: Cornelius Nepos in eo libro qui
Yita illustrium inscribitur. Yerweisungen bei Com. Nepos selbst. X, 3, 2:
sed de hoc in eo libro plura sunt exposita qui de historicis graecis con-
scriptuB est. praef 8: in hoc exponemus libro de vita excellentiuni im-
peratorum. XXIII, 13, 4: sed nos tempus est huius libri facere finem et
Bomanorum explicare imperatores, quo fadlius, coUatis utrorumque factb,
qui viri praeferendi sint possit iudicari. Unter den nichtrömischen impe-
ratores werden zuerst die griechischen behandelt, dann, nach einer Ueber-
sicht über die griechischen Könige welche zugleich imperatores waren,
Hamilcar und Hannibal. Ygl. XXI, 1,1: hi fere fuerunt g^aecae gentis
duces (darunter auch Datames) qui memoria digni videantur, praeter re-
ges, namque eos attingere noluimus, quod omnium res gestae separatim
sunt relatae (in dem Buche de regibus). Auf Bücher de pogtis und de
grammaticis weisen Anführungen bei Suetou, vita Terent. 1. 3. gramm. 4
ygl. Diomed. I. p. 405 P. => 410, 9 E. Hienach waren die viri illustres
nach den Gebieten unterschieden worin sie sich auszeichneten und inner-
halb dieser wiederum Nichtrömer (exteramm gentium oder graed) und
Bömer in parallelen Büchern behandelt, ganz wie in den Imagines des
Yarro (oben 154, 5). Die Anfuhrungen aus nichterhaltenen Büchern bei
Both p. 181—186. Zur Char^teristik des vollständigen Werkes v^l. auch
Cornelius NepoB. 315
XYl, 1,1: vereor . . ne non vitam eins enarrare, sed hiBtoriam videar
Bcribere. XV, 1, 3: com exprimere imaginem consuetudinis atqne vitae
velimus. XXV, 19, 1: rerum exemplis lectores docebimus . . suos cuique
mores plenunque conciliare fortunam. Moralisieren auch VUI, 2, 8. 3, 2.
Widmung an Atticus, s. praef. 1. Herausgabe zwischen 719 und 721; Zu-
satz zum Leben des Atticus (nach dessen Tode) 725 oder 726 d. St., jeden-
falls vor 727, wo Octavian (Imperator seit 725) den 'Htel Augustus erhielt;
8. XXV, 19, 2: in affinitatem perrenit Imperatoris, Divi filü.
•
5. Massig ist das Lob bei Gell. XV, 28, 1: Cornelius Nepos remdi
memoriae non indiligens. Quintilian nennt ihn in seiner Aufzählung der
römischen Geschichtschreiber nicht, und Plinius (s. A. 3, Schluss) bezich-
tigt ihn der Leichtgläubigkeit. Zu der Vorstellung die wir hienach von
seiner Grosse als Geschichtschreiber erhalten stimmt vollkommen was von
ihm auf uns gekommen ist. Man begpreift nicht warum er unter den du-
ces oder imperatores gerade diese ausgewählt, andere (und darunter einen
Brasidas, Aratos, Philopömen, Kleomenes Ul) übergangen hat; ebenso steht
die Ausführlichkeit der Behandlung keineswegs immer im VerhSJtniss zur
Wichtigkeit des Geschilderten; wesentliche Quellen (wie Herodot) bleiben
imbenützt, die benützten werden vielfach flüchtig behandelt und missver-
ätanden. Die Reihenfolge der duces und die Anordnung des Stoffes in
ihren vitae ist planlos; Wichtiges und Unwichtiges wird nicht gehörig
unterschieden; das Chronologische wird oft vernachlässigt, um so grösse-
res Interesse dem Curiosen und Anekdotenhaften zugewendet. Die Cha-
rakteristik der Einzelnen ist meist einseitig, vorzugsweise die Lichtseiten
hervorkehrend, und gewöhnlich wird der gerade Geschilderte als der
Grösste in seiner Art hingestellt. Der Stil gehört zu dem genus tenue
und hat etwas Zierliches so lange er sich in kurzen Sätzen bewegt; unter-
ninunt der Verfasser grössere Perioden, so verwickelt er sich in der Kegel
und stolpert. Sprachschatz und Wortstellung zeigen wenig Abwechslung.
Einzelne Wörter und Constructionen weichen von dem Sprachgebrauche
der mustergiltigen Prosaisten der Zeit ab. Aber wer desshalb den Schrifb-
steller in einen andern Zeitraum verlegen wollte würde weit über das
Ziel hinausschiessen. Eine Zeit welche neben einem Cicero und Caesar
nicht nur einen Varro umschliesst sondern auch die Verfasser des bell.
afr. und hisp. und die bald auch einen Vitrüv sah hat sehr gut Raum
auch für einen Stilisten wie Cornelius Nepos. Allem nach war er ein gut-
mütiger, wohlwollender, ehrlicher, aber geistig ziemlich beschränkter
Mensch und Schriftsteller. Vgl. Nipperdey's Einleitung (1849) S. XXI f.
xxvm— XXXIT.
6. Viel Verwirrung hat ein Epigramm von sechs Distichen angerichtet
welches in den Handschriften hinter dem Buche de ezcell. ducibus ext.
gent. steht und worin der Eedeude sein Buch dem Theodosius (I?) über-
reicht, mit der Unterschrift Aemilii Probi de exe. duc. ext. gent. Hber ex-
plicit. Darnach hat sich namentlich Fr. W. Rinck grosse Mühe gegeben
diesen Aemilius Probus unter Theodosius als den Verfasser der fraglichen
vitae zu erweisen. Da aber eine solche Datierung des Werkes literar-
historisch und stilistisch unmöglich ist, und die unbestritten von Cornelius
Nepos herrührenden vitae des Cato und Atticus genau die gleichen histo-
316 Ciceronische Zeit Zweite Hälfte, 691 — 711.
riographisclien uud spracliliclien EigenthümlicLkeiten zeigen wie die der
daces, so ist sicher der Name des Aemilias Probas nur auf die Urheber-
schaft des Epigramm zu beziehen womit derselbe die von ihm gefertigte
Abschrift des Cornelius Nepos begleitete. Möglich dass (wie Bergk, Phi-
lologus XII. S. 580, vermutet) der eine Theil des Namens überdiess aus
Missverstäudniss von EM(endavi) PBOBVS entstanden ist. Auoh für die
Annahme dass das uns vorliegende Werk ein später gemachter Auszug
aus dem ursprünglichen des Cornelius Nepos sei gibt es keinen irgend
haltbaren Grund. Vgl. Madvig opusc. II. p. 123, n. 1. Lachmann, Rhein.
Mus. II (1843) 8. 144. Fleckeisen, Philologus lY. S. 345. Nipperdey (1849)
s. XXXVI- xxxvm.
7. De librorum numero et auctoritate in C. L. Roth's Ausgabe (1841)
p. 207—243. 251—267. So zahlreich die Handschriften sind, so geht
doch keine über das 12te Jahrh. zurück; die meisten sind aus dem 15ten,
haben alle im Ljsander dieselbe Lücke und stammen alle aus derselben
Urhandschrift. Die ältesten, besten und vollständigsten Abschriften dieses
archetypus sind die des Gifanius oder des Daniel, der Leidensis, der Par-
censis zu Löwen (Rhein. Mus. VIII. S. 626—639. W. Vischer, Philologus
XXVI. S. 706 f.), sowie eine ütrechter Ausgabe von 1642.
8. Die Ausgaben sind zahllos; s. Schweiger, class. Bibliographie 11,
1. S. 294 S. Bardili's Praef. p. XIX ff. und über die ältesten Roth (1841)
p. 243 — 261. Ed. princeps ap. lensouum, Venet. 1471 fol. Hauptausgaben
von Lambin (Paris 1569. 4.), A. Schott (cum uotis varr. Frankf. 1608. fol),
Böcler (Argentor. 1640), J. A. Bos (cur. Fischer, Lips. 1769), A. van Sta-
veren (Lugd. Bai 1734. 1773. Stuttg. 1820, 2 Bde, cur. W. H. Bardili), J.
M. Heusinger (cum perp. ann., Eisenach 1747), J. H. Bremi (ed., illustr.,
Zürich 1796. 1812. 1819. 1827), J. Ch. Dähne (ed. et ann. adi. Lips. 1827).
Erste kritische Ausgabe von C. L. Roth, Aemilius Probus etc. praemissa
sunt Rinckii prolegomena (p. I— CLXII), Basel 1841. Erklärt von C. Nip-
perdey, Leipzig 1849.
Schulausgaben (mit deutschen Anmerkungen, bzhgsw. Wörterbuch)
von F. S. Feldbausch (Heidelberg 1828), Dähne (Hehnstedt 1830), Fr. Bil-
lerbeck (Hannover 1830 u. sonst), C. W. Reinhold (Pasewalk 1839. 1854),
J. Siebeiis (Leipzig, Teubner, 1851 ff. 6. Aufl. 1867), C. Nipperdey (kleine
Ausg., 4. Aufl. Berl. 1864), C. W. Nauck (Königsberg 1856), R. M. Horstig
(Wittenberg 1862), F. W. Hinzpeter (Bielefeld 1866, 3. Aufl.) u. A.
Texte von G. A. Koch (Lips. Tauchn. 1855), R. Dietsch (Lips., Teub-
ner, 1863), C. Nipperdey (Berhn 1867).
Uebersetzungen von J. A. B. Bergsträsser (z. B. Frankfurt 1815), J.
Siebeiis (Stuttgart, Hoffmann, 1856), J. Dehlinger u. R. Stern (Stuttgart
Metzler 1869) u. A.
Cornelius Nepos zum Uebersetzen aus dem Lat. ins Griechische bear-
beitet von R. Volkmann, Leipzig 1862.
Beiträge zur Textkritik von A. Fleckeisen (Philologus IV. S. 308—351),
Heerwagen (Collect., Baireuth 1849. 4.), C. Nipperdey (Spicilegium erit. in
C. N., Lips. 1850; Spie, alterius P. I. Jena 1868. 4.).
W. F. Rinck, saggio di un essune critico etc. Venedig 1818; übersetzt
Cornelius Nepos. Kigidius Figulus. 317
▼on D. Hermann, Leipzig 1819; amgearbeitet in C. L. Bothos Ausgabe.
C. F. Bänke, comm. de G. N. vita et scriptis, Quedlinburg 1827. 4. A.
Watidd, de C. N., Dorpat 1832. G. E. F. Lieberkühn, de auctore vitt.
quae sab nomine C. N. femntur, Lips. 1837; Yindiciae Hbrorum iniuria
raspectoTom, Lips. 1844 (defensio C. N. contra Aem. Pr. librarium). J.
Th. Lütkenhns, de C. N. vita et scriptis, MOnster 1838. A. F. Nissen, de
TiÜB quae vulgo C. N. nomine feruntur, Bendsburg 1839. 4. H. Peck,
Jahns Archiv X. S. 73 — 98. Heerwagen, Münchner Gel. Anz. 1846, Nr. 28
— 32. A. Linsmajer, de vit. exe. duc. München 1858. 4. Winkler, Bei-
td^re zu der Streitfrage etc. Berl. Ztschr. f. Gymn. XIX. S. 433-443.
L. Grasberger, zur Würdigung des G. N., Eos L S. 225—242.
De fontibus et auctoritate C. N. von J. F. Hisely (Delft 1827), B. H.
Eys. Wichers (Groningen 1828), A. Ekker (Acta soc. Bheno - Traiect. IIL
1828. p. 193 ff.). Quaestiones historicae in C. N. vitas von Freudenberg
(Cdbü ld39. Bonn 1841. 4.), Biedermann (Bonn 1842. 4.).
Zur vita Alcibiadis J. Wiggera (Lips. 1833), Gatonis A. F. B. S. van
Heemfra (Lugd. Bat. 1825), Attici J. Held (Prolegomena, Breslau 1826).
Domheim, Beiträge zur Latinität des G. N., Detmold 1861. 4.
B. Hanow, de G. N. a loco quem in scholis obtinet removendo, Zül-
lichau 1850. 4. Dagegen z. B. Pomtow, Berliner Ztschr. f. Gymn. XIV.
S. 897—926.
186. Unter den Gelehrten der Zeit nahm die nächste Stelle
Bach Varro P. Nigidius Figulus (Prätor J. 696) ein, wel-
cher in umfassenden Werken nicht blos die Grammatik sondern
auch die Theologie und verschiedene Zweige der Naturforschung
behandelte, aber bei seiner Richtung auf das Entlegene und
Absonderliche wenig Einfluss gewann und bald durch Yarro
völlig in Schatten gestellt wurde. Mit Astrologie befasste sich
auch L. Tarutius, und Appius Claudius (Cos. 700) trieb Nekro-
Biantie und schrieb über das Auguralwesen, lieber das Letz-
^re yerfassten gleichfalls Schriften C. Marcellus, M. Messala
(Cos. 701), L. Caesar und A. Caecina. lieber verwandte Ge-
genstände schrieb Veranius und ein Manilius.
1- P. Nigidius (Cic. p. Süll. 14, 42. Timae. 1. Plufc. Cic. 20. an seni
^ u. sonst) Figulus (vgl. Schol. Lucan. I, 639), Prätor 696 (Cic. ad Qu.
^' If 2, 6, 15), also spätestens 656 geboren. Als eifriger Pompejaner von
Caesar verbannt (Cic. ad fam. IV, 13 vom J. 708). Hieron. zu Eus. Chron.
*• Abr. 1972 = Ol. 183, 4 = 709 d. St.: Nigidius Figulus Pythagoricus
^t magUB in ezilio moritur. Als Pythagoreer war er politisch conservativ
QQd leistete dem Cic. gegen Catilina wesentliche Dienste (p. Süll. u. Plut.
^ 1). Orphisch mystische und magische Richtung des damaligen Pytha-
goreismos, auch bei Nig. Fig. Geheimkünste, Herbeischaffen von Gestoh-
lenem (Apulej. mag. 42), Nativitätstellen (Suet. Aug. 94. Dio XLY, 1).
Vielleicht auf hiedurch herbeigeführte Coufiicte mit der Polizei bezieht
318 Ciceromscbe Zeit. Zweite Hälfte, 691—711.
sich das sacrilegium Nigidianum bei Ps. Cic. in Sali. resp. 5. Vgl. Momin-
Ben E. G. III «. S. 552 f.
2. M. Hertz, de P. Nigidii Figuli studüa atqae operibus, Berlin 1845.
Quaestiones Nigidianae von J. Klein {de vita Nigidii, Bonn 1861) und J.
Frey (Böasel 1867. 4.). Sammlung seiner Fragmente von A. Bicoobonns
(Basel 1579), J. Rutgers (Var. lect., Lugd. B. 1618, UI, 16. p. 246—298);
der astronomischen bei B. Merkel, Ovid. Fast p. LXXXVI ff. A. Breysig,
de N. F. fragmentis apud schol. Germanici servatis, Berlin 1854. F. Bfi-
cheler, Bhein. Mus. XIU. S. 177 ff.
3. Cic. Timae. 1 : fuit vir ille cum ceteris artibus, quae qnidem dignae
Ubero essent, omatus Omnibus, tum acer investigator et diligens earum
rerum quae a natura involutae yidentur. denique sie iudico, post illos
nobiles Pythagoreos . . hunc ezstitisse qui illam (disciplinam) renovaret.
GelL lY, 9, 1: Nigidius Figulus, homo, ut ego arbitror, iuzta M. Yarro-
nem doctissimus. Ygl. ib., 16, 1. X, 11, 2 (bomo in omnium bonarom ar-
tium disdplinis egregius). XI, 11, 1. XIII, 26, 1. 5. XY, 3, 5. XYII, 7, 4.
Schol. Bob. Cic. Yatin. p. 317 Or. Serv. Ae. X, 175: Nigidius est solus
post Varronem, licet Yarro praecellat in theologia, hie in communibus lit-
teris. nam uterque utrumque scripsit.
4. Commentarii grammatici wahrscheinlich in 30 Büchern (GelL X, 5,
1 : P. Nigidius dicit in commentariorum undetricesimo), die Grammatik in
ihrem ganzen Umfang behandelnd, auch Orthographie, Synonymik, Ety-
mologie, und gern auf die Ursachen der Erscheinungen zurückgehend,
vielfach im A^^schluss an Yarro. In der Etymologie Purist (frater z. B.
von fere alter). Gell. XYII, 7, 5: anguste perquam et obscure disserit, ut
signa rerum ponere videas ad subsidium magis memoriae suae quam ad
legentium disciplinam. XIX, 14, 3: Nigidianae commentationes non pro-
inde (wie die des Yarro) in volgus exeunt et obscuritas subtilitasque earum
tamquam parum utilis derelicta est.
6. Quintil. XI, 3, 143 : qui de gestu scripserunt circa tempora illa (der
veteres), Plotius Nigidiusque.
6. P. Nigidius in libro quem de eztis composuit. Gell. XYI, 6, 12.
Nigidius Figulus in libro primo augurii privati, ib. Yü (VI), 6, 10. Lyd.
de ostent. 45: 6 NiyCdiog iv rj töov ovsCqtov iniaxi^si, Ygl. ib. 27 ff.
[i(p7Jii8QOs ß(fOvxoa%onta . . Tiara tov^Pcmaiov ^lyovXov i% xoiv Tayiqxoq),
7. Macrob. lU, 4, 6: Nigidius de dis libro nono decimo. Es werden
also wohl mindestens 20 gewesen sein. Sie erstreckten sich auch auf den
Cultus, einheimischen wie ausländischen. Sammlung der Ueberreste in
Merkers Ausg. der Fasten, p. CLXXXY ff.
8. Naturwissenschaftliche Schriften. Cic. Timae. 1 (s. oben A. 3). a)
Astronomisches. Serv. Ge. I, 43: Nigidius in Sphaera graecanica; 218:
Nigidius commentario Sphaerae graecanicae. ib. 19: Nigidius . . Sphaerae
barbaricae. Ueber deren Yerhältniss s. Bücheier, Bhein. Mus. XIII. S. 177
— 188. — b) P. Nigidii in secuudo librorum quos de vento composuit verba.
Gell. II, 22, 31. Nigidius de ventis IIH ait, Schol. Bern. Georg. I, 428.
Nach C. Wachsmuth (Lyd. de ost. p. XXI Y — XXYI) ist daraus was sich
bei Lydus ost. p. 19 f. über die Wetterzeichen findet. — c) Zoologisohes.
NigidiuB Fignlus, Ap. Claudius, Caecina u. A. 319
GeDL VI (VH), 9, 6; P. Nigidius de animalibus Ubro IL Macrob. lü, 16,
7: Nigidius Figulus . . in . . libro de animalibus quarto. Rutgers p. 270 fr.
Serv. Ae. I, 178: Nigidius de hominum naturalibus IUI (über die Zeu-
gung); TgL Plin. N. H. VII, 15, 66 f. — Eine Schrift de terria behauptet
J. Klein p. 26.
9. Cic. de diyin. II, 47, 98: L. Tarutius Firmanus, familiaris noster,
in primis Chaldaeicis rationibus eruditus, urbis nostrae natalem diem re-
petebat etc. Vgl. Plut. Romul. 12. Lyd. de mens. I, 14 (Tag^ovriog 6
fut^flliaxLHOs). Oben 182, 6. Mommaen, röm. Ghronol.* S. 145 ff.
10. Appius Claudius Ap. f. Pulcher, Augur seit 695, Prätor 697,
CoB. 700, als Procos. yon Kilikien Cicero*s Vorgänger, Censor 704, f 706;
ein rechtes Prototyp des Durchschnittsschlags der damaligen Nobilität,
sich selbst Alles erlaubend, gegen Andere aber eine strenge Amtsmiene
annehmend, und von einer Halbbildung welche allem Aberwitze Baum liess.
VgL A. Haakh in Pauly's B^al-Enc. II. S. 412-416, Nr. 41, und Bull, dell*
inst. arch. 1860, p. 225 — 233. 1861, p. 63 f. C. I. lat. I, 619. p. 181 f.
Cic. Brat. 77, 267: Appius Claudius, collega et familiaris mens, . . et satis
stodioBos et valde cum doctos tum etiam exercitatus orator et cum auga-
rabs tum omnis publici iuris antiquitatisque nostrae bene peritus fuit.
Tose. I, 16^ 37: ea quae mens amicus (zeitweise) Appius v8%vo(iavxsia
fadebat. de diyin. I, 58, 132 : psychomantia, quibus Appius . . uti solebat.
ad €am. III, 4, 1 (J. 703) an ihn: illo libro augurali quem ad me aman-
tisiime scriptum suavissimum misisti. de legg. II, 13, 32: est . . inter
Marcellom (C. Claudius Marcellus, der Cos. 704 oder der 705 d. St.) et
Appium , optimos augures , magna dissensio (nam eorum ego in libros in-
cidi), cum alteri placeat auspicia ad utilitatem reip. composita, alteri dis-
ciplina vestra (augurum) quasi divinari videntur posse. Dass Letzteres die
Ansicht des Appius war erhellt aus de divin. II, 35, 75. Fest. y. sollisti-
mam, p. 298 M. : Ap. Pulcher in auguralis disciplinae libro I aii VgL
noch Cic. ad fam. HI, 9, 3. 11, 4.
11. M. Valerius Messala, Cos. 701; s. A. Haakh in Pauly's Real-Enc.
VI, 2. S. 2347—2349, Nr. 77. Macrob. I, 9, 14: M. Messala, Cn. Domitii
in consulatu collega idemque per annos LV augur, de lano ita incipit.
Geil. XIU, 14, 5 f. (über das pomoerium). 15, 3 (liber M. Measalae augu-
ris de auspicüs pnmus). 16, 1 (Messala in eodem libro). Fest. p. 157. 161
(Mewaia augur in explanatione auguriorum). Er ist wohl auch der Vale-
rias Messala dessen explanatio XII tabularum Festus p. 253. 321. 355 an-
fuhrt und der ausserdem de dictis involute schrieb (Fest p. 321).
12. Priflcian. VIU. p. 791 P. » 380, 3 f. H: Lucius Caesar: certaeque
res augurantur. Fest. p. 161 M.: maiorem consulem L. Caesar putat did
eum qui u. s. w. Dadurch erhalten ihre genauere Beziehung die Anführ-
ungen bei Priscian. VI. p. 719 P. =« 270, 5 H. (Caesar in Auguralibus) und
Macrob. I, 16, 29 (lulius Caesar XVP Auspiciorum libro negat uundinis
contionem adyocari posse).
13. Pünius N. H. I, Quellen zu B. H: Caecina, qui de etrusca disci-
pHna (scripsit). Cic. ad fam. VI, 6, 8 (J. 708 oder 709 an Caecina): si
ie ratio quaedam etruscae disdplinae, quam a patre . . acceperaa, non
fefelUt. Sen. nai quaest II, 56, 1: haec (über fulguratio) apud Caecin-
320 Ciceroniscbe Zeit. Zweit« Hälfte, 691—711.
nam invenio, facundum virum et qui habuisset aliquando in eloquentia
nomen, uisi illum Ciceronis ombra pressisset. Vgl. ib. 39, 1. 49, 1. Schol.
Veron. zu Aen. X, 198 (p. 103 f. ed. Keil). Cic. ad fam. VI, 9 (J. 708): et
patre eius . . plurimam usi sumus et hunc a puero, qaod et spem magnam
mihi afferebat summae . . eloquentiae et vivebat mecum ^coniunctiBsime . .
etiam studüs communibas, semper dilezi. Jene Schrift echeint er erst spä-
ter verfasst zn haben. Die Vertheilung der Nachrichten zwischen Vater
und Sohn macht einige Schwierigkeit. Der Vater scheint der von Cicero
J. 685 (wo er etwa 40 J. alt war) vertheidigte Caeciua (oben 166, 18) zu
sein. Suet. Caes. 76: AuU Caecinae criminosissimo libro . . laoeratam ex-
istimationem sufun civili animo tulit. Doch hatte ihn Caesar desshalb aus
Italien verbannt, trotzdem dass der Angriff in die Zeit des offenen Krie-
ges fiel: armatus adversario male dixi, sagt Caecina selbst in dem leben-
dig geschriebenen Briefe (vom J. 708) bei Cic. ad Fam. VI, 7 (bei Zim-
mermann p. 48 — 58), womit er eine (in Sicilien verfasste) Schrift (in Prosa,
vielleicht in Form eines Schreibens an Caesar) begleitet, welche die Auf-
hebung seiner Verbannung von Caesar erwirken sollte. Titel derselben
Querelae; s. ib. 6, 8: (Caesar) mitis demensque natura, qualis exprimitur
praeclaro iUo libro Querelarum tuarum. Nach dem africanischen Kriege
scheint ihn Caesar amnestiert zu haben (b. afr. 89). Empfehlungsschreiben
für ihn vom J. 708 Cic. ad fam. VI, 9. XIII. 66: hominis omuibus mecum
studüs officiisque coniunctissimi; Adressat soll ihn in reliquiis veteris ne-
gotiationis (in Asien, vgl ad fam. VI, 6, 2. 8, 2) colligendis unterstützen.
Drumann G. R. VI. S. 279 ff. A. H. Gr. Zimmermann, de A. Caecina scri-
ptore, Berlin 1852.
14. V er an i US in eo qui est auspiciorum de comitiis, Festus v. referri,
p. 289 a, M. Hienach scheint Veranins noch in die Zeit der Bepublik zxx
fallen; später als unter August keinenfalls. Festus p. 168 a: Veranius in
libro [quem inscripsit priscarum vo]cum, nach der Ergänzung des Ursinus.
Vgl. ib. p. 203. 205. 250. 263. 348. Veranius Pontificalium eo libro quem
fecit de supplicationibus, Macrob. III, 6, 14; vgl. ib. 6, 6 (in Pontificalibus
quaestionibus). ib. 2, 3 f.: Veranius ex primo Ubro Pictoris (vgl. oben
105, 7) über porricere. ib. 20, 2: Veranius de verbis pontificalibus.
15. Manilius, neben Granius, Aelius, Varro, Comificius, Cincius als
Schriftsteller über die novensiles aufgezählt bei Amob. adv. gent. III, 88 f.
Vgl. Festus V. sexagenarios, p. 334 a: cuius causam Mani[liu8 hanc refert].
16. lieber Cornelius Baibus s. unten 196, 4.
187. In kümmerlichen Verhältnissen bewegten sich ^andere
Gelehrte die zugleich Lehrer waren, wie der Kritiker Valerius
Cato, welcher auch Gedichte erotischen und mythologischen
Inhalts verfasste. Der Verfasser der auf uns gekommenen bu-
kolisch-erotischen Gedichte Dirae und Lydia ist er aber nicht.
In ähnlicher Lage war auch der charaktervolle, aber grämliche
Orbilius Pupillus aus Beneventum (J. 640 — c. 737), und Frei-
gelassene wie Curtius Nikias.
1. Suet. gramm. 11, p. 109 f. Rffsch.: (P.?) Valerius Cato, ut non-
VaJeriua Cato. Dirae. Lydia. 321
ualH tradiderunt, Burseoi cuiusdam libertus ex Gallia (cisalpiDa?); ipse 11-
hello cai est titulus Indignatio ingenuam ee natiun ait et pupillum relictum
eoqae fadlius licentia Sullani temporis exutum patrimonio (also wohl ge-
boren am 664 d. St.). docuit multos et nobiles visusque eet peridoneuB
praeceptor, maxime ad poeticam tendeutibus. . . is scripsit praeter gram-
maticos libellos etiam poemata, ex quibus praecipue probantur Lydia et
Diana. . . vixit ad extremam seuectam, sed in summa pauperie et paene
inopia, . . postquam Tusculana villa creditoribus cesserat. Helvius Ciuna
preist ib. die Diana (Dictyuna) freundschaftlich als ein unsterbliches Werk.
Bibacolus ib.: mei domum Catonis und nennt ihn unicum magistrum,
summum grammaticum, Optimum poetam. Ein anderes Gedicht ib.: Cato
grammaticus, latina Siren, qui solus legit ac facit poetas. So beschäftigte
er eich mit Lucilius, Hör. S. I, 10 die Eingangsverse; vgl. Suet. gramm.
2 extr. Ib. 4: Valerium Catonem, poetam simul grammaticumque notis-
simam. Auf erotischen Inhalt seiner Gedichte deutet Ovid. Trist. II, 436:
et leve Cornifid parque Catonis opus. Vgl. Schwabe, Quaest. Catull. p. 305
— 312. Ob die Indignatio gebundene Form hatte ist nicht bekannt.
2. Der umstand dass auch das Dirae betitelte Gedicht von 183 Hexa-
metern, welches sich in Handschriften der pseudovergilischen carmina mi-
uora findet, Verwünschungen enthält, ausgestodsen über ein Gut das dem
Redenden in Folge der Bürgerkriege entrissen worden ist, und dass die
zweite Hälfte (v. 104—183) eine Klage um die geliebte Lydia bildet, ver-
anlasste J. Scaliger, Näke u. A. den Valerius Cato für den Verfasser zu
halten. Aber weder die Unmündigkeit noch die sullanische Zeit treffen
bei diesem Gedichte zu, das vielmehr auf die Ackervertheilungen des J.
713 hinweist. Vgl. K. F. Hermann, Gesamm. Abhh. S. 114—118. Merkel
zur Ibis p. 364. Das Zerfallen in zwei Theile, Dirae und Lydia, erkannte
F. Jacobs, in Heeren's Bibliothek 1792, S. 56—61 = Vermischte Schriften
V. S. 639 ff.; die strophische Gliederung, markiert durch Refrains und im
Bembinus durch rothe Anfangsbuchstaben, K. Fr. Hermann a.a.O. S. 118
— 131 (mit metrischer Uebersetzung der Dirae), und F. C. Göbbel, de
ephymn. rationibus (Göttingen 1858) p. 48—56, Ueber die strophische Com-
podtion der Dirae des V. C, Warendorf 1861, und Valeri Catonis quae
feruntur carmina, rec. notisque instruxit . . praemissus est libellus de Di-
rarum compositione strophica emendatus, Warendorf 1865. Von einem
zweiten Redenden und somit Wechselgesang ist keine sichere Spur; Bat-
tarus der Dirae ist nichts als Angeredeter, ohne weitere Persönlichkeit.
Sichtlich ist geschichtlicher Aasgangspunkt und Verfasser bei beiden Ge-
dichten derselbe (vgl. auch Dir. 2ü mit Lyd. 13); dass die Trennung von
der auf dem Gute zurückbleibenden Lydia (v. 41. 89. 95 ff) den Verlust
des letzteren besonders schmerzlich mache sagen schon die Dirae, ohne
dass der Zusammenhang der Lydia mit dem Gute klar würde. Die „Ly-
dia'* beneidet das Gut um den Besitz der Geliebten und beklagt deren
unverschuldeten Verlust, unter Aufwand von mythologischer Gelehrsamkeit
und in dem tändelnden, Menschen- und Manneswürde verkennenden Tone
eines Theiles der Elegiker der augusteischen Zeit, deren Anfängen beide
Gedichte ohne Zweifel angehören. Sie dem Vergil zuzuschreiben bestimmte
die Tbatsache dass auch dieser im J. 713 sein Gut eingebüsst hatte. Son-
stige Uebereinstimmung mit dessen Verhältnissen, Denkweise und dich-
Teuf Tel, Rom. Literaturg-eschichlc. 21
322 CiceroniÄche Zeit. Zweite Hälfte, 691—711.
teriecher EigenthümKchkeit ist aber nicht vorhanden. — Ausgaben: Cata-
lecta Virgilii . . cum comm. loa. Scaligeri, Lugd. Bat. 1617, p. 169 ff.; in
Burmanns Anthol. lat. IL p. 649 ff. und Wernsdorfs poetae lat. min. HI in.
Cum brevi aunot. crit. ed. H. C. A. Eichstaedt, Jena 1826. 4. Rec. et . .
illustr. C. Putsche, Jena 1828. Daraus in Meyer's Anthol. lat. 108 und bei
F. A. Giles, London 1838. V. C. carmina cum animadv. A. P. Naekii.
accedunt . . de V. C. eiusque vita ac poesi . . diss. cura L. Schopeni, Bonn
1847. Dirarum carmen enarratum et recognitum ed. 0. Ribbeck, Kiel 1867. 4.
und in seiner Appendix Vergiüana (1868) p. 165—178. vgl. p. 22 f. 50—61.
Kritische Beiträge von M. Schmidt (Philologus Vm. S. 190—192) und F.
C. Göbbel (Berl. Ztschr. f. Gymn. 1866, S. 584—590).
3. Suet. gramm. 9: (L.?) Orbilius Pupillus Beneventanuß . . primo
apparituram magistratibus feeit, deinde in Macedonia comiculo, mox equo
meruit, functusque militia studia repetit, quae iam inde a puero non le-
viter attigerat; ac professus diu in patria quinquagesimo demum anno
Romam consule Cicerone (J. 691 d. St.) transiit, docuitque maiore fama
quam emolumento. namque iam persenex pauperem se . . quodam scripto
fatetur. librum etiam cui est titulus nsQialy^g edidit continentem quere-
las de iniuriis quas professores neglegentia aut ambitione parentum acci
perent. fuit autem naturae acerbae . . etiam in discipulos, wofür das
Zeugniss des Horatius (Ep. 11, 1, 71) und des Domitius Marsus beigebracht
wird, ac ne principum quidem viroruin insectatione abstinuit. . . vixit
prope ad ceutesimum aetatis annum. . . statua eins Beneventi ostenditur
in Capitolio. Aus einer Schrift von ihm ib. 4 u. 8. Er ist vielleicht (Wiss,
Reisig u. A.) der grammaticorum equitum doctissimus dessen Herbigkeit
in den Eingangsversen von Horaz Sat. I, 10, 4 ff. der Feinheit und Milde
des Valerius Cato gegenübergestellt wird imd welcher puerum (etwa den
Scribonius Aphrodisiensis, Suet. gramm. 19) mit aller Gewalt zum Ver-
fechter der alten Dichter heranbilden will. — A. G. Lange, Andenken au
Orbilius, in dessen vermischten Schriften S. 182 — 188.
4. Suet. gramm. 14: Curtius Nicia adhaesit Cn. Pompeio et C. Mem-
mio; sed cum codidllos Memmi ad Pompei uxorem de stupro pertulisset
proditus ab ea Pompeium offendit domoque ei interdictum est. fuit et
Ciceronis familiaris, wofür Belege beigebracht werden aus dessen Briefen
ad Dolabellam (wo Niciam nostrum) und ad Atticum (XII, 26, 2 vom J.
709: de Nicia quod scribis, si ita me haberem ut eins humanitate frui
possem in primis vellem iUum mecum habere. . . praeterea nosti Niciae
nostri imbecillitatem , mollitiam, consuetudinem victus). huius de LuciUo
libros (vgl. oben 122, 5) etiam Santra comprobat.
188. Den Stoicismus brachte der jüngere Cato (J. 659 —
708) zu Ehren ^ indem er sich zu ihm offen bekannte und in
Wort, Leben und Sterben dessen Grundsätze verwirklichte. Die
Starrheit des stoischen Systems stimmte trefflich zu der Un-
beugsamkeit von Cato's Charakter, wovon eine gewisse Einsei-
tigkeit und Selbstbeschränkung unzertrennlich war.
1. M. Porcius Cato, Urenkel des Censorius, geb. 659, Quaestor 689,
Orbilius. Cato Uticensis. 323
Volkstribun 692, Prätor 700, gab sich nach der Schlacht bei Thapsus,
April 708, um nicht die Republik zu überleben, zu Utica selbst den Tod.
Bei allem Mangel an Weitsichtigkeit und geistiger Beweglichkeit war er
doch überaus ehrenwerth durch die Treue, Festigkeit und Uneigeunützig-
keit womit er der Sache der Republik diente. Vgl. Plutarchs Cato minor
(wohl nach Paetus Thrasea). Charakteristik bei Sali. Catil. 64. W. Dru-
mann, G. R. V. S. 153—198. W. Teuffei in Pauly's Real-Enc. V. S. 1911
—1915, Nr. 2Ö. H. Köchly, akad. Vorträge I. S. 53-152. H. Wartmann, -
Leben des Cato von Utica, Zürich 1858. F. D. Gerlach, M. Porcius Cato
der jüngere, Basel 1866.
2. Willkürlich zu a. Abr. 1948 = Ol. 177, 4 = 685 d. St. Hieronym.
Eos. Chron.: M. Porcius Cato stoicus philosophus agnoscitur. Cic. Brut.
31, 118: stoici . . traducti a disputando ad dicendum inopes reperiuntur.
unum excipio Catonem, in quo perfectissimo stoico summam eloquentiam
noD desiderem. 119: habet a stoicis id quod ab illis petendum fuit, sed
dicere dididt a dicendi magistris eorumque more se exercuit. legg. III,
18, 40: uec est nmquam longa oratione utendum, nisi autpeccante senatu
. . tolli diem utile est aut cum tanta causa est ut opus sit oratoris copia;
. . quorum generum in utroque magnus noster Cato est. Verwendung der
Philosophie, s. oben 40, 3. E. Quintil. XI, 1, 36: Cato eloquens Senator
fuit. Plut. Cato min. 5: 6 Xoyog vsagov filv ovdiv ovdl nofixlfov flx^^y
dlV Tjv OQÜ'iog xofl nsQinccd'rig nal tQaxvg. ib. 23: xovxov fiovov iv Kattov
(Ins diaam^ca^ai tpaal tov Xoyov (die Rede gegen die Catilinarier), da sie
der Cos. Cicero habe nachschreiben lassen, falls diess nicht etwa Ver-
wechslung mit derjenigen ist welche Sallust (Catil. 52) ihm in den Mund
legt. Schneider, de Catone üticensi oratore, Ztschr. f. d. Alt.-Wiss. 1843,
Nr. 1 1 2 f. üeber Cato's lamben gegen Metellus Scipio , der ihm seine
Braut entführt hatte, s. oben 27, 2. Das einzige Schriftliche was von ihm
auf uns gekommen ist sein Brief an Cicero vom J. 704, ad fam. XV, 5.
— Piin. N. H. Vir, 30, 113: Uticensis Cato unum ex tribunatu militum
(J. 687) philosophum, alterum ex Cypria legatione (J. 696) deportavit (nach
Rom). Besonders befreundet war er mit den Stoikern Antipatros aus Ty-
ros (Plut. 4.), Athenodoros (ib. 10), ApoUonides (ib. 65 f.); doch auch mit
dem Peripatetiker Demetrios (ib.), sowie mit Philostratos (ib. 57).
189. Innerhalb des Rechts hatte Caesar den Plan gefasst
das gesammte geltende ins civile in ein Gesetzbuch zu sammeln^
und sein üehölfe dabei war der gelehrte Jurist A. Ofilius,
dessen schriftstellerische Thätigkeit das gesammte Gebiet des
Rechts umspannte. Nächst diesem war der bedeutendste Rechts-
kenner der vielseitig gebildete witzige jüngere Freund des Ci-
cero, C. Trebatius Testa, der noch weit in die augusteische
Zeit hinein lebte und Lehrer des Antistius Labeo war. Unge-
fähr gleichaltrig mit Trebatius war der republikanisch gesinnte,
charaktervolle und gleichfalls witzige Jurist A. Cascellius,
sowie L. Valerius.
1. Suet. Caes. 44: (destinabat) ius civile ad certnm modum redigere
21*
324 Ciceronische Zeit. Zweite H&lfbe, 691—711.
atque ex immensa difPusaque legum copia optima quaeque et necessaria
in paucissimoB conferre libros. Md. Orig. V, 1, 5: leges redigere in libros
primus cos. Pompeius instituere voluit, sed non perseveravit, obtrectato-
rum metu (wohl vor den Juristen), deinde Caesar coepit id facere, sed
ante interfectos est.
2. A. Ofilius, Schüler des Ser. Sulpicius, s. oben 161, 5. Pompon. Dig.
I, 2, 2, 44: ex his aaditoribiis plurimum auctoritatis habuit Alfenus Vams
et A. Ofilius, ex quibns . . Ofilius in equestri ordine perseveravit. is fuit
Caesari familiarissimus et libros de iure civili plurimos et qui omnem
partem operis fundarent reliquit. nam de legibus vicesimae (vielmehr
mit Sanio, rechtshist. Abh. 1845, S. 78: XX = de legibus viginti libros)
conscripsit (et) de iurisdictione (über das obrigkeitliche Recht; vgl. Dig.
XXVI, 7, 36), idem edictum praetoris (vgl. Dig. II, 7, 1, 2. XLIÜ,
20, 1, 17. 21, 3, 10) primus diligenter composuit. (46.) . . ex his Treba-
tius peritior Cascellio, Cascellius Trebatio eloquentior fuisse didtur, Ofilius
utroque doctior. Schüler von ihm waren Tubero (ib. 46) und Atejus Ca-
pito (ib. 47)^ In den Digesten wird, angeführt Ofilius libr. V iuris partiti
(XXXÜ, 55, 1. 4. 7), Of. libr. XVI actionum (XXXIII, 9, 3, 5. 8), Of. ad
Atticum (L, 16, 234, 2). Als Jurist erwähnt ihn Cic. ad Fam. VII, 21 (J.
710) und vielleicht ad Att. XIH, 37, 4 (J. 709) vgl. Fam. XVI, 24, 1 (J.
710). Rudorff, röm. Rechtsgesch. I. S. 164.
3. Pompon. Dig. I, 2, 2, 45: fuit eodem tempore (wie Ofilius) et Tre-
batius, qui idem (quidem? oder Trebatius, Quinti C. M. auditor. fuit
ex etc.) Comelii Maximi (oben 141, 4) auditor fiiit. ex his Trebatius peri-
tior u. 8. w. (s. A. 2). . . Trebatii complures (libri exstant), sed minus
frequentantur. 47: Antistius Labeo . . institutus est a Trebatio. Geboren
war C. Trebatius Testa um. 665 zu Velia in Lucanien, kam als adolescens
nach Rom und in Verbindung mit Cicero, der ihn, zur Besserung seiner
Vermögensumstände, J. 700 nach Gallien an Caesar empfahl (ad fam.
VII, 5), wo er mindestens ein Jahr blieb. Aus dieser Zeit sind Cicero's
Briefe an ihn, ad fiun. VII, 6—18; dazu aus J. 710 ib. 19—21, und unbe-
kannten Datums ib. 22. Von daher blieb er auf Caesars Seite, aber ver
mittelnd und 'mässigend ; so dann auch unter August; s. Hör. S. II, 1.
Justinian. Inst. II, 25 pr.: dicitur Augustus convocasse prudentes, inter
quos Trebatium quoque, cuius tunc auctoritas maxima erat. £r scheint
noch ums J. 740 gelebt zu haben. Porphyrio zu Hör. 1. 1. (p. 200 Hauth.):
ad Trebatium scribit equitem romanum (Letzteres durch Octavian ge-
worden? W. Teuffei zu Hör. S. II, 1, 29). hie est Trebatius iuris peritus,
qui locum obtinuit inter poetas (was ganz zu dem Bilde des heiteren
Lebemannes stimmt) et aliquot libros de civiU iure composuit et de reli-
gionibus novem (vielmehr XI?). Letztere bei Gell. VII (VI), 12, 4: C. Tre-
batius . . in libro de religionibus secundo; Macrob. lU, 7, 8 (Trebatius
Religionum libro nono) und 3, 5 (Trebatius libro decimo Religionum);
vgl. ib. I, 16, 28. ni, 3, 2. 4. 5, 1. Serv. Aen. XI, 316 (Trebatius de re-
ligionibus libro VII). Unter seinen juridischen Schriften finden sich nament-
lich von seinem Commentar zum Edictum aedilium curulium Spuren in den
Digesten (IV, 3, 18, 3 f. XXI, 1, 6, 1. 12, 4. 14, 3. vgl. Gell. IV, 2, 9 f.).
Ausserdem vgl. Dig. XI, 7, 14, 11. XXXII, 100, 1. 3. XLI, 2, 3, 5. XLIII,
Ofilius. TrebatiuB. Cascellios. 325
24, 22, 3. S. W. Zimmern, Geach. d. röm. Privatrechts I, 1. S. 297—299.
0. Stange, de C. Tr. T. et de eo loco quem inter aequales tenuerit, Berlin
1849. A. Haakh in Paul/s Eeal-Enc. VI, 2. 8. 2078—2080. W. Teuflfel,
im Commentar zu Hör. Sat. TI (Leipzig 1857), S. 10—14.
4. Pompon. 1. 1. 45: A. Cascellius, Quintns Mucius Volusii auditor,
denique in illius honorem testamento Publium Mucium uepotem eins reli-
quit heredem. Hier ist Yolusii wohl abzuändern in Volcatii, nach Plin.
N. H. Vin, 40, 144: Volcatium nobilem, qui Cascellium ins dvile docuit.
Fraglich ist sodann das Yerhältniss in -welches Q. Mucius (oben 141, 1}
znm üebrigen zu setzen ist: entweder Q. Mucii et Volcatii auditor (vgl.
W. Teuffei in Pauly's Real-Enc. V. S. 188 f. Nr. 21) oder Q. Mucü audi-
toris Volcatii auditor (Mommsen). Weiter berichtet Pomp. 1. 1. über Cas-
cellius: fuit autem quaestorius, nee ultra proficere voluit, cum illi etiam
Aagostns cousulatum offeiret. ex bis etc. (A. 2). Cascellii scripta uon
esstant nisi unus liber bene dictorum (Sammlung seiner Witzworte durcii
einen Andern? vgl. oben 110, 6. 178, 2.). Val. Max. VI, 2, 12: Cascellius,
vir iuris civilis scientia clarus, quam periculose contumax! nullius enim
aat gratia aut auctoritate compelli potuit ut de aliqua earum rerum quas
triumviri dederant formulam componeret, hoc animi iudicio universa eorum
beneficia extra omnem ordinem legum ponens. idem cum multa de tem-
poribus liberius loqueretur (unter August) . . duas res . . magnam sibi
licentiam praebere respondit, seuectutera et orbitatem. Vgl. noch Hör.
Ep. II, 3, 371 (als lebend vorausgesetzt). Quintil. VI, 3, 87. Macrob. II,
6, 1 (Cascellius iuris consultus urbanitatis mirae libertatisque habebatur,
mit Anführung eines Witzes von ihm aus dem J. 698 d. St.). Er ist wohl
der Urheber des iudicium Cascellianum sive secutorium bei Gaj. Inst. IV,
166. 169. Angefahrt wird er Dig. XXXII, 100 pr. XXXHI, 6, 7 pr. XXXV,
1, 40, 1. E. G. Lagemans, de A. Cascellio icto, Lugd. Bat. 1823. 4.
Zimmern, Gesch. d. rÖm. Privatrechts I, 1. S. 299 f. H. E. Dirksen, der
Rechtsgelehrte A. Casc, ein Zeitgenosse Cicero's, Berlin 1858. 4.
5. L. Valerius iureconsultus, ex domestids atque intimis familiaribus
des Cicero (ad fam. HI, 1, 3 vom J. 702), auch witzig wie sein Alters-
and Fachgenosse Trebatius (ib. 1, 10), wie es scheint aus Apulien gebürtig
(Apuliam tuam, ib. vom J. 700). Nicht unwahrscheinlich ist es dass er
gemeint ist auch ib. VII, 11, 2 (J. 701, an Trebatius): si diutius frustra
abfueris, non modo Laberium sed etiam sodalem nostrum Valerium per>
timesco. mira enim persona indud potest Britannici iureconsulti; woraus
zu schliessen wäre dass auch er Mimen verfasst hätte. VgL Schwabe,
Quaest. Catull. p. 25 f. Möglicher Weise ist er auch der Valerius welcher
als Commentator der zwölf Tafeln erwähnt wird (oben 76, 6).
190. Unter den Rednern dieser Generation erwarben sich
Anerkennung besonders M. Calidius (Prätor 697) und der ta-
lentvolle, aber sittenlose C. Memmius (Prätor 696), Letzterer
zugleich in gebundener Form sich versuchend und bekannt
durch seine Verbindung mit Lucretius und wohl auch OatuUus.
Ausserdem sind als Redner zu nennen C. Manilius und P. Sestius.
1. Hierou. Bus. Chron. ad a. Abr. 1960 «=: Ol. 180, 4 c= 697 d. St.:
326 Ciceronische Zeit. Zweite Hälfke, 691 — 711.
M. Calidius orator clarus habetur, qui hello postea civili (J. 707) Cae-
sarianas partes secutus (vgl. Caes. b. c. I, 2), cum togatam Galliam regeret,
Placeutiae obiit. Nach ib. a. Abr. 1953 == Ol. 179, 1 war Apollodoros Pergam.
sein Lehrer in der Beredtsamkeit. Ausführliche Schilderung seiner redneri-
schen Eigenthümlichkeit bei Cic. Brut. 79, 274—80, 278, wo z. B. : non fuit
orator unus e multis, potius inter multos prope singularis fuit, ita reconditas
exquisitasque sententias mollis et pellucens vestiebat oratio. . . accedebat
ordo rerum plenus artis, actio liberalis, totumque dicendi placidum et sauum
genus. . . nee erat uUa vis atque contentio. Vgl. Vellej. U, 36, 2. Quintil.
XII, 10, 11 (subtilitas) 39. Hienach hielt er zu der neuattischen Richtung.
Ueberreste aus seiner Rede in Q. Gallium (vom J. 690 d. St.) bei Festus
V. sufer, p. 309 M. und Nonius p. 208, 27. Vgl. noch Quintil. X, 1, 23.
A. flaakh in Pauly's Real-Enc. II. S. 74. H. Meyer, orat. fragm.« p. 436—439.
2. Cic. Brut. 70, 247: C. Memmius L. f. perfectus litteris, sed graecis,
fastidiosus sane latinarum; argutus orator verbisque dulcis, sed fiigiens
non modo dicendi verum etiam cogitandi laborem. Die erotischen Ge-
dichte desselben (oben 26, 1. vgl. Ovid. Trist. II, 433: Memmi carmen)
scheinen aber doch nicht griechisch gewesen zu sein. Volkstribun 688.
Als Prätor (696) trat er gegen Caesar auf, Hess sich aber später von ihm
gewinnen (Suet. Caes. 73: Gai Memmi, cuius asperrimis orationibus non
minore acerbitate rescripserat, etiam suffragator mox in petitione consu-
latus fuit). Proprätor in Bithynien J. 697 f., wo Helvius Cinna und Catull
in seiner cohors waren (unten 201, 3). J. 701, wegen ambitus bei der
Bewerbung um den Consulat belangt, gieng er nach Griechenland in die
Verbannung, wo er um's J. 705 starb. W. Teuffei in Pauly's Real-Euc.
IV. S. 1755 f. Nr. 8.
3. C. Manilius, als tr. pleb. 688 Urheber der lex Manilia, wofür ihn
Livius eine contio bona halten Hess (Liv. ep. 100). L. 0. Bröcker in
Pauly's Real-Enc. IV. 8. 1482 f. Nr. 6.
4. P. Sestius, Quästor 691, tr. pl. 697, Proprätor in Kilikien J. 704
(Plut. Brut. 4), später auf Caesars Seite getreten, lieber die Langweilig-
keit seiner Rede gegen Antius in einer Civilklagsache s. Catull. 44, 10 ff.
Cicero, der ihn J. 698 vertheidigte (s. oben 166, 32), dachte gleichfalls
von seinen Fähigkeiten gering {ldi(Dxrjgy Plut. Cic. 26; nihil umquam legi
scriptum crjatnodsarsQOVy ad Att. VII, 17, 2). W. Teuffei in Pauly's Real-
Enc. VI, 1. S. 1128 f. Nr. 6.
191« T. Lucretius Carus (wahrscheinlich J. 656 — 699)
behandelte in seinem aus sechs Büchern bestehenden Lehrge-
dichte de rerum natura die Physik, Psychologie und — obwohl
kurz — Ethik des Epikur, in Anlehnung an die Weise des Em-
pedokles und Ennius. Hat der Dichter auch unzweifelhaft sich
vergrüfen indem er eine so trockene mechanische Lehre zu be-
arbeiten unternahm, so hat doch die Begeisterung womit er sie
als Erlösung aus der Nacht des Aberglaubens predigt und der
ehrliche Eifer womit er auf die falschen Götzen losschlägt etwas
Erhebendes, und bewundernswürdig ist die geistige Kraft und
Memmius und andre Redner. Lucreüus. 327
Ausdauer die sich im Ringen mit dem spröden Stoffe kundgibt.
Ueberdiess bricht des Dichters grosse Begabung sich oft genug
Bahn durch die Fesseln des Planes. Der Grundton ist ernst
und trüb und nicht selten bitter, die Darstellung imgleich und
oft schwerfällig, die Sprache scharf, kühn und von einer Her-
bigkeit die einen eigenthümlichen Reiz hat. Mit seiner Art zu
denken und zu schreiben von der Gegenwart ab und einer bes-
sern Vergangenheit zugekehrt fand der Dichter in seiner eige-
nen Zeit wenig Beachtung; aber auf die Augusteer hat er
entschiedenen Einfluss ausgeübt. Manche Anstösse in dem Werke
erklären sich auch daraus dass dasselbe von seinem Verfasser
nicht zu Ende gearbeitet werden konnte.
1. Hieronym. Eaeeb. Chr. ad a. Abr. 1923 = Ol. 171, 3 = 660 d. St.:
T. LucretiuB poeta nascitur. postea amatorio poculo in fürorem versus,
cum aliquot libros per iutervalla insaniae conscripsisBet, quos postea Cicero
emendavit, propria se manu interfecit anno aetatis XLIV. Hienach wäre
das Todesjahr 703—704 d. St. Dagegen Donat. vita Vergil. 2: XV«» anno
virilem togam cepit, illis consulibus iterum quibus natus erat (nämlich
699, Cn. Pompeio II und M. Licinio Crasso II), evenitque ut eo ipso die
LocretiuB poeta decederet. Diess würde, die Richtigkeit des erreichten
Lebensalters vorausgesetzt, auf J. 655—656 als Geburt^ahr führen. Wie-
der anders das Glossar im Anhange der Glossae Salomouis: Titus lucretius
poeta nascitur sub consulibus. ann XX U: 11 an uirgilium. Diess würde
J. 657 ergeben, Hesse sich aber leicht durch Einschaltung von I oder II
auf XXVIII oder XXVIIII Jahre vor 684, somit auf Donats Datierung,
zurückführen (Rhein. Mus. XXII. S. 444 f.). Wirklich spricht für die
Richtigkeit der letzteren dass Cicero^s Aeusserung über Lucretius vom
J. 700 (s. A. 2), im Zusammenhang mit seiner Thätigkeit als Herausgeber,
den Tod des Dichters voraussetzt. Wird. hienach ein Irrthum des Hiero-
Djmus angenommen, so bedarf es dazu kaum einer so nothdürftigen Er-
klärung wie sie <lie Verwechslung der Coss. von 656 Q. CaeciHus und
T. Didius mit den etwas ähnlich heissenden von 660 C. Caelius und
L. Domitius (Rhein. Mus. XXII. S. 445) bieten würde. Ueber den Werth
der übrigen Angaben des Hieronymus ist gleichfalls Meinungsverschieden-
heit. Lachmann zu Lucr. p. 63: ego in Uieronjmianis nihil omnino quod
credi non possit invenio: ueque enim totam po^sin per intervalla insaniae
compositam dicit, sed aliquam partem. Aber doch aliquot libros, deren
68 im Ganzen nur sechs sind. Und dass es gerade ein Epikureer und
Atheist ist der auf so schreckhafte Weise endet und ein Werk dieses In-
haltes das in den (verhältnissmässig) lichten Augenblicken eines Toll-
häuslers verfasst wurde muss doch, ganz abgesehen ,von dem märchen-
haften Liebestrank, zur Vorsicht gegen die Angaben mahnen. — Th. Bergk
im Marburger Katalog für 1846 f. Fr. Polle, Phüologus XXVI. S. 561—565.
2. Unter „Cicero" schlechtweg hat Hieronymus (s. A. 1) sicher den be-
rühmten Redner verstanden, nicht dessen Bruder Quintus, und auch sonst
328 Ciceronieche Zeit. Zweite Hälfte, 691 -711.
spricht für Letztereu gar nichts. Aber gegen die Geschichtlichkeit der ganzen
Nachricht könnte Bedenken erregen dass Cicero, dessen Fehler Schweig-
samkeit über seine Leistungen doch gewiss nicht ist, hierüber nie eine
Silbe sagt, von Lucretius nie Verse anführt und über ihn ziemlich kühl
urteilt, ad Qu. fr. II, 11, 4 (J. 700): Lucretii poemata (nonjuara, Erzeug-
nisse; vgl. Gell. I, 21, 5: in carminibus Lucreti) ut scribis ita sunt: multis
luminibus ingenii, non multae tamen artis. sed si ad umbilicum vetieris
(nach Bergk's Emendation), virum te putabo; si Sallustii Empedoclea le-
geris, hominem non putabo. Jedenfalls war Cicero *s Thätigkeit dabei eine
untergeordnete, und es scheint fast als hätte er der Patheuschaft bei
einem so polizeiwidrigen Werke sich halb geschämt. Sicher war sie kein
starker Beweis für die auch sonst zweifelhafte Behauptung (bei Plin. Ep.
III, 15, 1), M. Tullium mira benignitate poetarum ingenia fovisse. Eher
ist aus Lucretius' Nachahmung von Cicero's Aratea (s. Mimro zu Lucr. Y,
619. p. 598) auf ein Verhältniss Beider zu schliessen. Vgl. noch Comel.
N^. Att. 12, 4: quem post Lucretii Catullique mortem multo elegantissi-
mum poetam nostram tulisse aetatem etc. Ovid. Am. I, 15, 23. Trist. II,
425. Vitruv IX, 3. Vellej. II, 36, 2: auctores carminum Varronem ac
Lucretium. Qiüntil. X, 1, 87: Macer et Lucretius legendi quidem, sed non
ut phrasin, i. e. corpus eloquentiae faciant. elegantes in sua quisque ma-
teria, sed alter humilis, alter (Lucr.) difficilis. Stat. Silv. II, 7, 76: docti
furor arduus Lucreti. Horaz verräth besonders in seinen Satiren Vertraut-
heit mit Lucrez, z. B. I, 1, 13 (Lucr. II, 104. V, 164). 118 f. (Lucr. ILT, 938).
3, 38 ff. (Lucr. IV, 1153 11.) 5, 101 (Lucr. V, 82). 6, 4 (Lucr. III, 1028). 18
(Lucr. ni, 69). 0. I, 26, 6 (Lucr. IV, 2). Noch 0. IV, 7, 15 kehrt der
bonus Ancus (Lucr. III, 1026) wieder. E. Göbel, Ztachr. f. östr. Gymn,
1857, S. 421—427. Gell. I, 21, 7: non verba sola, sed versus prope totos
et locos quoque Lucreti plurimos sectatum esse Vergilium videmus. Vgl.
Macrob. VI, 1. 2. So mag auch Vergil. Ge. II, 490 ff. vorzugsweise au
Lucrez denken. Die Archaisten des ersten christlichen Jahrh. zogen Lucr.
dem Vergil vor (Tac. dial. 23).
3. Zur Charakteristik des Werkes. Lucrez ist von seiner Lehre so fest
überzeugt dass er mit mitleidigem Behagen dem Irregehen der Andern
zusieht (II, 7—13), und an die Verdienstlichkeit seines Unternehmens glaubt
er so sicher dass er Tag und Nacht (I, 143. IV, 966 f.) sich damit be-
schäftigt und über alle Schwierigkeiten des Gegenstandes (I, 413 ff. 921)
und der lateinischen Behandlung (propter egestatem patrii sermonis, I, 140.
832. 111, 261) sich hinwegsetzt, aus Hoffnung auf Ruhm (I, 922), den er
mit seiner Hebenswürdigen Naiv etat in Ansprucli nimmt primum quod
magnis doceo de rebus et arctis relligionum (vgl. 63 ff. 84 ff. II , 44, wo
parallel damit mortis timores stehen) animos nodis exsolvere pergo; deinde
quod obscura de re tam lucida pango carmina, musaeo contingens cuncta
lepore (I, 930—933); auch wegen der Neuheit seines Beginnens (I, 925—
929. vgl. II, 1023 ff), welche relativ zu verstehen ist, für die römische Li-
teratur. Ein Zug von Schwermut geht durch seine ganze Weltanschauung,
z. B. III, 870—977 und oft. J. Reisacker, der Todesgedanke . . bes. bei
Epikur und Lucretius, Trier 1862. 4. Dabei bekunden ein warmes edles
Gemüt so viele ergreifende Schilderungen aus dem Menschenleben (I, 938 ff.
II, 1163 ff. m, 907 tt'. V, 223 ff.) wie aus der leblosen Natur (II, 29 ff.
LucretiuB. 329
144 ff. 362 ff^.). üeber Lncr. s. besonders Mommsen R. G. IIP. S. 673—677,
md danach J. Mählj im N. Schweiz. Museum 1866, S. 176 ff.
System. P. A. Märcker, T. Lucretius Carus, über die Natur der Dinge
und die Unsterblichkeit der Seele, Berlin 1851. E. v. Suckau, de Lucr.
metaphysica et morali doctrina, Paris 1857. J. W. Braun, Lucr. de atomis
doctrina, Münster 1857. F. Hildebrandt, Lucr. de primordiis doctrina,
Magdeburg 1864. 4. P. Moniäe, Lucr. consid^r^ comme moraliste, Paris
IS61. Fr. Siemering, Qnaestionum Lucretianarum Part. I et II, Königsberg
1867 (I. de philosophia Epicurea etc. p. 1—23, II. de aliorum philosopho-
nun quae apud Lucr. Epicureum occurrunt sententiis etc. p. 23 49).
Yerhältniss zu seinen Quellen. A. J. Reisacker, Epicuri de animorum
natura doctrina a Lucretio diacipulo tractata, Cöln 1856. 4. E. Hallier,
Lucr. carm. e fragmentis Empedoclis adumbratum, Jena 1867.
Sprache. F. W. Altenburg, de usu antiquae locutionis in Lucr. car-
mbe obviae, Gotha 1867. 4. C. W. F. Proll, de formis antiquis Lucretianis,
Bmlan 1859. R. Schubert, de Lucretiana verborum formatione, Halle
1865. R. Bouterwek, Lucretianae quaestiones grammaticae et criticae,
Me 1861. Fr. Polle, de artis vocabulis (philosophische Eunstausdrücke)
qoibosdam Lucretianis, Dresden 1866. F. W. Holtze, syntazis Lucretianae
üneamenta, Lips. 1868. 204 pp.
}?ichtvollendung. Ueber das Mass derselben und die Sorgfalt des
Herausgebers gind die Ansichten getheilt (s. Purmann in Jahn's Jahrbb.
67, S. 658 ff. Polle, im Philologus XXV. S. 503 f.), nicht aber über das
Daaa und darüber dass die (drei) ersten Bücher der Vollendung näher ge-
bracht worden sind als die letzten.
L. Grasberger, de Lucr. carmine, München 1856. E. Heine, de Lucr.
cann. de r. u., Halle 1866. 4.
Heber Lucrez und sein Werk : Bayle dictionnaire s. v. Nachträge zu
Soker VII. S. 310-336. Bruner, de carmine didaac. (Helsingfors 1840. 4.)
P-20^1. W. Teuffei in Pauly's Real-Enc. IV. (1845.) S. 1196—1198.
C. Martha, Revue des deux mondes, März 1863, p. 187—215. J. Mähly,
»m neuen Schweiz. Mus. V. 1865. S. 167—188. Fr. Polle, die Lucrezliteratur
«eit Lachmann und Bernays, Philologus XXV. S. 489—530. XXVL S. 290
--345. 524-565. ,
4. Die Handschriften des Lucr. gehen alle zurück auf einen arche-
tjpuj saec. rV oder V in Capitalschrift, ohne Wortabtheilung (Lachmaim
^ Lucr. p. 3; vgl. Philologus XXV. S. 528-630). Von diesem wurden
*^t Baec. IX drei Abschriften gemacht, von welchen die drei Familien
'^^Duuen in die sich alle erhaltenen Hdss. vertheilen (Lachmann p. 4—11).
^6r einzige Vertreter der ersten ist der oblongus (oder Leideusis 1); s.
E. Göbel, Rhein. Mus. XV. S. 401—418. Die zweite Familie besteht aus
den italici (acht Laurent., worunter Nr. 30 die Hds. von Niccoli, sechs
^atic; auch eine Cambridger), welche alle aus der einen (dem oblongus
<ehr ähnlichen) Handschrift stammen welche Poggi aus Deutschland brachte.
y^ Philologus XXV. S. 617 f. Ein stark interpolierter Vertreter dieser
iweiten Familie ist der Münchner Pergameutcodex der einst im Besitze
des P. VictoriuB war (cod. Victorianus) und dessen Correctnren wahr-
330 Ciceronische Zeit. Zweite H&lfte, 691—711.
Bcheinlich von Poutanus^ Schuler, Marollus (f 1500), herrühren; 8. L. Spen-
gel, Münchner Gel. Anz. XXXIII (1851). S, 771 ff. W. Christ, quaest. Lucr.
München 1855. E. Göbel, quaest. Lucr. crit., Salzburg 1857. 4. Rhein.
Mus. XII. S. 453 f. De cod. Victor, von H. Sauppe (Götti. 1864. 4.) und
Bouterwek (Halle 1865. 4.). Munro's Ausg. p. 7—15. 27. Fr. Polle, Phi-
lologus XXV. S. 518—528. Die dritte Familie besteht aus dem quadratns
(Leid. 2) und zwei Bruchstücken, den (acht) Schedae Haynienses imd den
(zehn) Schedae Vindoboneuses; s. R. J. F. Henrichsen, de fragUL Gottor-
piensi Lucr., Eutin 1846. E. Göbel, Rhein. Mus. XII. S. 449 ff.
Auf dieser handschriftlicheu Grundlage, nur unter Einmischung man-
cher nichtberechtigten sprachlichen Voraussetzungen (Philologus XXVI.
S. 294—298), ist der Text des Lucretius erstmals von Lachmann bearbeitet
worden (1850), welchem die Revision von J. Bemays (1852) folgte. Die
nächst Lachmann bedeutendste Leistung für die Textkritik ist die von
Munro (1860. 1864), zugleich die einzig erhebliche seit langer Zeit für die
Erklärung des Dichters. Zahlreiche kritische Beiträge in Quaestiones Lu-
cretianae von U. Purmann (Breslau 1844. Lauban 1858. 4. 1860. 4.),
J. Siebelis (Lips. 1844), J. Reisacker (Bonn 1847), Oppenrieder (Augsburg
1848), H. Lotze (Philologus VII. 1852. S. 696—732), W. Christ (München
1855), Th. Bindseil (Anclam 1867. 4.), J. Jessen (Göttingen 1868, p. 10—40);
Observationes Lucretianae von P. E. Göbel (Bonn 1854), und Abhandlungen
verschiedenen Titels von J. N. Madvig (üpusc. I. p. 305 — 322), J. Bemajs
(Rhein. Mus. V. p. 533—587; VIII. S. 159 f.), H. Purmann (Naumburg 1849.
4.), F. W. Altenburg (Schleusingen 1845. 4,), J. Roos (Groningen 1847),
Th. Bergk (Jahns Jahrbb. 67, S. 315—330. 83, S. 316—334. 495—509.
617—638), C. Winckelmann (Salzwedel 1857. 4.), Fr. Susemihl und A. Brieger
(Philologus XIV. S. 550—567. XXIII. S. 455-472. 623—643. XXIV. S. 422-
453. XXV. S. 67—91. XXVIL S. 28-57), L. Müller (Ebds. XV. S. 157-
162), Th. Bindseil (Halle 1865), F. Polle (Philologus XXV. S. 269—283) u. A.
Vgl. die üebersicht von F. Polle, ebds. XXVI. S. 298—345. 524 ff.
5. Ausgiibcu (vgl. Munro I. p. 3 — 23). Ed. princeps s. 1. et a. (wahr-
scheinlich Brix. 1473). fol. Aldina I (1500. 4.) cura H. Avancii; cum comm.
I. B. Pii, Bonou. 1511 fol. luutina (cura P. Candidi), Flor. 1512. Cum
comm. D. Lambini, Paris 1564. 4. 1570. 4. Francof. 1583. 8. und oft.
<Jum coUectan. Ob. Gifanii, Antverp. 1566. 8. und oft. Cum notis Th. Creech,
Oxon. 1695, zuletzt 1807. 1818. 1835. Cum notis varr. ed. S. Havercamp,
Lugd. B. 1725. 4. 2 Voll. Ed. G. Wakefield, Lond. 1796. 4. 3 Bde. Glasg.
1813. 8. 4 Bde. (vgl. Madvig 1. 1. p. 306 f.). Ed. H. C. A. Eichstaedt, Lips.
1801. Vol. I. (Prolegg., Text, Index). Ed. A. Forbiger, Lips. 1828. Reo.
et emend. C. Lachmann, cum comm., 2 Bde., Berlin 1850. 1853 — 1855.
1860—1866. Ed. J. Bemays, Lips. 1852. With notes by H. A. J. Munro,
Cambridge 1860. ed. II. 1866; Vol. II (translation in Prosa) 1866. Text
von Munro (recogn.), Cambridge 1860. 1864.
Deutsche Uebersetzungen von J. H. F. Meineke (Leipzig 1795. 2 Bde.),
C. L. V. Knebel (Leipzig 1821 u. 1831), G. Bossart-Oerden (Berlin 1866).
Uebersetzungsproben von L. Grasberger (in Terzinen, Würzburg 1862. 4.)
und A. Brieger (I, 1—369, Posen 1866. 4.).
192, Die jüngere Generation^ deren beste Lebensjahre in
Die jüngere Generation.
331
stürmische Zeit des Bürgerkriegs zwischen Caesar und Pom-
jus hineinfielen und die sich genöthigt sah selbst auch Stel-
lg zu nehmen in diesen Kämpfen, erhält dadurch einen lei-
lenschaftlich erregten Charakter, wie im Leben so grossentheils
Mich in der Literatur. Getragen von den Ergebnissen der bis-
herigen Entwicklung, mit hellenischer Bildung gesättigt und
[der eigenen Ejraft sich bewusst, schlug man mutig neue Bahnen
ein und suchte es den Griechen auch in der Literatur gleich
zu thun. Sallust in der Geschichte, CatuU in der Poesie zeigen
wie erfolgreich dieses Streben war; und beide Altersgenossen
waren nur die hervorragendsten unter einer grossen Zahl von
Mitstrebenden: in der gebundenen Form Varro Atacinus \md
Licinius Calvus dem Catull nahezu gleichkommend und auf an-
derem Gebiete der Syrer Publilius, in prosaischer Darstellung
durch Rede und Schrift, M. und D. Brutus, Caelius Rufus, Cor-
nificius, Curio, Furnius und viele Andere. Sogar eine Frau,
Hortensia, zählt imter den Rednern, und andere Frauen, wie
Catulls Lesbia, machen Gedichte. Diese Zeitgenossen verfolgen
in der Beredtsamkeit alle wesentlich die gleiche Geschmacks-
richtung auf das Natürliche, Einfache und Schmucklose, zum
Theil mit solcher Absichtlichkeit dass es selbst wieder zur
Küustlichkeit wird. In der Poesie streben sie den alexandrini-
schen Dichtem nach und begegnen sich theilweise auch in den
Stüfifen. So verfassen Epen mit mythologischem Stoße Valerius
Cato (Diana), Catull (Epithal. Pelei), Calvus (lo), Onna (Zmyr-
na), Comificius (Glaucus), Caecilius (Cybele), Epithalamien
und Hymenäen Catullus, Calvus und Ticidas. Auch entsprach
es ebenso dem alexandrinischen Vorgang als den lockeren Sit-
^n der Zeit und dieser Kreise dass fast ein Jeder zur erotischen
Poesie seinen Beitrag lieferte. In der Politik aber gehen sie
'^Dseinander, und diese beherrscht Alles. Wie bedeutende Zeit-
ereignisse alsbald eine ganze Literatur hervorrufen, so begleitet
Jie Poesie die Männer und Vorgänge des Tags mit ihren Ga-
'^n; die Geschichtschreibung verräth den Einfluss der Politik
^ Ausgangspunkt wie Ziel, und die Beredtsamkeit fängt bereits
*n ihn darin zu empfinden dass das gewohnte Feld der Wirk-
samkeit ihr verkümmert wird.
Im Nachstehenden sind zwischen die beiden grössten Literaturerschein-
(mgen die kleineren so vertheüt dass an Sallust sich die caesarisch gesinn-
ten Schiiftsteller Q. Tubero, Alfenus Varus, C. Matius anreihen, darauf die
Bedner, TagsschiiflBteller und sonstigen Prosaisten (meist von der Gegen-
332 Ciceronische Zeit. Zweite Hälfte, 691—711.
Seite) folgen, den Beschluss aber und Uebergang zar augusteischen Z(
Catull und die andern Dichter bilden.
193« C. Sallustius Crispus aus Amitemum (J. 667 — 71
d. St.) widmete nach einem bewegten Leben seine letzten Jahi
nach Caesars Tode, der Geschichtschreibung. Zuerst verfass
er eine Monographie über die Verschwörung des Catilin
mehr nach literarischen als archivalischen Quellen, mit sieht
chem Streben nach Unparteilichkeit, doch ohne Verleugnu]
seiner Sympathie für Caesar. Die Behandlung ist pragmati^
psychologisch und rhetorisch, im Chronologischen aber wenig
genau. Gleichmässigere Anlage und glattere Sprache hat d
lugurtha, der mit ruhiger Objectivitat die römische Oligarcl
in ihrer tiefsten Entwürdigung vorführt, unter sorgfältiger I
nützung aller Quellen. Endlich fünf Bücher Historiae, l
ginnend mit Sulla's Todesjahre (676 d. St.) und fortgeführt l
687, vielleicht aber ohne vollendet worden zu sein. Das We
war ebenso angelegt wie die beiden kleineren Schriften, ist u
jedoch nur in Bruchstücken erhalten. Dadurch dass, vielleic
im zweiten christlichen Jahrh., die in säramtlichen Geschichl
werken Sallusts sich findenden Reden und Briefe für rhetorisc
Schulzwecke zusammengestellt wurden retteten sich auch a
den Historiae vier Reden und zwei Briefe. Fälschlich d
Namen des Sallust tragen zwei Briefe ad Caesarem senem
republica und die invectiva Sallustii in Ciceronem, an wele
Ciceronis in Sallustium responsio angeschlossen ist.
1. Die Srhrcibung Sallustius ist die bestbeglaubigte und etymologif
richtige. — Hieronym. zu Euseb. ehr. ad a. Abr. 1930 «*= Ol. 173, 2
667 = 87 V. Chr. (im cod. Freher. erst zu 1931 = 668): Sallustius Crisp
Bcriptor historicus in Sabinis Amitemi nascitur; und ad 1981 = Ol. 186,
Sallustius diem obiit quadriennio ante actiacum bellum. Chron pasch,
p. 347: . . vndtcav MagCov xb f xal KCvva x6 ß' (668 d. St.) Salovan
iyswTjd'T} %aldvdaig O'ntoaßQiaig y und p. 359: ZaXovüxiog dnid'avB n
XQi6v Iddöv liccttov. Gell. XVII, 18: M. Varro . . in libro quem [in]scrip
„Pius aut de pace" C. Sallustium scriptorem seriae illius et severae o:
tionis, in cuius historia nofciones censorias fieri atque exerceri videmus,
adulterio deprehensum ab Annio Milone loris bene caesum dicit et ci
dedisset pecuniam dimissnm. Vgl. Porph. zu Hör. S. I, 2, 41. Sery. 1
VI, 612. Respons. 5. — Volkstribun 702 (Ascon. Mil. p. 38 Or.). Dui
die Censoren 704, wohl aus politischen Parteigründen, aus dem Senat (
stossen (Resp. 6. Dio XL, 68); von Caesar 705 wiedereingesetzt dui
Uebertragung der Quästur (Resp. 6 vgl. 8) und (707?) der Prätur; dui
Caesar Proconsul von Africa J. 708; s. bell afr. 8. 34. 97. Als solcl
sich bereichernd; s. Besp. 7. Dio XLUI, 9. Besitz der horti Sallustian:
2. Catilina (bellum Catilinarium', de coniuratioue Caliliuae), en
SalluBtiuB (Schriften). 333
Fracht der Masse des Sallast (Cat. 4, 1 K), verfasst uicht vor 711, heraus-
gegeben etwa 712. Sachliche (namentlich chronologische) Ungenauigkeiteu
and derDarsiellang mehrfach nachgewiesen worden, bes. vonW. Dramann und
E. Hagen; vgl. H. Wirz, Catilina's und Cicero's Bewerbung (Zürich 1864)
S. 32 ff. Mommsen im Hermes I (1866) S. 436 f. Dem Cicero gegenüber
balt sich Sali. tactvoU, weder je ihn tadelnd noch warm ihn lobend; die
persdnliche Vorliebe für Caesar aber bricht manchmal hindurch. Zahl-
reiclie reflectierende Einleitungen ; nach dem Vorgänge griechischer Schrift-
steller C. Sallustius in hello iugurthiuo et Catilinae nihil ad historiam
pertinentibus principüs orsus est (Quintil. 111, 8, 9). R. Dietsch, quo tem-
pore qaoque consilio SaUustius Catilinam scripserit, Grimma 1856. 4.
Hanegraat, de temporum computatione in libro de coniuratione Catilinae,
Zntphen 1846. W. M. Pahl, de prooemüs Sallustianis , Tübingen 1859. 4.
Friedr. Baur, Chronologisches und Apologetisches zum Catilina, im Corre-
ipondenzblatt für gel. Schulen Würtembergs 1868, S. 189—199. W. Ihne
in den Verhandlungen der Würzburger Philologenversammlung (1868).
Aasgaben von J. Ch. W. Dahl (Braunschweig 1800), Ch. G. Herzog
(Leipzig 1828), Fr. Kritz (ed. illustr., Lips. 1828), G. v. Wieringhen-Borski
(ed. ill. Groning. 1831), R. Dietsch (erklärt, Leipzig 1864).
Uebersetzt (mit Text) von Ch. G. Herzog (bei seiner Ausg.) und C.
Holzer (Stuttgart 1868).
Beiträge zur Kritik und Erklärung von C. W. Nauck (das. Vorwort,
Königsberg in d. N. 1860. 4.), Kvi9ala (Ztschr. f. östr. Gynm. 1863, S. 679
-626), Th. Wiedemann (Phüologus XXII. S. 495—504) u. A.
3. lugurtha (bellum iugurthinum), wohl hauptsächlich nach den Me-
moiren des Sulla, Scaurus und Rutilius, mit Benützung des Sisenna (Jug.
95, 2) und anderer Quellen (ib. 17, 7), doch in Ortsschilderungen und
Ethnographie nicht sehr zuverlässig. Der politische Gesichtspunkt (vgl. *
ib. 5, 1) überwiegt, verführt aber nicht zur Parteilichkeit. Meisterhafte
Zeichntmg der politischen Verhältnisse in den Reden des Memmius (c. 31)
ond Harius (c. 85). Mit dem Ausblick auf Letzteren schliesst die Schrift,
^ftge (Einleitung, Excurse, Reden) wesentlich dieselbe wie im Catüina;
*ogar Wiederholung von Wendungen aus diesem und dem lug. selbst;
^och ist das Verhältniss der einzelnen Theile mehr ausgeglichen. Aus-
gaben von Ch. G. Herzog (Leipzig 1840), 0. Gehlen (Regeusburg 1862),
^' Eichert (Breslau 1867). R. Dietsch, Obss. criticae in lug. partem ex-
tremam, Grimma 1845. 4. Widmann, de Memmii oratione, Blaubeuren
^^7. 4. Monunsen, Hermes I. S. 427—430. Uebersetzt von C. Holzer,
Stuttgart (Neff) 1868.
4. Historiae, ihrem Stoffe nach thatsächlich eine Fortsetzung des
Werkes von Sisenna. Absichtliche Uebergehuug der Geschichte des Sulla,
lag. 95, 2. Der Inhalt erstreckte sich bis senos per annos (Auson. Idyll.
IV, 61 tf.). Der Beginn mit J. 676 ist sicher (Anfangsworte: res populi
rom. M. Lepido Q. Catulo coss. ac deinde militiae et domi gestas com-
posni), und Nichts in den üeberresten weist über J. 687 hinaus. Auch
hier Streben nach geschichtlicher Unparteilichkeit; s. unten 194, 2. Durch
die rhetorische Sammlung (im Ganzen 15 Reden und 6 Briefe aus Sallust)
sind auB den Hist. erhalten 4 Reden (Lepidi, Philippi, Cottae, Macri) und
2 Briefe (Cn. Pompei, Mithridatis). Andere grössere Ueberreste das frag-
334 Ciceronißche Zeit Zweite Hälfte, 691—711.
mentum Berolinense (von Heine gefunden, von G. H. Pertz zuerst h<
gegeben, als vermeintliches Fragment des Livius), auf J. 681 und B. I
beziehend (vgl. H. Jordan, Hermes IL S. 81—85), und die fragmentaVal
aiis B. TU, von dem Kriege gegen Spartacus handelnd. Vgl. Jordan's Au
des SalL (1866) p. 111 — 128. Sammlung aller üebejrreste der Hist.,
früheren Arbeiten von J. Tb. Kreyssig, 1811 bis 1852, besonders vo
Kritz (disposita suisque comm. illustrata, Lips. 1853; und: neu gec
und erklärt, Erfurt 1856). Nachtrüge im Rhein. Mus. XVm. S. 478 f.
S. 147 f. G. Linker, Sali. Hist. prooemium . . restituere tentavit, Ma
1850. J. G. Schlimmer, hist. rerum gest. in Hist. Sali, libris, Utrecht
Reden und Briefe der Hist., rec. et ed. Orelli (Zürich 1830; dazu d
storia critica eclogarum ex Sali. Hist., Zürich 1833). Darüber von R.
(Leipzig 1849) und besonders H. Jordan, Rhein. Mus. XVIH. S. 584-
Erklärt und übersetzt von 0. Gehlen (Wien 1865).
5. Die zwei Briefe ad Caesarem (der erste hat aber vielmel
Form einer Rede) sind sicher aus der Eaiserzeit und der Rheton
(suasoriae), beide unpraktisch und die Redeweise des Sallust nachalu
zudem in übertreibend archaistischer Orthographie. Der zweite ist
schweifig und enthält theilweise die gleichen Vorschläge wie der
ohne doch au ihn anzuknüpfen. Daher scheinen sie Bearbeitungei
gleichen Schulthemas von verschiedenem Standpunkte, aber (bei der G
heit der Anlage, des Geistes, der Sprache und vieler einzelneu We
gen) jedenfalls aus derselben Zeit, wenn nicht von demselben Verl
wie Orelli und Jordan annehmen, indem Letzterer denselben in di<
zwischen den Flaviem und Antoninen setzt, Orelli in die des Front<
ihn für den Urheber der Zusammenstellung der sallustischen Redet]
Briefe hält. Vgl. W. Teuffei im Tübinger Doctorenverzeichniss von
S. 13 f. H. Jordan, de suasoriis ad Caes. seuem de rep. inscriptis, ]
1868. 32 pp.
6. Die Invectixj9. Sallustii in Ciceronem (angeblich im Sena
kurz, roh und theilweise offen verleumderisch. Da besonders bitter
ro*s Verfahren gegen die Catilinarier besprochen wird, so könnte si«
einem der Letzteren herrühren (vgl. Ascon. p. 95 Or.). Quintilian k
sie und glaubte an ihre Echtheit (vgl. XI, 1, 24). Die Responsi«
ceronis in Sallustium) ist ausführlicher und declamatorischer, enthält
manche sonst nicht bekannte und innerlich glaubhafte Nachrichten,
räth auch eine energisch anticaesarische Gesinnung, so dass sie aus
Anfange der Eaiserzeit zu stammen scheint. Schwache Spuren führe
einen Didius (Linker: Epidius) als Verfasser. Dio benützte wohl die S(
Vgl. Corradi Quaestura p. 85 — 128, die Programme von Ch. 6. H
(Gera 1834 ff. 4.) und W. Teuffei a. a. 0. (1868) S. 14 f.
7. Alte Erklärer. Aemilius Aeper (Lyd. de magistr. III, 8: Alf.
Iv TQ> vnouvTJfiati taiv £aXlovat^ov latogimv, Charis. p. 216, 2
Asper commentario Sallustii Historiarum I) und Statilius Maximns (Cha
196, 4 K.). Suidas v. Zrivößiog: Zjjvoßiog aotpiaTiqg naidevcag inl 'Aöq
KaißUQog ^yQatjjs . . itetdfpQaaiv iXXrjvmmg %6iv *IoTOQi.civ £aXovotiO'
Q(Oiia'i%ov tatOQiKOv tmv Xavuafiivcov avtov BsXov (Bella). Ein Anon
zum Catil. bei Suringar, hist. schol. I. p. 254.
8. Handschriften. Die Reden und Briefe (auch die ad Caesarem
Sallustius (Schriften). 335
überKefert durch Vatic. 3864 saec. IX. Die Hsa. der Bella zerfallen in zwei
Claasen. Die ältere (meist aus saec. X) hat den besseren Text, aber lug.
103, 2 bis 112, 3 eine Lücke. Bester Vertreter Paris. Sorb. Nr. 500 saec.
IX—X. Die jüngere Classe ist vielfach interpoliert, füllt aber jene Lücke
aitt. Bester Vertreter Monac. saec. XL In einem Theile der ersten
Claase sind die fehlenden Capitel am Schlüsse nachgetragen; ein Theil der
zweiten hat an einigen Stellen Worte die in den andern fehlen und doch
echt sind. Abweichende Ansichten über das Verhältniss der zwei Classen zu
einander von C. L. Roth (Rhein. Mus. N. F. IX. S. 129-135 nebst S. 630f.),
R. Dietsch (Ausgabe von 1869), E. WölfBin (Philologus XVII. S. 154—159.
519—548 und dagegen E. Brentano, de C. Sallustii Crispi codicibus recen-
aendis, Frankfurt 1864. p. 2 ff.), H. Jordan (über Vat. 3864, im Hermes I.
B. 231—240; über cod. Nazarianus, ebds. S. 240 ff.). Sonstige Beiträge aus
Handschriften: Thorlacius, III codd. pergam. descr., Kopenhagen 1815. 4.
Birnbaum, spec. lectt. Sali, e codd. Trevirens., Trier 1822. 4. Bojesen, de
düobua codd. Sali. Havniensibus, Kopenh.l 847. Gutenäcker, Variae lectt.
ei in codd. mss. Würzburg 1837. 1839. 4. H. Alanus, lectiones codd. trium,
Dublin 1865. Collatiou einer Handschrift aus Barcelona, Philologus XIV.
S. 759 f J. C. Wirz, de fide atque auctoritate codicis Sali, qui Parisiis in
Bibl. imp. n. 1576 asservatur, Aarau 1867. 4. A. Eussner, Philologus XXV.
S. 343 f. und im Würzbusger Festgruss (1868) S. 158 ff. 184 ff'.
9. Ausgaben. Ed. princeps s. 1. (Ven.) 1470. 4. Rom. 1490. 4. Ve-
nel Aid. 1509. 8. Paris. 1509. 4. (von Ascensius). Basel 1538. 8. (von
Glareanus). Ed. L. Carrio, Antv. 1573. 1580. Jan. G Älter, Frankf. 1607.
J. Wasse, Cantabr. 1710. 4. E rec. et c. notis G. Cortii, Lips. 1724. 4.
(Wiederabdruck Lips. 1825 ff.). Rec. et cum notis varr. ed. S. Havercamp,
Baag 1742. 2 Bde. 4. (Wiederabdruck durch Frotscher, Lips. 1828 f.).
J'emer von G. Ch. Harles (Nümb. 1778. 1797), in der Zweibrücker Samm-
% (1779. 1796), von H. Kunhardt (Lübeck 1809), 0. M. Müller (Leipzig
^ Zöllichau 1821), W. Lange (Halle 1815. 1824. 1833), F. D. Gerlach (re-
^^., varr. lectt., commentarios atque indices adiecit, 3 Bde. 4. Basel
j^3. 1827. 1831; denuo rec. atque ed., Basel 1832; rec, adnot. crit., in-
*fJbu8 bist, et gramm. instruxit; Vol. I. Basel 1852), C. H. Frotscher
*'Pe. 1825 ff. 3 Bde. 8.), F. Kritz (ad fid. codd. rec. c. comm., Lips. 1828.
^ f . 2 Bde. nebst. Ind., wozu die Fragmeuta 1853; recogn. et succincta
*^^t. illustr., Lips. 1856), E. W. Fabri (mit Anmerkungen, Nüi-nberg
^^^ f. Zweite Aufl. 1845), C. H. Weise (Lips. 1831), H. E. Allen (London
^®^), J. C. Orelli (Zürich 1840 und 1853), R. Dietsch (Lips. 1843. 1*846;
P^^^ Ausgabe, in zwei Bänden, Lips. 1859; mit deutschen Anmerkungen,
'• Leipzig 1864), A. Hedner (notis ill., Orebro 1848), Tho. Heightley (with
^^^^ and excursus, London 1848), R. Jacobs (Leipzig 1852. Vierte Aufl.,
^^^lin 1864), F. W. Hinzpeter (mit Anmerkungen, Bielefeld 1867). Texte
votx E. F. Bojesen (Kopenh. 1837. 1852), G. Linker (Wien 1855), Gerlach
^B., Tauchn., 1856), R. Dietsch (Bibliotheca Teubner., ed. V. 1867), und
"anders H. Jordan (mit kurzer adnot. critica, Berolin. 1866).
Kritische und exegetische Abhandlungen. G. St. Lechner, Observatio-
Q^ in nonnullos Sali, locos, Hof 1828. 4. Selling, lectionum Sali, decades
ni,, Augsburg 1831. 4.; Emendationes Sali., Ansbach 1835. 4. G. Linker,
Kmendationen zu Sallust, Wien 1855 (Sitzungsber. der Akad.). F. Hitzig,
336 Ciceroniflche Zeit. Zweite Hälfte, 691—711.
in der Monatsschrift des wiss. Vereins in Zürich 1856, lOtes Heft. G. Wj
ner, disp. de locis quibusdam Sali, Batibor 18C1. 4. F. Gründe!, qu
stiones Sallustianae , Königsberg 1861. H. Jordan, im Hermes I (1866)
229-250. A. Eussner, im Würzburger Festgruss (1868) p. 158—194.
üebersetzungen von Schlüter (Münster 1806 f. 2 Theile), v. W<
mann (Prag 1814), v. Strombeck (Göttingen 1817), J. K. Hock (3. Ai
Frankfurt 1818), L. Neuffer (Leipzig 18i9), K. Göriz (Stuttgart, Metz
1829), A. Hauschild (mit lat. Text, Leipzig 1852), C. Cless (Stuttgart, H
mann, 1855 f. und 1865, 2 Bde.), R. Dietsch (Stuttgart, Metzler, 1858).
194, Sallust ist der erste kunstmässige Geschieh tsclireil
der Römer. Die Bahn seiner römischen Vorgänger verlasse
hat er vielmehr unter den Griechen seine Vorbilder gesuc
Unter diesen hat ihn besonders der ernste Thukydides ange:
gen und zur Nachahmung gereizt. Ihm folgte er schon in <
Wahl seiner Stofife, indem auch er vorzugsweise die eigene Z
und Selbsterlebtes in seinen Geschichts werken schilderte,
es ihm auch nicht gelungen den hohen Standpunct seines V
bildes, seine durchdringende Kritik und seine objective Haltu
zu erreichen, so hat er ihm doch redlich nachgestrebt in Wal
heitsliebe und Unparteilichkeit. Auch in der Anlage seil
Werke hat er Manches dem Thukydides nachgemacht, insl
sondere die Sitte der Einleitungen und die Einflechtung v
Reden zur Charakteristik der Situation imd der handelnden P
sonen. Nur hat bei dem Römer das rhetorische Element <
Gewicht wodurch vielfach das historiographische beeinträcht
wird, namentlich durch das Uebermass von Reflexionen u
eine gewisse Gleichgültigkeit gegen das äusserlich Thatsäi
liehe gegenüber von dem Psychologischen. In der Gharakt
Zeichnung hat Sallust seine Hauptstärke, und er ist auch da
unter den Römern ohne Vorgänger, sowie in der Sorgfalt •
er auf die Form verwendete. Wie Thukydides, obwohl schw
lieh in demselben Masse, hat auch Sallust langsam gearbei
imd die Ausfeilung seiner Schriften sich Mühe kosten lass<
Wie sein Vorbild bemüht sich Sallust kurz, knapp, gedräi
zu sein, in einem Grade dass er darüber oft dunkel und j
schraubt wird; und im Einzelnen des Sprachgebrauchs hat
von dem in seiner Zeit Gewöhnlichen mit Bewusstsein sich ei
fernt und nach griechischen Analogien, besonders aber aus c
Weise des älteren Cato, sich eine eigene Schreibart gebild
Dieses archaistische Element seiner Darstellimg, zusammen n
ihrer rhetorischen Färbung, hat dem Sallust namentlich in (J
Zeit des Fronto grosse Verehrung verschafft.
Sallustius (Charakteristik). 337
1. PrimuB romana Crispus in historia, Martial. XIV, 191. Quintil. II,
5, 19: Livium a paeris magis (legi velim) quam SalluBÜtim , et hie hieto-
riae maior est aactor, ad quem tarnen intellegendum iam profectu opus
sit. — Vellej. II, 36, 2: aemulum Thucydidis Sallustium. Quintil. X, 1,
101: nee opponere Thucydidi Sallustium verear. Sen. Rhet. Suas. p. 36,
llf. Bu.: hoc (Nekrolog beim Berichten des Todes einer bedeutenden
Person) semel aut iterum a Thucydide foctum, item in paucissimis personis
uBorpatum a Sallustio. Dass Sali, unter allen griechischen Geschichtschrei-
lem gerade den Thuk. sich auserkor ist bezeichnend, zugleich aber ein Er-
klänmgsgrund dafür dass im eigentlich Innerlichen die Nachbildung nicht
gelingen konnte. Nicht nur dass Sallust den entgegengesetzten politischen
Standpunct einnimmt imd ebenso entschieden zur (imperial )demokrati8chen
Partei hielt wie Thukydides Aristokrat war, sondern es ist auch der Ernst
und das Würdevolle bei Thukydides tiefgewurzelt und naturwüchsig, bei
Sallnst aber etwas erst spät und künstlich Angeeignetes. Dass dieser Ton
zn den Antecedentien von Sallusts Leben wenig stimme ist oft bemerkt
worden. Am lautesten schon von Lenäus, welcher tanto amore erga pa-
troni (des Cn. Pompejus) memoriam exstitit ut Sallustium historicimi, quod
tum oris probi, animo inverecundo (also als einen Tugendheuchler) scri-
passet, acerbissima satura laceraverit, lastaurum et lurchonem et nebulo-
Mm popinonemque appellans et vita scriptisque monstrosum, praeterea
priscomm Catonis verborum iueruditissimum furem (Sueton. gramm. 15).
Aber auch der ehrliche Gellius (oben 193, 1) bemerkt dass man Vorkomm-
nisse wie das im Hause des Milo nach dem streng aburteilenden Tone in
<ien Scbriflen des Sallust nicht für möglich halten sollte; Macrobius nennt
desshalb (Sat. II, 9 = HI, 13, 9) den Sallust gravissimus alienae luxuriae
obiurgator et censor. Auch Symmachus bezeichnet ihn (Epist. V, 68) als
einen acriptor stilo tantum probandus; nam morum eins damna non sinunt
Qt ab ülo agendae vitae petatur auctoritas. Das Urteil des Lactantius
(Inst D. II, 12. p. 143 f. Bip.: quod quidem non fagit hominem nequam
Sallngtium, qui ait: nostra omnis vis etc., Cat. 1, 2. recte, si ita vixisset
ttt locutus est. servivit enim foedissimis voluptatibus suamque ipse sen-
tentiam vitae pravitate dissolvit) ist in so fern ungerecht als die morali-
when Aeusserungen auf die Immoralitäten des Lebens erst nachfolgen,
^ nicht jene durch diese widerlegt werden können, sondern eher als
Kundgebungen der gewonnenen besseren Einsicht und nachträglicher Reue
^gefasst werden müssen. Die Aufrichtigkeit dieser Sinnesänderung zu
wezweifeln ist kein Grund vorhanden, wenn sie auch etwas spät eintrat,
^ Sallust die Früchte seiner Vergangenheit geborgen hatte und das
^^oen ihm nicht viel Weiteres bieten konnte als schriftstellerischen Ruhm.
'^^ Nachwirkung der eigenen Vergangenheit darf aber wohl gefimden
^^rden in einem gewissen Pessimismus welchen der Geschichtschreiber
verräth, einer Neigung minder edle Beweggründe bei den Handelnden
voranazusetzen , einem Anfluge von Blasiertheit und Menschenverachtung,
^gl. auch J. W. Löbell, zur Beurteilung des Sallust, Breslau 1818.
2. Wahrheitsliebe. Catil. 4, 2: statui res gestas populi rom. . . per-
Bcribere, eo magis quod mihi a spe, metu, partibus reip. animus liber erat.
^ 3 und 18, 1: quam verissume potero. Hist. I, 6: neque me divorsapars
111 dvilibus armis movit a vero. Dem entsprechend Augustin. Civ. dei.I,
Teuf fei, Rom. Litcratarg-cschichte. 22
338 Ciceronische Zeit. Zweite Hftlfte, 691—711.
5: Sallastius, nobilitatae veritatis hietoricus. Isidor. Orig. XIII, 21, 10: Sal
lustius, aactor certissimus. Vgl. Avien. ora marit. 32 ff. Seine nüchterne
aufgeklärte Denkweise hat den Sallust auch hinsichtlich der Prodigien un«
der sonstigen Romanticismen des Liyius sehr schweigsam gemacht.
3. Ueber dieProömien s.oben 193, 2. Von den bei Sallust vorkommende]
ßrief en ist der des Lentulus an Oatilina (Cat. 44) seinem Inhalte nach histo
risch (vgl. Cic. Catil. HI, 5, 12); und ähnlich scheint es sich mit dem des Cati
lina (c. 35) imd dem des Pompejus an den Senat zu verhalten. Die Redei
bei Sallust haben alle etwas Eindringliches und Ergreifendes und sind de
Eigenthümlichkeit und Stellung des jedesmal Redenden weit mehr ange
passt als die des Livius. Urkundlich sind sie aber darum doch nicht S*
ergäbe sich für Catilina's Anrede an seine Genossen ein anderer Inbjü
aus Cic. p. Muren. 25 und Plut. Cic. 14; und von dem was bei Cic. ad At(
XII, 21 (vgl. p. Sest 28, 61. Vellej. II, 35, 3 f. Plut. Cato min. 23) au
Cato's Rede im Senat mitgetheilt wird findet sich Nichts in deijenigei
welche Sallust dem Cato in den Mund legt. Daher werden wohl auch di
übrigen Reden bei Sallust in demselben Sinne gemeint sein wie Thuk^
dides (I, 22) von den seinigen aussagt. Dabei zeigen jene eine viel gpröe
sere rednerische Uebung, Fähigkeit und Kunst als die des altattischei
Historikers. Von Sallust's rednerischer Bildung zeugt auch die Nachrich
bei Fronto Epist« U, 1. p. 123 Naber: Yentidius ille, postquam Parthot
fudit fngavitque (J. 716 d. St.), ad victoriam suam praedicandam oratio
nem a G. Sallustio' mutuatus est. Wenn daher der Rhetor Seneca Con
trov. III. praef. 8, p. 361, 15 f. sagt: orationes Sallustii in honorem histo
riarum leguntur, so ist diess das einseitige Urteil eines Schulrhetors de
von seinen unpraktischen Finessen und Figuren in den energischen Redei
des Historikers zu wenig wiederfand. Andererseits ist mindestens in seine
Motivierung verkehrt der Ausspruch des Licinianus (p. 42 f. ed. Bonnen
sium) : SaUustium non ut historicum puto sed ut oratorem legendum. nan
et tempora repreheudit sua et delicta carpit et contiones inserit et dat ii
censum loca, montes, flumina et hoc genus amoena et culta et compara
disserendo. Nach Justin. XXXVÜI, 3, 11 Pompeius Trogus . . in Livio e
in Sallustio reprehendit quod contiones directas pro sua oratione opex
suo inserendo historiae modum excesserint, worin derselbe, vom Stand
punct objectiver Geschichtsschreibung, vollkommen Recht hatte, wenn wi
gleich diese Reden, als theilweis rhetorische Meisterwerke, nicht entbehre]
möchten.
4. Urteile aus dem Alterthum über die Sprache des Sallust. At^u
ermahnte den Asinius Pollio (ut) vitet maxime obscuritatem Sallustii e
audadam in translationibus (Suet. gramm. 10 extr.). Zur letztem Eigen
Schaft vgl. Quintil. IX, 3, 12 f. Sen. Controv. IX. p. 249, 16 f. Bu. Gel]
X, 26, 1 ff. — Gell. N. A. IV, 15, 1 : elegantia orationis Sallustii verborum
que fingendi et novandi studium (vgl. I, 15, 18: novatori verborum Sal
lustio; ib. VI, 17, 8. X, 21, 2) cum multa prorsus invidia iuit, multiqu<
non mediocri ingenio viri conati sunt reprehendere pleraque et obtrectare
in quibus plora inscite aut maligne velHcant. Vgl. X, 26, 1 ff. Quintü
X, 3, 8: sie (langsam) scripsisse Sallustium accepimus, et sane manifestui
est etiam ex opere ipso labor.
Sallnstiua (Charakteristik). 339
Kürze. Sen. Controv. IX. p. 249, 9 flF. (vgl. p. 433, 12 ff.) Bu.:. cum
BÜ praecipaa in Thucydide virtus brevitas, hac eom SaUustius vicit et in
Buia illam castris ceddit. . . ex Sallusti sententia nihil demi sine detri-
mento senans potest. Ij. Sen. Epist. XIX, 6 (= 114), 17: Sallustio vigente
amputatae sententiae et verba ante ezspectatnm cadentia et obscura bre-
vitas fuere pro cultu. Qointil. IV, 2, 45: vitanda est etiam illa Sallustiana,
quarnquam in ipso virtutis locum obtinet, brevitas et abruptnm sermonis
genug. X, 1, 32: illa Sallustiana brevitas, qua nihil apud aiires vacnas
atqne eruditas potest esse perfeotius. 102: immortalem illam Sallustii ve-
lodtatem. Oell. III, 1, 6: Sallustium, vel subtilissimum brevitatis artifi-
cem. Macrob. Sat. Y, 1, 7: breve (dicendi genus), in quo SaUustius regnat.
Stat. Silv. IV, 7 extr.: Sallusti brevis. Sidon. Apoll. Paneg. Anth. II, 190 f.
ApulcQ. apol. 95 (parsimonia).
5. Gräcismen. Quintil. IX, 3, 17: ex graeco translata vel Sallustii
plurima. GerlacVs Ausg. III. p. 331 f. Poppo's Thucyd. Vol. VI. p. 372—381.
Archaismen, besonders dem Cato entnommene Wendungen (wie
omlti mortales, prosapia u. A.). Vgl. Lenäus (oben A. 1). August (bei
Wt. Oct. 86): verbis quae C. SaUustius excerpsit ex Originibus Catonis.
Afiinias Pollio in libro quo Sallustii scripta reprehendit ut nimia priscorum
mborum affectatione oblita (Suet. g^amm. 10; vgl. unten 197, 1). Vgl.
(lell. X, 26, 1: Asinio PoUioni in quadam epiatula quam ad Plancum
^pdt et quibusdam aliis C. Sallustii iniquis. Epigramm bei Quintil.
^I, 3, 29: et verba antiqui piultum furate Catonia, Crispe, iugurthinae
conditor historiae. Fronto Epist. IV, 3. p. 62 Naber: M. Porcius eiusque
fr^quens sectator C. SaUustius. Vgl. ib. II, 13. p. 36. Serv. Ae. I, 6:
^ato in Originibus hoc dicit, cuius auctoritatem SaUustius sequitur (Ca-
t3. 6). So lug. 31, 1 = Caton. reliq. p. 27, 1 Jordan. F. Deltour, de
^llostio Catonis imitatore, Paris 1859. Einzelne Archaismen nachgewiesen
« B. bei Priscian. VI, 12. p. 707 P. = p. 249, 10 ff. Htz. (vis als Plural),
^on. Marc. p. 82 (claritudo statt claritas) u. sonst. Aber auch auf die
°<^ibung der Worte bezieht sich der archaistische Charakter des Sal-
last Vgl. Zeitfuchs, de orthographia SaUustiana, Sondershausen 1841. 4.
6. Der Bau und die Verbind\mg der Sätze ist bei SaUust höchst ein-
>^ und schmucklos, theUweise sogar einförmig, namentlich durch das
häufig au die Spitze gesteUte igitur. üeberhaupt wiederholt SaUust ge-
^*8e Lieblingswendungen unermüdlich. Manches ist offenbar geziert, wie
P^cia tempeatatibuB (lug. 96, 1) statt brevi tempore. Der Eindruck der
^itifachheit wird namentlich auch durch die ausgedehnte Anwendung des
uifinitivüB historicua herbeigeführt. Innerhalb des Satzes aber Hebt Sal-
loit jähen Wechsel der Construction, des Subjects und Ausdrucks. Nach-
^eisongen bei Oerlaeh UI. p. 307—332. N. OstUng, de elocutione C. Sal-
loiiü, Upsala 1862. F. Bussmann, de temporum et modorum apud SaU.
Qtn, Greifswalde 1862. Badstübner, de SaU. dicendi genere, Berlin 1863. 4.
A. LawB, de dicendi genere SaU., Bössei 1864. 4.
7. Die scharf ausgeprägte EigenthümUchkeit des SaUust forderte
ebenso zum Widerspruch heraus wie sie in einer Zeit wo man das Abson-
deriiche bewunderte und aufsuchte ihre Anziehungskraft ausüben musste.
Den Widerspruch vertritt nicht blos Lenäus und Asinius Pollio sondern
22*
340 Ciceronische Zeit Zweite Hälfte, 691—711.
auch Sallu&t's GegenfÜBäler iu der Geschichtschreibung, T. Liviiis. Sen. C
trov. IX. p. 249, 15 ff. vgl. p. 433 f. Bu. : T. Livius tarn iniquus SalluBtio füi
hanc ipsam sententiam, et tamquam trauslatam et tamquam corruptam d
tranafertur, obiceret Sallustio. Dagegen fühlte Tacitus sich wahlverwai
schaftlich zu Sallust hingezogen. Er nennt ihn (A. III, 30) rerum romanai
üorentissimus auctor, und der Einfiuss des Sallust auf seine eigene hisi
ische Art ist ganz unverkennbar. Einen geschmacklos übertreiben
Nachahmer fand Sallust in der Zeit des Tiberius an Arruntius; s. Sen.
114, 17: L. Arruntius . . qui historias belli punid scripsit, fuit SaUustia
et in illud genus nitens. 18: quae apud Sallustium rara fuerunt a]
hunc crebra sunt et paene continua, nee sine causa: ille enim in haec
cidebat (?), at hie illa quaerebat. vides quid sequatur ubi alicui viti
pro exemplo est. Für die Zeit des Frouto musste ein so pikanter,
dem haut-goüt der Alterthümlichkeit ausgestatteter Schriftsteller wie i
lust ganz besonderen Reiz haben. Er spielt denn auch iu der Corresp
denz zwischen Fronto und M. Aurelius eine grosse Rolle. Wiederholt fin
sich die Zusammenstellung Cato, Sallust imd Cicero (p. 93. 105. 149 j
indem sie an Sallust die rednerische Seite hauptsächlich hervorheb
Namentlich werden seine Antithesen (p. 107 vgl. 108 ff. 162) und se
Sentenzen (p. 48 N.) bewundert, unter dem Einfiuss dieser Zeitrichti
und seiner natürlichen Gutmütigkeit nimmt auch Gellius mehrmals (III
IV, 15. X, 26) für Sallust Partei gegen seine Widersacher. Noch Sulpic
Sevems bedient sich gern sallustischer Wendungen.
8. Literatur über Sallust überhaupt. J. J. H. Nast, de virtutibus
storiae Sallustianae, Stuttgart 1785. 4. ^ Opusc. lat. IL, Tübingen 18
p. 90-103. 0. M. Müller, über C. Sallustius, Zülüchau 1817. F. D. G
lach, über den Geschichtschreiber Sallust, Basel 1831 = Historische S
dien (Hamburg 1841) S. 286 ff.; die Geschichtschreiber der Römer (Sti
gart 1856) S. 103—107; de Sali, vita et scriptis, vor seiner Ausgabe Ifi
p. XIII ff. Blum, Einleitung in d. röm. Gesch. S. 141 ff. H. ührici, C
rakteristik der antiken Historiographie S. 125 ff. Lerminier, ]£tu
sur rhistoire I. p. 309 ff. Dreis, prolegomena in C. Sali, opera, I. I
1837. 4.; über Sallust als Geschichtschreiber, Itzehoe 1843. 4. De G
lache, fitudes sur Salluste, Brüssel 1847; II Edition, Brüssel 1859. W. T(
fei, in Pauly's Real-Enc. VI, 1. S. 696—702 und im Tübinger Doctor
verzeichniss (1868) S. 1—21. R. Dietsch, in den Verhandlungen der Sti
garter Philologen- Versammlung (Stuttgart 1857. 4.) S. 27—39. Th. Voj
de Sali, vita, moribus ac scriptis, Mainz 1857. 4.
195. Ein Geschichtswerk das bis auf seine Zeit heri
reichte verfasste auch Q. Aehus Tubero, der zugleich Redi
war, am meisten Anerkennung aber als juristischer Schriftsi
1er fand. Nach der formellen Seite wurde er auf letzterem (
biete übertrofiFen von P. Alfenus Varus aus Cremona (Cos. 71
Der dem Caesar und noch dem Augustus eng befreundete Riti
C. Matius hatte Interesse für Literatur und schrieb seil
über Gastronomie.
Sallustius. Q. Tubero. Alfeniis Varii8. 341
1. Pompon. Big. I, 2, 2, 46: post hOB (Ofilius, TrebatiuB) quoque
(Monimaen: Q.?) Tubero fuit, qui Ofilio operam dedit; fuit autem patri-
cins (primum patronus? die Aelii waren plebejisch) et transiit a causis
agendis ad iu8 civile, mazime postquam (Ende 708) Q. Ligarium accusavit
nee obtinuit apud C. Caesarem. . . Tubero doctiseimuB quidem habitus
est iuris publici et privati et complures utriusqne operis libros reliquit;
sermone tarnen antiquo usus affectavit scribere et ideo parum libri eins
grati habentnr. Alterthümelnden Stil hatten auch die übrigen Schriften
desTabero. Seine Anklagerede gegen Ligarius kannte noch Quiutilian (X,
1, 23. XI, 1, 80 vgl. 78. V, 13, 20. 81). Von seinen juristischen Schriften
nennt Gell. XIV, 2, 20 (praecepta Aelii Tuberonis) super officio iudicis,
worauB wohl ib. 7, 13: in libro IX Tuberonem dicere ait (vgl. ib. 8, 2).
AofFuJurung von Ansichten des Tubero Dig. XXXII, 29, 4. XXXIIl, 6, 7
pr. {Ofilius, Cascelliua, Tubero). 10, 7, 1. 2. P. H. Saaymans Vader, de
Q. Aelio Tub. icto eiusque quae in Pandectis exstant fragmentis, Lugd. B.
1824. 4. Als Geschichtschreiber wird er {TovßsQcav AUtog^ was nicht auf
seinen Vater zu beziehen, s. oben 169, 7) von Dionys. I, 80 deivbg ccvtiq
*tti jTfpl tijv avvayayjjv f^g tatOQiaq inifielrig genannt; vgL ib. 7. Tu-
Wo lib. XIV Historiarum citiert Nonius p. 481. Das Werk reichte von
<len ältesten Zeiten bis (mindestens) zum Ende des Kriegs zwischen Caesar
and Pompejus. Die Anführungen daraus bei Krause p. 325—328, Roth p.
*37— 439. Auch scheint er der Q. Tubero zu sein welchen Plinius unter
den Quellen von Buch II und XVIII (vgl. ib. 26, 64) nenni Gell. VI (VII),
% 11: Aelium quoque Tuberonem libro ad C. Oppium scripto ,occecurrit*
dixiase Probus adnotavit. W. Teuffei in Pauly's ßeal-Enc. I, 1. S. 336 f.
Nr. 7.
2. Pompon. Dig. I, 2, 2, 44: ex bis auditoribus (des Ser. Sulpicius,
oben 161, 2 ff.) plurimum auctoritatis habuit AlfenusVarus. ..ex quibus
Varns et consul fuit (suff. J. 716 d. St. nach den Fasti Biond., s. Orelli-
Henzen 6438. C. I. lat. I. p. 467, V). Er ist wohl der Alfenus bei CatuII
^) 1 und der Varus der mit Vergil bei Siron Philosophie hörte (Schol.
Veron. zu Verg. Ecl. VI, 9. Serv. zu Ed. VI, 13. Ae. VI, 264), sowie der
AlfenusVarus der als Legat des Octavian J. 714 dem Vergil (Ecl. VI) sein
väterliches Out bei Mantua zu schützen versprach, und der Alfenus vafer
bei Hör. S. I, 3, 130 ff. welcher omni abiecto instrumento artis clausaque
tabema doch noch (potentialiter) ^sutor erat, wozu Porphyrio (p. 72 f.
"^•): urbane Alphenum Varum Cremonensem deridet, qui abiecto sutrino
Jl^od in municipio suo exercuerat Romam petiit magistroque usus Sulpicio
*^'w ad tantam scientiam pervenit ut consulatum gereret et publico ftinere
efferretur. Vgl. ib. p. 63 f. : Alfenus, sutoris filius, qui ita iuris studio in-
tendit ut beneficio artis huius latum- clavum sumeret u. s. w. GeUius VII
yv) 5, 1: Alfenus ictus, Ser.* Sulpicii discipulus rerumque antiquarum non
löcnrioBua, in libro Digestorum XXXIV», Coniectaneorum autem 11°. üeber
^ Verhältniss beider Titel vgl. L. MerckHn, Philologus XIX. S. 653 f. A. 3.
IiQ Ganzen waren es (nach dem Flor. Index) der Digesta 40 Bücher, eine
^ponsensammlnng, von Aufidius Namusa in seine Sammlung (oben 161,
&) angenommen, von Paulus epitomiert, in seiner ursprünglichen Gestalt
bü zum siebenten und in der paulinischen Epitome (als libri Dig. Alfeni
ft Paulo epitomatorum), bis zum achten Buche in den Pandekten excerpiert.
342 Ciceronische Zeit. Zweite Hälfte, 691 — 711.
Vgl. ^OII^neI, PalingeneBia libr. iuris vett. (Lips. 1767) I. p. 27—38. Bi
merk^nswerth ist besonders das längere Exoerpt Dig. V, 1, 76 ab tjd
philosophischer Bildung zeugend (quod, ut philosophi dicerent, ex pari
cnlis piinimis consisteremüs) ; andere verrathen Kenntniss des Griechische!
fast ^e einen einfachen und fliessenden Stil. Ev. Otto, P. Alfenus Van
ab iniuriis veteriun et reoentiorum Hberatus, im Thesaur. iur. rom. V. ;
1631—1688. S. W. Zimmern, Gesch. d. röm. Privatrechts I, 1. S. 296—29
Huscl^e, Ztschr. f. histor. Bechtewiss. XV. S. 187 (welcher bei Pomponii
1. 1. Alfenus Varus Caius in das agnomen Catus umändern möchte). V
Teuffei in Pauly's Real-Enc. I, 1. S. 768 f. Nr. 3.
3. C. Matius, geb. um 670 d. St., der treue Freimd des Caesar, dun
sein mildes und besonnenes Wesen vorzüglich geeignet zu der Vermittle
rolle die er spielte , ohne in das politische Parteigetriebe oder auf am
liehe Thätigkeit sich einzulassen. Er trug seine Liebe zu Caesar auch a
Gctavian über und scheint erst ums J. 750 gestorben zu sein; s. Plin. ]
H. XII, 2, 6, 13: primus C. Matius ex equestri ordine, Divi Augusti an
cus, invenit nemora tonsilia intra hos LXXX annos. E. v. Leutsch, Ztscb
f. d. Alt.-Wiss. 1834, S. 164—166 (welcher C. und Cn. Matius nicht unte
scheidet). W. Teuffei in Pauly's Real-Enc. IV (1845). S. 1643—1645. Ci
ad Fam. VII, 15, 2 (J. 701): C. Matii, suaviesimi doctissimique homin
XI, 27, 5 f. (J. 710): ut haec <pi,loaofpovnsva scriberem tu me impnlis^
. . omnia me tua delectant, sed maxime maxima cum fides in amidtia .
tum lepos, humanitas, litterae. Apollodoros aus Pergamum vndmete ih
seine Ars (Rhetorik), Quintil. III, 1, 18. Sein Brief an Cicero (ad fai
XI, 28 vom J. 710) ist ein treues Spiegelbild seines edlen Gemütes ui
feingebildeten Geistes. Ein mit Trebatius zusammen an Cicero gericht
tes Schreiben des Matius (J. 705) ad Att. IX, 15 A. Wohl erst unt
August verfasste er sein gastronomisches Werk (oben 147, 4), dessen G
genstand bezeichnend ist für seine Harmlosigkeit und seine Richtimg a
verfeinerten Lebensgenuss.
196. Unter den übrigen Anhängern Caesars haben litera
historisches Interesse, meist als Redner oder Verfasser erhalt
ner Briefe, der reichbegabte Taugenichts C. Scribonius Cur
(Volkstribun 704), Q. Cornificius, der Triumvir M. Antonii
(J, 671 — 724), sowie L. Baibus; von schwankenden Politike]
der talentvolle Abenteurer M. Caelius Rufus und der charaktc
lose L. Munatius Plancus (Cos. 712). Auch des Letztem lau
jähriger Legat, C. Fumius, war ein Redner, sowie der junj
L. Sempronius Atratinus (Cos. 720), Q. Voliisius, Annius Cii
ber, und von Hort^nsia gab es noch im ersten Jahrh. n. Gl
eine veröffentlichte Rede.
1. Vellej. II, 48, 3: C. Curio trib. pl. (704, f 705), . . vir nobiJ
eloquens, audax, suae alienaeque et fortunae et pudidtiae prodigus, hoi
ingeniosisaime nequam et facundus malo publico, cuius cupiditatibus ^
libidinibus neque opes ullae neque voluptates sufficere possent Vgl.
Uaakh in Fauly's Real-Enc. VI, 1. S. 880 f. Nr. 11. Ueber ihn ab Redn
C. Matlus. C. Curio. Cornificiut«. M. Antonius. 343
Cic. Brut. 81, 280: ita facile solufceque verbis volvebat satis int^rdum acu-
Us, crebras quidem certe sententias ut nihil posset oxnatius esse, nihil
eipeditiuB. atque bic parum a magistris institutus naturam habuit ad-
nürabilem ad dicendum; industriam non sum expertus; studium certe fuit.
Keden von ihm gab es noch in der Zeit des Tacitus; s. dial. 37 (oben
158, 3). Vgl. Meyer, orat rom. * p. 481 — 484. Briefe von Cic. an ihn ad
fam. n, 1— 7 (auß J. 701 und 703).
2. Hieron. zu Eus. Chron. a. Abr. 1976 = Ol. 184, 4 = 713 d. St.:
CornificiuB poeta a militibus descrtus interiit. . . huins soror Coniificia,
coias insignia exstant epigrammata. Diess kann der Zeit nach nur der in
Africa gegen T. Sextius gefallene ehemalige Quästor des Caesar (Proprä-
tor 706) sein, der auch mit Cicero befreundete (an ihn ad fam. XII, 17—
30 aus 709—711) Q. Comificius (W.Drumann G. R. II. S. 617-621. Haakh
in Pauly's Roal-Enc. IL S. 710, Nr. 3), welchen Cic. (ib. 18, 1) etwas spitzig
za den magui oratores zählt und (ib. 17, 2) ihm seinen Orator zu freund-
licher Aufnahme empfiehlt: in quo saepe suapicatus sum te ab iudicio
Qostro, sie scilicet ut doctum hominem ab non indocto, paullulum dissi-
dere. ib. 20: me amabis et scripto aliquo lacesses. Ohne Zweifel ist
<lie8er identisch mit dem dichterischen Freunde Catulls (c. 38), Verf. ero-
tischer Gedichte (leve Comifid . . opus, Ovid. Trist. II, 436), woraus ein
Uendekasyllabus bei Macrob. VI, 4, 12 und ein daktylischer Rest ib. 5, 13
(Comificius in Glauco). Vgl. Schwabe, Quaest Catull. p. 298—300. Zwei-
felhaft aber ist ob auf ihn zu beziehen ist Comificius in primo de etymis
deoram (Prisdan. VI. p. 711 P. = 257, 6 Htz.), woraus wundersame Ab-
teitongen von Göttemamen imd eine Verweisung auf Cic. D. N. bei Ma-
crob. I, 9, 11 (Comificius Etymorum libro tertio). 17, 62. 17, 9. 33. 23, 2.
öderes bei Fest. p. 123. 194. 282 und sonst, Servius, Lactantius u. A.
^ie aber Comif. zwischen 709, und 713 in Syrien und Africa zu einer sol-
chen Schrifkstellerei Zeit und Stimmung gefanden hätte ist nicht abzuse-
'i^Q. Vielmehr werden diese Schriften einem Grammatiker Comificius der
^^f^tiateiBchen Zeit zuzutheilen sein, der Spottvers auf Vergil bei Cledo-
^^ (Keil V. p. 43, 2 f.) dem Cornelius Gallus. Alles auf den Dichter Cor-
^' l>ezieht Bergk, Marburger Sommerkatalog 1843. 4. Dagegen J. Becker,
^^ruificius liOngus und Comificius Gallus, Ztschr. f. d. Alt.-Wiss. 1847, Nr.
^^ f. S. 1060 ff.
3. M. Antonius der Triumyir, vgl. Drumaun G. R. I. S. 64 — 517.
Paulyg Real-Enc. I, 1. S. 1174—1180. Als Redner gerieth er, bei seiner
°*^gelhaften Bildung, leicht in ein falsches Pathos hinein, wurde dann
^^^olstig, dunkel und ofb auch incorrect (Suet. Aug. 86: M. Antonium
' ; ea scribentem quae mirentur potius homines quam intellegant; vgl.
^^^. Phü. III, 9. XIII, 10 f. ad Att. X, 8 f. XIV, 3). Zu viel Ehre war es
^^hl wenn man ihn desshalb einen Anhänger der ^^ianischen Redeweise
'^^^te (Plut Ant. 2. 43 vgL Suet. 1. 1.). Seine Briefe an Cicero aus dem
J- 706 (ad Att X, 8 A. 10, 2) und 710 (XIV, 13 A) zeigen einen ungekün-
stelten Stil. Plin. N. H. XIV, 22, 148: M. Antonio, is enim . . avidissime
ftdprebenderat hanc pahnam (der Leistungsfähigkeit im Trinken), edito
etiam volumine de sua ebrietate. . . exiguo tempore ante proelium acti-
acam id volomeu evomuit. Parauf, sowie auf seine Correspondenz mit
344 Ciceronische Zeit. Zweite Hälfte, 691—711.
Octavian (wovon Proben bei Sueton, z. B. Aug. 69), bezieht sich Ovid ex
Pont. I, 1, 23: Antoni scripta leguntur.
4. Asinius PolHo an Cicero (ad fam. X, 32, 3) J. 711: Balboa quaestor
. . ludis praetextam de suo itinere (J. 705) ad L. Lentolum procos. solli
citandum (um ihn zum Verlassen des Pompejus und zur Rückkehr nach
Rom zu bewegen, ad Att. VIII, 9, 4. 11, 6. 15 A, 2. IX, 6, 1. Vellej. 11,
51, 3) posuit. et quidem cum ageretur flevit, memoria rcrum gestarmn com-
motus. ib. 5: praetextam si voles legere, Gallum Comelium, familiärem
meum, poscito. Vgl. Welcker, griech. Tragödie S. 1402. Dieser Baibus
ist der, zum Unterschiede von seinem Oheim (oben 184, 2), Balbus minor
genannte, nämlich L. Cornelius P. f. Balbus, welcher noch lange in die
augusteische Zeit hinein lebte (jedenfalls noch 741) und J. 735 als Pro-
consul ex Africa triumphierte; s. W. Drumann, G. R. II. S. 608—610. A.
Haakh in Pauly's Real-Enc. II. S. 694 f. Nr. 3. Da er nach Vellej. 1. 1.
auch ad pontificatum adsurrexit und literarische Inclination besass, so ist
CS nicht unmöglich dass er der Cornelius Balbus ist aus welchem Serv.
Ae IV, 127 etwas über den Hjmenäus anführt und aufweichen sich be-
zieht Macrob. III, 6, 16: Cornelius Balbus 'EJi^yjjrixcSv libro XVIIP.
5. M. Caelius M. f. Rufus. Plin. N. H. VE, 49, 165: C. Mario Cn.
Carbone III cos. (J. 672 = 82) a. d. V Kai. lunias (28 Mai) M. Caelius
Rufus et C. Licinius Calvus eadem die geniti sunt, oratores quidem ambo»
sed tam dispari eventu. Hiegegen hat Nipperdey, Rhein. Mus. XIX. S.
289 — 291 eingewendet dass nach der Art wie Cicero (Brut. 79, 273. 81,
279 f.) von Beiden spricht dieselben nicht wohl ganz gleichaltrig sein kön-
nen, auch seiner politischen Laufbahn (trib. pl. 702, Quästor und 30 J. alt
also frühestens 700; aed. cur. 701) nach Caelius älter sein müsse. Statt
Caelius wäre vielleicht Curio zu nennen gewesen, oder waren Caelius und
Calvus zwar an demselben Tage geboren, aber nicht in demselben Jahre,
Caelius etwa 669 (85), Calvus 672 (82) , indem Plinius die beiden Consulate
des Carbo verwechselte. Lange Zeit hielt Caelius zur Senatspartei und
Cicero. Diese politische Correctheit machte den Cic. nachsichtig gegen
des Caelius lockere Sitten und verschwenderische Lebensweise, und er ver-
theidigte ihn J. 698 (s. oben 166, 34) gegen Anschuldigungen der Clodia,
zu deren ausschweifendem Kreise er längere Zeit gehört, dann aber mii
ihr gebrochen hatte. Während Cicero's Abwesenheit in Kilikien (703 f.)
hatte Caelius ihm die Neuigkeiten aus Rom zu berichten. Diese Corre-
spondenz (17 Briefe) füllt B. VllI 'von Cic. ad fam. Caelius zeigt darin
ein scharfes (etwas medisantes) Urteil über Personen und Zustände, bei
allem Schwanken in Bezug auf die eigene Stellung dazu, lebhafte Dar-
stellung, einen humoristischen Ton, originelle Schreibweise. Vgl. oben
171, 2 u. 6. Dazu der Brief an Cicero ad Att. X, 9 A (J .705). Nach Aus-
bruch des Bürgerkriegs trieben den Cael. seine Schulden in das Lager des
Caesar, und dieser ernannte ihn zum Prätor für 706. Als solcher woUte
er tabulae novae einführen, ward aber abgesetzt und bald darauf erschla-
gen. Drumann G. R. II. S. 411—422. A. Haakh in Pauly's Real-Enc. II.
S. 477 — 480, Nr. 7. G. Boissier, Caelius et la jeunesse romaine au temps
de C^sar, Revue des deux mondes XLIX (1864) p. 41 ff. üeber ihn als
Redner Cic. Brut. 79, 273: splendida et grandis et eadem inprimis faceta
et perurbana . . oratio, graves eins contiones aliquot fuerunt (auch de
k
BaJbiis minor. Caelius Rufus. Munatius. Furnii. 345
aquis, Frontin. aq. 76), acres accoBationes tres (gegen C. Antonius 695, L.
SconproniaB Atratinus den Vater 698, Q. Pompejus RufuB 703) . . defen-
dones (besonders 698 pro se gegen Atratinus , auch pro Sanfeio 702 und
pro M. Servilio 703) . . sane tolerabiles. Dam ach QuintU. VI, 3, 69. X, 1,
115; asperitas Caelü ib. X, 2, 25 vgl. Tac. diaL 18. 21. 25 (amarior). Er
Bcheint also mehr zu den Atticisten gehalten zu haben als zu CHcero^s
Bedeweise, obwohl er in seiner Jugend von Letzterem Anleitung zur Be-
redtsamkeit erhalten hatte (p. Cael. 4, 9). Vellej. II, 68, 1: M. Caelius»
vir eloqmo animoque Curioni (A. 1) simillimus, sed in utroque perfectior,
nee minas ingeniöse nequam. Sen. de ira IQ, 8, 6: Caelium oratorem
ffme iracundissdmum constat. Seine Reden kannten noch Quintilian, Pli-
nia8(Ep. I, 20, 4) und Tacitus (dial. 21. 25). Zusammenstellung der üeber-
rerte und Nachrichten davon bei Meyer, Orat. rom.' p. 460—470. Sehr an-
schauliche Schilderung aus einer solchen bei Quintil. IV, 2, 123 f. Witze
über Qodia ib. VIII, 6, 53. Er ist wohl der Rufus des Catull (c. 77 vgl.
S9), zuerst mit dem Dichter befreundet, dann (etwa 696) als Nebenbuhler
bei Clodia gehassi Vgl. Schwabe, Quaest. Catull. p. 64—67. 85—89. 138 f.
6. L. Munatius Plancus, Caesars Legat und för 712 von ihm zum
Cos. ernannt; nach Caesars Tod schlug er sich, nach einigem Schwanken,
auf die Seite des Senats, dann auf die des Antonius, später, als es diesem
Bchlecht zu gehen anfieng, auf die des Octavian, wobei zu bleiben dessen
Olück ihm gestattete. Censor 732, aber allgemein missachtet. W. TeufPel
inPauly's Real-Enc. V (1846). S. 204—208, Nr. 9. C. L. Roth, über M.
PI, Erklärung der Inschrift auf dem Mausoleum in Gaeta (Mommsen I.
B-N. 4089), in den Mittheilungen der Basler Alterth.-Ges. IV (Basel 1852).
A. W. de Klerck, Disq. de etc. Utrecht 1855. H. A. Kleijn, de L. et T.
Munatiia Plancis, Lugd. Bat. 1857. Bei Suet. rhet. 6 und Pün. N. H. VII,
12? 55 heisst er orator; orator insignis habetur bei Hieron jmus zu a. Abr.
1992 = Aug. 19 = 729 d. St.; summa eloquentia bei Cic. ad fam. X,
3. 3 Vgl. XHI, 29, 1. Ascon. in Mil. p. 33 Or. Seine rhetorische Bildung,
^W auch seine Eitelkeit, erhellt aus seinen Briefen an Cicero (ad fom. X,
^: 7-9. 11. 15. 17 f. 21. 23 f.) aus J. 710 und 711, welche sehr wohl stili-
>iert sind, mit Cadenzeu, Antithesen u. dgl. trefflich ausgestattet (verbo-
"^ et sententiarum gravitas, ib. 12, 1. 16, 1. 19, 1), aber mit. ihren schö-
^^ W'orten oft eine sehr zweideutige Gesinnung bemänteln..
7. Hieronym. zu Euseb. Chron. a. Abr. 1980 = Aug. 7 = 717 d. St.:
'^'''^ii pater et filius dari oratores habentur, quorum filius consularis
^ ^ Patrem moritur. Vgl. die Furnii (de populo oratores) bei Tac. dial.
- • Oer Vater (C. Fumius) war mit Cicero befreundet; trib. pleb. 704.
*^?*t des L. Plancus (A. 6) J, 710 f. und mit ihm zu Antonius übertretend,
^^ ^^m er bis Actium blieb. Von Octavian wurde er amnestiert und J. 725
^*^^ii8 inter consulares (Dio LTI, 42). Dass er Redner war bestÄtigt auch
^^- ^ fam. X, 26, 2 (qui alienas causas tam facile discas). Plut Anton.
^ ^eiint ihn gar dnvozatog sineiv 'Pcoi^aiaiv. Auf ihn bezieht sich wohl
^^- Bat. I, 10, 86: te, candide Fumi, wozu Acro: hie historiarum ele-
guitia claruit (später). Von dem Sohne (Cos. 737) berichtet eine raffi-
m^ Schmeichelei gegen Octavian Sen. de benef. II, 25, 1. Vgl A. Haakli
in Pauly's Real-Enc. m. S. 559 f. Nr. 1 u. 2.
346 Ciceronische Zeit. Zweite Hälfte, 691 — 711.
8. L. SemproniuB Atratinua, durch M. Antonius Cos. 720 d. St, aber
bald (vor Actium) zu Octavianus übergetreten und durch ihn Procos. von
Afrika, als welcher er IV id. Octobr. 733 Varr. ex Africa triumphierte
(fasti tr. ad a.). üieronymus zu Eus. chron. ad a. Abr. 1996 = Ol. 189, 4
=» Aug. 23 = 733 d. St.: Atratinus, qui XVII natus annos Caelium accu-
saverat (J. 698 d. St.; also geboren 681), clarus inter oratores habetur,
ad extremum morborum taedio in balneo voluntate exanimatus heredem
reliquit Augustum. Cicero nennt ihn (p. Cael. 1, 2) seinen necessarius,
sagt von ihm (ib. 3, 8): ornate docteque dixisti und nennt /'ib. 7, 15) ihn
disertus adolescens. Als Redner im Senat J. 714 neben Messala genannt bei
loseph. b. iud. I, 14, 4. Vgl. A. Haakh in Pauly's Beal-Enc. VI, 1, S.
973 f. Nr. 8.
9. Vatinius an Cicero, ad fam. V, 10 a, 2 (J. 709): defenditur (Caü-
hus) a Q. Volusio, tuo discipulo. Vgl. Haakh in Pauly's Beal-Enc. VI, 2.
S. 2745, Nr. 5.
10. T. Aunius Cimber, Lysidici filius (€ic. Phil. XI, 6, 14), durch M.
Antonius zur Prätur gelangt (ib. XIII, 12, 26), als Redner und Schriftstel-
ler von afFectierter Alterthümlichkeit; s. Quintil. .VIII, 3, 28 f. == Vergil.
Catal. 2. Octavian bei Suei Oct. 86 an M. Antonius : tu dubitas Cimbeme
Annius an Veranius (Verrius?) Flaccus imitandi sint tibi? J. G. Huachke,
de Annio Cimbro, Rostock 1824. 4.
11. Auch Caesar's Freund, der Ritter Mamurra aus Formiae, f 709»
war literarisch thätig, wie es scheint in gebundener Form; s, Catull 57, 7
und 105. Schwabe, Quaest. Catuli. p. 187 f. 226.
12. Val. Max. VIII, 3, 3: Hortensia, Q. Hortensi (oben 158, 1) filia,
cum ordo matronarum gravi tributo a triumviris (J. 711) esset oneratus
nee quisquam virorum patrocinium eis accommodare änderet, causajn fenÄ-
narum apud trium vires et constanter et feliciter egit; repraesentata enim
patris facundia impetravit ut etc. Vgl. Appian. b. c. IV, 32 f. Quintil. I,
1, 6: Hortensiae Q. filiae oratio apud triumviros habita legitur non tantnm
in sexus honorem.
197* Die Gelehrten und Lehrer waren an den politischen
Kämpfen unmittelbar nur wenig betheiligt. Der bedeutendste
unter ihnen ist der Grieche Ate jus Prätextatus, ein viel-
seitiger und fruchtbarer Schriftsteller^ der sich selber Philologus
nannte ; femer des Cn. Pompejus Freigelassener, Lenäus, sowie
Epidius und Sextus Clodius.
1. Sueton. gramm. 10: Ateius Philologus libertinus Athenis est
natus. hunc Capito Ateius, notus iuris consultus, inter grammaticos rhe-
torem, inter rhetores grammaticum fnisse ait. de eodem Asinius PoUio,
in Hbro quo Sallustii scripta reprehendit ut nimia prisconun verborum
affectatione obhta, ita tradit: ,in eam rem adiutorium ei fecit maxime
quidem Ateius Praetextatus, nobilis grammaticus latiuus, declamantium
deinde auditor atque praeceptor, ad summam Philologus ab semet nomi-
natus.* ipse ad Laelium Hermam scripsit se . . audisse Antonium Gnipho-
nem (oben 146, 3), . . praecepisse autem multis et claris iuvenibus, in quis
At«iu8 Philologus, LenaeuB u. a. Lehrer. 347
Appio qaoqiie et Pulchro Claudiis fratribus (vgL oben 186, 10). . . Philo-
logi appeüatioDem asBumpsisse videtur quia . . multiplid variaque doctrina
censebator. quod saue ex commentariis eius apparet, quamquam pauds-
Buni exstent. de quoruni tarnen copia sie altera ad eandem Hermam epi-
stola ngnificat: »Hylen nostram . . quam omniB generis coegimus, uti sds,
octmgeotoB in libros.' coluit postea familiariasime C. SalluBtiiim et eo
defoDcto Amniiiin PolHonem, quos historiam componere aggressoa alterum
breviario renuu omnium romanarum, ex quiboB quas vellet eligeret, in
Btnudt, alterum praeceptis de ratione Bcribendi. quo magiB miror Asinium
credidisse antiqua eum verba et figuras solitum esse colligere SalluBtio^
cwn sibi sciat nil aliud suadere quam ut noto dvilique et proprio sermone
utatar vitetque mazime obscuritatem SalluBtii et audaciam in translatio-
nibiffi. Seine persönliche Ueberzeugung von dem besten Stile konnte den
AtejuB nicht hindern für Sallust, auf dessen ausdrückliche Bestellung, eine
Sammlung von Archaismen zu machen.
2. Suet. gramm. 15: Lenaeus, MagniPompei libertus et paeue omnium
expeditionum comes, defuncto eo filüsque eius (zuletzt starb Sextus, J. 719)
Khola se sostentavit . . ac tanto amore erga patroni memoriam exsütit
ot SaUnstium historicum . . acerbissima satura laceraverit (s. oben 194, 1).
i^kr autem puer adhuc Athenis subreptus refugisse in patriam, . .
venim . . gratis manumissus.
3. Suet. gramm. 28 = rhet. 4 : (M.) Epidius calumnia uotatus^ ludum
dicendi aperuit docoitque inter ceteros M. Antonium et Augustum (auch
denVergil, s. unten 210, 3). quibus quondam C. Cannutius . . malle [se] re-
spondit Isaurici esse disdpulum quam Epidii calumniatoris. hie Epidius
ortam 86 a C. Epidio Nucerino praedicabat. Bei Plin. N. H. XVII, 38,
243 (quahbus ostentis Aristandri apud Graecos volumen scatet, . . apud
no8 vero C. Epidii commentarii, in quibus arbores locutae quoque reperi-
untur) möchte ü. Peter (Bhein. Mus. XXII. S. 163) eher an Epicadus (oben
^*^, 1) denken. Vgl. noch oben 193, 6.
4. Suet. gramm. 29 => rhet. 5: Sex. Clodius e Sicilia, latinae simul
?'^^i<!aeque eloquentiae professor, male oculatus et dicax par oculorum in
anudtia M. Antonii triumyiri extrisse (?) se aiebat. . . a quo (M. Antonio)
mox consule (J. 710) ingens etiam congiarium accepit. Vgl. Cic. Phil, ü,
^'^> *3 (rhetorem . . salsum hominem). III, 9, 22. ad Att. IV, 15, 2 (J.
^^)' Tcreor ne lepore te suo deüneat diutius rhetor Clodius. Lactant.
™*- I, 22, 11 : Sex. Clodius in eo libro quem graece scripsit. .A^iiob. adv.
gent. V, 18: Sex. Clodius sexto de düs graeco. Dagegen der bei Servius
(*i Aen. I, 176: Clodius conmientariorum quarto, vgl ib. 62. II, 229) an-
geführte Clodius ist wohl Clodius Tuscus (ib. XII, 657).
&• Auf einem Irrthum beruht die Angabe von Pompej. p. 154, 13 K.
(Gramm. V): Caper (Flayius?), ille magister Augusü Caesaris, elaboravit
yehementiasime et de epistulis Ciceronis collegit haec (?) verba ubi dixerat
i|we Cicero ,pÜ88imas^ Vgl. Excerpta ib. p. 327, 15: Caper antiquissimus
doctor. Wenn Caper Lehrer eines Kaisers war (etwa eines Flavius), so
jedenfalls nicht des August; vielmehr muss er nach Valerius Probua und
Soeton gelebt haben. F. Osann, de Flavio Capro (Giessen 1849. 4.) p. 6.
348 Ciceronische Zeit. Zweite Hälfte, 691 — 711.
198. Dichter dieser Zeit von denen wir keine Betheiligung
an den politischen Kämpfen kennen waren P. Terentius
Varro aus Atax (J. 672-717 d. St.) und Publilius Syrus;
jener zuerst Epiker in der Weise des Ennius (bellum Sequani-
cum) und Verfasser von Saturae, dann berühmter geworden
als Bearbeiter alexandrinischer Epen und Lehrgedichte (Argo-
nautae, Chorographia, Ephemeris), ausserdem Elegiker; Publi-
lius Syrus, aus Antiochia gebürtig, dichtete für das Theater
mimi die noch in der neronischen Zeit aufgeführt wurden und
deren reicher Schatz an Sprüchen der Lebensweisheit im ersten
christlichen Jahrh. ausgezogen, im Beginne des Mittelalters, aber
mit Sentenzen aus andern Quellen vermischt wurde. Beiden
Dichtem gleichzeitig war der durch CatuU in üblen Geruch
gebrachte Epiker Tanusius Geminus aus Oberitalien.
1. Hieronym. in Euseb. Chron. ad a. Abr. 1935 = Ol. 174, 3 = 672
d. St. = 82 V. Chr.: P. Terentius Varro vico Atace in provinda Narbo-
uensi nascitur. qui postea XXXyi^i» annum agens graecas litteras cunL
Bummo studio didicit. Hör. S. I, 10, 46: hoc (die Satire) erat experto
frustra Varrone Atadno . . melius quod scribere possem. Hienach war Varro
zur Zeit der Abfassung dieser Satire (J. 718, s. W. Teuffei im Rhein. Mus.
IV. S. 111—113) bereits nicht mehr am Leben. Diese Abfassung von Sa-
tiren fäJlt wohl in die frühere, nationale Periode des Varro, wohin auch
wohl sein bellum Sequanioum gehören wird (Priscian. X. p. 877 P. = 497
Htz. : P. Varro belli Sequanici libro II), welcher Stoff dem Varro nach Zeit
und Schauplatz besonders nahe lag. Porphyrio ad Hör. 1. 1. (p. 185 Hth.):
Terentius Varro Narbonensis, qui Atacinus ab Atace fluvio dictus est.
Quintil. X, 1, 87: Atacinus Varro in iis per quae nomen est assecutus in-
terpres operis alieni, non spemendus quidem, verum ad augendam facnl-
tatem dicendi parum locuples. Diess bezieht sich auf die Argonautae oder
Argonautica des Varro, eine freie Bearbeitung des Epos von ApoUonius
aus Rhodos in vier Büchern, welches preisend erwähnt Ovid Am. I, 15, 21
(Varronem . . quae nesciat aetas?). A. A. UI, 335 f Trist. II, 439 f. ex
Pont. rV, 16, 21. Vgl. Prop. U, 34, 86. Stat. Silv. U, 7, 77. Sen. Con-
trov. XVI, 28 (p. 195, 8 ff. Bu.) : iUos optimos versus Varronis. Die üeber-
reste bei Wüllner p. 12 ff. und zuletzt bei A. Riese, Varr. Sat. Menipp.
p. 261—263. R. Unger, Ej)i8tola de Varrone Atacino, Friedland 1861. 4.
Ausserdem eine Chorographia (Var. bei Priscian cosmographia), worin nach
einem metrischen prooemium Europa, Asien xmd Africa der Reihe nach
behandelt war; Original das Werk des Alexander aus Ephesos (mit dem
Beinamen 6 Avxvog). Die üeberreste bei Riese p. 263 f. Femer eine
Ephemeris (Witterungskunde) in Hexametern, nach Aratos; s. Bergk, Rhein.
Mus. I (1842). S. 372 ff. Riese p. 264. Beschreibungen werden in dem
Epos eine grosse Rolle gespielt haben. Als Elegiker theilte Varro die
erotische Richtung der Alexandriner und seiner unmittelbaren Nachfolger.
Propert. H, 34, 85 f : haec quoque perfecto ludebat lasone Varro , Varro
Leucadiae maxima flamma suae. Ovid. Trist. II, 439 f.: is quoque phad-
Varro Atacinns. Laberius. Publilius. 349
acAB Argo qni daxit in iindas non potuit Yeneris furta tacere saae. Diese
sind aber die einzigen Sparen seiner Elegieen, sei es weil seine Nachfolger
ilm verdunkelten oder weil ihn seine ausserrömische Abkunft zu keinem
EiDflois gelangen Hess. Das Epigramm auf das Grab des reichen Qalliers
Licinos (der erst unter Tiberius starb; s. W. Teuffei in Pauly's Real-Enc.
lY. S. 1081 f.) wurde wohl wegen der Landsmanuschaft dem Varro zuge-
schrieben (SchoL Pers. II, 36: non invenustum Varronis epigramma).
Ebenso wissen wir von Yarro^s Satiren einzig durch Horaz 1. 1. Im All-
gemeinen s. Fr. Wüllner, de P. Terentii Varronis Atadni vita et scriptis,
Mfinster 1829. 4.
2. Hieronjm. zu Eus. Chron. 1974 = Ol. 184, 2 = 711 d. St. (Labe-
nuü' Todesjahr, s. oben 179, 4): Publilius (so Amand.) mimographus natione
Syrus Romae scaenam tenet. Den Namen Publilius hat (statt Publius)
ab den bestbeglaubigten und richtigen erwiesen E. Wölfflin, Philologus
nn. S. 439 f. PHn. N. H. XXXV, 17, 68: talem (pedibus cretatis) Publi-
tiom Lochium (0. Jahn: Antiochium), mimicae scaenae conditorem, et
utrologiae consobrinum eins Manilium Antiochum, item grammaticae Sta-
Wriom Erotem eadem nave advectos videre proavi. Macrob. II, 7, 6f. :
^blilius, natione Syrus, cum puer ad patronum domini esset adductus,
promeruit eum non minus salibus et ingenio quam forma. (7.) ob haec et
alia manumissus et maiore cura eruditus, cum mimos componeret ingenti-
^e adsensu in Italiae oppidis agere coepisset, productus Romae per Cae-
f^ ludos (J. 709) omnes qui tunc scripta et operas suas in scenam loca-
verant provocavit ut singuli secum posita invicem materia pro tempore
<^zitenderent. nee ullo recusante superavit omnes, in quis et Laberium.
(8.) unde Caesar . . Publilio palmam . . dedit. Hier scheinen zweierlei
Wettkämpfe, die mit einem Mimus und im Improvisieren, durcheinander-
gemischt. In der Kunst des Improvisierens war Syrien stark, s. Wölfflin
^- 443 f. Gell. XVII, 14, 1: Publilius mimos scriptitavit. dignus habitus
est qoi subpar Laberio iudicaretur. (3.) huius Publilii sententiae feruntur
Pl^faeque lepidae et ad communem sermonum usum (Macrob. II, 7, 10:
^<isum) commendatissimae (Macrob. adcommodatissimae). Sen. de tranq.
^' 11, 8: Publilius, tragids comidsque vehementior ingenüs, quotiens mi-
^^^^ iueptias et verba ad summam caveam spectantia reliquit, inter
'^^t« alia cothumo, non tantum aipario, fortiora et hoc ait. Epist. 8, 8:
"'^^Htum disertissimorum versuum inter mimos iacet! quam multa Publilii
^ excalceatis, sed cothuruatis dicenda sunt! Vgl. oben 8, 4. Auch Zeit-
/T^X^ielongen scheint Publilius gelegentlich angebracht zu haben; s. Cic.
^ ^tt XIV, 2, 1.
, 3. Dass von den Stücken des Publilius nur zwei apokryphe Titel be>
j^^t sind (Non. p. 133, 7 Publilii Putatoribus, und Priscian. X. p. 532, 25
qJ^- Publius in Murmidone) erklärt sich daraus dass er vorzugsweise
^^Uuspieler imd Improvisator war und seine Stücke daher fast nur in
Aeaterexemplaren existierten. Die zahlreich darin enthaltenen kernigen
t^>fiche sammelte im ersten christl. Jahrh. (denn Gellius 1. L kennt die
^tnmlung bereits) ein Liebhaber und gab sie heraus, so dass erst jetzt
^Ubhlius ein Gegenstand der Literaturgeschichte zu sein anfängt. Mono-
^tichiflche Proben daraus bei Gell, und Macrob. 1. 1. Diese Sammlung ist
350 Ciceronische Zeit. Zweite Hälfte, 691 — 711.
uns erhalten, am vollständigsten (aber ohne üeberschrifb) im codex Fr
singensis (jetzt Monac. lat. 6292), filr die Buchstaben A bis N auch i
andern alten Handschriften (aus saec. IX und X), im Ganzen über 660 echi
Verse. Da sie fast durchaus aus allgemeinen Klugheitsregeln * und Sätze
alltäglicher confessionsloser Lebensanschauung bestehen, und Seneca (Ej
.3.S, 7) schreibt: pueris sententias edisoendas damus, so ist glaublich da!
die Sammlung in den Schulen verwendet wurde. Manche Yariatione
desselben Gedankens können daher stammen, aber auch schon von Publ
lius selber. Ebenso mag die alphabetische Ordnung von dem Ursprung]
chen Sammler herrühren, da die Art derselben (Berücksichtigung nur d«
ersten Buchstabens, nicht aber der weiteren) der Gewohnheit des Alte
tliums entspricht; jedenfalls findet sich diese Ordnuug am Beginne d<
Mittelalters. Schon vor saec. IX gieng die zweite Hälfte verloren; dafc
wurden (prosaische) Sentenzen aus dem damals noch vollständigere
Pseudo-Seneca de moribus, zur ungeföhren Länge eines Verses zugestutz
aufgenommen, und dieses Conglomerat erhielt nach dem bekannteren Vei
fasser den Titel Sententiae (oder Proverbia) Senecae und wurde weiterhi
aus andern Schriftstellern noch manchfach interpoliert, besonders sae*
XIV und XV. Inzwischen war, etwa saec. X, die echte zweite Hälfl
(N bis V) wieder aufgefunden worden. Sie lag dem Schreiber des co<
Frisingensis vor und wurde von ihm in die zu seiner Zeit bereits traditi<
nelle aus Prosa und Versen gemischte Sammlimg eingereiht, je hinter d€
unmetrischen Proverbien eines Buchstabens. Wölfflin a. a. 0. S. 444-
453. In den gedruckten Ausgaben (ed. princeps, von Erasmus, Argen
1515) wurden dann die verschiedenen Bestaudtheile bald mehr bald wen
ger geschieden (Wölfflin S. 454 --466); das blühendste Durcheinander i
F. H. Bothe's Sammlung (Fragm. com. lat. p. 220 ff.) und darnach von (
Zell (Stuttgart 1829) u. A. Anfang einer Scheidung in Ribbecks Comi*
latini p. 261—308. Vgl. dazu Wölfflin, Philologus XL S. 191. XVI. S. 611
XXII. S. 437 f. 449. 456. Eine wirklich kritische Ausgabe erscheint IBC
von E. Wölfflin (Lips., Teubner); vorläufige Beiträge von ihm Philologe
XXU. S. 457 — 468. Unkritisch Grysar, über den mimus (oben 7, 1) S. 30
—310.
4. Sen. Epist. 93, 9: paucorum versuum Über est (des Metronax), i
quidem laudandus atque utilis. annales Tauusii scis quam ponderosi sin
et quid vocentur. hoc est vita quorundam longa quod Tanusii sequitu
annales. Dass hier mit quid vocentur hingewiesen werde auf Caiull 36, 1
annales Volusi, cacata Charta (vgl. 6: electissima pessimi poetae scripta
19: plena ruris et inficetiarum, und 95, 7: Volusi annales Paduam moriex
tur ad ipsam, wo also wohl der Verfasser lebte) und Volusius eine Maf
kierung des wirklichen Namens Tanusius sei ist eine alte Vermutung
welche sehr viel Wahrscheinlichkeit hat; s. Schwabe, Quaest CatulL ]
278 — 281. Weiterhin wäre dieser Tanusius ohne Zweifel identisch mi
Tanusius Geminus welchen Sueton (Gaes. 9 vgl. Plut. Caes. 22) unter sei
neu Quellen für die Biographie Caesars aufführt R. ünger, de Tanusi
Gemino annalium scriptore, Friedland 1855. 4.
5. In ähnlicher Weise erwähnt Gatull noch andere (schlechte) Dichte
seiner Zeit, wie Aquinus (Catull 14, 18. Cic. Tusc. V, 22, 63), Caedos (Ca
Publilius u. a. Dichter. M. Brutas. 351
toll 14, 18), Suffenos (Catull 14, 19. 22, 1 ff.). Schwabe, Quaest. CatuU.
p. 267 f.
6. Comel. Nep. Att. 12, 4: L. lulium Galidam, quem post Lncretii
C&tidlique mortem multo elegantissimum poetam nostram tulisse aetatem
veire videor posse contendere, neque minus virum bonum optimisque arti.
bös eruditum, podt proscriptionem equitum (nachdem die Liste der Pro-
ficribierten aus dem Bitterstande bereits geschlossen war) propter magnas
eius Africanas possessiones in proscriptorum numerum a P. Yolumnio
praefecto fabrum Antonii absentem relatum expedivit (Atticus). Sichtlich ist
die freundschaftliche Ueberschätzung dieses ganz obscuren Dichters, der
vielleicht identisch ist mit dem L. lulius aus Africa welchen Cicero (ad
fem. Xm, 6, 8 f. J. 698) dem Valerius Orca empfiehlt.
199. Von den Theilnehmem der Verschwörung gegen
Caesar war der redliche, aber geistig nicht hochstehende M.
lonius Brutus der literarisch bedeutendste und thätigste, na-
mentlich auf dem Gebiete der Philosophie und der Beredtsam-
Itöit; des D. Brutus und C. Cassius Schreibweise kennen wir
ans Briefen an Cicero; ebenso den Cassius aus Parma und C.
Trebonius, welche beide überdiess Verfasser von Poetischem
waren. Ausserdem verfassten Geschichtswerke in einem dem
Caesar abgeneigten Sinne Ampius Baibus und Actorius Naso.
1. M. lunius Brutus. Vgl. W. Drumann, G. R. IV. S. 18—44. W.
Tenffel in Pauly's Real-Euc. IV. S. 618—527. 632 f. Cic. Brut. 94, 324
TOQ Hortensius: annis ante decem cansas agere coepit (nämlich J. 659, s.
Brnt 64, 229: L. Crasso Q. Scaevola coss. primum in foro dixit) quam tu
(firatos) es natus. Das hiemach sich ergebende Geburtsjahr 669 =3 86 hat
S^en uch dass dabei die Sage, Caesar (geb. 654) sei selbst Vater des
Brutus, eine handgreifliche Absurdität gewesen wäre; auch sagt Vellej. II,
72, 1: hunc exitum M. Bruti septimum et tricesimum annum agentis (J.
712) fortuna esse voluit (vgl. Liv. CXXTV: annorum erat circiter XL).
1^688 würde auf 675 oder 676 (79 oder 78 v. Chr.) als das Geburty'ahr
des Brutus führen. Daher mit vieler Wahrscheinlichkeit Nipperdey, Rhein.
Mus. XIX. S. 291 bei Cic. 1. 1. ante sedecim schreibt. Vgl. Cornel. Nep.
^^' 8, 1 f.: occiso Caesare . . sie M. Bruto usus est ut nullo ille adoles-
^^8 aequali familiarius quam hoc sene (Atticus geb. 645). J. 703 war Bru-
^ Weite Schwiegersohn (Cic. ad fam. III, 4, 2) des App. Claudius (oben
^^^» 10). Anr. Victor ill. 82: Athenis philosophiam, Bhodi (sonst nicht
heieügt) eloqueutiam didicit (Lehrer in Athen Pammenes, sowie Aristos,
^^^ Bruder des Antiochos, Cic. Brut. 97, 332. Orat. 30, 105. Acad. post.
^ ^» 12, Plut. Brut. 2). Cytheridem mimam cum Antonio et Gallo poeta
**^^t. . , civili hello . . Pompeium secutus est. quo victo veniam a
^^eaare accepit et procos. (?) Galliam (cisalp.) rexit (J. 708). J. 710 durch
v/aeaar praetor (urb.); f i^ac^ <icr Schlacht bei Phüippi, J. 712. Cicero
P"*gt ihn übertrieben zu loben (z. B. Brut. 6, 22), zuerst als den Liebling
^ ^ttesar, dann als dessen Mörder ; er widmete ihm de finibus, Paradoxa,
^^ deor. nat., Tusc, den Orator und den Brutus. Die stilistischen Grund-
352 Ciceronieohe Zeit. Zweite Hallte, 691—711.
Sätze Beider waren aber verschieden; vgL Cic. ad Att. XV, 1 b, 2: egt
secutuB (Med.: boIos) aliad (iudiciom de optimo genere dicendi) som, unc
Tac. dial. 18: legistis et Calvi et Bruti ad Ciceronem missas epistulas» ei
quibus facile est deprehendere Calvum quidem Ciceroni visum exsanguen
et aridum, Brutum autem otiosom atque diiunctum, rursusque Ciceronen
a Calvo quidem male audisse tanquam solutum et enervem, a Brato au
tem . . tamquam fractum atque elumbem. Als Charakter seiner Bede
weise wird gravitas angegeben (Quintil. XII, 10, 10. Tac. dial 25). Na
mentlich strebte er nach rhythmischem Fall der Prosa (Quintil. IX, 4, 76;
daher Cicero's Polemik hiegegen im Orator. üebereinstimmend urteilei
Quintil. X, 1, 123 dass er in seinen philosophischen Schriften raulto quan
in orationibus praestantior suffecit ponderi rerum, und Tac. dial. 21: Bra
tum philosophiae suae relinquamus. nam in orationibus minorem ess«
fama sua etiam admiratores eins fatentiur. nisi forte quisquam . . Brut
pro Deiotaro rege (Tgl. Cic. Brut. 5, 21. ad Att. XIY, 1, 2) ceteroBqu«
eiusdem leutitudinis ac teporis libros legit, nisi qui et carmina eorunden
miratur; fecerunt enim et carmina (s. oben 182, 3). Andere veröffentlicht
Reden des Brutus: de dictatura Pompei (Quintil. IX, 3, 95) vom J. 703, di*
am 17 März 710 auf dem. Capitol gehaltene (Cic. ad Att. XY, 1 b, 2), so
wie sonstige contiones Bruti (falsa quidem in Augustum probra, sed mult:
cum acerbitate habent, Tac. A. IV, 34); ferner die Stilübung pro Milon«
(orationem Brutus exercitationis gratia scripsit, Quintil. X, 1, 23 vgL 5, 20
III, 6, 93. Ascon. in Mil. p. 42 Or. Schol. Bob. p. 276); laudatio seine
Schwiegervaters App. Claudius (Diomed. p. 367 E.) und seines Oheims M
Cato (Cic. ad Att. XUI, 46, 2. vgl. XII, 21, 1). Vgl. Meyer, orat. rom.'
p. 446 — 462. Ueber seine philosophischen Schriften s. Cic. Acad. post I, 3,
12. Hinneigung zur alten Akademie^ Cic. Brut. 31, 120. 40, 149. Erwähnt
werden die Schriften de virtute (an Cicero gerichtet, s. fin. I, H, 8. Tusc.
V, 1, 1. Sen. consol. ad Helv. 9, 4 ff. vgl. 8, 1), nsgl xa^j^xovTo; (Sen.
Ep. 95, 45; vgl. M. Brutus de officiis bei Priscian VI. p. 679 P. = 199
Htz.), de patientia (Diomed. I. p. 378 P. = 383 K.). Eine jugendliche
Uebung war wohl der Auszug aus den Annalen von Fannius und Antipa-
ter (s. oben 132, 3 u. 4), wie Br. auch den Polybios excerpierte (Plut
Brut. 4). Briefe. (M.) Brutus in epistolis (Quintil. IX, 4, 75. Diomed. l
p. 388 K. Priscian. IX. p. 474 Htz. vgl. Plin. N. H. XXXIII, 12: M. Bruti
in Philippicis campis epistolae reperiuntur, frementes fibulas tribunicias es
auro geri), ad Caesarem (Charis. I. p. 130 E.), ad Ciceronem (Tac. dial
18). Ueber den Briefwechsel des Brutus mit Cicero s. oben 171, 4. Das
Erzeugniss eines Rhetors sind die auf uns gekommenen Briefe des Brutus
in griechischer Sprache, zuletzt herausgegeben von A. Westermann (Bruti
epistolae graecae ex rec. A. W., Lips. 1856. 4). Vgl. Phot. cod. 158, p.
101 Bk. E. Hercher, Philologus VIII. S. 187—190. Seine Verse (s. oben
aus Tac. dial. 21) scheinen erotischen Inhalts gewesen zu sein nach dei
Aufzählung bei Plin. Ep. V, 3, 5 (oben 26, 1). Vgl. Stat. Silv. IV, 9, 20:
Bruti senis oscitationes.
2. D. lunius Brutus, als adolescens bei Caesar J. 698 ff. in Gallien (b.
g. lU, 11. Vn, 9. 87) und auch im Bürgerkriege auf seiner Seite, von ihm
mit Vertrauen geehrt und zum Cos. für 712 bestimmt; im Sommer 711
durch M. Antonius hingerichtet. Seine Briefe an Cicero aus J. 710 und 711
Anidcaesarische Eedner und Geschieh tschreiber. 353
(ad fam. XI, 1—4. 9—11. 13. 13 a. 19. 20. 23. 26) sind traurige Belege der
Kopflosigkeit und Hasenherzigkeit die er seit seiner Theiluahme an der
Ermordung Caesars fortwährend bewies. W. Drumann G. R. IV. S. 9 — 13.
W. Teuffei in Pauly's Real-Enc. IV. S. 513—616, Nr. 19.
3. C. Cassius LonginuB, etwas älter als M. Brutus (Plut. Brut. 29.
40), J. 701 ff. Quästor in Parthieu, 706 tr. pleb. ; im Bürgerkriege auf der
Seite des Pompejus, von Caesar besiegt und dann zu seinem Legaten er-
nannt, später für 710 mit M. Brutus zum Prätor; f nach der Schlacht bei
Philippi (712). Eine schroffe, schneidige Natur, aber selbstsüchtig, ohne
höhere Ziele (vgl Plut. Brut. 29. comp. c. Dione 1. Brut. 37: Kdaaios
xoii 'EnixovQOv loyoig XQ^t^^f^^S ^<<^ nsql tovioav ^d'og ^xoiv). Von seineu
Briefen an Cicero ist ad fam. XV, 19 (J. 709) ein gutgelaunter Widerhall
Ton Cicero's Schreiben; XII, 11 — 13 (aus 711) geschäftliche Berichte, zum
Theil mit berechneter Schmeichelei gegen Cicero. W. Drumann G. B. II.
S. 117-152. A. Haakh in Pauly's Real-Enc. II. S. 194—198, Nr. 11.
4. Cassius Parmensis, nach seiner Theilnahme an der Ermordung Cae-
sarg Befehlshaber über eine Flottenabtheilung in Asien (J. 711). lieber
seine Thätigkeit als solcher berichtet er an Cicero in dem kriecherischen
tmd auch die Schreibweise des Consularen nachahmenden Briefe ad lam>
Xü, 13. Später bei Sex. Pompejus und M. Antonius, nach der Schlacht
bei Actium 723 hingerichtet. Drumann II. S. 161 — 163. A. Haakh in
Panly's Real-Enc. II. S. 200 f. Nr. 20. Porphyrie zu Hör. Ep. I, 4, 3 (scri-
here quod Cassi Parmensis oposcula vincat), p. 393 Hth.: in partibus
(^ftssii et Bruti cum Horatio tribunus mil. militavit. . . scripserat multas
tragoedias Cassius. Acro (p. 390 H.): Epicureus fuit et poeta. . . satiras
scripait. . . aliquot generibus stilum exercuit. inter quac opera ,Elegia
Qt epigrammata* eins laudantur. lambischer Vers von Cassius bei Quin-
*il. V, 11, 24. Ein anderer, noch mehr in der alten spondeenreichen Weise
gehaltener Senar aus einer Prätexta Brutus eines Cassius bei Varro L. L.
^1) 7. VII, 72. Aus einem schmähenden Briefe des Cass. Parm. an Octa-
vian eine Stelle bei Suet. Aug. 4. A. Weichert, de L. Varii et Cassii Par-
mensis vita et carminibus (Grimma 1836), p. 176—300.
5. C. Trebonius, Quästor 694, trib. pl. 699, J. 700 ff. Caesars Legat in
^^ien und im Bürgerkriege auf seiner Seite; praet. urb. 706; Cos. 709;
Febr. 711 durch Dolabella getödtet. A. Haakh in Pauly's Real-Enc. VI,
2- S, 2083 f„ Nr. 9. J. 707 scheint er eine Sammlung der Witzworte Ci-
^jo'g verfasst zu haben; s. ad fam. XV, 21, 1 — 3, z. B.: liber iste quem
^ui niisisti quantam habet declarationem amoris tui! primum quod tibi
fatetum videtur quidquid ego dixi, . . deinde quod illa . . fiunt narrante
^ ^enustissima. quin etiam ante quam ad me veniatur risus omnis paene
^öauinitur. Sein eigener Brief an Cicero (ad fam. XII, 16) vom J. 710
^^ »ehr innig gegen den alten und den jungen Cicero und begleitet versiculi
^>*>aben gegen M. Antonius?) in Bezug auf deren Ungeniertheit er meint:
^^'pitado personae eins in quam liberius invehimur nos Tindicabit (16, 3).
•Auch bittet er (16, 4) : tu, sicut mihi pollicitus es, adiunges me quam pri-
°*^ ad tuos aermones.
ß Suet. Caes. 75 extr.: Pitholai carminibus maledicentissimis lacera-
^öi existimationem suam civili animo tulit. Er ist wohl der M. Voltaci-
Teiiffel, Rom. Uteralurycschichtp. 23
354 Ciceronische Zeit. Zweite Hälfte, 691—711.
Uus (nach den Hdss.; v. Jan OtaciKns, vgl. aber oben 145, 2) Pitholau
von welchem Macrob. II, 10, 13 einen Witz auf den eintägigen Const
(J. 709) Caninius Rebilus anfuhrt, sowie (nach Bentley) der Bhodius Pi
tholeo bei Horaz (S. I, 10, 22), welcher nach Acro (zu Hör. 1. 1., p. 17
Hth.) dicitur epigrammata ridicula scripsisse in quibiis graeca verba mixt
erant cum latinis.
7. T. Arapius Baibus, trib. pl. 691, Prätor 696, Freund des Cicer
(Rede pro T. Ampio, Quintil. III, 8, 60), eifriger Pompejaner; s. W. Ten
fei in Paulj's Real-Enc. I, 1. S. 920 f. Nr. 2. Aeusserungen über Caese
caus dem Geschichtswerke des Ampius bei Suet. Caes. 77; vgL Cic. a
fam. VI, 12, 5 (J. 708): cum studium tuum consumas in virorum fortiui
factis memoriae prodendis.
8. M. Actorius Naso, nach Saeton. Caes. 9 (vgl. 62 Naso) Verfasse
eines Werkes über Caesar oder die Zeit des Bürgerkrieges.
200. Demselben Kreise gehörte wohl auph Ticidas an, de
Verfasser erotischer Gedichte (auf Perilla), sowie C. Helviu
Cinna, welcher besonders in seinem mythologischen Epo
Zmyma mühsam auf den Pfaden der gelehrten alexandrinischej
Dichter fortwandelte, und sicher ein anderer Freund Catulls
der reichbegabte und charaktertüchtige C. Licinius Calvus (J
672 — 707), ebenso bedeutend als gerichtlicher Redner wie al
Dichter und auf beiden Gebieten seine grosse natürliche Leb
haftigkeit mit Bewusstsein durch Formstrenge zügelnd. In dei
Beredtsamkeit huldigte er der neuattischen Richtung, und ii
der Poesie wusste er alexandrinische Correctheit mit Leiden
schaftlichkeit des Inhaltes, in Liebe wie in Hass, zu vereinigen
in der Weise des CatuU und ihm am meisten ebenbürtig.
1. Ovid. Trist. II, 433 f. (nach CatuUus und Calvus, vor Cinna): qui*
referam Ticidae, quid Memmi carmen, apud quos rebus abest nonie
nominibtisque pudor? Apulej. apol. 10: accusent . . Ticidam similitei
quod quae Metella erat Fcrillam scripserit. Pentameter des Ticidas zui
Preise von Valerius Cato's Lydia bei Suet. gramm. 11. Ticidas nebe
Furius Bibaculus und (Valerius) Cato genannt ib. 4. Priscian. V. p. 18i
2 ff. (Htz.): sole (als Vocativ) quoque antiqui. Ticidas in hjmenaeo: feli
lectule talibus sole amoribus.
2. C. (Catull 10, 30) Helvius Cinna, mit Catull im Gefolge des Pr§
tors Memmius (oben 190, 2) in Bithynien (Catull 10, 29 f.). Sonst ist au
seinem Leben sehr wenig bekannt. Auch seine Parteistellung im Bürgei
kriege kennen wir nicht positiv; doch zeigt der Gegensatz zu Anser un*
die Zusammenstellung mit L. Varius bei Yergil. Ecl. IX, 35 f. dass e
schliesslich auf Seiten Octavians stand, wohl nachdem er mit seinen Freoo
den ursprünglich anticaesarisch gewesen war und für die „Befreier'' gc
schwärmt hatte, üeber das Jahr 710 hinaus lebte er und war also nich
d(T caesarisch gesinnte Volkstribun C. Helvius Cinna der bei Caesar
Helvius Cinna. Licinius Calvus. 355
Leichenfeier aus MissverständnisB erschlagen wurde. Wenn Plut. Brut. 20
letzteren einen noiritixog dviiQ nennt, so beruht das auf Verwechshing
mit dem bekannteren Trager des Namens, dem Dichter. Vergil. Ecl. IX,
35 (wahrscheinKch Tom J. 714) ist der Dichter noch als lebend erwähnt;
anch das Propempticon Pollionis weist zum Mindesten über J. 710 hinaus.
Nach 715 wird Cinna nicht mehr genannt; er mag also um diese Zeit ge-
storben sein. Hauptwerk Smyrua (Zmyma), den Mythus von der un-
natürlichen Liebe der Myrrha zu ihrem Vater Kinyras behandelnd, also
schon nach seinem Stoffe alexandrinisch. Dass Cinna an diesem Epos,
trotz Beines geringen Umfangs (Catull 95, 9), zehn Jahre feilte (Catull 96.
Qmutil. X, 4, 4. Serv. und Philargyr. zu Verg. Ecl. 1. 1. Porphyr, und
Acro zu Hör. Ep. II, 3, 388) ist ebenso bezeichnend für seinen Mangel an
^klichem poetischem Talent wie für seine Richtung auf Ausdifteln der
Form. Nach den Ueberresten gehörte Cinna auch zu den anovdsicciovzsg.
Was die Folge von alledem war sagt Philargyr. 1. 1. (in Lion's Servius
n. p. 327) : fuit autem liber obscurus adeo ut et nonnulli eins aetatis
grammatici (besonders L. Crassitius) in eum scripserint magnamque ex
008 enarratione sint gloriam consecuti. quod obscurus fuerit etiam Mar-
tialis ostendit in illo versu (X, 21, 4): iudice te melior Cinna Marone fuit.
Unter den erotischen Dichtem nennt ihn Ovid Trist. II, 435 (Cinna quo-
qae bis comes est, vgl. A. 1); dass die betreffenden Gedichte illepida
waren ist dem Gellius (s. oben 26, 1) ebenso zu glauben wie dass er non
ignobilis neque indoctns poeta (Gell. XIX, 13, 5) war. Poemata (also
lyrische) von ihm bei Gell. IX, 12, 12 (senarius claudus) und XIX, 13, 5
(Hendekasyllaben). Cinna epigrammatis Non. Marc. p. 87, 27 vgl. Isidor.
Ong. VI, 12, 2 (zwei Di&ticha zur Begleitung eines Geschenks, bestehend
in einem ans Bithynien mitgebrachten Exemplar von Aratos' ^aivo^eva, =»
Anthol. lat II , 251 Burm. = 76 Meyer). Vier Hexameter aus einem Pro-
pempticon Pollionis (Charis. I. p. 99 P. = 124 K.) bei einem von dessen
KriegBzügen (etwa J. 715 d. St. gegen die Parthiner?). Commentar oder
Leitung dazu von Hyginus (Charis. I. p. 134, 12 K.: lulius Hyginus in
Cinnae propemptico). Im Allgemeinen A. Weichert, de C. Helvio Cinna
poeta, in dessen poett. latt. vitae u. s. w. (Lipa. 1830) p. 147—187, sowie
über die Ueberreste von Cinna*s Gedichten ib. p. 187—202.
3. Gleichfalls mit einem Gedichte (Epos?) mythologischen Inhalts, auf
J^yl)ele, beschäftigte sich — - nach Catull 35, 13 ff. — ein anderer Freund
Catullsj Caecilius in Novum Comum, ohne dass aber bekannt wäre ob es
jemals fertig und veröffentlicht worden ist.
i C. Licinius Macer (Cic. ad Qu. fr. II, 4, 1) Calvus (mit doppeltem
Zunamen; s. Drumaun G. R. IV. S. 195, A. 72), Sohn des Annalisten Li-
^U8 Macer (oben 143, 2), Val. Max. IX, 12, 7. Geboren am 28. Mai 672;
*• oben 196, 5. Andererseits setzt Cicero's Brief an Trebonius, ad fam.
^», 21, 4 (J. 707), den Calvus als inzwischen gestorben voraus. Allge-
"**iöe Charakteristik. Cic. Brut. 81, 279: facienda mentio est . . duorum
^^olescentium qoi, si diutius vixissent, magnam essent eloquentiae laudem
consecuti, nämlich C. Curio (oben 196, 1) und C. Licinius Calvus. 82, 283:
^*W . . orator fuit cum litteris eruditior quam Curio tum etiam accura-
^^8 qnoddam dicendi et exquisitius afferebat genus. quod qnamquam
23*
356 Ciceronißche Zeit. Zweite Hälfte, 691—711.
scienter eleganterque tractabat, nimium tarnen inquirens in se atque
sese observans metuensque ne vitiosum colligeret etiam Terum Bangoi
deperdebat. itaque eins oratio nimia religione attenuata doctis et ati
audientibuB erat illustris, a multitudine autem et a foro . . devorab:
(284.) Tum Brutus, atticum se, inquit, Calvus noster dici oratorem yoU
inde erat ista exilitas, quam ille de industria consequebatur. ad fam.
genus quoddam sequebatur in quo, iudicio lapsus, quo valebat, tamei
Bequebatur quod probaret. multae erant et reconditae litterae, Tis
erat. . . de ingenio eins valde existimavi bene. Vgl. Tac. diai. 18 (<
199, 1). Quintil. X, 1, 115: est (Calvi) et sancta (vgl. XII, 10, 11) et
vis oratio et frequenter vehemens quoque. imitator autem est Atticc
fecitque illi properata mors iniuriam. Sen. controv. VII, 19. p. 210 f.
Calvus, qui diu cum Cicerone iniquissimam litem de principatu eloquei
habuit, usque eo violentus accusator et concitatus fuit ut in media
actione Bürgeret Vatinius reus et exclamaret: rogo vos, iudices, nu;
iste disertus est ideo me damuari oportet? . . solebat praeterea ezce
subsellia sua et impetu latus usque in adversariorum partem transeun
. . compositio quoque eins in actionibus ad exemplum Demosthenis vi
nihil in illa placidum, nihil lene est, omnia excitata et fluctuantia.
andere Seite, die gehaltene Form, heben hervor auch Tac. dial. 25
strictior), Apulej. apol. 95 (argutiae); dagegen Fronto p. 114 Naber
iudiciis . . Calvus rixatur.
5. Seneca 1. 1. (p. 211, 7 f. Bu.): erat (Calvus) parvolus ^tatnra, pro]
quod etiam Catullus in hendecasjllabis (53, 5) vocat illum „salaputt
disertum". Daher Ovid. Trist. II, 431: exigui Calvi. Tac. diaL 21:
mihi (einem Verfechter der neumodischen Beredtsamkeit) Calvus, <
unum et viginti, ut puto, libros (d. h. Reden) reliquerit, vix in una et
tera oratiuncula satisfacit. nee dissentire ceteros ab hoc meo iudicio vic
quotus enim quisque Calvi in Asitium aut in Drusum legit? at hercli
omnium studiosorum manibus versantur accusationes quae in Vatiu
inscribuntur ac praecipue secunda (es waren also mindestens drei) ex
oratio; est enim verbis omata et sententiis, auribus iudicum accommod
Ib. 34 extr.: uno et vicesimo (aetatis anno) Caesar Dolabellam, altere
vicesimo Asinius PoUio C. Catonem, non multum aetate antecedens C&
Vatinium iis orationibus insecuti sunt quas hodie quoque cum admirati
legimus. Vgl. Quintil. XII, 6, 1: cum . . Calvus, Caesar, Pollio mul
ante quaestoriam omnes aetatem (damals das dreissigste Lebensjahr) (
vissima iudicia susceperint. Den F. Vatinius hat Calvus mehrere Male
^^eklagt, das erste Mal vielleicht J. 698 de vi, ein zweites Mal de sodal:
(allgemeiner ambitus, Charis. p. 229, 9 K.) im August 700, wo Cicero
Angeklagten vertheidigte (Schol. Bob. p. 262. Hieroujm. adv. Rufin.
39 = II. p. 665 ValL); vielleicht ein drittem Mal noch J. 700, wo Ci(
als Entlastungszeuge für Vatinius aufbrat (ad fam. I, 9, 4. 19); s. Nipper<
Rhein. Mus. XIX. S. 581—588. Me^er, orator. rom. p. 474—478. So ^
theidigte Calvus auch J. 698 den F. Se&tios (Schol. Bob. p. 292), ein an
Mal den Messius, und nach Sen. 1. 1. (p. 211, 20 ff.) war der Epilog
dieser Rede non tantum emollitae compositionis sed infractae. Dass <
vuB auch commentarii rhetorischen Inhalts verfasst hätte, wie es nach
verdorbeneu Stelle Tac. dial. 23 scheinen könnte, ist sehr wenig wi
. LiciniuB Calvus. CatuUus. 357
i>cheinlich und dort wohl statt Calvi zu lesen L. Aeli (Rhein. Mus. XIX.
S. 568 f.).
6. Seneca 1. 1. (p. 211, 14 f. Bu.): carmina quoque eins (des Calvus),
quamvis iocosa sint, plena sunt ingentis animi, wofür als Beispiel ein
scharfes Wort gegen Pompejus angeführt wird; vgl. Schol. Lucan. VIT, 726.
Svei Caes. 73: Gaio Calvo post famosa epigrammata (vgl. c. 49) de re-
c»)nciliatione per amicos (Catull? vgl. 201,4) agenti ultro ac prior scripsit.
So wissen wir von Hendekasyllaben (gegen M\ Curius), Choliamben (gegen
Tigellios) des Calvus. Andererseits erotischer Inhalt; s. oben 26, 1. Ovid.
Tmi. II, 431 f.: par (wie bei Catulls Lesbia-Liedern) fuit exigui similisquo
ücentia Calvi, detexit variis qui sua fiirta modis. Vgl. Prop. III, 26, 4.
32, 89 f : haec etiam docti (also wohl in alexandrinischer Weise) confessa
est pagina Calvi, cum c-aneret miserae funera Quintiliae (Catull 96, 6), die
wohl seine Frau war. Aus solchen wohl der Glykoneus bei Charis. I.
. p. 147 K. (Licinius Calvus in poemate). Auf Elegieen deuten üeberreste
wie bei Charis. I. p. 101 E. (Calvus in carminibus). Calvus in Epithala-
mio (daktylisch), Prisdan. VI. p. 658 P. = 170 Htz. Auch der Freund-
schaft war ein Theil seiner Gedichte geweiht; vgl. Charis. I. p. 77, 3 K.«
Cilms ad amicos (poetisches Sendschreiben?): ne triclinarius (Anapäste?).
AoBserdem ein Epos lo (Serv. Verg. Ecl. VI, 47. VIII, 4. Calvus in lo,
in Keil's gramm. lat. IV. p. 226, 8. 234, 32). Zusammenstellung der
Üeberreste seiner Gedichte an Lachmanns Catull p. 86 — 87 und bei Wei-
chert p. 131 — 146. Grosse Uebereinstimmung mit Catull; daher häufig mit
ihm zosammengenamit, z. B. Hör. Sat. I, 10, 19. Prop. III, 25, 4. 32, 87 ff.
Orid. Am. III, 9, 62 (cum Calvo, docte Catulle, tuo). Trist. II, 431 f.
^ün. Ep. I, 16, 5. IV, 27, 4. Gedichte Catulls an ihn: 14. 50. 96. Vgl.
Schwabe, Quaest. Catull. p. 255—265. Im Allgemeinen s. A. Weichert,
Poetar. latt. vitae etc. p. 89-130. R. Unger, Valg. Ruf. (1848) p. 47—51.
201. In C. Valerius Catull us aus Verona (J. 667—700
J- St.) besitzt die römische Literatur ihren grössten lyrischen
öichter. Anfangs in den Fussstapfen der Alexandriner weiter-
ff^liend hat er in der Schule des Lebens, insbesondere durch
^i« Liebe zu Lesbia, seine reiche Begabung entfaltet und in
^^n manchfachsten Formen bethätigt. Aber zu gleichmässiger
Vollendung, Reife und ungetrübter Schönheit durchzudringen
"^^rtinderte ihn sein frühes Ende; er ist immer Jüngling ge-
blieben, leidenschaftlich in Liebe und Hass, heissblütig und
^^cksichtslos, von argloser Hingebung und unendlicher Reizbar-
^^it, ideologisch und derb, gemütvoll und giftig, über die
^^htanken der Sitte und die Linie des Masses kecken Fusses
^^^h hinwegsetzend.
|. 1. Der Vorname aus Apulej. apol. 10 (accusent C. CatuUum quod
^V)iam pro Clodia nominarit) und Hieron. Eus. chron. a. Abr. 1930 =
, ^- 173, 2 = 667 d. St. = 87 v. Chr.: Gaius Valeriua^Catullus scriptor
^cua Veronae nascitur. Bei Plin. N. H. XXXVIl, 6, 81 ist Q. CatuUus
358 Ciceronischc Zeit. Zweite Hälfte, 691 — 711.
üorrupt, und dasselbe im Datanus = Riccardianos und im Cuiacianus aus
Verwechslung mit Q. (Lutatius) Catulus entstanden ; s. F. Osann, comment.
sem. philol. Giss. 1856. c. 4. Schwabe, Quaest. CatuU. p. 11—24. Geburtsort
Verona, Ovid. Amor. III, 15, 7. Martial. XIV, 195 u. A. Grundbesitz in
Sirmio, c. 31. Todesjahr. Hieron. L 1. Abr. 1959 = Ol. 180, 3 = 697 =
57 V. Chr. : CatuUus XXX aetatis anno Romae moritur. Hieronymus (oder
Sueton) bleibt sich also bei Geburts- und Todesjahr gleich. Aber das
das letztere unrichtig auf 697 bestimmt wird erhellt aus Catoll. 113, ^
consule Pompeio . . nunc iterum (J. 699) vgl. 11, 12 und 29, 20, sowü
53, 2 f. (J. 700); sonst weist über 700 hinaus nur c. 52: sella in cun«
Struma Nonius sedet, per consulatum peierat Vatinius, sofern Vatinius er-
am Schlüsse des J. 707 Cos. war. Aber dass er schon viel früher n^
Bestimmtheit darauf rechnete (und somit schwören mochte: ita cons^
tiam ut haec vera sunt) zeigt Cic. in Vat. interrog. 2, 6. 5, 11. Tgl. Sch^c
Bob. p. 315 Or.; und in diesen Sclw«rindelhoffiiungen bestärkt wturde V^
wohl durch die Verabredungen der Triumvim in Luca (J. 698, vgl. Oü
ad Att. IV, 8b, 2). Da femer die Jahre 700—707, besonders 702 und 106
einem Catull überreichen Stoff zu beissenden Epigrammen bieten mussteu
und doch davon sich in seinen Gedichten keine Spur findet, so ist in der
That wahrscheinlich dass er 702 S. nicht erlebt hat. Andererseits ist fest-
zuhalten dass Catull jung gestorben ist (Ovid. Amor. III, 9, 61 f.: iuvenilia
cinctus tempora, . . docte Catulle, im Elysium). Und diess ist er, auch
wenn man seinen Tod ins J. 700 oder 701 setzt, da gegen die Richtigkeit
des Geburtsjahrs 667 (zugleich das des Sallust) sich nichts einwenden
lässt. Schwabe, quaest. Cat. p. 33—48.
2. Verhältniss zu Lesbia. Prop. III, 32, 87 f.: haec quoque lascivi
cantarunt scripta Catulli, Lesbia quis ipsa notier est Helena. Ovid. Trist.
II, 427 f.: sie sua lascivo cantata est saepe Catullo femina, cui falsum
Lesbia nomen erat, nee contentus ea multos volgavit amores in quibus
ipse suum fassus adulteriumst (vgl. Schwabe, Quaest. Cat. p. 137). Martial.
VIII, 73, 8: Lesbia dictavit, docte Catulle, tibi u. A. Die Nachricht des
Apulejus (s. A. 1), dass sie eigentlich Clodia geheissen, erhält ihre Bestä-
tigung durch Cicero's Bede pro Caelio (Schwabe, Quaest. Cat. p. 135}
Sie wEir die (etwas ältere) Schwester des P. Clodius (geb. c. 661} und
selbst spätestens 660 geboren; vermählt an ihren Vetter, den Q. Caeciliu^
Metellus Celer, Cos. 694, f (durch seine Gattin?) 695, uns auch durch sei-
nen empfindlichen Brief an Cicero (ad fam. V, 1. J. 692) bekannt; vgl
A. Haakh in Pauly's Real-Enc. U. S. 26 f. Nr. 15 und S. 420, Nr. 45. Sie
wusste wie andere junge Männer (z. B. den Caelius Riifus) so auch unsen
schwärmerischen geistreichen Jüngling aus der Provinz, trotzdem dass Ca
tull ziemlich jünger als sie war, in ihr Netz zu locken und darin mehren
Jahre lang (etwa 693—696, Schwabe, Quaest. Catull. p. 129—134) festzu
halten, so dass er die glühendsten Lieder an sie richtete, auch nach Zer
Würfnissen wieder zu ihr zurückkehrte, bis ihm endlich die Augen darübei
aufgiengen dass die welche er als ein Ideal angebetet vielmehr eine ver
ächtliche Person sei. Den Verlauf dieses Verhältnisses durch CatuU's Gc
dichte hindurch zu verfolgen ist mehrfach versucht worden; s. W. Th. Jung
claussen, zur Chronologie u. s. w. (Itzehoe 1857) S. 8 — 17. Schwabe, Quaest
Catull. p. 71— 129.' 358 f. Ribbeck, Catullus (1863) S. 29—45. 56 f. W. Vor
Catullus. 359
länder, de Catulli ad Lesbiam carminibus, Bonn 1864, p. 1—46. R. West-
phal, CatuUs Gedichte (Breslau 1867) S. 33—61. 100—149. Gegen dos
Letzteren Phantasie von erotischen Beziehungen zwischen Clodia (Lesbia)
und — Cicero s. Bettig, Catulliana I, vor dem Berner Sommerkatalog
1868. 4. p. 3—12.
3. Aofenthalt Catulls in Bithynien im Gefolge des Proprätor Memmius
(oben 190, 2) mit Uelvius Cinna u. A. vom Frühling 697 bis 698, aber ohne
die erwartete Ausbeute; s. c 10, 6 ff. 28, 7 ff. 31, 6 ff. 46. Schwabe, Quaest.
Catull. p. 158 — 174. Auf der Rückreise Besuch am Grabe seines schon
früher (vgl. 65, 1—15. 68 a, 19—26. 68 b, 91—100) in Troas gestorbenen
Bruders; c. 101. Schwabe L 1. p. 176—181.
4. Angriffe auf Caesar und Anhänger desselben. Suet. Caes. 73:
VaJeriam Catullum, a quo sibi versiculis de Mamurra (c. 29 vom Ende 699,
und besonders c. 57; s. 0. Jahn im Hermes II. S. 240 f.) perpetua stigmata
imposita non dissimulaverat, satis facientem eadem die adhibuit cenae
(vohl Anfangs 700 in Verona) hospitioque patris eins sicut consueverat uti
peneveravit. Vgl. Tac. A. IV, 34 (oben 179, 5). Gegen Mamurra be-
sonders gerichtet sind ausserdem (später, nach der Versöhnung Catulls
mit Caesar, unter dem Namen Mentula) c. 94. 105. 114. 115. vgl. 42, 4.
Der Hass des Dichters scheint ursprünglich dem Mamurra gegolten zu
liaben und Caesar nur in Folge seiner Verbindung mit demselben mit-
hereingezogen worden zu sein. Darauf deutet, nach anfänglichem Trotze
(c 98) und halber Wiederholung der Angriffe (54, 6 f.) , des Dichters frei-
williges Entgegenkommen gegen Caesar (Suet. 1. 1.) und die Satisfaction
c. 11, 10—12. Die Art wie aus politischen Gründen im Kreise des Catull
über Caesar gesprochen werden mochte mag jenen zu solcher Uebertrag-
ung seiner Angriffe veranlasst haben; bei Catull selber scheinen poU-
^3sche Beweggründe dabei nicht die leitenden gewesen zu sein. Glaublich
ist auch dass er die Annäherung des Calvus an Caesar (s. 200, 6) ver-
öiittelte. Vgl. im Ganzen Schwabe, Quaest. Catull. p. 182—239. Auch
^* Pleitaer, Catulls Gedichte an und über Caesar und Mamurra kritisch
beLandelt, Speier 1849. 4.
5. Unter den Gedichten (im Ganzen 116 Stücke) sind die frühesten
^obl die Nachbildungen von alexandrinischen , vor Allem das Epos (von
^Hexametern) welches die Hochzeitfeier des Peleus und der Thetis zum
^^gengtande hat (Nr. 64) und welches nach seiner ganzen Manier und
^^*hlreichen einzelnen Spuren nahezu eine Uebersetzung sein muss (W.
^^^Hzberg in der Uebersetzung von 1862, S. 130 f.), etwa nach Kallimachos
'^ Kieae, Rhein. Mus. XXI. S. 498—509). In diesem Gedichte sind die
•Pondeischen Versausgänge .(vgl. oben 200, 2) sowie die Alliteration be-
^^'^^ers häufig. Ebenso die Uebersetzung von EaUimachos' Elegie auf
^^ Locke der Königin Berenike (Nr. 66) nebst Widmung an Hortensius
^^^. 65) und das Zwiegespräch mit einer Thüre (Nr. 67) , sowie das nach
^^em sapphischen übersetzte Epithalamium (Nr. 62) und das Sendschreiben
^ Haolius im elegischen Mass (Nr. 68 a). Wegen seines mythologischen
^^Ites und seiner alterthümlichen Wortzusammensetzungen dürfte auch
^er Attas (Nr. 63) zu den älteren Gedichten gehören, obwohl er durch
^e Formvollendung und besonders die meisterhafte Handhabung des
360 Ciceronische Zeit. Zweite Hälfte, 691—711.
<:^alliambi8chen Masses eine hohe Kunststufe verräth. An dem „Enkomior
an Allius" oder Mallius (Nr. 68 b) hat die Befolgung der traditioneller
heptadischen Gliederung — Prologos, Archa (lyrisch), Eatatropa, Ompha
los (episch), Metakatatropa , Sphragis (lyrisch), Epilogos — nachgewiesei
Westphal, CatuUs Gedichte S. 78 ii'. Die eigentlich lyrischen und die iam
bischen Gedichte halten sich mit richtigem Tacte von allen gelehrter
Anspielungen fem und sind unmittelbare Ergüsse eines erregten Gefühls
in Liebe oder Hass, daher auch bald von wohlthuender Wärme bald voi
ätzender Bitterkeit. Der kolossale B.ealismus der aus so vielen spricht is
theils römisch und republikanisch theils Ausfluss der tiefen Verstimman)
welche die schmerzlichen Erfahrungen mit Lesbia zurückgelassen hatten
Aber glänzende Handhabung der manchfaltigsten metrischen Formen habei
sie alle mit einander gemein. Zu den ansprechendsten gehört das Lie<
auf die Vermählung des Manlius Torquatus (Nr. 61). Der Hymnus au
Diana (Nr. 34) mag für einen bestimmten kirchlichen Anlass gedicht-et sein
6. Dass die Gedichte Catulls zuerst einzeln herausgegeben wurden is
bei ihrem Inhalte selbstverständlich und wird positiv bewiesen durch di
Rückbeziehung von c. 16, 12 auf c. 5 und 7. Andererseits wird durch di(
vorausgesandte Widmung an Cornelius Nepos gewiss dass Catull noch selbst
bereits leidend und seinen Tod ahnend (c. 38. 62), eine Sammlung der-
selben veranstaltet und veröffentlicht hat. Dass er in diese nicht allei
früher einzeln Veröffentlichte auAiahm erhellt aus dem Vorhandensein von
Anführungen aus Gedichten Catulls die sich in der Sammlung nicht finden
(zusammengestellt z. B. in Schwabens Catull p. 169 — 172). Die Zeit dei
Herausgabe muss, nach den in der Sammlung enthaltenen ZeitandeotungeE
(s. A. 1), das J. 700 sein, und zwar nach Schwabe Quaest. Cat. p. 291
ungefähr die Mitte desselben, wogegen F. Bücheier (im Greifdwaldei
Winterkatalog für 1868 f. p. 15 — 17) wegen der vorausgesetzten Beziehung
von Cic. ad Q. fr. U, 13, 4 (auricula infuma molliorem) auf Catull 25, \
(mollior . . imula auriciUa) sie 2 — 3 Monate früher setzen vnll.
7. Die überlieferte Ordnung der Gedichte, welche ohne Zweifel voi
Catull selbst herrührt, ist die dass die umfangreicheren die Mitte de
Sammlung einnehmen (c. 61—68) und von den kleineren umschlossen sind
indem vorausgehen die iambischen und in melischen Massen gehaltene!
Gedichte (Hendekasyllaben , Choliamben, sapphische Strophen u. s. w.)
nachfolgen die im elegischen Masse (Epigramme) , zu welchen c 66 — 6)
ebenso den Uebergang bilden wie vom ersten zum zweiten Theile c. 61
Im ersten Theile selbst ist das Prindp der Abwechslung befolgt, indes
je die inhaltlich zusammengehörenden oder verwandten Gedichte durcl
heterogene getrezmt sind; die des zweiten Theiles stehen in metrische
und sachlicher Ordnung (Westphal, Catulls Gedichte S. 1 — 12). Im drittel
Theile herrscht ein Durcheinander welches zuerst von Scaliger bemerld
dann von Lachmann und einleuchtender von Bergk (Rhein. Mus. XT/
S. 507—513) und Westphal (a. a. 0. S. 12—82), nämlich durch Blattvei
Setzung (indem der librarius der Urhandschrift fol. c vor fol. b abschrieb]
erklärt worden ist. Nach Beseitigung dieser Verwirrung ergibt sich aucl
im dritten Theile eine dem ersten ähnliche Ordnung (Westphal 8. 23 f.)*
8. Sämmtliche Handschriften der catullischen Gedichte gehen au
Catulliis. 36 1
^ixien archetypas zurück welcher längst verloren gegangen ist. Aus ihm
^ri^rde einerBeits in Frankreich für eine zwischen dem 7. und 9. Jahrh.
veranstaltete Blamenlese Catull c. 62 abgeschrieben. Diese Anthologie
^^acistiert noch in zwei unvollständigen Abschriften, Par. 8071 (= liber
Tliuaneus) und Vindob. 277, von denen nur die erste Catull c. 62 enthält,
^k-xidererseits wurde aus dem archetypus spätestens in der ersten Hälfte
des 10. Jahrh. eine Abschrift sämmtlicher catullischen Gedichte gemacht
welche der französische Mönch Rather, Bischof von Verona, J. 965 aas
dei dortigen Capitelsbibliothek benützte und welche schwer leserlich war
(exeraplar corruptissimum). Dieser codex Veronensis blieb dann lange
verschollen und wurde erst zu Anfang des 14. Jahrh. wieder aufgefunden,
benutzt (z. B. von Petrarca) und, aber erst 40 Jahre später, abgeschrieben.
Die älteste und beste Handschrift und die einzige erweislich direct aus
dem cod. Veronensis gemachte ist der Sangerroanensis (St. Germain, jetzt
in Paris, G bei Rossbach und Schwabe) vom J. 1376. Bei den ungefähr 70
^dem Hdss. die es gibt ist nicht klargestellt durch wie viele und welche
^ttelglieder sie mit dem cod. Veron. zusammenhängen, der gleichfalls
^eder verloren gieng. Die nächstbesten Hdss. sind der Colbertinus (saec
^V", in Paris, C bei Schwabe), Santenianus (saec. XV, in Berlin, L); wei-
terhin Datanus (vom J. 1463, in Berlin, D), aber stark interpoliert, und
^mburgensis (H), der wenig interpoliert ist, aber von Schreibfehlern
^minelt. M. Haupt, Quaest. Catull. (1837) p. 2—9. Th. Heyse, ^Catull
"t>er8. (1855) S. 279 — 282. L. Schwabe, in den Verhandl. der Meissner
^^ilologenvers. (Leipzig 1884) S. 111 — 120, im Dorpater Katal. 1866. 4.
''öd vor seiner Ausgabe (1866) p. I — XXXIII. Vgl Phüologus XXIV.
^- 361 — 354. Auch vgl. W. Fröhner, Philologus XIV. S. 568 — 585. A.
^^^^Bbach, codicum Cat. quos Silligius descripsit collationes, Breslau 1859. 4.
9. Ausgaben (meist zusammen mit TibuU und Propertius). Ed. prin-
^pj>« B. 1. 1472. 4. Parm. 1473. 4. Interpolierte Ausgaben (bes. von Avan-
5J^Ä und Guarinus) von ed. Regiensis 1481 fol. an. Cum conmi. Mureti,
^"^^i. 1554. Cum comm. Achillis Statu, Ven. 1566. Cum castigationibus
^^^« Scaligeri, Par. 1577, Antv. 1582, Heidelb. 1600. Cum comm. Is.Vosfü
1^5^^don 1684. 4.), I. A. Vulpii (Patav. 1710. 1737. 4.). Cum perp. adn. F.
^ ^ Döring, Lips. 1788 — 1792; Altenb. 1834. Recogn. c. var. lect. I. Billig,
^^'tting. 1823. Ex rec. C. Lachmanni, Berol. 1829; ed. alt 1861. Recogn.
Bossbach, Lips., Teubner, 1854; ed. II. 1860. Recogn. L. Schwabe,
1866. Recogn., app. criticum, prolegomena, appendices adiecit R.
is, Lond. 1867. Texte von M. Haupt (Lips. 1853. 1861. 1868), C. Usch-
(Berlin 1867) u. A.
üebersetzt von K. Schwenck (Frankfurt 1829. 1846), Th. Heyse (mit
Text, Berlin 1855), W. Hertzberg und W. Teuifel (Auswahl in den Class.
Alt., Stuttgart, Metzler, 1855; vollständiger in den Rom. Dichtem,
ds. 1862, mit EinL u. Anm.), Th. Stromberg (in Reimen, Leipzig 1858),
. Pressel (Stuttgart, Hoffmann, 1860), R. Westphal (C.'s Gedichte in
^^rem geschichtlichen Zusammmenhange übersetzt und erläutert, Breslau
^867). Schaffrath, Einiges über Catull und dessen üebersetzer, Bedburg
^864. 4.
10. Abhandlungen: a) allgemeinen und sachlichen Inhalts. F. Ja-
14.
362 Ciceroniache Zeit. Zweite Hälfte, 691—711.
cobs in den Nachträgen zu Sulzer I. S. 158—171. C. Zell, Ferienschriften
I. S. 125—143 (C.'s Liebe). C. G. Heibig, deutsche Jahrbücher 1842, S.
1213—1219 (zur Charakterißtik des C). J. v. G. Fröhlich, über die An-
ordnung der Gedichte d. C, Abhandl. der Münchner Akad. Cl. I. Bd. HI.
1843. S. 689—716. W. Th. Jungclaussen, zur Chronologie der Gedichte d.
C, Itzehoe 1857. 4. L. Schwabe, Quaest. Catullianarum liber I, Gissae
1862. 366 pp. (Vol. I, 1 seiner Ausgabe). E. Bruner, de ordine et tempo-
ribus carminum C, Acta soc. sc. Fennicae, YII (Helsingfors 1863). p. 599
—657. 0. fiibbeck, C. Val. Cat., eine literarhistorische Skizze, Kiel 1863.
B. Richter, de CatuUi vita et carminibus P. L, Freiburg 1865. 4. Nobbe,
de metris C, Lips. 1820. 1821. 4. M. Haupt, Catnllus qua arte poetas
expresserit alexandrinos , Berlin 1855. 4. 0. Franke, de artificiosa car-
minum G. compositione, Greifswald und Berlin 1866. Mommsen, R. G.
III«. S. 536 f. 554 ff. W. Teuffei vor der Uebersetzung (1862) S. 6—19.
b) Beiträge zur Kritik imd Erklärung. G. V. A. Pfeiffer, Symbolae
C, Gotting. 1834. M. Haupt, Quaestiones C. (Lips. 1837); Observationes
criticae (Lips. 1841) und de nonnullis C. carm. , Berol. 1857. 4. F. Hand,
Observationes criticae (Jena 1848. 4.) und Quaest. C. (Jena 1849. 4.). J. v.
G. Fröhlich, Vorschläge zur Berichtigung des Textes, Münchner Abhh.
a. a. 0. V. S. 233—275 (München 1849), und üeber einige Gedichte, ebds.
VI. S. 257—279. F. Bitschl, Emend. C. trias, Bonn 1857. 4. R. Klotz,
Emend. C. , Lips. 1859. 4. J. Pohl, Lectiones C. I. Euskirchen (Münster)
1860. 8. II. Sigmaringen 1866. 4. P. Böhme, Quaest. C, Bonn 1862. Th.
Bergk, Emend. C, Halle 1864. 4. L. Schwabe, Coniecturae C., Dorpat
1864. 4. H. A. Koch, in der Symbola phil. Bonn. p. 315-320.
c) zu einzelnen Gedichten. F. Hand, c. LV restit., Jena 1B4B. 4. C.
Pleitner, des C. Hochzeitgesänge, Dillingen 1858. 104 S. 4. Zu c. 64 (Epi-
thal. Pelei et Thet.) spicileg. animadv. von Com. Müller (Hamburg 1836.
4.), M. Haupt (Berlin 1855. 4. p. 7 — 13), F. Ritschli (de nonnullis locis,
Bonn 1857. 4.), £. Fritze (recens. ill., Haiberstadt 1863. 4 ). A. Weise, zur
Kritik von C. c. 68, 65, 101., Naumburg 1863. 4.
203. Neben dem dass die in einer Angelegenheit gehalte-
nen Reden, deren Veröffentlichung immer häufiger wurde, einen
reichen Stoff räsonnierender Tagesliteratur darstellten, bekämpf-
ten sich die gegenüberstehenden Parteien auch noch mit eige-
nen Flugschriften. Solche schrieben gegen Caesar M. Varro,
C. Scribonius Curio und A. Caecina. Andere benützten Tages-
ereignisse zum Aussprechen oder Andeuten ihrer Parteiansich-
ten. Dazu diente namentlich die Form von Leichenreden (lau-
dationes) auf einen kürzlich Gestorbenen. So rief Cato's Tod
in Utica eine ganze Literatur ins Leben. Zu seinem Lobe
schrieben Cicero, M. Brutus, M. Fadius Gallus und Munatius;
dagegen A. Hirtius, Caesar selbst, Metellus Scipio und später
Augustus. Ebenso wurde Cato's Tochter, Porcia, bei ihrem
Tiigesliteratur. Acta Benatns. 363
Tode der Gegenstand von laudationes des M. Varro, LoUius und
G'C^TO.
J. Ueber Varro's Tgindgavog vom J. 694 8. Appian. b. c. II, 9: ncci ng
aiv^^v (derTriumvimPompejuß, Caesar und Crasßus) xT]v9t r-^v avpLfpQoavvrjv
evy^^fatpivgy OvdgggtoVj ivl ßißUo) nsgUaßcov iniygaips Tgmdgavov, Cu-
rio'» Schrift vom J. 695 s. oben 140, 6. A. Caecina s. oben 186, 13. Ueber
die x^oetischen Angriffe auf Caesar s. oben 199, 6. 200, 6. 201, 4.
2. lieber die Schriften aus Anlass von Cato's Tod (J. 708) s. Wart-
majaji, Leben des Cato vöh Utaca (Zürich 1858) S. 145 ff. Ueber Cicero'«
Cat.o oben 167, 6. Zu dessen Ergänzung verfasste M. Brutus seine Schrift;
B. ol^en 199, 1. Des Hirtius Anticato s. oben 184, 2; über den des Caesar
18S 9 7. Die Lobschrift des M. Fadius Gallus erschien wahrscheinlich im
Juli oder August 709; s. Cic. ad fam. VII, 24 extr. vgl. 25, 1. Cato's
Frennd Munatius avyygccfifia nsgl Katcovog i^iS<o%s, Plut. Cat. min. 87
vgl« 25. Dagegen Metellus Scipio hatte schon bei Cato's Lebzeiten ein
PißX/ov herausgegeben ßXaa<priyi,iaq'%axi%ov xov Katcavog, ib. 57. Ueber
ivLgnst's Schrift s. SuetonAng. 85: multa varii generis prosa oratione com-
poaoit, ex quibus nonnuUa in coetu familiarium velut in auditorio recita-
vit, sicut Bescripta Bruto de Catone, quae volumina cum iam senior ex
inagna parte legisset, fatigatus Tiberio tradidit perlegenda.
3. Porcia, Tochter des Cato Uticensis und Gemahlin des M. Brutus.
Ihr Kranksein erwähnt Brutus ad Cic. I, 17, 7 ; und als sie in Abwesenheit
ihres Gatten sich entschlossen hatte Sid voaov xaxaXmeiv tov ßiov (Plut.
Brut 53) machte Brutus seinen Freunden in Eom Vorwürfe dass sie es
nicht verhindert haben {mg dy^Blii^BCarig in* avtdtv, Plut. 1. 1.). Trost-
schreiben Cicero's an Brutus ad Brut. I, 9. Die Darstellung als ob sie erst
^^ dem Tode ihres Gatten sich (mittelst feuriger Kohlen die sie schluckte)
^en 2?od gegeben hätte ist eine Erfindung der Rhetorenschulen. Cic. ad
^ XlII, 48, 2 (J. 709): laudationem Porciae tibi misi correctam. . . et
^utd K, Varronis et LoUii mittas laudationem. Lollii utique; nam illam
^» ^olo tarnen regustare.
203. Die Tagesneuigkeiten wurden seit J. 695 d. St. re-
^^^^^O. aasig veröflFentlicht in den acta, und zwar die Senatspro-
^*^Xle in den acta senatus, die öflFentlichen und privaten Vor-
.^'^^^tmnisse in den acta populi oder acta diurna. Letztere waren
amtliches Tageblatt, unter einem amtlichen Redacteur, wur-
^^ jeden Tag öffentlich aufgestellt, von Unternehmern abge-
. ^^^eben und versandt. Echte Ueberreste von letzteren acta
sm
nicht auf uns gekommen.
1. Sueton. Caes. 20: inito honore (des Consulats, J. 695 = 59 v. Chr.)
' ^^^^08 omnium instituit ut tarn senatus quam populi diurna acta confi-
, ^Xt et publicarentur. An sich bezeichnet acta das Geschehene oder Ver-
V^^^elte selbst, insbesondere Amtshandlungen der Behörden, dann, als
,^ ^«kürzter Ausdruck (statt commentarii actorum), die Aufzeichnung jener
^enstäiide. Von den Verhandlungen des Senats waren vor Caesar nur
364 Ciceronische Zeit. Zweite Hälfte, 691—711.
die Beschlüsse regelmässig protokolliert und in geeigneten Fällen veröf
fentlicht worden; Caesar dehnte die Aufzeichnung und Yeröffentüchan^
auch auf die Verhandlungen aus. Die Aufzeichnung (Protokollierung) be
stand dann die ganze Eaiserzeit hindurch fort (noch vom J. 438 n. Chr
kennen wir gesta in senatu urbis Romae de recipiendo codice Theodosiano)
aber die Veröflfentlichung untersagte schon August (Suei Aug. 36: auctoi
et aliarum rerum fuit. in quis, ne acta senatus publicarentur). Gegenstan«
dieser Protokolle waren ausser den gefassten Beschlüssen auch die in
Senat gestellten Anträge, die eingelaufenen Berichte und Schreiben, in de
Kaiserzeit besonders auch die durch den Quästor vorgetragenen Reden de
Kaiser und die Acclamationen der Senatsmitglieder. Die Abfassung de
Protokolls besorgten zuerst vom Consul, dann vom Kaiser damit beauftragte
Senatoren; später der curator actorum senatus, von Hadrian an der al
«actis senatus, welches Amt gewöhnlich die Mittelstufe zwischen der Quästui
imd der Aedilität (beziehungsweise dem Tribunat) bildete. Aufbewahr
wurden diese acta senatus theils im Reichsarchiv (tabularium) , wo sie
wohl nur Senatsmitgliederu (und für bestimmte Zwecke) zugänglich wa
ren, theils in besondem Abtheilungen der öffentlichen Bibliotheken, zi
welchen man nur auf ausdrückliche Erlaubniss des praefectus urbis Zutriti
erhielt. Manche Verhandlungen des Senats fanden aber auch in dfie acta
populi Auüiahme und wurden dadurch allgemein zugänglich. E. Hübnei
in Fleckeisens Jahrbüchern Suppl. III. p. 564—594 und in Kürze W. Rein
in Pauly's Real Enc. I, 1. S. 132 f 147 f. Verzeichniss der uns bekanntes
Senatsbeschlüsse (senatus consulta) bei Rein a. a. 0. VI, 1. S. 1033 f. und
bei Hübner 1. L p. 622—627.
2. Die acta diurna populi heissen auch acta diurna oder acta populi
rom. oder acta populi oder acta publica, acta urbana, rerum urbanarun:
acta, acta urbis, diurna populi rom., oder diurna (z. B. luv. VI, 483) odei
acta (z. B. luv. II, 136) schlechtweg; bei den griechischen Schriftstellen;
ra Tioivce vfcofivjjfittTa oder vnofivjjiiata kurzweg. Mittheilung der Neuig
keiten aus Rom an Abwesende war vor Caesar Sache der Privatthätigkeil
gewesen, und diese erlosch auch nach Caesars Einrichtung nicht; durcl
Caesar aber wurde die Zusammenstellung und Veröffentlichung der Nach
richten eine regelmässige und amtliche. Die Vorkehrung entsprach sc
sehr einem dringenden Bedürfnisse nicht nur der verreisten Römer son
dern auch der Bewohner der Weltstadt selbst und der sonstigen Angehö
rigen des Reichs dass sie ohne Unterbrechung fortbestand imd wohl ersi
als sie mit Verlegung der kaiserlichen Residenz nach Constantinopel ihre
Bedeutung einbüsste allmählich aufhörte. Der Inhalt dieser acta wai
theils ein amtlicher (Vorgänge in der kaiserlichen Familie, Verordnunger
der Kaiser und der Behörden, Beschlüsse oder auch Verhandlungen det
Senats und sonstige Vorfälle welche man zur allgemeinen Kenntniss briu
gen wollte), theils ein privater, bestehend aus Familiennachrichten allei
Art, Anzeigen von Geburten, Heiraten, Ehescheidungen, Todesföllen u. dgl,
welche man an die Redaction eingesandt hatte, oft in subjectiver Fassung
(„der tiefgebeugte Gatte**, saucius pectus, Quiutil. IX, 3, 17). Die Anzeige
der Geburten erfolgte bei dem praefectus aerarii und wurde von M. Anto-
ninus Philosophus sogar gesetzlich vorgeschrieben. Vom praefectus aerarii
wird die Mittheilung an den Redacteur der acta erfolgt sein, theils statistisch
Acta populi. Briefe. 365
in l>lo8eo Summen, theils unter Hervorhebung einzelner Fälle aua bekann-
teren Familien, wofern letztere Anzeige (in den acta) nicht den Familien
selbst überlassen war. Die offizielle Zusammenstellung wurde in albo ver-
dff<ejQtlicht, und wie man früher von den annales sich Abschriften gemacht
ha>^±:e (oben 66) so wurden jetzt diese acta durch zahlreiche scribae ver-
yieXXältigt und an ihre Abonnenten versandt. Nach Yerfluss einiger Zeit
ka.X3ci das Original in das Staatsarchiv und konnte dort für schriftsteller-
isc^lxe Zwecke benützt werden. Auszüge daraus waren die acta Muciani
uxM.«^ Acholii. In den Privatbibliotheken werden die acta bei ihrer Mas-
gex^Xiaftigkeit nicht leicht vollständig gewesen sein; vielleicht wurden sie
Toxs. Anfang schon in blosen Auszügen bezogen. Vgl. E. Hübner a. a. 0.
p. S94— 622 und im Auszuge bei Rein a. a. 0. S. 134—137.
3. Sonstige Literatur über die acta senatus und die acta populi. J.
Llpsius im Excurs A zu Tac. A. Y. F. C. Schlosser in seinem und Bercht's
Aarehiv für Geschichte I (Frankfurt 1830). S. 80—106. R. E. Prutz, de fon-
iil3vi8 quos in conscribendis rebus inde a Tiberio usque ad mortem Ne-
ronia gestis auctores veteres secuti videantur (Halle 1838) p. 14 — 21. V.
Ledere, des joumaux chez les Romains, Paris 1838. W. A'. Schmidt, in
seiner Zeitschr. für üeschichtswiss. I (1844) S. 303—366. G. E. F. Lieber-
kvUm, de diurnis Rom. actis (Weimar 1840) und Epistola critica ad Le-
Clercium (Lips. 1844). J. W. A. Renssen, de diurnis aliisque Rom. actis,
Groningen 1857. C. Zell, Ferienschriften N. F. I (Heidelberg 1857) S.l— 108.
4. Ein Fabricat des 15. Jahrh. sind die elf Fragmente von acta populi
"welche zuerst Pighius (1615) in seinen Annales IL p. 378 veröffentlicht hat»
^d die nach ihrem Hauptverfechter, Dodwell (Praelect. acad. , Oxon. 1692,
P- 665—691), gewöhnUch fragmenta Dodwelliana genannt werden. Gegen
^eren Echtheit s. besonders P. Wesseling, Probabilia (Franeker 1731)
P 354—386, und J. A. Emesti im ersten Excurs seiner Ausgabe des Sueton
(^ipa. 1748). Dagegen versuchte Lieberkühn (bes. in seinen Vindiciae libro-
'^nx iniuria suspectorum, Lips. 1844, p. 1—100 = Epistola . . ad Le Cler-
cjunx) die Echtheit zu vertheidigen, gegen welchen s. H. Heinze, de spuriis
*ctoi-mn diumorum fragmentis I, Greifswald 1860. Vgl. C. Zell a. a. ü.
^- * 09-160.
2t)4. Eine Mittelstellung zwischeu der rasonnierenden und
r
de]
®^ blos berichtenden Tagesliteratur nehmen die Briefe ein,
Ml wir aus dieser Zeit in den ciceronischen Sammlungen
"^^ grosse Zahl besitzen, meist von Cicero selbst, aber auch
*^^ nicht wenigen Zeitgenossen.
1. Ueber die Briefe s. oben 33, 3.
. 2. Ueber die Briefe Caesars s. oben 182, 8; über die von M. Brutus
"'^'^»i 199. 1.
3. Ueber die ciceronischen Briefsammlungen s. oben 170 und 17 t.
^^ser den Briefen von Cicero selbst sind darin enthalten Briefe von
*^^^em Bruder Quintus (oben 177, 3), von seinem Sohne (ad ftun. XVI,
*^- 25), M. Brutus (oben 171, 4. vgl.. 199, 1), Ser. Sulpicius (fam. IV,
^* 12), Marcellus (ib. IV, H), Q. Metellus Celer (oben 201, 2), Q. Metel-
366 Ciceronische Zeit. Zweite Hälfte, 691—711.
lus Nepos (ad fam. V, 3), Vatinius (ib. V, 9. 10), L. Lucceius (V, 14), A.
Caecina (oben 186, 13), A. Pompeius Bithynicus (fam. VI, 16), M\ Curias
(fam. VU, 29), M. Caelius Rufus (oben 196, 5), Dolabella (fam. IX, 9),
Mnnatius Plancus (oben 196, 6), Ser. Sulpicius Galba (fam. X, 30), C.
Asinius PoUio (fam. X, 31. 32. 33), Lepidus (fam. X, 34. 35), D. Brutns
(oben 199, 2), C. Matias (oben 195, 3), C. Cassius (oben 199, 3), Cassias
Parmensis (oben 199, 4), P. Lentulus (fam. XII, 14. 15), C. Trebonins
(oben 199, 5), M. Cato (oben 188, 2). Dazu als Beilagen zu Briefen an
Atticus Briefe des Cn. Pompeius (oben 168, 6), Caesar (oben 182, 8), Bai-
bus (oben 184, 2), M. Antonius (oben 196, 3).
206, Von den Inschriften aus den Jahren 670 bis 710
hat keine mehr das satumische Mass. Unter den prosaischen
sind die wichtigsten die lex Cornelia de XX quaestoribus vom
J. 673, das Senatusconsultum de Asclepiade, Polystrato, Me-
nlsco in amicbrum formulam referendis vom J. 676, die lex
Antonia de Termessibus, ungefähr vom J. 683, die lex Rubria
de civitate Galliae cisalpinae um 705, und die lex lulia muni-
cipalis vom J. 709 d. St.
1. Die metrischen Inschriften aus dem siebenten Jahrb. d. St., ohne
genaueres Datum, s. oben 126. Vielleicht erstrebt saturnischen Rhythmus
auch C. I. lai I, 1080: amantissima suis, ffde m^xsuma, pfa. Jambisch,
aber locker gehalten, ist ferner ib. 1431; trochäisch wohl ib. 1459; s.
L. Müller in Fleckeisens Jahrb. 97, S. 214 A. Die Inschrift auf dem
Denkmal Marcei Vergilei Eurysacis pistoris redemptoris und seiner Gattin
Atistia (C. I. lat. I, 1014 — 1018, p. 222 f.), aus der augusteischen Zeit, hat
eine Art rhythmischer Prosa.
2. Die lex Cornelia des Dictators Sulla, ungefähr aus J. 673 (vgl. Tac.
A. XI, 22), erstmals gedruckt 1660; bei Ritschi, P. L. M. E. XXIX, C. I.
lat. I, 202. p. 108 — 110. Die Erztafel, ausgegraben nnt^r den Trümmern
des Satumustempels zu Rom, trägt am Rande die üeberschrifb VIII de XX
q(uae8toribus) und ist nur der Theil eines grösseren Ganzen.
3. Das SC. wodurch Asclepiades Philini f. Clazomenius, Polystratus
Polyarci f. Carystius, Meniscus Irenaei f. Milesius für viri boni et ameici
erklärt werden ist in lateinischer und griechischer Sprache abgefasst und
steht bei Ritschi Tf. XXX, im C. I. lat. I, 203. p. 110—113.
4. Die lex Antonia des Volkstribunen C. Antonius M. f. u. a. bestätigt
die Autonomie der Stadt Termessus maior in Pisidien; bei Ritechl Tf. XXXI,
im C. I. lat. I, 204. p. 114 f.
6. Die lex Rubria, gefunden J. 1760 in Veleia, vielfach commentiert,
zuletzt von Th. Mommsen in Bekkers und Muthers Jahrb. des deutschen
Rechts, II. S. 319—334, herausgegeben von Ritschi, legis Rubriae pars
superates (Berlin 1851. 4), und in P. L. M. E. Tf. XXXII; C. I. lat. I, 206.
p. 115—119.
6. Die lex lulia municipalis des Caesar (nach ihrem Fundort im J. 1732 f.
auch tabulae Heracleenses genannt), zur Ordnung der Rechtsverhältnisse
Inschriften. 367
der Sfonicipien, unprünglich griechisch, zwei Tafeln aber mit lateinischer
UebeTsetznng aof der Bückseite. Dieser lateinische Text bei Bitschl P. L.
M. E. Tf. XXXm und XXXIV, im C. I. lat I, 206. p. 119—125. Haupt-
«durifb darüber von Savigny, Vermischte Schriften III. S. 279—412. Eine
lex raonicipalis enthalten auch die der augusteischen Zeit angehörige la-
xfnn.£L Tudertina und die lamina Florentina; s. C. I. lat. I. p. 263.
7. Erwähnung der rogatio Hirtia (vom J. 708?) auf der Erztafel C. I.
lat. J, 627 f. p. 184.
8. Von den datierten Inschriften aus dem J. 670 — 710 (C. I. lat. I,
51^ — 626) sind besonders erwähnenswerth die aus der sullanischen Zeit
(Kr. 584—586 und 587—589 vom populus Laodicensis af Lyco, popolus
Epliesias und AvMicav ro xoLvoif), wie der Meilenstein des M. Terentius
Varro Lucullus (Pauly's Real-Enc. IV. S. 1074 f. Nr. 9), Nr. 583; die cam-
panische Weihinschrift (Nr. 673) worauf in servom lunonis Gaurae contu-
lerunt (J. 683), und die aus Furfo (Nr. 603 vom J. 696), letztere wegen
ihres incorrecten Latein.
9. Bleierne Schleudergeschosse (glandes) mit Inschriften aus der Bela-
gerung von Asculum (J. 664 f.) im C. I. lat. I, 644—680, p. 189—192; eine
glans Mundensis (J. 709) ib. p. 192; aus der Belagerung von Perusia
(J. 713 f.) ib. 682—705, p. 192—194, letztere theilweise mit derben Soldaten-
witzen, wie pete culum Octaviani; L. Antoni calve, Fulvfa, culum pandite;
L. Antoni calve, peristi C. Caesarus victoria; esureis et me celas.
10. Datierte tesserae gladiatoriae aus den Jahren 669 bis 710 im G. I.
Jat I, 717—738, sowie aus 721—827 d. St. ib. 739—774. 776 ^
U. Ziegel mit Jahresangabe aus Muuicipien (Veleja) von den Jahren
678 bis 743 d. St. im C. I. lat. I. p. 202 f.
12. Verwünschungen (devotiones) aus republikanischer Zeit im C. I.
^*^ I, 818—820, p. 208 f.
^3. Grabschrift des L. Manneius Q. (libertus) medicus, (pvaiKog olvo-
^^^^g nach der Methode des Asklepiades aus Prusa (W. Teuffei in Pauly's
~^^-Enc. I, 2. S. 1845, Nr. 13), also wohl aus der Zeit des Pompejus,
^ ^- lat. I, 1256.
. ^4. Scherzhafte Wandinschrift aus Pompeji: ümannia pereit de ta-
pf^^. sei qois eam retulerit dabuutur etc. im C. I. lat. I, 1254. p. 249.
r:^ andere ebendaher mit dem genauen Datum: C. Pumidius Dipilus
j ^^ ^oit a. d. V nonas Octobreis M. Lepid. Q. Catul. cos. (J. 676), ib.
B. Die augusteische Zeit.
J. 711-767 d. St.
206. Mit der Schlacht bei Actium und dem Tode des M.
'^^'tonius war das Jahrhundert der Bürgerkriege geschlossen:
^'^vian war unbestrittener Alleinherrscher. Aber klug und
^^^^ichtig die Klippe meidend an der sein grosser Vorgänger
S^^cheitert war brach Octavian nicht offen mit der republika-
368 Augusteische Zeit, 711—767 d. St.
nischen Vergangenheit; er liess ihre Einrichtungen äusserlic
fortbestehen ; aber machte sie allmählich alle zu Werkzeuge
seiner Herrschaft. So hat die augusteische Zeit eine Doppc
Stellung: sie umschliesst die Zersetzung des Alten und die Bi
düng eines Neuen, das Absterben der Republik imd das Werde
und Wachsen der Monarchie. In den bedeutendsten Männei
des Zeitalters tritt diese Doppelstellung klar zu Tage: Asini
PolliO; Messala, Horaz haben unter der Republik gekämpft ui
eine Rolle gespielt, und Vergil hat in seiner Jugend eine Wei
in Catull's Weise gedichtet. Im Ganzen aber hatte das Schiel
sal dem Octavian seine Aufgabe wesentlich erleichtert. Furch
bar hatte der Tod aufgeräumt unter den Gegnern der Mona
chie, und die noch lebten waren kraftlos, entmutigt, ohi
Rückhalt im Volke, das der ewigen Kämpfe satt war. Ande:
führte Cleopatra's unwürdige Herrschaft über M. Antonius i
das Lager Octavians; so den M. Messala, Cn. Domitius Ahem
barbus (Cos. 722), L. Sempronius Atratinus (Cos. 720). £
machte denn einer um den andern seinen IVieden mit der neue
Gestaltung der Dinge. Am imfügsamsten zeigten sich die Ju
isten Cascellius und Labeo: sie schadeten wenig, und ma
liess sie gewähren; nur begünstigte man ihnen gegenüber de
geschmeidigen Atejus Capito. Asinius Pollio verschmerzte vie
leicht niemals die Bedeutimgslosigkeit zu der ihn die Monarch
verdammt hatte; aber sein Mut reichte nur zu Nadelstiche!
Auch Horaz blieb von dem Herrscherj länge in scheuer Entfe
nung; aber er versöhnte sich allmählich aufrichtig. Von Anfao
an für den Erben Caesars sympathisch gestimmt waren Matiu
Trebatius Testa und L. Varius; politisch harmlos Publilius S;
rus, Ticidas und Vergil. Vor dem Erfolg beugte sich alsba
Munatius Plauens. Je länger die Monarchie bestand und üb
Belohnungen und Strafen frei verfügte, desto mehr strömte <
ihr zu: es war zuletzt ein wahrer Wetteifer in Kriecherei.
Charaktere wie Labeo und Labienus galten bald für Sonde
linge, die man nicht begriff oder gar belachte. Die offiziel
Heuchelei, die alten Formen und Namen fortbestehen zu lasse
1) Tac. A. I, 2 von August: ubi militem donis, populum annona, cu
cto8 dulcedine otii pellerlt, insurgere paulatim, muiiia eenatus, magistr
tuum, legum in se trahere, nullo adversante, cum ferocissimi per acies a
]3ro8CTiptione cecidissent, ceteri nobüium, quanto qois serviüo promptic
opibuB et honoribuB extollerentnr ac novis ex rebus aucti tuta et pra
Bentia quam vetera et periculosa mallent.
Charakteristik und Üebersicht. 369
auch nachdem der Inhalt ein entgegengesetzter geworden, ver-
breitete einen Geist der Unwahrheit über die höheren Stände
und die Literatur, welcher noch gesteigert wurde durch das
Aufkommen der windigen Declamation. Eine andere Wirkung
jener offiziellen Heuchelei ist dass der thatsächliche Herrscher
um so empfindlicher wird gegen deren Aufdeckung und um so
mehr alle Mittel anspannt um das Alte vergessen zu machen,
dag Neue zu befestigen. Die Literatur wird dadurch theils ein-
geengt theils zum instrumentum regni herabgewürdigt.
Am meisten leidet unter diesen Verhältnissen die Beredt-
samkeit. Hatte sie schon unter Caesar Hemmungen erfahren,
80 werden diese jetzt dauernd und immer stärker. Das öffent-
liche Leben erlischt, die politische Arbeit geht in die Hände
des Herrschers über, die Volksversammlungen werden immer
seltener und bedeutungsloser, die Gerichte immer abhängiger
Dud technischer. Für die Redner bleiben zuletzt nur die Ver-
bandlungen im Senat und die Civilprocesse vor dem Centum-
riralgericht, und jene sind durch die Anwesenheit des Herr-
schers und den Knechtssiiin der grossen Mehrheit der Mitglie-
der in Schranken gehalten, oft auch kurzweg durch Rescripte
wid mündliche Vorträge des Fürsten abgeschnitten, während
des Centumviralgerichts schmale Competenz durch die wach-
sende des praefectus urbi Einbusse erleidet. So schwindet den
öoeh aus der Republik überkommenen Rednern Asinius PoUio
^d M. Messala immer mehr der Boden; wer nicht verstummen
^'1 muss sich der neuen Art fügen, dem kimstvoUen Reden
^«öe ernsten Zweck und Inhalt, der Declamation.*)
Auch das andere Gebiet welches in den Zeiten der Repu-
'^k zu hoher Blüte gelangt war, die Geschichtschreibung,
^^pfand schmerzlich die veränderten Umstände.^) Anfangs
^^T findet M. Brutus in Memoiren von Freunden, wie Messala
1) Vgl. oben 37 mit Anm. 1.
2) Vgl. oben 33« 1 . Sen. III. p. 437 Hse : ab initio bellorum civilium,
|. ^« primum veritaa retro abiit. Suet. Claud. 41 : historiam in adulesceh-
^^> hortante T. Invio, . . scribere adgressus est . . cöepitque a pace ci-
^^ 1 cmn sentiret neque libere neque vere sibi de superioribus tradendi
r^^««tatem relictam, correptus saepe et a matre (Antonia) et ab avia
\^ ^itavia). Sehr einzuachränken ist daher Sen. Controv. IL p. 155, 9 f.:
^^ta sab divo Aogusto libertas fiiit ut praepotenti tunc M. Agrippae non
^^rint qui ignobüitatem ezprobrarent.
Teoffcl, Rom. Literatnrg'eschichte. 24
370 Augusteische Zeit, 711—767 d. St.
und VolimmiuS; oflFene Vertheidiger; aber nach Actimn fan«
Asinius Pollio bald gerathener sein Werk über die Bürgerkrieg
unvollendet zu lassen. Die «Geschichte der Gegenwart sah sie
gehindert durch das Aufhören der Oeffentlichkeit^ den Vei
schluss der amtlichen Acten.*) Noch mehr minderte sich di
Möglichkeit über die handelnden Personen rückhaltlos zu m
teilen. Mochte man daher nicht in dynastischem Sinne G(
schichte schreiben ^ so musste man sich abgelegenen neutrale
Gebieten zuwenden ^ wie Pompejus TroguS; oder so gemütlic
phantasievoU zu schreiben wissen wie T. Livius. Desto einla
dender wurde die Geschichtschreibung für die Griechen. Durc
ihre Nationalität den politischen Verwicklungen entrückt; durci
die Sprache in der sie schrieben von der Einwirkung auf di.
Menge ausgeschlossen ^ überdiess mit grosser Leichtigkeit dei
Verhältnissen sich anbequemend und sie für sich verwerthend
fanden sie in Rom ein reiches Feld für schriftstellerische Wirk
samkeit: ausser Timagenes und Nikolaos aus Damaskos schrie
ben unter August und zum Theil in Rom auch Diodor, Dia
nysios aus Halikarnass^ Strabon^ Juba^ Parthenios u. A.^ sowi<
die Rhetoren Caecilius aus Kaie AktC; Hermagoras^ Apollodoroi
und dessen Schüler Moschos^ Areios^ Eraton, Lesbonax^ Athe
nodoros; und der Dichter Erinagoras.
Die Jurisprudenz wusste August an das monarchisch
Interesse zu ketten ^ indem er das Ertheilen von Rechtsgutach
ten, das bisher einzig auf dem Vertrauen der Befrager beruhte
von der Genehmigung des Fürsten abhängig machte^) und zu
gleich diesen Rechtsaussprüchen eine Bedeutung verlieh durcl
welche sie an die Stelle des früheren prätorischen Edictes tra
ten. ') So privilegiert vertieften sich die Juristen um so meh
in die Ausbildung ihrer Wissenschaft, und schon jetzt legte de
persönliche Gegensatz zwischen Labeo und Capito den Grün«
1) Vgl. oben 203, 1.
2) Pompou. Dig. I, 2y 2, 47 (49): ante tempora Augusti publice re
spondendi ins non a principibos dabatar, sed qui fiduciam studiorum suc
rum habebant consulentibas respondebant. . . primus Divus Angustuf
ut maior iuris anctoritas haberetur, constitoit nt ex auctoritate eins rc
Bpondereni
3) G^jus Inst. I, 7: responsa prudentium sunt seutentiae et opinione
eomm quibus permissum est iura condere. quorum omnium si in unui
sententiae concurrant, id quod ita sentiunt legis vicem optiuet. Seo
Epist. 94, 27: iurisconsultorum valcnt responsa, etiam si ratio non redditui
Charakteristik und Uebersicht. 371
zu den beiden Schulen, der Sabinianer, die von Capito aus-
giengen, und der Proculianer, der Anhänger des Antistius
Labeo. ') *
Noch entschiedener förderlich war der Untergang des öf-
fentlichen Lebens für die Kunstpoesie und für die Gelehr-
samkeit.
Hatte früher der Römer literarische Thätigkeit nur als
Nebenbeschäftigung, zur Ausfüllung des otium, zulässig gefun-
den, so wurde sie jetzt, wo die früheren negotia so starke Min-
derung erfahren hatten, bei Vielen zur Lebensaufgabe. Lisbe-
sondere die Poesie wurde jetzt als eine Kunst mit ganzem Ernste
betrieben und Streben nach hellenischer Formvollendung zum
Gesetze gemacht. Die Form wird um so wichtiger je mehr
man in den Stoffen, nothgedrungen und aus Wahl, sich be-
schränkt und Rücksichten walten lässt. Prosodie und Metrik
bewahrte die Strenge die sie am Schlüsse der ciceronischen Zeit
gewonnen und trug sie auf neue Formen über ; auch die volks-
massigeVocal verschleif ung wurde mehr und mehr eingeschränkt.')
Indessen was an Kunst gewonnen wurde gieng an Popularität
verloren: man dichtete für einen erlesenen Kreis von Kennern
und Freunden und für die Nachwelt, und rächte sich für den
Mangel an Fühlung mit dem Volke durch gespreizte Missach-
tong desselben. ^) Je fremder man aber dem Volke wurde, um
so mehr sah man sich auf die höheren Regionen angewiesen:
die Kunstdichter wurden zu Hof dichtem, und diess steigerte
^ederum das Misstrauen und die Abneigung gegen sie. So
1) Pompon. Dig. I, 2, 2, 47: hi duo (Labeo und Capito) primum vel-
^^ diversas sectas fecerunt; nam Ateius Capito in bis quae ei tradita
'uerant perseverabat, Labeo ingenü qualitate et fidacia doctrinae, qui et
ceteris operis sapientiae operam dederat, plurima innovare iustitnit. Wenn
^^ach Labeo als Rationalist, Capito als Positivist sich bezeichnen lässt,
^ hebt Rudorff (Rom. Rechtsgesch. L S. 182) daneben hervor dass die
^biiiianer der neuen Staatsordnung und Beschränkung der altcivilen Pri-
^**^ntonomie zugeneigt waren, die Proculianer den älteren Grundlagen
^ Rechts, und dass dieser Gegensatz seine Bedeutung verlor nachdem
^^^an durch Julianus das geltende Recht hatte codificieren lassen.
2) L. Muller, de re metr. p. 74 u. 281 f. W. Corssen, Vocalismus IL
^- 199 f.
3) malignum spemere volgus, Hör. 0. JI, 16, 39 f. Vgl. III, 1, 1 : odi
P^Ofanum volgus et arceo. Ps. Vergil. Catal. 11, 64: pingui nil mihi cum
P^pulo. Ps. Tibnll. III, 3, 20: falso plurima volgus amat.
24*
372 Augusteische Zeit, 711 — 7C7 d. St.
sehen wir die augusteischen Dichter, an ihrer Spitze Horaz, ii
fortwährendem Kampfe mit einer Gegenströmung, welche di
alten nationalen Dichter Ij^chhält und in diesen Cultus wol
auch viel sonstige Unzufriedenheit mit der Gegenwart kleidea
Erst mit dem Absterben der älteren Generation gewann (L
neue Richtung allmählich mehr Boden J)
Neben dieser allgemeinen Förderung durch die Verhältnis
fanden die Vertreter der neuen Poesie auch noch unmittelb^
Unterstützung durch die Machthaber, zum Theil aus persöt^
eher Liebhaberei, noch mehr aber aus politischer Berechnu^
August selbst Hess es nicht an Aufmunterungen aller Art ^
len^), und seine iVeunde wurden die Mittelpunkte literarisfc'
Kreise, unter denen es zwar nicht ohne Eifersüchteleien ^
gieng^), die aber an ihrem gemeinsamen Verhältniss zu -4
gustus Zusammenhang und Stimmung hatten. Obenan stai?.
der Kreis des Maecenas, in welchem Horaz zwar nicht das äJ
teste, aber sehr bald das durch Selbständigkeit des Charaktere,
Schärfe des Verstandes und künstlerische Begabung hervor-
ragendste Mitglied war. Ausser ihm gehörten dazu Vergib'us
und L. Varius, Plotius Tucca, Quintilius Varus, Aristius Fos-
cus, Domitius Marsus, Melissus imd Andere*); später, als Ho-
raz sich mehr und mehr aus Rom zurückzog, auch der
von diesem nie genannte Propertius. ^) Die entschieden gou-
1) Hör. 0. IV, 3, 14 ff. (et iam dente minus mordeor invido).
2) Säet. Aug. 89: ingenia saeculi sui omnibus modis fovit.
3) Vgl. Sen. Controv. II, 12, 12 f. p. 154 f. Bu. Dergleichen spiegeV
sich wohl in dem Urteil welches Agrippa über die poetische Art desVei
gil fällte. Donats vita Verg. 44 (62) : M. Vipsanius a Maecenate eum su]
positum appellabat novae cacozeliae repertore (Var. repertorem), non ^'
midae nee exilis, sed ex communibus verbis atque ideo latentis. Dag^^
freundliche Urteile über Vergü von Maecenas bei Sen. suas. p. 6 f- ^
26 Bu.
4) Vgl. Hör. S. I, 10, 81 ff. Ep. I, 3. Auch s. Ovid Trist IV, 10, 4l
Martial. VIII, 56.
5) Umgekehrt nennt Propertius gleichfalls nie den Horaz, spielt *^
öfters auf Stellen desselben an; s. unten 229, 2 g. E. Ebenso überg^
Ovid diesen in seiner Aufzählung A. A. UI , 333 ff. , polemisiert gegen i ^
(S. II, 5, 10 ff.) ib. II, 271 f., und ertheilt ihm erst nach seiuem Tode <^
ziemlich magere Lob : tenuit nostras numerosus Horatius aures (Trist I
10, 49 f.). Es mag sein dass Horaz seine geistige und gesellige Ueb^
legenheit jüngeren Männern gegenüber manchmal auf eine für die^
drückende Art geltend machte.
Charakteristik und üebersicht. 373
Yernementale Färbung dieses Kreises theilte sich immer mehr
den einzelnen Mitgliedern mit. Politisch zurückhaltender war
der des Messala; wenigstens findet *^ich bei dessen ausgezeich-
netstem Mitgliede, Tibull, des Augustus Namen niemals. An-
dere Angehörige desselben waren Messala's Bruder Pedius Po-
plicola, Aemilius Macer, Valgius Rufus, Lygdamus, Sulpicia,
der Verfasser der Ciris und der Elegie auf Messala*), zum Theil
auch Ovid.^) Asinius Pollio machte sich vorzugsweise durch
Kritisieren geltend, und der oppositionelle Anstrich den er hatte
bewirkte dass nur die unabhängigsten Mitglieder anderer Kreise,
Mie Horaz, sich in seinen Bereich wagten. Erst als Augustus
feststand, überhoben der Nothwendigkeit sich Zwang anzuthun,
imd allein stand, verlassen von den Gefährten, Freunden und
ßathgebern seiner besten Jahre, die ihm alle im Tode voraus-
giengen, überdiess greisenhaft grämlich und unduldsam gewor-
<leii war, da flackerte ab und zu etwas auf von dem Octavianus
der Proscriptionen,, der das Unbequeme am liebsten gründlich
beseitigte, und er ergriff da Massregeln wie gegen Labienus,
Cassius Severus und Ovid. In seinen früheren Jahren aber hat-
ten die Talente sich vielmehr vorzusehen dass sie durch seine
l^Veundlichkeiten sich nicht aus ihrer uaturgemässen Bahn brin-
gen liessen; und für die Gelehrten sorgte er durch Anlegung
öffentlicher Büchersammlungen, womit schon Asinius Pollio nach
seinem dalmatischen Triumphe (J. 715) vorangegangen war und
D^ Octavian nachfolgte durch sieine Octaviana (J. 721) ^) und
die am Tempel des palatinischen Apollo (J. 726).
In Folge dieser planmässigen Begünstigung literarischer
•^tigkeit gab es in der augusteischen Zeit zu Rom eine Un-
^W von Dichtern und Dichterlingen^), auch unter dem weib-
''^hen Geschlechte (wie Sulpicia und Cyuthia), und die Vorträge
^^hriftstellerischer Arbeiten vor einem eingeladenen Publicum,
^Id vor Jedermann der kommen mochte*), sowie die Decla-
1) Vergil. Catal. U.
e . 2) VgL ex Pont. I, 7, 28 f. an Messalinus: nee tuns est genitor nos in
^tos amicos, hortator studii causoqae faxqne mei.
3) Dio XLIX, 43 extr. Am Theater des Marcellus.
4) Hör. Ep. II, 1, 108 ff.
5) Vgl. 8en. Controv. X. praef. 4 (p. 292 Bu.): T. Labienus . . decla-
^^vit non quidem populo, sed egregie. non admittebat populum, et quia
.^Udmn haec consuetudo erat inducta et quia putabat turpe ac frivolae
^^^tioms.
374 Augusteische Zeit, 711—767 d. St.
ibationen wurden allmählich zu einem Ersätze und Abieiter fü
die früheren Volksversammlungen. Diese recitationes hattei
zwar wohl eine Anknüpfung an dem alten collegium poetarum *)
aber erst Asinius PoUio schuf sich in ihnen eine Entschädigunj
für die verkümmerte öflFentliche Wirksamkeit'), und sie entspra
chen so sehr dem Geiste der Zeit dass sie seitdem nicht wiede
erloschen und bald zu einer Macht wurden welche über de
Erfolg der Schriftsteller entschied, aber auch durch den Beifa.
der Clique manches untergeordnete Talent über sich selbst ve
blendete.
Unter den verschiedenen Gattungen der Poesie findet n.
mentlich das Epos und die ihm verwandten Arten des Lehrg
dichts und des Idylls durch Vergilius Anbau und Vervollkomi
nung. Soweit das Epos der Gegenwart unmittelbar zugekeh:
ist tritt es nur als Lobgedicht auf. Die Satire wird dura
Horaz verjüngt; aber ihrer Voraussetzung, republikanisch freiej
Bewegung, entbehrend beschränkt sie sich auf persönliche, li-
terarische und sociale StofiPe und verlässt bald den Kampfplatz,
um im poetischen Briefe später in harmloserer, zeitgemässerer
Gestalt wieder zu erstehen. Zur höchsten Blüte gelangt die
Lyrik. Das Melos gewinnt an Horaz einen Bearbeiter zwai
nicht von ursprünglich poetischem Geiste, aber desto grösserei
Reife des Urteils, Vielseitigkeit der Bildung, Strenge und Fein
hörigkeit für die Form, und sich frei erhaltend von dem Miss
griffe der Früheren, welche die Alexandriner zu Vorbildern ge
wählt hatten. Die Elegiker können sich zwar von diesen Vor
gängern nicht ganz trennen, übertreffen sie aber durch Geis
und echtes Leben. Aufgenommen durch Cornelius Gallus er
reicht die erotische Elegie in TibuU die klare Lieblichkeit hei
leuischer Erzeugnisse, bereichert sich durch Propertius ai
Manchfaltigkeit der Stoffe und erreicht durch Ovidius eine Leichi
tigkeit und Vollendung der Form welche nur wetteifert mit de
Leichtfertigkeit des Inhaltes. Dagegen das Drama findet nocl
1) Vgl. oben 82, 6. 119, 3.
2) Sen. Controv. IV. praef. 2 (p. 375 Bu.): Pollio Asinius numquai
admissa multitadiue declamavit (vgl. S. 373, A. 5), nee illi ambitio in studii
defuit: primos enim omnium Bomanorum advocatis hominibus scripta su
recitavit. Zur Organisation dieser recitationes vgl. Tac. dial. 9, 1 7 ff. Micl
Plin. Ep. VIII, 12. luvenal. VII. 40 ff. Suet. Claud. 41. K. Lehrs, popi
läre Aufsätze (1856) S. 175 ff
1
. Charakteristik und Uebersicht. 375
immer kein Gedeihend) Von der Gegenwart abgekehrt wird
die Tragödie gelehrt und wirkungslos; die Komödie kann vor
dem Ernste der nächsten Vergangenheit und der Empfindlich-
keit der Gegenwart nicht aufkommen; des Melissus trabeata
bleibt ganz vereinzelt. Die schlaffe Menge weidet sich lieber
an prunkvoller Scenerie und üppiger Pantomimik, die auch
Maecenas begünstigt: auf Aesopus folgt Pylades und Bathyllus
aixf Roscius.
Auch die Prosa tritt in dieser Zeit zurück. Sie hat zwar
in Livius noch einen Stilisten ersten Ranges; aber schon dieser
rerrath in einer gewissen poetischen Färbung seiner Darstel-
lung den Abfall von der strengen Classicität und das Nahen
lee silbernen Zeitalters. Die andern Prosaisten sind meist
Techniker irgend welcher Art, welchen es überwiegend um
ihren Gegenstand zu thun ist. So besonders Julius Hyginus,
\errius Flaccus, Sinnius Capito, Vitruvius Pollio und die Jur-
isten Antistius Labeo, Atejus Capito und Andere. Für die
Philosophie fehlt es weder an Antrieben noch ^an Interesse.
August selbst verfasst Hortationes ad philosophiam und T. Livius
philosophische Schriften. Vergil hat die Absicht sich auf die
Philosophie zurückzuziehen, und Horaz führt es aus; auch der
Verfasser der Ciris schwärmt dafür. Aber ein eigentlicher
Fachschriftsteller ist doch nur Sextius, und dieser in griechi-
scher Sprache. Die Andern verstehen unter Philosophie Grund-
satze für das Leben, und dabei gehen die Meisten von der
üeberzeugung aus dass aller irdische Glanz und alle mensch-
liche Weisheit nichtig sei. Daraus ziehen sie, je nach ihrer
Stimmung und Art, bald ernsthafte, bald lockere Folgerungen,
immer aber den praktischen Grundsatz dass es vergeblich und
thoricht wäre gegen das in Staat und Kirche Bestehende anzu-
kämpfen. Vielmehr wird das was ein Gebot äus^erlicher Noth-
wendigkeit war, die Abkehr von öflFentlicher Thätigkeit, von
"^n Meisten als ihre eigene Wahl gesetzt, der Grundsatz sich
*^ sich selbst zu stellen zu einem System des Subjectivismus,
einer Art praktischer Philosophie ausgebildet, deren bewusste-
^^ und beredtester Wortführer wiederum Horaz ist. Durch
üiese freiwillige Anerkennung der äusserlich gezogenen Schran-
ken erhält die Literatur dieser Zeit etwas Egoistisches und Re-
sipiiertes.
1) Vgl. oben S. 222.
376 Augusteische Zeit, 711-767 d. St.
Ueberhaupt bewirkt die Gleichheit der einwirkenden Ver-
hältnisse bei den augusteischen Schriftstellern eine gewiai
Gleichförmigkeit. Zwar ist Anfangs ein Unterschied zwischen
der älteren Generation, deren Jugend noch in die Zeit der Re
publik und der Bürgerkriege fiel, und der jüngeren, die gan
unter der Monarchie aufgewachsen war; aber bald breitet de
Frieden und der milde Despotismus seine erschlaffenden Wi
kungen über Alle gleichmässig aus, und Junge wie Alte pre
sen um die Wette das Glück einer iners vita, des Schlummer
an einem murmelnden Bache*), vertändeln Zeit und Kunst
erotischen Spielen mit Angehörigen des demi-monde^ sehn
sich in Augenblicken der Uebersättigung nach der gesund
Einfachheit der Natur, und suchen das Gefühl der verloren
Freiheit und Selbstachtung zu betäuben durch pomphafte V
kündigung ihrer Unsterblichkeit. Aber einem so klaren Gei
wie Horaz verleiht die stille Einsicht in die Hohlheit und H
chelei der ganzen Zeit einen Zug der sich bald als leise Iro
bald als Wehmut bald als tiefe Verstimmung ausprägt.
Am deutlichsten tritt der Unterschied der Generationen ari;
Tage auf dem Gebiete der Beredtsamkeit , wo den wenig'^n
Rednern welche noch aus der republikanischen Zeit stamncx^n
innerhalb des jüngeren Geschlechtes nur Rhetoren entspreclx^ii, I
anfänglich allerdings solche in welchen die Erinnerung an clie
alte Zeit noch lebendig ist, wie Cassius Severus und theilw^ise
auch der Vater Seneca; aber die anderen Grössen der De43la- |
mation und Rhetorik aus der augusteischen Zeit, ein Por43ius
Latro, Albucius Silus, lunius Gallio, Cestius Pius, Rutilius X«ii-
pus u. A., lassen sich in ihrer Weise von denen des nacha^^^^
genden Jahrhunderts kaum unterscheiden.
1. K. Hock) römische Geschichte vom Verfall der Republik u. ^- '^'
I, 2 (Braunschweig 1843) S. 341—370. A. E. Egger, examen critiqu^ ^^
historienß anciens de la vie et du r^gne d* Auguste (Paris 1844), ^^^'
p. 69—74. F. D. Gerlach, das Zeitalter Augustes, Basel 1849. A- ^'
Schmidt, Geschichte der Denk- und Glaubens-Freiheit im ersteu J^-^^*^
der Kaiserherrschaft (Berlin 1847) S. 36—55. 260 ff. 290 ff. (cariki^^^*
C. Merivale, history of the Romans IV (London 1862). p. 538—^^
G. Bemhardy, Grundriss der röm. Literatur, vierte Bearbeitung, (E^^
1867) S. 247—277. C. Peter, Geschichte Roms III. (1867) S. 96—134.
207. Die leitenden Männer der Zeit waren alle zuglei^^^
selbst literarisch thätig. August (J. 691 — 767) verfasste ma-^^
1) Vgl. W. Teuffei zu Horaz S. II, 6, 61. S. 164.
Die leitenden Männer. August. 377
cberlei in gebundener Form, noch mehr in Prosa, namentlich
Autobiographisches und eine üebersicht seiner Regierungslhä-,
tigkeii die uns durch das Moftumentum Ancyranum grössten-
iheils erhalten ist. Auch Briefe von ihm waren lange im Um-
lauf. Maecenas (c. 685 — 746) war als Prosaist berüchtigt
durch seinen gezierten Stil und verfasste daneben Tändeleien
in verschiedenen Versraassen. Auch Agrippa (691 — 742 d. St.)
schrieb Memoiren, und unter seiner Leitung wurde die Ver-
messung des römischen Reiches vollendet. Die Ergebnisse dieser
Arbeiten legte er in commentarii nieder und veranlasste die
Anfertigung einer Karte des ganzen Reiches.
1. C. Octavins C. f., geb. 23 September 691 = 63 v. Chr.,, von Caesar
testamentarisch adoptiert und seitdem Caesar Octavianus. Schlacht bei
Actium 2. Sept. 723. Titel Augustus seit Anfang 727. t 19- August 767
= 14 n. Chr. K. Hock, röm. Geschichte vom Verfall der Republik an,
I, 1 (Braunschweig 1841) S. 219—426. 2 (Braunschweig 1843) S. 1—121.
W. Teuffei in Pauly's Real-Enc. V. (1847.) S. 827—844. Beule, Auguste,
sa famille et ses amis, Paris 1867. 363 pp. Ueber seine Schriften: Augusti
imperatoris fragmenta cur. I. A. Fabricius, Hamburg 1727. 4. A. Weichert,
de imp. Caesaris Augusti scriptis commentatio I. H. Grimma 1835 f. , und
Imp. Caesaris Augusti operum reliquiae, Grimma 1841. 4.
2. Sueton. Aug. 84: eloqucntiam studiaque liberalia ab aetate prima
et cupide et laboriosissime exercuit. . . neque in senatu neque apud po-
pulum neque apud milites locutus est umquam nisi meditata et composita
oratione. . . pronuntiabat dulci et proprio quodam oris sono. 86: genus
eloquendi secutus est elegans et temperatum, vitatis seutentiarum ineptiis
*tque condiinitate, . . praecipuamque cnram duxit sensum animi quam
s-pertifisime exprimere. Tac. A. XIH, 3: Augusto prompta ac proflnens
^Qaeque deceret prindpem eloquentia fuit. Fronto Epist. p. 123 N.: Au-
^*^tmn . . eleganter et latine, linguae etiamtimi integro lepore potius
^uaox dicendi ubertate praeditum puto. Leichenrede für seine avia lulia
^ ^Mrölften Jahre (Suet. 8. Quintil. XII, 6, 1. Nikol. Dam. Aug. 3), auf
^ MarcelluB J. 731 (Dio LIII, 30. Serv. Aen. I, 712), auf Agrippa J. 742
^'o LIV, 28), seine Schwester Octavia J. 743 (Dio LIV, 35. Suei 61),
^fUa^ j. 745 (Suet. Claud. 1. Liv. CXL. Dio LV, 2).
3. Suei 85: multa varii generis prosa oratione composuit, ex quibus
j^^^^olla in coetu familiarium velut in auditorio recitavit, sicut Rescripta
/^t;« de Catone (vgl. oben 202, 2), . . item Hortationes ad philosophiam et
^ ^Xia de vita sua, quam tredecim libris (vgl. A. 5), Cantabrico tenus hello nee
^^, exposuit. Plut. compar. Demosth. c. Cic. 3: 6 Kaiaag iv xoiq ngog
^^iitnav %al Mai%rivav vnoiivijiiaaiv'y vgl. Brut. 27. 41 (iv xoig inofivi^-
^^^iv). Suet. Claud. 1: nee contentus elogium tumulo eius (des Drusus)
• ^^^^bus a 86 compositis insculpsisse, etiam vitae memoriam prosa oratione
^^^posuit (Augustus). Aus seinen Briefen s. Suet. Aug. 69. 71. 76. 86.
^ud. 4. gramm. 16. Tac. dial. 13 (an Vergilius, vgl. unten 214, 1).
^efe an Horaz in dessen vita von Sueton. Brief an Maecenas bei Macrob.
378 Augusteische Zeit, 711—767 d. St.
II, 4, 12 (vgl. 0. Jahn; Hermes IL S. 247 f.) und bei Sueton. vita Horat
AugustuB in epistolis ad C. Caesarem, QuintiL I, 6, 19. vgl. ib. 7, 22.
4. Suet. 101: tribus voluminibus,* uno mandata de funere suo com-
plexus est, altero iudicem rerum a se gestarum, quem vellet incidi in ae-
neis tabnlis quae ante Mausoleum statuerentur , tertio breviarium totius
imperii, quantum militum sub signis ubique esset, quantum pecuniae in
aerario et fiscis et vectigaliorum residuis. Tac. A. I, 11: proferri libel-
lum recitarique iussit (Tiberius). opes publicae continebantur, quantum
civium sociorumque in armis, quot classes, regna, provinciae, tributa aut
vectigalia et necessitates ac largitiones. quae cuncta sua manu perscri-
pserat Augustus addideratque consilium coercendi intra terminos imperii.
Vgl. Dio LVI, 33. Von dem index wurden Abschriften gemacht für Tem-
pel des Augustus in den Provinzen; so für das Augusteum in ApoUonia
(C. I. gr. 397;), wovon noch ein kleiner Theil in griechischer Uebersetzung
erhalten ist (Mommsen res gestae D. Aug. p. XXIV), und für den Augustus-
tempel zu Ankyra in Galatien. Letztere Abschrift ist im lateinischen Ori-
ginal sowie in griechischer Uebersetzung grösstentheils aufgefunden und ver>
öflFentlicht: das Monumentum Ancyranum, von welchem 6. Perrot 1861
einen weiteren Theil (den ersten des griechischen Textes) entdeckte.
Vollständige Ausgabe mit ausführlichen Erörterungen in: Res gestae Di vi
Augusti. ex monumentis Ancjrano et Apoll oniensi ed. Th. Mommsen,
Berlin 1865. Ausgaben des früher Bekannten in Egger's Examen critique
p. 421 — 466; ex reliquiis graecae interpretationis restituit J. Franz, cora-
mentario perpetuo instruxit A. W. Zumpt, Berlin 1845. 4.; hinter Orelli's
Tacitus I. p. 571 591. Theile des Index scheinen von August schon im
J. 750 verfasst zu sein (Mommsen p. XLII und 37. W. Brambach, Rhein.
Mus. XX. p. 605); die Schlussredaction aber (oder die letzten Zusätze) er-
folgte im Sommer 767 ; s. Mommsen p. 3 f.
5. Suet. Aug. 85: poetica summatim attigit. unus Über exstat, scriptus
ab eo hexametris versibus, cuius et argumentum et titulus est Sicilia; ex-
stat alter aeque modicus Epigrammatum (vgl. Martial. XI, 20), quae fere
tempore balinei meditabatur. nam tragoediam magno impetu exorsus,
non succedenti stilo, abolevit, quaerentibusque amicis (den L. Varius nennt
Macrob. II, 4, 2), quidnam Aiax ageret, respondit Aiacem suum in spon-
giam incubuisse. Suidas v. Avyovaxoq Kaiaag (I. p. 851 B.): iy^a^s avf^l
Toif Idiov ßiov xorl xcöv ngd^satv ßißXia ly' (s. Anm. 3) %aX z^ayadiav
Atavtos t£ Mal ^Axilkhm- Letztere wird wohl das gleiche Schicksal ge-
habt haben wie der Aias.
6. C. Maecenas (z. B. Tac. A. XIV, 63; ib. VI, 11: Cilnium Maece-
natem, cquestris ordinis; vgl. Macrob. II, 4, 12: Cilniorum smaragde) aus
einem vornehmen etrurischen Geschlechte, geboren id. Aprü. (Hör. O. IV,
11, 14—20) wahrscheinlich zwischen 680 und 690 d. St. Erstmals von
Octavian verwendet finden wir ihn J. 714 (Appian. b. c. V, 53) und seit-
dem öfters namentlich zu diplomatischen Missionen, wenn es galt zu ver-
mitteln und zu versöhnen, wofür Mäcen's weiche friedliche Natur besonders
geeignet war. Ebenso empfahl ihn sein Mangel au ernsthaftem Ehrgeiz
(neben grosser, aber harmloser Eitelkeit) für Vertrauensstellungen wie in
Rom nach der Schlacht bei Actium, während er im Kriege niemals eine
Die leitenden Männer. Maecenas und Agrippa. 379
bedeutende Rolle spielte; s. Frandsen S. 24 £P. 40 ff. Nach T. Gallus in
Schol. Verg. 6e. I, 2 Maecenas praetectus praetorio fuit; s. Mommsen,
Rhein. Mus. XVI. S. 448. Ums J. 731 d. St. (s. W. Teuffei in der Ztschr.
f. cL. Alt. Wiss. 1845, S. 608 ff.) gieng er mit Terentia eine Ehe ein welche
darcli Angust's Rücksichtslosigkeit eine Quelle von Qualen für ihn wurde.
Er Btarb nach längerem Kränkeln J. 746 (Dio LV, 7). Beste Charakteristik
von Tellej. II, 88, 2: C. Maecenas, equestri sed splendido genere natus,
vir uM res vigiliam exigeret sane exsomnis, providens atque agendi sciens,
simul Tero aliquid ex negotio remitti posset, otio ac moUitiis paene ultra
feninam fluens; non minus Agrippa Caesari carus (und nützlich), sed minus
honoratus; . . nee ibinora consequi poterat, sed non tam concupivit. Ein-
seitig Seneca, der ihm gegenüber von seinem theoretischen Stoicismus
wohlfeilen Gebrauch macht. Besonders Epist. 114, 4: quomodo Maecenas
^orit notius est quam ut narrari nunc debeat, quomodo ambulaverit,
qnam delicatus fuerit, quam cupierit videri, quam vitia sua latere voluerit.
qaid ergo? non oratio eius aeque soluta est quam ipse discinctus? non
taiQ insignita illius verba sunt quam cultus, quam comitatus, quam domus,
quam uxor? magni vir ingenii fuerat (Epist. 92, 35 sogar: habuit Ingenium
^t grande et virile, und 19, 9 ingeniosus vir) si . . non etiam in oratione
difflueret. videbis itaque eloquentiam ebrii hominis, iuvolutam et erran-
^m et hcentiae plenam. Folgt (5) eine Probe aus Maecenas de cultu suo
nnd darauf (6) die Reflexion: non statim cum haec legeris hoc tibi occur-
^t h.nnc esse qui solutis tunicis in urbe semper incesserit? . . hunc esse
^'u . . in omni publice coetu sie adparuerit ut pallio velaretur caput ex-
clusia utrimque aaribus . .? hunc esse cui . . comitatus hie fuerit in pu-
^^^ y spadones duo . .? hunc esse qui uxorem miliens duxit, cum unam
habaerit? u. s. f. Vgl. Epist. 19, 9. 92, 35. 101, 10 ff. 120, 19. Dial. I (de
provid.), 3, 10 f. Aber diese mollities (Sen. Ep. 114, 7 f.) war gewiss mit
bereclinet, um seiner Person und Stellung ein möglichst harmloses Aus-
seherk zu geben. Maecenas in eo Hbro qui Prometheus inscribitur (Sen. Ep.
19> Ö) in Prosa; Maecenas in dialogo II bei Charis. I. p. 146 K. Maecenas
in Octaviam (Prosa) bei Priscian X. p. 536 Htz. Serv. Aen.'VIIl, 310:
Maeoenas in Symposio, ubi (cui) Vergilius et Horatius interfuerunt, cum
ex persona Messalae de vino loqueretur ait (in Prosa). Sen. de benef. IV,
^^». ^ — Servius zu Vergil. Georg. II, 42: constat Maecenatem . . plura
compoBuisse carmina. Hexameter bei Sen. Ep. 92, 35. Charis. I. p. 79 f. K.
(^S^- Grammat. lat. V. p. 575, 1), Diomed. I. p. 366 P. = 369 K., wohl
fj'ch Grammat. lat. V. p. 591 K. Bei Sen. Epist. 101, 11 Glykoneen von
aecen^g Hendekasyllaben bei Sueton. vita Hör. und (wahrscheinlich)
^®^ Jöicior. Orig. XEX, 32, 6. Galliamben bei Diomed. III. p. 514 und Atü.
^^Ui^t. p. 2677 P. Scherze des August über Maecenas Stil (calamistri,
j^" ^aL 26) bei Sueton. Aug. 86 und Macrob. U, 4, 12. Wunderlich
. , »'^ V, 7: ngmxog aTjfjLSLoi ziva yQafiiiditODv n(f6g xdxog i^svgs %al avtd
p, '^^vXov dnslsvd'iQOv avxvovg i^sdiSa^sv. Vgl. vielmehr oben 178, 4.
2 '^^^ iat unrichtig des Servius (zu Ge. II, 42) Folgerung aus Hör. 0. II,
T Vi ^*" ^^^ Augusti Caesaris gesta descripsit. Im Allgemeinen s.
' ^* Ueibom, Maecenas, sive de C. Cilnii Maecenatis vita, moribus et re-
^estis über singularis, Lugd. Bat 1653. 4. A. Lion, Maecenatiaua,
^ ^e C. C. M. vita et" moribus scripsit atque operum fragmenta collegit,
380 Augußteische Zeit, 711—767 d. St.
Götti. 1824. A. Haakh in Paulis Real-Enc. ü. S. 355-357. P. S. Frj
C. Cilnins Maecenae, eine historische Untersuchung über dessen Leb
Wirken, Altona 1843. 238 S. Vgl. W. Teuffei in den Jahrbüche
Gegenwart 1843, Nr. 23 f. W. E. Weber, Q. Horatius Flaccus (Jen;
S.- 143 ff. H. J. Matthes in den Sjmibolae literariae V. p. 1 — 36.
7. M. Yipsanius Agrippa, geboren 691, somit Altersgenoss
auch Jugendfreund) des Octavian, Prätor 714, Cos. 717, Aedil 7t
durch glänzende Fürsorge für die Interessen Roms den Gegensatz zy
Oct. und dem mit Kleopatra schwelgenden M. Antonius zu heben;
und Cos. II J. 726; Cos. III J. 727. Octavians kriegerisches Facto
Wasser und zu Lande, auch als Diplomat nicht ohne Glück öfters (1
Orient) verwendet, ergeben und zuverlässig, aber dabei seiner Ver
wohl bewusst und daher ausser Caesars Erben Niemand über sich erti
seit 733 Augusfs Schwiegersohn; f '^^I = 13 v. Chr. Er besai
nerische Bildung, belangte J. 711 den C. Cassius als Caesarmörder
Brut. 27 vgl. Vellej. II, 69, 6) und trat noch später als Vertheidij
(Sen. Controv. II, 12, 13. p. 155, 13 Bu.); auch s. Plin. N. H. XXXV
exstat eins oratio magnifica et maximo civium digna de tabulis o:
signisque publicandis. In der Literatur besass er einen zwar derber
1. 1.: M. Agrippa, vir rusticitati propior quam delicüs), aber gesund
schmack(vgl. oben S. 372, A. 3) und stofflich eine praktische Richtung. F
aquaed. 98: M. Agrippa . . descripsit quid aquarum publicis operibu
lacibus, quid privatis daretur. ib. 99: qui ex commentarüs Ag
aquas haberent. Reichsvermessung und Reichskarte. Der angeblic
thicus Ister Expos, in., an Gronov's Mela: lulius Caesar . . cum con
sui fasces erigeret ex Sc. censuit omnem orbem iam romani nomi
metiri per prudentissimos viros et omni philosophiae munere dec
ergo a lulio Caesare et M. Antonio coss. orbis terrarum metiri co<
usque ad consulatum Augusti III et Crassi, annis XXI . . . a Zei
omnis oriens dimensus est. . . a consulatu item lulii Caesaris et ]
tonii usque in consulatum Augusti X., annis XXIX . . a Theodoto i
trionalis pars dimensa est. . . a consulatu similiter lulii Caesaris ug
consulatum Saturnini et Cinnae a Poljclito meridiana pars dimen
annis XXXII, . . ac sie omnis orbis terrae intra annos XXXII a di
ribus peragratus est et de omni eins continentia perlatum est ad sei
Abgekürzt und zugleich vervollständigt im Vat. 3864: lulio Caes
M. Antonio coss. omnis orbis peragratus est per sapientissimos et
viros IV, Nicodemo orientis, Didymo occidentalis, Theudoto Septem
lis, Polyclito meridiani. Frontin. de colon. p. 239 Lachm.: Balbi mc
qui temporibus Augusti omnium provinciarum et formas civitati
mensuras compertas in commentarüs contulit. Vgl. F. Ritschi, di
messung des röm. Reichs unter Augustus, die Weltkarte des Agripj
die Kosmographie des Aethicus, Rhein. Mus. N. F. I (1842) S. 481
bes. S. 486 ff. Chr. Petersen, die Kosmographie des Kaisers Augusti
die Commentarien des Agr., Rhein. Mus. VIII. S. 161—210. 377—40
S. 85—106. K. Müllenhoff, über die Weltkarte und Chorographie d(
sers AQgust, Kiel 18.56. 4. nebst A. v. Gutschmid, Rhein. Mus. XII. S.
Ueber Agrippa's Antheil s. besonders Plin. N. H. III» 2, 16 f.: longitc
universam eius (Baeticae) prodidit M. Agrippa 475 m. p., latitudine:
Agrippa. Asinius Pollio und Messala. 381
. . ^grippam quidem, in tanta viri diligentia praeterque in hoc opere cara,
cirm orbem terrarum urbi epectandum propoaitarus esset, errasse quis cre-
dat et cum eo divum Augustum? is namque complexam eam porticum ex
destinatione et commentariis M. Agrippae a sorore eins inchoatam peregit.
Hienach hinterliess Agr. nur einen Entwurf zu der Weltkarte und choro-
graphische Commentarien, ertheilte jedoch seiner Schwester (Pola) testa-
mentarisch den Auftrag aus beiden die grosse Welttafel für eine öiientliche
Porticus anfertigen zu lassen, was dann aber vielmehr August selbst aus-
führte. Vgl. noch Plin. IV, 12, 81: Agrippa totum eum tractum ab Bistro
ad oceanum . . in longitudinem , . . in latitudinem prodidit. ib. 91: Sar-
ma^tia« . . longitudo . ., latitudo . . a M. Agrippa tradita est. ego incer-
tam in hac terrarum parte mensuram arbitror. Aus ihm Martian. Cap.
VI, 632 (p. 212Eyss.) und 634 (p. 213E.). Endlich verfasste auch Agrippa
eine Autobiographie. Philargyr. zu Verg. Georg. II, 162: Agrippa in se-
cundo vitae suae dicit excogitasse se ut ex Lucrino lacu portum faceret.
Vg"!. Plin. N. H. VII, 45, 148: (Augusti) Philippensi proelio morbidi fuga
et triduo in palude aegroti et, ut fatentur Agrippa et Maecenas, aqua
»ubter cutem fusa turgidi latebra. Literatur über Agrippa, ausser den
S.lteren Arbeiten von F. W. Sommer (1717. 4.), G. C. Gebauer (1777), Le
Blond (1780) und Haphael Mecenas (de vita rebusque gestis M. Vips. Agr.
conamentarius, testimoniis scriptorum veteram concinnatus, Rom 1821):
P- S. Frandsen, M. Vipsanius Agrippa, eine historische Untersuchung über
dessen Leben und Wirken, Altena 1836. 260 S. D. v. Lakeren-Matthes,
de A^. in remp. rom. meritis, Amsterdam 1840. J. H. van Eck, quae-
«tiones historicae de M. V. A., Lejdeu 1842. 69 pp. A. Preuner in Pauly's
fieal-Enc. I, 1. S. 599—609.
208. Nächst diesen leitenden Männern sind in der augu-
steischen Zeit die durch Vergangenheit wie Stellung in der
^^g'^iiwart bedeutendsten Asinius Pollio und Valerius Messala.
C. asinius Pollio (679—758 d. St.), in den Bürgerkriegen
thä.t.ig für Caesar und Antonius (Cos. 714, Triumph ex Parthi-
^is 715), zog sich, mit dem Letzteren zerfallen und doch für
^Gt^avian nicht gewonnen, von dem politischen Leben zurück
^^ -widmete sich der Literatur und Thätigkeit als Redner.
'^^i^t verfasste er Tragödien, dann eine Geschichte der Bür-
^^^kriege vom ersten Triumvirat an, ohne aber dieses Werk
S6 J Kw
*öei» zu vollenden. Als Redner und Stilist strebte er, im Ge-
8 ^s^tz zur Ciceronischen Glätte, nach alterthümlicher Strenge
^ schuf sich, als die rednerische Wirksamkeit verkümmert
,p^^> einen Ersatz in den öfiFentlichen Vorträgen (recitationes).
iT^^^- F^"^al*^g ^^^ ^^^ ^^^^ sich gleichzeitig seine Stel-
^^S wie den Ruf der Unabhängigkeit rettend übte er um so
^^Hgere Kritik innerhalb der Literatur. Auch den M. Vale-
^J^ Messala (J. 690—762 d. St.) hatte seine Missachtung des
^' Antonius in das Lager des Octavian getrieben, dem er fortan
382 Augusteische Zeit, 711—767 d. St.
mit Aufrichtigkeit und Treue, aber ohne Selbstentwürdigung
Dienste leistete. Als Redner stand er dem Pollio zur Seiti
hatte aber etwas Vornehmes und Weichliches, das ihn wol
auch hinderte den Uebergang zur Declamation mitzumachei
Dafür beschäftigte er sich später mit antiquarischen und gran
matischen Forschungen, in jenen den eifersüchtigen Stolz eine
Altadeligen verrathend, mit diesen auch in Detail (wie übe
den Buchstaben S) herabsteigend. In seinen jüngeren Jahre
aber theilte er eifrig die Richtung der Zeit auf Bewunderunj
des Hellenischen, übersetzte Griechisches imd schrieb selbs
auch griechisch, in gebundener Form wie in Prosa (Denkwüi
digkeiten).
1. C. Asinius Cn. f. Pollio, geb. 679 = 75, Ankläger des C. Cat
J. 700, praetor 709. Nach Caesar's Tode wäre er gern zur Senateparti
übergetreten, hätte diese mehr Mut, Geschicklichkeit, Glück und £ntgegec
kommen gegen ihn bewiesen. So aber entschied er sich, nach langei
Zögern, für M. Antonius. Bei der Yertheilung der Aemter unter di
Parteigänger der Triumvim im J. 711 wurde PolUo zum Consul designiei
und bekleidete das Amt J. 714 = 40 v. Chr. In demselben bekämpfte €
die Parthiner, welche zu Brutus gehalten hatten; Eroberrmg von Salonl
Triumph ex Parthineis a. d. VIIl Kai. Nov. (Ftisti cap. und Barb.). Wa
ihn darauf mit M. Antonius entzweite ist nicht positiv bekannt; Stoff das
aber gab es (wohl beiderseits) vielen, und dass es geschah erheUt aus de
Anführung bei Charis. I. p. 80, 2 K. : Asinius contra maledicta Autonl
Andrerseits hatte er zu viel Selbstachtung um sich dem Octavian anzi
schliessen (Vellej. II, 86, .3 f.) und unterzuordnen, behielt vielmehr bis z
Ende gegen ihn eine zurückhaltende Stellung, ohne ihm in WesentUchei
offen entgegenzutreten, aber auch ohne sich vor ihm zu beugen. Hierox
ad Euseb. chron., a Abr. 2020 = Ol. 195, 4 = a. Aug. 47 = 6 n. Chr. =
758 d. St.: Asinius Pollio orator et consularis, qui de Dalmatis triumpl
averat, LXXX aetatis suac anno in villa Tusculana moritur. Bestätig
wird diese Angabe durch Sen. Contr. IV. praef. 5 (p. 376 Bu.), wonac
Pollio J. 4 n. Chr noch lebte, und Tac. dial. 17: Asinius paene ad extrc
mum (Augusti principatum) duravit. — J. R. Thorbecke, disputatio histc
rico-critica de C. A. P., Leyden 1820. Drumann G. R. II. S. 2—12. Clemei
C. A. P., Lemgo 1842. 4. F. Jacob, A. P., Lübeck 1852. 4. 0. Hendecour
diss. de vita, gestis et scriptis A. P. , Löwen 1858. W. Teuffei in Pauly
Real-Enc. I, 2. S. 1859—1865. B. Luzzato, ricerche storiche su Cajo Asini
Pollione, Padua 1867.
2. Schriften des Pollio. a) Gedichte. Carmina Sophocleo dign
cothumo, also Tragödien, hat er verfasst (oder geht damit um) schon zu
Zeit von Vergil Ecl. 8, 10 (J. 716), vgl ib. 3, 86 (Pollio et ipse focit nov
carmina). Hör. S. I, 10, 42 f. (ums J. 718): Pollio regum facta canit ped
ter percusso (im Trimeter). 0. II, 1, 9—12 (J. 724 oder 725): paulum 8(
verae Musa tragoediae desit theatris, nämlich während A. P. seine Gc
schichte der Bürgerkriege schreibt. Dass A. P. Tragödien wirklich hei
Aainius Pollio. 383
ausgab erhellt aus Tac. dial. 21: Asinius . .- videtur mihi inier Menenios
et w^ttioB staduisse; Pacuvium certe et Attium non solum tragoediis sed
etiskxn orationibas suis ezpressit: adeo dorus et siccos est Dass sie auf-
ge:f^t3.hrt wnrden zeigt theatris bei Hör. 1. 1. Irgend etwas Näheres über
sie ist aber sonst nicht bekannt. Nach dem Geschichtswerke scheint A. P.
nidit mehr zur Tragödie zurückgekehrt zu sein. Miss verständlich wohl
Se-^^w. Verg. Ecl. 8, 10: alii ideo hoc de Pollione dictum volunt quod et
ips^ otriosque linguae tragoediarum scriptor fuit. Da nach Plin. Ep. V,
3, .& (oben 26, 1) vgL VII, 4, 4 auch A. P. erotische Gedichte verfasste, so
isfe "wahrscheinlich aus diesen (oder vielmehr einer Sammlung von Erotika)
en't^viommen Charis. I. p. 100, 24 K.: Polio „Yeneris antistita Cupra"
b) Geschichte der Bürgerkriege vom ersten Triumvirat an (J. 694,
li^'bello cousule, Uor. 0. II, 1, 1 vgl. Suid. y. n<oXL<ov: nsgl tov i(iq>vUov
T^S* 'P(6(ifig nolifiov ov inoXiiirjaav Kaiadg ts nal nofinri'Cog) ^ in latei-
nisoher Sprache {gonfiammg , Suidas v. 'jlaLViog)^ und wohl kurzweg Histo-
riske betitelt (Sen. saas. 15, p. 33, 2: Pollio in Historiis suis. ib. 25, p. 37:
in Historiis eins . . ne Historias eius legere concupiscatis ; vgl. Val. Max.
VIII, 13. ext. 4). Abgehandelt war darin die Schlacht bei Pharsalos (Suet
Caes. 30 u. a. H. Peter, die Quellen Plutarchs S. 124—127), der spanische
Krieg (Suet Caes. 56) , Cicero's Tod (Sen. suas. 24. p. 36 f. Ba.) und wohl
noch die Schlacht bei Philippi (vgl. Tac. A. IV, 34: Asinii Pollionis scripta
cgregiam eorundem — nämlich des Cassius und Brutus — memoriam tradunt).
Nach Hör. 0. II, 1 , 1—8. 17 S. arbeitete er daran ums J. 724 oder 725,
^d mindestens drei Bücher wurden auch herausgegeben (Val. Max. VIII,
13. ext 4: Asinius Pollio, non minima pars romani stili, in tertio Histo-
*^*ruin suarum libro); ob aber 17 (Suidas v. 'Aa^viog TlmXCayifi 'Pa}(iaCog,
Affro^^'a^ Q(oftai%dg avvixa^tv iv ^i^iliOiff i^') ist zweifelhaft, da diese Zahl
sich auf eine Fortsetzung des Werkes, Melleicht aus den Papieren des
Conaularen, durch dessen Freigelassenen, A. P. aus Tralles (W. TeafFel in
^auly's Real-Enc. I, 2. S. 1868, Nr. 25), beziehen kann. Das Fehlen von
^^ülirongen über die Kämpfe zwischen Octavian und Antonius (denn dass
die Stelle über Tiberius, Priscian. VIII, 19. p. 386, 9 f. Htz., aus den Hi-
storia« y/rox ißt unerwiesen) macht wahrscheinlich dass das Werk des A. P.
^ ^Üeae sich nicht erstreckte, somit nicht zu Ende- geführt wurde, ver-
ni«tlich weil A. P. selbst es als periculosae plenum opus aleae (Hör. 0.
^f ^9 6) erkannte. Dass das Veröffentlichte keine rhetorische Fassung
^^^ Bagt Sen. suas. 25, und Atejus (oben 197, 1) hatte ihm, historiani
''^Poixere aggresso, gerathen ut noto civilique et proprio sermone utatur
^^^^t, gramm. 10, p. 109, 2 ff. R.).
^ ^) Pollio als Redner, gerichtlicher und politischer (Hör. 0. ll, 1, 13 f.),
^^••ter ^mjii ^ declamator ; s. die Stellen bei H. Meyer, orat. rom.* p. 487
7^^ xmd F. Blass, die griech. Beredts. (1865) S. 141—144. Sen. Epist.
^ '^ : compositio Pollionis Asinii salebrosa et exsiliens et ubi minime ex-
■P^ct^ relictura. denique omnia apud Ciceronem desinunt, apud PoUio-
^^^ cadunt, exceptis paucissimis quae ad certum modum et ad unum
®*^nipiar adstricta sunt. Quintil. X, 1, 113: multa in Asinio Pollione in-
^^^tio, summa diligentia, adeo ut quibusdam etiam nimia videatur, et con-
384 Augusteische Zeit, 711—767 d. St.
silii et animi satis; a nitore et iucunditate Ciceronis ita longe abest
videri possit saeculo prior. Vgl. die (vom Standpunkte des dortigen Sp
chers übertreibende) Schilderung bei Tac. dial. 21 (oben 2 a), Tgl. 25 (i
merosior Asinius). In seinen Uebungsreden aber war er floridior aliquai
(Sen. Contr. p. 376, 5 f. Bu.) als in den gerichtlichen. Beispiele aus jei
bei dem älteren Seneca, z. B. p. 185. 192. 223. 382 Bu. ; Zusammenstelle
der Ueberreste aus den gerichtlichen bei Meyer 1. 1. p. 491—501. üu
letzteren sind die späteren alle Yertheidigungsreden, falls nicht bei Chai
I. p. 97, 11 E. mit den excerpta Cauchiana zu lesen ist Asinius in Va
riam. Die Schilderungen seiner Redeweise wie die Polemik gegen die <
Cicero (Quintil. XII, 1, 22) lassen den A. P. als Verwandten der Attikis^
in der ciceronischeu Zeit erscheinen; doch wird er von diesen unterschied
bei Quintil. X, 2, 7.
d) Sonstige prosaische Schriften des PolHo. Daraus dass Aristius F
cus dem A. P. eine grammatische Schrift widmete (Eichenfeld, Anal, gram
p. 452), sowie aus Charis. I. p. 84, 5 ff. (puer et in feminine sexu antic
dicebant, ut . . in Nelei carmine, . . ubi tamen Yarro . . a puera pul
dictum, sed AeUus Stilo, magister eins, et Asinius contra), sowie Priscis
X. p. 888 P. s» 513, 7 f. Utz. (nanciscor etiam nactum facit, absque n,
Probo et Capro et Pollioni et Plinio placet) u. A. hat M. Haupt, im B
Hner Katalog für Sommer 1855, p. 3 — 5, geschlossen dass A. P. an
grammatische Schriften verfasst habe, welchen er die Hterarisch-ästhetiscb
Urteile desselben zuweist (vgl. unten A. 3), sowie Charis. I. p. 97, 11
oben c) Asinius in Yalerium, womit CatuU gemeint sein solle. Briefe, s. A.
3. PoUio als Kritiker. Sen. Controv. lY. praef. 3 (p. 376, 7 ff. Bu
illud strictum eins (des A. P.) et asper um et nimis iratum in censen
(nach 0. Jahn) iudicium adeo cessabat (in den declamationes des A. !
ut in multis illi venia opus esset quae ab ipso vix impetrabatur. Wie c
Urteil über Cicero (oben 163, 1) sicher, so wird wohl auch das über d
sars Commentarien (Suet. Caes. 56; s. oben 183, 1) aus den Historiae c
A. P. stammen; das über Porcius Latro (Sen. p. 144, 6 ff. Bu.) ist aus eii
declamatio; der Tadel gegen Cicero (Sen. suas. 15, p. 32 f. Bu.) ist a
einer Rede (Sen. 1. 1.), und ebenso wohl auch der gegen einen Ausdru
des Labienus (Quintil. IX, 3, 13 vgl. ib. lY, 1, 11). Ausserdem Suet<
gramm. 10, p. 108, 3 Rffsch. : Asinius Pollio in libro quo Sallustii 8cri{
reprehendit (vgl. oben 194, 5). Yielleicht dass dieser liber BriefTorm hati
vgl. Gell. X, 26, 1: Asinio Pollioni in quadam epistola quam ad Planci
scripsit . . dignum nota visum est quod (Sallustius) in primo Historiart
u. s. w. Yielleicht dass in diesem liber auch die Kritik des cicerouisch
Stils (Quintil. XII, 1, 22) und das Urteil über den paduanischen Bei(
schmack der Schreibweise des Livius (Quintil. YIII, 1, 3) enthalten w:
Asinius Pollio ad Caesarem I bei Charis. I. p. 134, 3 K. Erhalten si
aber nur drei Briefe des A. P. an Cicero vom J. 711, bei Cic. ad fa
X, 31 — 33. Ygl. oben 204, 3.
4. Ueber die Gründung einer Bibliothek durch A. P. und seine E
führung von recitationes s. oben S. 373 f.
5. M. Yalerius M. f. Messala Corvinus. Hieronym. ad a. Abr. 1958
Ol. 180, 2 = 58 V. Chr. s= 696 d. St.: Messala Corvinus orator nascitur
Asinius Pollio. M. Meseala. 385
T. lL.iyiu8 Patayinus scriptor historicus; und zu a. Abr. 2027 = 54 Aug. =
7 AjTchelai = 11 n. Chr. = 764 d. St.: Messala Corvinus ante biennium
qaajxi moreretur ita memoriam ac eensum amisit ut vix pauca yerba con-
ion^eret, et ad eztremum . . inedia se confecit, anno aetatis LXXII (Fre-
herMuiuB: LXXVII). Hier ist die Datieni^g des Todes (ins J. 11 n. Chr.)
jed ^xifalls unrichtig, da Ovid, der schon im December 9 n. Chr. in die
Verbannung gieng, noch zu Rom den Tod des Messala erlebte (Ovid. ex
PoEmt^. I, 7, 27 — 30). Messala kann daher spätestens Anfangs 9 n. Chr. =
762 ^. St. gestorben sein. War er damals 72 J. alt, so wäre er J. 690 d. St.
= 6^ V. Chr. geboren gewesen, also im gleichen Jahre wie der junge Cicero
(Cic^. ad Att. I, 2, 1), mit welchem (und dem jungen Horaz, geb. Ende 689)
Messala. gleichzeitig zu Athen studierte ( J. 709 f.) und Cos. wurde (Messala am
1. J^n. 723, Cicero an den Iden des September 724). C. Nipperdey, Rhein.
Mas. XIX. S. 282—288. Vgl. ßorghesi Oeuvres numism. I. p. 408 ff. ün-
ricHing ist jedenfalls die Angabe bei Tac. dial. 17: Corvinus in medium
usqi^u« Augusti principatum . . duravit; s. Bhein. Mus. XIX. S. 288—292.
Ob^^ohl bei Caesars Ermordung nicht in Rom anwesend kam Messala doch
im J. 711 auf die Proscriptionsliste , wurde zwar wieder gestrichen, blieb
aber trotzdem bei Brutus und Cassius, in deren Lager er eine hervor-
ragende Stellung einnahm (Vellej. II, 71, 1: Messala, fulgentissimus iuvenis,
proximus in illis castris Briiti Cassiique auctoritati). Nach der Niederlage
ihrer Sache bei Philippi (J. 712) wandte er sich zu Antonius, fand sich
aber bald durch dessen Treiben gründlich abgestosseu (Plin. N. H. XXXIII^
3, 14. Charis. I. p. 129, 7 E.: Messala contra Antonii litteras. ib. p. 104,
18: M. Messala de Antonii statuis) und versöhnte sich mit Octavian
(Appian. b. c. FV, 38), der ihn mit offenen Armen aufnahm und (J. 718 ff.)
mehrfach verwendete, auch J. 723 = 31 an Antonius' Stelle zum Cos.
°^A<^hte. Messala blieb dem Octavian auch fortan treu, ohne jedoch an
■^uien bisherigen Freunden und Grundsätzen zum Verräther zu werden
^yßl. Plut. Brut. 63). IIsqI "A-axiov vavaQxr^aag (Appian. b. c. IV, 38).
^^^ am Atax über die Aquitanier an seinem Geburtstag (Tibull. I, 7) und
Triumph (ex Gallia, a. d. VII Kai. Oct.) 727 == 27 v. Chr. Im J. 729 =
Messala Corvinus primus praefectus urbis factus sexto die magistratu
*® ^bdicavit, incivilem potestatem esse conlestans (Hieronym. chron. ad
*• -A.br. 1991, vgl. Tac. A. VI, 11. Rhein. Mus. XIX. S. 285). Curator
*^^arum J. 743 == 11 V. Chr., Frontin. aq. 99 vgl. 102. J. 752 beantragt
^en Titel pater patriae für August (Suet. Aug. 58). Unechtes elogium
j^ Messala bei Orelli-Henzen 5346. Vgl. im Ganzen A. Haakh in Pauly^s
^^-Bnc. VI, 2. S. 2352 f. Anm.
^» Schon J. 711 schreibt Cicero ad Brut. I, 16, 1 über Meesala:
.^ putes probitate, constantia, cura, studio reip. quidquam illi esse si-
j ^; ut eloquentia, qua mirabiliter excellit, vix in eo locum ad laudan-
^^/^/^ habere videatur. quamquam in hac ipsa sapientia plus apparet: ita
^/7^^ iudicio multaque arte se exercuit in verissimo genere dicendi. tauta
^^ iudustria est tantimique evigilat in studio ut non maxima ingenio
^* ^ratia habenda videatur. Das verissimum genus dicendi zeigt dass
^_?^^ala sich nicht den Neuattikern, sondern der Weise des Cicero an-
Y^-^*Ogs. Vgl. Tac. dial. 18: Cicerone mitior Corvinus et dulcior et in ver-
^nagis elaboratus. Quintil. X, 1, 113: Messala nitidus (vgl. I, 7, 35) et
**euffel, Rom. Literaturg-escliichle. 25
386 Augusteische Zeit, 711 — 767 d. St. ^
candidua et quodammodo praeferens in dicendo nobilitatem snam, viribnfle
minor. Sen. controv. II, 12, 8 (p. 152 Bu.): fuit Messala exactissimi in—
genii quidem in omni studiorum parte, latini utique sermouis obserratoca
diligentissimus. Bei Sen. ludus de m. Claud. 10, 2 disertissimus vir
Suet. Tib. 70: in oratione latina secutus est Corrinum Messalam, qaen:^
senem adolescens observarat. Ueber MessaWs Einleitungen s. Qointil. IV^
1, 8 und Tac. dial. 20 in. Seine Rede gegen die von Ser. Sulpidus (f 71Lfl
8. oben 161, 3) vertheidigte Aufidia kannte noch Quintilian (X, 1, 22^
Anderes bei Meyer, orator. fragm.' p. 510 — 513.
7. Quintil. X, 5, 2: vertere graeca in latinum veteres nostai orator^
Optimum iudicabant. . . id Messalae placuit, multaeque sunt ab eo scn^
ptae ad hunc modum orationes^ adeo ut etiam cum illa Hyperidis p^
Phryne difficillima Romanis subtüitate contenderet. Verfasser bukolische ,
Gedichte in griechischer Sprache (oben 25, 2) und, wie es scheint, in d
allegorisierenden Weise der vergilischen; eine (metrische) Ueberseizu^«
derselben kündigt der Verfasser von Vergil. Catal. 11 (vgl. unten 215,
Anm. 2) an. Desswegen oder wegen anderer Gedichte unter den Er(^f
kern bei Plin. Ep. V, 3, 5 (oben 26, 1). Auf (griechisch geschriebene 2
Denkwürdigkeiten des Messala (über die Schlacht bei Philippi n. s. ^w—
lässt Plut. Brut. 40. 42. 45 schliessen, und auch von Appian scheinen diV -
selben benutzt zu sein (vgl. z. B. b. c IV, 38. 121). Sueton. Aog. 74;s=
Valerius Messala tradit u. s. w. Plin. N. H. XXXIII, 8, 14: Messala ora-
tor prodidit u. s. w. Ibid. XXXV, 2, 8: exstat Messalae oratoris indigna-
tio, quae prohibuit inseri genti suae Laevinorum alieuam imaginem. similid
causa Messalae seni expressit volumina illa quae de familiis condidii
Vgl. XXXIV, 38: verba ipsa de ea re Messalae senis ponam: Serviliorum
familia u. s. w. Im Quellenverzeichniss von B. XXXIII (und XXXIV) nennt
Plinius auch Messala, B. XXXV ex . . Messala oratore, Messala sene. —
Quintil. I, 7, 35: ideo minus Messala nitidus quia quosdam totos libellos
uon verbis modo singulis^ed etiam litteris dedit? vgl. ib. 23: Messala in
libro de S littera. IX, 4, 38: quae fuit causa et Servio . . subtrahendae
S litterae (im Auslaut vor anlautendem Consonanten), qnod reprehendit
Luranius, Messala defendit. Vgl. ib. I, 5, 15. Dergleichen Erörterungen
stellte Messala auch in Briefform an; Suet. gramm. 4 (p. 103 Rff.): eos-
dem litteratores vocitatos Messala Corvinus in quadam epistola ostendit
8. Gedicht zu Ehren des Messala Tibull I, 7 u. a. Panegyricus auf
ihn bei Tibull IV, 1. Elegia ad Messalam unten 215, 5, Anm. 2. Jm All-
gemeinen vgl. D. G. MoUer, disputatio de M. Valerio Messala Corvino,
Altorf 1689. 4. C. van Hall, M. Val. Mess. Corvinus, Amsterdam 1820.
2 Voll. L. Wiese, de M. Val. Messalae Corvini vita et studiis doctrinae,
Berlin 1829. 79 pp.
9. Ein Product des Mittelalters ist das den Namen des Messala tra-
gende Schriftchen de progenie Augusti Caesaris, gedruckt herausgegeben
zuerst von J. Bedrot 1532. 1540, später in Ausgaben der scriptores bist
rom., des Eutropius u. s. w., zuletzt von C. H. Tzschucke, Lips. 1793, und
Raphaele Mecenate, Rom 1820.
209. Unter den Dichtern der augusteischen Zeit ist der
älteste L. Varius Rufus (um 680— 740 d. St.), ein Bewunderer
M. Messala. L. Varius. 387
sclion des Caesar^ dann des Octavian^ und Verfasser von Epen
auf sie, am berülimtesten aber geworden durch seine Tragödie
Thyestes (J. 725) und durch seine Freundschaft mit Vergilius
d Horatius^ namentlich seine Herausgabe der Aeneis des Erste-
ungefähr gleichaltrig mit ihm und gleichfalls ein Freund
des Vergilius war Aemilius Mac er aus Verona (f 738 d. St.),
\rerfasser von Lehrgedichten nach Nikandros, Ornithogonia,
Tlieriaca und wahrscheinlich auch eines botanischen (de herbis).
1. DasB Varius ein ungefährer Altersgenosse des Helvius Cinna (oben
^OO, 2) und jedenfalls älter war als Vergil erhellt aus Verg. Ecl. IX, 35:
neque adhuc Yario videor nee dicere Cinna digna. Epos auf Caesar, de
morte, woraus Proben (12 Hexameter) bei Macrob. VI, 1, 39 f. 2, 19 f.
Daher Hör. S. I, 10, 51 f.: forte epos acer ut nemo Varius ducit. Hin-
weisuug auf Verherrlichung der Thaten des Agrippa (und Octavian) durch
ein Epos des Varius bei Hör. 0. I, 6, 1 — 4. Erfüllung dieser Erwartung
nach Porphyrio zu Hör. Ep. I, 16, 25: versus Tene magis etc. . . sunt
notdssimo ex pauegyrico Augusti; vgl. Acro ib.: haec enim Varius de Au-
gxisto scripserat. Zusammen mit Vergil (als Epiker) bei Hör. Ep. II, 3, 55.
Glaublich ist dass er auch Elegisches verfasste; Porph. zu Hör. 0. I, 6, 1:
ftdt L. Varius et ipse carminis et tragoediarum (bekannt ist aber nur der
eine Thyestes) et elegorum (oder elegiarum) auctor, Vergilii contubernalis.
Nur als Tragiker erwähnt bei Martial. VHI, 14, 7 f. Zur Zeit der Ab-
faasuDg von Hör. Ep. II, 1, 247 (um J. 742) war Varius bereits gestorben.
2. Scholion in einem Pariser codex rescriptus etwa aus saec. VIII
(Rhein. Mus. I. S. 107), nach der Ueberschrift Incipit Thuestes Varii: Lu-
cius Varius cognomento Kufus Thyesten tragoediam magna cura absolu-
y^^^ post actiacam victoriam Augusti ludis eius (J. 725, vgl. Dio LI, 19. 21)
^^ 8cena edidit. pro qua fabula sestertium deciens accepit. Vgl. F. W.
^chxieidewiu, Rhein. Mus. I (1842). S. 106—112. II. S. 638 f. Citat daraus
^^ Quintil. HI, 8, 45. Zwei anapästische Fragmente ohne Nennung des
P^^öckes bei ßibbeck, trag. lat. p. 195 f. vgl. p. 347. Quintil. X, 1, 98:
^'^i Thyestes cuilibet graecarum comparari potest. Tac. dial. 12 extr.:
^^ nUus Asinii aut Messalae liber tarn illustris est quam Medea Ovidii
^^* A^arii Thyestes. Philargyr. zu Verg. Ecl. 8, 10: Varium, cuius exstat
^^^yestes tragoedia, omnibus tragicis praeferenda. F. G. Welcker, die griech.
^"^«ödien III (1841) S. 1426—1430.
,^ 3. Verhältniss zu August (Hör. Ep. II, 1, 245 11'.), Maecenas (Martial.
^ *-I^, 56, 21. XII, 4, 1 f.), Horaz (welchen Varius bei Maecenas einführte,
^^^. S. I, 6, 55; vgl. 5, 40. 93. 9, 23. 10, 89. II, 8, 21. 63) und Vergil.
^^^usgabe der Aeneis, s. unten 214, 2. Schrift über Vergil; Quintil. X,
^ ^: Vergilium paucissimos die composuisse versus auctor est Varius.
%1. Gell. XVn, 10, 2: amici familiaresque T. Vergilii in iis quae de in-
^^ȟo moribusque eius memoriae tradiderunt.
4. Die von Heerkens dem Varius zugeschriebene Tragödie Tereus hat zum
'erfasser einen Italiener des 16. Jahrb., Gregorius Corrarius, und wurde unter
^em Titel Progne gedruckt, Venedig 1558 4. Weichert de L. Vario p. 1 18—120.
25*
388 Augusteische Zeit, 711— 7C7 d. St.
5. A. Weichertf de L. Varii et Cassii Parmensis vita et carminil
(Grimma 1836) p. 1—120. R. ünger, de Valgii Rufi poemafcis (Hai. 18
p. 296—303.
6. Hierouym. zu Eus. Chron. a. Abr. 2001 = Ol. 191 , 1 = 28 Aug.
738 d. St.: AemiliuB Macer Veronensis poeta in Asia moritur. Serv. V<
Ecl. y in.: Mopsus (intellegitur) Aemilius Macer Yeronenais poeta, ami
Vergilii. Ovid. Trist. IV, 10, 43 f. : saepe suas volucres legit mihi granc
aevo quaeque necet serpens, quae iuvet herba Macer. Quintil. X, 1,
Macer et Lucretius legendi quidem, sed non ut phrasin . . faciant; <
gantes in sua quisque materia, sed alter (Macer) humilis, alter dif&d
ib. 56: Nicandrum frustra secuti Macer atque Vergilius (oder Valgiu
XII, 11, 27: neque post Lucretium ac Macrum Vergilius. VI, 3, 96: C
dius ex tetrastichob Macri carmine Hbrum in malos poetas composi
Tibull. II, 6 in. Manil. astr. II, 43 ff.
7. Hexameter aus Macer Aemilius Ornithogonias secundo bei Diom
I. p. 374, 21 K. vgl. Non. Marc. p. 220, 18 (Licinius Macer in Homit
gouia). 518, 25 (Aemilius Macer in Omithogoniae libro I). Isidor. Oj
XII, 7, 19. ünger p. 2—6. Macer Theriacon (II?) bei Charis. I. p.
18 K. vgl. Isidor. Orig. XII, 4, 24. ünger p. 6 — 10. Sonstige unbestinu
Anführungen bei Serv. Aen. I, 435. Schol. Bern. Georg. II, 160. Cha
p. 65, 7. 107, 4. 133, 11. 14, sowie 72, 17. 100, 33; letztere beide Stel
wohl aus dem botanischen Werke (Unger p. 11 — 14). unter seinen Quell
Schriftstellern nennt Plinius den Aemilius Macer zu Buch IX, X, XI, X^
und es ist daher wahrscheinlich (Unger p. 16 f.) dass auch in Buch X
XXI f., XXVIII, XXIX, XXX, XXXn, wo bei ganz ähnlichen Stoffen (
Quellenverzeichniss Licinius Macer nennt, dieselbe Namensverwechali
zu Grunde liegt wie bei Non. p. 220, 18 und Diomed. p. 369, 15 E.
8. Broukhusius zu Tibull II, 6. p. 274 f. Maffei, Verona illustr. III,
p. 41 ff. R. ünger, de Aemilio Macro Nicandri imitatore, Friedland 18
18 pp. 4.
9. Fälschlicher Weise trägt den Namen des Aemilius Macer das W'
(in Hexametern) eines Arztes Odo im karolingischen Zeitalter de viril
herbarum; s. Unger 1. 1. p. 10 f.
210, P. Vergilius Maro wurde geboren zu Ändes 1
Maiitua den 15 October 684 = 70 v. Chr. in bescheidenen V
hältnissen; aber sorgfältig ausgebildet. Als im J. 713 und 7
d. St. das Gut seines Vaters wiederholt Veteranen Oetavic
zugetheilt worden war bewirkte die Fürsprache hochgestell
Freunde Rückgabe oder Ersatz. Seitdem lebte Vergilius theils
Rom theils in Campanien (Neapel), vielfach gehemmt durch sei
schwache Gesundheit, aber allmählich in behagliche äussere ü
stände gekommen. Nachdem er die Bucolica(713— 715)und Ge
gica (717 — 724) vollendet und herausgegeben hatte, die Aen
(seit 725) schon weit vorgerückt war, wollte Vergil zu dei
Vollendung sich nach Atlien und Asien zurückziehen, liess si
Dichter: Aelnilius Macer. Vergilius (Leben). 389
ab^jr in Athen von August zur Umkehr bewegen, erkrankte
baul<3 darauf und starb zu Brundisium, den 22 September 735
= 19 V. Chr., 51 Jahre alt.
1. Quellen, a) Vita VergilÜ de commentario Valeri Probi sublata,
bei B. Keil, M. Valerii Probi comm. (Halle 1848) p. 1 f. und in Reiffer-
Bcki-eids Sueton p. 52—54 vgl. p. 398 f. 0. Jahn's Persius p. CXLI iF. Der
Auszug ist nachlässig gemacht, hält sich aber von Fabeleien frei; Ribbeck
in JF^leckeisens Jahrbb. 1863, S. 351 ff.
b) Donaths vita Vergilii bei Reifferscheid 1. 1. p. 54—68, und H. Ha-
gere in Fleckeisens Jahrbb. Suppl. TV. p. 734—745; nach einer Pariser Hds.
her«iU8gegeben von E. Wölfflin, Philologus XXIV. S. 153—155. Sie steht
vor Donats Commentar zu Vergil und ist wohl grösstentheils geschöpft
aus Sueton de viris illustribus, welcher selbst das Meiste dem Ascouius und
dieser weiterhin den Schriften des L. Varius (oben 209, 3) und C. Meli8Sus(A.4)
verdankte; sie enthält viele werthvolle Angaben, ist aber interpoliert durch
Zae^tze aus dem Commentar des Servius und namentlich durch allerlei
widersinnige mittelalterliche Erßndungen, die in den späteren Handschriften
dem ursprünglichen Texte angefügt sind. Vgl. Reifferscheid L 1. p. 399—
403. Hagen p. 676—689.
c) HieronymuB zu Euseb. Chron. ad a. Abr. 1948. 1959. 1964. 1999 »
Ol 177, 4. 180, 3. 181, 4. 190, 3. Gleichfalls aus Sueton.
d) Die den Namen des Servius tragende vita (vor dem Commentar
*ur Aeneis), welche aber die echte, von Servius in seiner Einleitung zu
*^eii Bucolica (II. p. 97) erwähnte nicht ist; s. Reifferscheid p. 399.
Ausserdem eine (nicht vollständig erhaltene) vita von Phocas, gram-
'^ticus urbis Romae, in Hexametern ; fast ganz aus Donats vita entnommen ;
*• Reifferscheid p. 68—72 und p. 403 f. Vgl. W. Fröhner, Philologus XVIII.
ö- 3^0^ Endlich vitae von geringem Werthe in einzelnen Vergilhdss., wie
^^^ fernem, einem Monacensis und einem ReginensiB;^8. Reifferscheid
P- 5^ f. Hagen 1. 1. p. 746.
^« Namen. Die Inschriften aus der Republik und den ersten christL
ahrlixtinderten haben ganz überwiegend Vergihus (nicht Virgilius); ebenso
^^ ältesten Hdss. , wie der Mediceus; und auch die Griechen schreiben
.* <3urchaus Bsgyiltog oder OvsQyiliog. Erst im Mittelalter, ungefähr
^^^^ ^aec. IX, fangt daneben die Schreibung Virgilius an aufzukommen,
^^r^a^laast besonders durch phantastische Ableitungen des Namens (von
^'S'o oder virga, die aber wohl selbst früher vergo und verga lauteten),
°°^ im 14. und 15. Jahrh. erscheint diese als die siegreiche. Doch erwies
^ ^^ damals Angelus Politianus ihre Unrichtigkeit. Vertheidigungsversuch
^^ Xetzteren durch F. Schultz, orthographicarum quaestionum decas (Pa-
^^'^^tDm 1855) p. 42 — 44. Dagegen s. E. Hübner, in Fleckeiseua Jahrbb. 77,
8. ^^f. H. Hagen, ebds. 95, S. 608. Th. Creizenach, ebds. 97, S. 294
"'^^. F. RitBchl, kleine philolog. Schriften H. S. 779 ff.
3. Die Belege zu den Angaben über die Lebensumstände des Vergil
*\>>€i W. Teuffei in Pauly's Real-Enc. VI, 2. S. 2644—2648, sowie bei
*^^\>eck vor seiner Textausgabe des Vergil (Bibl. Teubneriana, Lips. 1867)
P ^ VIII— XXXVI. Name von VergÜ8*Mutter Magia Polla, des Vaters aber
I:
390 Augußteiscbe Zeit, 711—767 d. St.
Maro. Letzterer ^^ar mercenDarius oder figulus und brachte es durch seine
Thätigkeit allmählich zu einem kleinen Vermögen. Unterricht zu Cremona
seit 696. Nach Anlegung der toga virilis (15. Oct. 699 = 65 v. Chr.) nach
Mediolanum, 701 = 53 nach Rom, wo Verg. studuit apud Epidium (oben
197, 3) oratorem cum Caesare Augusto (vita Bern.), ohne aber mehr als
einmal vor Gericht als Redner aufzutreten. Desto eifriger studierte et
Philosophie, worin sein und des (Alfenus) Varus (oben 195, 2) Lehrer der
Epikureer Siro (ZsiQtoVf M. Haupt, Hermes I. S. 40 f.) war, sowie Mathe-
matik und andere Naturwissenschaften, auch Medicin. Zeit der Ruckkehr
in die Heimat unbekannt. J. 713 Erstreckung der Güteranweisungen yon
Cremona aus auf das nahe Gebiet von Mantua durch den limitator Octa-
vius Musa; Vergils väterliches Gut fiel einem Centurionen Arrius zu. Für-
sprache des Asinius Pollio und Cornelius Gallus bei Octavian. Nach Be-
endigung des perusinischen Kriegs ersetzte Octavian den Asinius Pollio in
Gallia transpadana durch den ihm ergebeneren Alfenus Varus, der dem
Vergil zwar Schutz versprach, aber nicht verhinderte dass durch den Primipi-
lar Milienus Toro sein väterliches Gut abermals in Besitz genommen wurde,
er selbst durch einen Clodius beinahe getödtet worden wäre. Flucht Ver-
gils und seines Vaters auf ein Gut das dem Siron gehört hatte (Cat. 10).
Cornelius (Gallus) und (Aemilius?) Macer riethen sich nach Rom zu wen-
den, wo der inzwischen durch seine Bucolica bekannt gewordene Dichtei
durch Verwendung des Mäcenas Entschädigung für seinen Verlust erhalter
zu haben scheint, etwa in Campanien (Gut bei Nola, Gell. VI (VII), 20, 1).
Ende 715 stand Vergil mit Maecenas schon so vertraut dass er den Horaa
in diesen Kreis einführen konnte. J. 717 trafen Beide auf dem itei
Brundisinum zusammen. Hör. S. I, 5, 40 ff. Vergils weiteres Leben ist
durch keine äusseren Ereignisse bezeichnet. Dum Megara . . ferventissimc
sole cognoscit languorem uactus est eumque non intermissa navigationc
(aus Griechenland nach Italien) auzit ita ut aegrior ahquanto Brundisiun
appelleret, ubi diebus paucis obiit, XI Kai. Oct. Gn. Sentio Q. Lucretic
C0S8. Ossa eiu9^ Neapolim translata sunt. Donaths vita 35 (51).
4. Person*. Corpore et statura fuit grandi, aquilo colore, facie rusti
cana, varia valetudine. uam plerumque a stomacho et a faucibus ac do
lore capitis laborabat, sanguinem etiam saepe reiecit. Donats vita 8 (19)
Daher ist sehr glaublich dass dem Horaz, bei seiner Schilderung S. I, 3
29 ff. das Bild des Vergil vorschwebte. Zuverlässige Abbildungen voi
ihm sind nicht auf uns gekommen. Donaths vita 16 (27): in sermone tar
dissimum ac paene indocto similem eum fuisse Melissus tradidit. ib. 28 (43) f.
pronuntiabat autem (seine Arbeiten) cum suavitate tum lenociniis miris.
5. Persönliche Verhältnisse: Donaths vita 13(24): possedit prop4
centicns sestertium ex liberalitatibus amicorum (Hör. Ep. H, 1, 246 f. mi
Schol. Martial. VIII, 56, 5 ff. Serv. Ae. VI, 862) habuitque domum Roma^
Esquiliis iuxta hortos Maecenatianos, quamquam secessu (Tac. dial. 13
Campaniae Siciliaeque plurimum uteretur. Bei seiner Bedürfiiisslosigkei
konnte denn Vergil ein ziemliches Vermögen hinterlassen. Heredes fed
ex dimidia parte Valerium Proculum fratrem alio patre, ex quarta Augu
stum, ex duodecima Maecenatem, ex reUqua (je Vit) L- Varium et Plotiun
Tuccam, Donat 37 (56). Vermählt w5r Vergil nie.
Dichter: Vergilius (Leben und Charakter). 391
311. Vergil war persönlich eine kindlieh harmlose liebens-
iriii-dige Natur, sanft und lauter und friedlich, ein guter Sohn
imcl treuer Freund, von ehrenhafter Gesinnung und voll Hin-
gebung an Personen wie ideale Interessen, aber den Anforder-
ungen und Schwierigkeiten des wirklichen Lebens wenig ge-
waolisen. Wenn er daher doch Feinde hatte, so galten diese
niclit seinen persönlichen Eigenschaften, sondern seiner poli-
tiscl-literarischen Richtung und Stellung. Auch als Dichter ist
er 'wesentlich derselbe. Am besten gelingen ihm in allen Dicht-
gattungen solche Gegenstände welche gemütliche Wärme erre-
gen oder zulassen, wie die leblose Natur, das Heimatland, die
Famihe und die Liebe. Aber er ist zu weich imd zu wenig
genial als dass er auf dem seiner Natur zusagendsten Gebiete
hatte beharren und darauf Ruhm ernten können. Er lässt sich
von aussen auf StoflFe führen für die er nicht geboren war; er
sammelt für diese mit dem Fleisse des Gelehrten und feilt an
der Form mit der Un Verdrossenheit eines Künstlers; aber die
gewissenhafteste Arbeit ersetzt nicht den Mangel an Schöpfer-
kraft und Erfindungsgabe, an ursprünglicher PVische, Anschau-
lichkeit und Lebendigkeit. Dagegen erwirbt ihm die treue Ar-
beit jene Correctheit uad Eleganz in Compositiou, Sprache und
Versbau durch welche Vergil für den poetischen Sprachgebrauch
^d Stil der Römer auf lange hinaus mustergültig geworden ist.
1. Nähere Ausführung obiger Charakteristik bei W. Teuffei in Pauly's
fiealEnc. VI, 2. S. 2648—2651.
2. Charakter als Mensch. Horaz nennt (S. I, 6, 54) den Vergil opti-
^^ Und (ib. 5, 40 f.) eine anima Candida; vgl S. I, 3, 32 f.: bonus ut me-
Ijor vir etc. Auch die Schüderung eines Dichters bei Hör. Ep. II, 1, 119 ff.
^ sichtlich nach Vergü's Bilde entworfen. Aus Donaths vita z. B. 11 (22):
or^ g^ animo tarn probum constat ut Neapoli TlaQ&evtag vulgo appel-
^^ sit ac si qoando Romae, quo rarissime commeabat, viseretur in pu-
jT^ sectantes demonstrantesque se subterfugeret in proximum tectum.
^ iGatsch bei Douat 9 f. (20 f.) über sein Verhältuiss zu seinen Lieb-
P^^^^klayen Alexander (= Alexis in Ecl. II) und Kebes, sowie zu Plotia
7*^*^, einer amica (Hagen in Ribbecks prolegg. p. VI— VIII, der auch
^ ^echischen Namen dafür anführen konnte) des L. Varius, beurteüto
f^^^ sich selbst das was ihm an Vergü unbegreiflich war. Ib. 12 (23):
^^^ cuiusdam exulantis offerente Augusto non sustinuit accipere.
8. Donat. 48 (61): obtrectatores Vergilio nuraquam defuerunt. Als
^^^be werden von ihm angeführt Numitorius mit seinen Antibucolica (s.
^^^ , A. 1), die Aeneidomastix des Carrilius Pictor, Herennius, welcher
^tom vitia eins, Perellius Faustus, welcher furta (eins) contraxit. sed et
Q. Octa^i Aviti 'Ofioiofqrmv octo Tolumina quos et unde versus transtule-
xit continent, ib. 43^46 (61—63). Dazu Bavius und Maevius (unten 227, 2),
392 Augusteische Zeit, 711—767 d. St.
der Antonianer Anser, ComificioB (s. oben 196, 2), Cimber (QuintiL VIII^
3, 27 f.) u. A. Nachklänge daraus bei Macrob. Sat. I, 24, 6 f. III, 10—12
und bes. V, 3—16 über die angeblichen furta desVergil. Dagegen schrieb
AscouiuB Pedianus einen liber contra obtrectatores Yergilü, Donat 46 (64).
Vgl. Ribbeck Prolegomena p. 96—113.
4. Hör. 8. I, 10, 45: moUe atque facetum Vergilio annuerunt . . Ca-
menae. Schilderungen aus der leblosen Natur in den Ecl. und Ge., sowie
Ae. V, 213 ff. IX, 436 ff. XI, 68 ff.; halbidyllisch auch Ae. X, 803 ff. XI,
456 ff. vgl. XII , 473 ff. Malerisch treffende Bezeichnungen für einzelne
Pflanzen, E. Meyer, Gesch. der Botanik I. S. 374 f. Patriotische Wärme,
Ge. II, 136 ff. Ae. VI, 809 ff. 842 ff. Tiefes Gefühl für Familienglück und
Mutterschmerz Ge. II, 523. Ae. VI, 680 ff. VIII, 408 ff. IX, 283 ff. 475 ff.;
auch die empfinduugsreiche Stelle über Marcellus am Schlüsse von Ae. VI.
Von Vergils zartem Verständniss der Liebe zeugt das ganze vierte Buch
der Aeneis, das wohl für den gelungensten Theil des gesammten Werkes
gehalten werden darf. Von Sarkasmus dagegen findet sich bei Vergil fast
keine Spur, W. Hertzberg zu Aen. XII, 321. Alle seine Gestalten zeigen
ein mild menschliches Wesen, ohne Schroffheiten und Härten, aber auch
ohne viel Energie.
5. Quintil. X, 3, 8 : Vergilium paucissimos die composuisse versus auctor
est Varius (oben 209, 3); vgl. ib. 1, 86. Gell. XVII, 10, 2 f. Donat. vita 22 f. (33 f.)
vgl. 34 (49). An den Georg, arbeitete Vergil mindestens 7 Jahre, und an
der Aen. hatte er schon mindestens zehn gearbeitet und gedachte ihr noch
triennium coutinuum zu widmen (Donat 35 = 51), dann aber die Feder
für immer niederzulegen und sich ganz einem oeschaulichen Leben zu er-
geben (ut reliqua vita tantum philosophiae vacaret, Donat. 1. 1.). Da das
Dichten ihm eine Arbeit war, so sehnte er sich herzlich nach deren Be-
endigung. Der unpraktische Gelehrte verräth sich oft genug in Vergils
Gedichten, z. B. Ge. I, 281 f. III, 26 ff. IV, 408. Ph. Wagner bei Heyne
IV. p. 590—595. W. Hertzberg zur Aen. VIII, 660. 708. 726. lieber den
Mangel an Originalität s. bei den einzelnen Gedichten und die Nachwei-
sungen von F. Ursini, Virgilius coUatione graecorum scriptorum illustratus,
Antv. 1568, Leov. 1747. F. G. Eichhoff, fitudes grecques sur Virgile, ou
Becueil de tous les passages des po^tes grecs imites dans les Buc, les
G6oTg, et TEn^ide, Paris 1825. 3 Bde. Auch W. Ribbeck in seines Bru-
ders Ausgabe.
6. Seiner politischen Ansicht nach ist Vergil correcter Augusteer.
Zwar blickt er mit schwärmerischer Begeisterung zurück auf Roms grosse
Vergangenheit (Vergilius, amantissimus vetustatis, Quintil. I, 7, 18),. aber
für die Gegenwart freut er sich doch vor Allem des gewonnenen Friedens
und versäumt keine Gelegenheit den Urheber dieses Zustandes in jeder
Tonart zu preisen. Dennoch ist er von dem — gegen Horaz mit so viel
Geräusch und viel weniger Grund geschleuderten — ^Vorwiufe des Servi-
hsmus ziemlich verschont geblieben, vielleicht weil man es verzeihlich
fand dass „Virgil die Mächtigen der Erde mit kindlicher Hingebung und
mit dem Respecte verehrt welchen eine grossartige praktische Thätigkeit
immer auf die Seele eines Dichters gewinnen wird der nur Dichter ist^'
(C. Peter, Gesch. Roms III. S. 109). Dem Antonius gegenüber erscheint
Dichter: Vergilius (Charakter. Bucolica). 393
auch ILm, wie demHoraz undProperz, die Sache des Octavian als die nationale,
Ae. Vül, 685 ff. Eine philosophische Weltanschauung tritt nirgends scharf
hervor; auch hier ist vielmehr Alles in Gemütlichkeit aufgeweicht. Vgl.
übrigens Aldenhoven, über den virgiHschen Fatalismus, Ratzeburg 1860. 4.
ß. Dietsch, theologumenon Vergilianorum particula , Grimma 1853. 4.
7. Quintil. X, 1, 86: curae et diligentiae vel ideo in hoc (Verg.) plus
(quam in Homero) est quod ei fuit raagis laborandum, et quantura emi-
nenübuB vincimur fortasse aequalitate pensamus. Nur wird diese aequa-
Utas selbst, wenn sie durch Nichts unterbrochen wird, schUesslich ermüdend.
— C. 6. Jacob, de epithetorum nonnullorum apud Verg. vi atque natura,
Cöb 1829. 4. Th. Eppelin, über die Vergleichungen Vergils, Lahr 1862.
Spitta, Quaestiones Yergilianae, Götti. 1867. 4. (über den Gebrauch des
PluraÜB zur Bezeichnung Eines Gegenstandes oder Begriffes). Ueber Ver-
gÜ8 Anwendung der Hjpallage, Metonymie und des Hendiadys s. W. Hertz-
bergg Aeneis (Stuttg. 1859) S. XIV-XVIIT.
212. Die erhaltenen Gedichte des Vergil sind folgende:
1) Bucolica^ zehn eclogae, verfasst 713 — 715, Nachahm-
ungen, theilweise Uebersetzungen Theokrits, aber mit künstli-
chem Hereinragen von Personen und Vorgängen der Gegen-
wart. Symmetrische Anlage ist ebenso unzweifelhaft als durch-
gängige strophische Gliederung unerweislich.
1. Donat. yita 19 (30): cum res romanas iuchoasset offensus materia
ad Bucolica transiit, maxime ut Asinium Pollionem Alfenumque Varum et
Cornelium Gallum celebraret, quia in distributione agrorum . . indemnem
se praestitissent. 25 (40) : Bucolica triennio . . perfecit. (Vgl. Servius' vita
'Crg.: tunc ei proposuit Pollio ut carmen bucolicum scriberet, quod eum
congtat triennio scripsisse et emendasse.) 26 (41): Bucolica eo successu
^<Üt ut in scena quoque per cantores crebro pronuntiarentur (vgl. Tac.
di^ 13. Serv. Ecl. VI, 11). 4.3 (61): prolatis Bucolicis Numitorius quidam
fBscnpsit Antibucolica, duas modo eclogas, sed insulsissime, nagtodi^aag,
^oter den einzelnen Stücken gibt X sich: selbst als letztverfasstes; auch I
^^^ IX, IV und VIII, sowie VI bieten sichere Handhaben für Bestimmung
ibrer Abfassungszeit; von V ist wenigstens sicher dass es nach II und III
^^rfaast ist, welche beiden, zusammen mit der ähnlichen VII, die Gattung
^och am wenigsten getrübt durch Zeitanspielungen zeigen und daher die
ä^t«3ten Stücke sein mögen. Vgl. Ribbeck, Prolegomena p. 1-10. C. Scha-
P^f in Fleckeisens Jahrbb. 89, S. 633—657. 769—794 und dagegen Ribbeck
*• p. 10—13. Die Eclogae wurden, wie es scheint, zuerst einzeln heraus-
gegeben und hatten eigene Ueberschriften (Ecl. VI, 12). Dass bei der
'le^aagabe der ganzen Sammlung Ecl. I von Vergil selbst vorangestellt
^'^de (somit wohl überhaupt die überlieferte Ordnung von ihm herrührt)
^^ellt aus Georg. IV, 566 vgl. Ovid. Amor. I, 15, 25.
2. Theokrit gegenüber zeigen die Eklogen mehr&ch ein Verfahren
^Uch der Contamination bei den Palliatendichtern (oben 16, 8), wie z. B.
^- Hl nach Theokr. IV und V gearbeitet ist, Ecl. VIII nach Theokr. II
^dUL Die Vergleichung mit dem griechischen Dichter fällt selten zu
394 Augusteische Zeit, 711 — 767 d. St.
Gunsten des römischen aus; oft ist die Verschlechterung handgreiflich, -w
YIII, 43 ff. vgl. mit Theokr. 111, 16 ff. Die Einmischung ganz fremdartig
Dinge aus der nächsten Gegenwart kann gewiss auch nicht fOr eine Vc
besserung gelten. Die Gestalten haben dadurch nicht an Leben gewoun<
dass Tityrus und Menalcas eigentlich Vergii selbst ist, Daphnia (Eel. ^
Caesar, oder dass Ecl. III, 84 ff. von Amyntas kurzweg zu Pollio überg
Sprüngen wird. „Theilweise ist von dem eigentlichen bukolischen Charakt
gar nichts übrig geblieben, z. B. Ecl. IV, worin das mit dem Consulat d(
Pollio und mit dessen gleichzeitig geborenem Sohne angeblich beginnen<i
goldene Zeitalter in einer übertriebenen, trotz einzelner ansprechende
Stellen dennoch im Ganzen wenig geschickten Weise geschildert wird.
C. Peter, G. ß. III. S. 105. — Gell. IX, 9, 4 ff. G. A. Gebauer, de poefa
rum graecorum bucolicorum, imprimis Theocriti, carmiuibus in Eclogis
VergiUo expressis libri duo. Vol. I (librum I partemque posterioris coi
tiuens), Lips. 1861. 256 pp. 8. (früher Part. I. 1856); und Quatenus Verg
lius in epithetis imitatus sit Theocritum, Lips. 1863. 4. (Programm vo
Zwickau.) Aelteres: J. G. Mensel, de Theoer. et Virg. poetis bucolici
Götti. 1766. 4. J. C. Jahn, compar. Id. XI Theocriti cum Ecl. II Virgili
Cidmbach 1781. 4.
3. Die Modeliebhaberei der sogen, strophischen Composition hat ai
die Eklogen zuerst angewendet Bibbeck in Fleckeisens Jiüirbb. 75, S. 65-
79 und dann in seinen Ausgaben. Vgl B. Peiper ebds. 91, S. 344—35.
95, S. 456—460. 97, S. 167 f., und das nüchterne Urteil von Ph. Wagne
Lect. Vergii. (1859) p. 92. Wem etwa durch die Ausstattung der Gedichl
mit Aaß a ß\ aaaa, aVaV u. s. f. das Yerständniss derselben und di
Freude daran erhöht worden sein sollte, dem sei das von Herzen gegönnt
wir können es nicht von uns rühmen und haben die Ueberzeugung dat
die ganze Hypothese vor einer unbefangenen Betrachtung der Ekloge
selbst nicht Stand hält. Auch konnte dieselbe ohne die herkömmlich
Auswerfung einer Anzahl Verse die ihr hinderlich waren und ohne Ai
nähme etlicher Lücken an Stellen wo sonst Niemand etwas vermisse
würde (wie VIII, 58. X, 47) nicht durchgeführt werden. Was bei de
Wechselgesängen (wie III, 60 ff. VH, 21 ff.) selbstverständliche Forderun
war, das durfte, schon zur Unterscheidung von jenen, nicht kurzweg ai
die Gedichte im Ganzen übergetragen werden.
4. Virgils ländliche Gedichte (Text, metrische Uebersetzung und aui
führliche Erklärung) von J. H. Voss in 4 Bdn. (Thl. I und II enthält di
Eklogen, III und IV die Georg.), Altena 1797. 1830. Uebersetzt vo
0. N. Osiander, Stuttgart (Metzler) 1834. 16. und (kürzer) Stuttgart 185
(Class. d. Alt.). F. W. GenÜie, Virgils Eklogen, metrisch übersetzt, mi
einer Einleitung über Virgils Leben (S. 3—32) und Fortleben als Dichte
(S. 35 — 44) und Zauberer (S. 47 — 85) und einem Versuch über die Eklog
(S. 89—134), Magdeburg 1830. Leipzig 1855 (zweite umgearb. Aufl.). Uebei
setzt (mit Georg, und Jugendgedichten) von W. Binder, Stuttgart (Hofl
mann) 1856.
5. Varianten der Weissenauer Hdschr. zu Verg. bukolischen Gedichtes
im Feldkircher Programm 1861. 4. P. Hofman-Peerlkamp, ad Virgiliui]
(Ecl. und Georg.), Mnemosyne X. p. 1—49. 113—162. 229—308. 367—38?
Dichter: Vergilius (Bucolica und Georgica). 395
Th. Ladewig, Beurteilung der Peerlkampschen Bemerkungen zu den länd-
lichen Gedichten Vergils, Neustrelitz 1864. 26 S. 4.
Freymüller, über die mesaianische (!) Weiaeagung in Vergils Ecl. TV,
Progr. von Metten 1862. 29 S. 4. L. Giesebrecht, Daraaris IT (1861) S.
197 ff. Zu Ecl. Vm vgl. E. V. Leutsch, Philologus XXII. S. 214—220 und
Peiper in Fleckeisens Jahrbb. 1864, S. 456—460. G. Gevers, die zehnte
Ekl. des V. eine Parodie (Verden 1864) mit Ph. Wagner in Fleckeisens
Jahrbb. 91, S. 773—776.
213. 2) Georgica, vier Bücher, verfasst 717—724 d. St.
Das erste Buch hat den Ackerbau zum Gegenstande, das zweite
die Baumzucht, das dritte die Viehzucht, und das vierte die
Bienenzucht. Das Werk ist ein Lehrgedicht, veranlasst durch
Maecenas und ihm gewidmet, aber den eigenen Neigungen und
Anschauungen des Dichters vollkommen entsprechend. Der StoflF
ist daher mit sichtlicher Liebe und Wärme behandelt und so
weit verklärt und vergeistigt als seine Natur zuliess, so dass
auch die lehrhaften Abschnitte sich von dem Tone der rein poe-
tischen nicht auffallend unterscheiden. Diese ihre meisterhafte
Form macht die Georgica zum vollendetsten grösseren Erzeug-
nisse der romischen Kunstpoesie.
1. Donats vita 20 (31): deinde (nachBuc.) edidit Georgica in honorem
Maecenatis. 25 (40): Georgica septem . . perfecit aunis (Vgl. Serv. vita
Verg.: item proposnit Maecenas Georgica, quae scripsit emendavitque
Beptem aunis.) 27 (42): Georgica reverso post actiacam victoriam Augnsto
^ue Atellae refidendarum faucium causa commoranti per continuum
quadriduum legit, suscipieute Maecenate legendi vicem quotiens interpel-
laretur ipse vocis offensione. Das Werk war also damals (Mitte des J. 725
^' St.) vollständig fertig und zur Herausgabe reif, kann in diesem Zustande
aber bereits mehrere Monate gewesen sein. Dass nunmehr aber mit der
Veröffentlichung nicht länger gezögert wurde macht der Beginn der Ar-
b«iten fär die Aeneis wahrscheinlich, vor welchen Vergil die Georg, so
gewiBs abgeschlossen haben wird als die Buc. nachdem er den Entschluss
^ den Georg, gefasst hatte. Auf eine zweite Ausgabe durch Vergil fahrt
^^- Ecl. X, 1: fuit autem (Cornelius Gallus, s. unten 217) amicus Vergi-
liii adeo ut quartus Georgicorum (liber) a medio usque ad finem eins lau-
pea teneret, quas postea (nach des Gallus Ungnade und Tod, J. 727 d. St.)
iubente Augusto in Aristaei fabulam commutavit. Vgl. zu Georg. IV, 1:
8ciendum . . ultimam partem huius libri esse mutatam. nam laudes Galli
»^abüit locus ille qui nunc Aristaei et Orphei continet fabulam, quae in-
*^ est postquam irato Augusto Gallus occisus est. Ein solches Ansin-
^^& hätte mau dem Horaz gewiss nicht gemacht, und noch gewisser hätte
^ es unberücksichtigt gelassen. Der weiche Vergil aber entsprach ihm,
ond go entstand eine zweite authentische Ausgabe, yeröffentlicht etwa 728
<^ Si, da die Umarbeitung nur für die Oeffentlichkeit bestimmt sein
bnnte. Dass bei dieser Gelegenheit der Dichter auch sonstige Aender-
ongen vomahm ist an sich glaublich, und manche Spuren weisen positiv
396 Augusteische Zeit, 711 — 767 d. St.
darauf hin (Ribbeck Prolegg. p. 23. 24. 30); tiefgreifend können sie
nicht gewesen sein, da noch im jetzigen Bestände keine Zeitandei
über das J. 717 einerseits und 724 x- 725 andererseits hinausführt (i
14—22). Auf eine dritte Ausgabe lässt schliessen Donats vita 40 (53);
rio ac simul Tuccae scripta sua sub ea condicione legavit ne quid ed
quod non a se editum esset, sofern diess eine Vollmacht zn neaer
ausgäbe der Buc. und Georg, mitenthält. Daas bei dieser dritten Ao8(
durch fremde Hand und nach zweierlei authentischen, einzelne Ver
ungen entstehen konnten ist begreiflich; von einer Nichtvollendung
Georg, kann man aber desshalb nicht reden, während doch Anfang
Schluss zeigen dass der Dichter in seinem Theile das Werk fertig gen
hat. Die in jenen Prolegg. p. 31—48 geltend gemachten Auastellu
sind theils unerheblich theüs beweisen sie höchstens dass das Gedicht
vollendeter sein könnte.
2. Für den Stoft' standen dem Vergil die Anschauungen und Er
ungen seiner eigenen Jugend zu Gebote. Daneben wird er aber, s«
ganzen Natur nach, nicht unterlassen haben auch Bücher zu Rathi
ziehen, zumal da wie die griechische so auch die römische Literatui
rade für die Landwirtschaft reichhaltig genug war (s. oben 44). j
Georg. I, 43: sane sciendum Xenophontem scripsisse unum librnm C
nomicon, cuius pars ultima agriculturam continet. de qua parte mult
hoc opus Vergilius transtulit, sicut etiam de Georgicis Magonis Afri (<
44, 1), Catonis (oben 111), Varronis (oben 156), Ciceronis quoque 1
tertio Oeconomicorum (oben 173, 18), qui agriculturam continet. Macrol
2,4: vulgo nota sunt quod (Vergilius) Theocritum sibi fecerit pasto
operis auctorem, ruralis Hesiodum et quod in ipsis Georgicis tempee
serenitatisque signa de Arati Phaenomenis traxerit. GelL IX, 9, 3:
et considerate Vergilius, cum aut Homeri aut Uesiodi aut ApoUonii
Parthenii (vgl. ib. XIII, 27, 1 f.) aut Callimachi aut Theocriti aut quc
dam aliorum locos efBngeret, partem reliquit, alia expressit. Prob, co
in Georg, p. 42, 13 ff. K.: hanc universam disputationem (Georg. I, 23
certnm est Vergilium transtulisse ab £ratosthene, cuius Über est hexi
tris versibus scriptus, qui Hermes inscribitur. (Bei Quintil. X, 1, 56:
andrum frustra secuti Macer atque Vergilius? ist sicher mit R. Unge
schreiben atque Valgius.) Plin. N. H. XVIII, 76: Vergilius etiam in
meros lunae digerenda quaedam putavit, Democriti secutus ostentatioi
Planmässiges Befolgen einer einzigen Hauptquelle lässt sich aber nich
weisen. — Nach Suidas v. 'jQQiavog verfasste ein Arrianos pLBxct€pQ
rmv rnoQyL'ucov rov BsQyiXUov ininmg,
3. Ausgabe von G. Wakefield, Cantabrig. 1788. Lateinisch und det
von J. C. Manso (Jena 1783) und J. H. Voss (ländl. Gedichte III u.
Uebersetzt von F. W. Genthe (Quedlinb. 1829) und C. N. Osiander (S
gart. Metzler, 1835 und 1853).
Ueber die Georgica s. in Heyne-Wagner's Ausgabe I. p. 265 — 278
Tegner, de digressionibus in Georg. Verg., Lund 1799. De Verg. Ge
von E. L. Posselt (Carlsruhe 1786), A. G. Rein (Gera J829. 4.). Brt
de carm. didascal. (Helsingsf. 1840) p. 41—50. Jos. Schiestl, Virg. Ge
tantum abest ut sint poema omnibus numeris absolutum ut potius
Dichter: Vergilius (Georgica und Aeneis). 397
p^ocma verae genuinaeque poesi omnino repugnans, Amberg 1830. 4. Jahn,
I^i-Äef. p. XXXI -XXXVI. XL. Genthe a. a. 0. S. 17—23. Titler, über
<Li^ Zeit der Veröffentlichung der Georg., Brieg 1857. 21 S. 4. Unter-
täniger, Virg. Georg., ein literaturgeschichtlicher Versuch, Brisen 1863. 4.
Hanow, schedae criticae ad Verg. Georgica, Lissa 1863. 4. Th. Momm-
B^n, zu den Scholien der vergilischen Georg., Rhein. Mus. XVI. S. 442 — 453
v^l. XVII. S. 143 f. G. Thilo, Serrii in Verg. Georg. I, 1 — 100 commen-
ios, Halle 1866. 4.
214, 3) Aeneis, zwölf Bücher, ums J. 725 begonnen,
a.l>cr bei dem Tode des Dichters (J;735) noch unvollendet und,
«lessen dringendem Wunsche zuwider, von L. Varius und Tucca
liexaasgegeben. Gegenstand des Epos ist Aeneas als Gründer
eixies neuen Ilion mittelst der Stadt Rom und in dieser des ju-
lischen Geschlechtes. Für die Ausführung benützte der Dichter
tiheils griechische Epiker theils machte er umfassende Studien
ober italische Sagen, Geschichten und Oertlichkeiten, und mischte
Griechisches und Italisches absichtlich durch einander, zum
Schaden der Naturwahrheit. Aber in der Darstellung seelischer
Ztistände zeigt er Feinheit und tiefes Verständniss. .Im Uebri-
gen bleibt die Begründung des Geschehenden aUzu äusserlich,
die Handlung selbst, ausser im zweiten und vierten Buche,
<>hne frisches Leben, der Held zu marklos. Der Ton ist etwas
einförmig pathetisch und vom Natürlichen abgekehrt. Auf ro-
nianische Ohren aber hat zu allen Zeiten diese vornehme Rundung
der Sprache einen Zauber geübt wie wir ihn wenigstens bei
dem Wohlklang der männlich schönen Verse empfinden.
1. Das Yersprecben Georg. III, 46 f. (mox tarnen ardentis accingar
«cere pagnas Caesaris u. b. w.) würde eher auf ein Epos zu Ehren Octa-
^D8 Bchliessen lassen; wohl mit dessen Zustimmung (oder nach Servius
aof seinen Wunsch) wurde aber der Gegenstand erweitert. Ums J. 728
^4t PropertiuB bereits Kenntniss von dem erweiterten Plane; s. III, 32
(|^34), 61—66. Vgl. Donat 30 (45). Ib. 25 (40): Aeneida XI perfecit (rela-
^v) annis. 23 (34): Aeneida prosa prius oratione firmatam digestamque
^ Xll libros particulatim componere instituit, prout liberet quidque, et
^ in ordinem accipiens. (24 = 35.) ac ne quid impetum moraretur
^'^Äedam imperfecta transmisit, alia levissirais verbis veluti fulsit, quos
P^ iocom pro tibicinibus interponi aiebat ad sustinendum opus, donec
*®üdae columnae advenirent. Vergil griff also die poetische Ausarbeitung
de« IQ Pfosa Entworfenen an verschiedenen Enden an, je nach Stimmung,
^^e tich an die Ordnung seines Entwurfes zu binden, ib. 30 (45): Aene-
7^ vixdum coeptae tanta exstitit fama ut Sex. Propertias non dubitaverit
^^ praedicare (s. oben), (31 = 46) Augustus vero — nam forte expeditione
'^^otabrica (J. 729) aberat — supplicibus atque etiam minacibus per io-
^ litteris efflagitaret ut „sibi de Aeneide vel prima carminis vnoyQUfpi^
vel quodUbet nmXov mitteretur^^ cui tarnen multo post perfectaque de-
398 Augusteische Zeit, 711—767 d. St.
mum materia (nicht auch die ganze Form) tres omnino hbroa
secundum, quartum et sextum.
2. Donats vita 37 (56): . . L. Varium et Plotium Tuccain
Aeneida post obitum iussu Caesaris emendaverunt. 39 (52): eg
gilius) cam Yario, prius quam Jtalia decederet, ut si quid ipsi
Aeneida combureret; at is ita facturum se pemegarat; igitur ii
yalitudine assidue scrinia desideravit, crematurus ipse; yerum i
ferente nihil quidem nominatim de ea cavit. (40 =» 53.) ceter
Vario ac simul Tuccae scripta sua sub ea condicione legavit ne
rent quod non a se editum esset. (41 = 59.) edidit autem auctoi
Yarius, sed summatim emendata, ut qui versus etiam imperff
erant reliquerit. Hieronym. zu Euseb. chron. a. Abr. 2000 = A
737: Varius et Tucca, Vergili et Horati contubemales, p.oetae ha
lustres. (Yon Tucca ist sonst nicht bekannt dass er selbst Dichter
qui Aeneidum postea libros emendarunt sub lege ea ut nihil
Serv. prooem. zur Aen. p. 1 f. L. : postea ab Augusto Aeneidem p
scripsit, annis undecim; sed nee emendavit nee edidit, unde eai
praecepit incendi. Augustus vero, ne tantum opus periret, Tue«
rium hac lege iussit emendare ut superflua demerent, nihil ad<
men. Zweifelhafte Proben ihrer redigierenden Thätigkeit wer
führt von Servius zu Ae. If, 667 — 588 (vgl. K. Kappes, zur Erkl
Aeneis, Freiburg 1859). lY, 436. Y, 871. YII, 468. Ygl. di(
Yergil. p. 90 — 95. Das superflua demere konnte sich nur auf
erstrecken, läast sich aber nicht mehr sicher verfolgen, üebi
noch Gell. XYII, 10, 6 f. : quae procrastinata sunt ab eo, ut pos
rentiur, et absolvi quoniam mors praeverterat nequiveruut, n
poetarum elegantissimi nomine atque iudicio digna sunt, ii
morbo oppressus adventare mortem videret petivit oravitque a
cissimis impense ut Aeneida, quam nondum satis elimavisset, ad<
3. Die Yermutung von L. Lersch (Süddeutsche Schulzeitung
88 ff.), dass die Aeneis ursprünglich auf 24 Bücher berechnet ge
je von dem Umfange eines Buches der Georgica, und die jetzig*
ung nicht von Yerg. selbst herrühre, hat nur etwa die Analogie d
ischen Gedichte für sich (welche aber für den bescheidenen Di«
leicht eher eine Abmahnung von der Zahl 24 war) und das
Zeugniss Donats (bzhgsw. Suetons), vita 23 (34), gegen sich. Di
aber als hätte Yergil die Absicht gehabt den Stoff über den
Turnus hinaus, bis zu Aeneas' Ansiedlung in Latium, weiterzufüh
spricht der Gesammtheit der Nachrichten, die nur eine qualitat
Vollendung kennen, und bestimmten Andeutungen des Gedichts
XII, 803. 819 ff. 833 ff. Ygl. W. Hertzbergs Aeneis S. lY f.
4. Bei einem so zweifellos unvollendeten und von seinem
selbst zur Yemichtung bestimmten Werke ist es selbstverständli«
— ausser den grossen künstlerischen (s. A. 5) — Mängel im Einz
Kleinen, Incongruenzen , Lücken, Widersprüche, Yergesshchkeil
nungsfehler u. dgl. enthält. So hat schon Markland (praef zu
a. E.) bemerkt dass in der Aeneis nonnulla sunt contradictor
languida, exilia, nugatoria, spiritu et maiesiat« carroinis heroi<
Dichter: VergiliuB (Aeneiß)i 399
nnd. Peerlkamp hat (in seiner Ausg. der Aen., Lngd. Bat. 1843) diesg in
seixk^r Weise näher nachzuweisen gesucht, mit obligater Folgerung auf
Interpolation der getadelten Stellen. (Gegen Peerlkamp s. J. Freudenberg,
Viz&<üciar. Virg. spec, Bonn 1845. 4. J. Siebeiis, in Aen. ab H. P. editae
libimm I. adnotationes, Hildburgh. 1345. 29 pp. 4. S. J. E. Rau, de verss.
spixx-ÜB in Aen. I., Leyden 1845. Jahn's Jahrbb. XLIU. S. 3—53.) In-
con^menzen in den sechs ersten Büchern hat hervorgehoben Fr. Conrads,
Qii&€8tiones Yirgilianae, Trier 1863. 4.; für alle Bücher ist in Peerlkamps
Fassstapfen getreten Bibbeck Prolegg. p. 59 — 87, wo gleichfalls der unter
den gegebenen Umständen vergebliche Versuch gemacht ist bei diesen
kleinen Unvollkommenheiten zu unterscheiden zwischen solchen die ihren
Grund in der Unfertigkeit des Gedichts haben und anderen die von angeb-
lichen Interpolatoren herrühren. Dass alle Bücher (wenn auch in ver-
schiedenem Masse) unvollendet sind beweisen schon die in allen ohne Aus-
nahme vorkommenden unvollständigen Verse (im Ganzen 58). Vgl. noch
Th. Ladewig, über einige Stellen des Vergil, Neustrelitz 1853. 26 S. 4.
5. Der Glaube dass die Römer, von einer Colonie her welche Aeneas
in Latium gegründet, die in den sibyllinischen Büchern genannten Aenea-
<len und Abkömmlinge der Trojaner seien, vielleicht ursprünglich durch
^hmeichlerische Griechen den eiteln römischen Grossen eingepflanzt, fand
*chon zur Zeit des ersten punischen Krieges in Rom offizielle Verwerth-
oög; s. Justin. XXVUI, 1, 6 f. Suet. Claud. 25. Seitdem ist dieser Zu-
^^'nmenhang ein stehender Glaubensartikel der römischen Geschichtschrei-
'^er in Prosa und Versen. A. Scheben, de poetis Aeneae fugam atque
^ata ante Virgilium describentibus, Münstereifel 1828. 4. Namentlich
^Ujrde er angeknüpft an die angebliche Uebersiedlung der troischen Hei-
'^^Msgötter nach Latium (Lavinium) ; W. Hertzberg zur Aeneis S. 334—338,
'^d im Allgemeinen Schwegler, Rom. Gesch. L S. 279 flf. bes. S. 307 ff.
^-^^ens behandelt war er aber vor Vergil noch nicht geworden. In der
^^It des Angustus kam zu den nationalen Beweggründen noch das dynast-
'^^^lie dass Aeneas mittelst seines Sohnes lulus ^= Ascanius der Stamm-
^^t;er der gens lulia sein sollte. Vergil hebt an seinem Helden ganz be-
'^ anders diese seine providentielle Mission hervor, so sehr dass derselbe
3^Tuber zu keinem selbständigen Handeln kommt. Er ist überhaupt von
*^^rgil sehr nach seinem eigenen Bilde geschaffen : weichmütig, zu Thränen
^^neigt, pietätsvoll, für die edelsten Empfindungen zugänglich, aber ohne
%ene Initiative, von aussen her — insbesondere von den Göttern — ge-
Ltet und geschoben. Wie der zarte Stammhalter eines glänzenden Hauses
er von den Göttern ängstlich gehütet und geht auch selbst, im Be-
'^^lastsein seiner Aufgabe, gefährlichen Abenteuern möglichst aus dem
^ ^ege. Für den Helden eines Epos ist diess eine sehr bedenkliche Stel-
.^^^^ng, und die dumpfe Leblosigkeit eines grossen Thei^es der Aeneis hat
^^erin ihre Wurzel. Zudem war die ganze Aeneassage ein Erzeugniss der
^^^flexion, ohne Boden im Volke, ohne Verzweigung mit dem öffentlichen
^^ben, und Vergil musste ihr erst künstlich solche Berühruugspuncte
Schaffen. Er sucht jeden Zweifel niederzuhalten durch conseqnente, plan-
>)iä88ige Identifiderung des Troisch-Hellenischen mit Italischem, und Durch-
^inandermengung des Mythischen und Geschichtlichen; aber dadurch ist
^twas Schiefes, Widerspruchsvolles, Haltnngsloses in seine Darstellung ge-
400 Augusteische Zeit, 711 — 767 d. St.
kommen, eine Unsicherheit des Bodens und der Beleuchtung die c
keine Localfärbung gut zu machen war wie sie Vergil unverkennba
strebt und auch vielfach erreicht hat. Vgl. seinen Brief an Augued
Macrob. I, 24, 11: paene vitio mentis tantum opus ingressus mihi yv
cum praesertim . . aUa quoque studia ad id opus multoque potiora
pertiar. So wird ib. 16 f. die in der Aen. zu Tage tretende Eenntnist
ius pontificium und ins augurale gerühmt; III, 1, 6 ff. ebenso in Bezu^
inferorum deorum cultus; 2, 7 seine profunda scientia, wie sie sich ix
verborum proprietaE bei der Technik des Opfems u. s. w. zeige; I, 2-
dass er astrologiam totamque philosophiam . . operi suo . . adsp<
Ebenso Serv. zu Aen. VI in. : totus quidem Vergilius scientia plenui
etc.; zu II, 67: saepe dictum est Vergihum inventa occasione mentic
iuris pontificii facere in quacunque persona. VgL auch Niebuhr, I
Gesch. P. S. 112. 217 f. Helliez, Geographie de Virg., Paris 1771. :
Bonstetten, Voyage sur la scäne des dix derniers livres de Pän^ide, •
1804 f. (deutsch von K. G. Schelle, Leipzig 1805. 2 Bde.). H. Töpfer,
gilii geographia in Aeneide ezhibita, Arnstadt 1828 — 1834. 4 Parti
0. N. Osiander, de carmine epico Virgilii vere populari, Stuttg. 181
L. Lersch, de morum in Virg. Aen. habitu, Bonn 1836; Die Idee und
quarische Bedeutung der Aeneis, im Mus. d. rhein.-westph. Schulm. 1
S. 18 — 35; und: Antiquitates Vergilianae, ad vitam populi rom. descri]
Bonn 1843. A. Göbel in Fleckeisens Jahrbb. 89, S. 668—662. Ch. 1
antiquitates rom. in Virg. Aen. illustratae, Halle 1864. A. NoSl, Vi
et ritalie, Paris 1865.
6. Macrob. I, 24, 18: praedicarim quanta de Graecis cautus et
quam aliud agens modo artifici dissimulatione modo professa imitai
transtulerit. Dagegen Asconius vertheidigte den Verg. gegen Vorvi
circa historiam fere et quod pleraque ab Homero sumpsisset (vita 4
64). Aus den homerischen Gedichten entnahm Vergil theils die allgen
epische Oekonomie und Technik theils vieles Einzelne, insbesondere
er mit dem letzten Theile der Irrfahrt des Aeneas beginnt und seine
heren Erlebnisse ihn nur nachträglich erzählen lässt; wie auch B. VI j
Odyss. XI nachgebildet ist und überhaupt der ersten Hälfte (den Im
ten) ebenso die Odyssee zu Grunde liegt wie der zweiten (Kämpfe]
Ilias. Ton und Geist der Aeneis steht freilich zu Homer in diametri
Gegensatze. Literatur ausser dem oben 211, 6 Angeführten: A. G.W
de eo quod nimium est in imitatione Homeri Virgiliana, Schleud. 178
J. A. H. Tittmann, de Virg. Homerum imitante, Wittenb. 1787. 4. F.
bold, Vergleichung Virgils und Homers, nebst Bemerkungen z. Kritili
Ersteren, Pirmasens 1789. 4. G. C. Lauter, de Virg. imitatore Hoi
Heidelb. 1796. 4. Andrea, locorum Homero -Virgilian. spec. I. H. ,
1804. 1814. H. Müller, Hom. u. Virgil, eine Parallele, Erfurt 1807
Eckert, Parallele zw. d. Ilias u. Virg. Aen., München 1829. 4. E. A. S
metz, de aliquot locis Odysseae et Aen. ad orci maniumque descri
nem pertinentibus, Merseb. 1840. 4. H. Wederer, Homer, Virgil, T
Münster 1843; und: üeber die Episoden in der Aeneis, Museum d. rl
westphäl. Schulmänner I. S. 78 tf. L. Müller, de re metr. p. 219.
307. 322. M. Wilms, qua ratione Verg. in Aen. aut locutnrum aliq
aut locutum esse indicaverit, Duisburg 1865. 4. Der Stoff des zw«
Dichter: Vergilius (Aeneis). 401
Budes ferner ist den Kyklikem (Pisander? Macrob. V, 2, 4) entnommen,
6. lY dem vierten Buche des ApoUonius Rhodius (lason und Medea) nach-
gebildet. Von römiBchen Dichtem hat Vergil besonders den Ennius be-
nutzt (z. B. VI, 846), wie Servius in seinem Commentar an vielen Stelleu
un«! Macrob. VI, 1 f. nachgewiesen; ebenso non verba sola sed versus
prope totoa et locos quoque Lucreti plurimos sectatum esse Vergilium vi-
demus (Gell. I, 21, 7 vgl. Macrob. 1. 1.). Zufällig dagegen ist wohl das
zeitiireise Zusammentreffen im Ausdrucke mit Naevius, A. Furius und an-
dern römischen Epikern. — Im Allgemeinen Kuschel, über die Quellen von
Vergila Aeneis, Breslau 1858. 32 S. 4.
7. „Zwar ist Vergil noch weit entfernt von jenem ewigen Gelärm und
Gepolter seiner bramarbasierenden Nachahmej^; . . aber es bleibt auch so
noch genug von erkünsteltem Pathos übrig, das sich . . besonders in
'Wichtigen Attributen Luft macht, die denn freilich durch masalose Wie-
«l^rholung ihren eigenen Eindruck schwächen. So kommt z. B. das Ad-
jectiv ingeuB in der Aeneide 152 mal, immanis 43 mal vor«** W. Hertzberg
vor seiner Aeneis S. IX.
Die Sorgfalt VergiVs in Ausfeilung seiner Verse ist besonders von L.
MuUer de re metr. p. 140 f. 183. 190 f. nächgewiesen. Sie gilt auch von
der Aeneis, obwohl hier Stoff und NichtvoUendung eine gewisse Locker-
ung der Strenge mit sich brachten. Von Aelterem s. z. B. Gossrau, de
hexametro Vergilii, in seiner Ausg. der Aen. p. 624 ff.
Allgemeines Preisen der Aeneis (bzhgsw. des Vergil) bei Ovid Amor.
I, 15, 25 f. A. A. III, 337 f. Rem. am. 396. Trist. II, 533 ff. Prop. III,
32, 66 f. Quintil. X, 1, 56. 85 ff. Stat. Theb. XII, 816 u. A.
8. Einfluss der Aeneis auf die deutsche Literatur, zuerst durch Heinr.
▼. Veldek's Eneide (um 1180); s. G. Gervinus, Gesch. der poetischen Na-
tionalliteratur I. S. 238 ff. Cholevius, Gesch. der deutschen Poesie nach
ihren antiken Elementen I (1854). S. 101 ff.
9. Fr. Drück, de vitiis virtutibusque Hom. et Virg. saeculi ipsorum
indole aestimandis, Stuttgart 1780. 4. C: G. Heyne, de carmine epico
VirgiJiano, in seiner Ausgabe II. p. 1 — 36; de rerum in Aeneide tractata-
rum inventione, ib. p. 37—56; censura eorum quae in Aen. oeconomia re-
Pi^ehendi possunt, ib. III. p. 854 — 859. P. F. Tissot, fitudes sur Virgile,
^^^^pta6 avec tous les poätes ^piques et dramatiques des anciens et des
^odemes, Paris 1826. 4 Bde. Segrais, Tfin. consid^räe par rapport ä l'art
® la guerre (M^m. de Pacad. des inscr. XXIV), in welcher letztem Bezieh-
^S auch Napoleon I (pr^cis des guerres de Cäsar p. 209 ff.) dem Vergil
^^8^ Unkenntniss vorgeworfen hat. Ferd. Winkelmann in Jahn's Archiv
^3, jj. s, 566 — 5g4, L. Magnier, analyse critique et littäraire de l'Jfinäide,
^^i% 1S44. Cadeubach, Prolegomena ad Virg. Aen., Essen 1844. 4. Breier,
^ Vergilio epico poeta recte aestimando, Lübeck 1855. 4.
^^ 10. Sonderausgaben von B. F. Schmieder (Berlin 1800. 2 Bde.), E. Th.
^^Mer (Wien 1826 f. 2 Bde.), C. Thiel (mit Erläut. f. Gymn., Berl. 1834.
|f^B. 2 Bde.), P. Hofman-Peerlkamp (ed. et adnot. instruxit, Lngd. 1843),
• AV. Gossrau (in us. schol. annot. perp., Quedlinb. 1846).
J. Stanko, de P. Victorii commentariis originalibus ineditis in libr. IV
^^»ieidos, München 1851. 4. J. Henry, notes of a twelve years' voyage of
Tearrel, Rüoi. Literatarffcfchichte. 26
402 Augusteische Zeit, 711 — 7G7 d. St.
discovery in the first six books of the Eneis, Dresden 1853. 588 pp. ; deu
bearbeitet in seinen Adversaria Virgiliana im Philologus XL S. 480 —
597—642. XII. S. 248—270. XUI. S. 629-644. XVII. S. 627-648. K. I
pes, zur Erklärung von Verguß Aeneis, I. Freiburg 1859. II. Consi
1863. J. M. van Gent, annotationes criticae in Aen., Lugd. Bat. 1864.
Friedreich, Beitrag zur Erklärung von Aen. II, Teschen 1868. 4.
üebersetzt von C. L. Neuffer (Frankfurt 1816, Stuttgart 1830 fF.),
Binder (Stuttgart, Hoffmann, 1857), P. E. L. Lots (in gereimten Otta
Leipzig 1857), und am besten von W. A. ß. Hertzberg (mit trefflicher '.
leitung und Anmerkungen), Stuttgart (Metzler, Class. d. Alt.) 1859. 47
216. Ausser diesen grösseren und unzweifelhaft ech
Dichtungen des Vergil kennen wir auch noch eine Anz
kleinerer Gedichte welche seinen Namen mit ungleicl
Rechte tragen. Unter diesen ist
1) Culex soweit vollständig beglaubigt dass es festsi
Vergil habe in seiner Jugend ein (kleines) Epos mit die«
Titel und von dem ungefähren Inhalt des erhaltenen verfai
die nähere Beschaffenheit des letzteren macht aber wahrschi
lieh dass dasselbe vielmehr eine — wenige Jahrzehnte n
Vergils Tod verfertigte — Nachdichtung an die Stelle des
Vergil selbst vernichteten echten Gedichtes ist.
1. Donats vita 17 (28): poeticam puer adhuc auspicatus in Balis
ludi magistrum ob infamiam latrociniorum coopertum lapidibus distic
fecit: monte sub hoc u. s. w. deinde Catalecton et Priapeia et Epigr
mata et Diras, item Cirim et Culicem cum esset annorum XVI. F
eine Inhaltsangabe des letztem. (19 := 30.) scripsit etiam de qua ax
gitur Aetnam. mox cum res romanas inchoasset . . ad Bucolica trän
Die vorher genannten sind somit nach Donaths Meinung sämmtlich Jag«
gedichte Vergils. Servius (vor* seinem Comm. zur Aen.) p. 1: primui
Vergilio hoc distichon factum est in Balistam latronem: monte u. s
scripsit etiam septem sive octo libros hos: Cirin, Aetnam, Culicem, I
peia, Catalecton, Epigrammata, Copam, Diras. Das Moretum fehlt als*
beiden Aufzählungen. In beiden ist die üukritik so gross dass di
Theil unmöglich auf Sueton zurückgehen kann, sondern das enthält
in der Zeit des Donatus (bzhgsw. Servius) für Jugendgedichte des Ve
angesehen und in deren Sammlung (als Anhang zu den übrigen Gedicl
Vergils) aufgenommen zu werden pflegte. Spätere Jahrhunderte vermeh:
dann die Sammlung noch durch ihre eigenen Erzeugnisse; s. unten 5, i
2. Zusammenstellung der carmina minora besonders von J. Si
im vierten Bande des Heyne-Wagiierschen Vergil, in Chr. Jahu's Text
gäbe, im vierten Bande von Ribbecks Vergil (als Appendix Vergili;
Lips. 1868) und in dessen Textausgabe, üebersetzt und erläutert von
A. B. Hertzberg, Stuttgart (Metzler) 1856 (Gedichte des Vergil, zw
Abthlg.; Class. d. Alt.).
3. Zeugnisse für die Abfassung eines Culex durch Vergil (au
Donat, A. 1). Sueton. vita Lncani (p. 50 Rfftch.): nt praefatione qua<
Dichter: Vergilius (Culex). 403
aet^^atem et initia sua cum Vergilio comparauB ausus sitdicere: et quantum
milii restat ad Culicem! Vgl. Stat. Si^. II, 7, 73 f.: haec primo iuvenis
csLXMes 8ub aevo, ante annos Culids maroniani. Statius scheint also geglaubt
za liaben dass Vergil seinen Culex XXVI (nicht XVI) Jahre alt verfasst
ha.l3€. Stat. Süv. I praef.: et Culicem legimus et Batrachomyomachiam
et£^in agnoscimus; nee quisquam est illustrium poetarum qui nou aliquid
op^xibus suis stilo remissiore praeluserit. Er glaubte also den vergilischen
Cia.l«x noch zu besitzen, obwohl er ihm (seiner Beschaffenheit) keine An-
erkennung zollte. Martial. XIV, 185 (nach zwei Epigrammen auf die Ba-
ir^Lohomyomachie) : accipe facundi Culicem, studiose, Maronis, ne nucibus
positis Anna virumque legas. Das vermeintlich vergilische Gedicht war
also damals noch nicht in die Gesammtausgabe aufgenommen. Doch
z^^eifelte Martial nicht an dem vergilischen Ursprung; s. auch VIII, 66, 19 f.t
proüuus Italiam concepit et Arma virumque qui modo vix Culicem fleverat
ore rudi. Ebensowenig die Quelle von Nonius, (Probus?) p. 211: labrusca,
genere feminino, Verg. in Bucolicis (V, 7); neutro Vergilius in Culice (v.
53). Um dieser Zeugnisse willen haben Nake (zu Val. Cat. Dir. I. p. 227),
W. Teuffei (in Pauly's Real-Enc. VI, 2. 1861. S. 2667), Ribbeck (Rhein.
üixs. XVIII. S. 100 f. Append. Verg. p. 20—22) den auf uns gekommenen
Culex fnr vergilisch gehalten. Es ist aber ganz wohl möglich dass Martial
un^ Statins bei ihrer Identification des erhaltenen mit dem vergilischen
sieb getäuscht haben. Verdacht erregt schon die Sonderexistenz des erstem
^ der Zeit Martials. Sodann kann der Ausgangspunkt des Gedichts nur
gewesen sein dass die Schnake desswegen weil sie sonst nicht zur Ruhe
der Unterwelt eingehen könne den Hirten (dem sie das Leben gerettet)
^m ein Begräbniss gebeten habe. Aber gerade diese Motivierung, ohne
welche die Conception der ganzen Idee keinen Sinn hat, fehlt in dem vor-
handenen Culex, erdrückt durch das Bestreben eine möglichst voUsÜindige
**^®cbreibung der Unterwelt zu geben. Dazu kommen noch Nachahmungen
^^^ Stellen aus sämmtlichen echten Dichtungen Vergils (besonders von
*'^J. Vi und Aen. VI, s. Fr. Baur S. 371—373), wenn dieselben auch nicht
*^ ^eck ausgeführt sind wie in der Ciris.
^ 4. Ueber die künstlerische Beschaffenheit des erhaltenen Culex (412
^^^ameter) besteht keine Meinungsverschiedenheit. Es ist unbestritten
r^*8 das Gedicht in Bezug auf Composition und Ausführung ebenso schüler-
P?"^ ist wie musterhaft hinsichtlich des Versbaues. Es zeigt in letzterer
^*^^cht „Sorgfalt im Detail der Versbildung und empfindliches Gehör für
^^^te Aequabilitat und Vermeidung von Hilrten" (W. Hertzberg S. 61).
|. ^^^ glauben die Einen diese Merkmale noch unter dem Begriffe der Jugend-
^^teit befassen zu können (Ribbeck), während die Andern (W. Hertzberg,
^^^^i". Baur; auch L. Müller, de re metr. p. 42) in der einseitig technischen
y^'^^endung neben Stümperhaftigkeit in allen andern Beziehungen ein
^^^lien erkennen dass das Gedicht von Vergil nicht verfasst ist, auch
^^Ui sein Ursprung bis in die augusteische Zeit hinauf reichen sollte (so
^- Baur; dagegen W. Hertzberg: aus der ersten Hälfte des ersten christl.
^fh., zvnschen Ovid und Persius). Eingehende Beleuchtung des Culex
^öti "\^^ Hertzberg in der Einleitung zu seiner Uebersetzung, S. 6—25.
*^«dr. Baur, ist der uns überlieferte Culex ein Jugendgedicht des Vergi-
^^^8? in Fleckeisens Jahrbüchern 93 S. 357-377.
26*
404 Augusteische Zeit, 711—767 d. St.
5. M. Haupt, Verbesserungen des Textes des Culex, Monatsberichte d
Berliner Akad. 1858, S. 646—659^ Ribbeck, Vermutungen zum Cule
Rhein. Mus. XVIII. S. 100—112.
2) CiriS; die Geschichte von dem Verrathe der megarische
Königstochter Skylla an ihrem Vater Nisus und ihrer Verwani
hing in den Vogel Ciris. Das Epyllion stammt wohl aus dei
Kreise des Messala und ist dessen Sohn (Cos. 751 d. St.) g
widmet. Vergils Gedichte sind stark ausgebeutet; daneben ab<
zeigt sich der Verfasser als Schüler und Nachahmer Catull
und klingt ausserdem manchfach an Lucretius, sowie an Tibu
lus und andere augusteische Dichter an. In seiner feinen Schi
derung von Seelenzuständen erinnert das Gedicht an Vergi
Der Versbau ist weniger gefeilt als bei diesem, die Spracl
aber bewegter.
1. Für den vergilischen Ursprung der 541 Hexameter spricht nicht
Alles ab^r dagegen, und der Verf. simuliert auch keineswegs eine sold
Urheberschaft, äussert sich vielmehr im Eingange ausführlich über seil
persönlichen Verhältnisse. Darnach ist er ein schon älterer Mann, d«
nach einem bewegten (politischen) Leben am Liebsten sich ganz der (ej:
kureischen) Philosophie widmen und ein Lehrgedicht in deren Sinne ve
fassen möchte. Der Name desselben ist unbekannt. Cornelius Gallus, a
welchen J. H. Voss gerathen hatte (so dass vielmehr Verg^il die Ciris g
plündert hätte), ist es nicht; e. W. Hertzberg S. 63—66. Der Vermutui
(von W. Teuffei, in Pauly's Real-Enc. VI, 2. S. 2657), dass der Messa
(v. 54) welcher v. 36 iuvenum doctissime angeredet wird der älteste Sol
des Redners Messala, Mesaalinns (A. Haakh ebds. S. 2356 f. Nr. 100), Co
761, sei, haben auch W. Hertzberg S. 56 und Ribbeck Append. p. 16 z\
gestimmt. Das Gedicht mag also um 736—740 verfasst sein. Für d
Entstehung in der augusteischen Zeit macht L. Müller, de re metr. p. 4
den weiteren Umstand geltend dass in der Ciris auch die Elegieen Catulls m
das kleine Epos de Peleo et Theti nachgeahmt seien, während nach A
gustus sonst immer nur Catulls Jamben und Hendekasyllaben berücksichtij
werden.
2. Nachweis der Entlehnungen aus Vergil (welchem ganze Verse en
nommen werden, vgl. v. 96 f. 125. 167. 185. 210. 282. 267. 299. 302. 31
349. 370. 398. 406 f. 430. 437. 474. 638 ff.), aus Catull (v. 168 ff. 177 1
195 ff. 241. 360. 387 ff. 442. 511; vgl. M. Haupt, Quaest Catull. p. 45. 76
Observ. crit. p. 6. 14) und andern Dichtem s. bei Schrader, Emendation«
p. 34 ff. vgl. Sillig IV. p. 165 ff'. Abweichungen vom Sprachgebrauche Ve
gils, besonders im Gebrauche der Partikeln, Jacob zu Propert. p. 166 ut
bei Sillig IV. p. 143 f. Haupt, Observ. crit. p. 48. Abweichungen vc
dessen Versbau, W. Hertzberg S. 61 Anm., dessen ganze Einleitung (1
61 — 68) überhaupt die beste Charakteristik des Gedichtes enthält. Vg
auch Ribbeck, Appendix Vergil. p. 16—18. Im Ganzen steht die Weil
des Verfassers Catull (bzhgsw. Ovid) näher als der vergilischen.
Dichter: Vergilius (Ciris und Moretum). 405
3. Dass das Gedicht stofflich nach einem griechischen (alexandrinischen)
Voirhild gearbeitet ist macht theils der mythologische Charakter des Stoffes
seilest theils die Nennung des Paläphatus (v. 88), sowie (y. 488) die ety-
mologische Ausdeutung des Namens Ciris (von hbiqsiv)^ wahrscheinlich.
ÜEaloekannt aber ist ob Eallimachos oder Parthenios (Meineke, Anal. alex.
p. S73) oder ein Anderer dieser Vorgänger war.
4. F. W. Graser, Epist. ad Richter, qua I. Silligii de Cir. poem. ex-
orcLio disputatio examinatur, Guben 1835. 4. Kritische Beiträge von
M. Haupt (Quaestiones Catull. p. 75 — 78; Monatsberichte der Berliner
AWad. 1858, S. 659—671), G. Pütz (Adnotationes ad Virg. Cirin, Cöln 1846.
4.), ßibbeck (Rhein. Mus. XVIII. S. 112-122).
3) Moretum (der Kräuterkloss), eine anmutige Idylle aus
der Zeit des Vergilius, vielleicht von diesem selbst nach einem
griechischen Gedichte des Parthenios gearbeitet, voll anschau-
licher Detailmalerei und liebenswürdiger Laune, sowie in mei-
sterhafter Form.
1. Nach J. G. Vossius, de poet. gr. 9 fand sich in einem cod. Ambros.
dea Gedichts die Angabe: Parthenius Moretum scripsit in Graeco, quem
Virgilius imitatus est. Sie bildet wohl die Vermittlung mit der Thatsache
dass die ,JPrische der Anschauung, Plastik der Ausführung und sinnliche
Scharfe der Charakteristik" (W. Teuffei in Pauly's Real-Enc. VI, 2. S. 2658)
in dem Gedichte, „die scharfe, jeder Phrase abholde Bezeichnung der
Dinge wie sie sind" (W. Hertzberg S. 95), sonst gar nicht Vergils Art ist.
Und dass das gpriechische Original ziemlich wortgetreu übertragen sei hat
W. Hertzberg (S. 95. 100. 101 f ) aus dem Namen Simylus, dem Masse
y- 18 und aus v. 116 erschlossen. Die 124 Hexameter schildern wie der
Bauer Simylus in der Morgendämmerung aufsteht, sein Brod bäckt, sein
inoretum fertig macht und dann an die Arbeit geht. Auch Suevius hatte
®ui Moretum verfasst (oben 25, 2), und die Vermutung ist nicht ohne
•Wahrscheinlichkeit dass der Wunsch es besser als Suevius zu machen den
V^ergii zu neuem Anfassen der Aufgabe veranlasst habe. Jedenfalls ist
r*® Gedicht aus der besten Zeit der römischen Literatur, wie schon die
^^llung beweist welche v. 76 die lactuca im Vergleich mit der Zeit Mar-
*^J'8 (Martial. XIII, 14, 1) einnimmt (Stauder in der Zeitschr. f. Alt.-Wiss.
^^> S. 290). Vgl. Lachmann zu Lucret. p. 326: in Moreto, quod Carmen
^''gilianis aetate par esse existimo. M. Haupt, Quaest. Catull. p. 52.
• llertzberg's Einleitung S. 93—96. Ribbeck Appendix p. 14 f.
^. F. G. Klopfer, Moretum quod vulgo Virgiho adscribitur, cum ver-
'^oixe vemacula et animadversionibus, Zwickau 1806. 4. Schneidewin in
|*lx's Archiv H. S. 426 f. Chr. Jahn ebds. IV (1836). S. 627-639. M.
^pt» Quaest. Catull. p. 49—63. Stauder, zu Vergil's Moretum, Zeitschr.
^- ^. Alt.-Wiss. 1863, Nr. 37 f.
4) Copa (die Schenkwirtin) , eine kleine Elegie aus bester
^^it, in ihrer Technik ganz der Weise Vergils entsprechend,
^in so weniger a|;>er mit ihrem lebenslustigen Inhalt und Ton
ftn ihn erinnernd, zudem mit Anklängen an vergilische Stellen.
406 Augusteische Zeit, 711—767 d. St.
1. Als vergilisch bezeichnet i/v erden die 19 Distichen durch einige Hd
und auch Charisius hielt sie dafür; s. Charis. I. p. 47 P. = 63, 11 !
quamvis Vergilius librum suum Cupam inscripserit. Auch Lachmann
Lucret. III, 374. p. 164 citiert Vergilius . . in Copa 31. Die üebere
Stimmung der Copa mit der vergilischen Technik im Bau des Pentamet
hat W. Hertzberg S. 105 nachgewiesen, aber auch S. 104 die mit Prop
tius (da an Catull der Zeit nach nicht zu denken sei), und S. 103: „•
reinliche und scharfe Detailmalerei, die Kurze des Ausdrucks, die Yolu
lität der Satzbildung, und die lebensfrohe übermütige Stimmung die (
Ganze durchzieht, diesB sind gerade nicht charakteristische Eigenthümli
keiten Vergil's**. V. 27 cantu rumpunt arbusta cicadae = Georg. III, 85
V. 35 cineri ingrato = Aen. VI, 213; vgl. umbrosis harundinibus (v.
mit Aen. VIII, 34 umbrosa harundo. V. 31 = Calpum. ecl. XI, 46. 1
pendix Vergil. p. 14. Das Gedicht über die augusteische Zeit hinab
rücken liegt jedenfalls keinerlei Grund vor.
2. C. D. Ilgen, Animadversiones philolog. et criticae in carmen Vi
quod Copa inscribitur, Halle 1820. 4. (hält ohne Grund den Valgius Ru
für den Verfasser). Heyne-Sillig IV. p. 281 ff. üebersetzt (mit den Cat
von F. Fiedler, Wesel 1830. 4. K. Zell, Ferienschriften I. S. 5—52.
Müller, Rom und die Römerinnen II. S. 171 ff.
5)^Catalecta, eine Sammlung von vierzehn Gedichten
elegischen und iambischen Masse und von manchfaltigem ]
halte. Der vergilische Ursprung ist nur bei wenigen bezeu
aber auch nur bei wenigen unmöglich. Mindestens aus der Z
Yergils scheinen alle zu stammen.
1. AuBonius grammaticomast. (Idyll. 12) 5 f.: die quid significent
talecta Maronis? in his (2, 3) al Celtaruin posuit, sequitur non lucidius t
Die Hdss. der Cat. selbst nennen sie catalepton und cathclepton; da
Bergk, Rhein. Mus. XX. S. 291 für den eigentlichen Namen %axa Xbu
erklärte, was aber für eine Sammlung vermischter Gedichte kaum ein
passender Titel wäre wie %azttXi%za. Dagegen Prolnsiones (scherzhi
Jugendgedichte) scheint man vorzugsweise die (vermeintlich vergiÜscb
Priapeia genannt zu haben; s. Diomed. III. p. 512 P. undE.: Priapei
quo Vergilius in prolusionibus suis usus fuit, tale est: incidi patulun
gpecum procumbente Priapo , welcher sinnlose Vers , wie das Folge
zeigt, von dem Grammatiker zur Veranschaulichung der metrischen F(
gebildet ist und keineswegs vergilisch sein soll. Solcher Priapeia ste
in den Hdss. der Catal. an deren Spitze drei (Append. Vergil. p. 147 — II
das erste ganz kurz und unbedeutend, v. 1 mit fehlerhafter Synalö
und in seiner Pointe gleich Martial. VIII, 40; das zweite (iambische
nare) und dritte (im Priapeius) Variationen desselben Thema's, ohne sieb
Urheberschaft; s. W. Hertzberg S. 110 f. Append. Verg. p. 4 f. I
Plin. Ep. V, 3, 6 den P. Vergilius (oben 26, 1) unter den boni aufzl
welche erotische lusus verfasst haben wird aufgewogen durch das Sch^
gen Ovids, welcher (Trist. U, 535—538) aus diesem Gebiete nur Aen.
und die Bucolica zu nennen weiss. Vgl noch J. E. Wemicke, Priap
(Thorn 1853) p. 9—11. 108—112. F. Bücheier, Rhein. Mus. XVHI. p. 2
Dichter: Vergilius (Copa und Catalecta). 407
2. Von den Catalecta haben elegisches Mass Nr. 1, 6, 9—14; iambisches
Nr. 3, 4, 5 und 8, sowie (choliambisches) Nr. 2 und 7. Als vergilisch be-
gl^ia.bigfc ist Nr. 2 (auf Annius Ciraber, oben 196, 10) durch Quintil. VIII,
3, ^S und Ansonius (s. A. 1). Ein bestimmtes Merkmal welches die Ur-
hel>er8chaft Vergils ausschlösse trägt nur Nr. 5 an sich, dessen Eingang
pex"»önliche Verhältnisse seines Verfassers andeutet die den vergilischen
widerstreiten. Auch die servile Elegie an Messala (Nr. 11) aus J. 727 kann
niclit von Vergil sein (schon wegen v. 17), sondern ist von einem Anfänger
dex- seine mythologische Gelehrsamkeit zur Schau trägt und eher in der
Manier des Ovid als des Vergil dichtet. Ribbeck Append. Verg. p. 12 f.
rkttk auf Lygdamus (unten 228, 4), was wenigstens glaublicher ist als R. ün-
gerH Verwendung für Valgius Rufus (de Valg. Ruf. p. 304 ff.). Die Bitterkeit
der lamben (bes. von Nr. 3 f. und 8) stimmt zwar wenig zu dem sanften
Wesen welches Vergil später an sich hatte, erklärt sich aber genügend
auB der Hitze der Jugend, der Erregung der Zeit, und dem Vorgange des
Catull. Sie und das catullische Citat in 3, 6, die Travestie eines catullischen
Gedichts in Nr. 8, sowie die Hinkiamben Nr. 7, und in Nr. 13 catullische
ELeminisceuzen, lassen auf eine literarische Durchgaugsstufe schüessen auf
welcher Vergil von CatulPs Geist und Weise hingenommen war. Zu Ver-
gils persönlichen Verhältnissen passen genau Nr. 6, 7, 10; Männern aus
seinem Kreise gelten 1, 9, 13, 14. Im Allgemeinen s. W. Hertzberg's Ein-
leitung zu seiner üebersetzung der Catalecta, S. 108—110, und Ribbeck,
Appendix Vergil. p. 6—14.
3. Vgl. den Heyne- Wagner 'sehen Vergil IV. p. 341—382.^ F. Fiedler,
« Verg. Catalectis epigramm. VII et Copa, Wesel 1830. 4. F. Näke,
Valer. Caton. (1847) p. 221 ff. M. Haupt, Emendationes Catalect. Vergil.,
^ün 1859. 13 pp. 4.
4. Von den Epigrammata welche des Donatus und Servius Aufzählung
(oben 1, A. 1) enthält ist eine Probe das Epigramm auf Balista. Mehrere
iatte man vielleicht früher; oder war diess der ältere Titel für die später
^f^ecta genannte Sammlung. Wenigstens Gedichte im epischen Masse,
^® Vir bonus und Est et non, können zu keiner Zeit als Epigrammata
^^ichnet worden sein.
ö. Ueber die Dirae s. oben 187, 2. Ueber das Lehrgedicht Aetna s-
^^ bei dem Lucilius des Seneca. Dieses dem Vergil zuzuschreiben ver-
r^^«ten wohl dessen theologische Studien und Vorliebe für Unteritalien,
^"^icht auch die Nachahmung des vergilischen Stils in dem Gedichte.
^ ^. In einigen Handschriften (s. Append. Vergil. p. 24) werden dem
^^%ü zugeschrieben auch drei spätlateinische Gedichte, de viro bono et
'^'^^ente, de est et non monosyllabis, de rosis nascentibus et senescentibus,
%enommen in die lateinischen Anthologien von Burmann und H. Meyer
?^^ in Bibbecks Appendix Vergil. (p. 181 ff.). Die Elegie Rosetum (50
^^e) kann nach Latinität und poetischem Stil nicht vor dem vierten
^^^^istüchen Jahrh. verfasst sein und findet sich auch in einer Hdschr. des
^^^%oniu8. Die 25 Hexameter über Est et non (Ja und Nein) werden in
^^hreren Hdss. dem Priscianus eloquentissimus, also wohl dem Gramma-
^>ker des Namens, beigelegt und werden auch nicht älter sein. Die 26
Q^xameter über den vir bonus sind eine Ausweitung horazischer Gedan-
408 Augusteische Zeit, 711—767 d. St.
ken (bes. S. II, 7, 86 f. Ep. II, 2, 206 ff.) und begegnen sich mehrfach i
den apokryphen XQ'^^^ ^^^' ^gl- Näke, Val. Cat. p. 240. Auch zwei E
gieen auf Maeceuas (Appendix Yergil. p. 193 ff.) tragen in zwei Hai
Schriften den Namen des Vergil, und ihre sorgfältige Technik weist
den ersten christl. Jahrhunderten zu; vgl. L. Müller de re metr. p. 52 i
Ribbeck Append. p. 61.
7. Von prosaischen Schriften des Vergil ist nur sein Briefwech
mit August bekannt, welcher wohl auf August's Betrieb veröffenÜi
wurde. Proben daraus in Donats vita Verg. 31 (46) und bei Macrob
24, 11 (oben 214, 5). Vgl. Tac. dial. 13 (testes Augusti epistolae), Claudi
Epist. 3, 23 (dignatus tenui Caesar scripsisse Maroni), und das Urteil <
älteren Seneca exe. controv. III, 8. p. 361, 14 f. Bu.: Vergilium illa f*
citas ingenii in oratione soluta reliquit.
8. Unter den Handschriften der sog. kleineren Gedichte ist •
Helmstädter die reichhaltigste. Von den andern enthält die eine Cla
Aetna, Ciris, Catalecta u. A., die andere den Culex, Dirae, Copa, Moret
nebst dem Vir bonus u. s. w. Von der ersten Classe ist am vollständ
sten der codex Rhedigeranus. Andere sind aus beiden Classen gemisc
Beschreibung dieser Hdss. bei Ribbeck, Appendix Vergil. p. 24—38. V
R. Peiper in der Berliner Ztschr. f. Gymn. 1868, S. 770—777.
9. Von den übrigen vergilischen Gedichten besitzen wir siel
Handschriften in Capitalschrift, wovon jedoch drei nur eine Anzahl Blät
umfassen, nämlich die schedae rescriptae Sangallenses (G bei Ribbec
die schedae rescr. Veronenses (V), und die drei Berliner Blätter (
welche ursprünglich zu einer vaticanischen Handschrift (Nr. 3256) gehört
Die älteste, aber ebenfalls sehr unvollständige, Handschrift sind die schei
Vaticanae Nr. 3225 (F) aus dem zweiten christl. Jahrh. Von den umfa
reicheren (aber gleichfalls nicht ganz vollständigen) Handschriften ist 1
sonders wichtig der Mediceus (M) aus dem fünften Jahrb.; cod. Palatü
(P), Nr. 1631 in der Vaticana, aus 4—6. Jahrb.; cod. Vaticanus Nr. 3)
(R) aus dem vierten Jahrh. Dazu der cod. Gudianus (y) saec. IX, i
Berner Hdss. (a, b, c) aus saec. IX und X, sowie (aus saec. X — XU) <
codex Minoraugiensis (m). Ueber diese Hdss. s. Ribbeck Prolegomena
tica ad Verg. (1866) p. 218 — 230; de scriptura codicum antiquissimor
ib. p. 231—264; und libronma manu scriptorum rationes explicantur
p. 265—361 (wo p. 363 do codicibus Vindobonenaibus und p. 353—361
aliis recentioris aetatis libris). Ergebniss p. 361 : redire omnem nostram i
moriam ad uuum archetypum currenti stilo parnm nitide scriptum oppleti
que nube coniecturarum, glossematum atque interpolationum (vgl. oben ^
3. 214, 4). Sonstige neuere Literatur über die Vergilhandschriften. J. G. I
Varietas lect. ex cod. membr. acad. bibl. Lundeusis, Lund 1844, 9 Par
G. Butler, codex Vergilianus qui nuper ex bibliotheca abbatis Matt. L
Canonici Bodleianae accessit (angeblich aus saec. XI) cum Wagneri te
coUatus, Oxon. 1854. G. H. Pertz, über die Berliner und die vaticaniFcl
Blätter u. s. w. Berlin 1863. 4. (Abhandl. der Berl. Akad.) nebst d
Nachtrag in den Monatsberichten 1864, S. 278 ff. und J. Henry in Fle
eisens Jahrbb. 95, S. 419—423. E. Hoffmann, zur Eenntuiss und Beurteilt
einiger Vergilhdss., Ztschr. für Ostreich. Gymnasien XVI. S. 129—1
Dichter: Vergilius (Handschriften und Ausgaben). 409
47 •7' — 508. Winnefeld, ein Ueberrest eines Codex von Vergils Aeneis mit
SoboHen des Servius, Eos IL S. 533—540.
10. Gesammt ausgaben der vergilischen Gedichte. Vgl. die Notitia
lit-^xaria in der Zweibrücker Ausg., in der Heyne-Wagnerschen Ausg. IV.
p. €36—742, und Schweigers class. Bibliogr. II, 2. S. 1145 11'., auch F. W.
W^fifc^er, Grundriss der class. Bibl. (Breslau 1840.) S. 539—547. Wir nen-
nen nur die wichtigsten. Ed. princ. , Rom um 1469. fol. Venet. ap. Aid.
l&Ol. 8. u. oft. Cum comment. Donati, Serv. etc. per Ge. Fabricium, Basil.
1&^ 1. fol. u. oft. Argumentis, explicationibus et notis iUustrata a J. L. de
l& Cerda, Madrit. 1608—1617. fol. 3 Voll. E recens. Dan. Heinsii, Lugd.
E^i^. 1636. 12. Rec. Nie. Ueinsius, Amstelod. 1664. 1676. 12. Interpretat.
e^ notis illnstr. Car. Ruaeus, in us. Delph., Paris 1675 etc. 4., ed. noviss.
oi>era J. J. Roquete, 3 Voll. 12. Paris 1850. Cum comment. Serv., Philarg.
e-fco., ürsini, N. Heinsii etc. ed. P. Burmann., Amstelod. 1746. 4 Voll. 4.
V'^riet. lect. et perp. adnot illustr. a C. G. Heyne, Lips. 1767—1775.
VSr Voll.; ed. II. 1788; ed. HI. 1798—1800. V Voll.; ed. IV. cur. G. Ph. E.
W^agner, Lips. 1830—1832. IV Voll. (Vol. IV: Virg. quae vulgo feruntur
cajnnm. Culex etc., rec. et Heynii suasq. obss. add. J. Sillig), wozu 1841
a.ls Vol. V.: P. Vergili Mar. carmm. ad pristinam orthographiam . . . re-
v^ocata, nebst Indices. Auszug der Heyne'schen Ausgabe: in tironum grat.
I>«rp. adn. ül. C. G. Heyne, Lips. 1779. 1788. 1799. 2 Voll., cum auimadvv.
e<i, E. C. F. Wunderlich et F. E. Ruhkopf, ib. 1816 f. 1822. 2 Voll. Ad
t>I>tiin. librr. fidem recogn. et in us. schol. ed. J. Chr. Jahn, Lips. 1825.
e<i. II. 1838. ed. IV. 1850. Rec. et illustr. A. Forbiger, Lips. 1836—1839.
®<i- II. 1845. ed. III. 1852. Perpetuo comm. ad modum J. Bond explicuit
^r. Dübner, Paris (Didot) 1858. 16. Recensuit 0. Ribbeck, Lips. Teubner
1B59— 1862, 3 Bde., wozu 1866 Prolegomena critica und (als Vol. IV) 1868
-Appendix Vergiliaua. Oeuvres de Vergile, texte latin . . avec un com-
^Xftentaire critique et explicatif, une introduction etc. par E. Benoist, Paris
^»67 ff.
Schulausgaben von K. F. Süpfle (Carlsruhe 1842. 1847), Ph. Wagner
^*'eviter enarravit, Lips. 1845. 1849. 1861; in deutscher Bearbeitung von
^^cb, Leipz. 1849), Th. Ladewig (Berlin, Weidmann, 1850-1852; 3 Bdchn.;
*^^Ue8te Aufl. die fünfte).
Textausgaben von Paldamus (Lips. Tauchnitz 1854, mit Einleitung),
r^- Haupt (ed. nitida, Lips. Hirzel 1858), Th. Ladewig (Berlin 1866), Rib-
^^<ib (Bibl. Teubner., Lips. 1867).
Ph. Wagner, Quaestiones Vergilianae (in der Heyne'schen Ausgabe IV.
^* ^3 — 587) und Lectionum Vergilianarum libellus, Philologus Suppl. I.
^- 307—426; nebst Philologus XV. S. 351 f. XVI. S. 537—542. XVII. S.
*JO— 172. C. Regel, Quaest. Verg. criticarum specimen, CeUe 1866. 30 pp. 4.
*^^. Spitta, Quaestiones Vergilianae, Göttingen 1867. 47 pp. 4.
216. Vergils Gedichte erhielten frühzeitig Eingang in den
Schulen, fanden Nachahmer ; Uebersetzer und Erklärer, unter
Welchen M. Valerius Probus einer der ältesten und bedeutend-
sten war, späterhin Servius. Des Letztem Commentar besitzen
wir noch, von den anderweitigen Arbeiten Ueberreste in den
410 Augusteische Zeit, 711—767 d. St.
verschiedenen Scholiensammlungen. Daneben lyurden die v<
gilischen Gedichte auch für centones verwendet und vom Ab
glauben als Stechbuch. Vergil selbst aber wurde im Mun
des Volks allmählich zu einem Wunderthäter und Zauber
auf dessen Namen bis tief in das Mittelalter hinein die Voll
des Abendlandes wetteifernd ihre phantastischen Erfindung
und Sagen häuften.
1. Suet. gramm. 16: Q. Caecilias Epirota . . primus dicitur . . Ver
lium et alioB poetas novos praelegere coepisse. Quintil. I, 8, 5: optii
institutam est ut ab Homero atque Yergilio lectio inciperet. Oros. I, 1
Aeneae . . adventus in Italiam qnae arma commoverit . . ladi littera
disciplina nostrae quoqne memoriae inustum est. Augostin. civ. dei I,
apud Vergilium, quem propterea parvuli legunt ut videlicet poeta magE
omniumque praeclarissimus atque optimus teneiis ebibitus auimis non'
eile oblivione possit aboleh. lul. Capitol. Clod. Albin. 5, 2: fertur in sei
lis saepissime cantasse inter puerulos „Arma amens** etc. (Aen. II, 31
Auson. epigr. 137, 1: Arma virumque docens atque Arma virumque p
ituB. Auflösung vergilischer Stellen in Prosa als Schulaufgabe, August
confess. I, 17. — Anspielungen auf Yergilisches oft bei Ovid (z. B. Met.
165. III, 501). Anführungen der Aeneis (II, 77) auch bei Phädrus, fab. I
praef. 27; bei Sulpicia sat. 32 (Ae. I, 279), luvenal II, 99 f. III, 197. 1
102. Vgl. Wehle, Observ. in Petron. p. 44 ff. Ribbeck prolegg. crit.
200 ff. Schon Livius hat aus der yergilischen Phraseologie Vieles ei
nommen; noch mehr Tacitus; s. E. Wölfflin, Philologus XXVI. S. 130— IJ
Benutzung in den Bhetorschulen ; Serv. Aen. X, 18: et Titianus et Call
(Var. Catulinus), qui themata omnia de Vergilio elicuerunt et adformaverv
ad dicendi usum. Vgl. Ribbeck prolegg. p. 188. Vergilstellen fand m
in Pompeji au den Wänden angeschrieben, bes. Ecl. VIII, 70. II, 56. A<
II in. Rhein. Mus. XII. S. 260 f. Auf einem silbernen Löffel steht £
U, 17; auf einem Relief der Villa Albani Aen. I, 607 ff. über dem Ko]
einer Wildbräthändlerin, 0. Jahn Berichte der sächs. 6. d. W. 1861, S. 3»
Verwendung auf Grabschriften , Marini fratr. Ar?, p. 826 f. papiri dipl.
332 f. Anführungen im täglichen Leben, Suet. Dom. 9. Dio LXXV,
Lamprid. Diadum. 3, 7. Vopisc. Tac. 5, 1. Car. 13, 3. Apulej. apoL
(Aemilianus habe ob deorum contemtum den Beinamen Mezentius) u. c
2. Q. Glitius Felix, Vergilianus poeta, auf einer Inschrift aus Rom 1
Orelli 1179. Nachahmer Vergils aber sind kurzweg alle römischen Epil
und Didaktiker mehr oder weniger, am meisten Persius, Valerius Flacc
Statins, Silius Italicus, Aubonius, Prudentius, Paulinus (L. Müller de
metr. p 136). Anfang von centonenartiger Verwendung der vergilisch
Gedichte schon in der Ciris, s. oben 215, 2. A. 2. Aus späterer Zeit des Am
nius cento nuptialis u. A.; s. oben 29, 3. F. Haseubalg, de centonil:
Vergilianis, Putbus 1846. 4. W. H. D. Suringar, Anonymi cento Vergil
nus de ecclesia, Utrecht 1867. Noch von A. Rosäus wurde die Aeneis
einer Christiade umgearbeitet: Virgilii evangelisantis Christiados libri XI
Tigur. 1664.
3. Verwendung als Stechbuch, um in zweifelhaften Lagen daraus Ra
Dichter: Vergiliue (Fortleben seiner Gedichte). 411
zu schöpfen, sortes Vergilianae, auch ofBziell in Tempeln; s. lul. Capitol.
Clod. Albin. 5, 4: in templo Apollinis Cumani . . cum BOrtem de fato euo
tolleret, hie versibus ei dicitur esse responsum (Aen. VI, 857 f.). Lamprid.
Ale3. Sev. 4, 6: huic sors in templo Praenestinae talis exßtitit (Aen. VI,
8B^^. 14, 5: ipse . . Vergilii sortibus huiusmodi illustratus est (Ae. VI,
843 ff.). Spartian. Hadr. 2, 8: cum sollicitus . . Vergilianas sortes consu-
leret , Quis procul etc. (Ae. VI , 808 ff.) sors excidit. Trebell. Poll. Claud.
lO , 4 ff. : cum in Apennino de se consuleret responsum huiusmodi accepit
(Ä.e. I, 265); item cum de posteris suis (Ae. I, 278); item cum de fratre
(Ae. VI, 669). Schwarz, de sortibus poeticis, Altorf 1712 = diss. sei. p.
17 ff. Im Mittelalter wurde namentlich die einen prophetischen Ton an-
st-ixumende vierte Ekloge messianisch gedeutet; Th. Creizeuach, die Aeneis,
die vierte Ekloge imd die Pharsalia im Mittelalter, Frankfurt a. M. 1864.
37 S. 4. Nachklang davon oben 212, 5 g.E. und F.Piper, Virgilius als Theolog
und Prophet des Heidenthums in der Kirche, Berlin 1862 (evangel Kalender
Ar 1862, S. 17—83). So sollte Vergil auf die Bekehrung Constantins Einfluss
^eliabt haben; vgl. Rossignol, Virgile et Constantin le graud, Paris 1845.
4. Uebersetzer Arrianos (s. oben 213, 2 a. E.) und vgl. Sen. Consol.
ad Poljb. 8, 2: Homerus et 'Vergilins, tam bene de humano genere meriti
q\iam tu et de omnibus et de illis meruisti, quos pluribus notos esse vo-
liusti quam scripserant.
5. Ueber die Erklärer der vergilischen Gedichte s. Ribbeck prole-
g'omena critica c. 9, p. 114—200, wo abgehandelt sind Q Caecilius Epi-
rota, Pollio, C. lulius Hjginus, lulius Modestus, L. Annans Comutus, Ae-
ixiilius Asper, M. Valerius Probus (p. 136—165), Flavius Caper, Urbanus,
VeliuB Longus, Q. Terentius Scaurus, Caesellius Vindex und Sulpicius Apol-
lükaris, Helenius Acro, Haterianus, Aelius Donatus, Carminius, Avienus,
Sexvius, die angeblichen commentarii des Probus, lunius Philargyrius, die
scliolia Bemeusia und scholia Veronensia. Dazu H. Hagen vor seiner Aus-
^^^e der Scholia Bemensia p. 696—708. Ueber die einzelnen Gramma<
•***ter B. unten, je in ihrer Zeit. Hier nur über die Scholien Sammlungen.
^^tej diesen geben sich die Bemer (zu Buc. und Georg.) selbst als Aus-
^^^e aus den Commeutarien von T. Gallus, Gaudentius und lunilius Fla-
^^^ (aus Mailand); s. H. Hagen L 1. De scholiorum Bemensium codi-
r^i ^^ bei Hagen p. 689—696. Ausgabe derselben zuerst von C. W. Müller
^^dolstadt 1847. 1852. 1853. 1854. 4.), besser von H. Hagen in Fleckeisens
^^rbb. SuppL IV. p. 749—983, wozu Appendices und Indices p. 984—1014.
^^^ (trümmerhaften) Scholia Veronensia zuerst aus einem Palimpsest zu
^<X)na herausgegeben von A. Mai, dann abgedruckt an Lion's Servius II.
*.' 305 ff. und am besten von H. Keil, M. Valerii Probi in Vergilii Buco-
. ^ et Georgica commentarius (p. 1 — 68). accedunt scholiorum Veronen-
*^^tö (p. 71—108) et Aspri quaestionum Vergilianarum (p. 111—115) frag-
^^ta, Halle 1848. Dazu Rhein. Mus. VI. S. 369 ff. und in Fleckeisens
^.^bb. 93, S. 65—72. Vgl. noch G. Thilo, Beiträge zur Kritik der Scho-
^^ten des Vergil, Rhein. Mus. XIV. S. 535 ff. XV. S. 119—154. Th.
Vommsen, über die Münchner Hds. der vergilischen Scholien, Rhein. Mus.
^Vl S. 137—140. A. Riese, de commentario Vergiliano qui M. Valeri
^robi dicitur, Bonn 1862. — J. M. Dozio, Cynthii Cenetensis in Vergil.
412 Augusteische Zeit, 711—767 d. St.
Aen. commentar. (zuerst herausgg. von A. Mai, auct. class. VII) e a^'
Ambros., Mailand 1845.
6. Ueber die versificierten Inhaltsangaben zu Vergils Werken 8.
Müller, Rhein. Mus. XIX. S. 114—125. Bibbeck, Prolegomena critica ^'
369—380.
X
et
%
d
7. Das grosse Ansehen welches Vergil bei der Nachwelt als Dicht .
genoss und welches sich auch in Verehrung seiner Grabstätte bekunde' "^^^^
(Plin. Epp. m, 7, 8. Vgl. Martial. XI, 48 f. Stat. Silv. IV, 4, 61 ff.), d
Buperstitiöse Gebrauch den man von seinen Gedichten machte (oben A. 3
zusammen mit Ausdeutungen seines Namens (von virga Zauberstab) an»
des seiner Mutter (maga), bewirkte dass die Person Vergils allmähhch in.^^^^ *^*
Mythische verflüchtigt wurde. Schon in Donats vita finden sich derartig»":^^ 8^
Züge, §. 3—5, dann in den späteren Zusätzen 8—18, 69 f. und 78, und }^ O 3^
tiefer ins Mittelalter hinein, desto abenteuerlicher wird die Ausmalung^^ -^^Si
desto mehr wird Vergil zu einer Gestalt wie Faust oder Theophrasto-Ä:^ ^^8
Paracelsus. Im Unterschied von diesen erscheint er aber stets als q\w.^^^^
wohlwollender Genius, der überall gern helfend eingreift. Nur eine
merin die seine Liebe schnöd getäuscht hatte bekommt auch seine Bach»
zu fahlen. Wie für die romantische Phantasie die Namen aller Zeiter
und Völker wild durcheinandertaumeln, so wurde auch Vergil bald un
den fabelhaften Kaiser Octavianus gesetzt bald unter den König Servi
(in den sieben Weisen), bald unter Titus (Gest. Rom. c. 67), bald un
Darins in Rom (ib. c. 120), auch in die Bretagne unter den König Artu
oder ist er Sohn eines Ritters aus „Campanien im Ardenner Wald'* u
einer römischen Senatorstochter unter dem Kaiser Remus, der sein
Oheim Romulus erschlug und dessen Nachfolger sein Sohn Perseus wurd
unter dessen Regierung Vergiüus an der Schule zu Toledo studiert ^^rte
(deutsche Volksbb. S. 3—7). Der Schauplatz seiner Thaten sind die Städ^'
Rom und Neapel. In Rom thut er seine Wunder meist auf Veranlassu
des Kaisers, der ihn nach einem nutzlosen Kampfe mit ihm zu seines:
obersten Rathsherm gemacht hat, und dieselben bezwecken theils diz
Sicherung des Staats nach aussen (wie die Salvatio Romae) theils 0
nung im Innern. In seinem geliebten Neapel aber, das er gründete
im Grunde der See auf Eier stellte, sorgt er durchgängig aus eigene
Antrieb für die Wohlfahrt der Stadt. Von seinem Leben in Neapel i
ein besonders grotesker Zug dass er auf einer durch die Luft geschlagener
Brücke sich die Sultanstochter aus Babylon holt. Vgl. im Allg. Genth»^
vor seiner üebersetzung der Eklogen S. 58—97 = 47— 85 der zweiten Aus,
Ad. Keller, Li Romans des sept Sages, p. CCIII f. Siebenhaar, de fabuli^^
quae media aetate de P. Virg. circumferebantur, Berl. 1837. 4. F. Michel
quae vices quaeque mutationes et Virgilium ipsum et eius carmina pe
mediam aetatem exceperint, Paris 1816. Grässe, Beiträge zur Lit. un
Sage des Mittelalters (Dresden 1850. 4.). II: zur Sage vom Zauberer Vir-'
gilius. G. Zappert, Virgils Fortleben im Mittelalter, Wien 1851 (Denk-
schriften der Wiener Akad. II). Schwubbe, P. Virgilius per mediam ae-
tatem gratia et auctoritate florentissimus, Paderborn 1852. 4. K. L. Roth«
über den Zauberer Virgilius, in Franz Pfeiffers Germania IV. (1859) S.
267—298; vgl. K. Bartsch ebds. S. 237—240. C. G. Milberg, Memorabilia
)
Dichter: Vergilius (als Zauberer). Cornelius Gallus. 413
rer-^liana (Meissen 1857. 4.) und Mirabilia Vergiliana (Meissen 1867. 4.).
•'. GregoroviuB, Geschichte d. Stadt Rom IV (1866) g. E. Comparetti, Vir-
plio mago ed innamorato, 1867 ff. Les faictz merveilleux de Yirgile, Genf
867. 64 pp. 24. (Wiederabdruck eines Volksbuchs des 15. Jahrb.).
217. Vergils Jugendfreund, Cornelius Gallus aus Forum
ulii (J. 685—727 d. St.), war der Erste welcher die erotische
Slegie der Alexandriner auf römischen Boden verpflanzte. Aber
lurch Octavians Gunst in kriegerische und politische Stellungen
jerathen, wurde er übermütig und endete frühzeitig tragisch.
1. Asinius Pollio bei "Cic. ad fam. X, 32 extr. (J. 711): Gallum Corne-
ium, familiärem meum. Probus zu Yergil. Buc. p. 6, 1 Keil: insinuatus
^.u^rQgto per Cornelium Gallum, condiscipulum suum, promeruit (Vergilius)
it etc. An ihn gerichtet ist Vergil. £cl. X (J. 715), wonach er damals
^»ereits Gedichte verfasst und die Untreue seiner Geliebten Lycoris (oben
199, 1) erfahren hatte; s. v. 2 — 6. 10. 22 ff. 42 ff. 72 ff. Dazu Servius:
Gallus ante omnes primus Aegypti praefectus fuit, poeta eximius. nam
et Euphorionem . . transtulit in latinum sermonem et amorum suorum de
Cytheride scripsit libros quattuor. . . fuit autem amicus Vergilü, adeo ut
quartus Georgicorum a medio usque ad finem eins laudes teneret; s. oben
213, 1. vgl. 210, 3. Prob, zu Ecl. 10, 50: Euphorion, . . cuius in scribendo
»ecutus colorem videtur Cornelius Gallus. Ovid. Trist II, 445: nee fuit
opprobrio celebrasse Lycorida Gallo. Vgl. rem. am. 765. Martial. VIII,
73, 6. Quintil. X , 1 , 93 nennt ihn als Elegiker durior. Vgl. noch oben
196, 2. 215, 2, A. 1.
2. Theilnahme des Gallus am Kriege gegen Antonius, Dio LI, 9.
Sueton. Aug. 66: Cornelium Gallum, quem ad praefecturam Aegypti (J.
7^-4) ex infima fortuna provexerat (vgl. Dio LI, 17. Strab. XVII. p. 819.
Eiitrop. VII, 7). . . ob ingratum et malevolum animum domo et pro-
v^mciis suis interdixit. Gallo et accusatorum denuntiationibus et senatus
consultis ad necem compulso etc. Hieronym. chron. a Abr. 1990 = Aug.
^7 «=» Ol. 187, 2 = 27 V. Chr. = 727 d. St.: Cornelius Gallus Foroiulien-
"^^ poeta, a quo primum Aegyptum rectam supra diximus, XLIII aetatis
^^^« anno propria se manu interfecit. Vgl. Ovid. Trist II, 446. Amor.
^ d, 63 f. Propert III, 32, 91 f. Dio LIU, 23 f. Anunian. Marc. XVII,
^ ^. w. A. Beckers Gallus^ L S. 16 ff. — Suet. gramm. 16 : Q. Caecilius
"pirota . . ad Cornelium Gallum se contulit vixitque una familiarisaime.
* Post deinde danmationem mortemque Galli etc.
3. Sehr zweifelhaft ist Jacobs' Zutheüung zweier griechischen Epi-
^*^tume (Anal. II. p. 106. AnthoL gr. II . p. 93) rdXXov an Cornelius
*^^Ufl. Ueber eine Fälschung mit dem Namen des Gallus s. oben 29, 2 E.
4. C. Ch. C. Völker, commentatio de C. G. .vita et scriptis, P. I. Bonn
^^^. II. Elberfeld 1844.
218. Q. Horatius Flaccus, geboren 8 December 689 d. St.
^^ Venusia, als Sohn eines Freigelassenen, erhielt seinen Un-
^^richt zu Rom und dann (etwa J. 709) zu Athen. Dorthin
*^^in im August 710 M. Brutus und gewann auch den jungen
414 Augusteische Zeit, 711 — 767 d. St.
Horaz für seine Sache. Von ihm zum tribunus militum ernan
zog Horaz mit ihm in Makedonien und Asien herum , bis c
Schlacht bei Philippi (Herbst 712) seiner kriegerischen Lai
bahn ein jähes Ende machte. Er benützte die Amnestie z
Rückkehr nach Rom und kaufte sich, durch die Ackerverthe
ung unter die Veteranen seines väterlichen Vermögens beraul
die Stelle eines Quästorenschreibers. Daneben veröflFentlichte
Satiren und Epoden. Hierdurch bekannt geworden wnrde
Ende 715 von Vergil und L. Varius dem Maecenas vorgeste
und (Herbst 716) in dessen Gesellschaft aufgenommen. So l
gleitete er diesen J. 717 auf seiner Reise nach Brundisiui
Von Maecenas erhielt er ums J. 721 ein Landgut im Sabii
sehen zum Geschenke. Auch wurde er wohl durch ihn n
Octavian bekannt. Horaz starb kurz nach Maecenas, am 27 N
vember 746, und wurde neben diesem bestattet.
1. Die reichste Quelle für Kenntniss von Horatius^ Leben sind sei
eigenen Gedichte. Nächstdem verdanken wir eine Reihe wichtiger Na<
richten der Lebensbeschreibung des Dichters welche, als ein Auszug a
dem de poetis handelnden Theile von Suetons Schrift de viris illustrib
durch Horazhandschriften uns erhalten ist. Sie wurde frühzeitig den A
Schriften der horazischen Gedichte vorgesetzt, insbesondere solchen die n
Schollen versehen waren. Aus letzteren gelangten in den Text der vi
bald auch Interpolationen, wie über das specnlatum cubieulum (aus Seh
Ep. I, 19, 1; B. Roth im Rhein. Mus. XIII. S. 531. Reifferscheid , Suet
p. 389 f.). Andererseits zog diese Verwendung der suetonischen Arb
auch Abkürzungen derselben nach sich, wie in der Aufzählung der hoi
zischen Gedichte (0. Jahn bei Reifferscheid p. 390). Text der vita in
L. Roths Ausgabe des Sueton p. 297 f. vgl. p. LXXX — LXXXV, sowie d(
selben im Rheinischen Museum XIU. S. 517—532. F. Ritter in den Pi
legomena seiner Horazausgabe , p. Y— VII. A. Reifferscheid, C. Su^t<
Tranquilli- praeter Caesarum hbros reÜquiae (Lips. 1860) p. 44 48 vgl.
387 — 392. Auf Benützung dieser vita deutet schon Porphyrie zu S. I, 6, 4
patre libertino natum esse Horatium et in narratione quam de vita ips:
habui ostendi. Vgl. Schol. zu 0. IV, 1, 1 (ut refert Suetonius in vita I
ratii)- und zu Ep. II, 1, 1 (cuius rei etiam Suetonius auctor est).
2. Reliquae Horati vitae in libris poetae . . repertae . . ne uUam q
dem antiquam memoriam nisi quae ex ipsis carminibus recepta alt coi
neut, Reifferscheid 1. 1. p. 387 f. Aufzählung und Beurteilung dersell
bei C. Kirchner, Novae quaestiones horatianae (Naumburg 1847. 4.) p.
—44 (not. 6).
3. Neuere Darstellungen des Lebens von Horaz, besonders: Mass«
vita Horatii, Lugd. Bat. 1708. Mitscherlich vor seiner Ausgabe der Od
I. p. CXLIV— CLXXIX. C. Passow, über das Leben und Zeitalter desi
raz, vor seiner Ausgabe der Briefe. Franke, fasti horatiani p. 5—20.
Walckenaer, histoire de la vie et des po^sies d^Horace, 2 Bde. Paris lÄ
Dichter: Horatius (Persönliches). 415
^. Teuffei, Horaz (Tübingen 1843) S. 1—13; in Pauly's Real-Enc. III. S.
1^^0—1469. Nogl de Vergers, vie d'Horace, fitude biographique sur Ho-
T*<3«, Paria 1855. 84 pp. mit 2 Karten und 6 photograph. Ansichten.
4. Der Yomame Quintus aus Sat. 11, 6, 37; das cognomen Flaccus Epo.
1&> 15. S. 11, 1, 18. Der Tag der Geburt aus Sueton, der Monat auch aus
ttor. Ep. 1, 20, 27; das Jahr aus Epo. LS, 6. 0. III, 21, 1. Ep. 1, 20, 27 f.
Der Geburtsort bes. aus S. II, 1, 34 f. Stand des Vaters: Sat. I, 6, 6. 45.
86. Ep. 1, 20, 20. Erziehung, Sat. I, 6, 72 ff. 4, 105 ff. Unterricht, Ep.
U, 1, 69. 2, 42 ff. Tribunus militum, S. I, 6, 48. üeber die Feldzüge mit
Brutus und die Flucht bei Philippi 0. II, 7, wo v. 9 (relicta non bene
parmula) vorheriges tapferes Kämpfen (vgl. Ep. 1, 20, 23) nicht ausschliesst
tuid die allgemeine Folge jeder Niederlage aussagt; vgl. z. B. Liv. XXXIX,
20: quattuor milia militum amissa . . et arma multa, quae quia impedi-
i^eiito fugientibus per silvestres semitas erant passim iactabantur. Horaz
konnte die allgemeine Flucht nicht verhindern und war mit der Sache des
firutus nicht so enge verwachsen dass ein Gebot der Ehre ihm den Tod
zu suchen vorgeschrieben hätte. Sueton: vicüs partibus venia impetrata
scriptum quaestorium comparavit. Vgl. S. II, 6, 36 nebst Ep. 1, 14, 17.
Hinbusse des väterlichen Vermögens Epp. II, 2, 50 f., wo: paupertas im-
poÜt audax ut versus facerem. Sie benahm ihm die Furcht vor den Au-
at/Vssen die er etwa geben könnte und pflanzte ihm das Verlangen ein sich
bekannt zu machen, um dadurch irgendwie in eine zusagendere Lage zu
kommen. Vgl. Franke, fasti hör. p. 17—20.
5. Bekanntwerden mit Mäcenas S. I, 6, 41—61. vgl. II, 6, 40. Ge-
»chenk des Sabinum J. 721; s. W. Teuffel's Coramentar zu Sat. II, S. 63 f.
v^l. S. 158 f. G. F. Grotefend, wann erhielt Horaz sein sabinisches Land-
gut? Rhein. Mus. Ul. S. 471 --473. Erwähnung des Sabinum bes. Epo.
1, 25 ff. Sat 11,3, 6. 308. 6, 1 ff. 16. 60 ff. 0. 1, 17. Ep. 1, 16, 1—14. Literatur
^larfiber, ausser den älteren Werken von Dom. de Sanctis (Roma 1761. 4.
1 7€8. 4.), Capmartin de Chaupy (3 Bände, Rom. 1767—1769) imd Campenon:
W'^ci^euaer I. p. 409—413 (mit Karte). Strodtmann vor seiner Uebers.
der \yx. Gedichte S. 52 — 69. NoSl de Vergers im Didot'schen Horaz p.
-^^III-XXX. P. Rosa, ViUa d'Orazio, im Bull, dell' inst. arch. 1857, p.
^Oö^UO. Vgl. Jahn's Jahrbb. LXXVD, S. 479—481. W. Pfitzner, über
^^ Babinische Landgut des Horaz, Parchim 1864. 20 S. 4. — Eine Quelle
^*^ ijeinem Gute (S. II , 6, 2. Ep. 1 , 16, 12 f.) nannte Horaz nach einer
^^^ Venusia befindlichen, einer lieben Jugenderinnerung, fons Bandusiae
^^<*»^off^a?), 0. III, 13. Vgl. Strodtmann a. a. 0. S. 59—66.
*y^ ^ 6. Nach seinen eigenen Angaben war Horaz von Person das Gegen -
^^U des Vergil (oben 210, 4), kurz (S. II, 3, 309. Ep. I, 20, 24) und dick
^> I, 4, 15), daher August seine 'Gestalt mit einem bauchigten sextariolus
^^%lich. Auch hatte er in der Jugend dunkles Haar (Ep. I, 7, 26 vgl.
^- XI, 11, 15. III, 14, 25). Spätere Gichtleiden Ep. I, 20, 24 vgl. 7, 10 ff.;
^ochondrische Anwandlungen Ep. I, 8. Auf einen gewissen, wenigstens
^^Vativen, Wohlstand lassen manche Angaben schliessen, wie über seine
Bibliothek (S. I, 6, J22. II, 3, 11 f. 6, 61. Ep. I, 7, 12. 18, 108 f.), seine
^en (Ep. I, 15, l ff. vgl. 7, 11 f.), seine Sklaven (Sat. I, 6, 116. II, 7, 118)
41G Augusteische Zeit, 711 — 767 d. St.
und seine Parasiten (Sat. 11, 7, 36). Ueber Abbildungen des Horaz
Visconti, iconographie roraaiue I. p. 389 ff. (pl. 13)*
219. Die von Horaz zuerst bearbeitete Dichtgattung isr
die der Satire. Wie sein Vorgänger Lucilius macht sie Horas
zu einer Darlegung seiner Persönlichkeit und seiner personli-
chen Ansichten über mancherlei Gegenstände. Aber nach den
greuelvollen Erlebnissen der jüngsten Vergangenheit war es
nicht möglich das Gebiet der Politik zu betreten ohne alte
Wunden aufzureissen; und vollends ein Schriftsteller weichet
auf der unterlegenen Seite eine thätige Rolle gespielt hatte
konnte über Politik ohne Gefährdung seines Charakters nui
schweigen. Die Stoffe des Horaz und die Gegenstände seinez
Kritik sind daher ausschliesslich sociale und literarische. De'
Satiriker geht von einer ernsten Grundlage aus, er will für da«
ethische Ideal gewinnen durch Bekämpfen seiner Entstelluna
gen; aber seine Waffen sind die des Scherzes, er behandelt das
Verkehrte und Verwerfliche als lächerlich. Der Gang der Er,
örterung hat mehr den Schein der Lässigkeit als dass er wiiW
lieh planlos wäre. Die Satiren des zweiten Buchs haben übe^
wiegend dramatische und dialogische Einkleidung und zeig^
eine reifere Kunststufe als die des ersten. In der äussere.
Form hat Horaz freiwillig sich auf das epische Ver8n[ia8S bzs
schränkt, als das dem überwiegend lehrhaften Inhalte seiner ^
tiren entsprechendste und durch den Vorgang des LucretS
empfohlene; in der Handhabung desselben hat er künstlerisch
Gesetzmässigkeit mit Leichtigkeit zu verbinden gewusst.
J. Die Frage nach der Abfassungszeit der horazischen Gedieh
wurde zuerst behandelt von Massen, lani templum Christo nascente res^^
tum (Rotterdam 1700) und vita Horatii (1708). Bündig und treffend spr^^
sich darüber Bentley in der praefatio seiner Ausgabe aus. Vgl. hierüV
MasBon, histoire critique de la rdpublique des lettres, Amstei^dam IT'
V. p. 148—203. C. Kirchner, Quaestiones horatianae (Naumburg 1834.
p. 1 — 41. Joh. Apitz, de aetate poematum Horatianorum a R. Bentl«^
inventa, Berlin 1853. Eine selbständige chronologische Ordnung befolg
Sanadon in seiner ersten Horaz -Ausgabe, 1728. In neuerer Zeit zuer-^
wieder Vanderbourg in seiner Ausgabe der Oden, wo I. p. 313 ff. sur
publicatiou des trois premiers livres des Pdes; II, 2. p. 656 — 563 sur
publication des Epodes; p. 626—631 ordre chronologique des Ödes d'Ö^
race. Besser Begründetes stellte 6. F. Grotefend auf im Artikel Horatii
der Ersch und Gruber'schen Encyclopädie II, 10 (1833). S. 457—476. Vgf
dessen Schrift: die schriftstellerische Laufbahn des Horatius, Hano^er
1849. Gleichzeitig gab C. Kirchner a. a. 0. von seinem System eine Ta-
belle. Neue Untersuchung durch C. Franke, fasti horatiani, Berlin 1839;
219. Dichter: Horatius (Satiren). 417
mit einer Epistola Lachmanni, p. 235—240. Eevifiion der Frage durch W.
TeufTel, Prolegomena zur horazischen Chronologie, Ztschr. f. d. Alt. Wias.
1S4:2, S. 1103—1116; über die Abfassimgszeit der Epoden, ebds. 1844,
Nr- 64—66, S. 608—525. 1845, Nr. 75—77, S. 596-616; über die der Sa-
tLrex^ Rhein. Mus. IV (1845), S. 93—119. 208—241. Ausserdem: W. Pür-
8teiiau, de carminum aliquot hör. chronologia, Hersfeld 1838. S. Cahn,
tria« quaestionum horat., Bonn 1838. B. Sökeland, über die Zeitfolge der
horaz. Gedichte. I. Coesfeld 1841. 4. W. Tb. Streuber, über die Chrono-
loge der horaz. Dichtungen, Basel 1843. C. G. Zumpt bei Wüstemann
S. 20—42 (vgl. Rhein. Mus. IV. S. 224 ff.). Ueber die Abfassungszeit ein-
zelner Gedichte Abhandlungen von W. Fr. Wiedasch (Quaestiones chrono-
lo^cae, Nordhausen 1847. 4.; über 0. I, 2), Fr. Ueberweg (Philoiogus VI.
p. 306—323; über ü. I, 34), C. F. Sehrwald (de tribus Hör. carminibus,
Alt€nburg 1858. 20 pp. 4.).
2. Die Ordnung in welcher die horazischen Gedichte in den Hand-
seliTifben stehen ist allgemein folgende: 4 Bücher Carmina, Epoden, Car-
men saecolare, Satiren, Briefe. Nur die sogenannte Ars poetica steht in
deu Hilss. bald nach den Epodeu und dem carmen saec. bald zwischen den
Ssktireii und Briefen, vielleicht weil dieses Stück, als das «letztverfasste,
nicht noch von Horaz selbst seine Stellung zugewiesen erhielt. Die über-
lieferte Ordnung befolgt das Princip das metrisch Gleichartige zusammen
zu stellen, und zwar in der Folge der Entstehungsweise der einzelnen Bü-
clier, nur dass die Oden den Vortritt haben, offenbar weil der Ordner auf
sie den meisten Werth legte. Innerhalb der einzelnen Bücher tritt der
Gesichtspunkt hervor die an besonders verehrte Freunde gerichteten Ge-
dichte möglichst auch durch ihre Stellung hervorzuheben; im üebrigen
und in den Epoden die Gedichte von gleichem Maasse zusammen gestellt,
in den Oden dagegen möglichst getrennt; wenigstens stehen nie zwei sap-
pliische Oden unmittelbar hinter einander, wohl aber einige Male alkäische,
deren es auch mehr sind. 0. 11, 1—10 wechseln alkäische und sapphische
Gedichte regelmässig unter einander ab. Diese Ordnung war um so zweck-
**^^*S8iger da die einzelnen Gedichte ursprünglich nur durch die Verschie-
^^nheit ihres Maasses, nicht aber durch Ueberschriften, gegei^ einander
?y gegrenzt waren. H. Stephanus, diatribe de tituHa et ordine librorum
'f^^'^tii, in seiner Ausgabe des Horaz. S. Cahn, trias quaestionum hör.
^^^xui 1838) p. 1— 17. W. Teuffei, Ztschr. f. d. Alt. Wiss. 1842, S. 1108
Z^^Xll. A, Herrmann, Curae horatianae, Celle 1861. 4. AI. Biese, in
^^c^eisens Jahrbb. 93, S. 474—476.
^ 3. Horaz selbst befasst unter dem Namen Sermones sowohl seine Sa-
^^'^ti (S. I, 4, 42. Ep. I, 4, 1) als seine Briefe (Ep. H, 1, 4. 250), weil
> ^*^e in der Weise des sermo, der Sprache des gewöhnlichen Lebens, ge-
^^^t«n sind mfid sich von dieser nur durch das Metrum unterscheiden
^^' I, 4, 56 ff. vgl. Musa pedestris, S. H, 6, 17. Ep. II, 3, 95). Aber eben
^^Q auch die Briefe sermones sind empfiehlt sich für die Satiren mehr
^^ Bezeichnung als satirae, zumal da S. II, 1, 1. 6, 17 zeigt dass sie dem
T^^e des Dichters entspricht und diese Benennung überdiess die literar-
^^^•torische Stellung der betreffenden Gedichte, ihr Verhältniss zu den Vor-
ä^Qgem und Nachfolgern, besser charakterisiert.
TcuTfel, Rom. Litcraturg-esdilchte. ^>'J
418 Augusteische Zeit, 711—767 d. St.
4. Bearbeitungen sämmtlicher Satiren (ausser den Gesammtausgabei
der horazischen Gedichte). Uebersetzt, mit Einleitungen und Anmerkungen
von C. M. Wieland, Leipzig 1786. 2 Thle. Vierte Auflage 1819. ErkläH
von L. F. Heindorf, Breslau 1815; neu bearbeitet von E. F. Wüstemann
Leipzig 1843; dritte Auflage, mit Berichtigungen und Zusätzen von L. Döder-
lein, Leipzig 1859. Kritisch berichtigt, übersetzt und erläutert von C. Kirch-
ner, I (Stralsund 1829. 4.). Uebersetzt und erklärt durch W. E. Weber;
herausgegeben von W. S. Teufl'el, Stuttgart 1852. Satiren und Briefe,
erklärt von G. T. A. Krüger, Leipzig (Teubner), sechste Aufl. 1869. Aue
dreissig unverglichenen und allen bisher verglichenen Hdss. . . kritisch her-
gestellt, metrisch übersetzt und mit erklärendem Commeutar versehen vod
C. Kirchner. I. Text, Uebersetzung und kritischer Apparat, Leipzig 1854
n, 1 : Commentar zum ersten Buche der Satiren, Leipzig 1855. II, 2 : Com-
meutar zum zweiten Buche der Satiren, verfasst von W. S. Teuffei, Leip
zig 1857. Sermonendichtungen, lat. und deutsch mit Anm. von J. S. Strodt:
mann, Leipzig 1855. Satiren und Briefe in deutsche lamben übertrage^
von Fr. Frölich, Schleswig 1856. Lateinisch und deutsch von L. DOderlei«
Leipzig 1860. Becensuit P. Hofman Peerlkamp, Amstelod. 1863. Satire
imd Episteln, deutsch mit Einleitungen und Anmerkungen von E.^Sifua^
Berlin 1867.
5. Unter den Bearbeitungen einzelner Satiren (vgl. W. Teuffei, ül^
Horaz 1868, S. 11) sind besonders erwähnenswerth: I, 1 (von F. A. WcWl
Berlin 1813. 4. K. Reisigs Vorlesungen über Sat. I, 1, herausgegeben v^^
Eberhard, Coburg 1840. 4. Vgl. W. Teuffei in Jahns Jahrb. XXXII. S. ^
— 363. F. A. Eckstein, familiaris interpretatio , Lips. 1865. 4. — 1,3 un-^i^
von C. PasBow, Berlin 1827. 1828. 4. Joh. Apitz, Coniectanea in Uor. ^
tiras, cum var. lectt. cod. ms. Berolinensis, Berlin 1856. C. Nipperdey,
locis quibusdam Hör. ex I Satt, commentaiio I. II. Jena 1858. 4.
6. Dan. Heinsius, de sat. horatiana libri II. Lugd. Bat. 1612. 8.
berland, de iusto pretio satiris horat. statuendo, Lips. 1774. 4. Manso-
den Nachträgen zu Sulzer IV. S. 446 ff. Niebuhr, Brief an einen
lologen, herausgeg. von Jacob S. 135 — 138. W. Teuffei, Charakteris^
des H. (1042) S. 47—50. H. Beming, de satirica poesi Hör. collata c^
luvenaH, Recklingshausen 1843. 4. F. A. Beck, über das Wesen der hoi
Satire, Giessen 1859. 4. C. J. Bolia, de Hör. et luv. satt, auctoribus, Fi — '
bürg 1861. Grothof , Hör. als Satiriker, Heiligenstadt 1863. 4. E. Szelins-3
de nominibus personarum . . apud poetas satiricos rom. (Königsberg 18^
p. 10—42.
220. Die ungefähr gleichzeitig mit den Satiren verfasstei
Epoden sind in ihrem aggressiven Charakter den Satiren we-
sentlich gleichartig und theilen hierin mit ihnen den Standpunkt
der Jugendlichkeit; nur sind sie ebensosehr gegen einzelne Per-
sonen gerichtet wie die Satiren eine Kritik allgemeiner Verhält-
nisse enthalten. Andererseits sind sie durch ihre melische Fonn
eine Vorbereitung auf die spätere Ijrrische Dichtung des Horaz.
Horaz zeigt sich darin als einen Nachahmer des ArchilochoS;
220. Dichter: Horatius (Epoden). 419
er als einen selbständigen. Neben der zum Wesen der Gat-
^ng (des lambos) gehörigen Schärfe und Bitterkeit hat Horaz
ch die ihr nicht minder eigenthümliche aiöxQoXoyia nachge-
lomUdet. Die späteren Stücke sind abgeklärter und reifer und
em sich dem Charakter der carmina^ wie umgekehrt unter
^en manche sind die nach Form oder Inhalt in der Epoden-
omnlung stehen könnten. Die Yierzeiligkeit findet auf die
en noch ebensowenig Anwendung als sich antistrophische
Federung erweisen lässt.
1. Der Name intpdol und ra inmdd, epodon liber, ist wohl eine Zn-
he der Grammatiker, entnonunen von der metrischen Beschaffenheit der
^sten Stücke. Die Benennung Epode wurde nämlich später gebrauch*
för alle diejenigen Versarten (mit Ausschluss des elegischen Distichon)
aus einer Vereinigung einer längeren und einer kürzereu Zeile (letztere
o dnaSog sc. arixos, der Nachvers) bestehen, besonders aus einem iambi-
»olaen Trimeter und einem solchen Dimeter, wie Epo. 1 — 10. So z. B.
Solol. Hermog. in Walz*s Rhetores graeci VII. p. 820: ictl dh del ro ixm-
dov ßQaxvtBQOif tov TCifo avtov oxi%ov cvXXaßäg tivtaffag, Porphyrio zu
Epo. 1. Horaz selbst nennt (Epo. 14, 7. Od. I, 16, 3. 24. Epi. I, 19, 23.
^I» 2, 59) diese Gedichte sachgemäss iambi; daher auch Epo. 17 ein Recht
1^^^ in dieser Sammlung zu stehen. Verhältniss zu Archilochos s. Epi. I,
19, 23—25. Ueber die nahe Beziehung zwischen den spätesten Epoden
^^>^d den frühesten Oden vgl. Epo. 9 mit 0. I, 37. Ganz ähnlichen Geist
^^e die meisten Epoden hat noch 0. III, 15; und 0. I, 4. 7. 28. II, 18.
^^} 7 könnten ihrer metrischen Form nach ebenso gut in der Epoden-
^^Jumlung stehen, wenn diese zur Zeit ihrer Abfassung nicht schon abge-
schlossen gewesen wäre.
2. Blühdorn, de natura epodonmi H., Brandenburg 1795. 4. Ph. Butt-
^^nn, Mythologus I. S. 318 f. Vanderbourg's Ausg. II, 2. p. 549—563. Franke,
^^ti hör. p. 43 — 50. W. Fürstenau, de carm. hör. chronologia p. 11 — 16.
^- Teuffei, Ztschr. f. d. Alt. Wiss. 1844 f. (s. oben 219, 1). M. Axt, zur
'^^^^rung und Kritik der hör. Epoden, Creuznach 1846. 4. Leidloff, de
^^^don Hör. aetate, Holzminden 1856. F. Martin, de Hör. epodorum
^^one antifltrophioa et interpolationibus, Posen 1860. 4. Vgl. dagegen
'^^ Buttmann in Mützell's Ztschr. f Gynm. 1862, S. 673 — 704. 753—780.
221. Als Horaz schon in der Mitte seiner Dreissiger Jahre
^^nd entschloss er sich die bei den Epoden gewonnene tech-
^^che Fertigkeit und Formbeherrschung dazu zu benützen um
^Xin auch den Alkaios und die Sappho auf romischen Boden
^ti verpflanzen. Diesen Entschluss führte Horaz eine Reihe von
Jahren (mindestens sieben) durch, und die PYucht desselben sind
die drei Bücher carmina, woran sich nach längerer Unterbre-
chung (von etwa sechs Jahren) aus äusserer Veranlassung das
vierte Buch anschloss. So ein Erzeugniss der reifsten Jahre
27*
#
420 Augustei^e Zeit, 711—767 d. St.
des Horaz prägen seine lyrischen Gedichte seine Eigentht
lichkeit am schärfsten und reinsten aus und sind die fonr
vollendetsten unter seinen Hervorbringungen. Zugleich al
sind dieselben nicht ein Ausfluss drängender Begeisterung v
übersprudelnder Phantasie, sondern verrathen vorzugsweise g
stige Klarheit, Ruhe und Reife, die Richtung auf scharfe 1
obachtung der Menschen und Nachdenken über die Fragen <
Lebens, sowie künstlerische Besonnenheit, namentlich in <
bewussten Durchsichtigkeit ihrer Anlage, der Ebenmässigk
ihrer Ausführung, welche mit Vorliebe trichotomisch sich gl
dert, der strengen Gesetzmässigkeit, Schönheit und dem Wol
laut ihrer metrischen Form und dem feinen Sprachverstandni
Andererseits fehlt es freilich auch nicht an Zügen von Nü<
temheit und Frost, an prosaischen Wendungen, Masslosigkeit<
bei denen wir oft sogar des Dichters sonstigen guten Geschma
vermissen, Selbstwiederholungen, in allen Büchern nicht seit«
am häufigsten aber in dem nachgeborenen vierten Buche. Di<
Mängel treten am stärksten zu Tage in denjenigen Gedicht
deren Ausgangspunkt nicht eigene wahre Empfindung ist, sc
dern ein abstracter Vorsatz oder gar blose Bestellung; wo E
raz aber wirklich fühlt, da erhebt er sich oft zu wahrer Sehe
heit. Horaz beginnt seine lyrische Laufbahn mit Stilübung
nach griechischen Vorbildern, steigt allmählich auf zu Nac
dichtungen in deren Geiste und wagt zuletzt selbständig {
wählte Gegenstände, Stoffe aus der unmittelbaren Gegenwa
Darlegungen seiner persönlichen Denkweise, in den Formen d
Griechen zu behandeln.
1. Selbstwfirdigung des Horaz: operosa parvus carmina fingo, O. ]
2) 31 f. Noch Sat. If 4, 39 ff. hatte er sich ausdrücklich aas der Zi
der eigentlichen Dichter aasgenommen. Wenn er anderwärts mit Selb
gefühl von seinen lyrischen Leistungen spricht (besonders in dem Schlu
gedieht von 0. II und III), so gab üim dazu eben die Mühe und der iFle
den er darauf verwendet die subjective, und der Ruhm den er sich <
durch gewonnen eine objective Berechtigung.
2. Horaz nennt seine Gedichte öfters aeolium oder lesbium carmc
z. B. 0. HI, 30, 13. IV, 3, 12.^ I, 26, 11. 32, 4 f. vgl. IV, 6, 35, Der A
schluss an die subjective äolische Melik ist wirklich ein Hauptmerkn:
derselben, und es ist auch ein besonderes Verdienst des Horaz dass er c
durch ihren musikalisch-orchestischen und rituellen Charakter zur JJehi
tragung auf fremden Boden nicht geeignete dorische Chorlyrik bei Sei
liess und ebenso wenig den Missgriff der meisten Römer begieng, d
alexandrinischen Dichter zu Vorbildern zu wählen, sondern auf die echte
classischen und zugleich allgemein menschlichen Meliker der Griechei
221. Dichter: Horatius (Oden). 421
auf Alkäos, Sappho und den in ähnlicher Weise dichtenden Anakreon,
zurückgieng. Nachweisliche Uebersetzungen (Nachdichtungen) sind beson-
ders I, 9 n. 18, sowie der Anfang von I, 37. In allen solchen Fällen sieht
man zwar wie weit Horaz entfernt ist von der frischen naiven Energie
seiner Vorbilder, aber zugleich auch wie klar er sich darüber war welche
Züge er weglassen oder abändern müsse und welche er aufiiehmen könne,
wie angelegentliche Sorgfalt er verwendet auf die Vermittlung des Ge-
dankengangs, die Ausführung des Details, wie er derbe Wendungen ab-
schwächt, durch Einmischen concreter Züge aus der Gegenwart das Gedicht
dem Leser näher rückt. Neben den bewussten Nachbildungen finden sich
aach häufig Reminiscenzen aus griechischen Dichtem, die man sich nur
mcht bienenartig zusammengetragen denken darf. — Literatur über das
Verhältniss des Horaz zu den Griechen. H. Wagner, Hör. carmina col-
hitione scriptorum graecorum illustrata, Halle 1770. Additamenta dazu,
1771. Wensch, de Hör. Graecos imitandi studio ac ratione, Viteb. 1829. 4.
^tter, de Horatii studiis graeds, Gleiwitz 1836. 4. G. F. Grotefend, über
<tie Originalität des Hör. in seinen Oden, Ztschr. f. d. A. Wiss. 1844, Nr. 19.
^h, Arnold, quaestionis de Horatio Graecorum imitatore particula, 'Halle
1845; über die griechischen Studien des Horaz, Halle 1865. 1856. 4. Göbel,
Horaz und Euripides, Mützell*B Ztschr. f. Gymn. 1. 1851. S. 298—323.
H- H. Garcke, Hör. carm. libri 1 coUatis scriptoribus graecis illustraii spe-
<^en, Halle 1853. 1860. 4.; Quaestionum de graecismo Hör. pars prior,
^^e 1860. 240 pp. 8. Versuch einer griechischen Uebersetzung der Oden
^es Horaz von B. Arnold, München 1858. 4.
3. Klares Bewusstsein seiner Aufgabe und der ihm zu Gebote stehen-
^^n Mittel spricht auch aus der Art wie Horaz die griechischen Masse,
^^Bbesondere das sapphische und alkäische, behandelt hat, und zwar mit
steigender Consequenz. Erstens nämlich hat er, in richtiger Erkenntniss
^^8 gravitätischen, an Spondeen reichen Charakters der lateinischen Sprache,
^;5^ allen Stellen wo die Ersetzung des Trochäus (bzhgsw. lambus) durch
^Uien SpondeuB gestattet ist sich diese Ersetzung zum unverbrüchlichen
^e%etze gemacht. Nur 1, 15 erweist sich als einer der allerirühesten Ver-
^^che dieser Art auch darin dass dort V. 24 und 36 Horaz dieses Gesetz
^^c^ nicht durchgeführt zu haben scheint; eine andere Ausnahme macht
r^» 3, 17. Ebenso hat Horaz in der Anakrusis des alkäischen Verses zwar
^^ ersten Buche fünfmal, im zweiten dreimal, im dritten zweimal sich die
^^Xze gestattet, dagegen im vierten Buche sie vermieden. Zweitens hat
^^^az aus der redtierenden (epischen) Poesie die Cäsur herübergenom-
^^n, weil er vorauswusste dass auch seine melischen Gedichte nicht wür-
^^ti gesungen werden (was der Bömer als einen Verstoss gegen den An-
^^*^iid betrachtete, s. oben 1, 1), sondern nur redtiert, beziehungsweise
^^lesen. Zwar heisst es 0. IV, 9, 4: verba loquor socianda chordis, und
^^ spricht Horaz von seiner lyra, cithara, testudo, barbitos, von plectrum
^^d von fides, von canere, cantare, dicere.' Die Stellen darüber hat gesam-
^^It 0. Jahn im Hermes U. S. 418—433 und daraus den Schluss gezogen
^ass die lyrischen Gedichte des Hör. wirklich bestimmt waren mit Instru-
mentalbegleitung gesungen zu werden. Aber hierbei wird in Abzug zu
l>ringen sein was nur eine Nachahmung der Redeweise der griechischen
Originale ist, andererseits eine Beschränkung auf gräcisierende Kreise, wie
422 Augusteische Zeit, 711—767 d. St.
den des Horaz , und auf solche die mit dem musicierenden demi-monde yer-
kehrten einzutreten haben. Wenigstens bilden gegen die Allgemeinheit
der Sitte schon in der damaligen Zeit theils Ep. II, 1, 214 die Bez^h-
nung der lyrischen und epischen Dichter als solcher qui se lectori credere
malunt (quam spectatoris fastidia ferro superbi^ wie die dramatischen),
theils die Thatsache der Cäsur schwerwiegende Einwendungen die nicht
ausser Acht bleiben durften. Eine genauere Beobachtung des Verfahrens
von Horaz in Bezug auf die Cäsur zeigt überdiess wie er stätig an der
Vervollkommnung der äusseren Form seiner Gedichte arbeitete. In den
alkäischen Strophen nämlich (welche mehr als ein Drittheil sämmtlichei
Oden ausmachen, 37 von 104) hat Horaz den zweiten Bestandtheil (dec
dritten, neunsilbigen Vers) in den Oden der beiden ersten Bücher so ge^
bildet dass derselbe gleichfalls, wie der erste Bestandtheil (die beides
ersten Verse der Strophe) und wie der sapphische Vers des Horaz, di*
TtBvQ'rjfiifiBQrls hatte (also Theilung von 5 -{- 4). Später aber gelangte e^
zu der Einsicht dass dadurch der Bau einförmig werde und hat daher in
dritten und vierten Buche diese Art von Cäsur des dritten Verses consE
quent vermieden und durch andere ersetzt (besonders die Theilung 6 -{- S
theilweise auch 7 -|- 2, doch so dass der erste Bestandtheil dann viriedG
in sich gegliedert ist, in 5 -f 1 oder 2 -f ^ ^^^^^ 4 -f~ 2 oder 3 -f" 31
Dieses Verhältniss ist viel zu constant durchgeführt als dass es blosse
Zufall sein könnte. Vgl. C. Lachmann an Frankens fasti hör. p. 238—244
Ueber die Maasse der horazischen Oden überhaupt s. vor den meiste
Ausgaben derselben, und W. Teuffei vor G. Ludwigs neuer Uebersetzunj
der Oden (Stuttgart 1860), S. 24 ff. = Stuttgarter Correspondenzblatt 1860
Nr. 3. A. Schnitz (Köki 1831. 4.), G. Pinzger (Liegnitz 1833), Richter (de
Hör. metris lyricis I. Becklingshausen 1863. 4.), H. SchiUer (für den Schul-
gebrauch, Leipzig Teubner 1869). üeber die Verschleifungen (vulgo Eli-
sionen) 8. K. Lehrs, in seinem Horatius (1869) S. I — XXII. Lindemann, de
hiatu in versibus Hör. lyricis, Zittau 1825. 4. Cadenbach, de alliterationis
apud Hör. usu, Essen 1838. 4. W. Christ, über die Verskunst des Hör. in
Lichte der alten Ueberlieferung, Sitzungsberichte der Münchner Akademie
1868, S. 1 ff.
4. Strophische Gliederung gehört zum Begriffe des antiken fj^ilog
Daher haben auch die horazischen carmina eine solche. Doch findet nichl
blos bei Pindar sondern auch bei Alkaios und Sappho häufig ein Ueber
greifen des Sinns und der sprachlichen Construction über die Grenzen dei
Strophen hinüber Statt (Westphal, griech. Metrik H'. S. 295), dabei
auch Horaz sich diess gestattet hat, was er noch unbedenklicher thui
konnte, da er für den musikalischen Vortrag seiner carmina weniger be
sorgt zu sein brauchte (s. A. 3). Der kleinste Umfang einer Strophe ist
die Zusammensetzung aus zwei Versen. Diesen Umfang hat wie das ele
gische Distichon so die archilochisch-horazische Epode. Vierzeilig dagegei
sind die sapphischen und die alkäischen Strophen; ebenso von den askle
piadischen Versen diejenigen Formen wo drei Asklepiadeen mit einen
Glykoneus oder zwei Asklepiadeen mit einem Glykoneus und einem Phere
krateus verbunden sind. Wo ein asklepiadeischer mit einem glykonischei
Verse verbunden ist ergibt sich eine zweizeilige Strophe; wo der ascle
piadeuB minor oder der maior durch das ganze Gedicht hindurch einfiEicl
221. Dichter: Horatius (Oden). 423
wiederholt wird haben wir scheinbar monoatichiBche Anlage. Indessen
bAben C. Lachmann (ygL Ztschr. f. d. Alt. Wiss. 1846, S. 461) und A. Mei-
neke (Praef. seiner Ausgabe) die Bemerkung gemacht dass nicht nur bei
den letzteren Versarten sondern auch bei den eigentlich epodenartig gehal-
tenen in den vier Büchern, überhaupt bei sämmtlichen Gedichten der yier
3u.cher (mit einer einzigen Ausnahme), die Yerszahl mit Vier theilbar sei
nxid haben daraus den zwar nicht ganz sicheren, aber doch sehr wahr-
solieinHchen Schluss gezogen dass Uoraz überhaupt seine Gedichte als
vierzeilige Strophen angelegt habe, üeber den Einfluss dieser Entdeckung
äo£ die Kritik des Horaz vgl. L. Döderlein, Oeffentliche Beden (1860)
S. 388 ff. 403 f. Die einzige Ausnahme yon der Theilbarkeit mit Vier
l>ildet 0. lY, 8, welche aus 34 Versen besteht. Man hat daher bei dieser
entweder eine Lücke von zwei Versen angenommen oder eine Literpolation
▼on 2 (oder 6 oder 10 oder 14 oder 18) Versen. Da aber diese Form
(des einfach wiederholten asclepiadeus minor) sich im vierten Buche über-
liaupt nur dieses eine Mal findet, so ist die Möglichkeit nicht auszuschliessen
dass Horaz nach Herausgabe der drei Odenbücher zu der Ansicht gelangte
dasB diese stricte Durchführung der tetradischen Theilbarkeit auch bei
stichisch gehsdtenen Gedichten nicht nur völlig überflüssig sondern sogar
unförmig sei und daher beim vierten Buche sich die üeberschreitung jenes
früher befolgten Grundsatzes mit Bewusstsein erlaubte. Diess hat um so
mehr Wahrscheinlichkeit da auch sonst Horaz im vierten Buche andere
Onmdsätze befolgt hat als in den früher verfassten drei ersten Büchern.
So besonders in den sapphischen Oden. Hier hat er die Cäsur %atä %qC'
Toy xqoiaiov jetzt als gleichberechtigt neben der 9r£y'8^^t^£^i}g behandelt,
hat femer eingesehen dass der Adonius, unmittelbar, ohne Wortende, an
<^eD dritten Vers anzureihen für den Vortrag misslich und daher zu ver-
meiden sei. Endlich hat Horaz im vierten Buche die Synaloephe eines
^gen Vocals immer vermieden (Lachmann zu Lucretius p. 219).
5. Quintilian. I. 0. X, 1, 96: lyricorum (rom.) Horatius fere solus
'^gi dignus. nam et insurgit aliquando et plenus est iucunditatis et gratiae
^^ varüs figuris et verbis feHcissime audax. Jani vor seiner Ausgabe I.
^ CrV— CIX. Manso in den Nachträgen zu Sulzer V. S. 301—322.
■?• Hanow, ist Horaz ein kleiner Dichter? Halle 1838. 4. Ad. Stahr, in
^^^ Hall. Jahrb. 1840, S. 1652 ff. W. Teuffei, ebds. 1841, Nr* 106—112,
^^ Charakteristik des Horaz (Leipzig 1842), S. 13 ff. 73-85. A. G. Gem-
7^^ de compositione carminum Hör. explananda I. Weimar 1841. H. 1842. 4.
^ Sieischer, meditationum ad Hör. poesin lyricam pertinentium part. I.
^^^Ve 1843. 4. Hagelüken, de Hör. carminum elegantia, Münstereifel 1851. 4.
^thmaler, de Horatio verborum inventore, Berlin 1862. G. Zange-
^^J^%ter, de Horatii verbis singularibus, Berlin 1862. E. L. Trompheller,
l'^trag zur Würdigung der horazischen Dichtweise, I. Coburg 1855.
|r* Coburg 1858. 4. C. Prien, der symmetrische Bau der Oden des Horaz,
T^Qin. Mos. Xni. 8. 321—376. Kirchhoff, das melische Compositionsgesetz
*^ Horaz, Mützells Ztschr. XH. S. 717—740. 1860, 8. 81—106. F. Martin,
^Q aliquot Hör. carminum ratione antistrophica et interpolationibus, Posen
.^5. 4. Auch hier, wie bei den Epoden, befolgt Martin das System, das-
Reuige was sich der von ihm aufgestellten Symmetrie nicht fügen will für
^terpoliert zu erklären; ebenso C. Prien, F. J. Schwerdt u. A. Zu sol-
424 Augusteische Zeit, 711—767 d. St.
chen mechanischen Auffassungen der gesammten Dichtweise des Horaz hai
die verstandesmässig angelegte und durchgeführte Disposition manche]
seiner lyriachen Gedichte verführt.
6. Die Vorliebe des Horaz für die Dreizahl der Beispiele tritt starl
hervor, wie auch die Wiederholungen zahlreich sind; W. Teuffei, übei
Horaz (1868) S. 18 f. Prosaische Ausführungen und Wendungen z. B. 111
I, 25. 34 ff. 4, 69 f. 5, 12. 11, 18 f. IV, 4, 37 f. Prosaische Partikehi wie
ergo (Epo. 2, 9), quodsi (T, 1, 35. III, i, 41. Epo. 2, 39. 10, 21. 11, 15. 14, 13)
atqui (I, 23, 9. III, 5, 49. 7, 9), quatenus (III, 24, 30), eius atque (III, 11, li
vgl. IV, 8, 18), auch wohl namque (I, 22, 9. 34, 5. IV, 1, 13). Der höh
Ton ist nicht des Horaz Sache; wo er ihn anstimmt fällt er leicht au
demselben heraus, doch so dass man manchmal zweifelhaft ist ob dies
nicht mit bewusstem Humor geschieht, wenn er z. B. IV, 1 , 21 f. zu Vene
sagt: naribus duces tura, oder II, 20, 9 ff. So klingt es wie Travest^
wenn in einer sapphischen Ode von teretes surae die Bede ist (II, 4, 2^
oder in einer alkäischen von dentis uxores mariti (I, 17, 7). Oft ahm
sind solche Geschmacksfehler Ausflüsse römischer Derbheit und Merkm^
des „furchtbaren Realismus" (Goethe) von Horaz. Dergleichen GeschmacK
fehler sind die auritae quercus (I, 12, 11 f.), die libido quae solet mat:==
furiare equorum (I, 25, 13 f.), die clavi trabales u. s. w. (I, 35, 18 ff.), «^
hydrops und aquosus languor (II, 2, 13 ff.) und die Massivitäten U, 5, S
II, 21. III, 11, 19. IV, 13. Epo. 9, 35. Auch vitrea Circo (I, 17, 20) -^
purpurei olores (IV, 1, 10) sind keine geschmackvolle Epitheta. 0. KeU
Bhein. Mus. XIX. S. 211—213. — Auch der Fall kommt nicht selten
dass Horaz in Ausführungen sich nicht genug thun kann, sondern mit 4
Unersättlichkeit eines Bhetors Beispiel auf Beispiel häuft. So I, 1. J
1, 9 ff. 41 ff*. 27, 1—16. Epo. 2. Massvoll ist gewiss auch weder II, 20 c^c
III, 30. Unzeitige Einmischung von Gelehrsamkeit II, 17, 13 — 20. 18, 35
Am meisten Anstösse enthalten die umfangreichsten Oden, weil hier
Unzulänglichkeit des lyrischen Talentes von Hör. am meisten zu X**
tritt. Im Uebrigen ist gleich extrem und unrichtig der Ausspruch "^
Gruppe (Minos S. 412): „Horaz ist Horaz erst durch die Oden" wie *
Paradoxon von K. Lehrs (Neues Schweiz. Mus. 1861, S. 64): „Hora^
nicht in den Oden"; vielmehr ist der Horaz der Satiren und Briefö
allem Wesentlichen auch der Horaz der Oden, und daraus eben erkl^^r
sich Vorzüge wie Mängel der letzteren.
7. Die heutzutage herrschende Meinung geht, mit den naivsten B'
wunderem des Horaz in alter Zeit, von der Voraussetzung aus dass Horfl
ein vollkommener tadelloser Dichter sei. Da dieser selbstgemachten Voe
anssetzung aber der Augenschein widerstreitet, so hat diess die Folge -
nicht etwa dass man jene Voraussetzung als eine unberechtigte aufgibt
sondern vielmehr — dass man das was derselben widerspricht kurzwe]
fSr unecht erklärt und streicht. Freilich bleibt auch nach den ausgedebt
testen Streichungen immer noch gleichbegründeter Stoff zu weiteren Am
Stellungen übrig, somit — auf diesem Standpunkte — Grund zu weitere
Streichungen, so dass es mit diesen eigentlich kein Ende nimmt. 8
augenscheinlich unlogisch diese ganze Ansicht ist, so gilt sie doch med
würdiger Weise heutzutage noch bei Vielen für höchste Weisheit, nn
221. Dichter: Horatius (Oden\ 425
sogar hochyerdieute Gelehrte streichen unbefangen drauflos wenn sie in den
horazischen Oden auf irgend eine Unvollkoramenheit stossen. Diese Me-
iJiode auf einen InterpolaJbor abzuladen hat dann weiter zur Folge gehabt
dass man gegen die Gedichte ungerecht wurde, dass man auch tadelte
^aa in Wahrheit keinen Tadel verdient und in masslosem Tone tadelte.
I>er Erste welcher die Voraussetzung von der Vollkommenheit der lyri-
sclien Gedichte des Horaz mit der Conseqnenz einer fixen Idee durchge-
fahrt und zum Massstabe der Echtheit oder Unechtheit der einzelnen Ge-
dichte gemacht hat ist der Holländer P. Hofmann Peerlkamp (Aufgabe
der Oden von 1834). Vgl. W. TeufFel, Peerlkamp und seine Bestreiter,
in Jahn's Jahrb. 41, S. 438—463; sowie in den Jahrbüchern der Gegep-
'wrart 1843, Nro. 50—52 = Stuttgarter Correspondenzblatt 1859, Nr. 9,
S. 196—213; vgl. Ueber Horatius (Tübingen 1868. 4.) S. 20—22. L. Müller,
in Fleckeisens Jahrb. 87, S. 171 f. 176—184. F. W. Graser, de Peerlkampi
in Hör. carminibus criticam factitandi ratione, Magdeburg 1868. 4. in
Peerlkamp^s Fussstapfen trat F. Martin (de aliquot Horatii carminibus
comm. cntica, Posen 1844. 4.), A. Meineke, S. Dyckhoff (de aliquot Ho-
ratii carminum locis suspectis, Münster 1857), C. Prien, G. Linker (Aus-
gabe von 1856 und Verhandlungen der Bresl. Vers-, Breslau 1858. 4.,
S. 100 — 109), N. W. Ljungberg (Jahn's Jahrbb. 80, S. 440—470), 0. F.
Gruppe (Minos; über die Interpolationen in den römischen Dichtem u. s. w.,
Leipzig 1859) und K. Lehrs (Horatius, 1869, S. XXVI — CXXXVIU). Vgl.
noch L. Gesell, de interpolationibus mythologicis apud Hör. Bonn 1865.
8. Neuere Sonderausgaben der Oden (und Epoden) besonders von
Ch. D. Jani (2 Voll., Lips. 1778—82. Ed. II. ib. 1809), Ch. W. Mitscherlich
(2 Bde. Lips. 1800), C. F. Preiss (Leipzig 1805—1807. 4 Bde.), Ch. Vander-
boarg (ad fidem XVJII mss. Paris, rec. etc. 2 Voll. Paris 1812), P. Hofman-
^^rlkamp (Harlem 1834. Ed. altera emendata et aucta, Amsterdam 1862.
^gl. oben Anm. 7), F. Lübker (Commentar zu Buch I— III, Schleswig 1841),
'^h. Obbarius (kritisch berichtigt, erklärt u. s. w. Jena 1848; für den
®chulgebrauch, herausgegeben von L. S. Obbarius, Jena 1856), C. I.
^rysar (mit CXXXIV pp. Einleitung, Wien 1853), C. W. Nauck (für den
^«hulgebrauch erklärt, Leipzig 1853. 1856. 1860. 1863. 1865), 0. Keller (re-
^H8uit, Lips. 1864. Vgl. 0. Keller im Rhein. Mus. XVIU. S. 271 — 285.
^JX. S. 211—227).
Sehr zahlreich sind die Bearbeitungen einzelner Oden; s. W.
'^^xiflfel, über Horatius (1868) S. 23 f. Hier erwähnen wir nur: I, 1 von
^- Hermann (Lips. 1842. 4.), Chr. Jahn (Lips. 1845. 4. vgl. Jahn's Jahrb.
^, 8. 462—466). I, 28 von C. Prantl (München 1842), L. Döderlein (Ver-
^^jidlungen der Erlanger Philologen vers., Erl. 1852. 4., S. 51—58 vgl. 59 f.),
^. Göttling (Jena 1854. 4. = Gesanmielte Abhandlungen II. S. 214-233),
^. A. Mahly (Rhein. Mus N. F. X. S. 127—136), F. Martin (Posen 1858. 4.),
H. J. Heller (Philologus XVI. S. 731—736). I, 20. 30. II, 11. IV, 3 in
^. A. Eckstein's scholae Horatianae (Lips. 1869. 4.) p. 1 — 41. 50. II, 1
Von F. Ritschi (Rhein. Mus. XL S. 628—636 vgl XII. S. 457 ff. 630),
P. Martin (Posen 1858. 4.). UI, 3 von C. L. Struve (Opusc. sei. II. p. 369
-409), C. Kiesel (Düsseldorf 1845. 4.), Bamberger (Opusc. S. 200—211),
R. Rauchenstein (Neues Schweiz. Museum I. 1861. S. 129-142), H. Schwalbe
426 Augusteische Zeit, 711—767 d. St.
(Eisleben 1863. 4.). UI, 27 von Th. Schäfer (Lips. Tenbner 1868). Carmeii
saeculare von G. F. Hermann (de loco Apoliinis in C. s., Gotting. 1843. 4.)
Uebersetzungen der Oden von E. W. Bamler (Berlin 1800. 1818
2 Bände), W. Binder (4te Ausg., Stuttgart 1855), v. d. Decken (Braun
schweig 1838, 2 Bände), Ed. Bürger (in Reimen, Stuttgart 1852), J. S
Strodtmann (mit lat. Text und Anm. Leipzig 1852), G. Ludwig (Stuttgart
Metzler, 1853. 1860) u. A.
Zu einzelnen Oden sind auch Melodien erhalten, zum Beweise dasf
man in den Klöstern Horaz gelegentlich gesungen hat; s. OrelÜ-Baiter'f
Ausg. IL p. 915 S. Kirchner Novae quaest Hör. p. 37.
222. Die Briefe sind in demselben Masse gehalten wii
die Satiren und theilen auch sonst mit ihnen den allgemeinei
Charakter von sermones ; aber das Product einer reiferen Alters
stufe als die Satiren^ verzichten die Briefe darauf durch indivr
duelles Bemühen Wirkungen auf die ganze Zeit hervorzubringes
und haben in Ton und Form das Gepräge grösserer Ruhe^ err
ster Gemessenheit und selbstbewusster Kunst. Bald Darsto
lungen der Persönlichkeit ihres Verfassers^ bald aufgehend
dem persönlichen Zwecke eines Briefes^ bald ein bestimmte
Thema mit der Absicht der Belehrung abhandelnd^ zeichnen im
sich demgem'ass das eine Mal durch den feinen Tact aus v^
mit schwierige persönliche und gesellschaftliche Aufgaben ^
löst werden ; bald durch die reiche Fülle gediegenen Inhalt^
Das Letztere findet besonders bei den drei Briefen des zweite
Buches Statt, welche den literarischen Standpunkt des Horr:
mit Wärme, theilweise sogar mit Einseitigkeit, verfechten, Je
Grundsatz des Zurückgehens auf die echten hellenischen Moste
und des Erstrebens ihrer Formvollendung im Gegensatze zu dei
formalen Sorglosigkeit der älteren römischen Dichter. Der be-
rühmteste dieser drei Briefe ist der dritte, an die Brüder Piso
gerichtet, worin eine Reihe ästhetischer Fragen mit verständi-
gem treffendem Urteile abgehandelt ist, im Anschlüsse an grie-
chische Vorgänger, doch mit unverkennbarer Selbständigkeit.
1. Als sermones (im Gegensatze zu Gattungen mit gehohener Sprache)
bezeichnen sich die Briefe selbst (Ep. 11, 1, 250), ohne aber damit ihren
Titel angeben zu wollen, welchen vielmehr Grammatiker und Handschrif-
ten übereinstimmend Epistulae nennen. Vgl. Schol. zum Anfang der Sa-
tiren: Sermon um libri ideo dicti quia vili sermone potius quam tumeuti
sive quia ad praesentes scribuntur. epistuHs enim ad absentes loquimur,
sermone cum praesentibus. quamvis igitur hoc opus Satiram esse HoratiuB
ipse profiteatur (S. II, 1, 1), tarnen proprios titulos voluit ei adcommodari,
hos priores libros duos Sermonum, posteriores Epistularum inscribens. Die
gereifkere Kunst der Briefe zeigt sich auch im Einzelsten. So hat leep
k
222. Dichter: Horatius (Briefe). 427
(de elisionibus Horatianis, Wolfenbüttel 1844. 4.) berechnet dass Fälle von
Sjnaldphe in den 2113 Versen der Satiren mehr als 900mal yorkommen,
ia den 1968 Versen der Briefe aber nur etwa 500mal; und wenn der erste
Vocal ein langer ist wird wenigstens in Ep. II, 3 die Synalöphe nicht vor-
genommen (M. Haupt, Observ. ciit. p. 18 vgl. ib. p. 48. Lachmann zu
Lacretius p. 77).
2. Sonderausgaben der Briefe. Erklärt von Fr. E. Th. Schmid, Hal-
berstadt 1828. 1830. 2 Bde. (die Ars poet. fehlt). Für Gymnasien bear-
beitet von Fr. v. P. Hocheder, Regensburg 1831. 2 Bde. Gommentariis
nberrimis instructas ed. S. Obbarius, Lips. 1837 — 1847. 2 Voll. (Buch II
feblt). Mit den Satiren, von O. T. A. Krüger, Leipzig 1853. 1856. 1860. 1866.
1869. Mit Einleitung und kritischen Anmerkungen von 0. Ribbeck, Berlin
1869. Lateinisch und deutsch von J. S. Strodtmann (Leipzig 1854), L. Dö-
clerlein (Leipzig 1856. 1858. 2 Bde.), F. S. Feldbausch (Leipzig 1860. 2^dchn.;
Uebersetzung in Prosa). Sonstige Uebersetzungen: von C. M. Wieland
(2 Thle., Dessau 1782. Leipzig 1837 und sonst), E. Günther (Leipzig 1824),
C. Passow (Leipzig 1833; ohne Ep. II, 3), J. Merkel (Aschaffenburg 1841),
'W. E. Weber und W. Teuffei (Stuttgart 1853. 1859), Fr. Fröhlich (Satiren
tmd Briefe, im blank verse, Schleswig 1866).
3. C. Morgenstern, de sat. et epist. hör. discrimine, Lips. 1801. 4.
C. Passow (s. A. 2) S. CXXXIX ff. Anm. 178. 180. 282. A. G. Rein, de
f^ersii satiris et Horatii epistolis, Gera 1839. 4. W. Teuffei, Charakteristik
<ie^ Hör. (1842) S. 61 — 64. Düntzer, Kritik und Erkl. III. S. 73—85.
^^V, E. Weber, Horatius (1844), S. 281—298. Schierenberg, über die Per-
sonen der Briefe des Horaz, Detmold 1846. 4. Estienne, dtude morale et
liiit^raire sur les Epitres d'Horace, Paris 1851. Manso, über Hor.'s Beur-
"fc^ilung der älteren röm. Dichter, in seinen Vermischten Abh. und Auf-
»SMaen (Breslau 1821) S. 87—106. K. Reichel, Horaz und die ältere römi-
»olie Poesie, Pressburg 1852. 4. E. Meissner, der Kampf des Hör. f[ir eine
^>«88ere Geschmacksrichtung in der Poesie, Dresden 1867. Beming, über
^en Geist der horazischen Briefe, Recklingshausen 1866. 4. H. Keck, de
^or. Epist. libro I critica ad L. Doederleinum epistola, Kiel 1857. 4.
^ Muther, Beiträge zur Erklärung und zur Emendation der horaz. Epi-
«^Ui, Coburg 1864. 4. K. Lehrs, Horatius (1869) S. CLVII — CCXXI.
^' H. Kolster, über die Episteln des Horaz welche ersichtlich Antwort-
schreiben sind, Meldorf 1867. 4. F. Pahle, zur Erkl. von Epp. I, in Fleck-
^^»eii'8 Jahrbb. 97, S. 185—206. 269—294.
Bearbeitungen einzelner Briefe, z. B. I, 15 von M. Schanz in den Ver-
^^^«IL der Würzburger Philologenvers. (Leipzig 1869) S. 115—119. Courtoy,
'^^^me de Tinstr. publ. en Belgique XI, 4 f. II, 1 von K. Zell (Heidelberg
^^ * ^), H. Riedel (Groning. 1831).
4. Ep. II, 3 wird schon von Quintilian (VIII, 3, 60: Horatius in prima
*^^^te libri de arte poetica) nach ihrem Hauptinhalt unter dem Titel Ars
^ ^ etica angeführt (vgL Sidon. Apoll. IX, 20. Symmach. Ep. I, 4. Pri-
*^^iM XVm, 101. p. 1149 F. = II. p. 254, 16 Htz.: Horatius de arte poetica),
^^Icher jedoch sicher von Horaz nicht herrührt, da für ihn die Anrede
^^^ones genügte. Dass der Brief zu don spätesten Arbeiten des Horaz
%%hdrt oder geradezu die späteste ist machen seine Zeitanspielungen (vgl.
428 Augusteische Zeit, 711—767 d. St.
W. Teuffers üebersetzung davon, Stuttgart 1859, S. 304 f.) wahrschein-
lich, sowie seine formelle Beschaffenheit (vgl. Anm. 1), auch wohl seine
schwankende Stellung in den Handschriften (s. oben 219, 2). — Porphyrie
zum Anfang (IL p. 649 Hauthal) : hnnc librum, qui inscribitur de arte poe--
tica, ad L. Pisonem . . eiusque filios misit. . . in quem librum con(
praecepta Neoptolemi tov üaQiavov de arte poetica, non quidem oi
sed eminentissima. Diese ausdrückliche Angabe des Porphjrio verbietet^-
(mit Meineke) an die Schrifb dieses Alexandriners nsgl datsXantov zu denkei
nöthigt aber keineswegs zu glauben dass Horaz einer so untergeordnetere^^
Quelle sich bedient habe bei einem Gegenstande dessen er selber so vol
ständig Herr war. Dagegen konnte die Poetik des Aristoteles wed(
ignoriert werden noch dem Horaz entgehen; Parallelen derselben mit
serem Briefe gibt, wenn auch in Einzelnem zu weit gehiend, Streub^E:^-^^
p. 72-77.
Ausgaben der Ars poetica z. B. von Fr. v. P. Hocheder (Passau IS^^^^j
P. Hofman Peerlkamp (Leidae 1845). Uebersetzungen (vgl. A. 2) von ^'
Arnold (Berlin 1836. 4.) und einem andern A. Arnold (in Reimen, Er^^f^
1853. Halle 1860), M. Enk (Wien 1841), J. A. Mähly (Jahn's Archiv X jx,
S. 436—449) u. A.
Erläuterungsschriften der ars poet. Van Beenen, dissertat. philol.-«z:=iit.
etc., Amst. 1806. 4. Eichstädt, quo tempore et ad quos scripta sit, Jenae 1 ^BJi.
fol. Bosch, curae secundae in Hör. Epist ad Pis. Jenae 1812. fol. vgL EnzzMesti
Parerga p. LI — LXXI. Dohm, einige Bemerkungen über u. s. w., Itz^^loe
1824. 4. Mittermayer, Progr. Aschaffenburg 1827. 4. Lidberg, Lund L. ^33.
Ed. Müller, Gesch. der Theorie der Kunst bei den Alten II. S. 269 'S84
Lilie, Breslau 1839. W. Th. Streuber, Basel 1839. Lindemann, Pa^zart. I
und II. Zittau 1841. 4. J. Hilgers, Bonn 1841. Fr. Jacob, über das ^ei-
hältniss zu den Satiren des Horaz, Lübeck 1841, S. 7—15. W. Temjaffel,
Charakteristik des Horaz (1842) S« 64 — 73. J. Eckert, Beleuchtung u. ^ . w.,
Laudshut 1843. 4. G. Bernhardy, prooemium de Hör. Ep. ad Pis^^nes,
Halle 1847. 4. J. Fr. Fischeri dictata in Hör. A. p., ed. L. S. Obba^^nus,
Rudolstadt 1848. 1850. 4. Hantschke, de sententiarum ordine in Hör« Ep.
ad P., Wetzlar 1853. 4. J. Piechowski, de Ep. ad P., Moskau :t-S5S.
J. Freudenmann, über Veranlassung und Zweck u. s. w., Ehingen 185^* ^*
G. C. Mezger, Ezpositio Ep. ad P., Augsburg 1855. 4. J. M. £. Feys, T^
poätique d'H. considärde daus son ordonnance, Brüssel 1856. A. Michfl^ü^» j
de auctoribus quos Horatius in Hbro de arte poetica secutus esse videatuXi
Kiel 1857. 4. Rührmund, in Mützell's Ztschr. f. Gymn. 1858, S. 250—25^^-
B. Büchsenschütz, Philologus XII. S. 150—161. L, Spengel, zur A. p. i^^
Hör., ebds. XVIII. S. 94—108. A. Kiene, Composition der u. s. w., Sta^^^
1861. F. A. Beck, Beitrag zur Würdigung u. s. w., Giessen 1863. 4. P^^^^
Beck, die Ep. a. d. P. nach ihrem Zusammenhang dargestellt und metrisc^-^^
übertragen, Eos I. S. 196—214. J. Vahlen, Ztschr. f. österr. Gynm. X\V^'^'
S. 1 — 16.
223. Die Gedichte des Horatius wurden schon bald nac
dem Tode ihres Verfassers als Schulbuch benützt. Das dadur
bedingte Vorhandensein zahlreicher Abschriften erschwerte
223. Dichter: Horatias (Schicksale seiner Werke). 429
Interpolation ; und die derartigen Versuche sahen sich daher
alsbald zurückgewiesen und blieben ohne Einfluss auf den Text.
Auch Erklärer fanden die horazischen Gedichte frühzeitig, an
Julius ModestuS; Valerius Probus, Q. Terentius Scaurus, Hele-
nius Acro, Pomponius Porphyrio, vielleicht auch Claranus. Er-
halten sind Scholien von Porphyrio. 'Die den Namen des
Acro tragenden sind aas späterer Zeit. Die Zahl der auf uns
gekommenen Handschriften der horazischen Gedichte ist eine
sehr grosse; über das neunte Jahrhundert geht aber keine zu-
rück. Auf die deutsche Literatur, besonders des achtzehnten
Jahrhunderts, war namentlich die horazische Lyrik von grossem
£iiifluss; und in welchem Grade Horaz die Gelehrsamkeit be-
schäftigt hat, davon zeugt die ganz unübersehbare Anzahl der
Ausgaben seiner Werke wie der ihm gewidmeten Schriften.
1. Dass er eiu Schulschriflsteller würde hat Horaz sich Ep. I, 20, 17 f.
selbst geweissa^; und schon in der Zeit des Juvenal (S. VII, 226 f.) war
diess ganz regelmässig der Fall. Von Qointilian wird er gleichfalls oft-
nials citiert, theilweise auch Stellen (wie 0. I, 12, 40 f. bei Quintil. IX,
^t 18) die von der Hyperkritik neuerer Zeit angefochten worden sind;
ebenso dtieren ihn Martialis und Caesius Bassus. W. Dillenburger, Te-
«timonia zu Horaz, Berliner Ztschr. f. Gymn. 1868, S. 322—332.
2. Sueton (Ausgabe von Reifferscheid p. 47 f.): venferunt in manus
ixieas et e|egi sub titulo eins, et epistola prosa oratione quasi commen-
(i^ntis se Maecenati. sed utraque faba puto. nam elegi vulgares, epistola
etiam obscura, quo vitio mininie tenebatur. Die Ueberlieferung wies diese
^älschungsversuche so nachdrücklich zurück dass dieselben durch keine
Handschrift auf uns gekommen sind; und ebenso wenig macht sich in Be-
zug auf den Bestand des Erhaltenen irgend welches Schwanken bemerk-
lich. Die zwei neuen Oden welche Pallavicini in der Vaticana gefunden
i^aben wollte (abgedruckt bei Villoison, Animadv. ad Longin. p. 310, in
<ier Ausgabe, von Jani I. p. CXV; bei Preiss I. S. 110 ff. Peerlkamp
P- XXVIII— XXX u. sonst) sind ein Machwerk sehr späten Ursprungs; vgl.
^anderbourg I. p. 366 ff. Ballenstedt, Hannover 1788. A dissertation con-
^^ming two ödes of Hör., London 1789. 4. Richter, vita Horatii p. 127—130.
3. Die vita des cod. Paris, y, womit Pseudo-Acro seine Expositionen
^ Horaz einleitet, sagt: commentati in illum sunt Porphyrion, Modestus
^' Unten 266, 1) et Helenius Acren Omnibus melius. Ueber Yalerius Pro-
**^ 8. unten 283, 3. Ueber den vermeintlichen Ausleger des Horaz, C.
^®*iülius, g. F. Hauthal im Rhein. Mus. V (1846) S. 616—532.
Der Scaurus welcher von Porphyrio zu Sat. II, 6, 92 citiert wird ist
^e Zweifel Q. Terentius Scaurus. Dagegen das Citat (bei Charisius
^' 188 P. =3 210, 21 K.) Q. Terentius Scaurus commentariis in artem poe-
, 5^^^n libro X' weist nicht auf einen Commentar zur Ars poetica des Horaz
p^ sondern wird auf ein selbständiges Werk dieses Grammatikers über
^^ük zu beziehen sein.
430 Augusteische Zeit, 711—767 d. St.
Helenius Acro lebte wahrscheinlich am Ende des zweiten christL Jahrii
Vgl. Ribbeck, Proleg. ad Vergil. p. 174 f. Der ursprüngliche echte Com
mentar dieses Grammatikers ist untergegangen; Porphyrien citiert ihn &
Sat. I, 8, 25: memini me legere apud Helenium Acronem u. s. w. Daa
seinen Namen eine Scholienpartie mit Unrecht trägt erhellt schon daraa
dass in dieser eben Acron als einer der besten Erklärer des Horaz ac:
geführt wird; s. A. 3. *
Porphyrie zu Sat. II, 3, 83: Anticjra oppidum et insula hoc nomi«
ut Claranus testatur. Diess bezieht sich am wahrscheinlichsten auf (^
auch von Martial. X, 21 genannten Grammatiker Claranus, und ma^
wenigstens glaubUch dass derselbe den Horaz commentiert habe, obw —
eine sonstige Spur davon sich nicht findet.
Auch hatten Schriftsteller deren Namen uns unbekannt sind schon
der Zeit des Porphyrie de personis Horatianis geschrieben; s. Porphyr _
Sat. I, 3, 21. 91.
Pomponius Porphyrion, der Verfasser der ältesten auf uns gek:o.
menen Scholien zu Horaz, lebte zwischen 140 und 300 n. Chr. , wahrsclsei
lieh um 200—250, und war wohl aus Africa gebürtig imd ein Frontoni^
ner, jedoch auch mit Rom und einem grossen Theile Italiens wohlbekannt
Sein Conmientar war wohl für die Zwecke des rhetorischen Üntem'cli^
und für Africaner abgefasst und beschäftigt sich vorzugsweise mit der Ic7
gischen, rhetorischen und grammatischen Erläuterung, wogegen die Sack
erklärung sehr spärlich ist; s. 0. Keller in der Symbola philol. Bonnen-
sium S. 491—499.
Die ungefähr seit dem 15ten Jahrhundert den Namen des Acron tra-
genden Scholien haben im cod. Veronensis zwar an der Spitze ' ur seinen
Namen, im Contexte aber ist dieser Name blos einem TheOe der Scho
lien auf dem Rande beigeschrieben; s. J. Schienger im Mainzer Progr
1868, p. 1 f. Anm. 0. Keller (a. a. 0. S. 499 — 502) will zwei Partiei
unterscheiden : eine ältere , aus dem Anfange des fünften Jahrhunderts, voi
einem Verfasser herrührend welcher aus Apulien gebürtig und somit eii
Landsmann des Horaz war, dem alten Glauben noch anhieng und imte
Benützung seiner Vorgänger (namentlich nachweisbar starker Ausbeutun]
des Porphyrion) Expositiones zu Horaz verfasste, die zu Anfang von £po. 1
plötzlich ohne Schluss abbrechen und für die Sacherklärung manches Be
achtenswerthe enthalten; andererseits eine jüngere Partie, aus dem Schluss
desselben fünften Jahrhunderts, von einem vielleicht mit Fabius Planciade
Fulgentius identischen Verfasser, welcher bis zum Anfang von 0. IV jenei
älteren Vorgänger abschrieb, von da an selbständig wird, aber ohne and
nur den bedingten Werth der älteren Partie zu erreichen. Vgl. Usenei
de scholüs Horatianis, Bern 1863, und Rhein. Mus. XXIH. S. 490 £
Der sogenannte Commentator Cruquianus ist eine von dem Horaz
Herausgeber J. Cruquius aus seinen Handschriften, besonders den Blan
dinii, gemachte Zusammenstellung aller Scholien und Glossen denen e;
Werth beilegte; vgL Cruquius zu Ep. I, 18, 15 (p. 581 a): Blandin. anti
quissimns, ex quo comment. descripsimus. Rhein. Mus. X£K. S. S33 f.
Ausgaben der Scholien von Georg Fabridus (Basel 1555. foL), voi
Franz Pauly (Prag 1858 f. 2 Bde.) und von Ferd. Hauthal, Berolin. 1864
223. Dichter: Horatius (Schollen und Handschriften). 431
1866. 2 Voll. Vgl. 0. Keller in Fleckeisen's Jahrb. 91, S. 176—183. Hauthal
in der Berl. Ztechr. f. Gymn. 1866, S. 398—409.
üeber die Scholien s. W. H. D. Suringar, historia critica schoiiasta*
mm latinorum, Vol. III, Lugd. Bat. 1835. W. Dillenburger, Horatiana,
Aachen 1841. 4. W. Teuffei im Rhein. Mus. III. 1844. S. 473—476. C. Kirch-
ner, Novae quaestiones hör. 1847. p. 69—64. C. L. Roth, Rhein. Mus. XIII.
S. 617. 6. Linker, de Hör. scholiastis qui feruntur Acrone et Porphyrione
adnotationes subsecivae, Ztschr. f. Ostreich. Gymn. 1868. p. 813—823.
H. Usener, de scholiis horatianis commentatio, Bern 1863. 32 pp. 4. 0. Kel-
ler, zur Kritik der sog. acronischen Scholien, Rhein. Mus. XIX. S. 164 — 160,
and üeber Porphyrion, Pseudo-Acron und Fulgentius, Scholiasten des Ho-
raz, in der Symbola philolog. Bönnens. (Lips. 1867) S. 491—602. W. Hirsch-
felder, Quaest. horat. spec. (über die Hdss. und den Commentator des Gru-
quius), Berlin 1862. 4. E. Schweikert, de Porphyrionis et Acronis scho-
liis horatianis, Münster 1864.
4. Handschriften des Horaz gibt es mehr als von irgend einem
alten Schriftsteller. Die Zahl derselben belauft sich auf ungefähr 260,
von denen die meisten aus Frankreich stammen, wo im Beginne des Mittel-
alters besonders die Benedictiner fleissig den Horaz abschrieben. In Ita-
lien sind die Horazhandschriften sehr viel seltener, und die älteste bis
jetzt dort aufgefundene ist aus dem Uten Jahrhundert. Aufzählungen bei
Jani I. p. I— XXI. Mitscherlich I. p. I— XLI. Vanderbourg I. p. 387 —
411. Hauthal, über die Horazmanuscripte in Italien, Jahn's Jahrb. XIII.
S. 427 ff.; über die älteste spanische Handschrift des Horaz und des Acron
(den cod. Heinianus), Bonn 1847 ; •Ztschr. f. d. Alt. Wiss. 1847. S. 398—403.
C. Kirchner, Novae quaestiones horatianae. I. Quinquaginta cocQcum qui-
^Ti8 osi sumuB descriptio. II. De codicum Horatianorum stirpibus ac fa-
^xiilüg, Naumburg 1847. 4. Vgl. dessen Ausgabe der Satiren (1864) p. XX
— -XXXVI. Unter diesen Handschriften sind besonders die Blandinii des
Jacob Cruquius (aus der abbaye de St.-Pierre au mont Blandin zu Gent)
▼on bestrittenem Werthe. Während sein antiquissimus von M. Haupt u, A.
2iir Hanptgrundlage der Textesgestaltung gemacht wurde, stellte Th. Bergk
^en s^tz auf: die Angaben des Cruquius über die von ihm benützten Hand-
f^^hiiften des Horaz beruhen zum Theil auf Fälschung, und 0. Keller ist
*^ beigetreten (Ehein. Mus. XVIH. S. 281—283), wogegen K. Zangemei-
^^ (ebds. XIX. S. 321-339, mit 0. Keller's Replik, ebds. S. 634—637)
2*® Wichtigkeit des Bland, verfochten hat. Vgl. auch Mützell in seiner
^*^^r. f. Gymn. IX (1866) S. 860—877 nebst 8. 946. F. Ritter, ebds.
^7^ S. 369-361 und dagegen H. Düntzer, der 6te cod. Blandinius des Ho-
'^» ebds. 1867, S. 927—937. 1864. S. 876—878.
Die Classification dieser Handschriften ist dadurch sehr erschwert dass
y^^ einzelne derselben durch EinfQhrung von Lesarten anderer Classen
^ ursprünglichen Charakter ihrer eigenthümÜchen Recension mehr oder
?^^^iiger verwischt hat (0. Keller, Rhein. Mus. XIX. S. 226). Indessen
.?^^en sich drei Hauptclassen unterscheiden. Die erste besteht hauptsäch-
^^ ans Pajrisin. 7976 und Turicens. Carolin. 6 (y r bei Keller), beide aus
^tn zehnten Jahrb., beide aber auch vielfach nach Handschriften der
^^tten Classe abgeändert. Auch Paris. 10310 saec. X (n bei 0. Keller)
%^|iört hieher. Die zweite bilden die Handschriften der Recension des
432 AuguBteische Zeit, 711—767 d. St.
MavortiuB (Cos. 527); also diejeuigeD welche die Subscription hal
tius AgoriaB Basilias Mavortius Y. C... legi et ut potui emendavi
rente mihi magistro Feiice, oratore urbis Bomae; sowie die au
abgeleiteten. Zu dieser Classe gehören Paris. 7900 (saec. IX— 2
Keller), Bemensis (saec. IX, B bei Keller), Gothanns B (saec. XI
Keller), Sangallensis oppid. (saec. X, a bei Keller), und ande
dritte Classe ist die durch Coujecturen und Schreibfehler aller
frühesten und meisten entstellte, wenn sie auch theilweise Site
Sprungs ist als die zweite Classe. Dahin gehören einige Paris«
saec. X (7972 = il; 7973 = u; F, als Urhandschrift von qp und ^).
5. EinfluBs des Horaz auf die deutsche Literatur; s. W. Teufi
rakteristik d. H. (1842) S. 50 ff. H. Fritzsche, Horaz und seiu Ein
die lyrische Poesie der Deutschen, in Fleckeiaens Jahrb. 88, S. 1(
C. L. Cholevius, Geschichte der deutschen Poesie nach ihren anti]
menten I (Lpzg. 1854), S. 335 f. 469 ff. 488 ff. II (1856). S. 75 ff.
6. Gesammt ausgaben der Werke des Horaz. Beichhalt
Zählungen bei J. A. Fabricius, Bibliotheca latina I. p. 405 ff. Ci
editionum Horatii ab a. 1476—1739 quae in bibliotheca Jac. Dou
servantur, Lond. 1739. 4. (J. W. Neuhaus,) Bibliotheca horatiana,
labus editionum Horatii, interpretationum, versionum ab a. 1470 ad
Lips. 1770. 1775. Jani I. p. XXII— LXXHI. Praef. der Zweibrücl
gäbe. Mitacherlich I. p. XLII-CLIV. Preiss I. S. 240-385. Sd
Handbuch der class. Bibliographie, Bömer, S. 386—464. Wagner,
riss der class. Bibliographie (Breslau 1840), S. 423 ff. Kirchner vo
AuBg. der Satiren (1854 J p. XXXVI bis LH.
Die Ed. princ. (fol.) ist s. 1. et a., stammt aber jedenfiEÜIs aui
und den Jahren 1470—73. Die weiteren Hauptausgaben sind: m
Commentar, Mailand 1474. 2 Voll. 4. Zugleich mit dem des Po
s.-l. et a. (Patav. 1481). Mit Landins Commentar, Florenz 1482, fc
den von Mancinellus, Venedig 1462, fol. und oft. Venet. 1519 (Aid.)
1519. fol. Ge. Fabricius, Basel 1555. fol. Mit Murets Comm., Ven
fol. (Paul. Mannt.) Lambins Ausg., 2 Voll. Lugd. 1561. 4. Pari
fol. 1579. 1587. 2 Voll. fol. und öfters; neu abgedruckt Confluei
2 Voll. 8. Ex castigatione Th. Pulmanni u. s. w. Antv. 1566. 12.
Stephanus,- 1577. 1588. 1600. Ed. J. Cruquius zuerst einzeln (Od. I
Epod. und carm. saec. 1567; Satt. 1573), dann vereinigt Antverp.
(vgl. Mutzen in seiner Zeitschrift 1855, S. 850—877); darauf (mit J.
Commentar) 1597 u. 1611. 4. Ed. Laev. Torrentius, Antv. 1608. <
Heinsius (mit Abh. de satira), Lugd. B. 1612. u. ö. Französ. Uebe
und histor. Anmerkungen von Dacier, Paris 1681. 10 Bde. 12.; viert
Amstel. 1727. Ed. R. Bentley, Cantabrig. 1711. 4 1713. Amst^rd.
Lips. 1764. 1826. Berolin. 1869. 2 Voll. ; die Anm. ohne den Text hei
von Sachse, Quedlinb. 1S25. Ed. Cuningam, Hag. Com. 1721. (
Ordnung, französ. Uebers. xmd Anmerkungen von N. C. Sanado]
1728. 4. 2 Voll. Amst. 1756. 3 Voll. W. Baxter und Gesner, Li|
1772. J. Valart, Paris 1770. J. Oberlin, Argent. 1788. 4. Zeui
1788. 1802. 1815. Wakefield, Lond. 1794. 2 Voll J. Baden, Hafhi
Wetzel, Liegnitz 1799. 2 Voll. J. H. M. Emesti, Berlin 1800, 2 V<
i
« ,-
223. Dichter: Horatius (Literatur). 433
l>erfeldt, Vorlesungen über die class. Dichter der Römer, 4 Bde., Leipzig
IBOO. C. Fea, Rom 1811. 2 Voll., neu herausgeg. von F. H. Bothe, Hei-
adberg 1821. 1827. Döring, Lips. 1803. Vol. I, ed. 6, cur. Regel 1839; Vol. II,
.. 2. 1828; ed. minor, Lipa. 1830. Pottier, Paris 1823. W. Braunhard,
>8. 1831 — 1838. 4 Abth. J. C. Orelli, 2 Voll. Zürich 1837 f. 1843. 1850
1852. Zugleich eine editio minor (quinta, 1868). Textausgaben von J.
iJYki. Jahn, Lips. 1824 und sonst; ed. sexta, cur. Th. Schmid, Lips. 1855.
C. Zell, Stuttg. 1828. A. Meineke, Berlin 1834. 1864. H. Düntzer, Kritik
iux.d ErklSjung der horazischen Gedichte (ohne Text), 5 Bde., Braun-
soliweig 1840—1845; mit Text, Braunschweig 1849; erklärende Schulaus-
gabe, Paderborn 1868 f. W. Dillenburger, Bonn 1844. 1848. 1854. 1860.
1»€7. C. F. Süpfle, Heidelberg 1846. recogn. M. Haupt, Lips. 1851. 1861. 16.
Oi. Q. Stallbaund, Lips. 1854. Cum novo comm. ad modum Bondii, Paris
1B^5. 16. Rec, codicum selectorum varias scripturas addidit Fr. Pauly,
H-ipa. 1855. Scholarum in usum ed. G. Linker, Wien 1856. Ad Codices
sa^ec. IX et X exact. comm. critico et exeget. illustr. ed. Fr. Ritter, Lips.
XS56 f. 2 Voll. In US. scholarum brevi annot. instr. Fr. Ritter, Lips. 1857.
Cura W. H. Milman, London 1868.
7. Allgemeine Erklärungsschriften zu den horazischen Ge-
rüchten. Mitscherlich , Racemationum Venusinarum fasc. I — IX, Gotting.
1828-1834. 4. Eichstädt, Paradoxa horatiana, 12 Thle., Jena 1832—1843. 4.
A. Weichert, Lectiones Venusinae, Grimma 1843. 4. L. Döderlein, Lectio-
nes hör.. Erlangen 1828. 1830. 4.; Scherflein zum Verständniss des Horaz,
klangen 1853. 4. W. Dillenburger, Quaestiones hör. I. Cöln 1838. 4.;
Horatiana I. Aachen 1841. 4. II. Emmerich 1845. 4. J. W. Steiner, Com-
^«ntationes horatianae, I. Coblenz 1841. 4. II. Kreuznach 1847. 4. H. Pal-
damus, Horatiana, Greifswald 1847. 4. Schröter, Quaestiones horatianae I.
^rbrücken 1847. 4. IL 1856. 4. Werner, Quaest. hör. Breslau 1847.
^-'ir. Herbst, Lectiones Venusinae, Danzig 1848. 4. II. 1858. 4. J. Horkel,
^i^alecta Horatiana, Berol. 1852. 152 pp. Brandt, Quaestiones horatianae, I.
Booster 1864. Trompheller, Beitrag zur Würdigung der horazischen Dicht-
^eise I. Coburg 1865. 4. II. 1858. 4. III. 1862. 4. IV. 1866. 4. E. C.
^fa^cke, Scidae Horatianae, Weilburg 186ft. 4. A. Eiessling, Horatiani-
■^^^e Kleinigkeiten, Basel 1867. 4. — F. S. Feldbausch, zur Erklärung des
«01*^2 . Einleitungen in die einzelnen Gedichte, 3 Bdchen, Heidelberg
I8öl_lg53.
J. A. Voigt, über den Gebrauch des Adjectivs bei Horaz, Halle 1844. 4.
-^^ W. Dahleke, de usu infinitivi horatiano, I. Breslau 1854. Fr. J. Hester,
^^ infinitivi natura et apud Hör. usu, Münster 1858. G. EbeUng, de ca-
*^^»i Q8U horatiano, Wernigerode 1866. 4.
Treteri index horatianus, Antverp. 1576; nach Büchern und Versen
*^^etheilt von D. Avermann, Braunschweig 1668. Daraus des J. Verbur-
°^^^^ Index an Ausgaben von Bentley. Vollständiger Wortindex auch an
^* Ritter's und an 0. Keller's Ausgabe.
J. H. M. Emesti, (Jlavis horatiana, 3 Voll. Berol. 1802—1804. Lips.
^^. Brevior, Halle 1818. J. G. F. Estr^, Horatiana prosopographia,
T^^tterdam 1846. F. S. Feldbausch, erklärendes Register der Eigennamen
^^i Horaz, Heidelberg 1853 (Einleitungen, drittes Bdchen).
Teuf fei, Rom. Litera(ur{$^esc*hichte. 28
■K||k«
434 Augusteische^Zeit, 711—767 d. St.
8. üebersetzungen sämmtÜcher Gedichte in*8 Deutsche von Jonck-
heim, Uz und Hirsch (AnBbach 1797, 2 Thle), J. H. Vobs (Heidelberg 1816.
1820. 2 Bde), Th. Obbarius (Berlin 1847. 1857. 16.), J. S. Strodtmann (Leip^
2ig 1862. 1855. 1860), W. Binder (Stattgart 1865), F. 0. t. Nordenflych-
(Berlin 1866), E. G. Neumann (2te Aufl. Trier 1868) u. A.
9. Abbildungen zu Horaz. Horatii emblemata imaginibuB aer
incisis notisque illustrata studio Oth. Vaenii, Antverp. 1607. 4. und oP
Dreissig Bilder zu Hör. Werken, gezeichnet von Frommel (Karlsruhe 182S
nebst Erklärung von Sickler). Bilderhoraz von Mihnan, London (J. Mcu
raj) 1850. Auch die Didot'sche Ausgabe ad modum Bondii (Paris 18S
16.). Hör. opera illustrated from antique gems, by C. W. King. The te%
revised with an introduction by H. A. J. Munro, London 1869. 484 pp.
224. Horaz ist ein fein organisierter Verstandesmensch
Schwung der Phantasie^ idealen Flug der Gedanken und G
fühle ^ begeistertes und Begeisterung weckendes Wesen d.^
man bei ihm nicht suchen. Was man aber bei ihm findet
eine unvergleichliche Klarheit ^ Ruhe und Schärfe des Gei^fc«
eine durchdringende Kenntniss des eigenen Selbst und and^j
Personen und Verhältnisse. Zuverlässig imd treu gegen Freun.<
ist er scharf gegen Feinde. Sein Unabhängigkeitsgefühl ^i
leidet ihm die Hauptstadt und gewinnt ihn für die Stille d
Landlebens. Sein politisches Bekenntniss und seine Haltnzi
gegenüber von August ist ein fortwährendes Compromiss z^
sehen diesem Unabhängigkeitsgefühl imd seiner Einsicht
das unter den gegebenen Umständen Mögliche und Unvermei
liehe. Er triflFt auch hier die schwierige Mittellinie, weder gl.
zustossen noch sich etwas zu vergeben. Er ist kein Mann A*
Opposition, aber er hält auf politischen Anstand. Seine W^3
anschauung ist die des r^feren Alters, welches die Leidenseh^
ten hinter sich hat und vor sich den Tod. Der Ton wechs^
daher zwischen mutigem Erfassen dessen was das Leben B'
freuliches bietet und resigniertem Hinblick auf das was es \e^
sagt; er bewegt sich am liebsten in den mittleren Stimmungen
und gedämpften Accorden. Das Ziel wonach er unablässig
strebt ist die ruhige Glätte des Gemüts, unentwegt durcC
Stürme des eigenen Innern wie durch äussere Begegnisse ode
Ansinnen anderer Menschen. Sein Verstand schärfte feme$
seinen Geschmack und verlieh seiner Sprache die wohlthuend^
Durchsichtigkeit die ihr nur da abgeht wo er nicht sich selbst
geben kann. Sonst aber liegt nichts ihm femer als Gesuchtem
und Geschraubtes. Sein Bewusstsein der Begrenztheit mensch-
lichen Seins lässt ihn mit Humor über sich selbst reden, mil
224. Dichter: Horatius (Charakterietik). 435
Ironie über das was sich gross dünkt^ und äussert sich besonders
liebenswürdig in einem Anstrich gutmütiger Schalkhaftigkeit.
1. Jani, de moribus Horatii prolusio (Halle 1774. 4. und in seiner
Ausgabe I, p. C — CIU). B. van Onuneren, Horaz als Mensch und als
Bürger von Born, aus dem Holland, übers, von Walch, Leipzig 1802. Seiz,
Horaz nach seinem Leben und seinen Dichtungen, Nürnberg 1815. W. Teuf-
fei, Charakteristik des Horai (Leipzig 1842), bes. S. 65 ff.; über Horatius
(1868. 4.) S. 34 f. W. E. Weber, Q. Horatius Flaccus als Mensch und
IHchter, Jena 1844. Andaltshauser, über Horaz und seine Dichtungen,
Straubing 1846. 4. Lysauder, Comm. de Horatio homine ac poeta, Lund
1B48. 4. S. Karsten, Q. Hör. FI., ein Blick in sein Leben, seine Studien
und Dichtungen, ans dem Holland, übersetzt von M. Schwach, Leipzig 1863.
^. D. Gerlach, Leben und Dichtung des Horaz, Basel 1867.
2. YerhältnisB zu Freunden. F. Jacobs, Vermischte Schriften Y.
8. 3 ff. Knebel, zur Charakteristik des Horaz, insbes. sein Verhältniss zu
Macenas, Ztschr. f. d. Alt. Wiss. 1841 , Nr. 93. Frandsen , Mäcenas (1843)
S. 193—220. C. G. Zumpt vor Wüstemann's Ausg. der Satiren, S. 12—19.
^. F. Grotefend, des Horaz Freunde und Bekannte, Philologus U. S. 280
— ^288. H. PaldamuB, Horaz und Mäcenas, Ztschr. f. d. Alt. Wiss. 1848,
Nr. 113. Fr. Jacob, Horaz und seine Freunde, Berlin 1852 f. 2 Bde.
3. Ueber das Verhältniss des Horaz zu August gibt Sueton merk-
'^^rdige Einzelheiten, vv^elche zeigen -wie viel dem Letzteren daran lag den
f^chter för sich zu gewinnen und wie zurückhaltend sich dieser gegen
^^ benahm. Ganz dasselbe beweisen auch des Letzteren Gedichte, theils
^^^ ihrem langen Schweigen, trotz der manchfachen persönlichen Beruh-
^UQgen welche die Freundschaft mit Mäcenas herbeiführen musste, theils
^Uch, alfl es endlich gebrochen wurde, in der an das Thatsächliche , offen
^^^egende sich haltenden und die eigene persönliche Ueberzeugung nicht
^^tverwickelnden Weise der Ausführung. Wo Horaz positiven, dringen-
^^u Aufforderungen sich nicht zu entziehen vermochte, da fühlt sich die
^^laaere Nöthigung in der Haltung des betr. Gedichtes sehr deutlich durch.
^ftas er schliesslich dem Erfolge gehuldigt hat lässt sich nicht leugnen.
-^ber er that es erst nach langem Sträuben, als die Monarchie unabänder-
^ch feststand und ferneres Schmollen kaum mehr verständig gewesen wäre.
Auch gibt es heutzutage nicht Viele welche ihm aus jener Haltung einen
Vorwurf zu machen berechtigt oder geneigt wären. Neuerdings ist es
▼^Imehr Sitte geworden aus den horazischen Gedichten tiefe und feine
politische Berechnungen herauszulesen. So will man die Entdeckung ge-
*^^^cht haben dass Horaz die Empfehlungen der Mässigung und des ruhi-
^u ehrgeizlosen Lebensgenusses vorzugsweise an solche Männer richte
^eren hohe Geburt, Reichthum oder stolzer Sinn dem Augustus am meisten
»ettorgnisie einflössen konnte (C. Peter, Gesch. Roms HI. S. 110). Aber
^^^ er sie an Solche richtete bei denen sie wohlangebracht waren ist
^^h wohl selbstverständlich; dass er diess jedoch im Dienste des Augu-
"^ gethan habe, dafür spricht auch nicht das Geringste.
Literatur über die Frage. Wieland's Einl. zu Brief II, 1. Boost, über
«be Anklage des Horaz, Frankfurt 1807. F. Jacobs, Vermischte Schrif-
**^ V. S. 318 ff. E. Salverte, Horace et Tempereur Auguste, Paris 1828.
28*
436 Augusteiache Zeit, 711—767 d. St
Giesebrecht, quid de Horatio senserit Augustus, Prenzlau 1829. 4. Feld-
baasth, de Horatio non adulatore, Heidelberg 1839 (vgl. W. Teuffei i
Jahn's Jahrbb. XXVHI, S. 327 ff.). Hempel, wie ist Horaz zum Herold d
monarchischen Princips geworden? Bromberg 1840. 4. W. E. Webe
Horaz als Mensch (1844) S. 168 ff*. Werner, Quaestiones horatianae, Gö
1847 (de Horatio Augusti laudatore). Paul, de Hör. in Augustum adnl;
tione, Thom 1847. 4. 0. Jahn, Grenzboten 1868, S. 96 f.
4. Hinsichtlich der Sittlichkeit des Horaz ist zuzugeben dass sei
Ansichten über die Beziehungen der Geschlechter sich erst in seinen s
testen imd reifsten Gedichten über die seiner Zeit erheben. Doch
keineswegs alles in den Oden in dieser Hinsicht Gesagte wörtlich zu n
men. Vgl. im Allgemeinen Lessing, Bettung des Horaz (Werke IV. 8. 215
Ausgabe von 1867. VIU. S. 1 — 40). Les amours d'Horace, Cologne 17
W. Teuffei, de Horatii amoribus, Jahn's Archiv VI (1840). S. 325—3^
VU. S. 648-650; Charakteristik des Horaz (1842) S. 85-89. DüntÄ=.
Kritik und Erklärung des Horaz HI. 8. 35—42. W. E. Weber in Jalm^xa*«
Archiv IX. S. 248—273.
5. Von einer Philosophie des Horaz kann man reden theils in (S^n
Sinne einer Weltansicht, theils sofern Horaz zu den beiden in seiner !^^it
zu Rom geltenden griechischen Systemen, dem epikureischen und d.^zD
stoischen, in seinen Schriften Stellung nimmt. Anfänglich ein entschi^ eig-
ner Bekenner des Epikureismus (S. I, 5, 101 ff. Ep. I, 4, 16) und Bekämx>^^^
des Stoidsmus, verräth Horaz doch schon durch das Oftmalige und flua-
gehende seiner Beschäftigung mit dem letztem System (S. I, 3. II, 3« 7)
ein geheimes Interesse dafür (vgl. W. Teuffei zu Sat. II, 7. S. 175 f.). "Von
Anfang an neben allem Lebensgenüsse einen nachdenkhchen Sinn ^«rer-
rathend lernt Horaz allmählich den sittlichen Ernst achten den der Stxii-
cismus, trotz seiner Wunderlichkeiten, in sich schliesst und hört daher- ^^'
mählich auf ihn zu bekämpfen und nimmt immer mehr von ihm an C^^^^
Ep. I, 1, 17), obwohl er niemals zu ihm übertritt, vielmehr eine kritische €>^^^
eklektische oder dilettantische Stellung zu den verschiedenen SystexKx^Q
einninunt (Ep. I, 1, 14). 0. I, 34 ist mehr Ausdruck einer augenbl^^'
liehen Stimmung als Ausfluss einer gründlichen Aenderung der Ansi^^^^
Die dortige angebliche Bekehrung hinderte den Dichter nicht sich n^^^
später Epicuri de grege porcum zu nennen (Ep. I, 4, 16). Wohl aber ^^^^
0. II, 2, 19 ff. dass er mit den vierziger Jahren (um J. 730) dem Stoi^^"
mus mehr Gerechtigkeit widerfahren zu lassen anfieng. Schriften de j^^"'
losophia Horatii oder horatiana von J. Berger (Viteberg. 1704. 4.), F<^^^^
lius Henning (üpsala 1706), Isr. Noräus (üpsala 1706. 4.), Briegleb (^^^^'
bürg 1777. 4.); de poenitentia Horatii philosophica (0. 1, 34) Schriften ^"^ "^^
Benner (Giessen 1734. 4.) und List (Giessen 1785). Pflugradt (praeside
£. J. Walch), de philosophia Hör. stoica, Jena 1764. 4. J. H. B. Foi
läge, de praeceptis Hör. ad artem beate vivendi spectantibus, Cobu^^^^
1835. 4. Werner, de Horatio philosopho (Quaest hör., Götüngen \SÜ^ ''
Munding, die sittlichen und religiösen Ansichten des Horaz, Kottweil 1853. ^^
J. Crautecein, de Horatii ratione theologica et philosophica, Münster 185*^" '^ .
A. Arnold, das Leben des Horaz und sein philosophischer, sittlicher un^^
dichterischer Charakter, Halle 1860. G. Bemhardy, röm. Lit-Gesch. Anm. 17:
224 f. Dichter: Höratdus (Charakter). Valgius. 437
6. Ueber Horaz als Dichter überhaupt 8. Urteile aus dem Alterthum
bei Ovid. Trist. IV, 10, 49. Persiua T, 116 f. Petron. Sat. 118. Quinta.
X, 1, 96. Juvenal. VII, 53 tf. Sidon. Apollin. Ep. VIIT, 11. IX, 13. Carm.
IX, 223. Auch Ygl. Paneg. ad Pison. 229 f.
226. Dem Horatius befreundet war C. Valgius Rufus,
CJos. 742, Verfasser von Elegieen und Epigrammen, eines Wer-
kes über Kräuter, einer lateinischen Bearbeitung der Rhetorik
des Apollodoros aus Pergamon und von grammatischen Unter-
suchungen in Briefform.
1. Fasti cap. ad a. 742 = 12 v. Chr. (C. I. lat. I. p. 441): . .Ruf.
a,bdic. in e. 1. f. e. Faati Colotiani (ib. p. 466): euf. C. Valgiua C. f.
Fragm. fast, municip. (ib. p. 472, IX). Quirinio et Valgio cos. in den fasti
pruenestini (ib. p. 314. 317). Mit Quirinius genannt auch bei Orelli 3693.
7041. (Das cognomen Satuminus gehört dem Nachfolger des Quirinius,
L- Volusius.) Porphyrie zu Hör. 0. II, 9 (p. 188 H.): Valgium consularem,
amicum suum (vgl. v. 5), consolatur morte delicati pueri graviter adfectum.
Vgl. Sat. I, 10, 82. Vielleicht ist er auch der Pyrrhus [nvQQog = rufus)
von 0. III, 20 (Bamberger). Tibull. IV, 1, 179 f. an Messala: est tibi qui
possit magnis se accingere rebus Valgius, aeterno propior non alter Ho-
mere, was wenigstens die Erwartungen ausdrückt die man in diesem Kreise
'^on seiner Befähigung zum Epos hegte; vgl. Hör. 0. II, 9, 18 ff. Plin. N.
H. XXV, 2: post eum (s. oben 43, 1) unus illustrium tentavit C. Valgius
eruditione spectatus, imperfecto volumine ad Divum Augustum, inchoata
^tiam praefatione religiosa, ut omnibus malis humanis illius potissimum
principis semper mederetur maiestas. Hienach muss das Werk doch ver-
öffentlicht worden sein. Auch wird G. Valgius von Plinius unter seinen
Quellen für B. XXI angeführt, Wahrschemlichkeit hat daher die Ver-
mutung von R. Unger, dass bei Quintilian X, 1, 56 zu schreiben sei Nican-
^'"uin frustra secuti Macer (oben 209, 7) atque Valgius (vgl. oben 213, A. 2)?
2. Schol. Veron. zu Verg. Ecl. 7, 22 (p. 74, 10 tf. Keil): similiter hunc
^ocinmi in elegiis Valgius honorifice appellat et quadam in ecloga de eo
^^ u. s. w. (s. 228, 2). Servius ib.: Codrus poeta eiusdem temporis fuit,
^^ Talgius in elegiis suis refert. ad Aen. XI, 457: Valgius in elegis. Isidor.
^^g. XIX, 4, 8 (Valgius: ein Distichon). Unger, Valg. p. 223—265. In
^^^en Gedichten hatte er wohl auch den Mystes (Hör. 0. II, 9, 9 f.) be-
^*>tigen und beklagt. Charis. I. p. 108, 7 K.: Valgius in epigrammate.
^ger p. 215—223. Letzterer hält den Valgius auch far den Verfasser der
^^^udo-vergilischen Elegie auf Messala; s. oben 215, 5. A. 2. Philargyr. zu
j*^org. III, 177 (ut Valgius ait) führt zwei Hexameter von ihm an, welche
^ger p. 265 ff. angeblichen Bucolica des Valgius zutheilt.
3. Gell. XII, 3, 1 : Valgius Bufus, in secundo librorum quos inscripsit
^^ rebus per epistulam quaesitis, lictorem dicit a ligando appellatum esse,
'^^ris. I. p. 108, 28 K. (Valgius de rebus per epistulam quaesitis solitau-
^"^^ dicta ait esse a etc.). 135, 23 (Valgius de rebus per epist. quaes. für
^<ie Form lacer). Daraus wohl auch Charis. I. p. 102, 10 K. (et Valgius
^^ Verrius et Trogus de animalibus lacte dicunt) und 143, 24 f. (secunda
^^tio, qua Plinius ait Valgium niti). Unger Valg. p. 163—198. Diomed. I.
438 AugUBteische Zeit, 711 — 767 d. St.
p. 387, 6 K.: Valgias de translatione (alt): comesa (nicht comesta) patL
Vielleicht ein Theil der Bearbeitung von ApoUodor's Ti%vfi. Qointil. ]
1, 18 (oben '36, 8). 5, 17 (causam finit Apollodorus, ut interpretatione Va]|
discipuli eiu8, utar, ita). V, 10, 4 (epichirema YalgiuB aggresaioneni yoci
Auf den iambiechen Rhythmus der Citate aus Valgius* Ars bei Quintü '.
5, 17 macht Ritschi aufinerksam, in Reifferscheid's Sueton p. 529. YgL n<
Unger p. 145 — 162. Unbestimmte Anführungen bei Sen. Ep. 51 , 1 (Aetn
quare dixerit Messala unicum, sive Valgius, apud utmmque enim legi),
generib. nom. p. 91, 13 (VaUius: perfusam pelvem), wo Haupt: fortasse Valgi
4. Weichert, poetar. lat. yitae etc. p. 209—240. R. Unger, de C. "V
gü Rufi poematis commentatio, Halle 1848 (510 nebst XVIH pp.!).
226. Andere Freunde des Horaz welche sich selbst an
mit Arbeiten in gebundener Form beschäftigten waren Aristi
FuscuS; wie Valgius zugleich Verfasser von grammatisch
Schriften^ Fundanius^ Titius und Servius Sulpicius.
1. Ueberschriften von Hör. 0. 1, 22: ad M. Aristi um FuBCum. k.
Hör. Ep. I, 10 ist an ihn gerichtet (Ueberschriften: ad Fuscum Aristi
grammaticum) ; vgl. Sat. 1, 9, 61 ff. 10, 83 =» 91. Porphyrie zu Ep. I,
(p. 425 H.): ad Aristium Fuscum scriptorem comoediarum; dagegen
einem Theile der Hdss. des Acro zu Ep. I, 10, 1 (p. 422 H.): alloq«.
Aristium scriptorem tragoediarum , so dass die ganze Angabe zweifeU
wird. Sicher aber ist seine Eigenschaft als Grammatiker; wir kennen A^
Fusci (die Handschrift hat abnesti fusti) grammatici über adAsinium .
Honem (oben 208, 2 d) aus Eichenfeld und Endlicher, Analecta gnum
tica (Wien 1836) p. 452 not.
2. Hör. Sat. 1, 10, 48—50: arguta meretrice potes Davoque Chrezs
eludente senem comis garrire libellos unus vi verum, Fundani. Hiem
müssen mindestens im Freundeskreise Versuche des F. auf dem Geb»
der palliata bekannt gewesen sein; eine Spur derselben findet sich £
nirgends. Vgl. noch Hör. S. II, 8, 19.
3. Hör. S. 1, 10, 86 a^ 94 : te dicere possum (unter den docti et am
. . Servi. Wohl identisch mit dem Ser. Sulpicius welchen Plinius (Ep.
3, 5; s. oben 26, 1) unter den Verfassern erotischer Gedichte anfz&l
vgl. Ovid. Trist. II , 441 : nee sunt minus improba Servi carmina. Der Z
nach könnte er (oder der Historiker Sulpicius Galba, unten 239, 1) (
Vater der tibullischen Sulpicia (unten 229, 3) sein.
4. Hör. Ep. I, 3, 9 ff. (J. 734 d. St.): quid Titius, romana br
venturus in ora? Pindarici fontis qui non expalluit haustus, fastidire Um
et rivos ausus apertos? . . fidibusne latinis Thebanos aptare modos stui
auspice Musa an tragica desaevit et ampullatur in arte ? Ob irgend etv
dieser Art fertig wurde ist unbekannt. Vielleicht ist er der Sohn des
Titius, COS. suff. 723 (A. Haakh in Pauly's Real-Enc. VI, 2. S. 2011 f. Nr. 5
Jedenfalls gehOrt er zu des Horaz jüngeren Freunden. Vgl. F. Jaco
Vermischte Schriften V. S. 344 — 366. W. Teuffei in seiner Uebersetzi
der Briefe des Horaz (Stuttg. 1859) S. 208.
5. Auch von Celsus Albinovanus (Hör. Ep. I, 8, 1), dem comea t
■►25»^
226 f. Dichter: Aristias Fuacus u. A. DomitiuB Marsus. 439
Bcriba des (TiberioB) Nero (ib. 2) ums J. 734 d. St., welcher (ib. I, a, 15 ff.)
?or anselbstäiidiger Ausbeutung fremder Arbeiten gewarnt wird, ist unbe-
kannt ob er mit seinen Gedichten jemals hervorgetreten ist. Er ist wohl
der Celsus dessen Tod von Ovid ex Pont. I, 9 beklagt wird. Vgl ib. 87
— 40 zu Fabius Maximus: multos habeas cum dignus amicos, nou fuit e
multis quolibet ille minor; si modo nee census nee darum nomen avorum,
BeU probitas magnos ingeniumque facit.
227. Niemals von floraz genannt wird sein jüngerer Zeit-
genosse Domitius Marsus (J. 700 — 750?), der Vorgänger
des Martialis auf dem Gebiete des spitzigen Epigramm, zugleich
Verfasser erotischer Eiegieen (Melaenis) und eines Epos (Ama-
zonis), sowie von fabellae und einem rhetorischen Werke de ur-
bÄnitate.
1. Marsus geuoss noch den Unterricht des Orbilius (oben 187, 3), ob-
^'ohl schwerlich gleichzeitig mit Horaz. Er lebte noch nach 736 (dem
^odeqahr des Vergil und Tibull), vrar aber zur Zeit von Ovids Verbannung
(J. 762) längst todt; s. Ovid. Pont. IV, 16, 3 ff.: famaque post cineres maior
venit; et mihi nomen tunc quoque cum vivis adnumerarer (vor meiner Ver-
^luinung) erat; cum foret et Marsus magnique Babirius oris etc. Beziehung
zu August oder dessen nächster Umgebung, bes. Maecenas; s. Martial. VIII,
^^j 21 (vgl. oben 209, 3): quid Varios Marsosque loquar ditataque vatum
nomina? ib. VII, 29, 7 f. (A. 2). Dass ihn Horaz trotzdem nicht nennt
^^uin seinen Grund darin haben dass der selbstbewusste und reizbare Sa-
^^liker durch die Schärfe des Epigrammatikers sich verletzt ftihlte. Mit
Biedermännern wie Vergil und Tibull war leichter auszukommen; Epigramm
<ie8 Marsus auf des Letztem Tod in Tibullhandschrifben; s. 229, 1.
2. Von Martialis oft als Vorgänger genannt; so Vorwort zu I in Be-
^^% auf die lasciva verborum veritas: sie scribit Catullus, sie Marsus, sie
^edo, sie Gaetulicus etc. V, 5, 5 f.: sit locus et nostris aliqua tibi parte
^bellis, qua Pedo, qua Marsus, quaque Catullus erit. VII, 99, 7: nee Marso
^rnium minor est doctoque CatuUo. VIII, 56, 24: Vergilius uon ero. Mar-
fttis ero. n, 71, 3 f. 77, 5 f. (Marsi doctique Pedonis saepe duplex unum
pa^ii^a tractat opus). VII, 29, 7 f.: et Maecenati Maro cum cantaret Alexin
nota tarnen Marsi fusca Melaenis erat. Die Sammlung der Epigramme
scbeint Cicuta (Bergk: Scutica) betitelt gewesen zu sein. Daraus bei Phil-
^"^SJ^- zu Verg. EL 3, 90 eines auf Bavius und seinen Bruder, neuerdings
^i'Säozt aus einer Pariser Hds. ; s. H. Sauppe, Berichte der sächs. G. d. W.
1^2, S. 136—140, und die Verhandlungen im Philologus XIII. S. 222 f.
^^. 8. 217. XIX. S. 160; Rhein. Mus. XV. S. 132. 162 ff. XVIII. S. 476 f.
^^3 f. Daraus wohl auch die Hexameter auf Orbilius (Suet. gramm. 9) und
CaeciliuB Epirota (ib. 16), der (unvollständige) bei Priscian. V, 41. p. 168,
^^f. Htz., sowie das Hemistich bei Diomed. I. p. 304 P. = 319, 13 K.
^- Hi^er, Epistola de D. ML Cicuta, Friedland 1861. 8 pp. 4.
3. MartiaL IV, 29, 7 f.: saepius in libro numeratur Persius uno quam
^^ (wegen seiner Erotika?) in tota Marsus Amazonide. Charis. I. p. 66 P.
*'''^, 4f. K.: Marsus fabellarum Vim. (Hexameter). QuintiL VI, 3, 102:
^.
";-j&
440 Augusteische Zeit, 7 11-— 767 d. St.^
Domitius Marsus, qoi de urbanitate düigentissime scripsit. Daraus di«^^
Definitionen der urbanitas und des urbauus ib. 104 f. mit Anklängen ar^
daktylischen Rhythmus. Vgl. ib. 108 (Mand, hominis emditissimi) und 11 _
(dictum Pompeii, quod refert Marsus, in Ciceronem). Daher könnte er
meint sein auch ib. III, 1, 18: ceteras missa ad Domitium epistola nc
agnoscit (Apollodorus). Den Marsus poeta nennt Plin. N. H. als Quelle i
B. XXXIV (aeris metalla).
4. Ueber Marsus s. Weichert, poetarum latinorum vitae etc. p. 2
—264, und die Ueberreste ib. p. ^64—269.
238. Zu den Dichtern dieser Zeit gehören auch der
hänger des M. Antonius, Anser, Verfasser erotischer Lieder,
wie ein (pseudonymer?) Codrus, dem Vergilius befreundet
wie es scheint Verfasser von Elegieen; femer die Gegner
Vergilius, Bavius und Maevius; Pupius, der Verfasser von
renden Tragödien, und Mäcen's Freigelassener C. Meliss
Verfasser eines Werkes von scherzhaftem Inhalte imd Urh^
der trabeata. Von dem Lynceus des Propertius ist nicht 1
kannt ob seine Gedichte veröflfentlicht wurden.
1. Ovid. Trist, ü, 435: Cinna (s. 200, 2) bis (Erotikem wie Ticii^
und Memmius) comes est Cinnaque procacior Anser. Er heisst poetEm» i
Serv. zu Vergii. Ecl. 7, 21 (s. A. 2). Ohne Zweifel ist er derselbe -Cil
welchen Cicero (Phil. XIII, 5, 11) witzelt: ii qui nunc Mutiuam oppugzi^i*
D. Brutum obsident, de Falemo Anseres depeliantur. Hienach war eir c
eifriger Parteigänger des M. Antonius. Vielleicht nur auf einer Com "bin
tion beruht die Angabe des Servius (zu Verg. Ecl. 9, 36): alludit ad ^
serem quendam Antonii poetam (Unger p. 18 f. will comitem), qui ei
laudes scribebat. . . de hoc etiam Cicero (1. 1.)* • • ipsnm enim agrcii
(Faleruum) ei donarat Antonius. Ebenso das alphabetische glossarium V^
gilianum in Lion's Servius IL p. 373: Anser poeta erat Antonii, de gi^
Mel(issus? vgl. A. 5 g. E.) in Philippica Ciceronis dixit u. s. w. Sicli<
aber beruht es auf irriger Auslegung wenn Servius 1. 1. behauptet: qu^^
ob hoc (als Antonianer) per transitum carpsit (Vergilius). Denn die Wo*^
(Ecl. 9, 35 f.) „neque adhuc Vario videor nee dicere Cinna digna, sed ^fc^
gutes inter strepere anser olores^* sind ein Ausdruck der Bescheidenh^^
des jungen Dichters, der sein Verhältniss zu jenen älteren Kunstgenoas^
mit dem der Gans zu Schwanen vergleicht (vfJ^Symmach. Episi I, --
liceat inter olores canoros anserem strepere, und AlRMIes bei Unger p. 9 f -
Ebenso wenig spielt Propertius auf Anser an in der schwierigen Stelle IT^
32, 83 f. : nee minor his animis aut, si minor, ore, canorus, anseris indoct^
carmine cessit clor = ov^h xbCqohv &v xovtcdv (Georg, und Aen., vg'^
haec, 81) to nvsvficc rj, eCnsQ %BiQ(ov^ x6 ys atofia ifiovov) 6 Xiyvg hvkvo^
(Vergii) vnsxfOQTiasv dvaßalofiBvog to «t^x*'©*' ''Ov xV^^S aoft^a (die B\]0
colica). Unbegründet ist daher auch die Aufzählung des Anser unter de^
obtrectatores Vergilii (vgl. Anm. 3), womit einen noch bescheidenen nni^
glaubhaften Anfang macht ein im Bemensis nicht sich findender Theü vo^
Donat's vita Vergilii 67 (in Reift'erscheid's Sueton p. 66): coaevos omne^
228. Dichter: Anser, Codrus, MelissuB u, A. 441
poetas ita adiunctos habnit ut, cum inter se plurimum invidia ardercnt,
illoin Qua omnes colerent, Yarias, Tucca, UoratiuSt Gallus, Propertius.
Aziser vero, quoniam Antonii partes secutus est, illam non observasse di-
ciiiur. Comificias (oben 196, 2) ob perversam naturam illum non tulit.
Gegen Weichert, poett. latt. vitae etc. p. 159—168, vgl. R. ünger, de Ansere
poeta (zum Jubiläum von G. G. Buchka) , Neubrandenburg 1868. 19 pp. 4.
2. Yergil. Ecl. 7, 21 ff.: nymphae . . Libethrides, . . mihi Carmen quäle
meo Codro concedite: prozima Phoebi versibus ille facit. Vgl. ib. 25 f.
&, 11. Aehnlich sagte Yalgius (oben 225, 2) von ihm: ille canit quali tu
voce, Catulle, canebas atque soles numeros dicere, Cinna, tuos; dulcior ut
liniaquam pylio profluxerit ore Nestoris aut docto pectore Demodoci. Ygl.
Ung-er, Yalg. p. XI. Müssige Yermutungen über seinen wahren Namen
CComificius oder Cinna oder gar Yergil) bei den alten Auslegern zu d. St.
Am ehesten wäre noch an den römischen Namen Cordus zu denken. Ygl.
XJnger, Yalg. p. 405 ff.
3. Hieronym. in Eus. chron. ad a. Abr. 1982 = Ol. 186, 2 = Aug. 9
= 720 d. St.: M. Yavius poeta, quem Yergilius in Bucolicia notat, in
Ca-ppadocia raoritur. Porphyrie zu Hör. Epo. 10, 1 f. (p. 490 H.): hie est
Maevius importunissimus poeta, quem et Yergilius consimili contumelia
notat; und zu Sat. II, 3, 239 (p. 276 H.): de hoc (dem Sohne des Aesopus)
Maevius poeta scribit. Yergil. Ecl. 3, 90: qui Baviunii non odit amet tua
ca.muna, Maevi. Dazu Servius: pro poena ei contingat ut diligat Maevium
peiorem poetam. nam Maevius et Bavius pessimi fuerunt poetae, inimici
tarn Horatio quam Yergilio. unde Horatius (Epo. 10, 1 ff.). Ebenso Phil-
^i^^^rius: duos sui temporis poetas dicit pessimos, quorum carmina ob
Humilitatem abiecta sunt. . . ex quibus Yavius curator fuit, de quo Demi-
tiuB m Cicuta refert (dass er mit seinem Bruder in Gütergemeinschaft und
Frieden lebte, bis sich jene auch auf die Frau ausdehnte). Serv. zu Ecl.
7, 21: ut sit . . Thyrsis . . Yergilii obtrectator, scilicet aut Bavius aut Anser
(A.. 1) aut Maevius poetae. Zu Ge. I, 210: reprehensus Yergilius dicitur
a Bavio et Maevio hoc versu: hordea qui dixit superest ut tritica dicat
(ygl Ecl. 5, 36). Weichert, poetar. lat. vitae etc. p. 308—312.
4. Hör. Ep. I, 1, 67: ut propius spectes lacrimosa poemata Pupi.
Dazu Acre (p. 364 H.): tragoedi vel tragoediographi. Pupius tragoedio-
^^phus ita adfectus spectantium movit ut eos flere compelleret, unde di-
^chon fecit: flebunt amici et bene uoti mortem meam; nam populus in
^® vivo lacrimavit satis. Yiehnehr werden diese Senare ein über ihn ge-
^*chter und ihm in den Mund gelegter Witz sein.
5. Sueton. gramm. 21 (p. 115 f. Rffsch.): C. Melissus Spoleti natus
l'^ß'enuus, sed ob discordiam parentum expositus, cura et industria educa-
^^'^ Bui altiora studia percepit ac Maecenati pro grammatico muneri da-
^ ^si cui cum se gratum et acceptum in modum amici videret, quam-
^^^^xi asserente mal^e, permansit tamen in statu servitutis, . . quare cito
« ^^timissus et Augusto insinuatus est, quo delegante cnram ordinandarum
^ olJo^ß^;a^y^m in Octaviae porticu suscepit. atque, ut ipse tradit, sexa-
F ^^^umn aetatis annum agens libellos Ineptiarum, qui nunc locorum inscri-
^/^^tiur, componere instituit, absolvitque CL, quibus et alios diversi operis
'^^^^a addidit fecit et novum genus togatarum inscripsitque trabeatas
442 Augusteische Zeit, 711 — 767 d. St.
(oben 17, 1). Seine schrütstellerisohe Thätigkeil wird also in die
Zeiten Augusts fallen. Hieron. chron. ad a. Abr. 2013 =^ Aug. 40 = 751
d. St. : Melissus Spolitinus grammaticus agnoscitur. Ovid. ex Pont. IV, 1<
30 : tua cum socco Musa, Melisse, levis. Panegyr. in Pis. 227 f. : Maecei
apta togatis eruit et populis ostendit acumina 6ai (nach Lachmann*s Ei
dation). PUn. N. H. XXYIIl, 6, 17: triennio Maecenatem Melissum aocepi
mus Silentium sibi imperavisse. Er (mit seinen Ineptiae) ist wohl am
der von Plinius zu Buch YII, IX, X, XI, XXXV als Quelle genannte Mt^-
lissus. Eben daher mag die Nachricht über Vergil in Donats vita Yerp
16 (27) sein. Dagegen die Angaben bei Serv. Aen. IV, 146 (hos Meliss
ab Homero Achabas appellari ait); VII, 66 (Melissus, qui de apibua s<
psit, ait), und dem Anonym, de gener. nom., No. 61, werden eher
den Grammatiker Aelius Melissus in der Zeit des Gellius (N. A.
6, 1 ff.) zurückzuführen sein, is praeter alia quae scripsit complura libi
composuit . . de loquendi proprietate (ib.). Auch vgL oben A. 1.
6. Der Lynceus gegen welchen Propertius (II, 34 = III, 32) ^t^cli
eifersüchtig anstellt ist ein Freund desselben (v. 1 ff.)i ^^o ^ohl gle»^^^.
falls aus dem Kreise des Messala, aber älter als Prop. (v. 25 f.) ; auch ^Siat
er Interesse für Philosophie (y. 27 f. 61 ff.) und erinnert durch diese Z^i^3^e
stark an den Verfasser der Ciris (oben 215, 2, A. 1). Inzwischen stud^zmert
Lynceus den Aeschylos (t. 29 f. 41 f.) , offenbar in der Absicht ihn nackzMJEu-
ahmen, wird jedoch von Prop. aufgefordert sich lieber der alexandrinis(^Xien
Liebeselegie zuzuwenden (t. 31 f. 41 f.). Sein wirklicher Name ist nichts Ix-
kannt; vielleicht dass Lynceus auf Lucius hindeutet.
229. Unter den Elegikern der augusteischen Zeit ist Albi^^s
Tibullus (c. 700—735 d. St.) den Alexandrinern zwar gefolgt
in der fast ausschliesslichen Wahl erotischer Gegenstände, l^^t
aber dabei bald die Gelehrsamkeit abgestreift und zur GnxX»-^"
läge seiner Gedichte wahres und warmes Gefühl gemacht. ,^5-*i
aller Natürlichkeit aber und aller Einfachheit der Sprache w^i^
TibuU doch sowohl die einzelne Stimmung farbenreich zu schild^^^^
als das Auf- und Abwogen der Empfindungen mit vollendefc-'^'
Kunst darzustellen. Tibulls Schwärmerei für den stillen Fried ^^^
des Landlebens, seine tiefe Sehnsucht nach treuer Liebe verlei--**
seinen Gedichten einen Hauch sanfter Schwermut. Die vcf^^^'
endetsten uuter diesen sind die an Delia. Bei andern ist ^
sichtbar dass der Dichter vom Tode überrascht wurde ehe ^^
sie ausgefeilt hatte. Der erste Herausgeber hat der Sammlu^^^
auch noch andere elegische Gedichte beigefügt welche in A^^-^
Kreise des Messala entstanden waren, wie die der Sulpicia u*^"
(als drittes Buch) die eines Lygdamus.
1. Vorname unbekannt, vielleicht A. — Domitius Marsus (s. 227, -^^
te quoque Vergilio comitem non aequa, Tibnlle, mon iuvenem caml^
misit ad elysios. Er starb also noch 735, und zwar als iayenii. Qrt^^
'qjßSr- ^x'^r^-
229. Dichter: TibuUuB. 443
Trist. IV, 10, 51 £P.: Vergiliom vidi tantam, nee amara TibuUo tempus
amicitiae fata dedere meae. saccessor fuit hie tibi, Galle u. s. w. (oben
29, 1). ib. n, 463 f.: legitorqae Tibullus et placet et iam te (Augnut) prin-
cipe notos erat. Vita: Albins Tibullus, eques rom., insignis forma (Hör.
Bp. I, 4, 6) . . ante alioB Corvinum Messalam oratorem (oben 208, 5 £F.) di-
lent, cuius et contubemalis aquitanico hello (J. 726 f.) militaribuB donis
cionatus est. hie multorum iudicio principem inter elegiographos obtinet
looam (vgl. Qnintilian oben 29, 1). epistolae quoqne eins amatoriae, quam-
lixam breves (die von B. IV?), omnino utiles sunt. MisBverständliehe Aub-
^v-eitong des Letztem in einer andern vita, angeblich von Hieronymus:
epistolas familiäres ad amieos eomplures et delectabiles metro et prosa
«i«4iit. Ursprünglich begütert (El. I, 1, 41 f. vgl. IV, 1, 183 fF.)» scheint
A^i^ch er durch die Ackervertheilungen des J. 713 geschädigt worden zu
B^in; doch kam er, vielleicht durch Verwendung von Messala, wieder in
l>«hagliche Verhältnisse (Hör. Ep. I, 4, 7. 11. vgl. Tib. I, 1, 49 ff. 77 f.). Als
BA'eBsala in einer Sendung nach Asien abgieng lehnt Tibull zuerst die
^«gleitimg ab (El. 1, 1), reist ihm aber dann doch nach (I, 3, 9 ff.), bleibt
jedoch erkrankt auf Coreyra zurück (I, 3, 3 ff.). An Tibull gerichtet sind
Horaz 0. I, 33 und £p. I, 4; ein Gedicht auf seinen Tod ist Ovid
tor. UI, 9. — H. A. W. Spohn, de TibuUi vita et carminibus disputatio
Cl^artis I. e. 1—4), Lips. 1819. 103 pp. N. Oestling, de Albii Tibulli vita
et; carminibus quaestiones, Upsala 1860. 21 pp.
2. Ovid. Amor. lU, 9, 31 f.: sie Nemesis longum, sie Delia nomen
<^^bebunt, altera (Nemesis, b. v. 57 f.) cura recens, altera primus amor.
^M:aartial. VIH, 73, 7: fama est arguti Nemesis formosa Tibulli. XTV, 193, 1:
^^Bsit amatorem Nemesis lasciva Tibullum. Apulej. apol. 10: aceusent .
Tibiillum quod ei sit Plania in animo, Delia in versu. Wohl als üeber-
^etzung (planus == 9ijXog) gewählt. Eine dritte Geliebte des Tibull ist die
"^ Horaz (0. 1, 33, 2 ff.) genannte Glyeera. üeberreste von den misera-
't^iles elegi auf sie sind wahrscheinlich Tibull IV, 13 f. Vgl. W. TeuffePs
^^inleitung vor seiner 'Uebersetzung, S. 6—10. Spohn 1. 1. p. 32 ff. H. A.
^ieterich, de Tibulli amoribus, ßive de Delia et Nemesi, Marburg 1844.
3. Unter den Gedichten des Tibull ist das früheste der Panegjrikus
^uf Messala (IV, 1), 211 Hexameter aus J. 723 d. St. Dieses Epos vertritt
^^ns des Dichters alexandrinische Durchgangsperiode. Es zeugt von Talent,
aber noch ungeläutertem Geschmack, und verräth in Inhalt und Behand-
long vielfach die Mass- und Tactlosigkeit eines friach von der Rhetorsehule
herkommenden jungen Mannes, was Manche bestimmt hat das Gedicht dem
Tibull abzusprechen; s. W. TeuffePs Einleitung S. 11—14. Noch wesent-
lich von gleicher Art, obwohl etwas besser, ist das Gedicht auf den
Trininph des Messala (J. 727), El. I, 7. Auch die Elegieen auf Marathus
(^ 4- 9. 8) sowie I, 10 zeigen noch Missgriffe und Mängel (namentlich I, 4
^^^Iben entlegenen mythologischen Anspielungen und dieselbe rhetorische
Manier wie IV, 1 und I, 7), neben entschiedenen Fortschritten in künst-
^'iacher Gestaltung des Stoffes (W. Teuffei a. a. 0. S. 16-21). Dagegen
. ® Höchste Stufe der dichterischen Entwicklung des Tibull, seine Meister-
^'^e, stellen die Elegieen auf Delia (I, 1. 3. 6. 2. 6) dar (etwa J. 730 ff.).
^ bilden einen Cyclus der ein ganzes Stück Lebensgeschichte, einen voU-
•***äigen Boman, enihftlt. Vgl. W. Teuffei S. 21—27. Auf derselben Höhe
444 Augußteißche Zeit, 711—767 d. St.
halten sich auch noch die Elegieen welche die Liebe zwißdien SulpicL
(vgl. oben 226, 3) und Cerinthus behandehi (IV, 2—7, nebat II, 2, wo d
fingierte Name durch den wirklichen, Comutuß, erßetzt ißt), Variation
über daß Thema welches die eigenen kleinen poetischen Briefe der Sul*
cia (IV, 8—12) angeßtimmt hatten (W. Teuffei S. 27—32), ßowie IV,
und 14 (ebd. S. 32 f.). Dagegen fehlt die letzte Feile den Elegieen d
zweiten Buchß, welche daß Verhältniss von TibuU zu Nemeßiß zum Geg«
stände haben (ebd. S. 33—36). Im Allgemeinen ß. die Hauptschrift ü
dieße Fragen, 0. F. Gruppe, die römißche Elegie; kritißche Untersuchun
mit eingeflochtenen üebersetzungen , Leipzig 1838, nebst W. Hertzbe
Halliflche Jahrbücher 1839. L S. 1009 — 1081. Franz Paßßow, de or"
temporum quo primi libri elegiaß ßcripßit TibuUuß, Breßlau 1831 « Op
acad. (Lipß. 1835) p. 280 ff. Kindßcher, Chronologie der Gedichte Tib
Berl. Ztßchr. f. Gyran. XIIL S. 289 — 301. Peterßen, de quarti libri
elegiiß earumque auctore, Glückßtadt 1849. 4.
4. Von den im dritten Buche vereinigten ßechß Elegieen be-
handeln fünf daß Verhältnißs zwißchen Lygdamuß und Neära, die
ßechßte (III, 5) ißt ein Brief an Freunde. Der Verfasßer ißt ein jOug^yer,
im J. 711 d. St. geborener (III, 5, 17 f.) Zeitgenoßße und Nachahmer de«
Tibull, aber ohne ßeinen Geißt, überhaupt von ßehr mäßßigem Talent, und
in jeder Hinßicht von Tibidl weßentlich verßchieden (W. TeuffePß ELzMiilei-
tung S. 36 — 44). Ebenßo wenig kann Ovid der Verfaßser ßein C ^bd.
S. 44 — 47). Auch ob Lygdamus der wirkliche oder ein angenomnm «ner
Name ist läsßt sich nicht ermitteln. Bei Propert. IV, 5 (6) und V, 7 , 35.
8, 37. 70 ff. ißt Lygdamuß ein Sklaveuname. Jedenfallß aber gehörte der
Verfosßer gleichfalls zum Kreiße deß Messala (Fr. Uaase hielt sogar diesen
Sohn, den Valerius Messalinus, für den Verfasser), daher seine Eleg^®***
der Sammlung der tibullischen einverleibt wurden, was dann hinwied^r^™
zur Folge hatte dass seine Person völlig dunkel blieb (W. Teuffei a. s^ ^•
S. 47—49). Im Allgemeinen vgl. Eichstädt, de Lygdami carminibus, <j**^
nuper appellata ßunt, Jena 1819. 1823 f. 1835. R. Töruebladh, de e
Lygdami commentatio, Calmar 1861. 37 pp. 4. M. W. Fußs, de ele
libro quem Lygdami esse putant, Münster 1867. 77 pp. (unglücklicher "^ *'*
such Tibulls Urheberschaft zu erweißeu). C. Stumpe, de Lygdami qui **^
catur elegüs, Halle 1867. 24 pp. Vgl. noch oben 215, 5, A. 2.
5. Zwei Stücke aus der Sammlung der Priapeia, das eine (Nr. 82) ^
elegischen Masse, das andere (Nr. 83) aus iambischen Senaren bestell^ ^^/
finden sich in einer Handschrift der tibullischen Gedichte (in Lachmann^ ^^'
das erste ursprünglich eine Inschrift aus Padua, das andere durch F^^^''^
und Inhalt von der Weise des Tibull geschieden. Vgl. W. TeuffePs B^^^*
leitung S. 50 f, Wemicke, Priap. p. 134—137.
6. Urteile des Ovid (Amor. I, 15, 27 f.: donec enmt ig^es arca0^^^
Cupidinis arma discentur numeri, culte Tibulle, tui) und Quintilian (X<^ '
93; s. oben 29, 1). Wie Horaz hat auch Tibull eine Vorliebe für tric^^^.
tomische Gliederung; s. Ritschi über Tib. I, 4. S. 15 f. 18 f. Aber es ^
nicht wohlgethan das was ein instinctives Gefühl für Symmetrie eixi^^
zu steigern bis zu mechanischem Ausrechnen , wie H. Bubendey, Quaes^^^
nes Tibullianae (Bonn 1864) und C. Prien, die symmetrische Anlage ^^
1
■a^Tüi^«!»-^^ ■'^.
229. Dichter: TibulluB. 445
Salpicia-Elegieen (Fleckeisens Jahrbb. 83, S. 149 — 157) und: die Symmetrie
and kesponsion d. röm. Elegie (Lübeck 1867. 4.) S. 3—36. — Mit welcher
Ajamut Tibull besonders den Pentameter zu bauen versteht, so dass er
zum Hexameter einen wohlthuenden Parallelismus bildet und doch dabei
neu und spannend bleibt, hat Gruppe, d. röm. Elegie S. 15 — 22 uachge-
Für die Richtung auf Beschränkung der Elisionen, auch der min-
anstössigen, ist Tibull das erste Beispiel; nachgefolgt sind Ovid, der
Oulex, Gratius Faliscus , Manilius und Spätere. Sonstiges über die dichte-
nache Eigenthümlichkeit des Tibull s. in L. Dissen's Prolegomeua p. XXXVII
CXCII, bei Gruppe S. 3 ff . und in W. TeuffeFs Einleitung S. 52-55.
7. Von den vorhandenen Handschriften des Tibull geht keine
öl>er saec. XIV oder XV zurück; doch gibt es ältere Excerpte. Von
^^x^bedeutendem Umfang, aber über alle vier Bücher sich erstreckend, sind
^e der Freisinger Handschrift saec. XI (jetzt Monac. lat. 6292; s. L. Müller
^^=^ Fleckeisens Jahrbb. 99, S. 63 — 69); ausgedehnter (aber nur die drei
^Psten Bücher berücksichtigend) diejenigen welche Scaliger in einer Hds.
S^efunden und benutzt hatte, aus welchen Vinceutius aus Beauvais (f um
1^64) in seinem speculum doctrinale B. V — VII Manches citiert (0. Rich-
^^i*« de Vinceutii Bellovacensis excerptis Tibullianis, Bonn 1865) und welche
K. Wölfflin (Philologus XXVII. S. 152 — 157) mit C. L. Roth (ed. Sueton.
P- XXXIUf.) in einem Pariser Miscellancodex saec. XIII (Notre Dame 188)
''^edererkenut. Der Text ist in denselben (E bei Lachmann) vielfach will-
kürlich abgeändert. Vgl. L. Müller a. a. 0. S. 70—74. Bis III, 4, 64 be-
^^t der Text auf Einer Handschrift, von welcher die erhalteneu alle niu:
(verderbte) Abschriften sind; erst von III, 4, 65 an kommt die alte Hds.
^es Cigacius (F bei Lachmann) hinzu. L. Müller a. a. 0. S. 74—77. Von
^er erstem Classe aber sind die besten Vertreter die Yorker (Eboraccnsis)
vom J. 1425, LachmannV A, und Parisiensis regius 7989 vom J. 1423, Lach-
XK^ann's B, neben welchen Lachmann C drei Hdss. von spätem Ursprung
i^ennt, eine pergamentue (c) und zwei Berliner auf l*apier (d und e). Vgl.
Lachmann in der Haller AUg. Lit.-Ztg. 1836, Juni, S. 251 f. C. M. Francken
in den Verslagen en Mededeelingen etc. X (1866). S. 30—64.
8. Unter den Ausgaben scheint nur die des Puccius (1502} sich auf
^ine Handschrift zu gn'inden welche älter war als die uns bekannten; um
»o willkürlicher ist der Text in den andern gestaltet. Erwähnenswerth
sind aber die Commentare von Broukhusius (Amsterdam 1708. 4.) und
Vixlpi(Padua 1738--1755. 4 Voll. 4.). Aus neuerer Zeit die von C. G. Heyne
(Liiw. 1755. 1777. 1798; mit Wunderliches notae, Lips. 1817; supplementum
^onL. Bissen, 1819), J. H. Voss (nach Hdss. berichtigt, Heidelberg 1811),
^- C. C. Bach (Lips. 1819), J. G. Huschke (Lips. 1819. 2 Voll.), Ph. de
öolbery (Paris 1826). Erste kritische Ausgabe von C. Lachmann (mit Ca-
^^ Und Properz), Berol. 1829. Deren Text auch in der Ausgabe von
^- Ibissen (Gotting. 1835. 2 Voll.), zu welcher vgl. C. Lachmann's Recen-
■*^^^ flaller Allg. Lit. Ztg. 1836, Nr. 109 f. S. 251—263. Text von M. Haupt
^t CatuU und Properz, Lips. 1853. 1861. 1868. 16.) und A. Rossbach
^PB. 1855); angekündigt von L. Müller (Lips. Teubner).
9. Beiträge zur Kritik und Erklärung von G. Klindworth (I, 10 c.
^^ott», Lips. 1818. 4.; dasselbe lat. u. deutsch mit Bemerk, von L. Tross,
'V.
t ■
446 Augusteische Zeit, 711—767 d. St.
Hamm 1819), Präfcke (de difficilioribus quibosdam Ti. locis, Branc
1837. 4.), F. A. Rigler (annotationes ad T., 3 Partes, Potsdam 1839.1842
100 pp:), 0. Dressel (Tib. I, 1. Wolfenbüttel 1842. 4.), F. Haase (d<
Ti. locis transposiüone emendandis, Breslau 1855. 4.), H. Kempei
stiones TibuUianae, Münster 1857), 0. Drenckhahn (zur Kritik des '
buB 1862. 4.}, H. Graf (annotationes ad T., Memel 1865. 4.), F. Ritscl
Tibull I, 4. Berichte der sächs. Ges. d. W. von 1866, S. 56-74), 0. ]
(de Tib. I, 1 et Prep. HI, 34. Kiel 1867. 4.), Kindscher (über I, 10 in
Mus. XVn. S. 148—152)., 0. Korn (über I, 6 und II, 5 ebds. XIX.
—504; vgl. W. Wagner, ebds. XX. S. 314—319; Korn, ebds. S. 4*3
de codice archetypo carm. Ti. ebds. XX. p. 167 — 175).
10. Metrische Uebersetzungen von J. F. Degen (Ansbad
Graf Reinhardt (Zürich 1783), F. K. v. Strombeck (GöttL 1789
J. F. Koreff (Paris 1810), J. H. Voss (Tübi. 1810), E. Günther (Leipzi
F. W. Richter (Magdeburg 1831), E. F. Leopold (Buch I, Budissin li
W. S. Teuffei (Stuttgart, Metzler 1853; zum Theil wiederholt in de
sehen Elegikem, ebds. 1855, Class. d. Alt., S. 73—134), Fr. Frö
lamben, Hamburg 1860), W. Binder (Stuttgart, Hofimann 1862), A
(Frankfurt 1865 ; vgl. J. Schlüter in der BerL Ztschr. f. Gymn. 1867,
330. Sextus Proper tius aus Umbrien (ungefähr
739 d. St.); aber in Rom gebildet und; nachdem er sich
sein Buch Cynthia bekannt gemacht; in den Ereis des ]
nas aufgenommen. Seine späteren Gedichte sind in B. I]
enthalten. Auch Propertius ist ausschliesslich Elegike
Dichter der Liebe ; wie TibulluS; aber mehr in der Wei
alexandrinischen Vorgänger; voll mythologischer Gelehrs
und häufig dunkel; indessen an Leben; sinnlicher Friscl
Leidenschaft hat er seine Vorbilder weit tibertroffen. S<
er fühlt; so ist doch noch kräftiger die Reflexion womit i
über seine Gefühle stellt und die Kunst womit er sie
dichten verkörpert. Auch Sprache und Versbau ist marki
ill Gedankenfolge aber oft abspringend. In seinen letzten L
Jahren kam Propertius auf einen Plan seiner Jugend z
einheimische Gegenstände in der Form der Elegie zu
delU; etwa in der Art von Ovid's Fasti.
1. Der Vorname aus Donat. vita Vergil. 30 (45). Interpoliert
und Ausgaben des Dichters gehen ihm fälschlich noch einen zweit«
tiluamen, Aurelius, der von dort in eine unechte Inschrift aus Am«
^k Aurelio Propertio L. f.) übergegangen ist; M. Haupt, Berichte dei
*4 Ges. d. W. 1849, S. 260—266, vgl. Th. Mommsen, ebds. S. 266— 2i
jf|| Der Dichter nennt sich selbst nur Propertius, z. B. II, 8, 17. Heim
brien (s. I, 22, 9 f. V, 1, 64. 121 ff.), und zwar wahrscheinlich di
^ Asisium (V, 1, 125 f. C. Lachmann, Zeitschr. für gesch. Rechtswiss. X
S. 117), wo Propertii auf Inschriften gefunden worden sind (M. H
a. 0. S. 261—263). Geburtsjahr unbekannt und nur durch Schlüs»
- i^-^^^-m
230. Dichter: Propertius. 447
Fälxr zü ermitteln. Propertius ist jedenfalls jünger als TibuU und älter
als Ovid; s. Trist. IV, 10, 53 f. (oben 29, 1) und II, 465 ff.: invenies eadem
(^^e bei Tibull) blandi praecepta Properti. . . bis ego successi. Er muss
also zwischen 700 und 710 geboren sein. Andererseits führt keine Zeit-
anspielung über das J. 788 d. St. hinaus (V, 6 zu den quinquennales und
V, 1 1, 65 f. auf den Cos. Cornelius d. J.). Freilich sind deren überhaupt
nicht viele. So II, 7, 1 flF. die Aufhebung der lex lulia vom J. 726 gegen
£3ie- und Kinderlosigkeit, und die oftmaligen EUndeutungen auf angeblich
l>eab8ichtigte Kriegszüge Octavians gegen die Parther und den Osten (III,
1» 13 ff. IV, 3 und sonst); die Rückgabe der römischen Feldzeichen durch
<üe Parther (J. 734; s. V, 6, 80). Weiterhin weist die Bezeichnung Octa-
vians als Augustus (III, 1, 15. IV, 10, 50. V, 6, 29. 38. 81) auf Abfassung
i^^&ch dem Januar 727; modo Gallus mortuus (III, 32, 91 f.) nach 728
(vgL oben 217, 2). Auf Kränklichkeit des Dichters (und frühen Tod) deutet
<^e überaus häufige Beschäftigung mit dem Sterben (z. B. I, 9. II, 1, 71 ff.
f. 17 ff. III, 6, 1 ff. 7, 64. 19, 19 ff. IV, 15, 21 ff*. 21, 33 f.). Nur Unsicheres
iHt zu gewinnen aus den Angaben des Dichters über die Geschichte seiner
^^nores. Hienach war seine erste Bekanntschaft nach Anlegung der toga
'^iHlis (15—16. Lebensjahr) Lyciuna; s. IV, 14 (15), 3—6. Die Dauer dieses
Verhältnisses ist unbekannt; Lachmann gibt ihm ein, W. Hertzberg (Prop.
^' p. 17 not.) zwei Jahre. Darauf das zu Cynthia. Dieses dauerte schon
^ — 3 Jahre als IV, 14 (15) verfasst wurde (s. ib. v. 7); fünf Jahre zur Zeit
*i«8 (endgültigen?) Abbruchs in IV, 25, 3; vgl. multos annos ET, 8, 13. Da
^i fragt sich noch ob das Jahr des Schmollens von IV, 15 (16), 9 einge-
i'eclinet ist oder nicht Fest steht nur dass Cynthia älter war als Properz
(lU, 10, 19 f.; vgl. oben 201, 2) und vor diesem starb (V, 7, 1 ff.). Apulej.
^pol 10: accusent . . Propertium, qui Cynthiam dicat, Hostiam dissimulet.
Vgl. oben 138, 6 E. Im Allgemeinen Martial. VRl, 73, 5: Cynthia te vatem
fecit, lasdve Properti. XIV, 189 mit der üeberschrift Monobiblos Properti:
Cynthia facundi carmen iuvenale Properti accepit famam nee minus ipsa
de<üt Juv. VI, 7. Vgl. Prop. III, 20, 3. 32, 93.
2. Früher Verlust des Vaters und Beschädigung durch die Acker-
vertheilungen von 713; s. V, 1, 127 ff. vgl. III, 32, 55. Früher Beginn mit
('ecüchten in der Weise des Kallimachos, aber mit römischem Stoffe, s. V,
U 133 f. vgl 59 ff. Verhältniss zu Ovid, Trist. IV, 10, 45 f.: saepe suoa
"^Ixtos recitare Propertius ignes, iure sodalicio qui mihi notus erat. Be-
^^^indet mit dem jungen (Volcatius) Tullus, dem Neffen des Cos. 721;
*• I, 1, 9. 6, 2. 14, 20. 22, 1. IV, 22. Die Einführung bei Maecenas scheint
®5^^* '^^^ Veröffentlichung des ersten Buches erfolgt zu sein; an ihn ge-
'^«iitet ist II, I (v. 17) und IV, 8; letztere Elegie lehnt die Aufforderung
^** Behandlang grösserer Stoffe ab, stellt aber doch zuletzt (falls dieser
*^^Q«8 wirklich zu der Elegie gehört, s. Heimreich p. 23 ff.) Gedichte na-
^''Älen Inhaltes (etwa virie die meisten von Buch V) in Aussicht. Prop.
^^^te, wie Vergil (oben 210, 5), Esquiliis (IV, 23, 24), vielleicht bei Mae-
^^; eine solche Innigkeit wie zwischen Maec. und Horaz machte aber
"^T^^U die Altersverschiedenheit unmöglich. Zu Auguat's Preis Wendungen
j^^^ arma deus Caesar dites meditatur ad ludos (IV, 3, 1); Caesar dum
^**^tiir, qoaeso, luppiter ipse vaces (IV, 6, 14); vix timeat salvo Caesare
^**'^ lovem (IV, 10, 66); lacrimas vidimus ire deo (IV, 11,60). Zur Be-
Ikiiki..
448 Augusteische Zeit, 711—767 d. St.
urteilung vgl. III, 7, 40: nocte una quivis vel deus esse poteal IV, 8, 45 ^K
haec urant scripta puellas meque deum clameut et mihi sacra feracrr:
Auch III, 32, 18. 46. Horaz wird nie genannt, so wenig als Tibull; Ar^.
klänge an den Ersteren sind aber bei Prop. nicht selten , wie hoc erat
primis III, 19, 1 = Hör. S. II, 6, 1; pyramidnm sumptus ad sidera du ^^
lY, 1, 57 vgl. Hör. 0. III, 30, 2; est quibus eleae concurrit pakna
drigae IV, 8, 17 vgl. Hör. 0. I, 1, 3 ff.; i puer et citus haec IV, 23, 23^
Hör. S. I, 10, 100; mit V, 6, 65 f. vgl. Hör. Epo. 9, 23 f.; mit ib. 79 (i
confessum foedere Parthum) Hör. 0. III, 8, 22 u. dgL Eher durfte
aus des Horaz Schweigen über Prop. zu schliessen sein dass des Erst^-^:
klare Verständigkeit von dem leidenschaftlichen Wesen des jungen £1^^
kers sich nicht sonderlich angezogen fühlte. Vgl. oben 227, 1 und S. 3?
mit Anm. 5.
3. Eintheilung in Bücher und Herausgabe des ersten (monobil>io£
s. A. iE.; daher die subscriptio I, 22) durch den Dichter selbst; s. II, 3, -^
turpis de te iam liber alter erit; III, 18, If.: cum sis iam uoto fabixX
libro et tua sit toto Cynthia lecta foro. Die Aufechrift Propertii CynihiJ^
monobiblos, in codd. ist also sachlich richtig. Das zweite Buch entha^
besonders viel Fragmentarisches, das fünfte auch Unfertiges und jugen
liehe Versuche aus dem Nachlasse des Dichters (Heimreich, Symb. Boni^^
p. 674 — 679, meint theilweise von Passennus Paullus). Für Lachmann*^
(Ed. 1816. p. XXI — XXIII) Zerlegung des zweiten Buches in zwei Büchei^
sprechen zwei Gründe: erstens dass II, 10 (= HI, 1) sichtlich zur Wid-^
mung eines Buches an August bestimmt ist, parallel mit II, 1 (an Maece-^
nas), obwohl dadurch B. II einen unverhältnissmässig kleinen Umfang er-^
hält; zweitens dass IH, 5, 9 f. in der Ausmalung des eigenen Leichenbe- -
gängnisses es heisst: sat mea, sat magna est si tres sint pompa Ubelli,.«
quos ego Persephonae maxima dona feram; welche SteUe also dem dritten^
Buche angehören muss. Vgl. V, 7, 50: longa mea (der Cynthia) in libris^
regna fuere tuis. Scharfsinnige, aber wenig beifallswerthe Modificationeu:
von Lachmann's Ordnung bei Chr. Heimreich , Quaest. Propert. p. 22—39 ^
Ueber die Zeit der Herausgabe der einzelnen Bücher auch B. Eschenbur@
im liber miscell. soc. Bonn. (1864) p. 83 ff.; zum fünften Buche R. Mer^
kel's Ausg. von Ovid's Fasti p. CCXLVIII — CCLIV. Den properzischei^
Ursprung des letzteren bestreitet mit unzureichenden Gründen Dom. C
rutti (Sex. Aurelii Propertii Cynthia, cum hbro quarto elegiarum qui
pertii nomine fertur. Editio in novum ordinem digesta, Hagae Com. 1869iE
p. XXXIV ff.
4. Unter den Alexandrinern nennt Propertius als seine Vorbilder be-<
sonders den Eallimachos und Philetas (IV, 1, 1 ff. 2, 52. V, 1, 64. 6, 3 f.]C
Vgl. W. Hertzberg's Ausg. I. p. 186—210. Nach Seiten der Natur ware^
diese trockenen Gelehrten eigentlich Antipoden des phantasievollen Pro-^
perz, und die Flammen seiner Leidenschaft schlagen oft genug empor a^
den mythologischen Bausteinen; aber was ihn zu denselben dennoch bin^
zog war ihre Formbeherrschung, und dieser Anschluss ist zugleich ein Be^
weis dass Properz bei aller sinnlichen Glut doch innerlich sich frei erhiell^
Die Bücher, der unerschöpfliche Born der Weltstadt und das reiche eigeD- -
Gemüt spendeten dem Dichter, so einförmig sein äusseres Leben verHen^
230. Dichter: Propertius. 449
die Folie von Anschauimgen durch die er sich von dem ärmeren und ein-
Hacberen Tibull unterscheidet, sie raubten ihm aber zugleich das schöne
Grleichgewicht der Kräfte, das Ebenmass der Zeichnung und die klare Ste-
tigkeit der Gedankenfolge, und sie kürzten auch seinen Lebeusfaden. Ueber
d&8 rhetorische Element seiner Darstellung s. die sorgfältigen Zusammen-
stellungen in W. Hertzberg's Prolegomena p. 105—186. Ueber den kunst-
vollen Bau seiner Elegieen ib. p. 80 — 103, bis zum Zahlenschematismus
übertrieben von K. MüUenhoff (in der Allg. Monatsschrift 1854, S. 186—
20I) und C. Prien (die Symmetrie und Responsion der römischen Elegie,
Liübeck 1867, S. 36 — 53). Drenckhahn, die strophische Composition im
dritten Buche des Properz, Berliner Ztschr. f. Gymn. 1868, S. 177—205.
257—275.
5. Von den Handschriften des Propertius ist die am wenigsten
^lurcb die Emendationen italienischer Gelehrten entstellte der NeapoUta-
»^us (jetzt in Wolfenbiittel , Gudiani Nr. 224). Von dem früher hochge-
schätzten Groninganus, saec. XY in Italien geschrieben, ist neuerdings
i^^chgewiesen worden dass auch er stark interpoliert und ohne selbständi-
gen Werth ist; s. M. Haupt im Berliner Katalog für 1854 f. und bes. Chr.
Heimreich, Quaestiones Propert (Bonn 1863) p. 2—21. W. Gmmme, de
*^odd. Prop. Groningano et Neapolitano, Aurich 1869. 4. Auch Petrarca
^esass eine Hds. des Prop., s. M. Haupt, Ber. der sächs. G. d. W. 1849,
S- 267 — 260. Ueber die properzischen Hdss. im Allgemeinen s. W. Hertz-
^rg'g Ausg. p. 231—248. Th. Struve, Varianten der Helmstädter Hds. des
^»t>p., Philologus XIII. S. 387—394.
6. Ausgaben. Die älteste gedruckte Ausgabe ist von Venedig 1472.
^ol. Die späteren führt Hertzberg p. 248 — 259 auf. Zu erwähnen sind die
von .1. Broukhuis (Amsterd. 1702. 1727. 4.), J. A. Vulpi (Padua 1755. 4.
2 Bde.), F. G. Barth (Lips. 1777. 8.), P. Burmann und Santen (Utrecht
*78o. 4.), C^ T. Kuinöl (Lips. 1804. 2 Bde.), C. Lachmann (Lips. 1816.
Berol. 1829), F. Jacob (Lips. 1827), Paldamus (Halle 1827), und besonders
von W. A. B. Hertzberg (Vol. I, 1 quaestiones Propertianae; I, 2 Text mit
kritischen Anmerkungen; II Commentar, Halle 1843. 1844. 1845), wozu vgl.
H. Keil in d. Ztschr. für die Alt. Wiss. 1845. Nr. 65 ff. Schneidewin, Gott..
gel. Anz 1846. St. 97—100.
Text von H. Keil (Lipsiae, Teubner 1850; im Obigen bei den Anfüh-
J'angen zu Grunde gelegt) und von M. Haupt (Lips. 1853. 1861. 1868. 16.).
'7. Beiträge zur Textkritik von C. F. A. Nobbe (Lips. 1818), Schip-
P<^r« (in librum IV, Groning. 1818), J. H. Bormans (Lovan. 1836). H. Keil,
^*^**nrationes criticae in Prop., Bonn 1843. W. Fürstenau, quaestiones
^opertianae, Rinteln 1845. 4. Fr. Jacob im Philologus II. S. 446—463.
|r ^^ger, analecta Philetaea et Propertiana, Neubrandenburg 1850. 102 pp. 4.
• Haupt, emendationes nonnuUorum Prop. locorum, Berlin 1854. 4. und
1856. 4, Tb. Struve, Ztschr. f. Alt. Wiss. 1857, S. 237-246. F. Kindscher,
^^«in. Mus. XVII. S. 216-227. H. Kaffert im Philologus XX ff. A. Lind-
J^** in Fleckeisen's Jahrbb. 89, S. 836—839. W. Fischer, de locis quibus-
1^^ Prop., Bonn 1863. Chr. Heimreich, quaestiones Propertianae (Bonn
^) p. 40—66, und novae quaest. Prop., in der Symbola philolog. Bonn.
•*iiffel, Rom. LileralurgreschichU*. 29
450 Augusteische Zeit, 711—767 d. St.
p. 669—684. B. Eschenburg, im über miscellaneus (Bonn. 1864) p. 8^—1
und observationes criticae in Prop., Bonn 1865.
L. Krahner, Versuch einer Analyse von Prop. IV, 1, 1—70, im Phi
logas XXVII. S. 68—87. Prop. el. IV, 11 recens. et illustr. P. Hofinan Fem
kamp (ed. J. C. G. Boot), Amsterdam 1865; vgl. L. Müller in Fleckeise
Jahrbb, 91, S. 777—791.
8. Ueber Propertius s. Manso, Nachträge zu Sulzer III. S. 5 —
H. Paldamus, römische Erotik S. 58 — 72. Gruppe, die römische ElegL
S. 274 fL und dazu W. Hertzberg in den Hallischen Jahrbüchern L i
Nr. 127 ff. Fr. Jacob, Properz, Lübeck 1847. 32 S. 4. W. Teuffei in Paia
Real-Enc. VI, l. S. 99—101.
9. Metrische üebersetzungen von Knebel, v. Strombeck (Braunsch^v«
1822), J. H. Voss (Braunschweig 1830), W. Hertzberg (Stuttgart 1^
4 Bdchn; ausgewählte Elegieen, Class. d. Alt. 1855, S. 137—224), Fr.
cob (Stuttgart, Hoffmann, 1860). C. W. Schmetzer, die drei letzten E
gieen von Prop. FV übersetzt mit Anm., Hof 1850. 4.
231. P. Ovidius Naso^ aus einem bemittelten ritterlicii«
Hause in Sulmo (711 — 770 d. St.), von umfassender rednerisck
Bildung, aber bald ausschliesslich der Dichtkunst zugewandt; T
die er ein ganz ungewöhnliches Formtalent besass. Indessen Ria
tor bleibt er auch in der Poesie, mit den Gedanken und Stoffe
spielend, im Glänze der Figuren imd witzigen Wendungen sie
spiegelnd, ohne Ernst, höhere Ziele und Charakter, leichtsiniu
gegenüber den Anfordenpigen und l^Vagen des Lebens, ab«
geistreich, pikant und originell, und in allem Formellen vc
unübertroffener Meisterschaft, imnachahmlicher Leichtigkeit, (S
wandtheit und Anmut. In seiner ersten Periode ist die siiL
liehe Liebe der Stoff den er fast ausschliesslich behandelt,
den Formen der alexandrinischen Elegiker, aber Mythologi
Elegie und Lehrgedicht ironisierend durch die Frivolität sein
Gegenstände. In der zweiten bearbeitet er Stoffe aus der grd
chischen Mythologie und der einheimischen Sage, wesenthch
der gleichen Manier, aber mit mehr Fleiss und Hingebung. C
Arbeiten der dritten Periode sind die aus Tomi, wechselnd im
zwischen endlosen Klagen über die Verbannimg und demütigt
liehen um Zurückberufung.
1. Der Name aus Hdss. ; Naso nennt sich der Dichter selbst oft, z«
Am. I, 11, 27. II, 1, 2. Geboren 20. März (Trist. IV, 10, 13 f. vgl. F^
III, 813 ff.) 711 (Trist. IV, 10, 6 vgl. Hieronym. zu Eus. chron. a. Abr. 1^'
zu Sulmo (Am. III, 15,. 11 ff. Pont. IV, 14, 49 und sonst) in Paelignis (^
II, 1, 1. U, 16, 37. HI, 15, 3. 8 imd sonst), als zweiter Sohn eines vermöglicl:^
(Trist. U, 113 f.) Vaters. Der Bruder starb aber schon im 208ten Leb^^
jähr (ib. IV, 10, 31 f.). Studium der Rhetorik; s. Sen. Controv. II, 10,^
(p. 135 ff. Bu.): hanc controversiam memini ab Ovidio Nasone declaim^
231. Dichter: Ovidius (Leben und Charakter). 451
upxzd rhetorem Arellium Fnscum, cuius auditor foit; nam Latronis admi-
'&tor erat, cum diversum sequeretur dicendi genus. habebat ille comptum
rt cLecens et amabile Ingenium, oratio eius iam tum nihil aliud poterat
rideri quam solntum Carmen, adeo autem studiose Latronem audiit ut
xiultas illius eententias in versus suos transtulerit. . . (9.) tunc autem cum
studeret habebatur bonus declamator. . . (12.) declamabat autem Naso
tc^ro controversias, et non nisi ethicas; libentius dicebat suasorias. molesta
Qli erat omnis argumentatio. verbis minime licenter usus est, nisi in car-
uünibus, in quibus non ignoravit vitia sua, sed amavit. . . adparet summi
ixi^enii viro non iudicium defuisse ad compescendam licentiam carminum
suormn, sed animum. aiebat Interim decentiorem fadem esse in qua ali-
quis naevos inesset.
2. Amtliche Laufbahn des Ovid: triumvir capitalis (Trist. IV, 10, 33 f.);
decemvir (stlitibus iudicandis, Fast. IV, 383 f.) , Mitglied des Centumviral-
gerichts (Trist. II, 93 f. ex Pont. HI, 5, 23 f.); Einzelrichter (Trist. II, 95 f.).
Specielle Kenntniss des ins civile tritt aber bei Ovid wenig hervor, trotz
C. Iddekinge, de insigni Ovidii peritia iuris rom., Amsterdam 1811. 104 pp.
Am weiteren Verfolgen dieser Laufbahn hinderte den Ovid seine Bequem-
lichkeit und Neigung zur Poesie (Trist. IV, 10, 35 ff.). Bildungsreise nach
Athen, Asien, Sicilien (Trist. I, 2, 77 f. Pont. II, 10, 21 ff.). Frühe zwei-
mal vermählt und bald wieder geschieden (Tr. IV, 10, 69 — 72) ; seine dritte
Frau, eine Fabia und persönliche Freundin der Livia, überlebte ihn. Seine
Tochter, Perilla, verfasste selbst auch Gedichte (Tr. III, 7, 11—32; vgl.
V. Lörs, de P. Ovidii Nasonis filia, Bonn 1832). Freunde und Befreundete:
Gallio (Pont. IV, 11. Sen. suas. 3, 7. p. 21, 30 Bu.), Hyginus (Suet. gramm.
20), die Dichter Ponticus, Bassus, Macer, Sabinus, Tuticauus (s. unten 236,
1 ff.), Cotta (unten 261, 6), Graecinus (Amor. U, 10), Atticus (Amor. I,
% 2. Pont. II, 4) u. A.; M. Koch, prosopographiae Ovidianae elementa,
Breslau 1865.
3. Verbannung. Decem lustris peractis (Trist. IV, 8, 33 vgl. 10,
^5 f. Ib. 1) Tomitas quaerere me laesi principis ira iubet (Tr. IV, 10, 97 f.).
Auf Elba erste Nachricht von der Anklage (Pont. II, 3, 83 ff.). Er war re-
legatus, non exsul (Tr. II, 137), behielt daher sein Vermögen (Ibis 24).
Schilderung der Abreise aus Rom Tr. I, 3. Sie erfolgte im Spätherbst
[m December ^chon im adriatischen Meer, Tr. 1, 11, 3) des J. 762 = 9 n.
^' (s. Pont. IV, 13, 40, wonach der Winter 767 f. als sexta bruma rele-
gatum videt). Die Ursache waren duo crimina, Carmen et error (Tr. II,
207). Von diesen bespricht Ovid die erstere, seine zuchtlose und sitteu-
^^^^liche Ars amandi, oftmals und sucht sich desshalb zu rechtfertigen
("^r- II, 211 ff. m, 1, 7 f. Pont. II, 9, 69 f. 10, 15 f. III, 3, 69 f. IV, 13, 41 f.
^^ 6 und sonst), und Sidon. Apoll, c. 23, 167 f., Vict. Epit. I, 27 nennen
^aner tres libellos amatoriae artis einzig als Ursache der Verbannung
(Md ex Pont. IV, 13, 42 dagegen prima causa). Wirklich ist es ganz
glaubUch dass dem August eine Schrift höchlich zuwider war die seinen
I^üzeiüchen Veranstaltungen zur Beförderung der Sittlichkeit und der Ehe
^ ^eck entgegenwirkte. Aber seit dem Erscheinen derselben waren zehn
^fe verflossen; der nächste Anstoss muss. daher eine andere Verfehlung
^^eseu Rein. Ueber letztere (seinen error, nicht ein scelus, Tr. I, 3, 37 f.
; 29*
452 Augusteische Zeit, 711—767 d. St.
IV, 10, 90. Pont. III, 3, 75. vgl. I, 6, 25. II, 9, 75 f.) spricht sich Ovid im
nur in geheimnissvollen Andeutungen aus. Aber die Begründung diea
Schweigens, um nicht Augusts Schmerz zu erneuern (Tr. II, 209 f. vgl.
6, 27), zeigt dass dieser dadurch in seinen persönlichen Beziehungen v
letzt gewesen sein muss (vgl. Tr. II, 133 f.: tristibus invectus verbis
ultus es offensas . . ipse tuas). Und da Ovid seine Augen als den sc!
digen Theil anklagt (Tr. II, 103 f.: cur aliquid vidi, cur noxia luminafi
cur imprudeuti cognita culpa mihi est! vgl. III, 5, 49 f.: inscia quod
men viderunt lumina plector, peccatumque oculos est habuisse mei
ib. 6, 27 f. Pont. III, 3, 74 f.), so ist höchst wahrscheinlich dass er bei
Mitgliede der kaiserlichen Familie Zeuge und Mitwisser einer schuldhsLft:«
Handlung war und sie nicht verhinderte, vielleicht in dem irrigen Glac&\>«
(partem nostri criminis error habet, Tr. III, 5, 52) dass August selbst ^ue
darum wisse und es conniviere. Und zwar war diess wahrscheinlich d«
jüngeren Julia (Augustes Enkelin) ehebrecherisches Verhältniss mit D. Sf
lanus (Tac. A. III, 24). Gegen Letzteren selbst wurde zwar non ultra, »tte-
vitum quam ut amicitia Caesaris prohiberetur (Tac. 1. 1.), aber vielleicht
eben darum weil die Hauptschuld auf Ovid abgeladen wurde, gegen ^wr ei-
chen August noch von der ars amandi her verstimmt sein mochte, zumal
da deren Veröffentlichung in dem gleichen Jahre erfolgte wo August seine
Tochter Julia verbannen musste, so dass Ovid als rückfälliger VerfCilirer
erscheinen konnte. Vgl. Th. Dyer, on the cause of Ovid's exile, im Clas-
sical Museum 1847, p. 229 — 247. G. Boissier, Texil d'Ovide, Revue des
deux mondes LXIX (1867) p. 580—612. (C. L. Roth im Stuttgarter Corre-
spondenzblatt f. d. Schulen Würtembergs 1854, S. 185—187 sucht den Grund
in einem Besuche bei Agrippa Postumus auf Planasia; A. Deville, easai
sur Texil d'Ovide, Paris 1859, darin dass Ovid die Livia im Bade ul>^r-,
rascht habe!)
4. Die Art wie Ovid seine Verbannung ertrug lässt sich nur mit ^<
Zerknirschung des durch mehrjährigen Kerker gebrochenen Schubart v^
gleichen; das Gewinsel etwa mit dem des verbannten Cicero; die Krieche
gegen August geht bis zum delire d'adulation (Boissier). Mit Rom ha*'
er sich selbst verloren. Wie Alles vergebens ist, beschränkt er sich
letzt auf die Bitte ihm wenigstens einen andern Verbannungsort anzuw"
sen (z. B. Ib. 28). Schon hatte August durch des Dichters fortwährem
Flehen sich erweichen oder ermüden lassen, als er starb (Pont. IV, 6, 15
und an seines Nachfolgers kühler Brust prallten Seufzer wie Schmeicheleif
gleich wir*kung8los ab (ib. 17 f.). So fand denn Ovid in Tomi (oder Toi
beim heutigen Kostendsche) sein Grab, in demselben Jahre mit Liviu8,|
der zweiten Hälfte von 770 = 17 n. Chr. Hieronyra. zu Eus. chron. a.
2033 = Tib. 4 = 19 August 770 bis 18 August 771 (im Amandinus
zu a. 2032) : Ovidius poeta in exsilio diem obiit et iuxta oppidum T<
sepelitur.
5. Die handschriftlicheu vitae Ovidii (bes. Vindob., Vat. und Fi
sind ohne Werth; desto reicher sind Ovid's eigene Gedichte fQr
schichte seines Lebens, besonders Trist. IV, 10. Von neueren
luugen ist die beste J. Massen, .Ovidii vita ordine chronologico sie de|
ut poetae fata et opera veris assignentur anuis etc., Amstelod. 170^
231. Dichter: Ovidiiis (Leben und Charakter). 453
»taadliche Ausmalang von E. v. Leutech in Ersch und Gruber's Enc. III, 8
(1S36). S. 39—54.
6. Zur Charakteristik des Ovidius s. Sen. Controv. II, 10 (oben
Anxn. 1) und IX, 28, 17 (p. 281, 8 f. Bu.): Ovidius neseit quod bene cessit
relinquere. Sen. nat. quacst ELI, 27, 13: poetarum ingeniosissimus, . . nisi
i>a»iit;um impetum ingenü et materiae ad pueriles ineptias reduxisset.
Quintil. X, 1, 88: lascivus quidem in herois quoque Ovidius et nimium
ajuator ingenii sui, laudandus tarnen in partibus. Vgl.. ib. 93 (OvidiuH
titroque — Tibull und Properz — - lascivior). 98: Ovidii Medea videtur
uailii ostendere quantum ille vir praestare potuerit, si ingenio suo impe-
räre quam indulgere maluisset. Von Ovid's eigenen Aeusserungen sind
folgende besonders bezeichnend. Trist. IV, 10, 26: quidquid tentabam di-
cere versus erat; ib. 40: otia iudicio semper amata meo. Er fühlt sich
als Sohn seiner Zeit (A. A. III, 121 ff.: prisca iuvent alios, ego me nunc
denique uatum gratulor; haec aetas moribus apta meis. . . quia cultus
adest, nee nostros mansit in annos rusticitas). Ueber die Götter denkt er
sehr aufgeklärt: expedit esse deos, et ut expedit esse putemus. . . innocue
vivite, numen adest (A. A. I, 637 ff. vgl. III, 654. Amor. III, 3, 23 ff.). Ueber
Ovid*B Stellung zur Moral vgl. A. J. Reichart , die sittliche Lebensanschau-
ung des P. Ovidius Naso, Potsdam 1867. 58 S.
7. Als sein eigentlichstes Gebiet und seine Hauptleistuug betrachtet
Ovid selbst die (erotische) Elegie (Amor. III, 1. 15, 13 ff. A. A. III, 343 f Rem.
ain. 389 ft*. 395 f. Trist. IV, 10, 54), in deren Masse er denn auch solche
Stoffe behandelt hat die sonst dem Epos zugehören (Fasti) oder der lam-
bik (Ibis). Unter seinen Vorgängern war ihm der liebste libull (vgl. Amor.
111, 9), von virelchem er häufig Stoffe, Gedanken, Bilder, Wendungen und
Worte entlehnt (z. B. A. A. II, 447 f. = Tib. I, 10, 63 f.; Amor. 1, 6, 55
= Tib. II, 4, 12), freilich oft sie ins Frivole verkehrend (vgl. A. A. II,
^ö f. mit Tib. I, 1). Auch an die sonstige Literatur der Zeit finden sich
iQanche Anklänge (wie Met. lU, 501 = Verg. Ecl. 3, 79 und Anderes bei
^^lerkel Fasti p. CCXLVII f.; Met. XV, 871 u. Amor. I, 154, 2 = Hör. 0.
^^'i 30, 1. 6 f.), wie bei einem Dichter von so fabelhaftem Gedächfcniss
^^Ibstverständlich war, und er gibt solchen Citaten gern eine mythische
Einkleidung (Fast. III, 465 ff. = CatuU. 64, 132 ff.; Met. XIV, 812 ff. u. Fast.
^ 487 f. = Enn. Ann. I, 47 Va.). Auch sich selbst wiederholt er manch-
*^ (z. B. Amor. III, 2 = A. A. I, 135 ff.), theilweise wohl mit berech-
^ender Absicht (wie A. A. II, 77 = Met. VIII, 217). Diese Selbstwieder-
oliUigen und die Reminiscenzen aus seinen Vorgängern in der Elegie sind
^^^atuinengestellt und besprochen von A. Zingerle, Ovidius und sein Ver-
r^^iss zu den Vorgängern und gleichzeitigen röm. Dichtem, Erstes Heft,
^^^»bruck 1869. 136 S. Das mythologische Rothwelsch seiner Zeit spricht
^^ mit Virtuosität, nimmt es aber dabei mit dem Einzelnen so wenig
^^*iaxi als bei andern positiven Angaben (z. B. Amor. III, 6, 31. 12, 21 ff*.
^^^^^ am. 783). Der Versbau ist glatt, fliessend und elegant, wird aber
^ deiner gleichmässigen Anwendung auf alle Gegenstände leicht eintönig.
^* Schmidt, de Ovidii versibus hexametris, Cleve 1856. 26 pp. 4. L. Müller,
^ ^« metr. p. 91. 408 f.
454 Augusteische Zeit, 711—767 d. St.
232. Die treueste Darstellung der Eigenthümlichkeit des
Ovid enthalten die erotischen Dichtungen womit er seine dien-
terische Laufbahn begann, die drei Bücher Ä mores, üpp^?^
Bilder, an den Namen Corinna angeknüpft, die EpistoH^
(Heroides), fingierte Liebesbriefe von Frauen der Heroenzei'^ ^^
ihre Liebhaber, mit Unechtem zersetzt; sodann besonders di^ ^^^
Bücher der Ars amatoria für beide Geschlechter, von Ic^cke-
rem Sinn und Ton, aber mit viel Sachkenntniss und ^sy^^^
logischer Feinheit, und das Gegenstück dazu, die Rem^^^*
amoris, sowie das Gedicht über die weiblichen Toilettenkü^^»ß^
Medicamina forma e. Aus derselben Periode Ovids star^canite
seine Tragödie Medea und Anderes was nicht auf uns ge^Miom-
man ist.
1. Verse aus den Amores und der Ars als Wandinschrifben zu JPom-
peji; s. Rhein. Mus. XII. S. 251 f. Die Handschriften sammtlicheixr cor-
mina amatoria des Ovid gehen auf einen archetypus (von je 26 Z ^iien)
zurück welcher dieselben in der Reihenfolge enthalten zu haben sdbeint:
Ars am., Remedia, Amores, Epistulae, Medicamina, vielleicht die j ^ni^^
Ordnung quo temporum intervallo fuerint ab Ovidio propter lima^ s**^
dium retractati (L. Müller, de re metr. p. 43—46 vgl. Rhein. Mus. XVII.
S. 524 f.). Ausgaben: Ovidii amatoria c. var. lect. ed. C. G. Weni-S<lort
Helmstedt 1788; recogn. (ohne Epist. und medic.) Luc. Müller, Berol. 186 1- ^^
Vgl. L. Müller, zur Kritik des ersten Theils der ovid. Dichtungen, Bhßi"*
Mus. XVII. S. 622—642. XVHI. S. 71—90. XX. S. 266—264. Des Ovi<i ^ro
tische Werke, übersetzt von A. Berg, Stuttgart (Hoffmaun) 1867. 3 Bdiohn.
2. Jugendgedichte. Trist. IV, 10, 57 ff.: carmina cum primurxx P^'
pulo iuvenilia legi barba resecta mihi bisve semelve fuit. moverat iöge*
nium totam cantata per urbem nomine non vero dicta Corinna» <^^
(vgl. Am. ni, 13, 1. A. A. IH, 343. 538. Martial. V, 10, 10. VIH, 73, 10 ti. «•)•
Der Stoff der Amores beruht sicher auf Selbsterlebtem (vgl. Axtx^ *^y
I, 16 f. 22. 53 ff. III, 12), doch so dass die Gestaltung desselben eine fr^®
war. Die Unsauberkeit geht manchmal ins Widerliche (wie U, 15 uncl l>®^^
II, 13 f. III, 7). Daneben aber auch so Reines wie die Elegie auf den ^^
des TibuUus (HI, 9). Ovid veranstaltete von den Amores zwei AuBg»t>^"-
die erste, in fünf Büchern (nach dem voranstehenden Epigranmi), um ^^
d. St. (Masson vita Ovidii p. 93), die zweite (erhaltene) wurde jeden^^^^
vor der A. A. , also vor 752 d. St., abgeschlossen; s. Amor. II, 18, ^^
A. A. III, 343. 538. Der lEpilog (Am. III, 15, 18) kündigt ein gröss^^
Werk (die Metamorph.?) an. Vgl. Gruppe, röm. Elegie I. S. 374 ff.
S. 205 ff. L. Müller, de Ovidi Amorum libris, im Philologus XI. p. 60- ^ [
192. Metrisch übersetzt von W. Hertzberg (Stuttgart, Metzler 1864; A^^
wähl in den röm. Elegikem, Gl. d. Alt., S. 225—287), H. Lindemann {Le^-^
zig 1869) u. A. Berg (s. A. 1).
3. Ars am. III, 345 f. (nach Erwähnung der Ars und der Amote^^i^
vel tibi composita cantetur Epistola voce; ignotum hoc aliis ille {On^^^
232. Dichter: Ovidius (erotische Dichtungen). 455
ävit opus. Es ist eine von 0?id zuerst aufgebrachte Spielart der poe-
^en Epistel (oben 22). Das Versetzen in bestimmte Zeiten und Lagen
sich der Dichter ziemlich leicht gemacht; fein ist aber auch hier die
Ahnung der Charaktere und Stimmungen. Briefe der Penelope , Phyllis,
sna, Kanache, Medea, Phädra, Dido und Sappho erwähnt als fertig
5r beabsichtigt) Ovid. Am. II, 18, 21 — 26, sowie Antwortsschreiben
iuf von seinem Freunde Sabinus ib. 27 — 38. Die wirkliche Sammlung
lält Briefe von 1) Penelope (116 V.), 2) Phyllis (148), 3) Briseis (154),
*hädra (176), 5) Oenone (168), 6) Hypsipyle (164), 7) Dido (196), 8) Her-
ne (122), 9) Deianira (168), 10) Ariadne (150), 11) Kanache (128),
Hedea (212), 13) Laodamia (166), 14) Hypemmestra (132), 15) Sappho ^
0, 16) Paris (376), 17) Helena (268), 18) Leander (218), 19) Hero (210),
Acoutius (242), 21)'Kydippe (248). unter diesen weichen die sechs
ten schon äusserlich (durch ihre Duplicität) vom Plane der übrigen
unlung ab, Nr. 16 und 17 noch überdiess durch ihren Umfang; und
b ihrer Beschaffenheit nach erweisen sich diese sechs letzten Stücke
Fortsetzungen der Gattung in der Manier des Ovid, aber ohne sei-
Geist, verfertigt von einem versgewandten Bhetor der sich gleich-
3 solche erotische Suasorien in Disticha zu bringen getraute. Die
Ten Hdss. bieten nur 19 Briefe und von Nr. 20 zwölf Verse; Nr. 15
i 16, 39—142. 21, 13—248 (Heins.) fehlen dort; Nr. 15 steht in den
geren Hds». meist vereinzelt und hinter den andern Briefen. Ueberdiess
cht sich letzterer (Brief der Sappho) durch Nachahmung von Stellen
de (v. 79 = Trist. IV, 10, 66 f.), Carikieren seiner Eigenthümlichkeiten
l durch Plumpheit (z. B. v. 24. 93. 207. 49 f. 133 f. 144 ff.) sehr ver-
:htig. Gegen Schneidewin's Einwendung (Rhein. Mus. IL S. 138 ff. III.
144 f.) 8. J. Mähly (ebd. IX. S. 624 f.). Vgl. Welcker im Rhein. Mus.
S. 241, A. 10 und kleine Schriften IL S. 116—118. C. Lachmanu (Ber-
r Sommerkatalog 1848) p. 7: sex epistulas (Nr. 8, 9, 14, 16, 17, 19)
tis observationibuB (bes. metrische und prosodische Differenzen) plane
futavimus, de ceteris (Nr. 3, 12, 13, 18, 20 und 21, 1—12), quamvis ma-
a. sit dubitandi causa, certiora tamen argumenta quaerenda sunt.
Füller, de re metr. p. 46—49 erkennt nur die Verdachtsgründe gegen
14, 15, 16, 17, 19, 20 als erheblich an, nimmt aber auch blos von
X5 Abfassung durch einen Zeitgenossen des Lucanus an, von den übri-
«,nullam . . post Augusti ac Tiberii esse scriptam tempus" (p. 48). Vgl.
I Gruppe, Minos S. 495 ff. K. Lehrs in seinem Horatius (1869) S. CCXXII
CLIV. L. Müller im Rhein. Mus. XVU. S. 192 — 195. XVIU. S. 87 f.
ierausgaben von D. J. v. Lennep (ed. illustr. Amsterd. 1809. ed. IL 1812),
terpstra (ed. illustr., Lugd. Bat. 1829), V. Lörs (2 Partes, Cöln 1829 f.).
tikenii dictata ad 0. Her. ed. Friedemami, Lips. 1831. üebersetzt von
[enning, E. F. Metzger (Stuttgart, Metzler, 1865), H. Lindemann (Leip-
1867).
4. Die unter dem Titel A. Sabini Epistolae tres in den Ovidaus-
en (zuerst Vicent. 1480, Venet. 1486) laufenden Briefe sind von dem
iener Angelus Quirinus Sabinus (Sabini poetae opera, Rom 1474, als
lang zu seinem Ammianus); s. Gläser im Rhein. Mus. I. S. 437 ff.
theidigungsversuch von J. Chr. Jahn, de Ovidii et Sabini epistohs,
3. 1826.
j6 Augusteische Zeit, 711—767 d. St.
5. Ars amatoria ist der Titel in den Hdss., wogegen wenig L
feist I, 1 f . : si quis . . artem . . non novit amandi me legat, und Amor.
^8} 19: artes teneri profitemur amoris (vgl. Sen. exe. controv. III, 7. p. 3'
j^l f.: est eiuB qui hoc saeculum amatorüs non artibus tantum sed sen
tüs implevit). Bei Ovid gewöhnlich einfach Ars (z. 6. Trist. II, 303).
beiden ersten Bücher sind eine Anleitung für Männer wie man Mädct:^
(Libertineu) gewinnen (B. I) und fesseln (B. II) könne; B. III eine glei
für Mädchen. Vergebens verwahrt sich der Verfasser öfters (II, 59
III, 483. 615 f.), spielt ab und zu den Moralischen (III, 494. 613 f.) und
das Gedicht solis meretricibus (Trist. 1. 1. vgl. Pont. III, 3, 50 ff.) gesck
ben haben, da die Liebe durchweg nur als sinnliche gemeint ist.
Ironisierung der Form des Lehrgedichts fliesst von selbst aus dem heit^
Behagen womit der frivole Stoff in dieselbe gekleidet wird. Genaue Ke^
niss gewöhnlicher Weiblichkeit, z. B. I, 99: spectatum veniunt, ven.
spectentur ut ipsae; 705 f.: . . ut pudor est quondam coepisse prioren^^ i
alio gratumst incipiente pati. Veröffentlicht wahrscheinlicli 752 oder 7
d. St. Zeitanspielungen I, 177 ff., z. B.: Parthe dabis poenas; . . -uiJ-t
adest . . bellaque non puero tractat agenda puer. parcite natales, tixxri<
numerare deorum u. s. w.
Uebersetzt von Chr. F. Adler (nachgedichtet, Leipzig 1843) und iDi
sonders von W. A. B. Hertzberg (mit trefflicher Einleitung und Anznei
kungen, Stuttgart, Metzler, 1854), auch von H. Criepen (= Pemice), I^oip
zig 1856.
6. Bemedia amoris, in Einem Buch, verfasst wohl 754 oder 7^^
Anleitung wie man einer lästigen Leidenschaft loswerde, verglichen w^^^^
der Ars ziemlich schwach, aber doch auch nicht ohne psychologisch "Ä
Schärfe und Feinheit und mit Virtuosität im Technischen. — Ueberso
von Strombeck (Braunschweig 1796. 1829), Schlüter (Leipzig 1796),
Hertzberg (Stuttgart, Metzler, 1855).
7. Ovid. A. A. III, 205 f.: est mihi quo dixi vestrae (der Fraucj
medicamina formae parvus, sed cura grande Ubellus opus. Es wl
also vor der A. A. oder deren letzter Ausgabe verfasst; die lebend]
Einleitung ist ihrem Inhalte nach vollständig, zum Theil wörtlich, in
A. A. III, 101 ff. II, 97 ff', übergegangen. Erhalten smd nur 100 Vei
das Weitere gieng, weil es am Schlüsse des archetypus stand (s.
verloren; L. Müller de re metr. p. 43; Rhein. Mus. XX. S. 256. U<
Setzung von W. Hertzberg (1855, Rom. Dichter 59, S. 1653—1665) u.
8. Tac. dial. 12 extr. : nee uUus Asinii aut Messalae liber (Rede
illustris est quam Medea Ovidii aut Varii Thyestes. Quintil. X,
(oben 231, 6). Vgl. Ovid. Amor. U, 18, 13 f. III, 1, 11 ff. 67 ff. S<
3, 7. p. 22, 2 f. Bu. Noch im fünften christl. Jahrb. angeführt in
siola Valerii ad Rufinum (ne uxorem ducat): lege . . Medeam Ni
vix pauca invenies impossibilia mulieri. L. Müller, in Fleckeisens
95, S. 496. Erhalten ist davon nichts, falls nicht etwa daraus ist;
führung bei Quintü. XII, 10, 75.
9. Gedicl^t auf die Hochzeit des Fabius Maximus (Cos. 743)
I, 2, 133.
232 f. Dichter: Ovidius (Erotisches und Metamorph.). 457
10. Quintil. VI, 3, 96: Ovidius ex tetrastichon Macri (oben 209, 6)
e£i.rxnine librum (ein ganzes Bach) in malos poetas composuit. Pentameter
£kud einem Epigramm des Ovid ib. IX, 3, 70.
233. Im epischen Masse gehalten sind die fünfzehn Bü-
cher Metamorphoseon; eine Bearbeitung derjenigen Mythen
i«relche Verwandlungen enthalten, vom Chaos an bis zu Caesars
Verwandlung in einen Stern. Der Stoff ist den Griechen ent-
nommen, aber frei behandelt, eine bunte Reihe heiterer und
düsterer Bilder aus einer wunderreichen Welt. Gleichfalls noch
vor Ovids Verbannung verfasst sind die sechs Bücher Fasti,
im elegischen Masse, ein astronomisch -historischer Kalender,
nach den Monaten angelegt und daher auf zwölf Bücher be-
reclmet, deren zweite Hälfte aber in Tomi auszuarbeiten nicht
niöglich war.
1. lieber den Stoff z. B. Mellmann, de caasis et auetoribus narratio-
num de mutatis formis, Lips. 1786. Bearbeiter desselben waren unter den
Griechen Boiog {'OQvi&oyovia) und besonders der Alexandriner Nikandros
C E-üfQoioviiBva), sowie Parthenios (^MstafiOQqxoads). Beide sind wohl von
Ovid benutzt worden; von Nikandros wird diess durch Antoninus Liberalis
gei^iss. Auch die griechischen Tragiker, besonders Euripides (Hecabe und
Bacchae), lieferten Ausbeute (durch Vermittlung des Hyginus? vgl. unten
246, 5). -— Quintil. IV, 1, 77: illa vero frigida et puerilis est in scholis af-
fectftfio, ut ipse transitus efßciat aliquam utique sententiam, . . ut Ovidius
lascivire in MstaitOQtpoiaBaiv solet, quem tamen excusare necessitas potest
res diversissimas in speciem unius corporis colligentem. Sen. nat. quaest.
^^U 27, 13 ff. (vgl oben 231, 6).
2. Ovid. Trist. I, 7, 13 ff.: carmina mutatas hominum dicentia for-
^^^« infelix domini quod iuga rupit opus, haec ego discedens, sicutbene
^'^'ilta meorum, ipse mea posui maestus in igne manu. . . (23 f.) quae
"looxumn non sunt penitus sublata, sed exstant, pluribus exemplis scripta
^*fi8e reor. . . (26 ff.) nee tamen illa legi poterunt patienter ab ullo,
^^ciet his sununam si quis abesse manum. ablatum mediis opus est in-
^^il>U8 illud, defuit et scriptis ultima lima meis. . , (39 f.) quidquid in
i^f^^ i^tur vitii rüde Carmen habebit emendaturus, si licuisset, eram. Vgl.
. *^t, II, 555 f. : dictaque sunt nobis (quamvis manus ultima coepto defuit)
. ^^^cies Corpora versa novas. 559 f.: pauca quibus prima surgens ab ori-
^^^^ mundi in tua deduxi tempora, Caesar, opus. Auszug aus den Met.
j^ *^ Lactantius (oder Lutatius) Placidus (z. B. in der Ausgabe der Met.
/^*^^^erp. 1591). Im J. 1210 verfasste Albrecht von Halberstadt eine üeber-
1 fc T.^^^2 ^' ^®^' ^ Reimen, welche Jörg Wickram 1545 umarbeitete (Mainz
^^^5^^. fol.); K. Bartsch, Albrecht von Halberstadt und Ovid im Mittelalter,
»j.^^^ilinburg 1861. CCLX und 501 S. *Oßidiov MhtanoqqxoaBig (griechische
^^«rsetzung von Maximus Planudes) ed. Fr. Boissonade, Paris 1822.
^ 3. Ausgaben der Met. von Gierig (2 Partes, Lips. 1784. 1804; neue
*^^^age durch J. Chr. Jahn, Lips. 1821—1823), E. C. Chr. Bach (mit Anm.,
458 Augusteische Zeit, 711—767 d. St.
2 Bde., Hannover 1831—1836), Baumgarten - Crusius (Lips. 1834 f.), V.
(Lips. 1843). Probe einer neuen Ausgabe von Bormann, Halberstadt 1858
Schulausgaben von Nadermann (Münster 1828; dritte Ausgabe 1(
Seidel (vierte Ausgabe, von Ideler, Berlin 1837), Feldbausch (Karl
1836; dritte Aufl. 1848), Lörs (Trier 1837), 0. Eichert (Auswahl für Sc^
len, Breslau 1850), J. Siebeiis (Auswahl fdr Schulen, Leipzig, Teubi
1854 f.; fünfte Auflage 1867 f. 2 Bde.; Wörterbuch dazu, ebda. 1867)^
Haupt (Bd. I, Leipzig 1853; vierte Ausgabe Berlin 1867).
Henneberger, Ov. Met. contin. seriesque, Hildburgh. 1846. 4. I. Bek'
variae lectt. cod. Berol. Ov. Met., Berlin 1853. R. Suchier, Kritische;
^O. M., Hanau 1853. 4.; Fleckeisens Jahrbücher 79, S. 570—576. 639-
M. Haupt, Berolin. 1861. 4.
Uebersetzungen von A. v. Rode (Berlin 1816. 2 Bde), J. H.
(zweite Aufl., Braunschweig 1829. 2 Bde), H. Chr. Pfitz (Stuttgart, MetzS ^j
5 Bdchn), H. Lindemann (Leipzig 1853-1856, 3 Thle), R. Suchier (Stu»^
gart, Hoffmann, 1858, 3 Thle). Buch II von J. Böschl, Speier 1850. 4.
4. Trist. II, 549 3*.: sex ego Fastor um scripsi totidemque libeil-^^>s
cumque suo finem mense volumen habet, idque tuo nnper scriptum m^ '^^
nomine, Caesar, et tibi sacratum sors mea rupit opus. Das erhalt^sr- Q(
Werk ist vielmehr dem Germanicus (unten 259, 4 f.) gewidmet, wie ai^^^^'
noch andere Spuren (z. B. IV, 78—84) darauf hinweisen dass Ovid in Tonr::^^
nach dem Tode Augusts, das Fertige einer Umarbeitung unterwarf (M^^^^
kel, Quaest. Ovid. criticae, Halle 1835: de tempore quo Ovidii Fasti bc^ '^
pti fuerint librorumque diversa condicione; sowie Praef. seiner Ausga^^^*
der Fasti p. CCLVII — CCLXIX. V. Lörs, commentarii in Ov. Fast part. ^
Trier 1851. 4.). Ueber den Inhalt s. Fast. I, If.: tempora cimi causis
tium digosta per annum lapsaque sub terras ortaque signa canam. 7 1
sacra recognosces annalibus eruta priscis et quo sit merito quaeque nota'
dies. IV, 11 f.: tempora cum causis annalibus eruta priscis lapsaque . .
(wie I, 2). Im astronomischen Theile fehlt es nicht an irrigen Angaben (Pfa
de ortu . . siderum, p. 62 fi^. Ideler in den Abhh. der Berl. Akad. 18'i
S. 137 fi^.), die Ovid seinen Quellen (hauptsächlich dem Clodius Tu8(
meint Merkel, s. unten 247, 6) verdanken mag. Glaublich ist dass den A
stosa zur Wahl dieses Stoifes das unvollendete fünfte Buch des Properti
gab (Merkel p. CCXLVIII ff.}. In seinen national geschichtlichen Th(
len enthält das Werk viele werthvoUe Nachrichten. Die elegische Foi
zeigt sich vielfach dem erzählenden Inhalte weniger angemessen. Uni
den zahlreichen Handschriften der Fasti sind die ältesten (saec. LX^ u|
wichtigsten der Petavianus I (A bei Merkel), ArundeUanus (B) und Vof
nus (C); 8. die Aufzählung bei Merkel p. CCLXXI — CCLXXXII und
interpolati ib. p. CCLXXXII— CCXCIV. Dazu V. Lörs, de tribus Ov.
codd. mss. (nebst var. lect. des cod. Trevir.), Trier 1857. 74 pp.
5. Neuere Ausgaben der Fasti von G. E. Gierig (lips. 1812—;
2 Voll.) und besonders R. Merkel (ed. et interpr., Berol. 1841; vgj
Hertzberg, Ztechr. f. d. Alt W. 1846, Nr. 19—21. 31—34). Schulai
von J. Ph. Krebs (Wiesbaden 1826), J. Conrad (Lips. 1831).
Observationes in Ov. Fast, von W. Gesenius (Altona 1806. V
J. Chr. Elster (Hehnstädt 1840. 4.).
233 f. Dichter: Ovidius (Fasti, IVistia, ex Ponto). 459
üebersetzungen von E. F. Metzger (Stuttgart, Metzler, 5 Bdchn) und
E. JClussmann (Stuttgart, Hoffmann, 1859).
6. Gleichfalls noch in der letzten Zeit vor seiner Verbannung (J. 761
o^ex" 762) verfaaste üvid eine Elegie auf den Tod des Messala (oben 208, 5);
8. g:x Pont. I, 7, 30: cui nos . . dedimus medio scripta canenda foro.
234. Aus der Zeit der Verbannung Ovids sind die fünf
Bticher Tristia, theilweise schon auf der Reise nach Tomi
^veirfasst, und deren Fortsetzung, die vier Bücher Briefe ex
Ponto, an bestimmte beim Namen genannte Personen gerich-
iiet und v^eniger gefeilt; ferner Ibis, ein Schmähgedicht im
elegischen Masse und im Änschluss an Eallimachos, gegen einen
Ungenannten zu Rom der dem Verbannten zu schaden suche.
Nicht erhalten sind die gleichfalls zu Tomi geschriebenen Lob-
gedichte auf Augustus und Tiberius, auf Ersteren sogar eines
in der getischen Landessprache ; unvollendet hinterlassen ist das
Lielirgedicht über die Fische des schwarzen Meeres (Halieu-
ti ca), wohl nach alexandrinischen Vorbildern.
1. Die Sammlung der Tristia kann wegen V, 3 nicht vor dem Früh-
ling 766 abgeschlossen worden sein. Buch II besteht aus einem inhalts-
reichen und lebendigen Briefe au August. I, 3 schildert die Abreise aus
Hon. Besonders rührend sind die Briefe des Dichters an seine Gattin
(I, 6. III, 3. IV, 3. V, 5. 11. 14). Ausgaben mit ex Ponto von Verpoor-
ten (Coburg 1712), Th. Chr. Harless (Erlangen 1772), J. J. Oberlin (Strass-
burg 1726. 1778); der Tristia allein von F. Th. Platz (Hannover 1825),
Klein (Coblenz 1826), R. Merkel (Berol. 1837), V. Lörs (Trier 1839). Bei-
lage zur Handschriftenkunde und Kritik von J. P. Binsfeld (Quaestiones
^^id. criticae, I. Bonn 1853. 8. II. Cöln 1855. 4. III. Rhein. Mus. XIV.
P. 30—40; Observationes 0. er., Bonn 1860. 4.). üebersetzung von H. Wölf-
^^\ (Stuttgart, Metzler, Rom. Dichter 69 u. 70) und AI. Berg (mit Pont.,
^^ia und Halieut., Stuttgart, Hoffmann, 1865, 2 Bdchn).
2. Die Briefe ex Ponto sind meist aus dem J. 766 f., die Mehrzahl
^ vierten Buche aber aus J. 767—769; s. Wölffel S. 2053—2057. Verhält-
**^ 2u den Tristia; s. Pont. I, 1, 16—18: non minus hoc illo triste quod
• *ito dedi. rebus idem titulo differt, et epistola cui sit non occultato no-
•*iUi^ missa docet. Die Wortfülle ist unerschöpflich und auch in Bezug
^^** Abwechslung das Mögliche gethan; nur kann diess nach der Natur
?^ Gegenstandes nicht viel sein. Wiederholungen und Sorglosigkeiten
. ^X" Art, in Gedanken, Sprache und Versbau, sind in diesen Erzeugnissen
j^*^^^ gedrückten Stimmung nicht selten. Auch die Schmeichelei gegen
^^^^onen übersteigt oft die Grenze des Zulässigen. Die Haupthandschrif-
5^ fär diese Briefe sind (ausser dem Wolfenbüttler Bruchstück saec. VI
^^^ir VH) der Hamburg, und der von Harless (s. A. 1) verglichene Bava-
^^^Xs (in München), beide saec. XII; die andern sind interpoliert. Kri-
Xt^^lie Ausgabe von 0. £om (ad codicum fidem emendavit, adparatu cri-
^o instruxit, Lips. Teubner 1868). B. Dinter, de Ov. ex P. librie comm.
ii^.
460 Auguateiache Zeit, 711—767 d. St.
I. Grimma 1858. 4. II. 1865. 4. 0. Korn, Bemerkungen zur Handschri
künde der B. ex R, Wesel (Berlin) 1866. 4.; de carm. Ov. ex P. dato
compositione strophica, Rhein. Mus. XXII. p. 201 — 216. üebersetzt
H. Wölffel (mit Einleitung und Anm., Stuttgart, Metzler, 1858, 2
und A. Berg (b. A. 1).
08
3. Der Titel Ibis rührt von dem ähnlichen Gedichte des Eallim
gegen ApoUonios aus Rhodos her (v. 55 ff.). Verfasst in der ersten Zcii
des Aufenthalts in Tomi (v. 1), veröffentlicht aber vielleicht (vgL Pont. XT,
14, 44: exstat adhuc nemo saucius ore meo) erst später, da die Vermu^feiLEzig
von Wölffel (üebersetzung der Pont. Br. S. 2068 — 2070) WahrscheirUicOi-
keit hat, dass dieses Gedicht als fünftes Buch der Briefe ex Pento gedwdt
sei und darin eine ähnliche Stellung einnehmen sollte wie in den TriertaA
Buch II. Der Name des Angegriffenen wird vorerst noch verschwiegen
(v. 9. 51 f. 61 f. 637 f.), für später aber eigentliche lamben und Nennix^»«
desselben angedroht (v. 53 f. 641 f.). Nach v. 19 (debuerat) sollte man i^^°
für einen Verwandten oder firüheren Freund des Dichters halten. Die ^^M^'
congruenz von Form und Inhalt erkennt Ovid selbst an (v. 46), sowie dh^^^
die ambages des Eallimachos und seine entlegenen (caecae) Geschieht?^ — ^
(bes. mythologische) sonst nicht seine Sache seien (v. 57 — 60). Ausgal
an den Tristia, namentlich von R. Merkel (mit einer prolusio ad Ib
p. 333—408), wo auch (p. 460—475) ein vetus interpres Ibidis. Ueberse
(mit Haheut. u. Nux) von H. Wölffel (Stuttgart, Metzler, 1867) u. A.
4. Plinius N. H. XXXII, 5: mihi videntur mira et quae Ovidius pr^^"^^
didit piscium ingenia, in eo volumine quod Halieuticon inscribiti^^-^^'^^*
ib. 54: bis adiciemus ab Ovidio posita nomina, quae apud neminem aliur:-^-''^
reperiuntur ; sed fortasse in Pento nascuntur, ubi id volumen supremis vo^^^^^
tcmporibus inchoavit. Im Quellenverzeichniss zu B. 31 ex . . Ovidio, ur^^-^°"
zu B. 32 ex . . Ovidio poeta. Der undankbare Stoff ist mit wenig Glü^ ^^ck
in (1.32) Verse gebracht, die Authentie aber nicht zu bezweifeln. Heran^i^ ^^^'
gegeben (mit Gratius u. A., s. 237, 7) von M. Haupt, Lips. 1838. A. Zingerf"'"^*''^'
de Hai. fragmento Ovidio non abiudicando, Verona 1865. 28 pp. 4.
5. Gedicht auf den IViumph des Tiberius (16 Januar 765 d. St.), wo
das Begleitschreiben an Rufinus, ex Pont, ill, 4.
6. Linguistisch sehr bedauerlich ist der Untergang des getischen
dichtes zu Ehren des Augustus, seines Nachfolgers und seiner Fami
worüber s. ex Pont. IV, 13, 19 ff. vgl. III, 2, 40.
7. Anderes Gedicht auf den Tod des Augustus, s. ex Pont. IV, 6, 1
235, Das Ansehen welches Ovid während des ersten chri^^^
liehen Jahrh. in den Rhetorschulen und bei den Dichtem no«^^^
länger genoss, sowie die Leichtigkeit seiner Verse gab Vei
lassung dass frühzeitig und dann wieder im Mittelalter Erzeuj
nisse namentlich im elegischen Masse sich unter seinen Nam^^^^
stellten. So die gewiss alte Elegie Nux, und im Mittelalt^^^
Scherzgedichte wie die elegia de pulice, pediculo, vetula^ ^'"
234 f. Dichter: OvidiuB (Ibis, Halieut. und Unechtes). 461
>x^e de philomela u. A., und ganz zuletzt die Consolatio ad
fcriam.
1. Der Philosoph Seneca verräth seine Geiatesverwandtschaft mit Ovid
ili durch die Vorliebe womit er diesen citiert, "wie de benef. IV, 14, 1.
16, 3. nat quaest. II, 44, 1. III, 1, 1. 20, 3. 26, 4. Ebenso erhellt aus
r Häufigkeit womit Quintilian ihn berücksichtigt seine Geltung in den
letorschulen der Zeit. Unter den Dichtem aber zählt L. Müller, de re
itr. p. 186, freilich mit etwas freigebiger Hand, folgende als Nachahmer
icb auf: Lucanus, Homerus latinus, Calpurnius, auctor ad Pisonem, Se-
CA, qui scripsere Priapea, Palladius, Nemesianus, Claudianus, Butilius,
irobaudes, Avianus, Sedulius, Arator, Boethius, et plerique poetarum
norum.
2. Von den Priapeia wird Nr. 2 von Sen. controv. I, 2, 22 (p. 77,
". Bu.) dem Ovid zugeschrieben (Ovidianum illud: inepta loci, welche
alle sich Priap. 2, 8 findet = Meyer anthol. lat JI, Nr. 1618). Glaub-
h ist dass auch andere Stücke dieser Sammlung von Ovid herrühren
?1. Wemicke, Priapei. p. 120—124. 126—131), obwohl nicht mit Sicher-
et zu ermitteln ist welche. Diejenigen aber welche mit ovidischen Stel-
i übereinstimmen werden am ehesten Andern als ihm selbst beizu-
^en sein.
3. Die Elegie Nux (182 Verse) ist etwas redselig und mit mancherlei
elorischem Schmuck ausgestattet (z. B. v. 108 ff. 175 ff.), aber von fliessen-
'in Versbau und theilweise anmutiger Darstellung. Der Stoff ist nicht
blecht gewählt, eine Klage des Nussbaimies über Misshandlung, mit
bmerzlichen Bückblicken auf bessere Zeiten und Sitten (z. B. v. 23 f.).
a«sar . . deus v. 142 ff. Nichts hindert das Gedicht mit L. Müller (de rc
^tr. p. 49 extr.) in die ovidische Zeit zu setzen. Abgedruckt z. B. in
^- E. Weber's Corpus poett latt. p. 1393 f. und mit Commentar von F.
indemann, Zittau 1844. 4. üebersetzt von H. Wölffel (s. 234, 3).
4. Sammlung der meisten ovidischen Apokrypha bei Goldast, Cata-
^^ Ovidii, Francof. 1610. Dieser will (p. 71) als Name des Verfassers
^ elegischen Verse de philomela in einer St. Galler Hdschr. Albius
l^idiufl luventinus gefunden haben, welcher ohne Zweifel freigewählt wäre.
^® 70 Verse (zuletzt bei Reifferscheid , Sueton. p. 308 — 311) enthalten
•**pt8ächlich eine Nomenclatur der verschiedenen Vogel- und Thierstim-
'^ und stammen aus dem Mittelalter (Brüsseler Hdschr. saec. XI) und
stachen Kreisen (z. B. v. 11: dulce per ora sonat quam dicunt nomine
^stam). Prosodische Fehler sind darin nicht selten. Gleichfalls mittel-
^^Ucheu Ursprungs sind die Verse in pediculos, de annulo, de medica-
^^ aurium (Hdschr. in Bern, Sinner I. p. 543 ff.) , de pulice (von Ofilius
^^ianus) und die drei Bücher de vetula, über welche s. Hipp. Cocheris,
^ieille, ou les demiers amours d'Ovide, po^me fran^ais du XFV siöcle,
"^tiit du latin de Rieh, de Foumival par J. Leßvre, publik et pr^c^dö
^echerches sur Tauteur de Vetula, Paris 1861. Von der Consolatio
taiviam Augustam de morte Drusi Neronis (z. B. bei Weber Corpus
^tl. latt. p. 1389 — 1392), welche Scaliger dem Pedo Albinovanus zutbeileu
**^te, gibt es gar^ keine Handschrift, vielmehr erscheint dieselbe erstmals
462
Augusteische Zeit, 711—767 d. St.
«n
n.
in der editio princeps des Ovid vom J. 1471. Der hierdurch entstehe rsrikc^e
Verdacht dass sie erst im löten Jahrh. von einem Italiener verfasse
wird fast zur Gewissheit erhoben durch den Mangel alles thatsächlic^
Inhaltes der nicht aus bekannten Schriftstellern zu gewinnen wäre, die
reichen ovidischen Reminiscenzen und die moderne Färbung der Gedaal^^
Vgl. M. Haupt, Epicedion Drusi cum commentarüs, Lips. 1849. 4., mit w
Erfolg bekämpft von Adler, de Ovidii consolatione etc., Anclam 1851.
6. Die wichtigsten Gesammtausgaben der ovidischen Gedicxl^te
sind: ed. princeps gleichzeitig eine zu Bologna (1471 fol.) und zu ^(^oq
(1471 f. fol. 2 Voll.). Aldina 3 VoU. 1503 und (von A. Naugeriuß) 15l sf
luntina (von A. Francinus u. A.), Flor. 1525, 3 Voll. Anmerkungen. -%ron
Herc. Ciofanius aus Sulmo, gesammelt Antverp. 1583, und auch in G. B^m-
manns Ausgaben (Lips. 1582 — 1620). Text mit Noten von Glareanus i_ud
Longolius Lips. 1589, 3 Voll. u. sonst. Ausgaben von D. Heinsius (Lim^d.
Bat. 1629, 3 Voll.), besonders aber Nicol. Heinsius (Amstelod. 1652. Iß- 48,
am besten 1661, 3 Voll.; N. Heinsii comra. in Ov. ed. J. F. Fischer, Lij)»-
1758, 2 Partes). Vermehrung des Erklärungsstoffes durch P. Burm^mJon
(Amstelod. 1727. 4. Praefatio ib. 1756. 4.). Texte von Miller (BeroL 1'^ ^'^^
4 Voll.), J. F. Fischer (Lips. 1758, 2 Voll.), Bipont. 1783 (3 Voll.), Chr.
Mitscherlich (Gotting. 1796-1798, 2 Voll.; 1819), J. Chr. Jahn (Lips. l
—1832, 2 Voll., unvollendet), in W. E. Weber's Corpus poetarum 1
rum (Francof. 1833), imd besonders rec. R. Merkel, Lips. (Teubner) 185;
3 VoU.
tO-
BC-
el
6. M. Isler, Eclogae Ovidianae, Hamburg 1853. Ovidii carmina
lecta in usum schol. ed. C. I. Grysar, Wien 1854.
7. Beiträge zur Textkritik (Quaest. Ovid. criticae) von R. Mer!
(s. 233, 4), Linder (üpsala 1852), J. P. Binsfeld (oben 234, 1), G. M.
mas (Symbolae crit., München 1840; Zeitschr. f. Ostreich. Gjrmn. V. 8.
—279), H. Schütze (Quaest. I. Spandau 1861. 4.).
8. Ueber Ovid und seine Schriften s. Leutech in Ersch und Grub
Encycl. DI, 8. S. 54—95. W. Teuffei in Pauly's Real-Enc. V. S. 1028-10
M. Haupt vor seiner Ausgabe der Metamorphosen S. Ul — XII. W. A
Hertzberg in den ausgewählten Gedichten der römischen Elegiker (St
gart, Metzler, 1855) S. 227 — 248. Cavallin, ad hbros Ovidii prolegom
Lund 1859.
236. Unter den Freunden des Ovid die sich selbst au
mit Dichtungen versuchten sind die ältesten der auch mit
pertius befreundete Epiker Ponticus, der üebersetzer Tuticanir:::^^^'
sodann der jüngere Macer ^ der den troischen Mythenkre^^*
episch behandelte, und Sabinus, der Verfasser von Antwoi
briefen auf die des Ovidius und von einem Werke ähnlich d«
Fasti des Letzteren; weiterhin Cornelius Severus, ein Epiker df
seinen StoflF aus der nächsten Vergangenheit wählte (belli
siciilum); Pedo Albinovanus, Verfasser sowohl einer Theseis
eines Epos auf die Seefahrt des Germanicus, sowie von Epij
;-.'-*^v* ', •
236. Dichter: PonticuB, Macer, Sabinus u. A. 463
men; u. A. Ausserhalb dieses Kreises wurde das mythische
Epos angebaut durch Camerinus, Largus, Lupus u. A., während
ßabirius und Sextilius Ena aus Corduba ihre Stoffe dem letz-
ten Bürgerkriege entnahmen. Die meisten Epiker aber wandten
sich dem alexandrinischen Geleise zu, und neben Homer wurden
auch die Kykliker ausgebeutet.
1. Trist. IV, 10, 47: Ponticus heroo, Bassus quoque clarus iambo,
dulcia convictus membra fuere mei. Auf Ersteren ißt angespielt ex Pont.
IV, 16, 21 f.: velivolique maris vates, cui credere possis carmina caeruleos
composuiBse deos. Dass er eine Thebais verfasste erhellt aas Prop. I, 7,
1' — 3: dum tibi Cadmeae dicuntur, Pontice, lliebae armaque fratemae tri-
Bti^ militiae, atque, ita sim felix, primo contendis Homero etc. vgl. ib. 9,
9 tF.: quid tibi nunc misero prodest grave dicere Carmen aut Amphioniae
nioenia flere lyrae? Er wird sich also wohl an Antimachos angelehnt
haben. Zur Zeit von Pont. IV, 16 scheint er noch gelebt zu haben.
2. Tuticanus wird als Jugendfreund und Altersgenosse des Oyid be-
zeichnet ex Pont. lY, 12, 20 ff. Ausser diesem Briefe ist auch 14 an ihn
gerichtet, beide mit der Bemerkung dass der (trochäische) Name sich dem
dj^lctylischen Masse nicht fügen wolle. Daher wird auch sein Name ver-
loieden ib. 16, 27: et qui maeoniam Phaeacida vertit (Uebersetzer der
Od^rseee). Dass aber er gemeint ist erhellt aus ib. 12, 27 f.: dignam maeo-
lüia Phaeacida condere chartis cum te Pierides perdocuere tuae. Dass er es
^^"fc der Form streng nahm zeigt ib. 26 f.
3. Macer (zu unterscheiden von dem älteren Didaktiker, oben 209,
^ — 8), Oyids Reisegefährte in Asien und Sicilien (Pont. II, 10, 21—28. 31
~~**2). Iliacus nennt ihn dieser, Pont. IV, 16, 6; und er behandelte sowohl
^en der Ilias vorausliegenden Stoff, also Antehomerica (Am. II, 18, 1 f.:
Carmen ad iratum dum tu perducis Achillen primaque iuratis induis arma
^^^t nos. Macer, . . cessamus), als das ihr Nachfolgende, also Posthomerica
(^ont. II, 10, 13 f. : tu canis aeterno quidquid restabat Homero, ne careant
f^^iJama troica bella manu), ohne Zweifel nach den Kyklikern. Vielleicht
^ er der Macer bei Quintil. VI, 3, 96 (s. oben 209, 6). Viele Wahruchein-
!\^^eit hat die Annahme (von J. B. Pius, Walther, Wölffel u. A.) dass er
^utisch sei mit dem (Enkel des Pompejaners Theophanes aus Mytilene)
^^^ pejus Macer welchem Augustus ordinandas bybliothecas delegaverat
L ^^. Caes. 66 extr.) und dessen Sohn wohl der Prätor des J. 768 d. St.
^*^peiu8 Macer (Tac. A. I, 72, vgl. VI, 18 praetorius) war, welcher sich,
_^^ieich mit seinem Vater (illustris eques rom., Tac. A. VI, 18),. J. 786
^T7 ^ n. Chr. den Tod gab, als seine Schwester Pompeia Macrina maie-
^ti^ angeklagt und der Verurteilung nahe war (Tac. A. VI, 18).
4. Ovid. Amor. II, 18, 27; mens Sabinus. Pont. IV, 16, 13 — 16:
^tii Penelopae rescribere iussit Ulixen (vgl. Amor. II, 18, 27—34) . . qui-
J^^^ tuam Troezena (? Merkel ed. Fast. p. CCLIV: heroon, sehr unwahr-
j. T^^inlich neben rescribere iussit etc.; Röper: Chrysen) imperfectumque
^^^^tmm deseruit celeri morte Sabinus opus. Das Epos mit verdorbenem Titel
' also vollendet. Der Zeit nach könnte er der bei Hör. Ep. I, 5, 27
^
464 Augusteische Zeit, 711—767 d. St.
genannte Sabinus sein. Sein Gentilname ist nicht bekannt. Vgl Tmoch
oben 232, 4.
5. Quintil. X, 1, 89: Cornelius Severus, etiamsi versificator q^nam
poeta melior, si tarnen ad exemplar primi libri bellum Siculum (mit Sex.
Pompejus, J. 716 ö.) perscripsisset, vindicaret sibi iure secundum looun
(unter den röm. Epikern). Aus diesem wohl das Citat bei Sen. suas. 2, 12
(p. 14, 13 r Bu.), der anovSattmv bei Schol. Pers. I, 95, die Anfahmng-en
bei Charis. p. 80, 7 f. 81, 16 f. 86, 7 ff. 100, 24 f. 107, 29 f. Diomed. p. 378,
2 f. K., sowie die Beschreibung des Aetna von welcher Sen. Ep. 79, 5 spriclii
Unsicher sind die Citate bei Charis. p. 287, 4 (ohne Nennimg des Naraez»)
und p. 105, 19, wo die Lücke aus dem gramm. de gener. nom. p. 94 H. ergfänzt
und dann fortgefahren wird: cuius (des Com. Sev.?) moveremur, inqiiit
Plinius, auctoritate, si quidquam eo carmine puerilius dixisset. Zweifel-
haft ist auch Diomed. p. 375, 22 K. , wo nach Severus das durch PrisciaD.
X, 67 (p. 546 f. Htz.) erhaltene (corrupte?) Citat (in VIII de statu suo: sA
quem etc.) ausgefallen zu sein scheint, dessen bis jetzt vorgeschlag^^^^
Besserungen nur zu wenig von der metrischen Eleganz der sonstigen Uel>^f'
reste des Com. Sev. zeigen. Ebenso werden die 25 beredten und wol^^*
gebauten Hexameter über den Tod des Cicero bei Sen. suas. 6, 26 (p. 5*^'
,Bu., mit der Einleitung: nemo ex tot disertissimis viris melius Cicer(^^^^^
mortem deflevit quam Severus Cornelius), wofern sie nicht einen Exc«^^
bildeten, aus einem anderen Epos sein. Doch spricht Ovid. Pont. IV, 1* -»
nur von ^inem Carmen regale welches Severus Latio dedit. An ihn ^'^
Pont. IV, 2 (v. 1:0 vates magnonmi maxime regum; 11 f.: fertile pec^^^*
habes interque Uelicona colentes uberius nulli provenit ista seges, näml^ ^^
carmina), und wohl auch I, 8 (v. 2: pars animae magna, Severe, mec^*^'
25: 0 iucunde sodalis), trotzdem dass IV, 2 Ovid sich entschuldigt e^-
adhuc nomen nostros tacuisse libellos (v. 3). Im Allgemeinen Wemsd^^^'^
poetae latt. min. IV. p. 25—27 und die Ueberreste ib. p. 217-2^^*-
.1. Becker, Ztschr. f. d. Alt. Wiss. 1848, Nr. 74 f. S. 687 ff.
6. Pedo Albinovanus (Sen. Ep. 122, 15; Alb. Pedo bei Sen. contr^:=-^
p. 138, 7 = 351, 19 Bu.), doctus bei Martial. II, 77, 6 (oben 227, 2), sider^^^
bei Ovid. Pont. IV, 16, 6; carissime ib. IV, 10, 3. Der Philosoph Seneca kant::^^
ihn noch persönlich und nennt ihn fabulator (mündlich) elegantissimus (1
122, 15 f.). Witzwort von ihm bei Quintil. VI, 3, 61 vgl. Sen. controv.
10, 12 (p. 138 Bu.). Als Epiker überhaupt beurteilt von Quintil. X, 1,
Kabirius ac Pedo non indigni cognitione, si vacet. lieber seine These
Ovid. Pont. IV, 10, 71. 75 f. Sen. suas. 1, 14 f. (p. 7 f. Bu.): latini decl
matores in descriptionem Oceaui non nimis viguernnt. . . nemo illoi
potuit tanto spiritu dicere quanto Pedo, qui navigante Germanico (v{
Tac. A. II, 23 f.) dicit: iam pridem etc. folgen 24 Hexameter von wol
tönendem Bau, ihrem Inhalt nach aber phraseologisch (commentiert
Wernsdorf poetae lat. min. IV, p. 229 — 235, vgl. M. Haupt im Hermes
p. 209 f.). Als Epigrammatiker Nachfolger des Domitius Marsus; s. o1
227, 2. Die Zutheilung verschiedener ddianora aus verschiedener Zeit (Ej
cedion Drusi, de obitu Maecenatis, de Maecenate moribundo u. s. w., s. o1
215, 5, A. 6 E. 235, 4) an Pedo beruht auf bioser Mutmassung.
7. Carus (Gentilname unbekannt), Erzieher der Söhne des Germanici
236. Dichter: Cornelius Severus, Pedo, Babirius u. a. 465
out. IV, 13, 47 f.), non dubios inter sodales, vere carus (ib. 1 f. vgl. Trist.
If 5, 17 f.). Gemeinsame (dichterische) Bestrebungen, Pont. lY, 13, 43.
Qspielung auf sein Epos über Hercules ib. 11 f. und 16, 7 f.: et qui lu-
>iiein laesisset in Hercule (durch Besingung desselben) Carus, lunonis si
>n iam gener ille foret (also war wohl Carus mit einer nahen Ver-
andten der Livia vermählt).
8. Au&ählung von Epikern mit mythologischem Stofife bei Ovid ex
>iit. rV, 16, 17 — 19: ingeniique sui dictus cognomine Largus, gallica
li phrygium duxit in arra senem. quique canit domitam Cameriniis
» Hercule Troiam. ib. 26 f.: Trinacriusque suae Perseidos auctor, et au-
or Tantalidae reducis Tyndaridosque Lupus. Largus, der hienach die
ythische Ansiedlung des Antenor im cisalpinischen Gallien behandelte,
Lrd für den treulosen Freund und Ankläger des Cornelius Gallus, Valerius
krgas (Dio LIII, 23 f.), gehalten. Camerinus, welcher die angebliche Er-
>en]ng Troja's durch Herakles zum Gegenstande wählte, könnte der Q. Sul-
doB Camerinus sein welcher J. 762 Consul war. Den Lupus (welcher ein
poB über die Bückkehr des Menelaos und der Helena verfasste) identificiert
aji mit dem Bhetor Butilius Lupus (unten 254), wobei zweifelhaft bleibt
> der Siculer welcher eine Perseis schrieb dieselbe Person ist oder eine
Ldere. Vgl. Merkel's Ausg. der Tristia etc. p. 376 f. Letzterer hält auch
'- 373) den Tuscus, welcher Pont. IV, 16, 20 (quique sua nomen Phyl-
ie Tuscus habet) zwischen lauter Epikern genannt wird, für den Gram-
^tiker Clodius Tuscus (unten 247, 6).
9. Yellej. Pat. H, 36, 3: inter quae (ingenia) mazime nostri aevi emi-
^nt princeps carminum Yergilius Babiriusque (wogegen Horaz in der
txizählung fehlt!). Verständiger Quintil. X, 1, 90 (oben Anm. 6). Qyid
^>ii IV, 16, 5: maguique Babirius ons. Ein Hexameter von Babirius bei
^aris. I, p. 65, 9 f. E. Anderes beim Anonymus de generibus nominum
^iessen 1860. 4.) Nr. 107. 110. 315 = p. 78, 11 f. 17 f. 99, 8 f. an Haupt's
^^eut., und Bhein. Mus. lU. S. 307 f. Ueber den Gegenstand seines Epos
Seil, de benef. VI, 3, 1: egregie mihi yidetur M. Antonius apud Babi-
^^ poetam . . exclamare: hoc habeo quodcumque dedi. Nach diesem
'^ffe hält man ihn ziemlich allgemein für den Verfasser des aus Bollen
*^ Herculaneum gewonnenen Bruchstückes worin die Schlacht bei Actium
^ der Tod der Kieopatra beschrieben wird ; s. Volumina Hercul. (Neapel
^. foL) IL p. 7 ff. und sonst (z. B. im Horaz von Pea p. XXI— XXIII).
^h. Kreyssig, carminis latini de hello actiaco sive alexandrino fragmenta,
^H« 1814. 4., und hinter seiner conmi. de Sali. bist, fragm. (Meissen 1835)
1X7 ff. Vgl. A. Weichert, de L. Vario etc. p. 157—159. 163 f. Wirklich
^en jene Ueberreste eine Vorliebe für diejenige Cäsur die auch das Citat
^ 8en. 1. 1. hat. Die Erwähnung der Atropos deutet auf eine Behandlung
^ Stoffes wie in der Aeneis (vgl. oben 214, A. 5). Ueber das erdichtete
"^t Babirius in satyra bei Fulgent. de abstr. serm. s. v. abstemius s. M.
^Upt, Bhein. Mus. HL S. 308 f.
10. Sen. suas. 6, 27 (p. 38, 8 ff . Bu.): Sextilius Ena fuit homo inge-
^^U8 magis quam eruditus, ioaequalis poeta et plane quibusdam locis
^ quales esse Cicero (p. Arch. 10, 26) Cordubenses poetas ait, pingue
^ddam sonantes atque peregrinum. is hanc ipsam proscriptionem (des
Teuf fei, Rom. Literaturg'eschichte. 3Q
466 Augusteische Zeit, 711—767 d. St.
Cicero) recitaturus in domo Messalae Corvini . . in prindpio hunc vei
. . recitavit: deflendns Cicero est etc. Dass er selbst aus Corduba v
erhellt hieraus und aus dem ib. vorangehenden municipem nostrum.
11. Ovid. ex Pont. IV, 16, 10: et cum subtili Priscus uterque Nu::
Nach dem Zusammenhange der Stelle scheinen beide Priscus und Ni
gleichfalls Epiker gewesen zu sein. Indessen sind sie völlig unbekann^^
12. Ebenso dunkel ist die Beziehung von Ovid. ex Pont. IV, 16, 2-3
quique acies libycas romanaque proelia dixit, et Marius, scripti dext^sr
omne genus. Der Erstere scheint sonach ein bellum punicum verfasse
haben. Ganz corrupt ist ib. 33 : Tityrus antiquas et erat qui pasceret l:^
bas, und H. WölffePs Vermutungen dazu (S. 2233 d. Uebers.) sind so wej
glaublich als Kom's Vorschlag.
13. Ovid. Pont. IV, 16, 11 f.: quique vel imparibus numeris, MEo
tane, vel aequis sufficis et gemino carmine nomen habes. Dieser in <:
Elegie ¥rie im Epos gleich berühmte Montanus ist wohl lulius Montazi
bei Sen. Controv. VII, 16, 27 (p. 195 Bu.) : Montanus lulius, qui comis dFi
quique egregius poeta; vgl. des Sohnes Seneca (Epist. 122, 11) Urteil: 'i
lerabilis poeta et amicitia Tiberii notus et frigore (W. Teuffei zu S^
Sat. n. S. 28). ortus et occasus libentissime inserebat (vgl Apocoloc. '
Darauf (11 — 13) Proben seiner Verse. Donat vita Vergil. 29 (44): Sen^'
tradidit lulium Montaniun poetam solitum dicere etc.
14. Idyllen scheint in dieser Zeit Fontanus verfasst zu haben, s. o\^^
25, 2.
15. Nicht bekannt ist die Dichtgattung in welcher der jüngere So^
des Redners Messala, Cotta, sich versuchte. Vgl. Ovid. ex Pont. IV, 16, -
(Pieridum lumen) und III, 5, 39 (recitas factum modo Carmen amicis). Ao^
B. unten 251, 6.
237. Didaktiker hat die augusteische Zeit an Gratis
Faliscus, dessen Lehrgedicht über die Jagd (Cynegetica)
grössteniheils erhalten ist; besonders aber an ManiliuS;
Verfasser der fünf Bücher Astronomica. Durch Originj
Energie gegenüber von einem spröden Stoffe^ Ernst; Gedai
gehalt; wie durch Ungleichheit und Schwerfälligkeit der
Stellung am meisten an Lucretius erinnernd unterscheidet!
Manilius von diesem durch das Abergläubische in der
führung seines Gegenstandes neben aller Vielseitigkeit
Bildung und Unabhängigkeit seiner Denkweise ^ zugleicl
auch durch vollendete Kunst in allem Technischen. Di
das Carmen de figuris gehört erst einer viel späteren Zeil
1. Ovid. ex Pont. IV, 16, 34: (cum) aptaque venanti Gratij
daret, mit Beziehung auf Grat, cyneg. 23: carmine et arma dab<
et persequar artes armorum. Sonst wird er nirgends erwähnt,^
536 Hexameter aus denen jetzt sein Lehrgedicht besteht sind
eine (stellenweis h'lckenhafbe) Wiener Handschrift saec. IX (=
237. Dichter: Gratius Faliscus und Manilius. 467
rii) zasammen mit Ovids Halieut., Nemesianus und ButiliuB Nam. uns
halten, woneben der Thuaneus (saec. X, in Paris) bis zu v. 159 reicht.
1 Yindob. folgen auf 536 noch 5 Verstrümmer, mit denen aber das Ge-
cht gleichfalls noch nicht zu Ende war. Die Darstellung in dem Ge-
chte ist fachmässig trocken und schwerHlllig und erhebt sich nur selten,
ie V. 312 ff. in der rhetorischen Ausführung über die Nachtheile der
Lzuria. Die Episoden 427 ff. 479 ff. enthalten besonders viele Anklänge an
ergil. y. 348 (Fatum . . nigris circumvolat alis) erinnert an Hör. S. II,
. 58. Ed. princeps (mit Halieut., Nemes. u. Calpumius) cura Ge. Logi,
en. 1534. Dann in den Auetores rei venaticae ed. I. ülitius (Lugd. B.
B45. 1655) und S. Havercamp (Lugd. Bat. 1728. 4.); in Vol. I der poetae
^tini minores von P. Burmann (Lugd. B. 1731. 4.) und von Wemsdorf
ytenburg 1780), sowie in Webers corpus poetar. lat. p. 595 — 600. Cum
omm. varior. ed. B. Stern, Halle 1832 (mit Nemesianus). Ex rec. M.
(auptii, Lips. 1838 (mit Halieut., Nemes. u. A.).
2. Ueberschrift im Yöbs. II: M. Mallii equom (eq. rom.?) astronomi-
OQ divo oct. quirino aug.; im Lips., Cusanus, Voss. I u. a.: Arati philo-
ophi astr., so jedoch dass dafür im Voss. I a m. sec. M. Manilii gesetzt
^. Die Person des Manilius ist völlig unbekannt. Dass er kein gebo-
-Der Römer war macht die fremdartige Färbung seiner Sprache wahr-
-heinlich, die erst in den späteren Büchern, mit zunehmender Uebung,
slenker und flüssiger wird. Auch ist sein geographischer Horizont ein
gewöhnlich weiter; vgl. z. B. IV, 715 ff". 749 ff. Kenntniss der griechi-
=^eu Literatur bes. II, 1 ff. III, 5 fi*. V, 461 ff. Zusammenhang mit Manir
^ Antiochus (oben 198, 2) zweifelhaft.
3. Zeitandeutungen. Buch I muss nach der teutoburger Schlacht
• 762), aber noch vor dem Tode Augustes (J. 767), verfasst sein; s. I,
^ ff'.: ut foedere rupto cum fera ductorem rapuit Germania Varum infe-
'^Qe trium legionum sanguine campos. 922 ff. : sed satis hoc (Philippi,
-«Um, Sex. Pompeius) fatis fuerit. iam bella quiescant. (925 f.) sit pater
^ctas patriae, sit Boma sub illo, cumque deum caelo dederit non quaerat
^«"be. Auch noch der Schluss von B. IV setzt August als lebend voraus;
» 935 : maius et Augusto crescet sub principe caelum. Tiberius war aber
f^its als Nachfolger anerkannt; IV, 764: est Rhodos, hospitium recturi
^cipis orbem. Das fünfte Buch, das nach einer Unterbrechung hinzu-
^^ scheint (V, 1 ff : hie alius finisset iter, signisque relatis . . non ultra
^Xißset opus etc. me properare viam mundus iubet) und ohne Schluss
» ^rd in den ersten Regierungsjahren des Tiberius verfasst sein, falls
^ 13 f. (hinc Pompeia manent veteris monumenta triumphi, non exstincta
^ aemperque recentia flammis) auf das im J. 775 (22 n. Chr.) abge-
^^nte Theater des Pompejus (Tac. A. III, 72 vgl. Suet. Tib. 47) zu be-
*^^n ist. Fr. Jacob p. XVI. Vielleicht dass die Gefährlichkeit der Astro-
^^ unter Tiberius von der Vollendung des Werkes abschreckte. Die
'^Xarchie rechtfertigt Manilius, wie alle Augusteer, mit der Alternative:
^^vian oder — Kleopatra (I, 914 — 918). Correcte Apotheosierung des
%tt8t, 8. I, 7 ff.: tu, Caesar, patriae princepsque paterque, qui regis au-
^tjs parentem legibus orbem concessumque patri muudum deus ipse
-^eris. I, 384 ff.: cetera (sidera) non cedunt; uno vincuntur in astro
30*
m
468 Augusteisclie Zeit, 711—767 d. St.
Augusto, sidus nostro quod contigit orbi; Caesar nunc terris, poBt
maximus anctor.
4. Die Astronomie fasst Manilias in dem Sinne des Alterthums,
gleich die Astrologie mitenthaltend, die bei ihm sogar sehr überwiegt,
in jener seine Kenntnisse nicht tief giengeu ist schon darum glanbLiS. .^i^},
Wunderliche Eintheilung der signa II, 150 if. Schwierigkeit den Sto
Verse zu bringen: I, 20 ff. III, 26 ff. Entschuldigung der Anwendung fx^-^^^sn-
der technischer Ausdrücke: III, 40 ff. Lebhaftes Selbstgefühl als er-^^^rCer
poetischer Bearbeiter dieses Stoffes innerhalb der römischen Liter^.^Crc^;
I, 4 ff. 113 f. II, 67 ff. 136 ff*. III, 1 ff. V, 1 ff. Hervorkehrung der D£«^po-
sition: I, 120 ff. II, 750 ff. IV, 119 ff. Verzicht auf schöne Form: ne dxil<aa
carmina quaeras. omari res ipsa negat, contenta doceri (III, 38 f.). 1Z> ocfa
sorgen Excurse (namentlich die Einleitungen, auch I, 884 ff. und besond^n
im fünften Buche die mancherlei Beschreibungen) auch für Schmuck, rn^sd
namentlich wo der Dichter auf den Werth des Menschen und seiner "^«r-
nunft (11, 106 ff. IV, 883 ff.) oder die menschliche üngenügsamkeit (IV, 1 :ff.)
zu sprechen kommt wird er beredt, warm und schön. Fatalismus IV^ 14 :£;
über dessen Verhältniss zur Willensfreiheit und Zurechnungsföhigkeit ^^
Menschen IV, 108 ff. (z. B. 117: non refert scelus unde cadit: scelus ^^sae
fatendumst). Herrschaft der ratio in der Welt: I, 483 ff. (gegen die A^^^'
misten). U, 60 ff*, vgl. IV, 920 ff. (932: ratio omnia vincit). Uebermasa r^-^^
torischer Ausmalung in der Erzählung von Andromeda und Persens ^>
640—619.
6. lieber die Sprache des ManiUus s. Fr. Jacob p. XVIU: lingt
legibus eum saepe yim afferre videmus , . . tanta praeterea est oratio:
inaequalitas ut modo libero yolatu sese efferat, modo licenter verbis abi
det ac non quid velit dicere, sed quo abripiatur trahi videatur, modo
dissima rerum ieiunitate per inanes artis numeros evagatus nos defati^^'^^
modo constipatis fabularum aenigmatis yix ex miro verborum involac^^^
enucleandis nos ezerceat. Lange Parenthesen und verwickelte Periode^^'^^
Archaismen (wie itiner, ollis, Nepai, clepere, apisci); Gräcismen (bes. ^^"*
Gebrauche der Casus imd des Infinitiv) ; Alliteration, kühne Metaphern u^^^'^
Figuren (bes. Antithesen) häufig; s. Jacob^s index p. 199—225. Die MeL^^"*
und Prosodie ist überaus correct und streng; vgl. L. Müller im Philologus !^ ^ *
S. 481. 492 und metr. lat. z. B. p. 329. 333. Anklänge an Ovid (z. B. IE, ^)'
im Ganzen aber Anschluss an Lucretius.
6. Die Handschriften gehen alle auf einen (bereits schadhaft^^^^
archetypus zurück. Die meisten sind aus saec. XV, etwas älter nur G^'
blacensis (saec. XI), Cusanus und Lipsiensis. Der Voss. U stammt
einer noch etwas vollständigeren Abschrift des archetypus; neben
bildet der Gembl. die einzige Grundlage der Kritik. Die andern haL:^^^
alle mehr oder weniger grobe mittelalterliche Interpolationen, wovon
stärkste Beispiel IV, 776 ist Vgl Jacob's praefatio p. V— XV. C. T. Brr*
ter, de emendatione Manilü, Hamm 1864. 24 pp. 4.
7. Ed. princeps zu Nürnberg um 1472. 4.; s. C. G. Schwarz, depi
Manilü astr. editione, Altorf 1764. 4. Hauptausgaben von Jos. RaoI^
(Paris 1579. Heidelberg 1590. Leiden 1600. 4.), R. Bentiey (London 1739. ^^^'^
und Fr, Jacob (rec, Berlin 1846).
237. Dichter: Manilius. Cannen de figuris. 469
Programme Ton Fr. Jacob, Posen 1830. 4. (epec. ed.) Lübeck 1832. 4.
(de Manilio poeta). 1833. 1835 f. (de yersibus a Benüeio abiudicatis).
Buch I mit deutscher Uebersetzung von J. Merkel (des Maniliüs Hirn-
melakngel u. s. w.), Aschaffenborg 1844. 1867. 4.
8. Das Carmen de figuris wurde in einer Pariser Handschrift
(Nr. 7530) von Quicherat aufgefunden und veröffentlicht (Bibl. de Täcole
des chartes I. p. 51 ff.)» dann von Schneidewin (Qötti. 1841), am vollstän-
digsten und besten in Halm*s rhetores latini minores p. 63—70, unter Be-
nützung der Beiträge zur Kritik von H. L. Ahrens (Ztschr. f. d. Alt. Wiss.
1S4:3, S. 162 ff.), Bergk und Mommsen (ebds. 1845, S. 81 ff.), H. Sauppe
(Epißt. crit. ad G. Hermann, p. 152 ff.) , F. fütschl (Rhein. Mus. XVIII.
8. 138—141. 320) u. A. Es besteht aus 185—186 Hexametern und behan-
delt die figurae lezeos in der Weise dass jeder Figur drei Verse gewidmet
sind, von welchen in der Regel einer auf die Definition, zwei auf die Bei-
spiele fallen. Nach einem Vorwort von drei Versen (collibitum est nobis
in lexi Schemata quae sunt trino ad te, Messi, perscribere singula versu
eii prosa et versu pariter planare virorum) folgen zuerst die drei Grund-
begriffe xopkfia, xcoXoy, negMog^ die auch Aquila aus Alexander Numenius
bat; dann die einzelnen Figuren in der alphabetischen Reihenfolge der
Snechischen Kunstausdrücke, in der Art dass sie für jeden Buchsta.ben
zuerst aus RutOius Lupus, und in dessen Ordnung, entnommen, dann aus
andern Quellen (besonders Alexander Numenius) einige nachgetragen wer-
<ien (Dzialas, quaest Rutil, p. 21 ff. vgl. F. Haase S. 389— 391). Von v. 151
*** folgt ein weiterer Nachtrag von (minder vdchtigen) Figuren die im
Vorhergehenden übergangen waren. Die Beispiele sind meist treffend und
^eils selbstgebildet theils aus griechischen und] römischen Schriftstellern,
Prosaikern wie Dichtem, geschöpft, mit demjenigen Umgestaltungen welche
Alling und hexametrische Form mit sich brachte. So aus Sallust (Catil.
^. 4) V. 8f., aus Ennius (Trag. 47 V.) v. 51 (auch bei Rutilius Lupus),
*^ Vergil (Aen. I, 664 f.) v. 78, aus Horaz (S. I, 5, 23) im Nachtrag v. 179.
^Qr archaistische Charakter ist stark ausgeprägt und erstreckt sich nicht
'^^ auf prosodisches Ignorieren von auslautendem s und Formen wie
*^em, indupetravi, prosiet, süäsi sondern auch auf Wortzerth eilungen wie
^' lO) peri-quam dicunt -odos; namentlich mit Lucretius findet vielfache
^t'ülirung statt (differitas, bucera saecla u. dgl.]. Diese Archaismen sind
t^ ^^hlreich und auffallend dass man sie gesucht nennen muss. Während
r^*^er die ersten Herausgeber das Gedicht der augusteischen Zeit zutheil-
*^ bat es W. Christ (Rheiu. Mus. XX. S. 67 f.) in die nach den Autoninen
I ^*^ckt. Noch tiefer herab führt aber die durchgängige Kürzung des aus-
'^^nden o, sowie v. 167 die missverständliche Benützung eines selbst
^**^Oii tändelnden späten Epigramms (Nr. 210 in Meyers AAhol. lat.). Das
^ ^^icht ist daher wohl die spielende Versification eines im Griechischen
^ ^^^odes 150 >= Irjfimdrjg) und in der alterthümlichen wie classischen Literatur
^^ Römer wohlbewanderten Schulmannes aus der Zeit des Julius Rufinia-
1^^» Ansonius und Paulinus aus Nola, wo auch die Apokope des auslau>
^^^en s wieder vorkommt. Fr. Haase, Haller Allg. Lit. Ztg. 1844, Nr. 217 f.
- ^86— 400. L. Müller metr. p. 345 und Rhein. Mus. XXIII. S. 683 f.
solcher mochte sich auch Wortbildungen wie parimembris {iaonmlos),
•^buela, fluffragiolum erlauben. Den Rutilius Lupus hatte der Verf.
470 Augusteische Zeit, 711—767 d. St.
gauz schon in der verstümmelten Gestalt vor sich in welcher wir ihn Idc-
sitzen, sogar mit der Lücke zwischen I, 5 und I, 6; s. Dzialas qo^a^^^
Rutil, p. 16—28.
2S8. Auch auf andern Gebieten der Poesie brachte ^'e
letzte Zeit des Augustus nur Mittelmässigkeiten hervor. So <3ie
erotischen Elegiker Proculus und wohl Alfius Flavus, den I^m-
biker Bassus, den Lyriker Rufus, die Tragiker Turranius viaid
Gracchus. Mimen verfasste der Grieche Philistion, wahrscbioxn-
lieh in griechischer Sprache.
1. Ovid. Pont. IV, 16, 32: (cum) Callimachi Proculus moUe ten^ret
iter. Üeber Tuscus s. oben 236, 8 a. E.
2. Ueber Alfius Flavus, den Verfasser erotisch tändelnder Gediclate,
8. unten 252, 9.
3. Ovid. ex Pont. IV, 16, 36; (cum) clauderet imparibus verba ^^^
pella modis. Vgl. ib. 11 (oben 236, 13). Vielleicht verfasste er also H^pi'
gramme.
4. Der mit Ovid befreundete lambograph Bassus (s. oben 236^ ^)
ist wohl der auch von Propertius I, 4, 1. 12 angeredete und vielleicht ^^*
gleich der Rhetor dieser Zeit, lulius Bassus, homo disertus, cui dempt>^^
volles quam eonsectabatur amaritudinem et simulationem actionis oratoi<^^
(Sen. Controv. X. praef. 12), und welcher consectari solebat res sordi<
et inveniebat qui illas unice suspiceret (ib. X, 30. p. 303, 23 ff. Bu.). A^
führliche Proben seiner Schulreden ib. I, 6, 2 — 6. 7, 8 f.
5. Ovid. Pont. IV, 16, 28: Pindaricae fidicen tu quoque. Rufe, lyr^^^*
Schwerlich ist er der ib. II, 11 angeredete und in Fundi begüterte Rut^'^'^^
da von diesem dichterische Thätigkeit nicht gerühmt wird; ebenso we^^^^**^^
Valgius Rufus (oben 226);^ eher Antonius Rufus, wenn bei diesem Glandor"'!!^'
Angabe, dass er teste Acrone vertit Homerum et Pindarum, nicht -^^ ^
mehr auf eigener Combination beruhen würde. Denn Acro su Hör. ^
p. 288 sagt nur: praetextas et togatas scripserunt Aelius Lamia, Anton^^^^
Rufus, 6n. Melissus etc. Ein Grammatiker Antonius Rufus bei Quintü^
5, 43 vgl. Vel. Long, de orthogr. p. 2237 P,
6. Ovid. Pont. rV, 16, 29: Musaque Turrani tragicis innixa cothi
Der falsche Apulejus (de orthograph.) will wissen dass er eine HeU
verfasst habe.
7. Ovid. Pont. IV, 16, 31: cum Varius (oben 209, 2) Gracchus
darent fera 6mA tyrannis. Schon die Zusammenstellung macht w
scheinlich dass auch Gracchus einen Thyestes schrieb; überdiess aber fü
Priscian. VI. p. 719 P. = 269, 8 f. Htz. aus Gracchus in Thyeste
rein gebauten Senar an. Ebenso gehalten ist der aus Gracchus in A
lanta (ib. p. 683 P. = 206 Htz.). Ein anapästischer Dimeter von Gra::^**^
in Peliadibus bei Non. p. 202, 20. Welcker, griech. Trag. S. 1431. Tr^*^'
lat. (ed. Rb.) p. 196. Er ist wohl der Sempronius Gracchus familia M^^'
büi, sollers ingenio et prave facundus welchen Tiberius im J. 767 we^^^
seines einsogen Verhältnisses zu Julia (Augusts Tochter) auf der ht^
238 f. Dichter: Bassus, Gracchus u. a. — Geachichtschreiber. 471
Cerciiia, wo er schon 14 Jahre als Verbannter lebte, tödten Hess (Tac. A.
I, 53 vgl. Vellej. II, 100, 6). Es wären so bei Ovid 1. L zwei Todte zu-
sammen genannt.
8. Hieronym. zu Eus. chron. ad a. Abr. 2023 (im cod. Petav. schon
zu 2022) = 50 Aug. == 761 d. St: Philistio mimographus natione Magnes
AaianQs (nach Suidas aus Nikäa oder Prusa) Bomae clarus habetur. Da
er aber weder von Ovid unter den Dichtem seiner Zeit genannt, noch
sonst jemals eine Stelle in lateinischer Sprache aus ihm angeführt wird,
wohl aber verschiedene Titel in griechischer {Miito^riquaxaC^ ^iXoyslms
u. 8. w. bei Suidas), so gehört er wahrscheinlich der griechischen Litera-
turgeschichte an. Er war es vielleicht welchem (als Dolmetscher und Ge-
hülfe) der Tarentiner Crassicius diente (circa scenam versatus est dum
Daimographos adiuvat, Suet. gramm. 18); wie er wohl auch der spöttische
Philistus (Augusto familiaris, orator et poesin mediocriter doctus) sein soll
von Welchem in einem vom codex Bemensis nicht gebotenen Theile von
Donats vita Vergilii (18, 77, in Reifferscheids Sueton. p. 67 f.) die Rede ist.
239. Unter den Prosaikern der augusteischen Zeit neh-
Q^en die Geschichtschreiber den ersten Rang ein. Die älte-
sten derselben; wie Sulpicius Galba und Octavius (Musa), schei-
^^n noch in der früheren Weise die ganze römische Geschichte
^^fasst zu haben. Eine grössere Anzahl aber wendet sich be-
'ühmten Persönlichkeiten der jüngsten Vergangenheit zu, meist
^ apologetischer Richtung. So Volumnius und Bibulus mit
^en Schriften über M. Brutus, Q. Dellius über M. Antonius,
^ ^^o über Cicero, und auch die Verfasser von Denkwürdigkeiten
iber ihre eigene Thätigkeit, wie Augustus, Agrippa und M, Mes-
^la, verfolgen dieselbe Bahn. Asinius Pollio beginnt in einem
^öaser angelegten Werke die ganze Zeit der Bürgerkriege zu
^tändeln, findet aber bald die Gegenwart für freimütige Dar-
^Hung des Geschehenen ungünstig. Dagegen unternimmt es
*^cius die römische Geschichte in dynastischem Sinne zu be-
't^^iten.
1. Sueton. Galb. 3: avus (des am 24 Dcbr. 751 geborenen Kaisers
^ba) clarior studiis quam dignitate (nou enim egressus praeturae gra-
'^^) multiplicem nee incuriosam historiam edidit. Plut. RomuL 17: <og
^ßag €pfjai Fdlßav ZovlnUiov tarogeiv. Oros. V, 2.3: fuisse tunc (J. 678
• Si) Pompeio XXX milia peditum . . Galba scribit, Sertorium autem
~^X m.'ped. . . habuisse commemorat.
2. Ps. Vergil. Catal. 14, 1: quis deus, Octavi, te nobis abstulit?
^ £: scripta quidem tua nos multum mirabimur et te raptum et romanam
flebimns historiam. Er ist wohl auch der bei Uor. S. I, 10, 82 genannte
Octavius und der Musa von Vergil. Cat. 13 (vgl. 10), somit der Octavius
Mosa bei Serv. Verg. EcL 9, 7 und Schol. Bern. Ecl. 8, 6. Zweifelhaft
472 Augusteische Zeit, 711—767 d. St.
aber ist ob auch der Octayius venerandus puer der im Culex anger-^^det
wird (oben 216, 1). Ribbeck, Appendix Verg. p. 8—10.
3. üeber das Geschichtswerk des Q. Tubero s. oben 195, 1.
4. Plut. Brut. 48: IlonUog BoJLoviiviog, dvrjg g>il60oq>os xal «'^«^9^;-
axQatsvfiivos an ocQX^g Bgovrip, . . Xiyst, ib. 61: dvo at£%ovgy w -^^
^TSQOv Boloviiviog aviygailjs u. s. w. Auch die Erzählung des Appcuui
(b. 0. IV, 112—135) scheint theilweise auf diese Quelle (und Messala, s. otp^^
208, 7) zurückzugehen, s. H. Peter, die Quellen Plutarchs S. 137—139.
5. L. Calpumius Bibulus, der einzige Sohn welchen Porda aus ä^^""^
ersten Ehe in die mit M. Brutus brachte, nachdem die beiden älteren J. T" ,
getödtet worden waren. Er war mit seinem Stiefvater bei Philippi, wur^^^.
von M. Antonius gefangen , trat in desselben Dienste und starb als se^ ^^ •
Legat in Syrien ums J. 723 (W. Drumann G. E. II. S. 105 f. Nr. 41); %^^ '^
Tt ßißX^diov fiiTiQOv dnoiivrjfiovsvfjLdTODV Bqovxov, ysygaiifiivov vn* aito^^
öiaa<6if.tai, Plut. Brut. 13. vgl. ib. 23: tavTa 6 rijg TLogyLlag vtog iaxogiiim^
BvßXog. H. Peter a. a. 0. S. 139 f.
6. Strab. XI, 13, 3. p. 523 C: äg (prjaiv 6 JelXiog 6 xov 'AvtatvCo'
(piXog^ avyyqdipag trjv inl IlaQd'vaCovg avtov orgatsiavj iv ^ nagTJv %i
avrog rjysfiov^av ^xtDV, Plut. Anton. 69: noXXovg xal twv aXXmv tplXi
Ol KXsondtQag xoXaxcg i^sßaXov, . . mv aal Magnog rjv SiXavog %al diX^
Xiog 6 tatogiiLog. ovxog de . . (prialv u. s. w.
7. Tiro über Cicero s. oben 178, 2; Munatius Rufiis über den jünger
ren Cato oben 202, 2.
8. Autobiographien (Memoiren) von August (s. oben 207, 3 f.), Agripp«:^KPa
(oben 207, 7), M. Messala (oben 208, 7).
9. Ueber des Asinius Pollio Geschichte der Bürgerkriege s. obg:^^ en
208, 2, b. Ueber das Geschichtswerk des Bhetors Seneca s. unten 253, :- ^*
10. üeber Cincius s, oben 106, 4. Für dessen dynastische RichtuBcr^^Ä
führt Pluess (de Cinciis p. 38 ff. und im N. Schweiz. Mus. VI. 1866. S. 45 f^^^-)
an dass er die Gründung Roms ins J. 729 v. Chr. setzte, somit 729 e^
neues Jahrhundert beginnen liess, auch in dem Aufbringen eines nea(
Stammbaums der lulii und möglichster Identificierung der Latiner ui
Römer mit Vergil übereinstimme.
240. Der bedeutendste Prosaist der augusteischen Zeit
T. Li vi US, aus Patavium (J. 695—770 d. St.), rhetorisch g
bildet und den grössten Theil seines Lebens zu Rom verbringen
fern von politischer Thätigkeit, aber dem Augustus befreunde
Er verfasste Schriften (populär-) philosophischen Lihalts mit di
logischer Einkleidung, eine andere in Form eines Briefes
seinen Sohn über die Bildung zum Redner, insbesondere abe:
eine umfassende Bearbeitung der gesammten romischen Ge
schichte von Gründung der Stadt bis zxmi Tode des Drus
(J. 745 d. St.) in 142 Büchern, wovon jedoch nur 35 auf
239 f. Geschieh tschreiber: T. Livius (Leben und Sehriften). 473
gekommen sind^ namUch die -erste Dekade und Buch XXI bis
XXi\. Einen ganz ungenügenden Ersatz fOr den Verlust des
Uebrigen bilden die Inhaltsangaben (periochae) welche von 140
Büchern erhalten sind.
1. Literatur über Liyius überhaupt. L. Preller in Pauly's Beal-Enc.
rV- S. 1120—1128. C. J. Grysar's praef. vor äieiner Ausg. der part. sei. Liv. I
(^^ien 1864 u. 1857). W. Weissenbom's Einleitung vor seiner Ausg. mit
deutschen Anm., und Prolegg. (CXXXV pp.) vor seiner zweiten Teubner'schen
Tex-tausgabe (1860). M. Hertz (Prolusio, XLVpp.) vor seiner Textausg.
(1&Ö7). L. E. Köhler, de T. L. vita ac moribus, Berlin 1861. 31 pp. 8.
M. IVeingärtner, de T. L. vita part. L Berlin 1862. 65 pp. 8.
2. Hieronjm. zu Eus. chron. a. Abr. 1968 =» 695 d. St. : Messala Cor-
vix&ns orator nascitur et T. Livius Patavinus scriptor historicus; und zu
Al>r. 2033 = 770 d. St.: Livius historiographus Patavi moritur. Der ar-
menische Eusebius gibt 697 als Geburtsjahr an. Geburt in Padua bestä-
ti^i; theils durch die patavinitas (unten 241 , 14) , theils durch Martial. I,
61, 3 (censetur Apona Livio suo tellus) und Stat. Silv. IV, 7, 65 f. (Timavi
alrunnum), sowie Plut. Caes. 47 {iv Uataßito rd'iog Kogv-qXiogf . . Aißiov
TO'i^ cvyyQaq>iiog nolCxr^g xal yvco^tfiOff).
3. Liv. lY, 20, 7: hoc ego cum Augustum Caesarem . . se ipsum . .
legisse audissem. Tac. A. IV, 34: T. Livius . . Gn. Pompeium tantis lau-
dil>iiB tulit ut Pompeianum eum Aiigustus appellaret; neque id amicitiae
eonun offecit. Sdpioneni, Afranium, hunc ipsum Cassium, hunc Brutum
nosqiiam latrones et parriddas, quae nunc vocabula imponuntur, saepe ut
^*^«igne8 vires nominat. Vgl. Sen. nat. quaest. V, 18, 4: quod de Caesare
^aiore volgo dictatum est et a T. Livio positum, in incerto esse utrum
fUiim nasci magis reip. profiierit an non nasci. Suet. Claud. 41 : historiam
'** adulescentia hortante T. Livio . . scribere adgressus est (Claudius, geb.
^- 744 d. St.). G. Schwab, de Livio et Timagene bist, script. aemuUs,
^*^t*gart 1834. 4.
4. Sen. Epist. JIOO, 9: nomina adhuc (als philosophischen Schriftstel-
^^) T. livium. scripsit enim et dialogos, quos non magis philosophiae
jT^j^Umerare possis quam historiae, et ex professo philosophiam continentes
^Ofi. Weiterhin wird er (neben Cicero und Asinius Pollio) tribus elo-
^^^xxtissimis zugezählt. Quiutil. X, i; 39: apud Livium in epistola ad filium
^ta, legendos Demosthenem atque Ciceronem, tum ita ut quisque De-
^^^tiheni et Ciceroni simiUimus. Vgl, ib. II, 5, 20 (quemadmodum Livius
dpit). Daraus wohl auch ib. VTII, 2, 18 (cum iam apud T. Livium
^ ^^niam fuisse praeceptorem aJiquem qui disdpulos obscurare quae dicerent
,^/^*-^^ret), sowie die Anführungen des Vaters Seneca, controv. IX, 24, 14.
^'^ ^49 vgl. p. 433 f. Bu. (über SaUust, s. oben 194, 7) und 26, 26 (p. 259
jfc.^-). Wunderliche Angaben bei Suid. v. Koffvovxog (ü. p. 346 f. Bnh.):
^^ övyygacpis *PiofiaioDV rjatrjv, Titog Aißiog, ov diccQQSt noXv xal %lsi-
^^'^ ovofiUy x«l KoQPovtog, von welchen der Letztere als reich und kin-
^^lo» einen grossen Zulauf rmv dyiQOiofiivav gehabt habe. 6 XQ^^^S ^^
" mal i dl-q^Htt . . tov p^lv dvicprivav . . äansg %£iiQV(i(iivov d'rjaavQOv,
^^^^ov tov AißlOV U. 8. f.
474 AuguBteiBche Zeit, 711—767 d. St.
5. Beginn des GeschichtswerkB zwischen J. 727 and 729, weü I, ^S
Octavian Augustus genannt wird und die zweite Schliessung des Jaxx
tempels durch ihn (J. 729) noch nicht bekannt ist. Das letzte erweidi
von Livius erzählte Ereigniss ist des Drusus Tod und Bestattung imW^j:
ter 745/6; es ist aber eine sehr wahrscheinliche Vermutung dass Liv^
sein Werk bis zum Tode des Augustus (767) fortzuführen und somit wer
auf 150 Bücher zu bringen beabsichtigte. Die einzelnen Theile (Dekadei^
wurden, wie es scheint, von dem Verfasser selbständig, mit eigenen Titefl
veröffentlicht; so hat B. 109 — 116 im cod. Nazar. der periochae den Ti^
bellum civile. VgL noch Suid. 1. 1. (A. 4), Flinius praef. 16 (A. 6). üebc^
schrift der periochae libri CXXI im cod. Nazar.: ex lib. CXXI, qui edit^
post excessum Augusti dicitur. Auch das Anm. 7 Angeführte, sowie dJ
Urteile des Augustus (A. 3) und Asinius Follio setzen Bekanntsein gröss^
rer Theile des Werkes voraus. Anfänglich scheint Livius selbst sein Wea
nach Dekaden und Halbdekaden gegliedert und so veröffentlicht zu haba
(E. Wölfflin, liv. Kritik S. 30), er Hess diess jedoch später fallen (vgl. d^
bellum civile B. 109 ff.). Später aber wurde diese Eintheilung beim A^
schreiben des Werkes zu Grunde gelegt. Die früheste uns bekannte 1^
wähnung letzterer Eintheilung findet sich in einem Briefe des Papsts Ga
lasius vom J. 492 — 496; dass sie aber älter ist zeigt die Recension dl
Victorianus (Anm. 10). Vgl. noch .Liv. X, 31, 10: Samnitium bella, qu—
continua per quartum iam volumen . . agimus. VI, 1, 1: quiuque Ub~
exposui.
6. Liv. XLin, 13, 2: ea pro indignis habere quae in meos annal"
referam. Plin. N. H. praef 16: profiteor mirari T. Livium, auctorem ••
leberrimum, in historiarum suarum, quas repetit ab origine urbis, quod^
volumine sie orsum. Der eigenthche Titel ist, nach dem Veroneser 1^
limpsest und anderen alten Udss. des Livius und der periochae, ab u^
condita libri; vgl. Liv. VI, 1, 1: quae ab condita urbe Roma ad capt.^
. . Romani . . gessere u. s. w.
7. Schätzung durch Zeitgenossen. Sen. Controv. X, praef. 2 (p. 2^^
Bu.]: L. Magius, gener T. Livi, . . cum illum homines non in ipsius 1
norem laudarent, sed in soceri ferrent. Plin. Epist. II, 3, 8: rnrnquaiac
legisti Gaditanum quendam Titi Livi nomine gloriaque commotum ad
sendum eum ab ultimo terrarum erbe venisse statimque ut viderat ahimet
Vgl. Hieronym. Epist. 63.
8. Die erhaltenen Bücher (die der fünften Dekade haben maik.^
Lücken) behandeln die römische Geschichte von Gründung der Stadt
zum J. 461 (erste Dekade), dann vom Beginn des zweiten punischen Kri.^
(J. 536) bis zum Triumph des Aemilius Paulus über Makedonien (J. 5^
Die spärlichen Ueberreste aus den andern Büchern in den Ausgaben, &'-
in der von M. Hertz, VoL IV. p. 224—235. Vgl. M. Hertz, de fragme:»^
T. Livii commentatio. Part. I u. IL Breslau 1864. 4. Den Untergang ^
grössteu Theiles veranlasste wohl der bedeutende Umfang des gan^
Werkes (Martial. XIV, 190). Vgl. van Heusde, Verslagen etc. V,
p. 374—387.
9. Von den periochae sind die zu Buch 136 und 137 durch Zi^
verloren gegangen. Der Verfasser derselben ist unbekannt. Sie dem Flo^
240, Greschichtschreiber : T. Livius (Literaturj. 475
Kuznschreiben veraxüasfto der Umstand dass sie sicli gewöhnlich in den
Hciss. desselben finden. Ausgabe derselben von 0. Jahn (rec. et emend.),
Läps. 1853. Yerbesserungsvorschläge dazu von C: Hahn, in Fleckeisens
JflklxTbb. 81, 8. 607 — 609. E. y. Leutsch, Exercitaiiones criticae, Qöttingen
18S9. 4.
10. Die Handschriften haben in der ersten Dekade verschiedene Sub-
scriptionen. Unter allen Büchern derselben kommt vor: Victorianus
V. C. emendabam domnis Symmachis; mit ihr vereint hinter B. VI, VII
und Vni: Nicomachus Flavianus V. C. III praefect. urbis emendavi apud
Hermam, hinter B. HI, IV und V: Nicomachus Dexter V. C. emendavi ad
exemplum parentis mei Clementiani. Es scheint sonach als hätte Victoria-
nxxs die ganze Dekade emendiert, die beiden Nikomachus aber nur je
einige Bücher. 0. Jahn, Berichte d. sächs. G. d. W. 1851, S. 335—338.
11. Für die erste Dekade gibt es ungefähr dreissig Handschrif-
ten. Die älteste ist das Palimpsest aus der Capitelsbibliothek zu Verona
(fSx B. 3—6), veröffentlicht zuerst durch Fr. Blume in Niebuhrs Rhein.
Mus. n (1828). S. 336—343. Vgl. A. W. Zumpt, de Livianorum librorum
inscriptione et codice antiquissimo Veronensi , Berlin 1859. 39 pp. 4. Th.
MEommsen, über den rescribierten cod. Veron. des Livius, Berliner Monatsber.
1868, Januar. Vgl. Hermes III. S. 479-482. Nach Mommsen ist der Pa-
limpsest nicht aus dem archetypus der libri Nicomach, geflossen, hat aber
nait diesem einen ürarchetypus gemeinsam. Die besten Vertreter der
lükomach. Becension sind der cod. Vormaciensis und der ihm gleiche Me-
diceus saec. XI (bibl. Flor. Laur. plut. LXII, 19), jetzt die Hauptgrundlage
^er Textkritik- Ihm zunächst kommt der Paris. 6725 (früher Colbert.),
von einer etwas jüngeren Abschrift des gleichen ürcodex abstammend,
beide von Aischefski zuerst vollständig verwerthet. Aischefski, über die
Wtische Behandlung der Geschichtsbücher des T. Livius, Berlin 1839. 4.
und vor seiner Ausgabe. Daran schliessen sich an der cod. Bamberg.
(Heerwagen, Excerpta e cod. Bamb. ad Liv. libr. I, Baireuth 1856. 4.) und
^insiedl. saec. X (Orelli in Seebode's Neuen Jahrbb. I. 1831. p. 396 ff.).
•^Grvvandt sind Helmstad. I, Harlei. I (B. 1 — 8), Leidens. I, Voss. I, Florent.
(**€r Marcus-Bibl.)> mit welchem am genauesten stimmt der von J. Schienger
*^ Mainzer Gymn.-Programm 1868 (26 pp. 4.) beschriebene Veronensis se-
5^^^<ins (saec. XHI). Die andern dieser Classe sind ohne Werth. Aufzäh-
^**S der Hdss. in Drakenborch's Ausg. XV, 1. p. 613 ff. Beurteilung bei
Leerwagen, Münchner Gel. Anz. XIX. Nr. 139, S. 29—31.
Die dritte Dekade ist am besten überliefert, nämlich durch Paris.
•30 (Puteaneus) saec. VIII (in Uncialschrift) , der aber am Anfang und
^UltiMe lückenhaft ist; nächst ihm Medic. Laur. LXIII, 20 und Paris. 5731
^^Xbert.), sowie Bamberg. (J. Meyer, Nürnberg 1847 f. Progr.). Vgl. H.
^^tihes, Quaest. Liv., Bonn 1863. J. Hasenmüller im Rhein. Mus. XEX.
^- ^13-^17.
Die vierte Dekade beruht auf Bamberg, (welcher XXXIU, 1 — 17
?^^in bietet) und dem jetzt verlorenen Moguntinus. L. Urlichs, die Bam-
^^er Handschriften des Livius, Eos I (1864). S. 84—91. W. Weissenbom,
^^ codice Livii Moguntino, Eisenach 1865. 4. L. Eühnast (unten 241, 11)
^- 8. 22.
476
Augusteische Zeit, 711 — 767 d. St.
'■j*
1.
S.
Was wir von der fünften Dekade haben gründet sich auf den
Laurishamiensis (aus dem Benedictinerkloster Lorsch), jetzt Yindoboneiu^^^^»
aaec. VI. Vgl. Lambecius bei Drakenborch XV. p. 428 ff. Ereyssig, a^^^°*
notationes ad Liv. XLI— XLV ex cod. Vindob. I. Meissen 1849. 4. Madw^^^»
de Liv. libr. XLIII initio e cod. Vindob. emendando, Kopenhagen 1852. ^'
J. Vahlen in der Ztschr. f. Ostreich. Gymn. 1861, S. 5—19. 249-2
1866, S. 307—309. W. Hartel, ebd. 1866, S. 1—20.
12. Gesammtausgabeu. Vgl. Drakenborch XV, 1. p. 628—65
Fabricius bibl. lat. L p. 279 ff. Schweiger, class. Bibliographie II,
S. 524 ff. u. A. Ed. princeps Rom um 1469 fol. cura lo. Aleriengis (o
B. 33 u. 41—45), vervollständigt (aus cod. Mogunt.) in der Mainzer
von 1519 (Klein-Fol.) und noch mehr (aus dem cod. Laurisham.) durch
Grynäus (Basel 1531. fol.); endlich (aus cod. Bamb.) J. 1616 £ besondeK^^^sn
durch J. Horrio. Durch Benützung guter Hdss. wichtig die Ausg. von ^El B.
RhenanuB und S. Gelenius, Basel 1535. fol. Gum scholiis C. Sigonii, Vene^^ ^et.
1555. fol. Erste kritische Ausgabe ex reo. I. Fr. Gronovü, Lugd. Bat. 1
1679. 3 Voll. Reichhaltigste Stoffsammlung von A. Drakenborch (e
comm. Dukeri et variorum), Amsterd. 1738 — 1746, 7 Voll. 4.; Stuttga^^&vt
1820—1828, 15 Voll. 8. Diese Ausgabe enthält auch die unnützen supp
menta librorum deperditorum von J. Freinsheim (erstmals mit den v
Crevier vollständig gedruckt Paris 1679). Texte in der Mannheimer uz.
Zweibrücker Sammlung, von A. G. Emesti (mit Glossar, Lips. 1769. 3 VolL^i
Ausg. von Kreyssig, Lips. 1823—1827, 5 Voll.), L. Tafel (Stuttgart 182^
3 Voll.) und Kreyssig (Lips. 1828. 4.). Handausgabe von A, F. Stroth
F. W. Döring (Lips. 1780—1784. 3 Voll.; Gotha 1796—1819), G. A. Rup
(Göttiug. 1807—1809, 6 Voll.), I. Becker und Raschig (Berlin 1829 f., 3 Vo
Kritische Ausgaben von C. F. S. Aischefski (ad fidem codd. em., Be
1841—1846, 3 Voll, nur bis B. XXIII incL; Textausg. 4 Voll., bis B.
Berl. 1843 f.), N. Madvig und J. L. üssing (Kopenhagen 1861 ff.). T
mit kritischer Rechtfertigung von W. Weissenborn (Lips. Teubner, 185'
iterum recogn. 1860 ff. 6 Voll.) und M. Hertz (Lips. Tauchu..l857— l
4 Voll.). Mit erklärenden Anmerkungen von G. Chr. Crusius (Hanne
1846 ff.) und G. Mühlmann (Hannover 1854 ff.), besonders aber von
Weissenborn (Leipzig und Berlin bei Weidmann 1853 ff. 10 Bde , Bd.
vierter Aufl.), sowie von J. Frey (Leipzig, Teubner 1865 ff., bis j
2 Hefte).
on
d
4.
f.
d
f.;
64,
?er
W.
ia
tit
13. Bearbeitungen einzelner Theile. Buch XXI u. XXII mit
von E. W. Fabri (Nürnberg 1837 ; neu bearb. von H. W. Heerwagen, N'^^»^"
berg 1852). Lib. XXIII et XXIV recogn. et comm. instr. E. W. F»-'*"'
Nürnberg 1840. Lib. XXX ad codd. fidem emend. ed. C. F. S. Alßche:^«*^'
Berl. 1839. Lib. XXXIII emend. ed. illustr. Fr. Göller, Frankf. 1822; <^«"
nuo rec. J. G. Kreyssig. Aec. var. lect. in libris XXX— XXXVIII ex ^:^o^-
Bamberg., Meissen 1837. 1839.
14. Beiträge zur Textkritik. Emendationes Livianae von G. L. W^^^
(Berlin 1815), E. W. Fabri (Nürnberg 1842), E. Webs (Breslau 1844), Hi- ^
Koch (Brandenburg 1860 f. 4.), H. Alanus (Dublin 1864. 1867) und
ders von J. N. Madvig (Kopenhagen 1860. 638 pp. Vgl. G. Qneck, ^
Madv. em. Liv. libr. I— lU. Sondershausen 1861. 4.). Observationes
^e
i*»» — SP-
240 f. Geschichtschreiber: T. Livius. 477
von H. Wiminer (Dresden 1839), Ch. W. Mttbogen (Frankf. a. 0. 1842),
^reudenberg (Bonn 1864 u. 1862. 4.), A. Giers (Bonn 1862), H. Wachen-
f (Bonn 1864). Lectiones Livianae von A. Linsmayer (München 1864);
imentationes von Fischer (Speier 1840. 4.); Quaestiones Liv. von F.
sler (Salzwedel 1847. 4.), H. Perthes (Bonn 1863), Qaaestiunculae von
3artorius (Baireuth 1860. 4.). E. Wölfflin, livianische Kritik und liv.
achgebrauch, Berlin 1864. 31 S. 4. (bes. zu B. XXII); Boot in den Vers-
Mi en mededeelingen IX, 1865 (zu B. 21); M. Müller (Beiträge zur Kritik
ErkL, Stendal 1866. 4.) u. s. f.
15. Uebersetzungen von K. Heusinger (Braunschweig 1821,. 5 Bde),
tel (München 1822 ff. 9 Bde), C. F. Klaiber (Stuttgart 1826 — 1834.
Bdchn; neue Ausgabe, in den drei ersten Bänden umgearbeitet von
Teuffei, in den Class. d. Alt., Stuttgart, Metzler, 1854—1856, 6 Bde),
D. Gerlach (Stuttgart, Hoffmann, 1856 ff., 17 Bdchn).
241. livius zeigt in seinem Geschichtswerke grosse Schwä-
m: mit mühsamer Urkundenforschung hat er sich nicht be-
st^ noch auch die Schauplätze der Ereignisse selbst besucht,
idem sich begnügt die Erzählung je eines Vorgängers, am
ifigsten des Fabius Pictor und des Polybios, stilistisch um-
irbeitet wiederzugeben. Auch fehlt es ihm an genügender
nntniss des Staatsrechts und vollends des Kriegswesens; nicht
mal ein festes chronologisches System befolgt er. Aber für
le Mängel entschädigt die eine grosse Tugend, dass er un-
eifelhaft die Absicht hat die Wahrheit zu sagen und nie
ssentlich sie verletzt oder verschweigt; und auch über die
iwersten Verschuldungen geschichtlichen Leichtsinnes breitet
5 Schriftstellers unwiderstehliche Liebenswürdigkeit einen ver-
tuenden Schleier. Milden Wesens hat er eine Abneigung
gen alles Schroffe, aber auch Mitgefühl mit den Bedrück-
1 und Unterliegenden, und an den markigen Gestalten aus
'JUS Vergangenheit blickt er empor mit schwärmerischer Innig-
it. Diese Wärme des Anempfindens, verbunden mit einer
i'stellungsgabe von wunderbarer Vielseitigkeit, hat bewirkt
s er ebenso gross dasteht als Geschichtschreiber wie er klein
als Forscher. Seine Hauptstärke besteht in der Schilderung
Vorgängen, Stimmungen und Persönlichkeiten. Besonders
tx lässt er die Handelnden sich selbst zeichnen durch ßeden
er ihnen in den Mund legt und in denen sich des Histori-
a rednerische Bildung in ihrem vollen Glänze zeigt. Ueber-
t>t überwiegt auch bei ihm das rhetorische und stilistische
Presse, der Zweck der Unterhaltung über das Bestreben das
bsachlich Richtige zu ermitteln. Die Sprache des Livius
478 Augusteische Zeit, 711—767 d. St.
lässt in Einzelheiten häufig die strenge Classicitat und gleicr^
massige Ausfeilung vermissen ; aber sie ist lebendig, geschmacJ^
voll und mit feinem. Yerständniss jeder Lage angepasst.
' 1. Selbstbekenntnisse des Livius. Praef. 5: ego hoc quoque labor^
praemium petam ut me a conspectu malorum quae nostra tot per annc^
vidit aetas tantisper certe dum prisca illa tota mente repeto avertanc
omnis ezpers curae quae scribentis animum etsi non flectere a yero, soUü
dtum tarnen efficere posset. XLIII, 13, 2: et mihi vetustas res scriben^
nescio quo pacto anticus fit animus et quaedam religio tenet quae illi pru
dentissimi viri publice suscipienda censuerint (Prodigien), ea pro indignii
habere quae in meos annales referam.
2. Urteile aus dem Alterthum. Sen. suas. 6, 21 f. (p. 35 Bu.): quo
tiens magni alicuius viri mors ab historicis narrata est, toties fere com
summatio totius vitae et quasi funebris laudatio redditur. hoc . . T. Lü
vius benignius onmibus magnis viris reddidit. . . ut est natura candidis
simus omnium magnonmi ingeniorum aestimator T. Livius. Sen. de ira
20, 6: apud disertissimum virum Livium. Tac. Agr. 10: Livius veteruc:
Fabius Busticus recentium eloquentissimi auctores. Ann. lY, 34: T. Liviiz:
eloquentiae ac fidei praeclarus inprimis. Quintil. YIII, 1, 3: in T. LivK
mirae facundiae viro. Besonders treffend aber ib. X, 1, 101: neque k
dignetur sibi Herodotus aequari T. Livium, cum in narrando mirae iuci:^
ditatis clarissimique candoris tum in contionibus supra quam enarrsr
potest eloquentem; ita quae dicuntur omnia cum rebus tum personis ^
commodata simt. affectus quidem praecipueque eos qui sunt dulcio
ut parcissime dicam, nemo historicorum commendavit magis. Ib. 32:
que illa Sallustiana brevitas . . neque illa Livii lactea ubertas. II, 5,
ego candidissimum quemque (Schriftsteller) et mazime expodtum ve
ut Livium a pueris magis quam Sallustium. Dagegen Galigula (Suet.
34) ut verbosum in historia neglegentemque carpebat (T. Livium).
3. Neuere Urteile über Livius als Geschichtschreiber. Niebuhr,
Gesch. I. S. 3 — 5. IL S. 609 f.; Vorträge über R. G. L S. 45 — 58; «n
andere Bearbeiter der (älteren) römischen Geschichte, wie Wachsn»^"«
(S. 32—43), Blume (8. 123 ff. 146 f.), Schwegler (I. S. 103-115. 11. S_
—13), C. G. Lewis (Unters, üb. d. Glaubwürdigkeit u. s. w. übers, voä»
Liebrecht, I. S. 47 ff. 242 ff.). J. M. Söltl, T. Livius in seiner GeschicJfc»
München 1832. 4. H. Ulrid, Charakteristik der antiken Historiograp
S. 120 — 125. F. D. Gerlach, die Geschichtschr. d. Römer, 8. 133—:
Kallenbach, über T. Livius im Verhältniss zu seinem Werke und se
Zeit, Quedlinburg 1860. 43 S. 4. u. A.
4. Politische Ansicht des Livius. Programm darüber von Fr. X. Ftl^ ^
Constanz 1851. Ein politisches System hat Livius nicht; dafür ist er
zusehr Romantiker, Idealist und Gefühlsmensch. Auch Parteihass
sein mildes Wesen nicht; wohl aber hat er ausgeprägte Antipathien. AJ^
Gewaltthätige, Lärmende, Zelotische, Harte ist ihm unangenehm, auf
eher Seite es sich finden mag, und App. Claudius ist daher ebensowes^^
sein Mann als C. Terentius Yarro, C. Flaminius oder die ungeduldig V^
wärtsstürmenden Volkutribuuen ; sogar der ältere Scipio ist ihm nicht
m^
241. Geschichtschreiber: T. Livina (Charakteristik). 479
^^ genng. Am onbedingtesten bewundert er- Römer alten Schlages, wie
v^iucinnatus, Papirios Cursor, Camillus, Sex. Tempanius, P. Decius, Pabius
^^ctator; wo die Parteien einander gegenüberstehen hält er es mit den
Gemässigten, Billigen, Versöhnlichen. Am wenigsten kann er sich be-
freutijen mit der Masse, deren Unverstand, ünzuverlässigkeit und Zucht-
^oaigkeit er oft genug geisselt (2. B. XXUI, 2. XXIV, 25, 8. XXXI, 34. 44.).
^^gen findet er im alten Rom sein Ideal verwirklicht, so dass romanus
^J" ihn ein Inbegriff alles Edlen ist (z. B. I, 53, 4. V, 28, 3. 36, 1; 38, 5.
XXII, 57, 6. XXV, 36 extr. Vgl oben 1, 1). Unwillkürlich wird er dadurch
öfters parteiisch für Rom, ungerecht wider dessen Gegner; s. Weissen-
borns £inl. S. 32 f. Jener schöneren Zeit gegenüber erscheint ihm die
^Gg'enwart als herabgekommen, und unzählige Male beklagt er, wehmütig
luicl bitter, das Schwinden des alten pudor, der simplidtas, modestia,
Aequitas, altitudo animi imd besonders der pietas. Dafür ist neglegentia
deum, omnis divini humanique moris die Signatur der Gegenwart gewor-
den. Und nicht nur beredt macht ihn diese sentimentale Anschauungs-
weise sondern auch mutig; vgl. VII, 40, 2: nondum erant tam fortes ad
san^ruinem civilem, nee praeter externa uoverant bella, ultimaque rabies
se cessio ab suis habebatur.
5. Die Frömmigkeit des Livius ist wesentlich pantheistisch gefärbt.
t>e]r Mensch soll sich im Bewusstsein seiner Kleinheit und Schwäche unter-
OT^^nen, auf die Zeichen göttlichen Waltens achten, die Gottheit ehren und
^oli hüten irgendwie sich gegen sie zu versündigen. Damit hängt auch
der Fatalismus des Livius zusammen, der namentlich in der ersten Dekade
cixie grosse Rolle spielt, in Ermanglung klarerer Einsicht in den vemünf>
ti^en Zusammenhang der Dinge. Z. B. I, 42, 2: nee rupit tamen fati ne-
ceamtatem hnmanis consiliis. V, 37, 1: adeo obcaecat animos fortuna, ubi
▼ixn suam ingruentem refringi non volt. VIII, 24, 4: ut forme fiigiendo
in media fata rnitur. XXV, 6,4: nulla Providentia fatum imminens mo-
veri potuit. Verhältnissmässig rationaHstisch ist daher VIII, 7, 8: movet
ferocem animum iuvenis seu ira seu . . pudor seu inexsuperabilis vis fati.
Vgl. m, 8, 1. Ferner gehört dahin sein Glaube an die Prodigien (die aber
erst vom J. 505 d. St. an regelmässig durch die Pontifices verzeichnet
^nrden, s. J. Bernays im Rhein. Mus. XII. S. 436 f.); vgl. XXVII, 23, 6:
^ capita consulum, rep. incolumi, exitiabilis prodigiorum eveutus vertit.
^I^ni, 13, 1: non sum nescius ab eadem neglegentia qua nihil deos por-
^Qdere volgo nunc credant neque nuntiari admodum uUa prodigia in
P^licum neque in annales referri. Einschränkungen III, 5, 14. V, 21, 9.
f^V, 4, 8. 10, 6. XXVII, 23, 3. — Queck, Beiträge zur Charakteristik
®® Livius, I. Sondershausen 1847. 4. 0. Fabricius, zur religiösen An-
^^^Uungsweise des Livius, Königsberg 1865. 35 S. 4.
6. Abgrenzung seines Geschicht«stoffes. XXXIII, 20 extr.: non operae
persequi ut quaeque acta in bis locis sint, cum ad ca quae propria
^*>i^au belli sunt vix sufficiam. Fast gleichlautend XLI, 25 extr. XXXIX,
' ^: cuins belli et causas et ordinem si expromere velim immemor sim
^^Pf)8iti, quo statui non ultra attingere externa nisi qua romanis cohae-
1^^ rebus. Vgl. VIII, 24, 18. XXIX, 29, 5 (excedere paululum). XXXV,
480 Augusteische Zeit, 711—767 d. St
7. Für den ästhetiscben Standpunkt welchen Livius seinem Sto:
gegenüber einnimmt ist bezeichnend sein öfteres piget scribere, enumi
u. dgL (z. B. X, 18, 7. 31, 16. XXVI, 49), sowie Aeusserungen wieXXV
37 (oben 82, 6). Von den beiden Beweggründen die er praef. 2 an
scheidet (dum novi semper scriptores aut in rebus certius aliquid allatari
se aut scribendi arte rüdem vetustatem superaturos credunt) hat ihnjed
falls der zweite geleitet.
8. Von seinen Vorgängern hat Livius nicht von Anfang an a]
gekannt oder benützt, sondern erst allmählich seinen Gesichtskreis
tert. So hat er Cato's Origiues erst in der vierten Dekade verwerthc
und Polybios nicht vor B. XXIII. Ueber Yalerius Antias ist ihm ei
spät das rechte Licht aufgegangen; s. oben 142, 3. Auch dass er di
Polybios nicht vollständig zu würdigen gewusst habe sollte man glaub«
nach der kühlen Wendung XXX, 45 (haud spernendus auctor), wenn m<^
der Augenschein zeigen würde dass er ihn in der Geschichte des Kriege es
mit Philipp III und mit Antiochos, sowie bei den griechischen Händ^^ln
fast wörtlich übersetzt, obwohl bald kürzend bald ausmalend. Für
punischen Kriege scheint Livius hauptsächlich dem Fabius Pictor (ol
105, 1 f.) und Antipater (oben 132, 4) gefolgt zu sein; in der ersten
kade aber neben Fabius Pictor dem Yalerius Antias. Den Dionysios ^amMa
Halikarnass hat er so wenig benützt als dieser ihn. F. Lachmann, de
fontibus historiarum T. Livii comm. I. U. Gotting. 1821 f. 4. G. Peter, ^las
Verhältniss des Liv. und Dionysios v. Hai. zu einander und zu den ält^K^en
Annalisten, Anclam 1853. 13 S. 4. L. Kieserling (s. oben 32, 4). H. ^^is-
sen, kritische Untersuchungen über die Quellen der vierten und fanden
Dekade des L., Berlin 1863. 342 S. Th. Lucas, disp. de ratione qua Urvdua
in libris bist, conscribendis usus est opere Polybiano, I. Glogau 18^4.
18 pp. 4. W. Michael, in wie weit hat L. den Pol. als HauptqueUe 1>^
nützt? Torgau 1859. 16 S. 4. L. Tillmanns, qua ratione L. (in B. 31 — 45)
Polybii historüs usus sit, Part I. Bonn 1860. 60 pp., und Quo libro ILav.
Polybii bist, uti coeperit, in Fleckeisens Jahrbb. 83, p. 844—864. C. Peter,
Livius und Polybius; über die Quellen des XXI und XXII B. des L., Ha^^
1863. 4. C. Böttcher, quaestiones criticae de T. Livii 1. XXI et XXII fo»'
tibus, Königsberg 1867. 39 pp. W. Michael, de ratione qua L. in tertu*
decade opere Polyb. usus sit, Bonn 1867. K. W. Nitzsch, Quelienanaly^
von Liv. n, 1 — IV, 8 und Dionys. Hai. V, 1 — XI, 63, im Rhein. M«^
XXIII. S. 600—631. XXIV. S. 145—180. Auch H. Müller, die Schlacht ^»
der Trebia, Berlin 1867. 34 S. 4.
9. Handhabung der historischen Kritik durch Livius. Wo oä»*^'
seinen Vorgängern keine Meinungsverschiedenheit herrscht, da muss ^^^
innere ünwahrscheinlichkeit sehr stark sein (wie V, 21, 8 f. VI, 12, S ^■'
wenn dem Livius ein Zweifel dagegen aufsteigen solL Worüber die Q*^^'
len zusammenstimmen, das hält er in der Begel für richtig und gibt ^
nur die vulgäre Tradition wieder. Wo seine Vorg^ger getheilter 3*-^*'
nung sind, da lässt er sehr häufig dahingestellt was das Richtige sei, ^>^
er entscheidet sich für das was die Mehrzahl angibt oder für den älfe^^^
Gewährsmann oder den unverdächtigeren, oder für die innerlich
scheinlichere, nicht selten auch für diejenige Darstellung welche den
«^
-^m
241. GeschiclitscliTeiber: T. Livius (Charakterifitik). 481
mem günBÜger ist (z. B. VII, 27, 9. X, 37) oder die mildeete (wie IV, 29, 6.
VI, 38, 10. Vm, 18, 2) oder die farbenreichste (wie VII, 39 fF. X, 37. XXI,
4*> 10. XXVI, 16) oder einfach die mittlere (wie XXVI, 49, 6). Besonders
in der älteren Zeit ist sein Urteil häufig unsicher; vgl. V, 21, 9: in rebus
taia antiquis si quae similia veri sint pro veris acdpiantur satis habeani.
^er besonders sind die Incompetenzerklärungen sehr zahlreich. Aber
auch sonst wählt er gern diesen Ausweg, theils aus Mangel an eigent-
lichen Quellenstudien und von tieferer Einsicht in die streitigen Gegen-
stände, theils auch aus natürlicher Bescheidenheit und Hinneigung zum
Vertrauen. Diese geht so weit dass er auch durch schlimme Erfahrungen
nielit gründlich gewitzigt wird. Trotz dem dass er durch Valerius Antias
^ox' allen hohen Zahlen in Schlachtberichten gewarnt sein sollte spricht
«i" doch XXXVII, 44 unbedenklich von gegen 54000 Erschlagenen, XXVII,
^^ gar von 56000. Dergleichen beweist zugleich seinen Mangel an prakti-
Bcl^^er Anschauung. Ueber seine Bescheidenheit vgl. z. B. XXIX, 14, 9: id
• . sicut proditum a proximis memoriae temporum iUorum scriptoribus
lil>^n8 posteris traderem, ita meas opiniones coniectando rem vetustate
o1>xutam non interponam.
10. Folge der Abhängigkeit von seinen Quellen und einer gewissen
— bei dem Umfange der Aufgabe leicht erklärlichen — Flüchtigkeit, zum
1^l3.eil auch der stückweisen Ausarbeitung und Veröffentlichung, sind
iKxs^nche Verstösse im Einzelnen, Wiederholungen, Widersprüche, Auslas-
s^^xigen, Verwechslungen, Missverständnisse, unrichtige Uebersetzungen
^. dgl. Beispiele davon in Weissenboms Einleitung S. 28 f. Nach allem
^^esem ist Livius als Geschichtsquelle, namentlich für die älteren Zeiten,
ii>i:ar mit Vorsicht zu benützen, so wenig seine persönliche Absicht die
Vvahrheit zu sagen irgend welchem Zweifel unterliegen kann. Abhand-
lixxigen de fide Livii (ausser Aelterem) von C. Kruse (I et II, Lips. 1812. 4.)
tftzid Bäumker (Liv. antiquiss. rerum rom. bist, etc., Paderborn 1863. 4.).
I^irotzdem wurde et in den nächsten Jahrhunderten fast ohne alle Kritik
Genützt, ausgeschrieben und epitomiert; s. oben 33, 6 und U. Köhler, qua
■^tione T. Livii annalibus usi sint historici latini atque graeci, Gotting.
1B61. 99 pp. 4.
11. In seiner Anlage gleicht das Werk des Livius denen der Anna-
^^n, nicht nur sofern es die Begebenheiten nach der Ordnung der Jahre
^i^ählt sondern auch darin dass es, bei der ältesten Zeit verhältnissmässig
^^^ gehalten, um so ausführlicher wird je mehr es in bekanntere Zeiten
^latigt; vgl. oben 32 und 105, 1. Die ersten 60 Bücher behandelten sechs
. ^^Imnderte, die letzten 80 etwa 120 Jahre. Das erste Drittel von B. I
^ besonders dürftig und versucht sich (wie der Anfang von B. 11) mit
^ wenig Glück im Pragmatisieren und Motivieren. Bei nebelhaften Ge-
rieten war wenig auszurichten mit dem was sonst eine Hauptstärke des
^Vi^ig igt^ deiQ psychologischen Ausmalen. Wie Stimmungen (z. B. VIII,
' ^f. IX, 2, 10 f. 6 f. XXXIII, 32) so weiss er auch äussere Vorgänge
^ B. V, 39 ff^. XXI, 58. XXni, 27, 6 f. XXIV, 26) mit lebendigster An-
!!^^^^nlichkeit zu erzählen. Diese Eigenschaft, sowie seine humane milde
|. ^«udung, macht den Livius besonders geeignet für jüngere Altersstufen.
" Kühnast, über Livius als Schullectüre, I — III. Bastenburg 1863. 1867.
1'euffel, Rom. Literaturg-eschichte. g^
ei
482 Augusteisclie Zeit, 711—767 d. St.
1868. 4. Je mehr indesBen geschiclitlicli verbürgte Nachrichten an die
Stelle der Sage oder Dichtung treten und der Phantasie des Hbtorikera
den Raum entziehen, desto mehr nimmt der Reiz der Daratellong ab. So
macht die fünfte Dekade nicht mehr denselben Eindruck wie die früheren.
Es ist daher zu vermuten dais auch die verlorenen Bücher, einige Glanz-
partien abgerechnet (wie Charakteristiken, Reden u. dgl.), stilistisch sich
kaum auf der Höhe der vorhandenen gehalten haben werden.
12. Ein von Livius häufig und mit VirtuosiiS.t angewendetes Mittel
der Charakterzeichnung sind die eingeflochtenen Reden, welche ein simu-
lacrnm des betreffenden Mannes geben sollen (XLV, 25, 3), die Beweg-
gründe der Handelnden darstellen (z. B. YHI, 7. vgl. HI, 47, 5) und daher
auf unmittelbare geschichtliche Wahrheit so wenig Anspruch erheben (in
haue sententiam locutum accipio HI, 67, 1} dass sie weder im Einzelnen
Anachronismen scheuen (wie Y, 4, 12) noch den Versuch machen den To
der Zeit nachzubilden. Desto treuer aber pflegen sie dem Charakter
Stande des Redenden zu entsprechen; vgl. z. B. VU, 34. In einzelnec^-^^
Fällen lässt sich noch verfolgen wie Livius das kurze Thema eines Yo
gängers rhetorisch auszuspinnen gewusst hat; vgl. Polyb. HI, 64 mit Li
XXI, 40 f. Ueber den ganzen rhetorischen Charakter der Geschichte d
Livius vgl. H. Taine, essai sur Tite-Iive, Paris 1856. 348 pp.
13. Die Darstellung des Livius hat den Charakter behaglich
Fülle und Rundung, ähnlich der des Herodot (vgl. Quintilian oben A. ^^ 2)
80 dass sie manchmal zur Umständlichkeit wird. Quintil. YIII, 3, 53: ^^ yj.
tanda nangoXoyia, i. e. longior quam oportet sermo, ut apud T. liviuKr^^Q^
YgL Chans, p. 242 P. =» 271 K. mit den dort von Keil nachgewiese
Parallelstellen und M. Hertz, prolusio not. 77. Auch an die Weise ^ fa
Cicero, welchem Livius nachstrebte (s. oben 240, 4) und näher kam
irgend ein anderer römischer Prosaiker, erinnert jene Eigenschaft,
unverkennbar überall die (rednerische) Kunst zu Tage tritt, so wird sie d
nie zur Künstelei imd Unnatur. Die Yirtuosität des Livius sich in e
gegebene Lage hineinzufühlen verleiht auch seiner Darstellung die
jedesmaligen Umständen entsprechende Stimmung und f^rbung.
14. Die Sprache des Livius strebt grundsätzlich (s. 240, 4) n^B^h
Classicität; und sie kommt diesem Ziele jedenfalls viel näher als dem Qi:uii-
tilian und dem Tacitus in seiner dceronischen Jugendschrift gelungen :^^*
Aber das nahende silberne Zeitalter verräth sich schon bei Livius in seuc^®^
zahlreichen poetischen Wendungen (haec ubi dicta dedit; ubi Mars ^^^
atrodsBimus; ad arma constematum esse; cogitationibus animom volota.«^ «
adversa montium; stupens animi; laeta pascua u. dgL), und auch dieV"^'^
liebe für starke Ausdrücke (wie attonitus, ingens; vgl. oben 214, 7) geb^^^^^
dahin. Hauptsächlich wohl in seinem Wortgebrauch war es wo Sol<^^
die im sermo urbanus aufgewachsen waren vielfach auf Fremdartk^T^^
stiessen. Quintil. I, 5, 55 f. : peregrina (verba) ex Omnibus, prope dizeri^^
gentibus . . venerunt; . . qnemadmodum Pollio (s. oben 208, 3) depreher»^^
in Livio patavinitatem. YgL ib. YIII, 1, 2: ut sint (verba) quam miidS^^^
peregrina et externa. (3.) et in T. Livio, mirae facundiae viro, ptg-t*"^
inesse Pollio Asinius quandam patavinitatem. D. G. Morhof , de patari^^^?^
täte Liviana, Kil. 1685 (auch in Drakenborchs Livius XY, 1. p. 60 ^^ -'*
leiz
241 f. Geschiclitschreiber: T. Livius. Pompeius Trogus. 483
C G. Wiedemann, quaestio de patavinitate Livii, I~ III. Görlitz 1848.
19^. 1855. 4.
15, In Bezug auf den Sprachgebrauch „zeichnet sich namentlich die
ec-^'te Dekade, welche livius wohl besonders herausgegeben hat, durch
iche Eigenthümlichkeiten aus: der Stil zeigt noch viel Schwankendes,
sich in den späteren Büchern fester gestaltet; Livius selbst hat sich
iu. den ersten zehn Büchern seinen historischen Stil erst recht geschaffen
uxx<3 durchgebildet. . . Dieser Unterschied zeigt sich nicht nur in der Be-
dexitang und der Gonstruction einzelner Worte, sondern im Wortvorrathe
s^l^st. So hat Livius in der ersten Dekade gewissen Verba frequentativa
eix&«n ganz unverhältniBsmässigen Spielraum gegeben.*' E. Wöltflin, livia-
ni«che Kritik und livianischer Sprachgebrauch (Berlin 1864. 4.) S. 29. Son-
s^^ige Literatur über die Sprache des Livius. F. Hand , Lehrbuch des lat.
StÜB S. 64—66. C. J. Grysar, Theorie des lat. Stils« S. 7 ff. und vor sei-
oer Auflg. part. sei. Liv. p. XXXVII ff. Weissenboms Einleitung S. 37 ff.
Qo.eck, Beitr. z. Charakt. d. L. II: die Darstellung des Livius, Sonders-
Krisen 1863. 4.
£. F. Poppe, de latinitate falso aut merito suspecta, Frankf. a/0.
^^^1. 4. Stange, de discrepantia quadam inter sermonem Cic. et Liv.,
^^^. 1843. 4. Kreizner, de propria orationis Livianae indole, Hadamar
^^^4. 4. E. Wesener, de quibusdam Liv. orationis proprietatibus, Goblenz
1BS4. 4. und De periodorum liv. proprietatibus, Fulda 1860. 4. G. Hilde-
^x^and, über dnige Abweichungen im Sprachgebrauche des Cic, Caesar,
I^ivios u. s. w. Trem. 1854. 4. E. Kräh, spec. grammaticae Liv., Inster-
bürg 1859. 4. Baur, de aliquot translationum Liv. generibus, Augsburg
1-064. 4. C. E. GrüthÜng, de T. Livii oratione. c. I: de usu verborum sim-
plidam, Lauban 1867. 4. Eine Syntax des Livius bei L. Kühnast (s. A. 11)
I. S. 24 - HL S. 35.
J. E. EUendt, de praepos. a cum nominibus urbium iunctae apud Liv.
D^axiine usu, Königsberg 1843. 4. H. Löwe, de praepos. de usu apud
Livitun, Grimma 1847. 4. Kleine, de genetivi usu Liviano, Part. I. Cleve
18«ö. 4.
Emesti, Glossarium Livianum, ed. G. H. Schaefer, Lips. 1804.
243. Ungefähr gleichzeitig mit Ldvius und wie zur Er-
8a^l^Tmg desselben schrieb Pompeius Trogus seine Univer-
^Igeschichte, Historiae Philippicae, in 44 Büchern; mit Ninus
^Sinnend und bis auf seine Zeit herabgeführt; nach griechi-
^^hen Quellen, hauptsächlich wohl TheopompoS; in lebhafter
yüisierung und classischer Sprache, dabei stoffireicher und we-
^^er rhetorisch gehalten und dessbalb zuverlässiger als Livius.
J^iir kennen das Werk hauptsächlich durch den Auszug des
^^^%inus. Ausserdem verfasste Trogus zoologische imd botani-
^*x^ Werke, nach den besten Gewährsmännern, Aristoteles und
"^^^ophrastus.
1. Justin. XLUI, 5, 11 f.: in postremo libro Trogus maiores suos
31*
484 Augusteische Zeit, 711—767 d. St
a Vocontiis originem ducere, avom suum Trogum Pompeiom
belio civitatem a Cn. Pompeio percepisse dicit, patraum Mithrid
turmas sub eodem Pompeio duxisse, patrem quoque sub G. Ca«
tasse epistularumque et legationum, simul et anuli curam habi
Grossvater wird sonach Cn. Pomp. Tr. geheissen haben; der pal
nach einer Inschrift aus Yaison (J. Becker, Jahrb. d. rheinl. Alt
S. 127—130) wahrscheinlich Q. ; der Vater war wohl der im J. 700
Caesar als Dolmetscher verwendete Cn. Pompeius bei Caes. b.
daher denn auch der Geschichtschreiber den Vornamen Cn. gefQ
wird. J. Becker, Philologus VIT. S. 389—391.
2. Charis. I. p. 102, 10 f. K.: Valgius et Verrius et Trogi
malibus. ib. p. 137 , 9 f. : Trogum de animalibus libro X. La
führung daraus (Trogus, et ipse auctor e severissimis) bei Plin.
52, 275 f., welche Stelle eine ungenaue Uebersetzung aus Aristoi
ist Plinius citiert den Trogus in B. 7, 10, 11, 17, 31, sowie ii
verzeichniss zu B. 8, 9, 12, 13 — 16, 18. Da B. 12 — 18 von de
und dem Ackerbau handeln, so wird Trogus auch eine Schrift
verfasst und diese ebenso aus Theophrast geschöpft haben wie
logisches Werk aus Aristoteles. A. v. Gutschmid (s. A. 4) S. 18
3. Hauptwerk die 44 Bücher historiarum philippicari
ethnographischen Gesichtspunkten geordnet, mit besonderer E
tigung der makedonischen Geschichte und der Diadochenzeit un
nissmässiger Hintansetzung der römischen Geschichte (die Köni^
in B. 43 nachgetragen), vielleicht weil diese von Livius behai
B. 1 — 6 erzählen einleitungsweise die Geschichte von Asien u]
Die späteste in dem Werk erwähnte Thatsache ist die Rückgab
den Parthem eroberten Feldzeichen J. 734 d. St. (XLII, 5, 11).
ist die Vermutung dass XLII, 4, 16 (Parthiae, in qua iam quas
est reges parricidas haberi) sich auf die Ermordung des Phraatei
seinen Sohn Phraatakes (ums J. 9 n. Chr.) beziehe. Der Fatal
antiken Geschichtschreibung trat auch bei Tr. zu Tage (XLII, 4,
Parthiae fecit ut etc.). Die lebendige Stilisierung des Werkes
durch den Auszug Justins hindurch oft genug erkennbar. Einen
eloquentiae nennt den Tr. Justin, praef. 1. vgl. Vopisc. Prob. 2,
Sallustios, Livios, Tacitos, Trogos atque omnes disertissimos imit
Auf achtungswerthe historische Grundsätze lässt schliessen XXX^
quam (orationem) obliquam Pompeius Trogus exposuit, qnoniai
et in Sallustio reprehendit quod contiones directas pro sua orat
suo inserendo historiae modum excesserint Berücksichtigung s*
genossen Vergilius; s. Serv. ad Aen. VI, 783: de hoc loco et
Probus quaenmt. Der englische Chronist Roger Wendover und
Matthäus von Westminster, Flores histor. (ed. 1570) I. p. 81 (s.
schndd S. 260 f. Reifferscheids Sneton p. 382 f. vgl. unten 263, 1
divinae incamationis nono, Caesare Augusto imperii sui LI""^ age
(J. 762 d. St.), Trogus Pompeius chronica sua terminavit. . . R<
remp. . . ab initio usque ad praesens tempus prosequitur.
4. Erhalten ist uns die Universalgeschichte des Trogus ihi
prologi (Inhaltsverzeichnissen) zu sämmtlichen Büchern theils in
242. Geschichtschreiber: Pompeius Trogus. (lustinus.) 485
^^e ües JustiuuB, "welcher in seiner praefatio sagt: Trogus Pompeius
pf^ecas et totius historias orbis latino sermone conposuit. . . cuius Hbris
onunum saeculorum, regum, natiouum populorumque res gestae continen-
^^* . . ea omnia Pompeius divisa temporibus et sehe rerum digesta con-
posuit. horum igitur XLIV voluminum (nam totidem edidit) per otium
quo in orbe versabamur cognitione quaeque dignissima excerpsi. Ausser-
dem eiuzehie Stellen bei Priscianus, Jordanes (de rebus geticis), Servius
oad Junilius Plagrius; s. A. v. Gutschmid S. 186— -202. Alle übrigen
Schriftsteller haben, auch wenn sie Trogus als Quelle nennen, doch nur
*U8 Justinus geschöpft. Die von Bielowski (A. 5) aus polnischen Chroniken
entnommenen angeblichen Fragmente des Trogus sind als trüglich erwiesen
forden durch A. v. Gutschmid, über die Fragmente des P. Tr. und die
Glaubwürdigkeit ihrer Gewährsmänner, in Fleckeisens Jahrbb. Suppl. II
l^Böe f.) S. 202—282. Vgl. du Rieu in der Mnemosyne UI (1864) p. 177
— 183. J. Bemays, Rhein. Mus. X. S. 293—298.
5. Pompei Trogi fragmenta . . una cum prologis historiarum Philipp.
^t critids annotationibus edidit Aug. Bielowski, Lemberg 1853. XXVI und
^^ Pp. Sammlung der Ueberreste aus den Bist, auch in den Ausg. des
Justinus von Protscher I. p. XCVIII— CIV, sowie von Johanneau undDüb-
^er (Paris 1833) II. p. 221—225. Vgl. noch R. Sascke in Jahns Archiv
■^^^X. S. 156—169. A. H. L. Heeren, de Trogi fontibus, in den comment.
soc. Gotting. XV. J. 1804 (wiederholt in der Ausg. von Protscher), wo
ausser Theopomp (und Timäus) auch Klitarchos (C. Raun, de Clitarcho Dio-
^^li, Curtii, lustini auctore, Bonn 1868), Polybios (s. H. Nissen, kritische
^i^tersuchungen S. 305 — 307), Poseidonios als Quellen nachgewiesen wer-
^®ii. H. Woltfgarten, de Ephori et Dinonis historiis a Trogo Pompeio
^xpressis, Bonn 1868. 86 pp.
6. Das Zeitalter des Justinus ist unbekannt; der Erste der ihn nennt
^t Hierouymus (Opp. ed. Vallars. V. p. 621 : praedpue nostri Livii et Pom-
P^^ Trogi atque lustini, qui omnem extremae visionis narrant historiam).
^^<^Ii dem noch gut antiken Gedankengang und Ausdruck seiner praefotio
^^cl der Berufung auf den Siteren Gato möchte man ihn nicht später setzen
^^ den Epitomator des Livius, Florus. Ueber sein Verfehren praef. 4:
^^'^^issis his quae nee cognoscendi voluptate iucunda nee exemplo erant
^^<^^88aria breve veluti florum corpusculum (Blumenstrauss, Anthologie)
'^^^ Vgl. A. 4. Augustin. de civ. d. IV, 6 in.; lustinus, qui graecam vel
^^t^us peregrinam, Trogum Pompeium secutus, non latine tantum . . ve-
'^^^^ etiam breviter scripsit historiam. Gros. I, 8; Pompeius historicus
^^^X^ae breviator lustinus; ib. 10: Pompeius sive lustinus. Die Sprache
^^ Trogus scheint Justin wenig verändert und nur mit mancherlei neue-
Zuthaten zersetzt zu haben. Justins eigene geistige Befähigung ist
^ing.
^^ 7. Die Handschriften in welchen der Auszug aus Trogus über-
^^fert ist zerfallen in zwei Classen, eine lückenhafte und vielfach verdor-
^^ne, aber dabei von Interpolationen freie, deren bester Vertreter der
^ttteaneus saec. IX (»» Bongarsii optimus), nächstdem die Giessener (F.
^^. Otto, commentar. crit. de codd. bibl. Giss. 1843, p. 201—250) und die
'^^arburger Hds. ist, weiterhin zwei Wolfenbüttler; andererseits vollstän-
486 Augustoiache Zeit, 711—767 d. Si
digere, aber stark und willkürlich interpolierte, die deteriores bei J^3 — CP;
8. dessen Praefatio und Wolfenbüttler Programm 1855. 30 pp. 4.
8. Ausgaben des Justinus. Ed. princ. Venet. 1470 und Rom. 1470* — ^'
Aid. 1522. Nach guten Hdss. J. Bongarsius (cum notis), Paris. 1581;
mehrt durch Fr. Modius (Francof. 1587). Cum notis Is. Vossü, Lugd.
1640. Cum notis Tariorum ed. I. G. Graevius, Utrecht 1668. Lugd. B. 1(
1701. Sammelausgabe Ton Abr. Gronovius, Lugd. B. 1719. 1760; emeai
und vermehrt von C. H. Frotscher, Lips. 1827—1880. 8 VolL Ed. J.
Fischer (Lips. 1757), J. C. F. Wetzel (Lignit. 1806), Benecke (mit Aül
Leipzig 1830), Fr. Dübner (adnot. crit. instr., Lips. Teubner 1881), W. Fii^ -^^'
bogen (mit Anm., Halle 1835), Johanneau et Dübner (Paris 1838. 2 VolL^^)'
und besonders rec. Just. Jeep (Lips. 1859, Bibl. Teubner.; mit comm. a^c^^^
ticus p. 1—188; ed. minor 1862). Auch ed. Fr. Arnulf (varias lectt. ex !^ ^
codd. Taurinens. adiecit, Turin 1848, 608 pp.), G. H. Th. Hartwig (Schr^:-^^-
ausgäbe, Braunschweig 1852), H. Domke et G. Eitner (in us. schol.,
lau 1865).
Trogi prölogi ed. G. H. Grauert, Münster 1827.
9. J. F. Recke, über die Spracheigenthümlichkeiten Justins,
hausen 1855. 25 S. 4. J. F. Müller, de casuum ap. lust. usu, Budissin 11
20 pp. 4. Rozek, de natura latinitatis lustinianae, Hermanstadt 1865.
Fr. Fischer, de elocutione lustini, Halle 1868. 66 pp.
Rzesinski, de lustino Trogi epitomatore, Krakau 1826. U. Eöhlc
Kritisches zu Justin, in Fleckeisens Jahrbb. 91, S. 427—430.
10. Uebersetzungen von Gstertag (Frankfurt a/M. 1781, 2 Bde), Koll
(1824) und Chr. Schwarz (Stuttgart, Metzler 1834—1837, 6 Bdchn).
243. Am Schlosse der augusteischen Zeit und vielleicE — fc**
noch unter Tiberius schrieb der sorgfaltige Forscher Feni
Stella^ welcher sich den Yarro zum Muster gewählt hati
Wie dieser gab er selbst von seinen Annales auch eine kürzi
Bearbeitxmg heraus und widmete , in den Annales selbst
einem eigenen WerkC; der Sittengeschichte Roms imd den staai
rechtlichen Verhältnissen eingehende Aufmerksamkeit. Dageg-
L. Arruntius ahmte in seiner Geschichte des punischen
in übertreibender Weise den Sallust nach. Eine Bearbeitu^ "^S
der älteren romischen Geschichte verfasste vielleicht schon ^•-^
dieser Zeit Annius Fetialis^ eine Darstellung der jüngsten Yi
gangenheit A. Cremutius Cordus.
1. Hieronym. zu Eus. Chron. ad a. Abr. 2036 c=s 6 Tiberü «»
d. St.: Fenestella historiarum scriptor et carminum septuagenarius
ritur sepeliturque Cumis. Geboren wäre er hienach 702 d. St. Di
stimmt Plut. Crass. 5 extr.: tovtiov tpriol tiqv itiQav (die im J. 668
gefähr 18 J. alt, somit c. 650 geboren war) {jdti nQicßvtiv oiaav 6 ^'
veOTÜlag Iditv avTog %al nollanis inovcai (in Spanien?). Wenig
scheinlich ist hienach die Angabe von Plin. N. H. XXXIII, 62: sua memo:
coeptum Fenestella tradit, qui obiit novissimo Tiberü Caesaris prindj
^LflS
243. Gescbichtschreiber: Fenestella. 487
>a Tiberios 790 = 37 starb, so müsste nach Plinius Fenestella's Leben um
19 — 789 gesetzt werden (Mercklin p. 3). Dass er erst unter Tiberius (das
etr, Werk) geschrieben habe erhellt nicht aus Plin. N. H. VIII, 74: togas
asaa . . divi Augusti (Worte des Plinius?) novissimis temporibos coepisse
cribit Fenestella. Sicher schrieb er TOr Asconius, der öfters gegen ihn
K>lemisiert. 8ehr unrichtig jedenfalls Lyd. de mag. III, 76: ms ^eviötil-
•^9 «ffl Ziciifag ot 'Pm/iaiöi (paöiv^ av rag XQijcng 6 BccQQtop inl xoiv
€v%^amCtmv nQuyficiTOüp dvrifayBV iycj dh rag ßißlovg ovnat nd'iafiat*
Tenestella wird wohl den Sisenna und Yarro angeflihrt und des Lydus
2^elle die drei Namen durch einander gebracht haben. Praenomen und
Lomen des Fenestella ist unbekannt; ebenso die carmina desselben.
2i Auf Fenestella werden zahlreiche Staats- und sacralrechtli(^e An-
aben zurückgefilhrt, wie über die provocatio, die Quästoren, die XVviri,
e leges Aureliae, die festi und profesti dies, das römische Jahr, die ludi
rcenses, libri sibyllini, auch über die Kosten der aqua Marda; ebenso
teilgeschichtliche über Kleidertracht (togae rasae, uniones, anuli aurei,
loei, Silbergeräthe), Lebensweise (Fische, Einführung der olea, Aufkom-
'Tx des Luxus) und literaturgeschichtliche (über Terenz und Cicero). Nir-
ci^s aber werden bei diesen Angaben (etwa abgesehen von der ganz
sicheren Stelle bei Non. v. praesente) ausdrücklich seine Aunales als
eile genannt. Vielmehr hat das aus diesen Angeführte den C!harakter
i^Y Erzählung von Vorgängen, jene culturgeschichthchen Nachrichten
eir, bei aller Anknüpfung an bestimmte Jahreszahlen (Mercklin p. 10),
^Gn reflectierenden. Auch sagt Sen. Epist. 108, 31: aeque ndtat (Cicero
S«p.) . . provocationem ad populnm etiam a regibus fuisse: id ita in
x^tificalibus libris, et alii putant et Fenestella. Zu der Art wie hier Fe-
Bi^ila zu den pontificales libri in Beziehung gesetzt ist stimmt seine Zu-
Kx^menstellung mit Qracchanus (oben 133, 2) und Trebatius (der de reli-
^Hibus schrieb, oben 189, 3) bei Ulpian, Dig. I, 13, 1, 1: et lunius et
^ebatius et Fenestella scribunt. Vielleicht gehört dahin auch seine Be-
lohnung als annalium commentator (oder »= scriptor?) bei Tertull. adv.
^l«nt. 34, p. 303. Plinius nennt und benützt ihn als Quelle in B. VIII
^ elephantds etc.), IX (de aquatilium natura), XV (frugiferae arbores),
CXm (Metalle), XXXV (Malerei).
3. Genauere AnfCLhrungen aus den annales des F. finden sich nur bei
^i:iius, nämlich p. 221 f. v. reticulum (vielleicht aus einer Sittenschilde-
>^g): Fen. annalium (III), p. 154, 20 (v. praesente): Fenestella annali 1. 11
:X8 unbekannter Zeit), und p. 385, 9 (v. rumor): F. annali 1. XXII (aus
C98 d. St.)< Auch stammen daraus unzweifelhaft die Nachrichten bei
^t. SulL 28 und Crass. 4 f. Selbst wenn die culturhistorischen Angaben
^ den annales waren beweisen sie nichts für deren Zurückreichen in die
^nigszeit, da sie (z. B. Phn. N. H. XV, 1) Excurse gewesen sein können.
^ IrrthÜmer welche Asconius und Gellius dem Fenestella nachweisen
)d theÜB unerheblich (Mercklin p. 9 f.) theils beruhen sie auf Meinungs-
trschiedenheit, widerlegen daher nicht das Urteil von Lactant. (inst. div.
6, 14): Fenestella diligentissimus scriptor, das vielmehr durch Stellen
ie Sueton. vit. Terent. 1 und Macrob. I, 10, 5 f. bestätigt wird. Vgl.
>ch Lactant. de ira dei 22, 5: plurimi et mazimi auctores tradidenmt,
488 Augusteische Zeit, 711—767 d. St
. . nostrorum Yarro et Fenestella. Die wenigen zusammenhängenden
Stellen die wir kennen (besonders bei Non. v. rumor, auch Priscian. YÜI,
20. p. 386, 13 f. Htz.) zeigen eine Darstellung von behaglicher Umst&nd-
lichkeit Daher der Auszug, bei Diomed. L p. 365, 7 f.: apud Fenestellam
in libro epitomarum secundo: quemadmodum Caesar a piratis captos sit etc.
Also eine Art Inhaltsverzeichniss, wie die Prologe des Trogus, jedoch aus-
führlicher als diese. Nur auf Fulgentius (mythol. III, 2) beruht und ist
darum fast werthlos das Citat: ut Fenestella in Achaicis (oder Arch.)
scribit.
4. Sammlung der Ueberreste des Fenestella zuletzt an Frotschers
Ausgabe von Corte*s Sallust (Lips. 1825) I. p. 489—494. Dazu Nachträge
von L. Mercklin, de Fen. p. 12, und danach von J. Poeth, de Fen. p. 21
— 56. L. Mercklin, de Fenestella historico et poeta, Dorpat 1844. 12 pp.
Gedehnt J. Poeth, de Fen. historiarum scriptore et carminum, Bonn 1849.
5. Die unter dem Namen L. Fenestella veröffentUchten zwei Bückew ^^^mßz
de magistratibus et sacerdotiis Bomanorum (z. 6. Yindob. 1510. 4. Parift^c-^Eons
1530. 1535) hatten den Canonicus Andr. Dom. Fiocchi (f 1452) zum Yer-s^^^er-
fasser, und wurden auch unter dessen Namen (Floccus) von Aegid. 'Witsiui.B::9^^:4iiis
1561 herausgegeben. Die Fälschung war so naiv dass sie unter den sacerK: ^^^er-
dotia auch episcopi und archiepiscopi aufführte.
6. Suet. gramm. 20: fuit (Hyginus) familiarissimus Ovidio poetae e^ ^ et
Clodio Licino consulari historico, qui eum . . tradit liberalitate sua quoi
vixerit sustentatum. Er ist wohl der cos. suff. des J. 757 d. St. (ex
lul.) C. Glodius Lidnus. Ygl. auch oben 132, 5.
7. Sen. Epist 114, 17: L. Arruntius, vir rarae finigalitatis (Yell^^XXllcj.^
II, 86, 2 vom J. 723: L. Arruntii, prisca gravitate celeberrimi, fldes), gm m^^ Q^
historias belli punid scripsit, fuit Sallustianus etc. (oben 194, 7). ib. 1? -K: 19:
Arruntius in primo libro belli punicL Tac. A. XI, 6: meminissent . . rmf^ t^'
centiorum Arruntii et Aesemini; ad summa provectos incorrupta vita et ^» ^ fo-
cundia. Als Gegner der neumodischen Beredtsamkeit erwähnt ihn Set^^^3ßea.
controv. YII. praef. 7 (p. 182, 2 ff. Bu.). Er ist wohl der L. Arruntius L. ^ •.lÄ^L. f-
welcher J. 732 d. St. mit Aeseminus Consul war und der Yater des gleicL^^-^^ch-
namigen Consuls von 759 d. St, welcher Letztere J. 790 starb. Der G» SzJ^ Ge-
schichtschreiber ist ohne Zweifel auch der Arruntius welchen Plinius i'g ^ ^
Quellenverzeichniss seiner n. h. zu Buch III, Y und YI (Beschreibung vc^"^^ ^OJ^
Spanien, Africa, Asien) aufführt.
8. Annius Fetialis, von Plinius im Quellenverzeichniss zu B. 33 u. ^
genannt und XXXIY, 13, 29 als Gewährsmann fElr die Angabe dass
Cloeliastandbild vielmehr eine Yaleria darstelle; eine Angabe welche wo
auf Yalerius Antias zurückgeht (Schwegler R. G. II. S. 8. H. Peter, Qu«
len Plutarchs S. 45. 49 f.) oder von einem Yerehrer des Yalerius Hess
(oben 208, 5 ff.) herrührt.
9. lulius Marathus, libertus.et a memoria eins (des August), . .
dit, Suet. Aug. 79 vgl. 94: auctor est I. M. (von einem verherrlichend^ ^ea
Mythus über August).
10. Ueber Cremutius Cordus s. unten 261, 1.
244. Gramiuatiker: Santra. Sinnias Capito. 489
11. Ueber T. Labienus b. unten 251, 8. Ueber die geschicHüichen
Schriften des Hyginos und Verrius Flaccus s. unten 245, 1 f. 246, 2.
244. Unter den Grammatikern umfassten Santra und
Sinnius Capito in der Weise der Aelteren neben grammati-
sdien zugleich auch literarhistorische und antiquarische Studien.
^^T Einfluss des Yarro zeigt sich bei Sinnius in der nationalen
Richtung seiner Forschung sowie in der Wahl der Briefform,
öantra aber verfasste auch eine Tragödie mit griechischem Stoffe.
1. Hieronym. de vir. illustr. (II. p. 821 YaU.) praef.: fecerunt hoc
2<iexn (literarhistorische Schriften verfassen) . . apud Latinos Varro, Santra,
^epos, Hyginus. Gell. YII, 15, 5: ne si AeUi quidem, Cincii et Santrae
^cendum ita censuissent. Verrius Flaccus (bei Festus p. 277 M.) und
QcLixitil. XII, 10, 16 erwähnen den Santra bei literarhistorischen Fragen,
(bei Säet, gramm. 14; s. oben 187, 4 E.) den Curtius Nikias. Sueton.
. Terent 4 (p. 31, 10 Rffsch.): Santra Terentium existimat etc.
2. Festus p. 277 M.: quam rem (über reciniati mimi planipedes)
^enter ezsequitur Santra libro 11 de antiquitate verborum. SchoL
OD. Aen. V, 95 (p. 95, 4 f. K.): Santra de antiquitate verborum libro IIl
etc. ad Aen. II , 171 (p. 86, 15 K.): ut Santra antiquitatium libris.
. p. 170, 21: Santra de verborum antiquitate III (oder 1. U): quod
Naevius b. puuicum, s. oben 83, 8) volumen unum nos lectitavimus
postea (in andern Handschriften) invenimus septemfariam divisum. Aus
^^.xitra Nuntüs Bacchi führt Nonius (s. Tragg. latt. reliqq. p. 195 Rb. vgl.
1E>- 347) vier (nicht ganz vollständige) Senare an, von denen mindestens
^^x-^ hellenisch correcten Bau haben. — L. Lersch, Sprachphilosophie III.
S. 165 ff. und Ztschr. f. d. Alt. Wiss. 1839, Nr. 13 f. 43. A. E. Egger,
^st^t;^ serm. vet. reliqq. p. 18—21. L. ProUer, ausgew. Aufsätze S. 377 f.
3. M. Hertz, Sinnius Capito, eine Abhandlung zur Geschichte der
X'Oziiigchen Grammatik, Berlin 1845. Sammlung seiner Ueberreste ebda.
S. 27—37. Vgl. Egger, vet. serm. lat. reliqq. p. 63—68.
4. GelL y, 20, 1: soloecismus, . . a Sinnio Capitone eiusdemque ae<
'ta.iug aliis imparilitas appellatus, vetustioribus Latiuis stribiHgo dicebatur.
^^9 9—11: Sinni Capitonis, doctissimi viri (vgl Hieron. in A. 5), epistulae
B^^xit tmo in libro multae positae . . in templo Pads. prima epistula scripta
^^^ a^ Pacuvium Labeonem. . . in ea rationes grammaticas posuit per
^)2Aa docet „pluria** latinum esse, „plura^' barbarum. 20, 2: Sinnius Ca-
^^^ in literis quas ad Clodium Tuscum dedit. VgL Festus p. 162 (si dili-
^^*^tiu8 inspidatur, ut fecit Sinnius Capito). 170 M. Dahin gehört wohl
_^^h der Über de syllabis . . Sinni Capitonis bei Pompejus p. 110, 2 Keil
^^^^anm. lat. V). VgL J. Becker, Ztschr. f. d. Alt. Wiss. 1847, Nr. 133.
^. deinen Wortableitungen (Fest. p. 138. 230. 340) zeigt sich Capito, wie
^^'^dius (s. 186, 4), als Puristen.
5. Lactant. Inst. div. VI, 20, 35: Sinnius Capito in libris spectaculo-
docet. Vgl. Festus p. 326 u. 364 M. Hertz S. 20 f. Erklärung sprüch-
^^^^^tJicher Redensarten (Festus p. 145. 261. 282. 322. 325. 334) in einem
en Werke? Hertz S. 22. 32 ff. Philologus I. S. 610 ff. Geographisch-
490 Augusteische Zeit, 711—767 d. St
ethnographische Forschungen? Hieronym. in Gen. III. p. 319 Vall.: lega-
mus Yarronis de antiquitatibus libros et Sinnii Capitouis et Graecum Phle-
gonta ceterosque eruditissimos vires, et videbimus omnes paene insulas etc.
Hertz S. 23. 30 f., welcher hienach S. 25 ein dem yarronischen gleich
betiteltes umfassendes Werk des Sinn. Cap. vermutet, Antiquitates ode~
De antiquitatibus, worin die Forschungen über Gegenstände der römischec^^..^
Religion, Verfassung^ und des Eechtswesens untergebracht waren. C. Wacl
muth, Ausg. von Ljdus de ostent. p. XX, bezieht darauf auch Ljd. ost.
<p. 6, 16) und de magistr. prooem. (o ti KcatCtmv %u\ ^ovtifvotf).
245. Die Richtung des Fenestella auf Alterthumsforschi
und seinen Anschluss an Yarro theilte der gelehrte Freigelass«
M. Verrius Flaccus, besonders bekannt durch seine Fa.^ti
und das umfassende lexikalische Werk de verborum significa^tu;
eine reiche Fundgrube der wichtigsten Nachrichten über c^as
romische Alterthum. Wir besitzen von demselben nur eii^^n
namhaften Theil des Auszuges welchen Pompeius Festus da-
von gemacht hatte^ nebst dem Auszuge welchen diuin wiederxim
der Priester Paulus von dem Excerpte des Festus anfertigi;e,
Beide in der Absicht das nicht mehr gebräuchliche Alte etus-
zumerzen.
1. Suet. gramm. 17: M. Verrius Flaccus libertinus docendi gexiere
maxim^ inclaruit. . . quare ab Auguste quoque nepotibus eius (geb. 754
und 787) praeceptor electus transiit in Palatium cum tota schola. . . de-
cessit aetatis exactae Eub Tiberio. statuam habet Praeneste in inferiore
fori parte, circa hemicydium in quo fastos a se ordinatos et marmoreo
parieti iucisos publicarat. üeber diese s. oben 64, 3 und 64, 8, 9. P^'
Verrius Flaccus, iuris pontifidi peritissimus, von welchem eine Aeusserung
(Witzwort?) aus Varro bei Macrob. I, 15, 21 angefahrt wird könnte etwa
sein Freilasser sein.
2. Sammlung der Ueberreste des Verrius in den Ausgaben des Festti^
von Dader, Lindemann und 0. Müller (Praef. p. XIII— XVI). Gellius I^*
5, 6: in Verri Flacd libro primo rerum memoria dignarum. Daraus ^obl
das was PHnius in N. H. lü, VU, VHI, IX, XIV, XV, XVIII, XXVIÖ,
XXIX, XXXm— XXXV von Verrius Flaccus entnahm. Gell. XVII, 6, *'
libri . . . Verrii Flacd de obscuris Catonis (oben 108, 4) in libro secundo scri-
ptum est etc. V, 17, 1 (und 18, 2): Verrius Flaccus in quarto de vef^^'
rum significatu. Schol. Veron. ad Aen. X, 183 u. 200 (p. 108 K.): Flaoc^
primo Etruscarum. Macrob. I, 4, 7 (vgl. ib. 8, 5): Verrius Flaccus ix> ^
libello qui Satumus inscribitur. Unbestimmte Anfühmngen ans dem '^
mischen Cultus ib. 6, 15. 10, 7. 12, 16. Lactant. Inst. I, 20, Serv. A^^'
VIII, 203. XI, 143 (alii, sicut Varro et Verrius Flaccus, dicunt). S^^
granun. 19: Scribonius Aphrodisius . . docuit quo Verrius ten^K>re, c^^
etiam libris de orthographia rescripsit non sine insectatione studiof*^^^''^
morumque eius. Daraus wohl die Angaben von orthographischen Besti^^
mungen des Verrius Flaccus bei (^harisius, Diomedes imd Velins Lod^^^^
j
245. Grammatiker: Yerrius Flaccus. 491
daraas auch die dortigen Erörterungen über Geschlecht, Flexion tuid
i^^eutung von Wörtern, so hat Yerrius die Orthographie als sprachlich
tC^tiges Schreiben verstanden. Auch der Briefform bediente er sich (wie
'.suro) bei seinen grammatischen Darlegungen; 8ery. Aen. YlII, 423: antea
o c adverbium loci fuit; . . nam crebro in antiquis lectionibus invenitur,
<^mit in epistolis probat Yerrius Flaccus ezemplis, auctoritate, ratione.
3. Das Werk de verborum significatu war von Yerrius alpha-
^^isch angelegt, so dass jeder Buchstabe eine Anzahl Bücher umfasste,
!£. P mindestens fünf (Festus p. 326 b, 2 f. M.: causam Yerrius in libro Y
cKorom prima est P litera reddidit), A zum Mindesten vier (s. Gell, in
L 2), ebenso S mehrere Bücher ^est. p. 309 a, 6 f. : Suburam Yerrius
libro — bei Festus p. 302 a, 15 ff. — a pago Succusano dictam ait,
o« vero mazime probat eorum auctoritatem qui etc.). Innerhalb der ein-
^Ijien Buchstaben scheint in der Hauptsache gleichfaUs die alphabetische
>x'dnang eingehalten worden zu sein, aber ohne Consequenz und mit Durch -
Lx-«azung durch andere Rücksichten, besonders sachliche. 0. Müller p. XYI
— ^^IX, wo das ErgebniBs: Yerrium apparet libros de verb. sign, omnes
»^CQiidum literas disposuisse, neque in ea re primas tantum sed etiam se-
cixxidas tertiasque literas respezisse, sed ita ut saepe literas inter se affines,
v'elat E et I, 0 et Y, uno capite comprehenderet et consonantibus malus
ponduB tribueret quam vocalibus, denique ut singulorum capitum . . ordi*
nem ad arbitrium magis quam ex alphabeti lege constitueret. idcirco pu-
^verim Yerrium quae ex variis scriptoribus . . excerpsisset vel ipse ex-
^firitasset in singulas Chartas coniedsse easque deinde non certo ordine
^^^eatas librarüs tradidisse describendas. In dem Werke werden sämmt-
^che Gedichte des Yergilius angeführt, Horaz niemals. Yon Yarro werden
^ci^ischiedene Schriften citiert, das Werk de lingua latina nie, vielleicht
^eil es Yerrius für verfehlt hielt (vgL oben 155, 2) und doch nicht dagegen
^lexnisieren mochte. Die Schriften des Antistius Labeo, des Yeranius und
^^Jlls Capito werden erst in der zweiten Hälfte des Werkes angeführt.
^^^ die Abfassungszeit lässt schliessen p. 154 b, 7 f.: cum mansisset ab
^^^e condita ad principatum Augusti Caesaris inviolatum, und (v. senacula)
** ^47, 25: ubi nunc est aedis Concordiae inter Capitolium et forum, wel-
-h^*- Tempel im J. 763 d. St. eingeweiht wurde. Das Werk scheint daher
-^^« der spätesten des Yerrius zu sein. Ygl. Merkel zu Ovid's Fast.
^- XCIY ff.
4. Ueber sein Yerhalten zu dem Werke des Yerrius spricht sich
^ Qstus selbst, V. porriciam, p. 218 b so aus: cuius (des Yerrius) opinio^
^em neqae in hoc neque in alüs compluribus refutare minime necesse est,
^Tun propositom habeam ex tanto librorum eius numero intermortua iam
^ sepolta verba atque ipso saepe confitente nullius usus aut auctoritatis
]iraeterire, et reliqua quam brevissime redigere in libros admodum paucos.
(Glücklicherweise führt er diesen Yorsatz sehr inconsequent durch.) ea
autem de quibus dissentio et aperte et breviter, at sdero, scripta in his
übris meia invenientur (qui) inscribuntur „priscorum verborum cum ezem*
pHs". Letzteres Werk des Festus ist spurlos verschwunden. Das Excerpt
ans Yerrius ist mechanisch gemacht, mit Zusätzen besonders aus andern
Sduiften des Yerrius, selten eigenen, die dann möglichst wortreich sind
»
5. Das Zeitalter des Sex. Pompeias Festus ist onbekannt;
citiert er p. 369 den Martialis und p. 277 a den Granios (?) und wi
Ton Macrobius (Sat. III, 3, 10 und 6, 7 Pompeius Festus; III, 8,
h| Festus de verborum significationibus libro XIII) und Charisius (p. '
K.: Porphyrie ex Verrio et Festo) angeführt. Er mag also den
christlichen Jahrh. angehören. Er theilte seinen Auszug in 20 Bü
ungefähr gleichem Umfang ein, ohne Bücksicht darauf dass jec
einen neuen Buchstaben beginne (0. Müller p. XXXI f.). Erhalte
sein Werk durch eine einzige (vgl. Rhein. Mus. XVII. S. 810} Hai
den cod. Famesinus saec. XI (jetzt in Neapel), damals ohne Zwei
vollständig. Von dieser bi*achte um 1480 der lUyrier Manilius Bh
neun letzten (mit der Mitte des M beginnenden) der 16 Quatemi<
welchen das Exemplar ursprünglich bestand ungebunden nach ]
Pomponius Laetus), und auch diese sämmtlich auf der linken
durch Brand schwer beschädigt. Von diesen neun sind seitden
drei verloren gegangen (quat. VIII, X, XVI) und uns nur durch
Schriften bekannt welche im löten Jahrh. davon genommen wur<
Ursinus irrig schedae Pomponii Laeti genannt). Namentlich den Q
XVI besassen noch Manche (wie Politianus und der Schreiber i
2731) denen vom üebrigen mehr oder weniger fehlte (wie dem P
die Quatemionen VIU, IX und X). Vgl. 0. Müllers Ausg. p. II—
Th. Mommseu in den Abhandl. der Berl. Akad. 1864, p. 57—66.
: m
6. Wie der Auszug des Festus zum frühen Untergange des
;' im digen Originalwerkes beigetragen haben wird, so wurde Festus se!
j hM derum verdrängt durch seinen Epitomator, den Priester Paulu
fi \^ sichere Berechtigung Diaconus genannt, s. Bethmann in Pertz A
S. 320 ff.) unter Karl dem Grossen. In dem als Vorwort dienendei
ben an Letzteren heisst es: Sextus Pompeius . . opus suum ad X
prolixa volnmina extendit. ex qua ego prolixitate superflua qu£
minus necessaria praetenrrediens et auaedam abstrusa Denitus stUo
I
1 k
245. Grammatiker: Verriua Flaccus. (Festus. Paulas.) 493
Da er aach die Schreibfehler des cod. Farnes, von Feetus abschreibt oder
durch Weglassxmg der betreffenden Worte umgebt, so scheint es dass er
die gleiche Hdschr. des Festus vor sich hatte wie der Schreiber des Far-
nesinns. Vgl. 0. Müllers Praef. p. XXXII f. Vni f. Der Auszug des Pau-
Un ist in zahlreichen Hdss. auf uns gekommen. Derselben sind zweierlei
Classen. Die eine gibt mit blinder Treue die Worte des Paulus wieder,
wie die Münchner saec. XI und die Wolfenbüttler saec. X. Die andere
rührt von Solchen her die den vorgefundenen Text mit ihren unzureichen-
den Kräften zu verbessern versuchten, wozu besonders ein Lipsiensis und
oin Berolinensis gehört; s. 0. Müller p. IX— XII. Auch zu Trojes soll
sich ein cod. saec. IX befinden; s. Catalogue g^näral des mss. (Paris 1856)
n. Nr. 2291.
7. Ausserdem ist uns Einzelnes durch Schriftsteller erhalten welche
TTr Festus den Verrius benützten oder ror Paulus oder unabhängig von
ihm den Festus. Das Erstere findet Statt bei dem Excerpt aus Suetons
I^i^ta, hbr. IX bei Isidor de nat. rer. 44, in Reiiferscheids Sueton p. 242
— 244; das Zweite bei den Glossarien des Pladdus und den griechisch-
lateinischen, namentlich in den ersten Buchstaben; s. 0. Müller's Festus
P- XXXni f. und p. 380 f.
8. Ausgaben des Festus und Paulus (vgl. Müller*s praef. p. XXXV
— ^11). Ed. princ. de« Letzteren Mediol. 1471 und darnach öfters. Festus
^uid Paulus durcheinander (nebst Nonius und Varro) nach J. B. Pius' Pa-
pieren von Conagus, Mediol. 1510 und später. Aid. Venet 1513. Sonde-
'^^^g des Festus und Paulus und kritische Behandlung durch Ant. Augu-
'^na, Yenet. 1559 und sonst. Vorzügliche Beiträge zur Kritik in Jos.
^^^^ger's Ausgabe, 1565. Mit Erg^zungen des Fnlvius ürsinus, Bom 1581 f.
^otia et emend. illustr. A. Dacier, Paris 1681 und Amsterd. 1700. In Lin-
^^iDanns Corp. gramm. lat II, und abgesondert Lips. 1832. 4. Edidit A.
r r ^8?6i'> P&ns 1838. Hauptausgabe: emendata et annotata a C. 0. Müller,
^PB. 1839. 4.
9. Beiträge zur Textkritik von L. Mercklin (Observationes ad etc.
P^^t^at 1860. 14 pp. 4.), W. Corssen (Philologus XX. S. 730—737), Th.
■"^Onaniaen (Festi codicis quatemionem XVI«»" den uo edidit, Abh. d. Berl.
-^^ad. 1864, p. 66-86) u. A.
A. Baumstark in Pauly's Real-Enc. III. S. 463—466. H. E. Dirksen,
^e römisch-rechtlichen Quellen des Verrius Flaccus und Festus, Abhandl.
^er Berliner Akad. 1852, S. 133—184.
246. Der Freigelassene des Augustus und Bibliothekar C.
Julias Hyginus (um 690 — 770?) verband die Richtung des
Varro mit der des Nigidius Figulus. Dem Varro strebte er
nach in Vielseitigkeit der literarischen Thätigkeit und in natio-
naler Richtung derselben. Wie er de situ urbium italicarum
sehrieb so auch über berühmte Männer der vaterländischen Ge-
schichte; daneben verfasste er Schriften über ein Gedicht des
CSnna und über die Werke des Vergil, sowie eigene Bücher
]
494 AugnsteiBche Zeit, 711—767 d. St.
über Ackerbau und Bienenzucht. Nach dem Vorgange des "^J^ ^' f ^ ^
gidius verfasste Hyginus theologische (und astrologische) Schrx^' I ^
ien, die aber wohl nüchterner gehalten waren als die von jeneo^'
Den Namen Hyginus tragen zwei auf uns gekommene Seh
bücher über Mythologie, nämlich 277 Fabulae, werthvoll ^
sonders durch ausgedehnte Benützung der tragischen Literatu^^. I^ia
der Griechen, aber in sehr abgekürzter Fassung und unclassi^
scher Sprache erhalten; und vier Bücher de astronomia aus
alezandrinischen Quellen, besser erhalten, aber gleichfalls gekürzt
Beide Schriften sind ohne Zweifel von demselben Verfasser; ob
dieses aber der Augusteer Julius Hyginus war ist zweifelhaft.
1. Suet. gramm. 20: C. lulius Hyginus, Augusti libertus, natione
Hispanus — nonnulli Alexandrinum putant et a Caesare pueraxn Romam
addüctum Alezandria capta (J. 707 d. St.) — etadiose et audüt et imita- "^*
tus est Comelium Alexandmm grammaticum graecum, quem propter anti- — Mi-
quitatis notitiam PolyhiBtorem multi . . vocabant. (Daher vielleicht die ^»ie
Bezeichnung des Hyginus als Alezandrinus.) Praefuit palatinae bybliothe-
cae (gegründet 726 d. St.)» nee eo «ecius plurimos docnit; fuitqae familia-
rissimus Ovidio poetae (der yielleicht an ihn Trist. HI, 14 gerichtet hat)
et Clodio Licino (oben 243, 6), . . qui eum admodum pauperem decesdese
tradit. . . Huius libertus fiiit lulius Modestus, in studiis atque doctrina
vestigia patroni secutus. Ungenauer Auszug hieraus bei Hieronym. zu
Euseb. chron. ad a. Abr. 2008 — Aug. 35 = 746 d. St. : C. lulius Hyginus,
cognomento Polyhistor, grammaticns habetur inlustris. Zur Zeit da Coln
mella (I, 1, 13 f.) schrieb war Hyginus todt. Schon bei Festus v. erb
(p. 182 a) wird neben Aelius Gallus und Comificins auch Yginus angefOhrt*
Chr. B. Bunte, de C. lulii Hygini . . vita et scriptis, Pars prior, Marb
1846. 63 pp.; auch vor seiner Ausg. der Fabulae p. 1—16.
2. Ascon. ad Cic. Pis. p. 13 Or. : Varronem tradere . . lulius Hygin
dicit in libro priore de viris claris. (xelL I, 14, 1: lulius Hyginus in libr
de vita rebusque inlustrium virorum sexto. Also zweierlei Eintheilunge:
(wie oben 122, 4) oder (wie bei Varro's Antiquitates und Imagines, obe
S. 232 u. 234) zweierlei Bearbeitungen, eine kürzere und eine ausf&hrliche.
In letzterer büdete wohl jeder Behandelte ein eigenes Buch; daher GelL
VI, 1, 2 (u. 6): et C. Oppius (oben 184, 2) et lulios Hyginus aliique
de vita et rebus Africani scripserunt. Vgl. Hieronymus, oben 244, 1.
Gell. X, 18, 7: Hyginus in Exemph's refert (vgl. oben 185, 3 u. 4). Serv^
Aen. V, 389: secundum Hyginum, qui de familiis troianis scripsit (wie Varro^r
oben S. 233, e). Macrob. III, 4, 13: Hyginus in libro quem de dis pena —
tibus scripsit. IH, 8, 4: Hyginus De proprietatibus deorum, cum de astri^
ac de stellis loqueretur, ait etc. Vgl. Non. Marc. v. Picumnus. Darau^^^ö
(oder aus den Genealogiae, s. A. 5) wohl auch was Paulin. NoL carm. 36r
131—143 als des Hyginus Ansicht über Vesta anführt. Serv. Aen. HI, 563
secundum Hyginum, qui scripsit De situ urbium italicarum; vgl. ib. I, 277^
530. VII, 412 (H. in ital. urb.). VIH, 597 u. 600 (in urb. it.). VH, 678 (d^
urb. it.). VIII, 638 (de origine urbium it.). Macrob. V, 18, 16 (lulius Hyg—
-8
246. Grammatiker: Hyginus. * 495
ii» lilDro II ürbiam) vgl. ib. 7, 19 (ut Hyginus Protarchum TraUianum se-
cutins tradit).
3. Charig. I. p. 115 P. — 142, 15 K.: Hyginus *de agricultura II. Vgl.
Colu.xn. I, 1, 13: nee postremo qaatii paedagogi eius (des Vergil in den
Geox-g.) meminiBse dedignemur, lolii Hygini. . . non minorem tarnen lau-
dem meruenmt nostrorum temporum viri, Cornelius Celsus etc. III, 11, 8:
hyginus, secutus TremeUium (oben 147, 2). XI, 2, 83. 3, 62. Plinius, der
ilin im Qaellenverzeichniss zu B. III bis VI, X bis XXII auffuhrt (immer
als Hyginus), nennt ihn h, n. XUI, 47. XVI, 84. XVIII, 63. XIX, 27. XX, 45.
^^I« 29. Dazu ein eigenes Werk (oder wahrscheinlicher ein Theil des
Werke« de agricultura) über Bienenzucht. Colum. IX, 13, 8: Hyginus in
eo lil>ro quem de apibus scripsit; vgl. ib. 6. 11, 5 (U., auctoritatem Grae-
cortixn sequens). 13, 3 f. 14, 1—18. Plin. h. h. XX, 45, 116. üeber den
Cluurakter dieser Schrift s. Colum. IX, 2, 1 f.: de quibus (Bienenkörbe) ne-
que diligentius quidquam praecipi potest quam ab Hygino iam dictum est
i^ec omatius quam Vergilio nee elegantius quam Celso. Hyginus veterum
ftQctorum placita secretis dispersa monimentis industrie collegit. . . ea quae
^ys^us fabulose tradita de originibus apum non intermisit poeticae magis
licentiae quam nostrae fidei concesserim.
4. Charis. I. p. 108 P. a» 134 K. : lolius Hyginus in Cinnae propemptico
(▼gl- oben 200, 2). Gellius XVI, 6, 14 (über Aen. IV, 57): Hyginus lulius,
qai ius pontificum non videtnr ignorasse, in quarto librorum quos de Ver-
SÜio fedt Daraus dasselbe Macrob. VI, 9, 7: Hyginus, qui ius pontificium
non ignorant, in quinto librorum quos de Ver^io fedt. Gellius I, 21, 2:
^ygpnus, non herde ignobilis grammaticus, in commentarüs quae in Vergi-
liuxKi fedt, versichert dass Georg. II, 245 in libro qui fuerit ex domo atque
Gx familia Vergilii er amaror gefunden habe. VU, 6, 2 ff. nimmt Gellius
den. Vergil gegen einen Tadel des luUus Hyginus (wegen praepes) in Schutz
^^^ führt X, 16 eine Reihe von Ausstellungen au welche Hyginus als Merk-
^^le der Nichtvollendung der Aeneis geltend gemacht habe (1 : reprehen-
^^ Hyginus Vergilium correcturumque enm fuisse ezistimat. 11: item hoc
^5^0que in eodem libro reprehendit et correcturum fuisse Vergilium putat
^^X mori occupasset. 14: item in his Terubus errasse Vergilium didt.
^ « Fersos . . quem VergiHus procul dubio exempturus fuit). Vgl. noch
5^^^. zu Aen. II, 15. VU, 47. XII, 120. Bunte p. 22—33. Ribbeck, Pro-
^%g. VergiL p. 117-121.
5. Hygin. poet. astr. U, 12: de quo in primo libro Genealogiarum
^^psimus. Das Citat triffb zu auf fab. p. 29, 6 Bte, wie überhaupt der
^te Theil der fabulae genealogisierend ist, daher sicherlich ein Excerpt
^X^ Hygins Genealogiae darstellt. Dosith. ^Efffirivtvticita libr. UI. p. 65
^^. Böcking: Maximo et Apro coss. (J. 207 n. Chr.) a. d. III id. Sept. Hy-
%$xii genealogiam omnibus notam descripsi, in qua erunt (erant emendiert
^^ursian S. 769) plures historiae interpretatae in hoc libro = Magium %al
^TfQW vndtotg ngo y' tidäv Zhnxfyk^qCmv *TyCvfiv yBVBtiloyiav naatv yvos-
^-g-^v ptBtiyQctrpttj h ^ iöortat nXsiovig IfstOQiai duifiifivsvtitvat iv tovtip
>fi9 ßgßUfo, Die Vergleichung dessen was Dodtheus gibt mit den erhalte-
nen fabidae des Hyginus (Bunte, Hyg. fab. p. 18 f. Lange de nexu p. 6
— 8) zeigt zwar die Identität, aber zugleich dass Dositheus bereits ein in-
496
Augusteische Zeit, 711 — 767 d. St
terpoHertes, durch Zusätze aus andern Schriften (den Nigidius wird Bchon
Hygin selbst benützt haben) erweitertes Exemplar der Genealogiae vot
sich hatte. Schon damals also waren diese als Schulbuch verwendet. Von
dem genealogischen und dem katalogartig gehaltenen Theile untenchei-^
den sich die Stücke erzählenden Inhalts , mit zusammenhängender Daniel-'
lung, wie es scheint grossen theik aus den argumenta von grieduBche^^^
Tragödien entnommen. Dieser zweite Theil scheint nicht aus Hjgiiis g^^^
nealogiae zu stammen, zumal da zwischen den verschiedenen BestandÜie^
len Wiederholungen und Widersprüche häufig sind (Bursian S. 771 f.). Ai
diesen zweiten Theil bezieht sich der Titel Fabulae, der dem Werke ab
erst von Micyllus gegeben wurde. Ausser jenen Quellen ist es aus de
epischen Dichtem der Griechen geschöpft, Homer, Hesiod, den Kyklik
und Alexandrinern (Lange p. 25—63), Anderes (fab. 273) aus Vergil. Aue
mit Ovid hat das Werk viele Berührungspunkte; aber die Abweichungen
von ihm machen nicht wahrscheinlich dass er benützt ist und deuten eh
auf Gemeinsamkeit der Quellen, wo nicht gar Benützung durch 0
(Lange p. 68); vgl. A. 7. Vielfache Verwechslungen mythischer Name
Lange p. 19—25 vgl. Bursian S. 784. Ausser den von Niebuhr in der V
ticana entdeckten zwei Palimpsestblättem (herausgegeben Rom. 1820) sa&—
V oder VI scheint das Werk nur durch eine Handschrift überliefert
sein (Bursian im Programm von 1868, p. VII— IX), nämlich den jetzt v<
schollenen Frisingensis des J. Micyllus (Bursian ib. p. FV— VII). Fab. 1
— 163 scheint durch eine Blätterversetzung vom Anfange in die Mitte g^
rathen zu sein (Bunte Fab. p. 17. Lange p. 14. 30. Bursian S. 773 f.). —
Ausgaben von Micyllus (Basileae 1535 u. 1549. foL), CommeUnus (Heid
berg 1599), J. Schelf er (Hygini quae hodie ezstant eta Hamburg 16
mit einer Abhandlung de Hygini scriptoris fiabularum aetate atque stiL
Tho. Muncker (Mythographi latini, Amsterdam 1681), van Staveren (Aucto
mythogr. lat., Lugd. Bat. 1742), Bemh. Bunte (Hyg. fabulae ed., Lips^
a., aus 1857). Vgl. Buntes praef. p. 22 — 25. 0. Lange de nexu inter
lulii Hygini opera mythologica et fabularum qui nomen eius prae se
librum. accedunt fabulae transmutationum selectae (p. 69—74), Mainz 18
K. Bursian in Fleckeisens Jahrbb. 93, S. 761 — 784 und Ex Hygini Gen
logiis excerpta . . restituta, Zürich 1868. 4. E. Wölfflin, zur Kritik
H. Fabehi, Philologus X. S. 303—309. M. Schmidt, ebds. XXÜI, S. 47-
XXV. S. 416—433; Rhein. Mus. XX. S. 459—462.
6. Der handschriftliche Titel des gewöhnlich Poetica astronomica
nannten Werkes ist de astronomia, de ratione sphaerae u. dgL; s. B
sian a. a. 0. S. 761 f. A. 1. Es ist einem unbekannten M. Fabius gewi
den die praefatio anredet: etsi te studio grammaticae artis inductum
flolum versuum moderatione . . sed historiarum quoque varietate . . p
8tare video, . . tamen . . ne nihil in adolescentia laborasse dicerer et i
peritorum iudido desidiae subirem crimen, hoc velut rudimento seien
scripsi ad te. Folgt das luhaltsverzeichniss. Dann: in bis igitur tarn m
et variis rebus non erit mirum aut pertimescendum quod tantum nume
versuum scripserimus; . . quodsi longior in sermone visus fuero, non
facunditate, sed rei necessitate factum existimato. . . etenim praeter
stram scriptionem sphaerae quae fuerunt ab Arato obscuriufi dicta
cuti planius ostendimus. . . quodsi vel optimis usus auctoribus effeci
C
246. Grammatiker: Hyginus. 497
neque brevius neque verius diceret quispiam etc. ideoqae maioribus etiam
niti laboribas cogitamus. . . etenim necessariis nostris hominibus scientiB-
sunia maximas res scripsimus, non levibas occupati rebus populi captamus
existimi^onem. Die benutzten 'Quellen sind besonders Eratosthenes imd
^e Bearbeiter des Aratos; dabei zeigen sich grobe Fehler der Flüchtigkeit
(Borsian S. 765 f.). Claudius Ptolemäus kennt der Verf. noch nicht; Ci-
cero's üebersetzung des Aratos wird III, 29 und IV, 3 angeführt. Benützung
des Werks durch Plinius lässt sich nicht erweisen. Der Schluss ist lücken-
haSt. Handschriften saec. IX ff. gibt es mehrere, in der Vaticana, in Bern,
St, Gallen, Wolfenbüttel, Brüssel, Paris, Montpellier u. sonst. Ausgaben
(ed. princeps Ferrar. 1475. 4.) meist mit den Fabulae, namentlich in den
Afl^rthographi von Commelinus, Muncker und van Staveren; s. A. 5. Kiehl,
emosyne II. p. 88 ff. L. W. Ilasper, Hyginus philosophus de imagini-
coeli, d. i. das dritte Buch des poet. astr. des C. Julius Hyginus, nach
Pariser Hdschr. zum ersten (?) Mal herausgegeben, Leipzig 1861. Vgl.
ian im Lit Centralbl. 1861, S. 854 f. und a. a. 0. S. 785, A. 46.
7. Die Identität des Verfassers der Genealogiae und der Astronomie
is't^ unzweifelhaft; s. A. 5 z. A. Auch findet sich niemals ein anderer Name
*^^ Hyginus. Ob dieser aber der Augusteer ist? Die breite täppische
^^^Älmredigkeit des Vorworts zur Astronomie (s. A. 6), die schülerhaften
'*^^^amtzer in beiden Schriften stimmen wenig zu dem Bilde das man sich
^^^^ dem (nachmaligen?) Vorstande der Palatina machen möchte. Indessen
^^^■«s von Letzterem keine Schriften dieser Art angeführt werden will, bei
^^>: Zußiligkeit imd Unvollstäudigkeit solcher Erwähnungen, wenig besa-
nn; ebenso dass deren Verfasser niemals ausdrücklich lulius Hyg. genannt
d, was auch bei andern Schriften der Fall ist (s. A. 3). Und da von
Genealogiae gewiss ist dass sie frühzeitig für den Schulbedarf ausge-
gen und umgewandelt wurden (dreierlei Rcdactionen von verschiedener
^Bsung haben wir bei Dositheus, in den Niebuhr'schen Blättern und dem
«zte von Micyllus) imd bereits auch einen Abschnitt de rerum inventione
^thielten, andrerseits nachaugusteische Quellen sich nicht nachweisen
^^ssen, und die imgelenke Handhabung der lateinischen Sprache an einem
usläuder nicht befremdet, so ist die Unmöglichkeit dass beide Schriften
ugendarbeiten des lulius Hyginus seien noch nicht festgestellt Der Gro.
^^mtiker Hyginus ist der Verfasser jedenfalls nicht (Bursian S. 767). Bur-
^ian (Fleckeisens Jahrb. 93, S. 773) denkt sich den Hergang so „dass etwa
Xu der zweiten Hälfte des zweiten Jahrh. n. Chr. ein Grammatiker aus dem
f^enealogiae betitelten Werke des Hyginus, welches die Eosmogonie und
rrheogonie in ausführlicher Erzählung behandelte, einen ganz knappen
Auszug machte und daran (fab. 164 ff.) eine nach mythologischen Gesichts-
punkten (Heroenmythen nach den verschiedenen Sagenkreisen, fiBTafiOQ-
tptocBig, ahia) geordnete Darstellung des gesammten, besonders zum
Verständniss der Dichter erforderlichen, mythologischen Stoffes aus ver-
schiedenen, zum Theil sehr guten, Quellen anschloss. Dieses Handbuch
der Mythologie, dem von seinem ersten . . Theile her der Name des Hy-
ginus und der Titel Genealogia geblieben war, wurde bald in den Schulen
der Gnunmatiker allgemein gebraucht imd erlitt in Folge dieses Jahrhun-
derte laug fortgesetzten Gebrauches manchfache Umgestaltungen, theile
Veränderungen des Ausdrucks, Umstellungen . . theils Zusätze und Erwei-
Tcaffol, Rom. Literalurgcschiclilc*. 32
498 Augusteische Zeit, 711— 767 d. St.
terungen*^ Dass das unter dem Namen des M7thogn^)lius Vaticanus pri-
mus bekannte (von A. Mai herausgegebene) spätlateinische Compendium
der Mythologie nach Mai den Titel C. Hygini libri fabularum trägt erklärt
sich wohl daraus dass der Name Hyginus im spätem Alterthuni typisch
geworden war für mythologische Compendien zum Sohnlgebrauch (ebd.
S. 776).
247. Ausser den Genannten hatte die augusteische Zeit
noch eine namhafte Anzahl minder bedeutender Grammatike
(wie CaeciliusEpirota, L. Crassitius, ScriboniusÄphrodisius u.A.)
Forscher auf dem Gebiete des Älterthums (wie Glodius Tuscu
u. A.) und der Natur (wie Statius SebosuS; Sabinus Tiro u. A.
welche meist zugleich schriftstellerisch tiiätig waren. Erhalte
ist nur ein astronomischer Kalender des Glodius Tuscus in d^^i
^echischen Uebersetzung des Laurentius Lydus. Die Schriffe:»
die den Namen des Arztes Antonius Musa tragen sind spätere» ji
Ursprunges.
1. Suet. gramm. 16: Q. CaeciliusEpirota, Tusculi natus, libertus .A^t-
tici (oben 159, 1), . . cum filiam patroni nuptam M. Agrippae (oben 207*. 7)
doceret, suspectus in ea et ob hoc remotus ad Comelium Gallum (oben 2:17)
se contulit vixitque ima fomiliarissime , quod ipsi Gallo iuter grayissixxia
crimina ab Augusto obicitur. post deinde damnationem mortemque 6&lli
scholam aperuit, sed ita ut paucis et tantum adolescentibus praedpez-^t,
praetextato nemini. . . primus dicitur latine iex tempore disputasse pTi-
musque Vergilium et alios poetas novos praelegere coepisse.
2. Suet. gramm. 18: L. Crassitius, genere Tarentinus ordinis Ul>^f~
tini, cognomine Pasicles, mox Pansam se transnominavit. hie initio cLK'ca
scenam versatus est (oben 8, 1), . . deinde in pergula docuit, donec coxu-
mentario Zmymae (oben 200, 2) . . inclaruit. . . sed cum . . doceret %^J^
multos ac nobiles, in bis lulum Antonium, triumviri filium, ut Verrio a^^^
que Fiacco compararetur, dimissa repente schola transiit ad Q. Sexti pl^'
losophi sectam.
3. Suet. gramm. 19: Scribonüji^ Aphrodisius, Oxbili (oben 187, 3) m^^'
vus atque discipulus, mox a Scribonia, . . quae prior Augusti uxor in^X^^
redemptus et manumissus docuit quo Yerrius tempore, cuius etiam lil>^
de orthographia rescripsit ejbc. (oben 245, 2).
4. Suet. gramm. 1 : quod nonnulli kudunt duos iibros de litteris ^^1'
labisque, item de metris ab eodem Ennio (dem Dichter, oben 89 ff.) edÜ^^
iure arguit L. Cotta (also ein Litterarhistonker des ersten ohristliol^
Jahrh.) non poetae, sed postenoris Euni esse, cuius etiam de aagur»»^
disciplina volumina feruntur. Dieser Grammatiker EnniuB war es au^
wohl der die notae Tironianae ausbildete, s. oben 178, 4. Festus v. top-
per (p. 352 b. M.): Ennius vero sie: topper fortasse yalet in Enni et f^'
cuyi scriptis. Ist auf ihn auch Varro L. L. Y, 86 (foedus, quod fidus Sa-
nius scribit dictum) zu beziehen, so würde er in die Zeit der oben §. 06
genannten Grammatiker gehören. Y^ noch Chans, p. 76 P. «^ 98 K.:
247. Grammatiker: Clodius Tuscus u. a. 499
enxxiQiiam Emiias ait per e solum scribi posse. M. Hertz, Sinnius Cap.
S. ^ f.
5. FestuB V. topper (p, 852 b): topper significare ait Artorius cito,
for^esae etc. Quintil. I. 0. IX, 1, 2: nee desnnt qui tropis figuramm nomen
iia^>oiiant, quorum est C. Artorius Proculus.
6. Serv. Aen. I, 176: Clodius scribit, commentariomm quarto. Vgl.
I, ^"2 (ClodiuB commentariomm). U, 229 (Clodius scriba comm.). XII, 657
(CTlodius Tuscus: mussare est ex graeco etc.). Dieser Clodius Tuscus
y^TT^zeste einen astronomischen Kalender, welchen wir in der griechischen
ü^l^ersetzung des Laurentius Lydus (de ostentis p. 114 ff. Wachsm.) noch
benutzen, üeberschrift: i<prifisQlg xov navtog iviavxov, "^yow cruieiaiaig
tac^^olov xe %al dv6u6iv tcov iv ovqavai ipaivofkivatVj in toiv KXavdiov xov
^€>^0xov %0L^* iqfATjvsictv nffOQ li^iv; vgl. p. 155: x«l xama pL%v 6 Kltodiog
lic 'Ka»v naga Govüyioig tsgmv ngog li^iv, Alis der vielfachen Uebereinstim-
lATnig dieses Kalenders mit den Angaben von Ovids Fasti hat Merkel
(Ovid. Fast. p. LXVI — LXXTV) gefolgert dass Ovid vorzugsweise diese
Ajrlieit des Clodius Tuscus benützt (imd Tuscus sein Werk für Ovid ver-
fasst) habe. Gell. V, 20, 2: Sinnius Capito in literis (grammatischen In-
lialtB) quas ad Clodium Tuscum dedit. Vielleicht ist er auch der bei Ovid.
ex Pont. rV, 16, 20 (vgl. oben 236, 8) als Dichter genannte Tuscus. Ueber
den hiatoricus Tuscus s. imten 261, 4. Ein Fabricius Tuscus bei Plinius
"Ä Quellenverzeichniss zu B. IV und VI (Geographie).
7. Verwandter Art ist die Schriftstellerei des Cornelius Labeo,
^■^neii Zeit aber unbekannt ist. Macrob. I, 16, 29: Cornelius Labeo primo
"«•torum libro; vgl. 12, 21 (stimmt mit Festus v. Maius, p. 134 M., viel-
leicht weil auch Labeo aus Verrius Flaocus schöpfte). III, 4, 6 (Cor-
Aeliua Labeo de dis penatibus eadem ezistimat). I, 18, 21: Cornelius
jj'^beo in libro cui titulus est De oraculo ApoUinis Clarii. Er ist wohl auch
^^ Labeo in libris qui appellantur De dis animaUbus bei Serv. Aen. III,
7^ Vgl I, 378 (alii, ut Nigidius et Labeo, deos penates . . tradunt), sowie
^^Ueicht der Labeo bei Augustin. civ. dei II, 11 (cum Labeo, quem hu-
v^^^^^tnodi remm peritissimum praedicant, numina bona . . etiam cultus
T^^ersitate distinguat). 14 (Platonem Labeo inter semideos commemoran-
^^ putavit). III, 25. Vni, 13. IX, 19 (nonnulli istorum . . daemonicola-
.^11^ in quibus et Labeo est, eosdem perhibent ab aliis angelos did quos
^^ daemones nuncupant, — wonach dieser Labeo der christlichen Zeit
J^M^ohören würde), und wahrscheinlich der AaßBav welchen Lyd. de mens.
^> 1. 20 und de ostent. 3 extr. 42 (üeberschrift: xad'oUnrj intxjJQriütg
^( üilTpffiv negl %BQavv£v %al allmv iiaxaüXf)fiax<ov , i% x&v Aaßsmifog
^* igiAtjvsiav ngog Xi^tv ano xrjg &sg(i'^g xgonijg anführt. Vgl, C. V^'achs-
^ttths Prolegg. p. XXÜ f. Der Fälscher Fulgentius (expos. serm. ant. s. v.
^^Unale«, p. 769 Stav.): Labeo, qui disciplinas etruscas Tagetis et Bacche-
^idii XV voluminibus expUcavit. Andrerseits ist er wohl identisch mit
^m Comehos (die Hdss. CoruiUus) welcher quattuor Mercurios esse scri-
lit bei SchoL Stat. Theb. IV, 482, was sonst von quidam oder noKiulli
anflgesagi wird; s. 8erv. Aen. I, 297. IV, 577. Ampel. 9 (p. 10, 5 Wn.).
Mjthogr. Vat. II, 42. 0. Jahn, Rhein. Mus. IX. S. 627.
8. In der augusteiachen Zeit verfassten grammatische Schriften auch
32*
500 AuguBteiBche Zeit, 711—767 d. St
Asinius Pollio (? vgl. 208, 2 d), M. Messala (oben 208, 7), Aristiiifi Fnflcor^«
(oben 226, 1), antiquarische Cincius (oben 106, 4) und Feneetella (obe^E-^
243, 2); naturwissenschaftliche Pompejus Trogus (oben 242, 2).
9. Statins Sebosus, von Plinius genannt im Quellenyerzeichniss
B. II und IX, sowie als Sebosus zu B. III, V, VI, VII, Xn, XIII. Ni
richten aus ihm ib. VI, 36 (Angabe der Fahrzeit zu den insulae Hesperidi
und IX, 17 (Wunder des Flusses Ganges). F. F. Uudeman, der römie
Seefahrer Statins Sebosus, Ztschr. f. d. Alt Wiss. 1852, Nr. 3. Einen
bosus nennt als Freund des Lutatius Catulus und lästigen Nachbar Oicei
ad Att. II, 14, 2. 15, 3 (J. 695 d. St.).
10. Plin. n. h. XIX, 57: Sabinus Tiro in libro Cepuricon (Ärptoir^^g^,
%mv) quem Maecenati dicavit Auch im Quellenverzeichnisse zu B. XV^XU
(Sabine). In dem zu B. XIX werden neben ihm genannt Caesennius, <^ui
KrjnovQina scripsit, Castricius item, Firmus item.
11. Macrob. III, 18, 7: vir doctus Oppius, in libro quem fedt De aü-
vestribus arboribus; ebenso ib. 19, 4. Er ist wohl auch der von Plinlaa
im Quellenverzeichniss zu B. XI (zoologisch) genannte Oppius.
12. Von dem Arzte Antonius M usa (Pauly's Beal-Enc. I, 1. S. 1188 f.
Nr. 65) wird zwar öfters angefahrt welche Mittel er angewandt habe (z- R
Plin. N. H. XXX, 39 und bei Galenos), ohne dass aber daraus auf <i^^
Vorhandensein von Schriften desselben geschlossen werden könnte; s. K
Meyer, Gesch. der Botanik II. S. 48 — 52, welcher für den Schriftsteller
über Arzneimittel bei Galen. XII. p. 989 K. (in griechischer Sprache) viel-
mehr den Petronius Musa (t um 50 n. Chr.) erklärt Unter dem Nam^^
des Antonius Musa gibt es eine an M. Agrippa gerichtete Schrift de her^i=»&
betonica mit Recepten. Eine Leidner Uds. saec. VI davon beschreibt X.
Müller, Rhein. Mus. XXIII. S. 189 (am Schlüsse: explidt herbarium
nini Musae de herba vettonica). Ausserdem ein Bruchstück de tuenda
litudine ad Maecenatem; s. Antonii Musae fragmenta quae exstant, eoU^*
git Flor. Caldani, Bassano 1800.
248. Der Architekt Vitruvius Pollio widmete in seixLcn
spätem Lebensjahren dem August seine zehn Bücher de arclu*
tectura, worin der Begriff des Faches im weitesten UmfangT^
genommen ist. Der Verfasser zeigt sich vielseitig unterrichte^
belesen und nachdenklich; aber zu feinerer Bildung und zu G^
schmack ist er nicht vorgedrungen. Stofflich ist sein Wert;
schon als das einzige dieser Art das auf uns gekommen H
wichtig, die Form desselben aber ist vielfach abstossend und
wunderlich. Ausser dem Werke selbst besitzen wir auch eiiieü
Auszug daraus von imbekanntem Verfasser.
1. Persönliche Verhältnisse. Das Werk selbst gibt nur den Namen
Vitrfiviud; das Cognomen stammt aus der Epitome (s. A. 5). Den Vor-
namen haben die italienischen Gelehrten des löten Jahrh. auf Grund von
allerlei Vermutungen verschieden gewählt. Ebenso die Abstammung «»
Verona gründet sich einzig auf die dortige Inschrift (bei OrelU 4145): L-
V*J
248. Vitruvius Pollio. 501
Yitraviua L. 1. Cerdo. Sicher sind nur die Angaben des Vitruvius selbst,
besonders in der Vorrede zu Buch I, welche wie eine in den Geschmack
dm Vit;raviu8 übersetzte Umschreibung des Eingangs von Horaz Epist. II, 1
auflsielit: cum divina tua mens et numen, imperator Caesar (August), im-
peno potiretur orbis terrarum invictaque virtute cunctis hostibus stratis,
triiuapho (August 725) victoriaque tua cives gloriarentur . . populusque
rom. et senatus liberatus timore amplissimis tuis cogitationibus consiliis-
qae gnbemaretur, non audebam tantis occupationibus de architectura scri-
pta . . edere, metuens ne non apto tempore interpellans subirem tui animi
offeaaionem (vgl. Hör. S. II, 1, 20. Ep. I, 13, 4 f. II, 1, 220 f.). cum vero
atteaclerem te etc. . . ut civitas per te non solum provinciis esset aucta
(A^gfypten 724, Galatien 72*9) verum etiam etc. non putavi praetermitten-
doin quin . . ea tibi ederem, ideo quod primum parenti tuo (dem Caesar)
de eo fueram notus et eins virtutis studiosus. cum autem . . imperium
parentis in tuam potestatem transtulisset, idem studium meum in eins me-
nioria permanens in te contulit favorem. itaque cum M. Aurelio et P.
^^dio et 6n. Comelio ad apparaüonem ballistarum et scorpionum reli-
quorumque tormentorum refectionem fui praesto et cum eis commoda
*<^<^pi. quae cum primo mihi tribuisti, recognitionem per sororis (der
Octavia, f 743) commendationem servasti. cum ergo eo beneficio essem
oblig^atus ut ad exitum vitae non haberem inopiae timorem, haec tibi scri-
bere coepi, quod animadverti multa te aedificasse et nunc aedificare. Er-
^ähöt den pronauS aedis Augusti V, 1, 7 (p. 107, 3 R.). Beziehungen zu
^aeaar; II, 9, 15 (p. 59, 18 ff. R.): divus Caesar cum exercitura habuisset
circ^ Alpes etc. mit ausführlicher Beschreibung, welche den Augenzeugen
^errath; VIII, 3, 25 (p. 203, 11 ff. R.): G. lulius, Masinissae filius, , . cum
patre Caesari miUtavit (J. 708). is hospitio meo est usus. Den Augustus
^edet er immer Imperator oder Caesar an, kennt aber auch den im J. 727
^hin verliehenen Titel Augustus. Die Erwähnung der vielen Bauten Au-
^'^^t^ weist gleichfalls über 727 hinaus, sowie über 738, die Zeit wo der
^^^i^inus-Tempel in Rom erbaut wurde, Vitr. III, 2, 7 (p. 70, 4): dipteros
' / Ost aedis Quirini dorica. Andererseits spricht Vitruv III, 2, 2 nur von
^^^^m einzigen steinernen Theater in Rom, deren J. 741 zwei weitere er-
l^^tet wurden. Also fällt die Abfassung ums J. 740. A. Hirt, in Wolfs
■*^Ub. der Alt.-Wiss. I (1806) 8. 228 f.
2. Zur Charakteristik. Vitr. II, prooem. 5: mihi autem, Imperator,
^^turam non tribuit natura, faciem deformavit aetas, valetudo detraxit
^ires. itaque quoniam ab bis praesidiis sum desertus per auxilia scientiae
^^criptaqne, ut spero, perveniam ad commendationem. VI, prooem. 4 f.:
t!um et parentium cura et praeceptorum doctrinis auctas haberem copias
disdplinarum philologis et philotechnis rebus commeutariorumque scripturis
me delectans eas possessiones animo paravi e quibus haec est fructuum
Bumma, . . nihil desiderare. . . ego, Caesar, non ad pecuniam parandam
ex arte dedi studium. . . ideo uotities parum est adsecuta, sed tamen bis
voluminibuB editis, ut spero, etiam posteris ero notus. neque est miran-
dnm quid ita pluribus sim ignotus. ceteri architecti rogant et ambiunt ut
architectentur, mihi autem a praeceptoribus est traditum rogatum, non
rogantem, oportere susdpere curam. I, 1, 17: peto, Caesar, et a te et ab
is qoi ea volumina sunt Iccturi ut si quid parum ad regulam artis gram-
502 Augueteische Zeit, 711—767 d. St
maticae fuerit explicatiim ignoscatur. namque non uti summus phüosophos
nee rbetor disertus nee grammaticus . ., sed ut architecius bis litteris
imbutus baec niBus sum scribere. Doeb kramt er sebr gern, besonders in
den redseligen Einleitungen die er jedem Bacbe yoranssebickt (Scbneider'B
Ausg. I. p. LUX— LXYII), seine Kenntnisse in Pbilosopbie nnd Gescbichte
aus, freilieb oft mit wenig Glück, wie VI, prooem. 3: non minus poetae
qui antiquas coraoedias graece seripserunt easdem sententias verbis in
seona pronuntiaverunt, ut £ucrates, Cbionides, Aristopbanes, maxime etiam
eum bis Alexis. Vorsatz der Kürze V, prooem. 3: eum animadTertissem.«
distentam oeeupationibus eivitatem publicis et privatis negotiis, paucis in — .
dieavi scribendum, uti angusto spatio vacuitatis^ ea legentes breviter per— -
eipere possent, und abermals ib. 5: eum ergo . . animo advertam inusita^i^
tas et obscuras multis res esse mibi seribendas, quo facilius ad seusu:^
legentium pervenire possint, brevibus voluminibus iudicavi scribere.
3. Den Inbalt der einzelnen Bücber (volumina) gibt Vitruv selbst SLi^m
Anfange und Scblusse derselben umständlieb und wiederbolt an. Die si«^
ben ersten Bücber baben das eigentlicbe Bauwesen (kircblicbe und priTa^*^
Gebäude) zum Gegenstande. Das acbte Bueb bandelt vom Wasser ur=s
Wasserleitungen, das ueunte von der Zeitmessung (bes. Sonnenubren), (L ^
zebnte von Mascbinen, uti totum corpus omnia arebitecturae membra in <S^<
cem voluminibus babeat explieata (X, 22, 12). 1, 1, 3 wird von dem Arcbit^^J
ten gefordert ut litteratus sit, peritus grapbidos, eruditus geometria, bistorm^^s
eomplures noverit, pbilosopbos diligenter audierit, musicam seierit, medm.^«=
nae non sit ignarus, responsa iurisconsultorum noverit, astrologiam coelic» -c
rationes cognitas babeat. Vitruv's Quellen sind vorzugsweise Griecb^^i
aufgezäblt besonders VII, prooem. 11—14, mit der Erklärung: quorum ^
commentariis quae utilia esse . . animadverti eollecta in unum eoegi (^^o
pus. Docb zeigt seine Kenntniss des Grieebiseben Mängel, trotz Kübnbei^fc-^
wie dviatQoXoyrjros. Seine Meinung verständlicb auszudrücken ist ibm s^s^l
bäufig nicbt gelungen; es feblt ibm an schriftstelleriscber Fälligkeit vmj^
Fertigkeit. Seine Darstellung ist bald uumässig breit, bald ungebärLmc
knapp, bier seltsam geziert und gescbraubt, dort plebejiscb (wie cf ^^
faciuntur).
4. Von den erbaltenen Handscbriften sind, wie Böse erkannt W:m^
nur zwei von selbständigem Wertbe, der Harleianus (H) saec. IX nnd ^^^
Gudianus (G) saec. XI. Beide selbst aber gehen auf dieselbe ürbandscl^*-=3ai
zurück, da sie die gleichen Lücken und Fehler baben, sowie VTI, 6 ^
gleiche Blattversetzung. Schon durch das Alter des Uarl. widerlegt t-^^^
die Meinung von C. Fr. L. Schultz (Untersuchung über das Zeitalter '^
. . Vitruvius, berausgg. von 0. Schultz, Leipzig 1866. 55 S.) dass die Scl^^-^
aus dem zehnten Jahrb. sei, wo nicht gar aus dem 13ten; ebenso daduE^^'^
dass Pliniüs den Vitruv unter seinen Quellen zu Buch XVI, XXXV ^l:^^*
XXXVI nennt (ex Vitruvio) und seine Benützung der uns erbaltenen Scl»-^^
des Vitruv sich zum Theil noch nachweisen lässt; s. H. Brunn, de in^^^*
Plin. (Bonn 1856. 4.) p. 57—60. Vgl. auch Serv. Aen. VI, 43: Yitruvri^
qui de architectonica scripsit, . . ostium dicit.
5. Der Auszug (von einem auetor satis antiquus, nach Rose) hat ^
den Hdss. die Ueberschrift De diversis fabrids architectonicae und begins^'
248. Vitnivius PoUio. 503
De artis architectonicae peritia mulia oratione Vitnivius Polio aliiqae
aaetores scientissiine scripsere. verum ne longa eorum disertaque facun-
dia Iramilioribus ingeniis alienum faceret studium, pauca ex his mediocri
licet sermone privatis usibus omare fuit consilium. Die Ordnung des Vitruv
iBt verändert, der Stoff auf die Privatgebäude beschränkt. Am Schlüsse
(c 29) ist eine Erörterung des horologium pelecinum und hemicycliimi aus
anderer Quelle angehängt; auch c. 30 (über die maltae) ist anderswoher
and jtbiger. Das Ganze nach drei Hdss. saec. X. bei Rose p. 285—313.
Vgl. ib. p. XII.
6- Ausgaben des Vitruv. Vgl. Schneider's Ausg. 1. p. XI— XXVIII.
Ed.^ princeps von Jo. Sulpicius s. 1. et a. (Rom zwischen 1484 und 1492),
fol. 'Willkürliche Textbehandlung durch Jo. Jucundus, Ven. 1511. fol. Cum
comra. G. Philander, Lugd. Bat. 1552. 4. Cum notis variorum ed. lo. de
I'aet, Amsterd. 1649. fol. (mit Baldi's Lex. Vitruv.). Cum vers. ital. ed. B.
Oaliaiii, Neapel 1758. fol. Ed. illustr. A. Rode, BerHn 1800. 2 Voll. 4.
^c,, emend., illustr. I. G. Schneider, Lips. 1807 f. 3 Voll. Cum notis varr.
^d. Stratico, üdine 1825 — 1830, 4 Voll. 4. Sammelausgabe von A. Marini,
^^nx 1836. 4 Voll. fol. Rec. atque emend. et in germ. serm. vertit C. Lo-
"^utzen, I, 1. Gotha 1856. Ad antiquiss. codd. nunc primum ediderunt Val.
^Be et Herm. Müller-Strübing, Lips. (Teubner) 1867.
7. Uebersetzungen. Erstmahls verteutscht durch G. H. Rivium, Nüm-
^®i^ 1548. fol.; mit zahlreichen Holzschnitten Basel 1614. fol. Von A. Rode,
^ipzig 1796. 4. 2 Bde.; Kupfer und Erklärung, Berlin 1801. fol. Ueber-
*«tzt und durch Anm. und Risse erläutert von Fr. Reber, Stuttgart (Hoff-
^^4:111) 1864 f. 12.
Französische (mit Erläuterungen) par J. Martin (Paris 1547. fol.). Gl.
^^tTcault (Paris 1673. 1684. fol.). Mit Text und Atlas, von Tardieu und
^oußin (Paris 1839. 4.); par Maüfras (Paris 1847 ff. 2 Voll.).
Englische Von W. Newton (London 1771—1791. 2 Voll, fol., with 47
^^ates), Wükins (London 1813. 2 Voll. fol).
ItalieniBche von Bald. Orsini (Perugia 1802. 2 Voll.), Quir. Viviani
^^^d Vinc. Tuzzi (üdine 1830).
8. Zur Erläuterung. B. Baldus, de verborum Vitruv. significatione,
^Dgsburg 1614. 4. J. Polenus, Exercitationes Vitruvianae, Padua 1739. fol.
^741. fol. H. C. Genelli, exegetische Briefe über Vitruv., Braunschweig
:i801. Berlin 1804i 4. J. Rösch, Erläuterungen über Vitr., Stuttgart 1802.
^fiaubold, Exercitationes Vitr., Lips. 1821. 4. C. Lorentzen, Observationes
criticae ad Vitr., Gotha 1858. 4. Vitr. X, 13—15 in Köchly und Rüstow's
griech. Kriegsschriftst. I (Leipzig 1853). S. 347 — 405. E. H. F. Meyer,
Geschichte der Botanik I. (Königsberg 1854.) S. 382—391.
üeber den modulus des Vitr. (die Einheit bei seinen Angaben über
die Massverhältnisse des antiken Tempels) s. Aur^s, nouvelle th^orie du
modale, Nimes 1862 (Säulendurchmesser in der mittieren Schafthöhe) und
dagegen Fr. Reber, Philologus XXVII. S. 185—191 (Durchmesser des untern
Schafkendes der Säule).
249. Von den Juristen der augusteischen Zeit berührt
sich am nächsten mit den Grammatikern C. Aelius Gallus,
504 Augusteische Zeit, 711—767 d. St.
als Verfasser eines Verzeichuisses juristischer Ausdrücke mit
Sacherklärungen. Auch des M. Antistius Labeo (um 695
— 765 d. St.) Rechtskenntniss ruhte auf der breiten Grundlage
einer umfassenden Bildung und war überdiess getragen durch
einen Charakter von unbeugsamer Festigkeit; die seinem Name
noch lange fort nicht minder Achtung verschaffte als seine zahl
reichen juristischen Schriften. Sein Gegenfüssler war der höfi-
sche Jurist C. Ateius Capito (J. 720 — 775 d. St.), der auc
an wissenschaftlicher Bedeutung und schriftstellerischer Thäti
keit mit Labeo sich nicht messen konnte. Aus derselben Ze
ist wohl ferner der Jurist Fabius Mela.
1. GeU. XVI, 5, 3: C. Aeliua Gallus in libro De significatione ve=^
borum quae ad ius civile pertinent secundo (Definition von vestibulum)
Macrob. VI, 8, 16, nur mit dem Beisatze von vir doctissimus. Dig. L, \ «,
157: C. Aelius Gallus libro I de verborum quae ad ius civile pertin^oELt
significatione (Definition von paries und via). Abgekürzter Titel bei Se»^ v .
Georg. I, 264: Aelius Gallus de vcrbis ad ius civile pertinentibus vallos
appellat; und Festus p. 218 ^: postliminium receptum Gallus Aelius in lib^ :x~o
primo significationum quae ad ius pertinent ait esse eum qui etc.; p. 27:
reus nunc dicitur qui causam dicit. . . at Gallus Aelius libro II signifii
tionum verbonun quae ad ius pertinent ait: reus est qui etc.; p. 301
saltum Gallus Aelius 1. II significationum quae ad ius pertinent ita
p. 352^: flumen recte dici ait Aelius Gallus libro II quae ad ius pertin(
Mehr als ein zweites Buch wird niemals angeführt, da Festus p. 352, 5
(nota)vit Aelius in XII (tabulis) signi(ficare), auf Aelius Stilo (oben 137, ^)
sich bezieht; s. ß. Scholl, de legis XII tabb. reliqq. p. 29. Vielleicht wi^-^^r
die Anlage alphabetisch. Aelius Gallus oder Gallus Aelius kurzweg citx.^^^
Festus ausserdem noch 19 Male. Diese ausgedehnte Benützung, sowie <cS^e
Gegenüberstellung von nunc mit at Gallus Aelius p. 273* zeigt dass ^3^^^
Werk des Gallus schon dem Verrius Flaccus als Vorarbeit vorlag. GaÜ"«3s
Aehus bei Gajus Dig. XXII, 1, 19 pr.; C. Aelius bei Priscian VIII. p. 382, 1- ^^^
C. W. E. Heimbach, C. Aelii Galli Icti iragmenta rec et illustr., I#iX**-
1823. Ph. E. Huschke, iurisprud. anteiust. (Lips. 1861) p. 28-32 = p. '^^
—33 (1867). W, Teuffei in Pauly's Real-Enc. I, 1. S. 337, Nr. 1.
2. Pompon. Dig. I, 2, 2, 47: post hunc (Aelius Tubero, oben 19S» ^^
maximae auctoritatis fuerunt Ateius Capito, qui Ofilium secutus est^ ^^
Antistius Labeo, qui omnes hos (alle damaligen Rechtslehrer, s. ot^^^
189 und 195) audivit, institutus est autem a Trebatio (oben 189, 3). ^*
his Ateius consul fait (J. 758 d. St. = 6 n. Chr.), Labeo noluit, cum otf'^''*
retur ei ab Augusto consulatus, quo suffectus fieret, honorem suscip^'^'
sed plurimis studiis operam dedit et totum annum ita diviserat ut Ror*'^
sex mensibus cum studiosis esset (und consulentibus de iure publice ^^
sponsitaret, Gell. XIII, 10, 1), sex mensibus secederet (wohl auf seis^^'^
fundus Gallianus, s. Gell. XIII, 12, 4) et conscribendis libris operam di^X^^
itaque reliquit quadringenta volumina, ex quibus plurima inter maHD^
versantur. hi duo primum veluti diversas sectas fecerunt (s. oben S. ^^
249. JuriBten: Aelius Gallus, Labeo. 505
m^d S. 370 f.) ; nam . . Labeo ingenii qualiiate et fidacia doctrinae, qui et
cet^exifi operis sapientiae operam dederat, plurima innovare iustitait (oben
S. 371, A. 1). GelliuB XIII, 10, 1: Labeo Antistius iuris quidem civilis
disciplinam prindpali studio ezercuit, . . sed ceterarum quoque bonarum
arüozii non expera fuit et in grammaticam sese atque dialecticam literas-
que a.ntiquiores altioresque penetraverat latinarumque vocum origines ratio-
nes<]^ti6 percalluerat eaque praecipue scientia ad enodaudos plerosque iuris
la>qneoB utebatur. Das Beispiel ib. 3 (soror von seorsum) zeigt ihn als
I^uristen (oben S. 50, 9 f.). Tac. A. III, 75: dem Capito consulatum adce-
leraverat Augustus, ut Labeonem Antistium, isdem arübus praecellentem,
di^n^fttione eins magistratus anteiret. namque illa aetas duo pacis decora
sixnul tulit sed Labeo incorrupta libertate et ob id fama celebratior, Ca-
pitonis obsequium dominantibus magis probabatur. illi quod praeturam
^tr& stetit commendatio ex iniuria, huic quod consulatum adeptus est
oditun ex invidia oriebatur. Gell. XIII, 12, 1 f.: in quadam epistula Atei
^^pitonis scriptum legimus Labeonem Antistium legum atque morum po-
puli jfoiQ, iurisque civilis doctum adprime fuisse. sed agitabat, inquit, bo-
p^Qein libertas quaedam nimia atque vecors, tarn quam eorum divo Augusto
^^3ci principe et remp. obtinente rat um tamen pensumque nihil haberet
'^^^i' quod iustum sanctumque esse in romauis antiquitatibus legisset. Mit
^eiüiger Servilismus, trotz grösserer persönlicher Berechtigung dazu, Por-
P*^yirio zu Hör. S. I, 3, 82 (p. 70 H.): Marcus Antistius Labeo praetorius,
iiu-18 etiam peritus, memor libertatis in qua natus erat multa contumaciter
'^^'^^Tsus Caesarem dixisse et fedsse dicitur, propter quod Horatius nunc
?^^lans Augusto insanum eum dicit. Vgl. Acre ib. (p. 58 H.). Sollte sich
f5^*"* 1- 1- (Labeone insanior inter sanos dicatur, aus J. 716 oder 717) wirk-
^^'^ auf diesen Sohn seines ehemaligen Kriegsgefährten beziehen, so könnte
^ O^denfalls noch nicht seiner politischen Richtung gelten. Ueber Labeo
8. "W. Teuffei in Pauly's Real-Enc. I, 1. S. 1163-1165, Nr. 26.
_ 3. Die Schriften des Labeo umfassten 400 Bücher (s. A. 2). Die
^*^ Arreste aus den Digesten bei Hommel, Palingenesia libr. iur. vet.
."^^^^^s. 1767) I. p. 321- 338; die aus andern Schriftstellern bei Huschke,
^^^^^^pr. anteiust.^ p. 43-48.* p. 44—50. Gell. XIII, 10, 2: sunt libri post
^^^^m eius editi, qui Posteriores inscribuntur, quorum librorum tres con-
^*^X^ XXXVni et XXXIX et XL, pleni sunt id genus (s. A. 2) rerum ad
*" randam et inlustrandam linguam latinam conducentium. Sonst war
j Werk ein System des Civilrechts, nach dem Plane des Q. Mucius (oben
v^X , 2) angelegt. Epitome davon durch lavolenus, die in den Digesten
l^^ötzt ist, wie die der acht Bücher Probabilium {icid'avöiv) nach der
X^itome des Paulus; beide Werke sind im Ganzen 63mal in den Digesten
^-t-iert. Labeo libris Epistolarum (Dig. XLI, 3, 30, 1); libri responsorum,
^^^deatens 15 Bücher (Collat. XII, 7, 3). Gell. XIII, 10, 3: in libris quos
^^ praetoris edictum scripsit multa posuit partim lepide atque argute rc-
^Qrta. sicuti hoc est quod in quarto ad edictum libro scriptum legimus
^tc. Dig. L, 16, 19: Labeo libro primo praetoris urbani; IV, 3, 9, 4: La-
^eo libro trigesimo praetoris peregrini. GelL I, 12, 18: in commentarüs
labeonis quae ad XII tabulas composuit; vgl. ib. XX, 1, 13 und VI (VII),
15, 1: Labeo in libro de XII tabulis secundo. Festus v. prox (p. 253*):
Labeo de iure pontifido L XI; darauf v. penatis: Labeo Antistius, und v.
506 AuguBieische Zeit, 711— 7«7 d. St.
proculiunt: Antistios de iure pontificali l. IX; v. spurcom (p. 348, wo er
auch sonst angefahrt wird): Labeo Antistius 1. X commentari iuris pouild-
ficii; V. sistere (p. 35 P): Antistius Labeo in commentario XY iuris ponlafid.
Vielleicht auch (de) officio augu(rum), ib. p. 290*. Gell. I, 12, 1: qui de
virgine capienda scripserunt, quorum diligentissime scripsit Labeo Antistius.
Macrob. III, 9, 4 (nachdem vorher Ateius Capito ex libro I de iure sacri-
ficiorum angeführt wark Labeo vero sexagesimo et octavo libro intolit
etc. Noten zu Labeo schrieben die Juristen Procains, Aristo u. A. C. Tho-
masius, comparatio Labeonis et Capitonis, Lips. 1683. C. v. Eck, de vita
. . Labeonis et . . Capitonis, Franeker 1692 und in Oelrichs thesaur. no?.
I, 2. p. 825—856. F. A. Biener, Ant. Labeo iuris ciTilis novator, in seinen
opusc. (1830). I. p. 196 — 213. Bach, historia iurisprad. rom. p. 403 ff.^
S. W. Zimmern, Gesch. d. röm. Privatrechts I, 1. S. 306—311. A. F. Ru — ,
dorlf, röm. Rechtsgesch. L S. 178 f. 236.
4. C. Ateius (C. 1. lat. L p. 198, nr. 760 f. Fasti praenest. ib. p. 47
Xin) Capito, principem in civitate locum studiis civilibus adsecutus, se'
avo centurione Sullano, patre praetorio. consulatum ei adceleraverat A
gustus etc. (Anm. 2), Tac. A. III, 75. Wenn das von dem Consulat d
J. 758 gesagt werden konnte, so wird Capito etwa ums J. 720 geh^^
ren sein. Curator aquarum vom J. 13 n. Chr. bis zu seinem Tode, J.
n. Chr. (Tac. l. l.), Frontin. aq. 102. Als Jurist Schüler des Ofilius (ob
189, 2), imd in his quae ei tradita fuerant perseverabat (Pompon., s. A.
Gellius X, 20, 2: Ateius Capito, publici privatique iuris peritissimus.
crob. VII, 13, 11: apud Ateium Capitonem, pontificii iuris inter
peritum. Tac. A. III, 70: Capito insignitior infamia fuit (wegen se
Kriecherei^ vgl. Suet. gramm. 22. Dio LVII, 17), quod humani divini
iuris sciens egregium publicum et bonas domi artes dehonestari
Schriften: Coniectanea (Gell. II, 24, 2. 16. XX, 2, 3; ib. IV, 14, 1: c
librum VIII Atei Capitonis coniectaneorum legeremus, qui inscriptus
De iudiciis publicis; X, 6, 4); liber de officio seuatorio (Oell. FV, 10, T
vielleicht B. IX der Coniectanea, s. ib. XIV, 7, 12 f.: quod Ateius Cap>
in Coniectaneis scriptum reliquit; nam in libro IX . . ait nullum
consultum fieri posse etc. ib. 8, 2: Ateius Capito in Coniectaneorum
ius esse praefecto senatus habendi dicit); de pontificio iure (B. VbeiGS-^^*
IV, 6, 10; Capito Ateius in 1. VII pontificali, Festus v. mundus, p. IS^ *»*
vgl. Macrob. VII, 13, 11 ff.); Epistolae (Gell. XIII, 12, 1 ff. vgl. Anm- 2>
Vgl. Huschke, iurisprud. anteiust. ' p. 48 — 56. • p. 50—58. Oefters acm^^
führt bei Festus, sowie bei Plinius im Quellenverzeichniss zu den Bücki.ern
III, IV, XIV, XV, XVIII, wahrscheinlich aus den Coniectanea. In dea I^J*
gesten findet sich von ihm kein fragmentum purum, wohl aber mehjr«'^
Anfuhrungen aus zweiter Handi Zimmern, Gesch. d. röm. Privatrechte ^>
S. 307 f. Th. Frederking (und L. Mercklin), Philologus XIX. S. 650— 6<^-
W. Teuffei in Paul/s Real-Enc. I, 2. S. 1955 f. Nr. 4.
5. Fabius Mola (Dig. XLIII, 28, 1, 12), in den Digesten oft nebea
Labeo und Trebatius angeführt (XV, 3, 7, 2 f. XIX, 2, 13, 8. 5, 20. XXVH,
3, 1, 5 f. XL VII, 10, 17, 2), also wohl ungefähr ihr Zeitgenosse, zumal ds
er selbst den Aquilius Gallns (oben 161, 1) citiert (Dig. XIX, 1, 17,6:
Gallus Aquilius, cuius Mela refert opinionem). Er schrieb Digests in min*
r 3«
249 f. Juristen (Capito) und Philosophie. 507
38 Büchern (Dig. XLVII, 2, 52, 30; vgl. XLVI, 3, 39 pr.: Mela
li^«^o X). De Fabio Mela Abhandlungen von J. L. G. Beck (Lips. 1806. 4.)
B. E. Dirksen (Königsberg 1808. 4.).
C VitelliuB, zu welchem Masuriua Sabinus und Cassius Longinus unter
ius Anmerkungen schrieben (s. unten 265, 1 u. 3), scheint der augu-
stexscjhen Zeit anzugehören, ist aber sonst unbekannt, falls er nicht der
TG^frxjk^m Augusti procurator Vitellius bei Suet. Vitell. 2 ist.
7. Ueber Veranius s. oben 186, 14.
250. Interesse für Philosophie war in der augusteischen
Z^i'fc sehr verbreitet: alle bedeutenderen Schriftsteller, wie be-
sonders Vergilius, Horaz und Livius, zeigen dergleichen, und
Äel3^n ihnen auch Labeo, Vitruvius, Varus, Ljnkeus u. A. Zu-
^^^■xi dehnt es sich jetzt, hauptsächlich unter dem Einflüsse des
v'orzugsweise begünstigten epikureischen Systems, auch auf die
Pl^ysikalische Seite aus, obwohl der ethischen fortwährend das
Uol>ergewicht bleibt. Aber über das Dilettai^tische geht dieses
*-^^ toresse nicht hinaus, auch bei denen welche eigens über Phi-
iosophie schreiben, wie August und Livius und wohl auch den
Stoikern Crispinus und Stertinius. Bedeutender waren einzig
^a.tcr und Sohn Q. Sextius Niger, die an Crassitius, Papirius
*^^l>ianu8 u. A. Anhänger fanden. Ihre Schriften waren in
chischer Sprache yerfasst. Der Vater, ein energischer Mann
grosser Sittenstrenge und ein selbständiger Denker, erstrebte
*^ Verwirklichung des Guten im Leben des Einzelnen; in den
^P^^^^chen die unter seinem Namen auf uns gekommen sind
T^^en sich neben stoischen und pythagoreischen bereits auch
J^^iisch - iheistische Bestandtheile.
1. VgL oben 8. 375. Ueber Vergils phüosophisehe Richtung s. oben
^^^» 3; über Horaz oben 224, 5; T. Idvius s. oben 240, 4; August oben
^*^ , 3; Alfenus Varus oben 195, 2; über den Verfasser der Ciiis oben
• -404, 1; über Lynkeus oben 228, 6; P. Volumnius oben 239, 4; Labeo
^\^n 249, 2. Auch Seneca's Mutter, Hei via, hätte gern Philosophie stu-
^^^H, wenn ihr Gatte es zugelassen hätte, s. unten 253, 1.
2. Vitruv. I, 1, 7: philosophia perficit architectum animo magno et
^ti non sit adrogans, sed potius facilis, aequus et fidelis sine avaritia etc.
« . praeterea de rerum natura . . philosophia explicat, quam necesse est
Btodiosins novisse, quod habet multas et varias naturales quaestiones, ut
etiam in aquarum ductionibus. . . quorum (der spiritus naturales) offen-
donibns mederi nemo poterit nisi qui ex philosophia principia rerum na-
torae noverit. Aber auch ohne solches praktisches Interesse wird in dieser
Zeit neben dem ethischen Theile der Philosophie die Naturphilosophie
betrieben von Iccius (Hör. 0. I, 29, 13 f. Ep. I, 12, 15 fi".), dem Verfasser
der Ciris (Cir. 5 if. 11 £f. 39 ff.), Lynkeus (Prop. ÜI, 32, 27 f. 51 ff.) und
u
508 AugoBteische Zeit, 711—767 d. St.
ManiliuB (Astr. I, 96 ff. 118 ff. IV, 866 ff.). Ebenso zeigt der ältere SeztiuB
Niger (A. 5 — 7) und weiterhin Papirias Fabiauus (unten Anm. 10) und
CelsuB (unten 264, 3 o. 5) Verbindung von philosophischen und natorwis-
senBchafUichen Studien.
3. Porphyrie zu Hör. S. I, 1, 120 (p. 23 H.): Plotius Crispinus phüo-
sophiae studiosus fuit. idem et carmina scripsit, sed tarn gamile ut are-
taloguB diceretur. Acro ib. (p. 16 H.): hie Ciispinus poeta fuit, qui sec
stoicam versibus scripsit.
4. Acro zu Uor. Ep. I, 12, 20 (p. 434): Stertinius philosophus, q
CCXX libros Stoicorum latine scripsit. hos notat quod versibus suis ob^—^%^j
scuriorem philosophiam fecerint. Erstere an sich wenig wahrscheinlich^tr^^jj^
Angabe findet sich nicht bei Porphyrie, der nur sagt (p. 436): hunc ^ g^
alibi tangit ut Stoicum qui de paradoxis loquitur, und zu S. ü, 3, ^ 33
(p. 270): Stertinius uuus e Stoids fuit, wo Acro (p. 237): fuit Stertiniv-^fdog
de Stoicis.
5. Sen. Epist 98, 13: honores reppulit pater Sextius, qui itanai
ut remp. deberet capessere latum clavum divo lulio dante uon rece
Auch für den Sohn zu spät ist daher die auch sonst einseitige Angabe
Hieronym. zu Eus. Chr. a. Abr. 2017 = Aug. 44 = 765 d. St.: Sextns
thagoricus philosophus nascitur. Sen. Epist. 59, 7 : Seztium . . lege, vir
acrem, graecis verbis, romanis moribus philosophantem. 64, 2 f.: 1
est über Quinti Sextii patris, magni . . viri et, licet neget, Stoid.
tus in illo . . vigor est, quantum animi! . . cum legeris Sextium dic^^Bces:
vivit, viget, liber est, supra hominem est, dimittit me plenum iugentis ir idu-
dae. ib. 5: hoc quoque egregium Sextius habet quod et ostendet
beatäe vitae magnitudinem et desperationem eins non &det. 73, 12:
bat Sextius dicere lovem plus non posse quam bonum virum. ib. 15:
damus itaque Sextio . . clamanti: hac itur ad astra. De ira III, 3
faciebat hoc Sextius ut consummato die . . iuterrogaret a-nirnnm g
quod hodie maliun tuum sanasti? ib. II , 36, 1. Epist 108, 17 f.: di
quare Pythagoras auimalibus abstinuisset, quare postea Sextius. Letzt^-^^rer
betrachtete die Fleischnahrung als Förderung der Grausamkeit, Ueppi^^^l^eit
und als ungesund. Plin. n. h. XVIII, 68, 274: hoc (Weissagen einer ^ft^Eiss-
ernte) postea Sextius e Romanis sapienüae adsectatoribus Athenis ^edt
eadem ratione.
6. Schon Sextius scheint seinen Grundsätzen gern Spruchform geg^^^hen
zu haben; Beste davon als Zi^tov tov Jlv^ayoQBiov yvmfiai in Orr^üi's
Opusc. sent. I. p. 244 und Mullachs fragm. philosoph. gr. (Paris. M^SBO)
p. 522. Als der Kampf zwischen Polytheismus, Judenthum und Chn^^ten-
thum ausbrach wurden diese Sprüche, vermöge ihrer monotheistischen Qod
asketischen Richtung, in denselben hineingezogen, wahrscheinlich (M. Ott)
in der allgemeinen Brutstätte solcher literarischen Producte (wie Faeudo-
Phokylides, Sibyllinen), zu Alexandria, und stark mit weiteren monotbeiBti-
Bchen Bestandtheilen zersetzt. Diesen gab dann Rufinus bei seiner Ue^e^
Setzung derselben noch eine specifischer christliche Färbung. Vgl dessen
Vorrede an seinen Sohn Apronianus: Sixtum in Latinum verti, quem Siz-
tiun ipsum esse tradunt qui apud vos idem in urbe romana SixtuB vocator,
episcopi et martyris gloria decoratus. . . omne opus ita breve ut de manu
250. Philosophie (Sextius). 509
^iua numquam poceit recedere, totua hie über ibi pristim alicmns pretiosi
c^btineDB anali locum. . . nunc ergo interim habeatur in manibus pro
s&niilo liber. . . addidi et electa qaaedam religiosi parentis (des Sextius)
filium, sed breve totum, ut merito omne opusculum vel enchiridion, si
, vel latine anulus appelletur. In dieser Uebersetzung des Rufinus
fcaben wir 427 Sprüche, abgedruckt z. B. bei Orelli L 1. p. 246—268, und
Ibei MoUach 1. 1. p. 523 — 531; ausserdem (zu Xisti corrumpiert) in einer
Byrischen, mehr erweiterten und noch mehr christiamsierenden Ueber-
^etzung. Merkwürdig wäre es den Uebergang dieser Sprüche aus dem
siU^mein Menschlichen (oder Stoisch-Pythagoreischen) ins Theologische zu
^werfolgen. Bei Hieronymus (adv. lovin. 1, 30) wird aus Sextius in Senten-
'Cdis noch ganz bezeichnend und fein angeführt: adulter est in suam uxorem
^mator, Rufinus Nr. 222 bereits : . . omnis impudicus vel amator ardentior.
"^gl. Meinr. Ott, Charakter und Ursprung der Sprüche des Philosophen
SextiuB, Rottweü 1861. 71 S. 4.; und: die syrischen auserlesenen Sprüche
^es Xistus, Bischofs von Rom, eine überarbeitete Sextiusschrifk, Rottweil
01862 f. 48 u. 87 S. 4. Sänger, die Sprüche des Sextius, in Geigers Ztschr.
:Äar jüd. Wiss. V, 1 (1867).
7. Wie das praktisch -philosophische Werk des Sextius so war auch
sein naturwissenschaftliches in griechischer Sprache gehalten und (minde-
stens ein Theil) nsQl vlrjg (materia medica) betitelt (Erotian. Lex. v. Xsi-
4ft>ov). Sextius Niger, qui graece de medicina scripsit, wird von Plinius im
<)uellenyerzeichnis8 zu allen Büchern welche vom medidnischen Gebrauche
^er Pflanzen, Thiere und Metalle handeln aufgefahrt und XXXll, 3, 13
diligentissimus medicinae genannt. Auch Dioscorides benützte den Sextius
stark. 0. Jahn, Berichte d. sächs. Ges. d. W. 1850, S. 277—280.
8. Der Sohn (vgl A. 6) setzte des Vaters Werk fort; vgl Sen. nat.
quaest. YII, 32, 2: Sextiorum nova et romani roboris secta inter initia
sua, cum magno impetu coepisset, extincta est. Ueber L. Crassitius
8. oben 247, 2; über Papirius Fabianus unten Anm. 10. Später scripsit
non parum multa Cornelius Celsus, Sextios secutus (Quintil. X, 1, 124).
Auch Sotion (Sen. Epist. 108, 17 flP.) scheint zu den Schülern des Sextius
gehört zu haben.
9. Quintil. II, 14, 2 : haec interpretatio non minus dura est quam illa
Plauti essentia atque entia. Vgl. III, 6, 23: ovciav, quam Plautus essen -
tiam Tocat. VÜI, 3, 33: multa ex graeco formata nova, ac plurima a
Sergio Flavo, quorum dura quaedam admodum videntur, ut ens et essentia;
quae cur tantopere aspememur nihil yideo. Dagegen Sen. Ep. 58, 6 über
essentia: Giceronem auctorem huius verbi habeo, puto locupletem. si re-
centiorem quaeris, Fabianum, disertum et elegantem, orationis etiam ad
Qoctnim fastidium nitidae. Allerlei willkürliche Vermittlungsversuche zwi-
schen den Quintilianstellen imter sich (nebst X, 1, 124: Plautus in Stoicis
remm cognitioni utilis) und mit der des Seneca bei Höfig, de Papir. p. 2
— 17. Seneca macht wenig Schwierigkeit, da er nur zwei Stilisten ver-
schiedener Zeit anfährt welche gleichfalls essentia gebraucht haben. Bei
Qnintilian könnte Plauti in Flavi verwandelt werden, wenn es zulässig
wftre drei Stellen nach einer zu emendieren. Doch sagt VIII, 3, 33 nicht
daas Sergius Flavus auch ens und essentia neugebildet habe; vielmehr
|10 Augasteische Zeit, 711^767 d. St.
Iirerdeii diese Wörter hier in Schute genommen und also nicht zu den dai
ides Sergios Flavus gerechnet, sondern als Beispiele der molta ex
formata aufgeführt. Ebenso wenig behaupten die beiden andern Stellei
dass Plautus die Wörter zuerst gebraucht habe. So werden drei Schrift:::^
steller zu unterscheiden sein: der kühne Wortbildner Sergius Flayus, d(
Stoiker Plaptus und der Anhänger des Sextius, Papirius Fabianus.
10. P^irius Fabianus, philosophus genannt bei Sen. soas. 1,
controY. II, 9, 25. 13, 18. VII. praef. 4. Sen. Ep. 40, 12: Fabianus,
egregius et Tita et sdentia et . . eloquentia quoque. de brev. yitae 10, ^u
Fabianus, non ex his cathedrarüs philosophis, sed ex veris et antiqi&..^e
Beginn mit Rhetorik. Sen. controv. 11. praef. 1: Fabianus phüosoph i^^xa
qui adolescens admodum tantae opinionis in dedanuindo quaato postea in
disputando fuit. exercebatur apud Arellium Fuscum etc. ab hac (c^er
oratio lasciva des Ar. F.) cito se Fabianus separavit et luxuriam quid^^m
cum Yoluit abiecit, obscuritatem non potuit evadere; haec illum in phSJo-
sophiam persecuta est. (2.) deerot illi (dem Fab.) Oratorium robur . . ;
splendor vero . . orationi aderat. voltus dicentis lenis et pro tranquSJli-
tate morum (vgl. Sen. Epist. 11, 4) remissus. {4.) cum aliquando Sezti.vini
audiret (vgl. A. 8) nihilominus dedamitabat. . . (5.) habuit et BlandLviin
rhetorem (oben 37, 1) praeceptorem. . . apud Blandum diutius quam a^pad
Fuscum Arellium studuit, sed cum iam transfugisset (zur PhilosoplDLie).
. . nee iUe deolamationibus vacabat et ego tanto minorem natu quam xpse
eram (Fabianus mag also 715 — 720 geboren sein, vgL Sen. contror. II,
12, 12) audiebam quotiens inciderat, non quotiens volueram. Ausfuhrldche
Probe einer Declamatiou des Fab. ib. II, 9, 10—13; andere ib. 12, 3. JtO £
13, 6 f. 14, 4. Von daher auch wohl seine Gewohnheit öffentlicher Vor-
träge (über Philosophie); vgl. Sen. Epist. 52, 11: disserebat populo Fabia-
nus, sed audiebatur modeste. erumpebat interdum magnus damor l^xa-
dantium, sed quem rerum magnitudo (vgl. Epist. 100, 10) evocaverat.
Zuhörer von ihm war Albudus Silus (s. unten 252, 4) und der PhiloBOp^^
Seneca (Epist. 100, 3. 12). Ueber seine Schreibweise s. Sen. Epist 58,
(Anm. 9) und besonders Ep. 100, wo 1: Fabiani Papirii libros qui insc
buntur (artium) civilium legisse te scribis et non respondisse expectatioi
tuae; deinde oblitus de philosopho agi compositionem eins accusas; worai
Seneca den Fabianus ausführlich vertheidigt und charakterisiert und z. B^
sagt (9) dass als philosophische Schriftsteller (in süUstiscber Hiosichjt)
Cicero (cuius Ubri ad philosophiiun pertinentes paene totidem ewoi qi
Fabiani, 9), Asinius PoUio und T. Livius ihm voi^^hen. Im Untersi
von Cicero erstreckte sich aber seine SohriftsteUerei hauptsftchttch auf i
turgegenstände; Fabianus causarum naturüium IX bei Chaos, p. 106, 14 ff.^
ungenauer causarum libro II et IXI ib. p. 146, 28; causaEom tertio
Diomed. I. p. 375, 22 K. Vgl. noch Val. Prob. p. 200, 21 und Berg.
p. 542, 16 K. (gramm. lai IV). Fabianus de animalibus piimo bei
p. 105, 14 f. vgl. p. 142, 14. Vgl. Plin. n. h. IX, 8, 26. Wie Zoolc
scheint auch die Botanik (Pharmakologie) von ihm behaiikdelt su adn,
den Anführungen bei Plin. n. h. ZU, 8. XV, 2. XYIII, 28, 277 (a
graedsque auctoribus). XXIII, 30. XXYIII, 14 (Aristoteles et Fabi
Auf viel Kritik deutet aber nidit die Angahe ib. XXXVI, StAi ioter
alia Italiae miracula ipsa marmora in lapiddinis cresoere auestor
250 f. Philosophie (Fabionos) und Beredtsamkeit. 511
' Tabianns, naturae renun peritisaimus. Anderes ib. II, 46. 105. Herrn.
st;. Höfig, de Papirii Fabiani philosophi vita scriptisque, Br68la^ (1852)
2&1. Die Vertreter der augusteischen Beredtsamkeit;
Veit sie noch in der Republik wurzelt^ sind Asinius Pollio
d M. Messala; neben ihnen noch Fumius^ AtratinuS; L. Ar-
atius, Q. Haterius (690—779 d. St.) u. A. Die jüngere Ge-
r&tion entspricht mit ihren Fähigkeiten meist nur dem engen
bxune welchen die Monarchie gelassen; so die Söhne des Mes-
la^ Messalinus und Gotta^ Fabius Maximus u. A. Bedeutender
td T. Labienus und Cassius Severus, welche durch ihren Frei-
it in Conflicte geriethen, Labienus mittelst eines Geschichts-
srkes. Der wegen seines scharfen Witzes vielgehasste und ge-
rchtete Cassius Seyerus ist noch ein eigentlicher Bedner und
fasst sich nur ungern mit den Schuldeclamationen^ verräth
er in der Art seiner Beredtsamkeit dennoch seine Verwandt-
iioft mit ihnen.
1. Ueber Asinius Pollio und Messala als Redner s. oben 208, 2 c und 6.
I>er Fumius oben 196, 7; Sempronius Atratinus 196, 8. Ueber die red-
:uche Bildung und Beredtsamkeit des Augustus s. 207, 2; des Maecenas
^9 6; des Agrippa 207, 7.
2. Der Torquatus welcher Moschi (unten 252, 12) causam (Hör.
. I, 5, 9 etwa aus J. 735 d. St.) führte und an welchem Hör. 0. lY, 7,
^. genoB, facundia und pietas rühmt ist, da die Manlii Torquati wahr-
^einUch in den Bürgerkriegen ausgestorben waren, vermutlich (s. Wei-
ex-t de Cass. Farm. p. 804—314) der bei Suet. Aug. 43 Genannte: in hoc
KXMae) ludicro Nonium Asprenatem lapsu debilitatum aureo torque do-
Vxt passusque est ipsum posterosque Torquati ferre cognomen. Vgl. ib.
5 com Asprenas Nonius artius ei (dem Augustus) iunctus causam vene-
u. accuaante Caasio Severo diceret etc. Dann ist dieser wohl auch einer
^ zwei A»prenatej von deren Dedamationen der Bhetor Seneca be-
'^*iß% häufig über PnbliuB, z. B. suas. 7, 4. oontr. I, 1, 5. 2, 9 f. 8, 4-6
1^2 f. n, 10, 4. YII, 23, 6. X, 38, 26 (P. Asprenates dixit), einmal auch
^T Lucius, ib. X. praef. 2 (pertinere non ad rem puto quomodo . . L.
X^renates aut Quintilianus senex declamaverit; transeo istos quorum fama
K^ ipdfl extincta est). Ein L. Nonius Asprenas war Cos. 759 d. St. , ein
*^^erer J. 782 «= 29 n. Chr.; ein P. Nonius Asprenas (Sohn des Schul-
^i^re?) Cos. 791 = 38 unter Caligula.
8. Ueber L. Arruntius (A. 8) s. oben 243, 7.
4. Q. Lucretius Vespillo, Cos. 735; s. W. Teufifel in Pauly's Real-Enc.
''. 8. 1198, Nr. 23. Grabrede auf seine Gattin Turia, die nach 41jähriger
^ um 746—752 gestorben war, ein warmer Erguss des Gefühls, erhalten
dar Inschrift bai Orelli 4869. Th. Mommaen, Abhandl. d. Berl. Akad.
^, 8. 456 iL 477 f.
512 Augußteiaclie Zeit, 711—767 d. St.
5. Hieronym. zu Euseb. ehr. a. Abr. 2040 = Tib. 11 = 777 d. St.:
Q. Haterins promptus et popularis orator usque ad XC prope aimam
cum summo honore consenescit. Ttb. A. IV, 61: fine amii (779 = 26 n.
Chr.) excessere insignes viri, Asinius Agrippa . . et Q. Haterius, famiha^
seuatoria, eloquentiae quoad vizit celebratae. monimenta ingeni eius haadli^
penude retinentur. scüicet impetu magis quam cura yigebat . . Hateri^S
canornm illud et profluens cum ipso simul extinctum est. Seneca £x(
controv. IV. praef. 6 — 11 (p. 376— 378 Bu.): Q. Haterium scio . . imbecill-
animo mortes sex filiorum tulisse. . . declamabat Haterius admisso popuk^^
ex tempore, solus omiiium Romanorum quos modo ipse cognovi in
nam linguam transtulerat graecam facultatem. tanta erat illi velocit
orationis ut Vitium fieret. . . nee verborum illi tantum copia sed elu
rerum erat. . . quaedam antiqua et a Cicerone dicta, a ceteris deinde
serta dicebat. . . multa erant quae reprehenderes, multa quae suspicei
etc. Sen. Epist. 40, 10. Proben aus seinen Declamationen sind bei di
älteren Seneca nicht selten; s. p. 15. 27, 14 ff. 39, 4 fF. 97. 185. 193. 1_
236. 272. 284. 285. 286. 287. 334 ßu. Vgl. noch Tac. A. 11, 33 (consulac-Ss).
Suet Tib. 27. 29.
6. M. Valerius Messala oder Messalinus, ältester Sohn des E«dik.^n,
Cos. 751; s. A. Haakh in Pauly's Real-Enc. VI, 1. S. 2355 f. Nr. 100. I'ac
A. III, 34: Valerius Messalinus, cui parens Messala ineratque imago p&;^r-
nae facundiae. Vgl. oben 215, 2, A. 1 und 229, 4. Z\ix Feier seiner Er-
nennung zum XVvir sacr. Tibull II, 5 (vom J. 735? Lachmann 729 o^er
730). Briefe Ovids an ihn, Trist. IV, 4 (v. 5: cuius in ingenio patriae h-
cundia liuguaest) und ex Ponte I, 7. II, 2. Sein jüngerer Bruder Iiiess
M. Aurelius Cotta Maximus, seit er (nach J. 762) in das Geschlecht seiner
Mutter, die gens Aurelia, adoptiei-t worden war, nahm aber nach des Mes-
salinus (kinderlosem?) Tode dessen Cognomen an. Politisch wenig thä%
und mit Servilismus sich durchhelfend, führte er im üebrigen ein epi-
kureisches Leben (egens ob luxum, per flagitia infamis, Tac. A. VI, 7), zu
welchem neben Genüssen der Küche (Plin. n. h. X, 22) auch das Versemachen
(oben 236, 15) und Witzereissen (Tac. A. VI, 5) gehörte. Mit Ovid war er
näher befreundet; s. ex Ponte 1,5. II, 3. 8. III, 2. 5, auch wohl Trist. IV, 5.
Eine von ihm vor dem Centumviralgericht gehaltene Bede welche Ovid i^
Tomi las ex Pont. III, 5, 7 ff. (legimus, o iuvenis patrii non degener oris,
dicta tibi pleno verba diserta foro). Ueber ihn A. Haakh in Pauly's Beal-
Enc. VI, 2. S. 2356, Nr. 100. W. Henzen, Annali dell' inst archeoL
XXXVIL p. 5—17.
7. Paulus Fabius Maxiraus, Cos. 743 d. St. An ihn Ovid. ex Ponto
I, 2. 9. III, 3. 8. Ueber ihn ib. IV, 6, 9 (Fabiae laus, Maxime, gentiß).
I, 2, 69 (romanae facundia, Maxime, linguae), 119 (doetae dulcedine Ho*
guae) u. 137 (tua nonnumquam . . scripta legebas); Heraz 0. IV, 1, 9 ff.
(centum puer artium). Quintil. VI, 3, 52. Zweifelhaft aber ist ob er der
Fabianus Maximus, nobilissimus vir, ist qui primns foro romano hniic so*
Vitium morbum quo nunc laborat intulit (Sen. controv. II, 12, 11. p. 15*)
14 ff. Bu.). A. Haakh in Pauly's Real-Enc. VI, 2. S. 2919 f. Nr. 67.
8. Tac. A. XI, 6 (aus der Zeit des Claudius, J. 47 n. Chr.): mm-
nissent Gai Asinii, M. Messalae ac recentiorum Arruntii (A. 3) et Aeser*
251. Redner: Haterius, Labienus u. a. 513
ima provectos incomipta vita et facimdia. Aeserninus ist
in des Cos. 732, M. Claudius Marcellus Aeserninus, und Enkel
Pollio (Suet Aug. 43), geboren etwa 725 — 730, von seinem
1 die Beredtsamkeit eingeleitet; s. Sen. ezc. controv. IV.
>. 376 Bu.), wo z. B.: Marcellus, quam vis puer, iam tantae
ut Pollio ad illum pertinere successionem eloquentiae suae
oben (meist kurze) aus seinen Dedamationen bei Sen. suas.
controv. p. 160. 185. 192. 200, 23—30. p. 208 Bu. Vgl. noch
11.
US n. h. XXXIV, 18, 47: duo pocula . . quae Cassio Salano
ri suo Germanicus Caesar . . donaverat. Diess ist der Sala-
tien Ovid. ex Pont. II, 6 gerichtet ist, worin er doctissimus
, sein eloquium (40), seine faeundia (69) gerühmt wird, auch
poetische Arbeiten von ihm hingewiesen, und seine Stellung
IS (41—56) erwähnt.
sr T. Labienus s. besonders den älteren Seneca Contr.X. praef.
94 Bu., wo z. B. : declamavit non quidem populo, sed egregie.
rator, qui multa impedimenta eluctatus ad famam ingeni con-
gis hominibus pervenerat quam volentibus. summa egestas
infamia, summum odium. . . color orationis antiquae, vigor
i inter nostrum ac prius saeculum medius. libertas tanta ut
cien excederet et, quia passim ordines hominesque laniabat,
itur. . . in hoc primum excogitata est nova poena: effectnm
inimicos eins ut omnes eius libri (ex senatus consulto) com-
. . non tulit hanc Labienus contumeliam nee superstes esse
roluit, sed in monumenta se maiorum suorum ferri iussit atque
im 765 d. St.?). . . memini aliquando, cum recitaret histo-
m partem illum libri convolvisse et dixisse : haec quae transeo
meam legentur. Suet. Calig. 16: Titi Labieni, Cordi Cre-
»everi scripta, senatus consultis abolita, requiri et esse in ma-
ique permisit. Sen. controv. p. 375, 17: homo mentis quam lin-
is. Proben aus seinen Dedamationen ib. p. 310, 21. 312, 21.
2 £F. 325, 4 ff. In dem Processe um die Hinterlassenschaft der
d Labienus als Sachwalter des Figulus dem Asinius Pollio
rgl. Quintil. I, 5, 8. IV, 1, 11. IX, 3, 13. Chans, p. 77, 14.
uf eine Rede des Lab. gegen Bathyllus deutet Sen. contr. X.
594, 3 Bu.). Weichert de L. Vario p. 319-324.
). A. I, 72: primus Augustus cognitionem de famosis libellis
commotus Cassii Severi libidiiie, qua viros feminasque in-
cibus scriptis diffamaverat. Der Unwille des adeligen Qe-
3ers über diese Vermessenheit fühlt sich durch ib. IV, 21:
lassio Severe exule, qui sordidae originis, maleficae vitae, sed
IS, per imroodicas inimicitias ut . . Cretam amoveretur effe-
illic eadem actitando recentia veteraque odia advertit, bo-
B , . saxo Seripho consenuit. Hieronym. ad a. Abr. 2048 =
)5 d. St.: Cassius Severus, orator egregius, qui Quintianum
dum Inserat, XXV exilii sui anno in summa inopia moritur
srenda contectus. Er mag also um 710 d. St. geboren sein;
(im. Litcralurg-cschiclilo. ß^
514 Augusteische Zeit, 711—767 d. St.
schon desshalb kann Hör. Epo. 6 sich nicht auf ihn beziehen; s. W. Teuff^^
Ztschr. f. d. Alt. Wiss. 1845, S. 596 — 598. Charakteristik desselben
Sen. Exe. controv. III. praef. (p. 359 ff. Bu.): oratio eius erat valenscult^
ingentibuB plana sententiis. . . non est quod illum ex his quae edi<
aestimetis; . . eloquentia eius longo maior erat quam lectio. . . corpo
magnitudo conspicua (vgl. Plin. n. h. VII, 10: Gassio Severo celebri o
tori armentarii mirmillonis obiecta similitudo est), suavitas yalentisainft
Tocis. . . gravitas, quae deerat vitae, actioni supererat. . . uno die
vatas plures agebat, . . publicam vero numquam amplius quam unam
die. nee tarnen scio quem reum illi defendere nisi se (gegen die Ankl
des Fabianus Maximus, ib. p. 154, 16) contigerit. . . omnia habebat qxtae
illum ut bene declamaret instruerent: phrasin . . lectam, genus dicendi . .
ardens et concitatum, . . explicationes plus sensuum quam yerborum La-
bentes. . . tamen non tantum infra se cum declamaret, sed infra moltos
erat, itaque raro declamabat et non nisi ab amicis coactus. Er selbst
erklärt diess ib. 12 damit dass er nur das causas agere, in foro di-
cere, nicht aber dieses zwecklose Thun mit Ernst behandeln könne.
Vgl. suasor. 6, 11. Proben seines Witzes ib. controv. II, 12, 11. IV.
praef. 11. IX, 26, 14. X. praef. 8. 34, 20. Quintil. VI, 3, 27 vgl. 78 f. 1,43.
VIII, 2, 2. 3, 89. XI, 3, 133. Suet. gramm. 22. Proben seiner Dedamaüo-
nen bei Sen. controv. VII, 18, 10. IX, 25, 12 und besonders X, 33, 2
(p. 316 f.). Letztere bestätigt mit ihrer Masslosigkeit der Ausmalimg i^
der Hauptsache das Urteil bei Tac. dial. 19: antiquorum admiratores . •
Cassium Severum . . primum affirmant flexisse ab ista vetere atque direota
dicendi via, und ib. 26: equidem non negaverim Cassium Severum, . . ^
iis comparetur qui postea fuerunt, posse oratorem vocari, quamquam i^
magna parte librorum suorum plus viri habet quam sanguinis ; primos enii^
contempto ordine rerum, omissa modestia ac pudore verborum . . iio<^
pugnat, sed rixatur. ceterum . . et varietate eruditionis et lepore urbani^'
tatis et ipsarum virium robore multum ceteros superat. Quintil. X, 1, ll^J
multa, si cum iudicio legatur, dabit imitatione digna Cassius Severos, qtx^
si ceteris virtutibus colorem et gravitatem orationis adiedsset, ponend^^
inter praecipuos foret. (117.) nam et ingenii plurimum est in eo et ace^^
bitas mira et urbanitas eius summa; sed plus stomacho quam consiUo dedi^^-
Er belangte (J. 745 nach Dio LV, 4) den Freund des Augustus, Noni^^^
Asprenas, wegen Giftmords, wobei ihm Asinius Pollio als Vertheidig^^
gegenüberstand (Quintil. X, 1, 22). Anfuhrung aus einer Rede von ih»^
bei Diomed. I. p. 371, 19 K.; Cassius Severus ad Maecenatom (BrieT^)
bei Chariß. I. p. 104, 11 K. == Priscian. VII, 55. p. 833, 11 H.; CassiuB
Tiberium secundo bei Diomed. I. p. 373, 20 = Priscian. IX, 53. p. 489, 8
Vgl. noch Hertz zu Priscian. VIII, 15. p. 380, 1. Dass er aus Longols gT
bürtig gewesen sei ist weggefallen seitdem im Quellenverzeichniss zu Pü*^*
n. h. XXXV aus guten Gründen interpungiert wird: ex . . Casaio Sever^^'
Longulano. Dieser Longulanus selbst aber ist uns so unbekannt wie d^^'
ib. gleich darauf genannte Fabius Vestalis qui de pictura scripsit, der i
Verzeichniss auch zu B. VII u. XXXVI aufgeführt wird.
12. Varius Geminus, sublimis orator (L. Seueca bei Hieronym. ad
lovin. I), apud Caesarem dixit: Caesar, qui apud te audent dicere
tudinem tuam ignorant, qui non audent, humanitatem (Sen. exe. cod
251 f. Redner und Ehetoren : Cassius Severua, Latro u. a. 515
VI, ^ -» 6). Proben seiner Declamatdonen bei Sen. euas. 6, 11 — 14. contr.
Yll, ^«, 18 f. u. 23. 19, 5. 21, 10 u. 16-17. 22, 11.
252. Unter den Rhetoren der augusteischen Zeit sind
iimöx-lialb der älteren Generation die namhaftesten der Lands-
maiLxi und Jugendfreund des älteren Seneca, M. Porcius Latro;
Arellius Fuscus, welcher der in seiner Heimat Asien herrschen-
den Geschmacksrichtung huldigte ; C. Albucius Silus aus Novara ;
der altere Passienus; der eitle Cestius Pius aus Smyrna; L. lu-
nius Gallio, gleichfalls ein Freund des älteren Seneca. Aus der
jüngeren Generation gehören zu den verhältnissmässig bedeutend-
sten der philosophisch angeregte Papirius Fabianus und Alfius
Flavns, der auch Verse machte. Eine grosse Schaar anderer
Schulredner kennen wir durch den älteren Seneca.
1. Sen. controv. X. praef. 13: primum tetradeum quod faciam quae-
ntig? Latronis, Fusci, Albuci, Oallionis. Als Beweis des herrschenden
üng-eschmackes wird ib. III. praef. 14= angeführt: et PoUionem Asiniom et
MeesaJam Corvinmn et Passienum . . minns bene videri quam Cestiam aut
^*^oiiem. Im Allgemeinen vgl. Andr. Schott, de claris apud Senecam
rhetoribus, an der Pariser Ausg. des Seneca von 1607 und 1613.
2. Hieronym. chron. a. Abr. 2013 = Aug. 40 = 751 d. St.: M. Por-
^^us Latro (vgl. Suet. ind. rhet. p. 99 ßflfsch.) latinus declamator taedio
duplicis quartanae semet ipsum interficit. Charakteristik desselben bei
°^ß- controv. I. praef. 13—18. 20 — 24, z.B.: Latronis Porcii, carissimi mihi
BodaJxs^ memoriam . . et a prima pueritia usque ad ultimum eins diem
P^^'ivictam familiärem amicitiam. . . nihil illo viro gravius, nihil suavius,
• • tÄ.emo plus ingenio suo imperavit, nemo plus indulsit. in utraque parte
▼ehementi viro modus deerat. . . (16.) corpus illi erat natura solidum et
Diult;^ exercitatione duratum. . . vox robusta, sed sordida lucubrationibus
et KiQglegentia . . iufuscata. . . nulla umquam illi cura vocis exercendae
luit r illum fortem et agrestem et hispanae consuetudinis morem non poterat
deAi^^jgjß (17.) . . memoria et natura quidem felix, plurimum tamen arte
*^^t.a. (20.) . . cum in illo, si qua alia virtus fuit, et subtilitas fuerit.
' C22.) cum condiscipuli essemus (zu Rom) apud Marilium rhetorem, ho-
^^*^*^^m satis aridum. . . (24.) controversia . . quam primam Latronem
^^vixn declamasse memini admodum iuvenem in Marilli schola. IX. praef. 3. :
T^^onem Porcium, declamatoriae virtutis unicum exemplum, cum pro reo
^ ^ispania Rustico Porcio propinquo suo diceret etc. = QuintiL X, 5, 18
^"* Xi., qui primus clari nominis professor fuit). X. praef. 15: Latro num-
^^^^m solebat disputare in couvivio aut alio quam quo declamare poterat
^^pore. . . negabat itaque ulli se placere posse nisi totum nossent se
^^ Buas vires. Zahllose Proben aus seinen Declamationen bei dem älteren
T^iieca (z. B. contr. VIT, 16, 16 ff.}, die ihn als einen verhältnissmässig na-
^t'lichen und einfachen Schulredner erscheinen lassen. Vgl. Lindner p. 25
^^i4. Messala fand seine Sprache nicht rein römisch (Sen. controv. II,
% 8). Aus einer declamatio de raptore (Sen. contr. II, 11) des Latro eine
33*
516 Augusteische Zeit, 711—767 d. St.
Stelle bei Quintil. IX, 2, 91. Anhänglichkeit seiner Schüler an ihn; s. Sen
controv. IX. praef . 23 : nee uUi alii contigiase scio quam apud Graecos Ni — .
ceti, apud Romanos Latroni ut discipuli non audiri desiderarent, sed con^
tenti essent audire. Tranken sie doch sogar cuminum silvestre um blas...^
auszusehen wie ihr Meister (Plin. n. h. XX, 160). Unter diesen Schülei
war Ovid (oben 231, 1), Florus (Sen. controv. IX. praef. 23 f.), Fulvii
Sparsus und Arbronius Silo (Sen. suas. 2, 19). G. Lindner, de M. Porc^^
Latrone commentatio, Breslau 1855. 52 pp. Diss.
3. Sen. controv. IX, 29, 16: Puscus Arellius cum esset ex Asia ei
schloss sich am nächsten an seine Landsleute Addaios (ib. IX, 24, 12 f.) xvt^d
Uybreas (ib. IX, 29, 16) an. Suas. 4,5: quia soletis mihi molesti esse <]e
Fusco, quid fuerit, quare nemo videretur dixisse cultius, ingeram vo\>28
Fuscinas explicationes. dicebat autem suasorias libentissime, et frequen^os
graecas quam latinas. Eine Charakteristik seiner Weise gibt der ältere
Seneca wiederholt; so suas. 2, 10: ut sciretis quam nitide Fuscus dixiaset
vel quam licenter. . . nihil fuisse me iuvene (also war Fuscus wohl etwa«
älter als Seneca) tam notum quam has explicationes Fusci etc. vgl. ib. 3, 7:
descriptionibus Fusci vos satiem? Controv. II. praef. 1: erat expUcatio
Fusci Arelli splendida quidem sed operosa et implicata, cultus nimis ad-
quisitus, compositio verborum mollior . .; summa inaequalitas oratioxiis,
quae modo exilis erat, modo nimia licentia vaga et ettusa; principia, ar^*
menta, narrationes aride dicebantur; in descriptionibus extra legem omoi-
bus verbis, dummodo niterent, permissa libertas; nihil acre, nihil soli-
dum, nihil horridum; splendida oratio et magis lasciva quam laeta. Dazu
suas. 3, 5: solebat Fuscus ex Yergilio multa trahere, ut Maecenati impu-
taret; vgl. ib. 4, 5. Der ältere Seneca gibt in seinem Werke sehr zahl-
reiche Proben der Beredtsamkeit des Fuscus, die längsten suas. 2, ift-
controv. II, 9, 4—8. VII, 21, 7 f. Vgl. Lindner p. 11—23, wo p. 22: eanai»
sectabatur eloquentiam. sanos plerumque habet colores, sanas sententia^
splendidam descriptionem et copiosam, quamvis interdum nimis cultam et
luxuriosam; figuras plurimas quidem nee vero inepte cumulatas. oratio
argenteae est aetatis. . . divisio denique . . apud Fuscum arida depr^'
henditur. Dass Seneca ihn in einem Theile der Stellen Arellius Fobco^
(oder Fuscus Arellius) pater nennt beweist nur dass er, gerade vne Clodia^
Turrinus (Sen. contr. X. praef. 14 fF.), zur Zeit da Seneca schrieb einei»
erwachsenen Sohn hatte welcher sich vielleicht gleichfalls der RhetorU^
widmete, ohne dass desshalb die Stelleu wo pater fehlt und blos Arellio^
Fuscus oder Fuscus Arellius gesetzt ist (niemals mit dem Beisatze filiuis)
auf den Sohn zu beziehen wären. Dass vielmehr alle Stellen des Senec^
nur auf den berühmten Rhetor, den Vater, zu beziehen sind zeigen di^
vielen Fälle wo innerhalb des gleichen Beispieles pater bald gesetzt bal*^
weggelassen ist; s. W. Teuffei in Pauly's Real-Enc. I, 2. S. 1496, Nr. ^-
Lindner p. 4—6. Unter seinen Schülern war Ovid (oben 231, 1) und Papi'
rius Fabianus (oben 250, 10). Keinenfalls von ihm, vielleicht aber von seineJ^
Sohne, sagt Plin. n. h. XXXIII, 54: vidimus et ipsi Arellium Fuscum (m^^'
tum equestri ordine ob insignem calumniam, cum celebritate assectarei»'
tur adolescentium scholae) ex argento anulos habeutem. F. G. Lindner,
de ArelUo Fusco commentatio, Breslau 1862. 4.
i
252. Rhetoren: Arellius Fuscub, AlbuciuB Silus u. a. 517
4. Suet. rhet. 6 (= gramm. 30): C. AlbaciuB Silus Novariensis
cum aedilitaie in patria fongeretur . . contendit . . inde Bomam, receptus-
que in Planci oratoris (oben 196, 6) contubernium . . ex eo clarus propria
aiiditoria institoit, solitos declamare genere vario: modo splendide atqne
adornate, tum . . circumcise ac sordide et tantum non trivialibos verbis.
egit et causaa, verum rarius, dum amplissimam quamque seetatur nee alium
in Ulla locum quam perorandi. postea renuntiavit foro, partim pudore
partim metu (namentlich seitdem ihm vor dem Centumviralgericht L. Ar-
nmtius den Unterschied zwischen Redefiguren und Rechtsausführungen zu
fahlen gegeben hatte, Sen. controv. VIL praef. 7. Suet. 1. 1. Quintil. IX,
'^) 95). et rursus in cognitione caedis Mediolani apud L. Pisonem procon-
Bülem (Cos. 739 d. Si) defendens reum . . paene poenas luit. iam autem
senior ob vitium vomicae Novariam rediit convocataque piebe causis pro-
pter quas mori destiuasset diu ac more contionantis redditis abstinuit
cibo. ffieronym. ad a. Abr. 2011 == Aug. 38 = 749 d. St.: Albucius Silo
^orariensiB clarus rhetor agnoscitur. Allem nach war er ein Altersgenosse
Je8 altem Seneca (Lindner p. 7 f.). Quintil. II, 15, 36: Albucius, non ob-
»cnnis Professor atque auctor, nach welcher Stelle er auch über Theorie
^Pf Beredtsamkeit geschrieben hatte. Vgl. ib. IIT, 3, 4. 6, 62. Ps.Vergil.
Catal. 7, 3 f.: vos, Sile Albuci Arquitiqne Varroque, scholasticorum natio
niadeng pingui. Charakteristik seiner Redeweise bei Sen. controv. VII.
P^aef., worin z. B.: (1.) instatis mihi quotidie de Albucio. non ultra vos
uifferam, quamvis non audierim frequenter, cum per totum annum quin-
quiens seziensve populo diceret (d. h. öffentlich declamierte). . . alius erat
com torbae se committebat, alius cum paucitate contentus erat. . . illa
intexxipegtiva in declamationibus eins philosophia sine modo tunc . . eva-
^b^-tnr. cum populo diceret omnes vires suas advocabat et ideo non de-
*niel>^t. . . argumentabatur moleste magis quam subtiliter. . . (2.) . .
*piexidor orationis quantus nescio an in nullo alio fuerit. . . dicebat citato
et efipQgo cursu, sed praeparatus. . . sententiae . . simplices, apertae. . .
(3.) . . non posses de inopia sermonis latini queri cum illum audires: tau-
^^^^^ orationis cultae fluebat. . . (4.) timebat ne scholasticus videretur.
* ^tiem proxime dicentem commode audierat imitari volebat. memiui
mnttx . . apud Fabianum philosophum tanto iuveniorem quam ipse erat
cuid codidbus sedere; (5.) memini admiratione Uermagorae ^tupentem ad
iQutq^tionem eins ardescere. nulla fiducia ingenii sui et ideo adsidua mu>
^^o. . . (5.) raro Albucio respondebat fortuna, semper opinio. . . (7.)
^^^ homo sommae probitatis, qui nee facere iniuriam nee pati sciret*
'?«- noch ib. I, 4, 14 (Albucius, qui Graecos praeminet). Zahlreiche Pro-
^^ «einer Declamationen bei Seneca d. ä., z. B. controv. VII, 16, 1 — 3.
> ^5, 6 — 8. F. G. Lindner, de Gaio Albucio Silo commentatio, Breslau
^^1- 18 pp. 4.
5. Hieronym. ad a. Abr. 2008 = Aug. 35 £= 746 d. St: Passienus
^^r, declamator insignis, diem obit. Seneca controv. II, 13, 17: Passie-
^^^> vir eloquentissimus et temporis sui primus orator. Exe. contr. III.
P^i^ef. 14: Passienum, qui nunc primo loco stat. X. praef. 11: Passieno
' * declamatori subtili, sed arido. III. praef. 10: Passienus noster (Cassius
^Verus spricht) cum coepit dicere, secundum principium statim fuga fit,
^ epilogum omnes revertimur, media tantum quibus necesse est audiunt.
518 Augusteische Zeit, 711—767 d. St.
Von Augustus geschätzt (tantus vir), ib. X, 34, 21. Vgl. noch ib. VIH ^
16, 20. Sein Sohn ist Passienus Crispus bis consul (iterum J. 44 i^,
Chr.), orator, Agrippiuae matrimonio et Nerone privigno clarior poste.^
(Plin. n. h. XVI, 242). Vgl. Schol. luv. IV, 81 (soweit er dort nicht mit Vibicī
Crispus — unten 280, 2 — verwechselt wird): plurimas sponte causas apift^^
centumviroB egit. . . consulatus duos gessit. uxores habuit duas, prima::«:^]
Domitiam, deinde Agrippinam. . . omnium principum gratiam adpetiv^^
sed praecipue C. Caesaris. . . periit per fraudem Agrippinae etc. T^l<;.
A. VI, 20 (scitum Passieni oratoris dictum). Quintil. VI, 1, 50. X, 1, ^4
(nobis pueris insignes pro Voluseno Catulo Domitii Airi, Crispi Passiv xii^
D. LaeUi orationes ferebantur). An ihn gerichtet ist des Philosophen ^«.
neca Epigramm (6) aus der Verbannung (v. 2: Crispe, vel antiquo conapi-
ciende foro. v. 8 f. : cuius cecropio pectora melle madent, maxima facondo
vel avo vel gloria patri).
6. L. Cestius Pius (Suet. ind. rhett., p. 99 Rffsch.) Smyrnaeus rhetor
latine Eomae docuit, Hieronym. ad a. Abr. 2004 =s Aug. 31 =» 742 d. St
Sen. suas. 7, 13: erat Cestius nullius quidem ingenii, Ciceroni etiam in-
festus, quod illi non inpune cessit. nam cum M. Tullius filius Ciceronia
Asiam optineret (J. 725) . . servus . . interroganti domino quis ille voca-
retur qui in imo recumberet ait: hie est Cestius qui patrem tuum negabat
litteras scisse ; adferri protinus flagra iussit et Ciceroni . . de corio Cestii
satisfecit. Exe. controv. III. praef. 15: pueri fere aut iuvenes scholas fre-
quentant; hi non tantum disertissimis viris (der Gegenwart) Cesüum suum
praeferunt sed etiam Ciceroni praeferrent ni lapides timerent. . . haius
declamationes ediscunt, illius orationes non legunt nisi eas quibus Cestius
rescripsit. (16.) memini (sagt Cassius Severus) me intrare scholam eiuscom
recitaturus esset in Milonem Cestius (vgl. Quintil. X, 5, 20: rescribere veteri-
bus orationibus , ut fecit Cestius contra Ciceronis actionem habitam pro BÜ*
lone). . . Cestius Ciceroni responsurus mihi quod responderet non inveiü^
. . (17.) deinde libuit (mihi) Ciceroni de Cestio in foro satisfacere. . . diximo-
lestum me amplius non futurum si iurasset disertiorem esse Ciceronem qaam
se. nee hoc ut faceret vel ioco vel serio effid potuit. Contr. VII. praef. Ö;
Cestii, mordacissimi hominis. 16, 27: Cestium latinorum verborum inopi^
hominem graecum laborasse, sensibus abundasse. Proben aus seinen D^-
clamationen zahlreich bei Seneca. Schüler von ihm Surdinus (oben 15, ^'ji
Aietius Pastor (Sen. contr. I, 3, 11), Quintilius Varus (Sohn des durch seine
Niederlage Berühmten und Schwiegersohn des Germanicus, ib. I, 3, 1^)'
und besonders Argentarius, s. Sen. contr. IX, 26, 12 (p. 265 Bu.): CestiaB
. . quid putatis, aiebat, Argentarium esse? Cesti simius est. . . fuerat
enim Argentarius Cesti auditor et erat imitator. aiebat invicem : quid pu-
tatis esse Cestium nisi Cesti cinerem? (13.) Omnibus autem insistebat (Arg)
Cesti vestigiis : aeque ex tempore dicebat, aeque contumeliose multa ioter-
ponebat; illud tamen optima fide praestitit, ciun uterque Graecus esset,
ut numquam graece declamaret. Vgl. W. TeufFel in Pauly's Real-Eo^
I, 2. S. 1518, Nr. 1. F. G. Lindner, de L. Cestio Pio, Zülüchau 1858.
17 pp. 4.
7. (L.) lunius Gallio, Freund des altern Seneca (Gallio noster, Seu.
p. 21, 15. 130, 2. 160, 11. 162, 2. 181, 10. 359, 15 Bu.), sowie des Ovid
J
252. Rhetoren: Passienus, Cestius Pius, Gallio u. a. 519
(Ifcksoni Bao, ib. p. 21, 30) und daher wohl der Gallio welchen Ovid ex
Poxit. IV, 11 über den Tod seiner Gattin tröstet. Gleichaltrig scheint er
m^liM: dem Ovid als dem Vater Seneca gewesen zu sein; s. Sen. contr. VII.
pr«fcr«f. 5 f. Ver&sser einer rhetorischen Schrift (Quintil. III, 1, 21: pater
Gei»Uio) und von Declamationeu (ib. IX, 2, 91: remissius et pro suo ingenio
pa.l^r Gallio; vgl. Tac. dial. 26: tinnitus Gallionis), die noch in der Zeit
de» Hieronymus vorhanden waren (comm. in Esaiam, praef.: qui . . cou-
ciKUDas declamationes desiderant legant Tullium, Quintilianum , Gallionem,
6^T3iiiianum). Proben daraus, welche auf relative Nüchternheit schliessen
kssen (s. 6. Schmidt p. 22—24), bei Seneca häufig; längere suas. 5, 8.
controv. I, 1, 4 u. 14. 2, 11 f. 7, 12. 8, 9. II, 11, 6 f. u. 14. VII, 16, 12 f.
22, 3~5. 23, 4. 24, 8 u. 10. IX, 26, 2 f. u. 6. 27, 12 f. 28, 1. 7 f. 11. 21.
X^ 31, 1—3. 34, 13 — 17. Vgl. noch X. praef. 8: monstrabo bellum vobis
lil:>ellum, quem a Gallione vestro petatis. recitavit rescriptum Labieno pro
Bathyllo Maecenatis. Tac. A. VI, 3. Dio LX, 35. LXII, 25. B. Schmidt,
de L. lunio Gallione rhetore, Marburg 1866. 33 pp. 8. Er adoptierte den
^testen Sohn seines Freundes Seneca, M. Annaeus Novatus, welcher seitdem
L. lunios Gallio (Dio LX, 35) hiess. Letzterer wurde unter Claudius Con-
B^l und verwaltete dann (J. 52 n. Chr.) Achaja. Stat. Silv. II, 7, 32 nennt
^n dulcis. Sein Bruder Seneca hat an ihn (als Novatus) seine Abhand-
lungen de ira und (ad Gallionem) de vita beata gerichtet. Er überlebte
o*ch Tac. A. XV, 73 den Tod von Seneca (f 65), sah sich aber bald ge-
ööthigt ihm nachzufolgen; s. Hieron. a. Abr. 2080 = Ner. 10 = 64 n. Chr.
(statt 65): lunius Gallio, frater Senecae, egregius declamator (vielleicht
»erwechslung mit seinem Adoptivvater), propria se manu interficit. W.
Teaffel in Pauly's Real-Enc. I, 1. S. 1015 , Nr. 13 a.
8. lunius OÜio pater . . edidit quattuor libros colorum, quos belle
^&Uio noster Antiphontis libros vocabat: tantum in illis somniorum est,
^Q. controv. II, 9, 33. Vgl. I, 3, 11: Othonem lunium patrem memini
^^orem stultum inducere, quod minus ferendum est quod libros colorum
^didit. Auch von diesem Proben seiner Declamationen bei Seneca. Prä-
^* J. 775 = 22. üeber ihn Tac. A. III, 66: lunio Othoni litterarium ludum
^^ercere vetus ars fuit; mox Seiani potenüa Senator obscura initia impu-
^entibus ausis propolluebat
9. Sen. controv. I, 1, 22: hanc partem memini apud Cestium decla-
^ari ab Alfio Flavo, ad quem audiendum me famaperduxerat; qui cum
t^raetextatus esset tantae opinionis fuit ut populo rom. puer eloquentia
^otos esset. . . tanto concursu hominum audiebatur ut raro änderet post
illom Cestius dicere. ipse omnia mala faciebat ingenio suo. naturalis ta-
teen illa vis eminebat quae post multos annos, iam et desidia obruta et
carminibus (also wohl erotische) enervata, vigorem tarnen suum tenuit.
Vgl. II, 14, 8: Flavum Alfium, auditorem suum, qui eandem rem lascivius
dixerat, obiurgavit (Cestius). Exe. contr. III, 7, 3: Alfius Flavus hanc sen-
tentiam dixit: . . hunc Cestius quasi corrupte dixisset obiurgans, apparet,
inquii, te poetas studiose legere: iste sensus eins est qui hoc saeculum
amatoriis uon artibus tantum sed sententüs implevit (des Ovid). Proben
der Declamationen des Alfius bei Sen. contr. I, 1, 23. 7, 7. II, 10, 3. Er
ift wohl der Alfius Flavus welcher bei Plin. n. h. IX, 8, 25 (ni res Mae-
**1 -1
520 AuguBteiache Zeit, 711—767 d. St.
cenatiB et Fabian! et Flavi Alfii multoromque esset litteris mandata), Tgl.
ind. auci 1. IX, als Gewährsmann für eine Anekdote ans der Zeit des
Augustus angeführt wird.
10. Unter den übrigen Schulrednem von welchen der ältere Seneca
Proben mittheilt, und welche zum Theil der Zeit des Tiberius angehören,
sind die am häufigsten genannten Argentarius (oben A. 6), P. (Nonim)
Asprenas, Blandus (vgl. oben 250, 10), Bruttedius Brutus, (Fabius?) Boteo,
Capito (Sen. contr. X. praef. 12), Clodius Sabinus imd Turrinus (X. praef.
14 fi'.), Cornelius Hispauus, Fulvius Sparsus (Nachahmer des Latro, Sen.
contr. X. praef. 11; homo inter scholasticos sanus, inter sanos scholasticns,
ib. I, 7, 15), Oavius Sabinus und Silo (X. praef. 14), Julius Bassas (TgL
oben 238, 4)^ Licinius Nepos^ Marillus (praeceptor noster, Sen. contr. VII,
17, 11; vgl oben A. 2), Murredius (von Seneca sehr geringschätzig be-
handelt, 8. Eörber S. 64 f.), Musa (X. praef. 9), Oscus (ib. 10 f.), Pom-
peius Silo (sedens et facundus et litteratus est et haberetur disertos si
a praelocutione dimitteret; declamat male, ib. III. praef. 11; homo qoi
indicio censebatur, ib. IX, 25, 22; Zeitgenosse des Porcius Latro, s. ib. Vn,
23, 10. IX, 28, 10. Ausführlichere Proben suas. 7, '5 u. 10 f. contr. 1, 2, 20.
5, 3. 7, 13. II, 9, 16 u. 20 f. IX, 25, 17 f. 29, 14 f. X, 32,11); der Delator
Bomanius Hispo (erat natura qui asperiorem dicendi viam sequeretor,
ib. IX, 26, 11 vgl. VII, 17, 13. Tac. A. I, 74. XIV, 65. QuintiL VI, 3, 100),
Sepullius Bassus, Triarius (compositione verborum belle cadentinm multos
scholasticos delectabat, Sen. contr. VII, 19, 10; Zeitgenosse des Asinius
PoUio, Latro und Cestius, ib. II, 11, 19. VII, 19, 10. IX, 29, 11; längere
Proben suas. 7, 6. contr. I, 2, 21. II, 12, 8. VII, 20, 1 f. IX, 25, 20 f. 29,
9 u. 11. X, 33, 4. 34, 5); Vallius Syriacus, Vibius Gallus (fuit tam magnae
olim eloquentiae quam postea insaniae, Zeitgenosse des Papirius Fabia&o^
Sen. contr. II, 9, 25 f.; Proben ib. II, 9, 9. VII, 20, 3. 23, 5. IX, 24, 4.
29, 2) und Vibius Rufus (erat qui antiquo genere diceret, ib. IX, 25, 25.
Proben ib. II, 9, 2. 11, 8. 14, 10. VII, 18, 4; dagegen derjenige welchen
PliniuB in seinem Quellenverzeichniss zu B. XIV, XV, XIX, YYT auffuhrt
heisst Vib. Bufinus), L. Vinicius (quo nemo dvis rom. in agendis causis
praesentius habuit ingenium, Sen. contr. II, 13, 20; Illvir monetalis J. 733
d. St. und mit Beziehung darauf eleganter dizit divus Augustus: L. Tvoi-
cius ingenium in numerato habet, ib.; Probe ib. 19) und sein Bruder
(ib. 19) P. Vinicius (exactissimi vir ingenii, qui nee dicere res ineptas nee
ferre poterat, ib. VII, 20. p. 217, 3 ff. Bu.; summus amator Ovidi, ib. X,
33, 25; Probe ib. I, 2, 3; dagegen Sen. Epist. 40, 9. Consul 756 d. St.;
s. A. Haakh in Pauly's Real-Enc. VI, 2. S. 2627 f. Nr. 4 u. 5); Votienos
Montanns (s. unten 260, 1).
11. Ein Popilius Laenas wird als Rhetor und Verfasser von rhetorischen
Schriften genannt bei Quintil. X, 7, 32 vgl. DI, 1, 21. XI, 3, 183 (quod a
Grraecis sumptum P. L. posuit). Er lebte wohl erst unter Tiberius; vg^-
unten 264, 1.
12. Porphyrie zu Hör. Ep. I, 5, 9: Moschus hie Pergamenus, rhetor
notissimus, reus veneficii fuit, cuius causam ex primis tunc oratores ege-
runt, Torquatus (s. oben 251, 2) hie de quo nunc dicit (Horatius), cuius
extat oratio, et Asinius PoUio. Vgl. Sen. controv. II, 13, 13: novi dedam»"
252 f. Rhetoren: Seneca der Vater. 521
tores post Moechum Apollodoreum, qui reos veneficii fuit et a Pollione
Asinio defensus, damnatos Masaüiae docoit. Also wohl in griechischer
Sprache, wie Artemon, Damas, Diokles, Euktemon, Glykon Spiridion, Hy-
breas, Niketes, Potamon u. a. bei Seneca.
353. Fast über das ganze achte Jahrhundert d. St. er-
streckte sich das Leben des Seneca aus Corduba, des Vaters von
Novatus, dem Philosophen L. Seneca und von Mela, dem Vater des
Lucanus. Ein Mann von altrömischer Strenge und Derbheit, von
nüchternem Urteil, als Stilist Bewunderer des Cicero, scheint
er selbst unter den Schönrednern seiner Zeit nicht hervorgeragt
zu haben. Aber er verfasste, ausser einem Geschichtswerke, in
seinen späteren Lebensjahren eine üebersicht der in seiner Zeit
behandelten Schulthemen, 10 Bücher controversiae und ein Buch
suasoriae, unter dem Titel: oratorum et rhetorum sententiae,
divisiones, colores, ein Zeugniss seines wunderbaren Gedächt-
nisses und eine reiche Fundgrube für die Geschichte der Rhe-
torik unter Augustus und Tiberius. Uns ist dieses Werk nur
lückenhaft erhalten. Ein Theil wird ergänzt durch eine gleich-
falls auf uns gekommene abgekürzte Bearbeitung (Excerpta) aus
dem vierten oder fünften christlichen Jahrhundert.
1. Vorname unbekannt, da L. (in einem Theüe der Hdss.) wohl von
der Vermischung mit dem Sohne herrührt Bitterstand (Tac. A. XI V, 53)
und Wohlstand (Sen. ad Helv. 14, 3) der Familie. Heimat Corduba, s.
HartiaL I, 61, 7 f. (duosque Senecas . . facunda loquitur Corduba). Per-
sönlicher Charakter. Sen. ad Helv. matr. 17, 3 f.: patris mei antiquus rigor.
. . utinam . . pater mens, minus maiorum consuetudini deditus, voluisset
te praeceptis sapientiae erudiri potius quam inbui ! . . propter istas quae
litteris non ad sapientiam utuntur, sed ad luxuriam instruuntur, minus te
iiidalgere studiis passus est. Dazu stimmen Aeusserungen des Vaters wie
controv. I. praef. 6 (insolens Graecia) und 8 f. (cantandi saltandique ob-
^oena studia etc.). 6, 12 (valde levis et graeca sententia). X, 33, 23
(latinam lingpiam facultatis non minus habere, licentiae minus als die
^^echische).
2. Lebenszeit. Controv. I. praef. 11: omnes magni in eloquentia
^ominiB excepto Cicerone videor audisse; ne Ciceronem quidem aetas mihi
^ripuerat, sed beliorum civilium furor, qui tunc orbem totum pervagaba-
l^ir, intra coloniam meam me continuit; alioquin in illo atriolo in quo duos
^^randes praetextatos ait secum declamare solitos potui adesse illudque iu-
^enium . . cognoscere et . . potui vivam vocem audire. Er muss daher
spätestens J. 700 geboren sein. Tod um 792; s. Anm. 5. Jedenfalls er-
lebte er seines Sohnes Verbannung (J. 796) nicht mehr; s. L. Sen. ad Helv.
^, 4 f. Zweimaliger Aufenthalt in Rom; contr. lY. praef. 3: audivi illum
<;<leii Asinins PoUio, J. 679-^758) et viridem et postea iam senem. Dass
er beidesmal länger dauerte zeigt die genaue Kenntniss der Rhetoren des
isL.
522 Augusteische Zeit, 711—767 d. St.
damaligen Rom. Lehrer (s. oben 252 , 10) und Freunde (oben 252, 2 und. 1)
daselbst Im reiferen Mannesalter heiratete er zu Gorduba Helviam, b^&%
in antiqua et severa institutam domo, Sen. ad Uelv. 16, 3; TgL ib. 2^4:
carissimum virum, ex quo mater trium liberorum eras, eztulisti. X)er
älteste von diesen war (vgl. A. 4) Novatus (s. oben 252, 7) ; der zweite der
Philosoph L. Seneca (unten 271, 1); über den dritten, Mela, s. Tac^« A.
XVI, 17 vgl. Polyän. VIII, 62.
3. Schriften. L. Seneca de vita patris (III. p. 436 f. Hse): si q^vae-
cumque composuit pater mens et edi voluit iam in manus populi errkim-
sem, ad claritatem nominis sui satis sibi ipse prospexerat; nam nisi ine 1^1
decipit pietas, . . inter eos haberetur qui ingenio meruerunt ut puris scri-
ptorum titulis nobiles esseni quisquis legisset eins historias ab initio bei-
lorum civilium . . paene usque ad mortis suae diem, magni aestimar^^
scire quibus natus esset parentibus ille qui res romanas (so trefflich b^^'
schrieb). Dieses Geschichtswerk war also damals noch nicht herausgegeben^'
Vielleicht ist daraus die Nachricht über den Tod des Tiberius, Suet. Ti ^^.'
73 (Seneca eum scribit etc., wenn nicht der Sohn gemeint ist), scwr-^
Lactant. instit. VII, 15, 14 (non inscite Seneca romanae urbis tempo^^^^
distribuit in aetates). Die Anführung von Quintil. IX, 2, 98 (est a Senec^^^^^^^
dictum eleganter, non patronorum hoc esse — das Schwören — sed testiui ^■^^'
trifft weder auf die erhaltene Schrift des Vaters noch auf eine des Sa
«3
nes zu.
e-
4. Die erhaltene Schrift. Controv. I. praef.: Seneca Novato, Sen
cae, Melae filiis salutem. (1.) Exigitis rem magis iocundam mihi qua;
facilem: iubetis enim quid de his declamatoribus sentiam qui in aetate
meam inciderunt indicare et si qua memoriae meae nondum elapsa sva^c^^^^
ab illis dicta colligere. . . est, fateor, iocundum mihi redire in antiqir^^'-i^
studia melioresque ad annos respicere etc. (2.) sed cum multa iam mil^^''^'^
. . senectus fecerit, oculorum aciem retuderit, aurium sensum hebetave
nervorum firmitatem fatigaverit, inter ea quae retuU (retinui?) memo
est. . . hanc aliquando in me floruisse, ut . . in miraculum quoque usq
procederet, non nego: nam et duo milia nominum recitata quo erant
dine dicta reddebam etc. (3.) . . ex parte bene spero (für die Darlegm^c:-*^^
des Gewünschten); nam quaecumque apud illam aut puer aut iuvenis <d-*^®"
posui quasi recentia aut modo audita sine cunctatione profert. . . (4.) i^c^ ^^
ex memoria quantum vobis satis sit superest. . . illud necesse est imfc::^V^
trem, ne me quasi certum aliquem ordinem velitis sequi in contrahendo^ ^
quae mihi occurrunt. (5.) . . necesse est me ad deUcias componam um — ^le-
moriae meae. (10.) quaecumque a celeberrimis viris facunde dicta ten^^^^>
ne ad quemquam privatim pertineant, populo dedicabo (also wohl ni(^=^^^
erst nach seinem Tode herausgegeben). (13.) facile est mihi ab incunat=^°'
lis nosse rem post me natam (die declamatio). Am Schlüsse (X. praef. ^)
das Geständniss: sinite me ab istis iuvenilibus studiis ad senectutem mei^^'"
reverti. fiatebor vobis, iam res taedio est primo libenter adsilui, veff-^^
optimam vitae meae partem mihi reducturus; deinde me iam pudet, ta^^^'
quam diu non seriam rem agam. Doch fugte er den controversiae n^w^
die suasoriae an; s. controv. II, 12, 8: quae dixerit suo loco reddam, c%^^^
ad Bua&orias venero. Auch diese vollendete er; s. suas. 6, 27: si hie ^C'
253. Khetoren: Seneca der Vater. 523
siero, scio futurum ut vos . . desinatis legere. . . ergo ut librum velitis
Qsqae ad umbilicum revolvere adiciam suasoriam proximae similem (Nr. 7,
die letzte).
5. AbfassungBzeit die senectus des Seneca (s. A. 4), nach dem Sturze
les SejanuB (J. 784; s. suas. 2, 12) und dem Tode des Scaurus (J. 787).
i. Boas. 2, 22: TuscuB ille qui Scaurum Mamercum, in quo Scaurum fami-
isL extdncta est, maiestatis reum fecerat). Die spätesten Theile weisen auch
iber den Tod des Tiberius (f März 790) hinaus; s. suas. 3,7: Tiberius . .
»ffendebatur Nicetis ingenio, sowie die Aeusserungen über den Ankläger des
>cauruB (suas. 2, 22), über das gerichtliche Verbrennen von Büchern (controv.
SI. praef. 5 f.), und die Mittheilung aus dem unter Tiberius amtlich yer-
»rannten V^erke des Cremutius Cordus, suas. 7, 19 ff.
6. Eintheilung der controversiae in zehn Bücher (Hbelli, IL praef. 5
rg\, IV. praef. 1), abgegrenzt je durch ein Vorwort worin ein Rhetor oder
nelirere charakterisiert werden und die nach Form wie Inhalt sehr lesens-
werth sind. Die zu Buch 5, 6 und 8 sind nicht erhalten, das zu B. 9 un-
r oÜBtändig. Bei den einzelnen Themen wird in der Hauptsache die Ein-
teilung befolgt nach sententiae (Ansichten der Rhetoren über die An-
9^rendung des Gesetzes auf den gegebenen Fall), divisio (Zerlegung in
einzelne Fragen) und colores (Beschönigungsmittel der strafbaren Hand-
Lxuig^), doch in freier V^eise, mit häufigen Abschweifungen. Die Berichte
aber die Ausfährungen der einzelnen Rhetoren haben einen so gleich-
cnäsBigen Anstrich dass diese nur dem Sinne nach wiedergegeben sein
können. Einflechten von Anekdoten und V^itzen. Die Beurteilung der
Einzelnen ist nüchtern und streng, oft hart. Bewunderung Ciceros, s. contr.
L praef 11. X. praef. 6. Die Sprache zeigt in den Proömieu wenig Ein-
fiuss der silbernen Latinität, mehr in den controversiae und suasoriae selbst.
7. Von den zehn Büchern Controversiae ist nur die Hälfte, B. I, II,
^11, IX und X, mit 35 Themen, auf uns gekommen, theilweise mit Lücken,
xiamentlich wo Aussprüche griechischer Rhetoren im Original angefahrt
^^erden. Citat aus einer nicht erhaltenen controversia bei Quintil. IX, 2, 42 f.
IStwa im 4ten oder 5ten chrisü. Jahrh. wurde von dem Werke durch einen
Unbekannten für den Schulgebrauch ein ziemlich ungeschickter (s. Bursian
p. VII f.) Auszug gemacht, welcher sich auch auf die sonst verlorenen Bü-
cher erstreckt und uns die vollständigen Proömien zuB. I, II, III und IV
gerettet hat. Die suasoriae stehen in den Handschriften vor den controver-
siae, weil diesB die Stufenfolge im rhetorischen Unterrichte war. Die Hand-
schriften des unverkürzten Originals stammen aus der gleichen, selbst
schon verdorbenen und lückenhaften Quelle. Die treueste Abschrift die-
ses archetypns ist der Bruzellensis 9594 saec. IX oder X (B bei Bursian),
nächstdem der Autverpieusis (A). Die Excerpta existieren in vielen Hand-
schriften, unter welchen die älteste und beste ist die in Montpellier
(Montepessulanus) saec. X (M bei Bursian). Der Epitomator hatte von dem
vollständigen Werke ein Exemplar vor sich das von jenem archetypus ver-
schieden war. Vgl. Bursians praefatio p. IX— XX.
8. In den ältesten Ausgaben (z. B. Venei 1490. 1492. fol. Basel 1515.
1529. fol. und 1537. 1557. fol. von Erasmus) ist das Werk des Vaters ver-
mischt mit denen des Sohnes; abgetrennt erst in denen von Nie. Faber
524 Augusteische Zeit, 711—767 d. St.
(Paris 1587. 1598. fol.) und Andr. Schott (Paris 1607. 1613. fol.); dannTO
J. Fr. Gronovius (Lugd. Bat. 1649) und cum notis variorum ex rec. Grono?.
Amsterdam 1672. Text der Bipontina, 1783. Erste kritische Ausgabe rec
et emend. Conr. Bursian, Lips. 1857. Dazu kritische Beiträge von H. Höfi
(de Sen. rhet. quattuor codd. mss. Schottianis, Görlitz 1858. 4.), J. Yahle
(Rhein. Mus. XIII. S. 546—564), A. Kiessling (ebd. XVI. S. 50—61 und i
den Beiträgen zur Kritik lat. Prosaiker, Basel und Genf 1864, S. 32—47
Herm. Müller (Rhein. Mus. XXI. S. 405—428. Berliner Ztschr. f. Gy
1868, S. 81—93. 715 f. Vgl. 490 f.), Cl. Konitzer (ebd. S. 966—970; Quaes^
in Sen. patrem criticae, Breslau 1864, und Beiträge zur Kritik des R
Sen., Breslau 1866. 4.), R. Wachsmuth (Quaest. crit. in Sen. rh., Pos
1867. 4.), 0. Rebling (Observati critt. in S. patrem, Götting. 1868),
Haupt (Hermes lU. p. 344 f.) , C. Bursian (Spicilegium crit. in Sen. lib
suas. et contr., Zürich 1869. 4.).
J. Körber, über den Rhetor Seneca (S. 1—23. 58—66) und die rö;
sehe Rhetorik seiner Zeit (S. 23—58), Marburg 1864.
254. Den späteren Lebensjahren des Seneca gleichzei^^:dg
war wohl der Rhetor P. Rutilius Lupus, der Verfasser
erhaltenen zwei Bücher Schemata lexeoS; welche eine abgekü
Uebersetzung eines W^erkes von Gorgias über die Redefigui^^^3i
sind; aber nur einen Theil des ursprünglichen Werkes gebilcJL^t
zu haben scheinen.
1. Dass Seneca den Rutilius Lupus nie nennt beweist nicht dass
ihn nicht mehr erlebt hat, erklärt sich vielmehr aus dem Plane sei
Werkes; s. controv. I. praef. 4: neque de his me interrogatis quos L
audistis, sed de his qui ad vos usque non pervenerunt. Dass Rutilius
dererseits vor Celsus schrieb erhellt aus Quintil. IX, 2, 102: praeter
quae Cicero inter lumina posuit sententiarum multa alia et Rutilius, G-
gian secutus, non illum Leontinum, sed alium sui temporis (welcher
Athen Lehrer des jungen Cicero war, ad fam. XVI, 21, 6 vom J, 71
St.), cuins quattuor übros in unum suum transtuht (die Eintheilung in z
Bücher ist also späteren Ursprungs), et Celsus, videlicet Rutilio acced^^
pOBuerunt Schemata. Vgl. noch ib. 101. 106 (Rutilius sive Gorgias). 3,
84. 89 (qui proprie libros huic operi — den Figuren — dedicavenmt,
Caeciüus, Dionysius, RutiHus, Cornificius, Yisellius). 91—94. 99. Viellei
war Lupus ein Sohn des gleichnamigen Pompejaners (Pauly^s Real-E?:'^^
VI, 1. S. 688, Nr. 14).
2. Das erhaltene Werk veranschaulicht die unnütze und kleinlic?^^
Vervielfältigung der Redefiguren in- der späteren Rhetorik, wobei Gorgi^^
entweder selbständig verfahren zu sein oder andere als die uns bekannt^^
Quellen benützt zu haben scheint, da seine Aufzählung und Terminologie
viel Eigenthümliches hat (Dzialas, quaest. p. 15 — 21). Werth hat das 8chrif^
chen hauptsächlich durch die zahlreichen und gut übersetzten Beispiele ans M^
griechischen Rednern, zum grossen Theil aus verlorenen. Abgekürzte 6e-
arbeitung des griechischen Originals; s. II, 12: quid intersit . . cognoscere
poteris . . multo diligentius ex graeco Gorgiae libro, ubi pluribus unios- i^
cuiusque ratio redditur. 9 ^
254. Rhetoren: Rutilius Lupus. 525
3. Daas das Werk nicht vollständig erhalten ist zeigen die Rede-
:en {axTJiiLccta Siayotag) welche Quintil. IX, 2, 103. 106 (vgl. 3, 89) aus
lius anführt ohne dass sie sich in demselben fänden, so wie aus dem
1 der Schrift in den Hdss. : P. Rutilii Lupi Schemata dianoeas ex Graeco
a Gorgia, während sich das Erhaltene doch nur auf die axT^fiaxa li-
r bezieht. Der Titel wird daher ursprünglich gelautet haben: sche-
nk dianoeas et lexeos ex graecis Gorgiae versa (Ruhnken). Vgl. Dzialas
est. p. 14 f. 28 ff. Bei dieser Sachlage hat wenig Sicherheit die Vermutung
L Dzialas, ib. p. 36—38), Rutilii librum quem nos habemus non esse e
lu Rutilii profectum, sed magistri alicuius epitomen. Das Carmen de
ris kannte bereits nur den jetzigen Umfang; s. oben 237, 8. Nach
ist in allen Hdss. eine Lücke, über deren Ausfüllung durch C. Schöpfer
sdlinburg 1837) s. F. Haase, de fragmentis RutiHo Lupo a Schöpfero
>08itis, Breslau 1856. 4.
4. Ausgaben. Yenet. 1519. Aid. 1523. Von B. Rhenanus, Basil.
. 4.; R. Stephanus, Paris 1530. 4. In den Rhetores antiqui von Fr.
oeus (Paris 1599. 4.), Capperonnier (Strassburg 1756. 4.) und besonders
Rhetores latini minores von C. Halm (Lips. 1863} p. 3 — 21. Rec. et
3t. adi. D. Ruhnken, Lugd. Bat. 1768 (Lips. 1831). In us. schol. ex-
lavit F. Jacob, Lübeck 1837.
Kritische Beiträge von J. Mähly (Philologus XIV. S. 764—768) , J. G.
alich (Fleckeisens Jahrbb. 89, S. 202—208), J. Simon (Philologus XXVII.
42—659) u. a.
G. Dzialas, (juaestioues Rutilianae, Diss. Breslau (1860), und Rhetorum
quorum de figuris doctrina (Breslau 1869. 4.). C. Schmidt, de Rutilio
o, Breslau 1865. 4.
IV.
Dritte Periode.
Die römisclie Eaiserzeit.
256. Wie die augusteische Zeit in der Geschichte eine
)pelstellung hat, als Ende der Republik und Anfang der
serzeit, so auch in der Literatur, da ihre grössere Hälfte zu
m goldenem Zeitalter gehört, die kleinere spätere aber zum
ernen. In letzterem wirken die ursprünglichen nationalen
kfte noch fort, aber abgeschwächt und getrübt durch die
en politischen Verhältnisse, welche nach Augustus die Mon-
iiie zum Despotismus steigern. Der Despotismus bewirkt
aahlich den Tod alles selbständigen geistigen Lebens. Dieses
^ebniss tritt zu Tage sowie unter den Antoninen die krank-
te Spannung auf eine Reihe von Jahrzehnten nachlässt und
■SiT^»"
526 Die Eakerzeit. Erstes Jahrhundert.
nun der Versuch zu neuen Hervorbringungen gemacht wir-^.
Aber die völlige Erschöpfung bringt es nur zu einem Schei-im-
leben und zu Nachahmungen. Wie am Ende des zweiten Jah^Krh.
n. Chr. Gommodus den alten Despotismus erneuert und SchKi^ag
um Schlag auf Volk und Reich niederfallt; wird die iun—^re
Auflösung nur durch das Leben in den Provinzen noch lang— :^ere
Zeit aufgehalten und verdeckt; aber in der Literatur ged^^^iht
einzig noch die Jurisprudenz und etwa die Gelehrsamkeit. Di^
Literatur überlebt sogar noch längere Zeit den äusseren Uii
gang des römischen Reichs (J. 476) und endet erst mit
sechsten Jahrhundert. So zerfällt die Eaiserzeit in drei
schnitte von stufenweise abnehmender literarischer Bedeutc:::^^«.
das erste christliche Jahrhundert , das zweite Jahrhundert '^^cx/e/
das Zeitalter der Antonine, und endlich das dritte bis aec^^Mste
Jahrhundert n. Chr. /^^
A. Das silberne Zeitalter der römischen Literatnr.
Erstes christliches Jahrhundert, J. 14 — 117 n. Chr.
^
256. Das erste Jahrhundert umfasst die Regierungen vo^
Tiberius (J. 14—37 n. Chr.), Caligula (J. 37—41 n. Chr^\
Claudius (41—54), Nero (54-68), Vespasianus (69-79), Titc:::^
(79-81), Domitianus (81-96), Nerva (96—98) und Trajan^^^
(98—117). Es zerfällt wiederum in drei Abschnitte, die Ze-^.
der Julier (J. 14 — 68 n. Chr.), die der flavischen Dynast^^^v
(J. 69-96 n. Chr.), und die des Nerva und Trajan (J. 96— 117;^ ^'^
Der Charakter des Jahrhunderts wird bestimmt durch seine Ail^^'\
fange. Die Monarchie, welche unter Augustus sich noch mei?'^^"
in milde Formen gekleidet hatte, wird unter den Nachfolgenx^^^'^i
aus seinem Hause allmählich nackter Despotismus, tückisch uu^^ ,
brutal, stumpf und wahnsinnig, aber immer gleich mörderisch^ "^
gegen alle Selbständigkeit, nur Sklaven und Werkzeuge nebeir:^"^,
sich duldend, den Besseren nur die Wahl lassend zwischen TocS^"^^ .
und Heuchelei. Yespasian und Titus kommen zu spät un(&^-^
werden zu bald gefolgt von dem bösartigen Wüterich Domitian:^^^^
als dass durch sie eine wesentliche Besserung hätte erfolgei^:^^^^
können, und die Zeit des Nerva und Trajan bringt nur zjiac:^^^
Bewusstsein was man alles in der schlimmen Yergangenhei
erlitten und eingebüsst hat. Für die Literatur kommt zu diBse
üebeln noch der besondere Umstand dass alle Kaiser dieser ZeiP^ *
persönlich für sie Sinn und Verständniss haben; denn um so arg^
wöhnischer überwachen sie jede Lebensregung auf diesem G
^
256. Charakteristik und üebersicht. 527
lete und empfinden wohl gar Eifersucht auf die schriftstelle-
schen Erfolge Anderer. Daher bekommt die Literatur die
(Wirkungen des Despotismus in verstärktem Masse zu fühlen.^)
Die Wirkungen welche der Despotismus auf die Geister
issert sind theils negativer theils positiver Art. Fürs Erste
hafft er um sich die Stille des Kirchhofes^ indem alle Selb-
ändigkcit gemordet wird, sich in Schweigen hüllt, verkriecht,
erstellt und der Kriecherei das Wort überlässt, sich selbst er-
^bend in das Unabänderliche, ja sich anstrengend um sich
nerlich ihm möglichst anzubequemen. ^) Die positive Wirkung
eser Zurückdrängung der Selbständigkeit in das tiefste Innere
t einerseits eine Verinnerlichung und Vertiefung welche dem
imilienleben zu Gute kommt und Gestalten wie die Arria und
innia hervorbringt, zugleich aber auch Verbissenheit und Ver-
hrobenheit. Da man sich nicht geben kann wie man ist und
;h bemüht den Schein zu erregen als wäre man anders als
ui ist, so geräth man in Heuchelei und Affeetation. Die Na-
r ängstlich zu verbergen genöthigt verfällt man in Künstelei
d Unnatur. Jeden Augenblick von Spähern beobachtet oder
doch meinend fühlt man sich fortwährend wie auf der Bühne:
ui denkt an den Eindruck seines Thuns auf Gegenwart und
icbwelt,^) man lebt sich in eine Rolle hinein, man nimmt
eatralische Posituren an, man declamiert statt zu sprechen,
mehr der Einzelne sich anstrengen muss um in schwerer
it nicht unterzugehen, um so grösser kommt er sich vor:
le gewisse Eitelkeit haftet allen Persönlichkeiten dieser Zeit
, und genährt wird sie durch die öffentlichen Vorträge ohne
deren Zweck als Schaustellung des eigenen Ich und gegen-
itige Bewunderung.^) Die Unsicherheit alles Seins und Ha-
ns, die stete Angst in der man lebt^, bewirkt eine unruhige
1) Plin. Ep. III, 5, 5: sab Nerone, com omne studiorum genas paulo
erioB et erectius periculosum servitus fecisset.
2) Lucan. III, 146 f.: cuius (der libertas] servareris umbram si quid-
Ld iubeare velis.
3) Plin. £p. in, 16, 6: ista facienti, ista dicenti gloria et aetemitas
be ocolos erant. Tac. A. XIY, 49 extr. : Thraaea saeta firmitudine animi
ne gloria intercideret.
4) QnintU. X, 1, 18 : et vitiosa plnribus placent et a corrogatis laudan-
• etiam quae non placent. Vgl. Fers. 1, 83 ff. Auch auf die Beredt-
nkeit übte diese Einfluss; Quintil. lY, 3, 2: qnod natum ab ostentatione
damatoria iam in forum venit, postquam agere causas non ad utilita-
n litigatoruni, sed ad patronorum iactationem repertum est; vgl. oben 37, 3
528 Die Eaiserzeit. Erstes Jahrhundert.
Beweglichkeit; krankhafte Gereiztheit und Hast, die nicht
genug beginnen zu können glaubt und den Äugenblick gieri
ausbeutet; die Einen in Sinnentaumel; die Andern in leiden. —
schaftlichen Vorkehrungen für ihre Unsterblichkeit.
Dieser Charakter der Zeit prägt sich auch in ihrer Schreib^
weise aus. Das Einfache; Natürliche gilt für geistlos : ^) schim-
mernd; pikant; interessant sucht die Rede zu sein; sie umhängt
sich daher mit dem Flitterstaate von Sentenzen;^) rhetorischen
Figuren^) und poetischen Wendungen.*) Aber nach dem glei-
chen Ziele strebt man auf verschiedenen Wegen: der Eine
kokettiert (wie Seneca) durch kurze zerhackte Sätzchen ;^) der
Andere durch alterthümliche Rauhheit oder (wie Persius) durch
künstliche Dunkelheit;^) bald erstrebt man Wirkung durch epi-
grammatische Schärfen und Spitzen (wie Seneca; CurtiuS; Ta-
cituS; Plinius d. J.), bald durch grelles Colorit (wie Juvenal);
den Einen ist es vor Allem um äussere Glätte zu thun; auch
auf Kosten des Inhaltes^) (wie Valerius Flaccus und Statius);
den Anderen um den Eindruck der Gedankentiefe. Die Manier
tritt an die Stelle des Stils ; gespreiztes Pathos an die Stelle
1) Qnintil. II, 5, 11. YIII. prooem. 24 ff., z. 6. 26: nos quibus sordet
omne quod natura dictavit.
2) Quintil. VII, 1, 44. XII, 10, 46. 48.
3) Quintil. YIII. prooem. 24: nihil iam proprium placet etc. IX, 3, 1:
paene iam quidquid loquimur figura est.
4) Tac. dial. 20: exigitur iam ab oratore etiam poeticus color.
Quintil. Vin. prooem. 25: a corruptissimo quoque poetarum figuras ac
translationes mutuamur.
5) Quintil. IX, 4, 66: mediis . . cura sit . . ne, quod nunc maxime^^^^e
Vitium est, brevium contextu resultent ac sonum reddant paene puerilium^raazn
crepitaculorum.
6) Quintil. VIII. prooeiti*^ 25: tum demum ingeniosi scilicet si ad in — .^cn-
tellegendos nos opus sit ingenio. 31 : quidam etiam cum optima sunt re— -g"=3B-
perta quaerunt aliquid quod sit magis antiquum, remotum, inopinatum- .^nH'
XI, 3, 10 f. Tac. dial. 23: isti qui Lucilium pro Horatio et Lucretium prcz^^o
Vergilio legunt, . . quos more prisco apud iudicem fabulantes non audi-^Ki-i-
tores sequuntur etc.
7) Quintil. IX, 4, 142: duram potius atque asperam compo8itionen=:^c=v
malim esse quam effeminatam et enervem, qualis apud multos, et cotidi^^-*^
magis, lascivissimis syntonorum modis saltat. V, 12, 18: nos habituii ^ ''^
orationis virilem . . tenera quadam elocutionis cute operimus et dum laevi^^ -^
sint ac nitida, quantum valeant nihil Interesse arbitramur. II , 5, 22: r
centis huius lasciviae flosculi, . . praedulce illud genus. X, 1, 43: recen^
haec lascivia deliciaeque et omnia ad voluptatem multitudinis imperita»» ^
composita. Sen. Epist. 114, 15. Pers. I, 63 ff.
rar-
266. CharakieriBtik und Uebersicht. 529
ruHiger Kraft. Wohl erkennen . unter Vespasian Manche die
Unnatur in die man hineingerathen uud streben grundsätzlich
nacli der Gedankeneinfachheit und dem abgerundeten Satzbau
der Ciceronischen Zeit. So Julius Secundus, Vipstanus Messala,
Churiatius Maternus und besonders Quintilian. Aber dem Zuge
der Zeit entspricht diess so wenig dass es ohne Wirkung bleibt
und von ihnen selbst sich nicht rein durchführen lässt. Taci-
tus verlässt diese Bahn nachdem er es nur einmal auf ihr ver-
sucht, und der jüngere Plinius weiss Redefülle und glitzernde
Antithesen mit einander zu verbinden. Die meisten Schrift-
steller halten die Weise ihrer Zeit für einen Fortschritt und
sehen auf die voraugusteische als formlos herab.*) Der Sieg
des Modernen über das Alterthümliche ist in der Literatur Voll-
bild et; nur in Kreisen ohne literarische Bedeutung lebt das
Antike noch lange fort und äussert sich gelegentlich ablehnend
gegen die neue Künstelei, 2) und technische Schriftsteller, wie
Gelsus und Columella und die Juristen, wissen sich davon frei
^u. erhalten. Für die Literatur im Ganzen aber bleibt die Füh-
lung mit dem Volke verloren; die meisten Kaiser erweitern
®ogar planmässig die Kluft zwischen den Gebildeten und der
Masse, so dass diese mit Gleichmut, wo nicht mit Schaden-
""^vide, zusieht wie jene gepeinigt und geplündert werden.
Ti*otzdem ist die Monarchie auch bei den Schriftstellern allge-
^^^ine Voraussetzung; auch die Kühnsten kehren sich nur gegen
^^i^en Ausschreitungen; Aengstlichere reden von der Zeit der
^^publik nicht ohne stilles Grauen;^) verhältnissmässig klein
^1>^T ist die Zahl derer die ihr Talent zur Kriecherei erniedri-
g^ii, wie Vellejus und Valerius Maximus unter Tiberius, Mar-
^'^^lis unter Domitian. Doch verstand schon Vespasian die Li-
^^atur durch amtliche Stellung und Gehalte an seine Dynastie
^^ letten; öffentliche Wettkämpfe in griechischer und römischer
^^:redtsamkeit und Poesie wiederholten sich seit Caligula oft-
**^^l8^) und steigerten die Production wie die Künstelei. Eine
1) Tac. dial. 20: volgus quoque . . adsuevit iam exigere laetitiam et
^^Ichritadinem orationis nee perfert in iudiciis tristem et impexam anti-
^^Uiatem.
,,^ 2) Vgl. besonders Persius I, 127 ff. lU, 77 ff. V, 189 ff. VI, 37 ff.
"^^^^jrtiaL XI, 90.
3) Vgl z. B. Quintil. II, 16, 5. Die neue Beredtsamkeit oharakteri-
^^it modos et temperamentum (Tac. dial. 41 extr.).
4) Orelli inscr. 1185: poeta latiniiB coronatus in munere patriae suae
TeuTfel, Rum. Literalurg-eschichte. ^^
530 Die Kaiserzeit. Erstes Jahrhundert.
gewisse geistige und literarische Bildung ist durch die zah!?
reichen Lehrer und Schulen weitverbreitet/) auch unter de^
weiblichen Geschlechte ;^) doch ist es häufig nur dilettantisch^
Naschen ohne Gründlichkeit.^) Die Provinzen, besonders Spani^
und Gallien ; liefern der Literatur ihre bedeutendsten Talent^
Spanien die Seneca (Vater und Sohn), den Äcilius Lucanus an,
Annans Lucanus, Columella; Pomponius Mela^ QuintiliaU; Martaa
lis/) Gallien die Redner und Rhetoren Votienus MontanuS; Domf-
tius Afer; Julius Florus und AfricanuS; Quirinalis^ Ursulus, RofuS;
M. Aper u. A. ^) Später beginnt Africa tonangebend zu werden/j
Die Rhetorik und Declamation beherrscht das ganze Jahr-
hundert, Prosa wie Poesie, artet selbst aber immer mehr aas
in kleinliche Scholastik und Zungendrescherei. ^) Formgewandt-
heit ist sehr verbreitet, und die Gesetze des Versbaues, wie die
augusteische Zeit sie eingeführt, werden sorgfältig beobachtet.
Aber das Formgefühl ist im Schwinden begriffen. Die poeti-
schen Gattungen werden durcheinander geworfen. Poetisches
wird der Prosa beigemischt, die Synonymik getrübt, der Wort-
schatz diirch Schöpfungen der Willkür verunstaltet; mit dem
gelockerten Satzbau werden manche Partikeln ganz aufgegeben/)
andere ihrer eigentlichen Bedeutung zuwider verwendet.^) Da-
(Beneventam). 2603: coronatus inter poetas latinos certamine sacro lovis
Capitolini. Mommsen I. R. N. 5252. Friedländer Sittengesch. II. S. 309.
393 f. Vgl. unten 301, 4.
1) Tac. dial. 19: pervolgatis iam Omnibus (Philosophie, Rhetorik u. s. w.),
cum vix in Corona quisquam adsistat quin elementis studiorum . . certe
imbutuB sit.
2) Friedländer, Sittengeschichte Roms I. S. 289—293.
3) Tac. dial. 32 : quod (die vielseitige Bildung der alten Redner) adeo ne-
glegitur ab horum temporum disertis ut etc. Friedländer a. a. 0. S. 290f. A.4.
4) Kortüm, geschichtliche Forschungen (Leipzig 1863) S. 209—252:
über das gleichartige und abweichende Element der spamsch-röinidcheD
Dichterschule in der zweiten Hälfte des ersten Jahrh. n. Chr.
5) Gallia causidicos docuit facunda Britannos, Juv. XV, 111. vgl. VH«
147 fF. 213 f. Quintil. X, 3, 13: lulius Florus, in eloquentia GaUiarum •
princeps.
6) Schon Juv. VII, 148 f.: nutricula causidicorum A£rica.
7) Petron. Sai 1: rerum tumore et sententiarum vanissimo strcpit^
hoc tantum proficiunt ut cum in forum venerint putent se in alium orbeiQ
terrarum delatos.
8) F. Haase vor seiner Ausgabe des Seneca, T. III. p. XIII— XV.
9) So die Verbindungen quin immo, nempe enim , ergo igitur a. ^j
auch der Gebrauch von interim und vieles Andere. Vgl. E. »Opiti, 8p^*
men lexilogiae argenteae latinitatis, Naumburg 1852. 4. '
258. Die Zeit des Tiberius. 531
b erhält die sog. silberne Latiuität ihre eigenthümliche
»UBg.
1. Die Zeit der jaliscilen Dynastie, J. 14—68 n. €lir.
257. Anfänglich geht Herrscher und Literatur in den
sstapfen der augusteischen Zeit weiter. Je offener aber all-
ilich der Despotismus sich entwickelt und je unmittelbarer die
ser selbst auf die Literatur einwirken, desto entschiedener
k auch deren Umgestaltung ein. Die Zeit zerfällt daher in
i Abschnitte, die Regierung des Tiberius (J. 14 — 37) und
seiner Nachfolger (J. 37—68),
1. CA. Knabe, de fontibus historiae imperatorum luliorum, Halle 1864.
a. Die Regicrungszeit des Tiberius.
258. In diesen Jahrzehnten sinkt die Schulberedtsamkeit
;sam von der Höhe die sie am Ende der augusteischen Zeit
iegen; einzelne ihrer Vertreter, wie Votienus Montanus, Mam.
arus, Romanius Hispo, sind auch im Senat und in den Ge-
lten thätig. Von den Geschichtschreibem büsst Cremutius
dus seinen Freimut; Vellejus und Valerius Maximus helfen
i mit Schmeichelei. Durch ihren Stoff den Conflicten ent-
tt waren der Polyhistor Celsus, Juristen wie Massurius Sabi-
; Cassius Longinus, und die Grammatiker wie Julius Modestus,
aponius Marcellus, Remmius Palämon. Am wenigsten gedeiht
ier dumpfen düstern Zeit die Poesie. Manilius reicht zwar
b in sie herein*, sonst aber ist der Fabulist Phädrus für uns
Üinzige was sie aufzuweisen hat, und auch dieser hatte Ver-
Ungen zu erfahren. Ebenso der Tragödiendichter Pomponius
mdus, der jedoch mit seinen Arbeiten erst nach dem Tode
Tiberius hervorgetreten zu sein scheint.
1. Säet. Tib. 42: Asellio Sabino sesterüa duccnta donavit pro dia-
in quo boleti et ficedulae et ostreae et turdi certamen indoxerat.
A. UI, 49: fine anni (21 n. Chr.) Lutorium Priscum eq. rom. post
>re Carmen quo Germanici snprema defleverat pecunia donatum a
are corripuit delator, obiectaus aegro Druse composuisse quod, si ex-
^8 eeset, maiore praemio volgaretur. Derselbe wurde hingerichtet,
i ohne Mitwirkung des Tiberius. Vgl. Dio LVII, 20.
2. Tac A. IV, 31: C. Cominium eq. rom. probrosi in se carminis
ictom Caesar precibus fratris . . concessit. VI, 39: (Sextius) Paconia-
in carcere ob carraina illic in principem factitata strangulatus est.
34*
532 Die Kaiserzeit. Elasten Jahrhundert.
Dio LVn, 22: AtXiov Zatogvivov <og aal inri xiva ig avtov ov% Jxtrifd^^
a.noQqC'tpoLvza. , . ano tov KaniToaXiov nars^gi^iiviasv. Suet. Tib. 61: ob
iectum est poetae (dem Mam. Scaurus, s. unten 260,2) quod intragoe<Ü£
(betitelt Atreus, Dio LVIII, 24) Agamemnonem probris lacessisset (versi-
buB qui in Tiberium flecterentur, Tac. A. VI, 29), obiectum et histonco
(dem Cremutius Cordus, s. unten 261, 1) quod Bnitum Cassiomque ultimo«
Romanorum dizisset: animadversum statim in auctores scriptaque aboÜta,
quamvis probarentur ante aliquot annos, etiam Augusto andiente recitata.
Proben der Pasquille auf Tiberius bei Sueton. Tib. 59.
3. Ueber Julius Montanus (tolerabilis poeta et amicitia Tiberü notus
et frigore) s. oben 236, 13.
4. Ueber die Gedichte des Remmius Palaemon s. unten 266, 8; über
Gaetulicus s. unten 275, 1.
5. Einschreiten gegen das oscum ludicrum, oben 10, 2.
6. Verfolgung des Phädrus durch Sejanus (Phädr. III , 40 ff.) s. unten
268, 1.
7. Tac. A. V, 8: relatum (J. 784 = 31 n. Chr.) inde de . . Pompo-
nioSecundo. .. huic obiectabatnr Aelii Galli (des Sohnes von Sejan)
amicitia. . . Pomponius, multa morum elegantia et ingenio inlustri, . .
Tiberio superstes fuit (nach mehrjähriger Haft im Hause seines Bruders,
während welcher er wohl sich literarisch beschäftigte). XI, 13: Claudius
(J. 800 = 47) . . theatralem populi lasciviam severis edictis increpuiti
quod in Publium Pomponium consularem (cos. suff. 776 d. St.?) — is caX'
mina scenae dabat — . . probra iecerat. XII, 28: apad posteros . . car-
rainum gloria praecellit. Vgl. dial. 13. Plin. n. h. VII, 19, 80: in Pom-
ponio consulari poeta; und XIII, 12, 83: apud Pomponium Secundom, ^'
tem civemque clarisaimum, vidi. Plin. Ep. VII, 17, 11: Pomponius Secuö*
dus (hie scriptor tragoediarvun) . . dicere solebat. Quintil. X, 1, 98: eo-
rum (Tragödiendichter) quos viderim longe princeps Pomponius Secundom
quem seues quidem parum tragicum putabant, eruditione ac nitore pra^'
Stare confitebantur. VIII, 3, 31: memini iuvenis admodum inter Pomp^
nium ac Senecam etiam praefationibus esse tractatum an ^gradus elimiDa^*'
in tragoedia dici oportuisset. Auch sonstiges Reflectieren über die Spracb^i
Charis. I. p. 137, 23 f. K. : Pomponius Secundus poeta, ut refert (in seinem
Leben des Pomp. See.) Plinius, (wollte omneis statt omnes). Dergleichen
verhandelte er wohl in Briefen; ib. p. 125, 23 K.: cetarüs Pomponius Se-
cundus ad Thraseam. Andere bewusste Spracheigenthümlichkeiten bei
Diomed. I. p. 371 K. und Priscian. X. p. 538 H. (Pomponius Secimdus a^
Thraseam: sancierat ins). Als Titel ist nur Aeneas bekannt (Charis. ^
p. 132 K.: P. S. in Aenea), der also eine praetexta gewesen sein wirf'
(vgl. Acro oben 17, 4). Armorum iudicium (Lactant. zu Stat. Theb. X
841) wird von Pacuvius sein; Atreus (bei Non. p. 144, 24) vielleicht von
Pomponius Bononiensis (oben 125, 1 f.); s. B. Schmidt, Rhein. Mus. XTI.
S. 588-— 597. M. Hertz de Scaevo, Breslau 1869. 4. p. 4, not. 3. Anderes
Tragg. lat. p. 197 f. Rb., besonders Terentian. Maur. 2135 f.: in trag«»
iunxere choris hunc (den daktylischen Tetrameter) saepe diserti Annaeos
258 f. Tiberius und Germanicus. 533
acca et Pomponias ante Secundus. Welcker im Rhein. Mus. Suppl. II, 3.
1440—1442. Haakh in Paul/s Real-Enc. VI, 1. S. 1879, Nr. 34.
259. Unter den Mitgliedern des kaiserlichen Hauses be-
ss Tiberius selbst (J. 712—790 d. St.) eine gründliche red-
rische Bildung und bethätigte sie schriftlich wie mündlich,
ch noch als Herrscher, so weit sein verschlossenes hinter-
Itiges Wesen es gestattete. Auch Denkwürdigkeiten voll
cker Unwahrheiten verfasste er, sowie Verse in lateinischer
ie griechischer Sprache. Der unglückliche Germanicus
. 739 — 772 d. St.) war gleichfalls hochgebildet und verfasste
ancherlei in gebundener Form. So namentlich die poetische
earbeitung von Aratos' astronomischem Lehrgedichte welche
mmt Scholien auf uns gekommen ist.
1. Literatar über Tiberius überkaupt, ausser den Geschicbtswerken
n Hock (I, 3. S. 1—194), Merivale (T. V), C. Peter (III, 1. S. 137—230),
V. Wietersheim (Gesch. d. Völkerwand. I. S. 110 ff.) u. A., W. Teuffei,
Pauly's Real-Enc. VI, 2. S. 1931—1943. Wigand, Kaiser Tiberius, Ber-
i 1840. 4. G. R. Sievers, Tiberius und Tacitus, Hamburg 1850 f. 4.
. Duruy, de Tiberio imperatore, Paris 1853. J. J. Bemouilli, über den
tiarakter des Kaisers Tiberius, Basel 1859. A. Stahr, Tiberius, Berlin
i63. E. Pansch, zur Kritik der Gesch. d. K. Tib., Altenburg 1866. L. Frei-
ig, Tib. u. Tacitus, Marburg 1868. Beul^, Tib^re et l'h^ritage d'Auguste,
ans 1868. A. Schröder, de eorum scriptorum qui de Tib. . . tradiderunt
de et anctoritate, Königsberg 1868, u. A.
2. Suet Tib. 70: artes liberales utriusque generis (griechische wie
^mische) studiosissime coluit. in oratione latina secutus est Corvinum
[essalam (oben 208, 6), . . sed adfectatione et moroBitate nimia obscura-
ftt stüom, ut aliquante ex tempore quam a cura praestantior haberetur.
^- A. XIII, 3: Tiberius artem quoque callebat qua verba ezpenderet,
^ validus sensibus aut consulto ambiguus. IV, 31: compositus alias et
'lat elactantium verborum, solutius promptiusque eloquebatur quotiens
tbveniret. Schüler des Rhetors Theodoros aus Gadara, Sen. suas. 3, 7.
oei Tib. 57. Quintü. III, 1, 17. Purismus, Suet. Tib. 71. Die LVII,
*• 17. Vorliebe für alterthümliche Ausdrücke, Suet. Aug. 86. gramm. 22.
^ichenreden von ihm, Suet. Tib. 6. Aug. 100. Tac. A. IV, 12. Sen. cons.
^ Marc. 15, 3. Die LVII, 11 u. A. Anklage- und Vertheidigungsreden,
^et. Tib. 8. Meyer erat. rem*, p. 553—556. Urkunden von ihm bei
ac. A. III, 6. 53 f. rV, 40. Suet. Tib. 67. ib. 61: commentario quem de
ta 8ua Bummatim breviterque composuit (wie August, s. oben 207, 3)
108 est scribere etc. Domit. 20: praeter commentarios et acta Tiberii
«saris nihil lectitabat.
3. Suet. Tib. 70: composuit et Carmen lyricum, cuius esttitulus Con-
^0 de morte L. Caesaris. fecit et graeca poemata imitatus Euphorio-
n et Rhianum et Parthenium, quibus poetis admodum delectatus etc.
xime tarnen curavit notitiam bistoriae fabularis, usque ad iueptias atque
isum. nam et grammaticos, quod genus hominum praecipue appetebat}
534 Die Kaiserzüit. Erstes Jahrhundert.
eiusmodi fere quaestionibus experiebatur, quae mater Hecubae etc. Nac^^
Suidas (v. KaiaaQ TißBQiog) ^ygaipsv iniyQdf^f^ata nal xB%vriv QrjXü^tr^^^^
Letzteres wohl ein Missverständniss.
4. üeber Germanien s, den Neffen und Adoptivsohn des TibericL^^
8. A. Haakh in Pauly's Real-Enc. III. S. 838—848 und G. F. Hertzbei— 3
in Ersch und Grubers Encyclopädie I, 61 (1855) S. 172—209. Peterek, Ge:^
manicus, ein biograph. Versuch, Trzemesno 1843. 4.
5. Suet. Calig. 3 von Germanicus: ingenium in utroque (vgl. A ^S
eloquentiae doctrinAeque genere praecellens. . . oravit cansas etiam trii
phalis, atque inter cetera studiorum monimenta reliquit et comoedias
cas. Plin. n. h. YIII, 42, 155: fedt et divns Augustus equo tumulmn,
quo Germanid Caesaris carmen est. Tac. A. II, 83: veteres inter scriptxiD
res haberetur. Ovid. Fast. 1 , 19 ff. : docti . . principis. quae dt culti Eie»
cundia sensimus oris civica pro trepidis cum tulit arma reis. 25: vi
rege vatis habenas. ex Pont. II, 5, 53 ff. IV, 8, 67 (non potes ofiBd
yatis contemnere vates) ff. 70: gloria Pieridum summa futurus
73: modo bella geris, numeris modo verba coerces. 77: tibi nee d(x:s^
desuut nee prindpis artes.
6. Unter dem Titel Claudii Caesaris Arati Phaenomena (auch Ar&'fexz
Germanici ad Augustum) ist uns durch Hdss. deren älteste sind (s. Br^^
sig's Ausg. p.. XIII — XXVI) die Basler saec. VHI (A bei Breysig)
Paris. 7886 (= Puteaneus) saec. IX (P) überliefert eine lateinische
beitung des astronomischen Lehrgedichtes des Aratos aus Soloi, in wolil
gebauten Hexametern, die ^aiv6yi>Bva in 725, wozu drei grössere Bracli
stücke über den Einfluss der Gestirne auf die Witterung [diocruiBta cxie
prognostica) von mehr als 200 Versen. Gegenüber von den Ueberres'tei
der ähnlichen Jugendarbeit des Cicero (oben 176, 2) und der Arbdt doi
Avienus zeichnet sich jene durch Selbständigkeit, Sachkenntniss und Ter*
hältnissmässige poetische Begabung aus. Vgl. J. Frey, de Germ. Aj*
interpr. p. XXIV: Germanicus prooemium de suo praemisit, fabulas nozi-
nullas Arato plane iutactas addidit. quae apud Aratum non recte dispo-
sita intellexit in meüorem ordinem redegit, plura quae falsa ab Arat^
prodita esse ex posterions aetatis astrologorum libris cognoverat correxi^
Den Mythen gegenüber verhält dch der Verfasser kritisch; s. Phaen. Si-
166. 264. Die Vergleichung mit Aratos und Avienus, sowie die Venren-
dung als Lehrbuch der Astronomie hat dem Texte viele Interpolationen
zugezogen; s. A. Breydg's praef. p. V ff. Dass der Verfasser nicht der
Claudier Germanicus (Sohn des Drusus), sondern der Flavier Domitianas
sei wollten Rutgersius u. A. folgern aus v. 2 ff. : carminis at nobis, genitor,
tu maximus auctor, te veneror, tibi sacra fero doctique laboris primitias
(vgl. 16: pax tua tuque adsis nato), während v. 558 ff. (welche Breysig
p. XI f. den Prognost. zutheilt) Abfassung nach dem Tode Angosts be-
weisen. Aber genitor vom Adoptivvater (hier: TiberiuaJ ist nicht unge-
wöhnlich (Merkel ad Ibin p. 379), Ti. Caesaris Aug. filius (Divi Aog-nep^
Di vi luli pronepos) heisst Germanicus auch offidell (z. B. Orelli-UemeQ
5380), und diese Arbeit mag ganz wohl die erste fertig gewordene des
Verf. sein, namentlich gegenüber von den später verfassten (Phacn. 444 f.)
Prognostica. Gegen die Beziehung auf Domitian spricht das Sdiweig»
269. GermanicuB (Aratea). 535
sSüUntlicher Lobhadler desselben über eine derartige Leistimg, sowie der
Üniat«nd dass Domitianus sich den Titel Germanicus erst als Kaiser, nach
ßeiaem Chattenfeldzuge im J. 84 n. Chr., beilegte; s. Frontiu. Strat. II,
11t 7: Imperator Caesar Domitianus Augustus Germanicus eo beUo quo
Tiefeis hostibus cognomen Germanici meruit, cum in finibus Chattorum ca-
stell^, poneret etc. Vgl. Martial. II, 2: Greta dedit magnum, maius dedit
Airi.oa nomen; nobilius domito tribuit Germania Rheno, et puer hoc dignus
nonaine, Caesar, eras; . . quae datur ex Chattis laurea tota tua est; wie-
^olxl hieraus gefolgert werden könnte dass Domitianus et puer diesen
Nartxcn geführt habe, was sich aber sonst nicht erweisen lässt. A. Imhof,
Doöxitian 8. 131—135.
7. Ausgaben der Aratea des Germanicus. Ed. princeps Bonon. 1474. 4.
Vei:iet. 1488 und (Aid.) 1499. fol. Ed. Hugo Grotius, Lugd. B. 1600. 4.
CaxEL comm. varr. ed. J. C. Schwartz (Coburg 1715). An Buhle's Ausg.
dea Aratos (Lips. 1801) und besonders an J. C. Orelli's Ausg. des Phädrus
(1^31) p. 137—210. Cum scholüs ed. A. Breysig, Berol. 1867.
J. C. Schaubach, de Arati interpretibus rom. (Meiningen 1817. 4.)
p. Ö ff. J. Frey, im Rhein. Mus. XIII. S. 409—427 und Epistola critica
de Oermanico Arati interprete, Culm 1861. 4. M. Haupt im Hermes III.
p. X 53— 155.
8. Ausser dem Lehrgedichte selbst besitzen wir auch Scholien dazu
aas verschiedenen Zeiten. Die älteren (des Basil. und Paris.) waren im
viec^n Jahrh. (Lactantius) schon vorhanden und wohl auch schon in Ver-
^^«Inng mit dem Gedichte des Germanicus. Sie sind eine Bearbeitung
d&Y- nataaTSQKSfiol des Ps. Eratosthenes. Durch Zuthaten aus Plinius, Hy-
S^i^K^'Qs, Censorinus, Martianus und Isidor, vielleicht für Schulzwecke, erwei-
^^^ sind diese Scholien im cod. Strozzianus saec. XIV und (corrupter) im
^^Vkinas (Vatic. 1358) saec. XV. Eine dritte Fassung, welche vorzugsweise
^^^ Mythen berücksichtigt und hauptsächlich durch den Sangermanensis
(7 i saec. IX vertreten ist, weicht von der älteren Fassung so sehr ab dass
*^^ wie ein selbständiges Werk erscheint. A. Breysig, Philologus XIII.
S» ^60 _ 66g uj2(j Praef. p. XXVI ff. Ausgaben derselben an denen des
^^imanicus (s. A. 7), z. B. der von Breysig p. 54—238. Auch an Eyssen-
^^^dt's Martianus Capella (Lips. 1866) p. 377 ff.
Schaubach, Observatt. in scholia ad Germanici Caes. Phaenomena,
^ tartes, Meiningen 1821 — 1834. 4. Suringar, de mythographo astrono-
"^00 qui vulgo didtur scholiastes Germanici, Lugd. B. 1842. 4. A. Brey-
^i%, zum scholiastes Germanici, Philologus XIII. S. 657—669, und Emen-
^tionen zum Schol. des Germ., Posen 1865. 24 S. 4.
260. Unter den Rednern der Zeit waren die bedeutend-
sten und zugleich Herausgeber eigener Reden und rednerischer
Schriften der ehlrenwerthe, aber als Redner masslose Votienus
Montanus aus Narbo; der talentvolle aber träge und lüderliche
Mamercus Scaurus; Asinius Gallus (J. 714 — 786 d. St.), Ver-
fasser einer Vergleichung zwischen seinem Vater PolUo und
Cicero-, der Ritter P. Vitellius, welcher den Piso als Mörder
536 Die Kaiserzeit. Erstes Jahrhimdert.
des Germanicus belangte; Domitius Afer (um 740 — 812 d. St)
aus Nemausum, der unter Tiberius, Caligula und Nero hohe
Aemter bekleidete und vor den Gerichten wirkte, jedoch als
Mensch minder achtbar war und als Redner seinen Ruhm über-
lebte.
1. Hieronym. zu Eus. chron. a. Abr. 2043 = Tib. 14 = 780 = 27 n.
Chr.: Votienus MontanuB Narbonensis orator in Balearibus insalis mo-
ritur, illuc a Tiberio relegatos. Vgl. Tac. A. IV, 42: babita per iilos
dies (J. 778 d. St.) de Votieno Montano, celebris iugenii viro, cognitio.
. . postulato Votieno ob contumelias in Caesarem dictas (die aber wahr-
heitsgemäss waren) etc. Votienus maiestatis poenis adfectus est. Sen.
controY. IX. praef. 1 :- Montanus Votienus adeo numquam ostentationis de-
clamayit causa nt ne exercitatis quidem declamaverit. 28, 17: habet hoe.
Montanus vitium: sententias suas repetendo corrumpit; . . et propter h(v^
et propter alia . . solebat Scaurus Montanum inter oratores Ovidium tc^
care (oben 231, 6). 28, 15: Montanus Votienus, homo rarissimi, eti
non emendatissimi ingeni, vitium suum, quod in orationibus non evi
in scbolastidB quoque evitare non pottiit. . . memini illum pro GallaNi
misia apud centumviros tirocinium ponere. . . (16:) ex iis quaedam :
orationem contuHt et alia plura quam dixerat adiecit. 29, 17: Montani
Votienus Marcellum Marcinm amicum suum, cuius frequenter mentione
in scriptis suis facit tanquam hominis diserti, aiebat dixisse etc. VII, \
(p. 217, 18 if. Bu.): Vinicius (obeu 262, 10) erat non aequus ipsi Mon
accusaverat illum apud Caesarem, a colonia Narbonend rogatus. at M
tanus adeo toto animo scholasticus erat ut eodem die quo accusatos est—
Vinido disceptarit in Vinid (Lücke). Vom debenten Buche des Sem
an häufige Proben aus den Schulreden des Montanus. ^
2. Mam. Aemilius Scaurus, insignis nobilitate (Urenkel des p
ceps senatus oben 131, 10) et orandis causis, vita probrosus (Tac. A
29 vgl. III, 66), im J. 787 = 34 n. Chr. durch Tiberius zur Selbsttödt».»]^
getrieben, vgl. oben 258, 2 und 261, 4. W. Teuffei in Pauly's ßeal-R:M3c.
1, 1. S. 374 f., Nr. 6. üeber ihn Seneca controv. X. praef. 2 — 4: non xkovi
quemquam cuius ingenio populus rom. pertinadus ignoverit. dicebat vie-
glegenter; saepe causam in ipsis subsellüs, saepe dum amicitur discebal
. . nihil erat illo venustius, nihil paratius. genus dicendi antiquum, ver-
borum quoque non volgarium gravitas, ipse voltus habitusque corpoxw
mire ad auctoritatem oratoriam aptatus. (3.) sed . . ignavus Scaurus.
. . pleraeque actiones malae, in omnibus tamen aliquod magni ingeiu
vestigium extabat. . . orationes septem edidit, quae deinde senatuscon-
sulto combustae sunt (vgl. oben 258, 2). bene cum illis ignis egerat; eed j
extant libelli qui cum fama eins pugnant, multo quidem solutiores ipsis
actionibus. (4.) declamantem audivimus, et novissime quidem M. Lepido.
I, 2, 22: Scaurus non tantum disertisdmus homo sed venustissimus. Tac
A. III, 31 : Mam. Scaurus, qui . . oratorum ea aetate uberrimus erat Pro-
ben seines treffenden witzigen Urteils bei Sen. contr. I, 2, 22. II, 9,39.
IX, 28, 17; vgl. X, 31, 19.
3. C. Asinius Gallus, Sohn des Asinius Pollio (obeu 208, 1 ff.)» Cos.
„\^«dl
260. Redner: Montanus, ScauruB, Afer u. a. 537
46, J. 786 durch Tiberius zum Tode getrieben; s. W. Teufiel in Pauly'a
teal-Enc. I, 2. S. 1865 f. Nr. 9. Plin. Epist. VII, 4, 3: Hbri Asini Galli
le coxnparatione patris et Ciceronis. ib. §.6: libros Galli . . quibus ille
»arenti ausns de Cicerone dare est palmamque decusque. Claudius schrieb
lagegen; s. 270, 2. Quintil. XII, 1, 22: Asinio utrique, qui vitia orationis
iiuB (des Cicero) etiam inimice pluribus locis insequuntur. Gellius XVII,
1, 1: nonnulli tarn prodigiosi tamque vecordes eztiterunt, in quibus sunt
jallus Asinius et Largius Licinus, cuius Über etiam fertur infando titulo
jCiceromastix'^ ut scribere ausi sint M. Ciceronem parum integre atque
mproprie atque inconsiderate locutnm. Epigramm von Gallus auf den
Grammatiker Marcellus (unten 266, 2) bei Sueton. gramm. 22.
4. P. Vitellius, Bruder des nachmaligen Kaisers, Germanici comes,
}n. Pisonem inimicum et interfectorem eius accusavit condemnavitque
Suet Vitell. 2), J. 772 = 19 n. Chr. Er selbst starb 784 = 31; s. W.
Feuffel in Paul/s ßeal-Enc. VI, 2. S. 2682, Nr. 4. Plin. n. h. XI, 187:
)xtat oratio Vitelli qua Gn. Pisonem eius sceleris (veneficii) coarguit hoc
18U8 argumento etc.
6. Hieronym. a. Abr. 2062 = Claud. 6 =i 46 n. Chr.: Domitius Afer
^emausensis clarus orator habetur, qui postea Neroue regnante ex cibi
edundantia in cena moritur. Cos. suff. unter Caligula J. 792 == 39 n. Chr. ;
ar. aquarum 802—812 (Frontb. Efcq. 102: Cn. Domitius Afer). J. 779 An-
lä^r der Claudia Pulchra, Tac. A. IV, 62: recens praetura, modicus
i^nationis et quoquo fadnore properus clarescere. . . Afer primoribus
-atorom additus, divulgato ingenio. . . mox capessendis accusationibus
it reos tutando prosperiore eloquentiae quam morum fama fuit, nisi quod
»tas extrema multum etiam eloquentiae dempsit. FV, 66: nullo mirante
lod diu egens et parte nuper praemio male usus plura ad flagitia accin-
sretor. XIV, 19: sequuntur (J. 812 = 59) virorum illustrium mortes,
omitii Afri et M. Servilii (unten 275, 2), qui summis honoribus et multa
oquentia viguerant, ille orando causas, Servilius diu foro, mox tradendis
;ba8 rom. celebris et elegantia vitae, quam clariorem effedt (als Afer),
i par ingenio ita morum diversus (besser als Afer). Vgl. noch Plin. Ep.
m, 18, 5 ff. Quintil. X, 1, 118: eorum quos viderim Domitius Afer et
ilius Africanus longo praestantissimi. arte ille et toto genere dicendi
raeferendus et quem in numero veterum habere non timeas. XII, 11, 3:
idi ego longo onmium quos mihi cognoscere contigit summum oratorem,
»omitium Afrum, valde senem cotidie aliquid ex ea quam meruerat aucto-
itate perdentem, cum agente illo, quem principem Ibisse quondam fori
on erat dubium, alii . . riderent, alii erubescerent. Vgl. noch XII, 10, 11
>ben 37, 2). Tac. dial. 13. 15. Dio LIX, 19. Plin. Ep. II, 14, 10: narrabat
le (Qnintilian) : adsectabar Domitium Afrum; cum apud centumviros di-
eret graviter et lente, hoc enim illi actionis genus erat etc. Besonders
»erühmt seine (herausgegebenen) Reden pro Voluseno Catulo (Quintil. X,
, 24), pro Domitilla (ib. VIII, 5, 16. IX, 2, 20. 3, 66. 4, 31), pro Laelia
ib. IX, 4, 31). Meyer, orat. fragm. p. 565 — 570. Sonstige Schriften:
jointiL V, 7, 7 : sufficiebant alioqui libri duo a Domitio Afro in hanc rem
de testibus) compositi, quem adolescentulus senem colui. VI, 3, 42: mire
tdt in hoc genere (witzigen Beschreibungen) yenustoB Afer Domitius, cuius
538 Die Kaiserzeit. Erstes Jahrhundert.
orationibuB oomplures huiosmodi narrationes insertae reperiuntor; sed
dictorum quoque ab eodem urbane sunt editi libri. Vgl. ib. 27 u. 32. M^*
6. Bruttedius Niger, aedilis J. 775 = 22 n. Chr., Tac. A. m, 66 m,^
(Bnittedium artibus honestiB copiosum et, si rectum iter pergeret, ad cU- 9^
rissima quaeque iturum festinatio exstimulabat). Freund des Sejan, Jur. 1^
X, 83. In der Rhetorik war er Schüler des ApoUodorOB, Sen. contr. U, \^^
9, 36. Proben aus seinen Schulreden ib. 35 und wohl auch suas. 6, 20 £
die Erzählung über Cicero's Tod und die Ausstellung seines Kopfes.
7. Sex. Pompeius, Freund des Germanicus (Ovid. ex Pont. IV, 5, 25 ^
vgl. Tac. A. III, 11), Consul im Todesjahre des AuguBtus (767 = 14 n. Chr,
Gönner des Ovidius (ex Pont. IV, 1, 21 ff. 5, 37 ff. 15, 3 f. 37), welcher
ihn seine Briefe ex Pont. IV, 1. 4. 5. 15 gerichtet hat, sowie des Valerii
Maximus (unten 263, 1). Wie Ovid dessen facundum os erwähnt (ex Ponl
IV, 4, 37), so Val. Max. II, 6, 8 (facundissimo sermone, qui ore eius qi
e beato quodam eloquentiae fönte emanabat). IV, 7. ext. 2 (clarissimi
disertissimi viri).
8. Tac. A. in, 24: M, (lunii) Silani potentia, qui per insignem ^^^' ^^Tj.
litatem et eloquentiavi praecellebat. Cos. 772 = 19 n. Chr., zum Tod^^-^
genöthigt (Suet. Calig. 23) von Cahgula, der seine Tochter Junia Claudillfg^ %M^
(ib. 12. Tac. A. VI, 20) zur Frau hatte.
9. Tac. A. VI, 48: poenae in Laelium Balbum decernuutur (J. 79C^^^^^
= 37). . . Baibus truci eloquentia habebatur, promptus adversuminsontes. ^^^*'
Vgl. ib. 47. Quintil. X, 1, 24: nobis pueris insignes pro Voluseno Catalc^-Ä-*^^
(s. A. 5) Deoimi Laelii oraüones ferebantur.
10. Tac. A. VI, 47: (Vibius) Marsus quoque vetustiB honoribus e'^^ ^*
inlustns studiis (Beredtsamkeit) erat. A. Haakh in Pauly's Real-Enc. VI, 2^ « ^•
S. 2671, Nr. 23.
11. Ueber Valerius Messalinus s. oben 251, 6; über RomaniuB Hispc:^ ^^>o,
Vinicius u. A. s. oben 252, 10.
261. Das Ende der Republik uud die Gründung der Moi
archie hatte noch unter Augustus A. Cremutius Cordus
freimütiger Weise behandelt, was jetzt zu seiner Verfolgun
den Vorwand gab. Unter Tiberius bearbeitete denselben Stol
in der rhetorischen Manier der Zeit, der philosophisch gebildei
Aufidius Bassus, welcher die Bürgerkriege und die Feldzü(
gegen die Germanen beschrieb und nachher an dem alten
Plinius einen Fortsetzer fand. Auch der Vater Seneca schrit^g^^>
in dieser Zeit sein Geschichtswerk. Ebenso war Tuscus sowol
Schulredner als Geschichtschreiber.
1. Tac. A. IV, 34: Cremutius Cordus postulatur (J. 778 = 25
Chr.) . . quod editis annalibus laudatoque M. Bruto (vgl. Plut. Brut 4^^>^
C. Cassium Eomanorum ultimum dixisset (vgl. oben 258, 2). Vertheidigung^^'
rede desselben ib. 34 f. Egressus dein senatu vitam abstinentia finivi"^'
libros per aediles cremandos censuere patres; sed manserunt, occultati ^^
261. Historiker: Cremutius Cordus, Aufidius Bassus u. a. 539
editif ib. 35. Sen. cons. ad Marc. 1, 2 (A. Cremutii Cordi, parenids tui).
22, 6 ff. Dio LVII, 24. Die eigentliche Ursache des Angriffes auf ihn wa-
ren Aeussemngen durch die er den Sejan beleidigt hatte, Sen. ad Marc.
22, 4 £ — Dio L 1. : vüzsqov Sl i^s^od'rj avd'is (ta avyyqdfmata avtov)y
alXoi xs yäg xal fLoiliüta ^ d'vydtrjg avtov Magn^a avvi'HQVipev avtdc,
Sen. ad Marc. 1, 3 f. Sueton. Calig. 16 (oben 251, 10). Mittiieilungen
iarans, auf den Tod des Cicero sich beziehend, bei Seneca suas. 7, 19. 23.
^uf Ausscheidung der stärksten Stellen bei der neuen Herausgabe würde
leateu Quintil. X, 1, 104 (habet ^matores, nee immerito, Cremuti libertas,
[aamquam drcumcisis quae dixisset emacuerit), wenn dort die Schreibung
estetände; s. Philologus VI. S. 139. 753 f. C. Rathlef, de A. Cremutio
>ordo, Dorpat 1860. 78 pp. C. v. P(aücker), Domitian und Cremutius Cor-
iuBy Mitau 1861 (Sitzungsber. der curländ. Ges. f. Lit).
2. Sen. Epist. 30, 1: Bassum Aufidium, virum Optimum, vidi quas-
um, aetati obluctantem. ib. 3: Bassus tamen noster alacer animo est.
IOC philosophia praestat etc. ib. 5. 10. 14: dicebat ille, Epicuri prae-
:eptds obsequens etc. QuintiL X, 1, 108: quam (die auctoritas historiac)
)aulum aetate praecedens eum (den Servilius, unten 275, 2) Bassus Aufidius
^gxegie, utique in libris belli germanid, praestitit, genere ipso probabilis in
>iniiibus, sed in quibusdam suis ipse viribus minor. Proben aus seinem
jSeschichtswerke, über Cicero's Tod, in ziemlich gesuchten Wendungen,
3ei Sen. suas. 6, 18 u. 23. Vgl. Plin. n. h. VI, 9, 27: universae (Armeniae)
3iagnitudinem Aufidius . . prodidit. praef. 20: diximus . . temporum no-
itrorum historiam, orsi a fine Aufidii Bassi. Da des Plinius Werk minde-
stens die spätere Regierung Nero's behandelte (s. unten 294, 5), so wird
Aufidius mit der des Claudius geschlossen haben. Zweifelhaft ist ob dio
libri belli germanici ein selbständiges Werk waren oder ein Bestandtheil
des grösseren. Mommsen, Cassiodor S. 558 f. Tac. dial. 23: (Alterthüm-
ler) quibus eloquentia Aufidi Bassi aut Servilii Noniaui ex comparationo
Sisennae aut Varronis sordet W. Teutfel in Pauly's Rcal-Enc. I, 2.
S. 2129 f. Nr. 11.
3. Ueber Seneca s. oben 253, 3.
4. Sen. suas. 2, 22: historicum quoque vobis fatuum dabo. Tuscus
ille qui Scaurum Mamercum (oben 260, 2) in quo Scaurum familia ex-
tincta est maiestatis reum fecerat, homo quam improbi animi tam iufelicis
ingenii, cum hanc suasoriam declamaret dixit etc. Bei Tac. A. VI, 29
heissen die Ankläger des Scaurus (J. 787 = 34) Servilius und Cornelius;
einer von beiden wird also das Cognomen Tuscus gehabt haben.
5. Aemilius Sura de annis populi rom. (vgl. oben 154, 4, c u. d):
Assyrii prindpes etc. lautet eine alte Glosse welche in den Text des Vel-
lejns (I, 6, 6) als Parallelstelle hineingerathen ist. Das Werk scheint ein
Abriss der Weltgeschichte gewesen zu sein, etwa in der Art des vellejani-
sehen, angelegt nach den fünf Weltmonarchien (assyrische, medische, per«
sische, makedonische, römische), deren fünfte dann die anni pop. rom.
gebildet haben werden. Zeit der Abfassung unbekannt. Th. Mommsen,
Rhein. Mus. XVI. S. 282—284.
6. Ueber Annius Fetialis s. oben 243, 8.
540
Die Kaiserzeit. Erstes Jahrhundert.
262. Vorzugsweise die Geschichte der Monarchie behau-
delt auch der Abriss der römischen Geschichte in zwei Bucher
von M. Vellejus Paterculus aus J. 30 n. Chr. Der Ve
fasser ist ein Kriegsmann der unter Tiberius diente und i
bewundern lernte, nun aber sich in ein Pathos der Loyaliti
und des Stils hineingeschraubt hat welches alles was mit seines
Kriegsherrn zusammenhängt in überschwänglichster Weise preit
und verherrlicht, auf Gegnerisches aber losschlägt. Für d
innern Zusammenhang der Dinge hat er kein Verständniss, ser
Interesse gilt den Personen. Seine Redeweise ist pomphaft
geziert, aber an Manchfaltigkeit und Gewandtheit fehlt es
Besonders ungelenk ist sein Satzbau. Der Wortschatz ist
der Hauptsache noch der classische, die ganze Behandlun
weise jedoch, die den Stoff vornehmlich als Mittel der Selb
bespiegelung verwendet, vollkommen im Geiste des ersten J;
hunderts. Das Werk ist nur durch Eine Handschrift überliefi
das erste Buch in trümmerhaftem Zustande.
rn
ät
m
ist
en
ieiü
1. Üeber seine persönlichen Verhältnisse, wie die seiner Familie,
YellejuB öfters mit eitler Umständlichkeit Nachricht. II, 101, 2 f.: q
spectacnlum (J. 754 d. St.) . . sab initia stipendiorum meorum tribuno
litum mihi visere contigit. quem militiae gradum ante sub patre too,.
Vinid, et P. Silio auspicatus in Thracia Macedoniaque , mox Achaia
que et Omnibus ad orientem visis provinciis et ore atque utroque m.
pontici latere, haud iniucunda tot rerum, locorum . . recordatione perfrm:x^<
104, 3: hoc tempus (J. 767) me . . castrorum Ti. Caesans militem f^^i^t.
quippe protinus ab adoptione (Juni 757) missus cum eo praefectus equi'fc^»^'»
in Germaniam, successor offici patris mei, coelestissimorum eius ope:r^^^
per annos continuos VIII praefectus aut legatus spectator et . . adiia.'fc^r
fui. 111, 3 f.: habuit in hoc quoque hello (pannonico, J. 759) mediocri**^^«
nostra speciosi ministen locum. finita equestri militia designatus quaes^^^^^^'»
uecdum Senator, aequatus senatoribus et iam designatis tribunis plebei pa^^~
tem exercitus ab urbe traditi ab Augusto perduxi ad filium eius (l?xl>^
rius). in quaestura (J. 760) deinde, remissa sorte provinciae, legatus o^<^~
dem ad eundem missus sum. 113, 3: hiemis (760 auf 761) iniüo regr&^^^^
Sisciam legatos, inter quos ipsi fuimus, partitis praefecit hibernis. 114^=? ^*
erat . . lectica eius (des Tiberius) pubHcata, cuius usum cum aUi tum ^S^
sensi. 121, 3: triumphus (des Tiberius, Januar 765), quem mihi fralr iq^e
meo (vgl. II, 115, 1) inter praecipuos praecipuisque donis adomatos ^roros
comitari contigit. 124, 4: quo tempore (J. 767) mihi iratrique meo, ^3an-
didatis Caesaris, proxime a nobilissimis ac sacerdotalibus viris destm-^^^
praetoribus contigit, consecutps ut neque post nos quemquam divus A^^i^'
stus (weil er starb) neque ante nos Caesar commendaret Tiberius. V^^^^J*
Name bei Priscian. VI, 11, 63 (p. 248, 4 H.): M. Velleius Paterculus. ^
Schol. Lucan. IX, 178 (und schol. ant. zu VIII, 663) nur Paterculus. T>Ba
er über die Prätur nicht hinauskam ist aus seinem Schweigen zu schHostf^A-
262. Velleins Paterculus. 541
•etzte in seinem Werke erwähnte Thatsacbe ist der Tod der Li via (II, 130, 5)
. 782 = 29 n. Chr. und das Consulat des M. Vinicius J. 783 = 30. In
er Müsse nach der Prätur scheint sich der Verf. die mancherlei Kennt-
isse, auch der grIechi^chen Literatur, erworben zu haben die er in sei-
em Werke zeigt, nachdem er ursprünglich eine rein kriegerische Lauf-
ahn durchgemacht hatte; s. II, 52, 4: ut militari et verbo ex consuetu-
ine utar.
2. Geschichtswerk des Vellejus. Ueberschrift: Vellei Paterculi histo-
iae romanae ad M. Vinicium consulem Ubri duo. Doch beschränkt es sich
icht ängstlich auf die römische Geschichte. Nach dem Vorgänge der
nnalisten wird mit den Ansiedelungen von Griechen in Italien begonnen,
i raschestem üeberblick Orient und Hellas durchwandert und die römi-
:he Geschichte im ersten Buche bis zu Earthago's Fall fortgeführt. Die
Erstellung, von Anfang an auf einen kurzen flüchtigen Abriss gerichtet
16, 1. II, 41, 1. 65, 1. 86, 1. 99, 4. 108, 2. 124, 1 vgl. 29, 2. 52, 3. 86, 1),
rd, gleichfalls in der Weise der Annalisten (vgl. oben 241, 11), immer
sfülirlicher je mehr sie der eigenen Zeit des Erzählers sich nähert, ist
er schon in ihrem summarischen Theile subjectiv und rhetorisch gefärbt
d durch die Reflexionen des Geschichtschreibers (z. 6. I, 16. 17, 5 ff.)
terbrochen. Anekdoten und individuelle Züge werden gern eingefloch-
ty ^wie überhaupt der ganze Standpunct der Betrachtung persönlich und
ler vielfach willkürlich und einseitig ist (Sauppe S. 144 f. 155 — 160).
bei fehlt es nicht an Beweisen sinniger Beobachtung. Viel Raum ist
* die Charakterzeichnung der Handeluden verwendet, worin die Haupt-
rke des Geschichtschreibers liegt und die bei den Männern der repubü-
lischen Zeit manchmal capriciös, meist aber trefi'end ist. Dagegen die
stalten des Caesar, August und Tiberius werden in eine Weihrauch-
Ike von zunehmender Dichtigkeit gehüllt (Sauppe S. 161 — 168); iusbe-
Ldere Tiberius wird von II, 94 an auf eine masslose ekstatische Weise
b einer wahren Verschwendung von Superlativen gepriesen. Allerdings
tite Vellejus dem Tiberius in dessen besten Jahren nahe gestanden und
trieb noch vor dessen letzten und schlimmsten Jahren; auch ist es über-
apt seine Art den Mund voU zu nehmen und die Farben dick aufzutra-
a (Kritz p. XL VIII f.). Doch ist man froh dass er den Vorsatz (falls er
L -wirklich im Ernste hegte) nicht ausgeführt hat, ein eigenes Werk über
berios und seine Zeit zu schreiben (s. U, 48, 5. 96, 2. 99, 3. 103, 4.
i, 4. 119, 1). Dass Germanicus ein tüchtiger General und Agrippina ein
tgMed des kaiserlichen Hauses war kommt ihnen zu Gute; über die heik-
1 Beziehungen des Tiberius zu ihnen weiss Voll, mit allgemeinen Wen-
Lügen glatt hinwegzugehen.
3. Als Quellen werden I, 7, 3 des Cato Origines, und II, 16, 3 des
ortensiuB Anualen genannt. Sonst hat sich Vellejus wohl an die gang-
krsten Geschichtsdarstellungen gehalten, etwa den Abriss des Atticus, sowie
>meliu8 NepoB und Pompejus Trogus für das Ausseritalische und Bio-
raphische. Dem Livius scheint er als einehi verkappten Republikaner
cht recht getraut zu haben, da er häufiger von ihm abweicht als mit
im übereinstimmt. Die Studien des Vell. gehen sehr wenig tief; eine
aHliche Sammlung seiner geschichtlichen Verstösse bei Sauppe S. 147 — 155.
542
Die Kaiserzeit. Erstes Jahrhundert.
Die Gründung Borns setzt er (I, 8, 4) mit Varro ins J. 7o3 (Ol 6, 3)
folgt aber nidits desto 'weniger der aera Catoniana (751); insbesondere
nach dieser als Consulatsjahr des Yinicius 781 angenommen (Ü, 49,
65, 2. vgl. I, 14, 6. II, 103, 3. Kritz p. XLI ff.)- DieVertheilung des Stofft
in die zwei Bücher (I, 14, 1 vgl. II, 131, 1) nach dem Wendepunkte d
Zerstörung Karthagos ist nicht unpassend, aber vom Standpunkte des Ye
ist es inconsequent den Zerfall des Reiches von dem Untergange des rep
blicanischen Sinnes zu datieren. Hierin, wie in Anderem (Sauppe S. 161
169 f.), folgt er einfach der hergebrachten Auffassung. Hierdurch, so
durch die Einmischung persönlicher Sympathien und Abneigungen,
des Vell. geschichtliches Urteil widerspruchsvolL
4. Den eigenthümlichen Stil des Vellejus erklärt Kritz p. XL VI — L]
theils aus dem Zeitgeschmacke, der auf das Gesuchte und Künstliche geri
tet war, theils aus dem Charakter des Verf. als eines schriftstellemc
Dilettanten, theils aus dessen festinatio, die oft in die Nachlässigkeit
gewöhnlichen Sprache verfiel. Insbesondere die ganz unorganisch angeles^ft^^sn
Perioden, wo zvnschen zwei dünne Satztheile endlose Parenthesen -«ji^Ksd
Relativsätze aufgespeichert sind (z. Q. II, 18, 1 — 3. 28, 2. 41, 1 f. 7^ , ^.
Kritz p. LXI— LXIY), die häufige Wiederholung desselben Gedankens iJLsnd
der gleichen Worte in kurzen Zwischenräumen (Sauppe S. 175 — 178. KTiE^iz
p. LV ff. LXVI ff.), das Bausbackige und Schwülstige der Dar8tell«:KS3.g,
deuten auf Mangel an schriftstellerischer Uebung und von Feile. Auf E^c^li-
nung der Zeit aber fällt das eitle Spiel mit blendenden Sentenzen, spz>^C2-
fiudigen Contrasten, gesuchten Wendungen, die kokette Energie der Spra^^i^lie
und ihr geschminkter Farbenreichthum. Daraus erklärt sich auch «^e
Vorliebe für poetische Ausdrücke und anspruchsvolle WortverbinduaS"^n
(Sauppe S. 178 f.). Mit dieser bewussten Künstlichkeit erinnert Vell^3 ns
am meisten an Sallust.
5. Die einzige uns bekannte Handschrift des Vellejus ist die "V^o
Beatus Blienanns J. 1515^ in der alten Abtei Murbach (im Elsass) ge^mdezie,
welche aber am Ende und besonders am Anfang (wo das Prooemium rzxid
weiterhin die Köni^eit fehlt) lückenhaft und auch sonst sehr stark ver-
dorben war. Nachdem B. Rhenanus nach ihr seine Ausgabe verÖffentli<^i
hatte (Basel 1520 fol.), mit dem Grade von Treue der in seiner Zeit übÜ^
war, gieng die Handschrift wieder verloren. Nur eine Abschrift derselb^^»
gefertigt von Bonif. Amcrbach in Basel, wurde in neuerer Zeit wieder BXi^-
gefunden, die aber der ed. princeps an Treue nicht gleichkommt. Vgl. ^^
praefationes von OreUi (p. VII ff.) und Kritz (c. 3, p. LXXVI— CXXV).
J. Fröhlich und J. CM. Laurent, über den Werth der Amerbachsch^''
Handschr. des V., Leipzig, 1840. D. A. Fechter, die Amerbachsche Handsdu".
des V. P. und ihr Verhältniss zum Murbacher Codex und zur editio pnß-
ceps, Basel 1844. Laurent in Serapeum 1847, Nr. 12, und im Gratulations-
programm der Hamburger Stadtbibliothek (Hamburg 1856. 4.) S. 17—«^
6. Ausgaben (ausser ed. princ, s. A. 5) von J. Lipsius (Lugd. B. 159J.
Antverp. 1607), J. Gruter (Frankf. 1607), N. HeinsiusCAmstelod. 1678 u. sonst],
P. Burmann (Lugd. B. 1719. 1744. 2 Voll.), D. Ruhnken (Lugd, B. 1779,
2 Voll., wiederholt von C. H. Frotscher, Lips. 1830—1839; die notae beson-
ders Hanover 1815), J. C. H. Krause (Lips. 1800; ed. minor 1803), J- C-
i
^0
w
262 f. VeileiuB Paterculus. Valerius Mazimus. 543
iHi (Lips. 1835), J. Th. Ereyssig (recogn., Meissen 1836), und besonders
Eritz (rec, annot. et indd. instruxit, Lips. 1840). Vgl. dessen Prole-
lena c. 4 (p. CXXV ff.).
Texte von F. H. Bothe (Zürich 1837), Fr. Kritz (Lips. 1847), Fr. Haase
(ILÄ]|^:>8. Teubner 1851 u. 1863) u. a.
Uebersetzungen von Fr. Jacobs (Leipzig 1793), Fr. Walther (Passau
0, W. Götte (Stuttgart, Metzler 1833), F. Eyssenhardt (Stuttgart, Hoff-
1865) u. A.
7. Abhandlungen über V. P. H. Dodwell, annales Velleiani, Oxon.
1.6^S. C. Morgenstern, comm. critica de fide historica V. P., imprimis de
acl^ilatione ei obiecta, Danzig, 1798. H. Sauppe, im Schweiz. Museum f.
lai»^- Wiss. I (Frauenfeld 1837) S. 133—180. L. Speckert, de la sinc^rit^ de
V- I^., Toulouse 1848. Alf. Pemices, de V. fide historica, Lips. 1862. 50 pp. 4.
J. Stanger, de V. fide, München 1863. 38 pp. 8. C. Windheuser, de V. fide
in. Ü8 locis qui ad Tiberii mores spectant, Neuss 1867. 14 pp. 4.
8. Beiträge zur Textkritik von C. Halm (Emend. Vell., München 1836.
4^0 T Laurent (loci Vell., Altona 1836), J. Jeep (emend. V., Wolfenbüttel 1839. 4),
M. Haupt (Berichte der sachs. Ges. d. W. 1849, S. 190—200), B. Martin
(Beiträge etc., Prenzlau 1862, 4), und in den Quaestiones Velleianae von
N- Alsters (Münster 1866), G. A. Koch (Lips. 1866. 4.) und E. Wilhelm
(Jena 1866).
M. Hertz, über die sog. excerpta Velleii ,ex historia gallica, in Haupts
Zeitechr. f. deutsches Alterthum X, 2 (Berlin 1855) Nr. 10. Vgl. ebds. VHL
S. 587.
263. Auf gleicher Höhe des Servilismus , nicht aber des
-"^^lentes, steht Valerius Maximus, der Verfasser einer an
"*^ ^V>erius gerichteten Anekdotensammlung für rhetorische Zwecke,
*Äetorum et dictorum memorabilium libri novem. Das Werk
^^ aus wenigen, aber guten Quellen zusammengetragen, jedoch
?P^^e Kritik, Sinn für geschichtliche Wahrheit und Geschmack.
^^ beschränkt übrigens der Verfasser ist, so aufdringlich ist er
^-^t seinen Reflexionen. Die Darstellungsweise ist declamato-
^^ch, der Stil schwülstig, der Wortvorrath aber auch hier noch
y^^nig getrübt. Ein zehntes Buch ist nicht erhalten und viel-
^cht niemals fertig geworden. Ausser dem Werke selbst be-
^J^tzen wir noch Auszüge daraus: einen nach einer sehr guten
^^^andschrift durch Julius Paris gemachten, und einen sehr dürf-
tigen von Januarius Nepotianus. Ein kurzer Anhang de prae-
^ominibus hat gleichfalls gute Quellen, steht aber zu Valerius
^laximus in keiner Beziehung.
1. Beschränkte persönliche Verhältnisse des Val. Max.; s. IV, 4, 11:
Viis adquiescere soladis debemus qui parvulos censüs nostros numquam que-
^elifl vacuos esse sinimus. . . quid ergo modicam fortunam . . diamis eon-
"Viciis laceramus? Verbindung mit Sex. Pompeius, Cos. 767 = 14 n. Chr.
544 Die Kaiserzeit. Eraiea Jahrhundert
(8. oben 260, 7), 'welcher später (etwa J. 780, Kempf Prolegg. p. 5 f.) Am
als Proconsul verwaltete. Val. Max. II, 6, 8: quo tempore Asiam cum
Pompeio petens lulidem oppidnm intravi. IV, 7. ext. 2: clanasimi ac
sertissimi vir! promtissimam erga me benivolentiam expertus. . . Pompeii
meum, . . a quo omnium commodorum incrementa ultro oblata cepi,
quem tutior ad versus casus steti, qui studia nostra ductu et auspiciis s^
lucidiora et alacriora reddidit. itaque pavi invidiam quorundam opi
amici iactura. VI, 1 prooem.: tu . . sanctissimum luliae genialem
adsidua statione celebras. Ako lebte damals Livia (f 782 =» 29 n. Chr.) no<
Dagegen ist die Declamation wider Sejan (am Schlüsse von IX, 11) imnc^^^f.
telbar nach dessen Sturze (J. 785 = 32) eingefügt. Der Verfasser hat so^xMzm.jt
an seinem Werke länger gearbeitet, oder mit Unterbrechungen. VerÖ^en^^
licht waren aber zur Zeit der Abfassung von IX die früheren Bücher i&fx^fa
nicht, da aus ihnen jede Erwähnung Sejan's getilgt ist. Unrichtig und SLv^^sb
deshalb nicht auf Sueton zurückgehend ist jedenfalls die Angabe cücs
Matthäus von Westminster (oben 242, 3): anno diviuae incarnationis X^HX
(== 772 d. St.) Valerius historiographus Romanorum dicta descripsit et
facta.
2. Zahl der Bücher zehn, nach JuHus Paris (s. A. 7)-, entweder untrer
irriger Hinzurechnung der Abhandlung de nominibus (A. 9) oder (Hai rm)
weil so die Ueberschrift lautete. Erhalten sind jedenfalls nur neun; cia
aber am Schlüsse des neunten die sonst unvermeidlichen Expectoratioaeo
des Verf. fehlen, so ist glaublich dass derselbe sein Werk nicht fertig
gebracht habe oder es uns nicht vollständig erhalten sei. Weniger walir-
scheinüch ist dass das Fehlende ein ganzes Buch sei. Plan und 2w&ck
nach praef. in.: urbis Romae exterarumque gentium facta simul ac dicr'C^
memoratu digna, quae apud alios latius diffusa sunt quam ut brevit^^'
cognosci possint, ab iulustribus electa auctoribus digerere constitui, ^
documenta sumere volentibus longae inquisitionis labor absit. Also el^^^
Beispielsammlung für den Gebrauch ohue Zweifel der Redner und d,^^
Rhetorschuleu. Daher die Anordnung nach bestimmten sachlichen Begriffe ^^'
(z. B. de reUgione, auspiciis, somniis, institutis antiquis, repulsis, testament^
danmatis aut absolutis), besonders moralischen (de fortitudine, moderatioa
humanitate, pudiciüa, felicitate, luxuria u. s. f.). Innerhalb der einzeln^ ^
Capitel wiederum Zerlegung in Beispiele aus der römischen Geschieht
und solche von Auswärtigen, wobei die ersteren stark überwiegen, in Fol
der Quellen des Val. und wohl auch aus nationaler Eitelkeit. Die Zü(
aus der republikanischen Zeit werden nicht abgeschwächt, wohl aber
Gegner der Monarchie bereits regelmässig als Hochverräther behandel
(vgl. Tac. A. rV, 34, oben 240, 3). Ueber Tiberius und die ganze kaisei
liehe Familie werden allenthalben, auch ohne äusseren Anlass und ohn^--^^^
dass auf den Verf anwendbar wäre was den Vellejus entschuldigt (obe:
262, 2), die plumpsten und wahrheitswidrigsten Schmeicheleien ergossei
3. Die inlustres auctores (praef.) welche Valerius benützte sind haupt^=^^
sächlich Livius (besonders die dr^i ersten Dekaden), obwohl er nur einma*-«^
genannt wird (I, 8, ext. 19: serpentis aT. Livio curiose pariter acfacuud^^
relatae); s. Kempf p. 15— 17. U.Köhler, qua rat. Liv. annal. 1860, p. 11—23^
Fr. Zschech, de Cicerone et Livio Valeni Maximi fontibus, Berlin 1866, p. 36ffl^
<,..ii:^\\
263. Valerius Maximus. 545
— ^ 60); nächstdem Cicero (Kempf p. 13—15. Zschech p. 15—23), der gleich-
[1l^ nur einmal genannt wird (VIII, 13, ext. 1.: qaemadmodnm Cicero
f^:rt libro quem de senectute scripsit), auch Sallustius (Kempf p. 17) und
'olal für die auswärtigen Beispiele) Pompeiue Trogus (Kempf p. 21). Dass
^l^rios noch weitere Originalquellen benützt habe (z. B. den Varro, wegen
r, 2, 24 XL a. Zschech p. 43, und dagegen Kettner, Varr. de vita pop. rom.
X 2—16) ist nicht erweislich und am wenigsten wahrscheinlich von griechi-
ln-^n (vgL Kempf p. 21—25); wohl aber hat er gelegentlich Selbsterlebtea
xft^estreut (Kempf p. 12). Auch mag Vieles aus 'almlichen Sammlungen der
eg-enwart und nächsten Vergangenheit entnommen sein, wohin gehört
er einmal (IV, 4 in.) und sonst bei keinem Schriftsteller angeführte Pom-
ocxius Rufus coUectorum libro. Die Art der Benützung seiner Quellen
eat^eht meist in Abschreiben derselben, besonders bei Anführung von
k.eia£8erungen; wo er sachlich ändert, geschieht es in der Regel um die
hei;orische Brauchbarkeit der Anekdote zu erhöhen (durch Steigerung,
Verschönerung). Ausserdem kürzt er bald ab, bald giesst er eine Brühe
linzu. Von der Oberflächlichkeit und Gedankenlosigkeit seiner Quellen-
Benutzung zeugen die vielen groben Missverständnisse (besonders Verwechs-
UTfcgen) und Verstösse die sich ihm nachweisen lassen; s. Kempf prolegg. p.
t6 — 33.
4. Als Stilist geht Val. Max. mit seiner Zeit durchaus von der Ansicht
ins dass das Einfache und Natürliche trivial und gemein sei. Gesucht,
^ek^stelt und geschraubt ist bei ihm Alles, Gedanke wie Ausdruck,
^a.lil und Stellung der Worte, und seine Darstellung wird dadurch oft
diiK&l^el, noch häufiger schwülstig, geschmacklos und albern. Verschränkung
^er- Epitheta, Verrenkung der Zeitwörter, Metaphern u. dgl. Schmuck ist
l^i ihm ganz gewöhnlich. Dabei zeigt seine Manier grosse Eintönigkeit,
"i^em bestimmte Lieblingswendungen unaufhörlich wiederholt werden.
K^rupf p. 34—43. Gelbcke p. 8-23.
5. Plutarch hat den Val. Max. schwerlich benützt, obwohl er ihn
^«^^cell. 30 u. Brut. 53 anführt; s. H. Peter, Quellen d. Plut. S, 75 f. 136
^^n. Wohl aber Plinius (n. h. VII), Fronünus Strat., Gellius (XII, 7, 8),
^^xterhin Lactantius u. A. Auch die vecjtürzten Bearbeitungen (A. 7 f.)
^5^^-^eten ihm wenig, und er wurde noch im Mittelalter nicht selten gelesen
^^mpf p. 43 — 49). Davon zeugt die grosse Zahl von Handschriften
^ ^enen sein Text überliefert ist (Kempf p. 71—96). Die wichtigste unter
^^^en ist, nächst derjenigen welche dem Julius Paris (Anm. 7) vorlag (C.
^Im, Emend. Val. p. 4—18), der Bemensis saec. IX (vgl. Ualm's Ausgabe
^^ IV — XXI). Die andern sind viel jungem Ursprungs und haben sehr
^Iten eine bessere Schreibung, sind aber an einigen Stellen vollständiger
^d stammen daher nicht aus dem Bern, selbst.
6. Ausgaben des Val. Max. zuerst gleichzeitig um 1471 zu Strassburg
l^d Mainz (fol.), später namentlich von Aldus Manutius (Ven. 1534), St.
^Hghius (Antverp. 1567; mit vielen willkürlichen Aenderungen; cum notis
'^^ Lipsii, Antv. 1585 u. sonst), J. Vorst (cum notis, Berl. 1672), A. Torre-
^UB (cum comm. I. Perizonii et variorum, Lugd. B. 1726. 4), J. Kapp (Lips.
^782), C. B. Hase (Paris 1823. 2 Voll.), und besonders von C. Kempf (rec.
^t emeud., Berlin 1854. 792 pp.) und C. Halm (rec, Lips. Teubner 1865).
Teuf fei, Rom. Lileraturg^cschirhte. ß^
546 Die Eaiserzeit. Erstes Jahrhundert.
Kritische Beiträge von Calmberg (novae ed. Y. M. spedmen, Hambui
1844. 4), Hahn (Münchner Gel. Anz. 1854. L Nlr. 29 — 31 und Emcndatiam
Val., München 1854. 4), J. Vahlen (Rhein. Mus. XL S. 586—694), R J. Helle
(Philologus XXVII. p. 343-348. XXVHI. p. 361—364), C. Pörtsch (Em. Val^
I. Naumburg 1855. 4. 11. 1864. 4.), C. Elschner (Quaest. YaL, BerHn 1864^
C. Fr. Qelbcke (Quaest. Yal., Berlin 1865, p. 23 — 36), C. Eempf (nov
quaest. Yal., Berlin 1866. 37 pp. 4.).
üeber Yal. Max. vgl. J. Perizonius, Animadversiones historicae (ed^
Harles, Altenburg 1771), H. E. Dirksen (die historische Beispielsammlon
des Y. M., Abhandl. d. Berl. Ak. d. W. Berlin 1847, S. 99 ff.), und besonde
Kempfs Prolegomena.
Uebersetzt z. B. von Fr. Hoffinann (Stuttgart, Metzler 1828).
7. Epitoma des Julius Paris, Ende des vierten oder Anfang d(
fünften Jahrh. (vgl. A. 9), gleichfalls ftir Schulzweckc. Vorwort: lulii^Ks
Paris Licinio Cjriaco suo salutem. Exemplomm conquisitionem cum setrei
esse non minus disputantibus quam declamantibus necessariam, dece:
Valerii Mazimi libros dictorum et factorum memorabiHum ad imum vob
men epitomae coegi. Der Epitomator brachte die Sammlung des Yal.
ihren sachlichen Inhalt, manchmal aus den Quellen ihn berichtigend (EeuL^
p. 51 f.], und hat dabei eine Handschrift benüzt welche besser und (I^ J,
ext. 4 — I, 4, ext. 1) vollständiger war als alle uns erhaltenen. Die Ef>i-
toma ist uns überliefert durch einen cod. Yaticanus saec. X, heraasgegel>^D
zuerst durch A. Mai, scriptorum vett nova coli. III, 3 (1828) p. 1 ff. Nac^li-
lese dazu von du Bieu, Schedae Vaticanae (Lugd. B. 1860) p. 164— 2O0.
Danach jetzt in Halms Ausg. (1865). Subscriptio des Yat. (und Bern. dLes
YaL): fehdter emendavi descriptum Rabennae Rusticius Helpidius Domzui-
lus V. C. (um 500, 8. Kempf p. 59 f ).
8. Epitoma des lanuarius Nepotianus. Vorwort: lanuarius NepotiaxmuB
Victori suo salutem. Impendus quam ceteri adolescentes litteris stucies,
quo tantum profids ut exigas scripta veterum coerceri. . . igitur de Yalerio
Maximo mecum sentis opera eins utilia esse, si sint brevia. digna eisi^
cognitione componit, sed colligenda produdt, dum se ostentat sententÜs«
locis iactat, fundit exceasibus. . . reddam itaque . . eins redundantia ^^
pleraque transgrediar , nonnalla praetermissa conectam. . . et cum inte^T*^"*
fere in occulto sint, praeter nos duo profecto nemo ejHtomata cognoso^^
Der erhaltene Auszug reicht in 21 Capitehi bis Yal. Max. m, 2, 7 und i^
sehr frei und mager, läset ganze Beispide weg und fQgt andere aus ander^^
Quellen bei. Hauptwertii für die Lüc^e im ersten Buche des Yal. Ift^^*
Handschrift: Vatic 1321 saec. XIY, mit sehr verdorbenem Texte; veröflfei»*'
licht durch A. Mai, scriptorum vett nova coli. III, 3 p. 93 ff. (v0. du Rie«*»
Schedae Vatic. 1860, p. 201 — 215) und Celle 1831. 4.; jetzt in C. H»to^
Ausg. des Yal. Max. p. 488—513. Vgl. Kempf p. 67—69, wo p. 69: Bp^'
tomatoris sermo corruptus et interdum fere barbarus dicendique genus rtf^^
atque incultum sextum septimumve saeeukun prodere videtur. Andere -A^
kilrzungen des Val. Max. aus dem Mittelalter sind in Bibliotheken nocb
handschriftlich vorhanden; s. Eempf p. 69—71.
9. Nach dem Schlüsse von Val. Max. B. IX folgt im Bern, die übiieB^
263. Valerias Maximus. lulius Paris. Nepotianus. 547
Bab«ctxptio: Valerii Mazimi . . über nonus explc. und darauf (von späterer
EÄnd x^d aug inüug Paris): üb. X de praenomine. In jungem Hand-
acnruten geht diesem Buche ein prooemium voraus: decimus atque ulti-
mua Uuius operid über . . aetati nostrae perditus est. verum lulius Paris,
abbreviator Valerii, post novem libros explicitos hunc decimum sub infra
äoipto compendio complexus est. . . verba quidem lulii Paridis haec sunt:
Liber decimus de praenominibus et simiKbus. Genauere Inhaltsangabe in
Q6r Handschr. des luKus Paris (Vat.): incipit liber decimus de praenomi-
Dibus, de nominibus, de cognominibus, de agnominibus, de appellationibus,
°® v^rbis. Erhalten ist aber auch im Vat. nur das Capitel de praenomini-
^°a (bei Kempf p. 740—750, bei Hahn p. 484—487), dessen Inhalt auf gute
^'^ Quellen (bes. Varro) zurückgeht (Th. Mommsen im Rhein. Mus. XV.
°' 181, A. 24). Das Ganze kann jedoch, wenn es von Anfang an ein Ca-
P'^1 de agnominibus enthielt, nicht vor Beginn des vierten christl. Jahrb.
Eitstanden sein. Am Schlüsse haben Vat. (und Bern.) die subscriptio:
^* rriti Probi finit epitoma historiarum diversarum ezemplorumque roma-
DOrmn; und darauf die des Rustidus Helpidius (Anm. 7). Unklar ist das
' eirbältniss dieses C. Titius Probus zu lulius Paris. Vielleicht hatte auch
jener wirklich eine ähnliche epitome verfasst, die mit der aus Val. Max.
vDzi. Paris gemachten zusammenfloss , etwa so dass von Letzterem nur das
prooemium (A. 7) erhalten wäre; während die grammatische (aber zugleich
an^quarisch gehaltene) Schrift über nomen (einschliesslich der nomina pro-
prio) und verbum (Kempf), etwa wegen Verwandtschaft des pädagogischen
Z^weckes, einmal (aber nach der Zeit der Handschrift aus welcher die Co-
dices des Val. Max. herstammen) an das Werk des Valerius Maximus
äDg'ehängt, für ein zehntes Buch desselben gehalten und als solches von
Paris mit epitomiert wurde. Jedenfalls muss der Verf vor lulius Paris
gelebt haben, während von C. Titius Probus schon sein Name unwahr-
scheinlich macht dass er einer viel späteren Zeit als dem ersten christl.
Jahrh. angehöre. Vgl. Th. Bergk, Rhein. Mus. IV. S. 120 ff. Kempf p. 53
~~^7 tmd im Progr. des Berliner grauen Klosters von 18Ö4. 4. (De incerti
aoctoiig fragmento quod inscribitur de praenominibus.)
264, Vielseitig angeregt und mit der Gabe gewandter Dar-
^llnng ausgestattet gab A. Cornelius Celsus nach dem Vor-
gan^Q Cato's nicht nur Anleitung zur Beredtsamkeit und Bechts-
^^^xxitniss sondern behandelte auch die Disciplinen der Landwirt-
sehaft^ Heilkunde und des Kriegswesens ;. verbunden mit prakti-
?^^f Philosophie im Sinne der Sextier, in einem encyclopädischen
^^^ke, von welchem die acht auf die Heilkunde sich beziehenden
,^^her (VI — XIH) auf uns gekommen sind, als einziges Werk
^^er Art aus der besseren Zeit der römischen Literatur. Es
^}^d darin die gesammte Medicin der damaligen Zeit haupt-
^^olxiieh nach Hippokrates und Asklepiades mit gesundem Urteil
^ einfacher reiner Sprache kurz dargestellt. Besonders werth-
^^Ü sind die chirurgischen Partien; nächstdem auch die The-
35*
548 Die Eaiserzeit. Erstes Jahrhundert.
rapie. Noch unter Nero lebte Celsus und verfasste eine Schrift
über eine taktische Zeitfrage.
1. Vorname aus den Ueberschriften des erhaltenen Werks. Zeitalter.
Columella I, 1, 14: non minorem tarnen laudem (als die Schriftsteller der
Vergangenheit, wie Vergil und lulius Hyginus) meruerunt nostrormn tem-
porum viri, Cornelius Celsus et lulius Atticus. lET, 17, 4: mox luliua Atti-
cus et Cornelius Celsus, aetatis nostrae celeberrimi auctores, patrem atqne
iilium Sasemam seciiti etc. IV, 8, 1 : Celsus et Atticus, quos in re roatica
maxime nostra aetas probavii Vgl. ib. HI, 1, 8. IV, 1, 1. Da min Co-
lumella ein Zeitgenosse des Seneca war (s. unten 277, 1), so kann Celsu-*
nicht wohl früher als unter Tiberius geschrieben haben; aber auch nicl»^
später, da der unter Caligula hingerichtete lulius Graecinus dessen We«"*
bereits benutzt hatte (Plin. n. h. XIV, 2, 33: Graecinus, qui alioqui Co«"
nelium Celsum transcripsit). Vgl A. 4. Quintil. III, 1, 21: scripsit ^*
eadem materia (Rhetorik) . . nonnihil pater Gallio (oben 252, 7), accar^'
tius vero priores [Gallione] Celsus et Laenas (oben 252, 11) et aetatis u
strae Verginius, Plinius, Tutilius. Hier wird das sachlich unrichtige G
lione um so eher ein Glossem sein da das Verhältniss zu Gallio berei.'t:^
durch den Comparativ accuratius ausgedrückt ist. Fr. Bitter in JakM:^^
Jahrb. 38, S. 54—58.
2. Quintil. XII, 11, 24: quid plura (von der Möglichkeit alle dem R^^'
ner nützlichen Disciphnen zu umfassen) cum etiam Cornelius Celsus, hb.^^
diocri vir ingenio, non solum de his omnibus conscripserit artibos
amplius rei militaris et rusticae et medicinae praecepta reliquerit, dign
vel ipso proposito ut eum scisse omnia illa credamus? Auch sonst po
misiert Quintilian oft gegen diesen Vorgänger, z. B. II, 15, 22. 32. 111, ^«
13 f. VIII, 3, 47. IX, 1, 18: Cornelius tarnen Celsus adicit (zu den ff^^V«^"^'''
diavoCaq und Xil^to^) figuras colorum, nimia profecto novitatis cupidit^^^
ductus. nam quis ignorasse eruditum alioqui virum credat etc. Auch «^^
er ihm beistimmt geschieht es mit Kälte und Zurückhaltung, wie VII, ^>
10: non plane dissentio a Celso, qui sine dubio Ciceronem secutus insf^^^
tarnen huic parti vehementius. Vgl. X, 1, 124 (unten A. 3). Es mod»*^
den Quintilian verdriessen dass das worauf er sein ganzes Leben verwai»^^
hatte von Celsus nur so beiläufig mitbehandelt wurde; auch mochte 3^^^^
Eucyclopädiker dem speciellen Fachmanne wirklich manche BiÖsen darUi^'
ten. Jedenfalls wurde das rhetorische Lehrbuch des Celsus verdunk^'"
durch das des Quintilian. Erwähnung desselben nur bei Fortunatiau. IIT 9 ^
(p. 121, 10 H.).
3. Quintil. X, 1, 124: scripsit non parum multa (über Philosoph^ ^^
Cornelius Celsus, Sextios (oben 250, 5 ff.) secutus, non sine cultu ac nito:^'^'
Augustin. de haeres. prol.: opiniones omnium philosophorum qui sec'C:^^
varias condiderunt usque ad tempora sua . . sex non parvis voluminit7^
quidam Celsus absolvit; nee redarguit aliquem, sed tantum quid sentir^'''^
aperuit, ea brevitate sermonis ut tantum adhiberet eloquii qnantum - *
aperiendae indicandaeque (sententiae) sufßceret.
4. Veget r. milifc. I, 8 (p. 12, 12 ff. Lang): haec necessitas compc»^^
evolutis auctoribus ea me . . fideUssime dicere quae Cato ille Censorios ^^
disciplina militari scripsit, quae Cornelius Celsus, quae Frontinos p^*"'
j
264. Cornelius CelßUB. 549
Btringenda duxenmt. LyduB de magistr. I, 47: iidgTvgsg Kilaog etc. Vgl.
il3. III, 33 : xal avyygccqj^v nsgl rovtov (über die letzte Kriegführung gegen
die Parther) (iovijqtj Kilcog, 6 gmfiaiog rorxrtxo?, dnoliXoine. 34: aczB
€t^t^6diOv, qjfiülv 6 Kilcogy a^oxijrcoff avtotg insX&sCv, . . od'sv d(p6grjrog
ixvtotg 6 KovgßoXmv inl rov Nsgmvog itpdvri. Diese taktische Einzelechrift
war also später verfasst als das encyclopädische Werk; vgl. oben A. 1.
6. Columella I, 1, 14 (vgl. A. 1): Cornelius (Celsus) totum corpus
disciplinae (Landwirtschaft) quinque libris complexus est. IX, 2, 1: de
Qoibiis (Bienenstöcke) neque diligeutius quidquam praecipi potest quam
ab äygino (oben 246, 3) . . nee elegantius quam Celso. . . Celsus utrius-
jae mdmorati (Hygin und Vergil) adhibuit modum. II, 2, 15: Cornelium
)elBum, non solum agricolationis sed universae naturae prudentem virum.
Js solchen wird er sich, wie Sextius, auch in den philosophischen Thei-
a seines Werkes (s. A. 3) bewiesen haben. Die über Landwirtschaft
ig'^fahrt z. B. von Plinius (n. h. X, 63, 150), der ihn auch im Quellen-
Jr-Ä^ichniss zu B. 7, 8, 10, 11, 14, 17, 18, 19, 20 If., 29 f., 31 nennt, bald
or-xieliuB Celsus, bald Celsus.
6. Von den acht Büchern der medicina behandelt das erste, nach
LAOT kurzen Geschichte der Medicin bei den Griechen, die Diätetik und
rophylaktik; das zweite die Semioük und allgemeine Pathologie und
ih-erapie; Buch IM und IV die besonderen Krankheiten, V die Arznei-
nifct^Uehre mit einer grossen Anzahl von Recepten; VI die chirurgischen
Krankheiten, VII die chirurgische Therapie, VIII die Knochenkrankheiten.
Da die zahlreichen Handschriften alle dieselben Lücken haben (bes. FV, 27),
so baben sie gemeinsamen Ursprang. Die ältesten und besten sind Vat.
VIII saec. X und Med. I saec. XII, sowie Paris. 7028 saec. XI; die andern
'^<i aus saec. XV und XVI. Ausgaben, s. L. Choulant, Bücherkunde d.
alt. Med. « S. 167 — 180. Ed. princeps Florentiae 1478 fol, Aldina Venet.
1528. 4. Cum not. ed. J. Caesarius, Hagenau 1528. Willkürlicher Text
*^ön Ant. V. d. Linden, Lugd. Bai 1657. Cum not. varr. ed. Th, J. ab
^^eloveen, Amsterd. 1687. 1713. Ed. C. Ch. Krause, Lips. 1766. Ex rec.
_; T'argae, Patav. 1769. 4. und besonders Veron. 1810. 4. (mit lexicon Cels.).
*^^ P. Ritter et H. Albers, Cöbi 1835. Ed. S. de Äenzi, Neapel 1851. Ad
'^ein opt. libr. denuo rec. C. Daremberg, Lips. 1859. (Bibl. Teubner.)
^^Viersetzt von B. Ritter, Stuttgart 1840.
7. Zuriickverweisung auf frühere Bücher V, 28, 16: sicut in pecori-
y^ propoöui. Die fünf Bücher de agricultura (A. 5) giengen also der mo-
.^^loa unmittelbar voraus, wie auch viele Hdss. die Ueberschrifb haben:
I^^nelii Celai artium lib. VI. item medicinae I. Kürzer behandelt war das
l^eggwescn; s. A. 4; die Philosophie aber in 6 volumina (A. 3), und auch
^^ Darlegung der Rhetorik (A. 2) muss, nach Quintilian zu schliessen,
^ilsführlich gewesen sein. Sie scheint aus 7 Büchern bestanden zu haben;
^ Schol. luv. VI, 245: Celso, oratori illius temporis (unrichtig), qui septem
^V)r08 Iiistitutionum scriptos reliquit. Letztere Angabe kann richtig sein,
^^ch wenn Juv. selbst nicht diesen Cebus gemeint hat (welcher damals
keineswegs die erste Autorität für Rhetorik war), sondern seinen Zeitge-
loflsen, den Juristen luventius Celsus. Der Anschluss an Cato (s. oben
10^ 1_3) ist in der Wahl der behandelten Discipliuen unverkennbar. Die
550 Die Eaiserzeit. Erstes Jahrhundert.
Zusammengehörigkeit derselben bei Celsus erhellt auch ans der Gleichheit
der Urteile über ihren Stil, welcher in der medicina denselben coltus ac
nitor, dieselbe elegantia zeigt wie in den philosophischen and landwirt-
schaftlichen Partien. Vor der Verschrobenheit seiner Zeit bewahrte den
Celsus wohl hauptsächlich sein eigener gesunder Sinn, dasin auch die Fülle
des zu bewältigenden Stoffes und die Beschaffenheit seiner Quellen. SchoL
Plaut. Bacch. 69: Celsus libros suos a varietate rerum cestos vocant.
8. 0. Jahn in den Berichten d. sächs. G. d. W. 1850, S. 273-282-
H. Paldamus, de Comelio Celso (Greifswalde 1842. 4.) und dazu Fr. Rittet
in Jahns Jahrbb. 38, S. 52—66. C. Kissel, Celsus, eine historische Mono-
graphie; I. Leben und Werke des C. im Allgemeinen, Giessen 1844. 179 S.
265. Unter den Juristen ragte in dieser Zeit hervc^T
Capito's Schüler Masurius Sabinus, nach welchem die Schale
der Sabinianer benannt ist^ Verfasser hauptsächlich von libri
iuris civiUs, welche später Gegenstand umfassender Comme]
tare und durch diese für die Digesten einflussreich wurden. I>«-
gegen ein Schüler von Labeo war M. Coccejus Nerva, Cos.
und Lehrer des Proculus nach welchem die Proculianer
nannt wurden. An literarischer Fruchtbarkeit und Bedeutsaa3ci-
keit hat Proculus seinen Lehrer übertroffen. Ein Schüler ä^s
Sabinus war G. Cassius LonginuS; Cos. 783 und gleichf&3^1c
Verfasser eines Werkes über das ius civile.
1. Pompon. de orig. iur. (Dig. I, 2, 2, 48): Ateio Capitoni (ot»^»
249, 4) Masurius Sabinus, Labeoni Nerva, qui adhuc eas dissension ^»
auxerunt. . . Masurius Sabinus in eqnestri ordine fuit et publice prim'vjis
respondit, posteaquam hoc coepit beneficium dari; a Tiberio Caesare li<:>c
tamen illi concessum erat. (50.) ergo Sabine concessum est a Tibeirio
Caesare ut populo responderet; qui in equestri ordine iam grandis natu ^
fere annorum quinquaginta (?) receptus est; huic nee amplae facultates fa^
runt, sed plurimum a suis auditoribus sustentatus est. Er lebte noch un^^f
Nero; s. Gaj. II, 218: ut Sabinus existimaverit ne quidem ex SC. Ner-o-
niano posse convalescere. Dass er zu Verona geboren sei vermute^>^
Borghesi (Bull. d. inst. arch. 1836, p. 144) nach der dort gefundenen I^s-
schrift: C. Maaurius C. f. Sabinus (0. Jahn zu Persius p. 195). Gellius I V^t
1, 21 u. 2, 15 (Masurii Sabini ex libro iuris civilis secundo, vgL XI, tS,
12 ft. 20 ff.). V, 13, 5 (M. S. in libro i. c. tertio). Per». V, 90 (Itoiiri
rubrica). Arrian. Epict. lY, 3 (MattovQiov vo^fOi). Die Anlage scheint die
des Q. Mucius (oben 141, 2) gewesen zu sein. Commentiert wurde dieses '^
Handbuch durch Pomponius in mindestens 86, von ülpian in mindestenB ^h
von Paulus in mindestens 17 Büchern, welche drei Commentare den Kern
des sabinischen (civilrechtlichen) Drittels der Digesten bilden. Noten zu
Sabinus schrieben auch Fufidius und Aristo. Sonstige Schriften des Ma-
surius Sabinus: commentarii de indigenis (GelL IV, 9, 8 f.), memoriaÜoiD
libri, mindestens 11 (Gell. V, 6, 13 f. vgl. IV, 20, 11. VII, 7, 8. Macrob.
m, 6, 11. Dig. L, 16, 144 u. a.), fasti in mindestens zwei Bachern (Maer^b.
I, 4, 7. 15. 10, 8), libri responsorum in mindestens zwei Büchern (Dif>
265. Juristen unter Tiberius: Masurius Sabinus u, a. 551
XrV, 3, 4 pr. u. 1. Fragpn. Vai 75), libri ad edictom praetoris urbani in
mindeatens fünf (Dig. XXX VIU, 1, 18), Hbri ad ViteUium (ib. XXXH, 46.
XXXIII, 7, 8 pr. 12, 27. XXXIII, 9, 3 pr.), sowie ein assessorium (ib.
XLYII, 10, 5, 8: Sabinus in assessorio, Tgl. II , 12, 12: Puteolanus libro
pnmo assessoriorom). Anführungen aus (ungenannten) Schriften des M.
Sab. auch bei Plin. (wohl aus den memorialia) n. h. VII, 5, 40. X, 7, 20.
XV, 29, 126. 30, 135. XVI, 18, 75. 44, 236. XXVIII, 9. Gellius III, 16, 23.
V, 19, 11 ff. X, 16, 17 f. P. N. Amtzen, de Mas. Sabine, Utrecht 1768 =
Oelrichs Theaaor. nov. UI, 2. p. 1 ff. Zimmern, Gesch. d. röm. Privatr.
I, 1. S. 312—315. Rudorff, röm. Eechtsgesch. I. S. 168 f. 237.
2. Pompon. L L (A. 1) 48: hie etiam Nerva (Grossvaier des nach-
naJigen Kaisers) Caesari (dem Tiberius) fiEuniliarissimus fuit. Tac. A. IV,
8 : profectio (des Tiberius nach Campanien) arto camitatu fuit: unus sena-
^z* consulatu fimctus (J. 775 =» 22 n. Chr.), Cocceius Nerva, cui legum
evitia. VI, 26: haud multo post (J. 786 » 33 n. Chr.) Cocceius Nerva,
[>zitinuas prindpis, omnis divini humanique iuris sciens . . moriendi con-
üum cepit etc. Dio LVIII, 21. Angeführt, doch ohne Nennung einer
clirift, Dig. XLIII, 8, 2, 28 vgl. VII, 5, 3. XVI, 3, 32. Zimmern a. a. 0.
- 315 f.
3. Pompon. 1. 1. (A. 1) 51: huic (dem Masurius, A. 1) successit Gaius
asbIus Longinus, natus ex filia Tuberonis (oben 195, 1), quae fuit
^ptis Servii Sulpidi (oben 161, 2 ff.), et ideo proavum suum Servium Sul-
iciuxn appellai hie consul fuit cum Quartino (Surdino? Orelli 4033;
783 = 30 n. Chr.) temporibus Tiberii, sed plurimum in civitate aucto-
^tifi habuit, eousque donec eum Caesar (Nero, J. 65 n. Chr., s. Suet.
^^' 37: Cassio Longino iuris consulto ac luminibus orbato etc. vgl. Tac.
- XVI, 7, 9) civitate pelleret. ezpulsus ab eo in Sardiniam, revocatus a
espasiano diem suum obiit. Vgl. Tac. A. XII, 11 (J. 49): Gaio Cassio, qui
^i'i^e praeerat 12: ea tempestate Cassius ceteros praeminebat peritia
er^irn. XIII, 41. 48. XIV, 43 f. Gromat. vei p. 403, 29: Cassius Longi-
^» prudentissimus vir, iuris auctor. Plin..epi8t. VII, 24, 8: domus C.
^^8i, huius qui Cassianae scholae princeps et parens fuit (vgl. A. 5). Dig.
'y B, 19, 2: Cassius sententiam magistri sui (des Sabinus, vgl. auch Arrian.
P^ct. rV, 8) bene excusat. Auch er verfosste ein grosses Werk über das
'^ civile (Dig. VII, 1, 7, 3. 9,6 und 70, 2: C. Cassius . . libro octavo
**^ civilis; vgl ib. XXXV, 1, 54: in commentariis Caii, und XLVI, 8, 78:
^ Ubris Gaii), welches sein Schüler Aristo commentierte und Javolenus
^^Ucns in 15 Büchern excerpierte; ausserdem Anmerkungen zu Vitellius
^ig. XXXIII, 7, 12, 27: Cassius apud Vitellium notat). Ueber das Ver-
^^UtnisB zu Ursaios Ferox s. unten 281, 4.
4. Dig. XXVTII, 5, 69: Proculus (A. 6): Cartilio assentio et . . puto.
Vgl. Ulp. ib. Xni, 6, 5, 13: CartiUus ait.
6. Pompon. L 1. (A. 1) 52: Nervae (A. 2) successit Proculus. fuit eo-
dem tempore et Nerva fiUus (Dig. III, 1, 1, 3: qua aetate — von 17 Jah-
ren -^ ftnt paulo maiore fertur Nerva filius et publice de iure responsi-
tasse; vgl. Tac A. XV, 72 und Dig. XLI, 2, 47: Nerva filius libris de usu-
lapionibus). fqit et alius Longinus ei^ equeatri quidem ordine, qui postea
id praetnram usque pervenit. sed Proculi auctoritas maior fuit. nam
^
552 Die Kaiserzeit. Erstes Jahrhundert.
etiam plarimum potoit, appellatique sunt partim Caseiani (vgl. A. 3) pai-
tim Proculiani. Dig. XXXVII, 14, 17 (Rescript der Divi fratres) : Proculum,
sane non levem iuris anctorem. Vgl. XVIII ,1,1,1 (Sabinos et CaeduB
. . Nerva et Proculus. . . verior Nervae et Proculi sententia). Voller Name
wahrscheinlich Sempronius Procains; vgl. Dig. XXXI, 47 f. Budorfi, Ztsdir.
f. gesch. Rechtswiss. XII. S. 336 — 339. Eine seiner juristischen Schriften
hatte Briefform (Anfragen und Antworten): Epistolarum libri, mindesteuB
11 Bücher; s. Dig. XIX, 5, 12 und XXIII, 4, 17: Proculus libro XI eputo-
larum; vgl ib. XVIII, 1, 69. Ausserdem Proculus libro III ex Posteriori-
buB Labeonis (ib. XXXIII, 6, 16), vielleicht identisch mit den Notae im
Labeo (ib. III, 5, 10, 1 und XXXV, 1, 69: apud Labeonem Proculus notat^
vgl. ib. XVII, 2, 65, 5). Im Ganzen sind von Proculus 37 Excerpte in di
Digesten aufgenommen.
266. Die bedeutendsteii Grammatiker der Zeit sind Ju-
lius Modestus, der wie sein Lehrer Hyginus die sachliche wie
die sprachliche Seite der Forschung umfasste, der strenge M.
Pomponius Marcellus, sowie der begabte^ aber eitle und sitten
lose Q. Remmius Palämou aus Vicenza, Verfasser einer berühm^
gewordenen und vielbenützten Grammatik (Ars). Auch Gavi]
Bassus lehrte und schrieb in dieser Zeit oder bald darauf.
1. Suet. gramm. 20: huius (des Hyginus, oben 246) libertus fuit T«» -
liusModestus, in studiis atque doctrina vestigia patroni secutus. Martia.»n.
X, 21, 1: scribere te quae vix intellegat ipse Modestus. Gellius in, 9, ^^^ :
Gavius Bassus (A. 4) in commentariis suis, item lulius Modestus in secun^B^o
quaestionum confusarum historiam de equo Seiano tradunt Macrob. ^y
^f 7 (vgl. 10, 9. 16, 28): lulius Modestus de feriis. Commentator des Hor^-^^s,
8. oben 223, 3. Auf grammatische Schriften (oder Commentare) deuten d^rme
Anführungen bei Quintil. I, 6, 36. Charis. p. 73. 75. 101. 103. 125.
Diomed. p. 365 K. Bimte in'seiner Ausg. von Hyginus fab. p. 6—9. RL'
beck, prolegg. Vergil. p. 121 — 123.
2. Suet gramm. 22: M. Pomponius Marcellus, sermonis latini
actor molestissimus, in advocatione qnadam — nam interdum et cauE^^"^
agebat — soloecismum etc. hie idem, cum ex oratione Tiberium repr'^'
hendisset, . . tu (inquit) Caesar civitatem dare potes hominibus, verbis n<^^
potes. pugilem olim fuisse Asinius Gallus hoc in eum epigrammate ost^^^'
dit etc.
3. Q. Remmius (nicht: Fannius, s. W. Christ, Rhein. Mus. X.-X
S. 69 f.) Palaemon Vicetinus mulieris verna primo . . textrinum, deinf^^>
erilem filium dum comitatur in scholam, litteras dididt. postea manaoB^^'
sus docuit Romae ac principem locum inter grammaticos tenuit, quamqac^^
infamis omnibus vitiis palamque et Tiberio et mox Claudio praedicantib^c^^
nemini minus institutionem . . iuvenum committendam. sed capiebat bt^
mines cum memoria rerum tum facilitate sermonis; nee non etiam poem»^
faciebat ex tempore, scripsit vero variis nee volgaribus metns. arrogantiA
fiiit tanta ut M. Varronem porcnm appellaret etc. luxuriae ita indulsit ut etc.
sed maxime flagrabat Ubidinibus in mulier es etc. Plin. n. h. XIV, 4, 49t
266. Grammatiker unter Tiberius: Palaemon u. a. 553
•emmio Palaemoni, alias grammatdca arte celebri, in hisce XX annis mer-
äto ms etc. ib. 50: vanitate, quae nota mire in illo fuit. 51 : inviso alias
lern Seneca). Juv. VII, 215 ff. (docti Palaemonis). Hieronym. chron. ad
- Abr. 2064 = Cland. 8: Palaemon Vicetinus insignis grammaticus Bomae
Abetar, und: M. Antonius Liberalis, latiuus rhetor, gravissimas inimid-
üis cum Palaemone exercet. Vita Persii: studuit Flaccus . . Romae apud
rrammaticum Bemmium Palaemonem. SchoL Juv. VI, 452 (Palaemonis
^^m): grammatici, magistri Quintiliani oratoris. Quintil. I, 4, 20: ut . .
^te nostra Palaemon. Charisius erwähnt ihn öfters (p. 187. 225 f. 231 f.
38 K.) und hat die Abschnitte über die CoDJunctionen, Präpositionen, In-
»ijeddonen (und Adverbia) aus ihm entnommen. Keil gramm. lat. I.
XLIX. Auch die excerpta aus Charisius (Gramm, lat. I. p. 533 ff. K.)
rohen wohl zur Hälfte auf Palämon (W. Christ, Philologus XVIII. S. 136 f.).
Lae Beispiele sind nur aus Terenz, Vergil, Horaz und Cicero gewählt und
ir<ien regelmässig durch velut eingeleitet (A. Schottmüller, de Plini libr.
ucnm. p. 8 ff.). Gegen Schottmüller, welcher (1. 1. p. 26 — 32) den von
skirisius benützten Palämon in das vierte Jahrh. herabrücken wollte,
Cirist a. a. 0. S. 125 — 127. Ausser Charisius haben auch Diomedes
403. 415 K.), Consentius (p. 375 E.), Phokas u. A. aus ihm geschöpft.
b Unrecht (Keil V. p. 528 f.) trägt seinen Namen eine triviale , zuerst
3. Jovianus Pontanus herausgegebene Ars, in Keils Gramm, lat. V. p. 533
>^7 (bei Putsche p. 1366 ff.). Andere Zutheilungen von Schriften an ihn
i.^ der Versification de ponderibus et mensuris, der differentiae sermo-
■33^) beruhen auf grundlosen Vermutungen.
4. Von einem Grammatiker Gavius Bassus werden angeführt Schrif-
* de origine verborum et vocabulorum (Gellius II, 4, 3 ff. III, 19, 1 f.
7) in mindestens 7 Büchern (ib. XI, 17, 4), de verborum significatione
^^rob. in, 18, 2), commentarii (Gell. III, 9. 18, 3 f.), de diis (Macrob. I,
^3 vgl. III, 6, 17. Lyd. de mens. IV, 2. vgl. Quintil. I, 6, 36. Lactant.
'^^ I, 22, 9). Er muss vor Quintilian gelebt haben.
5. Griechische Grammatiker zu Bom unter Tiberius waren z. B. Phi-
^^Hos aus Alexandria, Apollonides (Diog. La. IX, 109). Ein Grieche war
^^ Attalus Stoicus, qui solum vertit a Seiano circumscriptus, magnae vir
^^Uentiae, ex his phiiosophis . . longe et subtilissimus et facundissimus
*^. suas. 2, 12), der Lehrer des Philosophen Seneca (W. Teuffei in Pauly's
*^-Enc. I, 2. S. 2055 f. Nr. 10).
267. Gleichfalls in dieser Zeit schrieben die Botaniker
^epio und Antonius Gastor , sowie der Schlemmer Apicius,
^ssen Namen ein auf uns gekommenes Kochbuch trägt, etwa
te dem dritten christl. Jahrhundert. Auch die Schriftsteller
\)€r den Weinbau, lulius Atticus und lulius Graecinus, gehören
ieser Zeit an.
1. Plinius n. h. XXI, §. 18: Caepio Tiberi Caesaris principatu nega-
t etc. Er war wohl ein Servilius.
2. Plinius n. h. XXV, 5 von den Pflanzen: nobis certe, exceptis ad-
odom paucisy contigit reliquas contcmplari scientia Antoni Castoris
554 Die Kaiseneit. Erstes Jahrhundert
cid summa auctoritas erat in ea arte (Botanik) nostro aeyo, visendo bo^
tulo eius, in quo plurimas alebat, oentenmum aetatis annum exoedeuB,
nulLum corporis malum exp^rtus ae ne aetate quidem memoria aat rigore
concussis. Er schrieb auch über Botanik, und Flinius nennt ihn als Qaelle
zu Buch 2(V~27; vgl. XX, 174 (Castor taliter demonstrabat). Er war wohl
ein Freigelassener einer Antonia (oder des M. Antonius).
3. Ueber Asellius Sabinus s. oben 268, 1 ; über Petronius Musa oben
247, 12.
4. Der Prasser M. Apicius unter Tiberius (Tac. A. IV, 1. DioLVEI-
19. Athen. I. p. 7 A.; vgl. W. Teuffei in Pauly's Real-Enc. I, 1. S. 124 J
Nr. 2) brachte seine Eüchenweisheit auch zu Papier. Sen. cons. ad Hel^
10, 8: Apicius nostra memoria vixit, qui . . scieutiam popinae professiK'
disciplina sna saeculum infedt. Schol. Juv. IV, 23: Apicius auctor pn^
cipiendarum cenarum, qui scripsit de iuscellis. Isidor. orig. XX, 1, 1: cc^
quinae apparatum Apicius quidam primus composuit. Was aber Flinio^
(n. h. Vm, 209. IX, 66. X, 133. XIX, 137. 143) als culinarische Ideen de -
Apicius anführt trifft auf die unter dem Namen des Gaelius Apicius (wohL
Caelii Apicius, so dass Ap. der Titel der Schrift war, wie Ciceronis Laes
lius) laufende Schrift de re coquinaria nicht zu. Diese enthält eine nad
Gegenständen geordnete Zusammenstellung von Kochrecepten in zehn BiB
ehern, von denen jedes eine griechische Ueberschrift hat, wie auch dL
zahlreichen griechischen WOrter und Wendungen darauf hinweisen das
die Schrift auf der griechischen Literatur {'OtpaQtvTi%a) beruht. Die £■
wähnung eines Varianus pullus (VI , 9) deutet auf Entstehung nach Helle
gabalus (=i Varius). Aber es mögen verschiedene Zeiten ihre Beiträge ^
dieser Sammlung geliefert haben. Schuch hat aus einem cod. Paris, saec. Y ^
neue Recepte hinzugefügt. Ausgaben z. B. von Hummelberg (Turic. 1642. 4^
M. Lister (Londin. 1705}, Almeloveen (Amstelod. 1709), J. M. Bemhold(B^
reuth 1787) und C. Th. Schuch (auxit, emend. explanavit etc., Heidelbe^
1867. 202 pp.). F. H. Dierbach, Flora Apiciana, Heidelberg 1831. E. Meys
Gesch. der Botanik H. (Königsberg 1855) S. 236—249.
5. Columella I, 1, 14: nee minorem laudem mernerunt nostronm-
temporum viri, Cornelius Celsus et lulius Atticus. quippe Cornelius
(oben 264, 5); hie (Atticus) de una specie culturae pertinentis ad vites
gularem librum edidit. cuius velnt discipulus duo volumina similium p:
ceptorum de vineis lulius Graednus, composita facetius et eruditius, pot^
ritati tradenda curavii Anführungen aus Atticus bei Columella lU, 3, M^
11, 9 f. 16, 3. 17, 4 (oben 264, 1). 18, 1 f . IV, 1, 1. 6. 2, 2. 8, 1 (ob^
264, 1). 10, 1 (Celsus et Atticus). 13, 1. 28, 2 (Celsus quoque et Atti<?^
consentiunt). 29, 1. 4. 30, 1 f. 33, 4. Von Pliuius aufgefiihrt im Quell«
verzeichniss zu Buch XIV, XV, XVH.
6. lulius Graecinus, s. A. 5. Von Columella angeführt ÜI, 2,
3, 4. 7. 9. 11. 12, 1. IV, 3, 1. 6 (Graecinus eo libro quem de vineis scripsL^
28, 2. und von Plinius XIV, 33 (Graecinus, qui alioqui Comelium Celst^-
transscripsit). XVI, 241 sowie im Quellenverzeichniss zu B. XIV bis XV^
Er ist wohl der Sohn des Graecinus an welchen Ovid. Amor, n, 10 vl^
ex Pont. I, 6 gerichtet ist und ohne Zweifel der lulius Graecinus welcb.^
Vater des lulius Agricola war und unter Caligula, etwa J. 39 n. Chr., b»^
.■kirn. .^^^J
267 f. Apicius, GraecinuB u. a. Phaedrus. 555
erichiet wurde; 8. Tac. Agr. 4 (senatorii ordinis, studio eloquentiae Bapien-
iaeque notus etc.). Sen. de benef. II, 21, 5 (vir egregius, quem C. Caesar
»Qcidit ob hoc iinum quod melior vir erat quam esse quemquam tyranno
Expedit). Epist. 29, 6 (vir egregius).
268. Theils unter Tiberius theils unter dessen Nachfolger
veröffentlichte der Freigelassene Phädrus aus Pierien seine
Int Bücher aesopischer Fabeln in wohlgebauten iambischen
^narcD. Den eigentlichen Fabeln sind auch Anekdoten aus
^genwart und nächster Vergangenheit beigemischt. Die man-
orlei Verfolgungen welche der Verfasser zu erfahren hatte
^:igerten sein Selbstgefühl. Die Darstellung ist fliessend ^ in
JEU späteren Büchern öfters redselig; der Ton heiter , manch-
a^l derb; die Sprache correct, doch nicht ohne Spuren der Zeit.
3T)rigens ist die Sammlung nicht ganz vollständig auf uns ge-
►mmen.
1. üebersclirift: Fhaedri, Augusti liberti, fabularum aesopiarum libri.
sr patronus war wohl Augustus (divus Aug., Phädr. III, 10, 39), da Ti-
nos als Caesar Tiberius II, 5, 7 bezeichnet wird. Lebensumstände nur
ß den Gedichten selbst bekannt. III. prol. 1: Phaedri libellos. 17: ego,
lem pierio mater enixa est iugo . . (20:) quamvis in ipsa paene natus
^ schola. (54:) ego, litteratae qui sum propior Graeciae. Frühes (Ver-
^Aztw erden nach Italien und) Bekanntwerden mit römischer Literatur.
* epiL 33 f.: ego quoudam legi quam puer sententiam „palam mutire
5beio piaculumst" (Ennius trag. 376 V.) etc. Verfolgungen. III. prol.
^. : servitus obnoxia, quia quae volebat non audebat dicere , adfectus
^pirios in fabellas transtulit, calumniamque fictis elusit iocis. ego porro
^^ (des Aesop) semita feci viam et cogitavi plura quam reliquerat, in
'^^xtiitatem deligens quaedam meam. quod si accusator alius Seiano fo-
'> . . digpium faterer esse me tantis malis. Stellen der beiden ersten
^^^er, wo nicht die Anekdote über Tiberius (II, 6, 7 ff.) so doch vielleicht
^» 15 (qui fictis causis innocentes opprimunt) und 2, 30 f. (vos quoque, o
^^B, . . hoc sustinete, maius ue veniat malum) u. dgl., scheinen also als
'^^^sige Anspielungen auf Zustände der Gegenwart denuntiiert worden
^ Bein. Worin die mala bestanden ist nicht bekannt. Häufige Erwäh-
^^g Ton Neidern: 11 epil. III prol. 23 ff. und 9, 4. IV prol. 15 ff. 21, 1 ff.
^^. III epil. 29 ff. : difficulter continetur spiritus integritatis qui sincerae
^HBciuB a noxiorum premitur insolentiis. Mangel äusserer Güter; III.
>oL21 (quamyis . . curamque habendi penitns corde eraserim) Tgl. epil.,
^t> Entjchus ziemlich unverblümt um eine Belohnung gebeten wird. Selbst-
^wusstsein II epil. III, 1 u. 12. IV epil.
2. Verhältniss zu Aesop: I. prol. 1 f. (Aesopus auctor quam materiam
q[>perit, hanc ego polivi yersibuB senarüs). IV. prol. 11 ff. (fabulis, quas
esopiafl, non Aetopi, nomine, qoia paucas ille ostendit, ego plures fero etc.).
V, 21. V prol. Wenn auch die Erzählungen über Simonides (IV, 22. 25),
okrates (III, 9), Menander (V, 1) aus einer späteren attischen Sammlung
mmmeu könnten, so jedenfaUs nicht die über Cn. Pompeius (App. 8), aus
556 Die Kaiserzeit. Erstes Jahrhundert
der Zeit des Augustiis (III, 10 und V, 7) und Tiberius (11, 6, 7 ff.). Die
zwei ersten Bücher scheinen zusammen (unter Tiberius) herausgegeben, da
das erste keinen Epilog hat und im dritten von den Schicksalen (proL 38 ff.)
und der Aufnahme (III, 10, 59 f. vgl. IV, 7, 1 ff.) derselben gesprockn
wird. Später, nach des Tiberius Tode (vgl. III prol. 33 ff. und dulds M^^
libertas III, 7, 1), das dritte Buch, mit Prolog und Epilog, dem Eu- 1;^
tychus gewidmet, und bestimmt die Sammlung abzuschliessen (vgl. Epilog ^i^
u. IV proL). Doch folgte noch ein viertes, gerichtet an Particulo, der im
Prolog als SchrifbsteUer (17 f.: mihi parta laus est, quod tu, quod simile^
tui vestras in Chartas verba transfertis mea) und im Epilog als vir sanctis^
simus bezeichnet wird, sowie (als der Dichter bereits bejahrt war; s. V, 10>^
ein fünftes, worin (10,^10) Philetes angeredet wird. Der Epilog der Ap ^
pendix (A. 4) könnte zum ersten oder fünften Buche gehören.
3. Martial. III, 20, 6 : an aemulatur improbi iocos Phaedri? Das Epi
theton wohl wegen der mancherlei Anzüglichkeiten, Derbheiten (z. B. l,
20. 31. III, 3. IV, 15) und Plebejismen (bes. IV, 18) in der Sammlung.
Abstracto Wendungen, wie ingemuit corvi deceptus stupor (I, 13, 12), er-
innern an die Manier des Valerius Maximns. Personification der Reügio
rV, 11, 4. Die Anfangs erstrebte brevitas (11. prol. 12 vgl. III. epil. 8. — •
IV epil.) lässt schon im dritten Buche bedeutend nach (vgl. III, 10, 60) — ^
Wahl des Senars vieDeicht unter dem Einflüsse des Publilins Syrus (L. Mül -i
1er p. VIII). Auch in der Zulassung von Spondeen im zweiten und vierte
Fusse stimmt er mit diesem und den vorcatullischen Dichtem überein. So
aber sind seine Verse gefeilt und die metrischen Gesetze darin streng be
folgt; 8. L. Müllers praef. p. VIII — XII, P. Langen, Rhein. Mus.
S. 197—208. Dass er sich auch auf höheren Stil verstände zeigt IV, 7, 6
App. 6. Seneca (s. oben 23, 2) und Quintihan (I, 9, 2) scheinen von P
drus nichfcs zu wissen. Nach Martialis erwähnt ihn erst wieder Avian
(Epist. ad Theodos.: Phaedrus etiam partem aliquam quinque in libellc^zzi^d
resolvit).
4. Die UnVollständigkeit der erhaltenen Sammlung erhellt aus dp- ^m.
Ungleichheit der Fabelnzahl in den einzelnen Büchern (I: 31; lU: 19; A^^^'
pendix: 30; dagegen II nur 8 und V nur 10), aus dem Fehlen einer Fab -^■bI
worin arbores loquuntur (I prol. 6), aus der Lücke IV, 13 f. und besonde^^K*
aus dem Vorhandensein der Appendix, der Fabeln welche in der Mit^^K«
des 15. Jahrh. Nie. Perotti aus einer Handschrift abschrieb welche vollstä^^ci-
diger war als der cod. Pithoeanus (saec. X) imd Bemensis (saec. X, ab<«^*'
1774 verbrannt), welche für uns die Hauptquellen der übrigen Fabeln sin«
s. Orelli's Ausg. p. 5 — 17. Nächstdem für einige Stücke die chartula D
uielis saec. XU in der Vaticana (du Rieu, Schedae Vatic. 1860, p. 137-
139). Auch die prosaischen Paraphrasen durch Bomulus und den v(
Nilant zuerst herausgegebenen Unbekannten setzen einen vollständiger^^^'^
Text des Phädrus voraus.
P. Pithoeus, Autun 1696. Aussraben von N. B^^^'
5. Ed. princeps von P. Pithoeus, Autun 1596. Ausgaben von N.
galtius (1617. 4.), in der mythologia aesopica von J. Novolet (Francof. 161
von P. Burmann (Amstelod. 1698. Hag. 1718; cum novo comm. Lugd.
1727. 4.), Bentley (bei Terenz), J. G. S. Schwabe (cum comm. perp. Hi
1779—1781, 3 Voll., und Brunsvig. 1806. 2 Voll.), N; Titze (Prag 1813^^'
e
268. PhaedniB. 557
J- Berger de Xivrey (Paris, Didot, 1830), J. C. Orelli (Turic. 1831; snpple-
^entum ib. 1832), C. 6. Dresgler (recogn., Bautzen 1838 u. Lips. Teubner
IB50), Fr. Eyssenhardt (recogn., Berlin 1867), L. Müller (recogn. et praef.
^t, Lipß. Teubner, 1868).
Schulausgaben mit Anm. von Beck (Coblenz 1828), C. J. HofFraann
(Berlin 1836), K. F. A. Brohm (5. Aufl. Berlin 1848), J. Seibt (Prag 1850),
J. Siebeliß (Leipzig, Teubner, 1861. 1860. 1865), F. E. Raschig (Berlin 1863.
i861), C. W. Nauck (Berhn 1855), 0. Eichert (Hannover 1865).
üebersetzt z. B. von H. J. Kerler (Stuttgart, Metzler, 1838), A. R. v.
^- (mit lat. Text, Leipzig 1857).
Üeber Phädrus s. F. Jacobs , Nachträge zu Sulzer VI. S. 34 ff. L. Prel-
^er in Ersch und Grubers Encycl, III, 21. S. 363 ff. Glasewald, spec. disp.
^ö Ph. fabulis, Greifswald 1828. 4. CoUmann, index Phaedrianus, Mar-
^^«•fiT 1841. 4. Kunkel, über schwierigere Stellen des Ph., Bensheim 1861. 4.
^- I>ie Regierungszeit des Caligula, Claudius und Nero,
J. 37—68 n. Chr.
269. War unter Tiberius, bei der Neuheit des nackten
^^spotismus und der unheimlichen Art des Regenten, die über-
^^^g'ende Stimmung Gedrücktheit, so herrscht unter seinen Nach-
*^*8'^m aus dem julischen Hause eine krankhafte Lebendigkeit,
J* oft Lustigkeit. Eine Menge der aufregendsten Scenen geht
^*^ eleu Augen der Zeit vorüber: Herrscher und Günstlinge sieht
^^xi. aufsteigen, ihre Stellung wahnsinnig ausbeuten und jäh-
liixgg wieder fallen; an die raschesten Wechselfalle und das
^^Wste Gebaren wird man gewohnt, man sieht dem zu mit der
Ä^vigierigen Spannung die ein fesselndes Schauspiel erregt, und
S^Täth aus dieser Stimmung kaum dann wenn die eigene Person
^^>^ die Reihe kommt. Vernunft scheint nirgends zu walten;
^^triken sind es welche die Aenderungen herbeiführen, Schlau-
^^it, Schlechtigkeit oder rohe Gewalt: man ergibt sich einer
^^hilistischen Resignation, welche das Heute auskostet, für Mor-
^^n auf Alles gefasst ist und im besten Falle der entfernteren
Zukunft sich getröstet. Das Prototyp dieser Zeit ist Seneca;
^ber auch Persius und Lucanus und Petronius sind nur yer-
^hiedene Wirkungen derselben Ursachen. Männer von ernste-
rem Charakter, wie Pätus Thrasea und Helvidius Priscus, klam-
>nem sich an den Stoicismus an und suchen in seiner Selbst-
genügsamkeit Ersatz für die trostlosen Zustände der Gegenwart.
Jener Charakter der Zeit spiegelt sich am treuesten ab in dem
reflectierenden Theile der Literatur, den philosophischen Schriften,
wie sie Seneca verfasste. Für unbefangene Geschichtschreibung
568 Die Eaiserzeit. Erstes Jahrhundert.
ist die Zeit sehr wenig günstig; doch hat daodins personliches
Interesse für Historisches^ und so finden wir nnter ihm neben
rhetorisch gefärbten Historikern, wie Servilius Nonianns und
Curtius RufuS; auch nüchterne Forscher wie Cornelius Bocchus,
Columella, Asconius und Pomponius Mela. Dagegen begünstigt
Nero die Poesie; zugleich bietet dieselbe Gelegenheit durch reci-
tationes den Durst nach Beifall zu stillen und gewährt Hoff-
nung auf Unsterblichkeit des Namens. Wir finden daher die
verschiedensten Gattungen derselben betrieben, die Tragödie
durch Seneca und Curiatius Matemus, das historische Epos durch
Lucanus, das Lehrgedicht durch den Aetna, die Satire durch.
Persius, das Idyll durch Calpumius Siculus, die Lyrik durc
Bassus, die Schulbücherpoesie durch den lateinischen HomeE-
Nur für die Komödie ist neben dem Mimus und Pantomimen
kein Raum; aber der lustig ironisierende Sittenroman hat seinem
Petronius. Auch die Schulberedtsamkeit wird eifrig fortbetriebcKZÄ ;
doch das ewige Einerlei und der Mangel gesunder Nahrung mac!ft=it
ihre Kräfte schwinden. Daneben geht die Jurisprudenz ihreMi
Weg weiter, und die Grammatik ist durch Valerius Prol^ms
tüchtig vertreten.
1. Aus dieser Zeit der Mimns Laureolus eines Catullus. Tertulli^ui.
adv. Valentin. 14: nallum Catolli Laureolum fuerit exercitata. Juv. X.XII,
111: mimum agit iUe, urbani qualem fiigitivus scurra Catnlli. Suebon.
Calig. 57: in Laureolo mimo . . cruore scena abundant. Joseph. Antiq.
XIX, 1, 13 (p. 204, 13 f. Bk.): fiifiog dadyerai (kurz vor Caligula's Emor-
dung) nad'' ov aravQOVTcci Irjarmv TQyefKov, Martial. de spect. 7. Jut. YTU^
187 mit Schol. Von demselben Catullus auch ein Mimus betitelt Phasma
(Juv. Vni, 186 mit SchoL). Vielleicht aus derselben Zeit auch Mamllofl
mimographus bei Serv. Ae. VII, 499. Andere s. oben 8, 1.
2. H. Lehmann, Claudius und Nero und ihre Zeit. I. Claudios uad
seine Zeit, Gotha 1868. 378 u. 66 S.
270. Von den Kaisem dieser Zeit war Caligula (J. 765
— 794 d. St.) der einzige welcher nicht selbst auch formlich«
Schriften herausgab. Claudius (J. 744—807 d. St.) schrieb
sogar Vieles, vor seinem Regierungsantritt wie als Kaiser, na-
mentlich Geschichtliches, und versuchte eine Reform des latei-
nischen Alphabets. Aber die grenzenlose Schwäche seines Gei-
stes und vollends seines Charakters lastete als Fluch auch s^
dem was er etwa Vernünftiges that oder schrieb und liess nicits
auf die Nachwelt gelangen als was durch das Localintereffle
von Lugdunum gerettet wurde. Nero (J. 790 — 821 d. St ««
37 — 68 n. C5ir.) war zwar für Beredtsamkeit wenig ausgebildet,
269 f. Claudius und Nero. 559
machte aber um so eifriger Verse in epischen (Troica) wie (im
elegischen und) melischen Massen, und deren öffentlicher Vor-
trag bildete eine der harmloseren Seiten seiner Tollheit. Seine
Mutter Agrippina, Claudius' Gattin, verfasste Memoiren, ohne
Zweifel als ein Mittel für die Zwecke ihrer Herrschsucht.
1. Sueton. Calig. 53: ex disciplinis Ifberalibus minimum eruditioni,
eloquentiae plurimum attendit, quantumyis facundus et promptus, utique
si perorandum in aliquem esset, irato et verba et sententiae suppetebant.
. . lenius comptiusque scribendi genus adeo contemnens ut Seuecam tum
iziAxime placentem commissiones meras componere et arenam esse sine
calce diceret. solebat etiam prosperis oratorum actionibus rescribere et
in^»^orum in senatu reorum accusatioues defensionesque meditaii ac, prout
Btiliu cesserat, vel onerare sententia quemque Tel sublevare, equestri quo-
({Ute ordine ad andiendum inyitato per edicta. 34 : cogitavit etiam de Ho-
nosi carminibus abolendis. . . sed et Vergilii ac Titi Livi scripta et ima-
girft€8 paulum afuit quin ex omnibus bibliothecis amoveret, quorum alterum
nf: nullius ingenii minimaeque (C. Peter: nimiaeque) doctrinae, alterum ut
Tev-l)08um in historia neglegentemque carpebat. de iuris quoque consultiS)
quasi Bcientiae eorom omnem usum aboliturus, saepe iactayit se mehercule
eflEectorum ne quid respondere posaint praeter eum.
2. Suet. Claud. 40: principi neque infacundo neque indocto, immo
Cuajn pertinaciter liberalibus studiis dedito. 41 : historiam in adulescentiai
"ortaate T. Livio, Sulpicio vero Flavo etiam adinvante, scribere adgressus
^**^ et cum primum frequenti auditorio commisisset aegre perlegit^ refri-
^^ratuB saepe a »emet ipso. . . in principatu quoque et scripsit plurimum
^ aaaidue redtant per lectorem. initium autem sumpsit historiae post
^^*^<iem Caesaris dictatoris , sed et transiit ad inferiora tempora coepitque
* pace dvili etc. (oben S. 369, A. 2). prioris materiae duo voluminä,
Poaterions XLI reliquit. composuit et De vita sua VIII yolumina, magis
'^pte quam ineleganter; item Ciceronis defensionem adversus Asini Galli
"broB (oben 260, 3) satis emditam. 42: nee minore cura graeca studia se-
cxitoa est, amorem praestantiamque linguae occasione omni professus. . .
^Uique et graecas scripsit historiae, TvffQjjvinav XX, KaQxr^doviayLmv VIII.
^' Sen. Apocol. 5: Claudius gaudet esse illic pbilologos homines, sperat
^^Urom aliquem historüs suis locum.
3. Suet. Claud. 41: novas etiam commentus est literas tres ac nu-
^^0 vetemm quasi maxime necessarias addidit; de quarum ratione cum
^^▼stuB adhuc Tolumen edidisset mox princeps (aber erst Ende 800 »« 47
^- Chr. als Censor, Tac. A. XI, 13) non difficulter optinuit ut in usu quoque
^^xmnscuo essent. extat talis scriptura in plerisqne libris ac dinmis titu-
^^ue operum. Tac. A. XI, 13: nOTas liteiärum formas addidit Yolga^it-
^üe. 14: Claudius tres literas adiecit, quae usui imperitante eo, post ob-
^teratae, aspiciuntur etiam nunc in aere publico per fora ac templa fixo.
fe sind diess die drei Buchstaben J (umgekehrtes F) für consonantisches v,
^ (antisigma) fSr bs und ps, h (linke Hälfte von H) für den Laut zwischen
i nnd u (Y). Dazu, gleichfalls nach dem Griechischen, Rückführung von AI
%talt de« Diphthongen AE. Diese Vermehrung des lateinischen Alphabets,
560 Die Eaiserzeit. Erstes Jahrhnndert.
an sich Yon sehr zweifelhafter Noth wendigkeit und Nützlichkeit (nur von
der ersten Neuerung Quintil. I, 7, 26: nee inutiliter Claudius . . illam . .
literam adiecerat, und Priscian. I, 4, 20. p. 16 H.: quod quamvis illi recte
Visum est, tarnen consuetudo antiqua superavit) , hätte, auch wenn sie Ton
einem geachteteren Fürsten ausgegangen wäre, schwerlich Bestand gehabt; \
überdiess hatte sie Claudius, wie es scheint, nur empfohlen; und so fand
sie schon bei seinen Lebzeiten in den entfernteren Beichstheilen sowie auf
den Münzen fast niemals Anwendung, in der Nähe der Hauptstadt nar
ungleichmässige. Das antisigma lässt sich nur auf ^iner Inschrift, und
ohne Sicherheit, erweisen, üeber den ganzen Gegenstand, nebst Samm-
lung der einschlägigen Inschriften, Fr. Bücheier, de Ti. Claudio Caesare
grammatico, Elberfeld 1856. 64 pp. Vgl. Rhein. Mus. XIII. S. 155-157-
4. Erhalten ist von Claudius, auf zwei (zusammengehörigen) Er2>'
tafeln die J. 1524 zu Lyon ausgegraben wurden, ein Theil der Be3«
welche er J. 801 =» 48 n. Chr. im Senat zu Gimsten der Zulassong d^
gallischen Adels zu den römischen Aemtem hielt und wovon Tacitos, ^^'
XI, 24 einen Auszug gibt. Abgedruckt ist dieser merkwürdige üeberr^^
in vielen Ausgaben der Annalen des Tacitus, wie denen von J. Lipsic^-^
Nipperdey, Orelli-Baiter (I. p. 341—343), und auch selbständig ofhna-^^
So C. Zell, Freiburg 1833. 4. = Opusc. acad. lat. (1867) p. 96-166. 245^
A. Boissieu, Inscriptions antiques de Lyon, Lyon 1846. A. Comarmoifeb-^
Description . . des tables de Claude, Lyon 1847. 4. J. B. Monfalcon,
nographie de la table de Claude, Paris 1863. foL
5. Tac. A. IV, 53: id ego . . repperi in commentariis A grippin
filiae, quae Neronis principis mater vitam suam et casus suorum poste
memoravit. Plin. n. h. VII, 8, 46: Neronem . . pedibus genitum scri
parens eins Agrippina, und im Quellenverzeichniss zu B. VII: Agripp
Claudi. Sie lebte 16—59 n. Chr.; s. A. Preuner in Paaly's Real-Enc. I,.
S. 613—616. A. Stahr, Agrippina, die Mutter des Nero, Berlin 1867.
die Schriftsteller für kein Datum von Nero's Regierung sich auf das
doch so wichtige — Zeugniss dieser Memoiren berufen, so scheinen ^
vor der Thronbesteigung ihres Sohnes verfasst und veröffentlicht zu »^^
Vgl. Lehmann, Claudius S. 5 f.
6. Suet. Nero 52: liberales disciplinas onmes fere puer attigit. ^^
a philosophia eum mater avertit, monens imperaturo contrariam esse ,
cognitioue veteram oratorum Seneca praeceptor, quo diutius in admxr^^
tione sui detineret. (Doch lässt Tac. A. XIV, 56 den Nero zu Seae^^
sagen: quod meditatae orationi tuae statim occurram, id primum tui mo-
neris habeo, qui me . . subita expedire docuisti.) itaque ad poetican'
pronus cannina libenter ac sine labore composuit. . . venere in msto^
meas pugillares libellique cum quibusdam notissimis versibus, ipsius cbir^
grapho scriptis, ut fädle appareret non tralatos aut dictante aliquo ex-
ceptos, sed plane quasi a cogitante atque generante exaratos; ita miüU
et deleta et inducta et superscripta inerant. ib. 10: declamavit saepios
publice, recitavit et carmina, non modo domi sed et in theatro, tants
universorum laetitia (zu Anfang seiner Regierang) ut ob recitationem sop-
plicatio decreta sit eaque pars carminum aureis literis lovi Capitolino di*
cata. Tac. A. XIII, 3: odnotabant seniores . . primum ex iis qui rsroa
270 f. Nero. Seneca. 561
poiiti eBsent Neronem alienae facandiae egoisae. (Die Reden welche Säet.
Ner. 7 erwähnt, die Dankrede im Senat, pro Bononiensibus latine, pro
Rhodiid atque Iliensibus graece, werden wohl auch von Seneca verfasst
gewesen sein.) . . Nero . . aliquando carminibus pangendis inesse sibi
elemeuta docirinae ostendebat. XIY, 16: carminam quoque studiam ad-
fectavit. So iv navdijfia) xtvl d-ia (an den quinquennalia des J. 818 d. St.)
. dviyvoa TQmXncc tiva iavtov non^fiata, Dio LXII, 29. vgl. Juv. VIII, 221.
Scbol. Pers. I, 121. Aus diesem Epos Angaben bei Serv. Georg. III, 36.
Aen. V, 370. Daraas wohl die drei Hexameter bei Schol. Lucan. III, 261
(de hoc ait Nero in primo libro: Quique etc.) und wohl auch der Hexa-
meter bei Sen. nat. quaest. I, 5, 6 (ut ait Nero Caesar disertissime) , das
Hemistich bei Suet. vita Lucani (p. 51, 10 Rff.), sowie die formell glänzen
den, aber völlig inhaltsleeren Hexameter bei Persius I, 93—95. 99 — 102,
wozu Schol.: dicit hos versus Neronis (p. 269 J.), und: hi versus Neronis
saut (p. 271, 1 f. J.); vgl. 0. Jahn^s prolegg. zu Pers. p. LXXVIII— LXXXI.
W. Teuffei, lieber setzung des Persius (Stuttg. 1857) S. 44 f. Dio LXII, 29:
xix^ta%8vcciBT0 dl atg xal rag xmv *P(ofiaiaiv ngd^Big andaag avyyqd'^mv iv
^xs9iv xal TCBqC ys tov nlijd'ovg tcav ß^ßlioav, nglv xal oxiovv ccvxmv aw^ei-
ir4xs,f ianiiffccto.
7. Anderer Art sind die für den Vortrag zur Eithara bestimmten
öedichte Nero's. Dio LXI, 20: hi^aQoidrjai ze "Azxiv xivd Iq B(i%%ag,
'"^^I, 18 (J. 64 n. Chr.) : x-qv <rx€vi)v t))v xi-O'apcoJixijv Xotßdiv ^asv "AXataiv
• • IXCovy falls diess nicht ein Abschnitt seiner Troica (A. 6) war, ohne
^^tli^i^\)egleitung vorgetragen (Suet. Ner. 38: halosin Ilii in illo suo sce-
'"^^o liabitu decantavit, vgl. Tac. A. XV, 39). Neroniana cantica bei Suet.
vitell. 11. Stoffe aus griechischen Tragödien; Philostrat. Apoll. Tyan. IV,
, • ^$(ov xd xöv Nigajvog fiiJLrj. . . inrjys fiilri xd fihv i^'ÖQsaxs^ag, xd dl
*S ^ %f^iy6vrig , xd S' onod'svovv xav xgaycodovfiivmv avxm, xal tpddg inccfi-
^'c^'Bß onocag Nfgcov iXvyt^i xs xal nattmg iaxQStpBv, Vgl. Suet. Ner. 21.
"lin. n. h. XXXVII, 3, 12: Domitius Nero . . quodam carmine. Gedichte
(hle^ieen?) la§civen Inhalts, Martial. IX, 26, 9 f. (Nero . . lascivum iuvenis
*^^^ tibi lusit opus) vgl. VIII, 70, 8. Plin. Epp. V, 3, 6 (oben 26, 1).
*^ßViixlicher Art auch wohl poema Neronis quod inscribitur Luscio gegen
T'l^o^i^ja pollio (Suet. Domit. 1) und das gegen Quintianus (mollitia corporis
l?*^xiu8 et a Nerone probroso carmine diffamatus, Tac. A. XV, 49). 0. Jahn's
t^^olegg. zu Pers. p. LXXV-LXXVIII. A. Haakh in Pauly's Real-Enc. V.
• 579 f Anm. Lehmann, Claudius S. 6 f
27 !• lieber die Kegierungszeit sämmtlicher drei Kaiser
^Irstreckt sieb die scbriftstellerische Tbätigkeit des L. Annaus
Seneca (ungefähr 750 bis J. 818 d. St.), unter Caligula Se-
^atsmitglied, unter Claudius, bald nach dessen Regierungsantritt,
^uf Messalina's Betreiben nach Corsica verbannt (J. 41), jedoch,
^ach achtjähriger Abwesenheit, durch Agrippina zurückgerufen
(J. 49), mit der Erziehung ihres Sohnes Nero betraut und zum
Prätor ernannt; unter Nero eine Zeit lang thatsächlicher Lenker
des Staates und Consul (J. 57), aber auch (J. 65), wegen an-
Teaffel, Rom. Literaturg-eschichle. 3()
562 Die Eaiserzeit. Erstes Jahrhundert.
geblicher Theilnabme an der pisonischen Verschwörung, zum
Tode genöthigt. Seneca ist die glänzendste Erscheinung dieser
Zeit. An Geist und Formgewandtheit nur mit Ovidius vergleich-
bar hat er zwar zugleich ein lebhaftes Gefühl seiner Vorzüge
gehabt, auch den Versuchungen der Gelegenheit und Macht und
den Eingebungen des Augenblicks keineswegs immer wider-
standen. Aber einen verwerflichen Gebrauch hat er von seiner
grossen Begabung und hohen Stellung doch nur selten gemacht^
und wenn sein Leben die Weisheit oft zur Klugheit abgeschwächt
zeigt, so bewies sein Sterben entschlossenen Verzicht auf die
Güter dieses Lebens.
1. Geboren war Seneca zu Corduba (s. oben 253, 1. Cordubenses
nostri, III. p. 434 Use.) als zweiter von drei Brüdern (oben 253, 2). Mutter
Helvia, s. die Trostschrift an sie und oben 253, 1. Von deren Schwefitec^
(nachher Gattin eines Mannes der 16 Jahre lang praef. Aegypti war^
wohl des Vitrasius Pollio) cons. ad Helv. 19, 2: illius mauibus in urbem per -
latus sum, illius pio matemoque nutricio per longum tempus aeger coi
valui; illa pro quaestura mea gratiam suam extendit. Seine Lehrer
Rom waren die Philosophen Attalus (oben 266, 5) und Sotion (Epist. 4i
98. 108), sowie Papirius Fabian us (oben 250, 10). Auch von Asinius Poll
(t 758, oben 208, 1) wusste Seneca noch aus persönlicher Erinnerung ((
tranquill. 17, 7). Epist. 49, 2: quid non „modo" est si recorderis? mo(
apud Sotionem puer sedi, modo causas agere coepi, modo desii velle agei
modo desii posse. ib. 108, 22: in Tiberii Caesaris principatum iuvenf
tempus inciderat. Dio LIX, 19, 7 (J. 39): 6 Zevitias 6 "Avviog 6 Aovyti^ -^mg
• . dtf<p9'ciQrj nag* oXCyov . . ort 9C%riv tiva iv reo awsSgCm nagovtog o^^v-
xov (des Caligula) xaZcog slmv. Als J. 41 die jüngste (J. 18 geboren».«)
Tochter des Germanicus und Schwester des Caligula, lulia Livilla, dut^<3Ä
Messalina in die Verbannung getrieben wurde, traf gleiches Loos auch dLcn
Seneca, als ihren Buhlen (Tac. A. XIII, 42. Dio LXI, 10. SchoL Juv. V, lOÖ/
Nach Corsica begleitete ihn Caesonius Maximus (Martial. VII, 44 f.). T^^-
A. XII, 8 (J. 49): Agrippina . . veniam exilii pro Annaeo Seneca, sinaui
praeturam impetrat, . . ut Domitii pueritia tali magistro adolesceret et
consiliis eiusdem ad spem dominationis uterentur, quia Seneca fidos in
Agrippinam memoria beneficii et infensus Claudio dolore iuiuriae crede-
batur. Suet. Nero 7: undecimo aetatis anno a Claudio adoptatus est
Annaeoque Senecae iam tunc senatori in discipliuam traditus. Schol Juf.
1. 1. (p. 254 J.): revocatus . . etsi magno desiderio Athenas intenderet ftl>
Agrippina tarnen erudiendo Neroni in palatium adductus. Verdächtigoii^
seines Verhältnisses auch zu Agrippina; Dio LXI, 10: ov yag aiti%Qriefv
avTCüi Tjjv *lovXCttv fioixsvoaif ovöh ßeltioav ix tijg (fvyijg iyivsro, dUa tal
eil *AyQiitnivri . . inlrjc^a^Bv. Dabei könnte aber der Veriuhrte er gewe-
sen sein. Cos. suff. 57, s. Hermes 11. S. 45. Wie er sich in schwieriger
Zeit durchhalf verräth Seneca öfters, z. B. de otio 3, 3: si resp. cormptior
est quam ut adiuvari possit , si occupata est malis, non nitetur sapiens io
supervacuum nee se nihil profuturus impendet.
■ä^Jt-^
271. Seneca (Leben und Charakter). 563
2. Einfluds des Seneca auf Nero in dessen besseren Anfängen, zum
Theil durch gefährliche Mittel aufrecht erhalten. Dio LXI, 4: avrol (Se-
ueca und Burrus) rrjv (XQxrjv anaaav nagilaßov xal Sicourjoav i(p' oaov
^^vvijd^rjeav äqiaxa ■aal dmaiotaxoc. Tac. A. XIII, 2: ibatur in caedes,
^äi AfrauiuB Burrus et Annaeus Seneca obviam issent. hi rectores impe-
^^toriae iuventae et . . concordes diversa arte ex aequo pollebant, . . Se-
neca praeceptis eloquentiae et comitate honesta, iuvantes invicem, quo
faciliuB lubricam principis aetatem, si virtutem aspemaretur, voluptatibus
coQcessis retinerent. [Gegen Letzteres Dio LXI, 4.) ib. 11: clementiam
suam obstringens (Nero) crebris orationibus, quas Seneca, testificando quam
honesta praeciperet vel iactandi ingenii, voce principis vulgabat. ib. 13:
donec . . exueret obsequium in matrem seque Senecae permitteret, ex
cuiru familiaribus Annaeus Serenus simulatione amoris adversus eandem
Übertam (Akte) primas adolescentis (Nero) cupidines velaverat. Plin. n. h.
^IV, 51: Annaeo Seneca, principe tum eruditorum ac poteutia, quae
p08t;remo nimia ruit super ipsum, minime utique miratore inanium. Ver-
ve rthung der günstigen Gelegenheit. Tac. A. XIII, 42: qua sapientia, qui-
bii8 philosophorum praeceptis intra quadriennium regiae amicitiae ter mil-
^^B eestertium paravisset (Seneca)? Bomae testamenta et orbos velutinda-
^ix^e eins capi, Italiam et provincias immenso fenore hauriri. Beispiel solcher
felcJspeculationen bei Dio LXII, 2. Vgl. ib. LXI, 10: xal iv alXotq ndvta xa
^V€iC'aiti(aTaTa olg i(piXoa6(pBi noiäiv iJifi'yZ'^i?. xal yag xvQotvvCdoq naxr^yoQÖäv
• ' ovx atpCcxoLxo xov nakaxiov . . xotq xs nkovxovaiv iy%almv (? vgl. Sen.
V'il;. beat. 17) ovaiav Bnxa%icxiXi(ov xal nsvxwKoa^atv fivQidd(ov Ixrifffaro,
'^'i tag TtoXvxslsias xmv dXXoDV ulxtaftsvog nevxa'Koaiovg xqCnodag . . Bl%k,
• ' 'Kag dasXysLceg ag nqdxx(ov yd(i.ov xs initpaviaxaxov ^yrifis (mit Pompeja
^^vilina, Tac. A. XV, 60) xal iitiganioig i^oigoig iictigs xal xovxo xal xov
^^%f(ova noisiv idida^s. Dagegen Tac. A. XIV, 53 Seneca zu Nero: tan-
^^'^ honorum atque opum in me cumulasti ut nihil feücitati meae desit
'^i moderatio eius. Ueberhaupt hat Tacitus den Seneca sehr viel besser
^^*"%tanden als Dio, der häufig den neidischen Stadtklatsch gegen ihn wie-
*^^bt und sogar an der Art seines Sterbens (Tac. A. XV, 60 — 65) zu
^^^eb sucht (LXII, 25). Im Ganzen konnte Seneca, wenn er sich mit
^*^^em verglich und erwog was er alles vermocht und unterlassen hatte, am
*^^e seines Lebens mit Ruhe auf seine Vergangenheit zurückblicken; Tac.
. ^V, 62 : imaginem vitae suae relinquere. 63 : contemplatione vitae per
^^^^^^iitem actae. Etwas Berechnung des Effectes ist zwar auch in der Art
*^*^^e» Sterbens, doch mindert das kaum den Werth der wirklichen Leistung.
3. Volquardsen, Ehrenrettung des Seneca, Hadersleben 1839. 4. E. F.
^Ipke, de Senecae vita et moribus, Bern 1848. 4. Peter, Gesch. Roms III.
- 344—351.
272. Auch als Schriftsteller ist Seneca ein treues Abbild
^^iner Zeit, welche Glanz höher schätzte als Gründlichkeit; er
^^t mit Bewusstsein in ihrem Geschmacke geschrieben und
^^rüber den Beifall der nächsten Generationen verscherzt. StoflF-
*ich war seine Schriftstellerei vielseitig, doch von Anfang an
^it Vorliebe und zuletzt ausschliesslich dem beschaulichen Re-
36*
564 Die Eaiserzeit. Erstes Jahrhundert
fiectieren über Natur und Menschenleben zugewandt. Den Ai
gangspunct bildet dabei das stoische System ^ aber sodass
durch Zuthaten aus andern Systemen abgeschwächt wird^ sei
Härten abgeschliffen , seine ethische Strenge gelockert und
Grübeleien bei Seite gelassen. Diese populärphilosophiscl
Schriften fesseln durch Fülle und Feinheit der Beobachtm
Reichthum des Wissens ohne gelehrten Beigeschmack, ed
Anstrich der Gedanken und eine glitzernde Darstellung , bei
durch alle Mittel der Rhetorik. Aber der Mangel eines fest
Planes und die fortwährende Wiederkehr derselben Manier
müdet; das stark hervortretende Streben zu gefallen verstim
und erregt Verdacht auch gegen Ernstgemeintes. Sein Lei
lang von Seneca festgehalten und mit ihm verwachsen t]
diese Weise in allen seinen Schriften gleich sehr zu Tage,
seiner Prosa wie in seiner Poesie, nur dass in den Gedicht
die rhetorische Phrase den Inhalt weit überwuchert.
1. Tac. XIII, 3: fuit illi viro (Seneca) ingenium amoenum et temp
ris eins auribus accommodatuin. Quintil. X, 1, 125: ex industria Seneca
in omni genere eloquentiae distuli, propter vulgatam falso de me opini
nem qua damnare enm et invisum quoque habere sum creditus. qu(
accidit mihi dum corruptum et Omnibus vitüs fractum dicendi genas r
vocare ad severiora iudicia contendo. (126.) tum autem solus hie fere
manibus adolescentium fiiit. quem . . potioribus (besonders dem Cicer
praeferri non sinebam, quos ille non destiterat incessere. . . (127.) placeb
propter sola vitia. . . (128.) cuius et multae alioqui et magnae viriot
fuerunt, ingenium facile et copiosum, plurimum studii, multa rerum cogniti
. . tractavit etiam omnem fere studiorum materiam. (129.) nam et orati
nes eins et poemata et epistolae et dialogi feruntur. iu philosophia para
diligens, egregius tameu vitiorum insectator fuit multae in eo claraeqi
sententiae, multa etiam morum gratia legenda; sed in eloquendo cormp
pleraque atque eo pemiciosissima quod abundant dulcibns Titiis. (130.)
si non omnia sua amasset, si rerum pondera miuutissimis sententiis d
fregisset, consensu potius eruditorum quam puerorum amore comprobai
tur. (131.) . . multa . . probanda in eo, multa etiam admiranda soi
eligere modo curae sit; quod utinam ipse fecisset. Noch stärker äuase
sich Seneca's Gegenfussler in der Manier, Fronto und dessen Anhang. ^
Fronto p. 155 N. : eloquentiam . . Senecae mollibus et febriculosis pnin
leis insitam subvertendam censeo radicitus. (156.) . . neque ignoro copA
sum sententiis et redundantem hominem esse ; verum sententias eins .
Video . . nusquam pugnare etc. (157.) at eandem sententiam milliem aüt
atque alio amictu indutam referunt. (158.) . . quid ego verborum sorda
et iliuvies, quid verba modulate collocata et effeminate fluentia? Gellioi
XIT, 2, 1: de Annaeo Seneca partim existimant ut de scriptore xniniinc
utili, cuius libros attingere nullum pretium operae sit, quod oratio eiof
vulgaris videatur et protrita, res atque sententiae aut inepto inaniqae in-
petu sint aut levi et quasi dicad argutia, eruditio autem vemacola ei
jmäßa^
272. Seneca (als Schriftsteller). 565
ple\>eia nihilqne ex Teterum scriptis habens neqne gratiae neqne dignita-
üs. aJii vero elegantiae in verbis parum esse non infitias eunt, sed et
remm quas dicat scientiam doctrinarnque ei non deesse dicunt et in vitiis
monxTxi obiurgandis severitatem gravitatemque non invenustam. Worauf
weg^rerfende urteile desselben über Ennius, Cicero und Vergil aus Epist.
XXII mit Entrüstung angeführt werden.
2. Abfassungszeit von Seneca's Schriften. Vor seiner Verbannung,
al&o ixnt^r Caligula, verfasst waren, ausser Reden (oben 271, 1), wohl die
Schriften über Aegypten und Indien, sowie die consolatio ad Marciam
(obexi 261, 1). Aus der Zeit seiner Verbannung sind Epigramme, vielleicht
ftuch ein Theil der Tragödien, sicher die Trostschriften an seine Mutter
Helvia und an Polybius (aus J. 43 oder 44), sowie die (später von Seneca
unterdrückte, Dio LXI, 10) Lobschrifb auf MessaJina. Bald nach seiner
Zurückberufung veröffentlicht wurden wohl die Schriften de tranquillitate
anioii (Lehmann, Claud. S. 321 f.), de ira (Lehmann, ebd. S. 315—321) und
de brevitate vitae (vgl 13, 8). Nach dem Tode des Claudius (J. 54) ver-
fasst ist die ocito%oXo%vvTa}aig ; in den ersten Jahren des Nero die an diesen
gerichteten Bücher de dementia, die Schrift de vita beata, gerichtet an
NovatuB (jetzt Gallio), die Bücher de beneficiis, femer de constantia sa-
pientb. Aus dieser Zeit stammt wohl auch ein Theil seiner Tragödien
(8. unten 274, 2). Nachdem sich Seneca vom Hofe und öffentlichen Leben
zurückgezogen (J. 62) verfasste er die Schrift de otio ad Serenum, sowie
^ohl auch die an Lucilius gerichteten Werke de Providentia, die quaestio-
*»«« naturales und die Briefe (J. 62—65). H. Lehmann, Philologus VIII.
8. 30S— 328 = Claudius und seine Zeit S. 8—17.
3. Volkmann, Seneca, eine literarisch -pädagogische Skizze, in Ma-
^^^'b Revue 1857, S. 259—276. F. Böhm, Sen. und sein Werth auch für
^Qaec>e Zeit, Berlin 1856. 47 S. 4. Böhmer, de Senecae latinitate, Oels
^8^- 4.
4. E. F. Werner, de Sen. philosophia, Breslau 1825. B. ten Brink,
^e Seneca eiusque in philosophiam meritis, Gandav. 1827. 4. G. Herzog,
^^ Senecae philosophia, Bemburg 1828. U. Dörgens, Senecae disciplinae
""^^T^lis cum Antoniniana comparatio, Lips. s. a. (1857). F. Chr. Baur,
^tXQca und Paulus; das Verhältniss des Stoicismus zum Christenthum,
^cli den Schriften Seneca's, in Hilgeufeld's Zeitschr. f. wiss. Theologie I
^^^58) S. 171—246. 441 — 463. Holzherr, der Philosoph Seneca ; ein Beitrag
^^ Kenntniss seines Werthes überhaupt und seiner Philosophie u. s. w.
^> Programm von Rastatt 1858. 122 S. IL 1859. 76 S. C. Martha, les mo-
^^tes sous Tempire romain (Paris 1865) p. 20 ff.
Baarts, Seneca de deo, Marienwerder 1848. 4. C. R. Fickert, Sen.
^e natura deorum, Breslau 1857. 4. Siedler, die religiös - sittliche Welt-
anschauung des Sen., Fraustadt 1863. 4. W. Bernhardt, die Anschauung
des Sen. vom Universum, Wittenberg 1861. 4.
273. Von den prosaischen Schriften des Seneca ist ein
grosser Theil nur in Bruchstücken oder Erwähnungen bekannt,
unter den erhaltenen zeichnet sich die Sammlung von Briefen
566 Die Kaiserzeit. Erstes Jahrhundert.
an Lucilius aus, als die vollendetste und reichhaltigste Darstel-
lung der Eigenthümlichkeit des Seneca. Die Spottschrift auf
den todten Claudius beruht zwar auf hässlicher Denkweise, ist
aber merkwürdig als Beispiel der satira menippea. Der Werth
welchen man auf die ethischen Schriften Seneca's legte veran-
lasste fieissiges Abschreiben derselben, frühzeitig aber auch
Unterschiebungen, wie der erdichtete Briefwechsel mit dem Apo-
stel Paulus.
1. untergegangene prosaische Schriften des Seneca. a) Natur-
wissenschaftlichen Inhalts. De motu terrarum (volumen edidi iuve-
nis, nat. quaest. VI, 4, 2), de lapidum natura, yielleicht auch de pisciiun
natura, Monographien de situ Indiae und de situ et sacris Aegyptiorum^
diese beiden Schriften wohl eine Ausbeute des Aufenthalts bei dem Gattea
seiner Tante (oben 271, 1), de forma mundi. b) Moralphilosophisches
Exhortationes, de ofQciis, de immatura morte, de superstitione (gegen de=
Anthropomorphismus und Anthropopathismus des Volksglaubens) dialogus
de matrimonio (sehr reichhaltig und pikant), wahrscheinlich de amidtifli
femer moralis philosophiae libri; de remediis fortuitorum ad Gallioneio
de paupertate, und yielleicht de misericordia. c) GeschichtUches : de vit:
patris, 8. oben 263, 3. d) Reden, für Nero verfasst; s. Tac^ A. XI, 3. 1
XIV, 10 f. Quintil. VIII, 5, 18. Dio LXI, 3. Vgl. oben 270, 6. e) Lo«
Schrift auf Messalina, Dio LXI, 10. f) Briefe: in decimo epistolarum sb
Novatum (Priscian. 11. p. 410, 6 f. H.). Martial. VII, 45, 3 f. (an Caesoniv
Maximus). Beste Zusammenstellimg der üeberreste des Verlorenen in HaasG
Ausgabe III. p. 419 — 467. vgl. p. XV— XXI. F. Osann, de Sen. scrip«
quibusdam deperditis, Giessen 1846 — 1848. 4.
2. Handschriften von den prosaischen Schriften des Seneca si^a
zwar viele vorhanden , doch meist junge. Die ältesten sind der Medic^H
neusis saec. IX, welcher dialogorum libros XII enthält; der Nazariacs.
Gruters fOr de benef. und de dementia; für die natur. quaest, nächst äL^
verschollenen Memmianus und Bongarsianus , ein Berolinensis saec. XHl
fi'ir die erste Hälfte der Briefe besonders Parisinus 8540, p bei Haase, -f'
die zweite die Bamberger imd Strassburger Handschrift saec. IX oder I
L. V. Jan, symbolae ad notitiam codd. atque emend. epist. Senecae, Schwei:
furt 1839. 4. C. B. Fickert, prolegomena in novam Sen. editionem, Naixz:
bürg 1839. 4. Die praefationes in den Ausgaben von Fickert und vc
Haase (bes. III. p. VI— XIII).
3. Gesammtausgaben der prosaischen Schriften Seneca's. Erste, Nes
pel 1475. fol. 2 Voll. Ex recogn. D. Erasmi, Basil. 1615. 1529. fol. Cul
notis Mureti, Rom. 1585. fol. Ad mss. Palat. rec. J. Gruter, Heidelberg
J593. fol. Cum notis J. Lipsii, Antverp. 1605. fol. Cum comm. J. Fr. Gro-
novii (dessen Notae ad L. et M. Ann. Senecas Lugd. Bat. 1649 erschien^o)
et aliorum, Amst. 1672. 2 Voll. Recogn. et illustr. F. E. Ruhkopf, Li]»-
1797 — 1811. 5 Voll. Recensuit, conmi. adiedt etc. C. R. Fickert, Ups.
1842—1845. 3 Voll. Text von Fr. Haase, Lips. Teubner, 1852 f. 8 Voll.
Fr. Haase, adnotationes criticae ad Sen., Breslau 1852 f. 1859. l
K. Schenkl, Beiträge zur Kritik des Sen., Wien 1864. 67 S. (Sitaung»ber.
':^^tai^
273. Seneca (prosaische Schriften). 567
d. "WTiener Ak. XLIV. S. 3 ff.). M. Haupt, emendationes (Berol. 1864. 4.)
un<i Adnotationes ad L. A. S. opera, Berlin 1866. 21 pp. 4. C. F. W. Mül-
ler-, zu beiden Seneca, Fleckeisens Jahrb. 93, S. 483-503. 0. Matthiä,
Ol^serrationeB criticae in Sen., Berlin 1866.
"üebersetzt von J. M. Moser, A. Pauly und A. Haakh, Stuttgart (Metz-
ler) 1828 ff. 17 Bdchn.
4. Die im Mediol. als dialogi bezeichneten Schriften verdienen diesen
Namen, sofern sie in der Weise der Stoiker häufig genug einen Gegen-
redner einfuhren. Es sind zwölf: 1) die an Lucilius gerichtete Abhandlung
Ä^er die Frage quare aliqua incommoda bonis viris accidant cum Provi-
dentia sit. Herausgegeben von B. A. Nauta, Lugd. Bat. 1826. 2) ad (An-
na.erun) Serenum: nee iniuriam uec contumeliam accipere sapientem.
3 — ö) Drei Bücher de ira, ad Novatum , den älteren Bruder Seneca^s, sicht-
lich nach Caligula's Tod verfasst, s. I, 16, 29. II, 33, 3. III, 18, 3. 22, 1.
^) a.d. Marciam (die Tochter des Cremutius Cordus) de consolatione , über
den vor mehr als drei Jahren erfolgten Tod ihres Sohnes. Abhandlung
^^röber von Fr. Heidbreeke, Bielefeld 1839. 4. Ausgabe von H. C. Michae-
^^v Sarlem 1840. 7) ad GalHonem de vita beata. Prolegomena dazu von
^- ^. Schulze, Lips. 1797. 4. 8) ad Serenum de otio. 9) ad Serenum de
^'^nquillitate animi. Monographisch behandelt von A. Hirschig, Lugd.
^*t- 1825. 10) ad Paulinum (den Schwiegervater des Seneca?) de brevi-
tate -vitae. Adnotationes dazu von Clumper, Lugd. Bat. 1835. 11) ad Po-
lybiixm de consolatione, Trostschrift an einen Kammerherrn des Claudius
^^^^ den Verlust seines Bruders, voll massiver Schmeicheleien gegen Clau-
dius (bes. c. 13 f.), um seine eigene Zurückberufung zu erwirken; Volk-
^»ianxi in Mager's Revue 1858, S. 104—135. 12) ad Helviam matrem de
con»olatiohe, um sie über seine Verbannung zu trösten, gleichfalls eine
'Oi'rrÄ um deren Aufhebung zu betreiben. Abhandlung darüber von H. C.
f^cliji^lig^ Harlem 1841. Sachlich verwandten Inhalts, aber, wie es scheint,
^^ <i^r Sammlung der dialogi nicht mitbegriffen, sind 13) die zwei an Nero
^^rtcihteten Bücher de dementia, 14) die sieben Bücher de beneficiis, ge-
^^*^tet an seinen Freund Aebutius Liberalis aus Lugdimum; sowie 15) die
^^ efe an seinen jüngeren Freund, den Procurator Siciliens, Lucilius, von
zj^^'^jig an mit der Absicht der Veröffentlichung geschrieben, aber beim
^^e des Seneca wohl noch nicht vollständig abgeschlossen und zur Ver-
^^ntlichung fertig, aus dem Nachlasse (vielleicht durch Lucilius) der Haupt-
^^^Vie nach in der Reihenfolge ihrer Abfassung herausgegeben (Haasens
^^aef. p. III— VI). Wir haben 124 Briefe, in 20 Bücher abgetheilt; aber
^«llius XII, 2, 3 ff*, theilt mehrere literarische Urteile des Seneca ex libro
^Xll epistularum moralium quas ad Lucilium composuit (oben 272, 1 E.)
^t. Ausgaben der Briefe von J. Schweighäuser (Strassburg 1809. 2 Voll.)
^. A. üebersetzt von J. W. Olshausen (Kiel 1811. 2 Bde) u. A. Zur Kritik
^. Bartsch im Rhein. Mus. XXIV. S. 271-288.
5. Die sieben Bücher naturalium quaestionum, gleichfalls dem
Lucilius gewidmet, hauptsächlich nach stoischen Quellen gearbeitet, mit
Einflechtung moralischer Betrachtungen, dienten dem Mittelalter als Lehr-
buch der Physik. Ausgaben von G. D. Köler, Gotting. 1819. J. Fr. Qro-
novii notae in S. n. q. ed. Fickert, Breslau 1846. 1848. 4. H. C. Michaelis,
568 Die Kaiserzeit. Erstes Jahrhundert.
notae ad SexL n. q. . . coli, cum cod. Yossiano, Philologus VIU. p. 445-
46a IX. p. 324—345. L. Crousl^, de Sen. n. q., Versailles 1863. 146 pp.
6. Dio LX, 35: Aovmog'lovviog FallCmv 6 tov Ssvina a9el<p6g actu-
otatov rt dnetp^iy^ttto (über die Apotheose des Claudius)' awi^fjiti fulw
ydg xal o Ssvimas övyygapLfia dnonolo'Kvvtmai v avto aaneg xivd dxa-
d'avdtmaiv ovofidaag. Die erhaltene Schrift führt aber nicht diesen Titel,
sondern in der St. Galler Hds.: Divi Claudii ATIOSHOZIZ Annaei Sene-
cae per saturam, wohl weil man den ursprünglichen (bei Dio) nicht ver-
stand. Auch enthält die Schrift nichts von einer Verwandlung des Clau-
dius in einen Kürbis (xoXoxvyTij) , indem dieser Witz auf den Titel selbst
sich beschränkte. Sie ist eine giftige politische Satire, im frischen Ein-
drucke von Claudius' Persönlichkeit und Regierungsweise und mit tiefge-
wurzeltem Hasse gegen ihn geschrieben. Die offizielle Lüge über dessen
Todesart wird kurzweg acceptiert, Agrippina auffallend geschont, der neue
Kaiser verherrlicht. Der Ursprung in dieser Zeit und aus Hofkreisen ist
daher unzweifelhaft, die überlieferte Abfassung durch Seneca um so we-
niger zu beanstanden da mindestens die Verse darin völlig in seiner Art
sind. Die alten Zweifel gegen diese üeberlieferung sind aufgefriBcht, nicbl
verstHrkt, worden durch A. Stahr, Agrippina (Berlin 1867) S. 330—343
Vgl A. Riese, Philologus XXVII. S. 321—323. Die Nichterwähnung ba
andern Schriftstellern beweist höchstens dass sie Anfangs ohne den Na^
men des Seneca veröffentlicht und *erst aus seinem Nachlasse heraus dei
Schriften desselben beigefügt wurde. Wechsel von Prosa und Versen^ ^
s. oben 24 und 24, 3. Die zahlreichen Handschriften dieser Schmähschrifl^^fc
gehen auf eine einzige zurück welche, getrennt von den übrigen Schrift^
des Philosophen, in einem Miscellancodex enthalten gewesen zu sein
und aus welcher um die Mitte der Schrift ein Blatt verloren 'gegang(
sein muss. Der getreueste Vertreter der Üeberlieferung ist der
lensis saec. X oder XI; s. Bücheier S. 72 — 76. Sonderausgabe von C.
Schusler (denuo rec, Utrecht 1844) und besonders von Fr. Bücheier,
der Symbola philol. Bonn. S. 31—89. Beiträge zur Kritik von Fr. LinA.<
mann (Emendationes ad etc. Zittau 1832. 4.), A. Baumstark (Philolo|
XVm. S. 543—549), K. Schenkl (Beiträge zur Kritik des Seneca, Sitzung
berichte der Wiener Ak. XLFV. Wien 1864. S. 3—30). Uebersetzt v-^
Qröninger (s. 1. 1798. 4.), Güthling (Minden 1861. 4.), A. Stahr (Agrippii
S. 307—329).
7. Angeblicher Antheil des Seneca an den notae Tironianae, s. ot>'^D
178, 4 und W. Schmitz, Symb. philol. Bonn. S. 538—540. Ihm als der p^r-
sonificierten Weisheit glaubte man auch diese Sorte davon zuschreiben su
müssen, sehr gegen seinen Sinn; s. Epist. 90, 25: quid loquar . . verl:>0'
rum notas, quibus quam vis citata excipitur oratio et celeritatem lingi^K^^
manus sequitur? vilissimorum mancipiorum ista commenta sunt.
8. Unechtes. Die Wahrnehmung dass in der Bekämpfung des VoL^*
glaubens und in manchen Puncten seiner Moral Seneca sich mit dem CI>^*
stenthum berührt führte zu der Annahme dass er ein Christ gewesen \%tid
weiterhin zur Erdichtung eines Briefwechsels zwischen Seneca ii0^
Paulus, welchen schon Hieronymus kannte und für echt hielt (de scripior.
..„v^ia
273 f. Seneca (prosaische Sclirift;eii. Tragödien). 569
^cdes. 12: quem non pouerem in catalogo sanctornm nisi me epistolae
1^ provocarent quae leguntor a plurimis, Panli ad Senecam et Senecae
^ Paulmn). Vgl. Augustin. Epist. 153 (ad Maced. 14): Seneca, . . coias
etiam quaedam ad Paulum apostolum leguntur epistolae. Abgedruckt
aiod diese 14 ganz unbedeutenden und leeren Briefe zuletzt in Haasens
iasgabe III. p. 476—481 vgl. p. XXII. Dazu C. Wachsmuth, Bhein. Mus.
XVI. 8. 301—303, und Fr. X. Kraus, in der Tübinger Quartalschrift XLIX
fl8€7) S. 609—624. A. Fleury, St. Paul et Senöque, Recherches sur les
r&pportB du philosophe avec Tapötre etc. Paris 1863. 2 Voll. F. C. Baur
in Älgenfeld's Ztschr. f. wiss. Theologie 1. S. 161—170. 463—470. C. Au-
bez^ün, ^tude critique sur les rapports supposäs eutre Sen^que et St. Paul,
Pajris 1867. 444 pp. F. X. Kraus a. a. 0. S. 603—609. J. B. Lightfoot,
Sfe. Pauk Epistle to the Philippians (London 1868) p. 260—331.
Ebenso hielt man im Mittelalter Seneca für den Verfasser des nach
dex- voranstehenden Widmung (gloriosissimo . . Mironi regi Martinus hu-
™ili8 episcopus) von dem Bischof Martinus Dumiensis (um 660) herrühren-
den Schriftchens de formula honestae vitae oder de quattuor virtutibus
cardinalibus, abgedruckt zuletzt bei Haase III. p. 468—476 vgl. p. XXI f.
li^ den Uandschriften findet sich diese Abhandlung vielfach zusammen mit
gnoinischen Excerpten aus den Briefen Seneca's und mit Proverbia Sene-
cae per ordinem alphabeti und meist in Senaren; s. oben 198, 3. Excerpte
dieeei- Art, grossentheils die gleichen, und gleichfalls mit Sprüchen aus
Mid.ei-11, namentlich auch christlichen, Quellen gemischt (vgl. z. B. 66: elee-
mos^^a non tam accipientibus quam dantibus prodest), enthält auch der
"* <ien Hdss. den Namen des Seneca tragende liber de moribus (in
^i^elU's opusc. sent. I. p. 269— 276, bei Haase IIL p. 462— 467, in Wölfflin's
^ublilius Syr. p. 136—148; im Ganzen 146 Sprüche), welche Sammlung
«<^Hork J. 667 im Wesentlichen ihre jetzige Gestalt hatte; s. Haase HI.
P- XX f. E. Wölfflin, Phüologus VIII. S. 184-187. IX. S. 680 fif. K. Schenkl,
^«itiMicre (8. A. 6 E.) S. 33—62.
274. In flcebundener Form haben wir von Seneca theils
^^t^^gramme, welche sich alle auf seine Verbannung beziehen,
'^^ils Tragödien. Deren besitzen wir acht: Hercules furens,
^^yestes, Phaedra, Oedipus, Troades (oder Hecuba), Medea,
^^amemno, Hercules Oetaeus, sowie zwei Scenen von einer
^T^^ebais, die sich vertheilen an einen Oedipus (Coloneus) mit
^^^2 Senaren und Phoenissae mit 302 Senaren. Unzweifelhaft
^\18 einem späteren Jahrhundert ist die praetexta betitelt Octavia.
^ene Tragödien aber stimmen in den wesentlichen Eigenthüm-
Vichkeiten theils unter einander theils mit den prosaischen Schrif-
ten Seneca's überein. Ueberall derselbe Reichthum an Worten,
rhetorischen Figuren und Sentenzen, aber in den Tragödien
t)ft ins Unleidliche gesteigert und hier, bei der Art des Stoffes,
selten entschädigend durch den Gehalt der Gedanken. Die
metrische Form ist streng, aber wenig manchfaltig.
570 Die Eaiserzeit. Erstes Jahrhundert.
1. Von den neun Epigrammen (z. B. in Haasens Ausgabe I. p. 261-^
ist nur bei Nr. 1, 2 u. 7 die Urheberschaft Seneca's bezeugt; bei den übrigen
ist sie weder überliefert noch glaublich. A. Riese in Fleckeisens Jahrbb. 99,
S. 279 f.
2. Die Abfassungszeit der Tragödien ist nicht bekannt. Auf Cornea
hatte Seneca zu dergleichen am ehesten Müsse und Stimmung. Aber noch
Tac. A. XIY, 52 (obiciebant . . carmina crebrius factitare postquam Ne-
roni amor eorum venisset], vom J. 62, deutet auf derartige Beschäftigmig,
da auch Nero Stoffe der griechischen Tragödie behandelte; s. oben 270,7.
Die Medea erwähnt Quintil. IX, 2, 8 (ut Medea apud Senecam, sowie Dio-
medes III. p. 511, 23 K. (anapaesticum choricum habemus in Seneca :=
Med. 301); die Phaedra Priscian. VI, 13, 68 (p. 253 H.: Seneca in Phaedra),
die Hecuba (Troades) Ps. Probus p. 224. 246 K. (Seneca in Hecuba); Se-
neca in Thyeste bei Lactant. zu Stat. Theb. IV, 530. Bei Serv. Aen. XII,
395 ist in Folge der Gleichheit des Titels Statins mit Seneca verwechselt
(Statins in Thebaide = Sen. Oedip. 1079). Ebenso irrig unterscheidet Si-
donius Apoll, carm. IX, 229 — 231 (quorum unus colit hispidum Platona,
. . orchestram quatit alter Euripidis), vielleicht irregeführt durch MartiaL
I, 61, 7 duosque Senecas (nämlich Vater und Sohn) unicumque Lacanom,
den Tragiker Seneca von dem Philosophen. Darüber gestattet die nach-
weisliche Identität der Denk- und Sprechweise, sowie zahlreicher einzehier
Aussprüche keinen Zweifel; s. F. G. G. Klotzsch, prolusio de Annaeo Se-
neca uno tragoediarum quae supersunt omnium auctore, Wittenberg 1802. 4.
G. Richter, de Seneca tragoediarum auctore, Naumburg 1862. p. 1—17.
32—41. Controvers ist heutzutage, nachdem G. Richter seine Bedenken
gegen die Echtheit des Oedipus zurückgenommen, nur noch ob Agamenmo
und Hercules II (Oetaeus) von demselben Verfasser sind wie die übrigen
Stücke. R. Peiper und G. Richter (1. L p. 18—32) verneinen diess, wegen
mancher Eigenthümlichkeiten dieser beiden Stücke welche den Einfloss des
Fronte verrathen sollen; dagegen L. Müller, B. Schmidt, J. Köhler u. A.
finden diese Abweichungen keineswegs so erheblich dass daraus Verschie-
denheit des Verfassers zu folgern wäre.
3. Auch diese Tragödien beweisen ein grosses Formtalent, Frucht-
barkeit und Lebhaftigkeit der Phantasie, Schärfe der psychologischen Be
obachtung; nur werden diese Vorzüge meist durch die rhetorische Phrase
erdrückt. Zu einer Charakterzeichnung kommt es nicht; die Personen
sind nur da um Reden zu halten und Beschreibungen vorzutragen. ^^
Fruchtbarkeit artet aus Mangel an Selbstbeherrschung und innerem Hasse
in ermüdende Weitschweifigkeit und Wiederholungen aus, und die Erfind-
samkeit, ungeleitet durch ernsten Kunstsinn und Tact, führt nicht selten
auf Geschmacklosigkeiten und Ungereimtheiten. So ist es eine schwere
Geschmacksverirrung dass im Oedipus (1026 ff.) lokaste nach Entdeckung
des furchtbaren Geheinmisses noch auftritt, mit Oedipus verhandelt, zum
Sterben sich entschliesst, aber nun darüber reflectiert wohin sie stechen
solle, ob in Brust oder Hals, schliesslich aber für den Unterleib sich ent-
scheidet (1060 f.: hunc, dextra, hunc pete uterum capacem, qui viram et
gnatos tulit). Am löblichsten ist der Versbau, der sich an die strengsten
Muster der augusteischen Zeit anschliesst, besonders in den Senaren.
Nächstdem sind anapästische und sapphische Verse, Glykoneen und Adde*
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274. Seneca (Tragödien). 571
Kieen besonders häufig. Aber von dem Geistigen in der Handhabung
r Form, der Uebereinstimmung zwischen Metrum und Stimmung , ist
ni^ zu verspüren. Ins Masslose gesteigert wäre dieser Mangel wenn die
lesten Herausgeber Recht hätten mit ihrer strophischen Gliederung des
rammten tragischen Nachlasses von Seneca, so dass bei ihm z. B. auch
)bi8ti8che Darlegungen und sogar lebhafte Gespräche (wie Herc. für.
> — 441) strophisch angelegt wären. Doch ist diess nur eine unglück-
^e Einbildung seiner Herausgeber, welche, um ihre Caprice durchzufuh-
I, Bruchtheile von Versen uud Monometer ungezählt lassen, sowie eine
.ttliche Anzahl von Versen streichen müssen. Verständige Bemerkungen
rüber von B. Schmidt in Fleckeisens Jahrb. 97, S. 797—799.
4. Zur Charakteristik dieser Tragödien vgl. ausser Aelterem (wie D.
G. Pilgramm, de vitiis tragoediarum^ quae v. Senecae tribuuntur, Götti.
>5. 4.) besonders F. Jacobs, Nachträge zu Sulzer IV. S. 343 ff. F. G.
elcker, Bhein. Mus. Suppl. ü, 3. S. 1447—1456. L. Müller in Fleckeisens
hrb. 89, S. 409—422.
üeber die Metrik des Seneca: F. A. Lange, Quaestioues metricae
onn 1851) p. 23 ff. B. Schmidt, de emendandarum Sen. tragoediarum
bionibus prosodiacis et metricis, Berlin 1860. 73 pp. M. Hoche, die Metra
B Tragikers Seneca, Halle 1862; vgl. L. Müller in Fleckeisens Jahrb. 89,
473—492 und de re metr. p. 118—130. G. Eichter, die Composition der
lorlieder in den Tragödien des Seneca, Rhein. Mus. XIX. 8j 360 — 379.
1—527. R. Peiper, Berl. Ztschr. f. Gymn. XVIII. S. 694 ff.
5. Sind die Tragödien des Seneca für die Bühne berechnet oder für
3 Becitation? Das Erstere wird zwar nicht erwiesen durch die Einhai-
ag der Regel von den drei Schauspielern (oben 13, 4 E.)* da diess Folge
r allgemeinen Nachahmung der griechischen Tragödie sein kann und
3 römische Bühne sich an diese Beschränkung wenig band (oben 16, 3);
lassen in der Zeit des Nero war der Gedanke an öffentliche Aufführung
ch nicht ausgeschlossen, und mancherlei scenische Winke (wie Phaedr.
2 f.) könnten sich darauf beziehen. Das jedoch worauf mit Sicherheit
;h rechnen liess war allerdings nur die Recitation und die Leetüre, und
lexn andern Publicum als dem dortigen waren' so breit ausgesponnene
sden auch nicht wohl zu bieten. G. Boissier, les tragädies de Sän^que
t-elles 6t6 reprösent^es? Paris 1861. 22 .pp.
6. Da zu den meisten Tragödien des Seneca die griechischen Origi-
.le (des Sophokles und Euripides) erhalten sind , so können wir die grelle
Übertreibung verfolgen welche der römische Rhetor ihnen hat zu Theil
3rden lassen. Die Phaedra scheint in wesentlichen Zügen dem gleich-
einigen Stücke des Sophokles zu folgen. C. W. Swahn, de Hippoljto
»necae fabula, I. Holm 1857. Der König Oedipus des Sophokles ist in
)r Bearbeitung des Seneca ein einförmiges Schauergemälde geworden,
18 dem alle feineren Züge weggelassen sind und um so reichlichere De-
amation zugegossen. J. Köhler, Sen. tragoedia quae Oed. inscrib. cum
)ph. 0. R. comparata, Neuss 1865. 16 pp. 4. W. Braun, der Oed. des
3iieca in seinen Beziehungen zu den gleichnamigen Stücken des Soph.
id Eur. und zu Statins' Thebais, Rhein. Mus. XXII. S. 245—276. üeber
idere Stücke Widal, etudes sur trois trag^dies de S^näque imit^es
•rw''^?^
*■
572 Die EaUerzeit. Erstes Jahrhundert.
d'Eiiripide, Paris 1854. W. Braun, Rhein. Mus. XX. S. 271—287 (die Fb5-
nissen des Sen.). Medea et Troades cum adn. Gronov. ed. A. Matthiae,
Lips. 1828.
7. Von Seneca kann die Octavia schon darum nicht herrühren weil
sie Nero's Sturz miterwähnt, welcher erst drei Jahre nach Seneca's Tod
erfolgte. Aber alle Versuche einen bestimmten Urheber (wie Curiatias
Maternus, oder den der Recension A) zu ermitteln haben zu keinem Ziele
geführt. Das Stück findet sich in der Haupthandschrift, dem Florentinus
(s. A. 8), nicht, wohl aber in allen andern, und zeigt gleichfalls viele Ver-
derbnisse, so dass es schon darum nicht möghch ist seine Abfassung (mit
W. Braun, die Tragödie Octavia und die Zeit ihrer Entstehung, Kiel 1863)
in den Ausgang des Mittelalters (12 — 14 Jahrh.) zu setzen, wogegen auch
andere Gründe sprechen (G. Richter in Fleckeisens Jahrb. 95, S. 260—264.
Ausgabe p. XII). .Wahrscheinlich ist es aus dem 2—4. Jahrh. n. Chr.
(incerta post Traianum aetate. Fr. Vater p. 613). Neben Tacitus (un
Dio) ist darin für die Handlung auch Seneca de dementia benützt,
hat nicht den Wortschwall der Tragödien des Seneca, imd beschränkt sii
nicht auf drei Schauspieler wie jene, hat auch in Sprache und Versbai
manches Abweichende. Mit jenen verbunden wurde es wohl wegen
gemeiner Aehnlichkeiten und weil Seneca darin eine Rolle spielt. F.
C. Elotzsch, prolusio de Octavia Senecae, Wittenberg 1804. Octavia p
texta. Curiatio Matemo vindicatam, ad libros antiquos recognitam, br
adnotatione instructam ed. Fr. Ritter, Bonn 1848. 63 pp. Fr. Vater
Jahn's Archiv XIX. (1853.) p. 565—618. G. Richter, de Sen. tragg. aucto
(1862) p. 2—6. Analyse des Stückes bei A. Stahr, Agrippina (Berlin 186'^
S. 271—303.
8. Der Text der Tragödien des Seneca ist in zwei Reoension^^^n
überliefert. Die bessere (E) ist vertreten durch den Etruscus (= Flor
tinus s Mediceus =» Laurent.) saec. XI oder XU, sowie durch die we
gen Excerpte in dem Miscellancodex des Thuanus (oben 201, 8) saec 7^
—X. Zu der schlechteren (A) gehören so ziemlich alle andern Handsch^z^rtf*
ten, von denen keine über saec. XFV zurückgeht; die 1 1 ilillKiiinimllii^ iij^
besten Vertreter sind der verschollene Melisseus und ein Vossianus. Ai^K-ch
die Reihenfolge der Stücke ist in beiden Recensionen eine andere.
Abweichungen sind wahrscheinlich dadurch entstanden dass die Unlesb
keit der bei A zu Grunde liegenden Handschrift den Abschreiber zu ei^S^-
nen Vermutungen veranlasste, bei denen er sich in der Regel mit ein^'^m
scheinbaren Sinne und ausser lieber üebereinstimmung mit dem Versm^^sus
begnügte. Dass aber auch A in ziemlich frühe Zeit (vielleicht saec. IKV)
hinaufreicht zeigen die Blätter des ambrosianischen Palimpsests von PL^'Q'
tus (oben 86, S. 119), welche Theile der Medea und des Oed. bereits ^
dieser Recension bieten. Vgl. im Allgemeinen die praefatio von R. Perp^^
und G. Richter p. XIV — XL.
9. Ausgaben. Editio princeps, Ferrara um 1484 fol. Ascemrii*»'"*
(cum comm.) Paris 1514 fol. Von späteren sind bemerkenswerth die A.^^*
gaben von M. A. Delrio (Antverp. 1576. 4. und im T. H des Syntajf«««
tragg. latt., Antv. 1594. Paris 1620. 4.), J. Lipsius (Lugd. B. 1588), J. &^'
ter (Heidelberg 1604), P. Scriverius (Lugd. B. 1621. 1651) und besonder»
274 f. Seneca (Tragödien). Gaetulicus. 573
r. Fr. Qronovios (Lugd. B. 1661. Amsterd. 1682). Sammelausgabe von
^. C. Schröder (Delft 1728. 4. 2 Voll). Spatere von F. H. Bothe (Lips.
819 und Lipa. 1884), T. Baden (Lips. 1821. 2 VolL), J. Pierrot (Paris 1829
— 1832, 3 Voll.), und besonders: recensuerunt B. Peiper et G. Richter,
.rfips. (Teubner) 1867; wozu vgl. B. Schmidt in Fleckeisens Jahrb. 97,
5. 781—800. 855—880.
Beiträge zur Kritik von J. H. Withof (praemetium crucium crit., Lugd.
B. 1749. 4.), A. Henneberger (adn. ad Sen. Med. et Troad., Meiningen
862. 4.), B. Peiper (Observation, in Sen. tragg., Breslau 1863. 4.), G. Rieh-
«r (Beispiele von Versversetzung und Interpolation in den Tragg. des Sen.,
ihein. Mus. XYIIL S. 29—46; de cantico quodam in Oed. Sen., Symbola
»hilol. Bonn. p. 557 — 580), B. Schmidt (Observationes criticae in Sen.
xagrg-, Jena 1865; auch Rhein. Mus. XVI. S. 589—591).
Uebersetzt und erläutert von W. A. Swoboda, Prag 1828—1830, 3 Bde.
275. Die Gescbichtschreiber dieser Zeit hatten meist
jine rhetorische Färbung und waren zum Theü zugleich Rhe-
x)ren oder Redner. So wohl schon der Dichter Gaetulicus unter
Z^aligulft; sicher Servilius Nonianus unter Claudius. Diese be-
nandelten StoflFe der Gegenwart und letzten Vergangenheit, sind
OBS aber nur aus Anführungen bekannt. Ebenso Domitius Cor-
Dido unter Caligula und Nero, welcher seine eigenen Erlebnisse
in Asien beschrieb. Cornelius Bocchus verfasste unter Claudius
äin Werk chronographischen Inhaltes.
1. Suet. Calig. 8: Cn. Lentulus Gaetulicus Tiburi genitum scribit
>on Caligula). . . Gaetulicum refellit Plinius quasi mentitum per adula-
donem etc. Consul 779 (Tac. A. IV, 46 vgl. 42 u. VI, 30), von Caligula
getödtet J. 792 (Dio LIX, 22 vgl. Suet. Claud. 9). Als erotischer Dichter
aufgeführt von Pliu. Ep. V, 3, 5 (oben 26, 1) vor Seneca, und von Martialis
praef. (oben 227, 2), vgl. Sidon. Apoll, epp. II, 10 (saepe versum . . com-
plevit . . Caesennia cum Gaetulico). carm. IX, 256 (non Gaetulicus hie
tibi legetur, non Marsus, Pedo, Silius, Tibullus). Probus zu Georg. I, 227
(p. 38, 12 ff. E.): cuius rei testis est Gaetulicus, cum ait de Britannis: non
aries etc. (drei Hexameter). Und da Gaetulicus zehn Jahre lang Statthalter
in Germanien war (Dio ,1. 1. : rceiTOvlinov Aivzovlov td ts aXla sidönifiov
ovxa aal zrjg FegfiavCag 8iiia irsaiv Sg^avTa^ vgl. Suet. Galb. 6), so ver-
mutet 0. Jahn (Prolegg. zu Persius p. CXLII, not. 1) dass Gaetulicus über-
haupt kein Geschichtswerk verfasst habe, sondern ein Carmen de ezpedi-
tionibus Bomanorum contra Germanos et Britannos, fortasse Germanici.
Auf die neun Epigramme FaiTovliTiov oder raitoi^Uxiov oder Faitovlliov
etc. welche in der griechischen Anthologie stehen (II. p. 151 ed. lacobs)
findet das über die Poesie des Gaetulicus Berichtete keine Anwendung;
s. Jacobs Anth. gr. XIII. p. 896.
2. Plin. n. h. XXVIII, 2, 5: M. Servilius Nonianus, princeps ci-
vitatis (wandte gegen lippitudo ein abergläubisches Mittel an). XXXVII,
6, 21: avns Servilii Noniani, quem consulem (J. 788, Tac. A. VI, 81) vidi-
moB. Adoptivsohn des Cos. 756 (W. Teuffei in Pauly's Beal-Enc. VI, 1.
574 Die Kaiserzeit. Erstes Jahrhundert.
S. 1122, Nr. 78)? f 812 = 59 n. Chr., s. Tac. A. XIV, 19 (oben 260, 5).
Quintil. X, 1, 102: Servilius Nonianus, . . qui et ipse a nobis auditos est,
clari vir ingenii et sententiis creber, sed minus pressus quam historiae
auctoritas postulat. Vgl. Tac. dial. 23 (eloquentia . . Servilii Nonianij.
Plin. Ep. I, 13, 3: memoria parentum Claudium Caesarem ferunt, cum in
palatio spatiaretur audissetque clamorem, causam requisisse, cumque dictum
esset recitare Nonianum, subitum recitanti inopinatumque yenisse. Ver-
hältniss zu Persius, s. unten 285, 2.
3. Tac. A. XV, 16: prodiderit Corbulo etc. Diess geschah wohl in
den Memoiren welche dieser Cn. Domitius Corbulo (Cos. suff. unter Cah-
gula J. 39 = 792, von Nero hingerichtet J. 67 = 820) verfasst«. Vgl Plin.
n. h. y, 24, 83: oritur (Euphrates) etc., ut prodidere ex üs qui prozime
viderant Domitius Corbulo. VI, 8, 23: anzia perquisita cura rebus nuper
in eo situ gestis «a Domitio Corbulone. II, 70, 180: Corbulo duz in Ar-
menia . . prodidit. Ueber ihn A. Haakh in Pauly^s Beal-Enc. IL S. 1218 K
Held, de Cn. Dom. Corb., Schweidnitz 1862. 27 pp. 4. E. Egli in M. Bü-
dingers Untersuchungen zur röm. Kaisergeschichte (1868) I. S. 336 — 343.
4. Cornelius Bocchus wird von Plinius im Quellenverzeichniss zu B. 16
u. 37, sowie (Bocchus) zu B. 33 u. 34 aufgeführt und XV, 216. XXXVII,
24. 97. 127 für Nachrichten aus Spanien, vielleicht aus einem Werke de
admirandis Hispauiae (Mommsen). Solinus p. 27, 3 (ut Bocchus auctor est^
und p. 38, 22 (Bocchus autumat), vgl. p. 37, 8 M., erwähnt ihn für chrono —
logische Angaben die sich bei Plinius selbst nicht finden; daher Mommsen ^^
Soliu. p. XVII vermutet dass Solin's Quelle (vgl. unten 295, 7) eine Chro —
uik des Bocchus mitbenutzt habe. E. Hübner (Hermes I. S. 397) identi^ —
eiert ihn mit L. Cornelius C. f. Bocchus, flamen prov., trib. mil., welche
die colonia Scallabitana ob merita in coloniam ein Denkmal setzte, nac
einer Inschr. im C. I. lat. II, 35.
276. Gleichfalls ein Rhetor war Q. Curtius Rufu^ ,
welcher unter Claudius zehn Bücher historiae Alexandri MagiLZB.i
schrieb, von welchen aber die beiden ersten nicht auf uns g<
kommen sind. Historische Kritik verräth das Werk sehr wenij
desto mehr aber Rhetorik, Vorliebe für Reden und Senteuze:
Der Stil zeigt Aehnlichkeit mit dem des Seneca: kurze, ani
thetisch zugespitzte Sätze, wenig Partikeln, eine rhetoriscfc»^
Wortstellung, zahlreiche Wendungen von poetischem Anstrifcli-
1. Sueton hatte Q. Curtius Rufus unter den rhetores nach M. Porc£x2«
Latro und vor L. Valerius Primanus, Verginius Plavus u. s. w. abgeha-Ki-
delt; 8. Beifferscheids Ausg. p. 99 vgl. 128. Dazu stimmt die Da1iera:x>^
unter Claudius, auf Grund von X, 9 (= 28), 3 — 6: quod imperium sub \mtjo
stare potuisset, dum a pluribus sustinetur, mit. proinde iure menUx^^^
pop. rom. salutem se principi suo debere profitetur, qui noctis quam paen^
Bupremam habuimus novum sidus inluxit. (4.) hnius, hercule, non soÜ^
ortuB lucem caliganti reddidit mundo, cum sine suo capite discordia meto-
bra trepidarent. (5.) quot ille tum extinzit faces, quot oondidit gladios/
quantam tempestatem subita serenitate discussit! non ergo revirescitsoItDD M ^
% •■ »cfl 4..
275 f. Geschichtschreiber: Corbulo u. a. Curtius. 575
^d etiam floret Imperium. (6.) absit modo invidia, excipiet hmiis saeculi
^mpora eiusdem domus utinam perpetua, certe diutuma, posteritas.
(7.) ceterum, ut ad ordinem a quo roe contemplatio publicae felicitatis
^verterat redeam, Perdicca etc. Denn diese Stelle läset bei unbefangener und
%harf eindringender Auslegung kaum eine andere Beziehung zu als auf die
Vorgänge in der Nacht vom 24 auf den 25 Januar 41 , als Caligula ermor-
det war, seine deutsche Leibwache in der Stadt umher mordete, der Senat
an die Wiederherstellung der Republik dachte, bis des Claudius Erhebung
auf den Thron alles wieder in das alte Geleise brachte. Mützeirs Ausg. I.
8. :XLVII— LXXXI. W. Teuffei in Fleckeisen's Jahrb. LXXVII. S. 282—284.
Ebenso Brissonius, J. Lipsius, St, Croix, F. D. Gerlach. Von anderen Da-
tiemuigen des Curtius können ernsthaft in Betracht kommen nur die unter
Au^Qstus (verfochten von A. Hirt, C. G. Zumpt, R. Klotz) und die unter
F^^paaian (Rutgers, Freinsheim, G. J. Voss, F. A. Wolf, Ph. Buttmann,
(r- Pinzger, A. Baumstark, Fr. Eritz, W. Berger). Aber die Versetzung
ati^'fc€r August ist unvereinbar mit der Sprache des Curtius , welche zwar
^ Jolge seines engen Anschlusses an Livius viele Aehnlichkeit mit der
VOZ& diesem hat, aber zugleich in ihrer gezierten, poetisierenden mid rhe-
tox-iaierenden Färbung auf das silberne Zeitalter hinweist. Auch ist seine
politische Voraussetzung die Erbmonarchie. Endlich spricht er wieder-
holt (V, 7, 9. VI, 3, 12) von dem Partherreiche als einem blühenden, wäh-
^xid die augusteischen Schriftsteller wetteifernd die Erfolge Augusts über
^^ Parther ins Grosse ausmalen. Für die Zeit Vespasians ungünstig ist
^^» 4, 21 über Tyrus: nunc tandem, longa pace cuucta refovente, sub tutela
^^anae mansuetudinis adquiescit. Gegen beide Datierungen gleichmässig
aber spricht die Unmöglichkeit jene Hauptstelle (X, 9, 3 ff.) vollständig
^^ richtig zu deuten. Ein Paradoxon war Niebuhrs (in den Abhh. der
^^^h Akad. 1822 = Kleine Schriften I. S. 305—337) Ansetzung unter Septi-
^Us SeveruB. A. Hirt, über das Leben des Geschichtschreibers Q. Curtius
^'^^^8, Berlin 1820. Ph. Buttmann, ü. d. L. d. G. Q. C. R., Berlin 1820.
• iHiizger, über das Zeitalter des Q. CR., in Seebode's Archiv 1 (1824)
^ «1^104. Fr. Kritz in der Haller AUg. Lit. Ztg. 1844, S. 326 f. 733 ff.
* Öerger, de Q. C. R. aetate, Carlsruhe 1860. 31 pp.
2. Als Quellen nennt Curtius den Kleitarchos (IX, 5, 21. 9, 15. Vgl.
^ 1?*^ 242, 5), Timagenes und Ptolomäus (IX, 6, 21). Auf historische Kritik
*^eV>t er aber keinen Anspruch; s. VII, 8, 11 (utcumque sunt tradita in-
*"*^pta perferemus). IX, 1, 34 (equidem plura transscribo quam credo;
5^j**^ niBC adfirmare sustineo de quibus dubito, nee subducere quae accepi).
«^^^ acher Versuch dazu IX, 5, 21. Das Ueberwiegende sind Reden, Schil-
. ^^"^^^gen und Paradescenen (wie IV, 10, 25 ff. V, 12). Die Behandlung
. %ehr romanhaft als historisch. A. Chassang, histoire du roman (Paris
,^^) p. 313—322. Die Schlachtbeschreibungen verrathen sehr wenig tech-
^^che Kenntnisse, machen daher unwahrscheinlich dass der Verf. der Cur-
*j^^^ Ruf US sei der unter Tiberius procos. Africae, praetura functus war.
V ^ diesen passt auch nicht des Historikers verhältnissmässige Freisinnig-
^it and öfters (vne VIII, 10, 12) derb ausgesprochene Aufklärung. Gegen
^^perititio, Magie u. dgl. IV, 3, 23. 6, 12. 7, 26. 29. V, 4, 1 f. VII,
^> 8. 7, 8. Sein positives Glaubensbekenntniss ist der herkömmliche Fa-
^^lismoB (inevitabile fatum IV, 6, 17). Adulatio, perpetuiun malum regum,
1
576 Die Kaiserzeit. Erstes Jahrhandeii.
qnoTum opes saepius adsentatio quam hobtis evertit, VIII, 5, 6. Der sprach-
liche Stoff trägt bei Curtius in etymologischer, lexikalischer und syntakti-
scher Hinsicht — mit wenigen, nicht eben wesentlichen Ausnahmen —
noch entschieden den Charakter der Classicität, aber die rhetorische Be-
handlung desselben lässt den nachtheiligen Einfluss den der Büdungegang
des Schriftstellers und der weniger strenge und reine Geschmack des Zeit-
alters auf die gesammte Darstellung haben musste sehr bestinmit erken-
nen (Mützell S. LXXXVI). J. H. Emesti, usurpata a Curtio in paiticolis
latinitas, tam in se spectata quam cum Comeliana dictione collata, Lips.
1719. Mützell, de translationum quae vocantur apud Ourtium usu, Bertin
1842. 4. I
3. Die mehr als 70 Handschriften zerfallen in zwei Classen, eine '
ältere (saec. IX— XI), vertreten einerseits durch Paris. 5716 saec. IX und
einzelne Fragmente in Darmstadt, Wien und Würzburg, andererseits darcV^
Leidensis, Yossianus I, Flor. A und Bern. A; s. E. Hedicke, QuaestionuK^
Curtianarum specimen (Berlin 1862) und Praef. seiner Ausg., nebst A. Ens^'
ner, specimen criticum (Würzburg 1868) p. 4—26, und üeber die TextkritU^
des Curt., in den Verhandl. der Würzburger Philologenvers. (Leipzig 18^0)
S. 158 — 160. Alle diese gehen auf einen selbst schon lückenhaften ukb.^
fehlerreichen archetypus zurück. Die zweite Classe besteht aus der Masse
der jüngeren (saec. XIV f.), durchcorrigierten und interpolierten Haii.<i-
schriften, welche keinen selbständigen Werth haben. Ausser dem Fehlen
von B. I und II sind auch sonst Lücken in dem überlieferten Texte; so
am Schlüsse von B. V und Anfang von VI, sowie X, 3 f. Bruchstücke a^x&s
B. X bei Pseudo-Kallistheues, s. Jeep in Jahns Jahrb. LXXI. S. 125 — 132-
4. Ed. princeps, Yenet. um 1471 fol. luntina 1507 ff. Aldina 15^0.
Ausgaben von Erasmus (1518), Fr. Modius (Colon. 1579), J. Freinsheixn
(cum comm. et suppl, Strassburg 1648, 2 Voll, und 1670. 4.), H, Snaken-
bürg (Sammelausg. , Delft 1724. 4.), Fr. Schmieder (cum comm., Göttin^'.
1803), J. Mützell (mit krit. u. exeget. Anm., Berlin 1841, 2 Bde) und be-
sonders von C. 6. Zumpt (ad fidem codd. rec. et comm. instr., Braazi.-
schweig 1849, und schon früher die unvollendete Berol. 1826). Schulaus-
gaben von J. Mützell (Berlin 1843) und C. G. Zumpt (Braunschweig 184Ö.
1864). Texte von A. Baumstark (Stuttgart 1829), H. E. Foss (lips. Teubiier
1851) und besonders (mit kurzen kritischen Nachweisungen) von E. Hedicke
(Berol. Weidmann. 1867).
Beiträge zur Textkritik von Acidalius (Animadvers., Frankfurt 1694)»
H. E. Foss (Epist. crit. ad Mützell., Altenburg 1846. 4. Qua-estiones Cart,
Altenburg 1852. 50 pp. 4.), J. Schmidt (Quaeat. Curt. I. Schweidnitz 1858.4.),
A. Hug (in den Beiträgen zur Kritik lat. Prosaiker, Basel 1864, S. 1-W;
und Rhein. Mus. XX. S. 117-129), ü. Köhler (Rhein. Mus. XIX. S. 184-
196), J. Jeep (Fleckeisens Jahrb. 91, S. 189—196), H. Alanus (ObservatioDCs
in Curt., Dublin 1865), besonders aber E. Hedicke und A. Eussner (A. 3).
üebersetzungen von Ostertag (Frankfurt 1799), J. F. Wagner (Lemgo
1854) und A. H. Christian (Stuttgart, Metzler, 4 Bdchn).
277. Der Zeitgenosse und Landsmann des Seneca^ L. Ja-
nius Moderatus Columella aus GadeS; ist uns bekannt dureh
276 f. CurtiuB. Columella. 577
ine zwölf Bücher De re rustica^ gerichtet an P. Silvinus.
iese bilden die zweite ausführlichere Bearbeitung des Gegen-
andes durch den Verfasser, während von der kürzeren ersten
n Buch de arboribus miterhalten ist. Columella ist für seinen
toff begeistert und beklagt dessen Vernachlässigung in seiner
on der Natur abgefallenen Zeit. Er hat es darum auch nicht
•n Fleiss fehlen lassen um ihn würdig zu behandeln. Dem
ehnten Buche, vom Gartenbau, hat er sogar, im Anschlüsse
in den von ihm verehrten Vergil, gebundene Form gegeben;
« besteht aus 436 wohlgebauten Hexametern, welche freilich
n künstlerischer Verarbeitung des Stoffes ihr Vorbild bei wei-
5m nicht erreichen.
1. Inschrift aus Tarent bei Mommsen I. B.. N. 578 = Orelli - Henzen
»98: L. lunio L. f. Gal. Moderato Colamellae) trib. mil. leg. VI ferratae.
'iiklich gehörte die Vaterstadt des Columella, Gades (Colum. X, 185: mea
UMJh generant Tartessi littore Gades, vgl. VII, 2, 4), zur tribus Galeria,
icl die legio VI ferrata war in Syrien stationiert (Grotefend in Pauly*s
^Al-Enc IV. S. 883 £) , vo Columella sich längere Zeit aufgehalten hat
^y 10, 18: hoc quidem semen Cilidae Syriaeque regiouibus ipse vidi
enae lunio lalioque conseri et per autumnum . . tolli). C. L. Grotefend
der Zeitschr. f. d. Alt Wiss. 1835, S. 179. Sein patruus war M. Colu-
fllsL, doctissimufi et diligentissimus agricola (II, 16, 4), vir iUustribus disci-
^is eruditus ac diligentissimus agricola Baeticae provinciae (V, 5, 15),
^s vir ingenii atque illustris agricola im munieipium Gaditanum (VII,
4). Vgl. Xn, 21, 4 f. 40, 2. 43, 5. Zeitgenosse des Seneca; s. III, 3, 3:
^^entana regio, . . quam possidet Seneca, vir excelleutis ingenii atque
^^trinae. Also vor dem Tode des Seneca (J. 65) geschrieben, aber wohl
l^bdem er sich vom Hofe zurückgezogen, also etwa J. 62; vgl. Plin. n. h.
^V, 49 — 51. E. Meyer, Gesch. der Botanik IL S. 59—62. Jedenfalls
'^eb Columella später als Celsus und Gräcinus, die er beide citiert
oben 264, 1 u. 267, 5 f.), und früher als Plinius der iütere, von dem er
^ets citiert wird (VIII, 153. XV, 66. XVII, 51 f. 137. 162. XVIII, 70. 303.
^, 68). Vgl. noch Colimi. I. praef. 15: sicut M. Varro iam temporibus
^Omm conquestus est. I, 7, 3: ipse nostra memoria veterem consularem
^^ J. 3 n. Chr.) virumque opulentissimum L. Volusium (t 56 n. Chr.)
^«everantem audivi. V, 1, 2: cum M. Trebellius noster a me requireret
ier Legate des J. 36 bei Tac. A. VI, 41?). IX, 16, 2: Gallioni nostro (t 65
• C!hr., 8. oben 252, 7 g. E.). P. Silvinus scheint ein Landsmann und Nach*
^ des Columella gewesen zu sein; s. III, 3, 3 (in nostris Ceretanis). 9, 6
i me . . ex una vite quam in Ceretano tuo possides . . consummata).
Grundbesitz des Col. in Italien; s. III, 9, 2 (cum et in Ardeatino agro quem
inltis temporibus ipsi ante possedimus et in Carseolano itemque in Al-
ane • . vites . . habuerimus).
2. Schrifken. XI, 1, 31: contra quam observationem multis argumen-
ktionibuB disseruisse me non infitior in iis libris quos adversus astrologos
)inp08ueram. II , 22, 5 f. : certum habeo quosdam . . desideraturos lustra-
Teuffel, Rum. Literalurgpeschichte. ß7
578 Die Kaiserzeit. Erstes Jahrhundert.
tionum ceterorumque sacrificiorum quae pro frugibos fiunt morem priacis
usurpatum. nee ego abnuo docendi curam, sed differo in eum librum
quem componere in animo est cum agricolationis totam disciplinam per*
Bcripsero. Ob diese Absicht ausgeführt wurde ist nicht bekannt. Der
Schreibfehler XVI statt XII bei Cassiod. div. lect. 28 (Columella XVI libru
per diversas agriculturae species eloquens ac facunde illabitur) kann jeden-
falls darauf nicht bezogen werden. Colum. II, 11, 1 (escepta cytiso, de
qua dicemus in üs libris quos de generibus surculorum consciipsimüB)
deutet auf B. III—V (speciell V, 12), welche im Florent. (Medic.) die üeber-
schrift haben: Surcularis I, II, III.
3. De arboribus handelt sowohl B. III (III, 1,1: sequitur arborum
cura etc.) als auch ein eigenes so betiteltes Buch, welches sich selbst als
ein zweites bezeichnet (quoniam de cultu agrorum abunde primo volamine
praecepisse videmur, non intempestiva erit arborum . . cura) und in kür-
zerer Fassung dasselbe enthält wie die nunmehrigen Bücher III — V, auch
dem P. Silvinus nicht gewidmet ist. Dass es zu den zwölf Büchern nicht
gehört erhellt überdiess aus der übereinstimmenden und geschlossenen
Zählung welche in diesen selbst gegeben ist; so VIII, 1, 1 (quae . . exi-
gebat ratio septem memoravimus libris). X. praef 1 (superioribus noTem
libris). XI, 1, 2 (hoc undecimum praeceptum rusticationiB tradidi). XII,
13, 1 (cui septimo libro praecepta dedimus = VII, 8). Die auBfShrlichere
Bearbeitimg sollte ohne Zweifel an die Stelle der früheren treten, und nur
der Zufall hat uns auch von dieser jenen Theil erhalten. Sie war, wie ee
scheint, dem Eprius Marcellus gewidmet (Schneiders Ausg. p. 19. 673).
4. Die zwölf Bücher sind vollständig und in der von dem Verfasser
selbst gewählten Ordnung auf uns gekommen, wie aus den regelmässigen
praefationes erhellt; s. A. 3 und das Schlusswort XII, 57, 6 (clausolam
peracti operis mei). Die zehn ersten entsprachen den etwa vier der ersten
Ausgabe (A. 3); an diese wurden auf persönliche Veranlassungen B. XI
und XII noch angereiht; s. XI, 1, 2: quod nunc aggredior . . primo rei
rusticae libro (I, 8 f.) videbar aliquatenus executus; . . tamen . . numemm
quem iam quasi consummaveram voluminum excessi etc. XII, 1, 1: ut
institutum ordinem teneamus quem priore volumine (XI) inchoaYimuB.
Aber auch die früheren Bücher scheinen an P. Silvinus einzeln gesandt zu
sein , da die Vorreden zu B. II , IV und V auf Bemerkungen Bezug neh-
men welche über das Vorangehende gemacht worden seien. Für erschöpft
hält der Verfasser seinen Stoff keineswegs ; s. V, 1 , 1 : neqne infitior ali-
qua me praeteriisse , quamvis inquirentem sedulo quae nostri saecoli cul-
tores quaeque veteres litterarum monumentis prodiderunt; sed . . non w-
severaveram quae vastitas eins scientiae contineret cuncta me dictnrum,
sed plurima. . . (2.) nobis satis abuudeque est tam diffusae materiae . •
maximam partem tradidisse. XII, 57, 6: nihil dubitasse me paeneinfinita
esse quae potuerint huic inseri materiae, verum ea quae maxime videban-
tur neccsaaria memoriae tradenda censuisse. Aber er fasst auch seine
Aufgabe im weitesten Sinne; s. I. praef. 21 ff.: ego cum aut magnitudinem
totius rei . . aut partium eins . . numerum recenseo vereor ne supremus
ante me dies occupet quam universam disciplinam ruris possim cognoscere.
nam qui se in hac scientia perfectum volet profiteri sit oportet remu>
.^
277 f. Columella. Asconius. 579
naturae sagacissimuB efcc. (32.) ille quem nos perfectum esse volumus
agricolam . . multum tarnen profecejf^ si usu Tremellios Sasernasque et
Stolonea nostros aequaverit. (33.) . . illud procul vero est . . facillimam
esse nee uUius acuminis rosticationem. Echt römisch ist aber IX, 2, 5:
haec et his similia magis scrutantium rerum naturae latebras quam rusti-
corom est inquirere. studiosis quoqile Jitterarum gratiora sunt ista in
otio legentibus quam negotio^is agricolis, quouiam neque in opere neque
io re familiari quidquam iuvant. üebrigens zeigt sich Columella überall
als ein gebildeter Mann, der seines Gegenstandes mächtig und dafür be-
geistert ist und ihn mit Geschmack zu behandeln weiss (Isidor. Orig. XVII,
1, 1 : Columella, insignis orator, qui totum corpus disciplinae eiusdem com-
plexus est). Auch für die ethischen Seiten desselben hat er ein warmes
OefÜhl. Wiederholt preist er die einfachen Zustände des alten Rom und
beklagt das Umsichgreifen der Unnatur (I; praef. 14 ff. X. praef. 2. XII.
praef. 8 f.). An dem Herunterkommen des Bodens tragen die Menschen
selbst die Schuld (II, 1,7: non fatigatione . . nee senio, sed nostra inertia
minoB benigne nobis arva respondent).
5. Colum. IX, 16, 2: quae reliqua nobis rusticarum rerum pars su-
perest, de cultu hortorum, P. Silvine, deinceps ita ut et tibi et Gallioni
nostro complacuerat in Carmen conferemus. X. praef. 3: cultus hortorum
. . diligentius nobis quam tradiderunt maiores praecipiendus est; isque . .
prosa oratione prioribus subnecteretur exordiis, nisi propositum meum ex-
pugnasset frequens postulatio tua, quae pervicit ut poeticis numeris exple-
rem Georgici carminis omissas partes , quas tamen et ipse Yergilius signifi-
caverat (Georg. IV, 148) posteris post se memorandas relinquere. neque
enim aliter istud nobis fuerat audendum quam ex voluntate vatis maxime
venerandi. (4.) cuius quasi numine instigante . . aggressi sumus tenuem
admodum . . materiam. X, 433 f. : hactenus arvorum cultus, Silvine, doce-
bani, siderei vatis referens praecepta Maronis.
6. Columella^s Werk wird verhältnissmässig sehr wenig citiert; ausser
von Plinius und Gargilius Martialis fast nur von Serv. Aen. III, 540. Aus-
geschrieben wurde es durch Palladius, und dessen Arbeit sagte dem rohen
Geschmacke der späteren Zeiten besser zu. Doch sind von jenem nicht
wenige Handschriften auf uns gekommen, die aber noch nicht gehörig
▼erwerthet sind. Die besten sind die Florentiner und der Sangermanensis
in Paris. VgL die praefationes von Gesner (p. IX f.) und J. G. Schneider.
Aasgaben in den Sammlungen der scriptores rei rusticae; s. oben 44, 2.
Separatausgabe von J. H. Hess, Flensburg 1795; übersetzt von M. C. Cur-
tiu», Hamburg 1769. Ueber Columella vgl. E. H. F. Meyer, Gesch. der
Botanik IL S. 58 — 67, und ein Verzeichniss der weit über 400 Pflanzen
die von Columella genannt oder besprochen werden ebds. S. 68 — 80.
278. Dto classischen Schriftstellern der Vergangenheit;
besonders dem Cicero ^ Sallust und Yergil, zugewandt war die
literarische Thätigkeit des gelehrten Q. Asconius Pedianus (ums
J. 3 — 88 n. Chr.). Wir besitzen von ihm noch, obwohl in trüm-
merhafter Gestalt, geschichtliche Commentare zu fünf Reden
Cicero's, welche hohen sachlichen Werth haben und auch treff-
37*
580 Die Kaiser/elt. Erstes Jahrhundert.
lieh geschrieben sind. Um so weniger gilt beides von den mit
Unrecht seinen Namen tragenden Scholien zu CJicero's Verrinen.
Mehr Brauchbares enthalten die scholia Bobiensia, in welchen
der ursprüngliche Commentar des Asconius vielleicht benützt ist.
1. lÜeroD. zu Eu8. chron. ad a. Abr. 2092 = Yespas. 8 (Freher.
schon 2091): Q. Asconius Pedianus scriptor historicus (er war von Sueio
unter den historici, zwischen FenesteUa und dem älteren Plinius, abge —
handelt, Sueton. p. 91 Rit'sch.) clarus habetur, qui LXXIII aetatis su
anno captus luminibus XII postea annis in summo omnium honore co
senescit. Die Ansetzung in diesem J. kann nur dem Erblinden gelten; di
Blütezeit des Abc. muss unter Claudius und Nero fallen. Bei Suidas
*Ani%Loq erscheint 'Acatavioq üaidiavog schon J. 781 = 28 n. Chr. (untc^
Tiberius) in der Gesellschaft des Junius Bläsus; vgl. Ascon. ad Sca
p. 27 Gr.: possidet (das Hans des Scaurus) nunc Larg^ Licinius, qui
fuit cum- Claudio (J. 795 = 42 n. Chr.). Angeführt von Plin. n. h, VL
48, 159 (auctor est Pedianus Asconius) und Quintil. I, 7, 24 (ex P
comperi, vgl. V, 10, 9). Ascon. ad Comel. p, 76 Or. (Livius noster); d
her wohl gleichfalls aus Patavium gebürtig. Serv. zu Vergil. Ecl. III, 1
(Asconius Pedianus dicit se Yergilium dicentem audisse) wird berichti
durch Philargyr. und Schol. Bern. ibid. (dicit Comif. oder Comel. se £u
divisse Vergilium etc.); Ribbeck Prolegg. Vergil. p. 97 f.
2. Acro zu Hör. S. I, 2, 41 (p. 29 Hth.): quem (den Sallußt)
uius Pedianus in vita eins significat. Buch contra obtrectatores Yergil^^ ;
s. oben 211, 3 E. Darauf lassen sich alle Aussagen des Abc. über Ver^gT^^
beziehen, ohne dass man höthig hätte einen förmlichen Commentar d^^^
Abc. zu Vergil. anzunehmen; Suriiigar bist. er. schol. lat. II, p. 206 — 2 A ^^2.
Commentar zu den Beden Cicero's , gerichtet an seine Söhne (p. 44 O :k- - •
vestra aetas, filii, facit; vgl. vos ib. p. 12. 14 f 26 f. 45. 68 u. sonßt), vo^«c"-
zugsweise das Sachliche, die Zeitverhältnisse u. s. w. erläuternd und
den besten Quellen (Madvig p. 63 ff. Klotz, lat. Lit. I. S. 109—111)
Scharfsinn und Gründlichkeit geschöpft. Nach den Verweisungen in
erhaltenen Theile scheint Ascon. die meisten (oder alle) Beden des Cio^^*"^
in dieser Weise commentiert zu haben ; vgl. Gell. XV, 28, 4. Auf uns
kommen sind aber — in fragmentarischer Gestalt — Commentare zu <1«
Reden in Pisonem, pro Scauro, pro Milone, pro Cornelio und in toga
dida. Poggio fand diese in St. Gallen J. 1416 und nahm davon eine flCLo tä-
tige Abschrift, welche sich zu Florenz befindet, während das St. OaXl^*"
Original alsbald wieder verloren gieng. Ausgaben nach jener Abscbx'i^
(Madvig p. 33 tf.; bei Orelli V. p. I — XIII), meist mit Interpolationen: B^-
princepg Venet. 1477; andere von P. Manutius (Ven. 1547 u. sonst), ^^•
Hotomannus (Lugd. 1551), T. Popma (Colon. 1578), Th.Crenius [hvt^^-
1698), Jac. Gronov (Lugd. Bai 1692. 2 Voll. 4.) und in den Gesammt»'*^«-
gaben des Cicero von C. G. Schütz und besonders Orelli- Baiter (V, 2. jp- ^
—95). Kritische Beiträge von Binkes in der Mnemosyne X und XI.
3. Die Commentare zu den Verrinen (einschliesslich der divinati^^
sind ebenso überwiegend grammatisch wie die andern historisch, hietc^
sehr wenig was nicht auch aus andern Quellen bekannt oder selbstve''*
278 f. Asconius. Pomponius Mela. 581
siänclXich wäre, haben eine breite Darstellung und unclassische Sprache
und sind nicht wie jene an eine Mehrheit gerichtet (z. B. p. 119 Or.: pri-
maixmi, subaudi partium). Hätte der Verfasser derselben (frühestens aus
dem vierten christl. Jahrh.) den echten Commentar des Asconius zu diesen
Reden auch nur vor sich gehabt, so müsste er ihn ohne Verständniss für
das 'Wichtige ausgebeutet und in seine Sprechweise übersetzt haben. Vgl.
Madvig p. 84 ff. Diese Commentare selbst bei Orelli V, 2. p. 97—213.
4. Viel weniger dürftig, daher eher aus den echten Comment-areu
<i68 Asconius mitgeschöpft, aber doch mit diesen selbst an historischem
und exegetischem Werthe und gefeilter Schreibweise ebenso wenig zu ver-
gleichen sind die von Ang. Mai aus einem Palimpseste von Bobbio (dessen
eratex" Theil in der Vaticana, der zweite in der Ambrosiana sich findet)
herausgegebenen Reste von Scholien zu ciceronischen Reden (pro Flacco,
cum in senatu gratias egit, cum populo gratias egit, pro Plancio, Milone,
Seatio, inVatinium, in Clodiura et Curionem, de aere al. Milonis, de rege
alexandrino, pro Archia, Sulla, in Catil. IV, pro Marcello, Ligario, Deio-
^^^i"©, Scauro), gewöhnlich Scholia Bobiensia genannt. A. Mai wollte
bei der ersten Herausgabe (Mediol. 1814 = Frankfurt 1815; cum Maü notis
^did. Gramer et Heinrich, Kiel 1816. 4.) sie dem Asconius beilegen (comm.
antiquus ineditus qui videtur Asconii Pediani), nahm diess aber in der
zweiten Ausgabe (Auetores classici e vaticanis codd. editi. Vol. II. Rom
I82S) zurück. In der That ist es unmöglich diese Scholien früher als ins
vierte oder fünfte Jahrhundert zu setzen. Vgl. z. B. p. 286 Or. : quos nunc
^^^6*0 muliones dicimus, . . eos veteres, ut animadvertis, redarios dicebant.
^aa« der Verf ein Christ war zeigt p. 266, 9 Or. (secundum veterem super-
»titioiiem). Abdruck bei Orelli V, 2 (Mai's praefatio etc. p. 217-228)
P- 228-376. Vgl. Madvig p. 142 ff.
5. Suringar, historia critica schol. lat. I. p. 116 — 146. Hauptschrift:
•'* ^- Madvig, de Q. Asconio Pediano et aliorum veterum interpretum in
,^- orationes commentariis disp. critica, Kopenhagen 1828; wozu Appen-
^^ oritica, ib. 1828. Gräfenhan, Gesch. d. class. Philologie IV. S. 293—298.
279. unter Caligula oder Claudius verfasste Pomponius
^^Xa aus Tingentera in Spanien seine drei Bücher de choro-
^^J)hia, für uns die früheste Beschreibung der alten Welt.
^^ Abriss ist aus guten Quellen geschöpft, wohlgeordnet und
^^"^^chhaltig. Neben dem Geographischen wird auch das Sitten-
S^Bchichtliche berücksichtigt. Der Stil zeugt von rhetorischer
Bildung. Wortstellung, Constructionen und der meist abge-
lassene Satzbau verrathen den Zeitgenossen des Seneca.
1. Mela II, 96: Carteia . . atque unde nos sunms Tingentera. III, 49:
^ritannia qualis sit . . mox certiora dicentar. quippe tamdiu clausam
^perit ecce principam maximus, nee indomitarum modo ante se verum
Ignotarum quoque gentium victor propriarum rerum fidem ut hello ad-
tectjivit ita triumpho declaraturus portat. Diess deutet entweder auf Ca-
ligula's Triumph über Britannien (J. 40 n. Chr.) oder den des Claudius
ik.
j2 Die Kaiserzeit. Erstes JahrhundertT^'
I. 43). III, 90: Eudoxus quidam avorum nostrorum temporibos com La>
ihyrum regem (J. 117 — 81 v. Chr.) Alexandriae profugeret.
2. Von Plinias wird Mela, Pomponius Mela und Mela Pomponias ald
Quelle genannt für B. EI— VI, Vni, XII f., XXI f. Mela selber nennt
als Quellen den Hipparchos (III, 70), Hanno (III, 90. 94) und Comeli
Nepos (III, 45: Com. N. ut recentior, auctoritate sie certior; vgl. ib. 90)^
Die Zahl der von ihm aufgeführten geographischen Namen beträgt übe
1500. Bei aller sonstigen Kürze sind doch über merkwürdige Punkte au<
ausführliche Beschreibungen eingefiochten , wie über den specus Corycii
I, 72—76, den Berg Ida I, 94 f.; ebenso sittengeschichtliche Erörterunge
über Aegypten I, 57—59, Britannien III, 49—52. Die ganze Anlage se
voraus dass dem Verfasser eine Erdkarte vorlag. Nicht ausgeführt schei
die Absicht den Gegenstand auch ausführlicher zu behandeln; s. I, 2:
cam autem aUas plura et exactius, nunc ut quaeque sunt clarissima
Btrictim.
3. Handschrifi;en des Mela zählt Tzschucke (vgl. Parthey p. IX— XXVTÄTIS
ungefähr sechszig auf, Ausgaben 104. Unter den ersteren ist die äl
und wichtigste der Vaticanus 4929 saec. IX oder X, die andern alle i
saec. XIV ff. Unter den Ausgaben sind hervorragend die von Is. V
(Hag. Com. 1658. 4. Franeker 1700. 8.), C. H. Tzschucke (Lips. 1806
6 Bde mit ausfährlichem kritischem und exegetischem Commentar), G.
they (ad librorum mss. fidem edidit uotisque criticis instruxit, Berlin 1^67;.
Ausserdem ist nennenswerth die von J. Gronovius (Lugd, Bat. 1685. 1696.
1722. 1748. 1782).
280. Die bedeuteudsten Redner in dieser Zeit waren Solcie
die sich gewerbsmässig mit politischen Anklagen befassten^ wie
P. Suillius, Vibius Crispus aus Vercellä, den sein ruhiges Wesen
ein hohes Alter und die Zeit Domitians erreichen liess^ der leb-
haftere Eprius Marcellus; Eunstredner lulius Africanus und der
Sachwalter Galerius Trachalus (Cos. J. 68); ausgezeichnet haupt-
sächlich durch sein volltönendes Organ. Andere bethätigten
ihre Beredtsamkeit vorzugsweise im Senat; wie die Stoiker Pae-
tus Thrasea und Helvidius Priscus. Auch eine Anzahl von Leh-
rern der Redekunst kennen wir aus dieser Zeit, wie Verginiuf|
FlavuS; Clodius QuirinaliS; Antonius Liberalis u. A.
1. Tac. A. XIII, 42: P. Suillius, imperitante Claudio terribilis 0
Ankläger) ac venalis. . . eius opprimendi gratia repetitum credebatar
poenaque Cinciae legis adversum eos qui pretio causas oravissent
lius . . praeter ferodam auimi extrema senecta liber etc. ib. 43 wej
u. A. equitum rom. agmina damnata ihm schuldgegeben. Er wor^
insulas baleares verbannt, J. 58 n. Chr. Vermählt war er mit der
tochter des Ovid, ex Pont. IV, 8 vom J. 15 n. Chr. A. Haakh.in
Real-Enc. VI, 2. S. 1486 f. Nr. 1.
2. Tac dial. 8: ausim contendere Marcellum Eprium (s. A.
Crispum Vibium . . notos non minus esse in extremis parÜbi
280, Redner: Vibius Crißpus, lulius Africanus u. a. 583
J^Mö quam Capuae aut Vercellis, ubi nati dicuntur (vgl. Schol. Juv. FV, 81:
^^^F>^a8, municeps Viaelliensia; dagegen Schol. des Valla ib., unter Ver-
weclxslung mit Passienus Crispus, oben 252, 6: V. Cr. Placentinus). hoc
illiß ^raestat . . ipsa eloquentia. . . sine commendatione natalium, sine
sabstiantia facultatum, neuter moribus egregiua, alter habitu quoque cor-
poris contemptus, per multoa iam anuos potentissimi sunt civitatis ac donec
^"^^i'ti principes fori, nunc principes in Caesaris (des Vespasian) amicitia
fß^'^^^ti geruntqne cuncta. Hist. II, 10: Vibius Crispus, pecunia, potentia,
i^S^Äiio inter claros magis quam iuter bonos. . . Crispum easdem accu-
^atioxies cum praemio exercuisse meminerant. Juv. IV, 81 — 93: venit et
^i:ia5>i iucunda senectus, cuius erant mores quaUa facundia, mite Ingenium.
- • sie multas hiemes atque octogesima vidit solstitia, his armis illa (des
I^oxnitian) quoque tutus in aula. Er lebte also etwa J. 10 — 90 n. Chr.,
'^^^ es kann daher richtig sein die Angabe des Schol. Vall. zu Juv. 1. L:
^^ ^xxanu promptus et lingua sub Claudio et consulatum adeptus. Vgl. Pliu.
?* ^. XIX. prooem. 4: C. Flavio legato Vibi Crispi procos. (von Africa).
*7^« Jahr seines Consulats ist aber nicht bekannt. Zechgenosse des Vitel-
^^^^ (Suid. V. BitiXXios), Quintil. V, 13, 48: quod factum venuste nostris
^^>nporibu8 elusit Vibius Crispus, vir ingemi iucundi et elegantis. X, 1,
?^^^: erant clara et nuper ingenia. et Trachalus (A. 6) . . fuit . . et Vi-
^Vu8 Crispus compositus et iucundus et delectationi natus, privatis tarnen
^^^osis quam publicis melior. XII, 10, 11 (iucunditatem Crispi). VHI, 5, 17
v^ro Spatale Crispus, vgl. ib. 19: Trachalus contra Spatalen).
3. Inschrift aus Capua bei Orelli-Henzen 5425: T. Clodio M. f. Pal.
ClTitterstaat des Emporkömmlings) Eprio Marcello cos. II (J. 827 = 74;
1^ zwischen 811 u. 814), auguri, curioni maximo, sodali augustali, pr(aetori)
l>er(egr., im J. 48, s. Tac. A. XII, 4), procos. Asiae III (J. 824—826) provincia
Cypros; vgl. Borghesi Oeuvres III. p. 285 ff. Geboren zu Capua in niedri-
gen Verhältnissen (s. A. 2), Delator unter Nero (Tac. A. XVI, 22 extr. :
Idarc. Epr. acri eloquentia. ib. 29: cum Marcellus, ut erat torvus ac mi-
Bax, voce, voltu, oculis ardesceret), z. B. des Thrasea, und als solcher spä-
ter wiederholt von Uelvidius Priscus belangt (Tac. dial. 5: quid aliud in-
festis patribus nuper Eprius Marcellus quam suam eloquentiam opposuit?
qua aecinctus et miuax disertam quidem sed inexercitatum et eiusmodi
certaminum rüdem Helvidi sapientiam elusit; vgl. unten 282, 12), aber noch
unier Vespasian einflussreich (s. A. 2), jedoch J. 79 der Verschwörung
gegen ihn überwiesen und zum Tode getrieben. A. Haakh in Pauly^s Real-
Enc. ni. S. 207 f. Tac. hist. IV, 7 : esse illi (dem E. M.) pecuniam et elo-
quentiam ^ quis multos auteiret, ni memoria fiagitiorum urgeretur. Ver-
theidigung des E. M. ib. 8. Vgl noch 277, 3. 283, 2.
4. Quintil. X, 1, 118: eorum quos viderim Domitius Afer (f J. 59 n.
Chr., s. oben 260, 5) et lulius Africanus longo praestantissimi. . . hie
concitatior (als Afer), sed in cura verborum nimius et compositione non-
numquam longior et translationibus parum modicus. Vgl. ib. XII, 10, 11
(oben 37, 2). Tac. dial. 15. Phn. Ep. VII, 6, 11. Quintil. VIII, 5, 15
(insigniter Africanus apud Neronem de morte matris, J. 59 n. Chr.). Sein
Vater war wohl der im J. 32 verurteilte lulius Africanus e Santonis, gal-
hca civitate (Tac^ A. VI, 7).
584
Die Kai^erzeit. Erstes Jahrhundert.
5. Qointil. X, 3, 13: patruus lulii Secundi fuit I alias Floras, in
eloquentia Galliamm (qnoniam ibi demum exercoit eam) princeps, alioqai
inter paucos disertus.
6. Tac. Hist. I, 90: in rebas urbanis Galerii Trachali (Cos. 821
= 68 mit Silius Italicus) ingenio Othonem ati credebatar. et erant qai
genus ipsum orandi noscerent crebro fori usa celebre et ad implendas po-
puli aures latam et sonans. Qointil. X, 1, 119: erant clara et naper in-
genia. et Trachalus plerumqae snblimis et satis apertas fiiit et qaem velle
optima crederes, auditus tarnen maior; nam et vocis qaantam in nollo
cognovi felicitas et pronuntiatio vel scenis suffectara et decor, omnia deni-
que ei quae snnt extra saperfueraut. Letzteres näher ausgeführt XFL ^
5, 5 f. Tgl. 10, 11 (sonum Trachali). Veröffentlicht war jedenÜEills seii^^
Rede contra Spatalen (Quintil. VIII, 6, 19). Vgl. noch Qointil. VI, 3, 78
7. A. Fabricios Veiento (praetorius, Dio LXI, 6) wurde im J. 62
Chr. angeklagt quod multa et probrosa in patres et sacerdotes compos
set iis libris quibus nomen codicillorum dederat (Tac. A. XTV, 50). A
wohl eine Satire in Prosa in der Form eines Testaments (vgl. oben 24,
Convictum Veientonem Italia depulit (Nero) et libros exuri iussit, conq^
sitos lectitatosque donec cum periculo parabantur (Tac. 1. 1.). Unter
mitian finden wir ihn als niedrigen Schmeichler des Herrschers und D<
tor bei Juv. III, 185. IV, 113. 123 ff. VI, 113. Er erlebte noch den Ne
(Plin. Ep. IV, 22, 4 vgl. IX, 13, 13).
^
a
m-
8. L. Valerius Primanus, von Sueton (p. 99 Bffsch.) nach Q. Cur
Rufus und vor Verginius Flavus unter den clari rhetores aufgeführt.
9. Tac. A. XV, 71: Verginium Flavum . . claritudo nomiuis 4
pulit (J. 65 n. Chr.); nam Verginius studia iuvenum eloquentia . . foveb
Unter Letzteren war auch der junge Persius Flaccus (vita Pers.). In 3,
suetonischen Verzeichniss von rhetores (Sueton. p. 99 Rffsch.) ist er
zehnte. Quintil. III, 1, 21: scripsit de eadem materia (Rhetorik) . .
tis nostrae Verginius. VII, 4, 40: Flavum, cuius apud me sununa est
ctoritas, cum Artem scholae tantum componeret etc. Er schloss sich dsLlop «i
an griechische Vorgänger an; s. ib. VII, 4, 24. Erwähnungen de88ei1>^o
ib. III, 6, 45. IV, 1, 23. XI, 3, 126.
10. Hieronym. zo Eos. chron. a. Abr. 2063 = Claud. 7 aus Sue'to^
(vgl. p. 99 Rffsch.) : P. Clodius Quirinalifl rhetor Arelatensis Romae insig'oi^*
sime docet.
11. Hieronjm. ib. ad a. 2064 = Claud. 8: M. Antonius Liberalis, Is-
tinus rhetor, gravissimas inimicitias cum Palaemone (oben 266, 3) exerc^^-
Dagegen Liberalis noster aus Lugdunum bei Sen. Epist. 91, 1. 3. 13 Boheint
Aebutius Liberalis (oben 273, 4) zu sein.
12. Hieronjrm. ib. ad a. 2073 = Neron. 3: L. Statins ürsnlus Tolo-
seneis celeberrime in Gallia rhetoricam docet.
13. Vita Lucani: matrem habuit Aciliam, Acilii Lucani filiam, ora-
toris (Sachwalter) operae apud proconsules (in Spanien) frequentis et »pud
clarissimos viros non nullius ingenii. adeo non improbandus fuit ut in
scriptis aliquibus hodieque perduret eius memoria.
14. üeber Passienus Crispus den jüngeren s. oben 262, 5; über lo*
4it
Ükht
t4.
't.T
280 f. Redner (TrochaJus u. a.) und Juristen. 585
^ias GalUo oben 252, 7; über Paetus Thrasea und Helvidius Priscus unten
^^2, 7 a. 12; über Cluvius Rufus unten 296, 2; über Curiatius Maternus
^^ten 300, 1; über Silius Italiens unten 302, 1; über den Vater den Statius
^ten 300, 3.
15. üeber die rhetorischen Schriften des L. Annaeus Cornutus s. un-
^n 282, 2.
■
281. Namhaftere Juristen dieser Zeit sind nächst Pro-
culus besonders der Sabinianer Caelius Sabinus (Cos. 69), der
Jängere Nerva, der Vater des nachmaligen Kaisers Nerva, Lon-
ginus und ürseius Ferox. Ein jüngerer Zeitgenosse des Pro-
cuJus ist Atilicinus, und auch Fufidius scheint dieser Zeit anzu-
g'eliören.
1. üeber Proculus s. oben 265, 5.
2. Pompon. Dig. I, 2, 2, 53: Cassio (oben 265, 3) Caelius Sabinus
iuc<*^88it, qui plurimum temporibus Vespasiani potuit (doch war er cos.
^^ÖT- schon 69 == 822, Tac. Hist. I, 77), . . Caelio Sabino Priscus lavole-
lua. Gellius IV, 2, 3: Caelius Sabinus in libro quem de edicto aedilium
'^^*"^xlium coraposnit. Daraus Gell. VI, 4, 1 (Caelius Sabinus iurisperitus)
— 3. Dig. XXI, 1 (de aedil. ed.), 14 (pr. u. 3. 10). 17 (§. 1. 6. 8. 12 ff.).
^^. ^5 (2). Aus anderen Schriften desselben Gaj. Inst. III, 70 u. 141. Dig.
^-X^XV, 1 (de cond. et demonstr.), 72, 7.
3. Pompon. Dig. I, 2, 2, 52: fuit eodem tempore et N^rva filius
^^^^ Vater oben 265, 2), fuit et alius Longinus (als der oben 265, 3 ge-
'^^■^^rite) ex equestri quidem ordine, qui postea ad praetiüram usque per-
^®*^^t. Dig. ni, 1, 1, 3: qua aetate (pueritia, bis zum 17ten Jahre gerech-
^^i aut paulo maiore fertur Nerva filius et publice de iure responsitasse.
p^^ , 2, 47: idque Nerva filius libris De usucapionibus retulit. Er war
'"^^^ulianer. Wohl auf ihn bezieht sich Tac. A. XV, 72: triumphale decus
dJocceio Nervae, praetori designato, . . tribuit (Nero, J. 65 n. Chr.).
4. Ulpian in der Collat. leg. mos. et rom. XII, 7, 9: libro X ür-
^-^ Xi8 refert Sabinum respondisse. In Schriften von ihm war Proculus
^i^^^. IX, 2, 27, 1. XXXIX, 3, 11, 2) citiert, und zuUrsejus selbst verfasste
^^«ius (oben 265, 3) Commentare (Dig. VII, 4, 10, 5: Cassius apud ürseium
^P^Vbit, vgl. ib. XLIV, 5, 1, 10: Cassius existimasse ürseium refert), sowie
^Ivius Julianus in seinen libri IV ad ürseium Ferocem.
6. Dig. XXni, 4, 17: Proculus libro XI epistolarum. Atilicinus
^^oculo Buo salntem. Folgt eine juristische Anfrage, worauf Proculus re-
^pondit. Genannt wird er ib. X, 3, 6, 4 (Sabinus et At. responderunt).
^H, 4, 7 (Nerva, At responderunt). XLV, 2, 17 (At., Sabinus, Cassius . .
^ont). Inst. last. II, 14 (Atilicino placuisse Paulus . . refert). Fragm.
Vat. 77 (Atüicinum respondisse Aufidius — oder Fufidius, s. A. 6 — refert).
6. Dig. XXXIV, 2, 5 (aus Africanus): apud Fnfidium Quaestionum libro
II ita scriptum est etc. XL, 2, 25 (aus Gs^us): Fufidius ait; Nerva filius
(A. 3) contra sentit, quod verius est. XLII, 5, 29 (aus Paulus): Fufidius
refert etc.
586 Die Kaiserzeit. Erstes Jahrhundert.
7. Sex. PediuB (Dig. IV, 8, 3fi, 20 u. IX, 2, 33 aus Paulus; ib. XXXIX,
1, 5, 9 aus Ulpianus), Verfasser eines Werkes in mehreren Büchern de
stipulationibus (PauL ib. XII, 1,6: Pedius libro primo de st.) und eines
grösseren, von mindestens 25 Büchern, ad edictum; s. Paul. ib. XXXVII, 1, ^^
6, 2: uotis scriptae tabulae non continentur edicto, quia notas literas noi^^
esse Pedius libro XXV ad edictum scribit. In den notae Einsidlenses ja
ristischen Inhalts ivird schliesslich auch aufgeführt S. P. M. und diese-- _
aufgelöst Sexti Pedii Medmani (nach Huschke's Verbesserung, aus MednL___^
oder Medama in Bruttium). Danach hätte er vor Probus (unten 283, 3)
lebt. Aus den Dig. ersehen wir nur dass er nach Ofilius (Dig. XIV, 1,1,
aus Ulpianus: unde quaerit Ofilius, . . quam distinctionem Pedius probi
und Sabinus (ib. L, 16, 13, 1 aus Ulpianus: ufSabinus ait et Pedius proba~: i^)
andrerseits vor Julianus (ib. III, 5, 6, 9—11 aus Julianus: item quaerii.==^ ut
apud Pedium libro VII etc.) und vor Pomponius (ib. IV, 3, 1, 4 aus IZZUI-
pian: ut et Pedius libro VIII scribat. . . idem et Pomponius libro XXVI II,
et adicit etc.) geschrieben hatte. Vgl. Huschke, inrisprud. anteiu^» U
p. 67 f. 77. T\jdemann, de Pedio icto, Lugd. Bat. 1822.
282. Die Lehrer der Philosophie in dieser Zeit schr-die-
ben meist griechisch. So Sextius, ComutuS; Musonius RuP^kjs,
Epiktet. Unter den Anhängern derselben waren schriftsteUe-
risch thätig; und in lateinischer Sprache ; ausser Celsus, P^.jpi-
rius FabianuS; ein Plautus^ und besonders Seneca. Die bes^fc^n
Männer wandten sich dem Stoicismus zu, weil er die Fähigkicit
verlieh mit Würde zu leben und mutig zu sterben. So lulius
EanuS; Thrasea Paetus, Barea Soranus, Rubellius PlautuS; Sei-
vidius Priscus, sowie die Dichter Persius und Lucanus. Da sie
alle den Kundgebungen des Servilismus sich möglichst entzog^ezi^
manche ihre Abkehr davon freimütig aussprachen , so wurde
das stoische Bekenntniss ein politischer Verdachtsgruud. Nor
P. Egnatius Celer verband Stoicismus imd Denimtiantentbuiu.
Selten wird jedoch die stoische Lehre von ihren Anhangeni
rein erhalten; die einen schwächen sie ab zu einem Gomplex
von Lehren praktischer Lebensweisheit, wie ausser Seneca auch
Musonius und Epiktet, Andere steigern sie durch asketische
Zuthaten aus Pythagoreismus und kynischer Praxis, und um
die Systematik derselben kümmern sich die Wenigsten.
1. Ueber Sextius s. oben 250, 5—7.
2. Suidas 8. y. Koqvovxos: Asnxitrjg tpilocotpog, . . ysyovtoi h^Ptofi^
inl Nigcovog nai jtQog avtov dvaiQsd'tlg avv tm Movcovim (A. 3). ifO^
noXXoc fpiXocotpd xs xal {rjxoQinci. Hieronym. chron. ad a. Abr. 2084
Ner. 14: Nero . . Cornutum pbilosophum, praeceptorem Peraii (s. rmt
284, 2), in exsilium fugat. Dio LXII, 29 (AwccCov Kogvovxov svdomiioi
x6x8 ys inl naiÖBioi). Philosophische Schriften nqog 'Ad'rjvodiOQOv toi
axoxiXriv, nB(fl xrjg xmv d's^v q>v6£CDg, welche letztere Schrift erhalt
282. Philosophie: ComutuB. Musonius. 587
^om. de natura deorom, ex schedis C. de Villoisonis reo. et comm. instr.
r. Osann, Gotting. 1844), vielleicht ein Auszug des urspriinglichen Werkes.
emer rhetorische: rixvag ^ijTO^ixag in griechischer Sprache und de figuris
^nteuüarum in lateinischer (Gell. IX, 10, 5: Annaeus Cornutus, homo sane
leraque alia non indoctus neque imprudens, in secundo librornm quos de
IpixiB sent. composuit). Dazu granimatische. Gell. II, 6, 1: nonnulli gram-
LAÜci aetatis superioris, in quibus est Cornutus Annaeus, haut sane indocti
sque ignobiles, qui commentaria in Yergilium composuerunt, reprehen-
unt etc. Charis. I. p. 127, 20 E.: L. Annaeus Cornutus in Maronis com-
lentarüs X, ohne Zweifel identisch mit ib. p. 125, 16: Annaeus Cornutus
i Italicum de Vergilio libro X; vgl. 0. Jahn, Pers. p. XV— XIX. Ribbeck
roleg. Vergil. p. 123—128. Aus seiner Schrift de enuntiatioue vel ortho-
raphia Auszüge bei Cassiod. p. 2281 ff. P. Corrupt und unverständlich
}t Charis. 11. p. 201, 12 K.: Annaeus Cornutus libro tab. castarum patris
oi. Zweifelhaft aber ist ob Cornutus auch Tragödien verfasst habe. Zwar
leisst es in der vita Persii (p. 234 f. J.): cognovit per Comutum etiam
Lnnaeum Lucanum, aequaevum auditorem Comuti. nam Cornutus illo tem-
>ore tragicus fuit, sectae stoicae, qui libros philosophiae reliquit. sed Lu-
sanuB etc. Indessen sind die Worte nam — reliquit ein fremdartiger Zu-
latz, da aber Cornutus in der vita schon vorher genauer gesprochen war,
voLch hier, bei dem Unterrichte, seine Eigenschaft als tragicus nicht in
Betracht kam. Unglaublich ist jedoch dass diese Worte ursprünglich (wie
If. Hertz meint, de Scaevo p. 4 f. not. 4) sich auf den nachher kurz ge-
aannten Seneca bezogen haben, da sie in ihrer unlogischen Fassung nicht
von Probus selbst herrühren können, ein späterer Grammatiker aber den
Tragiker Seneca und den Philosophen nicht identificiert, geschweige denn
jene Eigenschaft an Seneca vorangestellt hätte. Im Allgemeinen G. J. v.
Martini, disp. lit. de L. Annaeo Cornuto, Lugd. Bat 1825. 0. Jahn, Prolegg.
zu Pers. p. VIII— XXIV.
3. C. Musonius (Plin. Ep. III, 11, 5. 7) Rufus. Tac. A. XV, 71:
(Musonium) Rufum claritudo nominis expulit (J. 65 n. Chr. vgl. Dio LXII,
27: 'Povtpog Movadviog 6 tpilSöotpog . . itpvyadsvd'rj), nam . . Musonius
praeceptis sapientiae fovebat (iuvenes). XIV, 59: doctores sapientiae, Coe-
ranu8 graeci, Musonius tusci (aus Volsinii) generis. Hist. ni, 81: miscuerat
se legatis (J. 69) Musonius Rufus, equestris ordinis, studium philosophiae
et placita stoicorum aemulatus. Unrichtig daher Hieronym. ad a. Abr.
2095 (Freher. ad 2096), Tit. 1: Titus Musonium Rufum philosophum de
exilio revocat. Vgl. Dio LXVI, 13: ndvtag avtC%a tovg tpiloaotpovg 6
Ovscnaciavogj nlrjv tov Movatavlov^ i% tr\g 'Pdfitig i^ißalBv (J. 71). In-
schrift (Eph. Arch. 3833, 3) : tsQsvg UnokXanfog JrjUov diä {ߣov) Movcto-
9iog ^Povtpog, Dass er in griechischer Sprache lehrte erhelllt aus GeU. IX,
2, 8. XVI, 1, 1 f. und der Sammlung seiner Aussprüche über Fragen des
sittlichen Lebens (dno^vriiiovsvnaxce MovamvCov) durch den jüngeren PoUio,
woraus Stobäus Florileg. Vieles excerpiert hat. Das bei Gellius V, 1 von
ihm Angeführte kann übersetzt sein; aber das Wortspiel zwischen remit-
tere und amittere animum (ib. XVIII, 2, 1) deutet auf ursprünglich latei-
nische Fassung. C. Mnsonii Rufi . . reliquiae et apophthegmata cum
annot. ed. J. Venhuizen-Peerlkamp , Harlem 1822. H. Ritter und L. Prel-
ler, hist. philos. graeco-rom. p. 438 ff. J. J. Bäbler, im N. Schweiz.
588 Die Kaiserzeit. Erstes Jahrhundert.
Mus. IV (Bern 1864) S. 23—37. 0. Bernhardt, zu G. Mus. Rufus, Sorau
1866. 4.
4. Epiktet aus Hierapolis, bekannt durch seines Schülers Arriano
'EyxBiffidtov 'EntiixtJTOv. Fr. Spangenberg, die Lehre Epiktets, Hanai
1849. 4. Winnefeld, die Philosophie des Ep., ein Beitrag zur Geschidit
des Eklekticismus der röm. Kaiserzeit, in Fichte^s Zeitschr. f. Philos
S. 1 — 32. 193 — 226. G. Grosch, die Sittenlehre des Ep., Wemigerod
1867. 4. luid vieles Andere.
5. Quiutil. X, 1, 124: Plautus in stoicis rerum cognitioni utilis. V|
oben 250, 9. Ueber Celsus s.* oben 264, 3; über Fabianus oben 250, 1
über Seneca oben 273, 4 u. 5; über den Epikureer Aufidius Bassus ob
261, 2.
6. Sen. de tranq. an. (dial IX,) 14, 4: Kanus lulius, vir inpri
magnus, cuius admirationi ne hoc quidem obstat quod uostro saeculo nat
est, cum Caio (Caligula) diu altercatus, wurde von ihm zum Tode yen^m^-mr-
teilt. (9.) prosequebatur illum philosophus suus (zum Hinrichtungsplat^ss ^ .
. . promisitque (I. K.) si quid explorasset drcumiturum amicos (nach seine
Tode) et indicaturum quis esset animarum status.
7. P. (Fanuius?) Thrasea Paetus ausPatavium, Schwiegersöhne!
Caedna Paetus, Gemahl der jüngeren Arria und Vater der Fannia die
HelvidiuB Priscus (A. 12) vermählt war, Consular, von Nero J. 66 zum To
verurteilt. W. Teuffei in Pauly's Real-Enc. VI, 2. S. 1898 f. A. S. Ho
sema, de P. Thr. P., Groningen 1862. G. Joachim, P. Valerii Paeti T
vita, Lahr 1858. Dio LXII, 26: o Sgaasag %al 6 Zmgccvog (A. 8), %al -
vovg xal nlovxov tijg te cvfiknccarig dQetfjg ig rd nqdiza dvri%ovzBg^ . .
^avov . . 0X1 xoiovxoi Tjactv. Tac. A. XVI, 21: ad postremum Nero vir^^^.-
tem ipsam excindere concupivit interfecto Thrasea Paeto et Barea Sora-xxo.
Er gehörte zu der secta quae Tuberones et Favonios . . genuit (ib. ^3>
Zum Tode verurteilt, war er maxime intentus Demetrio, cjnicae instituizio -
nis doctori (Sen. de benef. VII, 8, 2: virum ezactae . . saplentiae
que . . constantiae, eloquentiae vero eins quae res fortissimas deceat
Verbannt unter Vespasian, Dio LXVI ,13). cum quo . . de natura
et dissociatione spiritus corporisque inquirebat etc. (Tac. A. XVI, 34). Ttir^
sea^s Ideal war von jeher der jüngere Cato, dessen Leben er auch in eix&e^
panegyrisch gehaltenen Schrift beschrieb, die dem Plutarch bei seixier
Biographie desselben als Hauptquelle gedient hat; v. Plut. Cat. min. ^7
vgl. 26 und H. Peter, d. Quellen Plutarchs S. 65 f. 68.
8. Servilius Barea Soranus, cos. suff. 62 unter Claudius, gleichzeitig
mit Thrasea (A. 7) angeklagt und zum Tode getrieben. Dio LXII, S^'
xov Zatgavov Tlovitltog *Eyv(xxiog KiXsQ (aus Berytos) (pil6aoq>Gg xaxttf^^^'
öofiaQxvQTjatv. Tac. A. XVT, 32: cliens hie (P. Egnatius) Sorani et t^cnc |^
emptus ad opprimendum amicum auctoritatem stoicae sectae praeferet''^
habitu et ore ad exprimendam imaginem honesti exercitus, ceterum anXmo
perfidiosus, subdolus etc. Juv. III, 116 ff. mit Schol. zu I, 33 (Soraof^^
Baream Celer philosophus magister ipsius apud Neronem scelere delatic^us
occidit et ipse postea sub Vespasiano ob hoc ipsum Musonio Rufo acco-
sante damnatus est) und VI, 552.
9. Rubellius Plautus . . placita maiorum colebat, habitu severo, ca^^
\f
282 f. Philosophie (Paetus u. a.) und Grammatik (Probus). 589
et »^c;reta domo, Tac. A. XIV, 22 (wo ihm Nero J. 60 schreibt: esse illi
peir ^Asiam avitos agros, iu quibus tuta et inturbida iuventute frueretur).
i^- ^7: Plautom . . veterum Romanorum imitamenta praeferre, assumpta
etia,xx3. Stoicorum arrogantia sectaque, quae turbidos et negotiorum adpe-
teot^fi faciat. Von Nero gemordet J. 62, ib. 58 f.
«
XO. H. Schiller, die stoische Opposition unter Nero; 1, 1. Wertheim 1867.
XI. Vita Persii: usus est apud Comutum duorum convictu doctissi-
itioi^vKin et sanctissimorum virorum, acriter tunc philosophantiuro, Claudii
irrini (Reinesius: Agathemeri) medici Lacedaemonii et Petroni Aristo-
Magnetis, . . cum aequales essent, Cornuti minores et ipsi.
12. Tac. Hist. IV, 5: Helvidius Priscus Carecinae municipio, Clu-
^^^ X^atre, qni ordinem primi pili duxisset, (also von einem Helvidius adop-
tiert) ingenium inlustre altioribus studiis (vgl. GeU. XIII, 10, 1 oben 249, 2)
luyenis admodum dedit, non, ut plenque, ut nomine magnifico segne otium
^^^^ÄT-et, sed quo firmior adversus fortuita remp. capesseret. doctores sapien-
tiue secutus est qui sola bona quae honesta, mala tantum quae turpia,
P^teutiam, nobilitatem ceteraque extra auimum neque bonis neque malis
i^Qumerant (also dem Stoicismus). quaestorius adhuc a Paeto Thrasea
('^- 7) gener delectus etc. 6: erant quibus adpetentior famae videretur;
* • x>uina soceri in exilium pulsus ut Galbae principatu (J. 69) rediit Mar-
cellum Eprium (oben 280, 3) delatorem Thraseae accusare adgreditur.
* - primo minax certamen et egregiis utriusque orationibus testatum etc.
^ucH ein späterer Angriff auf MarceUus scheiterte, obwohl nicht, wie es
'^^<^ dial. 6 seinen Sprecher dessen Rolle gemäss darstellen lässt, in Folge
**®^ überlegenen Beredtsamkeit des Marcellus; vgl. Hist. IV, 43 f. Prätor
• 7o. Als er auch unter Vespasian das Oppositionmachen fortsetzte , theil-
^^iae allerdings in unmotivierter und demonstrativer Weise, riss diesem
^^^Üich die Geduld: Helvidius wurde verbannt und bald darauf, halb aus
^s^erständniss, getödtet. Suet. Vesp. 15. Dio LXVI, 12 {UqCo-ao^'EXovC-
. . xotq axaXuoig doyfiaciv ivtQaq>elg aal ti^v xov Ogccaiov nagi^rja^av
^ ^""w HuiQa pkipLOviisvos etc.).
283. Auf dem Gebiete der Grammatik ist die bedeu-
^*^ eiste Erscheinung dieser Zeit M. Valerius Probus aus Be-
ytos, welcher sich die kritische Behandlung classischer Schrift-
,^^Vler in der Weise der Alexandriner zur Aufgabe machte.
^ ^Xnentlich dem Lucretius, Vergilius, Horatius und den Gedich-
^Ji des Persius wandte er seine Thätigkeit zu. Daneben erörterte
^'^ das alterthümliche Latein theils mündlich, theils in Abhand-
^^gen, von denen die durch ihn selbst herausgegebenen theil-
"^eise Briefform hatten. Von seinem Werke de notis ist ein
^erthvoUer Theil, die juristischen Abkürzungen enthaltend, auf
>iü8 gekommen. Die Berühmtheit zu welcher sein Name ge-
langte bewirkte dass in späterer Zeit der in seinen Schriften
enthaltene grammatische Stoff in die Form eines Lehrbuchs (Ars)
gebracht und in ausführlicheren oder kürzeren Bearbeitungen,
590 Die Eaiserzeit. Erstes Jahrhundert.
mit Zuthaten anderer Grammatiker vermehrt oder abgekürzte
lange Zeit hindurch in den Schulen fortgebraucht wurde.
1. Sueton. gramm. 24 (unmittelbar nach Remmius Palaemon): M. Y^
lerius Probus Berytius diu centuriatum petiit, donec taedio ad studia «^
contulit. legerat in provincia quosdam veteres libellos (lateinische) ap^^^
grammatistam. . . hos cum diligentius repeteret atque alioB deinc^^-
cognoscere cuperet . . in proposito mansit multaque exemplaria contra^c::^
emendare ac distinguere et adnotare curavit, eoli huic nee nlli praete:^rr(
grammaticae parti deditus. hie non tam discipulos quam sectatores ^^
quot habuit; numquam enim ita docuit ut magistri personam sustine^^-et
unum et alterum yel, cum plurimos, tres ant quatuor postmeridianis koh«
admittere solebat cubansque inter longos ac volgares sermonee le^«re
quaedam, idque perraro. (Vgl. A. 2.) nimis pauca et ezigoa de quiliijs.
dam minutb quaestiunculis edidit. reliquit autem non mediocrem sil^^
observationum sermonis antiqui. Hieronym. ad a. Abr. 2072 » Neron. 2
(Amand. erst 2078): Probus Berytius eruditissimus grammaticorum Ronue
agnOBcitur. Nach Martial. (III, 2, 12 zu seinem Buche: nee Probum timeto]
scheint er noch unter Domitian gelebt zu haben. Gell. IX, 9, 12: Yalerü
Probi, . . docti hominis et in legendis pensitandisque veteribus scriptis
bene callidi. I, 15, 18 (grammaticum inlustrem). lY, 7, 1 (Y. P. gram-
maticus inter suam aetatem praestanti scientia fuit). Auson. epigr. praef.
ad Syagr. 18—20: nomen grammatici merui, non tam grande quidem quo
gloria nostra subiret Aemilium aut Scaurum Berytiumye Probum. lä.
profess. 15, 12 (Scaurum Probumque). 20, 7 (grammatice ad Scaurum at-
que Probum). Cassiod. de gramm. p. 2321 P. (Palaemon, Phocas, Probos
et Censorinus). Analecta gramm. Yindob. p. 514 ( ut est Probus et Cae-
sar). Gräfenhan, Gesch. d. class. PhiloL lY. S. 286—293.
2. Proben von des Yal. Pr. mündlichen Erörterungen über den senno
antiquus bei Gellius , der sie von familiäres desselben (wie Annianos VI,
7, 1 ff.) hatte; so I, 15, 18. III, 1, 5 f. (zu Sallust). YI, 7, 3—5 (PlaatuB u.
Terenz). 9, 12 (Yalerius Antias). XlII, 21, 1—8, und ib. 9: his tum Tcrbiß
Probus . . hominem dimisit, ut mos eins fuit erga indodles, prope incle- {
nienter. Auf Schriftliches hingedeutet ist ib. YI, 9, 11 (über die Perfect- |
form occecurri Probus adnotavit et haec verba apposuit). XY, 30, 6 (ego
cimi Probi multos admodum commentatiouum libros adquisierim neqoe
scriptum in his inveni etc.). lY, 7, 1 ff. (Yalerius Probus — sprach Hanni-
bälem, Hasdrubälem — teste epistula eins scripta ad Marcellum, in qo^
Plautum et Ennium . . eo modo pronuntiasse affirmat etc.). Solche com-
mentationes werden sein die über schwankende Deponentia (unten A. 6),
über verba communia (Gellius XY, 13 nebst Eretzschmer de fönt. Gell. p.S6),
und andere grammatische Erörterungen, s. A. 6.
3. Sueton. in dem anecd. Paris, (zuerst herausgeg. von Th. Bergl^i |
Ztschr. f. d. Alt. Wiss. 1845, S. 85 ff.; abgedruckt bei Sueton. ed. Beiffexsch.
p. 137 — 141): his (21 kritische Zeichen) soHs in adnotationibus Ennü, Lacilü
et historicorum usi sunt Yargunteius , Ennius Aeliusque et postremo ProboSr
qui illas in Yergilio et Horatio et Lucretio apposuit ut Homero Aiistarcbo^
(p. 138 R.). Diese Anwendung kritischer Zeichen in seinen Ausgaben Ton
Dichtem scheint den Probus veranlasst zu haben überhaupt die notae -
288. Grammatik: Valerius Probus. 591
8 Zeicheo, Abkürzungen, ^ie als Geheimschrift — zu behandeln. Gell.
VII, 9, 5: est adeo Probi grammatici commentarius satis curiose factus
i occulta literarum significaticne in epistularum C. Caesaris (oben 182, 8)
riptura. Die in iure dvili (und zwar in legibus et plebiscitis, in legis
stdonibus, in edictis perpetuis) gebräuchlichen Abkürzungen sind verzeich-
it in der durch mehrere Hdss. erhaltenen Abhandlung Yalerii Probi de
ris notarum, ursprünglich wohl ein Theil eines Werkes von Y. Pr. de
otis (antiquis) oder de literis singularibus (sie beginnt: est etiam circa
srscribeudas vel paudoribus literis notandas voces Studium necessarium),
>er am Schlüsse unvollständig und wohl überhaupt in verkürzter Gestalt
if uns gekommen. Nichts findet sich in diesem Tractat was über die
eit des Beryüers hinauswiese, abgesehen von Interpolationen die sich in
en schlechteren Hdss. (nicht aber im Ambr. und Chigianus) finden. Am
esten herausgegeben durch Th. Mommsen in Keils gramm. lai IV. p. 271
-276, und nach ihm in Uuschke's iurisprud. anteiust. p. 64—70 = 68—77
i. IL Vgl. Th. Mommsen, über M. Yal. Pr. de notis antiquis, in den
>erichten der sächs. Ges. d. W. 1853, S. 91 — 134, und in seiner Ausg.
. 267 — 270. Huschke 1. L p. 61 — 64 = 63—68. Die Ordnung in dem
on Probus herrührenden Theile ist eine sachliche, systematische; dagegen
I den späteren Yerzeichnissen von notae (den Lugdunenses, ex cod. Be-
inae, Magnonianae, Lindenbrogianae, Yaticanae, Papianae und Einsidlen-
38, zusammen veröffentlicht durch Mommsen bei Keil lY. p. 277—230)
ine alphabetische. Letztere stammen aus dem löten Jahrh. und bilden
as Siglenverzeichniss der ältesten Inschriftensammler (Th. Mommsen a.
. 0. S. 129 ff.). Nur die Einsidl. enthalten auch einen sonst nicht über-
eferten Theil des alten Yerzeichnisses von Probus, s. Huschke iurispr.'
. 66—68. 74—77.
4. Mündliche Erörterungen des Probus über Yergil und dessen
prachgebrauch bei Gell. IX, 9, 12 ff. XIII, 21, 1—8. Die erstere Stelle
9igt dass sich Probus von blinder Bewunderung fernhielt. Bei der Ge-
kaltung des Textes in seiner Ausgabe methodisches Yerfahren, Zurück-
ehen auf die ältesten QueUen; s. GeU. XIII, 21, 4: in primo Georg., quem
^0, inquit (Probus), librum manu ipsius (des Yergil) correctum legi,
nföhrungen aus dieser Ausgabe des Probus bes. bei Servius, s. 0.
ahn'a Pers. p. CXL — CL. Ribbeck Proleg. Yergil. p. 136 — 149. Hand-
abnng der Kritik hauptsächlich mittelst der kritischen Zeichen der Alexan-
riner, die im Mediceus theil weise erhalten sind (Bibbeck p. 149 — 163
^1. A. Riese in Fleckeiseus Jahrb. 93, S. 868—874). Yon der Reichhaltig-
eit der Arbeiten des Probus für Yergil gibt nur einen schwachen Begriff
er imter seinem Namen erhaltene Commentar zu den Bucolica und Geor-
ica, dessen guter Kern auf Probus zurückgehen mag, aber durch eine
[enge fremdartiger schlechter Zuthaten fast erstickt ist. Herausgegeben
lerst von J. B. Egnatius, Yenet. 1607 und seitdem öfter (vgl. Keil p. Y
-XI), am besten von H. Keil, M. Yalerii Probi in Yerg. Bu. et Ge. com-
lentarius etc., Halle 1848 (p. 1—68). Wollenberg, de Probo carminum
ergiL editore, Berlin 1867. 4. A. Riese, de commentario Yergiliano qui
[. Yaleri Probi dicitur (Bonn 1862) p. 16—32 und dagegen Ribbeck, in
leckeisens Jahrb. 87, S. 351—356 und Proleg. Yerg. p. 163—166.
5. Ausser den Ausgaben des Lucretius imd Horaz (A. 3) scheint
592 Bie Kaiserzeit. Erstes Jahrhundert.
Prob US auch von Terentius eine solche mit Anmerkungen veröffentlicht ^u
haben; s. 0. Jahn Pers. p. CXL. Ueber seine Thätigkeit für Pei
8. unten 284, 1. Mit Unrecht hat 6. Yalla die von ihm heransgegebei
Scholien zu Juvenal (in welchen z. B. zu I, 35 Trajan genannt ist) diesem
Probus zugeschrieben ; s. 0. Jahn*s Persius p. CLIV — CL VII. UeV>er
Scholien zu Persius von einem Probus ib. p. CLVII f.
6. Grammatische Schriften. Charis. 11. p. 212, 7 K.: Probns de in-
aequalitate consuetudinis; vgl. ib. p. 118. 198. Diomed. p. 342. 352. 354/1
(über das Zeitwort). Serv. Aen. VII, 421: Probus de temporum coneziooe
libellum composuit. Priscian. p. 171 H.: apud Probum de dubüs geneH"
bu8 (vgl. A. 2). 218: Probus in libro qui est de catholicis nominum. 283 r
Probus in institutis artium. Auf die catholica nominum bezieht dcl)
Pompej. bei Keil V. p. 182, 30 f.: habes imum librum Probi de isto gene-
tivo scriptum; auf dieselben und die instituta Pompej. ib. p. 165, 17 ff.;
scripsit ad hunc locum (über die genera der nomina) Probus unum libranu
iste institutor iam artem scripsit, non scripsit perfectis, sed ad eos qui
volunt se perfectos esse. Keil V. p. XVII — XXIV. Wirklich haben wir
unter dem Namen des Probus 1) ein Buch Catholica, vom Nomen und Verbum.
handelnd (De catholicis Probi, bei Keil IV. p. 3—43); 2) eine ebenso wort-
reiche wie triviale Bearbeitung der gesammten Grammatik (zuerst heraus-
gegeben J. 1833 von A. Mai, Auct class. V. p. 153 ff., dann von Endlicher
unter dem Titel Probi . . ars minor, Analecta Vindob. I. p. 227 ff.), nach.
Priscian. p. 283, 7 H. (Probus in institutis artium) von Keil betitelt Insti-
tuta artium (Keil IV. p. 47— 192), wozu eine Appendix (de differentüs) bei^
Keil IV. p. 193—204, und Valerii Probi de nomine excerpta, ib. p. 207 —
216; dagegen bei der Schrift de ultimis syllabis (über ad Caelestinum), ib.
p. 219 — 264, beruht die Beifügung des Namens von Probus nur auf eine:r"
Vermutung ihres ersten Herausgebers Parrhasius. Auch von den anderca.
genannten Schrifben ist unzweifelhaft dass sie in der uns vorliegenden Ge-
stalt nicht von dem Berytier Probus herrühren; wohl aber behauptet 3-.
Keü (gramm. lat. I. p. LU-LIV. IV. p. XVI- XXXI. Symbola phüol.
Bonn. p. 93—100; Fleckeisens Jahrb. 95, S. 638—643) dass diess von dena
Kerne derselben der Fall sei, indem die hiuterlassenen Schritten des Berytiex^
später in die übliche Form eines Lehrbuchs gebracht worden seien, in zwei
Theilen, wovon der eine (unter dem herkömmlichen Titel Instituta artium)
von den Buchstaben, Silben und acht Bedetheilen gehandelt habe, der
zweite von den Nomina und Verba (der Anfang bei Keil IV. p. 3: quoiiiain
instituta artium sufficienter tractavimus, nunc de catholicis nominum et
verborum rationibus doceamus). Die Instituta seien auch in eine kürzere
Fassimg, für die Bedürfiiisse von Anfängern, gebracht worden und diese
(in der Ars minor der Wiener Herausgeber) auf uns gekommen, währenii
von der höheren und ausführlicheren Ueberreste sich bei Claudius Sacer-
dos finden. Die meisten Spuren alter Ueberlieferung enthalten die Ca-
tholica. Gegenüber von der sonst verbreitetsten Ansicht, welche zwei
Grammatiker des Namens Probus unterschied, den Berytier des ersten
Jahrhunderts imd den Verfasser einer Ars im vierten Jahrh. (so F. OsanOt
Beiträge zur griech. u. röm. Lit. Gesch. IL S. 166 ff.; L. Lersch in der
Ztsehr. f. d. Alt. Wiss. 1843, Nr. 79 f.; 0. Jahn, Persius p. CXXXVI;
H. Wentzel, de Probo artifice latino, Oppeln 1867, p. 7 — 16, u. A.), h*^
283 f. Valeritis Probus. Lobgedicht auf Piso. 593
iscfaauung die Uebereinstimmung mit der UeberlieferuDg des ge-
Alt^rthnmes für sieb, welches nur von einem einzigen berühmten
tiker Probus weiss und diesen in verschiedenen Zusammenstel-
aufföhrt. So Priscian p. 31 (auctore Plinio et Papiriano et
171 (apnd Caprum et apud Prob um). 250 (Probus et Caesar).
apud Caprum . quam Plinium et Probum). 470 (et Probus et Cha-
Diomedes). 485 (Probus et Charisius et Celsus et Diomedes).
bo . . Charisio . . Aspro). 503 (Nisus et Papirianus et Probus).
bo et Capro et Pollioni et Plinio placet). 534 (sie Probus . .
jnen etc.). Cledonius (Keil V.) p. 10 (Probus et Varro) u. 20
et Sabinus). Consentiua (Keil V.) p. 366 (sicut Probus, vir doctis-
Inotat). Auch fällt keiner der dem Probus zugeschriebenen Be-
r die Zeit des Berytiers hinaus, wohl aber manche genau in sie
vie Priscian. p. 535: quod Probus usu Pomponii (Secuudi, oben
3mprobat. üeberall aber würden die Anführungen der Gramma-
en schulmässigen Verarbeitungen des von Probus selbst veroffent-
der nachgelassenen Lehrstoffes gelten, nur mit dem Unterschiede
früheren jene Verarbeitungen unmittelbar vor sich hatten (wie
j), die späteren ihre Angaben über Probus meist abgeleiteten
wie Priscian aus Flavius Caper) entnahmen.
[Jnter Nero schrieb der ältere Plinius seine acht Bücher dubii
8. Plin. Epist. III, 5, 5 (unten 294, 2)'
k Wahrscheinlich unter Claudius verfasst ist das epische
cht auf den Consul Piso von einem unbekannten jungen
welcher in der Literatur der augusteischen Zeit wohl-
jrt ist; die Mittel der Rhetorik mit Gewandtheit hand-
d seine Verse elegant und fliessend zu bauen versteht.
Tac. A. XV, 48: is (C. Piso, t 65 = 818 d. St.) Calpurnio genere
claro. apud volgum rumore erat. . . namque facundiam tuendis
sercebat, largitionem adversum amicos et ignotis quoque, comi
et congressu. aderant etiam . . corpus procerum, decora facies.
il gravitas morum aut voluptatum parsimonia. Diese Schilderung
ständig zu auf den Piso des Panegyricus, aber nicht so dass sie
\ Thema gebildet haben könnte. Ebenso Schol. des Valla zu Juv.
'iso Calphiimius, ut Probus inquit, antiqua familia, scenico habitu
s actitavit, in latrunculorum lusu tarn perfectus . . ut ad eum
concurreretur. ob haec insinuatus G. Caesari repente . . rele-
, quia cousuetudinem pristinae uxoris, abductae sibi ab ipso, de-
issae, repetere noluisse (überliefert ist repetita esse) existimaba-
: sub Claudio restitutus et post consulatum (in welchem Jahre,
annt; 810 kann es nicht sein) matema hereditate ditatus magni-
ae vixit, meritos sublevare inopes ex utroque ordine soHtus, de
o certos quötannis ad equestrem censum dignitatemque provehere.
Einstimmung damit preist der Panegyricus seinen Calpumius Piso
ten Sachwalter vor den Centumvirn wie in Criminalprocessen,
her im Senat (z. B. tu, reticente senatu, quom tua bis senos nu-
1, Rom. Literaturgeschichte. 38
594 Die Kaiaerzeit. Erstes Jahrhundert.
meraret purpura fasces, Caesareum grato cecinisti pectore numen, 69 fi
als freigebig, heiteren Gesellschafter, der seine Mussestanden mit V^i-a
machen (v. 151 ff.), Saitenspiel und dem Bretspiel (latnmculorum laau
auszufüllen pflege. Daraus dass bei der ausführlichen Rechtfertigung (cd 4
Entschuldigung) von Piso's Musicieren (v. 157 ff.) Nero's Vorgang ni<?i
mit angeführt wird ist zu schliessen dass dieser noch nicht vorlag. IvgeMM
etwas das über die Zeit des Claudius hinaus weisen würde findet sich ^
dem Gedichte nicht.
2. Anständig, wenn auch nicht sehr glaubwürdig, versichert der Ys^'^
fasser (207 ff.), nicht divitis auri imperiosa fames habe ihn zur BesiDgurB;^
des reichen und freigebigen Piso veranlasst, sed laudis amor. Jagei:»^
v: 248 f. : quamvis nunc iuvenile decus mihi pingere malas coeperit et no«^
dum vicesima venerit aestas. Eenntniss und Erwähnung der augusteischc?^^
Dichter, des Vergil, Horaz, L. Varius, Melissus (227 f.), Ovid; Reminiace«:»
zen aus Horaz (130 f.) und Ovid (203). Diesen gemäss sagt er v. 6 dess^'^
Nicht von der Heerstrasse aufgelesen ist die hasta der decem viri welctm*
den Centumvirn präsidieren (41 f.). Auch der Versbau ist derselbe wi-*
bei den sorgfältigsten Dichtem: die Cäsur correct und manchfaltig (Ve*^
bindung von tgi^^. und itp^. mit tg^t. tqox. 14mal in 261 Hexameterm.^
die Verschleifungen selten (atque illos 24, quare age 259 = 81) und nvM.
im ersten Fusse.
3. Der Name des Verfassers ist nicht überliefert, und die Versoct*
ihn zu ermitteln sind alle gescheitert. Auch der relativ wahrscheinlichste
die Vermutung dass es der Bukoliker Calpurnius (unten 289) sei (M. Haup>'
de carm. bucol. p. 26 f.), steht auf schwachen Füssen. Vgl. C. F. Web^
(1859) p. 14 f. Dass das Gedicht von keinem Späteren angeführt od'^
benützt wird (wenn es nicht dem Probus vorlag, s. A. 1) erklärt sich a.»-
dem eng Persönlichen seines Inhalts. •»
4. Aelteste bekannte Handschrift die von Jos. Scaliger benützte lE^*
riser Notre-Dame 188 aus der ersten Hälfte von saec. XIII, welche in all^^
Wesentlichen mit dem von Junius benützten Atrebateusis (A bei Web^^
übereinstimmt; s. E. Wölfflin im Philologus XVII. S. 340 ff. Damit
seitigt sich von selbst die auch sonst haltlose Versetzung des Gedichte
sechszehnte Jahrhundert.
5. Editio princeps von Sichard (Basil. 1627) an Ovidii opera T»cb
einer wahrscheinlich aus der Abtei Lorsch (bei Manheim) stammendeo
Handschrift. Sonst auch au Ausgaben des Lucanus, (z. B. von G. Coitß
(Lips. 1726). Bearbeitung von Hadr. Junius, Animadversomm libri VI
(Basel 1656) p. 249 ff. In Wernsdorfs poetae latt. min. IV. p. 236-282,
vgl. ib. p. 36—48. 72 — 74; in W. E. Webers corpus poett. lat, p. Uli-
1413. Sonderausgaben von J. Held (incerti auctoris etc., Breslau 1831. 4.),
C. Beck (Statu ad Pis. poemation, Ansbach 1835), C. F. Weber (incerti
auctoris carmen panegyricum in Pis. cum prolegomenis et adnotaliooe
critica, Marburg 1859. 44 pp. 4.).
Ueber den Verfasser und das Gedicht s. C. F. Webers prolegomena
und J. Mähly in Fleckeisens Jahrb. 85, S. 286 — 289. Beiträge zur Kritik
von M. Haupt (de carm. buc. 1864, p. 37 und im Hermes HI. p. 211 f.),
284 f. Lobgedicht auf Piso. Pcr&ius. 595
. Weber (annotationes ad etc. Marburg 1860. 12 pp. 4.), J. Mähly
0. S. 289—294).
285. Unter den Dichtern der neronischen Zeit verfasste
jugendlich unreife, aber edelgesinnte A. Persius Flaccus
S4--62 n. Chr.) aus Volaterrä, neben Anderem was ver-
^lÄigieug, sechs Satiren, von welchen die meisten versificierte
andlungen über stoische Sätze sind, in der Manier der
und mit ausgedehnter Benützung horazischer Wendungen
d Gestalten. Die Ueberladenheit und Geschraubtheit welche
r" Manier der Zeit gehört ist in diesen Satiren bis zur Dunkel-
i* gesteigert.
1. Ueber das Leben des Persius s. die vita Aulis Persii Flacd, de
>iKi.nentario Probi Valeri sublata, in 0. Jahn's Ausgabe des Dichters
84r3) p. 233—238 und in Reifferscheids Sueton p. 72 — 75, und dazu die
IrÖxrterungen von Jahn ib. p. CL — CLII, ReifFerscheid p. 394—398. Dass
Qt^er commentariua ein Commentar (Anmerkungen) zu den Satiren gemeint
si l>ehauptet Jahn, bestreitet Beiöerscheid , da für die meisten Angaben
^ einem Commentar kein Anlass ge^^esen wäre und der Aulsatz von An-
IJ^S^ an auf eine förmliche Lebensbeschreibung angelegt erscheine, wenn
^ %nch in der jetzigen Gestalt, in Folge der Abkürzungen der ursprüng-
cH^n Abhandlung des Probus und der Zuthaten aus andern Quellen (z. B.
Q^t^n), in grosser Unordnung sich befinde. In der That berichtet Sueton
iclx-^ davon dass Probus von der Einschränkung seiner commentierenden
^^&^gkeit auf die veteres (s. oben 283, 1) eine Ausnahme gemacht hätte
' Cjronsten des Persius. Hatte er, wie sehr glaublich, ein besonderes In-
'"^öse für die Person und schriftstellerische Eigenthümlichkeit des Per-
J^^-» 80 wird er ihn zum Gegenstande einer (oder mehrerer) seiner zahl-
'^^^^en commentationes (oben 283, 2) gemacht haben, und daraus wird
^ "vita geschöpft sein.
2. Vita: Aules Persius Flaccus natus est prid. non. decembr. Fabio
^^^ico, L. Vitellio coss. (4 Dec. 787 == 34). decessit VIII kal. decembr.
^Virio Mario, Asinio Gallo coss. (24 Nov. 815 = 62). natus in Etruria
'^^terris eques rom. . . decessit autem vitio stomachi anno aetatis XXVIII.
l^pvdtus est) ad VIII miharium via Appia in praediis suis. Hieronym. a.
^^T. 2050 = Tiber. 21: Persius Flaccus satiricus poeta Volaterris nasci-
^; und ad a. 2078 (Freher. ad a. 2079) = Neron. 8: Persius moritur
^tUio aetatis XXIX. — Vita: pater eum Flaccus pupillum reliquit moriens
Quorum fere sex. Seine Mutter Fulvia Sisennia. . . studuit Flaccus us-
<)ue ad annum XII aetatis suae Volaterris, inde Bomae apud grammaticum
fiemmium Palaemonem (oben 266, 3) et apud rhetorem Verginium Flavum
(oben 280, 9). cum esset annorum XVI amicitia coepit uti Annaei Cor-
Duti (oben 282, 2), ita ut nusquam ab eo discederet; inductus (ab eo) ali-
quatenus in philosophiam est. . . coluit ut patrem Servilium Nouianum
(oben 275, 2). . . idem decem fere annis summe dilectus a Paeto Thrasea
(oben 282, 7) est, . . cognatam eins Arriam uxorem habente. . . sero
cognovit et Senecam, sed non ut caperetur eius ingenio. . . fuit morum
38*
596 Die Eaiserzeit. Erstes Jahrhundert.
lenissimorum, verecundiae virgiualiSf formae pulcrae, pietatis erga matx^
et Bororem et amitam exemplo BufficientU.
3. Vita: et raro et tarde scripsit. hunc ipsum librum (die 6 Satire ji
für welche die vita als Einleitung verwendet wurde) imperfectum reliqui^
versus aliqui dempti sunt ultimo libro, ut quasi finitus esset, leviter r«'
tractavit Cornutus et Caesio Basso (unten 287, 1) petenti ut ipsi ceder-e^
tradidit edendum. scripserat in pueritia Flaccus etiam praetextam Yesd^
(Vescia nach M. Hertz, der es auf den üeberfall von Vescia bei Liv. IX, ^^
bezieht), et ^O^otjro^txcov librum unum, et paucos in socrum Thraseae, i^
Arriam matrem, versus, quae se ant^ virum (Caecina Paetus) occidera^t-
omnia ea auctor fuit Cornutus matri eins ut aboleret. editum librum cok^'
tinuo mirari homines et diripere coeperunt. Vgl. Quintil. X, 1, 94 (mul'
tum et verae gloriae quamvis uno libello Persius meruit). Martial. IV, 29, '^
(oben 227, 3).
4. Vita: lecto Lucilii libro X vehementer satiras componere insti-'
tuit, . . sibi primo, mox omnibus detracturus, cum tanta recentium poet^'
rum et oratorum insectatione ut etiam Neronem . . culpaverit (s. obe^^
270, 6 E.). Diese insectatio geschieht in Sat. I und dem ihr voranatehei»-'
den Prolog in (14) Hinkiamben. Sie ist die einzige eigentliche Satire d^^
Persius und handelt von dem Geschmacke der Dichter und des Publican»^
in seiner Zeit. Die übrigen sind Declamationen über Sätze der stoische^'
Lehre, voll dramatischer, offc aus Burleske streifender Scenen, welche a.^^
Sophron erinnerten; s. Laur. Lyd. de magistr. I, 41 (oben 24, 2). Alle ab^^^
sind mit horazischen Federn behangen. Wie die Personen bei Persio^*-»
soweit sie nicht blose Schatten oder Kategorieen sind, grössteutheils aix^^
Horaz oder Lucilius stammen, so hat er auch zahlreiche Gedanken, Bild^'^
und Ausdrücke dem Horaz entnommen, nur meist durch eigene Zuthat^s^
ins Irrationelle oder Geschmacks widrige verzerrt. Vgl. Casaubonus, Pe«^-
siana Horatii imitatio, z. B. in Dübners Ausg. des Pers. p. 344 — 367. Seir:»^
Sprache ist durch die gesuchte Kühnheit seiner Metaphern, Tropen
Beiwörter, die Seltsamkeit seiner Zusammenstellungen, die Manier d
Hineingeheimnissens, zum Theil wohl auch in Folge von schriftsteUerisch
Ungewandtheit des Verfassers, zu einer fast unleidlichen Dunkelheit
langt. Vgl. W. Teuffei in sr. üebersetzung 1844, S. 29-46 (1867, S. 15-2&>
5. Da Persius das ganze Mittelalter hindurch als ethicus und severtis
bewundert wurde, auch der Umfang seiner Satiren so klein ist, so sio«^
von ihnen zahllose Handschriften vorhanden. Aufzählung derselben in
0. Jahns Ausg. (1843) p. CLXXHI-CCXIV. Die ältesten und wichtigsten
sind zwei von Montpellier saec. IX (C) und X (A), letztere mit der sab-
scriptio: Flavius lulius Tryfonianus Sabinus v. c. . . temptavi emendju^
sine antigrapho meum et adnotavi Barcellonae coss. . . Arcadio et Ho-
norio Q. (J. 402), s. 0. Jahn 1. 1. p. CLXXIV- CLXXXI. CXCH f. und Be-
richte der Sachs. G. d. W. 1851, S. 332 f. Dieselbe wiederholt sich in einen
cod. Vatic. (B). Auch diese Hdss., wie alle von den Satiren des Persios,
wimmeln von Fehlern in Folge davon dass ihre Urheber das was sie
schrieben selber nicht verstanden. Um so weniger kommen Interpolatio-
nen vor. A. Kidsel, Persii codicum mss. Leidensium collatio, una com 1^
animadvers. in eins satiram I, Zalt-Bömel 1848. 100 pp. Ueber eine Wiener ■ ^
<«
285. Persins Flaccus. 597
f. gaec. X mit Glossen und Schollen s. A. Göbel im Philologus XIV.
L70ff. 379 ff. vgl. XV. S. 128—135, und im Conitzer Programm von
3- 4. M. ZiUober, eine neue Hds. des Pers., Progr. d. Stephan- Gyran.
Augsburg 1862. 4.
C Die Scholien zu den Satiren des Persius (abgedruckt am besten
I>- Jahn's Ausg. von 1843, p. 245—350) tragen die Ueberschrift: (Annei)
E^iati commentum, sei es dass der Verfasser wirklich Cornntus hiess oder
i Machwerk nur mit dem Namen des Lehrers von Persius empfehlen
l'fce. Er hat aus älteren Glossen und kürzeren Scholien einen fortlau-
i^n Commentar zusammengeflickt, der meist trivial, oft sogar albern
Eher dürfte er dem karolingischen Zeitalter angehören (0. Jahn
^TXTII ff.) als (wie K. F. Hermann annahm, lectiones Pers. I, Marb. 1842,
l ^nalecta de aetate et usu schol. Pers., Gotting. 1846. 4.) der Zeit vor
ox (J. 636). Ob irgend etwas darin auf commentationes des Probus
Sckgeht (vgl. A. 1) ist zweifelhaft. Eine Auswahl aus diesem Commen-
sind die glossae Pithoeanae (Jahn p. CLXIV— CLXVI).
7. Editio princeps ums J. 1470 fol. in Rom, meist mit Juvenal; die
l^entendsten späteren Ausgaben sind die von B. Fontius (Venet. 1480
) , J. Britanniens (zuerst Brix. 1481 fol.), N. Frischlin (Basel 1682. 4.),
EHthoeus (Paris. 1585), E. Vinetus und Th. Marcilius (Paris 1601. 4),
Oasaubonus (zuerst Paris. 1605. 4.; zuletzt, mit vielen Zusätzen, von
IDübner, Lips. 1833), König (Gotting. 1803), Fr. Passow (Thl. I, Leipzig
»>, Achaintre (Paris 1812), E. W. Weber (Lips. 1826), Fr. Plum (Kopen-
'en 1827), J. C. Orelli (Eclogae poett. latt., Zürich 1833), F. Hauthal
1^. I, Leipzig 1837), und besonders 0. Jahn (cum scholiis antiquis ed.,
3. 1843; Textausg. Lips. 1851, und, mit Juvenalis und Sulpicia, recogn.
c>l. 1868). Auch C. F. Heinrich's Vorlesungen über Pers., herausgg.
O. Jahn, Leipzig 1844. Text (mit Juvenal) auch von C. Fr. Hermann,
^« (Teubner) 1854. Edited by A. Pretor, London 1869.
Uebersetzungen z. B. von Nasser (Kiel 1807), J. J. C. Donner (Stutt-
^ 1822), W. E. Weber (Bonn 1834), Fr. Passow und F. Hauthal (a. a. 0.),
XDüntzer (Trier 1844), W. Teuffei (Stuttgart 1844. 200 S. 16.; umge-
^itet in den Class. d. Alt, Stuttg. 1857).
8. Ueber Persius z. B. Nisard, ätudes sur les poHes latins de la dd-
^nce (Paris 1834) L p. 237—311. 0. Jahns Prolegomena imd in Ersch
i- Gruber's Encycl. HI, 18. S. 33—38. W. Teuffel's Einleitung zur Ueber-
^^mg. C. Martha, uu po^te stoicien, Revue des deux mondes September
►3, p. 291 ff. Breuker, A. Persius und seine Zeit, Mors 1866. 21 S. 4.
Fr. Knickenberg, de ratione stoica in Pers. satt, apparente, Münster
57. 122 pp.
W. Pierson, die Metaphern des Persius, Rhein. Mus. XII. S. 88—98.
Erdmann, observationes aliquot grammaticae in Pers. satiras, Witten-
irg 1866. 4. J. Schlüter, Quaestiones Persianae, Münster 1857.
Zu Sat. I B. A. Kissel (A. 5), F. Hand (Jena 1850. 4.), H. Lehmann
tschr. f. d. Alt. Wiss. 1852, Nr. 25 f.). Zu Sat. II H. Lehmann im Phi-
logus VI. S. 431—445; zu IV Häckermann in Jahns Archiv XVIII. S. 390
410; zu V H. Lehmann (Greifswald 1855. 34 pp. 4.) und Haudrick (Tor-
VI 1846. 4.; Uebersetzung Torgau 1853. 4.).
598 Die Kaiserzeit. Erstes Jahrhundert.
286. Dem Persius geistesverwandt und befreundet war So-
neea's Neffe M. Annäus Lucanus, für die Kürze seines Lel>eiis
(J. 39—65) ein fruchtbarer Schriftsteller auf verschiedenen Ge-
bieten, in Prosa und Versen. Erhalten ist seine Pharsalia in
zehn Büchern, ein nicht zu Ende gebrachtes Epos über den
Bürgerkrieg zwischen Pompejus und Caesar, historisch genaia^
aber mit entschiedener Parteinahme für Pompejus, dessen Sach^
für ihn die von Rom's Freiheit und Grösse ist. Die Behand-
lung ist sehr rhetorisch, voll Beschreibungen, Reden und Sen-
tenzen; die Darstellung künstlich pathetisch; das Ganze unreif^
aber von Talent und hochstrebendem Sinne zeugend.
1. Vitae des Lucanus sind zwei überliefert, die eine (in Ikiffe^'
Bcheids Sueton p. 50 — 52) am Anfang lückenhaft und dem Dichter abg"^'
neigt, mit Hieronymus Auszug übereinstimmend und daher wahrscheinlich^
von Sueton; die andere (in Reifferscheids Sueton p. 76 — 79) vollständig *
weitschweifig, den Lucanus bewundernd und in Schutz nehmend, wahx
Bcheinlich von dem expositor L ucani , dem Grammatiker etwa des sechster x^
Jahrh. Vacca; s. C. F. Weber, vitae M. Anuaei Lucani collectae, Part. ^
(Marburg 1856. 4.). Dazu die Nachrichten bei Tacitus und des Static»^
genethliacon Lucani (Silv. II, 7). Lucani vita per annos digesta von C.
Weber 1. 1. Part. II u. III, Marb. 1857 f. 4.; und De suprema Lucani voc-
Marb. 1857. 4.
2. Vacca: M. Annaeus Lucanus patrem habuit M. Auuaeum Mela
. . Cordubensem, equitem rom. . . notum Komae et propter Senecam fr^-
trem . . et propter Studium vitae quietioris. . . matrem habuit et regLo-
nis eiusdem et urbis Aciliam (oben 280, 13). . . natus est III non. novemt^r-
C. Caesare Germanico II, L. Apronio Caesiano coss. (3 Nov. 792 =39 d-
Chr.). . . octavum mensem agens Romam translatus est. . . a praecept^:»-
ribus tunc emiuentissimis est eruditus (vgl. vita Persii: cognovit per Cor-
nutum etiam Annaeum Lucanum, aequaevum auditorem CornutL Lucao 05
mirabatur scripta Flacci etc.). declamavit et graece et latine cum magTia
admiratione audientium.
3. Suetonische vita: prima ingenii experimenta in Neronis laudibus
dedit quinquennali certaraine. . . revocatus Athenis a Nerone cohortique
amicorum additus atque etiam quaestura honoratus (sacerdotium etiam
accepit auguratus, Vacca) non tarnen permansit in gratia (wovon der Ver-
fasser die Schuld auf Seiten des Dichters und seiner verletzten Autoren-
eitelkeit findet, Vacca aber in Nero's Eifersucht auf Lucan's poetische Er-
folge, s. A. 4). . . sed et famoso carmine cum ipsum (Neronem) tum poteii-
tissimoB amicorum gravissime proscidit. ad extremum paene signifer
Pisonianae coniurationis extitit. . . verum detecta coniuratione nequaqaam
parem animi constantiam praestitit (vgl. Tac. A. XV, 56. 70), . . impe-
trato autem mortis arbitrio hbero . . brachia ad secandas venas praeboit
medico (vgl. Hieronym. ad a. Abr. 2079 = Ner. 9 — cod. Freher. erst ad 1 1^
a. 2080 — : M. Annaeus Lucanus Cordubensis poeta in Pisoniana coniura-
tione deprehensus brachium ad secandas venas medico praeboit. Vacca*
286. Lucanua. 599
j)Onie coactos vita excedere venas sibi praocidit periitque pridie kal.
^ttico Vestino et Nerva Siliano coss. = 30 April 818 = 66 n. Chr.).
ata eias etiam praelegi memini, confici vero ac proponi venalia non
:m operose et diligenter sed inepte quoque.
-4. Vacca: et certamine pentaeterico acto in Pompei theatro laudibus
b^stis in Neronem fuerat coronatus et ex tempore Orphea scriptum (in
^Ä-metem) in experimentum adversum complures ediderat poetas et tres
c^e (der Pharsalia) quales videmus. quare^ inimicum sibi fecerat impe-
^^arem. quo . . interdictum est ei poetica (vgl. Tac. A. XV, 49: famam
inum eins premebat Nero prohibueratque ostentare, vanus adsimnla-
; Dio LXU, 29), interdictum etiam causarum actionibus. . . extaut
conplures et alii (libri), ut Iliacon (Stat. Silv. TI, 7, 64 — 66; R. Unger,
stio de Lucani Heliacis, Friedland 1868. 4.), Saturnalia (daraus Martial.
, 6?), Catachthonion (vgl. Stat. Silv. II, 7, 67), Silvarum X, tragoedia
^ea imperfecta, salticae fabulae XIV (vgl. oben 8, 1 E.), Epigraramata
ti« codd.: appämata und et ippamata); prosa oratione in Octavium Sa-
b^m (Tac. A. XIII, 44. Eist. IV, 44) et pro eo (Stilübung), de incendio
^16, Epistolarum ex Campania , . non fastidiendi quidem omnes , tales ta-
tÄ ut belli civilis (Phars.) vide^mtur accessio. Dazu adlocutio ad PoUam
i^tie Gattin Argentaria PoUa) nach Stat. Silv. II, 7, 62 f. R. üngor, de
ii^^ni carminum reliquiis, Friedland 1860. 4. ^
6. Qiiintil. X, 1, 90: Lucanus ardens et concitatus et sententiis cla-
i^mus et, ut dicam quod sentio, magis oratoribus quam poetis imitandus.
^^er treffend ist eine alte (vielleicht durch Sueton verbreitete) Ausstel-
^$ an Lucan. Serv. Aen. 1 , 382 : Lucanus ideo in numero poetarum esse
^ meruit quia videtur historiam composuisse, non poema. Fast wört-
^ übereinstimmend Isidor. Orig. VIII, 7, 10. Schol. Phars. I, 1 : ideo Lu-
^Xis dicitur a plerisque non esse in numero poetarum quia omnino histo-
*=^ sequitur, quod poeticae arti non convenit. Ebenso Jornand. gct. 6.
^ litt zielt ohne Zweifel schon Petron. Sat. 118: belli civilis ingens opus
^^quis attigerit, nisi plenus litteris, sub onere habetur, non enim res
^tae versibus comprehendendae sunt, quod longo melius historici faciunt,
^ etc. Vgl. Martial. XFV, 194: Lucanus. Sunt quidam qui me dicant
^ esse poetam, sed qui me vendit bibliopola putat. Der Stoff ist in der
^«rsalia allerdings massiger aufgenommen als sich vollständig verarboi*
ti liess. Aber der Hauptfehler ist die declamatorische Behandlung, die
iidenschaft für Beschreibungen, womit die Grenzen des Masses und Ge-
hmackes nicht selten überschritten werden. So die Schauerbilder am
hlusse von B. III imd von VI, 530 an, sowie VII, 839 ff. IX, 735 ff. Sen-
nentale Rhetorik IV, 168 ff. Fast ovidische Ausmalung der Sehnsucht
»rnelia^s nach ihrem Gatten Pompejus V, 806 ö*. Unnütze Schaustellung
og^raphischer und mythologischer Gelehrsamkeit III, 169 ff. IV, 693 ff.
7 ff. VI, 330 ff. X, 193 ff.
6. Der Stoff' ist fortgeführt bis zur Belagerung Caesars in Alexandria;
er schon der authentische (IX, 983: Pharsalia nostra vivet etc.) Titel des
erlis zeigt dass die Absicht war es bis zur Schlacht bei Pharsalos fort-
setzen. Die ersten drei Bücher wurden von Lucan selbst herausgegeben
A. 4), und zwar zu einer Zeit wo er mit Nero noch gut stand; daher
600 Die Kaieerzeit. Erstes Jahrhundert.
I, 33 — 66 die Lobpreisung desselben mit obligater Hindeutung aaf emne
künftige Apotheose (anders freilich als VII, 456 fi*.). Indessen eine Ver-
schiedenheit der politischen Ansicht und Richtung (A. Preime p. 12 ff.)
zwischen den ersten drei Büchern und ihrer Fortsetzung lässt sich dees-
wegen doch nicht behaupten. Schon in jenen tritt die Vorliebe für Pom-
pejus (11, 453 ff. 519 ff. 732 ff.) und Cato nebst Brutus (IE, 234 ff.), Bowie
die Abneigung gegen Caesar (II, 439 ff'. III, 82 f.) unverkennbar hervor.
Nicht eine andere Gesinnung spricht der Dichter in den späteren Büchern
aus, wohl aber die gleiche mit noch grösserem Freimut, ja Bitterkeit und
Feindseligkeit. Des Pompejus Sache ist kurzweg die des Rechts und der
Freiheit (z. B. VI, 139. 259. VII, 579 ff.), wogegen die des Caesar conse-
quent als scelus bezeichnet wird (z. B. VII, 751. vgl. auch IV, 188. V, 242.
261 ff. 390 ff. VI, 147 f. 298 ff*. VII, 40. 168 ff. 243. 558 ff. 751. 777 ff. VIII,
782. 834). Caesar's Sieg ist die Ursache nicht nur des Untergangs der Frei-
heit (VII, 433 ff". 639 ff. 696 f. IX, 204 ff. 252 f.) sondern auch des Schwin-
dens von Roms Macht und Grösse nach aussen (VII, 427 ff.). Auch wo
Caesar unzweifelhaft edel gehandelt hat wird es ins Gegentheil verkehrt
(VII, 798 ü\ IX, 1034 ff.), und seine Ermordung gerechtfertigt und geprie-
sen (VII, 593 ff", vgl. VIII, 609. X, 338 ff. 523 ff.). Er ist der negative Held
des Epos, und ihm wird daher höhniscB Unsterblichkeit verheissen (IX,
981 ff.). Wie an ihm lauter Schatten, so ist an Pompejus alles Licht (vgl.
bes. VIII, 841 ff., auch V, 1 ff. VI, 799 ff. VII, 28 ff*.), so sehr dass an ihm
sogar der Landesverrat Preis findet (VIII, 232 ff.). Ueber ihn geht dem
Dichter nur sein Cato (IX, 697 ff. vgL ib. 187 ff. 254 ff. 553 ff.). Das
stoische Bekenntniss Lucans tritt oft hervor, z. B. VII, 814 ff. IX, 302 f.
572 ff. X, 265 f. 413 f. Epikureisch klingende Aeusserungen (wie VII, 446 ff.
455 f.) sind Ausbrüche der Verzweiflung an dem Walten einer gerechten
Gottheit (vgl. III, 449). Direct gegen Nero gerichtet ist IX, 983 ff. An-
dere freimütige Aeusserungen IV, 807 ff. 823. V, 385. VI, 259. VII, 210.
433 ff. 456 ff. VIII, 672. IX, 252 f. 600 ff. X, 24 ff.
7. Dass das zehnte Buch nicht vollendet ist zeigt schon sein Utnfang,
der um mindestens 200 Verse hinter den übrigen Büchern zurücksteht
Aber auch B. IV— -IX wurden nicht von Lucan selbst herausgegeben, son-
dern erst nach seinem Tode von einem Angehörigen oder Freunde (Geuihe
p. 75 — 82). Uebrigens können diese trotzdem von Lucan nach ihrem Ab-
schluss öffentlich vorgelesen worden sein. Wenn Vacca sie für mendoei
erklärt und das o vidi sehe emendaturus si licuisset erat auf sie anwendet,
so mag diess von Einzelheiten gelten: im grossen Ganzen würde Lucan
schwerlich viel geändert haben. Fronto p. 157 N.: unum . . poetae pro-
oemium commemorabo, poetae eiusdem temporis eiusdemque nominis (wie
Scneca): fuit aeque Annaeus. is initio carminis sui (der Phars.) septem
primis versibua nihil aliud quam bella plus quam civilia interprelÄtaw
est. Missverständniss dieser 'Worte veranlasste wohl die Sage bei Schol.
Lucan. I, 1 (p. 8 f. Us.): hos VII versus primos dicitur Seneca ex suo ad-
didisse . . ne videretur Über ex abrupto inchoare. Vgl. gegen F. Osann
(de Sen. scriptis deperditis spec. III. Giessen 1848. 4.) Genthe p. 77-81.
C. F. Weber, de duplici Pharsaliae Lucaneae exordio, Marburg 1860. 26 pp*-
8. Lyd. de magistr. III, 46: mg 6 Uolificav iv nifjtTitjj l^riYij<se<ov ns
%azcc Aovnavov xov 'Pcofiaiov ifupvXicov cvyyQaiprjg a7C£q>i)vato, ^^^^
286. LucanuB. 601
Vacca 8. A. 1. Reste dieser commentierenden Thätigkeit besitzen wir in
den Scholien zu Lucanus, von denen es eine doppelte Redaction gibt,
die eine betitelt Commenta und vollständig erhalten allein im cod. Bern.
370 (C) saec. X, die andere betitelt Adnotationes , wovon die vollständig-
sten und wichtigsten Hdss. sind der Wallersteiuensis, zwei Vossiani saec. X
in Leiden, und ein Gemblacensis in Brüssel saec. X. Die letzteren sind,
aber ungenau, von Oudendorp und von C. F. Weber veröffentlicht; beide
werden herausgegeben von H. üsener, wovon erschienen ist Pars prior,
enthaltend die commenta Bemensia, Lips. Teubner 1869. Dazu H. Genthc,
scholia vetera in Luc. e codice Montepessulano, Berlin 1868. 29 pp. 4.
9. Das Epos selbst ist in den Hdss. De hello civili betitelt. Die
älteste Handschrift desselben bilden die Palimpsestblätter in Wien,
Neapel und Rom, spätestens aus saec. IV. D. Detlefsen im Philologus
XIIL S. 313-357. XV. S. 526—538. XXVI. S. 173—184. W. Steinhart, de
Lucani schedis rescriptis Vindobonensibus, Salzwedel 1860. 4. und in Fleck-
eisens Jahrb. 83, S. 353 — 367. Unter den übrigen Hdss. haben Voss. II
(B bei Steinhart, U bei üsener), Montepess., Colbert. und Cassellanus die
subscriptio: Paulus Constantinopolitanus emendavi manu mea solus, wel^
chen Üsener (Rhein. Mus. XXUI. S. 497 — 505) mit dem Papulus Const.
Theyderich der Pariser Miscellanhdschr. 7530 aus dem J. 674 identificiert.
Die Hdss. dieser Recension unterscheiden sich von den zahlreichen übrigen
dadurch dass sie in den nicht von Lucan selbst herausgegebenen Büchern
ursprünglich eine beträchtliche Anzahl Verse nicht haben, welche zum
Theil aus dem Concepte Lucans stammen könnten, zum grösseren Theil aber
spätere Interpolation sind. Auch in den Hdss. dieser Recension selbst
aind die betreffenden Verse, aber in ungleichem Masse, aus Hd8s. der an-
dern Recension nachgetragen. W. Steinhart, de Lucani codice Montepes-
sulano, in der Symbola philoL Bonn. p. 287 — 300; vgl. dessen Diss. de
emendatione Lucani, Bonn. 1854. C. E. C. Schneider, trium codd. Vratisl.
Luc. lectiones variae, Bresl. 1823. 4. Imm. Bekker, über einen Lucancodex
zu Berlin, Mouatsb. der Berl. Akad. 1853, S. 166—169.
10. Ed. princeps Rom 1469 fol. Von den späteren Ausgaben sind
besonders nennenswerth die von Th. Pulmann (Antverp. I|ß4. 1576), H.
Grotius (ex emend. H. Gr. cum eiusdem notis, Antverp. 1614. Lugd. 1626;
vgl. Üsener, Lucani pugnae Pharsaliae narratio ex H. Gr. rec. ed. cum
comm. critico, Greifswald 1863. 4. Rhein. Mus. XIX. S. 148—150), G. Corte
(Lips. 1726. vgl. H. Genthe in Fleckeisens Jahrb. 89, S. 547—550), Fr. Ou-
dendorp (Lugd. Bat. 1728. 4.), P. Biurmann (Lugd. 1740. 4.), C. Fr. Weber
(cum notis varr. etc. Lips. 1821 — 1831, 3 Voll., wovon der letzte die Scho-
lien enthält; und: editionem morte Cortii interruptam absolvit, Lips. 1828 f.
2 Voll.). Auch Ausgaben von Lemaire (Paris 1830, 2 Voll.) und C. H.
Weise (rec. schol. interpr. , Quedlinb. und Leipzig 1835). R. Bentloy's Be-
merkungen zu den 3 ersten Büchern in der Ausgabe Strawberryhill 1760. 4.
(Luc. c. notis H. Grotii et R. Bentlei) und Glasgow 1816; auch bei C. F.
Weber 1821.
J. Merkel, Lucan's Phars. B. I lateinisch und deutsch, Aschaffenburg
1849. 4. Vollständige Uebersetzungen von F. H. Bothe (Stuttgart, Metzler
L855 f. 3 Bdchn) und J. Krais (Stuttgart, Hoffmann 1863).
602 Die Kaiserzeit. Erstes Jahrhundert.
Meusel uud Gottfr. Bürger, de Lacano, üalle 1767 f. 4. 2 Parfc^^
Nachträge zu Sulzer V, 1*. S. 16 fF. VII. S. 334 ff. Leloup, de poeai epi^^
et Phars. Luc, Trier 1827. 4. A. Preime, de Lucani Pharsalia, Marbm.:^
1859, und besondere Herrn. Genthe, de Lucani vita et scriptis, Berlin 18
85 pp.
P. Kortüm, geschichtl. Forschungen (Leipzig und Heidelberg 1&.
S. 209 — 252. A. Schaubach, Lucan's Phars. und ihr Verhältniss zur
schichte, Meiningen 1869. 4. Th. Creizenach, die Aeneis . . und die Pbi
salia im Mittelalter, Frankfurt a. M. 1864. 4.
287. Dem Freundeskreise des Persius gehört auch der
riker Caesius Bassus an, welcher wohl zugleich derjenig'^
dieses Namens ist welcher ein Lehrgedicht de metris verfas^*
hatte. Darin hatte er sich an griechische Quellen und an Varr*^^
angeschlossen. Im dritten Jahrh. wurde das Werk in ein prc^'
saisches Lehrbuch der Metrik umgewandelt. Der den Name:
des Caesius Bassus tragende Abschnitt de metris hat aber weoij
Anspruch auf diesen Titel. Andere Männer aus der Zeit d(
Nero von denen wir wissen dass sie Gedichte verfassten smi
Vagellius, Curtius Montanus und Serranus.
1. Vita Perdi (s. 285, 1) p. 234 J.: amicos habuit a prima adolescenti^^^^
Caesium Bassum poetam et Calpumium Staturam, qui vivo eo iuveni^^^
decessit (und kein Dichter war). Herausgeber der Satiren des Persius^
8. oben 285, 3. Schol. Pers. 6, 1 (p. 340 J.): hanc satiram scribit PersiiL-^^^
ad Caesium Bassum poetam lyricum, quem fama est in praediis suis pc
situm ardente Vesuvio . . et late ignibus abundante cum villa sua usini
esse (J. 79 n. Chr.). Vgl. Plin. Ep. VI, 16, 8 (nach 0. Jahn's Emend.)
accipit codicillos . . Caesi Bassi imminente periculo exterriti. QuintiL
1, 96: lyricorum Horatius fere solus legi dignus. . . si quem adicere ycli
is erit Caesius Bassus, quem nuper vidimus. Pers. 6, 1 — 6: admovit i{
bruma foco te, Basse, Sabino? iamne lyra et tetrico vivunt tibi pectij
chordae, mire opifex numeris veterum primordia vocum atque mareiji sti
pitum fidb intendisse latinae, mox iuvenes agitare iocos et pollice honeBl
egregius lusisse senes? Priscian. X, 36. p. 527 H.: Bassus in II lyricon
Calliope princeps sapienti psallerat ore. Die Identität mit dem Metriki
wird sehr wahrscheinlich durch das Citat Bassins (st. Bassus) ad Nerone'
de iambico sie dicit, bei Rufin. p. 2707 P. = 379 Gaisf. Aus diesem m
trischen Werke ohne Zweifel Diomed. III. p. 513 K.: huius (des moI(
cum metrum) exemplum dat Caesius Bassus tale: Romani victores Gernk^ ^^
nis devictis. Dass dasselbe ursprünglich metrische Form hatte, älmli^E=7li
dem des Terentianus Maurus, wird durch Persius (numeris etc.) wahrsche»^^*"
lieh. Vgl. Ter. Maur. 2358: quae (exempla) locasse Caesium libro notefc-"^
quem dedit metris super. 2369 : auctore tanto credo me tutum fore. Mi»-^-
Vict. de carm. her. c. 5: Caesius Bassus, vir doctus atque eruditus, inlil^^^
de metris . . ait. Die auch von Varro angenommene Ableitung {jta^^'
yooyi]) der verschiedenen Metra aus einem metrum principale (dem hetouB
und trimeter iambicus), mittelst adiectio, -detractio, permutatio u. s. ^-t
287 f. Caesius BasBus u. o. Pctronius. 603
war d^riu vorgetragen. Die Beispiele waren auch den Zeitgenossen Pom-
pö«^vi.s Secundus (oben 258, 7), Seneca (und Petronius Arbiter?) entnom-
men_ Atilius Fort, scheint aus dem ursprünglichen Werke selbst geschöpft
za lia.l3en, dagegen Terentianus, Diomedes u. A. aus einer mit Beispielen
spa.tier'er Dichter (bes. Septimius Serenus) vermehrten prosaischen Um-
arbeitung. R. Westphal, griech. Metrik L* S. 169—174. Vgl. das. S. 119 f.
2. In der Sammlung der lateinischen Metriker führt ein fragmenta-
risolier Abschnitt, p. 2663— 2672 P. = 302— 311 Gaisf., die üeberschrift Ars
Caosü Bassi de metris. Er besteht theÜB aus einer magern Erläuterung
von. vier Metren des Horaz, als üeberrest eines Werkes de metris Horati^
theils aus einer — breviatio pedum betitelten — üebersicht der pedes,
für ^w^elche die Zurückführung auf C. B. ohne Beglaubigung ist. Auch von
dem ersten Fragment (über Horaz) ist der Ursprung zweifelhaft, ß. West-
phal, griech. Metrik I.« S. 118 f. 132 f. 204 f.
3. Im Allgemeinen vgl. noch Leutsch, Philologus XI. S. 739—744.
J- Cäsar in Paulis Real-Enc. I, 2. S. 2296, Nr. 10.
4. Sen. nat. quaest. VI, 2, 9: egregie Vagellius mens in illo in-
clitio carmine . . inquit. Danach hat Ritschi in ReiiFerdcheids Suet. reliqq,
P- Ö28— 531 mit Wahrscheinlichkeit die Angabe des Donatus (ib. p. 35):
Soip^ionis fabulas edidisse Terentium Vallegius in Actione ait (folgen drei
Sexxaj-e) auf diesen Vagellius bezogen. Ein declamator mulino corde Va-
gellius bei Juv. 16, 23 vgl. 18, 119.
ö. Tac. A. XVI, 28 (J. 66 = 819): qui . . Curtium Montanum de-
^®^^^«ada carmina factitantem eludere impune sinerent. 29: Montanum
^*^^^2^ iuventae neque famosi carminis, quia protulerit ingenium, extor-
^®*^ ^gi. Proben seines Freimuts im Senat (J. 70) Tac. Hist. IV, 40. 42.
C Quintil. X, 1, 89 bei den Epikern: Serranum (G. Sarpe; die Hdss.
^^*'*'^num, varrenum etc.) consummari mors immatura non passa est;
P^oriiia tameu eins opera et maximam indolem ostendunt et admirabilem
P/^^oipue in aetate illa recti generis voluntatem. Dagegen setzt einen
J^^^^S'er Lebenden voraus Juv. 7, 79—81: contentus fama iaceat Lucanus in
5^^t.i8 marmoreis, at Serrano tenuique Saleio gloria quantalibet quid erit,
^loria tantumst? Auch möchte man hienach Serranus eher später setzen.
7. Ueber Gaetulicus s. oben 275, 1; über Attius Labeo s. unten 291, 3.
288. Ohne Zweifel aus der Zeit des Nero stammt ferner
^^r Sittenroman welcher unter dem Namen des Petronius
Arbiter auf uns gekommen ist. ursprünglich ein umfangreiches
VVerk von etwa zwanzig Büchern worin allerlei Reiseabenteuer
Erzählt waren, besteht es jetzt nur aus einer Reihe Trümmer,
Von denen das ansehnlichste die cena Trimalchionis ist. die Be-
Schreibung einer Gasterei welche ein reicher ungebildeter Em-
;|)orkommling gibt. Obwohl tief in Schmutz getaucht ist der
Homan nicht nur hochwichtig für die Geschichte der Sitten
und der Sprache, namentlich für die Kenntniss der Volkssprache,
sondern auch in seiner Art ein Kunstwerk, voll von Geist, feinster
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288. Petronius. 605
eTlel>-fc hat. Auf Erlebnisse in Massilia deutet Sidon. Apoll, c. XXIII, 166 f. ;
das 'Hl vhaltene aber spielt in Unteritalien, das Meiste in einer colonia Cam-
pai^i^"nj, wahrscheinlicb Neapel, c, 116 ff. in Eroton. Die fingierte Zeit
ist d.i.G des Tiberius (Bücheler p. VII), wozu auch die Erwähnung des
(^^Jia, Aemilius) Scaurus (oben 260, 2) c. 77 stimmt; daneben eingefloch-
tene Anspielungen auf Persönlichkeiten aus der Zeit des Caligula und Nero
(Bücfeder p. VIII). Meisterhaft ist die Zeichnung der Charaktere, meist
darclü. deren Selbstdarstellung, doch so dass zugleich ein leisironischer Ton
oiödvir'chklingt. In genauester üebereinstimmung mit Charakter und Ver-
liältixisgen der Personen ist ihre Sprechweise: bei Encolpius selbst die der
Gebilcleten in der besten Zeit der Literatur (C. Beck, the age etc. p. 135
"~152)^ nur mit der Zwanglodgkeit des Conversationstons und mit einer
^'^^Äiil Wendungen und Constructionen des ersten christl. Jahrh. (unkri-
^oHe Sammlung bei Beck 1. 1. p. 152—157), bei den .meisten gelegent-
"CJieii Sprechern aber volksmässig, voll sprüchwörtlicher Wendungen,
^^^heiten, Hyperbeln, Solöcismeu, Archaismen und (wegen des halb-
^'^^cliischen Schauplatzes) Gräcismen; s. G. Studer, Rhein. Mus. II (1843)
^* "^5 — 85. C. Beck, the age etc. p. 106 — 134. Die Stücke in gebundener
.^^^"m sind meist dem eiteln und geschmacklosen Dichter Eumolpus in den
^^^^d gelegt; so besonders c. 89 die Troiae halosis in 65 Senaren und
' -«^19 — 124 das bellum civile m 295 Hexametern. Aber auch sonst geht
^ Hede sehr gern aus der Prosa über in poetische Form; so c. 5, 83,
j^^, 127 f., 131, 133 f., 136 f., 139 Hexameter; c. 14, 18, 80, 82, 109, 126,
j ^, 137 elegisches Mass; c. 5 Hinkiamben; Hendekasyllaben c. 15, 79, 93,
^ ^, fr. 20; Logaöden 132; loniker 23; Tamben fr. 19, 21. Dadurch wird
^> Roman zu einer satira Menippea (oben 24, 3).
^ 4. Von den verschiedenen Ansichten über das Zeitalter des Werks
^ ^irdient Erwähnung allenfalls die von Niebuhr (Abhandl. d. Berliner Akad.
^^^8. IL S. 250 ff. = kleine philolog. Schriften S. 337 ff.), welcher das
/^Vitte Jahrh. (unter Alexander Severus) annahm, veranlasst durch eine In-
^liiift (Orelli 1 175) die er irrig in jene Zeit versetzte und deren Personen
^^ irrig mit denen bei Petronius identificierte ; s. W. Teuffei im Rhein. Mus.
'^^. S. 512—514. Bücheler p. IV f. not. Andererseits C. Beck, the age of Pe-
^^onius Arbiter, Cambridge (Mass.) 1866. 158 pp. 4. (bes. p. 100—104) setzte
^« zwischen 6 und 34 n. Chr., also unter Augustus oder Tiberius; s. da-
^e^en Bücheler, Rh^. Mus. XI. S. 608 f. Heutzutage darf als nahezu
^^ll^emeiu anerkannt gelten die Datierung unter Nero ; s. besonders G. Stu-
^er, Rhein. Mus. II. S. 50—92. 202 f.; F. Ritter ebds. S. 561 — 669;
A^. Teuffei ebd. IV. S. 614 f. Neque homines, res, mores, studia, cultus
^enique omnis humanus civilisque qualis describitur, neque genus sermo-
arsque metrorum in aliud atque Neronianum tempus conveniunt. cer-
igitor est Senecae Petronium et Lucano fuisse aequalem (Bücheler,
. p. V). Schon in der Zeit des Nero eine Ausnahme, wäre in den
^olg^enden Zeiten die einfache natürliche Sprache dieses Romans, fern von
allein falschen Pathos imd rhetorischem Flitter, eine Unmöglichkeit gewe-
sen. Anspielungen auf Seneca; E. Gottschlich, de parodiis Senecae apud
X'etronium, in den Mbcell. philolog. zu Fr. Haasens Jubiläum (Breslau 1863)
p. 26 — 29. Unverkennbar ist auch dass die Troiae halosis behandelt ist
xnit Bezug aof ein gleichartiges Gedicht von Nero (oben 270, 6) und das
606
Die Eaiserzeit. Erstes Jahrhundert.
bellum civile die Manier des Lncanas durch Uebertreibung persifliert, a
ohne ihn (als noch Lebenden) zu nennen; 8. J. G. Möseler, de Petr. {^
mate de hello civili (Breslau 1842) und quaestionum Petron. spec
poema de hello civili cum Pharsalia Lucani comparatur, Hirschberg 1^.^
spec. n., Hirschberg 1865. 4.
5. Tac. A. XVI, 17; paucos intra dies eodem agmine Annaens
. . C. Petronius ceddere (J. 66 = 819 d. St.). 18: de C. Petronio p&cx
supra repetenda sunt, nam illi dies per somnum, nox officiis et oblec^s^t^
mentis vitae transigebatur; utque aUos industria, ita hunc ignavia ad .^^^
mam protulerat habebaturque non ganeo et profligator, . . sed erudjx^^'^^
luxu. ac dicta factaqne eins quanto solutiora et quandam sui neglej
tiam praeferentia tanto gratius in spem simplicitatis accipiebantur. p
consul tamen Bithyniae et mox consul vigentem se ac parem nego
ostendit. dein revolutus ad vitia seu vitiorum imitatione inter paucos
miliarium Neroni adsumptus est, elegantiae arbiter, dum nihil amoenu
et molle afQuentia putat nisi quod ei Petronius adprobavisset. ZumT
bestimmt audiebat referentes nihil de immortalitate animae et sapienti
placitis, sed levia carmina et faciles versus. Dass die ib. 19 f. erwähn'
Schrift des Petronius, worin er flagitia principis sub nominibus exoletora
feminarumque et novitatem cuiusque stupri perscripsit atque obsignai
misit Neroni, mit den erhaltenen satirae nichts zu thun hat ist durch F
Ritter (Rhein. Mus. II. S. 569 — 672) nachgewiesen und durch C. Pete-^*^
(Rom. Gesch. III, 1. S. 360 Anm.) wahrlich nicht widerlegt worden. Di«*-
Charakteristik des C. Petronius aber würde sehr gut auf den Charakte
der vorliegenden satirae passen ; nur aber ist schriftstellerische Thätigke
jenes Petronius der Stelle des Tacitus nicht nur unbekannt sondern du
sie ausgeschlossen; s. W. Teuffei, Rhein. Mus. IV. S. 515—517. Wo
mochte ein ernsterer Mann , wie Tacitus , von einer Schrift die er z
Schmutzliteratur zu rechnen ein Recht hatte wenig Kenntniss nehmeiitf==^i
aber wenn sie unter dem Namen des von ihm charakterisierten Consul^^^'
ren erschienen wäre durfte sie, als sprechendstes Symptom, nicht unecr =^r*
wähnt bleiben, und es konnte dann jedenfalls nicht mehr kurzweg behaupt
werden: illi dies per somnum transigebatur. Auch wenn sie eine Jugent
Schrift desselben war oder erst aOs seinem Nachlasse herausgegeben wi
war dieses Schweigen und jene Charakteristik immöglich. Es ist dahi
entweder anzunehmen dass die satirae ursprünglich^nonym und viellei(
ausserhalb Roms (in iMassilia? Sid. Ap. XXIH, 155) erschienen und die
theilung an den taciteischen Petronius eine spätere Combination ist, vc
anlasst durch die Verwandtschaft der Zeit und des Geistes, wobei die
Zeichnung des Petronius als elegantiae arbiter Veranlassung gegebi
haben kann ihm den Beinamen Arbiter zu schaffen; oder, falls der V(
fasser wirklich Petronius Arbiter sich nannte, dass er nicht der taciteisc^fc^^'
C. Petronius ist. Frühestes Vorkommen des Namens bei Terent.
V. 2489 ff. (Arbiter disertus) und 2852 ff. (Petronius). Sidon. Apoll.
IX, 268 nennt Petr. in einer Aufzählung von Dichtem, XXIII, 155 Arbits^^f
unter den berühmten Schriftstellern eloquii latini. Ohne selbständige Kenras'^
niss urteilt Lyd. de mag. I, 41 (oben 24, 2). Macrob. comm. in somn. &^-
I, 2, 8: fabulae . . auditum mulcent, velut comoediae . . vel argumen.'^
fictis casibus amatorum referta (Romane), quibus vel multum se Arbit^'
1
288 f. Petronius. Calpumius und Nemesianus. 607
ex^x"<5viit vel Apoleium nonnumqaam lusisse miramur. Anführungen des
P^'taroiaiuB bei Diomedes (Arbiter), Servius, Prisoian, Fulgentius (Petr. Arb.),
Ser-grivM u. a. zusammengestellt in Bücheler's Ausg. p. 206 ff. ünbezeugt
ist deT Name des Petr. für die Gedichte Nr. 81—40, 50—62 bei Bücheier;
A. XUese in Pleckeisens Jahrb. 99, S. 281.
ö. Ueber die Ausgaben der satirae s. Bücheier p. XXXVII it. Von
den. ^vor AufQndung der cena Trimalc. erschienenen sind nennenswerth die
^^^ J. Dousa (Lugd. 1586 u. sonst), Goldast (Helenop. 1610. Frankf. 1621),
QoiÄs^lez de Salas (Francof. 1629. 4.); von den späteren besonders die von
^- Biirmann (Utrecht 1709. 4. Amsterdam 1748. 4.; J. J. Reiske, Ubellus
aJ*iixt.advers. ad alt. ed. Burmann., Lips. 4 Thle), auch C. G. Anton (Lips.
^^^J^)- Texte Lips. 1721, Bipont. 1790. Erste kritische Ausgabe ex recens.
^- ^Bücheleri, Berol. 1862; Textausgabe (mit den Priapeia) ib. 1862.
iGeiträge zur Textkritik von J. C. Orelli (lectiones Petron., Zürich
I^3e. 4.), G. Studer (observatt. critt. in Petr. cen. Trim., Bern 1839. 4.),
^^- Wehle (observatt. critt. in Petr., Bonn 1861), 0. Keller (Rhein. Mus.
^"^I. S. 532-561), C. Beck (oben A. 2).
Ueber Petr. und sein Werk auch W. Teuffei in Pauly's Real-Enc. V.
I* X402 — 1406. Fr. Bücheier im Neuen Schweiz. Mus. III (Bern 1863)
S« 17-31.
Q Uebersetzungen von W. Heinse (Rom 1773. Schwabach 1783. 2 Thle),
^ ^^^fiter (Halle 1792, 2 Thle) u. a. Das Gastmahl des Trim. von Wel-
^^er (Jahns Archiv X. S. 194—220) und Berlin 1843.
289. Zu Anfang der Regierung des Nero verfasste Cal-
^^Xirnius die sieben Eklogen welche in strenger Technik die
^gegenstände und die Art des Theokrit und der vergilischen
''^ucolica übertreibend nachahmen, mit leidlichem Geschmack,
^her höfischer Gesinnung. Zwei Jahrhunderte später wurde Calp.
Selbst wieder carikiert und geplündert durch Nemesianus,
dessen redselige vier Eklogen in Silbenmessung und Versbau
andere Grundsätze befolgen, aber, räumlich mit denen des Cal-
;j)umius vereinigt, lange von ihnen nicht unterschieden wurden.
1. In der Handschrift des Thaddäus Ugoletus von unbekanntem Alter,
^ach welcher die Ausgabe des Angelus Ugoletus (Parma um 1490) gemacht
Xst, wird der Antheil beider Verfasser scharf geschieden (nach der Aus-
gabe: Titi Calphumii Siculi bucolicum Carmen . . incipit; Aurelii Neme-
siani poetae Carthaginensis ecloga prima incipit; nach Nie. Angelius: finis
bacolicorum Calphurnii. Aurelii Nemesiani p. carth. ecloga prima etc.,
s. M. Haupt, p. 11 f.). und auch der cod. Neapel, hat wenigstens noch am
Schlüsse von ecl. 11 die Unterschrift: Aureliani Nemesiani Garthag. buc.
explicit (Haupt p. 13). Die wesentliche Verschiedenheit der Technik ist
nachgewiesen worden durch M. Haupt, de carminibus bucolicis Galpumii
et Nemesiani, Berlin 1854. 4., p. 1 — 5. Die des Calpumius gebrauchen
aaslautendes o als Kürze nur so wie die strengsten Dichter, die des Ne-
mesianus haben bereits mulcendö, laudandö, ambö u. a.; in jenen ist die
S^nalöphe sehr selten: in 758 Versen finden sich (ausser drei zweifei-
608 Die Eaiserzeit. Erstes Jahrhundert.
haften Fällen von V erschleif ung des que in späteren Fassen) sichere &^
spiele derselben nur acht und immer nur im ersten Fasse, nämlich ^r<
Schleifung von e 6mal, von ä und von um je einmal; 5 dieser Fälle finc^.
sich in ecl. 3, die daher vielleicht die früheste ist, je einer in ecl. 1, 2 ^ ^
keiner in ecl. 4, 6, 7; dagegen in den 319 Hexametern des Nemesia-cKzi.^^
39 Fälle von Synalöphe, wovon drei (8, 21. 9, 14. 32) einen laa^-^^
Vocal treuen und nur die Hälfte den ersten Fuss. Ein Versschluss "^v^e
montivagus Fan (ecl. 10, 17) oder eine Messung wie futuri (venturi?> ^jg
Molossus (ecL 10, 23) findet sich bei Calpumius niemals. Die Cäsur !>«•
steht bei Calp. mehr als 70mal in der Combination von xata xgCxov
laiovy tQid^rifiififQ^g und iip^rjfitfisgijgf bei Nemesianus ist sie so auF
nsvd'fjfiifisQrjg eingeschränkt dass jene Combination nur 6mal vorkomznt
Dagegen stimmt die Technik der 4 letzten Eklogeu zu der von Nein«-
sian's Cynegetica (Haupt p. 9 f.). Femer wird die Identität des YerCeLB-
sers aller 11 Eklogen ausgeschlossen durch die zahlreichen Wiederholung-^^
ganzer Verse und Variation von Gedanken und Wendungen welche sfc^l
in den 4 letzten gegenüber von den 7 ersten finden; namentlich ecl ^
(Nemes. 2) ist fast ganz aus ecl. 2, 3 und 7 zusammengeflickt; aber auc?^
in ecl. 8 (Nem. 1) ist ecl. 1, 4 und 6 stark ausgebeutet, und 10 (Nem. 3), ^
ist identisch mit (Calp.) 5, 2. Nachahmung des Statins findet sich m^^
mals in ecl. 1 — 7, wohl aber in 8—11, wie auch in Nemesians Cynegetic^^
(Haupt p. 10 f.). Vorliebe für parenthetisches memini, fateor zeigen nc^^
die 7 ersten, nicht die 4 letzten Stücke.
2. Die Zeit in welcher die 7 ersten Eklogen verfasst sind erhellt m^
Sicherheit aus ihren zahlreichen Anspielungen, besonders in ecl. 1, 4 und
(Haupt p. 16—26). Der Fürst (deusj ist ein iuvenis (1, 44. 4, 85. 137. 1,^^^
von jugendlicher Schönheit (7, 84), matemis causas qui lusit in ulnis (1,4---^^
vgl. oben 270, 6), welcher glänzende Spiele gibt vor denen vilia son^--
quaecunque prioribus annis vidimus et sordet quidquid spectavimus olii
(7, 44 f.), mit dessen Begierungsantritt eine Aera des Friedens, der Freihei
und der dementia begonnen hat (1, 42 — 88. 4 passim). Diess Alles stimm
zu Nero und dem hoffnungsvollen Beginne seiner Regierung, wie auch de
im Herbst sichtbare Komet (1, 77 ff.) zu dem kurz vor Claudius^ Lebenc
ende (J. 807) erschienenen. Auch Sprache und Metrik dieser 7 Eklogei
passen dazu vollständig, und nichts in ihnen weist über diese Zeit hinaus
Der Verfasser klagt über seine Armut (4, 156 ff.) und sucht durch Mel
böus (nach Sarpe, quaest. philol. Rostock 1819. 4. =» Seneca, nach Hauj
p. 26 f. = Calpumius Piso) seine Lobgedichte unter die Augen des Füi
sten zu bringen. Ob Siculus seine Heimat bezeichnet oder von Theokri
her auf ihn übergetragen ist lässt sich nicht entscheiden.
3. Schon im Antheile des Calpumius sind Themata und Gedankei
von Theokrit und Vergil nachgebildet, im sentimentalen und declamato^^^--^
rischen Charakter des ersten Jahrh. und unter Verstärkung der Farbei
des Originals (z. B. 2, 15). Von Nemesianus werden dann wiederom di«
Gedanken imd Wendungen des Calpumius ins Plumpe gesteigert, nament- — ^
lieh die erotischen Züge, imd die Rhetorik der Ausführungen pflegt sie
lange um sich selbst zu drehen. Ueberhaupt zeigen die vier letzten Stficki
bedeutend geringere dichterische Beföhigung als die 7 ersten.
289 f. Calpurnius Sic. und Nemesianiis. Aetna. G09
Die beste Handschrift der 11 Stücke ist der Neapolitanus aus dem
_ von saec. XV; Paris. 8049 saec. XIII (= Heinsii cod. bei Burmann?)
kkält nur ecl. 1, 2, 3, und 4, 1—12. Eine Abschrift des codex von Th.
öletus (s. A. 1) ist in der Riccardi'schen Bibliothek. Von denjenigen
Lclie alle 11 Eklogen dem Calpurnius zuschreiben reicht keine über
!0. XV zurück.
ö. Editio princeps Rom. 1471 fol. (mit Silius It.). Später häufig mit
5 OratiuB (oben 237, 1) und Nemesianus Cynegetica zusammen. In
emedorfs poetae lat. min. 11. p. 73 — 214. Recognovit, annotatione et
^Bsario instruxit Chr. D. Beck, Lips. 1803. In W. E. Webers Corp.
etar. lat. p. 662 — 671. Recens. et annott. critt. instr. C. E. Glaeser,
>ttmg. 1842.
Beiträge zur Kritik des Calpurnius bei M. Haupt (s. A. 1) p. 27—32,
Nemesianus' ecl. ib. p. 32—35, zu seinen Cyneg. ib. p. 35 — 37; zu Calp.
Keines, bei J. Mähly, über Soph. 0. C. (Basel 18G8) S. 101—118.
IJebersetzt von Adelung (Petersburg 1804. 4.), Wiss (Leipzig 1805),
ausen (Altona 1807).
290. Der Zeit des Nero gehört wohl auch das Lehrgedicht
ötxia an, G45 regebrecht gebaute Hexameter, meist in trocke-
'^ Lehrtone und mit eifriger Bekämpfung der Volksvorstel-
^gen. Der Verfasser desselben ist wahrscheinlich der litera-
^Ix gebildete und thätige jüngere Freund des Seneca, LuciHus
»^or.
X. Dass das Gedicht vor dem grossen Ausbruch des Vesuv J. 69 ver-
^"•i ist erhellt aus der Nichterwähnung desselben (z. B. 429 tf. vgl. 605 fiP.).
^^ ginnt mit einer ausführlichen Bekämpfung der durch die Dichter ver-
^"t^ten mythischen Vorstellungen über die Ursachen der vulcanischen
^^einungen (fallacia vatum 29 ff. ; stolidi mendacia vulgi 366 ; fabula
'^^ax 511), wie überhaupt der anthropopathischen Vorstellungen (32 f.
i • Anstreifen an Epikureisches (32 f.) wie an Stoisches (173 f. 537 ff.).
^it^a carminibus übertaa ista , sed omnis in vero mihi cura, 91 f. Doctri-
[^ Wendungen sind zahlreich; s. 116 f. 143 f. 158 ff. 175. 188 ff. 219 ff*.
^ ^. 329 f. .348. 387 f. 391 f. 399 f. 415 f. 425 ff. 448 f. 510 f. 529. 536 f.
i^iiix wiederholen sich häufig die gleichen Worte und Structuren. Ueber-
^^pt fehlt es dem eigentlich didaktischen Theile an Manchfaltigkeit
^^ Leben; eine grosse Rolle spielt die Lava (lapis molaris). Dagegen
^^t sich die Rede und wird warm wo das Genussreiche und Menschen*
Erdige der Naturbeobachtung im Gegensatze zu kleinlichem Treiben (224
"^281) und zu entlegenen Gegenständen der Thätigkeit (568 — 598) dar-
r^legt wird. Auch die Beschreibung des Aetnaausbruches 608 ff. ist
^bendig. Benützung von Seneca's nat. quaest. (z. B. v. 119 ff. 282 ff.)?
^g\. Jacob p. XVIII f. Deutlicher sind Anklänge an Lucretius. Im All-
gemeinen aber ist die Sprache die besonders durch Yergil in der römi-
chen Poesie conventionell gewordene. Die Metrik zeigt das dem ersten
lalben JahrL nach August eigeuthümliche Schwanken in der einzuschlagen-
en Richtung. In den wesentlichsten Puccteu an Ovid sich anschliessend,
Teaffel, Rom. Lileralur(j:cschichle. 39
010 Die Kaiserzeit. Erstes Jahrhundert.
wiederholt sie andererseits in Cäsuren u. s. w. gewisse Härten Vergils,
ähnlich wie Manilius und Statins (L. Müller).
2. Sen. nat. quaest. IV. praef. 9 an Lucilius: ita est, mi lunior.
Geboren war er (etwa um ein Jahrzehnt) später als Seneca (ib. lü, 1, l:
apud te, iuvenis carissime, inveuio; folgt ein Hexameter. Epist. 26, 7:iQ-
venior es), zu Pompeji oder Neapel (Sen. Epist. 49, 1. 53, 1. 70, 1), in be-
schränkten Verhältnissen (nat. quaest. IV. praef. 16: eluctatus nataliain
angustias; vgl. Epist. 19, 5. 44), aus denen er sich durch seine Thätigkeit
emporarbeitete ; Sen. Epist. 44, 2 : eques rom. es et ad hunc ordinem toa
te perduxit industria. Vgl. ib. 19, ä: in medium te protulit ingenii vigor,
scriptorum elegantia, clarae et nobiles amicitiae. iam notitia te invaiit
Nat. quaest. IV. praef. 15 — 17 lässt ihn Seneca sagen: non mihi in ami
citia Gaetulici (oben 275, 1) vel Caius fidem eripuit, non . . Messala etNax
cissus. . . videbam apud Caium tormenta, . . non tamen ferro incuboi etc
Amtliche Thätigkeit in Germanien, Illyrieu, Africa (Sen. Epist. 31, 9), zu
letzt lange Zeit kaiserlicher Intendant (procurator) in Sicilien (nat. qoaesi
IV. praef. 1. Epist. 19, 6. 31, 9. 43, 3 u. oft). Literarisches Interesse. Sen.
nat. q. IV. praef. 1. Epist. 46, 1. ib. 2, 2: vide ne ista lectio auctorum
multorum et omnis generis voluminum habeat aliquid vagnm et instabile.
Bildender Einfluss des Seneca (Epist. 34, 2: adsero te mihi, meum opus es.
ego cum vidissem indolem tuam inieci manum etc.). Briefe von Ludlios
an Seneca von diesem oft erwähnt, z. B. Epist. 59, 4: audi quid me inepi-
stula tua delectaverit: habes verba in potestate. non effert te oratio nee
longius quam destinasti trahit. (5.) . . pressa sunt omnia et rei aptata.
loqueris quantum vis et plus significas quam loqueris. . . (6.) invenio ta-
men translationes verborum, . . invenio imagines etc. Literarische Thä-
tigkeit. Bei Sen. nat. quaest. IV. praef. 14 sagt Lucilius: liberaliboa me
studiis tradidi. quamquam paupertas alia suaderet et ingenium eo dac^
ret ubi praesens studii pretium est, ad gratuita carmina me deflexi et ad
salutare Studium philosophiae me contuli. Aus letzterem Gebiete war vohl
die von Sen. Epist. 46 erwähnte Schrift: librum tuum, quem mihi pro-
miseras, accepi. . . qui quam disertus fuerit ex hoc intellegas lioe^-
levis mihi visus est, cum esset nee mei nee tui corporis, sed qui pruno ad-
spectu aut T. Livii aut Epicuri posset videri. Vgl. ib. 23, 9: Epicuri tni.
Ein eigentlicher Epikureer war aber Lucil. so wenig als Seneca ein eigent-
licher Stoiker; vgl. ib. 107, 1 (Epicurus noster). Nat. quaest. IV, 2, 2:
quare non cum poeta meo (Lucil.) iocor et iUi Oyidium suum inapingo?
Insbesondere war Sicilisches von ihm poetisch bearbeitet; ib. III, 26, 6
(hoc, die Sage von Arethusa, et a te traditum est ut in poemate, l^^^
carissime), vgl. den Hexameter ib. 1, 1. Ausführung philosophischer Ge-
danken im epischen Masse, Sen. Epist. 24, 19—21. Sentenzen im Trime*^^
il). 8, 10. Ibid. 79, 1 : exspecto epistulas tuas quibus indices mihi circunii-
tus Siciliae totius quid tibi novi ostenderit. ib. 5: Aetnam describas ui
tuo carmine et hunc solemnem omuibus poetis locum attingas. quem q"^
minus Ovidius tractaret nihil obstitit quod iam Vergilius (gelegentlich) UQ-
pleverat. ne Severum quidem Cornelium uterque deterruit 7 : aut ego t«
non novi aut Aetna tibi salivam movet. iam cupis grande aliquid et p^
prioribus scribere.
^.^Lääi
290 f. Aetna. Lucilius lunior. Homerus latinus. 611
3. Da bei Lacilius hienach sowohl die Lebenszeit zutrifft als die phi-
losophische (epikureische) und literarische (Ovid, Seneca) Richtung, die
Localkenntuiss (Sicilien) und die Absicht den Aetna zum Gegenstand eines
Gedichtes zu machen, so hat die Urheberschaft des Lucilius hohe Wahr-
scheinlichkeit, und es fehlt einzig die positive Bezeugung. Ueberliefert ist
das Gedicht im Anhange zu den vergilischen Gedichten und als eines der-
selben; s. oben S. 402, A. 1 u. S. 407, A. 5. Die Zutheilung an Cornelius
Severus (oben 236, 5) ist eine im 15ten Jahrh. aufgekommene, aber durch
Nichts empfohlene Folgerung aus Sen. Epist. 79, 5 (s. A. 2 E.).
4. Das Gedicht ist lückenhaft erhalten. Die beste Quelle ist der ver-
schollene Floreutinus (ß bei Munro), der aber nur v. 138 — 286 enthielt
(s. Munro p. 30 — 32); die vollständigste und allön übrigen weit überlegene
der von Munro (s. p. 29 f.) verglichene Cantabrigiensis saec. X (a bei
Munro). Mit ihm stimmt meist das fragmentum Stabulense (aus der Abtei
Stavelot); s. Bormans, coUation des 167 prcmiers vers de TAetne de L. J.
avec un fragment mscr. du Xl"* si^cle, Brüssel 1854. 124 pp. (Bulletin
p. 258-379); vgl. F. W. Schneidewin, Götti. Gel. Anz. 1855, St. 105. Ver-
treter der interpolierten Classe, saec. XIV f., sind Munros y (aus dem Bri-
tish Mus., Arundel 133), d (Jacob*s Helrastad.), s (Jacob's ms. 3 = VratisL),
i (aus dem Brit. Mus.).
5. Ausgaben zuerst an Vergils Werken, z. B. Aid. 1517. 1534, von
ScÄÜger, Lyon 1672 oder 1573, Leiden 1595; s. Munro p. 26 f.; eigens von
Th. Gorallus (= John Ledere), Amsterdam 1703. 1715; in Wernsdorfs poe-
tae lat. min. IV. p. (79) 87—214 (216); vgl. ib. p. 3—25. In W. E. Webers
corpus poet. lat. p. 1405 — 1410. Mit deutscher Uebersetzung von C. A.
Schmid (Braunschweig 1769) und J. H. F. Meineke (Quedlinburg 1818).
Hec. notasque los. Scaligeri, Fr. Lindenbruchii et suas adiecit (auch eine
cnetrische Uebersetzung) Fr. Jacob, Lips. 1826. XXIV u. 270 pp. Revised,
emended and explained by H. A. J. Munro, Cambridge 1867. 84 pp.
Kritische Beiträge von M. Haupt (Quaest. Catull. 1841, p. 54—68, vor
dem Berliner Katal. 1854. 20 pp. 4. und 1859. 11 pp^. 4. sowie im Hermes
III. p. 338—341) und J. Mähly (Beiträge zur Kr. d. Lehrged. Aetna, Basel
1862. 32 S. 4.).
291. Gleichfalls noch aus dem ersten Jahrhundert und der
Zeit der julischen Dynastie ist eine metrische Bearbeitung des
Inhaltes der Ilias für den Bedarf der Schule. Anfangs fast
Uebersetzung, wird die Arbeit allmählich immer mehr Auszug.
Selbständiges Talent verräth der Verfasser nicht, vielmehr beutet
er besonders die Äeneis und die Metamorphosen stark aus ; aber
in allem Schulmässigen , besonders der Metrik, ist er correct
und sorgfältig.
1. Von den 1076 (1070) Hexametern aus denen das Werk besteht
fallen 537 auf die ersten fünf Bücher der Ilias. Besonders genau ist der
Schiffskatalog wiedergegeben, und die zahlreichen, oft schwierigen, Namen
sind fehlerlos übertragen. Am wenigsten genau sind die Bücher XIX bis
39*
612
Die Eaiserzeit. Erstes Jahrhundert.
S'jI
XXII behandelt. Vielleicht legte der Verfasser eine prosaische Inhalts-
angabe der Ilias zu Grunde. Das Ausschreiben Vergils und Ovids geht
weit, und die Versnoth ist oft genug erkennbar. Auf die römischen Dich-
ter vor den augusteischen erstreckt sich des Verfassers Horizont nicbt;
kaum dass auf Lucretius schwache Spuren hindeuten. Der Versbau ist
fast pedantisch streng. Auf Abfassung unter der julischen Dynastie, spä-
testens unter Nero, deutet v. 904—907 W. = 899—902 M. : quem (Aeneaa)
nisi servasset magnarum rector aquarum, ut profugus latiis Troiam rep^-
raret in arvis augustumque genus coeli submitteret astris, non clarae g&'KS'
tis nobis mansisset origo. Vgl. 235 (sacer Aeneas). 483 (Veneris pulc^^'
rima proles). C. Lachmann, Monatsber. der Berl. Akad. Januar 1841 (f^^'
dem Tode des Tiberius). Vgl. zum Iwein S. 527 und zu Lucret. III, f
L. Müller, über den Auszug u. s. w. S. 15, imd im Philologus XV. S. 4
—482. 502.
2. Die epitome wurde im Mittelalter viel benutzt und meist als Hom
rus bezeichnet. Doch findet sich schon im elften Jahrh. (erstmals erweislic:
bei dem Abt Benzo, vor 1106; s. Philologus XV. S. 475) für den Verfessi
derselben der Name Pindarus (Thebanus), der wohl irgend welchem Mii
verstaudniss seine Entstehung verdankt; L. Müller, Rhein. Mus. XXIV. S. 492
meint, dem Missverständniss von Horaz 0. IV, 9, 5 if. Von den zahlreiche
Handschriften reichen wenige (wie der Plorent.) über saec. XII zurück
die besten (wenigst interpolierten) sind eine von Burmann (v. 1 — 644), ein
Erfurter (Ritschi, Rhein. Mus. I. 8. 137—140) und die zweite Leidner. VonC^^
elften Jahrh. an, wo der Auszug in Schulen gelesen wurde, erfolgten auctr^^^^^
zahlreiche Interpolationen und Aenderungen. L. Müller, über den Auszup^at -^S
u. 8. w. S. 11 — 14, und Ueber die zweite Leidner Hds. des Hom. lat.,
Fleckeisens Jahrb. 85, S. 729 — 732. Ueber eine Brüsseler Hds. s Reiifen
berg im Annuaire III. p. 189 ff. Ausgaben der epitome. Ed. princeps^^^
Lips. 1494. Von späteren bes. die Wernsdorfs in seinen poetae iatini mi
nores IV. p. 617—752, wozu vgl. ib. p. 546—567. 598—604. 608—616. I
certi auctoris, vulgo Piudari Theb. epitome Iliadis homericae e rec. et cu
notis Th. van Kooten; edidit . . H. Weytiugh, Lugd. Bat. et Amstelo
1809. L. Müller, über den Auszug aus der Ilias des sog. Pindarus The
(Berlin 1857) S. 16 — 46, und dazu seine Nachträge im Philologus X
S. 483-507.
3. Th. Bergk, Philologus XIV. S. 184, vermutet dass der Verfasse
der bei Persius I, 50 (Ilias Atta ebria veratri) als Verfasser einer uüchter
neu Ilias genannte Attius sei, welchen man häufig, mit ib. 4 (ne mihi .
Labeonem praetulerint) combinierend , Attius Labeo nennt. Vgl. Seh
Pers. I, 4 (p. 248 J.): quia Labeo transtulit Biada et Odjsseam, verbu
ex verbo, ridicule satis, quod verba potius quam sensum secutus sit. ei
ebt ille versus: crudum manduces Priamum Priamique pisinnos. Nie!
identisch damit und daher kaum als Quelle jenes Scholions zu betracht^^::^'^
ist die Fassung (ib. not. 5): Labeo poeta latinus fuit, ut Fulgentius
libro etymologiarum ait, qui Carmen et opus homericum convertit in lai
num et placuit non magis auditoribus quam lectoribus; eins versus
crudum etc. Auch ist es wenig glaublich dass dieser Vers von Fulge;
tius erdichtet sei, wie 0. Jahn meint, Berichte der sächs. Ges. d. W. 1
S. 301 f. vgl. Ausgabe des Pers. p. LXXII f. Combination beider Nam^^
X*
er
r-
I.
im
ÜB
t
291 fF. Homerus latinus. Die Flavier. 613
Schol. Pers. I, 50 (p. 259 J.): Attius Labeo poeta indoctus fuit illorum
teraporum, qui Iliada Homeri versibus foedisedine composuit.
4. üeber die Elegieen auf Mäcenas aus dem ersten Jahrh. s. oben
8. 408, Z. 2 ff.
r ^ i2. Die Zeit der flayisehen Dynastie, J. 69-96 n. Chr.
292. Nachdem mit Nero die julisch-claudische Dynastie
und die Erbmonarchie erloschen war und die Kämpfe über des-
sen Nachfolger ein Jahr lang das Reich in allen seinen Thei-
len zerrüttet und die letzten Kräfte des Röraerthums verzehrt
Ixatten gelangte in Vespasianus (J. 69—79) der tüchtigste
tinter den Bewerbern auf den Thron. An die Stelle junkerhafter
Willkür und Ausbeutung des Staates für die Gelüste des Herr-
Sehers trat nun geschäftsmännische Nüchternheit. Nach der
-Aufregung und Erschöpfung der letzten Zeit konnte das Reich
^u.nter ihm sich wieder sammeln. Unbestritten folgte ihm sein
Sohn Titus, dessen kurze Regierung (J. 79—81) zum Guten
och die Freundlichkeit zu fügen sich bemühte. Aber schon
ihrem dritten Gliede entartete die Dynastie, in des Titus
Bruder Domitianus (J. 81 — 96), dessen Bösartigkeit mit den
«schlimmsten Herrschern des claudischen Hauses wetteiferte. Die
liiteratur, die unter Vespasian den Segen des Friedens miter-
fahren hatte, litt unter Domitian durch dessen Eitelkeit nicht
xniuder wie durch seine Grausamkeit.
1. Darstellungen der Geschichte der Dynastie bei Tillemont, E. v^
'Wietersheim (Gesch. der Völkerwanderung I. Cap. VIII), Merivale, C. Peter
^.Geschichte Roms III, 2. Halle 1869. S. 1—140) u. A.
|2. C. E. Peter, de fontibus historiae imperatorum Flaviorum, Hallo
1866.
293. Obwohl überwiegend praktisch tüchtig und beherrscht
von dem Streben nach den tollen Verschwendungen der letzten
Jahrzehnte den Staatsschatz wieder zu füllen, besass und be-
thätigte Vespasianus doch auch Interesse für Bildung und
Literatur, und verfasste Denkwürdigkeiten. Begünstigt von ihm
und seinem Sohne Titus sammelte und schrieb der ältere Plinius,
dichteten Valerius Flaccus, Saleius Bassus, Curiatius Maternus,
Silius Italiens, Turnus. Von den Rhetoren ist der angesehenste
Julius Gabinianus, und auch Quintilians Lehrthätigkeit fällt
grosstentheils in diese Zeit. Für die Geschichtschreibung leistet
das Meiste der Jude Josephus, aber in griechischer Sprache und
oft genug die Wahrheit selbstsüchtig fälschend.
614 Die Kaiserzeit. Erstes Jahrhundert.
1. T. Flavius Vespasianus geb. 17 Nov. 762 (9 n. Chr.), Coa. 804 =
51, Procos. in Judäa J. 67 ff., von wo aus ihm seit Juli 69 besonders Mu-
cianus (unten 296, 1) den Thron erkämpfte. Seit dem Tode des Vitellius
(22 Dec. 69) anerkannter Herrscher, f 23 Juni 79 = 832; s. W. Teuffei
in Pauly's Real-Enc. VI, 2. S. 2478—2487.
2. Richter, das Verhältniss des K. Vespasianus zur Literatur, Plauen
1866. 4. Tac. Hist. II, 80: concurrentes (Antiochenses) . . adloquitur (Vesp.),
satis decorus etiam graeca facundia. Aus einer Rede des Vesp. im Senat
Orelli Inscr. 750. Joseph, vit. 65 (p. 340, 18 f. Bk.): h roig Ovsanacia-
vov Tov avTOHQcctOQOg vno^vrjfiaaiv ovxco yiyQantat. (p. 343, 9:) rotg Kai-
accQog vTto^VT^it^aaiv ivavttav nsnoCriaai, xriv yQaq>jjv, Vgl. c. Apion. I, 10:
totg tmv avtOTiQatOQmv (Vesp. und Titus?) ^noiivrjfiaaiv, Suet. Vesp. 18:
primus e fisco latinis graecisque rhetoribus annua ceutena constituit. prae-
stantis poetas (wie den Saleius Bassus, unten 300, 2) nee non artifices . .
magna mercede donavit. Dass er gegen die Philosophen anders verfuhr
und sie, wie die Astrologen, aus Rom verwies geschah auf Betreiben dea
Muciauus und weil die damaligen Vertreter der Philosophie in ihrer Rück-
sichtslosigkeit als ein gefährliches Element politischer Unzufriedenheit und^
Unordnung erschienen. Dio LXVI, 13 (J. 71): <og ovv xal aXloi nolXoi irc-^
xav axcommv naXovfiivtov Xoycav ngoax&ivxsgj fisd"* (ov xal drjfiTiXQiog 6 %v —
vixoff, avxva xal ovx inixrjdsia xotg nagovai drifioaia, xm xijg q)iXoaotpia^^
ngoaxrjficcxi yiotxaxQdofisvoiy dnXsyovxo . . ^neiatv 6 Movmctvog xov OvBcna —
aiavov ndvxag xovg xoiovxovg ix x^g noXsmg ^nßaXsCv. . . xcrl ndvxag av
xC-Act xovg (piXoa6(povg 6 Ovsanaatavog, nX^v xov MovatavCov (oben 282, 3^ -»
ix T^s 'Pcfl/Uriyg i^ißaXev, xov Sl Sri ^rifn^xQtov xal xov *OaxiXiov xal lg vt^
aovg TiaxsyiXBiasv. xal o (ilv^Oax^t-ogt sl xal . . noXXm nXBCm xara xr^g iiov
agxiceg naxiSgafisv, ofico? naQCcxQTJ^cc ^Bxiaxrj' ro) 6s dTjfirjxQ^co firjS' ä
vns£%ovxL iyisXsvasv 6 Ovsanaaiavog Xsx&fjvai oti cv filv ndvxa noisig tt
as dTCOnxeiva, iydt Ss nvva vXanxovvxa ov (povevto. Vgl. oben 282, 12.
3. Titus Vespasianus, geb. 30 Decbr. 40 oder 41 (793 oder 794), ei
obert Jerusalem 8 Sept. 70, factischer Mitregent seines Vaters seit 7:
Kaiser seit 79, f 13 Sept. 81 = 834. Heimbrod, Titi . . vita, in Ji
Archiv VIII (1842). p. 383 — 399. W. Teuffei in Pauly's Real-Enc. VI,
S. 2487 — 2493. An ihn gerichtet ist des älteren Plinius praefatio zur n.
wo z. B. 11: te quidem in excelsissimo generis humani fastigio positi
summa eloquentia, summa eruditione praeditum etc. Vgl. ib. 5: fulgui
in nullo umquam verius dicta vis eloquentiae, tribunicia postestas facui
diae. quanto tu ore patris laudes tonas, quanto fratris amas (famas Detl.
quantus in poetica es! Ibid. II, 25, 89: ocissimo significatü^aec fuit (stell
crinita, Komet) de qua quinto consulatu suo (J. 76 = 829) Titus imperatdi;:^^^''
Caesar praeclaro carmine perscripsit.
294. Der ältere Plinius, C. Plinius Secundus aus Oberr:::^^"
Italien (J. 23 — 79 n. Chr.), wusste durch angestrengten Fleis=====^
und geizigste Zeitbenützung eine ausgedehnte amtliche Yfirlc:^'
samkeit als Offizier und Pinanzbeamter in verschiedenen The^^
len des Reiches zu verbinden mit den umfassendsten un«
I
i
293 f. Vespasianus. Plinius maior. 615
vielsoitigsten Studien und. einer fruchtbaren literarischen Thä-
tigteit auf den Gebieten der Taktik, Geschichte, Grammatik,
Biietorik und der Naturwissenschaften. War seine Schriftstel-
lerei auch auf den meisten Gebieten eine zusammentragende
utid auf Gleichmässigkeit oder gar Schönheit der Form, verzich-
tende, so erregt sie doch Bewunderung durch ihren Umfang,
und dass sie vom lebendigsten Wissensdrange ausgieng zeigt
der Tod des Plinius beim Ausbruche des Vesuv, als Opfer seines
Forschungseifers.
1. Suet. ed. Beiffsch. p. 92 f.: Plinius Seeundus Novocomensis (er
nennt praef. 1 den Catall seinen conterraneus) equestribus militiis indu-
Btrie functus (besonders in Germanien, wo er wohl auch das castrense
contubernium mit Titus hatte, s. n. h. praef. 3) procurationes quoque (in
CraJlia Narbonensis, Hispania Tarraconensis, unter Yespasian als procura-
^r Caesaris] splendidissimas et continuas summa integritate administravit
et tarnen liberalibus studiis tautam operam dedit ut non temere quis plura
^ otio scripserit. itaque bella. omnia quae umquam cum Germanis gesta
sunt XX voluminibus comprehendit, item naturalis historiae XXXVIl libros
&l>8olTit. periit clade Campaniae; cum enim Misenensi classi praeesset et
"^€rra,nte Vesuvio ad explorandas propius causas liburnica pertendisset . .
^ pTÜTens ac favillae oppressus est, vel, ut quidam existimant, a servo
8UO ocdsus, quem aestu deficiens ut necem sibi maturaret oraverit. ße-
*^^*^«ibung letzterer Katastrophe (IX kal. sept.) in dem Briefe des Jüngern
"^^^^^tis an Tacitus, Ep. VI, 16 (petis ut tibi avunculi mei exitum scribam,
^}^o Aerius tradere posteris possis etc.) vgl. VI , 20 (ais te adductum litte-
^^ <^aas exigenti tibi de morte avunculi mei scripsi cupere cognoscere
^uo^ ego Miseni relictus . . casus pertulerim etc.).
2. Plin. Epist. III , 6, 1 ff. (an Baebius Macer) : pergratum est mihi quod
^^ ^iiügeuter libros avunculi mei lectitas ut habere omnes velis quaerasque
^^^ ^tint omnes. (2.) fungar indicis partibus atque etiam quo sint ordiue scripti
- ^^^^m tibi faciam, . . (3.) ,De iaculatione equestri unus' (vgl. n. bist. VIII,
P ^ nos diximus in libro de iaculatione equestri condito). hunc cum prae-
^^^^8 alae militaret (in Germanien) pari ingenio curaque composuit. ,De
Pomponi Secundi duo,* a quo (oben 258, 7) singulariter amatus hoc
3^oriae amici quasi debitum munus exolvit. (4.) ,BeIlorum Germaniao
^, quibus omnia quae cum Germanis gessimus bella collegit (vgl. A. 5
^ l^ Tac. A. I, 69: tradit C. Plinius, germanicorum bellorum scriptor).
^^^Vioavit cum in Germania militaret, somnio monitus. . . (5.) , Studiosi
^*, in VI Volumina propter amplitudinera divisi, quibus oratorem ab iu-
^^^abulis instituit et perfidt (vgl, A. 3). ,Dubii sermonis VIII* (vgl. A. 4).
^^^psit sub Nerone novissimis annis, cum omne studier um genus paulo li-
^^etiua et erectius periculosiun servitus fecisset. (6.) ,A fine Aufidii Bassi
-XXXI* (vgl. Anm. 5). ,Naturae historiarum XXX VII *, opus diffusum, eru-
^itum, nee minus varium quam ipsa natura. (7.) miraris quod tot Volu-
mina multaque in his tam scrupulosa homo occupatus absolverit? magis
miraberis si sderis illum aliquamdiu causas actitasse, decessisse anno sexto
et qninquagesimo , medium tempus distentum impcditumque qua officiis
616 Die Kaiserzeit. Erstes Jahrhundert.
maximis qua amicitia principum egisse. (8.) sed erat acre Ingenium, i»
credibile studium, summa vigilantia. . . (9.) ante lucem ibat ad Yespa
sianum imperatorem (nam ille quoque noctibus utebatur), inde ad delegs
tum sibi officium, reversus domum quod relicum temporis studiis reddc
bat. (10.) post cibum saepe . . liber legebatur, adnotabat excerpebatqu<
nihil enim legit quod non excerperet. . . (11.) . . super hanc (cenan
liber legebatur, aduotabatur, et quidem cursim. . . (13.) tanta erat pai
simonia temporis. . . (U.) . . dum destringitur tergitarque (im Bade) ai
diebat aliquid aut dictabat. (15.) in itinere . . huie uni vacabat: ad lati
notarius cum libro et pugillaribus, cuius manus hieme mauids muniebai
tur. . . (16.) . . perire omne tempus arbitrabatur quod studiis non in
penderetur. (17.) hac intentione tot ista volumina peregit electorumqu
commentarios CLX mihi reliquit, opisthographos quidem et minutiBsim
scriptos. . . referebat ipse potuisse se, cum procuraret in Hispania, vei
dere hos commentarios Largio Licino CCCC milibus nummum, et tun
aliquanto pauciores erant.
3. Gellius IX, 16, 1 ff.: Plinius Secundus existimatus est esse aetati
suae doctissimus. is libros reliquit quos Studiosorum inscripsit, non m(
diusfidius usquequaque aspemandos. in his libris multa varie ad ol
lectandas eruditorum hominum aures ponit. refert etiam plerasque sei
tentias quas in declamandis controversiis lepide arguteque dictas puta
Also eine Anleitung zur Beredtaamkeit mit Beispielen. Quintil. III, 1, 21
scripsit de eadem materia (Rhetorik) . . accuratius . . aetatis nostrae Vei
ginius, Plinius, Tutilius. XI, 3, 143: qui de gestu scripserunt. . . qn
magis miror Plinii Secundi, docti hominis et in hoc utique libro paen
etiam nimium curiosi, persuasionem etc. ib. 148: quo magis miror har
quoque succnrrisse Plinio curam etc. Seiner sonstigen schriftstellerische
Bedeutung gälte es daher falls er gemeint ist ib. III, 4, 2: nunc maxuc
t^mporum nostrorum auctore prope impulsum (est).
4. Plin. n. h. praef. 28: ego plane meis adici posse multa confitea
nee his solis sed et omnibus quos edidi, ut obiter caveam istos Homer
mastigas . ., quoniam audio et stoicos et dialecticos, Epicureos quoq^<
(nam de grammaticis semper expectavi) parturire adversus libellos qo.
de grammatica edidi. Das Werk handelte von den zweifelhaften Fohä«
in Declination, Conjugation und Wortbildung, umfasste neben der La.^
und Plexions-Lehre auch die Etymologie und die Redetheile und wuwr
bis in das Mittelalter hinein von den Grammatikern benützt und an^
führt. Besonders Charisius citiert es häufig, kennt es aber nur aus luU
Romanus; Priscian VI, 44 (p. 233, 13 H. : Plinius Secundus in I artiixa
und 78 (p. 262, 18 H.: Plinius Secundus in I artis grammaticae) gibt dti
Titel imgenau wieder. Lersch, Sprachphilos. d. Alten I. S. 150 ff. ^1^
Schottmüller, de C. Plini Secundi libris grammaticis particula prima, Box
ner Diss. von 1858. 44 pp. D. Detlefsen, zur Flexionslehre des altern Fh
nins, in der Symbola philol. Bonn. S. 697—714.
5. Plin. Epist. V, 8, 5: avunculus meus idemque per adoptioneni
pater historias, et quidem religiosissime , scripsit. Plin. n. h. praef. 20:
vos quidem omnes, patrem (Vespasian), te (Titus) fratremque, diximuB opere
iusto, temporum nostrorum historiam orsi a fiue Aufidii Bassi (oben 261, 2).
294 f. Pliniuö. Naturalis historia. 617
ubi st ea quaeres? iam pridem per acta sancitum et alioqui statutum erat
ber^^^^^ii mandare, ne quid ambitioni dedisse vita iudicaretur. proinde oc-
ca|>^s.:ntibu8 locum faveo, ego vero et postens, quos scio nobiscum decer-
tat'«is.:sro8, sicut ipsi fecimus cum prioribus. II, 199: aDno Neronis principis
gnp^'ir'^mo, sicut in rebus eius exposuimus. ib. 232 : Neronis principis supre-
mi^-v eicut in rebus eius retulimus. Benützung (und Verdunklung) dieser
Zei.'fc^eBchichte durch Tacitus; s. Hist. III, 28: Horroine id (die Plünderung
vor^ Oremona) ingenium, ut Messala (unten 296, 3) tradit, an potior auctor
Bit O. Plinius, qui Antonium (Primum) incusat, baud fädle discreverim.
V^X. A. Xm, 20 (Pliniua et Cluvius . . referunt). XV, 63 (quod C. Plinius
mexKiorat), beides aus der Zeit des Nero. Sueton hat in seinen Biographien
des» Nero, Galba, Otho, Vitellius, Vespasian, Titus und Domitian das Werk
des Plinius sicherlich benützt, nennt es aber niemals. Die Polemik im
Ca»li^. 8 (vgl. oben 275, 1) bezieht pich auf die Bella Germaniae.
295. Erhalten ist von den Schriften des Plinius allein
seine naturalis historia in 37 Büchern, im J. 77 dem Titus
überreicht, aber bis zum Tode des Verfassers fortwährend mit
Na<»hträgen und Aenderungen versehen. Das Werk ist eine
Encyclopädie der Naturwissenschaften, aber mit vorzugsweiser
Berücksichtigung ihrer Anwendung in Leben und Kunst der
M^enschen, und umfasst daher auch die Erdbeschreibung, Heil-
Iftinde und Kunstgeschichte. Der Stoif ist aus einer grossen Anzahl
^c^xx Schriften zusammengetragen, freilich vielfach ohne genü-
göxide Sachkenntniss und Kritik, daher von sehr ungleichem
*^^rthe. Auch die Darstellung ist wenig gleichmässig: bald
'^^^^ auf die Sache gerichtet und mit dem nächsten besten Aus-
dr^vick zufrieden, bald manieriert rhetorisch. Im Ganzen aber
^*^ das Werk eine unerschöpfliche Fundgrube von Nachrichten
"^^d zeugt von dem ernsten, strebsamen und patriotischen Sinne
•"^^^xies Verfassers. Theils selbst, theils in den mancherlei Aus-
^^^en die es erfuhr bat es lange fort grossen Einfluss ausgeübt.
p^ 1. Plin. n. h. praef. 1: libros naturalis historiae, novicium Camenis
^^^ritium tuorura opus, natoa apud me proxima fetura, licentiore epistula
^Trare constitui tibi, iucundissime imperator. . . (3.) cenaorius tu sexies-
^^e consul (J. 77 = 830). (12.) levioris operae hos tibi dedicavi libellos.
^m nee ingemi sunt capaces . . neque admittunt excessus aut orationes
^^Jmonesve aut casus mirabiles vel eventus varios, iucunda dictu aut Ic-
^^ntibuB blanda. (13.) sterilis materia, rerum natura h. e. vita, narratur,
^t; haec sordidissima sui parte, ut plurimarum rerum aut rusticis vocabu-
^i^ aut externis, immo barbaris. . . (14.) praeterea iter est non trita au-
^%oribu8 via nee qua peregrinari animus expetat. nemo apud nos qui idem
^*^mptaverit, nemo apud Graecos qui unus omnia ea tractaverit. . . iam
^mnia attingenda quae Graeci x^g ^y%v%Xonai8BCag vocant. . . (16.) equi-
^cm ita sentio, peculiarem in atudiis causam eorum esse qui difficultatibus
Victig utilitatem iuvandi praetulerunt gratiae placendi, idque iam et in
6 18 Die Kaiserzeit. Erstes Jahrhundert.
alÜB operibus ipee fed. . . (17.) vigibti milia reram dignarum cura . .
lectione yolummum circiter duum miliam . . ex exquisitis aactoiibus cen-
tum incluBimus XXXVI yoluminibus, adiectis rebus plarimis qnas aut igno—
rayerant priores aut postea invenerat vita. (18.) nee dubitamua molta ess^
quae et nos praeterierint. homines enim sumus et occupati offidis, sub^
sidvisque temporibus ista curamus, i. e. noctumis. . . (21.) in bis Tolomi^
nibus auctomm nomina praetexoi. . . (32.) quid singulis contineretur libris
huic epistulae eubiunxi. Der Neffe hat bei seiner Herausgabe des Werk^
nach dem Tode des Verfassers das vorher den einzelnen Büchern vorge-
setzte (vgl. XVIII, §. 23) Quelleuverzeichnifis mit dem Inhaltsverzeichm&s
verbunden als Buch I, und dadurch die Bücherzahl auf 37 erhöht. Dass
der Verfasser selbst nur die erste Dekade veröffentlichte hat Urlichs (Vin-
didae I. p. 19 und Chrestom. Plin. S. XIV Anm.) gefolgert aus der Wie-
derholung von restant immensae subtilitatis auimalia X extr. und XI in.,
sowie der Unterschrift von XI und XII im Biccard.: editus post mortem.
Ueberhaupt aber finden sich im ganzen Werke manche Spuren der Nicht-
Vollendung f unausgeglichene Verweisungen, Randbemerkungen die noch
kein definitives Unterkommen gefunden haben, u. dgl. Vgl. Th. Bergk,
exercitationes Plin., Marburg 1847. 1851. 4. D. Noltenius, quaestiones Pli-
nianae, Bonn 1866, mit v. Jan in Fleckeisens Jahrb. 1866, S. 698 ff.
2. Inhalt und Anlage des Werks. I: Inhalts- und Quelleuverzeich-
niss. II: mathematisch - physikalische Beschreibung des Weltgebäades.
III — VI: Geographie. VII: Anthropologie und Physiologie des Menschen.
Vm— XI: Zoologie (VIII Säugethiere; IX Fische; X Vögel; XI Insecten
und Käfer; vergleichende Anatomie und Physiologfie). XII — XXVII: Bo
tanik (XII u. XIII exotische Bäume und Sträucher; XIV u. XV Obstbäume;
XVI wüde Bäume; allgemeine Botanik; XVII Baumzucht; XVIIl u. Xß
Getreide; Kohl; Theorie des Feld- und Gartenbaus; XX— XXVII niedicini-
sehe Botanik). XXVIII— XXXII : medicinische Zoologie. XXXIII-XXXVU:
Mineralogie besonders nach ihrer Verwendung in Leben und Kaust (B-
XXXrV f. Kunstgeschichte). Im Einzelnen der Ausführung zeigt sich aber
viele Willkür, wohl unter Einfluss des Werkes welches gerade excerpier*
wird. So werden XXVII alle im Vorhergehenden nicht abgehandelten
Pflanzen in alphabetischer Ordnung nachträglich aufgeführt. Ueber XXXI f.
vgL Noltenius p. 25 f.
3. Seine Quellen hat Plinius die Absicht vollständig anzugeben: est
enim benignum . . et plenum ingenui pudoris fateri per quos profeceri»,
non ut plerique ex his quos attigi fecerunt (praef. 21). Er scheint sogar
manchen Schriftsteller aufzuführen den er nur aus Sammelwerken oder Ci-
taten kennt. Wenn er daher den Dioskorides nicht mit aufzählt und doch
mit ihm zusammenstimmt, so wird diess aus Gemeinsamkeit ihrer Quellen
zu erklären sein. Die Ordnung der Aufzählung im Quellenverzeichni«*
richtet sich in der Hauptsache nach der Ordnung worin sie für das betr«
Buch benützt sind, wobei aber durch längere Fortbenützung derselben Schrift-
steller, Nachträge, Umstellungen, Sammelausgaben u. dgl. Abweichungen
herbeigefiihrt wurden; H. Brunn, de auctorum indicibus Plinianis disputatio
isagogica, Bonn 1856. 60 pp. 4. Am häufigsten kehrt der Name des Varro
wieder, unter den extemi der des Aristoteles, Theophrast und anderer
.311^
295. PliniuB naturalis historia. 619
fctetiker. Mit Vorliebe aber folgt Plin. römischen Führern, wie für
izucht dem Hyginus, für Medicin dem Pompejus Lenäus, fiir Botanik
Sextiiu Nig*er. Den Werth der verschiedenen Quellen scheint Fl. nicht
ig abgewogen zu haben; namentlich den Sammlern von allerlei cu-
Notizeu schenkt er nicht weniger Glauben als den gewichtigsten
lern. E. Meyer, Gesch. der Botanik II. S. 127—133. G. Montigny,
>. in Plin. n. h. de animalibus libros, Bonn 1844. 74 pp, Ueber
igkeiten in der Kunstgeschichte s. L. Ross, archäologische Aufsätze
ipzig 1861). S. 362 — 377. Vgl. 0. Jahn, über die Kunsturteile bei
a, in den Berichten der sächs. Ges. d. Wiss. 1850, S. 105 — 142. A.
ir, de fontibus librorum Plini XXXIII— XXXVI quatenus ad rem pla-
i pertinent, Greifswald 1857. 78 pp. 8. G. Wustmann, zu Plin. Kunst-
chte, Rhein. Mus. XXII. S. 1 — 24. J. C. Elster, prolegomena ad ex-
. plin. ex libr. XXXV, Helmstedt 1838.
. üeber die Weltanschauung des Plinius gibt besonders B. II Auf-
B. Hiemach stand er zu dem Volksglauben in offener Opposition,
jedoch zu einem bestimmten philosophischen Systeme sich ausschliess-
u bekennen. Am meisten neigt er sich in seinen religiösen und
ophischen Ansichten dem Stoicismus zu. Klagen über den Abfall
er Natur und die Verschlechterung der Sitten sind auch bei ihm so
: wie bei Columella und Seneca. ürlichs, Chrestom. Plin. S. XV f.
rhauser, die religiös-sittliche Weltanschauung des altern Plinius, Inns-
1860. 32 S. 4. L. Rummler, C. Plini See. philosophumena, Stettin
66 pp. Friese, die Kosmologie des Plinius, I (mit 2Tf.), Breslau
44 S. 4.
K Ueber den Wortschatz des Plinius vgl. Wannowski, Pliniana, Po-
H7. 4. Ueber die poetischen Elemente desselben E. Opitz, quaestio-
linianae, Naumburg 1861. 32 pp. 4.
i. „Der Stil des Plinius ist in den verschiedenen Theilen seines Wor-
in sehr verschiedener. Die praefatio ist voll von auffallenden Aus-
en, gesuchten Wendungen, schillernden Gedanken. Schwungvoll aber
on tiefem Ernste getragen sind viele der Einleitungen zu den einzel-
Cüchern ; in ihnen herrscht ein energisches Pathos, die Gedanken sind
enigen Worten in kräftiger Weise vorgetragen. Diese Theile sind
seh mit grosser Sorgfalt behandelt, als Beispiel der gravitas. Da-
in den beschreibenden Ausführungen welche den Körper des grossen
es ausmachen häuft Plinius meist nur ein Excerpt an das andere;
ielen Gebieten, besonders dem der Botanik, Medicin, Mineralogie,
LÜringt er aber selber nicht den spröden Stoff; meist also bleibt es
ner trockenen Nomenclatur und Beschreibung. Im Gefühl dieses
3l8 an wissenschaftlicher Systematik sucht er seinen Stoff durch rhe-
le Mittel zu beleben, namentlich durch das Streben nach Manchfal-
b und Neuheit in Wendungen und Satzbau." D. Detlefsen, Philologus
II. S. 317 f. L. Grasberger, de usu pliniano, Würzburg 1860. 128 pp.
ie brevitate dicendi und de dictionis varietate). Wannowski (s. A. 5)
-36. E. Opitz p. 2—16.
. Das Werk wurde von Anfang an viel gelesen und frühzeitig aus-
3n. Namentlich wurde schon um die Zeit Hadrians aus ihm eine
620 Die Kaiserzeit. Erstes Jahrhundert.
Chorographie zusammengestellt und diese mit Zusätzen aus Pomponia^^
Mela und anderen Werken dieser Art vermehrt. Diese chorographia plL__
niana kannte und benutzte schon Apulejus. Auch Ammi&nus Marcellinitr-^
hat nicht unmittelbar aus Piinius geschöpft, sondern aus diesem Auszüge
Ebenso liegt derselbe den Arbeiten des Soliuus und Martianus Capella
Grunde. Th. Mommseu, Solini collectanea etc. (Berlin 1864) p. XXI ff.
8. Handschriften des Piinius sind ungefähr 200 erhalten, die m^j^
sten aber aus saec. XIV und XV und für die Textgestaltung ohne Werk^^
Die wichtigen selbst aber theilen sich einerseits in unvollständige äIte^:r^e
und andererseits vollständige jüngere. Jene sind von den ümstellungexi,
Wiederholungen und Lücken der jüngeren frei, aber fragmentarisch; dker
relativ vollständigste Bambergensis (saec. X) enthält nur 6 Bücher (32-37;.
Andere Vertreter dieser älteren Gruppe sind der Nonantulanus oder Se«-
sorianus (saec. V), die Blätter von Mone saec. VI, der Parisinus 10318
(saec. VII oder VIII), Leidensis Voss. (saec. IX), Paris. 4860 (saec. X), so-
wie der codex nach welchem die wichtigsten Uandschriften der jüngero
Gruppe corrigiert und ergänzt sind. Die Hdss. dieser Jüngern Gasse
stammen alle aus einem jetzt verlornen archetypus in welchem II, 187 —
IV, 67 mit IV, 67 — V, 34 umgestellt war. Aus ihm entsprangen zwei
Handschrifbenfamilien: die erste nahm jene Umstellung unverändert in sich
auf, der Stammvater der zweiten aber versuchte eine — wenn auch unge-
nügende — Berichtigung derselben. Zur ersten Familie gehören Leidenas
Lipsii = Chiftletianus = P (saec. XI; Abkömmlinge von ihm der Tole-
tanus, Parisinus 6797, Vaticanus 1953, Laurentianus , saec. XIII f., bei Sil -
lig T, d, X, L), Vaticanus 3861 = D (saec. XI), Paris. 6796 = G (Sillig: c),
Biccardianus = R (um J. 1100), sowie wahrscheinlich einige alte Excerpte»
wie der Lueensis = H (saec. VIII), Monacensis-Frisingensis (saec. VEl
oder IX), Bernensis 347 u. 265 (saec. X). Hauptvertreter der zweite»
Familie ist Paris. 6795 = E (Sillig: a) saec. X oder XI, welchem eine Ai»'
zahl anderer Hdss. entstammt (z. B. Paris. 6798 und der Luxemburgensiö
von M. A. Namur und M. Michel, Lnxemb. 1865. 4.), ferner Vindobon.
(a, bev Sillig w) saec. XIII und Leopoldo- Laurentianus (vom J. 1433>-
S. das Nähere bei D. Detlefseu, Philologus XXVIII. S. 284—309, vgl Rhein-
Mus. XV. S. 265-288. 367—390. XVIII. S. 227 — 240. 327 f. A. Fels, de
codicum antiquorum in quibus Plini n. h. ad nostra tempora propagat3
est fatis, fide atque auctoritate, Gotting. 1861. 114 pp. 4. L. v. Jan, de
auctoritate codicum plin., 1858. 4. und in den Sitzungsberichten der phJ'
losophisch-philol. Cl. der Münchner Akad. 1862, S. •221—260. L. Urlichs,
Rhein. Mus. XVHI. S. 527—536, Eos 1865, S. 363 ff. und Vindiciae pÜ-
nianae II. C. Mayhoff, lucubrationum plinianarum capita III, NeustreliU
1865. 136 pp. 8.
9. Beiträge zur Textkritik. Th. Bergk, exercitationes plinianae, I
(Marburg 1847. 4.). II (ib. 1851. 4.). L. v. Jan, Münchner Gel. Anz. 1852,
Nr. 70 - 73, u. sonst. C. L* ürlichs, Vindiciae plinianae I (Greifswald 1863.
192 pp.). II (Erlangen 1866); de numeris et nominibus proprüs in PÜdi
n. h , Würzburg 1857. 4.; Rhein. Mus. XIV. S. 599-612 u. A. (a. A. 8)-
C. Mayhoff (s. A. 8) u. A.
10. Von den zahlreichen Gesammtausgaben sind nur wenige noch immer
295 f. Plinius nat. historia. Mucianus. 621
inenswerth. Ed. princeps Yen. 1469 fol. Cam castigationibus Hemiol.
liy Born 1492 fol. Rec. I. Dalecampius, Lyon 1587 fol. Cum notis I.
ronovii, Lugd. Bat. 1669. 3 Voll, (die uotae . . emendatius editae,
1855 = Sillig Vol. VI). Illustr. I. Harduin, Paris 1685, 5 Voll. 4.
r., 3 Voll. fol. (Lips. 1778—1788, 10 Voll. 8.). Recogn. cum var.
ul. Sillig, Lipa. 1831 — 1836, 5 Voll., und besonders recens. et cum
. criticis instruxit, Gotha 1853 — 1855, 5 Voll, (dazu Suppl. VI; Indi-
omposuit 0. Schneider, = Vol. VII u. VIII, 1857 f.). Text von L. v.
[iipa. Teubner 1854—1865, 6 Voll. (Vol. 6 indices). D. Detlefsen re-
t, Berol. 1866 tf.
ranzösische Uebersetzung (mit Anm. von Cuvier, Letronne a. A.) von
>n de Grandsagne (Paris, Panckoucke, 1829 — 1833, 20 Voll.), deutsche
f. Grosse (Frankfurt 1781 — 1787, 11 Bde), Ph. H. Külb (Stuttgart,
}r 1840—1856, 35 Bdchn), C. P. L. und M. E. D. L. Strack (Bremen
. 3 Thle).
1. Chrestomathia Pliniana von J. M. Gesner (Lips. 1722. 1776), F.
ck (Hadamar 1828), L. Urlichs (herausgegeben und erklärt, Berlin
Excerpta ex Plin. 1. XXXV comm. crit. et exeget. instr. etc. J. C.
, Helmstedt 1851—1853, 3 Partes, 74 pp. 4.
2. üebersichfen über die neuere Plinius-Literatur von L. v. Jan im
ogus III, XII und XXI, von D. Detlefsen in Fleckeisens Jahrb. 77,
—493. 653—672, und im Philologus XXVIII, 2.
i96« Schon durch Plinius benützt waren die unkritischen
Sammlungen von Vespasians Parteigänger Licinius Mucia-
Oagegen schilderten SelbsterLßbtes zwei ausgezeichnete
ler der Zeit, der Redner und Consular M. Cluvius Ru-
dessen Werk sich auf die Zeit des Nero und die Vorgänge
r. 69 erstreckte und geschichtliche Treue erstrebt zu haben
nt, sowie Yipstanus Messala, welcher gleichfalls Red-
und zwar von der Richtung Quintilians, aber auch sonst
jitig gebildet war und durch seine unabhängige Denkweise
jhfach anstiess. Auch das Geschichtswerk des jüngeren
ades von Seneca, Fabius Rusticus, scheint in diese Zeit
ähoren.
. M. Licinius Crassus Mucianus, vir seeundis adversisque iuxta fa*
insignes amicitias iuvenis ambitiöse coluerat, mox atteritis opibus,
specta etiam Claudii iracundia, in secretum Asiae sepositus (als prae-
^riae). . . luxuria, industria, . . nimiae voluptates, cum vacaret;
tns expedierat, magnae virtutes. palam laudares, secreta male au-
it; Tac. bist. I, 10 vgl. II, 5. W. Teuffei in Pauly's Real-Enc. IV.
59 f. Nr. 37. Plinius nennt ihn wiederholt (n. h. III, 6. XIX, 12.
II, 5) ter consul (vor 67, J. 70, 72; f vor 77; Borghesi Oeuvres
. 345 — 353). Tac. dial. 37: haec vetera (Reden aus der Zeit der
)lik), quae et in antiquariorum bybliothecis adhuc mauent et cum
ae a Muciauo contrahuntur ac iam undecim (bis jetzt), ut opinor.
622 Die Kaiserzeit. Erstes Jahrhundert.
actoram (vgl. oben 203, 3) libris et tribus epistiilarum composita
edita sunt. Das Werk war kurz vor der n. h. des Plinius erschien«
(n. h. XIX, 12: nuperrime prodidit Mucianus ter consul) und scheint au<
allerlei Curiositäten enthalten zu haben. Plinius führt es in seinem Qa(
lenverzeichnisB oftmals an, nämlich ex Licinio Muciano zu Buch 3, 4,
6, 7; ex Muciano zu Buch 2, 8, 9, 10, 11, 12, 13, 16, 19, 31, 33, 35, 36. W"^^
als Mensch abergläubisch (Fun. n. h. XXVIII, 5), so scheint Muc. auch ^^^
Schriftsteller leichtgläubig gewesen zu sein und Plinius verdankt ihm
seine unglaubwürdigsten und abenteuerlichsten Angaben. Namentlich
Aufenthalt im^ Osten lieferte dem Mucianus hiezu Stoff; vgl. Plin. n. I^
YII, 36 (Licinius Mucianus prodidit visum a se Argis etc. . . eiusderK
sortis et Zmyrnae puerum a se visum). 159 (Tmolus). XIX, 12 un<i
XXXIY, 36 (Rhodus; daher Brieger de fontibus p. 60 auch die sonstigexi
Angaben des Plin. über Rhodos auf Muc. zurückführt).
2. Tac. bist. IV, 43: a laude Cluvii Rufi orsus, qui perinde (me
Eprius Marcellus, oben 280, 3) dives et eloqueutia clarus null! mnqaam
sub Nerone periculum facessisset. Vgl. ib. I, 8: Hispaniae praeerat {J.69j
Cluvius Rufus, vis facundus et pacis artibus, bellis inexpertus. ib. 76. IL^
68. 65. III, 65. IV, 39. Suet. Ner. 21. Dio LXIII, 14 {Klovovioj 'Povtpm^
dvdgl vnttxtvnoTi, jj^^Tjcroff&fvo?). Dessen Identität mit dem Geschichtschreibe^^
erhellt ans Plut. Oth. 3: KXovßiog d^ 'Povq>og sCg "ißiigCav (wo er Statfc^-
halter war) tprial nofiiad'rjvcct, dinXcanata worin Otho sich Nero nannte; vgl
Suet. Oth. 7. Wahrscheinlich war er für Plutarch in seinem Galba un«
Otho die Hauptquelle. H. Peter, die Quellen Plutarchs, S. 40—44. Vgl
lioch Plut. quaest. rom. 107. Auch Tacitus und (ohne ihn zu nennei
Sueton haben sein Geschichtswerk benützt, welches Cluvius in seinen spi
teren Jahren, als er sich von <den Geschäften zurückgezogen, verfasst
haben scheint. Tac. A. XIII, 20 (oben 294, 5). XIV, 2 (tradit Cluvius etc.
wo beide Male Cluvius dem für Seneca Partei nehmenden Fabius Kosticc
entgegengesetzt wird. Plin. Epist. IX, 19, 5 (Verginius Rufus erzählte^
ita secum aliquando Cluvium locutum : scis , Vergini , quae historiae fidc
debetur; proinde si quid in historiis meis legis aliter ac velis (über die
selbst), rogo ignoscas.
3. Tac. bist. III, 9: legioni tribunus Vipstanus Messala praeent'^
claris maioribus (vgl. dial. 27, wo der Redner Valerius Messala — oben 20S»
6 ff , — zu seinen maiores gerechnet wird) , egregius ipse et qui solus *«
id bellum (des J. 60) artes bonas attulisset. ib. III, 25: rem nominaqn^
auctore Vipstauo Messala tradam. 28 (oben 294, 5). IV, 42: magnam eo
die (J. 70) pietatis eloquentiaeque famam Vipstanus Messala adeptos est,
nondum senatoria aetate ausus pro fratre Aquilio Regulo (s. W. Teufel
in Pauly's Real-Enc. I, 2. S. 1391, Nr. 43) deprecari. dial. 15: non desinis,
Messala, vetera tantum et antiqua mirari, nostrorum autem temponim sta-
dia irridere et contenmere? nam himc tunm sermonem saepe excepi, cnni
oblitus et tuae et fratris tui eloquentiae neminem hoc tempore oratorem
esse contenderes prae antiquis. ib. 32 lässt ihn Tac an den diseiti seiner
Zeit tadeln dass sie ignorent leges nee teneant senatusconsulta, ins dtita-
tis nitro derideaut, sapientiae vero Studium et praecepta prudentium p^
nitus reformident, und hinzufügen: quodsi forte haec audierint, certnni
habeo dicturos nie, dum iuris et philosophiae scientiam t^mquam orafa>"
296 f. CluviuB Rufus u. a. Historiker. Gabinianus. Aper.' 623
uecessariam laudo, ineptiis meis plausisse. Ebenso sagt er ib.: ego iam
mecLxn munus explevi et^ quod mihi in consuetudine est, satis miiltos of-
feofü. F. A. Eckstein, prolegomena ad dialog. de orat. p. 14—19.
4. Ueber das Geschichtswerk des lulius Secundus s. 297, 4; über das
des Curtius Rufus oben 276.
5. Die sieben Bücher zov lov8a'C%ov noXifLov des Josephus wurden
nocsli unter Vespasian, ums J. 75 n. Chr., verfasst;. s. H. Parets Einleitung
zu seiner Uebersetzung (Stuttgart, Metzler, 1855) S. 18 f.
6. Tac. Agr. 10: formam Britanniae Livius veter um, Fabius Rusti-
CHS recentium eloquentissimi auctores, . . adsimulavere. Ann. XIII, 20:
Fa.l>iQ8 Rusticus auctor est etc. . . sane Fabius inclinat ad laudes Senecae,
caiias amicitia floruit. XIV, 2 (F. R. memorat). XV, 61 (tradit F. R.).
Er wird im Testament des Dasumius neben Tacitus und Plinius zum Erben
eingesetzt, war somit J. 108 oder 109 noch am Leben. Vgl. A. Haakh in
Paixly's Real-Enc. VI, 2. S. 2921 f. Nr. 76. Mommsen im Hermes III.
S. Ol, A. 4.
297. Wie diese Geschichtschreiber war in der Zeit des
V^^spasian auch der Dichter Curiatius Maternus zugleich als Red-
iiöx" thätig; bei Anderen überwog mehr die Declamation und die
-AxiJeitung zur Beredtsamkeit. So bei dem Rhetor Sex. Julius
Cr^,l}inianus in Gallien. Gleichfalls aus Gallien, gebürtig war M.
A j>«r, welcher aber zu Rom vor Gericht und im Hörsaal wirkte
"Q-ci Aemter bekleidete. Der früh gestorbene lulius Secundus
^'^^ar mit Quintilian befreundet, theilte aber in der Beredtsamkeit,
nvo: weniger schroflF als Aper, die Richtung seiner Zeit auf
^l^ganz und Künstlichkeit der Form.
1. Ueber CuriatiuB Maternus s. 300, 1.
2. Im Verzeichniss der von Sueton behandelten rhetores (p. 99 Rffsch.)
^^t; unmittelbar vor Quintilian aufgeführt Sex. lulius Gabinianus. Aus
^^«ton dann Hieronym. zu Euseb. chron. a. Abr. 2092 =» Ol. 213, 4 = Vesp. 8:
^^binianus celeberrimi nominis rhetor in Gallia docuit. Vgl. zu Jesaj. VIII.
^\^^f. (T. IV. p. 329 Vall.): qui flumeu eloqnentiae et concinnas declama-
^Ones desiderant legant TuUium, Quintilianum, Gallionem, Gabinianum.
^^. dial. 26 extr. : quotus qiüsque scholasticorum non hac sua persuasione
*^Uitur ut se ante Ciceronem numeret, sed plane post Gabinianum?
3. Im dialogus des Tacitus führt M. Aper (c. 6—10. 16—23) die
^ertbeidigung der modernen Art der Beredtsamkeit, freilich mehr mit
^phisterei und Wortprunk als mit triftigen Gründen. Ib. 2: M, Aper et
lulius Secundus, celeberrima tum (unter Vespasian) ingeuia fori nostri,
<^uo8 ego in iudicüs . . studiose audiebam, . . quamvis maligne plerique
opinarentur nee Secundo promptum esse sermonem et Aprum ingenio po-
Uofl et vi uaturae quam institutione et litteris famam eloqnentiae conse-
cutum. nam et Secundo purus et pressus et in quantum satis erat pro-
Quens sermo non defuit et Aper omni eruditione imbutus coutemnebat
potius litteras quam nesciebat. 11: cum dixisset Aper acrius, ut solebat.
624 Die Kaiserzeit. Erstes Jahrhundert.
et intento ore. 7: equidem (Aper) non eum diem laetiorem egi quo mihi
latus clavus oblatus est vel quo homo novus et in cintate minime favora-
bili natos quaesturam aut tribunatum aut praeturam accepi quam eo^
quibus mihi (einen wirklichen Process mit Erfolg zu fuhren) datur. 10: n^
quid de Gallis nostris (des Aper) loquar, und 17: ipse ego in Britanni^
vidi seuem.
4. Quintil. X, 3, 1*2: memini narrasse mihi lulium Secundum illun^
aequalem meum atque a me, ut notum est, familiariter amatum, mirae f^
cundiae virum, infinitae tamen curae. ib. 1, 120: lulio Secundo si longic^
contigisset aetas clarissimum profecto nomen oratoris apud posteros fore^
adiecisset enim atque adiciebat ceteris virtutibus suis quod desiden^^^
potest. id est autem ut esset multo magis pugnans et saepius ad cura.:^
rerum ab elocutione respiceret. (121.) ceterum interceptua quoque magni^^jQ
sibi vindicat locum. ea est facundia etc. Vgl. XII , 10, 11: elegantia.xi
Secundi. Vgl. Anm. 3. Im dialogus gibt ihm Tacitus (c. 4 f.) die Bolle
eines Schiedsrichters zwischen den Vertretern entgegengesetzter Richtungen,
der republikanischen und der kaiserlichen Beredtsamkeit. Ib. 14: proban
Video in te, Secunde, quod luli Aaiatici (Africani Nipperdey, s. oben 280, 4)
vitam componendo spem hominibus fecisti plurium eiusmodi librorum.
Plut. Oth. 9: TOVTO pLSv dirjysito (pflegte anzugeben) Usuovvdog 6 gijtmQ,
inl tmv iiciatoXav ysvofisvog tov''09'(ovog. Brigtov d' rjv aiiovsiv etc.
5. Quintil. IV, 1, 19: fuerunt etiam quidam rerum suarum iudioes.
nam et in libris Observationum a Septimio editis affuisse Ciceronem taii
causae invenio et ego etc. Hiernach scheint Sept. ein rhetorischer Schrift-
steller gewesen zu sein. Möglicherweise ist er der Septimius Severus, coo-
discipulus des Victorius Marcellus (Stat. Silv. IV praef.), an welchen Sta-
tins Silv. IV, 6 (v. 3: fortem atque facundum Severum) gerichtet hat
Vgl. unten 308, 8.
6. Ueber des Plinius Anleitung zur Beredtsamkeit s. oben 294, 8;
über Verginius und Tutilius oben 264, 1.
298. Unter den Juristen waren zur Zeit des Vespasianus
die einflussreichsten der Sabinianer Caelius Sabinus und der
Proculianer Pegasus. Auch der ältere luventius Celsus und ein
Plautius, dessen Werk später viel comraentiert wurde, scheinen
dieser Zeit anzugehören.
1. Pompon. Dig. I, 2, 2, 63: Cassio (oben 265, 3) Caelius Sabim»
(oben 281, 2) successit, qui plurimum temporibus Vespasiani potuit (wo er
aber schon in vorgerückten Jahren stand); Proculo (oben 266, 6) Pegaaus,
qui temporibus Vespasiani praefectus urbi fuit; Caelio Sabino Priscus la-
volenus; Pegaso Celsus (der Vater).
2. Juv. 4, 77 ff.: properabat Pegasus, attonitae positus modo vili-
cus urbi, . . interpres legum sanctissimus, omnia quamquam temporibin
diris (des Domitian) tractanda putabat inermi iustitia. Dazu Schol. (p» ^
J.): filius tiierarchi, ex cuius liburnae parasemo nomen accepit, iuris s^'
dio gloriam memoriae meruit, ut liber vulgo, non homo, diceretor. ^^
functus omni honore, cum provinciis plurimis praefuisset, urbis curam w*
miuistravit. hinc est Pegasianum SCtum. Inst. II, 23, 5; postea Vöp*'
JL
a.
298 f. Juristen. Valerius Flaccus. 625
u Aug. temporiboB, Pegaso et Pusione consulibus, senatus ceneuit etc.
^^S"X. Gai. I, 31: SCto quod Pegaso et Pusione consulibus factum est. III,
^^ (idque maxime Pegaso placuit; quae sententia aperte falsa est). In
^^"*=^> Digesten kommt sein Name öfters vor, aber keine Fragmente von ihm.
3. Celsus Dig. XXXI) 20: et Proculo placebat et a patre sie accepi;
^^'^^^^ 29 pr.: pater mens referebat, cum esset in consilio Dnceni Veri con-
^'^^^-^s itum in senteutiam suam. Vgl. ib. XII, 4, 3, 7: refert (Celsus) patrem
^^^'^^^m existimasse etc. XVII, 1, 39: et Aristoni et Celso patri placuit etc.
4. Die Zeit des Plautius wird dadurch bestimmt dass er den Gas-
^^'^^^^ und Proculus citierte (Dig. XXXIV, 2, 8: Plautius: . . Cassius ait.
-^CXV, 1, 43 pr.: Plautius: . . Proculus, Cassius . . aiunt), andererseits
Neratius Priscus, Javolenus, Pompouius und Paulus commentiert wurde,
Iche alle Ubri ex Plautio oder ad Plautium verfassten.
299. Der einzige auf uns gekommene Dichter aus der
^eit des Vespasianus ist C. Valerius Flaccus, von welchem
Wir acht Bücher Argonautica besitzen, frei nach ApoUonios aus
ühodos gearbeitet, mit Kürzung der alexandrinischen Gelehr-
samkeit und weiterer Ausführung eflFectvoUer Scenen , sowie
Srosserer Sorgfalt in Gharakterzeichi^ung und psychologischer
Motivierung. Die Darstellung ist rhetorisch belebt und wort-
i'eich. Der poetische Sprachschatz ist in der Hauptsache dem
Vergil entnommen, hat aber durch kühne Figuren und Wort-
verbindungen und künstliche Gedrängtheit des Ausdrucks Klar-
heit und Ebenmass verloren. Uebrigens ist es höchst wahr-
scheinlich dass das Werk in der uns vorliegenden Gestalt nicht
zu Ende geführt ist.
1. Name in der subscriptio des Vatic. 3277 (saec. IX) zu B. II: G.
Valerius Flaccus Balbus Setinus, also mit zwei cognomina und der Be-
stimmung der Heimat (Setia). Tod vor J. 90 n. Chr.; vgl. Quintil. X, 1,
90: multum nuper in Yalerio Flacco amisimus. Dass er jung gestorben
geht hieraus nicht hervor. Abfassung seines Werkes imter Vespasian,
^ohl nicht lange nach der Eroberung Jerusalems durch Titus (J. 70);
B. Argon. I, 7 ff. : tuque o, pelagi cui maior aperti fama, Caledonius post-
qnam tua carbasa vezit oceanus (vgl. Tac. Agr. 13), phrygios prius indi-
gnatus lulosy eripe me populis . . sancte pater, veterumque fave veneranda
canenti facta virum. versam proles tua pandet Idumen (namque potest),
Solymo nigrantem pulvere fratrem etc. Auf Bekleidung des Quindecim-
viratB sacr. fac. deutet I, 5 f. : Phoebe, mone, si Cymaeae mihi conscia va-
ÜB stat casta cortina domo, si laurea digna fronte viret. Martials Freund
FlaccuB aus Patavium (Mart. I, 61, 3 f 76, 1 f.), der gleichfalls Dichter ist,
aber nicht von Argonautica (ib. 76, 3 ff. : pierios differ cantus citharamque
sororum. . . quid petis aPhoebo? . . quid possunt hederae Bacchi dare?
. • quid tibi cum Cirrha, quid cum Permesside nuda? Vgl. ib. IV, 49, 3 ff.),
und in ziemlicher Dürftigkeit lebt (ib. I, 76, 4 ff. VIII, 56), ist ohne Zweifel
ein Anderer und etwas Späterer dieses Namens (Thilo prolegg. p. V—Vll).
Teuf fei, Rom. Ljtcra!tirg"eschifhte. ^Q
626 Die Kaiserzeit. Erstes Jahrhundert.
2. Vergleichung mit Apollonios bei A. Weiohert, Aber Leben und
Gedicht dee Ap. (Meissen 1821) S. 270 ff., und G. Thilo, Prolegg. p. VIII
— Xni. Vor^ua hat der Römer vor dem Griechen den einheitlicheren Plan
und die kräftigere Charakterzeichnung besonders des Ias<m und Aeetes;
andererseits hat er den ohnehin wenig günstigen und iremdartigen Sto^c
durch declamatorische Behandlung allzu sehr in die Breite gezogen. Be —
uüt^ung des Diodor? G. Thilo p. VIII not. 2. Der im Epos herkdnimlioh^
Apparat von Göttern ist in grossem Umfange in Anspruch genommen (wc-^
mentlich Juno imd Minerva greifen vielfach ein) und die psycho! ogiscU.^
Ausmalung auch auf die Götter angewandt. Die kalte Gelehrsamkeit i^^
durch das Vorherrschen der pathetischen und sentimentalen Rhetotrik In
den Hintergrund gedrängt, aber immer noch stark genug vertreten. Ana-
chronismen (wie Lagus und Arsinoe), Thilo p. XXVIII. Anspielungen auf
Vorgänger, z. B. I, 17 f. auf Germanic. Arat. 40 f. In Bezug auf poetische
Sprache und Technik des Versbaues verhält sich Valerius zu Vergilius
ungefähr wie Persius zu Horatius : hier wie dort Steigerung der EünBÜicIi-
keit, in der Sprache oft bis zur Geschraubtheit und Dunkelheit (vgl. TMo
p. XIII— XXV), in der Technik zu der im silbernen Zeitalter üblichen
Strenge. Scharfe Beurteilung des künstlerische]» Werthee von Val« Flm
den Nächtigen zu Sulzer VIII. S. 305 ff.
3. Da der Schluss von B. VIII abrupt ist und wesentliche Thdle des
Mythus, wie die Tödtung des Absyrtos und die Heimführt der ArgODao-
ten, in dem Ueberlieferteu nicht behandelt sind, so ist mit Sicherheit an-
zunehmen dass Weiteres folgen sollte; imd das Rückständige konnte noch
zu 2 — 4 Büchern Stoff geben. Zweifelhaft ist nur ob dieses Weitere von
dem Dichter selbst ausgeführt wurde und nur verloren gieng (N. Heindos)
oder der Dichter an der Weiterführung durch den Tod odet andere Um-
stände gehindert wurde (G. Thilo). Für letztere Annahme ist nicht gün-
stig die Länge der Zeit welche Valerius an seinem Werke arbeitete (vgl-
A. 1). Gestützt würde dieselbe durch sonstige Spuren der NichtvoUendong,
falls dieselben sicherer wären als die von Thilo p. XXVI — XXXIX vorge-
brachten, da die Voraussetzung dass „Valerius, si Carmen emendare po-
tuisset, ad usum ceterorum poetarum et scriptorum magis se accommodft-
turuB fuerit" (p. XXXIII) nicht nur unerweislich sondern sogar unwahr-
scheinlich ist. Von einiger Beweiskraft ist nur eine Anzahl unaosge-
glichener Widersprüche (ib. p. XXVII f.); denn einzelne Versdonbletten
wie V, 565 f. VII, 201 f. lassen sich auch aus der Beschaffenheit des ur-
sprünglichen Manuscriptes erklären. Künstlerische Mängel aber beweisen
die NichtvoUenduug kaum bei einem Dichter ersten Ranges, geschweig«
bei Valerius Flaccus.
4. Der Dichter und seine Arbeit wird ausser von Quintilian (oben
A. 1 ) von keinem Schriftsteller des Alterthums erwähnt Erhalten isfc uns
das Epos durch den Vaticanus ^277 (V bei Thilo) saec. IX, von weichem
alle übrigen Hdss. Abschriften sind, auch die St. Galler (P) welche Poggio
im J. 1417 auffand und welche nur die drei ersten Bücher und die eote
Hälfte von B. IV enthielt. Letztere ist seitdem verloren gegangen» doch
existieren davon vier Abschriften aus saec. XV, wovon drei zu Bom in der
Vaticana, eine in Oxford sich befindet. Der Vaticanus 3277 selbst aber
^äHl-t'si
299 f. ValoriuB FlaccQS. Cnriatius Maternus. 627
viele Lüeken nnd VerderbniBse, welche in den (itatienisclien) Abschrif-
«ieuelben (wie der von Carrio benützten und dem Monacensis lat. 802,
^ XV} öfters mit Glück, meist mit Willkür zu beseitigen versacht sind.
riulo prolegg. p. XL-LXXXVI.
6. Ed. princeps Bonon. 1474 fol. Cum comm. ed. J. B. Pius, Bonon.
> hh Ed. L. Carrio, Antverp. 1565 f. Ad fidem codd. emend. N. Hein-
, Amatelod. 1680. Cur. P. Burmami., Utrecht 1702. Leiden 1724. 4.
Th. Ch. Harles, Altenb. 1781, 2 Tomi. Cum comm. perp. ed. J. A.
^pier, Gotting. 1805. Text mit traduction etc. par Dureau de la Malle,
ia 1811, 3 Voll. Cum comm. ed. N. E. Lemaire, Paris 1824, 2 Voll.
ih VIII cum notis criticis etc. ed. A. Weichert, Meissen 1817. Recen-
> Georg. Thilo, Halle 1863. CII und 256 pp.
Beiträge zur Textkritik von C. Förtsch (Emendationes Valerianac,
rt I. Naumburg 1855. 4. II. 1864. 4.), F. Eyssenhardt (Rhein. Mus. XVII.
378—392), Koch (ebd. XVIII. S. 163 f.), Ph. Wagner (Philologus XX.
617—647), Q. Thilo (Prolegg., bes. c. 3) , G. Meyncke (Quaestiones Val.,
on 1865, und Rhein. Mus. XXII. S. 362-376), M. Haupt (Hermes III.
212—215).
300. Wie schon unter Nero Tragödien (z. B. Medea) so
hteie unter Vespasian auch Prätexten (Domitius, Cato) und
len Thyestes der rednerisch gebildete freisinnige Curiatius
item US, welchem Taoitus im dialogus ein schönes Denkmal
setzt hat. Der von Freunden gepriesene und auch von Vespa-
u anerkannte Saleius Bassus scheint vorzugsweise Epen
•fasst zu haben y vielleicht gleichfalls, wie Valerius Flaccus,
b mythischem Gegenstande. StofiFe aus der Gegenwart be-
cxdette des Statius Vater. Auch Domitianus beschäftigte sich
trend der Regierung seines Vaters mit epischen Versuchen.
1. Tac. dial. 11 lässt den Curiatius Maternus sagen: sicut in
^moE agendis efficere aliquid et eniti fortasse possum, ita redtatioue trag-
^iarum et ingredi famam auspicatus sum, cum quidem inperante Ne-
^e (so L. Muller; s. Fleckeisens Jahrb. 97, S. 417—420; die Hdss. in
tone) improbam et studiorum quoque sacra profanantem Vatinii (? Gro-
^; die Hdss. vatidnii) potentiam fregi (etwa indem er ihn unter der
^on des Thersites geisselte, meint L. Müller), et hodie si quid nobis
4iiae ac nominis est magis arbitror carminum quam orationum gloria
rtum. ac iam (J. 75 n. Chr.) me deiungere a forensi labore constitui.
1. ib. 5: natus ad eloquentiam virilem et oratoriam . . omittit studium.
2: postero die quam Curiatius Matemus Catonem recitaverat, cum of-
idisse potentium animos diceretur, tanquam in eo tragoediae (vgl. oben
2) argumento sui obHtus tantum Catonem cogitasset, eaque de re per
>em frequens sermo haberetur etc. 3: si qua omi&it Cato, sequenti re-
fttione Thyestes dicet; haue cnim tragoediam didposui iam (Maternus
icht) et intra me ipse formavi. Darauf Aper: adeo te tragoediae istae
1 aatiant quo minus omisais orationum et causarum studiis omne tem-
40*
628 Die Kaiserzeit. Erstes Jahrhundert
pus modo circa Medeam, ecce nunc circa Thyesteu consumac
si non novum tibi ipse negotium importasses, Domitium (etwa
Domitius bei Lucan. VII, 601, also der Gegner Caesars, L. Domi
barbus, Cos. 700; s. A. Haakh in Paulj's Real-Enc. IL S. 121
Catonem, id est nostras quoque historias et romana nomina, G
fabulis aggregare. Also Zeitfolge: Tragödie gegen Vatinius, d
Domitius, Cato, Thjestes. Glaublich ist dass auf ihn sich
LXVII, 12 : MdtSQVOv GO(piaTrjvy Sri xara tvgävvtov sins tl aa-n
der Recitation des Thjestes geschehen sein könnte), dnf%xnvBt
J. 91 n. Chr.). Ein Anderer aber ist Maternus, iuris et aequ:
Banctissimus legum bei Martial. X, 37.
2. Tac. dial. 5: quis nescit neminem mihi (dem lulius Seci
297, 4) coniunctiorem esse et usu amicitiae et assiduitate contul
Saleium Bassum, cum Optimum virum tum absolutissimi
(freundschaftliche Ueberschätzung)? Aper ib.: Saleius Bassus .
gloriam fovet, cum causas agere non possit; und 9: Saleiuj
egregium poetam. . . versus . . Basso domi nascuntur, pule
et iucundi. . . laudavimus nuper . . Vespasiani liberalitatem ,
genta sestertia Basso donasset Quintil. X, 1, 90 (bei den Epili
mens et poeticum ingenium Salei Bassi fuit, nee ipsum seneci
vit (oder senectute maturuit). Juv. VII, 80 f.: Serrano tenuiqi
vgl. Stat. Silv. y, 3, 158 tenuis . . Corinnae) Saleio gloria quan
erit, si gloria tantum est (ohne materiellen Ertrag)? Der bei
47. 58, 1. V, 23. VIII, 10., VII. 96, 1. genannte Bassus ist, nach
sönlichen Verhältnissen zu schliessen, ein anderer, obwohl die
falls Dichter (von Tragödien) war; s. V, 53: Colchida quid s«
scribis, amice, Thyesten? quo tibi vel Nioben, Basse, vel Anc
J. Held, de Saleio Basso poeta, Breslau 1834. 4.
3. Des Statins Vater war schon in früher Jugend in poet
nen Neapels mit Erfolg aufgetreten (Stat silv. V, 3, 112 ft. 13
Lehrer der Beredtsamkeit (gemina facundia lingua, ib. 90) und
erst in Neapel (ib. 146—175), dann zu Rom (ib. 176 — 194) ge^
den Brand des Capitols J. 69 alsbald besungen (ib. 199 ff.:
flammae . . excisis cum tu solatia templis . . concipis ore pio
fulmina defles. mirantur Latii proceres ultorque deorum Caesai
im Begriffe auch den Ausbruch des Vesuv (J. 79) flere pio cani
als er (frühestens J. 80, vgL unten 303, 3) starb (206 ff.), 65
253 f.), somit frühestens J. 15 == 768 geboren.
4. lieber Domitians epische Versuche s. unten 301, 2.
b) Domitianus.
301. Das oberflächliche Interesse für Literatur welc
tianus früher zur Schau getragen hatte schwand nachde
Thron bestiegen. Zwar erstreckten sich die capitolinw
albanischen Wettkämpfe auch auf die Poesie; aber s
300 f. Saleius Bassus. Domitianus. 629
teten nur Verherrlichung des eiteln Despoten. Dessen Arm
lastete schwer auf allem geistigen Leben. Am drückendsten
empfand ihn die Geschichtschreibung. Von Beredtsamkeit blühte
nur die der Delatoren. Ohne Gefährdung entweder der Existenz
oder der persönlichen Ehre war unter Domitian nur das mög-
lich was Juvenal , Tacitus und Plinius die ganze Zeit über thateii,
— schweigen. Von denen die da schrieben schmeichelten dem
gekrönten Ungeheuer die einen aus Schwäche, die Andern aus
Selbstsucht: aus Schwäche Silius Italiens, Statins und Quintilian,
aus berechnendem Servilismus Josephus und Martialis. Kaum
dass technischen Schriftstellern , wie Sex. Julius Frontinus und
den Juristen, es gelang die drohenden Klippen zu vermeiden.
Desto grösser war die Zahl der Dilettanten die durch Versemachen
ihre Ungefährlichkeit zu beweisen wussten.
1. T. Flavius Domitianas, geb. 24 Oct. 61 (804), Kaiser seit
^3 Sept. 81 (834), ermordet den 18 Sept. 96 (849). Die gleichzeitigen
Schriftsteller, InBchriften und Münzen gestatten von den 15 Jahren seiner
*%iening ein so anschauliches Bild zu entwerfen wie von wenigen
andern Theilen der alten Geschichte. Freilich ist für die Ausführung noch
nicht viel geschehen. A. Imhof, T. Fl. Dom., nach den Quellen darge-
stellt, Halle 1857. 144 S. E. v. Wietersheim, Gesch. der Völkerwanderung I
(I^iparig 1859), Cap. VIII. C. Peter, Gesch. Roms III, 2 (Halle 1869)
S. 112—140.
^. Suet. Dom. 2: siroulavit poeticae studium, tam insuetum antea
Bibi q^uam postea spretum et abiectum (s. A. 3), recitavitque etiam publice.
Tac. Hist. ly, 86: Domitianus . . studiiun Utterarum et amorem carminum
^molans. Hauptsächlich scheinen diess epische Versuche gewesen zu sein.
Q^tü. X, 1, 91: hos nominavimus (als Epiker), quia Germanicum Aug.
ab Uistitutis studiis deflexit cura terrarum parumque diis visum est esse
c^un maximum poetarum. quid tamen his ipsis eins operibus in quae do-
i^ato imperio iuvenis secesserat sublimius, doctius, omnibus denique nume-
^ praestantius? quis enim caneret bella ^melius quam qui sie gerit? Viel-
leicht war es das bellum iudaicum an das er sich machte oder machen zu
Collen behauptete; s. Val. Fl. I, 7 ff. (oben 299, 1). Vgl. unten 302, 3.
^ie Aratea hat er nicht verfasst; s. oben 259, 6. Suet. Dom. 18: quamvis
^bello quem de cura capillorum ad amicum edidit haec etiam, simul illum
^Qqne consolans, inseruerit etc.
3. Suet. Dom. 20: liberalia studia imperii initio neglexit, quaraquam
bjbliothecas incendio absumptas impensissime reparare curasset, exempla-
tibus undique petitis missisque Alexandriam qui describerent emendarent-
^ae. numquam tamen aut historiae carminibusve noscendis operam ullam
^ot stilo vel necessario dedit. praeter commentarios et acta Tiberi Cae-
%arifl nihil lectitabat; epistolas orationesque et edicta alieuo formabat in-
^enio. Danach ist zu beurteilen Quintil. IV. prooem. 3: principem ut in
QmniboB ita in eloquentia quoque emineutissimum.
630 Die Eaiserzeit. Erstes JaJirhundert.
4. Suet. Dom. 4: mstiituit (J. 86) et qninquenhale certamen (
lino lovi triplex, musicum, equestre» gymnicum. . . certabant et
oratione graece latineque. . . celebrabat et in Albano quotannis
quatria Minervae . . et scenicos ludos superque oratorum ac po(
certamina. Plin. paneg. 54: quis iam locus miserae adulationis mi
ignanis, com laude« imperatorum ludis etiam et commissionibus oc
rentiir? Nach der Inschrift bei Orelli 2603 (Pauly's ßeal-fk^c.
S. 2364, Nr. 142) L. Valerius L. f. Pudens cum esset annomm XIII ]
certamine sacro lovis Capitolini lustro sextx) claritate ingenii corona
inter poetas latinos omnibus sententiis iudicum. Vgl. die aus Ace
Hermes I. S. 151 — 155. Dagegen Statins (Silv. III, 6, 31 ff. V, 3, 1
und der junge Annius Florus (W. Teuffei in Panly*8 Real-Ena 1, 1. 8
Nr. 27) hatten Misserfolge. Den albanischen Olivenkranz aber g
Statius mehrmals (Silv. III, 6, 28 ff.).
5. Tac. Agr. 2: legimus, cum Aruleno Rustico (unten 311, 2)
Thrasca, Herennio Senecioni Priscus Helvidius laudati essent, capitalc
neque in ipsos modo auctores sed in libros quoque eorum saevitum, de
triumviris ministeho ut monumenta clarissimorum ingeniorum in oon
foro urerentur. . . expulsis insuper sapientiae professoribus atque omr
arte in exsiüum acta. . . sicut vetiis aetas vidit quid ultimum in
täte esset, ita nos quid in Servitute, adempto per ihquisitiones eti
quendi audiendique commercio. Suet. Dom. 10: occidit Hermogenei
sensem propter quasdam in historia figuras, librariis etiam qui ea
scripserant cruci fixis. . . interemit . . Mettium Pompusiauum qi
depictum orbem terrae in membrana contionesque regum ac ducua
Livio circumferret; . . lunium Rusticum quod Paeti Thraseae et ]
Prisci laudes edidisset appcUassetque eos sanctissimos vires , cuius c
occasione philosophos omnis urbe Italiaque summovit. Unter Letzter
ren Artemidoros (Plin. Ep. III, 11). Lucceius Telesinus, Demetrios, Die
Bostomos, Epiktetos. Hieronym. ad a. Abr. 2105 = 9 Dom. r= 89 i
Domitianus mathematicos et philosophos romanos (Var. romana) ui
pulit. ad 2111 = 15 Dom. = 95 n. Chr. (richtiger J. 93; s. Moi
im Hermes HL S. 84 f. A. 4): Domitianus rursum philosophos et i
maticos Roma per edictum «xtrudit.
6. Hieronym. ad a. Abr. 2109 = 13 Dom. = 93 n. Chr.: Flar
scphus vicesimum librum Antiquitatum h. temp. scribifc. lieber die
tantischen Schriftsteller in Versen s. unten 306.
302. Unter Domitian vollendete sein Epos über den
ten punischen Krieg C. Silius Italiens (J, 25— 101 nJ
der nach einer rednerischen und amtlichen Thätigkeit di
bis zum Consulat (J. 68) geführt sich ganz in behagliche 1
und auf literarische Beschäftigung zurückgezogen hatte,
siebenzehn Bücher Punica sind stofflich nach Lirius gearl
in ihrer Behandlungs weise und Form nach Homer und V
so dass die mythologische Motivierung selbst auf diesei
schichtlichen Stoff angewendet wird. Die Ausführung ii
802. Siliua ItaücuB. 631
clairm^itorisch gedehnt ntid episodenreich, indem der Verfasser
die iierkommlicheu epischen Requisiten möglichst vollständig
sein^xn Werke einzuverleiben bemüht ist. Die Verstechnik ist
stre^CÄ g bis zur Einförmigkeit.
3-. Plinius Episi III, 7 vom J. 101 n. Chr.: modo nuntiatas est Si-
lias Utalicusiu Neapolitano suo inedia finivisse vitam. (2.) causa mor-
tis y^a-letudo. erat illi oatus inBaDabilis clavus (Leichdorn, vgl. die medi-
cima<5lie Diss. de morte Silii It. von Laur. Heister, Helmstedt 1734. 4.),
cuin^ taedio ad mortem irrevocabili coustantia decueurrit, usque ad extre-
miurx diem beatus et felix , nisi quod minorem ex liberis duobua amisit,
sed banalerem melioretaque florentem atque etiam consularem (Martial.
Vlir^ C6) reliquit. (3.) laeserat famam suam sub Nerohe: credebatur sponte
accix^^sse. sed in Vitelli amicitia (vgl. Tac. Hist. III, 65) sapienter se et
coma:t^r gesserat, ex proconsulatu Asiae gloriam reportaverat, maculam
vetexris industriae laudabili otio abluerat. (4.) fuit inter principes civita-
^ aix3e potentia, sine invidia: salutabatur, colebatur, multumque in lectalo
•
laceüe cubiculo semper nön ex fortuna frequenti doctissimis sermonibus
die» "transigebat, cum a scribeudo vacaret. (5.) scribebat carmina maiore
car% quam ingenio, nonnumquäm iadicia hominum redtationibiis experie-
batcTK-. (6.) novissime ita suadentibus aunis ab urbe secessit seqoe in Cam-
pan5.^ tenuit, ac ne adventu quidem novi principis (des Trojan, J. 99) inde
conxxnotus est. (7.) . . erat q>iX6%aXog usque ad emacitatis reprehensionem.
planlos isdem in locis villas possidebat (darunter auch eine die früher dem
Cice:ro gehört hatte, etwa sein Cumanum; s. Martial. XI, 48: Silius haec
^^i^^^tii celebrat monimenta Maronis, iugera facundi qui Ciceronis habet.
hei:eclem dominumque sui tumuUve larisve nou alium mallet nee Maro nee
Cicero) adamatisque novis priores neglegebat. multum ubiqne librorum,
^^tom statuarum, multum imaginum, quas non habebat modo verum etiam
^^uerabatur, Vergilii ante omnes, cuius natalem religiosius quam suum
^lebrabat, Neapoli maxime, ubi monimentum (<= tumulus, s. Martial. 1. 1.
^ XI, 49; oben 216, 7) eins adire ut templum solebat. (9.) in hac tran-
^uilUtate annum LXXV"'° excessit, delicato magis corpore quam infirmo;
Utque novissimus a Nerone factus est consul (J. 68 = 821 d. St. Vgl.
Äfartial. VII, 63, 9 f ) ita postremus ex omnibus quos Nero consules fece-
^at decessit. (10.) illud etiam notabile: ultimus ex Neronianis consularibus
Qbiit quo consule Nero periit (nämlich eben Silio Italico). Frühere red-
^lerische Thätigkeit: Martial. VII, 63, 5 ff.: sacra cothurnati uon attigit
Hnte Maronis implevit magni quam Ciceronis opus, hunc miratur adhuc
centum gravis hasta virorum, hunc loquitur grato plurimus orc cliens.
Nachdem er das Consulat bekleidet: (11 f.) emeritos Musis et Phoebo tra-
didit annos proque suo celebrat nunc Helicona foro. Auf frühes Inter-
esae für Vergil deutet aber des Cornutus (oben 282, 2) Widmung seiner
Schrift de Vergilio.
2. Dass MartiaKs den wohlhabenden Dichter und dessen Werk aus
vollen Backen preist ist selbstverständlich; s. Anm. 1 und IV, 14, 1 if.:
Sili, Casialidum decus sororum, qui periuria barbari furoris ingenti preniis
ore perfidosque astus Hannibalis lovesque Poenos magnis cederc cogis
Africanis. VI, 64, 10: perpetui . . Sili. VII, 63, If.: perpetui nunquam
632 Die Eaiserzeit. Erstes Jahrhundert.
moritura volamina Sili qui legis et latia carmina digna toga eto. Daraus
dass er ihn nie als Landsmann bezeichnet erhellt mit Sicherheit dass Si —
lius nicht aus Italica stammt. Das Schweigen des Quintilian über Siliuss.
auch in seiner Aufzählung der römischen Epiker X, 1, 85 — 90, erklärt sietr
daraus dass zur Zeit der Abfassung von dessen Schrift Silius noch lebt^
und sein Epos noch nicht veröffentlicht hatte. Statins (Silv. IV, 7, 14 ff
spielt auf Sil. I, 233 an.
3. Preis der flavischen Kaiser Sil. III, 594—629, wo über Domitia..^
V. 607 ff. : at tu transcendes, Germanice, facta tuorum (von Vater and Brs^iz
der!), iam puer auricomo praeformidate Batavo (vgl. Martial. II, 2, 4 ob^
259, 6 E.). nee te terruerint Tarpei culminis ignes: . . servabere . .
te longa manent nostri consortia mimdi. Darauf bombastischer Preis d
Misserfolge Domitians im Osten und Norden und zuletzt (618 ff.): quin
Romuleos superabit voce nepotes quis erit eloquio partum decus;
sua Musae sacra ferent, meliorque Ijra (als Orpheus) . . Phoebo minuLcS.
loquetur. Wahrheitsgemässer am Schlüsse von XIV: at ni cura viri c^u
nunc dedit otia mundo effrenum arceret populandi cuncta furorem nuds
sent avidae terrasque fretumque rapinae. Dagegen XVI, 533 f. der Seufz«
quid iam nou regibus ausum? aut quod iam regnis restat scelus?
des Vergil VIII, 593 f.: Mantua Musarum domus atque ad sidera can^
evecta aonio et smyrnaeis aemula plectris. Gelegentliche Verherrlichixn-i
Befreundeter durch die Gestalten seines Epos, wie durch Pedianus (XX J
212 — 222) wohl einem Sohne des Asconius Ped. (oben 278) eine Freaiic5
lichkeit erwiesen werden soll.
4. In Ermangelung eigener Erfindungsgabe bildet Silius die homerm
sehen Epen und den Vergil fast pedantisch nach. So muss er seinen ''Opsige^i
(III, 163 ff.) und seinen KatdXoyog (III, 222 ff.) haben, seineu Hektors (Hanzu-
baPs) Abschied (III, 62 ff.), seine Schildbeschreibung (II, 395 ff.), seine a^t^x
(XVI, 277 ff.), seine fiocxrj naganotafiios (IV, 667 ff.), seinen Proteus (VIT,
415 ff.) und seine vB%vCa (XIII, 395 ff.); ebenso seine ThürenbeschreibuiiÄr
(III, 32 ff.) wie die Georgica. Wie Herakles steht Scipio (XV, 20 ff.) am
Scheidewege zwischen Virtus und Voluptas, wie Turnus kämpft Hannibal
bei Zama mit einem Gaukelbilde. Juno spielt dieselbe Rolle wie in der Aeneis
und greift oft zu Gunsten Hannibals ein (I, 648 ff. II, 526 ff. III, 163 ff. I
IV, 417 ff.); andererseits sind Venus und Vulcan thätig (IV, 667 ff), j
Die Charakterzeichnung ist dürftig. Zu den rhetorischen Appertineiizien
gehören die häufigen Schlachtbeschreibungen. In nationaler Haltung (aocli
im Topographischen) wetteifert Silius mit der Aeneis. Gegen Hannibal
nimmt der Dichter sehr entschieden Partei (z. B. II, 696 ff.). Von B. XII
an wird die Behandlung des Stoffes sehr ungleich, und vollends in B. XVII
eilt der Verf. sichtlich zum Schlüsse: kein Wort über Scipio's üeberfahrt
nach Africa und Hannibals Landung daselbst. Mit Scipio's Triumph nach
der Schlacht bei Zama endet das Werk, nachdem zuvor der Ausblick anf
Hannibals schliessUche Schicksale und auf Earthago's Zerstörung eröffioet
worden ist (v. 371 ff.). Vgl. im Allgemeinen die Nachträge zu Sulzer VII.
S. 374 ff. W. Cosack, quaestiones Silianae (bes. p. 16—56 de fide bistorica
Silii, namentlich sein Verhältniss zu Livius), Halle 1844. L. Cholevius, «P^"
theta ornantia quibus utitur Vergilius cum iis comparata quibus poeterio-
vifc
...,^1^
302 f. Siliu8 Italicus. Statius. 633
res epid latini, maxime quidem Silius, carmina sua distinxeraiit, I. Kö-
iii^sl>erg 1865.
ö. Das Werk war im Mittelalter verschollen , und auch Petrarca
Bcheint es nicht gekannt zu haben als er seine Africa verfasste; s. 0. Oc-
cioni (A. 7) p. 116—143. Erst J. 1417 fand Poggio oder vielmehr Bartho-
lomäxis Politianus (de monte Puliciano) zu St. Gallen eine Handschrift auch
(vgl. 299, 4) des Silius, welche seitdem verschollen, aber durch die in Ita-
lien Baec. XY davon gemachten Abschriften in der Hauptsache ersetzt ist.
AucH die von Carrio in Cöln gefundene Handschrift, angeblich aus der
Zeit Karls d. Gr. und nur bis XVI, 555 reichend, welche »ausser ihm nur
Fr. IModius direct benutzt zu haben scheint, ist verloren gegangen. Vgl.
A. Drakenborch vor seiner Ausgabe und daraus bei Ruperti p. XLY ff.
G. Xhilo, Quaestiones Silianae, Halle 1858. 4. und in der Symbola phil.
Bonm. p. 399—401.
6. Zwei ed. principes Rom. 1471 fol. gleichzeitig. Keck interpoliert
(durcli Ambrosius Nicander Toletanus) die luntina 1515. L. Carrio, Emen-
dationum etc. libri (Antv. 1576. Paris 1583), nebst Fr. Modii novantiq.
lectt, (Frankf. 1584), beide in Gruters Lampas III, 2. p. 90 ff. u. V. p. 1 ff.
Ed- I>. Heinsius (nebst seinen Crepundia Siliana), Lugd. B. 1600. Ed. Claud.
I^auaqueiuB (Paris 1618), Cellarius (Lips. 1695) und besonders cum animadv.
N- fieinsii etc. ed. A. Drakenborch, Utrecht 1717. 4. Ed. J. B. Lefebvre
de Villebrune (mit französ. üebersetzung), Paris 1781. 3 Voll. Comm. perp.
^«iBt;r. J. C. Th. Ernesti, Lips. 1791. 2 Voll. Perpet. annot. ill. G. A. Ru-
P««^, Gotting. 1795—98, 2 Voll. Text von Lünemann (Gotting. 1824) und
^ "W. E. Webers corpus poett. latt. p. 799—897.
Metrisch übersetzt von F. H. Bothe (Stuttgart, Metzler, 1855—57,
^ Bdchn) und Braunschweig 1866 (2 Bde).
7. Quaestiones Silianae von Wilh. Cosack (s. A. 4) und G. Thilo
\*- A. 5). Emendationes Silianae von G. Thilo in der Symbola phDol.
^Otm. p. 397—410.
Cajo Silio Italico e il suo poema; studi di Onor. Occioni, Padova 1869
Cp. 149 ff. ital. üebersetzung von B. III u. XI).
303. Unter Domitianus lebte und schrieb ferner P. Papi-
^us Statius aus Neapel (um J. 45 — 96 n. Chr.). Hochge-
bildet und von dichterischer Begabung , fähig warmer Empfin-
düng; überaus gewandt und geschliffen in der Form, stösst
Statius dennoch mehr ab als dass er fesselte, wegen der Un-
wahrheit die in seinen Gedichten herrscht, weil er nicht blos
wirkliche Gedanken und Gefühle ausspricht sondern auch er-
heuchelte, gemachte und bestellte, und den Ausdruck derselben
so häufig durch die rhetorische oder mythologische Phrase er-
drückt oder ersetzt. Wenig geniessbar ist sein frühestes und
grösstes Werk, die Thebais in zwölf Büchern, stofflich wohl
nach Antimachos, in der epischen Technik nach Vergil gear-
beitet; unvollendet blieb seine Achilleis, deren zweites Buch
634 Die-KaiBerzeit. Erstes Jahrhundert.
bereits unfertig ist; am anziehendsten sind die Silvae, fünf
Bücher Gelegenheitsgedichte meist im epischen Masse, zum
kleineren Theile in meh'schen, werthvoUe Zeitbilder, Denkmäler -
achtbarer Gesinnung, aber auch schwächlicher.
1. Bei Bestimmung der ZeitverhältnisBe des Statius ist völlig abzu —
sehen von den bodenlosen Behauptungen DodwelPs in smnen Annsdes Sta--«,
tiani (Oxon. 1698, zugleich mit annales Velleiani und Quintilionei). VgL^
Grosse Obeerv. p. 4 — 10. Als sein Vater (oben 300, 3) ums J. 80 = 83^
starb hatte Statius schon in seiner Heimat (Silv. III, 5, 78 f.) Neapel i —
poetischen Agonen Siege gewonnen (Silv. V, 3, 226 ff.) imd in Rom TfaeüH^
seiner Thebais vorgelesen (ib. 215 E vgl. 233 ff. upd Juv. VII, 82 ff.). Ak=
dererseits sagt er Silv. V, 2, 158 f. (ums J. 95 oder 96) von sich: nos forti^i=3
aetas iam fugit, vgl. IV, 4, 69 f. ( J. 95) : nos facta aliena canendo vergimc::»
in Senium. V, 4 spricht er von seiner langen Schlaflosigkeit, wie scher»']
III, 5, 37 ff. von einer überstandenen schweren Krankheit. Das fünfte Bu^r^l
der Silvac , in welchem das dritte Stück aus früherer Zeit stammt (J. 8<I>},
das vierte ein kurzer Seufzer vom Krankenlager ist, das fünfte unvoUend^^t
vorliegt, scheint erst nach des Verfassers Tode diese Gestalt erhalten aEii
haben. Nichts weist darauf hin dass Stat den Domitian überlebt hatte. F* Cr
seine Geburtszeit liegen nur ungefähre Anhalte vor in dem Alter des Va-
ters (s. 300, 3; vgl. C. F. Weber, Panegyr. in Pis. p. 12 f.) und den Lmei-
stungen des Sohnes bei dessen Lebzeiten ; über das J. 800 d. St. wird <Ja-
her keinenfalls weit herabgegangen werden dürfen. Dass seine Zunick-
ziehung nach Campanien durch den Misserfolg in den capitoliuischen Spie-
len (oben 301, 4) veranlasst war ist möglich, aber durch Nichts bezeugt
2. Statius' Gattin war eine Römerin und Wittwe Claudia (Silv. IH, 5j,
die ihm eine Tochter beibrachte (ib. 54 ff.), in ihrer zweiten Ehe aber
nicht gebar (Silv. V, 5, 79 f ). Ohne Vermögen wird sie schwerlich gewe-
sen sein, wiewohl des Statius etwaige Besitzungen in Neapel von seinem
Vater herrührten und das Gut bei Alba (Silv. III, 1, 61 f. vgl. iuj^era no-
stra ib. V, 3, 37) ein (von Domitian?) geschenktes war (Silv. III 1.1).
Auch dass Statius seinen vornehmen Freunden gegenüber niemals (demi
Silv. IV, 9 ist ein Scherz) eine so bettelhafte Haltung zeigt wie Martial
spricht für relative materielle Unabhängigkeit. Juv. 7, 86 f. : (Statius) cum
fregit subsellia versu esurit, intactam Paridi uisi vendit Agaven (vgl oben
8, 1 £.) besagt nur dass St. von seiner Vorlesung der Thebais keinen ma-
teriellen Vortheil habe. Die Feilheit von Statins' Muse gegenüber tou
Bestellern wie dem Eunuchen und kaiserlichen Lustknaben Earinus (Sil?.
III, 4) wird mehr aus politischer Angst als finanziellem Bedürfmss zu er-
klären sein. Als Gönner erscheinen Metius Celer ( rex mens , Silv. HI, 2,
92 f.) und Plotius Grypus (IV, 9, 48 ff.); mit Andern aber verkehrt der
Dichter auf dem Fusse der Gleichheit, wie mit Claudius Etruscus (diiec^
sodalis, Silv. I, 5, 9; mens, ib. IIL praef.; vielleicht ein Verwandter seiner
Frau), Pollius Felix (mens, ib. IV praef.) und dessen Schwiegersohn luÜiw
Menccrates (ib. IV, 8). Dem IGjährigen Vettius Crispinus, dessen Vater
todt ist, ertheilt der Dichter (ib. V, 2) halb väterliche Ermahnungen. Da-
gegen gegenüber von Domitian und allem was mit dessen Person zuflsun*
menhängt (Silv. IV pra^f. : latus onmo divinae domus semper demeroiip^
.^03. StatinB. 635
aea mediocritate oonitor; nam qui bona fide deos colit amat et saoerdotes)
'eht das Schweifwedeln ins Unleidliche. Nicht nur dass er den Earinua
iücklich preist weil er um ihn sein dürfe (III, 4, 60 ff.) und über den Tag
ro er von ihm zu Tische geladen wurde sagt: haec aevi mihi prima dies,
aeo limina vitae (lY, 2, 13), sondern er stellt auch dessen klägliche Er-
ylgB gegen auswärtige Feinde als grossartige dar (z. B. IV, 3, 158 ff.).
Sinnt seine dementia (III, 3, 167 ff.) und behauptet derselbe würde, wenn
r kdnnte, den Tod abschaffen (Y, 1, 165 ff.) und dass filr seine Erhaltung
idera, undae terraeque beten (III, 4, 101 ff.), preist überdiess seine Schön-
eit (III, 4, 44 f. vgl. lY, 2, 41 f.) und vergleicht den bei Tische Liegen-
en mit einem ruhenden Herakles (lY, 2, 46 ff.). I, 1, 94 ff. lässt er Do-
litians Vater und Geschwister nächtlicher Weile vom Himmel kommen
nn Domitians Reiterstandbild zu küssen. Indessen über den todten Cali-
:u1a (in, 3, 70 ff.) und den ferus Nero (V, 2, 33) wagt er sich freimutig
»nsBiisprechen.
3. Abfassung der Thebais (daktylisch gemessen, z. B. Silv. III, 5,
S vgl. Juv. 7, 83) in langer (Silv. III, 5, 35. lY, 7, 26), zwölf Jahre hiii-
Inrch (Theb. XII, 811) fortgesetzter Arbeit. Silv. lU, 2, 142 f. ist sie noch
lieht fertig, wohl aber ib. lY, 4, 88->92 (iam sidonios emensa laborCs
ßtebais optato collegit carbasa portu etc.) , vgl. ib. 7, 7. 25 ff. Da schon
le« Statins Vater das Werk entstehen sah (Silv. Y, 3, 233 f.), so scheint
lie Abfassung J. 80->92 zu fallen. Gegenstand die Kämpfe zwischen Po-
yneikes und Eteokles. Nachdem in den ersten zehn Büchern die Hand-
lang überaus langsam von der Stelle gerückt ist, vor den langathmigen
Eteden, Zurüstungen und Beschreibungen, wird sie in den beiden letzten
Büchern vollends summarisch zu Ende geführt; in diese f^t nicht nur
ier Zweikampf der Brüder, Kreons Regierungsantritt und Verbot der Be-
Btattung des Polyneikes sondern auch Antigenes Hülfegesuch bei Theseus,
dessen Einschreiten und Erlegung des Kreon. Der Mythus ist im EHnzel-
nen ndt Freiheit behandelt. Griechisches und Römisches (wie die abstrac-
ten Figuren der Virtus, Furores u. s. w.) durcheinaud ergemischt. Die Cha-
raktere sind/ willkürlich und oft crass ausgemalt. Anordnung und Moti^
vierung hält sich äusserlich. Epische Gleichnisse finden sich im Uebermass
eingestreut. Mit Schlachtbeschreibungen wechseln rührende Episoden. Die
mythologische Gelehrsamkeit äussert sich auch im Umschreiben mythischer
Namen in der Weise des Lykophron. Die Sprache artet oft in Schwulst
aus und ist durch künstliche Kürze lücht selten dunkeL Welcker, kleine
Schriften I. S. 396 — 401. Ueberall blicken die augusteischen Vorbilder
hindurch, zugleich aber das Bestreben sie durch Künstlicbkeit und Pathos
zu überbieten. Zuletzt (XII, 816 f.) jedoch ruft Stat. seinem Werke zu: vivo,
precor, nee tu divinam Aeneida tempta, sed longo sequere et vestigia
semper adora. Zuversichtlicher Achill. I, 10 ff. und Silv. II, 3, 63. V,
3, 213 f.
4. Der Plan zur Achilleis war weit angelegt und sollte auch
die der Ilias vorauHÜegcnden und nachfolgenden Theile der Sage mitbe-
fassen. Ach. I, Iff.: magnanimum Aeaciden, . . Diva, refer, quamquani
acta viri multum inclita cantu maeonio, sed plura vacant. nos ire per
omnem sie amor est heroa velis Scyroque latentem duUchia proferre tuba,
636
Die Eaiserzeit. Erstes Jahrhundert.
3,
08
f-
nec in Hectore tracto sistere, sed tota iavenem deducere Troia. Das erste
Buch erzählt in 674 Versen wie Thetis ihren Sohn bei Lykomedes in Wei-
berkleidem verbirgt, aber Kalchas seinen Aufenthalt prophetisch entdeckt,
nachdem das vermeintliche Mädchen bereits eine der Töchter seines arg-
losen Beherbergers, die Deidamia, verfdhrt hat. Die 453 Yerse die vo
zweiten Buche fertig sind schildern wie Odysseus den Achilleus heraus
findet und nach Troja mitnimmt. Der Ton ist viel weniger schwülsti
und geschraubt, aber ebenso redselig wie in der Thebais. Wie schon i
dieser (Theb. I, 17 ff.), nur jetzt kürzer (Ach. 1, 19: te longo necdum
paratu molimur, magnusque tibi praeludat Achilles), verspricht Statins de
Domitian ein eigenes Epos auf dessen Thaten; vgl. Silv. IV, 4, 93 ff.: nun
. . Troia quidem magnusque mihi temptatur Achilles, sed vocat arci
nens aHo pater armaque monstrat ausonii maiora ducis. trahit impeti
illo iam pridem retrahitque timor. Anfänge davon müssen sich in de
Nachlasse des Statins gefunden haben und veröffentlicht worden sei
daraus die vier Hexameter in den Scholien des Ge. Yalla zu Juv. lY, 9
0. Jahn im Rhein. Mus. IX. S. 627.
5. Als Buchtitel (Gell, praef. 6) bedeutet Silvae nach Quintil. X,
17 rasch hingeworfene Arbeiten, Improvisationen; vgl. Silv. I praef.: L
libellos, qui mihi subito calore et quadam festinandi voluptate .fluxe
. . nullum ex illis biduo longius tractum, quaedam et singulis diebus
fusa. n praef.: epicedio prosecutus sum adeo festinanter ut etc. III pra^ :^.'
(libellos) subito natos. Nach IV praef. fand Statins Tadler quod hoc tMz^U
genus (opuscula, leves libeUi, II praef.; ioci, IV praef.) edidisset. CÄ'e
32 Stücke sind zuerst einzeln verfasst und, wenn eine Anzahl beisamm. ^n
war, zu einem Buche vereinigt und mit einem Begleitschreiben in Prc^^^
einem Einzelnen gewidmet worden; Buch I dem Stella, II dem Atedx'vis
Melior, III dem PoUius Felix, IV dem Victorius Marcellus; das VorwoTt
von B. V bezieht sich nur auf das erste Stück, war aber wohl bestinuz^^
weiter ausgeführt zu werden wenn der Dichter das Buch noch selbst h&f;^
abschliessen können; s. A. 1. Ausser V, 3 scheinen alle Stücke aus
6 letzten Lebensjahren des Statius zu stammen, da schon das erste
nicht vor J. 90 verfasst und die Ordnung der einzelnen Bücher nachw^^^'
Hch die chronologische ist; s. L. Friedländer, de temporibus Marti^^^^
librorum et Silvarum Statu (Königsberg 1862. 4.) p. 14—16. Vgl III prae^- -
securus itaque tertius hie silvarum nostrarum über ad te mittitur. habue:
quidem et secundus testem, sed hie habet auctorem. IV praef: plur&
quarto silvarum quam in prioribus. Silv. III, 5 wird eine Reise nach N^^ "
pel beabsichtigt, IV praef. ist bereits von Neapel aus geschrieben. IV, ^
verherrlicht Domitians XVIItes Consulat (J. 95). Andere Gegenstände &i^^
der Tod Nahestehender (auch von pueri delicati), in welchen epicedia häufig
ein weinerlicher Ton angestimmt wird, Abreise von Freunden (propemptioa)»
Besitzthümer von solchen (villae, balnea, Kunstwerke, auch ein psittaci:i^>^r
Vermählungen, Geburten und Geburtstage (Lucani, II, 7), Saturnaüenfei^^
u. s. w. Als bestellt sind ausdrücklich bezeichnet I, 1 u. 2. U, 7. HI, ^•
Phaläkisches Mass haben I, 6. II, 7. IV, 3. 9, alkäisches IV, 5 und sapphi*
sches IV, 7.
6. Den Wortreichthum, die gesuchte Eleganz, die Kühnheit in der
. .jiwBi'i
303. Statius. 637
ildung und dem Oebraache der Wörter hat Statius mit seiner glänzen
eit gemein; eigen ist ihm (wenigstens in den Silvae) die Baschheit des
rbeitens, woraus manche Flüchtigkeiten (wie Wiederholungen, Hand Silv.
. 269 ff.) sich erklären. Vgl. die Nachträge zu Sulzer's Theorie VIII.
. 344 ff. und Hand zu Silv. p. X ff. J. Danglard, St%ce et ses Silves, Cler-
lOnt-Ferrand 1864. Ueber seine Sprache s. Suriugar, Observationes in Stat.
Iv., Ling 1810. E. Grosse, Observat. p. 11—37. 46—60. E. Nauke, Ob-
irrat. criticae et gramm. in Stat. p. 16 — 36. Ueber die Metrik des Statius
Grosse, Observ. p. 37—44. 0. Müller, Quaest. Statianae, Berlin 1861. 4.
7. Statius fand in späterer Zeit Nachahmer, besonders an Sidonius
pollinaris, und wurde noch im Mittelalter bewundert (vgl. Dante Purgat.
XI) und fleissig gelesen. Daher besonders von seiner Thebais zahlreiche
[andschriften, mindestens 70, worunter die wichtigste scheint Paris.
051 (Puteaneus) saec. X. Kleiner ist die Zahl der Hdss. der Silvae, und
lese stammen alle aus einer Hds. welche Poggio aus Frankreich nach
hallen brachte und deren Varianten Politianus am Rande der ed. princ.
eischrieb; seitdem ist sie verloren gegangen; doch ist die Breslauer eine
lechanisch treue Abschrift davon (Imhof de condicione p. 4. 39 ff.). Am
ächsten kommt letzterer der Budeusis in Wien (ib. p. 4. 36 f.). F. Hand,
>ilv. p. XX ff. C. F. Weber, de codice Statii Cassellano (saec. XI), Mar-
burg 1853. 54 pp. 4. Dübner und G. Queck vor ihren Ausgaben. A. Im-
lof, de Silvarum Statianarum condicione critica, Halle 1869. 44 pp. 4.
C. Grosse, über eine Trierer Handschrift des Statius, Königsberg 1866.
9 S. 4. Ueber eine in Münster F. Deycks, Münster 1865. 4. W. Schmitz,
in Düsseldorfer Statiusfragment, Rhein. Mus. XXI. S. 438—443.
8. Ausgaben. Ed. princeps 1472. Parmae 1473. Romae 1476. Venet.
Aid.) 1502. Rec. J. Bemartius, Antverp. 1595. Ed. Fr. Tiliobroga (Lin-
enbrog), Paris 1600. 4. Cura Em. Crucei, Paris 1618. 4. Ex rec. J. Fr.
ronovii, Amsterd. 1653. Ex rec. et cum animadv. C. Barthii, Cygn. 1664 f.
Voll. 4. (mit Ind.). Ed. Amar et Lemaire, Paris 1825. 4 Voll. W. E.
reber im Corpus poett. latt. p. 898 — 1029. Cum notis ed. Fr. Dübner,
ariß 1835 f. 2 VoU. Rec. G. Queck, Lips. Teubner 1864. 2 Voll. (vgl.
nhof, de condic. p. 43 f.).
Beiträge zur Textkritik von M. Haupt (Monatsber. der Berl. Ak. 1861,
. 1074 ff.), O.Müller (Quaestiones Statianae. Berlin 1861. 34 pp. 4. Rhein.
MS. XVIII. S. 189—200), E. Nauke (Observationes criticae et gramm. in
tatium, Breslau 1863, p. 1—16), A. Imhof (Emendationes Statianae, Halle
^67. 4.).
lani Gruteri suspiciones in St. Theb. I cum animadv. F. Handii, Jena
^1. 4.
Ausgaben der Silvae von Jer. Markland (rec. et emend., London 1728. 4.
nd wiederabgednickt durch Sillig, Dresden 1827. 4. Vgl. Imhof, de
ondic. p. 12—36) und Ferd. Hand (Lips. 1817; nur Silv. I, 1—3).
J. Fr. Gronovii in St. Silvas diatribe, Hag. Com. 1637; cum annotatt.
d. F. Hand, Lips. 1811. 2 Voll. Silv. IV, 6 cum comment. F. Handii,
ena 1849. 33 pp. 4. Silv. I, 4 e codd. et schedis Handii, in Jahns Archiv
lVUI. p. 121 ff. C. H. Volckmar, specimen nQvae Silv. St. editionis, II-
ßld 1860. 4. (Silv. I, 1). Silv. III, 5 emend. et adn. A. Imhof, Halle 1863.
638 Die Kaiserzeit. Erstes Jahrhundert.
28 pp. 4. Ecloga ultima (Silv. V, 5) emeüd&tiorem ed. E. Unger; acce-
dant de Siatii locis controv. coniectanea, Neustrelitz 1868. 308 pp. E. Grosse,
Obserratorum in St. Silvis Bpecimen, Berlin 1861.
üebersetzungen der Silven von J. G. Dölling, Plauen 1837— 184t.
9* Schollen zur Thebais, deren Werth hauptsächlich in dem mytho-
logischen Material besteht das aus Hyginus, Servius u. A. zusammenge-
bracht ist, sind ans unter dem Namen des Lactantius (richtiger als Luta^
Ulis) Placidus erhalten, wahrscheinlich dem Verfasser der Argumenta Me
tamorphoseon Ovidii (oben 233, 2). Abgedruckt sind sie in den altes
Ausgaben des Statius, sowie in den von Lindenbrog, Barth ii. A. Vgl
Dübner vor seiner Ausg. p. VIII ff. Herrn. Schottky, de pretio Lactanti
comm. in St. Th. et (p. 25 — ^39) de nomine, philosophia (mystisch-heidnisi
et aetate (ötes Jahrh.) commentatoris, Breslau 1846. E. Wölfflin, Philol
gus XXIV. S. 166—158. R. Unger, Electa e Lact, in St. Th. comm., Prie
laud 1863. 4. M. Schmidt, ein Scholion zum Statins^ Philologus XXH
S. 541—547.
Zur Achilleis unbedeutende Schollen bei Lindenbrog und bei
Spioileg. rom. IX, appendlx. Dommericb, ad Stat. Ach. ex membranls ^e<3^
dota, Wolfenbüttel 1758. 4.
304. In Domitians Regierungszeit fallt auch der grossfc^
Theil der literarischen Thätigkeit des M. Yalerius Martialm £i
(ums J. 42 — 102 n. Chr.) aus Bilbilis in Spanien, von welche
wir 15 Bücher Epigramme besitzen. Gegenstand derselben i^
das sociale Leben des damaligen Rom mit all seinem Schmutz
und seiner Unterwürfigkeit. Martialis zeigt sich darin dem Ori.
nahezu ebenbürtig an Leichtigkeit und Eleganz der poetischi
Form, noch mehr in Mangel an Charakter und in Zuchtlosi
keit; er theilt Seines Zeitgenossen Juvenalis Vorliebe für d
Hässliche, aber ohne sich wie dieser darüber zu erheben; u
seines Nebenbuhlers Statius Kriecherei vor dem Herrscher über-
bietet er noch. Er ist ein grosses Talent, aber abschreckend
durch die Abwesenheit von Gefühl für das was sittlich un^
ästhetisch zulässig oder mit Manneswürde verträglich sei. Neben
dem elegischen Mass bedient sich Martialis für seine Epigramme
besonders häufig der Hendekasyllaben und der Hinldamben.
1. Das Todesjahr des M. Yalerius Martialis (über das vermeintliclie
cognomen Coquus s. Schneide wins Ausg. von 1842, p. 21 f.) war spätestens
102, vielleicht aber schon 101 n. Chr.; wenigstens weist in seinen Gedich-
ten nichts mit Sicherheit über dieses Jahr hinaas; s. Th. Mommsen im
Hermes 111. S. 120—126. Wohl aber scheint der seinen Tod meldende
Brief des PUnins (s. A. 7) aus dem J. 102 zu sein,-^ Stobbe im Phüologus
XXVII. S. 640. Für die Bestimmung seines Geburtsjahrs bietet einen Aei-
lieh unsichem Anhalt X, 24: natales mihi Martiae kalendae, . . quinqna-
gosima liba septimumque vestris addimus hanc locis aeerram. Ist auch
^ r^. •^^iS*f 1
804. Maiü&liB. 639
g'l&ix1>üch dass dieees Gedicht erst der zweiten Ausgabe des zehnten Bu-
chesy aus dem J. 98 (oder Anfang 99), angehört, so ist es doch nicht ge-
wi.»e und anch die ßechnimgsweise nicht klar. Nach 34jährigem Aufent-
halt in Rom (X, 103, 7 ff. 104, 9 f. vgl. XII, 31, 7. 34, 1), also etwa e4--98
n* Olix., Bückkehr in die Heimat, wohl hauptsächlich darum weil mit Nerva
UT\<1 dsum Trajan in ßom ein neuer Geist eingezogen war, in welchem Mar-
üskX sich nicht zurechtfand und von dem er für sich nichts hoffen durfte.
Aotoli vorher schon war in Bom seine, Lebensweise kümmerlich genug» da
er eigentliche Arbeit verschmähte und weder die schriftstellexlschen Ho-
norare noch das Anbetteln Beicher und Mächtiger zureichende Ausbeute
ge^wälirten; vgl. III, 38 und oft. Doch war wohl ein Geschenk das klein«
nui^^e Landgut das er seit J. 83 (s. II, 38 vgl. mit I, 55) bei Nomentum
im Scibinischen besaas, neben einem kleinen Hause in der Hauptstadt Wie
M^bon von Titus (UI, 95, 5. IX, 97, 5 f.) erhielt er auch von Domitian auf
seine Bitte für seine Gedichte das ius trium liberorum (II, 92 vgl. IV, 27,
^ £.), sowie die Würde eines, tribunus (lU, 95, 9). Dem Bitterstande (lU,
Ö5, 10. V, 13, 2. 17, 2. IX, 49, 4. XII, 26, 2) gehörte er wohl schon von
Geburt an. Auch in der Heimat erhielt er, von der domina Marcella
C^U» 31), wohl aus Bewunderung seiner literarischen Leistungen (vgl. XII,
^^)9 ein Landgut zum Geschenke. — A. Brandt, de Martialis poetae vita,
^«•lin 1858. 38 pp.
2. Zahlreich sind die Gönner welche Martialis ansingt; unter ihnen
^^sonders die nächste Umgebung des Kaisers, wie Parthenius (unten 306, 2),
^'j^j>inus (z. B. VII, 99), Earinus (oben 303, 2) u. A. Auch die literarischen
Notixljxlitäten der Zeit sind ziemlich vollständig in seinen Gedichten vertreten;
^ocH kommt Tadtus nie bei ihm vor, und auch niemals Statins, sowenig als
^^rtäal bei Statins. Letzteres ist um so auffallender da beide Dichter
^^'^S'^JUhr gleichaltrig waren und zu derselben Zeit in denselben Kreisen
^ *^^^i^ ehrten und dieselben Gegenstände behandelten. So ist Stat. Silv. I,
^- S = Mart. VI, 21. 42; Süv. II, 1. 7 = Mart. VI, 28 f. VII, 21-23; Silv.
JJ^> 3 f. = Mart. VII, 40. IX, 11-13. 16. 36; Silv. IV, 6 = Mart. IX, 43 f.
br^^ Zweifel erklärt sich dieses Schweigen aus der Concurrenz die sie
^^^tider machten. Daher denkt Martial bei seinen häufigen Sticheleien
?^^ die Dichter langathmiger Epen (z. B. von 12 Büchern, wie die Thebais,
^^^. IX, 50, 3 vgl. noch IX, 19. X, 21. XIV, 1, 11) wohl besonders an
^^tius. Friedländer, Progr. von 1862, p. 13 f.
3. Nicht Martialis Schuld ist es dass die Geschichte nicht in Domitian
^^^ Ausbund aller Tugenden eines Menschen und Begenten bewundert,
^ena alle seine Handlungen in Krieg und Frieden preist Maftial als Be-
^^^tigimgen der grössten Weisheit und Tapferkeit und kann, wenn der
Haiser im Felde ist, nicht Worte genug finden um Borns Sehnsucht nach
^er Bückkehr dieses milden Herrschers und Vaters des Vaterlandes aus-
zudrücken, unter welchem Bom freier sei als je (V, 19, 6). Mamentlich
-b. VIU wimmelt von solchen Speichelleckereien. Spect. 33 ruft er gar aus:
Jlavia gens, quantum tibi tertius abstulit heres I paene fuit tanti non ha-
hoisse duos. Und IX, 3 versteigt er sich zu dem frivolen Gedanken, die
Götter seien dem Domitian so viel (Dank für Tempel) schuldig dass er sie
eigentlich auspfänden könnte. Um so grösser ist dann seine Verlegenheit
640 Die Eaiserzeit. Erstes Jahrhundert.
unter Ner?a, wo mit den blanditiae nicht mehr auszukommen ist ui^
rustica veritas herrscht (X, 72). Die Wahrheit über Domitian XII, 6, 11
vgl. 15, 9 f. Die gegentheiligen früheren Aeusserungen beruhten also nic3
auf Selbsttäuschung.
4. Den Epigrammen voraus geht ein nichtnumeriertes Bach mit ^
Epigrammen welches seinem Inhalte nach liber spectaculorum heisst,
den Hdss. aber nur epigrammaton liber betitelt ist. J. Kehrein in Jakc
(Archiv IV. S. 641 — 653. F. Schmieder, Martial. de spect. liber, Brie
1837. 4. Von den 14 Büchern Epigrammen hat XIII den besondem Titi
Xenia, XIV Apophoreta, und diese beiden sind auch allein von Mart. selbe
mit Ueberschriften über den einzelnen Distichen versehen. Beide sind zi
Festgeschenken an den Saturnalien bestimmt und umfassen meist Epi-
gramme im ursprünglichsten Sinne, Inschrifben auf einen Gegenstand,
während die übrigen Bücher Epigramme im späteren Wortsinne enthalten,
Gelegenheits- und Sinngedichte, gleichsam Aufschriften auf ein Vorkomni'
niss oder eine Person. Die einzelnen Bücher haben in der Regel an ihrer
Spitze eiue Widmung mit einem Vorworte , theilweise (B. I, II, VIIl, XII) in
Prosa, wie bei Statins. Jedes Buch enthält durchschnittlich 100 Epigramme.
Die Ordnung derselben innerhalb der Bücher ist bestimmt durch das Inter-
esse der Abwechslung (auch in den Metren). Dagegen die Aufeinanderfolg'e
der Bücher ist in der Hauptsache (mit Ausnahme von XIII und XIV) die chro-
nologische, indem der Dichter die einzeln verfassten und wohl auch gele-
gentlich (mündlich) veröffentlichten Epigramme, wenn er deren eine ge-
nügende Anzahl beisammen hatte, sammelte und als Buch herausgab,
ungefähr in Zwischenräumen von einem Jahre (X, 70, 1. vgl. IX, 84,^)-
Nur die drei letzten Bücher (X, XI, XII) sind nach Domitians Tod heraus-
gegeben; das erste mag auch einzelne ältere Gedichte, aus der Zeit de £
Vespasian und Titus, enthalten, welchen (Caesares) Martial bereits Gedichte
überreicht hatte (I, 101, 2). Der über spectaculorum ist aus Dom-i
tians ersten Regierungsjahren, wie auch B. I und II (J. 82 bis spätestei:»^
87); B. III (ohne Beziehung auf den Kaiser oder sonstige Zeitaudeotuu^
ißt aus Forum Comelii datiert und nach B. II wie vor IV verfasst; IV at»^
J. 88 und 89; V aus J. 90; VI aus Ende 90 und erster Hälfte von 91; VI ^
und VIII aus J. 92 und 93; IX, X (erste Bearbeitung) und XI aus J. S^-^
— 96. Die beiden Bücher XIII und XIV zwischen J. 88 und 93 B. ^
ist zwar wohl seinem grössten Theile nach unter Domitian verfasst, ve^"
Öffentlicht aber unter Nerva, December 96. Das Nächste war ein puri^
cierter Auszug aus X u. XI der dem Kaiser überreicht wurde (XII, ^ 3
etwa Mitte 97. Darauf die (uns vorliegende) zweite (gesäuberte) Bearbe^
tung von X, unmittelbar vor der Rückreise nach Bilbilis (J. 98); endlich
von Spanien aus, nach contumacissima trienni desidia (XII praef.), B. XC'
wobei es kein Bedenken hat triennium von 27, Jahren zu verstehen u»-^
das Buch (mit Mommsen) in den Anfang von J. 101 zu versetzen, wahrei^
Stobbe eine doppelte Bearbeitung annimmt, eine kürzere für Terentic»^
Priscus (Ende 101) und eine erweiterte für Rom (Anfang 102). Das Näher-*
bei L. Friedländer, de temporibus librorum Martialis Domitiauo imperan*^
editorum, Königsberg 1862. 4. und De temporibus libr. Mart. X et XI, i^-
1866. 4. H. F. Stobbe, im Philologus XXVI. S. 44—80 und (gegen Momiö-
sen, s. A. 1) ebd. XXVII. S. 630-641.
304. Martialis. 641
5. Den Gegenstand der Epigramme bildet da« wirkliche Leben (VIII,
iO Tgl. X, 4, 10), aber überwiegend nach seiner schmutzigen Seite, dem
(chinacke des grossen Haufens entsprechend. Epigrammata illis scribun-
qui solent spectare Florales (I praef.). Keusche oder Prüde sollen sie
gelesen lassen (ib. und III, 69. XI, IC). Am schamlosesten ist B. XI,
B mit den Saturnalien entschuldigt wird (c. 2. 6. 15, 11 f.). Dagegen
jenigen Bücher die dem Kaiser gewidmet sind (V u. VIII) rühmen sich
er (relativen) Anständigkeit; auch IV enthält, wohl aus ähnlichem Grunde
IV, 1), nur etwa 7 Stücke dieser Art. Aber auch sonst hatte, selbst
jener Zeit, nicht Jedermann Gefallen daran. Wiederholt verwahrt sich
rtml dagegen als ob er ebenso unflätig lebe als schreibe (I, 4, 8: las-
i eet nobis pagina, vita proba est; vgl. VII, 55, 6. XI, 15, 13); und die
ärbeitung von B. X bestand wohl hauptsächlich in einer Säuberung
«lern ärgsten Schmutze, welche sich vielleicht auch auf B. XI noch
reckt haben v/ürde, wenn Martial nicht Rom verlassen hätte (Stobbe,
ologus XXVI. S. 72—74). Indessen hatte Mart. hierin Vorgänger ge-
innerhalb der römischen Literatur, besonders an Catull und theilweise
6. Lebende Personen nennt Martial nur dann bei Namen wenn er
ol)t oder etwas Gleichgültiges über sie aussagt. Vgl. I praef.: spero
^e<!ntum in libeUis meis tale temperamentum ut de Ulis queri non pos-
Lxaisquis de se bene senserit, cum salva infimarum quoque personarum
C'entia ludant; quae adeo antiquis auctoribus defuit ut nominibus non
^xn veris abusi sint sed et magnis. VII, 12, 3: mea nee iuste quos odit
KXsi laesit. Vergebens bemüht er sich oft als humanitas und natürliche
O^ütigkeit oder Grundsatz (parcere personis, dicere de vitiis, s. X, 33,
einzustellen was einfach die Kehrseite seiner Unterwürfigkeit ist. Bei
■=i^ Anzüglichen wählt er daher die Namen rein nach metrischem Be-
i^iss und verwahrt sich dagegen dass man sie auf bestimmte Personen
^>ie (II, 23. III, 11. IX, 96»» vgl. I, 96, 14). Manche Namen gebraucht
^:^isch, wie Fidentinus für einen Plagiator, Selius für einen Schmarotzer,
^^^nnus von einem Recitator, Postumus von Patronen, und Caecilianus,
CilianuB, Candidus, Classicus, Ponticus, Zoilus, Flaccus^ Tucca u. s. f.
^Ues Mögliche. Dagegen Gestorbenen gegenüber ist auch er, wie
^^ds (oben 303, 2 E.), freimütig; so namentlich in Bezug auf Nero (I, 20, 4.
^3. VII, 21, 3. 44 f. 34, 4: quid Nerone peius?), und Arria (I, 13) wie
^Hbrasea (I, 8, 1. IV, 54, 7) preist er offen; sie sind zu festen Charak-
^^llen geworden wie Cato oder Porcia.
7. Plinius Epist. III, 21, 1: audio Valerinm Martialem decessisse et
^cte fero. erat homo ingeniosus, acutus, acer, et qui plurimum in
^endo et salis haberet et fellis (vgl. Mart. VII, 25, 3) nee candoris
Vu. (2.) prosecutus eram viatdco secedentem: dederam hoc amidtiae,
^ram etiam versiculis quos de me composuit (Mart. X, 19). Seine Jagend-
^chte (I, 113. YgL XII, 94) sind spurlos untergegangen; der Ruhm den
^ seiner Zeit gewann und von dem er so oft und gern spricht g^n-
^ sich nur auf seine Epigramme. Um dieser willen stellt er sich selbst
HJerholt dem Domitius Marsus und Catull gleich. Dass er nicht noch
»Vieres erreicht habe erklärt er hauptsächlich aus der Kümmerlichkeit
Tfttffel, fli'un. üteratargpschichl«'. 41
642 Die Kaiserzeit. Erstes Jahrhundert.
seiner äusseren Lage. Vgl. I, 107. VII, 99, 5 tf. VIII, 56. X, 78, 14 ff.
3. 24. Aber der ziemlich eng umschriebene Kreis seiner Ideen, wie 8e=^
Mangel an Ernst und Arbeitslust lässt bezweifeln dass er in günstige—
Verhältnissen Grösseres geleistet hätte. Spartian. Hei. Ver. 5, 8: id^^
Apicii Caelii relata, idem Ovidii libros amorum in lecto semper habui^^
idem Martialem, epigrammaticnm poetam, Vergilium suum dixisse.
8. Aufzählung der Handschriften von Martials Gedichten in Schneid
wins Prolegg. p. LXII — C nebst p. 678—684; Würdigung derselben ib. ^.
— CXXVII. Die Mehrzahl ist von Italienern interpoliert (deteriores). ünt^
den älteren haben T (Thuaneus] und H (Haupt's Vindobonensis), beicL
saec. X und aus derselben Quelle stammend, allein den Über spect. (IM.
p. CXXVn— CXXXII), der in einem Theile der übrigen (FamiHe C b) nacfa
getragen ist. Nächstdem sind die ältesten (Familie C a) der Puteaneuj (S)
saec. X, Edinburgensis (E) saec. X (vgl. Scheidewins Textausg. p. V &.\ drei
Vossiani, R (saec. IX), A (saec. XI) und B (saec. XII), ein Vaticanus (V) saec. J
oder XI. Einer anderen Classe (B) gehören der Florentinus (F) und Palatinos
(P) saec XV an, mit der Subscription: ego Torquatus Gennadius emendavi
9. Ueber die Ausgaben s. Schneidewin's Prolegg. p. XI— LXII. Ed.
princeps s. 1. et a. (Rom um 1470). 4. Ferrara 1471. 4. Rom 1473. Cura
G. Morulae, Ven. 1475. Cum comm. D. Calderini, Ven. 1474 fol. Bec. I.
Gruter, Francof 1602. Ramirez de Prado, Paris 1607. 4. Cum comm. M.
Raden, Ingoist. 1607. 1611; Mogunt. 1627 fol. Cum notis varr. ed. P. Scri-
verius, Lugd. Bat. 1619. 1621. Cum animadv. J. Fr. Gronovü ed. C. Schreve-
lius, Amsterd. 1661. 1670. Bipont. 1784. Ed. N. E. Lemaire, Paris 1825.
3 VoU. In W. E. Webers Corp. poett. latt. p. 1030—1136. Edidit F. Gail.
Schneidewin, Grimma 1842. CXXXII u. 739 pp.; ex rec sua denuo recog-
nita, Lips. Teubner 1853.
Rooy, Coniecturae criticae in Mart, Utrecht 1764. Osk. Gutimami,
Observationum in M. Val. Mart. particulae quinque (bes. über den Gebrauch
des Dativ p. 1—30; de metria M. p. 46—52), Breslau 1866. L. Friedländer,
de nonn Ullis locis corruptis in M. epigr., Königsberg 1867. 4. A. Scotland,
PhilologuB XXIX. S. 184—187. van Eldik in den Verslagen en Med. der
Akad. V. W. 1868, XL
Metrisch übersetzt im Auszug von Ramler (Leipzig 1787), vollständig
von AI. Berg (Stuttgart, Hoflinann 1864 ff. 7 Bdchn.).
Ueber Martial vgl. G. E. Lessing's Werke I. S. 190 ff. Mart. aU
Mensch und Dichter, Berl. 1843. W. Teutfel in Pauly's Real-Enc. IV.
(1846) S. 1600—1606.
306. Unter den andern zahlreichen Dichtem welche die Regie-
rungszeit Domitians aufweist sind besonders bemerkenswerth Ar-
runtius Stella (Cos. um 101), Freund des Statins undMartialis und
Verfasser von erotischen Elegieen deren Gegenstand seine nach-
malige Gattin Violantilla war; der Satiriker Turnus und sein
Bruder, der Tragiker Scaevus oder Scaevius Memor; Verginius
Rufus und Vestricius Spurinna, beide nach einer rühmlichen poli-
.M' .*..&. iWAtAi^di
304 f. Martialis. Stella. Turnus. 643
tisclxcn und kriegerischen Laufbahn Verfasser von Tändeleien
i'i trxelischen Metren ; endlich des Calenus Gattin Sulpicia, welche
gleiolifalls erotische Gedichte verfasste. An den Namen des Tur-
uus yfie an den des Spurinna und der Sulpicia haben sich Täusch-
^^^S^n aus neuerer Zeit angehängt.
1. Inschrift bei Orelli 784: L. Arruutio Stella, L. lulio Marino coss.
^1^ Kai. Nov. Da Trajan darin den Titel Dacicns noch nicht hat, so
^Ubb sie vor dem J. 103 verfertigt sein, und das betreffende Conaulatßjahr
^ Wahrscheinlich 101 (Th. Mommsen im Hermes III. S. 124—126; vgl.
^y>bbe im Philologus XXVI. S. 76 f. XXVII. S. 632 ff.). Dass der bei Mar-
^^ imd Statius oft vorkommende Stella mit diesem Consul identisch ist
^^d nahezu sicher dadurch dass dieser ein iuvenis patriciis maioribus
^*i;u8 (Stat. Silv. I, 2, 71) war, die SteUe eines XVvir libr. sibyll. be-
kleidete (ib. 177. Martial. IX, 42), Spiele zu Ehren des nordischen (sarma-
^schen) Triumphes des Domitian (wahrscheinlich als Prätor, vgl. Martial.
X, 41) zu halten hatte (Mart. VIII, 78, 3 ff.), auf das Cousulat hoffen durfte
(Üart IX, 42, 6 f. vgl. Stat. Silv. I, 2, 174 ff.) und es auch erlangte (consul
öjeus, Mart. XII, 3, 10 ff.). Geboren war er in Neapel (Stat. Silv. I, 2, 260 f.;
aus Patavium nach Martial. I, 61, 3 f.) und von daher, sowie durch Ge-
meinsamkeit der poetischen Bestrebimgen , dem Statius befreundet (Silv. I, 2,
256 — 262), welcher auf Stella^s Vermählung mit Violantilla das Epithala-
miam Silv. I, 2 verfasst hat. Aus demselben Anlasse in seiner Weise Mar-
tial VI, 21. £r war jünger als Statius, der ihn (Silv. I. praef.) iuvenis
opüme anredet. Stella hatte im elegischen Masse (Mart. IV, 6, 4 f. Stat.
Silv. I, 2, 253 ff.) seine Geliebte, die schöne und reiche (Stat. Silv. I, 2,
121} Violantilla, unter dem Namen Asteris (Stat. Silv. I, 2, 197 ff.; Mar-
tial pflegt sie mit Bezug auf ihren wahren Namen lanthis zu nennen; s.
VIT, 14 f. 50, 1. XII, 3, 12. vgl. VI, 21, 1) besungen und namentlich den
Tod von ihrer Lieblingstaube (Martial. I, 7. VII, 14). Martial nennt ihn
disertus (V, 59, 2), facundus (XII, 3, 11), meus (V, 11, 2. 12, 7. VI, 47, 1.
IX, 55. XII, 3, 10). Vgl. noch Mart. IX, 89. Sidon. Apoll, carm. IX, 264.
DdUing, über den Dichter Stella aus Patavium, Plauen 1840. 4.
2. SchoL des Valla zu Juv. I, 20: Turnus hie libertini generis ad
honores ambitione provectus est, potens in aula Vespasianorum Titi et
Domitiani. Martial. XI, 10: contulit ad saturas ingentia pectora Turnus;
vgl. VII, 97, 7 f.: nam me diUgit ille proximumque Tumi nobiUbus legit
libellis. Rutil. Namat. I, 603 f.: huius vulnificis satura ludente Camenis
nee Turnus potior nee luvenalis erit. Sidon. Ap. carm. IX, 266. Lyd.
magistr. I, 41 (oben 24, 2). Schol. luv. I, 71: unde ait Turnus in satura
(folgen zwei corrupte Hexameter auf die Giftmischerin Locusta unter Nero).
Die 30 Verse (Indignatio in poetas Neronianorum temporum) welche J. L.
G. Balzac unter dem Namen des Turnus, angeblich aus einer alten Hand-
schrift, herausgab, wurden noch bei seinen Lebzeiten in die Sammlung
seiner Gedichte, unter der Rubrik Ficta pro antiquis, in erweiterter Fas-
BODg (lU. p. 194 der Ausgabe von 1650) aufgenommen. L. Quicherat in
der Revue de Instruction publique 1869, p. 341—346. vgl. ib. p. 371 f. 397.
3. Schol. des Valla zu Juv. I, 20: Lucilium dicit . . vel, ut Probua
41*
644 I^i^ Eaiserzeit Erstes Jahrhundert.
exponit, Tarnnm (Anm. 2) dicit Scaevi Memoris tragici poetae fratrei
Martial. XI, 9 auf ein Bild desselben: clarus fronde lovis (Sieg im capitc;^;;-;;^
linischen Agon), romani fama cothurni , spirat Apellea redditus arte Memo^^
ib. 10: contulit etc. (A. 2) cur non ad Memoris carmina? frater erat. D^^
aus wohl Sidon. Ap. IX, 263 (non Turnus, Memor). 6 Anapäste von
vus in tragoedia (üecuba oder Troades) bei Serg. in Keils gramm. 1
IV. p. 537, 14. Der Titel Hercules für eine Tragödie von Memos o<^^^
Memmius beruht nur auf dem Zeugniss des Fulgentius (expos. s. ant. s« ^
suppetias, p. 563, 23 M.). M. Hertz, de Scaevo Memore poeta trag-ico
commentariolum , Breslau 1869. 8 pp. 4.
4. L. Verginius Rufus, Cos. J. 63 (unter Nero), 69 (durch Otbo)
und 97 (mit Nerva), während seines letzten Consulats 83 J. alt gestorbeo
(Plin. Ep. II, 1), väterlicher Freund des jüngeren Plinius, der ihn Ep. V,
3, 5 unter den Verfassern erotischer Gedichte aufzählt und VI, 10, 4. IX,
19, 1 das Epigramm anführt welches derselbe sich auf sein Grabmal äctzen
üess. Vgl. Haakh in Pauly's Real-Enc. VI, 2. S. 2666 f. Nr. 26.
5. Plinius Epist. III, 1 (vom J. 101) beschreibt die Tagesordnung des
greisen Spurinna, z. B. (7.) se cubiculo ac stilo reddit. scribit enim, et
quidem utraque lingua, lyrica doctissima. mira illis dulcedo, mira saari-
tas, mira hilaritas, cuius gratiam cumulat sanctitas scribentis. (10.) ül^
post septimum et septuagesimum annum (also geboren J. 24 n. Chr.) atx-
rium, oculorum vigor integer. Vgl. ib. IV, 27, 5 f. (gravissimus seoex)-
II, 7, 1 ff.: heri a senatu Vestricio Spurinna principe auctore triumphali«
statua decreta est, wegen seiner Erfolge gegen die Bructerer; ebenso sei^
nem Sohne Cottius, quem amisit absens (ib. 7, 3). In den Kämpfen d^^
J. 69 war er auf Otho's Seite gestanden; Tac. Hist. II, 11. 18. 23.3^-
Plut. Oth. 5—7. Consul war er unter Domitian, zum zweiten Mal wahr
scheinlich im J. 100; s. Th. Mommsen im Hermes 111. S. 39 f. Schreibe:
an ihn und seine Gattin Cottia Plin. Ep. HI, 10; an ihn V, 17. Von ihr
wollte Caspar Barth in einer Merseburger Handschrift neben Anderen*^
auch, unter der Aufschrift Incipit Vesprucius Spurinna de contcmtu secul-^
ad Martium , vier Gedichte in horazischen Metren von künstlicher Lücken- ^
hafkigkeit gefunden haben, die er in seinen Venatici et bucolici latii»^'^
(Hanov. 1613) hinter Gratius, sowie in seinen Adversaria XIV, 5 heratu«- "^
gab. Wie bei andern seiner Erdichtungen (vgl. Bursian, ex Uygini genea^^*
exe, Zürich 1868, p. VII f.) so fand Barth auch hiefür Gläubige, zalett^^
einen sehr zuversichtlichen an C. A. M. Axt, in der Compilation V. Sj^ ^
lyricae reliquiae, , . recogn., in germanicum convertit et cum annotati(^ —
nibus (p. 29—144!) . . edidit, Prankfurt 1840. Dagegen vgl. Otto und L-^j'
Lersch in der Ztschr. f. d. Alt. Wiss. 1842, S. 845 ff. 873 ff. In der Tha-^'
zeichnen sich die Gedichte durch Nichts aus als durch Trivialität des h
halts und metrische Schnitzer; und die Angaben Barths über den Code:
sind so unbestimmt dass sie auch bei einem glaubwürdigen Gewährsmann
verdächtig wären. Vgl. noch G. S. Baorer, de Vestr. Sp. lyrico et üli«^
fragmentis, in den commentationes der Petersburger Akad. v. J. 175C^^
p. 311 ff. Wemsdorf, poetae latini minores III. p. 325—336. 351—368. 1^-
p. 839—853.
6. Martial. X, 36, Iff. ; omnes Sulpiciam legant etc. haec casto^
305. Verginias Rnfus. Spurinna. Sulpicia. 645
docet; et piod amores etc. cuius carmina qui bene aeätimarit nuUam dize-
rit eaee sanctiorem, nullam dizerit esse nequiorem. Ib. 38, 1 ff.: o molles
tibi cfüindecim, Calene, quos cum Sulpicia tua iugales indulsit deus et
pere^rit aunos! Auson. Id. XIII (cento uupt.) s. f.: prurire opusculum
Sulpiciae, frontem caperare. Fulgent. myth. I. p. 598: Sulpiciae pro-
cacit^a^. Sidon. Apoll, carm. IX, 262 f. : quod Sulpiciae iocus Thaliae scripsit
blaadiloquum suo Caleuo. Rest davon (zwei Senare) in Valla's Probus-
Scholion zu Juv. VI, 537. Hievon sehr im Tone verschieden sind die 70
Hexameter welche als Sulpiciae satira zuerst Venetiis per Bemardinum
I Venetum a. 1498 (wiederholt Strassburg 1509) mit lai. Gedichten von Ita-
\ lienern, dann von Th. ügoletus an seinem Ausonius (Parma 1499. Veu. 1501)
berausgegeben worden sind und seitdem oft an Ausgaben des Ausonius,
PetroniuB und der Satiriker (vgl. 0. Jahn p. 10 f.), zuletzt an der des Per-
sius und Juvenal von 0. Jahn (Berlin 1868) p. 145—147. Wernsdorf, poetae
j lat. min. III. p. 83—95; vgl. p. LX— LXV. Sonderausgaben von C. G.
1 Schwarz und J. Gurlitt (Hamburg 1819. 4. 2 Partes), sowie Ch. L. Schläger
fr<^c., explic, Mitau 1846). Französische üebersetzung von C. Monnard
(Paris und Frankf. 1820), schwedische von C. A. F. Möller (Malmö 1859).
^ör Inhalt ist ein Zwiegespräch zwischen der Dichterin und der Muse.
Jene ^u diessmal im heroischen Mass fabellara detexere pacis, nicht im
P^äkifichen, „nee trimetro iambo", noch im hipponaktischen. Cetera quin
eüaiu quondam quae milia lusi . . constanter omitto. Nach dieser Ein-
ieitung« die Frage was der Vater der Götter mit Rom vorhabe? Quid
reputemug enim: duo sunt quibus extulit ingens Roma caput, virtus
'*^'ii et sapientia pacis. Mit der virtus sei es längst zu Ende, und die
^pieutia jage in der Person der Philosophen aus Rom fort nunc qui
res romanas imperat inter, non trabe (ovx ano Öonov) sed tergo(!) prola-
^.?* et ingluvie albus. Aber schon der alte Cato habe gesagt dass Un-
glück Koms Glück sei; Romulidarum igitur longa et gravis exitium pax.
noc fabcUa modo pausam facit. optima posthac Musa velim moneas wohin
"^ Jetzt mit ihrem Calenus wandern solle. Zur Antwort tröstet die Muse sie
^^ der Hindeutung auf die baldige Ermordung des Tyrannen und schliesst:
^^^» vale. manet hunc pulchrum sua fama dolorem etc. Mit vollstem
gellte hat J. C. G. Boot, commentatio de Sulpiciae quae fertur satira,
^^ötordam 1868. 4. 22 pp. (Abhandl. d. niederl. Ak.), die Verse für ein
^^Owerk des 15. Jahrh. erklärt. Eine Handschriffc davon ist nicht be-
. ^^t, xmd ob wirklich Georgius Merula Alexandrinus (f 1494) im J. 1493
, Kloster Bobbio eine solche fand sehr zweifelhaft. Wir erfahren aus
.. ^ersen Nichts was nicht in allen Büchern stünde; nur hat sich Domi-
. ^^ obesitas ventris aus Versnoth in einen Kropf verwandelt, seine Röthe
Y "^A^sse. Solche Kühnheit der Zeichnung wie das Prophezeien war dem
, ^^^«er sicherlich viel leichter als der Sulpicia Caleni. Ton und Aus-
. ^^ verräth überall den Halbgelehrten , der dabei mit dem Versemachen
. ^^ recht umgehen kann. Daher die vielen Flickereien und ungeschick-
. ^^endungen (z. B. somnus obesus der Wespen) und wohl auch die
^Jr^^^tive defendier armis, me dignarier infii Um so weniger gelehrt ist
. ▼ orUebe für Synalöphe und Setzung von et in der Hauptcäsur (Sicaniae
-* ^onsilio et etc.) und gar die Messung nee trimetro iambo. üb v. 19
^^^Uli als Anapäst gemessen oder ein Deminutiv Remulus geschaffen ist
646 I^ie Kaiserzeit. Erstes Jahrhundert.
"wiegt für Beurteilung der künstlerischen Fähigkeit des Verfassen n
gleich.
306. Ausser diesen nennt besonders Martialis noch e
Menge Personen aus allen Ständen welche in ihren Mussestund
Verse machten und in den fast zur Landplage gewordenen R^oi-
tationen dieselben zu hören gaben, theilweise wohl auch bi^
durch den Buchhandel veröflFentlichten, Die Einen versuchtexi i
sich auf verschiedenen Gebieten, Andere hatten sich einer be-
stimmten Gattung zugewandt.
1. Vom Öffentlichen Leben hatten sich Viele zurückgezogen, wie At<5 —
diud Melior (Stat. Silv. II, S, 64 ff.) , Marius aus Atina (MartiaL X, 92, 1 ff.> «
Pollius Felix aus Puteoli (Silv. 11, 2, 112—141. III praef.). Die unverdäd«.—
tigste Art die Müsse auszufüllen war dann das Versemachen, wie Pollix^s
that (Sih. III, 1, 67; vgl. facundus ib. 65 und III praef.). Literarisch ^^^
Thätigkeit konnte daher als eine Form des Müssiggangs erscheinen (Mair ^
tial. U, 7). Welchen Umfang die recitationes gewonnen hatten zeigt z.
Juv. I, 1—14, MartiaL III, 44 f. 60. X, 70, 10—12. Das Anhören derselbe
war für Manchen ein Nahrungszweig (Mart. II, 14, 2 ff. II, 27).
2. Dichter auf verschiedenen oder unbekannten Gebieten sind w
dieser Zeit Bassus (nach Martial. V, 53 — falls nicht Name oder Persor -^^
fingiert ist — Verfasser von Epen und Tragödien) ; Canius Rufus aus Gad«^^^
(Mart. I, 61, 9. III, 20. 64, 6); Cn. Octavius Titinius Capito (s, unten 314,2
Carus (gekrönt im albanischen Agon, Martial. IX, 23 f.), Faustinus (Ma
I, 26), Flaccus aus Patavium (oben 299, 1); ManHus Vopiscus (vir eru
tissimus et qui praedpue vindicat a situ literas iam paene fngientes, Sta^
Silv. I. prooem. vgl. ib. I, 3, 1 facuudi Vopisci, und v. 99—104); Novii
Vindex (Kunstkenner und Dichter, Stat. Silv. IV, 6, 22—31. 97 ff. vgl.
tial. IX, 43 f.); Domitians Kämmerer, der im J. 97 ermordete Parthenitx^
(vates, Mart. IX, 49, 3. vgl. V, 6, 2. XII, 11, 2 ff. XI, 1, 6); Rufus (Dich-
ter und Redner, nach der Grabschrift bei Mart. XII, 52); Sabina (Ate-
stinae nondum vulgata Sabinae carmina, Mart. X, 93, 3 f.); Septimiiz^
SeveruB (unten 308, 9); Sosibianus (? Mart. IV, 33); L. Stertinius Avitas,
Cos. 92 (sublimi pectore vates, Mart. IX, 1, 1. vgl. praef.); L. Valeritu
Pudens (oben 301, 4); Varro (Tragiker, Elegiker und Lyriker, Mart V, 30).
3. Epische Stoffe, wie die Theseis des Codrus (Juv. I, 2), behandel-
ten ausser Statins auch Julius Cerealis (Martial. XI, 52, 1. 17 f.: tuos nobis
relegas licet usque Gigantas, rura vel aeterno proxima VergiUo), and
vielleicht (wenn nicht der Name fingiert ist) Paulinus (Mart. II, 14, 3 f.:
tuosque laudat Achilleos . . pedes).
4. Elegiker (ausser Stella): Voconius Victor , Verfasser vonElegieen
auf seinen Thestjlus in der Manier der Alexandriner (doctos . . libeUos),
Martial. VII, 29. vgl. VIII, 63 (vates); Nerva (unten 312, 1); Unicua, Ver-
wandter des Martial, Verfasser von Qedichten in der Weise des Cahill
und Ovid (Mart. XÜ, 44). Andere bei Mart. II, 14, 6 f. VU, 46, 6. Ver-
fasser von Epigrammen (ausser Martialis) Brutianus (Mart. IV, 23, 4 ff)
306 f. Dichterlinge. Quintilianus. 647
i. A. (Mart. VIII, 18) ; von graeca epigrammata und iambi ArriuB Antoni-
us (Plin. Ep. IV, 3, 3. vgL IV, 18. 27, 5 f.: gravissimus senex. V, 15), Cos.
. J. 69, mütterlicherseits Grossvater des Antoninus Pius.
5. Verfasser von Tragödien (Telephus, Orestes u. dgl. Juv. I, 5 f.)
kOseer Scaevius (oben 305, 3), Bassus (oben 300, 2), Canius Kufus und
^arro (Anm. 2), vielleicht Tucca und Ligurinus (Mart. III, 45) , sowie Pac-
äu8 (Alcithoe, Juv. VII, 12), Faustus (Thebais, Tereus, Juv. VII, 12) und
iubrenus Lappa (Atreus, Juv. VIT, 72). Vgl. auch unten 317, 4. Vielleicht
kuf Satyrdramen bezieht sich Mart. X, 99: si romana forent haec Socratis
>ra, fuissent Julius in Satyris qualia Rufus habet. Auf neue togatae deutet
^uv. I, 3. Palliatae schrieb vielleicht schon in dieser Zeit M. Pomponius
^aasnlus (unten 314, 8). Mimographen s. oben 269, 1. Suet. Domit. 10:
>ccidit et Helvidium filium, quasi scenico exodio sub persona Paridis et
)enones divortium suum cum uxore taxasset. üeber die Agave des Statius
. oben 8, 1 E. Berühmte Mimen (Schauspieler) der Zeit sind Latinus
W*. TeufFel in Pauly's Real-Enc. IV. S. 801) und sein secundarum Panni-
Qlas (Mart. II, 72, 4. III, 86, 3. V, 61, 11), sowie Tettius Caballus (Mart.
> 4rl, 17 ff.) und Thymele.
6. Schmutzliteratur. Mart. XII, 43, 1 ff.: facundos mihi de libidi-
^sis legisti nimium, Sabelle, versus etc. (11.) tanti non erat esse to
8ei"tum.
307. Unter den prosaischen Schriftstellern der Zeit ragt
• I^abius Quintilianus hervor (ums J, 35 — 95 n. Chr.), ge-
^*tdg aus Calagurris in Spanien, aber in Rom gebildet und lange
^^t ein gefeierter öffentlicher Lehrer der Beredtsamkeit, zuletät
^'^ Domitian mit der Erziehung seiner Neffen betraut und zum
^^Usul ernannt. Als Schriftsteller trat er erst in seinen späte-
'^U Jahren auf, zuerst mit einer Schrift über die Ursachen des
Verfalls der Beredtsamkeit, dann mit einem grösseren Werke,
^en erhaltenen zwölf Büchern über die gesammte Bildung zum
Hedner (Institutio oratoria), einschliesslich der grammatischen
Vorbildung. Die Behandlung des Gegenstandes hält sich hier
in der Mitte zwischen den populären Schriften Ciceros und den
i-hetorischen Fachwerken. Sie erstrebt Vereinfachung der Tech-
nik und zeigt mehr Geschmack und Milde des Urteils als Schärfe
und wissenschaftliche Tiefe. Besonders werthvoll ist in Buch X
iie Musterung der für rednerische Zwecke förderlichen Literatur.
Selbst ganz in seiner Zeit stehend und von ihr gefärbt erkennt
^ointilian doch deren grosse Mängel und sucht sie wenigstens
m der Schreibweise durch Zurückgehen auf die alten Muster zu
bessern. Insbesondere den Cicero stellt er allenthalben als Vor-
3ild hin. Eine Anzahl mittelmässiger Schulreden die auf uns
gekommen sind tragen Quintilians Namen mit Unrecht»
548 ^ic Kai&erzeit. Erstes Jahrhundert.
1. Hieronym. a. Abr. 2<)81 = Ner. 14 = 68 n. Chr.: M. Fabios Qoin-
tilianus Romam a Galba perdiicitur. Abr. 2104 = Dom. 8 = 88 n. Chr.:
QuintilianuB ex Hieiiania Calagtirritanus primns Romae publicam scholam
et salarium o fisco accepit et claruit. Auson. prof. Burd. 1, 7: asserat
usque licet Fabium Calagurris alumnum. Jedenfalls muss er seine Jugend
in Rom zugebracht haben, wo sein Vater Rhetor war (IX, 3, 73: pater
meus contra eum qui etc. Sen. contr. X. praef. 2: quomodo . . Quiutilia-
nus senex declamaverit, und ib. 33, 19: circa hunc sensum est et ille a
Quintiliano dictus). Vgl. Quintil. X, 1, 24: nobis pueris insignes pro Yoluseuo
Catulo . . orationes ferebantur. Diese wurden noch unter Tiberius (f 37)
gehalten (s. oben 260, 5 u. 9); aber im Umlauf und gerühmt waren sie
noch später. VI, 1, 14: nobis adolescentibus accusator Cossuüani Capitonis
(J. 57 n. Chr.) etc. X, 1, 86: quae ex Afro Domitio (f 59) iuveniß excepl
Hienach wird Quintiliaus Geburt nicht später als J. 35 n. Chr. angesetzt
werden dürfen. Vgl. noch X, 3, 12: lulium Secundum (oben 297, 4), aequa-
lem meum atque a me . . familiariter amatum. Auf Quintiliaus rednerische
Ausbildung waren die oben 280 Genannten und Nonianus (oben 275, 2]
als Lehrer und Vorbilder von Einfluss. Ausserdem Palämon (oben 266, 3).
2. Thätigkeit als Gerichtsredncr. Quint. VII, 2, 24: id est in causa
Naevii Arpiniani solum quaesitum. . . cuius actionem, et quidem eolam in
hoc tempus, emiseram, quod ipsum me fecisse ductum iuvenili cupiditatc
gloriae fateor. nam ceterae quae . sub nomine meo feruntur neglegentia
excipientium in quaestum notariorum corruptae minimam x>artem mei
habent. IV, 1, 19: ego pro regina Berenice (unter Vespasian) apud ipsam
causam dixi. IX, 2, 73: equidem et in personas incidi tales et in rem
quoque quae etc. ream tuebar quae subiecisse dicebatur mariti testamen-
tum etc. (74.) ita ergo fuit nobis agendum ut iudices illud intellegerent
factum etc., et contigit utrumque. quod non inseruissem . . nisi probare
voluissem in foro quoque esse his figuris locum. IV, 2, 86 t me certe . .
fecisse hoc in foro . . scio. VII, 2, 5: fucrunt tales uostris etiam iempo-
ribuB controversiae, atque aliquae in meum quoque patrocinium iucidcrunt
3. Schulreduer. XI, 2, 39: sie contingit ut etiam quae ex tempore
videbantur effusa ad verbum repetita reddantur. quod meae quoque me-
moriae mediocritatem sequebatur, si quando interventus aliquorum qai
hunc honorem mererentur iterare declamationis partem coegisset. nee est
mendado locus salvis qui interfuerunt. Juv. VI, 280: die aliquem, . .
Quintiliane, colorem. Auson. prof. Burd. 1, 15 f.: seu libeat fictas ludorom
evolvere lites ancipitem palmam Quiutilianus habet. Dabei liegen wohl die
angeblichen Declamationen des Q. (Anm. 11) im Sinne. Ebenso bei TrebelL
Poll. trig. tyr. 4, 2 (II. p. 93 P.): Quintiliano, quem declamatorem romani
generis acutissimum vel unius capitis lectio prima statim fronte demonstrat
4. Lehrer der Beredtsamkeit Vgl. A. 1. MarüaL II, 90, 1 f.: Qoioia-
liane, vagae moderator summe iuventae, gloria romanae, Quintiliane, togae.
Plin. Epist. II, 14, 10: ita certe ex Quintiliano, praeceptore meo, audisse
memini. VI, 6, 3: prope cotidie ad audiendos quos tunc ego frequentabam
Quintilianum , Niceten, Sacerdotem ventitabat. Quintil. III, 6, 68: freqaen-
ter quidem, sicut omnes qui me secuti sunt meminisse possunt, teetatos
et in ipsia etiam iUis sermonibus (über Rhetorik, Anm. 6) me nolentevul-
307. Quintilianus. 649
gatis hoc tarnen complexus etc. Uober die Richtung seiner Thätigkeit als
Lehrer X, 1, 125 f. (Warnung vor Senecas Art). I prooem. 1 : i^ost impetratam
BtudÜB meis quietem, quae per viginti annos erudiendis iuvenibus impenderam.
II, 12, 12: quando et praecipiendi raunus iam pridem deprecati sumus et in
foro quoque dicendi. Nachträglich aber wurde er Prinzenerzieher. IV. prooem.
2 : cum mihi Domitianus Aug. sororis suae nepotum (vgl. Suet. Dom. 15 : Fla-
vium Olemeutem patruelera suum, . . cuius filios etiam tumparvulos succes-
sores palam destinaverat et abolito priore nomine alterum Vespasianum
appellari iusserat, alterum Domitianum) delegaverit curam. Auson. gratiar.
aet. p. 290 Bip.: Quintilianus consularia per dementem ornamenta sorti-
tus (vgl. Juv. VII, 197: si fortuna volet fies de rhetore consul). Auch zu
Wohlstand scheint Q. durch seine Lehrthätigkeit gelangt zu sein; b. Juv.
VII, 186 ff.: . . unde tot Quintilianus habet saltus? was als ausnahmswcises
Glück hingestellt wird. Der Quintilianus welchem Plin. Epist. VI, 32 (quam-
vis et ipse sis continentissimus et filiam tuam ita institueris etc. te porro
auimo beatissimum, modicum facultatibus scio) einen Beitrag zur Mitgift
seiner Tochter Übermacht muss ein anderer sein, da ib. II, 14, 10 (ums
J. 97—100) und VI, 6, 3 (J. 106 f.) den Rhetor als gestorben voraussetzt
und in dem Briefe selbst auf kein Dankbarkeitsverhältniss Bezug genommen
ist. Auch überlebte den Rhetor Q. keines seiner Kinder; s. VI. i)rooem. 4:
ut incusem deos superstes omuium meorum. erepta prius mihi matro
eonmdem, quae nondum expleto aetatis XIX'* anno duos enixa filios . .
decessit. 6: mihi filius minor quintum egressus annum prior alterum ex
duobuB eruit lumen. 9: mia post haec Quintiliani mei spe ac voluptato
nitebar. . . iam dccimum aetatis ingrcssus annum (starb auch dieser). —
H. Dod^cll, aunales Quintilianei , Oxon. 1698 (auch in Burmanns Ausg.
p. 1117 ff). £. Hummel, Quintiliani vita, Gotting. 1843. 4. L. Driesen,
de Q. vita, Cleve 1845. 4. C. Pilz, Quintilianus, ein Lehrerleben aus der
röm. Kaiserzeit, Leipzig 1863.
5. Juv. VI, 75 nennt den Q. als Beispiel eines gesetzten, ernsthaften
Mannes und Gegenfüssler eines Komödianten. Die erhaltene Schrift zeigt
ihn als eine milde, humane (vgl. I, 3, 13 ff. II, 4, 10 ff.) Persönlichkeit,
kritteligem Wesen abhold (X, 1, 26. vgl. 56 f. 80) und zum Anerkennen
geneigt (X, 1, 40 f.), ehrenhaft (vgl. XII, 7, 3) und gemütlich (vgl. VI, 2,
36), wie auch die Tiefe seines Schmerzes über sein häusliches Unglück
beweist; s. VI prooem. Die Huldigungen die er IV. prooem. 3—5 (vgl.
oben 301, 3) imd X, 1, 91 f. (vgl. oben 301, 2) dem Domitian darbringt
sind zwar sehr wahrheitswidrig (z. B. X, 1, 92: nunc ceterarum fulgoro
virtutum laus ista — als Dichter — praestriugitur) und dick aufgetragen
(FV. prooem. 5: mihi . . poterit ignosci si . . nunc omnes in auxilium deos
ipsumque in primis quo neque praesentius aliud nee studiis magis propi-
tium numen est invocem ut . . tantum ingenii adspiret etc.), entschuldigen
sich aber durch die Dankbarkeit für das unmittelbar zuvor ihm bewiesene
Vertrauen (s. A. 4) und den damaligen offiziellen Stil. Lob des Cato üticen-
818 XII, 7, 4; vgl. auch oben 261, 1.
6. Frühere Schriften. I. 0. II, 4, 42: an ab ipso (Demetrio Phal.)
id genus exercitationis sit inventum, ut alio quoque Hbro sum confessus,
parum comperL V, 12, 23: haec et in alio nobis tractata sunt opere etc.
650 ^io Kaiserzeit. Erstes Jahrhundert.
VIII, 3, 58: de hac parte {%tt%6ifjXov) et in alio nobis opere plenius dictui
est etc. Genauer ib. VI. prooem. 3i ita forte acddit iit eum qaoqne libi
quem de oausis corruptae eloquentiae emisi iam scribere aggreasu^ (meine
jüngeren Sohn verlor). Als der ältere lOjährig starb (A. 4) wäre dör
gere etwa 9 J. alt gewesen; jene Schrift war somit (s. A. 4) ongefäir^
4 Jahre vor I. 0. VI praef. veröffentlicht. VIII, 6, 76: eundem loci
plenius in eo libro quo causas corruptae eloquentiae reddebamus tracta^^ ^
mus. Im Unterschied von dem früher erschienenen dialogus de« Tacibn
waren darin wohl mehr die stilistischen als die politischen Seiten der Fr%^^
erörtert. Wider Quintilians Willen veröffentlicht wurden nachgeschrieben^
Heden (s. A. 2) und Lehrvorträge (sermones, s. A. 4) von ihm. I. O. x*
prooem. 7: duo iam sub nomine meo libri ferebantur artis rheioricae neqa^
editi a me ueque in hoc comparatL namque alterum sermone per bidunz
habito pueri quibus id praestabatur excei)erant, alterum pluribns sau*
diebus quantum notando consequi potuerant interceptum boni iuvenes,
nimium amantes mei, temerario editionis honore vulgaverant
7. Das erhaltene Werk. Vorwort an seinen Verleger Trypho: effla^ —
gitavisti . . ut libros quos ad Marcellum meum De iustitutione orato
scripseram iam emittere inciperem. nam ipse eos nondum opinabar sati
maturuisse, quibus componendis . . paulo plus quam bienuinm tot aüoqu ^
negotiis districtus (als Prinzenerzieher, A. 4) impendi, welche Zeit grössten
theils die Sammlung des Stoffes in Anspruch genommen habe. Er hätt^^»^
gern das Werk in Müsse überarbeitet, wolle es aber jetzt doch nicht länge ^^^
zurückhalten. Adressat ist (vgl. I. prooem. 6. IV. pr. 1. VI. pr. 1. XII, 11, 31 — ^)
Victorius Marcellus (cum amicissimus nobis tum eximio literarum amor—
flagrans, I. pr. 6; vgl. unten 308, 8), dessen Sohn Gallus (Stat. Sil?. I
4, 20) Talent verrieth (Quintil. I. pr. 6). Zugleich hatte der Verfasser d
bei ursprünglich seinen eigenen älteren Sohn im Auge (VI. pr. 1). Ueb
haupt aber hat er sein Werk bestimmt nicht für pueri (VIII, 6, 13), sonder- :«:
für boni und studiosi iuvenes (III, 6, 64. VI. pr. 1. XII, 11, 31. vgl. V, ir>,
96. Vn, 3, 30. XI, 1, 5. 65). Abfassungszeit ums J. 90 ff., da die dr^/
ersten Bücher schon voUendet waren als dem Q. die cura über die Söhne M^
des zu AnfEing 96 durch Domitian getödteten Flavius Clemens übertragen fl/.,.
wurde (A. 4). Volbtändige Erhaltung; vgl. III, 8, 42: duodecimo, q«/ M.^;
summus futurus est, libro. | ^
8. Plan und Ausführung. I. prooem. 5: ego . . non aliter quam si
mihi tradatur educandus orator studia eius formare ab iufantia indpiäm.
21: liber primus ea quae sunt ante officium rhetoris (also Aufgabe des
grammaticus) coutinebit. secundo prima apud rhetorem elementa et quae
de ipsa rhetorices substantia quaeruntur tractabimus. (22.) quinqae de*
inceps (III — VII) inventioni, nam huic et dispositio subiungitur, quattaor
(VIII — XI) elocutioni, in cuius j>artem memoria ac pronuntiatio veniunt,
dabuntur. unus (XII) accedet in quo nobis orator ipse informandus est,
ut qui mores eius, quae in suscipiendis , discendis, agendis causis ratio,
quod eloquentiae genus, quis agendi debeat esse finis, quae post finem
studia, . . disseramus. (25.) nos . . quidquid utile ad instituendum orato-
rem putabamus in hos XII libros contulimus, breviter onmia demonstraton.
Polemik gegen die affectata subtilitas der gewöhnlichen rhetorischen Lehr-
e
307. QuintilianuB. 651
Dlier (I prooem. 24. III, 11, 21. vgl. II, 15, 37) und ihre unpraktische
danterie (V, 13, 69. 14, 27—32). Seine eigene Theorie gründet sich auf
rsOnliche Erfahmng (VI, 2, 26) und die Praxis der bedeutendsten Red-
r (T, 13, 60). Eklektisches Verfahren. III, 1, 6: hie liber . . pleraque
a inventa per me, sed ab aliis tradita continebit. ib. 22: neque me
iasc|uam sectae velut quadam snperstitione imbutus addixi. 4, 11: nobis
i^txtisdmum est auctores plurimos sequi et ita yidetur ratio dictare.
B, 6: libera vel contra receptas persuasiones rationem sequenti senten-
> est. VI, 2, 25: quodsi tradita mihi sequi praecepta sufHceret, satis-
^eram huic parti; . . sed eruere in animo est quae latent, . . quae qui-
na non aliquo tradente, sed experimento meo ac natura ipsa duce accepi.
iiische Grundlage der Beredtsamkeit; I. prooem. 9 ff. II, 2. 15, 1. 32 ff.
, 11. 20, 4. 8. XII, 1, 1; daher auch XII, 7, 7: non convenit oratori in-
8tÄ tuen scientem; vgl. V, 7, 32. Etwas lockerer II, 17, 27 f. 36. vgl. VI,
5. 24. Opposition gegen den herrschenden Zeitgeschmack (oben S. 528),
iröckgehen auf die Natur (II, 5, 11 f. vgl. X, 7, 15; pectus est quod di-
rt^o« fadt et vis mentis) und die veteres (II, 6, 22 ff. V, 12, 20. VIII. prooem.
ft. 5, 34. X, 1, 43 f.), namentlich Cicero, der immer mit höchster Ach-
genannt wird (V, 11, 11. 17. 13, 52. VIII, 3, 64. 66. IX, 1, 26. X, 1,
-112. 2, 25. 7, 31. XI, 1, 67 ff. 73 f. 85. 89. 93. 3, 184. XII. pr. 4. 1,
• 10, 12 ff. 39. 45 f.) und selbst in seinen Schwächen vertheidigt (vgL
. 1, 17-21. 23 ff. XII, 1, 16 f. VIII, 3, 51); auf ihn gründet sich die Dar-
'^^ng hauptsächlich und weicht nur ungern von ihm ab (z. B. IV, 2, 64.
X 1, 2. VII, 3, 8. IX, 4, 2. 16. 65 f. XI, 3, 123). VI, 3, 3 schreibt er sich
^Oy immodicus praecipui in eloquentia viri zu und ruft X, 1, 112 aus:
^Q spectemus, hoc propositum nobis sit exemplum, ille se profeoisse
^t: cui Cicero valde placebit. Die theoretische Ausführung idt überall
"^^nrzt durch Beispiele aus den Rednern der classischen Zeit. In diesen
^ Q. besonders zu Hause, aber auch sonst seine Studien vielseitig, ob-
^hl die mitunter wenig treffende Charakteristik der SchrittsteUer in X, 1
^rs wirkliche Bekanntschaft mit denselben zweifelhaft macht. H. Ba-
*^cke, de Q, doctrina et studiis capita duo (de philosophia Qi, p. 6—32;
U ratione inter Q. et Graecos intercedeute, p. 33—46), Königsberg 1866.
(^e Darstellung ist nicht selten rhetorisch belebt; vgl. III, 1, 3: admiscere
temptavimus aliquid nitoris, . . ut hoc ipso alliceremus magis iuventutem.
Häufigkeit von Bildern und Vergleichungen besonders aus dem Gebiete der
Mur und der Landwirtschaft (I, 2, 14. II, 6, 7, 10, 6. 16, 13 f. XII, 10, 76.
fg\. II, 19, 2. VIII, 5, 26. X, 3, 2. 7, 28. XII, 1, 7. 10, 19), aber auch aus
ndem Kreisen menschlicher Thätigkeit (IV, 5, 5. 14. 22. V, 10, 21. IX,
, 113. 129. X, 3, 6. 7, 23. XII, 2, 11. 8, 10. 9, 2 f.). Die Sprache strebt
rraodsätzlich nach Classicität, kann sich aber gleichfalls dem Einflüsse der
ieit nicht ganz entziehen. E. Bonneil, de grammatica Quintil., in Spaldings
Lusg. VI. p. XXI ff. und dessen Lexicon Quintilianeum. R. Törnebladh,
le elocutione Qi, Upsala 1858; de usu particularum apud Q., Holm 1861.
0 pp. Voigtland , de brevitate Q., Schleusingen 1846. 4.
9. Von den Handschriften der Inst. or. ist die wichtigste der Am-
»rosianus saec. XI (A bei Halm), von mehreren Händen und in den späte-
en Büchern (IX, 4, 135— XII, 11, 22 fehlen darin) viel nachlässiger als in
len vier ersten. Zur Ergänzung seiner Lücken und Verbesserung seiner
652 ^^6 Kaiserzeit. Erstes Jahrhundert.
Fehler dient eine ältere Classe mit besserem Texte, aber zugleich dur^^^^^.-^
wiederholten Ausfall von Blättcrlagen etwa um V? defect, vertreten besc^j--^^
ders durch den Bemensis (Bn) saec. X, von welchem Ambr. II (saec. T3^ i
und der Bambergensis saec. X (Bg) abstammen. In letzterem ist zugle^c^:^
durch eine spätere Hand (G bei Halm) aus einem vollständigen Coci^^^f
(vgl. Halm im Rhein. Mus. XXIII. S. 218—222) das ursprünglich Fehleiid^^
ergänzt. Aus ihm stammen der Florentinus saec. XI und der TuricenaMLis
saec. XII. Ausser A besteht die vollständige aber theils verderbte theiM^ss
inteq)olierte Classe aus Hdss. des XV. Jahrb., wie dem Lassbergensis (L» J
in Freiburg, dem Mouacensis (M) Nr. 23473 und dem Argoratensis Obrecht;:^
(S). Oefters bietet auch des Julius Victor Compilation Abhülfe. C. Haks^-*
über den Rhetor Julius Victor als Quelle der Verbesserung des quintiS -
Textes, in den Sitzungsberichten der Münchner Akad. 1863. L S. 889
419; Ueber die Textesquellen der Rhetorik des Q., ebend. 1866. S. 493-524^ ^
Rhein. Mus. XXII. S. 38 f., und vor seiner Ausgabe p. V — ^IX. A. Reiffer- —
scheid, die Quintilianhds. des Poggio, Rhein. Mus. XXIII. S. 143— ll^^-
Euderlein, comm. de Bamberg, cod. Quint., Schweinfurt 1852. 4. J. Si&i^ '
der, Quaest. Quint. p. 5—13 (de Ambr. I et Bamberg, codd,).
10. Ausgaben. Ed. princeps Rom. 1470 fol. Venet. 1471 fol. Aldin-
Ven. 1514. 1521. 4. luntina Flor. 1515. 4. E codd. emend. E. Gibsoi
Oxon. 1693. 4. London 1714. 1716. 4. Ed. Ulr. Obrecht, Strassburg
4. 2 Voll. Recogn. et era, P. Burmann, Lugd. Bat. 1720. 4. 2 Voll. Recogr=::=3i
et emend. Gl. Capperonnier , Paris 1725 fol. CoU. codd. et perp. comiL ^"i-
illustr. J. M. Gesner, Gotting. 1738. 4. Ad codd. fidem rec. et anno^^^
expl. G. L. Spalding, Lips. 1798—1816, 4 Voll., wozu Vol. V von C.
Zumpt, 1829, und VI (Lexicon Q. et indices) von E. Bonneil, 1834. Inw^
schol. cur. G. A. B. Wolff, Lips. 1816—1821, 2 Voll. Notas critt. adiecEi— "*
A. G. Gemhard, Lips. 1830, 2 Voll. Reo. C. G. Zumpt, Lips. 1831. A ^
codd. Lassb., Turic, Ambr, fidem rec. et illustr. H. Meyer, Lips. 1833, Vol. ^
Ad fidem codd. rec. E. Bonnell, Lips. Teubner 1854, 2 Voll. Hauptausgal
rec. C. Halm, Lips, Teubner 1868 f.
Ausgaben des Buchs X von C. H, Frotscher (Lips. 1826), C. G. Hrx^
zog (Leipzig 1829. 1830. 1833), Augusti (= Schneidewin, Helmstedt 183» 1.
G. A. Herbst (Lips. 1834), E. Bonnell (Leipzig 1851. Berlin 1855. 186HA
E. Alberti (Leipzig Engelmann 1858), G. T. A. Krüger (Leipzig Teubnerl861),
C. Halm (Lips. Teubner 1869). . ^
Zur Kritik und Erklärung. Raph. R«gii ducenta problemata, Venet. ■ 4^
1492. 4. Quaestiones Quintiliancae von F. Müller (Halle 1840), F. Bahlmann
(Berlin 1859. 4.), F. Meister (Liegnitz 1860. 4. Breslau 1865. 4. Vgl. Halm ■ ^^
im Rhein. Mus. XXII. S. 39—61), R. Törnebladh (Calmar 1860), J. Ständer I ^
(Bonn 1865). Dörry, de locis al. Q. emend», Torgau 1860. 4. F. Ritschi, I ^,.
Grammatisches bei Q., Rhein. Mus. XXIJ. S. 599—614. J. Ständer p. U- I ^
29 (de Q. grammatico).
Zu Buch X adnotatt. critt. von F. Osann, 6 particulae, Giessen 1B41. 9 ^
1842. 1845. 1850. 1857. 1858. 4. J. Jeep, de locis al., Wolfenbüttel 1863. 4. § ^
L. Mercklin, der Parallelismus in Q. X, Rhein. Mus. XIX. S. 1—32.
Deutsche Uebersetzung von Bossler und Baur, Stuttgart (Metzler) 1863 f. _ ^
9 Bdchn.
307 f. Quintilianus. Kegulus u. A. ß53
11. Quiniilian, der seine frühere Schriftsiellerei in der I. 0. mehr-
^h erwähnt (s. A. 6) und bald nach Herausgabe der I. 0. gestorben zu
in scheint, gedenkt nirgends veröffentlichter declamationes. Es ist
er möglich dass auch solche nach seinem Tode aus Nachschriften (vgl.
2 u. 6) herausgegeben wurden. Wenigstens nennt ihn als Verfasser von
ncinoae declamationes Hieronymus (in Esaiam VIII praef.), sowie Auso-
us (oben A. 3) und Trebell. Poll. XXX tyr. 4, 2: fuit autem (Postumus
nior) . . ita in declamationibus discrtus ut eins controversiae Quintiliano
c&ntur insertae, wonach dieselben auch noch für spätere Schulreden als
blägerung dienten. Bei den imter Quintilians Namen erhaltenen 19 grösse-
n und vollends den 145 kleinereu declamationes (den Resten einer Samm-
ng Ton 388 Stücken) spricht nichts für ihre Abfassung durch den berühm-
Q Hhetor, wohl aber ihre ünbedeutendheit dagegen. In Hdss. werden
3 einem M. Florus zugeschrieben. Erste Gesammtausgabe derselben Tre-
3o 1482 fol. Ascens. 1580 u. öfter. Ex bibl. Pithoei, Paris 1580. Heidel-
^^S 1594. Notis illustr. Ozon. 1675. 1692. In den Ausgaben der I. 0.
)u Obrecht, Burmann u. A.
12. Lactant. inst. div. I, 21: optime Quintilianus in Fanatico: istud,
luit, si deus cogit iratus est. V, 7: quod ipsum Quintilianus egregie
l>x-eviter ostendit in Capite obvoluto. VI, 23 : quod optime Quintilianus
>res8it; horao, inquit, neque etc. Wie es scheint, ein christlicher Schrift-
Her.
308. Aus der Zeit des Quintilian kennen wir noch als
-tierischen Schriftsteller den Tutilius und als Rhetor den Prin-
^^i Unter den Rednern machten sich als Delatoren gefürch-
der charakterlose M. Aquilius Regulus, welcher auch schrift-
•Herte, sowie Baehius Massa, Mettius Carus und Palfurius Sura.
^ Vertheidiger thätig waren ausser Tacitus, Plinius und Hereh-
^a Senecio besonders Victorius Marcellus, Septimius Severus
^^ Africa, Flavius Ursus, Vettius Crispinus, Satrius Rufus,
^cinius Sura u. A.
1. Quintil. III, 1, 21: scripsit de eadem materia (Rhetorik) . . aetatis
Ostrae Verginiua, Plinius (oben 294, .3), Tutilius. Martial. V, 56, 5: famae
f^utihura suae relinquas. Vgl. noch Plin. Epist. VI, 32, 1.
2. Suet. gramm. 4: rae quidem adolescentulo repeto quendam Prin-
ipem nomine alteruis diebus declamare, alternis disputare, nonnullis vero
lane disserere, post mcridiem remoto pulpito declamare solitum. Den
Uli US Tiro (vgl. Plin. Ep. VI, 31, 7) welcher im Verzeichniss der von
ueton abgehandelten Rhetorcn nach Quintilian aufgeführt ist ersetzt Ileif-
rscheid (Suet. p. 99. 418 ff.) durch M. Tullius Tiro, welcher von einem
bschreiber als Urheber der notae tironianae (oben 178, 4) eingeschwärzt
orden sei.
3. Plin. Epist. I, 5, 1: vidistine quemquam M. Begulo timidiorem,
imiliorem post Domitiaui mortem? sub quo non minora flagitia commi-
jrat quam sub Ncronc (admodum iuvcnie, Tac. Uist. IV, 42), pcd tectiora,
654 ^i^ Eaiserzeit. ErsteB Jahrhundert
(2.) RuBÜci Aruleni periculom foverat, ezultaverat morte, adeo ut libnim
recitaret publicaretque in qno BusticDm insectatur atque etiam Stoiconnn
simiam appellat; adicit Yitelliana cicatrice stigmosum. agnosciB eloquen-
tiam Beguli. (3.) lacerat Herennium Senecionem . . intemperanter. . .
(4.) praeterea reminiscebatur quam capitaliter ipsum me apad centomviros
lacessisset. (5.) aderam Arrionillae, . . . Regulus contra etc. (14.) ecripsit
(Mettius Modestus) in epistula quadam quae apud Domitiannm recitata est:
Regulas omnium bipediim nequissimus. . . (15.) est (Regulas) locuples,
factiosus, curatur a multis, timetur a pluribus. 11, 11, 22: est Begulo
tarn mobile ingenium ut plurimum audeat, plurimum timeat. IV, 2, 1:
Regulus filium amisit. . . (3.) amissum luget insane. 7, 2 : nnper adhibito
ingenti auditorio librum de vita eins recitavit; . . eundem in exemplaria
mille transcriptum per totam Italiam provindasque dimisit. (6.) hunc Inc-
tuosum Beguli librum etc. (7.) est tam ineptus ut risum magis possft
exprimere quam gemitum; credas non de puero scriptum, sed a puero.
. . (4.) inbecillum latus (des Regulus), os confusum, haesitans lingua, tar-
dissima inventio, memoria nulla, nihil denique praeter ingenium insanum;
et tamen eo impudentia ipsoque illo furore pervenit ut orator habeator.
Als solchen preist den mächtigen und reichen Mann der servile Martial
1, 111 (vgl. 12 u. 82). II, 74, 2 L (quanta reduci Regulus solet tarba, ad
alta tonsum templa cum reum misit). IV, 16, 6. V, 28, 6 (licet viocas . .
oratione Regulos). 63, 4 (ipse tuo cedet Regulus ingenio). VI, 38. 64,. 11.
Gemeint ist er vielleicht (aber, als noch lebend, nicht genannt) von Jar.
I, 33—36. Er starb ums J. 105; vgl. Plin. Ep. VI, 2, 1: soleo nonnumquani
in iudicüs quaerere M. Regulum. . . (2.) habebat studiis honorem, timebat,
pallebat, scribebat, quamvis non posset ediscere. i]lud ipsum qaod . .
semper haruspices consulebat de actionis eventu a nimia superstitione, sed
tamen et a magno studiorum honore veniebat. (3.) iam illa perquam
iucuuda uua dicentibus, quod libera tempora petebat, quod audituros cor*
rogabat. W. Teuffei in Pauly's Real-Euc. I, 2. S. 1391, Nr. 43.
4. Ueber Baebius Massa, der noch unter Domitian gestürzt 'worde,
8. Plin. Ep. VII, 33, 4 tf.; über Mettius Carus s. W. Teuffei in Pauly'sEeal-
Enc. IV. S. 1905, Nr. 6. Schol. Juv. I, 35: Massa morio faisse dicitur et
Carus nanus. . . hl omnes Neronis fuerunt Hberti, . . sed et neqtiissmu
delatores. . . Massa et Carus Heliodoro deferente occisi sunt.
5. Juv. IV, 53—55: si quid Palfurio, si credimus Armillato, quid-
quid conspicuum pulchrumque est aequore toto res fisd est, ubicumqne
natat. Dazu Schol. des Valla: Palfurius Sura, ut inqiut Probus, cod-
sularis viri filius sub Nerone luctatus est cum virgine lacedaemonia io
agone ; postea a Vespasiano summotus e senatu transiit ad stoicam sectaiO}
in qua cum eloquentia (et artis poeticae gloria, fügen die andern Scholien
bei) praecelleret, Domitiano familiaritate coniunctus delationem acerbiBsime
exercuit, sed interfecto Domitiano accusatus est a senatu et damnatos.
Die andern Schollen: cum fuissent inter delatores potentes apud Domitia-
num hi, Armillatus, Demosthenes et Latinus archimimus (oben 306, 5),
sicut Marina Maximus scribit. Vgl. Suet. Dom. 13: capitolino certamiue
cunctos ingenti consensu precantis ut Palfarium Suram restitueret, pnlsam
olim senatu ac tunc de oratoribus coronatum etc.
308. Regulus , Victorius Marcellus u. a. Redner. 655
6. Ueber Tacitus und Pünius als Gerichteredner b. unten 316 u. 317.
'^ 7. Herennins Senecio, aus Hispania Baetica (Plin. Ep. VII, 33, 5),
Vertheidiger des Licinianua (ib. IV, 11, 12 f.) und (mit Plinius) Ankläger
des Baebiua Massa (Plin. Ep. VII, 33, 4 fF.). Ueber seine Schrift über
Helvidius Priscus und seine Hinrichtung durch Domitian s. unten 311, 2.
8. An Victorius Marcellus gerichtet ist Quintilians Werk (oben
307, 7) und Stat. Silv. IV (prooem.: Marcelle carissime), 4 (vom J. 95),
worin z. B. die Einladung sich zu erholen: certe iam latiae uon miscent
iurgia leges, . . nee iam tibi turba reorum vestibulo. . . cessat centeni
moderatrix iudicis hasta, qua tibi . . iam nunc celeberrima fama eminet
et iuvenes facundia praeterit annos (v. 39—45). nee tibi sola potentis elo-
quii virtus, sunt membra accommoda bellis (v. 64 f.). Daher, si latii du-
cis (des Domitian) sie numina pergant, quem tibi posthabito studium est
coloisse Tonante, quique tuos alio subtexit munere fasces et spatia anti-
quae mandat renovare Latinae (also curator viae latinae) , forsitan ausonias
ibis frenare cohortes (v. 56—61) etc. magna pater dignosque etiam nunc
belliger actus poscit avus praestatque domi novisse triumphos (v. 72 f.).
9. Stat Silv. IV. prooem. (an Victorius Marcellus) vom J. 95: proxi-
mum est lyricum Carmen (Silv. IV, 5) adSeptimium Severum, iuvenem
. . inter omatisaimos secundi ordinis, tuum quidem etiam condiscipulum,
sed mihi . . artissime carum. Auch Martial. V, 80 mens Severus und VII,
38, 1 noster S. Aus Africa gebürtig, aber schon als puer nach Italien ge-
kommen (Stat. Silv. IV, 5, 29—48) ist er wohl der Grossvater des gleich-
namigen späteren (J. 146 in Africa geborenen) Kaisers. Est et frementi
vox hilaris foro, venale sed non eloquium tibi, ensisque vagina quiescit,
staringere ni iubeant amici. sed rura cordi saepius et quies (Stat. 1. 1. 49
— 53). hie plura pones vocibus et modis passu solutis, sed . . iuterim . .
barbiton ingeminas (ib. 57 — 60 vgl. Martial. XI, 57). Vgl. oben 297, 5.
10. Statins Silv. II, 6: consolatio ad Flavium Ursum de amissione
pueri delicati, worin v. 95: ubi (tua) nota reis facundia raptis? II. prooem.:
ad Ursum nostrum , iuvenem candidissimum et sine iactura desidiae doctis-
simum. Er ist wohl der Sohn des Ursus bei Dio LXVII, 3 u. 4 (J. 84):
OvQOov T^$ 'lovXiag altrjaa(iivrjg vnatov aitidBi^Bv,
11. An Crispinus, Sohn des Vettius Bolanus und vielleicht identisch
mit dem Cos. 113 C. Clodius Crispinus, ist gerichtet das propempticon Stat.
Silv. V, 2 (vom J. 95—96), wonach er schon in zartem Alter Salier ge-
worden war (v. 129—131) und nuper einen unschuldig angeklagten Freund
vor Gericht vertheidigt hatte , quamquam non ante forum legesque severas
passus, sed tacita studiorum occultus in umbra (v. 99—110).
12. Stat. Silv. rV. pr.; Plotio Grypo, maioris gradus iuveni. An
ihn ib. 9, wo v. 14—19: tua dicta, . . quae trino iuvenis foro tonabas aut
centom prope iudices, priusquam te Germanicus (Domitian) arbitrum . .
anuonae dedit omniumque late praefecit stationibus viarum.
13. Nach PHn. Ep. I, 5, 11 hatte Aquilius Regulus (A. 3) unter Do-
mitian in centumvirali iudicio, cum responderet . . Satrio Rufo, spöttisch
gesagt: Satrios Rufus, cui non est cum Cicerone aemulatio (wie dem Pli-
nius) et qui contentus est eloquentia saoculi nostri. Vgl. ib. IX, 13, 17.
(356 ^^6 Eaiserzeit. Erstes Jahrhundert.
14. L. Licinius C. f. Sura, Cos. U J. 102 u. III J. 107, Gönner des
Martialis (VI, 64, 12 f. : has nugas . . quas . . laudat . . Sara) vgl. VII,
47, 1 f.: doctorum Licini celeberrime Sura virorum, cuius prisca graves
lingua rediixit avos. An ihn die Anfrage wegen einer Naturerscheinung,
Plin. Ep. IV, 30 (1: quaestionem altissima ista eruditione dignissimam.
11: scrutare tu causas, potes enim). Dio LXVIII, 15 (J. 107): xm Zov^
ro) Ai%ivCtp xal raqpr/i/ dj^aoaiav ncil dvdgtdvTa idtons (Trajan) TBkivxij'
aavri. Victor Caes. 13, 8. Epit. 13, 6. Julian. Caess. p. 22 (ed. 1736).
Ürelli-Hcnzen 150. 5448. Borghesi Opp. V. p. 32 ff. C. I. lat. II, 4282. 4508.
15. L. (Marl. IV, 55, 1) Valerius Licinianus aus Bilbilis (ib. und I, 61^
11), Gerichtsredner (ib. I, 49, 35. IV, 55, 1 ff., wo er gar Cicero gleich-
gestellt wird). Unter Domitian verbannt, von Nerva nach Sicilien begnadigt
(Plin. Ep. IV, 11, 11 ff*.) wurde er dort Lehrer der Beredtsamkeit. PKo.
Ep. IV, 11, 1 (J. 101): audistine Valerium Licinianum in Sicilia profiteri?
. . praetorius hie modo inter eloqucntissimos causarum actores habebatur,
nunc eo deddit ut exul de senatorc, rhetor de oratore fieret. (2.) itaque
ipse in praefatione (einer declamatio oder einer Schrift?) dixit etc. (3.) . .
latine, inquit, declamaturus sum. Vgl. ib. 14.
16. Maternus aus Spanien, iuris et aequarum cultor sanctissime legum,
veridico latium qui regis ore frenum, angeredet von Mart. X, 37 vgl. II,
74, 4 f.
17. Ausserdem werden als facundus oder disertus bezeichnet Pollins
Felix (s. 306, 1), Erucius Clarus (Plin. Ep. II, 9, 4), Marcus (Valerius? Mart.
X, 73), Sextus (Mart. V, 5, 1), Restitutus (Mart. X, 87, 2 ff.), Caediius
Secundus (Mart. VII, 84 vgl. V, 80), Atticus (Mart. VII, 32), Aelianus
(Mart. XII, 24, 3). Der Votienus welcher in Narbo ein hohes Amt beklei-
det (Mart. VIII, 72) ist ohne Zweifel ein Sohn des Redners (oben 260, 1).
309. Eine allgemein geachtete Stellung nahm in dieser
Zeit ein Sex. Julius Frontinus (ums J. 40 — 103), ein tüch-
tiger Geschäftsmann im Felde wie als Civilingenieur, dabei ebenso
charaktervoll wie anspruchslos. Die Früchte seiner reichen Er-
fahrung und Studien legte er auch in Schriften nieder. Von
einer gromatischen sind Auszüge auf uns gekommen. Eine theo-
retische über Taktik ist untergegangen, aber von Vegetius be-
nutzt; erhalten, jedoch durch viele fremdartige Zuthaten ent-
stellt, ist eine populär taktische, die Bücher Strategematon, deren
viertes ein Nachtrag (Strategematica) sein will, aber zum Plan
und Charakter des Uebrigen nicht stimmt und in hohem Grade
verdächtig ist. Ausserdem haben wir von Frontin eine Schrift
in zwei Büchern de aquis urbis ßomae, wichtig durch eine Fülle
geschichtlicher Nachrichten und Urkunden und in bündiger, nüch-
terner, aber gebildeter Sprache gehalten.
1. Leben. Tac. Hist. IV, 39 (J. 823 = 70) : lulius Frontinus praetor
irbauus. Somit spätestens J. 41 geboren. Frontin. Strat. IV, 3, U; auspi*
.itm
309. IjYontinus. G57
ciis Imperatoris Caesaris Domitiaiii Augusti Germaiiici (proleptische Titu-
latur) eo bello quod Civilis in Gallia raoverat (J. 823) Lingonum . . civi-
tas . . ad obsequium redacta LXX milia anuatonim tradidit mihi. Tac.
Agr. 17: sustinuit molem luliua Froutinus (in Britannien, als Nachfolger
des Petilius Cerealis, wohl 76—78 =829--831, nach seinem Consulat), vir
magnus, quantum licebat, validamque et pugnacem Silurum gentem armis
subegit etc. Vgl. E. Hübner, Rhein. Mus. XII. S. 52—56. Mitwirkung im
Chattenkriege ist zu folgern aus Strat. I, 1, 8. 3, 10. II, 3, 23. 11 , 7. Zurück-
gezogenes, der Literatur gewidmetes Leben an der campanischen Küste,
Martial. X, 58. Cos. I unter Domitian (vor Abgang nach Britannien); II
(bis Frontino consule, Martial. X, 48, 20? vgl. Philologus XXIX. S. 187)
unter Nerva (Plin. paneg. 61), wahrscheinlich J. 97; III J. 100 mit Trajan.
Curator aquarum J. 97 (aq. 1. 102 extr.). Ums J. 103 scheint er gestor-
ben zu sein, da (J. 103 oder 104) Plinius sein Nachfolger im Augurat wurde
(Pün. Epist. IV, 8, 3. Vgl. ad Trai. 13). Nach Plinius (Ep. IX, 19, 1)
Frontinus vetuit omuiuo monumentum sibi fieri , mit der charakteristischen
Begründung: impensa monumenti supervacua est: memoria nostri durabit
si vita raeruimus (ib. 6).
2. Unter Domitian verfasst ist die gromatische Schrift (p. 54, 11 ft'.:
praestantissimus postea Domitianus ad hoc beneficium procurrit et uno
edicto totius Italiae metum liberavit, in Bezug auf die subsecivae) und
die über die Strategeme, und zwar wohl vor dem Beginn der Kämpfe
mit den Dakem, da immer nur die mit den Germanen erwähnt werden
(s. A. 1). Dabei wird die- offizielle Illusion, dass der Kaiser selbst das
gethan habe was seine Generale ausführten, mit correcter Consequenz
durchgeführt, wie später (aq.) auch dem Nerva gegenüber. Eigentliche
Schmeicheleien gegen Domitian finden sich aber nirgends (tantus dux I,
1, 8 bezieht sich nur auf die Stellung), und Plinius kann daher Ep. V, 1, 5
sagen: duos quos tunc (unter Domitian) civitas nostra spectatissimos habuit,
Corellium et Frontinum. Vgl. ib. IV, 8, 3: lulio Frontino, principi viro. Die
Schrift über die Wasserleitungen endlich verfasste Frontinus J. 97, bald
nach Uebernahme der cura aquarum. Vgl. A. 6. Bezeichnend c. 118:
qciem reditum . . proximis temporibus in Domitiani loculos conversum
iustitia divi Nervae populo restituit, nobtra sedulitas ad certam regulam
redegit. 101 extr.: nobis circumeuntibus rivos fides nostra et auctoritas a
principe data pro lictoribus erit. 130 extr.: officii fidem ctiam per offen-
sas tueri praestiterit. Die von den schlechteren Hdss. dem Frontinus zuge-
schriebene Expositio et ratio omnium formarum ad Celsum (Schriften der
röm. Feldmesser II. p. 91—108) theilt der Arcerianua vieiraehr dem Baibus
zu; s. unten 321, 3.
3. Von der gromatischen Schrift, die mindestens zwei Bücher
umfasste, sind uns nur commentierende Auszüge erhalten (am besten in
den Schriften der röm. Feldmesser von Lachmann u. A. I. p. 1 —58), welche
handeln de agrorum qualitate, de controversiis (im Allgemeinen), de limi-
tibos, de controversiis agrorum. Ueber deren kritische Behandlung s.
Lachmann a. a. 0. II. S. 101—131.
4. Hindeutung auf ein den Strat. vorausgegangenes theoretisches
Werk über das Kriegswesen zu Anfang der Strat.: cum ad instruendam
Tfuffel, löiii. Lilcralurj^eschichU?. 42
(558 Die Kaißerzeit. Erstes Jahrhundert.
/■
rei militaris scientiam unus ex numero studioBorum eiua accesserim, eiqae
destinato, qaantum nostra cura valuit, satisfecisse visus sim, deberi adhuc
institutae arbitror operae ut sollertia ducam facta . . expeditis amplect^r
commentÄriis. Auf dieseß bezieht sich wohl Veget. I, 8 (p. 12 L.: qua«
Cato ille censorius de disciplina militari scripeit, quae Coruelius Celsus,
quae Froutinus perstringenda duxerunt) und II, 3 (p. 36 L. : Cato ille uiaior
. . se reip. credidit profuturum si disciplinam militarem conferret in lit-
teras. . . idem fecerunt alii coraplures, sed praecipue Froutinus, divo
Traiano ab eius modi comprobatus industria). Erstreckung seines Inter-
esses auch auf die Kriegskunst der Hellenen; s. Aelian. Tact. praef. (griech.
Kriegsschriftst. II. S. 236 f.): lit^l Üi inl tov d'Bov natf^g eov Niifovag
nagä ^govtCvoi ta intaijfKp vnati%<p iv ^OQfiiaig i^fiigag xiväg diitgi^a,
do^av dnBvBY%afJLSV(p nsgl xr^v iv toig noXifiot,g ifi^nf ig^av, . . bvqov ovu
tXdzzova anovSijv l^ovra tlg t^v icagu toig^ElXriüi, te^tcagruiivvjv ndQ'rjCiv
(als für die römische). Auf ihn bezieht sich daher auch wohl Aelian. de ordin.
inst. 1: ntgl x^g ytad"* '^OfirjQOv raxrtx^g ivsxvxofiev avyygatptvoi Sxguro-
nXsC XF xal ^govxcavi (vielmehr ^govxivcp)^ xai %a&' rjfiäg vnaxixm ävSgi.
5. Gegenstand der Strateg. sind die sollertia ducum facta, quae a
Graecis una axgaxriYraiuxi'Kav appellatioue comprehensa sunt (praef.). . . in
tres libros ea diduximus. in primo erunt exempla quae competant proelio
nondum commisso, in secundo quae ad proelium et confectam pacationeni
pertineant; tertius inferendac solvendaeque obsidionis habebit strategemata.
. . cum etiam hoc opus, sicut cetera (vgl. A. 3 u. 4), usus potius aliorum
quam meae commendationis causa adgressus sim etc. Die Beispiele sind
mit Geschick ausgewählt uud vorzugsweise, aber nicht ausschliesslich, der
römischen Kriegsgeschichte entnommen. Innerhalb der Bücher ist die An-
ordnung sachlich, in den einzelnen Capiteln nach Personen, aber im üebri-
gen in keiner erkennbaren Ordnung. Wenn Froutinus (praef.) auf VoU-
sUindigkeit mit Bewusstsein Verzicht leistet und meint man könne die
Beispiele bei andern Schriftstellern leicht in dem von ihm gewählten Rahmen
unterbringen, so scheint dieser Einladung zur Interpolation frühzeitig und
in reichem Masse entsprochen worden zu sein. Die fremden Zusätze
verrathen sich dadurch dass sie die Personenordnung kreuzen mit einer
sachlichen (idem fecit, similiter, quoque, z. B. I, 3, 7. II, 9, 3—5), und
wegen einer äussern Aehnlichkeit der Handlung eingefugt sind (II, 9, 3
u. 5 Caput; IV, 3, 14 Nibhtplünderung) , sowie durch Einführung mittelst
dicitiu-, traditur u. dgl. (wie I, 5. 13. II, 12, 4. IIE, 4, 4. 12, 3) oder durch
sonst abweichende Darstellung (wie I, 7, 7). Theilweise sind sie aus Fron-
tin selbst (wie I, 5, 13. II, 12, 4) und haben auch wohl den Ausfall des
exemplum an der richtigen Stelle herbeigeführt (wie II, 9, 3. 5 in III, H
und IV, 3, 14 in II, 11). Besonders häußg sind solche Fälle in ß. IV, wel-
ches an die strategemata (Kriegslisten) der drei ersten Bücher noch Strate-
gematica (Handlungen und Aeusserungen strategischen Sinnes) aofSgen
will und mit einer dem Froutinus fremden Buhmredigkeit beginnt: molta
lectione conquisitis strategematibus et non exiguo scrupulo digestis, ot
promissum trium librorum implerem, werde jetzt noch angereiht was
sich in den aufgestellten Rubriken nicht habe unterbringen lassen und
eigentlich auch keine strategemata sei; auch dabei wolle er eine Saeli-
309. Frontinus. 659
Ordnung befolgen, nämlich de disciplina, de eifectn disciplinae, de con-
tinentia, de iastitia, . . de variis consiliis. Diese Eintheilung nach Moral-
begriffen hat sehr wenig Aehnlichkeit mit der Weise des Frontinus, stimmt
aber um so auffallender mit der des Valerius Mazimus überein, wel-
chem ein sehr grosser Theil der exempla dieses Buches entnommen ist;
sahireiche andere sind Wiederholungen aus den drei ersten Büchern, theils
freiere, theils genauere, zu welchen Frontin selbst keinen Anlass haben
konnte. Der Interpolator hat dann auch das Vorwort zu B. I durch eine
vorbereitende Hinweisung auf dieses vierte Buch erweitert, welche gleich
bezeichnend beginnt: si qui erunt quibus volumina haec cordi siut, memi-
nerint etc. Dieses Buch und die andern Interpolationen finden sich bereits
in der ältesten vorhandenen Handschrift, dem Gothanus saec. IX, und die
Erweiterung wird überhaupt nicht später als ins 4— 6te Jahrh. fallen, die
Zeit des Julius Paris, Exuperantius , Vibius Sequester u. dgl. C. Wachs-
muth, Rhein. Mus. XV. S. 574-583. Der heutige Text ruht noch immer
auf dem Apparat Oudendorps. Ausgaben der Strateg. : Rom. 1487. 4. Mit
Vegetius u. a, Colon. 1580. Cum notis Stewechii ed. Fr. Modius, Lugd. B.
1607. 4. In Scriverii scriptores rei militaris, Lugd. B. 1644. Emend. illustr.
Sam. Tennulius, Lugd. B. 1675. Hauptausgabe von F. Oudendorp, Lugd.
B. 1731. 1779. Ed. N. Schwebel, Lips. 1772. Ueber eine Capitelver\virrung
in B. II Fr. Haase, Rhein. Mus. III (1845) p. 312—319. G. Masson, notices
et extraits des manuscripts . . au BritiBh Museum, I les strat. de Fr.,
Revue arch^ol. 1869. I. p. 447—451. 1870. L p. 19—21.
6. Durch eine einzige Handschrift von Monte Cassino (saec. XI? vgl.
Bücheier p. VII— XIII. Sauppe Götti. G. A. 1859, S. 993), von welcher alle
übrigen nur Abschriften sind, ist erhalten das Schriftchen de aquis urbis
Bomae (Heinrich und Bücheier; Cassin. : de aquaeductu u. R. ; Sauppe: de cura
aquarnm u. R. oder de officio aqq.), in allem Wesentlichen verfasst J. 97,
herausgegeben nach dem Tode des Nerva (divus Nerva, 87. 118), unter Trojan
(93 extr.: uovum auotorem Imperatorem Caesarem Nervam Traianum Augustum
praescribeute titulo), etwa 98 n. Chr. Wie bei den Strat. gibt ein Vorwort
Rechenschaft über Zweck und Plan. Cum . . me seu naturalis sollicitudo
seu fides sedula non ad diligentiam modo verum ad amorem qnoque com-
missae rei instigent, sitque nunc mihi ab Nerva Augusto . . aquarum in-
iunctum officium, . . primum ac potissimum existimo, sicut in ceteris nego-
tܣ institueram, nosse quod suscepi. (2.) . . quapropter ea quae ad uni-
versam rem pertinentia contrahere potui more iam per multa mihi offida
servato in ordinem et velut in corpus diducta in hunc commentarium con-
toli. . . in aliis autem libris, quos post experimenta et usum composui
(vgL A. 3 — 5), succedentium res acta est; huius commentarii fortassis per-
tinebit et ad successorem utilitas, sed cum inter initia administrationis
meae scriptus sit inprimis ad meam institutionem regulamque proficiet.
Folgt dann die Angabe der Disposition. Mit patriotischem Stolze ruft Fr.
c. 16 aus: tot aquarum tam multis necessariis molibus pyramidas videlicet
otiosas compares aut inertia, sed fama celebrata opera Graecorum? Buch II
beginnt mit c. 64. Editio princeps zwischen 1484 und 1492. Juntina von
locundus, 1513. Oft mit Vitruvius zusammen herausgegeben; abgesondert
hauptsächlich von J. Polenus, Patav. 1722. 4. Dessen notae auch in der
42*
0 T~
ÜGO Die KaiBerzeit. Erstes Jahrhundert.
Ausg. von G. C. Adler, Altona 1792. Rec, illustr. etgermauice redd. (mit
den Anm. von Heinrich und Schultz) A. Dederich, Wesel 1841. XXXV und
318 pp. Rec. Fr. Bücheier, Lips. (Teubner) 1868. XIV und 54 pp. Vgl.
H. Sauppe, Götti. G. A. 1859, S. 990—997.
7. Gesammtausgabe von R. Keuchen (Amstelod. 1661). Texte ed,
Bipont. 1788 und von Dederich (Lips. 1855, Bibl. Teubner.).
8. Frontiui vita in der Ausg. des Polenus. A. Dcdericli, Bruchstucke
aus dem Leben des Sex. Julius Frontinus, Ztschr. f. d. Alt. Wiss. 1839,
Nr. 105-107. 134—136, S. 834-855. 1077—1094.
310, Der Zeit Doinitians gehört femer aii der juristische
Schriftsteller Aufidius Chius, während des luventius Celsus und
Neratius Priscus Wirksamkeit zu ihrem bedeutenderen Theile
erst unter Trajan und dessen Nachfolger fällt. Als Gramma-
tiker ist hauptsächlich Aemilius Asper bekannt , der kenntniss-
reiclie und besonnene Commentator des Terenz, Sallust und Ver-
gil; ausserdem Claranus und Martials Freund Apollinaris.
1. Martial. V, 61, 10: acrior (procurator) hoc Chius non erit Aufidius.
Pragm. Vat. 77: contra quam Atilicinuni respondisse Aufidius Chius referi
2. Ueber Neratius Priscus und luventius Celsus (den Sohn) s. unten
319, 1 u. 2.
3. Unter den berühmten Grammatikern nennt Ausonius praef. ad
Syagr. 20 (Aemilius, s. oben 283, 1) und Epist. XVIII, 26 (quem Claranus,
quem Scaurus et Asper, quem sibi couferret Varro) den Aemilius Asper;
vgl. Augustin. de util. cred. 17 (Asper, Comutus, Donatus). Er ist später
als Cornutus (oben 282 , 2) , da er gegen diesen polemisierte (Schol. Veron.
zu Aen. III, 691); und da er von Suetou de gramm. nicht mit behandelt
war, so ist er wohl auch später als der Berytier Probus (oben 283) und
war zur Zeit da Sueton schrieb noch am Leben. Uiegegen beweist nichts
das« der den Namen des Probus tragende Commentar wiederholt den Asper
nennt (p. 15, 24 K.: Aemilius Asper cum hunc locum adnotaret. p. 19, 9:
non, ut Asper putat); s. oben 283, 4. Ebenso wenig dass Schol. Veron. ad
Aen. IX, 373 (p. 101, 6 K.) und bei Serv. Aen. X, 539 Asper vor Probos
genannt ist, da nichts dort auf Befolgung der chronologischen Ordnung
hindeutet. Ungenau im Vatic. 1492 (saec. XV): Asper grammaticus civis
rom. tempore Antonini philosophi fuit. Aspers Commentar zu Terenz er-
wähnt Donat. zu Phorm. I, 2, 24. Ad. III, 2, 25. IV, 2, 20; vgl. Rufin. de
metr. Ter. p. 2705 P.; Aspri in Vergilium et Sallustium commentarios
Hieron. apol. c. Rufin. I, 16 (IV, 1. p. 367 Bened.). Der zu Sallust wird
von Charisius öfters berücksichtigt; s. bes. II. p. 216, 28 K.: Asper com-
mentario Sallustii historiarum 1. Vgl. oben 193, 7. Am bekanntesten ist der
zu Vergil; s. Ribbeck prolegg. p. 128—136. Nach den zahlreichen erhaltenen
Proben daraus war A. in der Textkritik conservativ, berücksichtigte bei der
Erklärung ebenso das Sachliche wie das Sprachliche, und zeigte dabei gntes
Urteil und Geschmack. Auch systematisch behandelte Asper die Ab-
weichungen Vergils vom gewölmlichen Sprachgebrauche in Formenlelire
\->*^
310 f. Grammatiker und Historiker imter Domitian. ßß]
wie Syntax. Die üeberreste dieser Qoäestiones Vergilianae oder gramma-
tica VergiJiana bei Keil, Probi comm. (Halle 1848) p. 109 — 115. Vgl.
p. XV— XVII und H. Hagen, Philologiw XXV. S. 363-357. Daraus viel-
leic}it auch sie (pexui vel pectui) Asper de verbo bei Priscian. (partit. II.
p. 489, 36 H. vgl. Inst. X. p. 536, 6. 499, 18 f. H.) , falls es nicht auf eine
allgemeine Grammatik (Ars) sich bezieht. Im Allgemeinen s. Suringar, bist.
Grit, schol. lat. p. 95—97. 124— U2. 255-258. Bergk, Ztschr. f. Alt. Wiss.
1845, S. 118 f. 125 f. 129 (der ihn für einen Aristarchecr halt). Gräfenhan,
Gesch. d. class. Philol. IV. S. 75—78. 285 f.
4. Martial. IV, 86: si vis aurifeus atticis probari, exhortor moneoquc
te, Hbelle, ut docto placeas Apollinari, da er ein feiner ästhetischer Kri-
tiker sei. Vgl. VII, 26 (meum . . facetae aures). 89, 2 (noster). X, 30.
XI, 15, 12. Wohl der Domitius Apollinaris an welchen Plin. Epist. (II, 9
und V, 6) gerichtet ist; ygl. ib. IX, 13, 13 (cos. design. für J. 97). C. I. gr. 4236.
5. Martial. X, 21, 1 f.: quae vix intellegat ipse Modestus (oben 246, 1)
et vix Claranus. Vgl. oben A. 3 und S. 430. Vielleicht auch bei Serv. Aen
XI, 316 (qnod otiam Clanarius ait) gemeint.
6. Martial. X, 70, 2: doctus Potitus. De Gadibus improbus magister
ib. I, 41, 12.
7. Aus dieser Zeit ist vielleicht Largius Licinus , der Verfasser eines
Buches Ciceromastix (oben 260, 3 g. E.), was auf eine Zeit hindeutet wo
Cicero Partei - Schiboleth geworden war. Er schrieb wohl nach Asinius
Qallus und jedenfalls ziemlich vor Gellius; s. 260, 3. Ein Larcius Licinus
bei Plin. Ep. H, 14, 9. III, 5, 17 u. sonst.
31 !• Geschichtliches verfasste zu Domitians Zeit in harm-
loser Weise lunius Maximus, oppositionell und dadurch ihr Leben
verwirkend Arulenus Rusticus und Herennius Senecio, Arulenus
zugleich Bekenner des Stoicismus. Auch ein Fronto wird als
Stoiker genannt, sowie Decianus aus Emerita, der aber diese
Richtung mit Vorsicht zu paaren wusste. Zur epikureischen
Lehre hielt Pollius Felix. Die gastronomischen Schriften eines
Priscus und eines Calvus scheinen gleichfalls dieser Zeit anzu-
gehören.
1. Statins Silv. IV. prooem.: Maximum lunium et dignitatis et elo-
quentiao nomine a nobis diligi satis eram testatus epistula quam ad illum
de editione Thebaidos moae publicavi; sed nunc quoquo eum reverti matu-
rius e Delmatia rogo (in Silv. IV, 7). Vgl. Silv. IV, 7, 45 ff. und 53 ff. :
tuas artes, . . omne quis mundi Senium remensus orsa Sallusti brcvis et
Timavi reddis alumnum. Also eine Weltgeschichte, somit stofflich weder
dem Sallost noch dem Livius ähnlich.
2. lunius Rusticus Arulenus, Volkstribun J. 66 (Tac. A. XVI, 26), Prätor
J. 69 (Tac. hist. 111,80), nach Suet. Dom. 10 von Domitian (J. 93) getödtct
quod Paeti Thraseae et Helvidi Prisci laudcs edidisset (lobende Biographie)
appellassetquo eos sanctissimos vires. Genauer Tac. Agr. 2 (oben 301, 5).
Dio LXVII, 13: tov 'Povatmov tov 'Jgovltivov dnintetvsv ort itpUoaotpti
652 ^^^ Eaiserzeit. Erstes Jahrhundert.
(vgl. oben 308, 3) xttl Sri top Bgitaiciv ttgov lovofMxtBj xal 'E^cvrioy Zbvb-
%itovcc OTft T£ ovSsfttttv ciQXfiv iv nollai ßitp [ist« tr^v rafutiav 'gttJKit %al
Ott tov Tlpiü%ov xov *EloviSiov xov ßiov avviyQaffjev, Plin. Ep. VII, 19, 5:
cum Senecio reus esset (durch Mettius Carus] quod de vita Helvidi libros
composuisset; und ib. 6: illos ipsos libros . . abolitos senatus consulio.
3. Martial. XIV, 106, 2: stoicus hoc (urceo) gelidam Fronte pet^bat
aquam. Ueber Palfurius Sura s. oben 308, 6. Andere Philosophen oben 301, 5.
4. Martial. I, 8: Thraseae et Catonis dogmata sie sequeris salvus ut
esse velis, pectore nee nudo strictos incurris in enses, . . Deciane. Vgl.
ib. 39 (cecropiae madidus latiaeque Minervae artibus etc.). 61, 10. II praef.
5. Chaeremon stoicus bei Martial. XI, 56, 1. Heliodorus stoicus in
dem Probus-Scholion zu Juv. I, 35.
6. Stat. Silv. II, 2, 112 f.: hie ubi siderias exercet Pollius (oben 306, 1)
artes, seu volvit monitua quos dat Gargettius auctor etc.
7. Flavius Archippus, philosophus, nach Domitian bonus vir et pro-
fessioni snae etiam moribus respondens, dagegen seutentia Veli Paulli
proconsulis . . crimine falsi damnatusin metallum; s. Plin. ad Trai. 58—60.
8. Martial IX, 77: quod Optimum sit disputat convivium facanda
Prisci pagina. XIV, 196: Calvus de aquae frigidae usu.
9. Martial. XII, 95: Musaei pathicissimos libellos (griechisch?), qui
certant Sybariticis libellis, . . lege etc.
8. Die Zeit de8 Nerva und Trajan, J. 96—117 n. Chr.
812. Was unter der verständigen Regierung Vespasians
gewachsen war, dann aber vor Domitian's Despotismus sich scheu
verkrochen und verleugnet hatte, das wagte unter Nerva's und
Trajans mildem Scepter sich an das Tageslicht. Wir finden
daher in dieser Zeit eine grosse Menge von Schriftstellern auf
allen Gebieten der Literatur. Die Recitationen sind noch in
Blüte, aber bereits im Rückgange begriflFen, in Folge der Unbe-
deutendheit der meisten Erzeugnisse, der Uebersättigung der
Hörer, und weil auch die praktische Beredtsamkeit jetzt wieder
grosseren Raum gewonnen hatte. Kein Wunder freilich dass die
Erinnerung an das Erlebte die meisten Schriftsteller mit Bitterkeit
und Zorn erfüllte, nicht blos einen Juvenal imd Tacitus sondern
sogar den zahmen Plinius. Persönlich hatte Nerva Interesse für
Poesie und Literatur, regierte aber zu kurz um es bethätigen
zu können. Trajan's (um 54 — 117 n. Chr.) Sinn war idealen
Gebieten weniger zugekehrt und förderte sie nur mittelbar. Die
alten Klagen über das Undankbare der Beschäftigung mit Kunst
und Poesie wiederholen sich daher auch jetzt mit gleicher Leb-
haftigkeit.
312. Nerva und Traianus. 663
1. M. Cocceius Nerva, Sohn und Enkel von Juristen (oben 265, 2.
, 3), Cos. I mit Vespasian J. 71 — 824, IL mit Doraitian J. 90 = 843,
iser vom 18 Sept. 96 (849) bis 27 Januar 98 (851); vgl. A. Haakh in
iiljr's Real-Enc. V. S. 692 f. Nerva, nostri temporis Tibullus, sagt Mar-
L VIII, 70 vgl. IX, 26. Plin. Ep. V, 3, 5 ; oben 270, 7. Erlass bei seinem
^erongeantritt Beilage zu Plin. ad Trai. 58.
2. M. UIpiuB Traianus aus Italica, geb. 18 Sept. 53 = 806 (Die-
ler S. 9 f. A.), Cos. 91 = 844, von Nerva adoptiert Ende Oct. 97, Cos.
38, Kaiser vom 27 Jan. 98 bis 7 oder 8 Aug. 117, wo er (in Kilikien)
rb. W. Teuffei in Pauly's Real-Enc. VI, 2. S. 2702-2711. C. Völker,
imp. . . Traiani vita, I. Elberfeld 1859. 4. J. Dierauer, Beiträge zu
er kritischen Geschichte Trajan's, in M. Büdinger's Untersuch, zur röra.
isergesch. I (1868) S. 1—186. C. Peter, Gesch. Roms III, 2. S. 144—168.
» LXVIII, 7: naii^f^ag dnQißovg, oarj iv Xoyoig^ ov (ibtsöxs' x6 ys filv
ov avtr^g %al -qnicxazo %al ItcoCu. Victor Epit. 13, 7 f.: magis sim-
dora ingenia aut eruditissimos, quamvis ipse parcae esset scientiac
ierateque eloquens, diligebat. Julian. Caess. p. 22 f.: ytainsg dvvdfisvog
Biv — vno (oid^vi/kiccg knixQinnv yuQ elcid'si tu noXXa zm Zovga (Lici-
3 Sura) ygatpeiv vnsQ ccvtov — (pd'syyonsvog fiaXXov ^ Xiyatv iitedt^-
ev ttvtoCg etc. Plin. paneg. 47: quem honorem dicendi magistris, quam
nationem sapientiae doctoribus habes! ut sub te spiritum et sanguincm
[>atriam receperunt studia! quae priorum temporum immanitas exiliis
iebat etc. . . at tu easdem artes in complexu, oculis, auribus habes.
estas enim quaecumque praecipiunt etc. Vgl. A. 8. Daher ist wahr-
einlich dass auf Trajan (nicht: Hadrian) sich bezieht Juv. 7, 1 ff.: et
B et ratio studiorum in Caesare tantum; solus enim tristes hac tempe-
e Camenas respexit etc. Vgl. W. TeuffePs Uebersetzung S. 233 f. Be-
ders begünstigte Trgyan den Rhetor Dio Chrysostomoa (Or. XLV, 2,
imp). Vgl. J. Burckhardt, im N. Schweiz. Mus. IV (1864) S. 97—122.
ichtung von Bibliotheken, bes. der Ulpia (Dio LXVIII, 16). Auf Denk-
rdigkeiten Trajans deutet Priscian. VI, 13. p. 205, 6 f. H. : Traianus in
aciconim: inde Berzobim . . processimus. Üeber eine Rede Trajans im
at am 1 Jan. 100 s. Plin. paneg. 67. Dagegen Fronto ad Ver. II, 1.
123 N. : Nerva (Trai.) facta sua in senatu verbis rogaticiis commendavit.
. oben aus Julian. Die Antworten Trajans auf die Anfragen des Plinius
unten 317, 6 u. 9) sind von schlichter Kürze und treffendem Ausdruck.
i8s des Tr. bei Plin. Ep. V, 13, 8.
3. Plin. Ep. V, 14, 6: tandem homines non ad pericula, ut prius,
am ad honores virtute perveniunt. Unter Domitian (bes. in seinen letz-
Jahren, cum profiteretur odium bonorum, Plin. paneg. 95) war suspecta
US, inertia in pretio (ib. VIII, 14, 7). Helvidius z. B. metu temporum
len ingens paresque virtutes secessu tegebat (ib. IX, 13, 2). Priorum
iporam servitus . . reducta libertas, ib. VIII, 14, 2 f. vgl. IX, 13, 4 (red-
b libertas). Liberius ideoque etiam libentius scribitur, ib. III, 18, 6.'
dia, quae prope extincta refoventur, ib. III, 18, 6. Vgl. A. 2 und ib.
I, 12, 1: htterarum senescentium reductor (Capito). V, 17, 6: faveo
solo, ne Bit sterile et effetum. Dagegen I, 10, 1: si quando urbs nostra
»raliboB studüs floroit, nunc maxime floret.
^04 I^i<5 Kaiserzeit. Erstes Jahrhundert.
4. PHn. Ep. I, 13, 1: magnum proveutum poetaruin annus hie (97)
attulit. toto mense aprih nullus fere dies quo non recitarct aliquis. iuvat
me quod vigent studia, , . tametsi ad audiendum pigre eoitur, was dann
näher ausgeführt wird. Vgl. ib. III, 18, 4: numquam aut valde vacat
Romae aut commodum est audire recitantem. VI, 17. Juv. 1, 1 IF. 7, 40 ff.
Tac. dial. 9. Plinius selber behandelte diese Vorträge mit grosser Wich-
tigkeit (ib. VII, 17, 13. VIII, 21, 4 ff.) und erstreckte sie auch auf gehal-
tene Reden (ib. VII, 17).
5. Zahlreiche Redner, s. unten 318, 1—5. Indessen vgl. Plin. Ep.
II, 14, 2 ff.: pauci (sunt) cum quibus iuvet dicere. ceteri audaces atque
etiam magna ex parte adulescentuli obscuri etc. (4.) sequuntur auditores
actoribus similes, conducti et redempti etc. VI, 2, 5 ff.: et qui dicunt egisse
malunt quam agere et qui audiunt finire quam iudicare. Tac. dial. 19:
apud iudices qui . . saepe ultro admonent (oratorem) atque alio transgrc-
dientem revocant et festinare se testantur.
6. Ueber die äussere Lage der Schriftsteller imd Gelehrten in Rom
8. Juveuals siebente Satire.
7. J. G. Hulleman, oratio de hterarum, praesertim latinarum, apud
Romanos studiis Nerva Traiano imperatore, Lugd. Bat. 1858. 46 pp.
H. Thiersch, Politik und Philosophie in ihrem Verhältniss zur Religion
unter Trajauus, Hadrianus und den beiden Antoninen, Marburg 1853.
313. Von den Dichtern der trajanischen Zeit ist der be-
deutendste D. Junius Juvenalis aus Aquinum (etwa J. 47—
130 n. Chr.), welcher bis dahin der Rhetorschule und dem Kriegs-
dienste sich gewidmet hatte, jetzt aber Satiren zu veröffentlichen
begann. Wir haben deren, in fünf Bücher abgetheilt, sechs-
zehn. Die letzten und spätesten sind greisenhaft. Die eigent-
lich charakteristischen behandeln die socialen Laster Roms in
beredter Ausmalung und oft grausiger Anschaulichkeit. Die
vorwiegend dunkle Grundfärbung, die immer pathetische, ge-
hobene und gedrungene Sprache und die Befolgung eines schul-
gerechten Planes bewirken eine gewisse Eintönigkeit. Die Nainen
sind theils typisch oder fingiert, theils der Vergangenheit ent^
nommen, besonders der Zeit des Nero und Domitian. Manches
bleibt unverständlich, trotz der auf uns gekommenen Scholien.
1. Für Eenntniss des Lebens von Juvenal bietet am meisten die von
ihm wahrscheinlich unter Domitian im Tempel der Ceres Helvina zu Aqui-
num gesetzte Weihinschrift (Mommsen I. R. N. 4312 = Orelli-Henzen 5599):
(Cere)ri sacrum (D. Iu)nius luvenalis, trib(unus) coh(orti8 I) Delmatarum,
Il(vir) quinq(uennali8) , flamen Divi Vespasiani, vovit dedica?(itq)ue sua
pec(unia). Von den verschiedenen Vitac (abgedruckt in O. Jahn'e Ausg.
von 1851 , p. 386—390) ist die älteste die von Valla dem Probus zugeschrie-
bene (I. bei Jahn), beginnend: lunius luvenaUs, libertini locupletis incer-
tum filius an alunmus, ad mediam fere aetatem declamavit, animi magis
,313. Juvenaliß. 665
caasa quam quod scholae se aut foro praepararct. Sat. 15, 27 (nuper
eonsule lunco) zeigt dass Jiiv. das Consulat des (Acmilius) lunciis vom
J. 127 = 880 am einige Zeit überlebt hat. üeber sein Lebensende berichtet
Viia I: octogenarius urbe summotus est, . . verum intra brevissimura
tempus angore ac taedio periit; II: revertitnr luvenalis Romam, qiü tan-
dem ad Nervae et Traiani principatum supcrvivens senio et taedio vitae
confectns . . spiritam cum tussi expiüt; III: tristitia et angore periit anno
aetatis euae altero et octuagesimo ; IV: decessit longo senio confectus exul
Antonino Pio impcratore. Jedenfalls kann er nicht früher als unter Hadrian
gestorben sein, da er in Sueton's viri illustres keine Aufnahme fand. Vgl.
auch A. 2.
2. Dass Juvcnalis verbannt wurde ist sicher; fraglich aber warum,
wann und wohin. Das Sicherste bietet Sidon. Apoll, carm. IX, 267 ff. : non
qui tempore Caesaris secundi aeterno incoluit Tomos reatu, nee qui con-
simili deinde casn ad vulgi teuuem strepentis auram irati fuit histrionis
exul. Die vitae bringen es mit Sat. 7, 90 (quod uon dant proceres dabit
histrio etc.) in Zusammenhang, welche Worte in ihrem Contexte keine
Beleidigning , kaum einen Tadel des histrio enthalten und daher Derartiges
erat durch die Art ihrer Verwendung bekommen haben können. Am glaub-
lichsten ist desshalb dass unter Trajan oder (wahrscheinlicher) Hadrian die
Verse im Theater vom Volke dem betr. histrio zugerufen wurden, wofür
dieser seinen Zorn an deren unschuldigem Dichter ausliess, da er am
Volke es nicht konnte. W. Teuffei, Uebersetzung S. 151 f. Jedenfalls
kann die Verbannung nicht (mit Malala und Suidas) unter Domitian gesetzt
werden, schon weil noch für dessen letzte Jahre Juvenals Anwesenheit in
Rom durch Martialis (VII, 24. 91. XII, 18) be^^ugt ist. Die Verbannung
erfolgte unter der Form einer militärischen Verschickung, wahrscheinlich
nach Britannien (vita des cod. Bonon.r Traianus . . fecit oum praefcctum
militum contra Scotos, qui bellum Romanis moverant, ibi ut luvenalis
interficeretur), wo die Cohorte bei welcher Juvenal früher Offizier gewesen
war (s. A. 1) in den Jahren 104, 106, 124 n. Chr. stand. Dass der Ver-
bannungsort Aegypten war schliessen die meisten vitae aus Sat. 15, 45,
welche Stelle nur beweist dass Juv. irgend einmal sich dort aufhielt.
3. J. V. Francke, examen criticum luv. vitae (Altona 1820), und Do
vita luv. quaestio altera (Dorpat 1827 fol.). C. A. Bauer, krit. Bemer-
kungen über einige Nachrichten aus d. Leben d. Juv., Regensburg 1833.
G. Pinzger in Jahn's Jahrb. XIV (1835) S. 261 ff. W. Teuffcl, ebd. XLIII
(1845) S. 103—116; Uebersetzung d. Juv. S. 148—153. B. Borghesi, intomo
^r etä di Giovenalc, Rom 1847 =* Oeuvres V. p. 49—76. C. Synnerberg,
de temporibus vitae carmiuumque luv. rite constituendis , Helsingfors 1866.
92 pp.
4. Die Eintheilung in 5 Bücher ist diejenige nach welcher bes. Pris-
cian zu citieren pflegt; s. M. Hertz's Ausg. II. p. 537 f. Die Ordnung der
einzelnen Stücke spheint die chronologische zu sein. Die Echtheit der
beiden letzten ist mit unzureichenden Gründen angefochten worden von
Heinrich und C. Kempf (Observationes in luv., Berlin 1843 , und De luv.
sat XV lavenali abiudicanda, Berlin 1853. 4.); s. W. Touffel und W. Hertz-
berg in ihrer Uebersetzung S. 153 f. 341 f. Gegen die bodenlose Kritik von
jB Die Kaiserzeit. Erstes Je^rhundert.
. Ribbeck, zuerst in seiner Textausgabo (Lips. 1859) and in der Sjmb.
Iiilol. Bonn. p. 1 — 30, dann zusammengofasst in der Schrift Der echte
^d der unechte Juvenal (Berlin 1865), s. W. Teuffei a. a. 0. 8. 154. 209.
146. 252. 250, und die Vindiciae iuvenalianae von B. Lapns (Bonn 1864)
Ond 0. Meinertz (Königsberg 1866), auch 0. Jahn's Ausgabe von 1868, p. 9 f.
Vita IV (eine der kürzesten und besten): in exilio ampliavit satiras et
pleraque mutavit. Wirklich führt Vieles auf die Annahme einer doppelten
Redaction durch den Dichter selbst; s. W. Teuffei im Rhein. Mus. XX^
S, 153 f. 473-479. XXI. S. 155—158. Was 0. Jahn dagegen bemerkt (ed.
von 1868, p. 10) wäre nur dann von Erheblichkeit wenn es sich in den
betr. Stellen (I, 73—80. III, 113—118. V, 92—100. VI, 178 ff. 589 ff. IX, 118ff.)i
um einfache Wiederholungen handeln würde und nicht vielmehr um zweier-
lei einander ausschliessende Darstellungen.
5. Juv. 1, 22 ff.: cum teuer uxorem ducat spado etc. . . difQcilc es
satiram non scriberc (30). (79 f.) si natura negat, facit indignatio versum
qualemcumque potest, quales ego vel Cluvienus. 150 ff.: dicas hie forsik:
an: unde . . illa priorum scribendi quodcumque animo flagrante tiber^
simplicitas, cuius non audeo dicere nomen? . . (170 f.) ezperiar quid cod
cedatur in illos quorum Flaminia tegitur cinis atque Latina. Nicht mehr
Lebende also vrill der Dichter zum Gegenstande seiner Satiren macheD;
und es werden von Lebenden auch nur Marius Priscus , Isaeus , Archigene«
und Galliens genannt, mit Ausnahme des Ersteren alle in verbindlicbcr
Weise, also ähnlich wie bei Martial (oben 304, 6} und Plinius (unten
317, 6). Die andern Namen gehören, soweit sie wirkliche Personen be-
zeichnen, der Vergangenheit an, vielfach einer sehr entfernten, wie der
des Cicero oder gar Lucilius. Es sind somit Schatten gegen welche der
Satiriker kämpft, aber solche die in der Gegenwart Abbilder genug hab(
Er bekämpft sie daher auch als gegenwärtige. Das rhetorische P«
lässt es aber nur sehr selten (wie II, 29 ff. IV, 37 ff. VIII, 212 ff.) zu
genaueren Zeitbestimmung kommen. Dieses Pathos sncht und hebt
dunkelsten Farben und lässt den Satiriker als das Gegentheil eines I(
listen , als schwarzsichtigen Pessimisten und Nihilisten erscheinen. U(
haupt haben den Juvenal die Gewöhnungen der Rhetorschule (I, 1^
auch zur Satire begleitet. Daher die Aufstellung fest abgegrenzter
men für die einzelnen Stücke und die nüchterne, geradlinige
führung des jedesmaligen Themas bald mit einförmigen Uebergänge|
absichtlich ohne Vermittlung der einzelnen Theile. Daher auch der
fort gehobene Ton, die künstüche Gedrängtheit der Sprache nebei
rischer UnersättUchkeit in Häufung der Wendungen und Beispiele,
sind die Verse mit Absicht markig und volltönend gebildet. W,
in der üebersetzung S. 155—167.
6. Unter den früheren Schriftstellern verräth Juvenal Bek<
besonders mit Horaz (z. B. 5, 107 = Hör. Ep. I, 1, 40) und
(z. B. 2, 100 = Aen. XII, 94; 3, 198 = Ae. II, 311; 5, 138 ff. =
XII, 475; 6, 133 f. = Ge. III, 282); am häufigsten aber berü]
mit seinem Freunde Martialis (z. B. 6, 184 => M. X, 68; 6J
M. VI, 23; 6, 492 ff. = M. II, 66).
7. Zu den Satiren des Juv. sind zwei Glassen von Sohl
313. Juvenaliß. 667
liefert. Die eine reicht in ihrem Kerne wohl bis ans Ende des vierten
Jahrh. zurück und enthält trotz grosser Verderbniss nicht wenige Spuren
alier echter Gelehrsamkeit. Sie finden sich in dem codex Pithoeanus (jetzt
in Montpellier, Nr. 125) saec. IX und dem Sangallensis (D 476) saec. XI
und Bind darnach herausgegeben von P. Pithoeus (J. 1585), A. W. Gramer
(J. 1823), verbessert von L. Schopen in Heinrich's Aus^. (1839) I. p. 156—
^-* (annotationes criticae dazu p. 325—440), am besten in 0. Jahn's Ausg.
^öa 1851, p. 171—385. Aus einer derselben Gattung zugehörigen, aber
'vollständigeren Hds. waren diejenigen welche Georg. Valla Venet. 1486
^ Scbolien des Probus veröffentlichte, welche aber kaum bis zu Sat. 8
'klebten. Die zweite Classe trägt, wie die zu Persius (oben 285, 6), den
^amen des Comutus (Cornuti expositio super toto libro luvenalis), findet
^<^H in jüngeren Hdss. (bes. Laurent. 52, 4. saec. XV), stammt wohl aus
^^^ karolingischen Zeit und ist ebenso wortreich als inhaltsleer; s. 0. Jahn*s
'^^^. des Pers. p. CXVI— CXXXI. Proben davon bei Schopen (unedierte
^^holien zu Juv. III, Bonn 1847. 4.), K. F. Hermann (Schediasma de scholio-
*^m ad luv. genere deteriore, Gotting. 1849. 4.) und Gigch (Apparatus
^•fiücus ad luv., Lugd. Bat. 1849; Tria capita ad luv. eiusque scholiastas
^pectantia, ib. 1860).
8. Ebenso zerfallen auch die Handschriften der Satiren selbst in
^^ez Glassen. Von der älteren ist nur der Budensis oder Pithoeanus (P bei
^ahn) saec. IX (s. A. 7) erhalten , und auch dieser von einer späteren Hand
^lach der zweiten Classe gründlich durchcorrigiert. Ganz verschollen ist
die gleichartige Hds. des Ge. Valla und von der St. Galler (A. 7) der Text
des Juvenal. Nur bis 5, 96 reicht eine Wiener Hdschr. saec. X, über
welche s. A. Göbel in den Sitzungsberichten der Wiener Akad. XXIX (1859)
8. 73 ff. Sehr zahlreich sind dagegen die Hdss. der zweiten, interpolierten
und stark verderbten Classe. Zwei derselben (Mediceus und Leidensis) saec.
XI haben die subscriptio : Legi ego Niceus Romae apud Servium magistrum
et emendavi. Die Grammatiker welche Stellen aus Juv. citieren folgen meist
den Lesarten dieser zweiten Classe. C. Fr. Hermann , de codicibus luvenalis
rede existimandis (Gotting. 1847. 4.) und Vindiciae luvenalianae (ib. 1854. 4.).
O. Jahn in seiner Ausg. von 1868, p. 5—9. Vergebliche Versuche die
Classe des Nicaeus als die bessere zu erweisen machte A. Häckermann, der
pitböanische Codex des Juv. I. Greifswald 1856. 4.; die Exegese C. F.
Hermanns und die Kritik des Juv., Greifsw. 1857; der pith. Codex des Juv.,
Philologus XIL S. 658—695. XVI. S. 412—449. XVII. S. 481—491; com-
mentatio in luv. satiras, Greifswald 1867. 4.
9. Aufzählung der Ausgaben des Juv. bei Ruperti I. p. CLXIV —
CCLIII. Besonders erwähnenswerth sind: Ed. princeps, Venet. 1470 u. Rom.
um 1470 (fol.). Cum comment. D. Calderini (Venet. 1475. 4. 1495. fol.),
G. Vallae (Venet. 1486. fol.), Cald., Vallae, Mancinelli (Venet. 1492. fol.),
nebst Merulae (Venet 1498. fol.). Aid. (1501. 8.). Cum comm. Britannici
(Brix. 1501. fol. u. ö.). Cum notis Pulmanni et Hadr. Junii (Antv. 1565. 8.),
Fr. Pithoei (Lutet. 1585. 8.); Schol. Britann., Pith., Gurion. Pulmann.
(Lutet. 1602. 4.). Cura N. Rigaltii (Lutet. 1613. 4. 1616. 12.). Ed. Gran-
gaeoB (Paris 1614. 4.). Cum scholl, et comm. ed. H. C. Henninins (mit
Persius, Ultraiect 1685. 4. Lugd. Bat. 1695. 4.). Cum perp. comm. ed.
(^8 I^ic Kaiscrzeit. Erstes Jahrhundert.
G. A. Buperti (2 Voll., Lips. 1801; Auszug davon, Gotting. 1803. 1819)
Ed. N. L. Achaintre (Paris 18L0. 2 Voll.), N. E. Lemaire (Paris 1823. 2 Voll)
Reo. et ann. E. W. Weber (Weimar 1825. 8.). In J. C. Orelli Ecloga^=
poett. lat. (Sat. 4. 8. 10. 15.), W. E. Webers Corpus poett latt p. 113
—1173. Ex emend. et c. comm. C. F. Heinrichii; acc. scholia vetera (Boni — :
1839. 2 Voll.). Cbm schoms veteribus recensuit et emendavit 0. .lahifc^
Berol. 1851.
Texte von A. Häckermann (Lips. 1851), C. F. Hermann (Lips. Teub -
ner 1854), 0. Ribbeck (s. A. 4), 0. Jahn (Berol. 1868).
Juv. satt, delectus, cum uotis ed. C. Schmidt, Bielefeld 1835. Sai^-
tres (3, 4, 5) ed. C. L. Roth, Nürnberg 1841.
10. Uebersetzungon von 0. v. E&ugyviiz (Leipzig 1818), J. J. C. DonnÄ--»
(Tübi. 1821), W. E. Weber (Halle 1838), Hausmann (mit lat. Text, Leir» -
zig 1839), A. Häckermann (Bd. I, Sat. 1—5, Greifswald 1847), E. C. J. ^r-.
Siebold (mit lat. Text und Erläuterungen, Leipzig 1858), AI. Berg (Stutt-
gart, Hoffmann 1862 f. 3 Bdchn.), W. Hertzberg und W. TeufFel (mit Ein-
leitungen und Anmerkungen, Stuttgart, Metzler 1864—1867, 3 Bdchn.).
11. lieber Juvenal s. Manso in den Nachträgen zu Sulzer VL S. 204
— 342. Nisard, etudes . . sur les poöteslatins de la decadence (Paris 1824)
I. p. 241 ff. U. p. 101—174. W. Teutfel in Pauly's Real-Enc. IV (1845?.
S. 535—539. Völker, Juvenal; ein Lebens- und Charakterbild, Elberfeld
1851. C. F. Hermann vor seiner Ausg. (1854) p. IH— XVIII. Munding,
üb. d. Sat. d. J. in religiöser und sittlicher Beziehung, Rottweil 1865. 4.
A. Widal, Juvdnal et ses satires; dtudes littdrairos et morales, Paris 1869.
12. Beiträge zur Textkritik und Erklärung von J. R. Heinecke (Animad-
versiones, Halle 1804), G. Pinzger (de versibus spuriis et male snspeÄ
Breslau 1827. 4.), J. N. Madvig (de locis aliquot luv. interpretandis, Opusc.
acad. I. p. 29—63. II. p. 167—205), Com. Muller (de locis aliquot etc. Ham
bürg 1830. 4.), C. F. Hermann (spicileg. annotationum ad sat III, 4. Mar
bürg 1839. 4. De sat. VII temporibus, Gotting 1843. 4.), C. Kempf (Obser-
vationes in luv. aliquot locos interpretandos , Berol. 1843), G. G. Matthias
(Obscrvat. in sat. 1. Marburg 1844. 4.), N. Mohr (spicileg. annotatt ad I.
sat. 1 et 2, Dorpat 1845), A. L. Dollen (Beiträge zur Kr. u. Erkl., Kiew
1846), Bogen (de locis al. luv. explicandis etc. Bonn 1849), A. Häckermann
(in Jahns Archiv XVI, XVII und der Berliner Zeitschr. f. Gymu. 1866),
A. Schmidt (de locis aliquot etc. Halle 1851), J. T. H. Wolters (comm. lit
in sat. L, Walddüren 1853), A. Göbel (luvenaliana, Conitz u. Berlin 1859.
4.), Borghesi (annotazioni, Oeuvres V. p. 509—536) u. A. (vgl. Anm. 4 u. 8).
G. Lehmann, autiquitates Rom. domesticae in luv. satt, iliustratae, I
Halle 1867.
314. Wie verbreitet noch in der Zeit des Trajan Gewandt-
heit in verschiedenen Formen der Poesie war beweist die an-
sehnliche Zahl solcher Männer von denen wir, vorzugsweise
durch den jüngeren Plinius, wissen dass sie Verse gemacht und
veröffentlicht haben. So Octavius Rufus, der einflussreiche Titi-
nius Capito, femer der Nachahmer des Propertius und Horaz, Pas-
^
313 f. Juvenal uiid dichtende Zeitgenossen. QQQ
3eiir:M.^jis Paulus, auf dem Gebiete des Epos Caninius, in melischen
Masj^^n Sentius Augurinus, weiter Vergilius Romanus, der Ver-
fasse :»r von Komödien und Mimiamben, und andere. Grössere
ProVi^^n besitzen wir nur von den Gedichten des Rhetors P. An-
niuä. Florus aus Afriea.
a. Pliu. Ep. I, 7 (Octavio Rufo), 5: tu me tuis (versibus) agere nou
pate^-Ss, quorum tanta cupiditate ardeo ut etc. II, 10 (Octavio), 1: hominem
tc . . crudelem qui tarn insigues libros tarn diu teneas! . . (3.) enotueruut
qai(i.^in tui versus etc. Vielleicht der Rufus über welchen ib. IX, 38:
legi librum (desselben) omnibus numeris absolutum.
^. Cn. Octavius Titinius Capito, . . proc(urator) (Domitians) ab epi-
stuli^ et a patrimonio, iterum ab epistulis divi Nervae, . . ab epistul(is)
tertio imp(eratoris) Nervae Caesar(i8) Traiani Aug(u8ti) Ger(manici), Orelli
801« Clarissirai cuiusque vitam egregiis carminibus (Epigramme V) exornat,
Plia. Ep. I, 17, 3 vgl. VIII. 12, 4 f.: scribit exitus inlustrium virorum . .
qua^i funebribus laudationibus. V, 8, 1: suades ut historiam scribam.
3. Caninius (Rufus) bellum dacicum scribere parat, und zwar im
heroischen Masse der Griechen, Plin. Ep. VIII, 4, 1. 3 ff. vgl. IX, 33, 1. 11.
h ^ (Caninio Rufo), 1 (quid agit Comum, tuae meaeque deliciae?) u. 3 ff.
4. Pliu. Ep. VI, 15, 1: Passennus Paulus, splendidus eq. rom. et
^ ^ primis eruditus, scribit elegos. gentilicium hoc illi: est enim municeps
^^perti atque etiam inter maiores suos Propertium numerat. IX , 22 :
^ magna me sollicitudine affecit Passenni Pauli valetudo. . . si elegos eius
^,x '" ttianus sumpseris leges opus tersum, moUe, iucundum et plane in Pro-
l*€rti domo scriptum, nuper ad lyrica deflexit, in quibus ita Horatium
^t in illis illum alterum effingit. . . magna varietas, magna mobilitas.
^Jnat . . , dolet . . , laudat . . , ludit etc.
5. Plin. Ep. V, 17, 1 f.: nuntio tibi fuisse me hodie in auditorio Cal-
Purni Pisonis (Cos. 111?). recitabat nataatBQtafidiv eruditam sane . . materiam.
Scripta elegis erat fluentibus et teueris et enodibus, subUmibus etiam etc.
6. Plin. Ep. IV, 27: audivi recitautem Sentium (Borghesi: Serium)
Aagurinum cum . . admiratione. poematia appellai multa tenuiter, multa
sublimiter, multa venuste , multa . . cum bile. Folgt eine Probe in Uende-
kasyllaben in der Weise des Catull , Calvus und Plinius (unten 317, 4). Vgl.
ib. IX, 8: omnia scripta tua pulcherrima, maxime tamen illa de nobis.
7. Plin. Ep. VI, 21, 2: nuper audivi Vergilium Romanum paucis
legentem comoediam ad exemplar veteris comoediae scriptam. (4.) scripsit
mimiambos, . . scripsit comoedias Menandrum aliosque aetatis eiusdem
aemalatus. . . nunc primum se in vetere comoedia . . ostendit. non illi
vis, . . non amaritudo, . . non lepos defuit. ornavit virtutes, insectatus
est vitia, fictis nominibus decenter, veris usus est apte. circa me . . be-
nig^itate nimia modum excessit etc.
8. M. Pomponius M. f. Bassulus auf der Inschrift aus Aeclanum
bei Mommsen I. R. N. 1137 = Henzen 5605 = Bachelor, Gieifswalder
Katalog 1870, p. 12: ne more pecoris otio transfungerer, Menandri paucas
670 I^ie Eaiserzeit. Erstes Jahrhundert.
vorti scitas fabulas, et ipsus etiam sedulo finxi novas. id quäle quälest
chartis mandatum diu. Die Correctheit der Verse uud die personlicheu
Verhältnisse des Verf. machen die Zutheilung in die zweite Hälfte des
ersten Jahrh. (Mommsen im Hermes HI. S. 465—467) oder die Zeit Trajans
(Bücheier) wahrschemlich.
9. Im Allgemeinen als Dichter werden genannt Silius Proculus (Plin.
Ep. ni, 15), Cluviemis (Juv. 1, 80); als Schriftsteller überhaupt lulius Avi-
tus (quantum legit, quantum scripsit! Plin. Ep. V, 21, 5), Geminus (ib.
IX, 11, 1), Atrius oder Satrius (ib. TX, 35), Nonius Maximua (ib. IV, 20
vgl. V, 5).
10. Ueber Annius Florus s. unten 318, 7.
316, Unter den Prosaikern der trajanischen Zeit nimmt
die erste Stelle ein Cornelius Tacitus (um J. 54— 119 n. Chr.),
Cos. 97 n. Chr. Auch bei ilun, wie bei Juvenal, fielen die besten
Lebensjahre unter die Regierung des Domitian^ wo das Grauen
und die Entrüstung, ohne Entladung nach aussen ins Inuerete
zurückgedrängt, die ganze Denkweise verbitterten. Seine Sym-
pathien gehören der aristokratischen Republik, aber sein Ver-
stand überzeugt ihn von der Nothwendigkeit der Monarchie.
Auch hat er die Abneigung des Aristokraten und des Doctrinärs
gegen alles laute Wesen, jedes schroflFe Handeln und theilt die
herrschende Stimmung der Resignation, die er auch theoretisch
zu rechtfertigen bemüht ist. Als Geschichtschreiber sucht Ta-
citus vor Allem das Thatsächliche zu ermitteln. Er folgt den
besten Quellen, aber häufig ohne sie zu nennen, und sichtet sie
mit strengem Urteil. Das Ergebniss seiner gewissenhaften Prü-
fung spricht er unverhohlen aus, seine eigene Ansicht meist nur
durch die Färbung seiner Ausdrücke verrathend. Seine Behand-
lung des Stoffes ist eine pragmatische: er sucht mit Eifer nach
den Ursachen des Geschehenen imd findet sie theils in den Ver-
hältnissen, theils in den Menschen. Jene erkennt er bald
als fatalistisch nothwendige, bald als zufällige. Besonders an-
ziehend ist es ihm die psychologischen Zusammenhänge der
Thatsachen zu ermitteln, und hierin, in der Charakterzeichnung
und psychologischen Analyse, entwickelt Tacitus eine Meister-
schaft ohne Gleichen. Der Grundton seiner Darstellung ist
entsprechend dem Gegenstande, ernst, wehmütig, bitter. Der
Geschichtschreiber hütet sich vor Allem was seine würdevolle
Haltung beeinträchtigen könnte, offener Rhetorik wie leiden-
schaftlichen Ergüssen; wohl aber weiss er sie zu erhohen durch
künstlerische Sorgfalt und Berechnung und durch eine ganz
.ä
315. Tacitus. Leben und Charakter. 671
eigenthümliche Sprache. Eine Zeit laug schwankend zwischen
Mustern der. classischen Zeit entscheidet sich diese schliesslich
für die poetisch gefärbte und pointierte Schreibweise der Gegen-
^wart, doch so dass sie mit ihrer epigrammatischen Prägnanz,
Neuheit und Kühnheit die Eigenschaften der silbernen Latini-
tüt noch steigert und durch ihre Schwierigkeiten den Leser zum
Verweilen und Nachdenken nöthigt.
1. Vorname Publius? Im Med. I ist die Ueberschrift P. Comelii
Taciti von moderner Hand; die Subscriptiouen haben P. Corneli, und auch
diese theilweise von späterer Hand. W. Studemund, Eos H. S. 224 f. vgl.
L. Urlichs, ebds. H. S. 227, I. S. 246. Der z. B. im cod. Farnesianus (C.
Cornelii Taciti . . über primus u. s. w. incipit) und angeblich in Hdss. bei
Sidon. Apoll. Ep. IV, 14 in. (C. oder Caius Tacitus . . ülpianorum tempo-
rum consularis) und 22 (cum Cornelius C. Secundo paria suasisset) sich
findende Vorname C. ist entweder vielmehr Abkürzung von Cornelius oder
(wie iu andern Fällen, s. oben 82, 1) aus dem Anfangsbuchstaben des
Hauptnamens entstanden. Sonst wird bei den alten Schriftstellern die den
Tac. erwähnen (z. B. dem jiingern Plinius, Flav. Vopisc. Aurelian. 2, 1 ;
Orofl. VII, 10. 19; Sidon. Apoll, carm. XXIII, 154) ein Vorname desselben
niemals angegeben. Ebenso heisst er in den Subscriptionen des Mediceus
II einfach Cornelius Tacitus.
2. Geburtsort. Flavius Vopiscus (Tac. 10, 3) erzählt von dem
Kaiser Tacitus (J. 275—276 n. Chr.); Corneliura Tacitum, scriptorem histo-
riae augustae, quod parentem suum eundem diceret, in omnibus byblio-
thecis conlocari iussit, et ne lectorum incuria deperiret librum per annos
singulos decies scribi publicitus in cunctis archivis iussit et in bybliothecis
poni. Da nun dieser Kaiser aus Interamma gebürtig war und dort, wie
sein Bruder Florianus, eine Statue mit Kenotapli hatte (Vopisc. Florian.
2, 1 =« Tac. 15, 1), so versetzte man bereitwillig dorthin auch den Histo-
riker, und die Stadt (jetzt Terni) errichtete diesem im J. 1514 eine Bild-
säule (Angeloni, storia di Terni p. 42 ff.). Aber auch wenn der verwandt-
schaftliche Zusammenhang zwischen dem Historiker und dem Kaiser Tac.
richtig wäre, würde daraus noch keineswegs Gleichheit des Geburtsortes
folgen; und die Bezeichnung des Sejanus als municipalis adulter (A. IV, 3)
macht unwahrscheinlich dass der Historiker selbst aus einem Municipium
stammte. Vielmehr wird hienach als sein Geburtsort Rom anzunehmen
sein.
8. Plin. n. h. VH, 17, 76 nach der Erwähnung eines Falls von unnatür-
lich früher Körperentwicklung imd ebenso frühzeitigem Tode: ipsi non
pridem vidimus eadem ferme omnia . . in filio Corneli Taciti ec^uitis romani,
Belgicae Galliae rationes procurantis. Dieser ist wahrscheinlich der Vater
unseres Geschichtschreibers; wenigstens stimmt die Zeit genau. Jeden-
falls stammte Tac. aus einem angesehenen und wohlhabenden Hause, wie
sein Bildungsgang und seine politische Laufbahn zeigen.
4. Das Geburtsjahr des Tacitus lässt sich nur durch Combination
verschiedener Thateachen mit einiger Wahrscheinlichkeit ermitteln. Wenn
G72 I)ie Kaiserzeit. Erstes Jahrhundert.
er Dial. 1 das in's Jahr 75 oder 76 (s. outen 316, 1, 2) gesetzte Gespnkh
iuvenis admodum mitangehört haben will, so würde diess ungefähr auf
das 18te bis 208te Lebensjahr (somit Geburt um's Jahr 56 — 59) fuhren, da
Tacitus selbst (Agr. 7) den 18 — 19jö,hrigen Domitian gleichfalls als iuvenis
admodum bezeichnet. Doch gebrauchen andere Schriftsteller denselben
Ausdruck auch von 21--23jährigen Personen. Agr. 9: consul (J. 77 = 830)
egregiae tum spei üliam iuveni mihi despondit ac post consulatum (also
J. 78) coUocavit et statim Britanniae praepositus est. Kinder scheint Ta-
citus aus dieser Ehe wenigstens zur Zeit des Todes von Agricola nicht
gehabt zu haben , da solche in dem Epilog des Agricola nicht wohl hätten
übergangen werden können.
5. Rednerische Bildung und Thätigkcit. Dial. 2: M. Aper et lolius
Secuudus (oben 297, 3 f), . . quos ego in iudiciis non utrosque modo
studiose audiebam sed domi quoque et in publice assectabar , mira studio-
rum cupiditate et quodam ardore iuvenili etc. Vielleicht war Quintiliaii
(oben 307, 4) auch des Tacitus Lehrer. Vgl. Plin. Ep. VII, 20, 4: equidem
adolescentulus, cum iam tu fama gloriaque (als Redner) floreres, te sequi,
tibi „longo, sed proximus, intervallo" et esse et haberi concupiscebom.
IV, 13, 11 an Tac: rogo ut ex copia studiosorum quae ad te ex admira-
tione ingcnii tui convenit circumspicias praeceptores quos sollicitare i)08-
simus. IX, 23, 2: numquam maiorem cepi voluptatem quam uuper ei ser
mone Corneli Taciti. narrabat sedisse se cum quodam circensibus proxi
mis. hunc post varios eruditosque sermones requisisse: „Italicus es an
provincialis?" se respondisse: „nosti me, et quidem ex studiis.** ad hoc
illum: „Tacitus es an Plinius?" Von philosophischen Systemen kennt Tac.
das epikureische und stoische; tief können aber seine Studien hierin nicht
gegangen sein; s. Agr. 4 (oben 40, 2). Reden; s. Plin. Ep. II, 1, G: lao-
datus est (Vergiuius Rufus) a consule Comelio Tacito; nam hie supremus
felicitati eins cumuius accessit, laudator eloquentissimus. Derselbe II,
11, 2: ego et Cornelius Tacitus, adesse provincialibus (von Africa) iusa
(J. 100); 11, 17: respondit Cornelius Tacitus eloquentissime et, quod exi-
mium oratiOni ei us inest, asfivcog, 11, 9: quod ego et Tacitus iniuncta ad-
vocatione diligenter et fortiter functi essemus.
6. Politische Laufbahn. Uist. I, 1: dignitatem nostram a Vespa-
siano (f 79 n. Chr.) incohatam, a Tito (Juni 79 bis Sept. 81) auctam, a
Domitiano (J. 81 — 96) longius provectam non abnuerim. Den Anfang
pflegte die Quästur zu machen, welche Tacitus sonach spätestens J. 79
bekleidete; und diese setzte ein Alter von mindestens 25 Jahren voraus,
was also auf J. 54 als (spätestes) Geburtsjahr führen würde. Daher be-
zieht Fr. Uaase die iucohata dignitas auf den XXviratus, L. ürlichs (de
Agr. p. 25. Festgruss S. 5 f ) auf den XVviratus. Die nächste Stufe nach
der Quästur war das Volkstribunat oder die Aedilität. Agricola hatte das
Volkstribunat bekleidet (Agr. 6) ; vielleicht dass aber aucta eher für die
Aedilität des Tacitus spricht. Dieses zweite Amt muss Tacitus spätestens
J. 81 inne gehabt haben. Unter Domitian verzögerte sich seine Beför-
derung (zur Prätur). A. XI, 11: is quoque (Domitianus) edidit lados sae-
culares (septimos Domitianus se XIV et L. Minucio Rufo coss., anno
DCCCXXXXI, Censorin. d. n. 17, 11; also J. 88 n. Chr. = 841 d. St),
315. Tacitus. Leben und Charakter. G73
Lisqae intentius affui eacerdotio quindecimvirali praeditofi ac tunc praetor.
— Von Agricola, welcher im August 93 starb, Agr. 45: nobis tarn lon-
^aie absentiae (von Born , wohl aus amtlichem Anlass, etwa als prätorischer
Le^onslegat in Germanien) condicione ante quadriennium amissus est.
Bald darauf jedoch muss Tacitus nach Bom zurückgekehrt sein, wegen
Agr. 45: mox (nach Agricola^s Tod) nostrae duxere Helvidium in carcerem
manus, nos Maurici Rusticique visus, nos innocenti sanguine Senecio per-
fudit. . . praecipua sub Domitiano raiseriarum pars erat videre et aspici.
Consulat unter Nerva, J. 97, s. A. 5. Hadrians Regierungsantritt (Aug.
117) scheint Tac. noch erlebt zu haben, aber zwischen 117 u. 120 gestorben
zu sein; wenigstens blieb die Absicht (A. lY, 24) auch die Geschichte der
augusteischen Zeit zu schreiben unausgeführt.
7. Seine eigene Ansicht über das Yerhältniss zur Vergangenheit
spricht wohl Tacitus aus durch den Mund des C. Cassius, A. XIV, 43:
saepenumero, P. C, in hoc ordiue interfui cum contra instituta et leges
maiorum nova senatus decreta postularentur, neque sum adversatus, non
quia dubitarem super Omnibus negotiis melius atque rectius olim provisum
et quae converterentur in deterius mutari, sed ne nimio amore antiqui
moris atudium meum extollere vidercr. simul quidquid hoc in nobis aucto-
ritatia est crebris contradictionibus destruendum nou existimabam, ut
maneret integrum si quando resp. consiliis eguisset. Kaum in Widerspruch
hiemit steht das A. III, 55 im eigenen Namen als Möglichkeit Ausgespro-
chene : nisi forte rebus cunctis inest quidam velut orbis . . nee omnia apud
priores meliora, sed nostra quoque aetas multa laudis et artium imitanda
posteris tulit. Vgl. H. 1, 3 in. Besonders bitter wird Tac. bei Missbrauch
der grossen Vergangenheit zur Motivierung kleinlicher Quälereien iu der
neuen Zeit, z. B. A. III, 66. IV, 19. Antiquus und priscus ist bei ihm
immer ein Lob (z. B. H. II, 5. 64. A. VI, 32). Bezeichnend ist auch die
Wärme der Aeusserung A. III, 60: magna eins diei species fuit, quo sena-
tus maiorum beueficia, sociorum pacta, regum etiam . . decreta ipsorum-
que numinum religiones introspexit, libero, ut quondam, quid firmaret
mutaretve. üeberhaupt ist des Tacitus Denkweise aristokratisch bis zum
Vorurteil; das adelige Blut an sich hat in seinen Augen hohen Werth;
s. A. IV, 3. VI, 27 in. XIV, 14. Ohnehin Sklaven und Barbaren gegen-
über theilt er alle Vorurteile des Römers (z. B. A. I, 76, II, 85. XI, 36;
auch Germ. 23. 33. Bist V, 2 ff. 13) imd zeigt nur selten (wie Agr. 80.
A. ir, 88. IV, 72) einen offenen Sinn für fremdes Unabhängigkeitsgefühl.
8. Von den drei möglichen Verfassungen (cunctas nationes et urbes
popalus aut primores aut singuli regunt, A. IV, 33) ist die republikanische
nach Tac. entschieden die freiheitlichere (A. VI, 42), aber im Interesser
des inneren Friedens (Dial. 36. Hist I,,l) und in Folge der Gesunkenheit
der Zeit (H. II, 37) sowie der Ungeheuern Ausdehnung des Reichs (H. II, 38)
zur Unmöglichkeit und die Monarchie zur Nothwendigkeit geworden
(U. I, 16). Dem gegenüber- muss der Einzelne sich resignieren, Dinge
und Menschen nehmen wie sie sind (z. B. bonos imperatores voto expetere,
qnalescumque tolerare, U. IV, 8 vgL 74) und durch die schwierigen Ver-
hältnisse mit Klugheit sich so hindurchzuwinden suchen dass er weder
seine Ehre offen schädigt noch auch sich ernstlichen Gefahren aussetzt.
Teuffei, röin. r.iloralurpre^chichte. 43
674 Die Kaiserzeit. Erstes Jahrhundert.
eiuen Mittelweg einschlägt inter abruptara contumaciam et deforme obse-
quium (A. IV, 20). Männer welchen diese gelungen war, gemässigte Libe-
rale welche dem Bestehenden „Rechimng trugen *\ ihrem Freisinn Zügel
anlegten (modum et temperamentum adhibere, Dial. 41. A. IV, 20), non
contumada atque inani iactatione libertatis famam fatumque provocabant
(Agr. 42), utilia honestis miscebant (Agr. 8), finden daher bei Tacitus
volle Anerkennung; so Man. Lepidus (A. IV, 20), L. Piso (A. VI, 10),
C. Cassius (A. XII, 12. XIV, 43), Agricola (Agr. 8. 42). Dagegen Männer
wie Helvidius Priscus (H. IV, 6) und Paetus Thrasea (A. XIV, 12) sind
nicht nach seinem Herzen; er setzt zwar niemals Solche herunter welche
fflr ihre Ueberzeugungen zu sterben wissen (vgl. A. IV, 3i f. XV, 57.
XVI, 16), aber es ist doch als fühlte er dass neben solchen Männern der
That die Männer der heimlichen Feder nicht gerade glänzend dastehen.
Im Ganzen handelte er unter Domitian nach dem Worte des erfahrenen
Seneca (£p. 14, 7): sapiens numquam potentium iras provocabit, immo
declinabit, non aliter quam in navigando procellam. (ib. 8:) sapiens noci*
turam potentiam vitat, hoc primum cavens ne vitare videatur. pars enim
securitatis et in hoc est non ex professo eam f ugere , quia quae quis fugit
damnat. Vgl. oben 271, 1 E.
9. Der Anblick wie der Despotismus mit fatalistischer Gewalt um sich
greüt und das Edelste, wenn es ihm in den Weg tritt, zermalmt wird,
während der welcher tausendmal den Tod verdient hätte spät oder nie
von der Rache ereilt wird, macht den Geschichtschreiber oft irre an der
göttlichen Gerechtigkeit; er sucht in der tiefen Nacht nach einer Götter-
hand die ihn ans Licht leite und findet keine. Was er sieht lässt ihn nnr
auf Gleichgültigkeit oder gar GroUen der Götter gegen die Menschheit
schliessen. H. I, 8: adprobatum est non esse curae deis securitatem nostrsm,
esse ultiouem. II, 38 : eadem illos deuni ira, eadem hominum rabies, eaedem
scelerum causae in discordiam egere. III, 72: propitiis, si per mores
nostros llceret, deis. A. IV, 1: deum ira in rem Bom. XVI, 33: aequi-
täte deum erga bona malaque documenta. XIV, 12: quae (prodigia) adeo
sine cura deum eveniebant ut multos post annos Nero imperium et scelera
continuaverit. Vgl. Hist. I, 86. IV, 26. Bei dieser Ansicht über die Pro-
digien thtit Tacitus auch selten ihrer Erwähnung. Nur in den Hist. (z. B.
I, 18. II, 50. III, 66. V, 13) und den letzten Büchern der Ann. (XII, 48. 64.
XIV, 32. XV, 7. 47) thut er es manchmal, vielleicht veranlasst durch die
Quelle der er dort folgte (der ältere Plinius? Nipperdej, Rhein. Mus.
XVII. S. 439 f.). Auch in dieser Inconsequenz zeigt sich dass Tac ein
philosophisches System nicht hat; am häufigsten trifft er jedoch in seiner
Weltanschauung mit der Ethik der Stoa zusammen.
10. Literatur über die politischen und religiösen Ansichten des Taci-
tus. Süvern S. 128 ff. C. Hoffmeister, Weltanschauung des Tac. S. 13 ff.
78 ff. C. Zell, Ferienschriften III. S. 67 — 129. Kirschbaum, quid Tac
senserit de rebus publicis, Jena 1856. F. Haase, praef. p. XXX— XLIX«
C. Nipperdey, Ausg. der Ann. S. XII— XVI. Stäudlin, über die Philosophie
und Denkart des Tac., in Conz' Beiträgen 1786. S. 144 ff. und inStandÜB*«
Geschichte des Skepticismus IL S. 297 ff. J. Kynaston, de impietate Tacito
falso obiectata, Oxford 1761. 4. J. C.Wolf, de divin a mundi moderatione
^
315. Tacitus. Leben und Charakter. 675
e mente Taciti, Fulda 1830. F. H. A. Haage, Tac. ab impietatis crimine
vindicatus, ad Hist. I, 3. Lüneburg 1840. 4. F. A. Scbarpff, Darstellung
der politischen und religiösen Ansichten des Tac, Rottweil 1843. 4. Kahlert,
Taciti sententiae de diis et deorum regimine, Breslau 1844, Neustadt 1847. 4.
Fabian , quid Tac. de numine divino iudicaverit, Bresl. 1852. J. Baumann,
in Jahn's Jahrbb. LXXIX. S. 257—281. J. G. Pfaff, die Ansichten des Tac.
Über das sittlich Gute, Marburg 1858.
11. Als Quellen nennt Tacitus die acta diurna (A. III, 3. XIII, 31.
XVI, 22), die acta senatus (A. Y, 4. XV, 74), Agrippinae commentarii
(A. IV, 53), G. Plinius (H. III, 28. A. I, 69), Corbulo (A. XV, 16), Vipstanus
Messala (H. III, 25. 28), Cluvius (A. XIII, 20. XIV, 2), Fabius Rusticus
(A. XIII, 20. XIV, 2. XV, 61), Sisenna (H. III, 51). In der Regel aber
spricht er nur im Allgemeinen von scriptores annalium (A. IV, 53), scripto-
res senatoresque eorundem temporum (A. II, 88), celeberrimi auctores
(H. III, 51), plurimi maximeque fidi auctores (A. IV, 10), temporum illorum
scriptores (A. XII, 67. XIII, 17), temporis eins auctores (A. V, 9 u. sonst),
scriptores temporum qui monumenta huius belli composuerunt (H. II, 101),
oder omnes, plerique, plurimi, multi, quidam, alii auctores tradunt. Auch
auf mündliche Quellen beruft er sich nicht selten (A. III, 16: audire me
memini ex senioribus; vgl. XI, 27. XV, 41. 73). Bei Differenzen unter
seinen Gewährsmännern entscheidet er sich entweder für das Bestbeglau-
bigte oder für das innerlich Wahrscheinlichere; z. B. A. IV, 11: haec vulgo
iactata, super id quod nullo auctore certo firmantur, prompte refntaveris
(als sachlich unwahrscheinlich; vgl. XIV, 2). Häufig suspendiert er sein
Urteil (H. II, 28. A. I, 81. V, 10. VI, 7. XIII, 20). anderswo aber stellt er
das Ergebniss seines eigenen Nachdenkens oder Forschens den Berichten
seiner Quellen gegenüber (H. II, 101: scriptores . . tradiderunt. nobis vi-
dentur. A. II, 37: invenio apud quosdam auctores, . . ego reor. Vgl. ib.
VI, 7). VgL im Allgemeinen Meierotto, de fontibus quoa Tac. . . videatur
secutns, Leipz. u. Berl. 1795. fol. H. Justus, de fide Taciti, Zittau 1827.
Bötticher lex. Tac. p. XIX — XXIII. R. E. Prutz, de fontibus quos in con-
scribendis rebus a Tiberio usque ad mortem Neronis gestis auctores secuti
videantur, Halle 1838. Nipperdey vor seiner Ausg. der Aunalen S. XVI—
XVm. L. Schiller in Mützell's Zeitschr. f. Gymn. VH. 1853. S. 280-291.
Friedlieb, über Josephus, Tacitus, Sueton und Dio als Quellen zur Eennt-
niss christlicher Zustände, in Th. Wiedemann's Ostreich. Vierteljahrsschrift
für kathol. Theologie I (1862). Reichau, de fontium delectu quem in Ti-
berii vita moribusque describendis Velleius, Tacitus, Suetonius, Dio habu-
eront, Königsberg 1865. Th. Mommsen, Com. Tac. und Cluvius Rufus,
Hermes IV. 8. 295—325.
12. Pragmatismus: ut non modo casus eventusque rerum, qui pler-
umqae fortuiti sunt, sed ratio causaeque noscantur (H. I, 4). Ueber das
Verhältniss aber worin der ZufaU zur menschlichen Freiheit und zur Noth-
wendigkeit des Fatums stehe äussert Tacitus widersprechende Ansichten;
s. Süvem S. 126-134. Hoffmeister, Weltanschauung S. 114 f. 117-121.
Nipperdey 8. XII -XIV. Vgl. z. B. A. HI, 18: mihi, quanto plura recen-
tium seu veterum revolvo, tanto magis ludibria rerum mortalium cuuctis
in negotiis obversantur. IV, 20: dubitare cogoi , fato et sorte nascendi . .
43*
676 l^iß Kaiserzeit, Erstes Jahrhundert.
au sit aliquid in nostris consiliis. V, 4 : fatali quodam motu . . seu prava
sollertia. VI, 22 : mihi haec ac talia audienti in incerto iudicium est fatone
res mortalium et necessitate immutabili an forte volvantur. Häufig stellt
daher Tacitus die natürliche und die transcendentale Erklärung mivermit-
telt neben einander (z. B. Varus fato et vi Arminii cecidit, A. I, 55 vgl.
Süvem S. 131, A. 2) oder den fatalistischen und den theistischen Ausdruck
(z. B. fatura et ira dei, H. IV, 26. Hoffmeister S. 109 f.). Ueberwiegend
aber entscheidet er sich für die immanenten Erklärungsgründe, und nur
wo er solche nicht klar erkennt denkt er an ein Einwirken des Fatums.
13. Der Despotismus bildet in seiner Umgebung eine Virtuosität der
psychologischen Beobachtung aus. Ausser Standes sich nach aussen aus-
zuleben, wühlt sich das Individuum um so tiefer in das eigene Innere ein;
und darauf angewiesen aus den Mienen des Despoten eigenes wie fremdes
Schicksal herauszulesen gewinnt es Uebimg in der Symptomatik des Seelen-
lebens und lernt es in den Irrgängen einer Menschenbruet sich zurecht-
zufinden. Diese Virtuosität besitzt Tacitus in ganz ungewöhnlichem Grade.
Es findet sich bei ihm eine Unzahl feiner psychologischer Bemerkungen;
z. B A. IV, 3: neque femina amissa pudicitia alia abuuerit. XIV, 4: facili
femiuarum credulitate ad gaudia. Agr. 42: proprium humani ingeni est
odisse quem laeseris. A. XIV, 62: graviore odio, quia malorum facinornm
ministri quasi exprobrantes aspiciuntur. XII, 67: haud iguarus summa
scelera iucipi cum periculo, .peragi cum praemio. IV, 18: beneficia eo
usque laeta sunt dum videntur exsolvi posse; ubi multum antevenere, pro
gratia odium redditur. V, 2: facetiis acerbis, quarum apud praepotentes
in longum memoria est. XIV, 14: ut est volgus cupiens voluptatum et
si eodem princeps trahat laetus. H. I, 56: quod in seditionibus acddit,
unde plures erant omnes fuere. II, 80: quaeritur tempus, locus, quodque
in re tali difficillimum est, prima vox. Besonders aber hat Tacitus seine
Stärke im Aufspüren der geheimsten Triebfedern des Handelns, im Ent-
larven der Heuchelei, in anatomisch genauem Beschreiben der Zustände
und Vorgänge der Seele, in feiner und treffender Charakteristik. Berühmt
ist namentlich seine Nachweisimg wie Tiberius ans einem ursprünglich
guten Regenten allmählich zu einem Scheusal geworden sei. Vgl. oben
259, 1. F. F. Baur, de Tac. Tiberii imagine, Tüb. 1856. 4. L. Freytag,
Tib. und Tac.^ Berlin 1870. Die Schwarzsichtigkeit des Tac. zeigt sich
jedoch auch hiebei, indem er selbst im ersten Stadium des Tiberius seine
unzweifelhaft guteii Handlungen nur als Heuchelei auffasst. Indessen hat
Tacitus für das Edle und Grosse sich einen offenen Sinn bewahrt. Ein ent-
schiedener Liebling von ihm ist Germanicus ; aber auch in niedrigeren Sphären
hebt er gern das Gute hervor (z. B. H. III, 23. IV, 50). Das gemütliche
Interesse überwiegt sogar über das historiographische und lässt den Tac.
oft versäumen den sachlichen Zusammenhang der Begebenheiten darzulegen.
Bis zur Parteilichkeit geht aber jenes Interesse nicht; seinem Vorsatze sine
ira et studio (A. I, 1) zu schildern ist er. Alles in Allem gerechnet, treu
geblieben. Vgl. auch Fechner , de Taciti historica arte iis conspicua qnae
de Germanico et Seiaiio memoriae prodita sunt, Bromberg 1867. 4.
14. Hist. II, 50: ut conquirere fabulosa et fictis oblectare legentium
animos procul gravitate coepti operis crediderim, ita volgatis traditisque
315. Tacitus. Lebeu uud Charakter. 077
demere fidom uon ausiin. Auch historische Excurse sind daher verhält-
niasmäßsig selten, finden sich aber z. B. H. 11, 3. 38. IV, 83 f. V, 2 ff.
A. III, 26 ff. (de principiis iuris). VI, U (praefecti urbis). 12 (libri sibyl-
lini). 16 (leges fenebres). 21 f. (Astrologie). Reden von dem Umfange
derer im Agr. kehren in den späteren Schriften gleichfalls nicht wieder;
kürzere z. B. H. I, 83 f. II, 76 f. IV, 42. 58. 64 f. 73 f. A. I, 42 f. 58 f.
U, 37 f. 71. III, 12. 50. IV, 34 f. 37 f. V, 6. VI, 8; in or. obHqua A. II, 14 f.
45 f. Darlegung der Beweggn'inde des Handelns in Rede und Gegenrede
z. B. A. II, 76 f. Urkunden (bes Briefe) A. III, 16. 63 f. IV, 39 f. Um den
Eindruck der Bedeutsamkeit nicht abzuschwächen unterlässt es Tac. auf
Kleines einzugehen; A. III, 65: exequi seutentias (Senatsabstimmungen)
baud institui nisi insignes per honestum aut notabili dedecore, quod prae-
cipuum munus annalium reor ne virtutes sileantnr utque pravis dictis fac-
tisque ex posteritate et infamia metus sit. Vgl. XIII, 31 (cum ex dignitate
populi rom. repertum sit res illustres annalibus, talia diumis urbis actis
mandare). Dagegen VI, 7 extr.: nobis pleraque digna cognitu obvonero,
quamquam ab aliis incelebrata. Vgl. A. IV, 53. Eist. IV, 83.
15. Leidenschaftlich wird Tacitus nie; diess wäre ein schwerer Ver-
stoss gegen die röinisch-aristokratisclie Grandezza und würde ebenso wenig
stimmen zu der Gedrücktheit der Zeit bi welcher er lebte und schrieb.
Sein Ton ist daher bei alier Gehobenheit doch zugleich gedämpft und lässt
sich weder durch Haas noch Abscheu oder Verachtung über die Linie des
Masses hinausdrängen. Auch theilt Tac. die Scheu der Rhetorik vor den
eigentlichen Au:^ drücken uud verschmäht weder rhetorische noch poetische
Blumen ; namentlich an Vergil finden sich viele Anklänge ; s. E. Wölfflin, Phi-
lologus XXVI. S. 130-132. A. Dräger, Syntax u. Stil des Tac. S. 104—106.
16. Die Haupteigenthümlichkeiten des Stils von Tacitus sind (nach
W. Bötticher) varietas, brevitas, poeticus color. Dass diese nicht von An-
fang an in gleichem Masse und gleicher Weise vorhanden sind , überhaupt
der Stil des Tac. erst in den Annalen die Höhe seiner Eigenthümlichkeit
erreicht hat, und dass er auch nach Stimmung und Gegenständen (z. B.
Erzählung oder Reden) mehrfach variiert, ist schon öfters bemerkt, im
Einzelnen aber nachgewiesen worden durch E. Wölfflin, Philologus XXV.
S. 92—128. 133 f. Sonstige Literatur über Stil und Sprache des Tacitus:
Lundblad (Lund 1789. 4.), J. G. Buhle (Braunschweig 1817), Günther im
Athenäum II, 2. S. 262 ff. J. E. Weruicke, de elocutione Taciti, Thom
1829. 4. 1830. 8. K. L. Roth, Tac. synonyma et per figuram ^» dta Svoiv
dicta, Nürnberg 1826. 4. und in den Excursen zu seiner Ausg. des Agricola.
N. Bach vor dem zweiten Bd. seiner Ausgabe. W. Bötticher lexicon Taci-
teum, Berlin 1830. L. Döderlein, vor seiner Ausg. II. 1847. p. XXII— LVIII.
Jungclaussen , de Tac. sermouis proprietate, Kiel 1848. 4. C. J. Grysar,
Andeutungen über die Eigenthümlichkeiten in der Darstellung und Lati-
nität des Tac, Zeitschr. f. Ostreich. Gymn. IV. 1863. S. i— 42. Nipperdey
vor seiner Ausg. der Ann. S. XX — XXIV. C. Göbel, de poetico Tacitei
stili colore, Berlin 1859. 39 pp. 8. P. Joachim, nonnuUa do elocutione Ta-
citi, I. Görlitz 1862. 4. A. Gerber, de particularum quadam in sermonc
Taciti proprietate, Kaschau 1863. 4.; und De particula au, Pesth 1865. 4.
U. Zernial, selecta quaedam capita ex genetivi usu Taciteo, Göttingen
678 I^ie Kaiserzeit. Erstes Jahrhundert.
1864. 96 pp. 8. und Nonnulla de elocutione T., Burg 1868. 4. F. Uüttemann,
de nsu subiunctivi relativ! et absolut! apud Tacitum, Munster 1864. Pb.
Spitta, de Tac. in componendis enuntiatis ratione, I. Göttingen 1866.
160 pp. 8. E. Wölfflin, ein verkannter Gräcismus bei Tac (tanquam und
quasi = tog)j Philologus XXIV. S. 115 — 123. M. Morgenroth, de condi-
cionalium seutentiarum apud Tac. formatione, Salzungen 1868. F. Gsensnj,
de infinitivo Tac. I. Breslau 1868. A. Greef , de praepositionum usu ap.
Tac. I. Gotting. 1869. A. A. Dräger, über Syntax und Stil des Tac., Leip-
zig 1868. Storch, Bemerkungen zur Grammatik des Tac, Memel 1868. 4.
17. Literatur über Tacitus im Allgemeinen. Meierotto de . . Tadti
moribuB, Berlin 1790. fol. Hegewisch, über den schriftstellerischen Cha-
rakter des Tac, in seinen historischen und liter. Aufsätzen (Kiel 1801)
S. 70 ff. J. S. Gestrich, diss. de vita et scriptis Taciti, Lund 1805. W. BOt-
ticher de vita, scriptis ac stilo Taciti, Berlin 1834. N. Bach, Com. Tac,
eine biographische Untersuchung, Allg. Schulztg. 1831. II. Nr. 105 — 109;
nebst den Nachträgen dazu Ebds. 1832. Nr. 129 f., auch vor seiner Aus-
gabe T. I. Conz, über die historische Kunst der Alten, im Museum für
classische Literatur (Zürich 1795), S. 151 ff. Ancillon, Mälanges (Paris 1809)
I. p. 239 ff. F. Roth , über Thukydides und Tacitus vergleichende Betrach-
tungen, München 1812. 4. = Sammlung etlicher Vorträge (Frankfurt 1851)
S. 1 ff. Süvem, über den Kunstcharakter des T., in den Abhh. der Berl.
Akad. 1822—23. (Berlin 1825) S. 73 — 136. K. Th. Welcker, Festreden
ü. 8. w. (Freiburg 1828) S. 68 ff. K. Hoffmeister, die Weltanschauung
des T., Essen 1831. Lerminier, £tudes d'histoire I. p. 188 ff. A. C. v. Heusde,
comm. de Hooftio et Tacito, Groningen 1838. 4. N. Liebert, de doctrina
Taciti, Würzburg 1868. W. Bötticher, Prolegomena vor seinem Lexicon
Taciteum (Berlin 1830) p. I— CII; Prophetische Stimmen aus Bom, oder
das Christliche im Tac. u. s. w., Berl. 1840. 3 Thle. B. v. Bosse, über und
wider T. den Geschichtschreiber, in Jahn's Jahrb. Suppl. XI. S. 462 — 467.
F. D. Gerlach, römische Geschichtschreiber (Stuttgart 1855) S. 197 — 207.
Th. Finck vor seiner Ausgabe der Germania (1857) S. 1-— 224. P. Dubois-
Guchan, Tacite et son si^cle, Paris 1862. 2 Bde. F. Savalete, £tude sur
Tacite, Paris 1864. Daunou in der Biographie universelle XLIV. p. 165 ff.
Naudet in Höfer's Nouvelle biographie g^n^rale XLIU. W. Teuffel in
Pauly's Real-Enc VI, 2. S. 1568—1578 und: Ueber Sallustius und Tacitus
(Tiibi. 1868. 4.) S. 22—47. Nipperdey (S. III— XXIV) und F. Haase vor
ihren Ausgaben.
316. Die erhaltenen Schriften des Tacitus sind iu der
Ordnung ihrer Abfassung folgende:
1. Dialogus de oratonbus, verfasst unter Titus oder zu
Anfang der Regierung des Domitian, ein Versuch den Zerfall
der Beredtsamkeit seit der Kaiserzeit zu erweisen und zu erklären,
eingekleidet in die Form eines Gespräches zwischen literarischen
Berühmtheiten der Zeit des Vespasian. Die geistreiche Schrift
zeigt dieselben sittlichen und politischen Grundanschauungen,
dieselbe Feinheit psychologischer Beobachtung und Charakter-
316. Tacitus. Schriften: dialogus. ()79
Zeichnung wie die späteren Arbeiten des Tacitus ; aber die Schärfe
ist noch nicht zur Bitterkeit geworden, sie lässt sogar noch
künstlerischer Heiterkeit Raum. In ihrer Stilisierung ist die
Schrift ein anziehendes Denkmal derjenigen Periode des Tacitus
wo er, frisch vom Studium der rhetorischen Schriften Cicero's
herkommend, deren Fülle und Rundung nachzubilden suchte.
Nichtsdestoweniger verräth sie in unzähligen Wendungen und
Constructionen unwillkürlich den Schriftsteller des ersten christ-
lichen Jahrhunderts und hat auch mit den nächstverfassten Schrif-
ten des Tacitus sehr viele Berührungspunkte. Uebrigens stammen
alle auf uns gekommenen Handschriften aus derselben Quelle, und
haben daher alle am Schlüsse von c. 35 dieselbe grössere Lücke.
1. Die einseitige Hervorhebung der Abweichungen der Schrift von
der späteren taciteischen Schreibweise, unter Verkennung ihrer Erklärunga-
^ünde und der fast nicht minder grossen üebereinstimmung (welche neuer-
dings besonders von Fr. Weinkauff im Einzelnen nachgewiesen worden
ist] hat seit J. Lipsius Viele veranlasst den dialogus dem Tacitus abzuspre-
chen imd an allen möglichen andern Verfassern herumzurathen, wie dem
jungern Plinius (Eckstein Prolegg. p. 46 ff. Fr. Hesse, de Plinio minore
dialogi de orr. auctore, Magdeburg 1831. 4. A. Wittich in Jahn's Archiv
1839. V. S. 259-292. J. J. Krammarczik, Heiligenstadt 1841. 4.), Sueton
(Eckstein p. 44 ff.) , Quintilian (Eckstein p. 52 fi'.). Und doch bezeugt —
worauf zuerst A. 6. Lange, Vermischte Schriften p. 5 — 7, aufmerksam ge-'
macht hat — Plinius selbst, und in einem Briefe an Tacitus selbst, den
taciteischen Urspnmg, da Ep. IX, 10, 2 (poSmata quiescunt, quae tu inter
nemora et lucos commodissime perQci putas; vgl. ib. 1,6, 2 f.) unverkenn-
bar auf dial. 9. 12 hindeutet. In der ganzen Zeit ist Niemand dem wir das
Talent und den Charakter zutrauen dürften dass wir ihn für den Verfasser
des dialogus halten könnten. Wohl aber hat dieser in allem was über der
ciceronisierenden Oberfläche hinausliegt die grösste Aehnlichkeit mit den
übrigen taciteischen Schriften. Daher stimmen heutzutage so ziemlich alle
Forscher für den taciteischen Ursprung der Schrift. Literatur über die
Frage. A. G. Lange, in den acta semin. Lips. I. p. 77 ff. = Vermischte
Schriften p. 3—14 = vor Dronke's Ausgabe p. XVI ff. H. Gutniann, diss.
qua Tacitum dialogi de or. scriptorem non esse demonstratur, in Orelli's
Ausgabe p. 101 ff.; in seiner üebersetzung (Stuttgart 1830) S. 145 ft., und
in Jahn's Archiv XV. S. 139—156 (über A. Düpre's Beweis dass der Dialog
etc. von Tacitus geschrieben sei). F. A. Eckstein , Prolegg. p. 62 ft'. H. C.
A. Eichstädt, de dialogo qui inscribitur de orr., Jena 1839. 4. W. Teufi'el,
in Jahn's Jahrbb. LXXVII. S. 285 f. und vor seiner Uebers. d. klein. Schrr.
(Stuttgart 1858) S. 18—21. Fr. Weinkauft*, de Tacito dialogi de or. auctore,
Cöln 1857 und 1859. 4. J. G. Ek, der gegenwärtige Stand der Frage nach
dem Verfasser des dialogus, in der dänischen Zeitschrift für Philologie,
Juli 1859, S. 1—11 (Philologus XV. S. 191 f.). H. Sauppe, im Phüologus
XIX. S. 266-263 nebst J. Classen in der Zeitschrift Eos I. (1864) S. 1 ff.
J. W. Steiner, über den dial. de or. des Tacitus, Kreuznach 1863. 36 S. 4.
ggO Die Kaiserzeit. Erstes Jahrhundert.
2. Die Zeit des Gespräches (zwischen Curiatius Matemns, M. Aper,
Julius Secundus und Vipstanus Messala) wird c. 17 in sextam iam (J. 75
= 828; L. Ürlichs im Festgmss der Würzburger philoL Ges., Würzburg
1868, S. 1 — 16: VII*'", also J. 76) felicis huius principatus stationem qua
Vespasianus remp. fovet gesetzt. Damals will der Verf. invenis admodum
gewesen sein (s. oben 315, 4), war also zur Zeit der Abfassung viel älter.
Auch spricht der Freimut welcher in der Schrift bewiesen ist für die Ab-
fassung unter einem milden Regenten, etwa unter Titus, J. 81, oder in
der letzten Regierungszeit Vespasian's, spätestens in den ersten (guten)
Jahren des Domitian. Genauere Anhaltspunkte für Bestimmung ihrer Ab-
fannngszeit bietet die Schrift nicht; doch muss sie von der AbfiEusung
des Agricola ziemlich weit entfernt sein, da in diesem bereits wesentlich
verschiedene stilistische Grmidsätze und Muster befolgt sind. Vgl. W. Teuf-
fei a. a. 0. (1858) S. 21—24.
3. Neben dem allgemeinen culturhistorischen Zwecke verfolgt die
Schrift wohl auch noch einen persönlichen, die Gründe anzugeben warum
Tacitus, trotz seiner umfassenden rednerischen Studien und üebungen,
schliesslich doch nicht der Laufbahn des Redners sich vorzugsweise za-
gewendet, sondern die stille Wirksamkeit des Gelehrten und Schriftstellers
vorgezogen hat. Die Einwirkung jener Vorbildung, hauptsächlich im An-
schlüsse an Cicero, zeigt sich am stärksten im dialogus (vgl. A. Dräger,
über Syntax und Stil des Tac., S. 103 f.); aber auch in den spätem Schrif-
ten des Tacitus ist sie vorhanden , nur in immer abnehmendem Masse, bis
das späteste Werk desselben, die Annalen, auf dem entgegengesetzten
stilistischen Princip, der Zerhacktheit und epigrammatischen Zuspitzung,
angelangt ist.
4. Die Quelle sämmtlicher Handschriften des dialogus, sovrie der
Germania und des suetonischen Bruchstückes de grammaticis et rhetoribus
ist mittelbar eine Fuldaer Hds. saec. VIII oder IX, unmittelbar aber eine
Abschrift von dieser (etwa aus saec. XIII), welche Henoch aus Ascoli
wahrscheinlich im Kloster Hersfeld fand (L. ürlichs, Eos H. S. 230. 351 ff)
und (wohl nur in einer Abschrift, X) um*s J. 1457 nach Italien brachte,
wo der Fimd alsbald weiter vervielfältigt wurde. Daraus stammt Vaticanus
1862 (A, bei Reifferscheid V) und (durch Vermittlung der Abschrift des
Pontanus) Leidensis XVIII (B, bei Reifferscheid L), aus einer mit mehr
Verstand und Willkür angefertigten (Y) die übrigen, insbesondere der
Ncapolitanus oder Farnesianus (C, bei Reifferscheid N). VgL unten 3, 5.
Reiffersckeids Sueton p. 409—417. A. Michaelis vor s. Ausg. des dial., bes.
p. VIII— XIX. — G. Thomas, über einen codex Venetus zum Dialog und
zur Germania des Tacitus , Münchner Gel. Anz. 1853, Nr. 1 f.
5. Sonderausgaben. Cum varr. notis ed. E. Benzel, Upsala 1706.
Rec. et illustr. C. A. Heumann, Gotting. 1719. Ed. et ill. L H. A. Schulze,
Lips. 1788. Text von G. Seebode, Gotting. 1813. Hanover 1816. Rec. et
annot. instr. E. Dronke, Coblenz 1828. Rec. et ann. crit. instr. F. Osann,
Giessen 1829. Repurg. op. J. C. Orelli, Zürich 1830; cum nova collatione
cod. Perizoniani (Leidensis), Zürich 1846. 4. Ed. illustr. W. Bötticher,
Berol. 1832. Recogn. Fr. Ritter, Bonn 1836. 1859. Recogu. var. lect et
ann. instr. Ph. C. Hess, Lips. 1841. Mit erkl. Anm. von C. Ph. Pabst,
316. Tacitus. Schriften: dialogus, Agricola. 681
0
aipzig 1841. £d. L. Tross (mit der Germania), Hamm 1841. Ad Codices
snuo conlatos recogn. A. Michaelis, Lips. 1868.
6. Beiträge zur Textkritik von Dryander (Coniecturae in dial. de orr.,
alle 1851. 4.), L. Spengel (Spec. emend. München 1852. 4. p. 9-15),
. L. Roth (Stuttgarter Correspondenzblatt 1854, S. 9—15. 19 - 25), L. Scho-
en (Diorthotica in Tac. dial., Bonn 1858. 4.), Nipperdey (Rhein. Mus. XIX:
. 270—292. 559-590), C. Halm (in Fleckeisens Jahrbb. LXXXIX. S. 148
-151), F.Ritter (Rhein. Mus. XX. S. 518—532. XXI. S. 534—550), G. An-
resen in Ritschis Acta soc. phil. Lips. I, 1 (1870).
7. J. F. Klossmann, Prolegomena in Dial., Breslau 1819. 8. 1833. 4.
. A. Eckstein, Prolegomena in Tac. qui v. f. dial., Halle 1835. 4. A. Q^-
ng, diss. de dial. d. o. praestantia, Lübeck 1829. 4. G. F. Strodtbeck,
stenditur Mateminae personae in d. d. o. obyiae vultus ironicus, Heil-
ronn 1831. 4. A. Westermann, Gesch. der röm. Beredtsamkeit S. 233—
11. Vidal, in Tac. d. d. o. disputatio, Paris 1850. F. Deycks, de dial.
ac. d. or., Münster 1856. 4. A. Schaubach, de vocum quarundam quao
i T. dialogo leguntur vi ac potestate, Meiningen 1857. P. Voss in der
idskrift for Philologi VII. Vgl. oben A. 1 und die Einleitungen vor den
leisten Ausgaben und Üebersctzungen , sowie vor Böttichers Lexicon Taci-
eum p. VIII-XIII.
8. Uebersetzungen des Dialogus von Nast (Halle 1787), Hübsch (mit
inem Realcommentar, Nürnberg 1837), Bomback (Ehingen 1866. 4.); niit
kgricoia und Germania von W. S. Teuffei (Stuttgart 1858 f.).
2. De vita et moribus lulii Agricolae liber, eine Bio-
raphie des Schwiegervaters von Tacitus, verfasst zu Anfang
er Regierung Trajan's, J. 98 n. Chr. Durch den stark rheto-
ischen Charakter seiner Anlage wie Ausführung erinnert das
Terk an die laudationes funebres und* an die Weise des Sallu-
ius, mit welchem es auch den monographischen Charakter, die
leichgültigkeit gegen das äusserlich Geschichtliche und zahl-
jiche einzelne Wendungen gemein hat. Aber auch an Cicero-
isches enthält die Schrift noch Anklänge. Im Allgemeinen ist
er historische Stil noch wenig entwickelt, dafür aber eine wohl-
luende Wärme gemütlicher Theilnahme über das Ganze ver-
reitet.
1. Agr. 3: quamquam . . augeat quotidie felioitatem temporum Nerva
raianus; vgL 44: durare in hanc felicissimi saeculi lucem ac principem
raianum videre. Trajan war also bereits princeps (nicht mehr blos Caesar),
•mit Nerva todt (t 27 Jan. 98), wogegen nichts beweist dass er nicht
vufl genannt wird; s. Th. Mommsen im Hermes III. S. 106, A. 4. Der
:hlu88 des gehamischten Vorworts (c. 3 extr.) stellt ein grösseres ge-
hichtliches Werk über Domitians Regieruifg, sowie über die Zeit des
erva und Trajan (also die Historien) in Aussicht, wofür diese Schrift nur
ne vorläufige Abschlagszahlung sein solle.
2. Wie die ciceronische Periode des Tacitus durch den Dialogus, so
()^2 ^^Q Kaiserzeit. Erstes Jahrhundert.
ist seine sallustische hauptsächlich durch den Agricola und die Germania
vertreten, doch so dass auch jene erstere noch immer fortwirkt, aber iim
abnehmendem Masse. So hat der Schluss von Agr. 44 und der Anfans
von c. 45 grosse Aehnlichkeit mit Cic. de or. III, 2, 8. 3, 10 f. ; auch qme^
et otium (c. 6. 21. 42 == Cic. de leg. agr. II, 37, 102) und forma ac figor^
animi (Agr. 46) sind ganz ciceronische Wendungen (Tusc. I, 16, 37 un^
sonst), wie es überhaupt nicht an Pleonastischem fehlt (£. Hübner ii^
Hermes J. S. 446 f.), so wenig als an Periodologischem (c. 16. 18. 25 in.>
und c. 4 oxtr. erinnert an Cic. pro Mur. 31, 65. Zahlreicher sind freilict\)
jetzt die Züge welche an Sallust erinnern, und dessen Einfluss macht sicli
in allen weiteren Schriften des Tacitus mehr oder weniger geltend: s. W.
Tcuffel vor der Uebers. (1859), S. 131 mit Anm. Bemays, Rhein. Muä.
XVI. S. 319 f.,' Anm., und besonders E. Wölfflin, Philologus XXVI. S. 12^
— 129; auch A. Gerber im Leutschauer Programm 1861, S. 13 ff. AgricoJa
und Germania verhalten sich zu den Historiae des Tacitus wie Sallosts
Catilina und lugurtha zu dessen Historiae. Vgl. L. Urlichs in der Eos I.
S. 549 ff. An Sallust hat Tacitus offenbar seinen historischen Stil gebüdet;
und so gross die Virtuosität ist welche Tacitus in der ihm eigenthümlicIieD
Weise allmählich erlangt hat, so hat er sie doch erst stufenweise erreicht,
und der Agricola stellt diejenige Stufe dar auf welcher seine Selbständig-
keit noch verhältnissmäfisig kleiner war~ Er ist ein rhetorisch -psycholo-
gisches Gemälde ganz in der Weise des Sallust, mit dessen ProÖmieu,
eingestreuten Reden und Excurscn, seinem geringen Interesse für Zahlen-
und Zeit- Angaben (c. 41 f.), mit Antithesen und andern Figuren, auch einem
regelrechten Epilog. Nur darf man deswegen nicht (mit E. Hübner, Her-
mes I. S. 438—448) der Schrift den Charakter einer Biographie absprechen
und ausschliesslich den einer laudatio funebris vindicieren : sie ist eine rhe-
torisch gehaltene Biographie. Die Rede des Calgacus (c. 30) erinnert be-
sonders stark an Sallust (Cat. 58, 17 f. und den Brief des Mithridates); aber
auch sonst lesen sich lange Partien (wie c. 18 ff'.) ganz sallustisch , und allent-
halben sind sehr viele Einzelnheiten theils Reminiscenzen aus Sallust theils
Variationen nach ihm. Vgl. ürlichs de vita Agric. (1868) p. 4 f. Der-
gleichen findet sich zwar auch noch in den Annalen , aber verhältnissrnS^sig
am zahlreichsten doch im Agricola. — Die historische Studie über Britan-
nien und die früheren römischen Züge dorthin (c. 10 — 17) hat Tacitps
später (Ann., bes. XIV, 29 ff.) frei verwendet und manchfach berichtigt
und erweitert.
3. Der Text des Puteolanus galt lange für die einzige authentische
üebcrlieferung. Durch Wex ist aber nachgewiesen worden dass dessen
Codex nichts Anderes enthielt als was die beiden vaticanischen Hand-
schriften aus der zweiten Hälfte des löten Jahrhunderts geben durch die
uns der Agricola erhalten ist, Vat. 4498 = A bei Wex, d bei Halm, und
Vat. 3429 = r bei Wex, g bei Halm, und dass alle Abweichungen hievon
entweder als Conjecturen des Puteolanus oder als Fehler seines Abschrei-
bers oder Setzers zu betraQhten sind. Vgl. L. Spengel, Münchner Gel.
Anz. 1853, Nr. 25 — 27, und Spec. emendationum in Tac, München 1852.
4. p. 15. 6. Kämmerer, de indole ac pretio codd. mss. Tac. Agr. et edd.
vett. usque ad Lipsium, Breslau 1842. f hat die Ueberschrift Comelii
Taciti de vita et moribus lulii Agricolae, A Cai Comeli T. de v. et m. I. A.
316. Tacitiifi. Schriften: Agricola. 683
: einzelne Stellen können die Randbemerkungen von f (M bei Wex) in
raxiht gezogen werden; Schenkl, Zeitschr. f. d. Ostreich. Gymn. Xll.
421-437. J. Müller, Innsbruck 1863. 4.
4. Ausgaben und Bearbeitungen: hinter den Panegyrr. latt. von
Puteolanus, Mailand 1476? 4. Per Phil. Pinci, Venet. 1497. fol. A M.
riniigo, Nürnberg 1637. Cum notis Boxhomii ed. J. A. Bosius, Jena
)4. Cum notis Buchneri ed. C. Schubart, Lipa. 1683. Ed. M. Engel,
pa- 1788. Lat. und deutsch von J.- Ch. Schlüter, Duisburg 1808. C. F.
inner und J. C. Fincke, Götti. 1802; zweite Aufl. von A. Schlegel, Göt-
igen 1816. Obss. ill. N. J. Bloch, Kopenhagen 1814. Ed. E. Dronke,
)blenz 1824; ed. 2. Fulda 1843. Ed. E. H. Barker, London 1824. Tex-
im rec. et ad fid. cod. Vat. emend. U. J. H. Becker, Hamburg 1826.
i. P. G. V. Hert^l, Lips. 1827. Ed. et ann. ill. P. Hofman-Peerlkamp,
eyden 1827; ed. 11. 1864. Urschrift, Uebersetzung, Anmerkungen durch
• L. Walch, Berlin 1828. Mit Erläutt. und Excursen von C. L. Roth,
ümberg 1833. Recogn. F. Ritter, Bonn 1836. Brevi ann. expl. F. Düb-
3r, Paris 1843. 1866. 12. Ad fidem codicum denuo collatorum rec. et
»minentariis enarravit F. C. Wex, Braunschweig 1852. 338 pp. Ex
^exii rec. recognovit et perpetua annotatione illustravit Fr. Kritz, Berlin
'50. 1865. Erklärt von C. Tuecking, Paderborn 1869. Schulausgabe von
A. Dräger, Leipzig, Teubner 1869. Text auch von Fr. Ritter, z. B.
t- III. Bonn 1852.
Unter den Uebersetzungen ist bemerkenswerth die französische von
^poleon). L(oui8). B(onaparte)., Florenz 1829. 4. Deutsche auch von
I>öderlein (mit Rechtfertigungen, Aarau 1817), H. W. F. Klein (Mün-
^n 1825) , Nissen (mit Einleitung und Comment<ar , Hamburg 1847) , Voigt-
t^d (Schleusingen 1862. 4.).
5. Abhandlungen zur Textkritik von Brüggemann (Düsseldorf
'^), Eichstädt (Jena 1830), E. Foss (Altenburg 1837. 4.), Fr. Brandes
^stock 1838. 4.), Gemhard (Weimar 1838. 4.), Heimburg (Jena 1839),
^ex (Beiträge zur Kritik u. Erkl. von Tac. Agr., Schwerin 1840. 4.), Pfitz-
^er (Neubrandeub. 1842. 4. Ztschr. f. Alt. Wiss. 1847. Nr. 13 f.), E. Dronke
Fulda 1842. 4.), Ch. G. Herzog (Gera 1843. 4.), Seyffert (Kreuznach 1845.
t.), Hutter (München 1849. 4.), J. G. Schneider (Coburg 1850 ff. 4.), G. U.
)(uch (Rostock 1853. 4.), Fr. Kritz (de glossematis falso Taciti Agricolae
nputtttis, Erfurt 1857. 4), J. Müller (Fiimie 1858. 4.), A. J. F. Henrichson
at. und deutsch, mit krit. u. erkl. Anm., Altena 1858. 74 S. 4. c. 1—22),
. F. Schömann (Greifswald 1859. 4.), G. Liep (Kreuznach 1861. 4.), C. Nip-
erdey (Rhein. Mus. XVllI. S. 350—365. XIX. S. 97—113), Fr. Ritter, (ebds.
X. S. 518—532), J. Classen (Symb. criticae, P. III, Hamburg 1866. 4.),
Pfaff (exegetisch -krit. Bemerk, zu Agr. 1 u. 36, Erlangen 1867. 4.),
Urlichs (Festgruss, Würzburg 1868, S. 6 — 8), K. Meiser (Blätter f. d.
lir. Gymn. V, 3).
6. Ueber den Agr. vgl. Niebuhr , kleine bist, und philol. Schriften I.
331 (nebst N. Bach, Schulztg. 1831. IL S. 851 f.). Weltmann vor sr.
ßbers. VI. S. 34—46 (Prag 1817). A. Mohr, Bemerkungen zu und über
, Agr., Meiningen 1823. Walch, über die Kunstform d. ant. Biogr. mit
»onderer Rücksicht auf d. Agr, des T., vor sr. Ausg. S. XXXVIII— LXXIV.
(384 ^io Kaiserzeit. Erstes Jahrhundert.
Hofimeister, Weltanschauung d. Tac. S. 80 ff. 206 ff. 228 ff. J. Held, coi
mentat. de Agr. vita quae vulgo Tacito adsignatur, Schweidnitz 1845. ^^
E. Hübner, Hermes I. (1866) S. 438—448. J. Gantrelle, sur la vie d'Agr —
Revue de Tinstr. belgique, 1 Mai 1870. 46 pp.
3. Germania, eine ethnographische Einzelschrift, yc^
anlasst durch das hohe Interesse welches dieses Land und V0I.J
für die damalige Zeit besass, vielleicht auch durch die persoÄ:^
]iche Anschauung zu welcher der Verfasser amtliche Gelege:n>
heit gehabt hatte. Die Ausführung ist durch Gemütsantheil irJe
Rhetorik erwärmt und streift oft an das Sentimentale. ObwoA/
weder Kritik noch Unparteilichkeit verleugnend, stellt der Ver>
fasser die einfachen Zustände der Germanen gern den verwicke/-
ten und verdorbenen seiner eigenen Zeit gegenüber.
2. Titel im Yat. 1862 und Farnesianus: Com. Tac. de origine et situ
Germaniae; ausführlicher Pontanus: Corneli Taciti de origine, situ, nori-
bus ac populis Germanorum über. Die Schrift zerfallt in zwei Theile, tod
denen der erste in commune de omnium Germanorum origine ac moribo«
handelt (c. 27 extr.), der zweite (c. 28 — 46) über die einzelnen Völker
Schäften. Im letzteren nimmt der Verfasser seinen Standpunkt am Rhein
und schUdert, landeinwärts vorrückend, die Stämme zuerst in der Rich-
tung von West nach Ost, dann (c. 35 ff.) von Nord nach Süd. An der
Donau angekommen verfolgt er deren Lauf (c. 41), und schliesst mit den-
Ufern der Ostsee. Von seinen Quellen nennt er nur den Caesar (c. 28)^
Spuren von Quellenkritik aber auch c. 3. 8. 27. 28. 33. 34. 41. 45. Des
Plinius bella Germaniae (oben 294, 2) sind ohne Zweifel benützt. Üebcr
die Ausbeutung des Sallust s. R. Eöpke, zur Quellenkritik der Germania, ia
seinen deutschen Forschungen (Berlin 1859) S. 223—226, und Th. Wiede
mann , in den Forschungen zur deutschen Geschichte , herausgegeben von
der Münchner historischen Comnussion IV, 1 (1864) S. 171 ff.
2. Da c. 37 vom ersten Einfall der Kimbern (J. 641 d. St) bis zum
zweiten Consulat des Trajan (98 =3 851 d. St.) 210 Jahre gerechnet sind,
so muss die letzte Redaction und Herausgabe der Schrift zwischen 9S und
das dritte Consulat Trajans (J. 100 n. Chr.) gesetzt werden. Dass sie trotz
dem Agr. 3 bei den literarischen Planen des Tac. nicht mit erwähnt wird
erklärt sich am einfachsten daraus dass sie ursprünglich dazu bestunmi
war einen Excurs der Historiae zu bilden, dann aber selbständig bearbeitet
und herausgegeben wurde, theils weil der reiche Stoff zu der Aufgabe
der Hist. nicht im Verhältniss gestanden wäre , theils um ihn in rhetorisch
paränetischer Richtung zu verwerthen (A. 3). A. Riese, Eos IL S. 193—203
A. Euösner, Fleckeisens Jhbb. 1868, S. 650.
3. Die Germania ist weder eine Idylle noch ein Roman noch dae
politische Tendenzschrift (z. B. um dem Trajan von einem Feldznge gegen
Germanien abzurathen), sondern ein Beitrag zu der Aufgabe die A. IV,39
als eine anziehende anerkannt wird, situs gentium describere, wozu sAxM
der Agr. beigesteuert hatte. Aber die Art der Ausführung ist aUerding«
bezeichnend für Tacitus. Wie bereits Horaz (0. III, 24, 9 ff.) die Skythen
316. Tacitiis. Schriften: Germania. G85
und CS-eten gegenüber von der Verderbniss Roms in ein ideales Licht ge-
rückt hatte, so verfährt hier Tacitas mit den Germanen. Er schildert
diese mit fortwährendem Hinblick auf seine Zeit, oftmals hervorhebend
was .Zolles die Germanen zu ihrem Qlücke nicht kennen (c. 8. 9. 11. 13. 18.
19. ^O. 24. 25. 27. 38). Dabei geiUth die Schilderung- manchmal in einen
weiiÄejrlichen Ton hinein (z. B. c. 6. 7. 18 f. 27). Doch ist der Verfasser
weit davon entfernt die Germanen kurzweg seiner Zeit als Muster vor-
iuh£^lteu: er erkennt an ihnen vielmehr wesentliche Fehler (c. 11. 15. 17 f.
^3 f.), und kehrt (c. 33 vgl. 23) ihnen gegenüber den specifisch römischen
Stai^dpunkt sogar mit Schroffheit hervor. Vgl A. 9 und W. Teuffers
Einleitung vor der Uebers. (1859) S. 132 f.
4. Der rhetorische Charakter der Darstellung zeigt sich in den
häufigen Sentenzen, den zahllosen Fällen der Anaphora (c. 11 sogar mit
prout) und andern Figuren. Vgl. Mützell, Ztschr. f. Gymn. I (1847) S. 86 ff.
üeber die Pleonasmen der Schrift s. C. Halm. Sitzungsberichte der Münch-
ner Akademie 1864, S. 12 ff. Auch hier noch fehlt es nicht an Anklängen
an Sallust (vgl. Ph. Hess, variae lectiones et observaüones in T. Germ.,
Helnastädt 1827. 1828. 1834. 4. Wölfflin, Philologus XXVI. S. 122 f.) und
Berührungen mit andern Schriften des Tacitus, besonders dem Agricola
(Agr. 11 extr. = Germ. 28; haud perinde, Agr. 10 = Germ. 34; in Uni-
versum aestimanti, Agr. 11 = Germ. 6; patiens frugum, Agr. 12 vgl.
Gerna. 6). Hexameter Germ. 18. 32. 39; iambischer Dimeter c. 27.
5. Die Germania ist ims durch dieselbe Handschrift erhalten wie der
dialogas (s. oben 1, 4), nur dass die Zahl der von ihr vorhandenen Ab-
8<^^riflen eine grössere ist; eine der besseren befindet sich in der Stutt-
gJ^ner Bibliothek. Massmann, Berl. Jahrbb. 1841, Nr. 87 ff. R. Tagmann,
^^ codicibus mss. atque editionibus vett. Tac. Germ. I. Breslau 1846; de
'^^. Germ, apparatu critico, Breslau 1817.
6. Ausgaben. Cum notis Willichii, Glareani, Melanchthonis, Frkf.
^ 0. 1551. Cum comm. Chr. Coleri, Haunov. 1602. E rec. Conringii,
Heimst. 1652. 4. Cum varr. notis ed. J. C. Dithmar, Frkf. 1725 u. sonst.
Bd. C. H. Joerdens, Berl. 1783. 1794. Cum obss. Longolii ed. J. Kapp,
Lips. 1783; ed. H. cur. Ph. Hess, Lips. 1824. Cum varr. lectt. ed. G. G.
Bredow, Heimst. 1808. 1816. Ed. illnstr. R. Belham (mit Agr.) cd. II.
Cambridge 1813. Rec. Fr. Passow, Breslau 1817. Mit Comm. von Ammon
und Bäumlein, Tüb. 1817. Lat. und deutsch mit Erläutt., von G. und K.
Sprengel, Halle 1819. Erläut. von J. F. K. Dilthey, Braunschweig 1823.
Ed. illustr. Ph. C. Hess, Lips. 1824. Bj E. H. Barker, London 1824. Trad.
avec un comm. par C. L. F. Panckoucke, Paris 1824. Mit Noten von Fr.
W. Altenburg, Hildburgh. 1826. Recogn. cum brevi adnot. ed. G. F. C.
Günther, Helmstedt 1826. Urschrift, Uebersetzung u. s. w. von G. L.
Walch. 1. Hefk. Berlin 1829. Comm. instr. Th. Kiessling, Lips. 1832.
Mit krit., gramm. und bist. Anmerkungen von J. v. Gruber, Berl. 1832.
Ed. et quae ad res Germanorum pertinere videntur e reliquo Tac. opere
cxcerpsit J. Grimm, Gott. 1835. Text, Uebers., Erläut. von F. D. Gerlach,
2 Abth., Baael 1836—1837. In usum schol. recogn. Fr. Ritter, Bonn 1836.
1853. Ad fidem codicis Perizon. ed. L. Tross, Hamm 1841. Recogn., isag.
instr., comment. illustr. etc. M. Weishaupt, Solothurn 1844. Ed. Massmann,
686 ^^^ Kaiserzeit. Erstes Jahrhundert.
Quedlinburg 1847. Lat. und deutsch von Döderlein, Erlangen 1850. Lai,
with ethnoL diss. and notes by R. 6. Latham, London 1851. Mit Agr.
til skolebrug af Bloch, Kopenhagen 1854. In us. schol. recogn. M. Haupt,
Berlin 1855. £d. Sclu^ant, Leyden 1856. XLI und 334 pp. Herausgeg.
und sachlich erläutert von Th. Finck, I. Tac. Leben, Text und besserer
handschriftl. Apparat, Göttingen 1857. 250 S. Ex Hauptii rec. recogn.
et perpetua adnot. illustr. Fr. Kritz, Berlin 1860. 1865. 1869. Erklärt ?on
C. Tücking, Paderborn 1867. Ausführlich erklärt von L. Curtsce, Leipzig
1868. 424 S. (zu c. 1—10). Mit Anm. von B. Hüppe, Münster 1868.
7. Uebersetzungen (ausser den angeführten) von K. G. Anton
(mit Comm., Halle 1824), H. W. F. Klein (München 1826). Bülau, Weiske
und K. V. Leutsch (Leipzig 1828), J. Horkel (in den Geschichtschreibern
der deutschen Vorzeit, I. Berlin 1847), F. Thudichum (Giessen 1862), K. A.
Low (Mannheim 1862), N. Mosler (I. Leipzig 1862), L. H. 0. Müller (Jena
1862. 4.), A. Bacmeister (Stuttgart, Neff 1868).
8. Abhandlufagen zur Textkritik von J. C. Orelli (Zürich 1819. 4.],
Ph. Hess (Hehnstädt 1827. 1828. 1834. 4.), Schober (Naumburg 1827. 4),
Selling (observ. critt., accedit collatio cod. Hummeliaui, Augsburg 1830. 4.),
Pfitzner (zur Kritik und Erkl., Neubrandenburg^ 1843. 4.) , Wex (Schwerin
1853. 4.), W. Th. Eudolphi (Observ. grammaticae et criticae, Münster
1855), C. Nipperdey (Rhein. Mus. XVIII. S. 342—350), L. v. Jan (Eos I.
S. 76—79), C. Halm (über einige controverse Stellen, München 1864 =
Sitzungsber. der Münchner Akad.), Fr. Ritter (Rhein. Mus. XX. S. 195-
217), A. Reifferscheid (Coniectanea , in der Symbola philol. Bonn. p. 623
—628), A. Planck (Beiträge zur Erkl., Heilbronn 1867. 4.).
9. lieber die Germania und zu ihrer Sacherkläruug. G. A. Arndt,
disp. quatenus Tac. de Germ, libello fides sit tribuenda, Lips. 1776. 4.
L. Völkel, de fontibus unde Tac. quae de patria nostra trad. haosisse
videatur deque consilio in scribend. Germ., Marburg 1789. 4. C. C. £<
Charitius, diss. utrum satis fide digna sint quae T. in G. tradit, Witten-
berg 1792. 4. G. A. Rüdiger, de fide historica Tac. in Germ, descr.. Frei*
berg 1823. Barby , de consilio quo T. Germ, conscripserit et de fide ei
tribuenda, Berlin 1825. Ebenso Spilleke, Berlin 1825. 4. v. Leutsch, über
die Glaubwürdigkeit des Tac. in Rücksicht auf dessen Germ., Berichte i
deutschen Ges. zu Leipzig, 1829. S. 46 ff. Chr. Rommel, de Tac. descr.
Germauiae, Marburg 1805. 4. F. Rühs, ausführl. Erläut. der 10 ersten
Capp. des T. über Deutschi., Berlin 1821. F. Passow in Wachlers Philo-
mathie L imd in seinen Verm. Sehr. S. 40 — 64. F. W. Altenburg, über
Caesar's und Tac. Ansichten von der Religion der Deutschen , Schleusingen
1827. 4. U. J. H. Becker, Anm. und Excurse zu T. G. 1—18, Hannover
1830. C. Reischle, comm. de locis quibus Tac. et Caes. de vett. Germm.
inter se differunt, Kempten 1831. 4. Fr. Göller, de scriptis Caes. et Tac
ex monumentis medii aevi illustrandis , in d. Act. soc. gr. I. p. 43 ff. F.D.
Gerlach, über die Germ, des Tac., in der Zeitschr. der Basler Lehrer 1825.
II. und: über die Idee von T. Germ., in den Verhh. der Gothaer Pbilo-
logenvers. (Gotha 1841. 4.) S. 55 ff. = Histor. Stud., Hamburg 18».
S. 308 ff. ; sowie in den Verhandl. der Philologenvers, zu Hannoyer S. 101
-111. Vgl. auch Hoffmeister, Weltanschauung des T. S. 201 ff. 220 fL
316. Tacitus. Schriften: Germania, Historiae. 687
Welter, de fide Tac. in rebus Germ m. quaeat, Münster 1846. 4. Greverus,
Bemerkungen zu T. Germ., Oldenburg 1850. E. Keferstein, Ansichten
über die Kelten u. s. w. Ill, 1 (Halle 1850): des Tac. Germania. W. Engel-
bert, über d. G. d. T und die Geographie des Ptolemäus als Hauptquellen
der Geogr. des alten Germanien, in der Zeifcschrift für vaterl. Gesch. u.
Alt. Kunde. III. Münster 1852. Müllenhoff, verderbte (deutsche) Namen
bei Tac., Zeitschrift f. deutsches Alterthum IX. S. 223-261. B. Huppe,
annotationes aliquot ad T. G., Coesfeld 1853. 4. J. N. Schmeisser, Be-
merkungen zur G. d T. aus dem Nibelungeulied u. a altdeutschen Ge-
dichten, Constanz 1853. H. Schweizer -Sidler, Bemerkungen zu T. G.,
Programm der Zürcher Kantonschule 1860. 24 S. 4. 1862. 30 S. 4.; Jahns
Jahrbb. LXXXV. S. 115—123. J. V. Zingerle in Franz Pfeiffers Germania,
1860,- S. 219 f. G. Waitz, über die principes in der Germ, des Tac, in
den Forschungen zur deutschen Gesch. herausgg. ?on der Münchner bist.
Comnission II, 2 (Göttingen 1862), sowie dessen deutsche Verfassungs-
geschichte, zweite Aufl. I. Kiel 1865. F. Thudichum, der altdeutsche Staat,
mit Uebers. der Germ., Giessen 1862. H. Brandes, die nobiles der Ger-
manen, in seinem Ersten Bericht über die germanist. Gesellschaft zu Leip-
zig (Leipzig 1863) S. 19—44. P. D. Ch. Hennings, die agrar. Verf. d. a.
Deutschen (zu Germ. 26. 30), Kiel 1869. Latham, on the authority of the
etc. im Journal of class. and sacred philology XII. p. 324—346. Th. Malina,
de consilio quäle T. in scribendo de G. libro secutus esse videatur, Deutsch-
Crone 1860. 4. Künssberg, Wanderungen in das germanische Alterthum (Ber-
lin 1861) und dagegen Boot, Verslagen der hoUänd. Akad. VII. 1863. p. 66—82.
A. Baumstark, über das Romanhafte in der Germ. d. T., Eos I. S. 39—64 und
IL S. 487—496. Ed. Göbel, Ebds. I. S. 516—525. A.Riese, die ursprüng-
liche Bestimmung der G. d. T., ebds. II. S. 193—203. Fr. Münscher, Bei-
träge zur Erklärung der G. d. T., Marburg 1863. 34 S. 4.1864. 48 S. 4.
4. Historiae, Darstellung einer selbsterlebten Zeit, der
Regierungen von Galba, Otho, Vitellius, Vespasianus, Titus
und Domitianus (J. 09 — 96 n. Chr.), also vorzugsweise der
äavischen Dynastie, verfasst unter der Regierung des Trajan.
Ursprünglich bestand das Werk aus vierzehn Büchern, wovon
jedoch nur die vier ersten und vom fünften etwa die erste Hälfte
auf uns gekommen sind. Diese enthalten die Geschichte der Jahre
09 und 70 (822 f. d. St.), ohne sie aber zu Ende zu bringen.
1. Tertullian. apol. 16: Cornelius Tacitus in quinta Historiarum sua-
nun. Der Titel lehnt sieb an den Vorgang des Sisenna, Sallust und Asi-
nins Pollio an und entspricht genau der technischen Bedeutung des Wortes
hiftoriae; s. oben 32, 1. Er ist diess das im Agr. 3 vorausangekündigte
Werk, nur dasa der Plan auf alle Regierungen seit Nero^s Tode miterstrekt
ist, während die Geschichte des regierenden Fürsten, Trajan, und seines
Adoptivvaters Nerva auf spätere Jahre verspart wird (Hist. I, 1) und auch
da nicht sur Ausführung kam.
2. Hieronymus zum Zacharias III, 14 berichtet dass Tacitus die
Geschichte der Kaiser nach August bis zum Tode des Domitian triginta
1^ -^
688 l^i<> Kaiserzeit. Erstes Jahrhundert.
voluminibus beschrieben habe, wovon 16 Bücher auf die Annalen und so-
mit 14 auf die Historiae fallen. Auch im Med. 11 und andern Hdas. ist
diese Zählung befolgt. Die Reihenfolge der Abfassung beider Werke er-
hellt aus A. XI, 11: utriusque principis (des Augustus imd Claudius] rationes
(in Bezug auf die ludi saeculares) praetermitto, satis narratas libris quibus
r^ imperatoris Domitiani composui (in dem die Geschichte des D. enthal-
tenden Theile der Uist.)? nam is quoque edidit ludos saeculares. Ner?a
heisst Divus, Uist. I, 1. Anführungen aus dem sechsten Buch bei Oros. VII,
10. 19. Benützung durch Sulpicius Severus, unten 413, 2.
3. Zum Stoffe der in der Arbeit begriffenen Historiae wollen Bei-
träge sein die Briefe des Plinius (vom J. 106 oder 107) VI, 16. 20. VII, 33
{historias tuas). Auch war ein Theil derselben wohl der über welchen
Tac. dem Plinius (nach Ep. VII, 20, 1 vgl. ib. 33, 1. VIII, 7) ad adnotan-
dum zugeschickt hatte. Successives Vortragen und Veröffentlichen der
einzelnen Bücher ist auch sonst wahrscheinlich ; Th. Mommsen im Hermes
III. S. 107. Inhaltsübersicht über das Erhaltene bei Süvem, in den Ab-
haudl. der Berliner Ak. 1822 f. S. 97—107. ^ Dass für Plutarchs Biographien
von Galba und Otho die Historiae des Tacitus die Grundqnelle gewesen
seien hat wahrscheinlich gemacht Oct. Clason, Plutarch und Tacitus, eine
Qucllenuntersuchung, Berlin 1870. 73 S. Andere hatten die Ueberein-
Stimmungen beider aus der Benützung gemeinsamer Quellen zu erklären
gesucht; 8. C. Hirzel im Maulbronner Programm 1851 (comparatio eoram
quae de Iropp. Galba et Othone relata legimus apud Tadtum, Plut, Säet,
Dionem) p. 37 ff. Th. Wiedemann, de Tacito, Suel, Plut, Cassio Dione
scriptoribus imperatorqm Galbae et Othonis, Berlin 1857. H. Peter, d.
Quellen Plutarchs (Halle 1865) S. 40 ff. Josephus ist nicht benützt.
4. Die Haupthandschrifb für die Historiae ist der (bereits interpolierte)
Mediceus II saec. XI (in Monte Cassino zwischen 1053 und 1087 geschrieben)
in longobardischer Schrift, welcher elf Bücher Comelii Taciti ab exoesao
D. Augusti enthält, nämlich Buch XI bis XXI (incl.) = A. XI— XVI, flist
I— V. Alle übrigen sind von untergeordnetem Werth, noch weiter inter-
polierte und sonst verderbte Abschriften welche mittelbar oder unmittel-
bar auf den Med. zurückgehen. ,
5. Ausgaben der Historiae von Th. Kiessling (Lips. 1840) und C.
Heraus (für den Schulgebrauch erklärt, I. Leipzig, Teubner 1864. IL 1870).
Vgl. E. Wölfflin, Phüologus XXVll. S. 113 ff.
6. Zu den Historiae Beiträge von A. Böckh (H. I, 62. Berol, 1830.
4.), F. Jacob (über T. Geschichtsb. V, 2-5, Lübeck 1840. 4.), L. Döderlein
(Emendationes Hist. T. Erlangen 1841. 4.), C. Nipperdey (Em. H. T., Jena
1855. 4.), L. ürlichs (Eos I S. 250 ff.), J. Classen (Symbolae criücae, P. H-
Frankfurt 1863. 4. lU. Hamburg 1866. 4.), F. Ritter (im Phüologus XXI
S. 601—653), J. Müller (L Innsbruck 1865. II. 1869), E. Wölfflin (Phüo-
logus XXVII. S. 117—144), Borghesi (Oeuvres V. p. 287—328: Annotaiioni
agh Ann. ed alle Storie di Tac.).
7. Völcker, der Freiheitskampf der Bataver unter Claudius Civili«»
Elberfeld 1861 — 1863. C. Hagge, Bemerkungen zu dem Feldzuge des
Vitellius und ütlio nach Tacitus, Kiel 1864. 4. Leonhard, über den Bericht
des Tac. über die Juden (Hist. V, 2—6), EUwangeü 1856. 4. H. R Dirkseo,
die römisch -rechtlichen Mittheilungeji in Tac. Historien, Berlin 1860. 4.
316. Tacitus. Schriften: Historiae und Annales. 689
5. Annales oder vielmehr ab excessu divi Augusti, sechs-
zelin Bücher, welche die Regierungsgeschichte der julischen
Dynastie nach August's Tode (Tiberius, Caligula, Claudius, Nero)
oder die Jahre 14 — 68 (767—821 d. St.) enthielten, gleichfalls
noch unter Trajan verfasst und zwischen J. 115 und 117 heraus-
gegeben. Erhalten ist aber nur das erste und das letzte Drittel
des ganzen Werkes, die vier ersten Bücher mit Theilen des
fünften und sechsten, sodann, aber am Anfang und Ende ver-
stümmelt, Buch XI bis XVI, so dass uns fehlt die ganze Re-
gierungszeit des Caligula, von der des Claudius der Anfang bis
■in das Jahr 47, und von der des Nero J. 66 — 68. Die annali-
stische Anordnung scheint in diesem Werke strenger durch-
geführt zu sein als in den Historiae.
1. Urkundlich ist (nach dem Medicens I) einzig der Titel ab excessu
d. Augusti, der seine Analogien bat an den üeberschriften der Geschichts-
werke von T. Livius, ab urbe condita, und vom älteren Plinius, a fine
(vom Schlüsse) Aufidii BassL Wenn Tacitus selbst wiederholt (A. lY, 32
vgL III, 65. ]^1I, 31) sein Werk ab annales bezeichnet, so will er damit
nicht den Titel desselben angeben, sondern die Art seiner Anlage, nach
der Jahresfolge der Begebenheiten. (Daher spricht Jemandes de reb. get.
I, 2 nach Hörensagen von Cornelius annalium scriptor, trotzdem dass er
eine Stelle des Agr. meint.) Aber eben darum weü die Bücher ab excessu
d. Augusti wirklich Annalen sind hat es kein Bedenken der Kürze halber
and zur Unterscheidung von den Historiae sie als Annales zu citieren.
?. Die Zeit der Veröffentlichung erhellt aus A. 11, 61. Die dort an-
gegebenen Grenzen des römischen Reichs setzen die Eroberungen voraus
welche Trajan ums J. 115 machte, welche aber (so weit sie sich wenigstens
über denEuphrat hiniibererstreckten)Hadrian gleich nach seinem Regierungs-
antritte (August 117) wieder aufgab (Spartian. Hadr. 5, 1 — 4. Evtrop. YIII, 6).
Die Abtheilung in Bücher rührt nach VI, 27 (in prioribus libris) und XI, 11
(b. oben S. 688, A. 2) von dem Verfasser selbst her.
3. Die Anordnung ist mit Bewusstsein die chronologische ; s. A. IV, 71
in.: ni mihi destinatum foret suum quaeque in annum referre, avebat ani-
mua antire statimque memorare exitus u. s. w. Abweichungen von dieser
Ordnung glaubt Tacitus immer halb entschuldigen zu müssen (s. z. B.
VI, 38: quae duabus aestatibus gesta coniunxi, quo requiesceret animus a
domestids malis. Vgl. XII, 40 extr. XIII, 9) und verweist für später Ge-
schehenes auf spätere Theile (in tempore memorabo, I, 58 vgl. IV, 71.
VI, 22; in loco reddemus II, 4 vgl. H. IV, 67: suo loco reddemus). Zwar
können wir aus den kaum zwei Jahre umspannenden üeberresten der
Historien nicht mit Sicherheit beurteilen wie weit auch in ihnen dieselbe
traditionelle Anlage befolgt war; indessen lag eine strengere Durchführung
derselben bei dem späteren Werke in so fem in der Natur der Sache als
sich dieses über eine längere Reihe von Jahren erstreckte und zum Theil
langdauernde Regierungen umfasste. Uebrigens hat Tacitus dieser An-
Teuffel, Rom. Literfttarg^eschichtc. 44
•iz^l^
690 ^16 Kaiserzeit. Erstes Jahrhundert.
Ordnung ihr Mechanisches zu nehmen gewusst dadurch dass er, wo der
Gegenstand. es gebot, sie zu verletzen^ nicht schwer nahm. Zu schroff hat
Niebuhr die Begriffe annales und historiae einander gegenübergestellt in
der Abhandlung über den Unterschied zwischen Annalen und Historien,
Rhein. Mus. 11, 2 (Bonn 1828) S. 284 ff. = Kleine historische und philolo-
gische Schriften II. S. 229 ff.
4. Die ersten sechs Bächer sind uns einzig durch den Mediceus I.
(saec. XI) erhalten, nämlich Buch I-<— lY vollständig, von B. V der Anfang,
worauf eine grosse Lücke folgt, die den Anfang von Buch VI mitver-
schlungen hat. Die Lücke behandelte die Fortsetzung des J. 29 , das ganze
Jahr 30 und den grössten Theil von J. 31. Diese Handschrift wurde in
dem westphalischen Kloster Corvey aufgefunden, kam 1508 nach Rom, in
den Besitz des damaligen Cardinais Medici (später Papst Leo X), und von
dort nach Florenz in die mediceische Bibliothek, wo sie sich noch befin-
det. J. 1515 wurde ihr Inhalt erstmals durch den Druck veröffentlicht (durch
Ph. Beroaldus, in Rom). Gegen die Zweifel von Fr. Ritter, über Alter
und Herkunft der ersten Handschrift des Tac. zu Florenz (Philologus XYIL
S. 662—672. vgl. seine Ausgabe des Tac. vom J. 1864, p. V ff.) s. L. ür-
lichs, Eos I. S. 243—247. II. S. 223—232. Das letzte Drittel der Annaleo
(B. XI— XVl) verdanken wir dem Mediceus II, welcher uns dasselbe zu-
sammen mit dem ersten Drittel der Historiae (s. S. 688, A. 4) erhalten hat
Aber vom Buch XI fehlt der AnfiEUig, von Buch XVI ungefähr die zweite
Hälfte. Auch diese Handschrift ist noch in Florenz; ausser diesem Origi-
nale selbst aber haben wir auch eine Anzahl Abschriften von ihm; s. S. 68^
A. 4. Zweifelhaft ist ob beide Medicei Abschriften desselben Originals sind;
Med. I jedenfalls stammt aus einer Fuldaer Handschrift des neunten JahrhM
im 1 Iten Jahrh. für oder in Corvey gemacht. Von dieser Corveyer Ab-
schrift wurde der erste (von taciteischen Schriften den dialogus und die
Germania enthaltende) Theil im 13ten Jahrh. nach Hersfeld verliehen,
wurde dort abgeschrieben, gieng aber dann verloren. Die vereinzelten
Bestandtheile dieser dritten (Hersfelder) Abschrift (von dial., German.,
Sueton de gramm. et rhetor.) gelangten dann (wahrscheinlich in der Ab-
schrift des Henoch, s. S. 680, A. 4) im löten Jahrh. nach Italien, theilweiae
vermehrt durch den Agricola u. A. L. Urlichs a. a. 0., bes. II. S. 232.
G. Heraus, studia critica in Mediceos Tac. Codices, Cassel 1846; und
Zur Kritik und Erklärung des Tacitus, Hamm 1859. 30 S. 4. E. Wölffiin,
Philologus XXVI. S. 94—96. W. Pfitzner, die Ann. kritisch beleuchtet, 1
(B. 1—6), Halle 1869.
5. Ausgaben der Annalen von Ruperti (Gotting. 1804. 2 Voll.), Th.
Kiessling (Lips. 1829), C. Nipperdey (Bd. I, Leipzig 1851. Berlin 1856. mt
1864; Bd. II, Leipzig 1852. Berlin 1857), F. W. Otto (B. 1— VI jnii aus-
fuhrlichem Commentar, Mainz 1854), Orelli-Baiter (Zürich 1859), A. Dräger
(Schulausgabe, Leipzig Teubner 1868 f. 2 Bde).
6. Beiträge zur Kritik und Erklärung der Annalen von J. P. E. Gre-
verus (annotatiunculae , Oldenburg 1827. 4.), F. Jacob (Obss. ad T. Ann.
et Hist., 4 Partes, Lübeck 1837—1842. 4.), 0. Müller (de A. lU, 55. Got-
ting. 1841. 4.), Bißchoff (Obss. in libr. I, Wesel 1845. 4.), C. Hahn (Speier
1846. 4.), Schmoller (Explic. loci 1. I, Blaubeuren 1849. 4.), Held (ad loa
316. Tacita8. Schriften: Annales. 691
diffic. Schweidnitz 18Ö1. 4.), Ulrichs (in Jahns Jahrbb. 1854, S. 52 ff. 154 ff.
300 ff.), L. Spengel (über das erste B. d. A., München 1855. 4. =« Abhandl.
der Münchner Ak. VJI, 2. S. 695—727; Bemerkungen zu T. A., Philologus
XXIIT. S. 644—661), E. Wurm (Philologus VRI. S. 361-370. IX. S. 86—
105), W. G. Pluygers (spec. emend., Leyden 1859. 4.), C. Sirker (Auimad-
vers., Trier 1860; krit. Bern, zu T. A., Neuwied 1867. 4.), C. Krafft (histo-
rische und geographische Excurse zu Tac. A. I und II, 'Maulbronn 1864. 4.),
Borghesi (s. oben S. 688, A. 6).
E. Egli (Feldzüge in Armenien 41—63 n. Chr., ein Beitrag zur Kritik
des Tac.) in M. Büdingers Untersuchungen zur röm. Kaisergesch. I (Leip-
zig 1868) S. 265—363. H. T. Karsten, de Tac. fide in sex prioribus an-
naliiim libris, Utrecht 1868. R. Weidemann, die Quellen der ersten 6 B.
von T. Ann., Cleve 1868. 4.
6. Nach Vollendung auch der Annalen konnte Tacitus den
ganzen nunmehr von ihm behandelten Geschichtsstoff entweder
rückwärts oder vorwärts fortführen, entweder Augusts oder, wie
er zuerst versprochen hatte, Nerva's und Trajan's Regierimgs-
zeit beschreiben. Es .scheint dass er schliesslich dem ersteren
Gegenstande den Vorzug gab, sei es weil dieser ihn mehr an-
zog oder weil Trajan noch immer am Leben und auf dem Throne
war. Ausgeführt wurde dieses Vorhaben jedoch nicht, ohne
Zweifel weil den Verfasser der Tod daran verhinderte. Sonstige
echte Schriften von Tacitus gibt es nicht.
1. Hist. I, 1 : principatum d. Nervae et imperium Traiani . . senectuti
seposui. A. III, 24: cetera illius aetatis (der augusteischen) memorabo si
effectis in quae tetendi plures ad curas vitam produzero.
2. Fulgentius exposit. serm. antiq. p. 782 St. = p. 566 f. M.: Cor-
nelius Tacitus libro facetiarum: „cessit itaque morum elogio in filiis dere-
licto.'* Fr. Haase (Ed. p. XIV) hält diese Schrift für eine Jugendarbeit
des Tacitus; mit mehr Wahrscheinhchkeit rechnet L. Müller (Fleckeisens
Jahrbb. 95, S. 789 f.) dieselbe zu der „Schwindelliteratur."
3. Gesammtausgaben der Werke des Tacitus (vgl. Panckoucke
Vol. VII: Bibliographie de 1055 editions de Tac): Ed. prihceps, Venet.
Vendelin. de Spira, um 1470. fol. (A. XI — XVI, Hiat., Germ., Dial.). Ed.
Fr. Puteolanus (mit Agr., Mailand um 1475; Venet. 1497. fol.), Ph. Beroal-
dus (erste vollständige Ausgabe, Rom. 1515 u. sonst, fol.), B. Rhenanus
(Basel 1519. 1533. foL), Aid. (Venet. 1534), J. Lipsius (Antverp. 1574. 8.
1600. 4. 1607. 1668. fol- u. sonst), C. Pichena (Florent. 1600. 4. Franeof.
1607), J. Gruter (Frankf. 1607), M. Bemegger (Strasaburg 1638. 1664),
J. Fr. Gronov (Amsterdam 1672. [1673.] 1685. 2 Bde.), Th. Rjck (Leyden
1687. 12. 2 Voll.), J. und Abr. Gronov (Utrecht 1721. 4. 2 Voll.), J. A.
Emesti (Lips. 1752. 1772. 2 Voll.; neue Ausg. von J. J. Oberlin, Lips. 1801.
2 Voll.), J. Lallemand (Paris 1760. 12. 3 Bde.), Gabr. Brotier (mit Supple-
menten in der Weise der Freinsheim*schen zu Livius, Paris 1771. 4. 4 Tomi.
44*
692 I^ie Kaiserzeit. Erstes Jahrhundert.
1776. 7 Tomi. 12. Edinburg 1796. 4. 4 Tomi), Bipont. 1779. 1792. 4 Bde.
(cur. Fr. Chr. Exter), J. Naudet (Paris 1819. 6 Bde.), Imm. Bekker (cum
notis vir. doctt., 2 Voll., Lips. 1831), G. H. Walther (Halle 1831 — 1833.
4 Voll.), G. A. Euperti (Manöver 1832 ff. 4 Voll.), N. Bach (Lips. 1834 f.
2 Voll.), Fr. Ritter (recogn., brevi adn. instr., Bonn 1834 — 1836. 2 Voll.;
emend., comment. critico illustr., Cantabrig. 1848. 4 Voll.; e codd. denuo
collatis rec., Lips. 1864), L. Döderlein (Halle 1841— 1847. 2 VolL), C. L. F.
Panckoucke (Text u. franz. Uebers., Paris 1840 ff. 7 Bde), Fr. Dübner
(concisa adnotatione, prooemio de grammatica Tac. et nomenclatore geo-
graphico explic, Paris 1845. 12.), J. C. Orelli (rec. atque interpr. est, Zürich
1846. 2 Voa Ed. n, Vol. I. 1859), J. Stock (ed. illustr. Dublin 1862. 2 Bde).
Texte von Imm. Bekker (Berol. 1825), Lünemann (Lips. 1825), Fr.
Haase (Lips. Tauchnitz 1855, 2 Voll.) und besonders C. Halm (Lips. Teub-
ner. 1850 f.; iterum recogn. 1857, 2 Voll. Vgl. Münchner Gel. Anz. 1851,
S. 31—63).
4. H. WOlffel, Emendationes in Gornelii Taciti libros, Nürnberg 1856.
68 pp. 8. Fr. Ritter, Bemerkungen zu Tacitus, Rhein. Mus. XVI. S. 464
—469. XVIL S. 99—137. XX. S. 195 — 217. 518 — 532. XXI. S. 634-550.
Philologus XIX. S. 264—281. 665—679. XX. 8. 109—127. 275—292. 648-
680. XXII. S. 48—62. 639-680. Fr. Thomä, Observationes criticae in
Com. Tacitum, Bonn 1866. 52 pp. 8. E. Wölfflin, Jahresbericht über
Tacitus, Philologus XXV. S. 92—134. XXVI. S. 92—166.
5. üebersetzungen von E. F. Bahrdt (Halle 1807. 2 Thle), K. L.
V. Woltmann (Berlin* 1811—1817. 6 Bde), F. C. v. Strombeck (Braunsijhweig
1816. 3 Bde), F. Rickleffs (Oldenburg 1825 — 1827. 4 Bde), W. Bötticher
(Berlin 1831—1834. 4 Bde), H. Gutmann (Stuttgart, Metzler, 1829 ff. 10 Bänd-
chen), C. L. Roth (Stuttgart, Hoffmann, 1854 ff.), G. F. Strodtbeck, F. Baor,
W. Teuffei (Stuttgart, Metzler 1856 ff.), Fr. Ritter (Leipzig, Eugehnann,
1864—1868. 4 Bde).
317. Noch ausschliesslicher in die Zeit des Nerva und Trajan
fallt die schriftstellerische Thätigkeit des jüngeren Plinius,
des Neffen und Adoptivsohnes von dem älteren. C. Plinius
Caecilius Secundus (J. 62 — 113 n. Chr.) aus Comum bekleidete
Staats- und Gemeindeämter unter Domitian; zuletzt unter Trajan
das Consulat (J. 100) und die Stelle eines kaiserlichen Legaten
in Bithynien (J: 111 f. oder 112 f.). Zur Zeit Domitians ein
gesuchter und gefeierter Sachwalter vor dem Centumviralgericlit
und in Griminalprocessen^ begann Plinius unter Nerva gehaltene
Reden umgearbeitet herauszugeben. Wir besitzen von solchen
noch die Dankrede für Ertheilung des Consulats^ stofflich
wichtig für die Geschichte Trajans, aber in ihrer erweiterten
Gestalt ermüdend durch Redseligkeit und bombastischen Preis
des Kaisers. Gleichfalls nach Nerva's Regierungsantritt iieng
Plinius an Briefe mit der Absicht ihrer VeröfiFentlichung za
317. PliDius der jüngere. 693
schreiben. Es sind ihrer neun Bücher, verfasst und einzehi
herausgegeben von J. 97—108; dazu noch der Briefwechsel mit
Trajan hauptsächlich aus der Zeit der bithynischen Statthalter-
schaft, aber nicht abgeschlossen. Diese Briefe verbreiten sich
in berechneter Manchfaltigkeit über eine Fülle von Gegenständen,
sind aber vor Allem dazu bestimmt ihren Verfasser im günstig-
sten Lichte zu zeigen. Doch mildert den Eindruck der Eitel-
keit die Offenherzigkeit womit sich der Verfasser selbst dazu
bekennt und seine unverkennbare Richtung auf das Edle. Die
Form ist gewandt und glatt. Auch zum Versemachen entschloss
sich Plinius, nach Jugend versuchen, noch in seinem vierzigsten
Lebensjahre; indessen ist von diesen lusus ui^d ineptiae nichts
auf die Nachwelt gekommen.
1. Nächst Cicero ist von allen Schriftstellern des Alterthums kaum
einer so genau und vollständig uns bekannt wie Plinius, hauptsächlich
durch ihn selbst, aber auch durch Inschriften, welche zuäammengestellt
sind von Mommsen im Hermes III. S. 108—113. Die umfangreichste ist
von den Thermen die er testamentarisch (T. F. I.) für Comum gestiftet, die
aber von da nach Mailand verschleppt wurde (bei Orelli-Henzen 1172 vgl. III.
p. 124). Er heisst darauf G. Plinius L. f. Ouf. Caedlius Secundus, Cos.,
Augur, Legatus pro pr. provinciae Ponti et Bithyniae consulari poteatate,
e[x SC. missus ab] Imp. Caesar e Nerva Traiano . . , Curator alvei Tiberis
et riparum et cloacar. urb., Praef. aerari Saturni, Praef. aerari milit.,
[Praetor, Trib. pleb.,] Quaestor imp., Sevir equitum rom., Trib. milit. leg.
III gallicae, Xvir stlitib. iudicand.; auf der aus Yercellae auch Fl(ameu)
divi T. Aug. (in Comum? Mommsen S. 99 f.). Hievon fallen unter Domi-
tians Regierung die Stellen als Quaestor Caesaris (Ep. YII, 16, 2), wuhrsch.
vom 1 Juni 89 bis 31 Mai 90 (Mommsen S. 86), trib. pleb. (Ep. I, 23, 2 ft.
vgl. VII, 16, 2. Paneg. 96, wahrsch. 10 Dcbr 91 bis 9 Dcbr 92), praetor
(Ep. III, 11, 2. VII, 11, 4. 16. Paneg. 95) J. 93 oder 94 (Mommsen S. 84
—86), praef. aerari mil., J. 95 — 97 oder 94—96 (Mommsen S. 37 f. 89);
unter Nerva (und Trajan) die eines praef. aerari Sat. vom Januar 98
bis 100 oder 101 (Mommsen S. 42. 89—91. Stobbe, Philologus XXVII.
S. 641); unter Trajan wurde er cos. suif. mit lulius Comutus TertuUus
1 Juli bis 30 Sept. oder 1 Sept. bis 31 Oci 100 (Ep. V, 14, 5. Paneg. 60.
92. Mommsen S. 91—95), augur J. 103 oder 104 (Ep. IV, 8. Mommsen
8. 44. 96), curator alvei Tib. (Ep. V, 14) wahrsch. 105—107 (Mommsen
S. 47. 96), Legat in Bithjnien J. 11 L u. 112 oder 112 u. 113 (Mommsen
S. 55. 96). Plin. starb wahrscheinlich vor 114 noch in der Provinz oder bald
nach der Heimkehr (ebd. S. 99), etwa 62 J. alt, da er am 24 Aug. 79 im
18**° Jahre stand (Ep. VI, 20, 5), somit 61—62 geboren war. Verheiratet
war PI. dreimal: zweimal unter Domitian (ad Trai. 2, 2), zuletzt mit Cal-
pumia (IV, 19 vgL VI, 4. 7. VIII, 10 f.), ohne aber Kinder zu bekommen.
Seine Vermögensverhältnisse waren glänzend. J. Masson, C. Plini . . vita
ordine chronologico digesta, Amsterdam 1709. Geisler, de Plinii min. vita,
Breslau 1862. 16 pp. 4. Tanzmann, de PL vita, ingenio, moribus, Eres-
694 I^ie Kaiserzeit. Erstes Jahrhundert.
lau 1865. Th. Mommsen, zur Lebensgeschichte des jüngeren Plinias, im
Hermes III. S. 31—114 (139).
2. Uieronym. ad a. Abr. 2126 = Trai 13 (Petav. und Freher. ad
2125) : Plinius Secundus Novocomensis orator et historicns inaignis habetur,
cuius plurima ingenii opera extant. Seine Lehrer in der Beredtsamkeit
B. oben 307, 4. Epist. V, 8, 8: unodevicesimo aetatis anno dicere in foro
coepi. I, 18, 3: causam luni. Pastoris . . acturus adulescentulos adhuc, in
quadruplici iudicio (vgl. IV, 24, 1). VI, 12, 2: in arena mea, h. e. apad
centumviros (vgl. IV, 16. IX, 23, 1. Martial. X, 19, 14 f.). So Vertheidigong
der Arrionilla (Ep. I, 5, 4 ff.)» der Attia Viriola (VI, 33, 1 f.), Corellia
(IV, 17, 1 i» 11) , des Vettius Priscus (VI, 12, 2). Ausserdem pro Firma-
nis (VI, 18), pro Clario (IX, 28, 5) u. a. Ep. VI, 29, 7 ff.: egi qnasdam
a senatu iussus. . . (8.) adfui Baeticis contra Baebium Massam (zusammen
mit Herennius SenecAO, J. 93, vgl. VII, 33). . . adfni mrsus isdem queren-
tibus de Caecilio Classico (J. 101 , vgl. I, 7, 2 f. III, 4. 9). . . (9.) accnsavi
Marium Priscum (J. 99? vgl. II, 19, 8. ad TraL 3). . .~(10.) tuitus sum
lulium Bassum (nach 105? vgl. IV, 9, 4 ff. 13, 1 f.). . . (11.) dixi proxime
pro Vareno (Rufo, J. 106 f. vgl. V, 20, 2. VII, 6. 10). Andere Criminal-
processe Ep. VII, 6, 8—13.
3. Die gehaltenen Reden pflegte Plinius nachher erweitert und sonst
umgearbeitet vorzutragen und nach langer Feile zu veröffentlichen. £p.
rV, 14, 1. V, 8, 6: egi magnas et graves causas. has . . destino retractare,
ne tantus ille labor mens . . meeum pariter intercidat. Vgl ib. 12, 1 f.
VII, 17. VIII, 3, 2. IX, 10, 2 f. 15, 2. 28, 5 (est uberior, multa enim post««
inserui). So wurde herausgegeben der sermo quem apud munidpes meos
(decuriones) habui bybliothecam dedicaturus (I, 8, 2 ff . 16) , eine actio pro
patria (II, 6, 3), die pro lulio Basso (IV, 9, 23), pro Vareno (V, 20, 2).
pro Attia Viriola (VI, 33, 1 f. vgl. Sid. Apoll. Ep. VUI, 10), pro Clario
(IX, 28, 5). Anderes VIII, 19. IX, 4. üeber die Dankrede an Trojan s.
A. 12. Dagegen waren erzählender Art (s. IX, 13, 14 vgl IV, 21, 3 die
Unterscheidung von actio und libri) des Plinius libelli de ultione Helvidi
(an seinem Ankläger Publicius Gertus) Ep. VII, 30, 4 f. IX, 13, 1; sowie die
lobende Biographie des jungen Vestricius Cottius (ib. III, 10 vgl II, 7).
Plinius selbst meint von seinen Reden: temptavi imitari Demosthenen . ■
in contentione dicendi (Ep. I, 2, 2 f. vgl VII, 30, 5) ; dagegen gab es schoo
in seiner Zeit nüchterne Beurteiler seiner Redeweise (wie Lupercus) , gegen
welche er sich Ep. IX, 26 vergebens mit Berufung auf Demosthenes ver-
theidigt (ib. 5: visus es mihi in scriptis meis adnotasse quaedam ut tumida
quae ego sublimia, ut improba quae ego audentia, ut nimia qnae ego
plena arbitrabar). Vgl. VII, 12, 4: cum suspicarer futurum ut tibi tumi-
dius videretur quoniam est sonantius et elatius. Gegen die Fordemng der
Kürze verwahrt er sich lebhaft ib. I, 20. V, 6, 42 ff. vgl. VI, 2, 5 ff. Macrob.
V, 1, 7: pingue et floridum (genus), in quo Plinius Secundus quondam et
nunc . . Sjmmachus luxuriatur.
4. Plin. Ep. VII, 4, 2 ff.: numquam a poetice alienus foi; qain
etiam quattuordecim natus annos graecam tragoediam scripsL . . (3.) mox,
cum e militia rediens in Icaria insula ventis detinerer, latinos elegos
in illud ipsum mare ipsamque insulam feci. expertus sum me aliquando
',..;.JH
317. Plinius der jüngere. 695
et heroo, hendecasyllabis nunc primam. (7.) transii (von Hexametern) ad
elegos: hos quoque non minus celeriter explicui. addidi alios (iambos,
bessert Mommsen), facilitate corruptus. . . (8.) inde plura metra, si quid
otii, maxime in itinere temptavi. postremo placuit exemplo multorum
uuum separatim hendecaByllaborum volumen absolvere. nee paenitet: legi-
tur, describitur, cantatur etiam. Erste Erwähnung dieser Sammlung ib.
IV, 14, 2 ff.: accipies cum hac epistula hendecasyllabos nostros, quibus nos
in vehiculo, in balineo, inter cenam oblectamus otium temporis. (3.) his
iocamur, ludimus, amamus, dolemus, querimur, irascimur, describimus
aliquid etc. (4.) ex quibus si non nulla tibi paulo petulantiora videbun-
tor etc« (8.) . . cogitare me has nugas inscribere Hendecasyllabi. Vgl.
V, 3. 10. VIII, 21, 4 (über et opnsculis rarius et metris). IX* 10, 2 (poe-
mata crescunt, nach Mommsen's Besserung). 16, 2 (novos versiculos tibi
. . mittemu8\ 25, 1 (lusus et ineptias nostras) u. 3 (passerculis et colum-
bulis nostris). Ausserdem übersetzte Plinius um dieselbe Zeit griechische
Epigramme des Arrius Antouinus (oben 306, 4) ins Lateinische (ib. IV, 18
Tgl. V, 15). Im Allgemeinen Ep. IX, 29, 1 das Geetänduiss: variis me
studiorum generibus, nuUi satis confisus, experior.
5. Plin. Ep. I, 1, 1: frequenter hortatus es nt epistulas, si quas
paulo curatius scripsissem, colligerem publicaremque. collegi non servato
temporis ordine (neque enim historiam componebam), sed ut quaeque in
manus venerat. Diese angebliche Planlosigkeit kann kaum von dem ersten
Buche selbst gelten. Vielmehr hat schon Tillemont erkannt und Mommsen
(Hermes III. S. 31—53) näher nachgewiesen dass die Sammlung chrono-
logisch geordnet ist, theils die Bücher unter einander, theils innerhalb
derselben in der Hauptsache auch die einzelnen Briefe (Stobbe , Philologus
XXVII. S. 640 f.). Die Bücher wurden (wie die des Martial und Statins)
nach einander einzeln herausgegeben. Kein Brief veranlasst den Beginn
der Sammlung vor Domitian's Tod zu setzen. Buch I stammt aus Ende
96 und J. 97; H aus J. 97— 100; III J. 101 f.; IV J. 104 f.; V herausgegeben
106; VI aus J. 106 f.; VII J. 107? VIII und IX J. 107-109. Die Samm-
lung war vollständig veröffentlicht als PI. nach Bithynien abgieng. Auch
die Correspondenz mit Trajam ist im Allgemeinen nach der Zeitfolge ge-
ordnet und jedem Schreiben des PI. gleich die Antwort des Kaisers an-
gehängt. Brief 15(16)— 121 (122) ist aus der Zeit der bithynischen Statt-
halterschaft (Sept. 111 bis nach Jan. 113), ohne aber bis zu deren Ende
zu reichen. Mommsen a. a. 0. S. 36 — 59. 99. Die Adressaten sind B. I
immer, III— V meist mit doppeltem Namen bezeichnet, in B. II und VI—
IX immer nur mit einem. Vgl. A. 10.
6. Die Briefe sind sichtlich von Anfang an für die Veröffentlichung
geschrieben. Jede Person die darin genannt wird und nicht todt oder
verbannt ist wird gelobt ; die einzige Ausnahme macht Regulus (oben 308, 3)
und etwa Javolenus Priscus (s. unten 319, 3). Sonst ist bei jedem Ge-
tadelten der Name unterdrückt (s. II, 6. VI, 17. VII, 26. VIII, 22, 4. IX, 12.
26, 1. 27, 1). Jeder Brief behandelt nur je einen Gegenstand, so dass
Empfehlnngs-, Gratulations- und Condolenzschreiben mit adressierten Tages -
nenigkeiten, Beschreibungen (bes. von Villen), Abhandlungen moralischen
Inhalts (manchmal recht trivialen, wie VII, 26. IX, 11) planmässig ab-
696 Die Kaiserzeit. Erstes Jahrhundert.
wechsehi. Mit der Person des Verfassers beschäftigen sich die allermeisten,
mit gelungenen Leistungen oder Aeusserungen desselben, seinen Grund-
sätzen, seiner Lebensweise u. s. w. und sie zeigen ihn als zärtlichen Gat-
ten, treuen Freund, humanen Sklavenhalter, gefeierten Redner und Schrift-
steller, edeldenkenden Bärger, freigebigen Förderer aller guten Zwecke.
Dagegen der Briefwechsel mit Trojan dient dazu die Geduld und ruhige
Umsicht des Kaisers gegenüber der zappelnden Rathlosigkeit und Wichtig-
thuerei seines Statth^ters ins Licht zu stellen. Auch VIII, 14, 12 — 24 yer-
räth die grosse Umständlichkeit womit eine einfache Frage behandelt ist
wenig geschäfbsmännisches Geschick. Aber auf die Form ist auch hier
alle Sorgfalt verwendet; vgl. I, 1 (A. 5) und VII, 9, 8: volo epistulam
diligentius scribas. . . pressus sermo purusque ex epistulis petitur.
7. Mit seinen Tugenden und Schwächen ähnelt PI. seinem Vorbilde
Cicero (M. Tullius, quem aemulari studüs cupio, Ep. IV, 8, 4 vgL I, 5, II.
IX, 2, 2). Er hat dessen Weichheit und Durst nach Lob , aber ohne seine
Launen und Bosheiten wie ohne sein grosses Talent. Im Gefühle seiner
Schranken hat er immer eine Schreibtafel zur Hand, um die Gottesgabe
eines Einfalls nicht verloren gehen zu lassen. Aufrichtig gesteht er: me
nihil aeque ac diutumitatis amor et cupido sollicitat, Ep. V, 8, 1 Tgl.
Vm, 2, 8. IX, 3, 1. 14. (nostro studio et labore et reverentia posteroram).
23. 31. Seine Weichheit (mollitia animi mei, Ep. IV, 21, 5) macht ihn
milde in der Beurteilung Anderer, im Leben (Ep. VIII, 22. IX, 17) wie in
der Literatur (VI, 17. 21, 1), so dass Manche ihn tadelten tamquam amico«
ex omni occasione ultra modum landet (VII, 28, 1), wohl zugleich in der
stillen Hoi&iung auf Gegenseitigkeit Seine Weichheit lässt ihn den Ver
lust von Angehörigen und Freunden (auch Sklaven, wie VIII, 16) warm
und tief empfinden und leicht in Thränen ausbrechen (z. B. V, 21, 6. YIU,
16, 5. 23, 8). Auch für die Beize der unbelebten Natur hat er vermöge
dieser natürlichen Weichheit einen offenen Sinn (z. B. I, 6, 2. 9, 6. II, 17,
3 ff. V, 6, 13 f. VI, 31, 16 ff. VIII, 8. 20, 4 ff . 10: me nihil aeque ac natorae
opera delectant. IX, 7, 2 ff. H. Motz, die Empfindung der Naturschön-
heit S. 68-^73 u. sonst). Diese Eigenschaft streift nicht selten an Weich-
lichkeit und unmännliches Wesen, z. B. VI, 4. VII, 5. Im Ganzen ist
Plinius in Nichts gross und in Vielem Idßin; aber er hat das Gute gewollt
(VIII, 2, 2: mihi egregium in primis vioetur . . agitare iustitiam) und das
Gemeine gemieden.
8. Chr. B. Lehmus, der Charakter des jungem Plinius, Soest 1776.
J. A. Schäfer, über d. Charakter d. j. PL, Ansbach 1786—1791. 4. G. E.
Gierig, Leben, moralischer Charakter und schriftstellerischer Werth des
j. PL, Dortmund 1798. E. Cauvet, ^tude sur Pline le jeune, Toulouse 1857.
Grasset, Pline le j., sa vie et ses oeuvres, Montpellier 1865. 187 pp.
J. Held, Werth der Briefsammlung des j. PL in Bezug auf röm. Lii-
Geschichtet, Breslau 1833.
Wensch, lexici pliniani spec. I. IL Wittenberg 1837. 1839. 4. H. Hol-
stein, de PL min. elocutione, Naumburg 1862. 36 pp. 4.; disp. altera,
Magdeburg (Lips. Teubner) 1869. 26 pp. 4.
9. Sidon. Apoll. Ep. IX, l : addis et causas quibus hie liber nonos
octo superiorum voluminibus adcrescat, quod C. Secundus, cuius nos orbi-
■.V«.
317. Pliniua der jüngere. 697
tas Bequi hoc opere pronuntias , paribus titolis opus epiatulare determinet.
Der Briefwechsel mit Trajau wurde erst von Aldas willkürlich als zehn-
tes Buch gezählt und ist jetzt durch keine Handschrift mehr vertreten. Aber
im sechszehnten Jahrh. gab es noch eine solche in Frankreich, nach welcher
die 81 letzten Briefe von H. Avantius (1602) u. A. (Ph. Beroaldus 1502,
Catanaeus Mail. 1506), die sämmtlichen (incl. 1 — 41) aus der inzwischen
nach Italien gekommenen Hds. von Aldus 1508 herausgegeben wurden.
Spätere Herausgeber veränderten die Ordnung, indem sie zuerdt die Briefe
ohne Antwort und dann die auf welche auch die Antwort Trajans erhalten
lai zusammenstellten. Keil hat die ursprüngliche Ordnung wiederhergestellt,
aber Nr. 4 ungezählt gelassen. Erste methodische Behandlung durch J. C.
Orelli, Turici 1833, verbessert und mit einer historia critica epistolarum
PHnii et Traiani vermehrt, Turici 1838. 4. Sonstige Beiträge von J. Held
(Prolegg. ad etc., Schweidnitz 1835. 4.), Gr. Thomsen (Dansk Maanedskrift
1858, S. 425—455. 1859, S. 152—158), Holm (ebd. 1859, S. 158—168) und
J. L. üssing (om de k. Tr. tillagte breve til PL, Kopenhagen 1861. 26 S. 4).
10. Die einzige Handschrift welche sämmtliche neun Bücher Briefe
enthält ist der Medioeus (M) saec. X , von welchem Titze's Prager Hds. eine
fehlerhafte Abschrift ist. Aus gleicher Quelle mit M stammt dei^ Yaticanus
3864 (V) saec. X, welcher aber nur B. I— IV enthält. Alle übrigen Hdss.
sind jünger und bieten entweder nur B. I bis V, 6 (zusammen 100 Briefe),
wie besonders der Florentinus (F) saec. XI und der verschollene Riccar-
dianus (von Corte benützt), oder nur acht Bücher, indem sie B. VlII aus-
lassen und B. IX als achtes zählen, ausserdem das letzte und das 5. Buch
in gestörter Ordnung bieten. Aelteste Hds. dieser letztem Classe ist der
codex ärchivii Cassinatis 332 vom J. 1429. Auch der Dresdensis (D) gehört
dahin; in ihm aber, wie in andern, ist der Text nach einem Exemplar
der 100 Briefe-Olasse durchcorrigiert. D wie M geben den Adressaten nur
Einen Namen, während F und Biccard. oft beide Namen bewahrt haben
(vgL A. 5 E.). Alle Handschriften aber enthalten vielfache willkürliche
Abänderungen und Interpolationen durch Grammatiker. .H. Keil, praef.
seiner Ausg., und De Plinii epistulis emendandis disp. I (Erlangen 1865.
23 pp. 4.) und II (ErL 1866. 23 pp. 4.).
11. Die erste Ausgabe der Briefe (Venet. 1471) enthielt nur acht
Bücher; die von J. Schurener (Rom. 1474?) besorgte fugte einen Theil von
B. VIII (ohne 8, 3 — 18, 11) hinzu. Die erste vollständige ist die von Aldus,
Yenet. 1508, aus einer von M verschiedenen Hds. Sonstige Ausgaben von
J. Gruter (1611), J. Veenhusen (cum notb Gasaub., Gruteri, J. Fr. Grono-
vii etc., Lugd. B. 1669), G. Gortius etP. D. Longolius (Amstelod. 1734. 4.).
Ed. F. N. Titze, Prag 1820. Auswahl mit Anm. von G. A. Herbst, Halle
1839. Erläutert von M. Döring, Freiberg 1843, 2 Bde.
12. Die Dankrede an Trajan für die Ertheilung des Gonsulats (Ep.
II, 1, 5. ni, 13. 18. IV, 5. VI, 27, 2 f. Paneg. 1, 6. 2, 3. 3, 1. 90, 3) wird
panegyricus genannt schon von Sidon. Apoll. Ep. VIII, 10. „Wahr-
scheinlich hat sie unter der Erweiterung und der zu peinlichen Sorgfalt
bei der nachträglichen schriftlichen Ausführung gelitten. Wie sie jetzt
vorliegt, gespreizt und gewunden, unter dem Scheine des Freimuts mit
übermässigen und abgestandenen Schmeicheleien vollgepfropft, . . begpreifcn
698 l^io Kaiserzeit. Erstes Jahrhundert.
wir das Urteil F. A. Wolfs (praef. zu Cic. p. Marceil. p. XII): enecuisset
principem noTus consnl ai ita diiisset ut scripsit '* (M. Hertz , Reuaissance
u. 8. w. S. 11). üeberliefert ist sie in zwei Recenaionen, die aber beide
verdorben sind. Die ältere ist vertreten durch die drei Palimpsestblätter
(saec. VI— VIII) aus Bobio welche A. Mai in seiner Ausg. des Symmadius
(Mediol. 1815) veröffentlicht hat, genauer H. Keil, de schedis Ambrosianis
rescriptis paneg. PL, Halle 1869. 16 pp. 4. Die andere besteht aas Hdss.
des 15. Jahrhunderts (z. B. Vat. 3461), welche alle aus einer Hds. der
panegyrici abgeschrieben sind die im J. 1433 J. Aurispa in Mainz sah;
H. Keil, Jo. Aurispae epistula, Halle 1870. 4. Ausgaben zuerst in den Pane-
gyrici veteres von Puteolanus, Cuspinianus (1513) u. a., dann cum conunent.
J. Lipsii, Antverp. 1600. 1604. 4. u. sonst. Emend. J. M. Gesner, Gotting.
1735. 1749. Cum notis varr. cur. J. Arntzen , Amstelod. 1738. 4. Com comoL
ed. C. G. Schwarz, Norimb. 1746. 4, Rec. G. E. Grierig, Lips. 1796. Texte revu
par Fr. Dübner, Paris 1843. J. C. Held, Observationes in PL paneg , Bureau
1824. 4. J. Dierauer, über den Paneg. des j. PL, in M. Büdingers Unters,
zur röm.Eaisergesch. I (1868) S. 187—217. Uebersetztvon J. Hoffa^ Marb. 1834.
13. Gesammtausgaben (vgl. A. 11) besonders von H. Stephauus (cum
notis Is. Gasauboni, Paris 1591), M. Z. Boxhorn (Lugd. B. 1653), J. M. Ges-
ner (Lips. 1739. 1770; cum notis varr. ed. G. H. Schaefer, Lips. 1805), G.E.
Gierig (rec. et prolegg. instr., Lips. 1806), H. Keil (recogn., Lips. 1853,
Bibl. Teubner), besonders dessen grössere Ausgabe, Lips. Teubner 1870.
Uebersetzungen von Schäfer (Erlangen 1801 f.), E. A. Schmid o. F.
Strack (Frankf. 1819, 2 Bde), C. F. A. Schott (Stuttgart, Metzler, 5 Bdchn),
E. Klussmann (Stuttgart, Hoffmann 1869 f.).
318. Ausser diesen beiden bedeutendsten Rednern ihrer
Zeit kennen wir besondere durch Plinius noch eine grosse An-
zahl von Männern aus allen Ständen welche im Senat und vor
Gericht als Redner und Sachwalter thätig waren und zum Theil
ihre Reden auch veröffentlichten. So namentlich Pompejus
Satuminus, welcher auch Verse machte, und Voconius Romanus.
Die grosse Zahl dieser praktischen Redner und ihr entschiedenes
üebergewicht über die Schulredner zeugt Ton der Bedeutung
welche das öffentliche Leben wieder gewonnen hatte. Ein achtimgs-
werther Vertreter der Schulberedtsamkeit ist P. Annius Florus,
von welchem ein anziehendes grösseres Bruchstück auf uns ge-
kommen und der auch als Dichter bekannt ist. Die Geschicht-
schreibung hat auch ausser Tacitus die Richtung auf das Per-
sönliche (Claudius Pollio, C. Fannius, Plinius) und auf Dar-
stellung der letzten Vergangenheit (Pompeius Planta).
1. Plin. Ep. I, 16, 1: Pompeinm Saturnin um. . . (2.) audivi caassB
agentem . . polite et omate etc. (3.) senties quod ego cum orationes eins
in manus sumpseris, quas facile cui libet veterum, quorum est aemaloB,
comparabis. (4.) idem tarnen in historia magis satisfaciet etc. (5.) praeterea
J
318. Eedner unter Trajan. Annius Florus u. A. 699
facit yersos qaales Catullus aut Calvus. qnantam (in) illis leporis etc.
(6.) legit mihi nuper epistolas: . . Plantom vel Terentiam metro Bolutum
legi credidi. An ihn ib. I, 8. Y, 21 (, 1: literae tuae . . te redtaturum statim
ut venissem poUicebantur). YII, 7. 15. IX, 38.
2. Plin. Ep. II, 13,4: Yoconius Bomanus . . (7.) ad hocingenium
excekam, subtile, dnlce, facile, eruditum in causis agendis. epistulas qui-
dem Bcribit ut Musas ipsas latine loqui credas. An ihn ib. I, 5. III, 13.
IX, 28 (, 3: nuntias multa te nunc dictare nimc scribere quibus nos tibi re-
praesentes) u. a. ad Trai. 4, 4: pro moribus Bomani mei, quos et liberalia
studia exomant et eximia pietas. Er ist wohl der C. Liciuius C. f. Gal.
MarinuB Yoconius Eomanus im C. I. lat. II, 3866 vgl. 3865 a.
3. Suet. Yesp. 13: Salvium Liberalem in defensione divitis rei
ausum dicere . . et ipse laudavit (Yesp.). Unter Domitian verbannt. Plin.
Ep. II, 11, 17: postero die (J. 100) dixit pro Mario Salvius Liberalis, vir
subtiHs, dispositus, acer, disertus. Ygl. ib. III, 9, 36 (J. 101). Cos. wohl
unter Nerva (OreUi 1170: C. Salvius C. f. Yel. Liberalis Nonius Bassus);
8. Pauly's Beal-Enc. I, 2. S. 2298, No. 36.
4. Als praktische Bedner bezeichnet Plinius ausserdem folgende Zeit-
genossen: Catius Fronte (Ep. II, 11, 3 u. 18. IV, 9, 15. YI, 13, 2), Claudius
Capito (YI, 13, 2), Claudius Marcellinus (II, 11, 15), Claudius Bestitutus
(III, 9, 16), Cornelius Minicianus (YII, 22), Cremutius Buso (YI, 23, 2),
Erucius Claras (Cos. 117, vir . . disertus atque in agendis causis exerci-
tatus, ib. II, 9, 4 vgl. Dio LXYIII, 30), Fabius Hispanus (facundia validus,
ib. ni, 9, 12), C. Fannius (s. A. 8), Fuscus Salinator (YI, 11. 26), Heren-
nius Pollio (lY, 9, 14), lulius Africanus (YII, 6, 11), Enkel des gleich-
namigen Bedners (oben 280, 4); Lucceius Albinus (ÜI, 9, 7. lY, 9, 13),
Minicius (lustus? vgl. ib. YII, 11, 4), dessen Stilart tenuitas war (YII, 12, 5);
Pomponius Bufus (lY, 9, 3), l^itius Homullus (Ep. lY, 9, 15. V, 20, 6),
Trebonius Bufinus (lY, 22, 1 f.), Tuscilius Nominatus (Y, 4, 1 f. 13, 1 ff.),
Varisidius Nepos (lY, 4, 1), Ummidius Quadratus (VI, 11. YII, 24; Cos. J. 118).
5. Plin. Ep. YI, 5, 6: et (luventius) Celsus (unten 319, 2) Nepoti ex
libello respondit (im Senat) et Celso (Liciniua) Nepos ex pugillaribus.
Y, 13, 6 f. : NigrinuB trib. pleb. recitavit (im Senat) libellum disertum et
gravem, quo questus est vaenire advocationes etc. vgl Y, 20, 6 (dixit . .
Nigrinus presse, graviter, omate).
6. Als Schulredner sind aus dieser Zeit (ausser Licinianus, oben 308,
15) bekannt Isaeus (Plin. Ep. II, 3. Juv. 3, 74. Philostr. vit. soph. I, 20)
und lulius Genitor (rhetor latinus, Plin. Ep. III, 3, 3 ff.; an ihn ib. III, 11.
YII, 30. IX, 17), sowie Yettius (Juv. 7, 150). Auch Sueton heisst schola-
sticofl bei Plin. Ep. I, 24, 4 vgl. 18, 1 (ne quid adversi in actione patiaris).
7. Die Einleitung des Dialogs von P. Annius Florus über die Frage
Yerg^us orator an poeta wurde von Th. Oehler in einer Brüsseler Hand-
schrift gefunden und von F. Bitschi (Bhein. Mus. I. 1842. S. 302—314) erst-
mals herausgegeben und commentiert. Darauf auch in den Ausgaben des
lulius Florus (unten 325) von 0. Jahn p. XLI—XLIY und von Halm p. 106
—109. Vgl. J. Freudenberg, Bhein. Mus. XXII. S. 30 f. Daraus erfahren
wir über den Verfasser dass er puer sub Domitiano zu Bom im capitoli-
niflchcn Agon aufgetreten, aber aus Parteilichkeit nicht gekrönt worden
700 I^^6 Kaiserzeit. Erstes Jahrhundert.
sei; aus Verdruss hatte er sich auf Reisen begeben, zuletzt al^er in Tar-
raco niedergelassen und die professio litterarum betrieben. Hier trifiPt ihn
der Interlocutor und fragt ihn z. B.: quid tu tarn diu in hac provinda?
nee . . urbem illam revisis ubi versus tui a lectoribus concinuntur et in
foro omni clarissimus ille de Dacia triumphus (Tngans, J. 102 oder 106)
exultat? Wirklich finden wir ihn unter Uadrian zu Born, da er ohne
Zweifel der Florus poeta ist mit welchem Hadrian scherzhafte Verse wech-
selte (Spartian. Hadr. 16); vgl. Charis. I. p. 53, 14 u. 140, 6 E. (Annioe
Florus ad divum Hadrianum: poematis delector). 123, 17 (Florus ad diTum
Hadrianum). Auch ist ganz glaublich dass er der Verfasser ist der an-
sprechenden 26 trochäischen Tetrameter, Lebensbeobachtungen enthaltend,
welche im codex Salmasianus die (halbbarbarische) Aufschrifb haben Flori
de qualitate vitae (Nr. 246—252 bei A. Biese, Anthol. lat. p. 168—170},
sowie der fünf Hexameter Flori über die Bösen (ib. Nr. 87 , p. 101). K E
0. Müller, de P. Annio Floro poeta et carmine quod Perrigilium Veneiis
inscriptum est, Berlin 1855. 46 pp.
8. Plin. Ep. V,.5, 1: nuntiatum mihi est C. Fannium decessiase,
. . hominem elegantem, disertum etc. (2.) . . pulcherrimum opus imperfectom
reliquit. (3.) quamvis enim agendis causis distringeretur scribebat tarnen
exitus occisorum aut relegatornm a Nerone et iam tres libros absolverat,
subtiles et diligentes et latinos atque inter sermonem historiamque mediofi,
ac taiito magis reliquos perficere cupiebat quanto frequentius hi lectita-
bantur. Vgl. ib. 5: primum librum quem de sceleribus eins (des Nero)
ediderat etc.
9. Schol. des Valla zu Juv. 2, 99: quod bellum (des Galba, Otho,
Vitellius) descripsit Cornelius Tadtus, post Comelium vero, ut Probui
mquit, Porapeius Planta, qui alt Bebriacum etc. Plin. Ep. JXy 1 (Maximo
suo) , 1 : to>epe te monui ut libros quos vel pro te vel in Plantam . . com-
posuisti quam maturissime emitteres: quod nunc praedpue morte eins
audita et hortor et moneo. Er ist wohl der Pomp. Planta der als Präfect
von Aegypten (J. 98) bei Plin. ad Trai. 7 u. 10 genannt wird; Maximus
aber ist wohl der Nonius Maximus dessen libri Plinius Ep. IV, 20 rühmt
und an welchen auch Ep. V, 5 (s. A. 8) gerichtet ist. Ein Mesdus Maximus
ib. 111, 20. IV, 25.
10. Ueber einen Ungenannten der verisdmum librum über die jüngste
Vergangenheit redtaverat Plin. Ep. IX, 27. Vgl. ib. 31 (Sardo): legi librum
tuum, ideutidem repetens ea maxime quae de me scripsisti.
11. Plin. Ep. VII, 31, 5: Claudius Pollio quam fideliter amicos
colat multorum supremis iudicüs, in bis Anni Bassi, gravissimi dvis, cie-
dere potes , cuius memoriam tam grata praedicatione prorogat . . ut hbmm
de vita eins (nam studia quoque dcut alias bonas artes veneratur) edideiii
12. Plinius stellt Ep. V, 8 halb in Aussicht dass er, wenn er mit
der Bearbeitung und Herausgabe seiner Beden zu Ende sd, dch der Ge-
schichtschreibung zuwenden werde. Indessen die glänzenden Leistongen
des Tacitus auf diesem Gebiete werden ihn eher davon zurückgeflchreeli:t
haben, und so blieben die rhetorisch-biographischen Schriften über Hel?i*
dius und Vestricius Cottius (oben 317, 3) das Eindge was er in dieser Ait
verfasste.
318 f. Geschichtschreiber und Juristen unter Trajan. 701
319. Die Jurisprudenz hat unter Trajan eine Anzahl
isgezeichneter Vertreter. So die letzten Proculianer Nera-
iis Priscus und Juventius Celsus, beide zum Consulat gelangt
id noch im Rathe Hadrians, dabei fruchtbare Schriftsteller.
uf Seiten der Sabinianer stand Javolenus Priscus, sowie auch
ohl der charaktertüchtige Freund des Plinius, Titius Aristo,
id der von Salvius Julianus commentierte Minicius. Minder
beutend und wenig bekannt sind Laelius Felix, Varius Lucul-
Ls, Arrianus, Octavenus, Vivianus u. a.
1. Pompon. Dig. I, 2, 2, 53: successit . . patri Celso Celsus filius et
riscusNeratiuB, qui utrique consules fnerunt, Celsus quidem et iterum
A. 2), Ner. Pr. aber mit dem Grosavater von M. Aurel, Annius Verus (Dig.
[iVIU, 8, 6), wahrscheinlich unter Domitian, etwa J. 83 nach Sickel und
>rghe8i bei Mommsen I. B. N. 4931 (aus Altilia): L. Neratio L. f. Vol.
•isco, praef. aer. Sat, Cos., Leg. pr. pr. in" prov. Pannonia (J. 98), womit
5rthch übereinstimmt ib. 4932 aus Saepinum , wo auch noch ein jüngerer
3r. Pr. (Sohn des Juristen?) genannt ist (L. Neratius L. f. Vol. Pr . . . .
[Ivir epul., leg. Aug. pr. pr. . . . inferiore et Pannonia) , welchen Dirksen
bhandl. d. Berl. Ak. 1852, S. 202—204), sich stützend auf eine imechte
ratilli'sche) Inschrift (OrelU 753 = Mommsen 520*), für den Rechta-
lehrten hielt. Spart. Hadr. 18, l: cum iudicaret in consilio habuit . .
risconsultos et praecipue lulium Geis um (vgl. Muratori Inscr. p. 2005, 1.
"elli 2369), Salvium lulianum, Neratium Priscum aliosque, wonach Nera-
18 ein hohes Alter erreicht haben muss. Am einflussreichsten unter Trajan;
Spart. Hadr. 4, 8: frequens opinio fuit Traiano id animi fuisse ut Nera-
im Priscum . . successorem relinqueret, . . usque eo ut Prisco ahquando
cerit: conmiendo tibi provincias , si quid mihi fatale contigerit. Vgl. Dig.
IX Vn, 12, 5: Divus Traiauus . . consilio Neratii Prisci et Aristonis etc.
m seinen Schriften sind in den Digesten an 64 Stellen excerpiert (s. Hom-
3I, Palingenesia I. p. 501 — 512): Responsorum libri III, Membranarum
»ri VII und Begularum Ubri XV; angeführt werden ausserdem Keratins
»ro rVo Epistolarum (Dig. XXXIII, 7, 12. §. 35 u. 43; daraus wohl die
istola Neratii ad Aristonem, ib. XIX, 2, 19, 2), libri ex Plautio (Dig.
II, 8, 5, 1 vgl. oben 298, 4) und ein liber de nuptiis (Gellius IV, 4, 4).
1^1. auch A. 3. J. C. Sickel, de Neratio Prisco icto, Lips. 1788. 4.
idorff , rOm. Bechtsgesch. I. S. 181 f K. Viertel , de vitis ictorum (1868)
26—30.
2. P. luventius Celsus T. Aufidius Hoeuius Severianus (Dig. V,
20, 6. Orelli-Henzen 7182), Sohn des Juristen luv. Celsus (oben 298, 2),
18 J. 95 einer der gegen Domitian Verschworenen (Dio LXVII, 13), Prätor
% oder 107 (Plin. Ep. VI, 5, 4), Cos. I wohl unter Tr^an, II unter
idrian J. 129 (Dig. 1. 1. Cod. lust. VII, 9, 3. Gruter p. 573, 2). Schriften:
gestorum libri XXXIX, angelegt nach dem System der hadrianischen
dification (B. 1—12 u. 24—27 nach der Reihenfolge des Edicts, B. 13—
über Testamente und Legate, 28 — 39 über sonstige Gegenstände des
rilrechts , woraus in den Digesten sich 142 Stellen finden , besonders aus-
702 I^i^ Kaiserzeit. Erstes Jahrhundert.
führliche VIII, 6, 6. XXVIII, 5, 69. XXXIII, 10, 7. XLVH, 2, 67; auch
8. fragm. Vat. 75. 77. 79. 80. Nur angeführt werden seine Commentani
in mindestens 7 Büchern (Dig. XXXIV, 2, 19, 6), Epistolae in mindestens
11 (ib. IV, 4, 3, 1) und Quaestiones in wenigstens 19 Büchern (ib. XU, 1, 1.
XXVIII, 5, 9, 2. XXXIV, 2, 19, 3). Celsus geht in seinen Ueberresten
mit Vorliebe auf die Juristen der Republik (bes. Servius , Labeo und Tubero)
zurück und beruft sich Öfters auch auf mündliche Erklärungen seines Vaters
(Dig. XXXI, 20: et Proculo placebat et a patre sie accepL ib. 29: pater
mens referebat etc.). Griechische Wendungen Dig. XIII, 3, 3. XXXIII, 10, 7.
Er zeigt Schärfe , theilweise auch Derbheit. Bei den älteren Juristen hiess
eine grobe Antwort auf eine thörichte Frage responsio Celsina auf eine
quaestio Domitiana, aus Anlass von Dig. XXVIil, 1, 27: Domitius Labeo
Celso sno salutem. Quaero an etc. (ob der Notar der ein Testament auf-
gesetzt auch als Testamentszeuge fungieren könne). luventius Celsus Labeoni
suo salutem. Ant non intellego quid rät de quo me consulis aut valicfe
stulta est consultatio tua. plus enim quam ridiculum est dubitare sn
aliquis etc. Vgl. ib. III, 5, IQ, 1 : istam sententiam Celsus eleganter den-
det. Hommel, Palingenesia I. p. 149 — 172. Heinecdus, de P. luveDÜo
Celso Icto eximio, Frankf. a. 0. 1727. 4. = Opp. II. p. 518—532. Rudorff,
Rom. Rechtsgesch. I. S. 181.
3. Pompon. 1. 1. (s. A. 1): successit . . Caelio Sabino Prise us la-
V ölen US, . . lavoleno Prisco Aburnius Valens et Tuscianus, item Sal?ias
lulianus. Dig. XL, 2, 5: lulianus: . . ego, qui meminissem layolenamf
praeceptorem meum , et in Africa et in Syria servos suos manumisisse com
consilium praeberet. Plin. Ep. VI, 15: Passeunus Paulus . . scribit elegos.
. . is cum recitaret ita coepit dicere: ^Prisce, iubes.' ad hoc lavole&os
Priscus (aderat enim, ut Paulo amicissimus) : 'ego vero non iubeo.' cogita
qiu risus hominum. . . est omnino Priscus dubiae sanitatis, interest tarnen
officiis, adhibetur consiliis atque etiam ius civile publice respondet Um
so weniger schlimm wird es mit seiner sanitas oder gar deliratio (ib. 4)
gewesen sein. Plinius hat für Humor kein Organ und war vielleicht selbst
auch durch lavoleuus in seiner Eitelkeit verletzt. Sehr zweifelhaft ist ob
lav. unter Pius noch lebte, da Capitol. Ant. Pi. 12, 1 die Hdss. vielmehr
Diaboleno haben. Juristische Schriften von ihm sind in den Digesten ao
206 Stellen ezcerpiert. Wir kennen als solche: libriXV ex Cassio, Epieto-
larum libri XIV, ad Plautium oder ex Plautio libri V, libri ex Posterioribns
Labeonis oder Posteriorum Labeonis (oben 249, 3) a lavoleno epitomatomm,
mindestens sechs. Hommel, Palingenesia I. p. 197—220. Freilich ist ei
fraglich ob da wo Priscus schlechtweg genannt wird er gemeint ist oder
Keratins; denn Dig. VII, 8, 10, 2 (et Priscus et Keratins putant) schreibt
Mommsen, nach der Uebersetzung des Stephanos {%a£ qiaai ügonovlog ti
a(ta Kai NsqotTios) vielmehr et Proculus et N. G. A. Jenichen, de Pr.
lav. icto incomparabili, Lips. 1734. 4. H. van Alphen, spicilegia de 1. Pr-
icto, Utrecht 1768 und in Oelrichs thesaur. nov. III, 1. J. G. Lindner,
prolusio de L Pr. ad Plin. Ep. VI, 15, Arnstadt 1770. 4. C. L. Neaber,
die Jurist. Classiker (Berl. X806) S. 146—182.
4. Plin. Ep. I, 22, 1 if. (ums J. 100): perturbat me longa et perÜoax
valetudo Titi Aristonis, quem singulariter et miror et diiigo. nihil est
319. Juristen: luventdus Celsus, lavolenus, Arißto u. A. 703
enim illo gravius, sanctius, doctias etc. (2.) quam peritus ille et pri vati
iuris et publici! quantum reram, quantum exemplorum , quantum anti-
quitatds tauet! etc. (3.) . . et tarnen plerumque haesitat, dabitat diversi-
tate ratiouum, quas acri magnoque iadido ab origine causisque primis
repetit etc. (6.) in summa, non facile quemquam ex istis qui sapientiae
Studium habitu corporis praeferunt huic viro comparabis. . . in toga
negotiisque versatur, multos advocatione, plures consiHo iuvat. Auch nach
dem Weiteren scheint es dass er sich zum Stoicismus bekannte. Damals
genas er wirklich; denn an ihn sind gerichtet Ep. V, 3 (Titio Aristoni suo) vom
J. 106 ^und VIII, 14 vom J. 108 (1: cum sis peritissimus et privati iuris et
publici etc. 10: scientia tua, cui semper fuit curae iura . . sie antiqua ut
recentia . . tractare). Dig. XXXVII, 12, 5 (oben A. 1). Schriften von ihm
erwähnt PliuiuB noch nicht; auch werden solche in den Digesten nie excer-
piert, wohl aber gelegentlich (besonders durch Pomponius, s. unten 327, 8)
seine Noten (notat, adnotat u. dgl.) zu (Labeo, Cassius und) Sabinus (wonach
Aristo Sabinianer war) , Dig. II, 14, 7, 2 (eleganter Aristo Celso respondit).
IV, 8, 40 (Cassitim audisse se dicentem Aristo ait). XX, 3, 3 (Aristo Ne ra-
tio Prisco scripsit etc. Vgl. XL, 4, 46). VII, 1, 7, 3. VII, 8, 6 (Ar. apud
Sabinum). XXVIII, 5, 17, 5. XXIX, 7, 9. XXXIII, 9, 3, 1. fragm. Vat. 68.
83. 88. 199; einmal (Dig. XXIX, 2, 99) Aristo in decretis Frontinianis (oben
309?). Gell XI, 18, 16: memini legere me in libro Aristonis icti, haud-
quaquam-indocti viri, etc. Dig. XXXVII, 5, 6 (wo Salvius Aristo an Julia
nus eine juristische Anfrage richtet) ist Salvius wohl zu streichen imd jeden-
falls ein anderer Aristo zu verstehen. Th. Mommsen, Ztschr. f. Rechts-
geach. IX. S. 87 f. A. 13. J. J. Enschede, de T. A., Lugd. B. 1829. Th.
Mommsen, Zeitschr. für Rechtsgesch. VII (Weimar 1868) S. 474—478.
5. Dig. XLI, 1, 19: Aristo ait; . . quod et Varium Lucullum aliquando
dnbitasse. Also wohl älterer Zeitgenosse des Aristo. Mommsen: Varrouem
Lucullum (cf. Cic. p. TuU. 8)?
6. Ein Minicius ist als juristischer Schriftsteller bekannt durch die
iu den Digesten 40nial excerpierten Noten Julians zu seinem Werke (ex
Minicio, apud oder in Minicium). Sehr zweifelhaft ist seine Identität mit
dem (L.) Minicius Natalis welchem Divus Traianus rescripsit (Dig. II, 12, 9),
dem Cos. von J. 107 mit Q. Licinius Granianus (Mommsen I. B. N. 4496.
Bull, archeol. 1846, p. 42), welcher auf Inschriften mehrfach vorkommt,
wie sein gleichnamiger Sohn (L. Minicius L. f. Gal. Natalis Quadronius
Verus, COS., procos. prov. Africae etc.), der Präfect des Alimentenwesens
unter Hadrian. Annali delP inst. arch. 1849. p. 223 — 226. E. Hühner,
Monateber, der BerL Ak. 1860, S. 232 f. F. Kämmerer, de Minicio Natali
icto romano, Rostock 1839. K. Viertel, de vitis ictorum p. 20—26.
7. Gellius XV, 27, 1: in libro Laelii Felicis ad Q. Mucium (oben
141, 2) primo scriptum est Labeonem (oben 249, 2 f.) scribere etc. Vgl.
ib. 4: in eodem Laeli Felicis libro haec scripta sunt etc. -(über Einrich-
tungen der Republik, bes. comitia). Vielleicht ist er der Jurist Laehus
der noch unter Hadrian lebte, s. Dig. V, 4, 3: Laelius scribit se vidisse
. . mulierem quae ab Alexandria perducta est ut Hadriano ostenderetur.
Vgl ib. XXXIV, 6, 7. Auch ib. V, 3, 43 (idque et Laelius probat). Merck-
lin, Philologus XVI. S. 168—172, welcher auf ihn femer bezieht Macrob.
^*^-
704 Die Kaiserzeit. Erstes Jahrhundert.
I, 6, 13 (M. LaeliuB augur refert etc.) und Gell. XIII, 14, 7: quod ego in
Elydis, grammatici veteris, commentario offendi, indem er dort Felicis
liest (vgl. Khein. Mus. XVIIL S. 297—300), M. Hertz dagegen (Ehein.
Mus. XVII. S. 680 ff.) wahrscheinlicher Heraclidis.
8. Ulpian. Dig. Y, 3, 11: Arrianus libro II de interdictis. XLITI,
3, 1, 4: bellissime Anianus scribit. Vgl. XXVIII, 5, 19: quam sententiam
et lavolenuB probat et Pomponius et Arrianus. XXXYIII, 10, 5 (aus Paulus).
XLIV, 7, 47 (aus Paulus). Vielleicht dass er der Arrianus Maturns ist an
welchen Plin. Ep. I, 2. U, 11 f. IV, 8. 12. VI, 2. VIII, 21 gerichtet sind.
Vgl. ib. III, 2, 2 ff. Ein Arrianus Severus, praef. aerarii in der Zeit nach
Trajanus, Dig. XLIX, 14, 42 (aus Aburius Valens).
9. Dig. XXX VIII, 1, 47 aus Aburius Valens: Campanus acribit etc.
Vgl. Pompon. ib. XL, 6, 34, 1 aus Pomponius: Gampanus ait etc.
10. Dig. XXXI, 49, 2: quod (Labeonis) merito Priscus Fulcinius
falsum esse aiebat. XXV, 2, 3, 4: Mela, Fulcinius aiunt. XXXIX, 6, 43
aus Keratins libro I Responsorum: Fulcinius (putat oder didt) etc. Vgl
XXIV, 1, 29 (aus Pomponius): . . Fulcinius scripsit XXV, 1,1,3 (Fulci-
nius inquit).
11. Paulus Dig. rV, 6, 35, 9: Vi vi an us scribit Proculum (oben 266, 5)
respondisse; und XIII, 6, 17, 4: Vivianus scripsit. Vgl. XXIX, 7, 14: qoi-
dam referunt . . apud Vivianum Sabini et Caasii et Proculi expositam esee
controversiam. Vgl. noch ib. IX, 2, 27, 24. XIX, 5, 17. XXI, 1, 1, 9. 17, 8.
unten A. 13. K. Viertel p. 15 f. setzt ihn vor Cekus und Octavenus.
12. Dig. XXm, 2, 44, 3 (aus Paulus): Octavenus ait. XL, 9,32,2
(aus Terentius Clemens): idem Octavenus probat. Pomponius Dig. XL, 5, 20
(bellissime Aristo et Oct. putabant) und 4, 61, 2 (hoc amplius Oct. aiebat).
XXX, 9 (0. scripsit). Nach Dosith. 12 kannte er die lex lunia Norbana
vom J. 772. Das Sctum luventianum aber kennt er noch nicht und ist
daher nicht später als unter Trajan zu setzen. K, Viartel, de vitis ictonun
(Königsb. 1868) p. 13-16.
13. Dig. XXXVII, 14, 10 aus Terentius Clemens: id etiam Proeolo
placuisse Servilius refert, wo Mommsen an placuisse Viviano (A. 11) denkt
14. Dig. III, 5, 30 aus lulianus : Valerius Severus respondit etc. Vgl
Ulp. ib. III, 3, 8 pr.: Valerius Severus scribit. Ein C. VaL ßev. war cos.
suff. 124 n. Chr. Orelli-Henzen 5455.
15. Dig. XXXVII, 12, 3 aus PauL VIH ad Plaut.: Paconius ait
Gegen die Aenderungsversuche (z. B. von A. Schmidt, in Bekker u. Muther
Jahrb. d. gem. Rechts III. 1859. S. 391 ff.) s. K. Viertel, de vitis ictomm
p. 10—13.
320. Die namhaftesten Grammatiker' in der Zeit des
Trajan sind Flavius Caper, ürbanus und Velius Longus. Unter
dem Namen des Caper haben wir zwei kleine Schriften de
orthographia und de verbis dubiis^ welche aber n:ur dürftige
Auszüge aus den ursprünglichen Schriften desselben sein können.
319 f. Juristen und Grammatiker unter Trajan. 705
Urbanus gehörte zu den Erklärem des Vergil, wie auch Velius
Longus, von welchem eine Abhandlung de orthographia auf
uns gekommen ist. Der viel angefochtene Caesellius Vindex
schrieb wohl in dieser Zeit sein lexikalisches Werk Stromateus
oder lectiones antiquae. Auch Cloatius Verus ist wohl hieher
zu setzen.
1. Ueber die irrige Bezeichnung des Caper als magister Augusti
Caesari's s. oben 197, 5. Er lebte nach Valerius Probus (oben 283), da er
ihn citiert (Charis. p. 118, 1 E. aus Romanus: Fl. Caper . . Valerium Pro-
bum putare ait) und wie es scheint auch als Hauptquelle benützt hatte.
Dass er wie vor Bomanus so auch vor Terentius Scaurus schrieb wäre
sicher wenn die Glaubwürdigkeit des Citats bei Dausquius (Orthographia I
p. 162) Scaurus lib. IX de orthographia: raro Capri testimonio s . . expri-
mitur feststände. Sueton zählt den Fl. Caper nicht unter den alten Gram-
matikern auf, wohl weil er in seiner Zeit noch lebte. Priscian VII. p. 772 P.
= 354, 9: Caper, antiquitatis doctissimus Inquisitor. Bei Charisius, Ser-
Tius und Priscian werden Stellen aus seinen Schriften oft angeführt, mit den
Titeln de latinitate (= orthographia) oder de lingua latina, femer de dubiis
genenbus oder dubii generis oder dubii sermonis, sowie enucleati sermonis
(welche Christ S. 168 f. mit der Schrift de latinitate identifidert) imd über
ex. Hieronym. c. Bufin. II, 9 (II. p. 497 Yall.): in Capri commentarüs
deutet nur auf grammatische Schriften. Commentare zu Plautus und Terenz
(Ritschl, Parerga I. p. 361—364) oder zu Vergil (Ribbeck, prolegg, p. 166)
verfasste Caper wohl nicht; ebensowenig wohl (trotz Agroec. prooem., wo
Caper multis litterarum operibus celebratus, in commentando etiam Cicerone
praecipue heisst) zu Cicero. Die seinen Namen tragenden Schriften de
orthographia (p. 2239 ff. P.) und de verbis dubiis (p. 2247—2260 P.) haben
nichts ?on dem Reichthum an Belegen aus alten Schriftstellern welcher
die Anführungen aus Caper auszeichnet, sind mager und zusammenhangs-
los , die eine sogar in alphabetischer Ordnung , die de orthogr. aber durch
Zuthaten des Compilators weniger entstellt. F. Osann, de FL Capro et
Agroecio grammaticis (Giessen 1849. 4.) p. 3. 5—20. W. Christ, Philologus
XVni. S. 165—170.
2. Von Urbanus wird bei Serv. Ae. V, 517 eine gegen Comutus ge-
richtete (s. Longus bei Schol. Veron. Ae. V, 488; p. 96, 10 ff. E.) Bemerkung
angeführt. Hienach war Urb. jünger als Cornutus (oben 282, 2) und älter
als (Velius) Longus. Seine Leistungen für Vergil waren mehr wohlgemeint
alfi bedeutend. Bibbeck prolegg. ad Verg. p. 167—169.
3. Gellius XVin, 9, 4: Velio Longo, non homini indocto, fidem
esse habendam, qui in commentario quod fecisset de usu antiquae lectionis
scripserit etc. Charis. p. 175, 14 K.: Velius Longus in II Aeneidos (d. h.
in seinem Commentar zu Aen. II]. ib. p. 113, 29 f. (vgl. 556, 22) E.: Velius
Longus de hac regula dixit in V ea parte (im Commentar zu Ae. V, 380).
Daraus auch ib. p. 210, 7 K.; s. Lachmann zu Lucr. p. 146. Non doctum
modo sed omni fere ex parte egregium, accuratum et prudentem et ele-
gantem Aeneidos (nam de ceteris libris nihil traditur) interpretem habuerim,
qui Probi exemplo ad uberiores de rebus maxime grammaticis quaestiones
Teuffel, röm. Litcraturgeschichlc. <^{}
706 I*iö Kaiserzeit. Erstes Jahrhundert.
digressus est; Bibbeck prolegg. p. 169 (—-171). Aach in der erhaltenen
Schrift des Vel. Long, de orthographia (p. 2214 ff. P.) ist Vergil vielfach
berücksichtigt. Dass man therm ae Titianae (nicht Titinae) sagen müsse
hatte Long, in einer eigenen Abhandlang erwiesen.
4. Gellias VI (VII), 2, 1 f. : turpe erratum ofiendimus in illis celebra-
tissimis commentarüs lectionum antiquarum Caeselli Vindicis, hominis
hercle pleraque haad indiligentis. (2.) quod erratam multos fugit, qnam-
quam multa in Caesellio reprehendendo etiam per calumnias rimarentnr
(besonders seine jüngeren Zeit- und Fachgenossen Terentias Scaurus und
Sulpicius Apollinaris). Dieselbe Schrift angeführt ib. II, 16, 5 ff. III, 16, 11.
XI, 15, 2 ff. XX, 2, 2 und wohl auch IX, 14, 6. XVIII, 11 gemeint. Darin
war die alphabetische Ordnung befolgt; s. Chans, p. 117, 13 E. (Vindex
A iitterae Ubro I). 239, 21 (Caesellius Vindex libro B litterae). 195, 26
(Caes. Vind. libro L). Die Gleichartigkeit des Inhalts macht wahrschein
lieh dass nur ein anderer Titel desselben Werkes Stromateus war; s. Pris-
cian. p. 210, 7 (Caesellius Vindex in stromateo). 230, 11 (Caesellias in
stromateo) vgl. p. 229, 10 Htz. F. Bitschi, Parerga I. S. 360. Anf ihn
beziehen sich wohl auch die Excerpte des Cassiodor (p. 2314 ff. P.) ex
orthographo Caesellio und ex Lucio Caecilio Vindice ; s. Gräfenhan , Gesch.
d. class. Philol. IV. S. 121 f. vgl. S. 68—71. Arnob. adv. gent I, 59 extr.:
Epicados onmes, Caesellios, Verrios ac Scauros teneatis et Nisos. Bufin.
de metr. p. 2713 P. J. Kretzschmer, de Gellii fontibus (1860) p. 95—98.
5. Gellius XVI, 12, 1 ff.: Cloatius Verus, in libris quos inscripsit
verborum a Graecis tractorum (auch bei Macrob. lil, 18, 4), non pauca
hercle dicit curiose et sagaciter conquisita, neque non tamen quaedam
futilia et fnvola. . . (5.) commode haec sane omnia et conduceuter. sed
in libro quarto f?ienerator, inquit, appellatus est quasi tpaivtQcetoag ^ ano
xov tpaivia^ai etc. (6.) idque dixisse ait Hypsicraten quempiam gramma-
ticum, cuius libri sane nobiles sunt super his quae a Graecis accepta sunt
Diesen Hypsicr. erwähnt schon Varro de 1. 1. V, 88 (cohortem in villa
Hypsicrates dicit esse graece xof^zov) und vielleicht Festus v. aurum (PauL
p. 8 M.). Cloatius könnte sonach bereits der augusteischen Zeit angehört
haben. Doch ist er dem Gellias offenbar viel genauer bekannt als, Hypsicr.
und daher wohl seiner eigenen Zeit näher. Neben jenem etymologischen
Werke verfasste Cloatius ein wie es scheint mehr sachlich gehaltenes
Ordinatorum graecorum libri, wovon ein zweites Buch angeführt wird
von Macrob. III, 6, 2 (Altar des Apollon zu Delos) und ein viertes ib.
18, 8 (nux) und 19, 2 (Aufzählung von Aepfelarten in alphabetischer Ord-
nung).
6. Gellius XX, 11, 1 ff.: P. Lavini liber est non incuriose factus. is
inscriptuB est de verbis sordidis. in eo scripsit sculnam volgo dici etc.
. . (4.) sculnam autem scriptum esse in logistorico Varronis . . idem Lavi-
nius in eodem libro admonet. Der bei Macrob. III, 8, 3 genannte Laevinns
ist mit diesem Lavinius schon darum nicht identisch weil das aus jenem
Angeführte offenbar gebundene Form hat; eher wäre er = Laevius (oben
138, 5).
7. Ueber den Literarhistoriker L. Cotta s. oben 247, 4.
320 f. Grammatiker imd Gromatiker unter Trajan. 707
321. Unter Trajan schrieben endlich mehrere Gromatiker.
So Hyginus, von welchem wir Ueberreste eines umfassenden
gromatisch -juristischen Werkes, sowie eine Schrift de munitio-
nibus besitzen. In der ihm gleichfalls zugeschriebenen Schrift
de limitibus (constituendis) ist Prontinus stark benützt. Femer
Baibus ist der Verfasser einer auf uns gekommenen Darstel-
lung der elementaren geometrischen Begriffe, nicht aber des
Werkchens de asse. Nicht viel später als unter Trajan kann
auch der Gromatiker Siculus Flaccus fallen, dessen Fach-
schrift de condicionibus agrorum vollständig und in gutem Zu-
sammenhange erhalten ist.
1. Die Ueberreste des Gromatikers Hygiuus besonders in Lach-
mann's Schriften der röm. Feldmesser I (1848) S. 108—134. Das ganze
Werk zerfiel in drei Abschnitte, de liinitibus (p. 108—113), de condicioni-
bus agromm (p. 113 — 123), de generibus controversiarum (p. 123 — 134).
Vgl. Blume im Rhein. Mus. VII. S. 142—164. Lacfatnann, Schrr. d. Feldm.
II. S. 136 — 141. Ursprünglicher Zusammenhang; s. p. 123: hae sunt con-
dicioues agrorum quas cognoscere potui. nunc de generibus controversia-
ram perscribam quae solent in quaestionem deduci. Zur Abfassungszeit
(vielleicht J. 103, Hultsch metrolog. script. II. p. 6, not. 4) vgl. p. 121, 7 ff.
(nuper quidam evocatus Augusti, . . cum in Pannonia agros veteranis ex
voluntate . . imperatoris Traiani Aug. Germanici adsignaret) und p. 131, 17 ff.
(wonach in Samiiium von Vespasian bedachte Veteranen noch lebten). Die
Schrift des Frontin iis (oben 309, 3) ist benützt, aber mit Selbständigkeit;
die Darstellung ist etwas mehr handwerksmässig, aber die eines gründ-
lichen Kenners; die Redeweise die eines Technikers, aber in gutem Latein.
C. Lachmann a. a. 0. 11. S. 139. Ueber ein anderes Werk des Hygin ib. I.
p. 133, 14 ff.: cuius edicti (von Domitian) verba, itemque constitutiones
quasdam aliorum principum itemque divi Nervae iu uno libello contulimus.
Den Namen des Hyginus tragt auch ein im Anfang unvollständig erhaltenes
Schriftchen de castrametatione oder de munitionibus castrorum, und ihr
letzter Herausgeber C. C. L. Lange (Gotting. 1848) hat (Proiegomena critica
et historica in Hyg. de mun. castr. libellum, Gotting. 1847, p. 51—63) ihr
Anrecht auf diesen Namen erfolgreich verfochten.
2. Die von Blume und Lachmanu aufgestellte Unterscheidung eines
zweiten, jüngeren Gromatikers Hyginus als Verfasser der Schrift de limi-
tibus constituendis (abgedruckt bei Lachmann, Schrr. d. rÖm. Feldm. I.
p. 166 — 208), ist mit guten Gründen bekämpft worden durch L. Lange,
proiegomena 1. 1. p. 44—51 und Göttinger Gel. Anz. 1853, S. 527—5.30.
3. Ueberschrift des Werkes von ßalbus im Arcerianus (vgl. oben
309, 2 E.): Balbi ad Celsuro expoaitio et ratio omnium formarum (d. h.
geometrischen Figuren; wirklich abgehandelt werden aber in dem Erhal-
tenen nur die mensurae) «in Lachmann's Ausg. d. röm. Feldm. I. p. 91 — 108
vgl. Lachmann ebd. II. S. 131—136. Th. Mommsen ebd. II. S. 146—150.
151 — 157. Es ist eine Geometrie für Feldmesser, geschöpft besonders aus
Euklid und Heron, aber nnr zum kleinsten Theile erhalten. Hultach in
45*
708 ^^^ Kaiserzeit. Erstes Jahrhundert.
den metrolog. script. II. p. 7—13. Nach der Vorrede hatte der Verf. sein
Werk bereits angefangen als intervenit clara sacratissimi imperatoris nosüi
(des Trajan) expeditio (p. 92, 7 f.). Im Felde lernte er die Wichtigkeit
der venerabilis Ai (d. h. trianguli, nach Hultsch; Gud. di) ratio praktisch
kennen, postqaam ergo maximns Imperator victoria Daciam proxime re-
seravit (wohl durch den ersten dakischen Krieg) statim ut e septentrionali
plaga annua vice transire permisit ego ad studium meum . . reversus multa
. . recoUegi (p. 93, 6 ff.). Der Celsus welchem die Schrift gewidmet ist
hatte an einem gromatischen Instrument (der dioptra nach Hultsch p. 8 f.)
eine Erfindung gemacht (invento tuo, p. 92, 16) und scheint ein Genie-
offizier von höherem Range gewesen zu sein. Baibus wird von den späte-
ren Gromatikem mehrmals angeführt, ohne dass klar ist ob verlorene
Theile desselben Werks oder andere Schriften desselben Verfassers ge-
meint sind.
4. Im Arcerianus lautet die subscriptio des über coloniarom (röm.
Feldm. I. p. 239): huic addendas mensuras limitum et terminorum ex libns
Augusti et Neronis Caesarum, sed et Balbi mensoris, qui temporibus Anguäti
omnium provinciarum et formas civitatium et mensuras compertas in com-
mentariis contulit et legem agrariam per diversitates provincianun distio-
xit ac declaravit. Der Urheber dieser subscriptio hielt also für die Quelle
des lib. col. einen Feldmesser Baibus, den er unter August setzte, wohl
weil ihm die von Baibus herrührenden Verzeichnisse des ager divisus ad-
signatus als Ergebniss der augusteischen Reichsvermessung erschienen.
Gehen die erhaltenen Städteverzeichnisse (libri coloniarum) wirklich aof
Baibus zurück, so ist anzunehmen dass sie nach dessen Tod von andern
Mensoren fortgeführt wurden , da dieselben bis in die Zeit des M. Aurelius
und Commodus (J. 177 — 180) herabreichen. Th. Monmisen, in d. Schrr. d.
röm. Feldm. II. S. 176—181. Text dieser libri coloniarum von Lachmann
ebd. I. p. 209—262. Abhandlung darüber von Th. Mommsen, ebd. IL
S. 157 — 188, nach welchem zwei Redactionen zu unterscheiden sind: eine
bessere (lib. col. I bei Lachmann), vertr'eten besonders durch den Arce-
rianus (A bei Lachmann), im Palatinus' (P) saec. IX oder X bereits mit
der jüngeren (liber col. II bei Lachmann, p. 262 ff.) vermischt, deren
Hauptquelle der Gudianus saec. IX oder X ist. Die im Are. überlieferte
Redaction ist im Wesentlichen eine Schrift der guten Zeit, von sachlicher
Fülle und technisch knappem Ausdruck, epitomiert ums J. 450 n. Chr.,
die spätere Redaction aber (aus dem sechsten christl. Jahrh.) voll Ver-
wirrung und ünkeimtniss (a. a. 0. bes. S. 165—174. 181 ff.).
5. Das Schriftchen de asse minutisque eins portiunculis, heraus-
gegeben zuerst von Fabius Calvus aus Raveima an seiner Uebersetzuug des
Hippokrates (Rom 1525) aus den Schlussblättern des cod. Arcerianus (Th.
Mommsen in den röm. Feldm. II. S. 150 f vgl. Lachmann ebd. Ö. 134 f.),
besser von J. Fr. Gronov an seiner Ausg. des Maecianus und den spätem
Herausgebern des Letztern (s. unten 338), zuletzt von F. Hultsch (Metro-
log, scr. II. p. 72— 75), ist präcis und sachkundig geschrieben und für die
Münzgeschichte seiner Zeit von Wichtigkeit. Es kann aber — entweder
selbst oder in dem ihm etwa zu Grunde liegenden ausführlicheren Werke —
erst aus dem dritten christl. Jahrh. stammen , da darin z. B. unter den
321. Groraatiker unter Trajan. Baibus u. A. 709
Theilen de« as der tremissis aufgeführt wird, welcher erst unter Alexander
Severus geprägt wurde; s. W. Christ in den Sitzungsber. der Münchner
Akad. 1863, S. 106 ff. F. Hultsch, metrol. scr. II. p. 14—16.
6. Die Schrift des Siculus Fl accus de condicionibus agronim be-
schränkt sich in ihrer jetzigen Gestalt auf Italien. Sie beginnt: condi-
ciones agrornm per totam Italiam diversas esse plerisque etiam remotis
a professione nostra hominibus notum est; worauf diese Thatsache aus
der Geschichte erklärt wird. Die Stilisierung ist in ihrer Art sorgfaltig.
Die Art der Erwähnung des Domitianus p. 163, 13 L. (de quibus Domi-
tianas finem statuit) macht wahrscheinlich dass Fl. ziemlich nach dessen
Regierung geschrieben hat. Näheres über sein Alter ist aber nicht bekannt;
8. L. Lange, Götti. Gel. Anz. 1853, S. 530 f. Die Schrift ist durch die
zweite Glasse der Handschriften der Agrimensoren (s. A. 4) erhalten und
daran die nomina limitum angehängt; in denen der ersten Glasse sind ein-
zelne Blätter in den Hyginus hineingerathen (Lachmann II. S. 132« 137 f.).
Abdruck des Werkes in den Sammlungen der Agrimensoren, zuletzt in
der von Blume, Lachmann und Eudorff I (Berlin 1848) p. 134 — 165. Sonder-
ausgabe von J. C. Schwarz, Coburg 1711. 4.
7. Unter Trajan verfasst ist die den Namen des Aelianus tragende
TttXTixi} &£(OQCa, Vgl. Eöchly und Rüstow, die griech. Eriegsschriftstel-
1er II, 1.
8. Ein Schriftchen betitelt In artem medendi isagoge gibt sich als
yerfasst von Soranus Ephesius, insignis peripateticus et vetustissimus
archiater, also ohne Zweifel von dem berühmten Methodiker dieses Namens
von welchem wir griechisch geschriebene Werke chirurgischen und gynäko-
logischen Inhaltes noch besitzen und welcher wahrscheinlich unter Tri^jan
und Hadrian zu Rom wirkte. Jenes Schriftchen (abgedruckt in den Samm-
lungen der medici vett. von Torinus 1528 und Aldus 1547) ist aber so leer
und geschmacklos dass es viel mehr ein Erzeugniss des Mittelalters sein
wird.
B. Zweites Jahrhundert, J. 117—211 n. Chr.
322« Mit der Regierung Hadrians beginnt eine Zeit deren
Charakter von dem des silbernen Zeitalters auffallend absticht.
Die Erschöpfung welche von all den Aufregungen der letzten
Jahrzehnte zurückgeblieben gibt sich kund in der völligen Un-
fahigheit der Zeit zu selbständigen und eigenthümlichen Hervor-
bringungen. Desto zugänglicher ist sie für fremde Einflüsse.
Nur Wenige aber, deren Bildung noch in Quintilians Zeit wur-
zelt, wie Suetonius, Florus und wohl auch Justinus, schliessen
sich an die besseren Muster an; die Meisten treibt Ungeschmack
und Schwäche zu Vermengung aller Stilgattungen und Aufsuchen
des Entlegenen und Seltsamen. So besonders seit der eitle und
verschrobene Hadrian die Zeit beherrscht und der Africaner Fronto
N
710 Die Kaiserzeit. Zweites Jahrhundert.
in der Literatur den Ton angibt. Eifrig wühlt man in den
Schätzen der Vergangenheit, und in Sueton besitzt das Jahr-
hundert einen Varro in dem verkleinerten Massstabe der Kaiser-
zeit. Aber nach ihm bekommt- die Forschung immer mehr einen
pedantischen Beigeschmack. Es fehlt an der Fähigkeit das Ge-
wonnene richtig zu verwenden, ja schon es ganz in sich auf-
zunehmen. Immer verbreiteter wird daher das Bedürfniss den
Reichthum der Vergangenheit ins Kleine zusammenzuziehen,
immer grösser die Zahl der Epitomatoren. Gelehrsamkeit erföUt
Markt und Strasse; Gelehrtthun wird zur Modesache: Gramma-
tiker und Lehrer der Rhetorik gibt es eine Unzahl, und theil-
weise spielen sie eine grosse Rolle. Aber ungeleitet von histo-
rischem Sinne und in Dienst genommen von einer eitlen Rhetorik
ohne Stilgefühl, treibt die Gelehrsamkeit planlos dahin und ver-
geudet ihre Schätze. Im Ganzen ist das Uebergewicht auf Seiten
der griechischen Literatur, welche eben jetzt in der neuen Sophi-
stik einen Nachsommer erlebt. Hellas und der hellenisierte
Osten liefert die meisten Talente, die denn in ihrer Muttersprache
schreiben, wie Plutarch, Appian, Arrian und besonders Lukianos.
Aber auch manche Schriftsteller des Westens, wie Favorinus,
schreiben nur griechisch, andere, wie schon Sueton und Hadrian,
dann Fronto und Apulejus, sowohl in griechischer als lateinischer
Sprache. Die Literatur streift den nationalen Charakter ab und
wird universal. Ein Förderungsmittel dafür ist die Sitte der
Rhetoren im ganzen Reiche umher epideiktische Vortrage zu
halten, welche von den Griechen auch auf die lateinisch Reden-
den, wie Apulejus, übergeht. Selbständiges Leben entwickeln
nur die Fachwissenschaften. Die Medicin hat ihren Galenos
(imis J. 131 — 201); aber aus Kleinasien gebürtig schreibt dieser
griechisch. Dagegen die Jurisprudenz hält nicht nur die Ueber-
lieferungen der Vergangenheit fest, sondern bildet sie mit Geist
und Scharfsinn weiter. Eine Reihe glänzender Namen — be-
sonders Julianus, Pomponius, Gajus — löst sich in rascher Folge
ab und gipfelt zuletzt in Papinianus. Sie sind auch in der
sprachlichen Darstellung die Vertreter des reineren Geschmackes.
In demselben Verhältniss wie Jurisprudenz, Gelehrsamkeit und
Schönrednerei das Jahrhundert beherrschen tritt die Poesie zu-
rück. Das einzig Nennenswerthe auf diesem Gebiete ist aas
dem Schlüsse dieser Zeit das Pervigilium Veneris. Die geistige
Regsamkeit neben geistigem Unvermögen führt auf SuperstitiozL
Der weitverbreitete Hang für üebernatürliches ruft viele schwin-
322. Uebersicht. 711
delhai*te Erscheinungen hervor, aber er bietet zugleich einen
günstigen Boden für eine neue Religion. Das Christenthum,
das bisher nur in der griechischen Literatur sich bemerklich
gemacht hatte, fängt nun an auch in die römische seinen Schat-
ten hereinzuwerfen. Seine Lehre von der Sünde und Gnade
und vom besseren Jenseits ergreift die Armen und Bedrängten
und das Geschlecht der Frauen und erfüllt sie mit einer Todes-
freudigkeit welche auch die Männerwelt aufmerksam macht, und
die grossartige Lehre von dem einen Gotte, dem Schöpfer des
Himmels imd der Erde, imponiert den Gebildetsten um so mehr
je gründlicher sie längst innerlich vom Polytheismus abgekehrt
sind. Wohl zeigen sich innerhalb des Christenthums verschiedene
Richtungen, die sich unter einander leidenschaftlich bekämpfen.
Aber auch diess dient dazu die Blicke auf die neue Erscheinung
hinzulenken, und in der Abstossung von Extremen, der Aus-
gleichung von Gegensätzen bildet sich ein lebensvoller Kern.
Die antike formelle Bildung sucht der eine Theil der christlichen
Schriftsteller, wie Minucius Felix und Lactantius, zu erhalten
und dem christlichen Geiste anzupassen*); die andere Richtung,
deren ältester Vertreter TertuUian ist, dann Commodianus, steht
unter dem Einflüsse orientalischer Culturelemente, verhält sich
zur antiken Bildung ablehnend und kehrt zur altrömischen Gleich-
gültigkeit gegen die äussere Form zurück. Unter dem gemein-
samen Einflüsse local klimatischer imd nationaler (semitischer)
Verhältnisse wie der christlich -biblischen Art zu denken und
zu sprechen bildet sich im Süden und Osten des Reichs all-
mählich eine eigenthümliche Ausdrucksweise, welche in Nord-
africa ihre bedeutendsten Vertreter findet und daher afrikanische
Latinität genannt zu werden pflegt. Dort herrscht überhaupt
in dieser Zeit am meisten geistige Bewegung. Die alte wie die
neue Richtung der Geister hat in Nordafrica lange fort ihre
Vorkämpfer, einen Fronto und Apulejus wie einen TertuUian
und weiterhin Cyprianus und Augustinus. Wie die persönliche
Richtung des Herrschers noch fortwährend von Einfluss bleibt
auch auf den Gang der Literatur, so zerfällt das ganze Jahr-
hundert in drei Abschnitte: die Zeit Hadrians (J. 117 — 138),
die der Antonine (J. 138 — 176), endlich die des Commodus und
Septimius Severus (J. 176 — 211). •
*) VgL aach Hieronym. ad a. 2220 « 206 n. Chr.: Musanus nostrae
philoBophiae scriptor agnoscitur.
712 I^ie Kaiaerzeit. Zweites Jahrhundert.
1. Ueber das ganze Jahrhundert vgl. M. Hertz, Benalssance und
Rocoeo in der römischen Litteratur. Ein Vortrag. Berlin 1866. 50 S.
1 • Die Zeit des Hadrianns , J. 117—138 n. Chr.
323. P. Aelius Hadrianus (J. 76 — 138) war eine selt-
same Natur, in der die entgegengesetztesten Eigenschaften bei
einander waren. Abergläubisch und skeptisch, pedantisch und
witzig, grüblerisch und ironisch, unendlich anregbar und mass-
los eigensinnig, gesellig und argwöhnisch, gutmütig und grau-
sam, blieb er sich gleich nur in dem ewigen Wechsel der Stim-
mungen imd Launen und dem hohen Begriffe von seinem eigenen
Werthe. Pur Alles hatte er Interesse, für Nichts Ernst und
Ausdauer. Seine rastlose Beweglichkeit streift ans Erankhaite;
aber indem sie ihn trieb das Reich zu durchwandern wurde sie
die Ursache vieler nützlichen Einrichtungen. Am meisten ge-
wann imd litt die Literatur unter seiner Vorliebe und Grillen-
haftigkeit. Doch reichten seine eigenen Hervorbringungen auch
hier über das Dilettantische nicht hinaus.
1. Spartians vita Hadriani. A. Haakh in Pauly's Beal-Enc. III.
S. 1028 — 1046. F. GregoroviuB, Geschichte des röm. Kaisers Hadrian und
seiner Zeit, Königsberg 1861. 282 S. C. Peter, Geschichte Roms III, %
(Halle 1869) S. 168—187.
2. Hadrianus war geboren am 24 Januar 76 (829) zu Rom, stammte
aber, wie Trajan, mit dem er verwandt war, aus Italica in Spanien. Con-
sul 109, von Trajan kurz vor seinem Tode adoptiert (August 117). f £^3>
B%ja am 10 Juli 138.
3. Spart. Hadr. 14, 8 £f. : fuit pocmatum et litterarum nimium (omnianx^
studiosissimus ; arithmeticae , geometriae, picturae peritissimus. iam psat-'^
lendi et cantandi scientiam prae se ferebat; . . idem armorum pcritissimu^^"
. . idem severus, laetus; comis, gravis; lascivus, cunctator; tenax, Ubers^^
lis; Simulator, verus; saevus, Clemens, et semper in omnibus varius. 16, 10 f^ ^
quamvis esset oratione et versu promptissimus et in omnibus artibus per^^
tissimus , tarnen professores omnium artium semper ut doctior risit, coiv^ ' —
tempsit, obtrivit. cum his ipsis professoribus et philosopbis libris y^^
canüinibus invicem editis saepe certavit. 16, 1 ff.: famae celebris tac*^*-
cupidus fuit ut libros vitae suae scriptos a se libertis suis litteratis ded^^^
rit, iubens ut eos suis nominibus publicarent. nam et Phlegontis lib^^
Hadriani esse dicuntur. Catachannas (vgl. Fronto Epist. p. 35 u. 156 K-?
hbros obscurissimos Antimachum imitando scripsit. . . amavit praeter»^
genus vetustum dicendi. . . Ciceroni Catonem, Vergilio Ennium, Sallusti<'
CaeUum (oben 132, 4) praetulit, eademque iactatione de Homero ac Platoa^
iudicavit. mathesin sie sdre sibi visus est ut etc. sed quamvis esset in
reprehendendis musicis, tragicis, comids, grammatids, rhetoribuB,*oratoii-
bus facilis, tarnen omnes professores et honoravit et divites fedt, licet e(ß
>.*.Ci
323. Hadrianus. 713
quaestionibus semper agitaverit. . . in summa familiaritate Epictetum et
Heliodorum philoBQphos ei, ne nominatim de Omnibus dicam, grammaticos,
rbetores, musicos, geometras, pictores, astrologos babuit, prae ceteris,
ut multi adserunt, eminente Favorino. doctores qui professioni suae inba-
biles videbantur ditatos bonoratosque a professione dimisit. 20, 2 ff.:
apod Alexandriam in museo multas quaestiones professoribus proposuit et
propositas ipse (ipsi O. Jabn) dissolvit. . . fuit memoriae ingentis, facul-
tatis immensae. nam ipse et orationes dictavit et ad omnia respondit.
ioca eius plnrima extant; nam fuit etiam dicaculus. Victor Caess. 14, 1 f. :
Aelius Hadrianus eloquio togaeque studiis accommodatior . . Eomae . .
Graecorum more . . gymnasia doctoresque curare occoepit, adeo quidem
ut etiam ludum ingenuarum artium, quod Athenaeum vocant, constitueret.
Sparüan. Hei. 4, 2: litteratis, quorum Hadrianus speciosa societate gau-
debat.
4. Die LXIX, 3: ijv ^Adgiavog . . tpvon tpiloXoyog iv ixccxigqi t^
ylmaa'Qy xat riva xal ns^a xal iv ineai noi^inata Jtavtodana mataliloi,-
ney. ipiloti^Ca, TS yccQ änX'qaxai ^XQ'h'^o %a\ %ocxol xovxo xoel xiXhi navxa
ucrl Ttt ßgaxvxaxa insxi^dsvev. Spart. Hadr. 3, 1: quaesturam gessit . .,
in qua cum orationem imperatoris in senatu agrestius pronuntians risus
esset usque ad summam peritiam et facundiam Latinis operam dedit. 16, 5 :
controversias declamavit. Pbotius Bibl. cod. C (I. p. 86 BE.): 'Adgiavoü
xov ßaatXioag (isXixai didq>OQOi, sig x6 ftsxQiov xov Xoyov avrjyfjkivat xal
ovx uTidsig. Cbaris. II. p. 222, 21 ö. K.: divus Hadrianus orationum XII:
* Vobis, p. c, peto etc. Gell. XVI, 13, 4: divus Hadrianus in oratione
9uam de ItaUcensibus . . in senatu babuit. Inscbriftlicb erbalten ist seine
^mbrede auf seine Schwiegermutter, die ältere Matidia; s. Tb. Mommsen,
4i)liandl. d. Berl. Akad. 1863, S. 483 ff. Grammatische Erörterungen im
Zeitgeschmäcke in seinen sermones; s. Cbaris. II. p. 209, 12 ff.: Obiter divus
r'^^i^rfanus sermonum I quaerit an latinum sit, quamquam (inquit) apud
.^^^riom haec vox esse dicatur. Zusammenstellung von Anekdoten (münd-
^icii^jj und schriftlichen Aeusserungen des Hadr.) bei Dositbeus, Q^bIov
^^^vov dnogxxaeig yictl imaxoXai, D. Adriani sentontiae et epistolae ed.
^^*<ia8t, Genf 1601; in Scbulting's iurisprud. anteiustin. (Lugd. 1717. 4.)
^ ^05 ff., und bei Fabricius Bibliotb. graeca XII. (Hamburg 1740) p. 516
^*^. Die von Hadr. ausgegangenen Rescripte gesammelt bei Hänel, Cor-
^^^ ^e^m p. 88—101.
. Ö. Spart. Hadr. 14, 7 ff. : oracula . . quae Hadrianus ipse composuisse
,. ^^-^Ur. . . de suis dilectis multa versibus composuit. Apulej. apol. 11:
TA^^ Hadrianus , cum Voconi amici sui poetae tumulum versibus munera-
,. r^^i ita scripsit: Lascivus versu, mente pudicus eras. . . ipsius etiam
^Qadriani multa id genus legere me memini. Spart. Hadr. 25, 9f:
^[^Qtu hos versus fecisse dicitur: Animula etc. tales autem nee multo
^o^es fedt et graecos. Sechs trockene Epigramme unter jseinem Namen
^^^i davon auch unter dem des Germanicus Caesar) in Bruncks Analecta
* 1^. 286 = II. p. 260 Jacobs. Aeli Hadriani epitaphium Sorani Batavi
^^P^ Borystbenis equi in Meyers anthol. lat. Nr. 209 u. 211; metrische Ver-
^^ckuBse der Amazonen, in den Hdss. theil weise ihm zugeschrieben, s. in
^^^Be'g Anthol. lat. I, 1. p. 257 f. Anderes s. oben 318, 7.
714 I^i^ Kaiserzeit. Zweites Jahrhundert.
324. Die bedeutendste Erscheinung in der Literatur der
Zeit ist C. Suetonius Tranquillus (etwa 75 — 160 n. Chr.),
schon unter Trajan als Sachwalter und Schriftsteller wirksam,
unter Hadrian eine Zeit lang Geheimsecretär, dann aber seine
Müsse mit encyclopädischer literarischer Thätigkeit in der Weise
des Varro ausfüllend, hauptsächlich auf den Gebieten der Cultur-
und Literatur -Geschichte, aber so dass das Sprachliche dabei
immer mit berücksichtigt war. Das Nationale, Römische wird in
erster Reihe bedacht, doch ohne Einseitigkeit; ein Theil der
Schriften war sogar, wie es scheint, in griechischer Sprache ver-
fasst. Philosophisches erscheint nur in der modischen Form des
Naturwissenschaftlichen, in dieser aber mit desto stärkerer Ver-
tretung. Die Richtung auf das Individuum, seine Besonderheiten,
Erlebnisse und Bethätigungen, tritt schon hier überall herror.
Noch mehr aber in den viri illustres, von denen wir noch nam-
hafte üeberreste besitzen, und in den Biographien der zwölf
Kaiser von Caesar bis Domitian, welche uns fadt vollständig
erhalten sind. Das Werk theilt zwar die Gleichgültigkeit aller
rhetorischen Arbeiten gegen das Chronologische, ist über Kriegs-
vorgänge und politische Verhältnisse allzu schweigsam, auch
etwas einförmig angelegt; aber es ist aus guten Quellen mit
treuem Fleisse und verstiindigem Urteil geschöpft und bietet uns
reichen Stoff in gedrängter Darstellung und einfacher sach-
gemässer Sprache.
1. Suet. Domitian. 12: interfuissc mo adulescentulum memini (in
Rom] cum a procuratorc . . inspiceretur uonagenarius senex an circum-
sectus esset. Gramm. 4: me adiilescentulo repeto quendam Prindpem
nomine declamare etc. (oben 308, 2). Ner. 57: cum post viginti annos
(nach Nero's Tod oder Vologaesus' erster Sendung, also nach J. 88 und
vor 91, wo Vologaesus starb), adulescento me, extitisset (ein falscher
Nero) etc. Jedenfalls fiel also Sueton's adulescentia unter Domitian, seine
Geburt also etwa 76 n. Chr. Aus der Zeit Trajans Nachrichten über Sue-
ton in Plin. Epp., nämlich I, 18 (Verschiebung einer actio des Suet. wegen
eines beängstigenden Traumes). 24 (Fürsprache für Tranqiüllas, contuber-
ualis mens und scholasticus, in Bezug auf den Kauf eines agellus). III, ^
(Suet. bittet ut tribnnatum, quem a Neratio Marcello — also etwa J. 100-
impetravi tibi, in . . propinquum tuum transferrem). V, 10 (Aufforderung
au Suet., etwa vom J. 105, seine scripta oder volumina endlich herausau-
geben). IX, 34 (Frage über eigene Recitationen des Fl.), ad TraL 94
(Suetonium Tranquillum, probissimum, honestissimum, crnditiBsimum viram,
. . in contubernium adsumpsi tantoque magis diligere coepi quanto hone
propius inspexi. Für ihn wird wegen seines infelix matrimonium das ios
trium Uberorum erbeten, ums J. 112) und 95 (Gewährung dieser Bitte).
Spartian. Hadrian. 12, 3: Septicio Clara praef. praet. (J. 119—121) et
324. Siictouius. 715
Saetonio Tranqoülo epistularum magistro mulidsque aliis , quod apud Sabi-
iiam uxorem iuiussa suo familiariue se tunc (während Hadrians Abwesen-
heit) egerant quam reverentia domus auUcae postlabat, successoreB dedit.
Vgl. Säet. Aug. 7: quae (imago Augusti) dono a me principi (dem Uadr.)
data inter cubiculi lares colitur. Seitdem scheiut Suet. sich ausschliesslich
schriftstellerischer Thätigkeit gewidmet zu haben. Noch Fronte Epist.
p. 1 18 f. N. : succidaneum sibi Tranquillum nostrum paravit etc. . . invenit
me Tranquillus etc. . . TranquiUi industriae etc. vgl. ib. p. 182 N. (inter-
natiam . . Suetonius Tranquillus spinam sacram appellat, wonach Suet.
damals todt war).
2. Suidas II. p. 1190 f. Bemh. : TgccynvXXog 6 Sovritmviogy igrueaticag
(vgl. Plin. Ep. I, 18) ypttfiftaTixog gmiiaCog, iyQCCilfS nsgl tmv nccg* '^EXlrjai
naidimv ßißXiov a (s. A. 4), nsgl zcöv nocga ^Pmfiaioig d'scogimv ical dycivcav
ßtßlia (J* (S. T. in Hbro ludicrae historiae primo. Gell. IX, 7, 3; vgl. A. 4),
nsgl xov nata 'Pcofiaiovg iviavvov ßißXCov a (s. A. 3), nsgl tmv iv totg
ßißXioig arjfiSLcav a (Reifferscheid p. 419 f.), nsgl trig Kmigtovog noXittiag a\
avxiXiyn d\ tm Jidviim, nsgl ovofidtav nvg^cov, %ccl idiag iad'rificcTmv xal
vnodrjiicctoDP xal tmv äXXatv otg rtff (Xfiq)iivvvzca (Suetonius in libro de
genere vestium, Serv. Aen. VII, 612 vgl. A. 3), nsgl dvaq)i^ii(ov Xs^scav tJtoi
ßXaatpjjfiicav %al no&sv sttaazi] (Auszüge daraus in griech. Sprache bei E.
Miller, Mdlanges p. 413 — 426: SovrixCvov TgoyxvXov nsgl etc. vgl. ib.
p. 389 — 394), nsgl *P(6fifjg nal tdiv iv avzij vofJL^fimv xttl i^&av ßißXta ß'
(s. A. 3), avyysvmoVf Kaiadgatv iß' — nsgis%si dl ßiovg xata Siadoiccg
uvx&v dno 'lovXCov s(og do(isziavov — ßtßXia rj\ atififia (? vgl. Reiffer-
scheid p. 370) 'P(ofi>ai(ov dvdgmp iniai^iKo» (de illustribus viris). Ausserdem
TgdyxvXXog iv rot nsgl inia^yLcav nogvmv (Lyd. de magistr. III, 64), S. Tr.
in libro de vitiis corporahbus (Serv. Ae. VII, 627; s. A. 3), Suetonius in
libro qui est de institutione officiorum (über die Hof - und Staatsämter und
deren Geschichte, Reifierscheid p. 346 — 349 vgl. p. 466 f.), tres Suetonü
libri quos de regibus dedit (Auson. Epist. 19, vgl. A. 4), Suet. Tr. de rebus
variis (Charis. II. p. 236, 17 aus lulius Romanus); endlich Prata in minde-
stens zehn Büchern (s. A. 3). Vgl. J. Regent, de C. Suetonü vita et
scriptis, Breslau (1856) 63 pp. Zusammenstellung der Uebcrrcste der de-
perditi libri in Roth's Ausgabe p. 275—306, sowie besonders in S. Tr.
praeter Caesarum libros reliquiae . ed. A. Reifferscheid, Lips. (Teubner)
1860. XX mid p. 1—360, nebst den Quaest. Sueton. ib. p. 361 — 478.
3. Durch Reifferscheidß Quaest. Suet. (bes. c. II u. III, p. 426 ff.) ist
theils erwiesen theils wahrscheinlich gemacht dass von den bei Suidas auf-
geführten Einzeltiteln mehrere vielmehr Theile grösserer Werke waren.
So scheinen die Prata in den ersten acht Büchern specifisch Römisches
abgehandelt zu haben (also wohl = nsgl 'Poofirjg bei Suidas), meist wohl
nach Varro, und zwar so dass Sach- und Spracherkläruug neben einander
hergiengen , mit Belegen aus älteren Schriftstellern. Die Schrift nsgl ovo
lidvmv %vg((ov kann daher wohl ein Theil davon gewesen sein, so¥de die
de genere vestium u. s. w. B. 4 scheint die leges behandelt zu haben,
B. 5 die mores, = nsgl tmv iv *Ptiiiu voiiipuov nccl i^d^mv. Buch 8 erörterte
die römische Zeitrechnung, die feriae, dies fasti u. dgL, ist also wohl iden-
tisch mit der Schrift nsgl zov x. 'P. iviavzov. Die weiteren Bücher waren
r; "-S.
716 Die Kaiserzeit. Zweites Jahrhundert.
naturwisseDBchaftlichen Inhalts, mit Vorliebe auf Curiositäien gerichtet,
die seit Seztius in Born einheimische Parallelisierung des Physischen und
Ethischen verfolgend (das Individuum ein Mikrokosmos), und gleichfalls
das Sprachliche genau berücksichtigend. Buch 9 hatte vielleicht den Titel
de mundo und erörterte Winde und Wetter , Meere und Küsten , mit deren
eigentlichen Benennungen; B. 10 wohl de animantium naturis. Möglich
dass in einem elften Buche die Botanik , in einem zwölften die Mineralogie
abgehandelt war. Dieses Werk wurde von den Späteren stark auagebeutet,
wie von Schol. Germanic. (oben 259, 8), Ambrosius, Servius und ganz be-
sonders von Isidorus, durch dessen Vermittlung namentlich die nator-
historischen Theile im Mittelalter grossen Einfluss übten. Aber auch die
grammatischen Bestandtheile , besonders die über Synonymik , wurden viel-
fach ausgezogen und anderweitig verwendet. Vielleicht gehen theilweise
hierauf zurück die aus einem Montpellierschen Codex von d*OrviUe ver-
öffentlichten Differentiae sermonum (Remmi Palaemonis ex libro Suetoni
Tranquilli qui inscribitur Pratum) , abgedruckt im Sueton von Both p. 306
—320 (vgl. ib. p. XCV— C) und von Reifferscheid p. 274—296 (vgl. ib. p. 450
—452). Vgl. oben 266, 3 E. Der erste Theil behandelt, in der Weise der
spätem Grammatiker, die Synonymik zusammen mit der Orthographie,
die zweite Hälfte aber ist alphabetisch angelegt (I bis V) und enthält ein
Citat aus Nigidius Figulus, daher diese eher einen suetonischen Kern haben
könnte.
4. Die drei Bücher de regibus scheinen den Stoff nach den drei Erd-
theilen (Europa, Asien, Afrika) behandelt zu haben und von Africanos in
seiner Chronik benutzt zu sein. Dass darin (wie in der Pornographie, I
Reifferscheid p. 466 f.) die Gestalten der ältesten Zeit fast euhemerisiisch
verflacht waren machte sie für tendenziöse Ausbeutung geschickt. Reiffer-
scheid p. 458—461. Auch fClhren manche Spuren auf die Annahme einer
suetonischen Geschichte der Bürgerkriege zwischen Pompe jus und Caesar,
Antonius und Octavian, welche Cassius Dio und Uieronymus benutet hat-
ten (Reifferscheid p. 469—472). Die ludicra historia (Reifferscheid p. 46 X
—465] umfasste vielleicht 4 Bücher: nofl xaiv nag' ""EXXfjai naidiäv ic(e2>
ay(ov(ov ßißXla ß' und negi zmv naga *P(oiiatoig naidiäv xal ^sagiör^^
ßtßUa ß\ Die üeberreste bei Reifferscheid p. 322—831; 332—346; zum-
erstem Theile s. auch E. MiUer, Mälanges de litt, grecque (Paris 1863 >
p. 435 f. vgl. p. 395 f.; zum zweiten Theil der liber de puerorum lusibc»^
bei Serv. Ae. V, 602.
5. Dass Sueton auch in griechischer Sprache geschrieben habe be^
hauptet Roth, bestreitet Reifferscheid (p. 455. 462). Der die griechisebeti
Spiele behandelnde Theil der historia ludicra konnte allerdings ehenßO
leicht von Späteren ins Griechische übersetzt aLs ursprünglich griechisch
verfasst sein; aber die von E. Miller herausgegebenen üeberreste der Schrif*
Tctgl dvcq)iifjL(ov Xi^smv sind nach Inhalt und Anlage so speciflsch griechisch
dass sie die Annahme bioser Uebersetzung ins Griechische ausschliessen. ^
Wir werden daher in dieser Doppelseitigkeit ein Symptom der Zunahme
des Kosmopolitismus und des Uebergewichts der hellenischen Literatur
erkennen müssen, das sich bald häufiger zeigt; s. oben S. 710. Die Er-
weiterung des Gesichtskreises war aber nur quantitativ ; an Tiefe hat ^9
324. SuetoniuB. 717
BetrachtuDg gegenüber von Yarro nicht gewonnen; Dafür bewahrte den
Suetou seine rationalistische Nüchternheit vor den Verirr ungen der Alter-
thümler seiner Zeit (Reifferscheid p. 422 f. 449) ; er bekennt sich zu der
ciceronischen Richtung und tritt für Cicero selbst gegen Verkleinerer ein
(A. 2). Die Frontonianer suchten daher den Sueton in den Schatten zu
drängen (ReifiPerscheid p. 473 f.) * aber ohne Erfolg; vom dritten Jahrh. an
tritt er als Wissensquelle sogar immer mehr an die Stelle des Varro.
6. Suetons Sprache erstrebt vor Allem Einfachheit , Klarheit und Kürze
(Vopisc. Firm. 1, 2: Suetonio . . familiäre fuit amare brevitatem); der eigent-
lichste Ausdruck ist ihm der liebste, selbst wenn er unsauber wäre , und er
gebraucht daher auch ungewöhnlich viele griechische Wörter (Thimm
p. 27 — 35). Das Streben nach Kürze hat manche harte Auslassungen ver-
anlasst, sowie die zahllosen Participialconstructionen , verh'dltnissmässig
noch häufiger als bei Livius und ohne dessen Kunst (Thimm p. 90 ff.).
Doch konnte auch Sueton dem Einflüsse seiner Zeit sich nicht ganz ent-
ziehen; er verräth sich in manchen Gräcismen (Thimm p. 36 f.), poetischen
Wendungen (ib. p. 61 ff.) und Constructionen, besonders dem freien Ge-
brauche des Ablativ (p. 74 ff.), Conjunctiv (p. 80 ff.) und Infinitiv (p. 85 ff.),
sowie in dem Bemühen nach Abwechselung im Ausdrucke. H. R. Thimm,
de U8U atque elocutione C. Suetonii Tranquilli, Königsberg (1867) 98 pp.
7. Von den Schriften Suetons sind nur erhalten ein Theil der viri
illustres und die Kaiserbiographien. Das Werk de viris illustribus
l^ändelte höchst wahrscheinlich de poetis, oratoribus, historicis, philosophis,
£Tammaticis et rhetoribus, unter Beschränkung also auf die Literatur,
8owie auf die römische Welt. Nach Voranschickung eines Verzeichnisses der
abgehandelten Männer wurde die ältere Geschichte des betr. Faches kurz
^gestellt und dann die Hauptvertreter desselben in chronologischer Ord-
^UQg besprochen. Die Reihe der Redner begann Sueton, wie es scheint,
ßfsfc mit Cicero, wie die der Geschichtschreiber mit Sallust; die früheren,
Welche nach Suetons Ansicht nur historisches Interesse hatten, werden in
"®5 Einleitung berührt worden sein. Juvenalis , Tacitus und der jüngere
"uQiuB waren in dem Werke nicht mitbehandelt, vielmehr schloss es (wie
^ CJaesares) mit der Zeit des Domitianus. Quellen waren besonders Varro
^ö* die Bcriptores de viris ill. (s. oben 244, 1), sowie wohl Asconius und
'öÄeetella. Von den früheren Theilen des Werkes besitzen wir die Aus-
p?o welche Diomedes (Reifferscheid p. 370 — 379) und Hieronymus (in seiner
^t^iuischen Bearbeitung der Chronik des Eusebios) daraus gemacht haben,
^^terer unter Einreihung derselben in bestimmte Jahre, wobei er oft mit
^^^Ber Willkür verfuhr (Ritschi, Parerga S. 609 ff. Reifferscheid^s Suet.
P\ ^^6. 380—387) ; ferner aus dem Buche de poetis durch Handss. der betr.
^^hter vitae des Terenz, Uoraz, und theilweise des Lucanus (Vorgilius
ud Persius); aus dem de historicis Reste einer vita des älteren Plinius.
^^ich ist von dem wohl letzten Abschnitt, de grammaticis et rhetoribus,
sicher das Interesse der Grammatiker besonders erregte und daher schon
^^e selbständig ' vervielfältigt wurde, der index (welcher theilweise die
^otnamen ergänzt) und der grössere Theil (25 von 36) erhalten durch
'Abschriften derselben Handschrift (des Henoch) welche auch den dialogus
^d die Germania des Tacitus enthielt; s. oben 316, 1, A. 4. Im Allge-
718 Die Kaiserzeit. Zweites Jahrhundert.
meinen s. Reifferscheid p. 363— -425 (de poetis p. 370—405). H. Ddrgens,
über Suetons Werk de yiris ill., Leipzig s. a. (1857). Suet. de gramm. et
rheti libelli . . reo. et adn. crit. instr. F. Osann, Giessen 1854. H. Dörgene,
Suetons Lebensbeschr. berühmter Männer in 4 Büchern; wiederhergestell-
ter lat. Text mit Uebersetzungen und Erläuterimgen , Leipzig 1863. Vgl.
noch Th. Mommsen, Philologua L S. 180 ff. und unten 407, 8.
8. Hauptwerk de yita Caesarumf gewidmet dem praef. praet C.
Septicius Claras (Lyd. de magistr. II, 6), welcher J. 119—121 dieses Amt
bekleidete, somit verfasst J. 120. Eintheilung in acht Bücher, so dass die
6 ersten Kaiser' (Caesar bis Nero) je ein Buch bilden, die drei des J. 69
das siebente, die drei Flavier das achte. Der Anfang des Caesar fehlt; Ljdns
scheint ihn noch gehabt zu haben. Der Stoff ist aus guten Quelleo mit
Sorgfalt und Urteil zusammengetragen; VeUejus, Josephus und Plutarcb
sind nicht benutzt; auch Tacitus ist selten berücksichtigt, und genannt so
wenig als Plinius (oben 295, 5) und Cluvius Ruius (oben 296, 2). De Sue-
tonii fontibus et auctoritate Abhandlungen von P. C. L. Schweiger (Got-
ting. 1830. 4.) und A. Krause (Berlin 1831. 86 pp.). Lehmann, Claudios
S. 39 ff. Oct. Clason, Plut. u. Tac. (Berlin 1870) S. 70—73. Das Werk
ist ein biographisches, kein eigentlich historisches, konnte sich daher den
UmbUck auf gleichzeitige Begebenheiten und pragmatische Anlage erlassen,
nicht aber, wie es doch that, zusammenfassende Charakteristik der Ge-
schilderten. Aber psychologische Feinheit geht dem Verfasser völlig ab.
Zahlen sind selten, ebenso Unterscheidung der Zeiten und Beweise toi^
politischer Einsicht. Ebenso wenig ist es ein Kunstwerk. Die Anlage i^^
gleichförmig: die Vorgeschichte eines Kaisers nach der Zeitordnung, di^
Eegierungsthätigkeit nach bestimmten Rubriken (Fehler und Tugenden» -•
Lebensweise, Person u. s. w.) geordnet, zuletzt Tod und dessen Vorzeiche«*-»
Bestattung, Nadhgeschichte. Im Beibringen von Thatsachen, auch kleii*"
liehen und schmutzigen , ist Suet. unermüdlich , und gewiss hat er niemiwl^
wissentlich die Wahrheit verletzt oder vorenthalten. Sein persönKch^?^
Urteil spricht er selten aus; aber es fehlt ihm darum nicht an sittliche^*"
Ernst (vgl. z. B. Tib. 42 ff. 49) , und Commodus wusste wohl warum ^^
eum qui Tranquilli librum vitam Caligulae continentem legerat feris obic*-*
iussit (Lamprid. Comm. 10). Dass Sueton nicht schmeicheln mochte zei^*
sein Abschliessen mit Domitian. Vgl. C. L. Roths praef. p. IX — ^XVI.
9. Die Handschriften haben am Anfang alle dieselbe Lück^
stammen somit alle von derselben Urhandschrilt ab, die selbst schau
fehlerhaft und auch nicht von Interpolationen frei war. Seit Karl K-
wurde dieses eine Exemplar vervielfältigt. Die älteste und weitaus bes^
Hds. ist der Memmianus (nach seinem frühesten bekannten Besitzer de
Mesmes) aus Ende saec. IX, jetzt in Paris (Nr. 6115). Ihm kommt äw
nächsten der Vaticanus Lipsii saec. XI oder XII (G. Becker in der Syo*
bola philolog. Bonn. S. 687 ff.), sowie der Mediceus tertius saec. XL An- W^
dere Classen sind vertreten durch Mediceus I und Paris. 6116; die zahlreicbeB m^i :
aus saec. XV sind ohne Werth. Roth praefatio p. XVII f. XX-XXXÜ« M^
Ueber Excerpte in Miscellanhdss. ib. p. XXXII-XXXIV. I*^
10. Ed. princ. gleichzeitig drei, zwei Rom 1470, eine Venet U?'« »ij^j
Die wichtigsten späteren Ausgaben sind die von Phil. Beroaldns (BologM li^
324 f. Suetonius. Plorus. 719
1493. 1506), Des. Erasmus (1518), Rob. Stephanos (Paris 1543), Is. Causa-
bonufl (Genf 1595. 4. Paris 1610. fol.), J. G. Grävius (Utrecht 1672. 1691.
1703. 4.), S. Pitiscus (Utrecht 1690. Leovard. 1714. 2 Voll.), P. Bunnann
(Amstelod. ^736. 4. 2 Voll.), J. A. Ernesti (Lips. 1748. 1775; recogn. F. A.
Wolf, Lips. 1802. 4 Voll), Fr. üudendorp (Lugd. Bat. 1751), J. H. Brerai
(erläutert, Zürich 1800. 1820), C. G. Baumgarten- Cr usius (Lips. 1816, 3 Voll.),
C. B. Hase (Paris 1828. 2 Voll), und besonders rec. C. L. Roth, Lips. Teub-
ner 1868.
11. Beiträge zur Kritik und Erklärung von D. Ruhnken (scholia ed.
J. Qeel, Lugd. B. 1828), H. E. Dirksen (Berlin 1850. 4.), G. Becker (Quae-
stiones criticae de Suet. Caess., Königsberg 1862. 4.; in Pleckeisens Jahrbb.
87, S. 193 ff. 89, S. 839 ff. und Symbola philol. Bonn. S. 687 — 694), R.
ünger (Suetoniana, Friedland 1864. 4.) u. A.
12. Uebersetzungen der Kaiserbiographien z. B. von* K. Andree und
H. Reichardt (Stuttgart, Metzler, 5 Bdchn) und von A. Stahr (Stuttgart, Hoff-
inaim 1857, 2 Bdchn). Leben Caesars von H. Dörgens, Leipzig 1864.
325« Einen Abriss der römischen Geschichte bis auf August,
ßelJorum omnium annorum DCC libri duo, verfasste lulius
Plorus, hauptsächlich nach Livius, aber lediglich aus rhetori-
^hen Gesichtspunkten, nicht ohne Geist, doch mit wenig Ge-
^imack und viel Phrasen, sowie mit zahlreichen wissentlichen
^d imabsichtlichen Entstellungen der geschichtlichen Wahrheit.
1. Titel im cod. Bamberg. : Juli Flori epitomae de T. Livio bellorum
^öiait^jin annorum DCC libri duo. Vgl. Malalas p. 211 Bonn.: nad'tog 6
oq^osxKTOff ^IcÖQog vnsfAvrjfidziasv sk t6}p Atßiov avyyQapLfidtcDV. Livius
ist ot% wörtlich abgeschrieben, namentlich bei rhetorischen Wendungen;
»octx bildet er keineswegs die einzige Quelle des Auszugs; s. ü. Köhler,
qua :^^i^ Liv. ann. (1860) p. 23—25. 27—29. Namentlich Lucanus ist gleich-
falls Vienutzt, 0. .Jahn p. XLVII f. Meinert, Wiener Jahrbb. XXVIII. S. 186
— 1^1. Ebenso Caesar und* Sallust (Heyn p. 36 — 53). Zweck und Inhalt
i»t öixi Panegyrikus auf das römische Volk. Praef. 3: in brevi quasi tabella
^7^^^^ eius imaginem amplectar, non nihil, ut spero, ad admirationem
pnuoipig populi coUaturus si pariter atque insemel universam magnitudiuem
eiuB ostendero. Er wollte non tam narrare bella romana quam romanum
^^P^Tnum laudare (Augustin. civ. dei III, 19). Er wählt daher immer die
deia i^mischen Volke günstigste Darstellung, wo er sie finden mag. Heyn
P* ^^ — 19. Neben diesen tendenziösen Entstellungen errorum nullum fingi
potö^t genus cuiu snon luculent aexempla unaquaeque libri eius pagina suppe-
<litet, ü. Köhler p. 26, mit den Beispielen von Missverständnissen, Verwech-
*®^^gen, Widersprüchen, chronologischen und geographischen Fehlem u.s.w.
i^. p. 27 vgl. 0. Jahn p. XXXIV. XL VI f. Spengel S. 340-342. Heyn p. 3-9.
^^--"-Sö. Die Anlage ist in der Hauptsache nach der Zeitfolge , erstrebt aber
^^eben eine gewisse Sachordnung, wie in den Rubriken de seditionibus
l '^ 17 vgl. II, 2—5), res in Hispania gestae (I, 33). Zu Grunde gelegt ist
I , ^ Eintheilung (vgl. oben 253, 3) nach Altersstufen (infantia, adolescentia,
f ^^Ventus, senectus), indem der Verf. populum rom. quasi unum hominem
»^^'"■^ftCSWW
720 I^iö Kaiserzeit. Zweites Jahrhnndert.
cousiderat (praef. 4). Jahn p. XXXVIII f. Spengel S. 34*^ f. Nach ein^
Uebersicht der Königazeit (I, 1) folgt (I, 2) eine rhetorische anacephalaeo-
Bis darüber, wie aach am Schiasse des ersten Buchs eine worin über den fort-
schreitenden Sittenverfall rhetorische Klage geführt ist. Das letzte behan-
delte bellum ist (II, 33) b. cantabricum et asturicum, worauf (II, 34) pax
Parthorum et consecratio Augusti. Das erste Buch behandelt die gute
Zeit des röm. Volks, das zweite seinen Verfall (seit den Gracchen). Morali-
siert wird viel (Spengel S. 328 — ^331). Probe des politischen Standpuncts II, 1:
seditionum omnium causas tribunicia potestas excitavit, quae specie quidem
plebis tuendae, . . re autem dominatiouem sibi adquirens, Studium populi . .
aucupabatur. Beispiele lächerlicher Ausmalungen bei Spengel 8. 337—339.
2. Zur Abfassungszeit vgl. praef. 8: a Caesare Augusto in saeculom
nostrum haut multo minus anni ducenti , quibus inertia Caesarum qoad
cousenuit atque decoxit, nisi quod sub Traiano principe movit lacertos et
praeter spem omnium senectus imperii quasi reddita iuventute reTiroü
F. N. Titze (De epitomes . . quae . . Flori . . fertur aetate probabilis-
sima etc. Linz 1804, und in seiner Ausg., Prag 1819) setzte den FL unter
August und erklärte die hiemit nicht vereinbaren Stelleu für unecht;
8. dagegen Meinert in den Wiener Jahrbb. XXVIII (1824) S. 169—201.
GoBsrau , de Flori qua vixerit aetate , Quedlinburg 1837. 4. (unter Tr^'an).
3. 0. Jahn p. XL VII: totus sermo declamatorem arguit et cuinsns
generis artificiis, figuris, sententiis male acuminatis ita refertus est at
pauper scriptoris ingeuium et iudicium male fdrmatum neminem latere
possit. Vgl. die praefatio von Grävius. Vor der Masse des Schwülstigen
und Uebertriebenen verschwindet das Gelungene. VgL Spengel S. 322—
326. 343 f. Wie der Gesichtskreis des Rhetors ein beschränkter ist, so
auch sein Sprachschatz; Wiederholungen sind sehr häufig; namentlich hat
Fl. eine Leidenschaft für quasi, das er in seinen 81 Capiteln 125mal ge-
braucht (quippe 75mal) , sowie für Ausrufungen (Spengel S. 326 f.). Nach-
ahmung des Tacitus , E. Wölfflin im Philologus XXIX. S. 557 f.
4. Den späteren Jahrhunderten und dem Mittelalter empfahl sich der
Abriss durch seine Kürze und wohl auch durch seine Rhetorik. Jahn
p. XLVIII f. Besonders Jordanes hat ihn sehr stark ausgebeutet (ib. p. VI f.).
Daher gibt es auch eine sehr grosse Zahl von Handschriften des Florus.
Die beste ist der Bambergensis saec. IX (B bei Jahn). Dun ähnlich war
die Handschrift welche Jordanes (de success. regn.) benutzte. Alle andern
bekannten Hdss. stammen aus einer viel schlechtem und interpolierte
Quelle; die älteste imter diesen ist der Nazarianus (N) saec. IX in Heidd-
berg, wo der Abriss iii vier Bücher getheilt imd einem L. Aimaeus Flonu
beigelegt ist. Jahn p. V — XV, und über das Verhältniss von B zu N ib.
p. XV-XXXIV.
6. Ed. princeps Paris 1470. 4. Die wichtigeren späteren Ausgaben
sind die von Camers (Vienn. 1518. 4.), E. Vinetus (amSoliuus 1554. 4. u. sooft),
J. Gruter (Heidelberg 1597), Gl. Salmasius (ap. CommeL 1609 u. sontt))
J. G. Grävius (Utrecht 1680), C. A. Düker (Lugd. B. 1722), J. F. Fischer
(Lips. 1760), F. N. Titze (Prag 1819). Erste kritische Ausgabe von 0. Jahn
(Juli Flori epit. etc. rec. et emendavit, Lips. 1862); dann recog^. C. Hahn,
Lips. Teubner 1854,
ST
325 fP. Floros. Salvius Julianus. 721
6. Beiträge zur Textkritik von F. E. Köhler (Obeerv. criticae in Jul. Fl.,
Gotting. 1865. 42 pp.), J. Freudenberg (Rhein. Mua. XXII. S. 25—30), J. P.
Binsfeld (Qaaest. Florianae crii, Dosseldorf 1869. 11 pp. 4.).
7. Ueber Florus vgl. (ausser Aelterem, wie Heintze, de Floro non
historico, aed rhetore , Weimar 1787 =» Syntagm. opufic. p. 250 ff.) A. Baum-
stark in Pauly*8 Real-Enc. III. S. 490—494. H. G. Plass, disp. de auctor-
ibus eins quae vulgo fertur L. Annaei Flori epitome rerum rom., Verden
1858. 16 pp. L. Spengel, über die Geschichtsbücher des Florus, in den
Abhandl. der Münchner Akademie XXXVI (historisch-philol. Cl. IX) 1861.
S. 319—350. Jos. Beber, das Geschichtswerk des Florus, Freising 1865.
71 S. C. Heyn, de Floro historico, Bonn 1866. 53 pp.
326. Aus derselben Zeit ist wohl auch des Justinus Ge-
schichtsabriss^ sowie des Juventius Martialis Geschichte Caesars.
Die andern Schriftsteller auf dem Gebiete der Geschichte waren
Griechen und schrieben griechisch, wie besonders Phlegon.
1. Ueber Justinus s. oben 242, 3. 4. 6—10.
2. Sidon. Apoll. Epist. IX, 14: si omittantur quae de titulis dicta-
toris invicti (des Julius Caesar) scripta Patavinis sunt yoluminibus, quis
Opera Suetonii, quis luventii Martialis historiam, quisve ad extremum
Balbi ephemeridem (oben 183. 1) fando adaequayerit?
3. Ueber Phlegon vgl. 323, 3. Hauptwerk die 'OXviinuidsg, Vgl.
A. Westermann in Pauly's Beal-£nc. V. S. 1540 f.
327« Unter den Juristen der Zeit ist der einflussreichste
der Sabinianer Salvius Julianus, welcher in Hadrians Auftrag
die Edicte der Prätoren aus der Zeit der Republik sammelte,
sichtete, und in sachlicher Ordnung veröffentlichte, auch selb-
ständige juristische Werke (besonders Digesta) verfasste und noch
Jahrhunderte hindurch hohes Ansehen genoss. Jüngere Zeit-
genossen von ihm sind die Juristen Abumius Valens, Pactumeius
Clemens und Sex. Pomponius, Letzterer wichtig als Verfasser
einer in die Digesten aufgenommenen kurzen Geschichte des
Rechts und der Jurisprudenz bis auf die Zeit des Hadrian, aber
auch sonst ein fruchtbarer und bis ins hohe Alter thätiger juri-
stischer Schriftsteller.
1. Pompon. Dig. I, 2, 2 fin.: lavoleno Prisco (successit) Aburnius
Valens et Tusdanus (sonst unbekannt), item Salvius lulianus. Vgl.
oben 319, 3. Letzterer war ex Adrumetina colonia (Spart. Did. Julian 1, 2)
in Afrika und (mütterlicher Seits) proavus des nachmaligen Kaisers Didius
lulianus, bis consul (vgl. Dig. XL, 2, 5), praefectus urbi et iuris consultus
(Spart. Did. lul. 1, 1). Spart. Hadr. 18, 1: cum iudicaret in consilio habuit
. . iuris consultos et praecipue lulium Celsum (vgl. oben 319, 2), Salvium
lutianum etc. Fronte ad Caes. IV, 1 f. ist Julian krank und Fronto be-
Teuffel, röm. Literatarg-eschiehte. <46
722 ^16 KaUerzeit. Zweites Jahrhundert.
sucht ihn dem M. Aurel zu liebe. Noch die Divi fratrea Dig. XXXVII,
14, 17 pr.: plurium etiam iuris auctorum, aed et Salyii luliani amid nostri
(vgl. M. Aurel bei Fronto Ep. ad Gaes. IV, 2), darissimi viri, hanc sen-
tentiam fuisse (er war also damals schon todt). Sein Grabmal war miliario
quinto via Labicana (Spart. Did. lul. 8, 10).
2. Eutrop. VIII, 17: Salvii luliani, qui sub divo Hadriano perpetuum
composuit edictum. Hieronym. ad a. Abr. 2147 (Hadriani 15 := 133 n. Chr.):
Salvius lulianus perpetuum composuit edictum. Ueber dieses Datum s.
Mommsen, üb. d. Chronographen (1860) S. 673, A. 1. Justinians Constit
Jidco'Kev 18: 'AS^iavog . . oxe ta naga töiv ngatTcogatv %at' ixog ixactow
voiiod^fftoviieva iv ßgaxst tiyt cvvriys ßtßUm, top ngdtictov 'lovUavof
iCQos tovxo nagalaßmv. Constit. Tanta (Cod. I, 17, 2 vom J. 633) 18: et
ipse lulianus, leg^m et edicti perpetui subtilissimus conditor, in suis libris
hoc retulit . . et divus Hadrianus in compositioue edicti et scto quod eam
secutum est etc. A. F. Rudorff, Edictum perpet. (Lips. 1869) p. 9 f. Cod.
III, 33, 16 (vom J. 630): summum auctorem iuris sdentiae Salvium luiianum.
IV, 6, 10 (vom J. 630): sublimissimum testem adducit Salvium lulianom,
summae auctoritatis hominem et praetoriani edicti ordinatorem. VI, 61, 5
(vom J. 473): luliani, tantae ezistimationis viri atque disertissimi iuiis-
periti. Schüler von ihm waren AMcanus und Terentius Clemens.
3. Eigene Schriften des lulianus. Digestorum libri XC (Ind. Flor.),
woraus in die justinianischen Digesten 376 Fragmente aufgenommen sind,
wie auch Titel und Plan von luUans Werk auf das justinianische Einfloss
übte. Es enthielt zusammenhängende Erörterungen über die Rechtswissen-
schaft in Verbindung mit Fragen der a#ütores und den darauf von dem
Lehrer ertheilten Antworten. Th. Mommsen, Ztschr. f. Rechtsgeech. IX.
S. 82 — 88. Die ersten 68 Bücher folgen der Ordnung des Edicts und sind
unter Hadrian verfasst und veröffentlicht; die späteren Bücher unter Anto-
ninus Pius; s. H. U. Fitting (oben 39, 6) S. 4—7. Vgl. Rudorff, röm. Rechts-
gesch. I. S. 171. E. Viertel, de vitis ictorum, Königsberg 1868, p. 6-8.
Noten zu dem Werke schrieben Ulpius Marcellus und Cervidius Scaevola,
schon unter Pius, dann Mauricianus und Paulus. Julian selber verfasste
Noten zu Urseius Ferox (oben 281 , 4) in 4 Büchern (Ind. Flor. ; doch vgl.
Viertel, de vitis ictorum p. 18—20), die in den Digesten 41mal epitomiert
sind, und zu Minidus (oben 319, 6) in 6 Büchern (? vgl. K. Viertel p. 24
— 26). Aus Julians Über singularis de ambiguitatibus sind in den Digesten
vier Fragmente. Im Ganzen s. Hommel Palingen. I. p. 223 — 318. Dai
Citat lulianus libro I ad edictum (Dig. III, 2, 1) beruht auf Verwechslung
der Redaction des Edictum durch Julian (Anm. 2) mit einem selbständigen
Werke (Zimmern, Gesch. d. röm. Privatr. I, 1. S. 132, A. 16).
4. Heinecdus, de Salvio luliano, Ictorum sua aetate corjphaeo,
Halle 1733. 4. = Opp. IL p. 798—818. VII. p. 196—261. F. A. Biener, de
S. I. meritis de edicto praetorio rite aestimandis, Lips. 1809. 4.
6. L. Fulvius C. f. Pupin(ia) Aburnius Valens (OreUi 3163 vgl
Dig. XXXII, 78, 6). Da er nach der Inschrift; bei OrelU 3163 (wo er noch
clarissimus iuvenis heisst) die nominelle Stadtpräfectur (vor dem Eintritt
in den Senat) J. 118 bekleidete, so wird er kurz vor J. 100 geboren sein.
Er verfasste Actiones in mindestens 7 Büchern (Dig. XXXVI, 4» 16) oimI
.. j»-:
J
327. Juristen unter Hadrian: lulianus, Pomponius u. A. 723
libii fideicommissorum, gleichfalls in mindestens 7 Büchern (Dig. XXXIII,
1, 15), welche letztere Schrift in den Pandekten 19mal benützt ist. Vgl.
Hommel, Palingen. IL p. 533—636. Da er in letzterer nicht nur den lavo-
lenoB citiert (ib. XXXIII, 1, 15) sondern auch den (Salvius) lulianus (ib.
lY, 4, 33: lulianus . . respondit. XXXII, 94: lulianus . . putavit) und den
Trojan als divus bezeichnet (XLIX, 14, 42), so scheint er den lulianus
überlebt zu haben. Er ist daher ohne Zweifel der Fulvius (so Mommsen,
statt Salvius) Valens bei Capitol. Ant. Pi. 12, 1: usus est iuris peritis . .
Fulvio Valente. Vgl. Dig. XLVIII, 2, 7, 2: divus Pius Salvio Valenti re-
acripsit P. F. Smeding, de Salyio Abumio Valente eiusque quae in Dig.
adsunt fragmentis, Lugd. Bat. 1824. Zimmern, Oesch. d. röm. Privatr.
I, 1. S. 334 f. E. Viertel, de vitis ictorum p. 30—33. Th. Mommsen, Ztschr.
f. Bechtsgesch. IX. S. 90, A. 21.
6. Pompon. Dig. XL, 7, 21, 1: Pactum eins Clemens aiebat etc.
Genauer ist er bekannt durch die Inschrift aus Constantine bei Benier,
inscr. de TAlg. 1812 = Henzen 6483: P. Pactumeio P. f. Quir. Clementi,
Xyir stlit. iud., Quaest., Leg. Rosiani Gemini (Dig. XLVIII, 5, 6, 2. XLVIII,
6, 6) Boceri sui procoB(ulis) in Achaia, trib. pleb., fetiali, legato divi
Hadriani Athenis . . , praetori urbano , leg. divi Hadriani ad rationes civi-
tatium Syriae putandas, legato eiusdem in Cilicia, Consuli (suff. im J. 138
nach Borghesi), legato in Cilicia Imp. Antonini Aug., leg. Rosiani Gemini
procos. in Africa, iurisconsulto , patrono IV coloniarum. VgL ib. 1813 f.
7. Sex. Pomponius lebte und schrieb sowohl rmter Hadrian als
unter M. Aurelius oder doch den divi fratres. Bezeichnend ist die Aeusse-
rung aus seinen Epistolae B. VII (Dig. XL, 5, 20): ego discendi cupiditate,
quam solam vivendi rationem optimam in LXXVIII**™ annum aetatis duxi.
Da er in demselben Buche (Dig. L, 12, 14) den Antoninus als divus be-
zeichnet, so schrieb er diess frühestens J. 162, war somit nicht vor J. 84
n. Chr. geboren, und dass er ein Zeitgenosse von Julian war erhellt theils
daraus dass seine Geschichte der Jurisprudenz (A. 10) mit Letzterem schliesst,
theils daraus dass Beide einander citieren (A. 8). Pomponius aber scheint
den Julian überlebt zu haben , da Julian nur ^in Werk des Pomp, benutzt
hat, Pomp, aber mehrere des Julian; s. A. 8. Als seine Lehrer nennt
Pomp, die Juristen Pegasus (Dig. XXXI, 43, 2: P. solitus fuerat distinguere).
Aristo (ib. XL, 5, 20: putabat. XXXVI, 1, 72: aiebat, vgl. XXXIX, 5, 18.
Fragm. Vat 83. 88) und Octavenus (XL, 4, 61: aiebat. 5, 20: putabat).
Häufig geht er in seinen Schriften auf die veteres zurück , insbesondere auf
Q. Mudus, Ser. Sulpicius, Trebatius, Alfenus, Labeo.
8. Verhältniss zwischen Julianus und Pomponius. Pomp, benutzt des
Julian Dig. und citiert ihn häufig, wenigstens in den libri ex Plautio, den
Epistolae et variae lectiones, sowie in den libri ad edictum; vgl. Dig. VI,
1, 21 (Pomponius Ubro XXXIX«» Ad edictum scribit etc. lulianus autem etc.
idque Pomponius libro XXXI V<> Variarum lectionum probat). XIV, 6, 19
(lulianus scribit). XXXIX, 2, 18, 5 (Pomponius relata luliani scriptura
didt non se improbare etc.). XL, 4, 40 (aus Pomp. h'br. V ex Plaut.: lulia-
nus ait). 61 (et lul. ait). XL, 5, 20 (apud lulianura ita scriptum est. . . ea
quae lulianus scribit, aus Epist VII). XLIX, 14, 35 (aus Epist XI: apud
46*
-jT-i^,, ■'T^r^j
724 I^ifi Eaiserzeit. Zweites Jahrhundert.
lolianum scriptum est). Fragm. Vat. 75 (Pomponius ait libro VII ex Plaotio,
relata luliani sententia. . . urgretnr tarnen luliani sententia argomentis
Pomponii). Julian benutzt (in seinen Dig.) des Pomp. Bücher ad Sabinum;
vgl. Fragm. Vat. 88 (luüanus subicit Sextum quoque Pompouium referre).
Dig. XXYIII, 5, 41 (ut refert Sex. Pomponius, vgl. Mommsen, Ztschr. f.
Bechtsgesch. VII. S. 478 Anm.). XVII, 2, 63, 9 (ait luliauus Sextum Pom-
pouium referre Sabinum respondentero etc.). Vgl. Fitfcing S. 8 f. 1 1. 12. 13.
Die Aufeinanderfolge lulianus et Pomponius Dig. XXVIIi, 2, 9, 2. XLY,
1, 2, 5. Vgl. G%j. Inst. II, 218 (luliano et Sexto placuit). Zu einer Unter-
scheidung zweier Juristen des Namens Pomponius ist kein triftiger Grand
vorhanden. BudorfiP, Bechtsgesch. I. S. 172 f. Fitting S. 13 f. Mommsen
a. a. 0. S. 478 f.
. 9. Schriften des Pomponius. Enchiridii liber singularis , Ad Sabinum
libri XXXV, und Fideicommissorum libri V , sämmtlich unter Hadrian ver-
fasst, die Noten ad Sabinum sicher vor Julians Digesten; Ad edictnm,
mindestens 79 Bücher, vor Julians Bedaction des Edictum perpetuum ge-
schrieben; Ad Q. Mucium lectionum libri XXXIX, nach Hadrian, wahr-
scheinlich unter Antoninus Pius verfasst; Ex Plautio libri VII, unter Anto-
ninus Pius geschrieben, wie auch wahrscheinlich Senatusconsultorom
libri V; Epistolarum et variarum lectionum libri (Dig. FV, 4, 50. L, 12, U),
falls diese zwei Titel wirklich zusammengehören sollten, mindestens 41 Bücher,
aus der Zeit der divi fratres (s. A. 7). Nicht wohl vor Pius verfasst wsr
die Schrift De stipulationibus in mindestens acht Büchern, und spätestens
unter Pius der Begularum liber singularis. Aus unbeikannter Zeit sind
seine Enchiridii libri IL Ebenso die Zusammenstellung der juristischen
Ansichten des Aristo (oben 319, 4) aus dessen notae, decreta, responsa und
epistulae; s. Dig. XXIV, 3, 44 (aus Paulus): Nerva et Cato respondemnt,
ut est relatum apud Sex. Pomponium Digestorum ab Aristone libro quinto;
ibidem Aristoui consensit. Im Ganzen sind die Schriften des Pomp, in
den Digesten 585mal benutzt; s. die Zusanmienstellimg bei Uonimel, Palinge-
nesia II. p. 303—386. Sie waren geschätzt theils wegen ihrer Casuistik
theils als Auszüge aus angesehenen älteren Juristen.
10. Das Enchiridion (Hber sing.) enthielt wie es scheint eine Erlftate-
rung der rechtlichen Grundbegriffe (Dig. L, 16, 239) und einen Abriss der
Geschichte des römischen Bechts und der Bechtswissenschaft bis auf Julü-
nus (Dig. I, 2, 2). Vgl. oben S. 236, d. Sonderausgaben von E. Böcking
(Bonn 1831) und F. Osann (recogn. et annot. crit. instr., Giessen 1847).
§. 41—44 cum notis ed. E. Schrader, Berlin 1837. 14 pp. 4.
11. H. B. Beinold, de Sex. Pomponio icto, Würzburg 1710 (= Opiac.
p. 602—648). Ueineccius de Sex. P. eximio aevi sui icto, Opp. ni, 2.
p. 66—126. Zimmern, Gesch. d. röm. Privatrechts I, 1. S. 337 — 340. Fit-
ting (oben 39, 6) S. 8—14.
328« Rhetoren der hadrianischen Zeit sind der gelehrt«
Spanier Antonius Julianus und Castricius. Die meisten und
angesehensten aber schrieben in griechischer Sprache. So Hadrian
selbst, Polemon, Lollianus, Dionysios aus Milet, Favorinus n. A.
327 f. Juristen u. Rheioren unter Hadrian. Pomponiue. Castricius u. A. 725
In lateinischer Sprache verfasst und erhalten sind nur die Schul-
reden eines sonst unbekannten Calpumius Flaccus.
1» Gellius I, 4, 1: Antonius lulianus rhetor perquam fuit honesti
atque amoeni ingenii. doctrina quoque ista utiliore ac delectabili veter-
umque elegantiarum cura et memoria multa fuit. ad hoc scripta orania
antiquiora tarn curiose spectabat et aut virtutes pensitabat aut yitia rima-
batur ut iudicium esse factum adamussim dicered. ib. 8: ad hunc modum
lulianus enodabat diiudicabatque veterum scriptorum sententias, quae apud
cum adulescentes delectitabant. XIX, 9, 2: venerat nobiscum ad eandem
cenam Antonius lulianus rhetor, docendis publice iuvenibus magister,
hispano ore florentisque homo facundiae et rerum litterarumque veterum
peritus. Proben seiner Gelehrsamkeit ib. IX, 1, 2 ff . XV, 1, 4 ff . XVIII,
5, 5 ff. XIX, 9, 8 ff. XX, 9. Dass er ein Lehrer des Gellius war erhellt
aus Gell. XVIII, 5, 1: cum A. I. rhetore, viro hercle bono et facundiae
florentis, complures adulescentuli , familiäres eins, Puteolis aestivarum
feriarum ludum . . agitabamus. Vgl. ib. IX, 15, 1 ff.: cum A. I. rhetore
per feriarum tempus . . Neapolin concesseramus. XY, 1, I ff.: declamaverat
A. I. rhetor . . feliciter. . . ergo familiäres eins circumfusi nndique eum
prosequebamur domum. Auf später herausgegebene Schriften desselben
scheint zu deuten ib. XVIII, 5, 12: hoc tum nobis lulianus . . dixit. sed
cadem ipsa post etiam in pervulgatis commentarüs scripta offendimus.
Minuc. Fei. Oct. 33, 4: si Bomanis magis gaudes, ut transeamus veteres,
Antonii luliani de ludaeis require: iam scies nequitia sna hanc eos (die
Juden) meruisse fortunam. Wohl eine Rede de lud. mit reichen gesQhicht
liehen Ausführungen.
2.. T. Castridus, rhetoricae disciplinae doctor, qui habuit Romae
locum principem declamandi ac docendi, summa vir auctoritate gravitate-
que et a divo Hadriano in mores atque litteras spectatus, quo . . usus
sum magistro. Gellius XIII, 22, 1. vgl. XI, 13, 1. I, 6, 4. II, 27, 3. Fronte
epist. ad am. II, 2 (Castricius noster).
3. Ueber Hadrians Declamationen s. oben 323, 3 ; über Aelius Verus
unten 331, 2; über Heliodorus unten 329, 8.
4. Hieronym. ad a. Abr. 2148 ^=3 Hadr. 16 = 134 n. Chr. : Favorinus
et Polemo rhetores insignes habentur. Favorinus aus Arelate (Arles),
Schüler des Dion (Chrysostomos), mit Plutarch und Fronto (s. unten 334, 1)
befreundet, encjclopädischer Schriftsteller, z. B. Verfasser von philoso-
phischen Schriften (üvgQdvsioi Xoyoi), Kenner auch der römischen Literatur
und der Alterthümelei entgegentretend (Gellius I, 10 vgl. VIII, 2. XVIII, 7.
XX, 1, 20); s. Phüostr. vitae soph. I, 8 mit Kayser (Heidelberg 1838) p. 181
—183. J. L. Marres, de Favorini Arelatensis vita, studiis, scriptis, Utrecht
1863. 146 pp. Vgl unten 340, 1.
5. Ueber (Antonius) Polemo in Smyma (mns J. 85—140) s. Philostr.
vitae soph. I, 25 mit C. L. Eaysers notae p. 267 f. L. Preller in Pauly's
Real-Enc. V. S. 1793 f.
6. (L. Egnatius Victor) LollianuB ngovctri tov U^iivf^at d-Qovov (der
SophiflÜk) nQmxog^ s. Philostr. v. soph. I, 23 mit Kayser p. 261 f.
7. Dio LXIX, 3: tov ^aovmgi^vov tov FaXati^v tov te Jiovvümv toit
726 ^^6 Kaiserzeit. Zweites Jahrhundert.
MtXiiaiov tovs cotptatag etc. Ueber Letzteren 8. Fhilosir. vitae 8<^h. 1, 22;
vgl. unten 329, 8. 333, 4.
8. Erstmals veröffentlicht wurden die 51 declamationes des Calpur-
nius Flaccus (Excerptae X rhetorum minorum) von Petr. Pithöus, zusam-
men mit den pseudoquintilianischen (oben 307, 11), Paris 1680; dann in
den Ausgaben der letzteren von J. Fr. Gronov (Lugd. B. 1665), U. Obrecht
(Strassburg 1698. 4.) und P. Burmann (Lugd. B. 1720. 4.). Ihr Anspruch auf
den Namen des Calp. Fl. wie dessen Zeit sind aber gleich unsicher.
329. Der namhafteste Grammatiker aus der Zeit Ha-
driaus ist Q. Terentius Scaurus, Verfasser einer lateinischen
Grammatik und einer Poetik, sowie Commentator des Plautus
imd Vergil, vielleicht auch des Horaz. Die seinen Namen tra-
gende Schrift de orthographia kann aber höchstens för einen
mageren Auszug aus seinen Arbeiten gelten. Derselben Zeit
gehörten auch Velleius Celer, Aelius Melissus, Domitius an, von
den Griechen aber die Grammatiker Vestinus und besonders
Heliodorus.
1. Gellius XI, 15, 3: Terentius Scaurus, divi Hadriani temporibns
grammaticus vel nobilissimus, inter illa quae de Caeselli (oben 330, 4)
erroribus composuit. Vgl. Capitolin. Ver. 2, 5: audivit (Verus) Scaurinnm
grammaticum latinum, Scauri filium qui grammaticus Hadriani ftdt. An-
führungen aus seinem Hauptwerke besonders bei Gharisius und Diomedes
(aus Bomanus), sowie in den Explanationes in artem Donati (Keil IT.
p. 486 fif.). Charis. I. p. 138, 1 E. : Scaurus in arte grammatica. 136, 16:
Scaurus artis grammaticae libris. Dagegen ib. 146, 36: Scaurus libro III
ist nach dem Zusammenhang auf die Selbstbiographie des M. Aemiliiia
Scaurus (oben 131, 10) zu beziehen. Bufin. Excerpt. p. 2711 P. => 384 Gaisf.:
Scaurus in commentario Plauti in Pseudulo dicit etc. Bitschi, Parerga
p. 375 f. Commentare zur Aeneis und wohl auch zu den Bucolica; s. Rib*
beck Prolegg. p. 172. Charis. p. 202, 26 ff. E.: impariter Horatius episto-
larum (II, 3, 75): versibus impariter iunctis, ubi Q. Terentius Scaurus in
commentanis in artem poeücam libro X etc. Der hiedurch erregte Schein
eines ausführlichen Werkes über Horaz a. p. wird zerstört durch ib. 210, 19 ff.:
Maro (Aen. I, 1): Troiae qui primus ab oris, ubi Q. Ter. Sc. commentazüs
in artem poeticam libro X etc. Vgl. oben S. 429 E. A. Gräfenhan (Gesdi.
d. class. Philol. IV. S. 300 f.) will grammaticam statt poeticam. Die An-
führungen von Definitionen des Scaurus über rhetorische Figuren (wie
hypozeuxis, macrologia) sprechen eher für eine die Bhetorik mitbefassend«
Poetik. Die einzige unsichere Spur eines Commentars zu Horaz ist Porphjr.
zu Hör. S. n, 5, 92 (11. p. 308 H.): capite obstipo: tristi ac severo. Scan-
rus inclinato dicit; vgl. Zangemeister (oben 221, 5) p. 40 ff. Die Ueber-
reste des Scaurus verrathen keine alterthümelnde Bichtung; er scheint
vielmehr zu den Ciceronianem gehört zu haben. Ueber die kleine Scfazift
de orthographia (bei Putsche p. 2250 ff.) vgl. F. Osann, de Flavio Capro
p. 7: qui Hbellus . . Scauro prorsus indignus, nihil nisi ezcerptonun fitf*
raginem vel epitomen opehs deperditi ostendit.
329 f. Terentius Scaunis, Aureliamw u. A. unter Hadrian. 727
2. Priscian. X, 67. p. 647 Hte.: Velleiuß (D: Vellius) Coler respon-
deuB Hadriano imperatori per epistulam de hoc (die Quantität von ambitus)
interroganti . . pstendit etc. Vielleicht ist er der Kilsg xex9oyQdq>og , ßa-
9^Xinmv p^v intötoXmv nQoaxarrjg Jiovvcitp dl tov i% fiBiguniov xqovov
SiatpoQog bei Philostr. vit. ßoph. I, 22. Vgl. A. 8.
3. Gellius XVIII, 6, 1 ff.: Aelius Melissus in nostra memoria fiiit
Romae summi quidem loci inter grammaticos id temporis; sed maiore in
litteris erat iactantia et cotpicx^i^ quam opera. is praeter alia quae scri-
psit complura librum composuit . . cui titulus est . . de loquendi propri-
etate.
4. Gell. XVni, 7, Iff.: Domitio, homini docto celebrique in urbe
Roma grammatico, cui cognomentum Insano factum est, quoniam erat
natura intractabilior et morosior, ei Domitio Favorinus noster cum forte
. . obviam yeuisset atque ego cum Favorino essem etc.
6. Aus derselben Zeit ist vielleicht auch Q. Octavius Avitus, s. oben
211, 3.
6. Ueber Sulpicius Apollinaris, welcher schon in dieser Zeit von Ein-
flusB ist, 8. unten 336, 2.
7. üeber lulius Vestinus s. Suidas s. v.
8. Dio LXIX, 3: diovvaiog (oben 328, 6) n^og tov avtov (des Hadrian]
tStov 'HXiodcoQOV, tov Tag inictoXag avtov diayayovttt, stnsCv Isystai
Ott Kaiaag xpiff^ffTce fiiv cot xal ttfiriv dovvai Svvatai, fijtoga di es
noirjaai ov dvvaxai. Vgl. A. 2. um so bedeutender war er als Gramma-
tiker, da er ohne Zweifel identisch ist mit dem Metriker Heliodorus, über
welchen s. R. Westphal, allg. Metrik (1866) S. 137—146 =i Metrik« I
(1867). S. 214 ff. Vgl. unten 367, 7 f.
330. Die Philosophie war in dieser Zeit vorzugsweise durch
Griechen vertreten, wie Plutarchos. Von Fachschriftstellem ist
der bedeutendste der Mediciner Caelius Aurelianus aus Africa,
von welchem zwei Schriften über acute und chronische Krank-
heiten auf uns gekommen sind. Diese lassen ihn als Methodiker
und scharfen Beobachter erscheinen. Ihre Sprache ist dunkel
und incorrect.
1. Hieronym. ad a. Abr. 2136 = Hadr. 3 = 121 n. Chr.: Plutarchus
Chaeroneus et Seztus et Agathobulus et Oenomaus philosophi insignes
habentur. Ad 2142 => Hadr. 10 c= 128 n. Chr.: Quadratus discipulus apo-
stolorum (vgl. de vir. ill. 19) et Aristides Atheniensis noster philosophus
libr06 pro christiana religione Hadriano dedere compositos. Vgl. noch
oben 328, 4.
2. Ueber eine Bearbeitung der genealogiae des Hyginus s. oben 246, 7.
3. Ueber die Chorographie aus PUnius n. h. s. oben 296, 7.
4. Caelius Aurelianus aus Sicca in Numidien lebte zwischen
Soranos (oben 282, 8) und Oalenos, da er Letzteren nie erwähnt, während
Soranus sein Hauptgew&hrsmann ist. Vgl. acut. U, 1: Soranus, cuius haec
728 ^^ Kaiserzeit. Zweites Jahrhundert.
sunt quae latinizanda susoepimas. 11, 28: cuius yerisaiinas apprehensiones
latmo sermone describere laboramus. chron. II, 7: Mnaseas et Soranns,
cuius etiam nos amamus iudicium. Das Werk über die aci^ten Krankheiten
(celerum oder acutarum passionum) besteht aus drei Büehem (Paris 1S33
u. 1826)) das über die chronischen (tardarum oder clironicarum passionani)
aus fünf (Basil. 1529 fok Aid. 1647). Beide zusammen herausgegeben Lugd.
1566, besser Amstelaed. 1709. 4. {cur. J. C. Amman, mit Noten von v. Al-
meloveen) = Venet. 1757. 4. Lausannae 1774. Auch in den Sammelwerken
der medici veteres. Bemerkenswerth sind beide durch die treue and leben-
dige Schilderung der Krankheiten, sowie durch die manchfachen Anfüh-
rungen älterer Schriftsteller und ihrer Meinungen, das Latein als Probe
der africanischen Latinität. Cassiod. div. Script, inst. II, 31 empfiehlt iho
Eine Anzahl anderer Schriften des Aur. die er gelegentlich anführt (s. Am-
mans Ausg. p. 710), wie muliebrium passionum libri, de passionum causis
u. a. sind verloren gegangen. C. 6. Kühn, de C. A. inter methodicos medi-
cos haud ignobili, Lips. 1816. 4. = Opusc. acad. II. p. 1 ff. Choulant,
Bücherkunde f. d. alt. Medicin S. 206—209.
5. Ueber die basis capitolina, mit einer Widmungsinschrift verschie-
dener Regionen und zahlreicher vici Roms an Hadrian (auf dem Capitol)
s. Gruter p. 249 ff. E. Braun, Qhilologus Suppl. 11. S. 405 ff. H. Jordan,
über eine Untersuchung des sog. capitolinischen Stadtplanes, Monatsber.
der Berl. Akad. 1867, S. 526—548. A. Klügmann, Philologus XXVII.
S, 474—493.
331. Dichter von Namen hat Hadrians Zeit nicht aufzu-
weisen. Doch besang Annianus die Freuden des Landlebens
(Falisca) und verfasste Fescenninen. Ausserdem wurden latei-
nische Verse gemacht von Hadrian selbst, von Annius Florus,
L. Aelius Verus, Voconius u. A. Dem spielenden Charakter
dieser Beschäftigung entsprach es dass jetzt Versarten wie der
iambische Dimeter beliebt wurden.
1. Ueber Hadrians Gedichte s. oben 323, 3 u. 5; über Annius Florus
oben 318, 7; über Voconius oben 323, 5.
2. Spartian. Hadrian. 23, 11: adoptavit (J. 135?) Ceioniom Commodum
y«rum invitis Omnibus eumque AeHum Verum Caesarem appellavit. Aelius
2, 6: hie . . primum L. Aurelius Verus est dictus, sed ab Hadriano adsd-
tus in Aeliorum familiam . . et appellatns est Caesar. 5, 1 f.: fuit . . eru-
ditus in litteris, . . eloquentiae celsioris, versu facilis. 4, 7: cum de pro-
vinda Aelius redisset atque orationem pulcherrimam , quae hodieque legitor,
sive per se seu per scriniorum aut dicendi magistros pararet, qua kalen-
dis lanuarüs Hadriano patri gratias ageret, . . kalendis ipsis lanuarüs
(des J. 891 ■» 138) perit. Dieser L. Ceionius Conunodus Vems Aelius (Heliiu)
Caesar ist Vater des L. Veras (unten 342, 1 u. 6).
3. Gell. VI, 7, 1: Annianus poeta praeter ingenii amoenitates lit-
terarum quoque veterum et rationum in litteris oppido quam peritos fint
et sermodnabatur mira quadam et scita suavitate. IX, 10, 1: Ann. poeta
331 f. Anniauus u. a. Dichter. Anioninus Piiis. 729
et plerique cum eo eiusdem Mnsae viri. XX, 8, 1: A. poeta in üindo buo
quem in agro Falieco posaidebat . . me ot quosdam item alios familiäres
▼ocavit. Aoson. ceuto nupt. (Idyll. XII I) b. f.: nam quid Anniani fescenni-
n08? Lachmann ad Terent. Maur. p. XIII— XV hält den A. für den poeta
FaliscuB welchem Terentian v. 1816—1821 ludicra carmina zuschreibt, vgl.
ib. 1998: talia docta Phalisca legimus. Mar. Yict. p. 178 G. (quod . . An-
nianuB Faliscum carmen inscribit). L. Muller, Rhein. Mus. XXV. S. 337
—344.
4. Snid. V. Meöoin^^rjg (II. p. 791 f. Bemh.): Kgiig, Ivginog, ysyovmg
inl xiSv 'ASgiavov ;i;poyo>y, anBlsvd'eQOs avtov Jj iv toig fiaUata q>ilog.
YQdq>si ow eig *AvxCvqov ixatvov . . %al alla dia(poQa (aHt^, Capitolin.
Ant. Pi. 7, 7 f.: salaria multis subtraxit quos otiosoB videbat accipere.
. . imde etiam MeBomedi lyrico salarium imminuit. Hieronym. ad a. Abr.
2160 = 146 n. Chr.: MesomedeB GretensiB citharicomm carminum (in grie-
chischer Sprache) musicus poeta agnoscitur. Erhalten ist sein HymnoB auf
NemesiB.
2. Die Zeit der Antonine, J. 18^—180 n. Chr.
a) AntoninuB PiuB, J. 138—161 n. Chr.
332. An der Literatur hat Antoninus Pius (J. 86 — 161
n. Chr.) sich nicht persönlich betheiligt, aber durch seine muster-
hafte Regierung ihr Frieden, Raum und Stimmung gewährt.
Indessen war die geistige Fähigkeit der Nation so tief gesunken
dass ein Fronto jetzt das grosse Wort führte und nur auf den
Gebieten der Jurisprudenz und der Grammatik sich einiges Leben
zeigte. Die griechische Literatur aber hat in dieser Zeit neben
leeren Schönrednern und dem Periegeten Pausanias den geist-
reichen Schriftsteller Lukianos und den Astronomen Ptolemäus.
1. T. AorelioB FuIvub Boionius ArriuB AntoninuB, geb. den 19 Sept.
86, CoB. 120, ProcoB. in ABien wahrsch. 128, nach dem Tode deB VeruB
(A. 3) von üadrian adoptiert 25 Febr. 138 alB T. AeliuB Hadrianus Anto-
ninus, Kaiser seit 10 Juli 138; stirbt 7 März 161. Consecrationsname divus
Antoninus Pius, häufig abgekürzt d. A. oder d. P. Vgl. G. R. Sievers in
Panly's Real-Enc. I, 1. S. 1192—1197. X. Bossart und Jak. Müller, Zur
Geschichte des K. A. P., in M. Büdingers Untersuch, zur röm. Kaisergesch.
n. (1868) S. 289-321.
2. Gapitolin. Anton. Pi. 2, 1: fuit . . eloquentiae nitidae, litteraturae
praecipnae. 11, 3: rhetoribus et philosophis per omnes proyincias et hono-
res et salaria detulit. Vgl. Modestin. Dig. XXVII, 1 , 6 aus einer imütolTJ
'Avxtovivov TOti EviSBßovgi tit ikkv iXaxtovg nolng Svvavxai nivxM laxf^vg
dxMliig ft^iv %al xgsig üoquüxag %al YQa(ifkccxi%ovg xovg Faovg (grössere
7 Aerzte, je 4 Lehrer, die grössten 10 Aerzte und je 5 (lixogsg und ygafA-
fiaxinoC), (§. 7.) mgl 91 xAv fpiXocifpauß ^ avri) diaxa^ji^g xov Iliov ovxa
Xiyn' q>iXoc6ipmv dh ovx ixccx^V agt^fiog did x6 ttnaviovg slvai xovg
730 I^ic Kaiserzeit, Zweites Jahrhundert.
qiilo60<povvtag. Capitol. Ant. Pi. 11, 3: orationes plerique alienas dize-
runt quae sub eius nomine feruntur; Marias Mazimas eins proprias fuisse
dicit. Erwähnung einer oratio des A. P. und des Verus (gratiamm actio)
bei Fronto ep. ad Caes. Y, 38 f. Zwei Briefe des A. P. an Fronte in
Näheres Ausg. von Front. Epist. p. 163 f. 167 f. Die von A. P. ausgegangenen
Bescripte sind zusammengestellt bei Hänel, Corpus legum p. 101 — 114.
3. Die zehn Bücher der JTe^tifyi^ffiff r^^ 'Ellddog von Pausanias sind
in langen Zwischenräumen verfasst, B. I u. II noch unter Hadrian, abge-
schlossen nicht vor J. 185. Vgl. Hans Reichardt in Paoly's Beal>Enc. V.
S. 1268—1264.
4. üeber Lukianos aus Samosata (geb. ums J. 120] vgl. L. Preller
in Pauly's Beal-Enc. IV. S. 1165—1181. Wissowa, zur innem Geschichte
des zweiten Jahrh. n. Chr. aus Lukian , Breslau 1848. 1853. 4. W. A. Pas-
sow, Lukian und die Geschichte, Meiningen 1854. 24 8. 4.
5. Ueber den Astronomen, Mathematiker und Geographen Claudios
Ptolemaeus in Alexandria vgl. die Literaturübersicht von Bahr in Pauly's
Real-Enc. VI, 1. S. 238—242, Nr. 51, und E. Schönfeld, ebd. I, 1. S. 783
—787.
333« Die hervorragendste und bezeichnendste Gestalt der
Zeit ist der Rhetor M. Cornelius Fronto aus Cirta (etwa 90—
168 n. Chr.), schon unter Hadrian hochangesehen als Redner,
unter Antoninus Pius Lehrer des M. Aurelius und L. Verus,
Consul 143 n. Chr. Wir besitzen von ihm vorzugsweise den
grössten Theil seines Briefwechsels mit M. Aurelius als Thron-
folger und als Kaiser. Der Rhetor erscheint darin eitel, süss-
lich, verschroben, mit wenig Geist imd viel Geschmacklosigkeit,
aber kenntnissreich, ein eifriger Verehrer der alten romischen
Literatur und eifrig bemüht für ihre Verbreitung, dabei ein
ehrenwerther Charakter, rechtlich und freimütig, seine einfluss-
reiche Stellung nie missbrauchend, ein treuer Gatte und Freund
und ein väterlicher Berather seiner Schüler, deren Dankbarkeit
in den nächsten Zeiten seinem Namen hellen Glanz verschafit hat
1. Geburtstag des Fronto bald nach Neigahr; b. ep. ad Caes. Y, 32
vgl. 30 f. u. p. 94 Naber. Cirtends noerter, Minuc. Fei. Oct. 9; vgl, Fronto
p. 242: A^ßvg täv Aißvatv^ auch p. 122. 200 f. Amtliche Laufbahn tot
dem Consnlat in der Inschrift bei Hemer, Inscr. de T^Ug. 2717: M. Comelio
T. f. Quir. Frontoni Illvir. capitaL, Q. provinc. Sicil., AediL pU Fraetori,
municipes Calamensinm patrono. Das Patronat von Cirta lehnt er ab ep.
p. 200 f. Consul 148 » 896 d. St. für die Monate JuH und August; s. ep.
ad Caes. U, 1. 7. 8. 10. p. 32. 34. 243, 1. 254 g. £. Anson. grat ad
p. 290 f. Bip. Als Proconsul sollte er Asien verwalten (ad Caes. Y, 36 ad
Ant. Pi. 8), erhielt aber seiner Gesundheit wegen Befreiung von diesem
Posten (p. 169). Er erlebte noch die Regierung der diyi fratres (J. 161—
^
333. Fronto. 731
169) und die Caesarwürde des Commodus (Oct. 166; vgl. ep. p. 161 f.: malim
mihi nummam Antonini aut Commodi aut Pii), nicht mehr aber, wie es
sebaint, den Tod des L. Veras (Jan. 169).
2. Persönliche Verhältnisse. Fronto p. 232: quinqne amisi liberos; . .
qtünqne omnes nnnmquemque semper unicnm amisi. Zuletzt blieb ihm
nur eine Tochter, welche, wie ihre Mutter, Gratia hiess (Gr. maior und
minor, ad Caes. IT, 13. IV, 6. p. 86. 70) und sich mit C. Aufidius Victori-
nuB (s. unten 343, 2) vermählte. Diese hatte zwei Söhne, von denen der
eine, Victorinus Fronto (Fr. p. 181 f.), bei dem Grossvater Fr. erzogen
wurde, der andere drey ährig in Germanien starb. Vgl. Fr. p. 137: in
p^ucissimis mensibus et uxorem carissimam et nepotem trimulum amisi;
p. 236: uxorem amisi, nepotem in Germania amisi, . . Dedmanum (einen
Freund) nostrum amisi (nach Anfang 162; vgl. p. 94: incolumitate filiae,
nepotum). Üeber seine eigene Gesundheit hat Fronto (bes. ad Caes. V)
yiel zu klagen. Fast keinen Eörpertheil gibt es der dem gichtbrüchigen
Manne (Gell, n, 26, 1. XIX, 10, 1) nicht zu schaffen machte; er klagt über
Schmerzen brachü, cubiti, umeri, genus, tali, cervicum, inguinis und in-
gcdnum, digitorum in sinistro pede, plantae, manus dexterae, nervonun,
articulorum, membrorum omnium, oculoram, intemati, über cholera, mor-
BUS ventris cum profiuvio, fauces miseras, tussis, schlechte Nächte u. s. w.
Anwendung der Wassercur z. B. p. 169: victu tenui et aqua potanda malam
valetudinem . . mitigare. Besitz der Maecenatiani horti (p. 23).
3. Persönlicher Charakter. Fronto p. 235 f. (nach dem Tode seines
Enkels): mors cum aderit . . quae mihi conscins sum protestabor: nihil in
longo vitae meae spatio a me admissum quod dedecori aut probro aut
flagitio foret; nullum in aetate agunda avarum, nullum perfidum fadnus
meum extitisse, contraque multa liberaliter, multa amice, multa fideliter,
multa constanter,. saepe etiam cum periculo capitis consulta. cum fratre
optimo concordissime vixi. . . honores quos ipse adeptus sum numquam
improbis rationibus concupivi. . . studia doctrinae rei familiari meae
praetuli (vgl. p. 136, 2: nostrae res haud copiosae; doch vgl. GelL XIX,
10, 1 ff.). . . verum dixi sedulo, verum audivi libenter. . . quod cuique
potni pro copia commodavi. . . neque me parum gratus qmapiam reper-
tos segniorem effedt ad benefida quaecumque possem prompte impertienda.
Vgl. M. Aurel. epist. in, 17: a Marco Cornelio meo, oratore maxuno,
homine optimo. Die fast zärtliche Anhänglichkeit seiner Schüler an ihn,
audi noch auf dem Throne , ist das beste Zeugniss für Fronto ; ebenso seine
Briefe ad amicos; vgl. p. 165: numquam ita animatus fui, Imp. (Ant. Pi.),
ut coeptas in rebus prosperis amidtias si quid adversi increpuisset dese-
rerem. In dem liebenswürdigen Briefe über seinen Enkel p. 181 f. ent-
wickelt der zärtliche Grossvater sogar Humor.
4. Fronto p. 244: '^q(op rots iilv 'A^rjvodotov xov notpov, toxB 9\
Jiovvciov (oben 328, 7) tov (litOQog. p. 73: a meo magistro et parente
Athenodoto ad imagines quasdam rerum . . animo comprehendendas . .
institutus sum. p. 154: meus magister Dionysius. Vgl. p. 169: Alexandriam
ad fa^kniliares meos scripsi. Vielleicht studierte er dort, ab Cirtensis. Die
LXIX, 18 (J. 136): Koffv^Xiog 4^pdyT«y, o xd »f«va x&p xoxs 'Ptoftaiiov
tv dUaig tpB^iitvog. Auch unter Antoninus Pius gerichtlicher Redner;
732 ^i^ Kaiserzeii Zweitos Jahrhundert *
ad Caes. V, 27 (ad agendum ad forum ibam). 34 (in pluiimis cansds a me
defensus). p. 169 (duas amicorum causas . . tutatus sum) und p. 252 (vom
J. 143): nee tu consilium causarum agendarum dimiseriB aut tecum Bimal
omnia ora taceant. Als solche Gerichtsreden sind bekannt pro Bithynis
(ad amic. I, 14 f. p. 183 f.), pro Ptolemaeensibus (Charis. p. 138, 11 K.),
in Heroden Atticum (ep. p. 111 g. E. <= 138, 3 vgl. p. 42 f.), pro Demonstrato
Petiliano (ep. p. 111 = 137), in Pelopem (Sidon, epist. VIII, 10: M. Fronto,
cum reliquis orationibus emineret, in P. se sibi praetulit). Dazu poli-
tische, wie ep. p. 25: divom Hadrianum . . laudavi in senatu saepenumero . .
et sunt orationes istae frequentes in omnium manibus, und die Dankrede
für das Consulat im Senat (p. 105 vgl. p. 163. 239) , die gratiarum actio in
senatu pro CarthaginiensibuB (p. 260 f ) u. a.
5. Verhältniss zu M. Aurelius und Verus. Capitolin. Antonin. phiL
2, 4 f : oratoribuB usus est graecis Aninio Macro, Caninio Celere, et Herode
Attico; latino Frontone Comelio (vgl. Dio LXXI, 35). sed raultum ex bis
Frontoni detulit, cui et statuam in senatu petit. Eutrop. VUI, 12: latinas
litteras eum Fronte, orator nobilissimus, docuit. Hieronym. ad a. Abr.
2180 = 166 n. Chr. (fast sein Todesjahr, s. A. 1): Fronto orator insignis
habetur, qui M. Antoninum Verum latinis litteris erudivit. Orelli 1176 ans
Pisaurum: M. Comeli Frontonis oratoris, consulis, magistri imperatorum
Luci et Antonini. Ueberschwänglich ist in den Briefen die Bewunderung
und Zärtlichkeit des M. Aurel gegen^ seinen Lehrer (z. B. I, 2. II, 2 f.
III, 17 ff.), sowie die Liebe des Letzteren zu seinem Schüler (z. B. p. 50: quid
est mihi osculo tuo suavius? ille mihi suavis odor etc. 74, 1 f.: si quandote..
video in somnis numquam est quin amplectar et exosculer), die sidi öfters
in Schmeicheleien ergiesst, obwohl er ihm gelegentlich auch die Wahriidt
sagt (besonders p. 74, 7 ff. vgl. p. 64 f. 66. 95 ff.). Und wie der Schjtiler,
namentlich seit er Kaiser geworden, sich von der Rhetorik ab und der
Philosophie zuwendet, versucht Fronto alle Tonarten, von der Wehmut
bis zur Bitterkeit, um ihn von dieser vermeintlichen Verirrung zurück-
zubringen. Vgl. p. 142. 144-146. 148. 153 f. 16L So p. 150: tu mihi
videre . . laboris taedio defessus eloquentiae Studium reliquisse, ad philo-
sophiam devertisse, ubi nullum prooemium cum cura excolendum, nulla
narratio brcviter et dilucide . . collocanda, nuUae quaestionea partiendae,
nulla argumenta quaerenda, nihil exaggerandum etc. Fast komisch wirkt
es wie er weiterhin dieses verlassene Paradies ihm ausmalt Sehr ernsthaft
aber p. 155: fateor . . unam solam posse causam incidere qua causa claa-
dat aliquantum amor erga te mens, — si eloquentiam neglegas. Etwas
boshaft schreibt er ihm p. 227: Chrysippum tuum, quem quotidie ferunt
madescere solitum; noch stärker an seinen Schwiegersohn: non sine metu
fui ne quid philosophia perversi suaderet (dem M. Aurel). Der Schüler
bekennt als Kaiser {sig ^avt. I, 11) von Fronto gelernt zu haben rd hi\
öT^öcci ola 17 tvQUvvixTi ßaa%avia nal noiiLilCa %aX vn6%Qt6ig %ai oti os
inlnav ot %alovfisvoi ovtoi nag' '^fiiv BvnatQi&ciL daroQy6tSQo£ xag M-
Vgl. an Fronto III, 12 (p. 49): me felicem nuncupo . . quod verum dicere
ex te disco.
6. Die Lieblingsschxiftsteller des Fronto, deren Studium er aach
seinen Schülern dringend empfahl, waren Plautus, Ennius, Cato, QraccliBi)
333. Pronto. 733
Lacretius, Laberios, SaHastioB; vgl. p. 62. ad Caes. II, 3 f. 13 f. III, 11. 18.
lY, 5 u. sonst. Terenz und Vergil werden bei ihm nicht erwähnt; doch
fiuden sich Anklänge an Ver£^l, Horaz (Hertz, Renaissance S. 47 f. A. 76)
und Tacitus (ep. p. 144 => Bist. IV, 6). Eine entschiedene Antipathie hegt er
gegen Seneca, als Philosophen und als seinen stilistischen Gegenfüssler; s.oben
272, 1. Ironisch p. 224: ut homo ego multum facundus et Senecae Annaei
seetator. Den Cicero rühmt er manchmal, namentlich wo ihm gegen Ver-
ächter der Beredtsamkeit dessen Ansehen willkommen ist, wie p. 145
(tribunalia Catonis et Gracchi et Ciceronis orationibus celebrata). Vgl.
p. 125 u. 184, 2 f. (ut aestimes nostrum mediocre ingenium qnantum ab
illo eximiae eloquentiae viro abfuat). Die Briefe Ciceros zieht er dessen
Reden vor; s. oben 170, 1. Auch behaupteter (p. 63): eins scripta omnia
studiosissime lectitavi. Oefters aber hat tuUianud bei Fronte eine halb
geringschätzige Färbung; vgl. p. 23. 25. 76 (oratiunculae). 98 (sententiae).
Auseinandersetzung mit der Schreibweise Cicero^s p. 63 f., z. B.: mihi vide-
tur a quaerendis scrupulosius verbis procul afuisse , vel magnitudine animi
vel fuga laboris vel fidncia. . . itaque . . in Omnibus eins orationibus pau-
cissima admodum reperias insperata atque inopinata verba, quae nonnisi cum
studio atque cura atque vigilia atque multa veterum carminum memoria
indagantur (was Fronto's Stärke und Fehler ist). Doch erkennt er dabei
an: multo satius est volgaribus et usitatis quam remotis et requisitis uti,
ai parum significet (p. 63 f. vgl. III, 1. p. 40. 161 f.).
7. Erhaltene Schriften. Briefwechsel mit M. Aurel als Thronfolger
(M. Caesar) 5 Bücher und als Kaiser (Antoninus Augustus), ursprünglich
wohl gleichfalls 5 Bücher (ad Marcum invicem IV, Charis. p. 197. Vgl.
p. 223, 8 f. E. ; ad Antoninum quinto , ib. p. 223, 27 f.), wovon aber kaum
zwei auf uns gekommen sind. Femer (p. 113—138 N.) ad Verum Imp.
Aurelium Caesarem zwei Bücher, worin besonders ausführlich II, 1 der
ekstatische Preis einer epistula des Veras. Dazu Briefwechsel mit Anto-
ninus Pius (p. 163—171) und zwei Bücher ad amicos (p. 172—201), auch
Briefe in griechischer Sprache (p. 174. 239—251). Gleichfalls an M. Aure-
lius gerichtet sind die Abhandlungen de eloquentia, deren Werth im Ver-
gleich mit der iPhilosophie (p. 139—148) und de orationibus (p. 155—162),
sowie die Zuschrift; de hello parthico (p. 217—222) und die prindpia histo-
riae betitelte (p. 202—210 N.), welche die militärische Thätigkeit des Veras
(d. h. seines ünterfeldherrn, des Avidius Cassius) im Orient panegyrisch
behandelt. Dem M. Aurel als Caesar gewidmet sind die f acetiarum et volupta-
üs causa (p. 212 vgl. p. 228, 2) geschriebenen laudes fumi et pulveris und
landes neglegentiae (p. 211 — 216); ihm als Kaiser die Briefe de feriis abi-
ensibus (p. 223—231), eine heitere Aufforderung die Ferien zur Erholung
zu benützen; feraer des Kaisers Trostschreiben an Fronte wegen des Tods
seines Enkels und Fronto*^ Antwort darauf (p. 231 — 236). Auch der iQoa-
ti%6g (p. 255-259), ein Gegenstück zu den beiden in Piatons Phaedrus,
ist eingeleitet durch Briefe des M. Caesar aus Fronto's Consulatsjahr. Einen
rhetorischen Zweck hat auch die Erzählung von Arion (p. 237 f.). Endlich
trägt den Namen des Fr. ein geringhaltiges grammatisches Schriftchen,
de dififerentiis vocabulorum (bei Gothofredus p. 1327 — 1335, Putsche p. 2191
-^2203; auch in Mai^s und Niebuhrs Ausgg. d. Fr.), welches höchstens
734 ^^ Kaiserzeit. Zweites Jahrhundert.
dnrch Benatzang der Sdiriften des Fr. Ansproph auf jenen Namen haben
kann.
8. Ueber die Abfassungszeit der Briefe vgl. Nabers Ausg. p. XX—
XXX. Das zweite Buch ad Caes. ist aus dem Consulat Fronto's ; das erste
zeigt den Caesar als 22jährig (p. 23, 3), das vierte als 25 J. alt (p. 75 g.E.].
Der Inhalt ist, als Correspondenz zwischen einem Lehrer der Rhetorik und
seinem Schüler, für die Zeitgeschichte wenig fruchtbar, vielmehr oft klein-
lich, einförmig und sich wiederholend (p. 111 = 137 f.; p. 136 = 176, 1 f.;
p. 149 SB 159) , aber dabei doch lehrreich und in seiner Art anziehend. Die
Mischung von Oriechisch und Latein geht bis ins Maccaronische (in hac
iUove III, 8. p. 47, 1). Aber zugleich verfolgt den Fronto auch in die
Briefe hinein seine Manier, die gewundene, tändelnde Sprache mit ein-
gesprengten alterthümlichen und seltsamen Worten (z. B. fragio), imd das
Schulmeistern kann er nicht lassen weder nachdem sein Zögling den Thron
bestiegen noch in eigenem Schmerze (de nepote amisso p. 233, 7 ff. : fata a
fando appellata aiunt: hoccine est recte fari?]. Noch unmittelbarere Prob^
der elocutio novella (p. 153), der omatae et pompaticae orationes (p. 55, 1)
mit ihrem mühseligen (ad Caes. 11, 1) Aufputz sind die rhetorischen Ab-
handlungen; die von geschichtlichem Inhalte zugleich Muster der schlim-
men Art von Geschichtsbehandlung welche den geschichtlichen Stoff ledig-
lich als Mittel für rhetorische Zwecke verwendet. Sehr unrichtig ist daher
jedenfalls das Urteil von Eumenius (paneg. Constant. 14, 2]: Fronto ro-
manae eloquentiae non secundum, sed alterum decus. In ähnlicher Weise,
voll pedantischer Gelehrsamkeit, waren auch die mündlichen Erörterungen
Fronto's und seiner damaligen Fachgenossen gehalten, nach den Proben
bei Gellius 11, 26. XIII, 29. XJX, 8. *10. 13. Keine der Abhandlungen weist
über das J. 160 zurück.
9. Schriften des Fronto (abgesehen von der de differentiis) kennen
wir erst durch Ang. Mai, der den einen Theil zu Mailand in der Ambro-
siana, den andern zu Bom in der Vaticana in einer rescribierten Hand-
schrift aus dem Kloster Bobbio auffand und herausgab (Mediol&n. 1315
>. und Rom. 1823 u. 1846). Die ursprüngliche Schrift ist ans saec. VI, die
Erhaltung aber sehr trümmerhaft. Abdruck der Mailander Auag. Frank-
furt 1816, besser durch Niebuhr (mit Beiträgen von Buttmann und Hein-
dorf) Berolini 1816. Nach einer Nachvergleichung von du Rieu recensoit
S. A. Naber, Lips. (Teubner) 1867. XXXVI u. 296 pp.
10. Beiträge zur Textkritik von L. Schopen (Bonn 1830. 1841. 4.}, H. Alan
(Dublin 1841), A. Philibert Soupd (de Fr. reliquüs, Amiens 1853), J. Mählj
(Phüologus XVII. S. 176—178. XIX. S. 159—161), M. Haupt (de emenda-
tione librorum Fr., Berlin 1867. 4.), R. ElHs (Journal of philology. I, Lon-
don 1868, p. 15 ff.).
11. Frdr. Both, Bemerkungen über die Schriften des M. Com. Fronto und
über das Zeitalter der Antonine, Nürnberg (1817.) 24 S. 4. =a Sammlaog
etlicher Vorträge (Frankfurt 1851} Nr. 3. Niebuhr, kleine Schriften IL
S. 52 ff. F. A. Eckstein in Ersch u. Gruber Enc. I, 51. S. 442—446. M. Berts,
B.enai8sance u. s. w. S. 26 — 29.
12. Firmic. Mat. math. II. praef. (p. 15 ed. 1551) : Antisda Hipparchi
333 f. Fronto u. a. Bhetoren. 735
secixtus est Fronto, quae uullam vün habent nollamque substantiam. et
sunt qaidem in Frontone pronuntiationis atqae apotelesmatnm verae sen-
tentiae, antisciorum vero inefficaz Btadium; quod quidem. secutus est quia
rationem veram non fuerat assecutus. . . apotelesmata et Fronto veriasime
scripsit, quae Graecorum libris ac monumentis abundantissime continentur.
Was für einen Fronto hier Firm, meint ist unbekannt; vielleicht den Stoiker
(oben 311, 3).
334. Mit Fronto befreundet waren die Fachgenossen Favo-
rinus^ Herodes Atticus, sowie der Geschichtschreiber Appianos^
welche aber^ wie auch ArrianuS; sämmtlich nur in griechischer
Sprache schrieben.
1. Gelliu8 II, 26, 1: Favorinus philosopbus cum ad M. Frontonem
consularem, pedibus aegrum, visum iret etc. Fronto p. 216 N.: Favorinus
noster. Vgl. oben 328, 4.
2. Zwischen den beiden Prinzenlehrem und ßhetoren (s. 333, 5) Fronto
und Herodes Atticus fehlte es zwar nicht an Beibungen, wie es scheint
mehr durch Schuld des Letzteren (vgl. 333, 4), und M. Aurel hatte zwischen
beiden zu vermitteln (Fronto p. 60 f.). Doch stellte sich schliessUch für
die Dauer ein gutes Einvernehmen her. Fronto p. 111 u. 138: fieri ami-
cissimum, tarn hercule quam est Herodes summus nunc meus^ quamquam
extet oratio (gegen ihn). Vgl. über diesen Ti. Claudius Atticus Herodes
aus Marathon (J. 101—177 n. Chr.) Philostr. vit. soph. II, 1 und K. Eeil
in Pauly's Real-Enc. I, 2. S. 2096—2104. H. Kämmel in Jahns Jahrbb.
102, S. 1—24. Vgl. unten 336, 5.
3. Ueber Appianus aus Alexandria s. A. Westermann in Pauly's
Beal-£nc. I, 2. S. 1340 — 1345. Schreiben desselben an Fronto, worin er
ihm zwei Sklaven als Geschenk anbietet, und ablehnende Antwort des
Fronto p. 244—251 Naber.
4. Hieronym. ad a. Abr. 2163 »b 149 u. Chr.: Arrianus philosophus
(und Historiker) Nicomedensis agnoscitur et Maximus Tyrius. Arrianos
war J. 131 Statthalter von Eappadokien. Vgl. Westermann in Pauly's
Beal-Enc. I, 2. S. 1762-1767. Gleichzeitig ist auch der Traumdeuter Arte-
midoros 6 Jaldiavog (Westermann ebd. S. 1790 f. Nr. 2).
5. In lat-einischer Sprache ist aus dieser Zeit inschriftlich erbalten
die Grabrede auf Murdia L. f. mater bei OreUi 4860. A. F. ßudorff, über
die Laodation der Murdia, Berlin 1869. 47 S. 4. (AbhandL d. Berl. Akad.).
335. Die Gelehrsamkeit und Grammatik war in dieser Zeit
populär: überall; auf Markt und Strasse und in öfiPenÜichen Ge-
bäuden wie in Privatwohnungen, bei Mahlen wie bei Kranken-
besuchen wurden vor einem aufmerksamen Hörerkreise gelehrte
Fragen erörtert, auch in schriftlichen Anfragen und Antworten
in der Weise der Juristen. Der angesehenste Vertreter dieser
Richtung ist C. Sulpicius Apollinaris aus Karthago, der Leh-
rer des Gellius, sowie des Pertinax, Verfasser von quaestiones
— ^ ■ f
736 I^ic Eaiserzeit. Zweites Jahrhundert.
epistolicae und metrischen Inhaltsangaben zu Plautus, Terenz
und der Aeneis. Neben ihm ist besonders Ammtius Celsus zu
nennen, welcher gleichfalls sich der Erforschung der alten Lite-
ratur widmete.
1. Zur Charakteristik. Gellins XIX, 13, 1 : stabant forte ona in Teati-
bnlo palatii fabulantes Fronto Comelins et Festus Postuinius (unten S42, 1)
et Apollinaris Sulpicius, atque ego ibi adsistens cum quibusdam alüs ser-
mones eomm qnos de litterarum disciplinis habebant curiosiuB captabam.
XVni, 4, 1: in Sandalario forte apud librarios faimus, cum ibi in multo-
rum hominum coetu Apollinaris Snlpicins iactatorem quempiam Sallustiaoae
lectionis inrisit inlnsitque. XUT, 20, 1: cum in domus Tiberianae byblio-
theca sederemuB . . prolatus forte liber est etc. tum quaeri coeptum est
etc. XIX, 10, 1 ff.: memini me quondam et Celsinom luliam Numidam
(vgl. ib. 7, 2} ad Frontonem Comelium, pedes tunc graviter aegrum, ire
et visere. . . offendimus eum cubantem . . circumundiqae sedentibns
multis doctrina aut genere ant fortnna nobilibus viris. Aus Anlass eines
Eostenüberschlags fQr ein Bad entspinnt sich eine Erörterung über den
Ausdruck praeterpropter.
2. Gell. rV, 17, 11: equidem memini Sulpicium Apollinarem,
virum praestanti litterarum sdentia, . . dicere. XII, 13, 1: Sulpicium Ap.,
doctum hominem. XIII, 18, 2 f.: ad S. A., hominem memoriae nostrae
doctissimum, . . nam id tempus ego adulescens Bomae sectabar eum dis-
cendi gratia. ib. 20, 5: Apollinaris, ut mos eins in reprehendendo fuit^
placide admodum leniterque. XVI, 5, 6: Sulpicium Ap. memini dicere,
yimm eleganti scientia omatum. XVUI, 4, 1 : A. S., vir in memoria nostia
praeter alios doctus. lieber des Gellius Verhältniss zu ihm s. unten 340, 1.
Capitolin. Pert. 1, 4 (s. A. 5). Gellius XV, 5, 3: Sulpicius Ap. in quadam
epistula scriptum reliquit. Vgl. ib. XIII, 18, 3. In diesen quaestiones
epistolicae war namentlich auch Vergil berücksichtigt (vgl. Gell. II, 16, 8 ff.),
von dessen Aeneis vielleicht er selbst eine Ausgabe veranstaltete und für
diese die drei Disticha bei Sueton. p. 63 Rffsch. (de qua re Snlpidi Cär-
thaginiensis extant . . versus) verfasste, sowie die Inhaltsangaben zu den
12 Büchern je in 6 Hexametern in Meyer's authoL iat. 223 (p. 73—75).
Und da er auch zu den terenzischen Stücken Inhaltsangaben in je 12 Se-
naren verfasste (oben 98, 6), so ist sehr wahrscheinlich die Vermatong
von Bitschi (Trin. p. CCCXVIII) dass die zu den plautinischen in je 15 Se-
naren (oben 88, 2) gleichfalls von ihm herrühren. Gräfenhan, Ztschr. L
d. Alt. Wiss. 1847, S. 19 f Ribbeck, prolegg. in Vergil. p. 173 f.
3. Arruntius Celsus (Charis. p. 213, 18. 222, 6 u. 30 E.), ein Gramma-
tiker der schon von Julius Bomanus benützt war und dessen kurze Er-
läuterungen zu einzelnen Ausdrücken bei Plautus und Terenz sowie in
Aen. XI bei Charisius, Donatus (ad Phorm. I, 2, 32) und Prisdan öften
angefahrt werden (meist unter dem Namen Celsus, seltener Arruntius)-
Förmliche Commentare zu jenen Dichtem scheint er aber nicht verfiMi
zu haben. Ritschi Parerga p. 367—370. Ribbeck Prolegg. p. 26 f.
4. Ein gelehrter Dilettant war Erucius Clarus, qui praef. urbi et lyn
consul fiiit, vir morum et litterarum veterum studiosiasimas , C^eU. Sllt
336 f. Grammatiker: Sulpicina Apollinaris u. A. 737
18, 2 und 3 (vir ernditua) vgl. VII, 6, 12. Er ist wohl der Sex. Erudus,
Sohn des Redners Erucius Claras unter Trajan (oben 318, 4), welchem
iuvenis probissimos Plinius die Qaästar and das Volkstribouat verschafifte
(Plin. Epist. II, 9) and welcher J. 146 n. Chr. cos. II war. Vgl. Fronte
p. 166 N. Dio LXVm, 30.
6. Gellios II, 3, 6: venit nobis in memoriam Fidinm Optatum, multi
nominis Bomae gprammaticuni , ostendisse mihi librum etc.
6. Capitol. Helv. Pert. 1, 4 f.: puer litteria elementariis et calculo
imbotus, datas etiam graeco grammatico atque inde Sulpicio ApoUinari
(A. 2), post quem idem Pertinax grammaticen professus est. sed cum
in ea minus quaestus proficeret, per Lollianum Avitum, consularem virum
(Cos. 144 n. Chr.), . . ducendi ordinis dignitatem petit. Geboren war Pert.
1 Aug. 126, Cos. 179 und 192; drei Monate lang Kaiser und ermordet
J. 193 r= 946 d. St.
7. Capitol. Pert. 12, 7: adhibebat (cenis) . . Yalerianum, qui cum
eo docuerat, ut fabulas litteratas haberet.
8. Ans dieser Zeit ist vielleicht der Aurunker Fusius Philocalus , magi-
ster Indi litterari, summa quem castitate in disdpulos suos, idemque testa-
menta scripsit cum fide, nach seiner Inschrift im Hermes I. p. 148 =
Bücheier, Greifswalder Sommerkat. 1870, p. 19 f.
9. Ungenannte Grammatiker und Gelehrte der Zeit bei Gellios z. B.
XIX, 10, 7 (grammaticum haud incelebri nomine Bomae docentem). 13, 4
(grammatico cuipiam latino, Frontonis famüiari). V, 4, 2 (grammaticus
quispiam de nobiHoribus). XIV, 6, 1 (duos grammaticos non parvi in urbe
Roma nominis). Vgl. I, 7, 4 (amicus noster, homo lectione multa ezer-
citos, cui pleraque omnia veterum litterarum quaesita . . erant). V, 21
(vir adprime doctus, mens amicus). X, 1, 1—3. XIV, 6, 1.
336. Die Philosophie ^ insbesondere der Stoicismus^ hatte
zwar nicht so zahlreiche Bekenner wie die Rhetorik^ doch wachs
deren Bedeutung seitdem der junge Thronfolger dafür eine Leiden-
schaft bekundete. Originalität besass keiner dieser Philosophen;
ehrenwerthen Charakter aber Junius Rusticus. Der platonischen
Richtung huldigte in Athen Calvisius Taurus. Auch das Christen-
thum hatte schon jetzt; wenigstens im Osten, dogmatische Ver-
fechter.
1. Ueber die verhältnissmässige Seltenheit der fpilocotpovvteg s. oben
332, 2.
2. Capitol M. Ant. philos. 2, 6 ff.: phüosophiae operam vehementer
dedit, et quidem adhuc puer. . . usus est etiam Commodi magistro, .
ApoUonio Chalcedonio stöico philosopho (vgl. ad Front. V, 36: Apollonius
magister mens phüosophiae). 3, 2 f.: audivit et Sextum Chaeronensem
Plutarchi nepotem (vgl. Dio LXXI, 1. Philostr. vit. soph. II, 1, 9), lunium
BuBÜcum , Claudium Maximum (s, A. 4) et Cinnam Catulum , stoicos. peri-
pateticae vero studiosum audivit Claudium Severum. Dio LXXI, 35 : dtSa-
cndXovg ilxs xAv in (piloaotpiag Xoyoav tov t£ *Pov<iti%ov tov 'lovviov nal
Teoffel, röm. Literatorgetehichte. 47
WT'-m''^^
738 ^^^ Kaiserzeit. Zweites Jahrhundert.
'ÄTtoXldviov Tov NixoyLfidia, tovg Zrjvavsiovg loyovg iiBlstmvtas, Hiero-
nym. ad a. Abr. 2165 =151 d. Chr.: Apollonius stoicuB natione Chalci-
dicus et Basilides Scythopolitauns philosophi inlastres habeutor, qni Veris-
simi quoqae Caesaris praeceptores faerunt. M. Aoreliaa selbst nennt {dg
savt. l, 6 ff.) als Solche die auf seine philosophische Richtung Einflosa
hatten: Jioyvrjtog, 'AnoXlooviogj 2i^t6g, ^AXi^ccvögog 6 nlaxavinogy Kdxov-
Xog. Fronto p. 115, 6 ff.: quid nostra memoria Euphrates, Dio, Timocrates,
Athenodotus? quid horum magister Musonius?
3. Capitol. 1. 1. (s.a. 2): luuium Busticum . . et reveritus est et
sectatus, qui domi miUtiaeque pollebat, Btoicae disciplinae peritissimum,
cum quo omnia communicavit publica privataque consilia, . . quem et
consulem iterum designavit (II J. 162 n. Chr.), cui post obitum a senatu
statuas postulavit. Dig. XLIX, 1, 1, 3 aus einem rescriptum divornm fra-
trum : . . ad lunium Rusticum amicum nostrum, praef. urbi. M. Aurel. sig
savT. ly 7: nagä *Povati%ov . . to fii^ ititgun^vai slg SijXov aotpiatmov ..
xal t6 axoOTTJpai (rjtOQin'^g %al notfjtixrjg nal düXBioXoyCotg , . xal to
dxQißäg dvayiyvmoxnv . . xal t6 ivtvxBiv roig 'Emntrjvsioig vMOiivii'
liaatVy mv otnod-sv iJkStiSaxsv, Themist. or. XIII. XVII. Orelli 1190 (L.
lunius Rusticus philosophus stoicus). Vielleicht aber ist er der Q. Ion.
Rust., Consul (unter Antoninus Pius) mit Q. Flavius Tertallus (Gmter
p. 131, 3).
4. Der Stoiker Claudius Maximus (A. 2) ist wohl der Md^mag
welchen M. Aurel eig iavx. I, 15 {noiQd%Xriaig Ma^CpLOv xo ugaxBiv Savxov)
als för seine Bildung einflussreich und VIII, 25 als längst (vor seiner Gat-
tin Secunda) gestorben erwähnt. Er ist daher wohl auch der Claudius
Maximus vor welchem, als Proconsul in Africa (um 150), Apulejus der
Zauberei angeklagt war. Vgl. dessen apol. 19 (virum tam austerae sectae
tamque diutinae militiae). 25 (vir severus). 36 (pro tua eruditione legisti
profecto Aristotelis . . multiiuga vx)lumina etc.). 48 (doctrinae toae con-
gruens; vgl. ib. 91). 64 (seit me vera dicere Maximus, qui . . leg^t in
Phaedro diligenter etc.).
5. GeUius Xni, 8, 4: Macedo philosophus, vir bonus, familiaris
mens, . . censebat. lieber lulius Aquilinus s. unten 343, 9.
6. Hieronym. ad a. Abr. 2161 = 147 n. Chr.: Taurus Berytius plato-
nicae sectae philosophus clarus habetur. Gellius VII, 10, 1: philosophos
Taurus, vir memoria nostra in disciplina platonica celebratus. XVUI, 10, 3:
Calvisius Taurus philosophus. Zur Methodik seines Unterrichts vgl. ib.
I, 26, 1 f. II, 2, 1 ff. (ad philos. T. Athenas visendi eins gratia venerst
v. c). VII, 13, 1 ff. X, 19. XVII, 8 u. 20. XVIH, 10, 3 ff . XEX, 6, 2 f.
XX, 4. Seine Schriften waren alle in griechischer Sprache.
7. Hieronym. ad a. Abr. 2192 c= 178 n. Chr.: Atticus platonicae
sectae philosophus agnoscitur (vielmehr sein Todesjahr, b. oben 334, 2).
8. M. Aurel. VIII, 25: SgifASig iihv Xdga^ xocl Jrnii^xQiog 6 TlXatm-
vitiog xorl st xtg xoiovxog, ndvxa iq>iifiB(fa, xsd'vrinoxa ndXai.
9. Hieronym. ad a. Abr. 2157 = 143 n. Chr.: lustinus philosophus
Ubrum pro nostra religione scriptum Antouino tradidit. 2170 = 156 u. Chr«*
j
SS6 f. Philosophie und Geschichte unter Antoninus. Ampelius. 739
Crescens cynicos agnoscitur, qui lustino nostri dogmatis philosopho . .
persecationem sosoitavit.
10. Der Freund des Lukian und Epikureer Kilaog^ welcher gegen
die Magie geschrieben hatte und welchem Lukian seinen ^AXi^avdgog wid-
mete (c. 1. 21. 61), wird von den Scholien zu Alex. 1 mit dem kenntniss-
reichen und scharfsinnigen Gegner des Christenthums identificiert gegen
welchen Origenee seine acht Bücher contra Celsum schrieb und über wel-
chen s. F. C. Baur, Kirchengeschichte der drei ersten Jahrh. ' S. 382—409.
337. Für den Betrieb der Geschichte war wenig günstig
die Herrschaft der rhetorischen Phrase und die Windstille der
Zeit. Vielleicht verfasste damals L. Ampelius seinen liber memo-
rialis, ein magerer Abriss des Wissenswürdigsten aus der Astro-
nomie^ Geographie und besonders Geschichte. Auch der Abriss
der romischen Geschichte aus der Zeit der Republik, mit grosser
Vorliebe für Märchen und Wunder, welcher den Namen des
Granius Licinianus tragt, ist, mindestens in der Gestalt welche
die auf uns gekommenen üeberreste darbieten, in diese Zeit
zu setzen.
1. Der liber memorialis (50 Capitel) ist einem Macrinus gewidmet
(Macrino suo), der nicht n&her bezeichnet wird. W&re es derjenige wel-
cher vom April 217 bis Juni 218 Kaiser war und am 8 Juni 218 n. Chr.
54 (oder 52) J. alt erschlagen wurde, so wäre die Ab&ssung des Schrift-
chens ans Ende des Jahrh. zu rücken. Doch ist der Name Macrinus häufig
genug. Andererseits ist der späteste in dem Schriftchen erwähnte Name
der des Tr^janus (47, 7: fortuna Traiani prindpis; vgl. 23: Caesar Dadcus),
bei den Partherkämpfen (c. 31) von denen des L. Veras nicht die Rede.
Wohl aber ist neben Nepos und der Quelle des liber de viris illustribus
(und für die ersten Capp. Ni£^dins Fignlus) besonders Florus benützt Selt-
sam spricht sich das Schriftdien über die römische Verfassung aus. c. 29
u. 18 extr.: ex eo (August) perpetua Caesarum dictatura dominatur. c. 30
wird sie, wohl durch Ausschreiben einer republikanischen Quelle, für eine
gemischte erklärt: nam et regiam potestatem consules habent et penes se-
natum consilii publici summa est et plebs habet suffiragiorum potestatem.
Auch die ausgedehnte Berücksichtigung des Orient spricht für nichtitalischen
Ursprung des Verfassers. In späteren Jahrhunderten (bes. im cod. Theo-
dos.) ist der Name Ampelius häufiger.
2. Erste Ausgabe des Ampelius- von Claudius Salmasius, Lugd. Bat.
1638 (hinter Florus) nach einem jetzt verschollenen codex lureti; dann in
den Ausgaben des Florus von Düker u. A. Selbständig von C. H. Tzschucke
(cum notis, Lips. 1793), F. A. Beck (mit Comm., Leipzig 1826); von E. Wölfi"-
lin (Lips. Teubner 1854) hinter Halms Florus , nach des Salmasius Abschrift
jenes codex.
3. C. E. Gläser, üb. das Zeitalter d. Amp., Rhein. Mus. II (1843)
S. 145 t. E. Wölfflin, de L. Amp. libro mem. quaestiones criticae et histo-
ricae, Gotting. 1854. 50 pp. F. Bücheier, Rhein. Mus. XIII. S. 179 ff.
47»
740 ^^6 Eaiserzeit. Zweites Jahrhundert
H. Jacob , quaestiones Amp., Cleve 1860. 4 (p. 18—25). Beiträge zur Texi-
kritik von L. Urlicha (Rhein. Mua. XVII. S. 632—637), M. Zink (Eo« II.
S. 317—328), A. Eusaner (Spec. crit., Wörzburg 1868, p. 37—42).
4. Macrob. I, 16, 30: apud Granium Licinianum libro secondo.
Sery. Aen. I, 737: Granius Licinianus coenae suae (V?). Solin. polyh.
II, 12 (p. 37, 12 M.): Liciniano placet. Bios Granius bei Fest. t. ricae
p. 277 M. SoUn. n, 40 (p. 44, 18 M.: Gr. tradit). Amob. adv. nat III, 31.
38. VI, 7. Letztere Citate können sich daher auch auf Granius Flaccus
(Macrob. I, 18, 4) beziehen, in libro qaem ad Caesarem (den Dictator?) de
indigitamentis scriptum reliquit (Censorin. d. n. 3, 2) oder in Hbro de iure
papiriano (oben 61, 1), was von Festus wenigstens sehr wahrscheinlich ist
5. J. 1853—1855 fand G. H. Pertz zu London im British Museum den
Licinianus in einem aus Aegjpten stammenden codex ter scriptus (zu obent
eine syrische üebersetzung von Chrysostomus' HomiUen, darunter ein lat
Grammatiker, zu unterst licinianus), aus 13 Pergamentblättem, welcher 1856
von dessen Sohn C. A. F. Pertz näher untersucht und daraus Berol. 1857. 4.
herausgegeben wurde: Gai Grani Licioiani annalium quae supersunt ete.
Doch beruht der Vorname auf völlig unsicherer Lesimg. Die Ueberreste
sind aus B. XXVI, XXVIII und XXXVI und beziehen sich auf Ereignisse
der J. 591 und 676 d. St. Die Anlage ist anuaUstisch. Wahr- und Wunder-
zeichen, Anekdoten und Curiositäten sind mit Umständlichkeit behandelt,
auch wird ausfßhrlich gegen Sallusts Weise polemisiert (s. oben 194, 3).
Die Erzählung scheint sich (etwa in 40 Büchern) über Caesars Tod nicht
hinausersti^ckt zu haben; doch wird das von Eadrian vollendete Olympi-
eion zu Athen erwähnt (p. 8 f. Bonn.: aedes Olympii lovis Atheniensis diu
imperfecta permanserat). Diese Thatsache, sowie die eingehende Beschät-
tigung mit Sallust bei ausdrücklicher Unterscheidung von dessen Zeit (tem-
pora reprehendit sua), und die Alterthümelei (Ariobardianen, Archelauo),
passt am ehesten für das Zeitalter der Antonine. Weiter herabzugehen
missräth die Anführung durch Solinus oder dessen Quelle, die chorographia
pliniana (oben 295, 7). VgL Mommsen, Solin. p. XXVIIL Die Bonner
Herausgeber dagegen (Bücheier u. A.) nehmen wegen jener alterthümlichen
Formen Abfassung des ursprünglichen Werkes unter August und Epito-
mierung in der Zeit der Antonine an, Madvig aber Entstehung im 8—4
christL Jahrh. Mit dem augusteischen Zeitalter fällt auch die Identifieation
des Verfassers mit Granius Flaccus (A. 4).
6. Ausgaben von Pertz (A. 5) und: Grani Lidniani quae supersunt
emendatiora edidit philologorum Bonneusium heptas , Lips. (Teubner) 1858.
XXU u. 64 pp.
Ueber Lic. s. besonders G. Linker in Fleckeisens Jahrbb. LXXVH
S. 633—640 und J. N. Madvig inMen Abhandl. der Eopenhagener Gesell-
schafb der Wissenschaften, December 1857.
Beiträge zur Textkritik von C. G. Schmidt (Philologus Xm. S. 224
—226), G. Linker (Fleckeisens Jahrbb. 77, S. 628—638), K. Keil (ebd.
S. 640—650), J. A. Wynne (Philologus XV. S. 357—362), H. Heerwagsn
(Nürnberg 1858. 4), D. Comparetti (Rhein. Mus. XIII. S. 467 ff.) , C. M. Fran-
cken in Fleckeisens Jahrbb. Suppl. lU, 2. S. 235 ö.
7. Ueber Ifhronto's historische Arbeiten s. oben 333, 7 u. 8.
337 f. GraniuB Licinianua. Der Jurist Africanus. 741
•
388. Die Juristen Roms theilten sich in dieser Zeit in»
Praktiker, welche mit oder ohne öffentlichen Charakter Bescheide
über Rechtsfragen ertheüten und Processe führten, und in eigent-
liehe Rechtslehrer. Die Ersteren sind meist Schüler des Julianus.
So Vindius und der durch die Schwierigkeit seiner Erörterungen
bekannte Sex. lulius Africanus, femer Terentius Clemens, lunius
Mauricianus und Satuminus. Der Lehrer des M. Aurelius im
Rechte, L. Volusius Maecianus, verfasste neben juristischen
Schriften auch ein auf uns gekommenes Büchlein über die Ein-
theilungsweise des Geldes, der Gewichte und Masse. Zu den
noch in den späteren Jahrhunderten angesehensten Juristen ge-
hört Ulpius Marcellus unter Pius und M. Aurel.
1. Gellius XIII, 13, 1 : com . . in lucem fori prodisBem quaesitum esse
memini in plerisque Bomae stationibus ins publice docentium (vgl. fragm.
Vat. 150: neqae geometrae neqne hi qui ins civile docent. Dig. XXYII,
1, 6, 12. L, 13, 1, 5: ioris civilis professores) aut respondentiom etc. unter
den Letzteren hatte ein Theil amtlichen Charakter; vgl. oben S. 370. Ca-
pitolin. Antonin. Pi. 12, 1: multa de iure sanxit ususque ex iuris peritis
Vindio Vero (A. 2), Fulvio Valente (oben 327, 6), Volusio Maeciano (A. 7),
Ülpio Marcello (A. 8) et Diaboleno (vgl. oben 319, 3).
2. M. Vindius Veras (A. 1) war Cos. 138 n. Chr. Fragm. Vat. 77:
VindioB dum consulit Inlianum in ea opinione est. Mäcian. Dig. XXXV,
2, 32, 4: Vindius noster. Vgl. ülpian/ ib. IT, 14, 7, 18 (Vindius scribit).
V, 1, 6 (Pomponius et V. scripBerunt). Paul. ib. II, 9, 2, 1 (putat V. . . idque
lalianus scribit etc. Pomponius et V. scribunt).
3. Gellius XX, 1, 1 ff.: Sex. Caeeihus in disdplina iuris atque in
legibus populi rom. uoscendis interpretandisque scientia usus auctoritate-
que inlustris fuii ad eum forte . . philosophus Favorinns accesait etc.
in Ulis tunc eoram sermonibus orta mentiost legum decemyiralium. . . eas
leges cum Sex. Caedlius, inquisitis exploratisque multarum urbium legi-
bus, . . eleganti . . brevitate verborum scriptas diceret etc. Verhältnias
zu Julian; s. Paul. Dig. XIX, 1, 45 pr.: idque et lulianum agitasse Afri-
canus refert. Ulp. Dig. XXV, 3, 3, 4: lulianus Sexto Caecilio Afrioano
respondit. XXX, 39 pr.: Africanus 1. XX <> Epistolarum apud lulianum (in
einer Schrift des J.) quaerit. Afric. Dig. XII, 6, 38 pr. : id maxime conse-
quens esse ei sententiae quam lulianus probaret. Vgl. ib. XII, 1, 23 und
XIU, 7, 31: lulianus ait. Schriften (ausser den Epistolae): Quaestionum
libri IX, Erörterungen über einzelne Rechtssätze oder Bechtsfälle, häufig
in Form von Frage und Antwort, wohl im Anschlüsse an die mündlichen
Vorträge Julians (Mommsen, Ztschr. f. Rechtsgesch. IX. S. 90—93), späte-
stens zu Anfang der Regierung des Pius vetfasst (f^itting, Alter d. Schrr.
S. lö)* In den Digesten finden sich daraus 131 Fraigmente, zusammen-
gestellt bei Hommel, Palingenesia p. 3—26. Bei den Jiuisten der letzten
Jahrhunderte ist Africani lex sprüchwörtlich für etwas Schwieriges. Die
Stellen wo Caecilius oder Sextus augeführt wird (wie Gaj. II, 218: luliano
742 ^i® Kaiserzeit. Zweites Jahrhundert.
et Sexto placnit) beziehen sich wohl gleichfalls auf ihn. Mommsen , ZtMchr.
f. Rechtsgesch. VII. S. 479. IX. S. 92, A. 29. Im AUg. CiyaciaB Tractat.
IX. ad Afr., Opp. II. p. 1253 ff. F. Kämmerer, Observ. iur. civ. (Rostock
1827) I. p. 74 ff. Zimmern, Gesch. d. röm. Privatr. I, 1. S. 350—352.
4. Terentius Clemens, Verfasser von zwanzig Büchern ad legem
luliam et Papiam , woraus in den Digesten sich 35 SteUen finden (Hommel,
Palingenesia IL p. 499 — 602). Dig. XXVIU, 6, 6 nennt er den luüanus
noster (hoc ita interpretari I. n. videtur) und berücksichtigt auch sonst
öfter dessen Digesta, so dass sein Werk in der letzten Zeit des Pins ver-
fasst scheint. Fitting, Alter d. Schrr. S. 16.
5. luniuB MauricianuB schrieb unter Pius (Dig. XXXI, 57: divtis
Hadrianus . . et prozime Imp. Antoninus. XXXIII, 2, 23: nuper Imp.
Antoninus . . rescripsit. XLIX, 14, 15) gleichfisdls Ad legem luliaro et
Papiam libri VI, sowie mindestens 2 Bücher De poenis (Dig. II, 13, 3) und
Noten zu Julians Digesten; vgl. ülp. Dig. II, 14, 7, 2: puto recte lulianum
a Mauriciano reprehensum in hoc etc. VII, 1, 25, 1: lulianus quidem
libro XXX V<* Digestorum scripsit; . . Marcellus vero et Manricianus etc.
sed luliani sententia humanior est.
6. Venuleius Saturninus schrieb nach dem ind. Flor. 10 Bücher
Actionum, 6 Interdictorum, 4 de officio proconsulis, 3 publicorum oder
de publicis iudicüs, 19 stipulationum. Einen verschiedenen Charakter hat
der Über de poenis paganorum, welcher vom ind. Flor, dem Venul. Sai,
dagegen Dig. XL VIII, 19, 16 (unmittelbar nach einem Fragment aus Ven.
Sat.) einem Claudius Sat. zugeschrieben wird, an welchen zwei Bescripte
des Pius gerichtet waren (Marcian. Dig. XX, 3, 1, 2 und L, 7, 4 pr.: divus
Pius Claudio Satumino rescripsit) und welcher unter den divi fratres die
Prätur bekleidete (Dig. XVH, 1, 6, 7). Aber auch in den Fragmenten aus
Venul. Sat. (bei Hommel, Palingenesia IL p. 539 — 549) weist nichts über
die Zeit des Pius oder der divi fratres hinaus; «daher Fitting, d. Alter d.
Schrr. S. 17 — 19 einen einzigen Juristen des Namens Claudius Vennleins
Saturninus annimmt. Nichts beweist hiegegen Cod. V, 65, 1 (Imp. Anto-
ninus A. Saturnino J. 213) oder ib. VII, 35, 1 (Imp. Alexander A. Venuleio
veterano, J. 224) oder gar eine ganz späte Interpolation bei Lamprid.
Alex. Sev. 68. Indessen die Citate aus Demosthenes und der Dias bei
Claudius Saturninus, denen bei Venuleius Sat. nichts Aehnliches entspricht,
gebieten zwei Juristen mit demselben Cognomen und ungefähr aus dersel-
ben Zeit, aber mit verschiedenem Gentilnamen, zu unterscheiden. Wohl
später ist Q. Saturninus in den Dig. XII, 2, 13, 5 (Marcellus scribit etc. cni
Q. Sat. consentit) und XXXIV, 2, 19, 7 (Q. Saturninus libro X" Ad edictum
scribit).
7. Capitol. M. Ant. philos. 3, 6: studuit et iuri, audiens (ums J. 146)
L. Volusium Maeciannm. VgL bei Fronto p. 61 N., auch oben A. 1.
Er war befreundet mit Salv. lulianus (lulianus noster, Dig. XXXV, 1, 86.
2, 30, 7. XXXVI, 1, 65, 1) und mit Vindius (Vindius noster, ib. XXXV,
2, 32, 4). Dig. XXXVII, 14, 17 pr.: divi fratres . . rescripsemnt: . . Vola-
sianus Maecianus, amicus noster, ut et iuris civilis praeter veterem etbene
fundatam peritiam anxie diligens etc. Volcat. Gall. Avid. Cass. 7, 4:
.^
338. Juristen: Maecianus, Ulpius MarcelluB u. A. 743
ezercituB . . Maeciauum, cui erat commiäsa Alexandria, . . invito atque
ignorante Antonino (M. Aurel.) interemit (als Mitverschworenen des Cas-
sius, J. 176). Unter Antoninus Pias verfasste er seine 16 Bücher Quae-
stionam de fideicommissis oder Fideiconunissorum (Dig. XL, 6, 42 : Anto-
ninos Aug. Pius noster etc.) und wohl auch die Schrift £x lege rhodia
(ib. XIV, 2, 9). Ausserdem libri XIV de pnblicis iudicüs. Die Ueberreste
dieser Schriften bei Hommel, Palingenesia I. p. 353—360. Erhalten ist
das metrologische Hölfsbuch das er für seinen prinzlichen Schüler ver-
fasste: Distributio . . partium in rebus quae constant pondere, numero,
mensura. Vgl. das Vorwort: Saepenumero, Caesar, animadverti aegre
ferentem te quod assis distributionem, et in heredum institutione et in
alüs multis necessariam, ignotam haberes. quare, ne tam exigua res
ingcnium tuum ullo modo moraretur, cum partes ipsas tum vocabula et
notas proponendas existimavi. Der Schluss ist verloren. Herausgegeben
von J. F. Gronovius (de sestertiis etc., Lugd. Bat 1691), E. Böcking (Bonn
1831 und im Corpus iur. anteiust. p. 183 ff.), Th. Mommsen (Abhaudl. der
Sachs. Ges. d. Wiss. III. Leipzig 1853. 4.) , F. Hultsch (Scriptores metrolog.
rem. p. 61 — 71), Huschke (iurisprud. anteiust.« p. 330—340). Vgl. Th.
Mommsen a. a. 0. S. 281—288. Hultsch l. 1. p. 17—22.
8. Ulpius Marcellus (vgl. A. 1) war auch noch im Bathe des M.
Anrelius; vgl. seinen Bericht über eine Verhandlung proxime in cognitione
principis, wobei Sententia Imperatoris Antonini Aug. Pudente et Pollione
C088. (J. 166) und Sachwalter der einen Partei Cornelius Priscianus war,
advocatus fisci aber Calpumius Longinus, Dig. XXVIH, 4, 3 (wo auch der
Grundsatz: in re dubia benigniorem interpretationem sequi non minus
iiistius est quam tutius) aus (Ulp.) Marcellus libro XXIX Digestorum. Die
Identitöit des Juristen mit dem L. Ulpius Marcellus welcher leg. Aug. pr.
pr. Pannon. infer. (Gruter p. 100, 4) und unter Commodus Statthalter von
Britannien war bezweifelt (mit Walch) A. Haakh in Pauly's Real - Eno.
* VI, 2. S. 2713, A. 2, indem er Letzteren für den Sohn des Juristen erklärt.
Schriften des Juristen: Digestorum libri XXX (? vereinzelt und zweifelhaft
üb. XXXI in Dig. XLVI, 3, 73 und Üb. XXXIX in Dig. XLIX, 15, 2), in
den justinianischen 128mal excerpiert, Notae ad luliani Digesta, Ad legem
luliam et Papiam libri VI, Besponsorum liber singularis, De officio con-
solis (libro quinto augeführt von Marcian, Dig. XL, 15, 1, 4) und vielleicht
(wenn nicht von Macer) Publicorum (iudiciorum) libri (libro U, Dig. III,
2, 22), De officio praesidis (Dig. IV, 4, 43: Marcellus libro I de off. praes.).
Zusammenstellung bei Hommel Palingenesia I. p. 363 — 396. Ueber Dig.
XXIX, 2, 63 (libro singulari Regularum Pomponii Marcellus notat) vgl. Asher,
Ztschr. f. Rechtsgesch. V. S. 102 f. Von jenen Schriften sind die Digesta er-
weislich nach dem Tode des Pius verfasst (Dig. IV, 1,7: Marcellus libro III
Digestorum: Divus Antoninus Marcio Avito praetori . . rescripsit) und (s.
oben) J. 166 oder 167 abgeschlossen, die Abfässungszeit der übrigen aber
ist nicht bekannt. Fitting, d. Alter d. Schrr. S. 23 f. Im Allgemeinen
M. Tydeman, de L. Ulpii Marcelli icti vita et scriptis, Utrecht 1762
(=3 Oelrichs thesaur. nov. I, 1), C. F. Walch, Opusc. (1785. 4.) I, 2.
p. 313 ff. (de aetate Ulpii Marcelli). Zimmern, Gesch. d. röm. Privatr. I, 1.
S. 357—359.
744 ^^® Eaiserzeit. Zweites Jahrhundert.
339. Aus8cliliesslic1i als Lehrer und Schriftsteller wirkte
in Born der aus dem Osten des römischen Reiches gebürtige
Jurist Gaius (etwa 110—180 n. Chr.), Verfasser zahlreicher
Schriften, von welchen die berühmtesten waren seine sieben
Bücher Herum cotidianarum (Aurei genannt) und seine vier
Bücher Institutionum, Einführung in die Rechtswissenschaft, ein
seitdem vielvertretener Literaturzweig, verfasst und wohl auch
herausgegeben ums J. 161 n. Chr. Diese Listitutiones sind uns
grosstentheils erhalten und machen durch die anmutige Leben-
digkeit und Ungezwungenheit ihrer Darstellung und ungleich-
massige Behandlung des Stoffes wahrscheinlich dass sie aus münd^-
lichem Vortrage entstanden sind. Um seiner klaren Fasslichkeit
willen wurde das Werk ein beliebtes Lehrbuch und hat auch
für die Institutionen des Justinian als Grundlage gedient.
1. G%j. Big. XXXIV, 5, 7 pr.: nostra quidem aetate Serapias Aleiaii-
driua mulier ad divxun Hadrianom perducta est. Gajus wird also schon
unter Hadrian in Rom gewesen sein. Trotzdem meint Th. Mommseo,
Jahrb. d. gem. deutschen Rechts III (1S59). S. 1 — 13, dass G. in Anen
(etwa Troas) gelebt und gelehrt habe. Er schliesst diess daraus dass 6.
so selten und spat in der Literatur berücksichtigt werde (s. A. 2), aus
seiner Bezeichnung mit dem blossen Vornamen, seiner Berücksichtigong
des Provinzialrechts (vgl. A. 3 f.), des ausserrömischen Rechts und der
altern röm. Rechtsquellen neben Uebersehen von Neuerem, seiner genaoen
EenntniSB des Griechischen, und Dig. L, 16, 7: Gaius . .: iuris italici BUit
TQ(odg, BijQvxogj Jvqqcixiov. Aber alles diess reicht nicht aus nm die
deutlichen Anzeichen 7on Abfassimg der Inst, in Rom aufzuwägen; s.
Huschke, iurisprud. anteiust.' p. 84 — 86 und besonders H. Demborg, d.
Inst. d. Gaj. S. 80—98. Ein Kosename von Seiten der Schüler des G. war
Gaius wohl nicht, sondern der Gebrauch des Vornamens war eine auch
sonst bei Juristen und Kaisern gebräuchliche Abkürzung. Nicht mimdg-
lieh ist auch dass G. diesen Namen wirklich aus seiner hellenistischen Hei-
mat nach Rom brachte. Vielleicht hatte er schon vorher dort gelehrt und
sich seine Kenntniss des Provinzialrechts u. s. w. erworben; der entsdiei-
dende Theil seiner Wirksamkeit als Lehrer and Schnftsteller fallt aber
sicher nach Rom.
2. Pompon. Dig. XLV, 3, 39 (non sine ratione est quod Gaius nosier
dixit) bezieht sich auf einen Gestorbenen, etwa das auch sonst Gaius kon-
weg genannte Schulhaupt G. Cassius Longinus; s. oben 265, 3; vgL G. M.
. Asher, Ztschr. f. Rechtsgesch. V. S. 83 f. Die Juristen der nächsten Zeit
nennen den G. niemals, was darin dass G. keine responsa ertheilte seinen
Grund haben kann und auch Andern widerfährt, s. Demburg S. 1(^6—107.
Früheste sichere Erwähnung des G. in dem Citiergesetz von 426* Kl^duitr
dem Serv. Georg. III, 306 (quod et Gaius homerico cpnfirmat exempio ^
Inst. III, 141), Priscian. VI. p. 282 H. (Gaius in I Institutornm = Infi
I, 113). Die Lex romana Visigothorum (J. 506) enthält auch einen über
339. GaiuB. 745
Gkdi in zwei Büchjdm, eine verkfirzte und durch Zusätze aus sonstigen
Quel^n Yeranderte Bearbeitung von Gigus' Inst, wohl schon aus saec. V;
8. Dßmbnrg S. IXd — 131. Wenigstens erhellt aus Justinians Const. Omnem
reip. (Dig* prooem.) 1 dass bis dahin im ersten juristischen Studienjahr ex
tanta ^egum multitudine . . nihil aliud nisi sex tantununodo libros et ipsos
GOnfusos . . fitudiosi acoipiebant; . . in his autem sex libris Gai nostri
Inatitutiones et libri singulares quatuor (jene bildeten also damals nur
2 Bücher »> liber Gai) . . connumerabantur. Das hier (und Inst, prooem.
6. IV, 18, 5) gebrauchte Gaius noster beweist Alles eher als Landsmann-
schaft zwisct^en G. und Justinian.
3. Gaius Inst. I, 188: nos diligentius hunc tractatum exeouti sumus
et in Edicti interpretatione et in his libris quos Ex Q. Mucio. fecimus.
ni, 33: de quibus (die bonorum possessiones) in his commentariis consulto
non agimus quia alias hoc ins totum proprüs commentariis explicavimus.
54: alioqnin diligentior interpretatio (der iura patronorum et libertorum)
proprüs commentariis exposita est^ Sonach sind sicher vor den Inst, ver-
faast die Bücher Ex Q. Mudo und der Edictcommentar. Nur steht nicht
fest ob unter letzterem blos der ad edictum praetoris urbani gemeint ist
oder zugleich auch die libri XXX (mit den aedil. cur. XXXII) ad edictum
proTinciale (einer bestimmten Provinz? vgl. Mommsen, Ztschr. f. d. Bechts-
gesch. IX. 6. 96 — 97 A.). Doch ist Letzteres wahrscheinlich, da in den
Üeberresten des Werkes (vgl. Bommel Paling. I. p. 66 — 100) nichts über
Pins hinauBweist und zwar divus Hadrianus, Imp. Antoninus, princeps
Antoninus dann genannt wird, niemals aber divus Antoninus oder divus
Pius oder gar Verus. Fitting, Alter d. Schrr. S. 19 f. Auch der Commen-
tar ad ed. praet. urb. (oder kurz edictum urbicum) war ein umfangreiches
Werk; vgl. Dig. XXX, 73 und L, 17, 66: Gaius libro III de legatis ad
ed. praet. (oder urbicum). L, 17, 66: Gaius libro II de testamentis ad ed.
urbicum. Ausserdem zwei Büdier ad edictum aedilium curulium (Dig. XXI,
1, 82. 2, 57).
4. Von den Institutionen (oder Instituta, s. A. 2) ist der Titel
nicht erhalten. Ihrem Begriffe gemäss enthalten sie totius doctrinae sub-
stantiam (Lactani inst div. V, 4, 3). Plan I, 8: omne ins quo utimur vel
ad personas pertinet (B. I) vel ad res (B. II Sachenrecht und testamen-
tarisches Erbrecht; B. III Intestaterbrecht und Obligationen) vel ad actio-
nes (B. IV). Die Eintheilung in vier commentarii rührt von G. selbst her;
s. z. B. II, 23 (superiore commentario tradidimus c=3 I, 119). III, 38 (sup.
comm. trad. = II, 119. 148 f.) lY, 163 (secundo comm. rettulimus = U,
89 f.). in, 181 (sequenti comm. referemus = IV, 103 f.). Die Bezeichnung
als commentarii (inofipi^fiata im unterschiede von cvyyQcifiiiaza) weist
den Anspruch auf buchmässige Ausarbeitung imd stilistische Vollendung
ab und wird z. B. von CoUegienheften gebraucht; s. Demburg S. 66-62.
So zeigen auch die Inst, des G., bei schärfster Bestimmung der Begriffe
and priUaser Abgrenzung der Beohtssätze (Demburg S. 52—64), eine ge-
wisse BehagUchkeit der Darstellung in Wiederholungen, Variationen und
Uebe^gängen (Demburg S. 40—50). Auch Anakoluthien sind nicht selten
(ebd. S. 50 f.). Die Lockerheit der oonseootio temporum theilt G. z. B.
mit Sueton (o]i)eu 324, 6). Im Ganzen aber ist die Sprache des G. rein
746 ^io Kaiserzeit. Zweites Jahrhundert.
und inBbesondero frei von frontonischen Archaismen. Besonders B. IV hat
über den Process viele neue Aufschlüsse gebracht; über Staatsrechtliches
B. I. Vgl. £. Schrader, was gewinnt die röm. Bechtsgesch. durch des G.
Insi? Heidelberg 1823 (=» Heidelb. Jahrbb. 1823, Nr. 60->64). Eigen ist
dem G. die Verdeutlichung des röm. Rechts durch Ausblicke auf das
Peregrinenrecht. Citiert werden gewönlich nur ältere Juristen; von Zeit-
genossen einzig Julianus (II, 218. 280) und (II, 218) Seztus «» Pompe-
nius; Demburg S. 102 f. A. 6. Abfassung in Rom; vgL TV, 109 und
Demburg S. 86—93. Das erste Buch ist am Ende der Regierung des Pius
verfasst, welcher als optimus imp. Antoninus (I, 102) und imp. Antoninns
(I, 53. 74), dagegen schon II, 195 als divus Pius Antoninus bezeichnet wird
(daher ib. II, 120. 126. 151 imp. Ant. bereits dem Marcus gelten wird); s.
Demburg S. 67—74 vgl. 74 — 80. Mommsen, Ztschr. f. Rechtagesch. IX
S. 107 f. A. 37.
5. üeberliefert sind uns die Inst, des G. einzig durch ein Palimpeest
des Domcapitels zu Verona saec. V (darüber geschrieben sind Werke des
Hieronymus; nur äin Blatt ist nicht rescribieit) , aber corrupt und aoeh
defect. Erster Entdecker war Niebuhr (1816), worauf Göschen in Verbin-
dung mit flollweg die Schrift entzifferte und (BeroL 1820) erstmals heraos-
gab. Revision (durch Bluhme) Berol. 1824; ed. III (rec. Lachmann) Berol
1842. Vergleichende Zusammenstellung der Inst, des Gaj. und des Josti-
nian von Klenze und Böcking, Berlin 1829. VgL die CoUatio von W. van
Swindereu (Annal. acad. Grouing. 1821) und F. Potter v. Loon (Groning.
1823). Ausgaben des Gajus von E. Böcking (Bonn 1841. ed. V. Lips. 1865).
Codicis Veronensis apographum . . scripsit . . et publicavit E. Böcking,
Lips. 1866. Neue Vergleichung und Herausgabe durch W. Studemond.
Auch in R. Gneist's Institutionum syntagma (Lips. 1858) und Ph. E. Huschke's
iurisprudentia anteiustiniana (ed. II. Lips. 1867. p. 101 — 324).
Beiträge zur Kritik und Exegese von E. Gans (Scholien zum G., Ber-
lin 1821), H. R. Brinkmann (notae subit., Schleswig 1821), C. A. D. Unfcer-
holzner (Coniect. de supplendis lacunis, Berl. 1823), H. E. Dirksen (Ver-
suche zur Kritik u. Ausl. S. 104 ff.), Puchta (Verisimilia, Lips. 1837. 4.).
Assen (Adnotati, Lugd. B. 1838), Ph. E. Huschke (bes. : Gaius, Beiträge zur
Kritik und zum Verständniss sr. Inst., Leipzig 1855. 244 S. und Kritische
Bemerkungen zum G., Zeitschr. f. Rechtsgesch. VII. 1868. S. 161—198),
M. S. Mayer (ad IV, 48; Tubing. 1853), K. M. Pöschmann (Studien zu G.
I. Leipzig 1854. II. 1860. III. 1862), F. P. Bremer (zu IV, 44; Rhein, Mos.
XV. S. 484—488), A. F. Rudorff (üb. d. lexikalen Excerpte aus den Inst
d. G., Berlin 1866. Abhandl. d. BerL Ak.)« A. v. d. Höven (tentamina crii,
Ztschr. f. Rechtsgesch. VII. p. 257—259), W. Studemund (über den anti-
quar. Gewinn aus d. neuen Collation d. G., Verhandl. d. Würzburger Phflo-
logenvers., Leipzig 1869, S. 121—131).
C. F. Elvers, promptuarium G^anum, Gotting. 1824.
6. Nach dem Tode des Pius verfksst sind (wegen divus AntcoinnB)
Fideicommissorum libri II (Dig. XXXII, 96. XXXV, 1, 90. XXXVI, 1, 63, 5),
sowie (mindestens die letzten der) XV libri ad legem luliam et Papiam
(Dig. XXXI, 56) und der liber singularis ad SCtum Tertullianum (Dig-
XXXVIII, 17, 8) unter Mai'cus und Orphitianum vom J. 178 n. Chr. (IMg-
339 f.^ GaiuB. A. Gellius. 747
XXXVIII, 17, 9). Jedenfalls nach Julians Digesten verfosst sind De ver-
borum obligationibns libri III und Ad legem XII tabularum libri VI, und
wohl auch der Über singularis de fonnula hypothecaria (Dig. XX, 1, 15 pr.),
sowie Berum cotidianarum (s. Aureorum) libri VII, eine Erörterung der im
täglichen Leben Anwendung findenden Bechtssätze, in der Ordnung der In-
stitutionen und von Justiniau gleichfaUs für die seinigen benützt; s. prooem.
6: quas ex omuibus antiquorum Institutionibus et praedpue ex commen-
tarüs 6ai nostri tam Institutionum quam Berum cotidianarum . . compo-
sitas etc. Vgl. Dig. XLIY, 7, 5 (aus Gains libro III Aureorum) , 5 (luliano
placuit). Unbekannt ist die Abfassungszeit der Schriften Ad legem Gliciam,
liber (singularis und libri III) Begularum, libri III de manumissionibus,
der libri singulares dotalidon, de tacitis fideicommissis und de casibus.
Zusammenstellung bei Hommel, Palingenesia p. 55 — 126.
7. Dass Gajus das ins respondendi nicht hatte erhellt mit Wahrschein-
lichkeit theils aus seinem Schweigen Insi I, 7, theils aus seiner Nichterwäh-
nung bei den Juristen der folgenden Zeit, auch daraus dass er weder Quae-
stiones noch Besponsa verfasste. Auch als Schriftsteller strebte er über den
engen Kreis der Fachmänner hinaus und erreichte Popularität unbeschadet
der Gründlichkeit und Schärfe. Vgl. im Allg. über ihn: Zimmern, Gesch.
d. röm. Privatr. I, 1. S. 341—350. Budorff, röm. Bechtsgesch. I. S. 173—
176. Huschke, iurisprud. anteiust. * p. 82—100. H. Demburg, d. Institu-
tionen des G. ein CoUegienheft aus d. J. 161 n. Chr., Halle 1869. 132 S.
340. Für viele Gebiete des Wissens wie für die Eenntniss
ihrer Zeit von hoher Wichtigkeit sind die zwanzig Bücher
Noctes atticae die wir von A. Gellius (um 115 — 165 n. Chr.)
besitzen. Obwohl selbst von beschränktem Geiste, kleinlich und
blind in seiner Bewunderung wie in seinen Abneigungen , hat
Gellius mit treuem Pleiss und redhcher Gewissenhaftigkeit ge-
sammelt und zusammengestellt was er aus Unterredungen und
Büchern über alte Literatur und Sprache, Recht und Philo-
sophie imd auch Naturwissenschaft gelernt hatte. Die Ordnung
ist eine zufällige, die Sprache nüchtern, aber durchzogen von
alterthümlichen Ausdrücken. Vom achten Buch ist nur die In-
haltsübersicht auf uns gekommen.
1. Leben und Büdungsgang. Gellins XYIII, 4, 1: cum iam adules-
centuli Bomae praetextam et puerilem togam mutassemus magistrosque
tunc nobis nosmet ipsi exploraliores quaereremus, . . Apollinaris Sulpidus
(oben 335, 2) etc. VIT, 6, 12: adulescens ego Romae, cum etiamtum ad
grammaticos itarem, audivi Apollinarem Sulpidum, quem in primis secta-
bar. XX, 6, 1: percontabar A. S. cum eum Bomae adulescens sectarer.
ib. 15: haec memini mihi Apollinarem dicere eaque tuno ipsa ita ut dicta
fherant notavi. Auch noch in seinen späteren Jahren wandte sich G. in
ZweiielfäUen am liebsten an S. A.; vgl. XI, 15, 8. XII, 13, 1 (cum Bomae
a conBulibus iudex extra ordinem datus pronuntiare . . iussus essem, Sul-
pidum Ap. . . percontatufl sum). XIII, 20, 1 (ego et Ap. S. et quidam
748 ^^® Kaiserzeit. Zweites Jahrhundert.
alii mihi aut illi familiäres). Für Bhetorik -war des 6. Lehrer AntODins
loUanos (oben .328, 1), und auch Fronte von EinfluBs (XIX, 8, 1). Fori-
setEong der Studien zu istiien. U, 1, 1: Herodes Atticas . . JuscenehaU^
saepe nos, cum apud magistros Atiienis easemus, . . me et cL v. Bervilia — •
num compluresque alios nostrates qui tEoma in Graeoiam ad capiendmi^
ingenü cultum eoncesserant. Vgl. XYIII, 2, 1 ff . 13, 1 ff. Hanpte&ohlidrr:
schloBB sich G. hier an Taurus an (oben 836, 6). Nadi mindesteBs ewei^ —
jährigem Aufenthalt (XYÜI, 2, 1. 13, 1) Bäokkehr nach &om. Cum e^
angulis secretisque librorum ac magistrorum in medium iam hominum e^:
in lucem fori prodissem (XIII, 13, 1) etc.; vgl. A. 2 und I, 22, 6: memini eg-^
praetoris . . tribun^ me forte adsistere. Aber vorzugsweise gefeeselt dnrct^
Favorinus (oben 328, 4), vgL bes. XVI, 3,1: com Pävoxino Bomae di«^
plerumque totos eramus tenebatque animos nostros homo ille fandi ddci^^
simus, atque eum quoquo iret . . sequebamur. L. Friedländer, de A. Cr.
vitae temporibus, Königsberg 1869. 4.
2. Gell, praef. 12 : volvendis . . multis admodum voluminibus per omiiAi
semper negotiorum intervalla in quibus furari otium potxd exerdtus defes-
susque sum. XI, 3, 1 : quando ab arbitrüs negotüsque otium est et motanif
corporis gratia aut spatiamur aut vectamur. XVI, 10, 1: otium erat qno-
dam die Romae in foro a negotns etc. XIV, 2, 1: quo primum tempore
a praetoribus lectus in iudices sum (für iudicia privata) libros . . de officio
iudicis scriptos oonqmsivi, ut homo aduleseeus, a poetarum fkbulis et arbeto-
rum epilogis ad iudicandas lites vocatus rem iudioiariam . . cognosceiem.
XII, 13, 1 : cum Romae a consulibus iudex extra ordinem datus . . eesem.
3. In späteren LebenEJahren üebersiedlung in das lieb gewordene
Athen , vielleicht seiner Kinder wegen; dortige Ausarbeitung seines Werk«.
Praef. 1: hoc ut liberis quoque meis parbae istinsmodi remissiones eeseni
(2.) usi autem sumus ordine rerum fortuito quem antea in exoerpeo^
feceraraus. nam proinde ut librum quemque in manus oeperam . . ?el
quid memoratu dignum audieram . . promisce adnotabam. . . (3.) facta
igitur est in his quoque commentarüs eadem rerum disparüitas quae iiiit in
iUis adnotationibus pristinis. . . (4.) sed quoniam longinquis per hiemem
noctibot in agro . . terrae atticae commentationes hasce ludere ac fiteere
exorsi suwus, idcirco eas iuscripsimus Noctium esse atticarum. (13.) enmt
autem in his commentarüs pauca quaedam scrupulosa et anxia vel ex
grammatica vel ex diaJectica vel etiam ex geometria, . .' item paacoli
remotiora ex augurio iure et pontificio. (22.) volumina commentariorani
ad hunc diem viginti iam &cta sunt. (23.) quantum autem vitae Buhi-
deinceps deum voluntate erit quantomque a tuenda re famib'ari proi^nns-
doque eultu liberorum meorum dabitur otium, ea omnia . . temporaa(B-
coUigendas huiuscemodi memoriarum delectatiunculas oonferam. £0 scheio^
aber nicht dass diess zur Ausfiihrung kam. Der Anfang der praefalio ir)^
der Schluss von B. XX ist nicht erhalten, von B. YIII nur die CapiteL-
überschrifben. Als Zeit der Abfossung ergibt sich J. 150 — 160 n. C^. dar-
aus dass als Consularen bezeichnet werden Herodes Attioos (Cos. 1^)^
Fronto (Cos. 143) , Erucius Claras (Cos. 146) , andererseits von keinen Schiif-
ten des Fronto die Rede ist, z. B. nicht (XVI, 19) von dem AiioD des-
selben. Wenig erhellt aus XX, 1,6: trecentesimo anno p. R. c Ubolae
.."i"^
340. A. Gellius. 749
Bcriptae simi, a quo tempore ad htmc diem aimi esse non longe
DCC (DC? Vogel) videntur. Th. Vogel I. p. 7—9.
4. Gellius ist eine Fämolusnatur: das Bewundern, Schlepptragen,
Apl^~^ radieren ist ihm ßedürfmss und er übt es gegenüber von dem £nt-
geg^^^xngesetztesten, gleichzeitig gegen Fronto und Cicero (vgl. XVII, 1, 1 ff.).
Seic^^^ Anhänglichkeit an die von ihm Erkorenen hat etwas Rührendes,
fast^ -animalisches. In seiner ebenso gutherzigen wie besdir&nkten Mittel-
iiiaxa jgkeit spiegelt er den Charakter seiner Zeit treulich wieder, ihre
wicK^^igthuerische Geschöftigkeit ohne ernstes Ziel, ihre Verranntheit in
^ic^^ix^gkeiten , ihren völligen Mangel an eigenem Geiste, an Productions-
kra:f% , urteil und Verstand , ihre Gelehrsamkeit wie ihre Pedanterie. Es
gelijn.gt ihm oft recht anschauliche und (unfreiwillig) ergötzliche Bilder von
deorx Treiben in seiner Zeit zu geben. Ausserdem ist für uns seine Anhäufung
vom Jlxcerpten aus verlorenen alten Werken von um so grösserem Werthe
veiX der Verfasser mit seiner angstlichen Gewissenhaftigkeit da wo er
selk^st gesehen hat vollen Glauben verdient. Vir elegantissimi eloquii et
mii:l.'t;ae ac facundae scientiae heisst er bei Augustin. de civ. dei IX, 4.
^ Noxixus Marcellus und vollends Macrobius schreiben ihn aus , ohne ihn aber
zu xx€nnen. Vgl. über Gellius M. Hertz, Renaissance S. 35— 38. Th. Vogel,
de Ji, Gellii vita, studiis, scriptis narratio et iudicium, Zittau 1860. 4.
p. X — 25; deA. GelHi copia verborum, Z^ckau 1882. 4. p: 1—32. J. Eretzsch-
meir ^ de A. G. fontibus. I. de auctoribus Gellii grammatids, Greifswald
1860. 108 pp. L. Mercklin, die Citiermethode - und Quellenbenütiung des
A. O., Jahrb. f. class. Philol. Suppl. III (1860) S. 635—710; A. Gellii capita
qnskedam ad fontes revocata, Dorpat 1861. 4. M.Hertz, A. G. und Nonius
f Majrcellus, in Fleckeisens Jahrbb. 86, S. 706—726. 779—799.
^ 5. Alle bekannten älteren Handschriften des Gellius enthalten
entr^i^eder nur die 7 ersten oder die 12 letzten Bücher. Der Text der
^. 8iel>eQ ersten Bücher gründet sich vornehmlich auf ein palatinisohes
Palirap^egt^ der Vaticana, auf Vat. 3452 u. Par. 5765 saec. XIII, sowie «inen
RottendorL saec. XU in Leyden; Buch IX bis XX auf Paris. 8664 saec. XIII,
'^^^ Voss. 7 (Vossianus maior bei Gronov) in Leyden, sowie ein Berner
Bruchatuck saec. XU. Vereinzelt steht der verschollene BuslidianuSf wel-
cl»©r beide Hälften umfasste. Vgl. M. Hertz, Berichte über d. Verhaadl.
der Berl. Akad. 1847, S. 403 f. 408-^417. Schon J. Fr. Gronov hat die
''^^^^^ebenden Handschriften herausgefunden, und M. Hertz darauf weiter
gebaut,
6. Editio princeps Bom. 1469 fol. 1472 fol. Ascensiana 1511. 4.
AlOiii^ 1515. Ed. L. Carrio, Paris 1585. Hauptausgabe von J. Fr. und
KA ^'»'^o^'is, Lngd. B. 1706. 4. (Lips. 1762, von J. L. Conradi, 2 Voll.).
^^A* Lion, Gotüng. 1824. Ex recensione M. Hertz, Lips. (Teubner) 185ai
7. Gellii quae ad ins pertinent von J. v. GlOden (Rostock 1843),
..* ^. Dirksen (d. Auszüge aus d. Schrr. d. röm. Rechtsgel. b. GeU., Ber-
r^^l861. 4.), M. Hertz (capp. IV, Breslau 1868. 4.). A. Fleckeisen ^ zur
^ '^^tik der altlatein. Dichterfi^agmente bei G., Leipzig 1854^
l Sonstige Beiträge zur Textkritik und Erklärung von Ch. Falster
i ^^^notatt. in Gellii libr. VUI, Hafiiiae 1721), A. Cramer <ad G. excursus
75() ^e Kaiserzeit. Zweites Jahrhundert.
I— lY, Kiel 1827—1832. 4.), R. Klotz (quaefitiones Gellianae, Lipe. 1857. 4.),
M. Hertz (Vindiciae G., Greifswald 1868. 4.; Bamentomm GelL mantiiwae
I. IL, Breslau 1868 f. 4.), Th. Mommsen (ad Gell. IV, 1. 4. in den Sjm-
bolae Bethmanno HoUw. oblatae, Berlin 1868) u. A.
341. Sehr unerheblich ist was wir aus der Zeit des M. An-
toninus von Erzeugnissen in gebundener Form kennen^ falls nicht
etwa das Pervigilium Yeneris dieser Zeit angehört, ein
strophisch angelegtes Gedicht in wohlklingenden trochaischen
S^ptenaren, eine Frühlingsfeier enthaltend und die Venus ver-
herrlichend als die belebende Macht des Alls.
1. lustinas FaustinaB , M. .., Verfasser eines akrostichischen Gedichts
auf Antoninus Pius in der Anthol. lat. von Meyer I. p. 252, Nr. 812.
2. Gellius XIX, 7, 1: in agro Yaticano luHus Paulus poeta, vir
bonus et rerum (vgl. Xin, 18, 2: morum) litterarumque veterum inpeiue
doctus, herediolum tenue possidebat. eo saepe nos ad sese vocabat etc.
Vgl. ib. y, 4, 1 u. XVI, 10, 9 (1. P. poeta, vir memoria nostra doctissimiu).
1, 22, 9 (homo in m. n. d.).
3. Gellius XIX, 8, S: quispiam fiuniliaris eius (des Fronte), bene era-
ditus homo et tum poeta inlustris.
4. Ueber des Sulpidus Apollinaris Verse s. oben 336, 2.
5. Ueber Mesomedes s. oben 331, 4.
6. Das Pervigilium Veneris ist durch den codex Salmasianus
saec. VII (A) und den Pithoeanus oder Thuaneus = Par. 8071 , saec. IX
oder X (B) überliefert und trägt in jenem die üeberschrift: peruirgiliam
Veneris trocaico metro. sunt uero versus (d. h. Gedichte in dem betr. Ab-
schnitte der Sammlung, A. Riese Anthol. lat. I. p. XXI— XXIV) XKII. Es
besteht aus 93 Versen, welche durch den Refrain cras amet qui numqoam
amavit, quique amavit cras amet in Strophen von ungleichem Um&ng
(mindestens 4 Versen) getheilt sind. Die religiöse Anschauungsweise ut
universalistisch und zeigt zugleich Einfluss der Philosophie. Venus ist als
Genetrix aufgefasst, deren Cult durch Hadrian aufgefrischt worden war,
und ihre Feier als ein Frühlings- und Blumen-Fest. Als Local ist Sicilien
gedacht (v. 49 ff.). Die Darstellung ist rhetorisch belebt und streift oft
ans Sentimentale. Der Verfasser zeigt griechische Bildung, klingt jedoch
^einmal (v. 85) an Vergil (Aen. XI, 458) an. Melancholischer Schluss: OU
(die Nachtigall) cantat, nos tacemus. quando ?er venit meum? quando
fiam uti chelidon et tacere desinam? was im Geiste des Gedichts auf Ver-
jüngung durch die Liebe deutet. Africanische Latinit&t kann in dem öften
(v. 4, 6, 12, 24, 34, 38, 45 f., 61, 88 Bü.) und theilweise frei gebrauchtes
de nicht gefunden werden. Aehnlich findet sich dasselbe bei Reposiaau
(v. 30).
7. Die Nachfrage nach dem Verfasser muss der Natur der Sache
nach erfolglos bleiben. Am meisten AehuUchkeit hat das Gedicht mit Yer
sen des Annius Florus (oben 318, 7),. welcher das gleiche, damals, wie »
scheint, wieder in die Mode gebrachte, Versmass angewandt hat, und er-
J
341 f. Pervigilium Veneria. M. Aurelins. 751
innert mit seinem Beirain an die Weise des Nemesianus. Itaqae , in teme-
ritatis crimen ne incurramus, acquiescendum in hoc erit ut medio inter
Flormn et Nemesianom tempore , h. e. secmido vel tertio p. Ch. n. saeculo
conditum Pervigilimn esse stataamus (Bücheier p. 51). Es näher dem Zeit-
alter der Antonine zuzurücken könnte die vorherrschend heitere Stimmung
des Gedichts und sein verhältnissmässig reiner Geschmack geneigt machen,
wenn dergleichen nicht trügte. L. Muller setzt es vielmehr ins dritte oder
vierte Jahrh., und dafür spricht die Geistesverwandtschaft mit Beposianos
u. ähnlichem (unten 375). Aus ähnlicher Zeit und Bichtung der durch
Metriker aufbewahrte Vers (Befrain?): tolle thyrsos, aera pulsa, iam Ljaeus
advenit.
8. Ausgaben des Perv. Y. von J. Lipsius (Elect. I, 5. 1680), P. Pithoeus
(Errones Venerii 1587), J. Dousa (Coniect. 1588. 1692), P. Scriverius (Baudii
amores, Hag. 1638), J. Clericus (? cum c<ftnm. varr., Hag. 1712), Sanadon
(Paris. 1728), Wemsdorf (poetae lat. min. HI. p. 463 — 482, mit prooem.
p. 426—462), E. C. F. Schulze (comm. ill., Gotting. 1812. 4.), J. C. Orelli
(in gnr Ausg. des Phädrus p. 220—227 u. 230—233, wozu praef. p. 216—
219, und annot. p. 228 f. 234—239), in den Abhh. von Heidtmann, Göbel,
0. Müller (s. A. 9) und sonst; pristino nitori restitutnm (von F. Linde-
mann), Lips. 1852; adnotabat et emendabat Fr. Bücheier, Lips. Teubner
1869. 63 pp. 16. In AI. Bieses Anthol. lat. I. p. 144—148.
9. Abhandlungen De Pervigilio Veneris von H. Paldamus (Greifswald
1830. 4.) , G. H. Heidtmann (Greifsw. 1842) , Th. Bergk (commentatio de etc.
Halle 1859), Ol. Jacobi (Lund 1867. 4.), 0. Müller, de Annio Floro (Ber-
lin 1855) p. 18 ff. F. C. Göbel, de ephjmniorum rationibus (Gotting. 1858)
p. 56—61.
10. Beiträge zur Textkritik von J. Frei (Bhein. Mus. X. S. 195—213),
F. Bücheier (ebd. XV. V. p. 446—451), L. Müller (Fleckeisens Jahrbb. 83,
S. 639—651), J. Mähly (Philologus XXIII. S. 356—361), K. Schenkl (Ztschr.
f. a. Ostreich. Gymn. XVIII. 1867. S. 233—243).
b. Die Zeit des M. Aurelius, J. 161 — 180 n. Chr.
342. Trotz der Treffliclikeit des Regenten war die Regie-
rung des M. Aurelius eine Zeit des Schreckens für das römische
Reich, durch die fortwährenden Kriege im Osten und Norden,
durch eine furchtbare Pest und Hungersnoih. Unter dem Drucke
solcher Verhältnisse konnte sich das geistige Leben wenig ent-
falten, so freien Spielraum ihm der Kaiser Hess, welcher für
alles Edle empfänghch, nur gegen sich selbst streng, sonst aber,
im Vergleich zu seiner Aufgabe, eher allzu weich war. Die
Literatur steht noch unter dem Einflüsse der Richtung des Fronto,
innerhalb deren aber Apulejus Originalität zeigt. Die Philo-
sophie ist hochbegünstigt, aber der Stoicismus zu einer allge-
meinen Lebensweisheit abgeblasst und der sogenannte Piatonis-
752 ^6 Eaiserzeit. Zweites Jahrhundert.
mus mit Mjsticismus und Schönrednerei reichlich getrankt. Die
Grammatik ist innerhalb der griechischen Literatur glänzend
vertreten durch Apollonios Dyskolos, die Medicin durch Galenos.
Auch der Sophist Aristeides aus Bithynien gehört dieser Zeit an.
1. M. Annius Veras, geb. 26 April 121, auf Uadrians Wonach mit
L. VeruB von Antoninus Pius adoptiert; seit dessen Thronbesteigung M.
(Aelius) AureliuB Caesar. Als Kaiser (seit 7 März 161) M. Aurelius Anto-
ninus Aug. (von Fronto vorher Caesar, jetzt Antonine oder M. Aoreli an-
geredet). Sein Mitregent L. Aurelius Yerus Aug. heisst seit seiner Conae-
cration (f Jan. 169) divus Veras, in den Bechtsbüchem auch divus Ludos.
M. Aurelius selbst heisst nach seinem Tode (17 März ISO) diTus M. Anto>
ninus Pias, bei den Juristen divi^ Marcus, aus der Zeit der Doppelregie-
rung divi fratres.
2. Unterricht des Fronto, s. oben 333, 6. Q. Boissier, la jenneste de
Marc-Auräle et les lettres de Fronton, Bevue des deux mondes 1 April 1868,
p. 671—698. Mit seinem angeborenen Eifer ezcerpiert der Caesar die ihm
von Fronto empfohlenen Schriftsteller, sammelt Synonyma, Sentenzen, Ter-
gleichungen und sonstige Bedefiguren, macht auch selbst Verse (Ijezametn,
Fronto p. 24. 34 N.), empfindet aber immer stärker die Leerheit dieiei
Thuns und lässt sich durch Junius Busticus (oben 336, 2 f.) fCLr die (stoische)
Philosophie gewinnen, zum grossen Verdrusse des Fronto ; s. oben 333, 5.
Wendepunkt ums J. 146; vgl. ad Front IV, 13 (p. 75 N.): Arifitonis libri
me hac tempestate . . habent miale; . . nimis quam saepe erubescit disd-
pulus tuus sibique suscenset quod viginti quinque annos natus nihildom ^
bonarum opinionum et puriorum rationum animo hauserim.
3. Erhalten sind vonM. Aurel ausser den Briefen an Fronto (andere
Briefe z. B. bei Capitol. Clod. Alb. 10, 6 ff.) die zwölf Bücher Selbstbetrach-
tungen {dg avxov) in griechischer Sprache, aus J. 169-176, aphoristische
Tagebuchblätter, Beflezionen und gute Vorsätze die von dem edelsten Wil-
len zeugen. Dass es ihm an Schärfe (^pi/ivrij^) fehle erkennt er selbst als
Mangel; vgl. Avidius Cassius bei Vulcat. GalL (Av. Cass. 14, 3. 5): MarcoB
homo sane optimus, qui dum clemens dici cupit eös patitur vivere quorom
ipse non probat vitam. . . M. Antoninus philosophatur et qoaerit de ele-
mentis et de animis et de honesto et iusto , nee sentit pro republica. Capi-
tol. Ant. phil. 8, 3: dabat se Marcus totum philosophiae, amorem dnüm
adfectans.
4. Digest XXVII, 1, 6, 8: 6 d'aioxccxog uaxiiQ iiov (wohl M. Aurel,
nicht Pias, dessen Verordnung^^ enger begfreiizt Wäx, s. obeii 332,' 2) scc^iX-
d'ibp Bv^vg inl ttjv dQxrjv Suixdynati xdg vfCctQxovüag x^iuig %äi dxiUätt
ißißaioHfBVi yga^tpag fpilocotpovg , fijxoQag, yQafi,fiaxi%ovg , latQOvg tixiltii
slvai yvfti/aaiap^iioy etc. xal ftifrc xQivsiv ^i^'t« UQBCßBvnv fftifr« sig ct^-
xBiav naxaXiysad'ai axovxag etc. Capitol. M. philos. 23, 9 : flama fuü qnod
sub philosophorum specie quidam remp. vezarent et privatos.
5. Uebersicht über M. Aurel's Leben und Beg^efung von 6. R. Sie
vers m Pauly's Beal-Enc. I, 1. S. 1197—1203. Vgl. E. Zeller in seinen Vor-
trägen und Abhandl. (Leipzig 1865) S. 82—107.
*-.,**j[^
342 f. M. Aureliug und Zeitgenossen. 753
C. Brief weehsel zwischen Fronto und L. Veras (vgl.'A, 1), s. oben
3S3, 7. Preis der eloquentia des Veras durch Fronto p. 120 f. Veras be-
stellt sich bei Fronto eine verherrlichende Darstellung seiner Thateu ib.
p. 131 f. Des Verus graüarum actio ib. V, 38 f. (p. 87); seine orationes
ad senatum et allocutiones ad exercitum ib. p. 131 f. Jambische Inschrift
seines exodiarius Ursus Togatus bei OreUi 2591 =» Bücheier, Greifswalder
Katal. 1870, p. 18.
7. Capitol Ant. phii. 8, 1: adepti imperium ita civiliter se ambo
egerunt ut . . eos MaruUus, sui temporis mimographus, cavillando impune
perstringeret. Vgl. ib. 29, 2 (de quo mimus in scena praesente Antonino
dixit etc.). Serv. Aen. VII, 499 (Marullus mimographus).
8. Ueber Apollonios 6 dvanoXog aus Alexandria übersichtlich A.
Westermann in Pauly's Real-Enc. I, 2. S. 1319—1321. Sein Sohn ist der
nicht minder berühmte Grammatiker Herodianus, dessen reliquiae coUe-
git, disposuit, emendavit, explicuit, praefatus est Aug. Lentz, 2 Voll.,
Lips. 1867 ff. Auch der Atticist Phrynichos lebte unter M. Aurel und
Com modus.
9. Ueber P. Aelius Aristides (J. 117— 189 n. Chr.?) aus Bithynien vgl.
Pauly's Real-Enc. 1, 1. S. 340—342.
10. Ueber Galenos (J. 131—201?) L. Choulant, Handb, d. Bücherk.
f. d. alt. Med. S. 98-120.
11. Den divi fratres (tsgatatoi ßaaiXfig 'Avtoavivoq xal Ovqqog)
widmete im J. 162 der Khetor Poiyaenos, ein MaxF^cov avifp , seine acht
Bücher Ezqatriyi%€i meist aus griechischen Quellen , theilweise unterge-
gangenen. Recensuit, auctiores edidit , indicibus instruxit E. WölfBin, Lips.
Teubner 1860.
343. Unter den übrigen Schülern des Fronto scheint der
bedeutendste gewesen zu sein dessen Schwiegersohn C. Aufidius
Victörinus, Cos. II J. 183 n. Chr.; nächstdem Servilius Silanus
und Postumius Festus. üeberhaupt scheint es dass Alle welche
in dieser Zeit zu Rom als öfiFentliche Redner wirkten unter
Fronto's Einfluss standen, wenn sie auch nicht Alle seine Art
beibehielten. So auch der auf verschiedenen Gebieten (Epistolo-
graphie, Fabel, Rhetorik, Geographie u. A.) schriftstellerisch thä-
tige Julius Titianus.
1. Fronto p. 95 f. N.: ut parentes cum in voltu hberum oris sui
liniamenta dinoscunt, ita ego cum in orationibus vestris vestigia nostrae
sectae animadverto, yiyrj&s 9h q>Qiva Aritm' meis enim verbis exprimere
vim gaudii mei nequeo. p. 200: suadeo vobis (den Cirtenses) patronos
crcare . . eos qui nunc fori principem locum occupant, Anfidium Victori-
num (A. 2), quem . . mihi generum cum illis moribus tantaque eloquen-
tia elegi. Servilium quoque Silanum (Cos. 189, vgl. Lamprid. Commod.
7, 5) Optimum et facundissimum virum iure municipis patronum habebitis,
cum Bit vicina et amica dvitate Hippone regio. Postumium Festum (Gell.
XIX, 13, 1) et morum et eloquentiae nomine recte patronum vobis fece-
ritis, et ipsum nostrae provinciae et civitatis non longinquae. Capitol. Ant.
Trufffl, Rom. Lileratargeschichlc. 48
-^!!f3W-
754 Die Eaiserzeit. Zweitem Jahrhundert.
t
phil. 3, 8: f^equeutavit et declamatorom scholas publicaa amavitque e
condiscipulis praedpuoB senatorii ordinis Seiom Fuscianum et Aufidium
Victorinum , ex equestri Baebium Longom et Calenum.
2. C. AufidiuB (Fronte p. 76) VictorinuB (vgl. A. l) war praef. urbi
und bis consul (Orelli 1176) und befehligte in Germanien. Fronte p. 232:
Victorinum, pietate, manauetudine , veritate,, innocentia maxima, omnium
denique optimarum artium praecipuum virum. Vgl. p. 179. J. 186 gab
er sich selbst den Tod, tLaineg xal vno xov MaQ%ov Iv toig naw Tif^ij*
d'slg %al x^ Tijg fffviUs otgsrij %ai x^ tcöv loycDV nagacmtv^ ovdsvog rdtv
uad"* iavtov Sevtsgog yBvofjLSvog, Dio LXXII, 11. Sein Sohn (von Fronto*8
Tochter Gratia) Yictorinus Fronto (oben 333, 2) ist ohne Zweifel der (Aufi-
dius) Fronto cansul (J. 199 n. Chr.) der seinem Sohne M. Aufidius Fronto
die Grabschrifb bei Orelli 1176 (aus Pisaurum) setzte; und auch C. Aufidiuä
Victorinus, Cos. 200 n. Chr., ist wohl ein (jüngerer) Sohn von ihm. Vgl.
W. Teuffei in Paulis Real-Enc. I, 2. S. 2130 f. Nr. 20 und 33.
3. Fronto p. 191 Volumnio Quadrate: legam, fili, libenter orationem
istam quam misisti mihi et si quid videbitur corrigendum corrigam. Vgl.
ib. p. 190.
4. Fronto p. 191: Fabianum, spectatum in iudicüs civilibus, frequen-
tem in foro, meura familiärem. Vgl. Spart. Sever. 13, 3: occidit . . Masti-
cium Fabianum.
5. Ueber das Auftreten des Sohnes von Squilla Gallicanus als Red-
ner 8. Fronto p. 188 f. (orator noster).
6. f^ronto p. 179 N.: Antoninus Aquila vir doctus est et facundus.
Ihn empfiehlt Fronto ib. dem Victorinus für eine Lehrstelle (der Rhetorik) in
seiner Provinz.
7. Fronto p. 173: commendando Corneliano Sulpicio familiarissiiuo
meo. . . industrius vir est, strenuus, ingenio libero ac liberali, . . litte-
rarum studio et bonarum artium elegantia mihi acceptissimus.
8. Fronto p. 175: Montanum Licinium sie diligo etc. bonarum ar
tium sectator est meus Montanus, tum doctrina et facundia est eleganti.
9. Fronto p. 176: lulium Aquilinnm, virum . . doctissimum, facün*
dissimum, philosophiae disciplinis ad optimas artes, eloquentiae studüs ad
egregiam facundiam eximie eruditum. . . si eum audire disputantem de
platonicis disciplinis dignatus fueris. (p. 177:) maximi concursus ad audi-
endum eum Romae saepe facti sunt.
10. Sidon. Apoll. £p. I, 1 : quem (den Cic.) nee lulius Titisuius sul
nominibus illustrium feminarum (fingierte Briefe) digna similitudine expres-
sit. propter quod illum ceteri quique Frontonianorum , utpote consecta-
neum aemulati cur veternosum dicendi genus imitaretar (das ciceronische,
statt das neumodische des Fronto), oratorum simiam nuncupaverunt. Die-
ser Titianus ist wohl der Titianus senior qui provindorum libros pulcher-
rimos scripsit et qui dictus est simia temporis sui, quod cuncta esset
imitatus (Capitolin. Maximin. 27, 6). Jene libri sind wohl die chorographia
bei Serv. Ae. IV, 42 (Barcaei . . secundum Titianum in chorographia
Phoenicem .*. superavere), vgl. ib. XI, 651 und Isid. origg. IX, 2, 64 über
die Amazonen (unimammas). Auch das Fragment über den Aetna bei
Gregor. Turon. de cursu stell. 30 (ed. Haase 1853, p. 14: meminit etbaioa
montis et ille lulius Titianus his verbis etc.), vgl. A. Mai, coli, Vat. 111.
343 f. Schüler des Fronto, Apuleius. 755
p. 239, ist wohl daraus. Ihm gilt daher wohl Cassiod. divin. lect. 25:
cosraographiae quoque Dotitiam vobis percurrendam esse . . suademus; . .
qaod vobis proveniet absolute sf libellum lulii oratoris . . studiose legere
festinetis. Vgl. Auson. epist. 16, 81 (oben 23, 2), wonach aesopiam trime-
triam vertit (in Prosa) fandi Titianus artifex. Auch der Titianus welcher
über Rhetorik schrieb (Isid. origg. II, 2, 1) ist wohl er (vgl. Serv. Ae. X, 18:
Titianus et Calvus, qui themata omnia de Vergilio elicuerunt et adforma-
riint ad diceudi usum) und nicht sein Sohn (unten 357, 8). Dann ist auch
glaublich dass sich auf ihn bezieht Diomed. I p 368, 26 K.: Titianus
(libri: tyrannus) de agri cultura primo. Vgl. Macrob. III, 19, 6. Fr. Haase,
Greg. Tur. etc. Breslau 1853. 4. (Geburtstagsprogr.) p. 37 f.
11. Ungefähr aus dieser Zeit ist wohl auch Romanius lovinus, rhetor
cloqnii latini, dem seine dankbaren Erben die Grabschrift setzten: Condi-
tns hac Bomanius est tellure lovinus, docta loqui doctus quique loqui do-
cuit. Manibus infernis ^ vita est gloria vitae, vivit et hie nobis ut Caito
vel Cicero. Orelli-Henzen 5606 aus Rom.
344. Unter Antoninus Pius und M. Aurelius lebte und
selirieb der Platoniker und Rhetor L. A pul ejus aus Madaura
in Africa. In Karthago ; Athen und durch Reisen gebildet, war
er eine Zeit lang zu Rom als Anwalt thätig, dann in Africa als
Wanderredner und Lehrer der Beredtsamkeit. Er ist ein echtes
Kind seiner Zeit und seiner Heimat durch die bunte Vielseitig-
keit seines geistigen Strebens und literarischen Wirkens, seinen
Mangel an Kritik, seine phantastische Wundersucht, seine eitle
Selbstüberschätzung, und den Ungeschmack seiner aus allen
Zeiten und Stilarten zusammengesetzten Darstellung. Aber durch
Lebendigkeit, Originalität und Leichtigkeit der Hervorbringung
nimmt er unter den Schriftstellern des Jahrhunderts einen her-
vorragenden Rang ein.
1. Der Vorname (im cod. Victorianud der apologia und vor de dogm.
Plat.) könnte von dem Helden der Metam. entnommen sein. Apuleius
philosophus platonicus Madaurensis, de dogm. PI. III. p. 203 ßip. Vgl.
apol. 10. Augustin. civ. d. VIII, 14: Apuleius Platonicus Madaurensis.
Charis. p. 240 K : ut apud Apuleinm Platonicum de proverbiis scriptum
est libro IL Demnach scheint Plat. einen Theil der BücherQberschriften
gebildet zu haben. Augustin. civ. dei VIII, 12: in utraque lingua . . Apu-
leius Afer extitit Platonicus nobiUs.
2. Ueber das Leben des Apulejus bis zu seinem Processe (s. A. 3)
gibt die apologia reiche Aufschlüsse. Da der Process noch unter Pius fällt
(ap. 85), die Frau des Ap. damals 40 J. alt war (ib. 89), und zwischen
Ap. und seiner Gattin grosse Altersungleichheit bestand, so kann Ap. da-
mals nicht mehr als 25 J. alt gewesen sein, seine Oeburt mag daher um
126 fallen. Vgl. unten 345, 2. Florid. 18, 8G: pueritia apud vos (Carthag.)
et magistri vos, et secta, licet Athenis Atticis confirmata, tarnen hie
48*
W^TT^'i
756 Die Kaiserzeit. Zweites Jahrhundert.
incohata est et vox mea utraque lingaa iam vestris auribus ante proiimum
sezeunium probe cognita. 20, 97: ego et alias crateras (als Grammatik
und Rhetorik) Athenis bibi: poeticae . ., geometriae . ., musicae . ., dia-
lecticae . ., iam vero universae philosophiae. Met. XI, 28: viricalas patri-
monii peregrinationis adtriverant impensae. . . quae res . . victum ube-
riorem subministrabat . . quaesticulo foreusi nutrito (in Rom) per patro-
dnia sermonis romanL
3. Auf einer Reise von Madaura nach Alexandria zu Oea erkrankt,
wurde Ap. dort mit einer reichen Wittwe, Aemilia Pudentilla, bekannt
und heiratete sie. Darüber erbost erhob deren Verwandtschaft gegen Ap.
vor dem Procos. Claudius Maximus (oben 336, 4) eine Anklage auf Zaube-
rei, durch die er die Wittwe an sich gezogen habe. Hiegegen vertheidigt
sich Ap. in der apologia (s. imten 345, 1). Sicher wurde er freigesprochen,
lebte aber (nach dreijährigem Aufenthalt in Oea, ap. 55) seitdem zu Kar-
thago, von wo aus er in Africa herumreiste und sich hören liess. In den
nilchsten Jahrhunderten aber trug ihm jenes Abenteuer den Ruf eines
magus und Wunderthäters ein der es mit denen des Christenthnms auf-
nehmen könne. Augustin. Ep. II. qnaest. VI (VoL II. p. 426 c ed. Gaame,
Paris 1838): si hoc quod de loua scriptum est Apuleius Madaurensis ?el
Apolionius Tyaneus fedsse diceretur, quorum multa mira nullo fideli auctore
iactitant. Epist. 136 (ib. II. p. 599 a): ApoUonium quidem suum nobis et
Apuleium aliosque magicae artis homines in medium proferunt, quonnn
maiora contendunt extitisse miracula. Ep. 138, 18 (ib. p. 623 a): ApoUo-
nium et Apuleium ceterosque magicarum artium peritissimosconferre Christo
vel etiam praeferre conantur. Lactant. inst. V, 3, 7 : Apuleium , cuius solent
et multa et mira memorari.
4. Augustin. Ep. 138 (II. p. 623 d): Apuleius, ut de illo potissimom
loquamur qui nobis Afris Afer est notier, . . ne ad aliqnam quidem iudida-
riam reip. potestatem cum omnibus suis magicis artibus potuit perrenire,
honesto patriae suae loco natus et Überaliter educatus magnaque praedi-
tus eloquentia. . . sacerdos provinciae pro magno fuit ut munera ederet
. . et pro statua sibi ad Oeenses locanda . . adversus contradictionem
quornndam dvium litigaret. quod posteros ne lateret, eiusdem litis oratio-
nem scriptam memoriae commendavit. Apul. Flor. XVI: vobis occipiam,
principes Africae yiri, gratiam agere ob statuam quam mihi praesenti
honeste postulastis et absenti benigne decrevistis etc. ib. (72 — 74 OudL):
testimonia mihi perhibuit in curia Carthaginiensium non minus splendi-
dissima quam benignissima vir consularis. . . nam . . libello misso, per
quem postulabat locum celebrem statuae meae, . . commemorayit inter
nos iura amidtiae a commilitio studiorum eisdem magistris honeste incohata.
. . quin etiam commemorayit et alibi gentium et dvitatium honores mihi
statuarum et alios decretos. . . etiam docuit argumento suscepti sacerdo-
tii summum mihi honorem Carthagini adesse. . . Aemilianus Strabo, vir
consularis, brevi votis omnium futurus proconsul, sententiam de honoribos
meis in curia Carthaginiensium dixit etc. Ueber das weitere Leben nod
die Todeszeit von Ap. ist nichts bekannt.
5. Apol. 55 : sacrorum pleraque initia in Graecia partidpavi. . . malti-
iuga Sacra et plurimos ritus et varias cerimonias studio vcri et officio erg^
344. Apuleius (Leben und Charakter). 757
deo8 didici. 63: morem habeo quoqno eam simulacrum alicuius dei iuter
libellos conditum gestare eique diebas festis ture et mero et aliquando
victimis supplicare. Das Geflissentliche und Ostentatorische dieser Werk-
heihgkeit erklärt sich theils aus abergläubisch mystischem Wesen und
Geheimnisskrämerei theils aus Opposition gegen das allmählich um sich
greifende Christenthum, welchem Ap. abgeneigt war; s. Met XI, 14: nee
yel uuum vitium nequissimae illi feminae deerat: . . saeva scaeva, virosa
ebriosa, pervicax pertinax, . . inimica fldei, hostis pudidtiae. tunc spretis
atqae calcatis divinis numinibus invicem certae religionis mentita sacrilega
praesnmpiione dei quem praedicaret unicum confictis observationibus vacuis
fallens omnes homines etc. Auch der Platonismus der Zeit, zu welchem
Ap. sich bekannte (A. 1), war ein solcher mystischer; vgl. Flor. 16 (60 f.
Oud.): noster Plato, nihil ab hac secta (des Pythagoras) vel paululum
devius, pythagorissat in plurimis. aeque et ipse, ut in nomen eins a magi-
stris meis adoptarer, utrumque (Beden und Schweigen) meditationibus acade-
micis didici.
6. Apol. 4: accusamus apud te philosophum et tam graece quam
laiine disertissimum. Met. I, 1: in urbe latia advena studiorum Quiritinm
indigenam sermonem aerumnabili labore, nullo magistro praeeunte, ag-
^essus ezcolui. en ecce praefamur veniam si quid exotici ac forensis
sermonis rudis locutor offendero. Einen fremdartigen Charakter hat die
Darstellung des Ap. immer behalten, bei aller Gewandtheit womit er die
Sprache beherrscht. Namentlich fühlt er nicht wie wunderlich sich plau-
tinische Worte und Wendungen in einer ernsthaften Rede ausnehmen.
Dazu die Ueberladimg mit rhetorischen Figuren aller Art, das gespreizte
Pathos und die manierierte Eünstlichkeit. Erdmann, de Apulei elocutione,
Stendal 1864. 4. H. Kretschmann, de latinitate Apulei, Königsberg 1865.
140 pp. Th. Jeltsch, de Apulei Floridis (Breslau 1868) p. 3—32.
7. Apul. Flor. 9 (31 Oud.) : plura mea extant in Camenis quam Hip-
piae in opificiis operibus. ib. (37 Oud.): fateor uno chartario calamo me
reficere poemata omnigenus, apta virgae {(dßdog^ also Epen), lyrae, socco,
cothump, item satiras ac griphos, item historias varias, nee non orstiones
laudatas disertis, nee non dialogos laudatos philosophis, atque haec et
alia eiusdem modi tam graece quam latine, . . simili stilo. 20 (98 Oud.):
canit .Empedocles carmina, Plato dialogos, Socrates hymnos, Epicharmus
modos (? mimos? comoedias?), Xenophon historias, Xenophanes satiraa:
Apaleius vester haec omnia novemque Musas pari studio colit. Zur Zeit
seiner Anklage (s. A. 3) hatte Ap. nicht nur öffentliche Reden gehalten
und herausgegeben (Apol. 55. vgl. 73. 24. 33 extr.) , sowie Naturales quae-
stiones in griechischer und in lateinischer Sprache veröffentlicht (ib. 36. 38),
sondern auch Gedichte gemacht, wovon Proben ib. 6 (e ludicris meis epi-
Btolium de dentificio, Trimeter über ein Zahnpulver, an einen Calpumius
gerichtet) und ib. 9 (versus amatorii, in elegischer Form , gesuchter künst-
licher Preis der Söhne des Scribonins Laetus unter den Namen Charinus
und Kritias, vgl. Auson. Idyll. XIII s. f.: esse Apuleium in vita philosophum,
in epigrammatis amatorem) ; dazu Aesculapii hymnus graeco et latino car-
mina, cui dialogum similiter graecum et latinum praetexui (Flor. 18 =
91 Oiid.). Sonstige Schriften: ein iQmtiHog (Lyd. magg. III, 64), Herma-
758 ^i^ Kaieerzeit. Zweites Jahrhundert.
goras (nach den Ueberresten bei Prisciau vielleicht ein Roman wie die
Metamorph.); Epitoma historiarum (Priscian. IL p. 482 Htz.; vgl. I. p. 250 f.:
Apuleius in Epitoma); Schriften über Arithmetik (nach Nikomachus, s. Cas-
Biod. de arithm. zu Ende und Isid. Orig. III, 2), Musik (Cassiod. de mus.
z. E.)» ^^ö^ Astronomie (Lyd. de mens. IV, 7. 73 u. de ostent. 3. 4. 7. 10.
44. 54), medicinalia (Priscian. VI, 11. p. 203, 14 H.*), de arboribus (Senr.
Verg. Ge. II, 126) und anderes Landwirtschaftliche (Phot. bibl. cod. l&i
Pallad. B. B. I, 35, 9. Geopon. I, 14. XIII, 5 und sonst; s. O. Jahn, Be-
richte der Sachs. Ges. d. W. 1850, S. 286. E. Meyer, Gesch. der Botanik
II. S. 196 f.); endlich auch eine Bearbeitung des platonischen Phaidon
(Sidou. Ap. Episi II, 9. Priscian. X, 19. p. 511 H.), sowie eine Schrift de
proverbüs (s. A. 1).
8. G. F. Hildebrand, de vita et scriptis Ap., Halle 1835 und vor sr.
Ausgabe des Ap. 0. Jahn, Berichte d. sächs. Ges. d. Wiss. 1850, S. 283
— 287. Chr. CavalUn, de L. Ap. scriptore latino adversaria, Lund 1857.
54 pp. E. Goumy, de A. fabularum scriptore et rhetore, Paris 1859. W.
Teuffei in Pauly^s Beal-Enc. I, 2. S. 1348—1353. M. Hertz, Renaissance
S. 32—34.
345. Von den zahlreichen Schriften des Apulejus in grie-
chischer und lateinischer Sprache, Versen wie Prosa, sind er-
halten l)Apologia, Selbstvertheidigung aus Anlass der Anklage
auf Zauberei, nachtiüglich ausgeführt, mit redseligem Behagen
und lebhaftem Gefühle seiner üeberlegenheit und Wichtigkeit.
2) Florida, eine Blimienlese aus Reden und Declamationen des
Apulejus, von gemischtem Inhalt, aus Geschichte und Philosophie,
Natur und Leben. 3) Metamorphoseon libri XI, ein phan-
tastisch satirischer Sittenroman, verfasst unter M. Aurelius und
dem Lukios des Lukianos nachgebildet. Den Inhalt bilden die
Erlebnisse eines Menschen welcher aus Versehen durch Zaube"
rei auf längere Zeit in einen Esel verwandelt wurde, unter
Einflechtung von allerlei Erzählungen und namentlich des Mär-
chens von Amor und Psyche. 4) de deo Socratis, eine wort-
reiche Darlegung der platonischen Lehre von Gott, und den
Dämonen. 5) Drei Bücher de dogmate Piatonis, von denen aber
das dritte vielmehr die formale Logik nach Aristoteles behandelt.
6) de mundo, nach Theophrast gearbeitet.
1. Apologia ßive de magia über. Augustin. civ. dei VHI, 19: hnia«
philosophi platonici copiosissima et disertissima extat oratio, qua ciimeo
artiom magicarum a se alienum esse defendit. Vgl. oben 344, 2 u. 3. IHe
Rede nimmt den Schein an als wäre sie so vor Gericht gebalten, was aber
mimöglich ist. Die frivole, theilweis alberne Begründang der Anklage
(z. B. mit dem Besitze eines Spiegels, c. JJ^ ff.) machte dem Redner iodc
Arbeit leicht, und er benützt um so mehr die Gelegenheit sich selbst ibs
344 f. ApuleiuB (Scbriften). 759
Licht zu Stollen. Sonderausgaben von CasanbonuB (Heidelberg 1594. 4.),
Pricäns (Paris 1635. 4.); Commentar von Gentilis, Hannover 1607. 550 pp.
Edidit G. Krüger, ßerol. 1864. Vgl. H. Sauppe, Götti. Gel. Anz. 1865,
S. 1545—1560.
2. Die Florida sind wörtliche grössere Auszüge aus den heraus-
gegebenen Vorträgen des Ap., gemacht in unbekannter Zeit und sowohl
nach stofflichen wie nach formellen Rücksichten. Die Anfänge fehlen oft,
einige Male auch der Schluss. Inhalt, Bestimmung und Charakter der
einzelnen Stücke ist verschieden; neben Proben ^des floridum genus im
Sinne des Ap. auch solche von verhältnissmässig einfacher Darstellung.
Ebenso werden die Stücke aus verschiedener Zeit sein; Nr. 17 ist aus der
des Antoninus Pius, da der dort gepriesene procos. Africae (Ser.) Scipio
Orfitus im J. 149 n. Chr. das Consulat bekleidete. Nr. 12 ist aus einer
chorographia nach Plinius (oben 295, 7) geschöpft; Mommsen Solin. p. XXH
—XXIV. Der Titel Flor, wird wohl erst von dem Excerptor herrühren.
Unbekannt ist ob die Auswahl vollständig erhalten ist und wann die (dem
Elxcerptor noch fremde) Eintheilung in vier Bücher erfolgte. Apulei Flori-
dorum quac supersunt ed. Gust. Krüger, Berolin. 1865. 4. AI. Goldbacher,
de L. Apul. Mad. Floridorum quae dicuntur origine (p. 3 — 21) et locis
quibusdam corruptis (p. 21 — 36), Lips. 1867. Th. Jeltsch, de Apulei Flori-
dis (über die Gleichheit des Sprachgebrauchs mit dem der übrigen Schrif-
ten des A.), Breslau 1868. Beiträge zur Textkritik von H. Müller, Rhein.
Mob. XXII. S. 463 f. 645-648. XXIH. S. 445-453.
3. Die Metamorphosen sind jedenfalls nach der Apologie ver>
fasst. Zeitandeutung I, 2 : a Plutarcho illo inclito ac mox Sexto philosopho
nepote eius. Vgl. oben 336, 2. Zeitgrenze: Capitol. Clod. Alb. 12, 12:
cum ille neniis quibusdam anilibus occupatus inter milesias punicas Apulei
sui (auch Albiuus war aus Africa gebürtig) et ludicra litteraria consenesceret
(Albinus f 197). Anfang des Werkes: at ego tibi sermone isto milesio
varias fabulas conseram . . : figuras fortunasque hominum in alias imagines
conversas et in sc rursum . . refectas ut mireris exordior. . . fabulam
graecauicam incipimus. Ueber die Verwandlung von Menschen in Thiere
mit Beibehaltung des menschlichen Bewusstseins , aber ohne menschliche
Sprache (wie schon Odyss. x, 239 f.\ s. Augustin. civ. d. XVIII, 17 f., wo (c. 18) :
et nOB cum essemus in Italia audiebamus talia de quadam regione illarum
partium, ubi stabularias mulieres . . dare solere dicebantur . . viatoribus
unde in iumenta illico verterentur . .; nee tamen in eis mentem fieri bestia-
lem, sed rationalem humanamque servari, sicut Apuleius in libris quos
Asini aurei titulo inscripsit sibi ipsi accidisse ut . . asinus fieret aut indi-
cavit aut finxit. Letzteres Missverständniss ist dadurch veranlasst dass der
Held seine Abenteuer selbst erzählt. Der Stoff ist vollkommen gleich mit
Lukian's Aov%tog rj 'Ovog; nur die Namen sind verändert und statt des
heiteren Schlusses von Lukian ein ernsthaft phantastischer, aber sehr un-
passender Angefügt. Sonst ist Manches was gegen die Speculationen auf
die Wundersucht der Zeit gerichtet ist aus dem griechischen Originale bei-
behalten; daher um so weniger zu bezweifeln ist dass dieses Original die
Schrift Lukians war und nicht die (selbst abergläubische) des angeblichen
LukioR aus Paträ; s. W. Teuffei, Rhein. Mus. XIX. S. 243—254 vgl. E. Rohde,
760 ^^6 Kaiserzeit. Zweites Jahrh ändert.
über Lukian's Schrift Aovniog u. 8. w. (Leipeig 1869) S. 14—18. Verwandte
Erzählungen sind aber schon älter; vgl. Met. X, 22 = Lukian. Aov%. 51
mit Chans, p. 223, 14 K.: Sisenna Milesiaram XIII (oder XIV): ut eum
paenitus utero suo reeepit. Ausser dem ist aus andern (griechischen) Unter-
haltungsbüchem , auch wohl wirklichen Vorgängen der letzten Zeit, eine
Anzahl von Spuk-, Räuber- und Schmutzgeschichten unorganisch eingefloch-
ten, sowie (IV, 28— VI, 24) die bella fabella von Amor und Psyche, deren
Kern wohl in den Orient zurückreicht, die aber in der vorliegenden Ge-
stalt sicher nach einem griechischen Originale gearbeitet ist, unter starker
ßomanisierung im Einzelnen (W. Teuffei a. a. 0. S. 248 f.). Auch ausser
dem Schlüsse hat Ap. wohl Manches in dem Werke aus sich selbst hinzu-
gefügt. Sein eigen ist jedenfalls der geschraubte und gezierte Ton der
Darstellung. Für die Sittengeschichte ist das Werk sehr wichtig und
öfters auch heiter zu lesen. Specialausgaben: Bonon. 1500 fol. (cum Be-
roaldi commentariis). Venet. 1501. fol. Ed. Pricaeus, Goud. 1650. Bec.
Fr. Eyssenhardt, Berlin 1869. Uebersetzt von Sieder (Frankfurt 1605) oiid
Rode (Berlin 1783, 2 Thlc). Fabula de Psyche et Cupidine rec. I. C. Orelli,
Zürich 1833; rec. et emend. 0. Jahn, Lips. 1856. 16. Deutsch vonF. Pres-
sel, Ulm 1864. 0. Jahn, Novelletten aus Apulejus; in sn. Populären Auf-
sätzen aus d. Alt. Wiss. (Bonn 1868) S. 75-114.
4. Augustin. de civ. d. VIII, 14: Apuleius Platonicus Madaurensis de
hac re sola unum scripsit librum cuius esse titulum voluit de deo So Gra-
tis, ubi disserit et exponit ex quo genere numinum Socrates habebat ad-
iunctum etc. dicit enim apertissime et copiosissime asserit non illum deuin
fuisse, sed daemonem, diligonti disputatione pertractans istam Platonis
de deorum sublimitate et hominum humilitate et daemonura medietatc
sententiam. Priscian. X, 17 (p. 509, 9 H.) : Apuleius in dialogo qui est de
deo Socratis. Receus. M. Buckley, London 1844. Beiträge zur Textkritik
von A. Goldbacher, Ztschr. f. d. Ostreich. Gymn. XIX. 1868. S. 803-818.
5. De dogmate Piatonis libri III. Das erste Buch behandelt das
äussere Leben Platonis und seine Naturphilosophie; das zweite, an Fausti-
nus filius gerichtete, dessen Ethik. Das dritte, de philoeophia ratiooali
sive nsQl sQftrivsiag, handelt die Logik, statt nach Platou, vielmehr in
dürrster Weise nach Aristoteles und den Peripatetikern ab, kann daher
nicht wohl von dem Platoniker Apulejus herrühren und fehlt auch in den
besten Handschriften. Hildebrand I. p. XLIV meint es sei durch einen
Grammatiker des dritten oder vierten Jahrh. (weil schon Cassiodor das
Buch citiert) der Schrift des Ap. zur Ergänzung hinzugefügt. Dagegen
0. Jahn (Berichte der sächs. Ges. d. Wiss. 1850, S. 282 f.) und C. PrantI
(Gesch. der Logik im Abendlande I. S. 579 if.) halten an der Urheberschaft
des Ap. fest, indem 0. Jahn die Schrift als Theil eines encyklopädischen
Werkes auffasst.
6. Augustin. de civ. dei IV, 2: quae . . Apuleius breviter stringit
in eo libello quem de mundo scripsit. Die Schrift ist gleichfalls an
Faustinus gerichtet und enthält viel specifisch Römisches; s. c. 85. 37. 14
extr. (Catonem in libris Originum). 5 (in nostro mari). 17 (ut Vesuvios
noster solet). Hölscher, über das Buch des Ap. de mundo, Herford 1846. 4.
Im Proömium: quare nos [Aristotelem prudentissimum et doctiaainiuin
*■ to«
345. ApiileiuB (Schriften). 761
pfailosophorum et] Theophrastum auctorem Becuti fehlen die eingeklam-
merten Worte in den besten Handschriften. Vielleicht sind sie ein Zusatz
eines Grammatikers welcher die pseudo -aristotelische Schrift nBgl %6a(iov
für die Hauptquelle hielt. Sehr wenig glaublich ist dass, wie A. Stahr
(Aristoteles unter den Römern S. 164 ff.) und Barth^l^my St. Hilaire (Ueber-
setzung der Meteorolog. des Aristoteles, Paris 1863, p. 325—355) meinen,
yielmehr die Schrift nsgi Hoofiov eine griechische Bearbeitung von der
des Apul. aus dem dritten oder vierten christl. Jahrh. sei. Vgl. Hilde-
brand in sr. Ausg. des Ap. I. p. XLIV— XLIX. Die Ansicht von Fr. Adam
(de auctore libri pseudo -aristot. nsQl %6afiovy Berol. 1861), dass sowohl
die lateinische als die griechische Redaction von Ap. herrühre , hat gegen
sich dass die lateinische offen au Faustinus gerichtet ist, während die
griechische eine Anrede an Alexander M. fingiert.
7. Ausserdem trägt in den Handschriften den Namen des Ap. a) eine
lateinische Uebersetzung eines Gesprächs über Gott, Welt und den Men-
schen, betitelt Asclepius, weil darin Hermes Trismogistus mit Asklepios
sich unterredet. Diesen Bestandtheil der Hermesliteratur kannten in die-
ser lateinischen Bearbeitung schon Lactantius (Inst. VIT, 18) und Augusti-
nus (de civ. dei VIII, 23. 24. 26. Orat. de haeres. V, 2), ohne sie aber
mit der Person des Ap. in Verbindung zu bringen, wovon auch vernünf-
tiger Weise nicht die Bede sein kann. Das ziemlich absurde neuplato-
uisqhe Product verräth entschiedenen Einfluss des Christenthums. Material
bei Hildebrand I. p. XLIX— LIV.
b) Die wahrscheinlich aus dem fünften, vielleicht schon dem vierten
christlichen Jahrh. und aus Africa (s. c. 84. vgl. mit Plin. N. H. XX, 10, 43)
stammende Compilation besonders aus Dioskorides und Plinius, betitelt de
h'erbarum virtutibns (medicaminibus) , 128 — 13t Capitel, wovon ein Theil,
de betonica, auch selbständig und ins Angelsächsitsche übersetzt wurde;
herausgg. be«. in Parabilium medicam. scriptores antiqui, ed. I. 0. G.
Ackermann (Norirab. 1788), vgl. E. Meyer, Gesch. d. Botanik II. S. 316—
327. L. Spengcl im Philologus XXI. S. 120—122 und L. Müller, Rhein.
Mus. XXIII. S. 187—190 (über den cod. Leid, davon aus saec. VI).
c) de remediis salutaribus (Excerpte aus Plinius Naturgesch. XIX. u.
XX., 8. Sillig Quaest. Plin. I. p. 8 ff. E. Meyer a. a. 0. S. 327 f.), wovon
ein Fragment, e cod. Salmasiano nunc primum editum, in Silligs Plinius-
aasg. Vol. V. zu Anfang.
d) Wenig überzeugend sind die Gründe aus denen Val. Rose (Anec-
dota graeca I, Berlin 1864, S. 61-102; Text p. 103—169, vgl. Aristoteles
pseudepigr. p. 696 ff.) eine anonyme lateinische Schrift über Physiognomie,
nach Polemon mit Zusätzen aus Eudoxos und Aristoteles, dem Ap. zu-
^etheilt hat. Indessen scheint sie spätestens in der Mitte des dritten
christl. Jahrh. geschrieben zu sein. H. Sauppe, Götti. Gel. Anz. 1866, S. 22 f.
und («ur Textkritik) S. 23—26.
8. Von den Handschriften der Werke des Ap. ist die wichtigste
Plor. 3 = Laur. LXYIII, 2 (F bei 0. Jahn, Krüger u. Eyssenhardt) saec. XL
Aus ihm stammen alle i^ern, auch Laur. XXIX, 2 (9 bei Jahn u. s. w.)
saec. XII, der aber älter ist als die secunda manus (f) des F. Die andern
762 I)i6 Kaiserzoit. Zweites Jahrhundert.
<
sind interpoliert. H. Keil, Observationes (oben 111, 1) p. 77 — 81. Ver-
zeichniss derselben bei Hildebrand I. p. LX ff.
9. Aasgaben. Ed. princcps Rom. 1469. Jiint. 1512. 1522. Cum
comm. Phil. Beroaldi, Bonon. 1500. Aldina 1521. Emend. illustr. P. Colvius,
Lugd. Bat. 1588. 2 Voll. Post Colvii ed. expurg. B. Vulcanius, Lugd. B.
1594. Ed. sec. (cura Jos. Scaligeri) ib. 1600. Cum nott. varr. 1614. 2 Voll,
llec. Elmenhorst, Frankfurt 1621. Ed. J. Ploridus, Paris 1688. 2 Voll.
Ed. Bip. 1788. 2 Voll. Hauptausgabe von F. Oudendorp, Lugd. B. 1786
—1823. 3 Voll. 4. Sammelausgabe von G. F. Hildebrand, Lips. 1842.
2 Voll. 8. Ed. minor, Lips. 1843. li. Speugel, die griech. Stellen im Ap.,
Rhein. Mus. XVI. S. 27—37. Oeuvres compUtes d'Apulee, traä. en fran9ais
par V. Bdtolaud, Paris 1835. 3 Voll. Nouvelle Edition entiörement refon-
due, Paris 1862. 2 Voll.
10. Die mageren Schriften des sogen. Apuleius minor frühestens
saec. X, de nota aspirationis und de diphthongis, hat F. Osann (p. 87—
146) zusammen mit L. Caecilu Minutiani Apulei de orthographia iragmcnta
(p. 3—13; animadversiones dazu p. 14—83) Darmstadt* 1826 (XXXIV o.
158 pp.) herausgegeben. Dass aber letztere (zuerst herausgg. von A. M^
Rom 1823) , worin mit Citaten aus allen möglichen untergegangenen Schrif-
ten geprunkt wird, ein Machwerk aus der zweiten Hälfte des 15. Jahrh. sind
hat Madvig nachgewiesen, Opusc. acad. 1. p. 1—25 und (gegen OsaDo, in
Jahn's Jahrbb. Xlll. S. 306—337) p. 26-28. Vgl. R. Merkel in sr. Ausg.
des Ibis p. 384 ff.
346, Als Juristen waren unter M. Aurelius noch in Thil-
tigkeit Maecianus^ Ulpius Marcellus u. A. Zu diesen gesellte sich
jetzt besonders Qi Cervidius Scaevola, der Lehrer des Papi-
nian. Seine Schriften, besonders die vierzig Bücher Digesta,
sind in den Pandekten stark benützt. Sie schlössen sich äusser-
lich meist an Julians System an, dasselbe auf der Grundlage
gegebener Fälle weiterbildend. In derselben Zeit verfasste Pa-
pirius Justus eine Sammlung kaiserlicher Constitutionen und
schrieb Paternus ein Werk de re militari. Ein jüngerer Zeit-
genosse derselben war wohl Papirius Fronto.
1. Capitol. M. Philos. 11, 10: usus est Scaevola praecipue iuris perito.
Spartian. Carac. 8, 3: mcmoriae traditur . . eum (Papinian^ cum Severo
(dem nachmaligen Kaiser Septimius Sev.) professum sub Scaevola. Dig.
XXXVI, 1, 22 pr. : Scaevola divura Marcum in auditorio . . iudicasse refert.
Dass er aber schon unter Pius gewirkt habe geht aus seiner Anführung
von Imp. Antoninus Pius libertis Sextiae Basiliae (Dig. XXX IV, 1, 13, 1)
nicht hervor. Tr^^phoninus und Paulus nennen ihn regelmässig Scaevols
noster, Paulus einmal (Dig. XXVIII, 6, 38, 3) sogar Q. Cervidius Scaevola
noster (dicebat), woraus folgt dass diese von ihm Schuler waren, mM
aber dass sie noch bei seinen Lebzeiten schriebei^b. Th. Mommsen, Ztecbr.
f. Rechtsg. IX. S. 115 f.
.Jä *
J
346. Jurißten: Cervidius Scaevola u. A. 763
2. Haaptschrifb des Scaevola: Digestorum libri XL, verfasst in der
ersten Hälfte von M. Aureis Regierung (Fitting S. 26); unter Commodus
(vor dem J. 195) Besponsornm libri VI und Quaestionum libri XX, letztere,
wie es scheint, mit ausführlicher Entwicklung der Gründe für die in jenen
Werken gegebenen Rechtsentscheidungen. Ausserdem: über singularis
quaestionum publice tractatarnm; libri IV Regularum (vgl. A. 4). Die
Ezcerpte aus diesen Schriften (an 307 Stellen) bei Horamel Palingcnesia II.
p. 413—491. Nur citiert werden Scaevola*s Notae ad luliani Digesta und
Notae ad Marcelli Digesta (ib. p. 457. 491 f.)i und nur im Index Floren-
tinus genannt wird sein Über singularis de quaestione familiao. An Clau-
dius Tryphoninus und Paulus fand Scaev. Commentatoren. •
3. Modestinns Dig. XXVII, 1, 13, 2: ovxmg %a) KsQßidiog Z^aißolag
nal JJavlog xal dofihtog Ovlniotvog, ot noQVtpaioi xmv yoftixcoy, y^of-
tpovaiv. Tryphon. Dig. XXXV, 1, 109: magno ingenio de iure aperto re-
spondit. Cod. Theod. IV, 4, 3, 3 nennen ihn die Kaiser Arcadius und
Honorius auctorem prudentissimum ictorum. Fremde Ansichten werden
in den Ueberresten der Digesta des Scaev. (bei Hommel p. 413—457) fast
niemals berücksichtigt, desto häufiger aber wird von vorgekommenen Fällen
ausgegangen; wohl eine Folge des Anschlusses an Julians Werk. Dagegen
in den Quaestiones werden Vorgänger nicht selten genannt.
4. Dositheus gibt im dritten Buche seiner 'EQfirjvtvfiaTa (vom J. 207)
unter der Ueberschrift avyyQafifidtiov vopLi'nov fidliara nsf^l ilev'd'SQ(6as(of
=> disputatio foreusis maxime de manumissionibus einen Abschnitt aus dem
Werke eines Juristen, theil weise mit griechischer üebersetzung. Es wird
daher fragmeutum Dositheanum genannt oder, nach seinem Inhalte, fragm.
de iuris speciebus et manumissionibus. Da das Stück einem Regulae be-
titelten Werke entnommen scheint (3: regulas igitur exequenti quae ad
haec studia pertinent), so hat Dirksen den Gajus für den Verfasser erklärt.
Lachmann und Rudorff (röm. Rechtsgesch. I. 8. 194. 242) den Paulus, Voigt
den Pomponius, Huschke aber (lurisprud. anteiust.* p. 341 f.) den Scae-
vola, weil in dessen Ueberresten sich besondere Bcrücksiphtigung des Grie-
chischen wahrnehmen lasse. Abdruck jenes Stückes in den Ausgaben des
Dositheus von E. Böcking (Bonn 1832. Corpus iuris anteiust. p. 193 ff.
Ulpiaui fragm., Lips. 1855, p. 159 ff.) und bei Huschke^ lurisprud. anteiust.'
p. 343-350.
5. J. 0. Westenberg, de iurisprudentia Q. C. Sc, Li;gd. B. 1734. 4.
(=s Trias opusc. acad. ed. Püttmann, Lips 1795). J. L. Conradi, de vita
et Bcriptis Q. C. Sc, Lips. 1754 f. 4. (= Opusc I). Zimmern, Gesch. d.
röm. Privatr. I, 1. S. 359—361. Rudorff, röm. Rechtsg. S. 186 f. Fitting,
Alter d. Schrr. S. 25—27.
6. üeber Claudius Satuminus s. oben 338, 6.
7. Papiriuslustusde constitutionibus libri XX nach Index Flor.
In den Digesten sind aus B. I, II und VIII Stellen angeführt (s. Hommel
Paling. I. p. 617—619). Die aus den beiden ersten Büchern beginnen alle :
Imperatores Antoninns et Verns Augg. rescripserunt , sind also aus J. 161
— 169; das Fragment aus B. VIII (Dig. II, 14, 60) beginnt: Imp. Antoninus
Avidio Cassio rescripsit, stammt somit aus J. 169—175. Es scheint daher
■« 4-
764 ^ic Kaiserzeit. Zweites Jahrhaudert
dass das Werk die chronologische Ordnung befolgte und die ersten Bücher
unter den divi fratres, die weiteren unter M. Aurel herausgegeben waren.
Das letzte Drittel konnte daher unter Commodus verfasst sein und dessen
Constitutionen enthalten. A. C. Stockmann, Pap. 1. fragmenta illustrata,
Lips. 1792. 4. P. £. Piepers, de P. I. icto, Lugd. B. 1824. 4. Zimmern,
I, 1. S. 155 f. 356. Rudorff, Rechtsgesch. I. S. 185. 274. Fitting, Alter
d. Schrr. S. 24 f.
8. Tarrutenius Paternus, unter M. Aurelios dessen ab epistalis
latinis (Dio LXXI, 12: TccqqovtiJviov 9h JlaTsgvov xov rag inierolag avTOv
tag lotxivag dia x^f^og ^x^vra) und zugleich siegreicher Befehlshaber gegen
die* Markomannen, noch unter Commodus praef. praet., aber auch hin-
gerichtet; s. A. Haakh in Pauly> Real-Enc. V. S. 1223 f. Sein Werk de
re militari umfasste nach dem ind. florent. 4 Bücher. Zwei Stellen aos
B. 1 und II Dig. XLIX, 16, 7. L, 6, 6 vgl. XLIX, 16, 12, 1. Veget de «
mil. I, 8: quae Paternus, diligentissimus iuris militaris adsertor, in libro8
redegit. H. £. Dirksen, der Rechtsgelehrte und Taktiker Paternus, Berlin
1856. 4. (Abhandl. d. Berl. Akademie).
9. Callistr. Dig. L, 16, 220, 1: sed et Papirius Fronto libro tertio
Responsorum ait, und XIV, 2, 4 fin.: haec ita Papirius Frouto respondii
Marcian. Dig. XV, 1, 40 pr.: eleganter P. Fr. dicebat, und XXX, 114, 7:
verius esse existimo quod et Scaevola notat et Papirius Fronto scribii
3* Die Zeit des Commodus und Septimins SeTerus,
J. 180-211 n. Chr.
347, Des M. Äurelius ungleicher Sohn Commodus (J. 161
— 192) hatte für nichts Geistiges Interesse. Der tüchtige Sep-
timius Severus (J. 146 — 211) aber, welcher nach den kurzen
Regierungen des Pertinax und Didius Julianus auf den Thron
gelangte, verfasste eine Selbstbiographie. Als Jurist wirkt in
dieser Zeit hauptsächlich Papinianus. Das Christenthum gewinnt
auch unter den Gebildeten an Boden und hat so beredte Ver-
theidiger wie Minucius Felix und Tertullianus. In gebundener
Form hat die Zeit nur vergilische centones aufzuweisen.
1. Commodus geb. 31 August 161, Caesar seit 12 Oct 166, Kaisei
seit 17 März 180, mit dem Titel M. Äurelius Commodus Antoninus Pias
Felix Aug., ermordet 31 Docember 192 n. Chr. Saevior Domitiano, in-
purior Nerone, Lamprid. 19, 2. Habuit litteratorem graecum Onesicratem,
latinum Capellam Antistium; orator ei Ateius Sanctus fuit, ib. 1, 6.
2. Lamprid. Comm. 3, 4: appellatus est a mimis quasi constnpratas,
eosdemque . . subito deportavit. 13, 2: versus in *eo (eum) multi scripti
sunt, de quibus . . Marius Maximus gloriatur.
3. P. Helvius Pertinax, Kaiser vom 1 Jan. bis 28 Mftrz 193; B.oben
335, 6. Didius Salvius lulianus ist es nach ihm 66 Tage lang; s. W.
Teuffei in Pauly's Real-Enc. IV. S. 397—400.
347 f. SeptimiuB Severtis. Papinianus. 765
4. L. Septimius Severus Plus Pertinaz Aug. (Arabicus, Adiabe-
nicuB, Parthicus etc.), in deu ßechtsquellen kurzweg Severus, geb. 8 April 146
za Leptia in Africa, Cos. unter Commodus (185?), Kaise; 193, macht seinen
Sohn Caracalla zum Augustua J. 198, f 4 Februar 211. Vgl. A. Haakh in
Pauly's Real-Enc. VI, 1. S. 1182—1136, Nr. 1. Spartian. Sev. 1, 4 f.: prius
quam latinis graecisque litteris imbueretur, quibus eruditissimus fuit.
. . octavo decimo anno publice declamavit postea studiorum causa Romam
venit (unter M. Aurelius). 3, 7: Athenas petit studiorum sacrorumque causa.
18, 5: philosophiae ac dicendi studiis satis deditus, doctrinae quoque nimis
cupidus. 18, 11: cum eum ex humili per litterarum et militiae officia ad
imperinm . . fortuna duxisset. Victor Caes. 20, 28: ortus medie hnmilis
primo litteris, deiude imbutus foro; quo parum commodante . . dum ten-
tat varia . . conscendit imperium. Eutrop. VIII, 18: hie primum fisci ad-
▼ocatus, mox militaris tribunus etc. Spartian. Sev. 19, 9: canorus voce,
eed afrum quiddam usque ad senectutem sonans. Vgl. 15, 7: cum soror
sua Leptitana ad eum venisset vix latine loqueus. Dio LXXVI, 16: nai-
dsiag ins9"6fi8i (laXlov rj ^nztvyxavB xcel ^la xovxo nolvyvmnonv fiällov
^ noXvloyog TfV,
5. Spartian. Sev. 18, 6: vitam suam privatam publicamque ipse con-
posuit ad fidem, solum tarnen vitium crudelitatis excusans. 3, 2: uxorem
. . de qua tacuit in historia vitae privatae. Vict. Caes. 20, 22: idcm abs
se gesta omatu et fide paribus conposuit. Capitol. Clod. Alb. 10, 1 : Seve-
rus quidem ipse haec de eodem loquitur. Dio LXXV, 7: liyoD yag (über
des Albinus Tod) ovx oaa 6 Zsovqgog ^yga^iffsv, aXX* oaa aXtid-ias iyivsto.
Schreiben des Sev. an den Senat bei Capit. Clod. Alb. 12, 6 fF.
6. Tertull. de praescript. haeret. 39: vides hodie ex Vergilio fabu-
lam in totum aliam componi, mat^ria secuudum versus, versibus secnndum
materiam concinnatis. denique Hosidius Geta Medeam tragoediam ex
Vergilio plenissirae exsuxit. mens quidam propinquus ex eodem poeta
inter cetera stili sui otia Pinacem Cebetis explicnit Ein solcher cento,
Medea, ist (ohne den Namen des Hos. G.) überliefert durch den cod. Sal-
mas., in ßiese's anthol. lat. 17 (I. p. 49—66).
348« Mit Severus befreundet und ungefähr gleichaltrig war
der grosse Jurist Aemilius Papinianus. Unter Severus prae-
fectus praetorio, wurde er bald nach dem Regierungsantritt von
dessen Sohn Caracalla hingerichtet ^ weil er auch dem andern
Sohne, Geta, die Treue bewahrte. Papinian zeichnet sich aus
nicht blos durch juristische Genialität, durch die Sicherheit und
Klarheit womit er den einzelnen Fall rechtlich beurteilt, son-
dern zugleich durch lebendiges Gefühl für Recht und Sittlich-
keit, wodurch er über die Schranken der Nationalität vielfach
sich erhob und die Verehrung noch späterer Jahrhunderte sich
verdiente. Von seinen Schriften sind die bedeutendsten die
37 Bücher Quaestiones und die 19 Bücher Responsa, welche
beide in den justinianischen Sammlungen sehr Üeissig benützt sind.
766 I^^o Kaiserzeit. Zweites Jahrhundert.
1. Spartian. Carac. 8, 2 f.: Papinianum ainiciBfliinnin fuisse impera-
tori Severo et, ut aliqui loquuntur, adfinem etiam per secundatn uxorem
(lulia, aus Syrien) ^emoriae traditur, et huic praecipue utrumque filium
(Geta und Caracalla) a Severo commeudatum , eumque cum Severo pro-
fessum sub Scaevola (oben 346, 1—5), et Severo in advocatione fisci (s. oben
347, 4) successisse. Tryphonin. Dig. XX, 5, 12 pr : rescriptum est ab im-
peratore (Severus?), libellos agente Papiniano; vgl. Vict. Caes. 20, 33 f.:
quem ferunt illo tempore Bassiani scrinia curavisse, . . cum conatet satis
praefecturam praetorio gessisse. Paul. Dig. XII, 1, 40: lecta est in audi-
torio Aemilii Papiniani, praefecti praetorio, icti cautio huius modi. Dio
LXXVl, 10 (J. 204): aixov (einen Räuber) 6 Jltini^viavQq 6 inaqiog avT^-
gezo etc. Vgl. ib. 14 (J. 208): nagioTTjHi aot Uantviavos 6 ina^xog. Er
war also in der Präfectur Nachfolger des Plautianus (Uerodian. 11 1, 10, 5 ff.),
welcher J. 203 hingerichtet wurde. Vgl. A. 2 f. Muratori p. 361, 1 =
Uenzen 5603 (vom 28 Mai 205): sub Maecio Laeto et Aemilio Papioiaoo
pp. pp. vv. eratinentissimis).
2. Dio LXXI, 1 (J. 211): tovg otnsiovg xovg (ihv a^rifillaf«» (Cara-
calla nach seiner Thronbesteigung), mv %al naniviavog 6 ^juiQxog ^,
Toifg 81 nal dni%t€iv€v, ib. 4: ig dvo (iVQtdidag nccQOcxQQiia dndutuvff,
. , im 9h tav initpavav avS^div Sllovg tB %ai top Uanivtavov. nul tä
y( tov Uaniviavöv fpovsvaavu insTifirjasv oxi d^ivg avxov %al ov li^H
<8tsxQrioccTo, Spartian. Carac. 3, 2: (nach Ermordung des Geta, 27 Febr.
212 n. Chr.) innitens Papiniano et Ciloni ad palatium redit 4, 1 f.: dein
in couspectu eins Papinianus securi percussus a militibus et occisas est
. . filium etiam Papiniani, qui ante triduum quaestor opulentum monos
, ediderat, interemit. 8, 7 f.: constat eum quasi fautorem Getae occisam
(vgl. Spart Geta 6, 3). et fertur quidem Papinianus, cum raptus a mili-
tibus ad palatium traheretur occidendus , praedivinasse , dicens stulüssimuni
fore qui in suum subrogaretur locum nisi adpetitam crudeliter praefectu
ram vindicaret. Andere Darstellungen ib. 8, 4—6. Victor Caes. 20, 33 f.
Zosim. I, 9.
3. Spartian. Sev. 21, 8: Papinianum, iuris asylum et doctrinae lega-
lis thesaiurum, quod parricidium ezcusare noluisset, occidit, et praefectum
quidem , ne homini per se et per scientiam suam magno deesset et dignitas.
Inst. II, 23, 7 und Cod. VI, 25, 6, 1 : homo excelsi ingenii Papinianus. Cod.
V, 71, 14 u. VI, 42, 16: vir prudeutissimus Papinianus. VI, 42, 30: aco-
tissimi ingenii vir et merito ante alios excellens Pap. VII, 32, 3: coosul-
tissimi viri Pap. VII, 45, 14: Pap. summi ingenii vir. Cod. Theod.1, 4, S.
Cassiod. VI, 5. Hieron. Epi&t. 77, 3 u. a. Vgl. A. 4. Die öfters tadelnden
Notae welche Marcian, Ulpian und Paulus zu den Schriften des Pap. hinzu-
fügten (vgl. Cod. Theod. IX, 43. Dig. XVIII, 1, 72. XXII, 1, 1, 2) worden
von Constantin J. 321 cassiert (Cod. Theod. I, 4, 1: qui dum ingenii laadem
,sectantur non tarn corrigere eum quam depravare maluerunt), von Jotti-
nian nicht völlig verschmäht, doch mit Vorsicht benützt; s. Cod. I, 17,
1, 6: ea quae antea in Notis Aemilii Papiniani ex Ulpiano et Paolo nee
non Marciauo adscripta sunt, quae antea nullam vim obtinebant propter
honorem splendidissimi Pa^iiniani, non statim respuere, sed si quid ex bii
ad repletionem sumnii ingenii Papiniani laborum vel interpretab'oo^
J
348 f. Papinüiims u. a. Juristen. 767
iceBsarium esse perspexeritis et hoc ponere legis vicem obtinens non
oremini.
4. Schriften des Pap. Constit Omnem (Dig. prooem.) 6: vobis . .
ilcherrimus Papinianus non solum ex Responsis, quae in XIX iibros com-
»aita fuerunt, sed etiam ex libris XXXVII Quaestionum et gemino volu-
ine Definitionum, nee non De adulteriis (libri II und ein über singu-
ris) . . 6ui recitationem praebebit. ne autem tertii auni anditores, quos
ipinianistas vocant, nomen et festivitatem eius amittere videantur etc.
isser jenen Schriften auch De oflBcio aedilium liber singularis; vgl. Dig.
LIII, 10: in tov aarwoftinov (iovoßißlov tov Uamviavov. Ein Frag-
ent ex libr. I. Respons. sub titulo de pactis in der lex rom. Visigothorum
[uschke, iurispr. anteiust.* p. 351); 43 Auszuge aus Pap.^s Schriften in
in Fragm. Vatic, und 595 Stellen in Justinians Gesetzbuchern. Letztere
isammengestellt bei Ilommel, Palingenesia II. p. 515^614. Einen eben-
irtigen Commentator fanden seine Ueberreste an Ciuacius (Opera Tom. IV).
5. In den Ueberresteu der Quaestiones (welche der Ordnung des
licts folgen) nennt Pap. wiederholt Optimus Imp. noster Sevenis (Dig.
XXI, 67, 9. L, 5, 7. vgl. XXII, 1, 6), lässt aber bei früheren consecrier-
n Kaisern die übliche Bezeichnung als Divus sehr häufig weg. In den
esponsa fSgt sich Pap. bei der Titulatur der Kaiser den Regeln des Cu-
alstils mit einer einzigen (erzählenden) Ausnahme (Dig. XX, 2, 1). Dass
e Responsa später (nach 198) verfasst sind erhellt aus der Bezeichnung
>n Severus und Caracalla als optimi maximique principes nostri (Dig.
XXIV, 9, 16, 1 vgl. fragm. Vat. 294); schon Buch IV ist nach J. 206
»rfasst, und B. XV ff. im Laufe von 211; s. Dig. XXXIV, 9, 18 pr. aus B.
V: divus Severus. Pitting, das Alter d. Schriften S. 28—32. Th. Momm-
n, Zeitschr. f. Rechtsgesch. IX. S. 100 f.
6. Rechthaberischer Eigensinn ist dem Pap. fremd; s. z. B. Dig. XVIII,
6, 1: nobis aUquando placebat. . . sed in contrarium me vocat Sabini
!ntentia. Bezeichnend auch Dig. XXVIII, 7, 15: quae facta laedunt pieta-
m, existimationem , verecundiam nostram et, ut geueraliter dicam, contra
)no8 mores fiunt, nee facere nos posse credendum est. Die Darstellung
it oft die Bündigkeit von Axiomen, wie: non videntur rem amittere quibus
ropria non fuit; donari videtur quod nullo iure cogente conceditur; ius
ablicum privatorum pactis mutari non potest.
7. Ev. Otto, Papinianus, s. de vita, studiis, scriptis, honoribus et morte
em. Pap., Lugd. Bat. 1718. Brem. 1743. B. Voorda, Papinianus, s. optimi
ti et viri forma in A. P. spectata, Lugd. Bat. 1770. 4. Zimmern, Gesch.
. röm. Privatr. I, 1. S 361—364. G. Bruns in Pauly's Real-Enc. V. S. 1141
1144. Rudorff, Rechtsgesch. I. S. 188 f. U. E. Dirksen, üb. d. schria-
ellerische Bedeutsamkeit des Pap., Abhandl. d. Berl. Akad. 1864.
849« Zeitgenossen des Papinian sind die Juristen Messius,
allistratus und Claudius Tryphoninus, die beiden Letzteren durch
ie Digesten auch als Schriftsteller bekannt. Der Halbgrieche
TriuH Menander war im kaiserlichen ßathe und schrieb de re
■W'
763 Die Kaiaerzeit. Zweites JaErhundert.
militari. Auch der Kirchenschriftsteller TertuUianus verfasste
in seiner vorchristlichen Zeit juristische Schriften.
1. Dig. XLIX, 14, 60: Valerius Patruinus procurator imperatoris . .
praedia . . addixerat. . . Papinianus et Messins novam sententiam inda-
xerunt; . . pronuntiavit tarnen secundum illonim opinionem . . Trypho-
nino (A3) suggerente etc. Der hier genannte Jurist Messias ist sonst nicht
bekannt; ein T. Messius Extricatus war cos. II im J. 217 n. Chr.
2. Des Callistratus vier Bücher de iure fisci und zwei B&cher Qaae-
stiones sind unter Severus verfasst; s. Dig. XLIX, 14, 2, 6 (aus de iure
fisci II): imperator noster Severus Aug. constituit, und Dig. I, 3, 38 (aos
Quaestionum I): imperator noster Severus rescripsit Dagegen das Werk
de cognitionibus (libri VI) ist aus dem Anfang der Mitregentschaft des
Caracalla (J. 198—211); s. Dig. I, 19, 3, 2 (imperatores nostri Severus et
Antoninus) aus B. VI, und L, 2, 11 (principes nostri) aus B. I, neben imp.
noster Severus Aug. ib. L, 4, 14, 4 (gleichfalls aus B. I). Es berücksich-
tigte besonders das Bedürfniss der Untersuchungsrichter , auch durch prak-
tische Bemerkungen wie Dig. I, 18, 19. Ausserdem Eklicti monitorii libri
oder Ad edictum monitorium und Institutiouum libri 11 1, wie es scfaeioi
nach Gajus. Die 99 Excerpte aus diesen Schriften die sich in den Pon-
dekteu finden s. bei Hommel, Palingenesia I. p. 129—146. Dass Callistr.
ein gebomer Grieche ist verräth sich nicht selten in seiner Spradie.
G. A. Jenichen, Ep. singularia de Call, icto, läps. 1742. 4. Pinto, de Call
icti scriptid quae supersnnt, Lugd. Bat. 1835. 302 pp.
3. A. Claudius Tryphonlnus (Cod. I, 9, 1), mit Papinian im con-
silium principis (s. A. 1), schrieb Notae zu Scaevola's Digesten in welchen
M. Aurel divus heisst (Dig. XVIII, 7, 10: Claudius), die aber schon von
Papinian in B. XIV seiner Responsa angefiihrt wurden (Dig. XXXI V, 9, 25, 1:
apud Scaevolam libro XXX Digestorum Claudius notat). Spater verfasst
sind seine 21 Bücher Disputationum ; s. Dig. XXVII, 1, 44 (aus B. 11) und
XLIX, 16, 12, 17 (aus B. IV): imp. noster (Caracalla) cum divo Se?ero
patre suo; XL VIII, 19, 39 (aus B. X): optimi imperatoris nostrj. Ungenaa
XX, 5, 12 pr. (aus B. VIII): rescriptum est ab imperatore ^Severus), Übel-
los agente Papiniano. Die Ueberreste bei Hommel, Palingenesia 11. p. 509
-^&30. Fitting, d. Alter d. Schrr. S. 32. Rescript des Caracalla ao um
vom J. 213 im Cod. I, 9, 1. Chr. Rau, de Cl. Tr. icto rom., Lips. 1768. 4.
4. Ulp. Dig. IV, 4, 11, 2 in einem Rechtsfalle aus der Zeit des im-
perator Severus (also wohl J. 193—198): cum susceptam tutelam non aüi
soleant deponere quam . . hi qui circa prinoipem sunt oocupati, ut in
consiliarii Menaudri Arrii persona est indultnm (erst in der Zeit des
Ulpian?). Seine vier Bücher über das Miliförrecht sind unter Severos
zwischen 198 und 211 verfasst; s. Dig. XLIX, 16, 13, 6: divus Severus et
Antoninus. .iusserünt, quod . . Menander scribit, während sonst Meiian-
der von der Mitregentschaft des Caracalla absieht; s. Dig. XLIX, 16, 4, 9
(vgl. ib. 5, 4): imperator noster rescripsit. Die Stellen und Anfuhnrngen
daraus bei Hommel Paling. I. p. 447—450. Coelest. Mirabelli comm. ad
fragra. A. M., Biturig. 1667 und cum notis ed. J. G. Harnisch, Lips. 1762. 4
P. J. Suringar, de A. M. icto eiusque fragmentis, Lugd. Bat. 1840. Fit-
ting, d. Alter d. Schrr. S. 33 f.
_^:5
349 f. Callistratus u. a. Juristen. Minuciua Felix. 769
/
5. Unbekannt ist das Zeitalter des Rutilius Maximus aus dessen über
singularis ad legem Falcidiam Dig. XXX, 125 eine Stelle angeführt wird
(zvrischen solchen des Neratius und des Paulus). Vgl. Fragm. Vat. 113:
frustra Maximus . . iudicavit etc. und: Maximi sententia . . placuit.
6. Aus Tertulliani Quaestionum libri VIII werden in den Digesten
zwei Stellen angeführt, aus seinem liber singularis de castrensi peculio
drei ; s. Uommel, Paling. II. p. 505 f. Wie er selbst den Sex. Pomponius
citierte (Dig. XXIX, 2, 30, 6) so wird er von Ulpiau in den unter Caracalla
verfassten libri ad Sabinum mehrfach angeführt. Der Jurist dieses Namens
ist also jedenfalls gleichzeitig mit dem Kirchenschriftsteller (unten 351).
Ihn von diesem zu unterscheiden ist um so weniger ein Anlass als Letzte-
rer unzweifelhaft Jurist war (xovq 'Pmfiaimv vofiovg T^ngißmnova avdga
nennt ihn Euseb. h. eccl. II, 2) und in seinen theologischen Schriften allent-
halben den rechtskundigen Advocaten verräth (z. B. apolog. 1—6. 28—44.
de anima 6), andererseits die angebliche Verschiedenheit der Darstellung
in den juristischen Ueberresten gegenüber von den theologischen Schriften
auf Bechnimg des beiderseitigen Gegenstandes kommen mag. J. ü. Blumen-
bach, de scto Q. Septimio Floreute presbytero et icto Tertulliano, Lips.
1735. 4. J. C. Wiesenhavern, de icto Q. Sept. Flor. Tertulliano, Hildes-
heim 1743. 4. J. A. Pagenstecher, de iurisprudentia Tertulliani, Uarderov.
1768. 4. Zimmern, Privatr. I, 1. S. 365 — 367. Rudorff, Bechtsgesch. I.
S. 196 f. Fitting, d. Alter d. Schrr. S. 33.
350. Die älteste auf uns gekommene christliche Schrift in
lateinischer Sprache ist des M. Minucius Felix Dialog Octa-
vius. Die gegen das Christenthum und seine Bekenner be-
stehenden Vorurteile und Einwendungen werden darin mit Leben-
digkeit und Schärfe dargelegt, aber auch mit Geist, Scharfsinn
und Beredtsamkeit als nichtig erwiesen. Der Verfasser steht auf
der Hohe der philosophischen und ästhetischen Bildung seiner
Zeit und schreibt auch für Gebildete. Die Form lehnt sich an
antike Vorbilder an und ist gewandt und geschmackvoll.
1. Lactant. inst. div. V, 1 (p. 230 Fri.): si qui forte litteratorum se
ad eam (die sapientia et veritas = Christenthum, vgl. A. 4) contulerunt
defensioni eins non suffecerunt. ex üs qui mihi noti sunt Minucius Felix
non ignobilis inter causidicos loci fuit. huius liber, cui Octavio titulus
est, declarat quam idoneus veritatis assertor esse potiiisset si se totum ad
id Studium contulisset. Septimins quoque Tertullianus etc. (unten 351, 2).
Vgl. ib. 1, 11 (p. 29): Minucius FeUx in eo libro qui Octavius inscribitur.
Uieronym. de vir. ill. 58: Minucius Felix, Romae insignis causidicus, scripsit
dialogum christiani et ethnici disputantium qui Octavius inscribitur. sed
et aUus sub nomine eins fertur De fato vel Contra mathematicos, qui cum
sit et ipse diserti hominis non mihi videtur cum superioris libri stilo con-
venire. Veranlasst war die ünterdchiebung dadurch daas Octiiv. 36, ö (ac
de fato satis vel, si pauca pro tempore, disputaturi alias et uberius et
Teuffcl, runi. Lll«»raturg-csehiclilf. 49
770 Die Kaiserzeit. Zweites Jahrhundert.
pleniufl) eine derartige Schrift halb in Aassicht gestellt wird. Nach der
Reihenfolge seiner Aufzählung, welche im Wesentlichen chronologisch ist,
aber mit häufigen Inconsequenzen , scheint Hieron. den Minucius unter
Severus zu setzen. Vgl. noch Hieron. Ep. 70, 5 (ad Magnum or.): veniam
ad Latinos. quid Tertulliano eruditius? . . Minucius Felix, caaddicus ro-
mani fori, in libro cui titulus Octavius est et in altero contra mathemati-
cos (si tamen inscriptio non mentitur auctorem) quid gentilium scriptu-
rarum dimisit intactum? Septem libros adv. g. Arnobius edidit totidemque
discipulus eius Lactantius. . . Victorinus etc. Cyprianus etc. unter den
beiden Zeitgenossen, Minucius und Tertullianus, stellt Hieron. den be-
rühmteren und vielleicht auch physisch älteren voran. Dass aber der Octa-
vius früher verfasst ist als die älteste grössere christüche Schrift des Teri,
sein apologeticum , erhellt aus der von A. Ebert, Abhandl. der sächs. Ges.
d. Wiss. 1868, S. 353—379, gelieferten Nachweisung dass Tert. in diesem
apol. den Oct. benützt hat.
2. Dialogische Form in der Weise des Aristoteles und Cicero, zn-
letzt des Annius Florns (oben 318, 7). Insbesondere lehnt sich die Ein-
kleidung an Ciceros Schrift de deorura natura an; s. Ebert (A. 1) S. 338
—331. 354— 3Ö8. 367 f. Auch ■ Seneca's Schriften de superstitione und de
Providentia sind benützt. Interlocutoren sind Caecilius Natalis, Octavioi
lanuarius, und der Verfasser (Marcas). Letzterer und Caecilius hahesi
ihren Wohnsitz in Rom , des Minuc. Freund und Studiengenosse (contaber-
nalis), der Sachwalter (28, 3) Octavius, in der Provinz (etwa Africa). Die
Scene ist an der Meeresküste bei Ostia; die Zeit in die das erzählte Ge-
spräch versetzt wird eine ziemlich lange vergangene, als der jetzt verstor-
bene Octavius noch ganz kleine Kinder hatte (2, 1) und Fronto, wie es
scheint, noch am Leben war (Cirtensis nostri oratio sagt Caecilius 9, 6;
tuus Fronto 31, 2 Octavius). Von neueren Schriftstellern werden ThaUos
(21, 4) und Antonius lulianus (oben 328, X) genannt. Benützung der grie-
chischen Apologeten ist nicht zu erweisen. Nach der Offenheit der Dar-
legung und dem völligen Fehlen von Bitterkeit sollte man glauben die
Schrift wäre aus einer Zeit wo das Christenthum keine äusseren Anfech-
tungen zu erfahren hatte.
3. Caecilius (A. 2) greift das Christenthum an, als Abfiall von dem
Glauben der Väter und als verstossend gegen Moral und Sitte. Octavius (A.2)
vertheidigt es, zuerst (c. 17—27) als einen Fortschritt gegenüber von dem
Polytheismus, dessen Mängel und schlimme Consequenzen nachdrückUcfa
gegeisselt werden, dann (28—38) tritt er für die sittlichen Anschauuugeu
und Gebräuche der Christen ein. Der Gegner bekennt sich in der Haupt-
sache überzeugt, wenn ihm auch noch Zweifel bleiben; der Verfasser kann
sich daher den übernommenen schiedsriohterlichen Ausspruch ersparen.
Vgl. die Inhaltsangabe bei Ebert (A. 1) S. 382-340.
4. Das Schriftchen gibt uns eine deutliche Vorstellung von dem
Christenthum der Gebildeten der Zeit, das hauptsächlich in Abkehr von
den Sinn- und Schamlosigkeiten des Polytheismus bestand und in lebhafter
Erfassung der Idee des einen Gottes. Bei Ausführung dieser Idee wird
der Verfasser warm (c. 18). Sein Ton gewinnt hier begeisterten Schwungi
wie auch da wo er von dem Stolze und der Todosfreudigkeit der Christen
350. Minuciu8 Felix. 771
spricht, in der (übrigeng stark an Sen. de provid. 2, 9 erinnernden) Stelle
c. 37 : quam pulchrum spectaculum deo : cum christianuB . . libertatem suam
adversuB reges et principes erigit, soli deo, cuiua est, cedit etc. Das
Christenthum erscheint als eine höhere Stufe geistiger Bildung, im Gegen -
satze zur imperitiae volgaris caecitas (3, 1) als lux sapientiae et veritatis
(1, 4). Die christlichen Dogmen werden mit feinen wählerischen Händen
angefasst; so specifische wie Trinität und Christologie (z. B, Logoslehre)
bleiben unberührt, auch von der Taufe wird nicht die Rede, Bibelcitate
kommen nicht vor. Für die populäre Wirkung des Schriftchens war diess
alles gewiss nur günstig. Der Standpunct der Betrachtung ist überwiegend
ein ethischer und philosophischer. Die Philosophen werden als solche an-
erkannt welche de divinis praedictionibus prophetarum umbram interpo-
latae veritatis imitati sint. Dagegen 38, 5: philosophorum supercilia con-
temnimus, quos corruptores et adulteros novimus et tyrannos et semper
adversus sua vitia focundos. Dieses Verhalten zum Christenthum gleicht
dem de« Seneca zum Stoicismus, und auch sonst lässt sich Min. als ein
zum Christenthum fortgeschrittener Seneca (Ebert S. 383, A. 67} bezeich-
nen. Die gewählte Form ist mit Sorgfalt und Geschick durchgeführt. Die
Sprache ist zwar manchmal (bes. in der Einleitung) geziert, aber doch viel
natürlicher und irischer als die des Fronto und Apulejus. Mit Letzterem
hat Min. übrigens manche eigenthümliche Wendungen gemein, wie pluri-
mum quantum, impiatus u. dgl.
5. Der Octavius ist nur durch eine pariser Handschrift saec. IX (den
regius, Nr. 1661) erhalten, und zwar als achtes Buch des Arnobins adv.
gentes und in sehr verdorbener Gestalt. Die zweite vorhandene Hand-
schrift, in der burgundischen Bibliothek zu Brüssel (Burgundicus) , ist nur
eine Abschrift der pariser.
6. Editio princeps (aus dem regius) Rom. 1543 (hinter Arnobius).
Erste selbständige Ausgabe von Balduinus, Heidelberg 1560. Mit Emen-
dationen von Fulvius Ursinus, Rom. 1583. Ed. Des. Heroldus (Paris 1605.
1613), Rigaltius (Paris 1643. 1645), J. Ouzelius (cum notis variorum, Lugd.
Bat. 1672) , J. Davisius (cum observ., Cantabrig. 1707), J. Gronovius (Lugd.
Bat. 1709. Rotterd. 1743)^ J. G. Liudner (Langensalza 1760; ed. IL 1773),
C. de Muralt (praef. est J. C. Orelli, Zürich 1836), Migne (Patrolog. curs.
III, Paris 1844, p, 231-360, nebst allerlei Abband 1. p. 194-231. 371—652),
Fr. Oehler (Lips. 1847), J. B. Kayser (in us. schol., Paderborn 1863), und
besonders rec. et comm. critico instr. C. Halm (Corp. script. eccL lat. II),
Wien 1867.
7. J. D. van Hoven, de aetate, dignitate et patria Min. Fei., Camp.
1762. 4. (auch in Lindners Ausg. von 1773). H. Meier, comm. de Min.
Fei., Zürich 1824. C. Rören, Minuciana, i. e. Annotatt. critt. ad etc. prae-
miasa commentatione de ipsius scriptoris aetate, Bedburg 1859. 26 pp. 4.
J. B. Kayser in Th. Wiedemanns Ostreich. Quartalschrift f. kath. Theol. I, 4.
1862. A. Ebert, Tertullians Verhältniss zu Min. FeUx, Leipzig 1868 (Ab-
handL d. sächs. Ges. d. Wiss. V. S. 321—386).
8. Deutsche Uebersetzungen von J. G. Russwurm (Hamburg 1824. 4.)
und J. H. B. Lflbkort (Lcipzi«? IS-^i).
49*
772 I^iß Kaiserzeit. Zweites Jahrhundert.
351. Eine merkwürdige Gestalt ist Q. Septimias Florens
Tertullianus, ein Schriftstaller voll Originalität und Geniali-
tät, begabt mit lebhafter Phantasie und schlagfertigem Witze
und von einer Leidenschaftlichkeit die ihm oft eine hinreissende
Beredtsamkeit verleiht, noch öfter aber über ihr Ziel hinaus-
schiesst und in ihrer düsteren Glut sich selbst verzehrt, ohne
Licht und Wärme zu verbreiten. Sein Lebenselement ist der
Kampf, und seine zahlreichen Schriften sind überwiegend Streit-
schriften, polemisch und apologetisch. Zuerst verficht er das
Chrjstenthum gegen seine Bedränger und Widersacher, beson-
ders im Apologeticum ; aber innerhalb des Christenthums selbst
fand sein schwärmerisches Wesen volles Genügen erst an der
Lehre des Montanus mit ihren phantastischen Weissagungen
und ihrer strengen Askese, und Tert. wurde nun deren Vor-
kämpfer im Abendlande, doch so dass sein scharfer Verstand
die SchroflFheiten derselben abschwächte. Ton und Charakter
dieser Schriften ist überall der gleiche : gedankenreich und form-
los, leidenschaftlich und spitzfindig, die Sprache beredt und
markig, gedrängt und energisch bis zur Dunkelheit.
1. Hieronym. de vir. Ulustr. 53: Tertullianus presbyter nunc demum
priinus post Victorem (sub Severo principe, c. 34) et ApoUoniom (sub
Commodo principe, c. 42) Latinorum ponitur, provinciae Africae, civitatis
CarthaginienHis, patre centurione proconsulari. hie acris et vehementis
ingenii sub Severo principe et Antonino Caracalla maxime floroit multa-
que scripsit volumina , quae quia nota sunt pluribus praetermittimus. . . hie
cum usque ad mediam aetatem presbyter ecclesiae permansisset, invidia
postea et contumeliis clericorum romanae ecclesiae (vgl. Tert. de culta
fem. I, 7. Euseb. hist. eccl. II, 2) ad Montani dogma delapsus in malus
libris novae prophetiae (d. h. des Montanismus) meminit , specialiter autem
adversum eoclesiam texuit volumina de pudicitia, de persecutione, de ieia-
niis, de monogamia, de ecstasi libros VI (nicht erhalten), et septimam
quem adversum ApoUonium composuit. ferturque vixisse usque ad decre
pitam aetatem et multa quae non (Yat. : nunc) extant opuscula condidisae.
Solche verlorene Schriften des Tert. sind de vestibus Aronis (Hieron. Ep. 64,
23) ; de animae submissione; de superstitione saeculi; de came et anima; de
spe fidelium; de trinitate; de auimalibus mundis et immundis; de drcnm*
cisionc; de virginitate; contra Apellicianos ; de paradiso (Tert. de an. oo);
in griechischer Sprache de spectaculis; de baptismo; de velandis virgini*
bus; de Corona militis, deren lateinische Bearbeitung von Tert. erhalten
ist. üeber Tert. als Jurist s. oben 349, 6.
2. Hieronym. Ep. 70^ 5: quid Tertuliiano eruditius, quid acutius?
Apologeticus eins et Contra gentes HJjvi cunctam saeculi obtinent disdpli-
nam. Lactant. inst. div. V, 1 (p. 230 Fri.): Septimius TertuUianns ftrit
omni gencre litt^rarum peritns, scd in cloquendo parum facilis et minös
351. TertulUanus. 773
comptus et multum obscarus fait ergo ne hie quidem satis celebritatis
invenit. Ausser dieser Dunkelheit stand ihm auch sein Montanismus im
Wege. Seine theologische Schriftstellerei zerfällt nämlich in zwei Perioden:
eine allgemein christliche und eine montanistisch gefärbte. Aus der erstem
sind von den erhaltenen Schriften Apologeticum , Ad nationes libri II, De
testimonio animae, De cultu feminarum II, De patientia, De poenitentia,
De oratioue, De baptismo, Ad uxorem 11, Ad martyres, Adversus ludaeos.
Den Uebergang zum Montanismus zeigt bereits De Corona miiitis und
weiterhin die Schriften welche die montanistischen Anschauungen in positiver
Weise darlegen, De fuga in persecutione, De exhortatione castitatis. De
virginibus velandis, De monogamia. De pudicitia, De praescriptionibus
haereticorum , De anima. De carne Christi, De resurrectione carnis, Soor-
piacum, Ad Scapulam, De idololatria, De spectaculis, sowie diejenigen
welche sie literarischen oder dogmatischen Angriffen gegenüber verthei-
digen: De ieiunio adversus psychicos (= catholicos, im Gegensatz zu den
pneumatici oder Montanisten), Adversus Praxean, Adv. Hermogenem, adv.
Marcionem libri V, Adv. Valentinianos. Die datierbaren Schriften Tertul-
lians fallen zwischen 199 und 212 u. Chr. Das deutlichste Datum ist adv.
Marc. I, 15: ad XV iam Severi imperatoris == J. 207. J. A. Nösselt, de
vera aetate ac doctrina scriptorum Tert., in dessen Opusc. ad bist. eccl.
III. p. Iff. = Tertull. ed. Oehler III. p. 540 — 619. G. Uhlhorn, funda-
menta chronologiae TertuUianeae , Götti. 1852.
3. Der Montanismus ist eine in Phrygieu entstandene Erscheinung,
beruhend auf einseitiger Ueberspannung des christlich religiösen Gefühls,
das sich bethätigte in ekstatischen visionären Zuständen und in chiliastischeu
Traumen von dem nahen Ende der Dinge (der avvtiksia) und den Freuden
des himmlischen Jerusalem, für das man sich durch eine gesteigerte Askese
und strenge Sittenzucht (Enthaltung von Fleisch und Wein, von Schau-
spielen, Verschleierung der Jungfrauen, Keuschheit u. dgl.) vorzubereiten
suchte. Er hat Analoga fast in jedem Jahrh. des Christenthums, an aller-
lei Schwarmgeistern, wie den Wiedertäufern, Camisarden, Irvingianern
u. a. Secten. Einen besonders fruchtbaren Boden fand er bei dem weib-
lichen Geschlechte (Prophetinnen). Aber auch für einen Geist wie Ter-
tulUanus hatte etwas Anziehendes der Gedanke auf einer höheren Stufe
der Frömmigkeit zu stehen als die übrige Gemeinde und ein unmittelbares
Werkzeug des göttlichen Geistes zu sein, und sein Hass gegen alles Halbe
musste Gefallen finden an der montanistischen Strengt. F. C. A. Schweg-
1er, der Montanismus u. die christl. Kirche des zweiten Jahrb., Tübingen
1841, und dazu L. Georgii in den deutschen Jahrbüchern 1842, S. 45 — 59.
129—151. F. Ch. Baur, Kirchengesch. der 3 ersten Jahrh. (Tübi. 1863)
S. 235—245.
4. Unter den Schriften des Tert. hat besonders viel allgemeines
Interesse das apologeticum, verfasst J. 199, eine Vertheidigungsschrift
gerichtet an rom. imperii antistites (praesides) und namentlich die von Mi-
nacias Felix nicht behandelten politisch-rechtlichen Anschuldigungen gegen
die Christen (Nichtverehrung der Götter und der Kaiser, gleichgültiges
oder feindseliges Verhalten zum Staate) ausführlich erörternd. Vgl. A. Ebert
(oben 350, 7) S. 342—349. Neben dem Octavius (oben 350, 1) scheint auch
774 ^^^ Kaiserzeit. Zweites Jahrhundert.
Jußtius dnoloyta benutzt. Die Polemik ist einschneidend und bitter, die
Darstellung rhetorisch und originell. Ausgaben von S. Havercamp (Lugd.
B. 1718), Fr. Gehler (mit ad nat., Halle 1849), J. Kayser (Paderborn 1865).
J. L. Mosheim, de vera aetate apol. a Tert conscripti initioque perse-
cutionis Severi, in Oehlers Ausg. des Tert. III. p. 490—610.
5. Von culturgeschichtlicher und antiquarischer Bedeutung sind be-
sonders die Schriften Ad nationes. De idololatria, De spectaculis. De palUo
(ed. Cl. Salmasius, Paris. 1622. Lugd. B. 1656). Die Schrift Adversus lo-
daeos stimmt fast wörtlich überein mit adv. Marc. III (Semler p. 640—
657 bei Oehler); adv. Valent. ist eine freie Uebersetzung von Irenäus c.
haer. I (Semler ib. p. 658—681). Ad nationes ist theilweise eine Wieder-
holung des apolog. Der Schrift de praescr. haer. ist in älteren Ausgaben
eine unechte Schrift adversus haereses angehängt. Ueber die Schrift contra
Praxean s. B. A. Lipsius in Liebner*s Jahrbb. f. deutsche Theol. XIII (1868)
S. 701—724.
6. In Handschriften saec. IX und X werden auch christliche Gedichte
(de Sodoma, de lona) dem Tert. zugeschrieben, ohne irgend welche Be-
rechtigung, ohne Zweifel nur weil sie irgend einmal mit Werken des Tert
zusammengeschrieben oder zusammengebunden waren. Vgl. L. Müller,
Rhein. Mus. XXII. S. 329—344. 464.
7. Aufzählung der Ausgaben von Tertullians Werken bei Schöne-
mann, Bibl historico - litteraria patrum I. p. 9 ff. Ed. princeps per B. Rhe-
uanum, Basil. 1521 fol. Cum adnotatt. J. Pamelii, Antv. 1579 fol., Franeker
1597 u. sonst. Cum observ. N. Rigaltii, Lutet. 1634. 1641 fol. und sontt.
Rec. J. S. Semler, Halle 1770. 6 Voll. Cura Fr. Oberthür, Würzburg 1780.
2 Voll. Ed. Leopold, Lips. 1839 ff. (in Gersdorfs Bibl. patr.). In Migne'8
Patrolog. curs. Vol. I — III. Tert. quae supersunt omnia, ed. Franc. Oehler,
Lips. 1853 f., 3 Voll., wovon Vol. III (Lips. 1851) eine Zusammenstellung der
Abhandlungen De Tert. vita von J. Pamelius, P. AlHx, N. de Nourry (diss.
in apolog., ad nat., ad Scap.), J. L. Mosheim (s. A. 4.), Q. Zentner, J. A.
Nösselt (s. A. 2), J. S. Semler (de varia et incerta indole librorum Tert)
u. J. Kaye (de Tert. et eins scriptis, p. 697—729). Ed. minor cum adn.
crit. et indicibus, Lips. 1854.
8. Coenen, comm. de Tert., Utrecht 1825. 128 pp. A. Neander,
Antignostikus, Geist des Tert und Einl. in dessen Schriften, Berlin 1825.
1849. K. Hesseiberg, Tert's. Lehre aus seinen Schriften entwickelt. I. EinL
Leben und Schriften, Dorpat 1848. 135 S. Grotemeyer, über Tert Leben
u. Schriften, I. Kempen 1863. 4. A. Hauber, Tert. Kampf gegen die zweite
Ehe, theolog. Studien u. Krit. von Ullmann 1845, S. 607—662. F. A. Burck-
hardt, die Seelenlehre des Tert., Budissin 1857. 4. Dupin, auteurs eccles.
I. (ed. 1688) p. 274—379 (p. 320 f. eine gute Charakteristik des Tert.). B.
Ceillier, bist. gdn. des auteurs s. et eccl. II. (1730) p. 374—529. Kirchen-
geschichtliche Werke, wie von F. Böhringer, Kirchengesck in Biographien
(Zürich 1864) S. 11—767.
352« Dem Ende des zweiten Jahrh. scheint anzugehören
der Commentator des Terentius und Horatius und wohl auch
351 f. Tertulliauus. Acro. Üositheus. ' 775
des Persius, Helenius Acron, sowie der Grammatiker und Er-
klärer des Horaz (und Lucan), Pomponius Porphyrion, dessen
Scholien wir noch besitzen. Aus dem Anfang des dritten Jahrh.
haben wir von Dositheus eine Grammatik nebst Uebungs-
stücken in lateinischer und griechischer Sprache. Von den
Schriften des kenntnissreichen älteren Sammonicus Serenus, eines
grossen Bücherfreundes, ist nichts auf uns gekommen. Ebenso
kennen wir die des Statilius Maximus über Cato d. ä. und Cicero
nur durch Anführungen. Auch der Epitomator des Verrius Flac-
cus, Festus, muss spätestens dieser Zeit angehören.
1. Des Helenius Acro Commentare zu Terenz Eunuchus und Adeipbi
werden von Julius Bomanus bei Charisius 13 Mal erwähnt So p. 210 E.:
Terentius in Eunucho (y. 5): nil prius n. f., ubi Helenium Acronem errasse
dicendum est, qui prius sie intellexit etc. Vgl. ib. p. 201, 3. 216, 9.
Helenius Acren commentariis quos Adelphis Terenti non indiligentes attu-
lit, ib. p. 192 vgl. p. 200, 16. 219, 5. 126, 17. 130, 12. 197, 26. 210, 11
sowie p. 119, 12 ff.: id Helenius Acren sie oportere dici in eadem Terentii
fabula (Adolph.) disputavit Verriumque dicit errare etc. . . qui autem
cum Helenio faciunt hanc affer unt causam etc. Er lebte also (nach Gellius,
der ihn nie erwähnt, und) vor Bomanus. Commentator des Horaz, s. oben
223, 3. Porphyr, zu Hör. S. I, 8, 25 (II. p. 150 Hth.): memini me legere
apud Helenium Acronem, Saganam nomine fuisse Horatii temporibus etc.
Vielleicht in (oder aus) der Schrift de personis horatianis. Ueber die
pseudoacronischeu Horazscholien s.'oben S. 430 n. M. Auch den Persius
scheint er commeutieH zu haben. Schol. Pers. II, 56: Acren tradit quod
etc., und Parrhasius (in Gruteri Lampas I. p. 735) berichtet: incidi in Probi
grammatici commentarios in primam Persii satiram. . . in üs ita scriptum
legimus : curas (v. 1) Acroni proprio dicere videtur etc. Daher will 0. Jahn
(Pers. p. CLIX) diejenigen Bestaudtheile der Cornutusscholien welche für
diesen zu kenntnissreich sind imd doch nicht auf Valcrius Probus sich
zurückführen lassen dem (Helenius) Acro zuschreiben. Von einem Com-
meutare des Acren zu Vergil aber gibt es keine sicheren Spuren; Bib-
beck Prolegg. p. 175. Vgl. GrUfenhan, Gesch. d. class. Philol. IV. S. 308
—313.
2. Eine St. Galler Handschrift saec. IX— X von 70 Blättern enthält auf
Bl. 1 — 31 die grammatica Dosithei magistri, mit einer wörtlichen lieber-
Setzung ins Griechische (z. B. ars texvri grammatica ygafificctitiri est sativ
scientia yviaaig)^ welche aber schon nach der Erörterung des Nomen immer
seltener wird und schliesslich ganz aufhört. Neben der Grammatik selbst
sind auch Uebungsstücke zum Uebersetzen {igfirivsvfiaxa) gegeben ; so (mit
dem Datum J. 207) aus Hygini geuealogia (oben 246, 5) , Hadrians dnogxi-
ang (oben 323, 4), das Stück de manumissionibus (oben 346, 4). Ausser
diesen bereits veröffentlichten Theilen hat H. Keil die eigentliche Gram-
matik (illam partem quae est de arte grammatica et de octo partibus
orationis) zu veröffentlichen angefangen (Dosithei ars grammatica ex
codice Sangallensi) Halle 1869. 4. Nach allen Proben war des Dosith. Kennt-
776 I^i^ Kaiserzeit. Zweites Jahrhundert.
niss des Griechischen eine mangelhafte. Blatt 32—70 l)eBteht aus allerlei
astrologischen und chronologischen Abhandlungen.
• 3. Ueber Pomponius Porphyrio (nach der Münchner Scholienhds.}
8. oben S. 430 M. Romanus bei Chans, p. 220, 28 K.: ut Porphyrio ex
Verrio et Festo etc. Schol. Lucan. I, 214: Porfirion puniceom interpreta-
tus est quasi phoeniceum , . . Cornutus vero etc. Seine Vorliebe für alter-
thümliche Wendungen und Formen (Keller S. 497) erklSxt sich wohl ebenso
sehr aus seiner Eigenschaft als Grammatiker wie als Frontonianer. W. Mejer,
Beitrage zur Kritik des Horazscholiasten Porphyrion, München 1870. 45 S.
4. Macrob. III, 16, 6: temporibus Severi principis, qui ostentabat
duritiam morum (also Septimius Sev.), Sammonicus Serenus, yir saecolo
suo doctus, cum ad prindpem suum scriberet, verba Plinii . . praemisit
etc. Spartian. Geta 5, 5: Sereui Sammonici libros familiarissimos habuit
quos ille ad Antoninum (Geta selbst?) scnpsit.' Ein MissverstSndniss ist
daher, falls es sich überhaupt auf Samm. bezieht, Lyd. de magistr. 111,32
extr. : xal Tcxvra filv nsgl rcov notapimv (Rhein und Donau) %axa Za^to-
xoy(?) xov fmiiaiov icrropixov, og ngog dioiLlritiavov xal FaXigiov to?
yigovra nsgl noiHiXmv iriTrjfidttov disXix^V- Spartian. Carac. 4, 4: occisi
(J. 212) nonnulli etiam cenantes, iuter quos etiam Sammonicus Sereniu,
cuius libri plurimi ad doctrinam extant. Macrob. III, 9, 6: repperi in libro
quinto Rerum reconditarum Sammonici Sereni utrumque carmen. Sidon.
Apoll, ad Polem. (vor carm. 14): sine M. Varrone, sine Sereno, non Septi-
mio , sed Sammonico , sine Ceusorino etc. ad Leont. (vor carm. 22} : luUam
Firroicum, Sammonicum Saturninum (?), in libris matheseos peritissimoa
conditores, . . didicisse. Vgl. Amob. ^dv. g. VI, 7. Serv. Ge. I, 30. 10*2.
Capitol. Gordian. 18, 2: Sereno Sammonico, qui patris eins amicissimus, sibi
autem praeceptor fuit, nimis acceptus et carus, usque adeo ut onmes libros
Sereni Sammonici patris sui, qui censebantur ad sexaginta et duo milia,
Gordiano minori moriens ille relinqueret.
5. Statilius Maximus wird bei Gellius niemals erwähnt, scheint
daher später zu sein als dieser. Andererseits führt Julius Romanus (unten
357) bei Charisius in dem Abschnitte über die Adverbien ihn öfters an.
Vgl. Charis. p. 194, 11 K.: licet St. M. de singularibus apud Ciceronem
quoque positis notet. p. 218, 6: ut St. M. de sing, apud eum (Cic.) quo-
que positis notat. Vgl. ib. p. 196, 4 (vgl. Cic. de inv. II, 12, 42). 209, 4
(quod St. M. notat nesciens etc). 212, 16. 213, 13. 214, 17. 215,22. 217,3
u. 8. 218, 28. 219, 24 f. Auf ein ähnliches Werk des St. M. über Cato
senex deuten die Anführungen ib. p. 202, 11. (206, 9.) 217, 14. 220, 16.
240, 1 K. Die Anlage dieser Schriften des St. war vielleicht lexicaliscb.
Gräfenhan, Gesch. d. class. Philol. IV. S. 234 f. Auch emendierte Si M.
Reden des Cicero nach guten alten Abschriften; s. die Subscription: Stati-
lius Maximus rursus emendavi ad Tyronem et Laetanianum et Domm. et
alios veteres. III oratio eximia. 0. Jahn, Berichte der sächs. Ges. d.W.
1851, S. 329 f.
6. Ueber Festus s. oben 245, 5 ff. Falls schon Porphyrio ihn citiert
hatte (s. A. 3), so musste Festus etwa aus der Mitte des zweiten Jahrh. sein.
7. Ein Aquila (AnvXag) ygafiiiazmog xal fiovaiKog und tpilocotp^gj
axoXia Xoytxd ytygaqxog ntgl avXXoytafimv bei Suid. s. v. (I. p. 188 Bnh.}.
352 f. Porphyrio. Statilius Maximus u. A. 777
C. Drittes Jahrhundert, J. 211—805 n. Chr.
1. Erste Hälfte, J. 211-253 n. Chr.
353. Diese Zeit umfasst die Begierungen von Garacalla
(J. 211—217), Macrinus (J. 217), Elagabalus (J. 217—222),
Alexander Severus (222—235), Maximinus (235—238), Gordia-
nus I u. II (238), Gordianus in (238—244), Philippus Aralbs
(244-^49), Decius Traianus (249—251), Gallus (251—253). Von
einigem Bestände waren also nur die von Garacalla, Alexander
und Gordianus III. Während dieser Jahrzehnte setzt sich der
allgemeine Rückgang fort, und er beginnt jetzt sich auch auf
die Jurisprudenz auszudehnen. Mit Papinian verglichen ist des
ülpianus und Paulus Thätigkeit überwiegend die des Sammlers
und Verarbeiters. Achtbare Gelehrte sind Censorinus und Julius
Romanus. Die Geschichtschreibung vertritt in der römischen
Literatur der Vorgänger der scriptores historiae augustae, Marius
Maximus. Dagegen schreiben Cassius Dio und Herodian grie-
chisch. Das Christenthum hat einen Cyprianus, und an Com-
modianus seinen ersten Dichter, aber in barbarischer Form.
Serenus Samonicus zeigt in seiner Vorliebe für archaistische
Formen den Einfluss des Zeitalters der Antonine. Die Provinzen,
seit Caracalla's Constitutio Antoniniana vom J. 212 Italien auch
rechtlich gleichgestellt, liefern wie jetzt dem Throne so fort-
während auch der Literatur den reichsten Beitrag.
1. Bassianus Garacalla (oder Caracallus), geb. 4 April 188, Caesar
(M. Aarelius Antoninus) 196, zum Augustus ton seinem Vater Sept. Seve-
rus ernannt 198, dessen Nachfolger Febr. 211, Anfangs mit seinem Bruder
(P. Septimius) Geta, nach dessen Ermordung allein, erschlagen 8 April 217.
Als consecriert Antoninus Magnus. Ulp. Dig. I, 5, 17 : in orbe romano qui
sunt ex constitutione imperatoris Antonini (vgl. Dio LXXVIl, 9) cives ro-
maoi effecti sunt.
2. Caracalla's praef. praet. und .Mörder Opilius Macrinus war mit
seinem Sohne Diadnmenus Kaiser 1 J. 2 M. Beide wurden erschlagen.
Capit. Macrin. 14, 4: quod cum Macrinus audisset fecit iambos, qui non
extant. iucundissimi antem fuisse dicuntur. Vgl. ib. 11, 5: hos versus
nescio qm latinos . . in foro posuit. quibus acceptis Macrinus bis versibus
respondisse fertur (zwei Distichen).
3. Capitol. Albin'. 11, 8: agri colendi peritissimus, ita ut etiam Geor-
gica Bcripserit (Clodius Albinus). milesias nonnulli eiusdem esse dicunt,
qaarum fama non ignobilis habetur, quamvis mediocriter scriptae sint.
4. Elagabal, ursprünglich Varius Avitus Bassianus, Sohn der Soae-
mias, von seiner Grossmutter lulia Maesa für einen Sohn Caracalla's aus-
778 I^ic Kaiserzeit. Drittes Jahrhundert.
gegeben und daher M. Aurelius Antoninus Heliog. genannt, März 222 von
den Prätorianern erschlagen. Sein Nachfolger wurde der Sohn seiner
Tante (lulia) Mammaea:
5. Alexander Aug. (so in den Rechtsquellen immer), adoptiert von
Elagabal , was aber Alex, später verleugnete und sich Sohn des Antoninas
Magnus (A. 1) nannte. Als Caesar M. Aurelius Alexander, als Augustos
auch Severus, Geboren um 205, Kaiser seit 222, ermordet März 235.
Lamprid. Alex. 27, 5 ff.: facundiae graecae magis quam latinae nee versa
invenustus. . . vitas principum bonorum versibus scripsit. K. Salzer, die
syrischen Kaiser Heliog. und Alex. Sev., Heidelberg 1866. Lamprid. Alex.
44, 4 f.: rhetoribus, grammaticis, medicis, haruspicibus, mathAaticis,
mechanicis, architectis salaria instituit et auditoria decrevit et discipolos
cum annonis pauperum filios, modo ingenuos, dari iussit (in Rom), etiam
in provinciis oratoribus forensibus multum detulit, plerisque etiam anno*
nas dedit, quos constitisset gratis agere. 68, 1: ut scias qui viri in eias
consilio fuerint: Fabius Sabinus , Sabini insignis viri filius, Cato temporis
sui; Doniitius Ulpianus, iuris peritissimus; Aelius Gordianus , Gordiani imp.
filius scientia iuris insignis; lulius Paulus, iuris peritissimus; Claudius Vena-
cus, orator amplissimus; Catilius Severus, cognatus eius, vir omnium doc-
tissimus; Aelius Serenianus, omnium vir sanctissimus ; Quintilius Marcellus^
quo meliorem ne historiae quidem continent.
6. C. lulius Maximinus (litterarum fere rudis, Aur. Yict Caes. 2o)
und sein gleichnamiger Sohn, 3 J. lang Kaiser; J. 238 erschlagen von
Pupienus.
7. M. Antonius Gordianus (J. 158 — 238) und sein Sohn (Gerd,
iunior, 193—238) waren nur 36 Tage Kaiser. Der Vater, vita venerabilis, cum
Piatone semper, cum Aristotele, cum Tullio, cum Vergilio ceterisque vete-
ribus agens, alium quam merebatur exitum passus est, Capitol. Gord. 7» 1.
Adulescens cum esset . . poemata scripsit, quae omnia extant, et quidem
cuncta illa quae Cicero (oben 176, 2). . . scripsit praeterea quemadraodum
Vergilius Aeueidos . . ita etiam ille Antoniniados (libros), h. e. Antoninam
Pium et Antoninum Marcum versibus disertissimis libris XXX vitam Ulonun
et bella et publice privatimque gesta perscribens. et haec quidem pueni-
lus, . : ubi adolevit . . controversias declamavit etc. ib. 3, 3 f. Scripsit
et laudes soluta oratione omnium Antoninorum qui ante eum fuerunt. ib.
4, 7. Dessen Enkel (von einer Tochter, Orelli-Henzen 5529 f. vgl. CapitoL
Gord. 4, 2), Gordianus III, war Kaiser zuerst mit Clodius Pupienus Maxi-
mus und Caeciiiup ßalbinus, nach deren baldigem Untergang aber allein.
Duxit uxorem filiam Misithei (oder Timesithei) doctissimi viri , quem caosa
eloquentiae . . praefectum statim fecit, Capitol. Gord. 23, 6. Extat et
soceri eius ad eum epistula et ipsius Gordiani ad socerum, qua intellegi-
tur eius saeculum emendatius ac diligentius socero adiuvante perfectom,
ib. 24, 1 und die Briefe ib. 24, 2—25, 4. Oratio Gordiani ad senatum zum
Lobe des Timesitheus ib. 27, 4 ff. Aber Gordianus M. Philippi (A. 8) praef.
praet. insidiis periit sexennio imperii (Febr. 244), Victor Caes. 27, 8.
8. M. lulius Phihppus Arabs Thraconites und dessen Sohn Pbilippus
annoB potentiae quinque egere (Victor Caes. 28* l. U). J. 248 = 1001 d.
St. Feier des tausendjährigen Bestandes von Rom.
353 f. Uebendcht. Ulpianus. 779
9. C. Messius Q. Traiauus Decias, Siri^ienaiiim vico ortus, uud seiu
Sohn Etruscus (Caesar), im Kampfe gegen die Gothen gefallen J. 251.
10. GalluB und Hostilianus Augusti; doch stirbt Host, bald; des G al-
iud Sohn , VolusianuB , Caesar. Vater und Sohn durch Aemilius Aemilianus
verdrängt und getödtet, der aber selbst nur 3 Monate regierte, diese alle
zusammen nur zwei Jahre. Victor Caes. 30 f.
354. Fast ausschliesslich unter Garacalla's Regierung fällt
die schriftstellerische Thätigkeit des Juristen Domitius Ulpia-
nus aus Tyrus, praefectus praetorio unter Elagabal und Alexan-
der (Severus), unter Letzterem eine Zeit lang allmächtig, aber
auch ermordet (J. 228). Von seinen zahlreichen Schriften waren
die bedeutendsten die 83 Bücher Ad edictum und die 51 Bücher
Ad Sabinum. Sein Regularum Über si^gularis und Institutionum
libri n sind uns auch selbständig erhalten, aber nur zu einem
kleinen Theile. Lange fort standen seine Werke in hohem An-
sehen wegen ihrer stofflichen Reichhaltigkeit, verbunden mit
treflFendem Urteil, und ihrer klaren Darstellung. In den justi-
nianischen Digesten bilden die Auszüge aus seinen Schriften ein
volles Drittel des Gesammtwerkes.
1. ülp. Dig. L, 15, 1 pr.: est in Syria Phoenice splendidissiraa Tyri-
orum colonia, unde mihi origo est. Spartian. Pescenn. Nig. 7, 4: Paulus
(unten 355) et Ulpianus . . Papiniano in consilio fuerunt ac postea, cum
unns ad memoriam , alter ad libellos paruisset , statim praefecti facti sunt.
Laraprid. Heliogab. 16, 4: removit et Ulpianum ictum, ut bonum virum,
et Silvinum rhetorem , quem magistrum Caesaris fecerat. et Silvinus qui-
dem occisuB est, Ulpianus vero reservatus. Alexand. Sev. 26, 5: Paulum
et Ulpianum in magno honore habuit, quos praefectos ab Ueliogabalo alii
dicunt factos, alii ab ipso, nam et consiliarius Alexandri et magister scri-
nii Ulpianus fuisse perhibetur, qui tarnen ambo assessores Papiniani fuisae
dicuntur. Vict. Caes. 24, 6 : Domitium Ulpianum , quem Heliogabalus prae-
torianis praefecerat, eodem honore retinens Pauloque inter exordia patriae
reddito, iuris auctoribus, quantus erga optimos atque aequi studio esset
edoenit. Lamprid. Alex. Sev. 51, 4: Ulpianum pro tutore habuit, primum
repugnante matre, deinde gratias agente, . . atque ideo summus imperator
fiiit quod eins consiliis praecipue remp. rexit. 15, 6: negotia et causas
priuB a scriniorum principibus et doctissimis iurisperitis et sibi fidelibus,
quorum primus tunc Ulpianus fuit, tractari . . praecepit. 31, 2: neque
umquam solum quemquam nisi praefectum suum vidit, et quidem Ulpia-
üum, ex assessore semper suo, causa iustitiae singularis. Vgl. noch ib.
27, 2. 34, 6. 67, 2. Cod. VllI, 38, 4 (vom 30 März 222) : secundum respon-
sum Domitii Ulpiani, praefecti annonae, icti, amici mei. IV, 65, 4 (vom
l December 222): ad Domitium Ulpianum, praefectum praet. et parentem
meam. Dio LXXX, 1 : 'Ali^avdgog > ; Jofiititp Tivl Ovlm aviß x-qv xs xmv
öoQvqfOQmv UQOüxatsCuv xal xa. Xoma xr^g dgx'is inixgsips ngayiiaxa. ib. 2:
6 Ovlniavog noXXä fihv xmv ovx oqd'a^ vno xov ZagdavandXlov ngaid^iv-
780 I^ie Kaiserzeit. Drittes Jahrhundert.
toov inrjvmQd'foas , xov dl dr^ ^laoviavov xov t£ Xq^ctov dnoxreCvag, Tv
avxovg diadi^Titai, xal avtog ov noXXm vatfQOV vko xav doQvtpogav ixi-
&B(i>iv(ov ot vvKxog ytccxsavpdyr] , xainsg %al ngog x6 naldxiov dvaSgafLiov
Kai ngog avrov tov avxoKgdxoga Tifv xs fiTjtsga avxov %axa<pvyav. Der
Hauptanetifter dabei sei Epagathoa gewesen. Genaueres bei Zosim. I, 11.
Hieronym. ad a. 2242 =s 228 n. Chr.: Ulpiauus ictus assessor Alexaodri
insignissimus habetur. Es ist aber vielmehr sein Todesjahr.
2. Von Ulpian ist vor Severua' Tode (J. 211) herausgegeben nur der
über singularis de excusationibus, wovon die jüngere, unter Caracalla ver-
öffentlichte Schrift de officio praetoris tutelaris gewissermassen die zweite
Auflage ist (Mommsen). Der Edictcommentar ist, wenigstens in seiner
ersten Hälfte , gleichfalls unter Severus gesqhrieben , aber erst später her-
ausgegeben oder, wenn schon früher veröffentlicht, später noch' einmal
überarbeitet worden. Die grosse Masse seiner Pnblicationen fällt in die
Zeit der Alleinregierung CaracallaB (211— 217) oder hat doch in dieser Zeit
von ihm die Schlussredaction erhalten. Caracalla wird darin durchaus ale
lebend (imperator) erwähnt! Nur die fünf Bücher de adulterüs scheineD
unter Macrinus (oder Elagabal) verfasst. Fitting, d. Alter d. Schriften
S. 34—44, nebst Th. Mommsen, Zeitschr. f. Rechtsgesch. IX. §. 101 f. 113 f.
Ein Missverständniss ist Lamprid. Heliog. 16, 2: Sabinum consularem, ad
quem libros Ulpianus scripsit, . . iussit occidi. Vgl. vielmehr oben 265, 1.
3. Die sogenannten Fragmenta Ulpiani sind durch einen Vati-
canus saec. X erhalten und heissen dort Tituli ex corpore Ulpiani. Sie
gehören alle zu dessen Über singularis Eegularum. Er folgt darin nach
Anlage und Ausführung wesentlich dem Gajus. Am Anfang fehlt Einiges,
am Schlüsse Vieles; die Mitte ist mit wenige Verstand aus Ulpians Werk
excerpiert. Huschke, iurisprud. anteiust.* p. 467 — 470. Editio princeps
davon durch Jo. Tilius, Paris 1549. Ausgaben (meist mit den Inst., A 4)
von Hugo (Götti. 1788. 1811. 1814. 1822. 1834), E. Böcking (Bonn 1831.
1836. 1845. ed. IV Lips. 1855, mit einer Abhandl. von Th. Mommsen, de
Ulp. regul. libro sing.), J. Vahleu (Bonn 1856}. Auch in R. Gneist's Instii
syntagma (Lips. 1858) und Huschke's iurisprud. anteiust.« p. 472 — 521.
Heimbach, üb. Ulp.'s Fragmente, Leipzig 1834. K. D. A. ßöder. Versuche
zur Berichtigung von Ulp. Fragm., Gott. 1856. 99 S.
4. Vom ersten Buche der Institutionen des Ulp. wurden J. 1835
durch Endlicher in der Wiener Hofbibliothek auf dem Querstreifen eines
Einbandes Reste von zwei Blättern einer alten Hds. (vielleicht saec. V)
gefunden und veröffentlicht. Endlicher, de inst. Ulp. fragmento Vindob.
nuper reperto, Wien 1835. Vgl. Th. Mommsen, in Savigny's Zeitschr. f.
gesch. Rechtswiss. XV (Berl. 1850) S. 372 flF. Huschke, iurisprud. anteiofit.'
p. 522 — 524. Abgedruckt (s. A. 3) z. B. bei Huschke L 1. p. 525-527.
F. P. Bremer, de Dom. Ulp. instit. scripsit atque earimdem inst, rehqiiias
adiecit, Bonn 1863. 106 pp. Ausser jener Hds. finden sich 13 Stellen des
Werks in den Pandekten (Hommel, Paling. III. p. 411 — 413), andere in
der CoUatio legum.
5. Hauptwerke des Ulp. Ad edictum libri LXXXIII, nämlich 81 die
in den Pandekten excerpiert sind und deren Grundstock bilden (bei Hom-
mel, Palingenesia III. p. 39—383) und dazu 2 Bücher Ad edictum aedüiom
364. ülpiaDUS. 781
cumliam (ib. p. 383—394), sowie Ad Sabinam (vgl. A. 2) libri LI (Hom-
mel III. p. 459—589}. Ausserdem Ad legem luliam et Papiam libri XX;
Ad legem luliam de adulteriis libri II; Ad legem Aeliam Sentiam libri IV;
Protribunalium oder de omnibus tribunalibus libri X; De appellationibus
libri rV; De censibus libri VI; .Fideicoramissorum libri VI; De adulteriis
libri V (vgl. A. 2); De sponsalibus; De officio proconsulis libri X (B. VII
enthielt die ßescripte gegen die Christen und die mathematici, Lactant.
inst V, 11. Collat. leg. ^V, 2; vgl A. F. Rudorff, über den liber de off.
procos., Berlin 1866. 4. Abhandl. d. Berl. Ak. ) ; De officio consulis libri III ;
De officio quaestoris libri II (oder 1); libri singulares de officio consula-
rium, de off. curatoris reip., praefecti vigilum, praefecti urbi, praetoris tute-
larifl, de excusationibus (A. 2). Ferner Disputationum (publicarum) libri X,
Opinionum libri VI, Responsorum libri II, Institutionum libri II (A. 4),
Regnlarum liber singularis (A. 3), Regularum libri VII. Im Ganzen sind
aas diesen Schriften in die Pandekten 2462 Stellen aufgenommen; sie bil-
den T. III von HommeFs Palingenesia (618 pp.). Nur citiert werden Ul-
pians Pandectarum libri X, sowie seine Noten zu Aristo (Dig. XXIX, 7, 9),
Marcellus (ib. XX, 1, 27. XXVI, 7, 28, 1) und zu Papinian's Responsa (ib.
III, 5, 31, 2. L, 8, 3 pr.).
6. Cod. IX, 41, 11 (Diocletian, J. 290): vir prudentissimuu Domitius
Ulpianus in Publicarum disputationum libris ad perennem scientiae memo-
riam refert. Justinian Cod. VI, 25, 9 (J. 531): tam Ulpiano quam Papiniano,
viris disertissimis. VI, 51, 9: non ineleganter summi ingenii vir Ulpianus.
Novell. XCVII, 6, 1 : Oilniavov %6v aotpoitatov. Sein Schüler Modestinus
nennt ihn 6 ngduatog (Dig. XXVI, 6, 2, 5. XXVII, 1, 2 fin. 4, 1). Im Ganzen
war Ulpianus literarische Thätigkeit eine reproductive; die Originalität
Papinians geht ihm ab; aber er weiss seinen Stoff sicher zu beherrschen
und geschickt darzustellen. Auffallend ist dass er seinen Zeitgenossen
Paulus nie nennt, wie dieser ihn nur ein einziges Mal (Dig. XIX, 1, 43).
7. J. Lectius, de vita et scriptis D. U., Genf 1601 = Otto Thesaur. I.
H. Steger (F. C. Conradi), de D. U., Lips. 1725. 4. Zimmern, röm. Privat-
recht I, I. S. 36t— 374. F. A. Schilling, diss. de ü., Breslau 1824. G. Bruns
in Pauly's Real-Enc. VI, 2. S. 2697—2700. Rudorff, Rechtsgesch. I. S. 189
— 192.
8. In Handschriften welche die Notitia dignitatum enthalten findet
sich auch eine kurze Uebersicht der Verwandtschaftsgrade welche mit der
Terminologie des Gajus übereinstimmt und durch Klarheit sich auszeich-
net, daher Huschke (iurispr. anteiust.* p. 529) glaubt dass sie einem Werke
des Ulpian entnommen sei, den Regulae oder Instit. Abgedruckt bei Böcking,
Corp. iur. anteiust. p. 173 und in sr. Ausg. von ülp. Fragm.^ p. 183, bei
Huschke 1. 1. p. 530 f.
9. Das fragmentum de iure fisci, welches durch zwei Blätter der
CapitelsbibUothek in Verona erhalten ist und erstmals zusammen mit Gajus
veröffentUcht wurde, will Huschke, iurisprud. anteiust.' p. 536—538 gleich-
falls wegen der scribendi elegantia et tota tractandi ratio dem Ulpian zu-
schreiben, uud erklärt sich namentlich gegen die Urheberschaft des Paulus,
an welche z. B. Rudorff (Rechtsgesch. I. S. 193 f. 241 f.) glaubt, und gegen
die Versetzung in die Zeit Diocletians (zwischen 286 und 326), welche
782 I^iß Kaiserzeit. Drittes Jahrhundert.
C. W. Walch (de aetate fragm. veteria icti de i. f., Jena 18S8) vertheidigte.
Sicher ißt es aus dem Ende des zweiten oder Anfang des dritten Jahrh.
Abgedruckt ist dasselbe in Göschen's Ausgabe des Gajus (oben 339, 5), in
Böcking's Ausgaben des Ulpian; auch in Huschke's iurisprud. anteiust.*
p. 539—545. Edidit P. Krüger, Lips. (Teubner) 1868. 22 pp.
355. Ein noch fruchtbarerer Schriftsteller als Ulpian war
dessen Zeitgenosse Julius Paulus, gleichfalls unter Alexander
Severus praefectus praetorio und einflussreich. Er scheint den
Ulpian überlebt zu haben. Seine juristische Geltung war nicht
viel minder gross; doch steht er an schriftstellerischer Gewandt-
heit, Sorgfalt und Darstellungsgabe dem Ulpianus entschieden
nach. Die Stoflfe und Titel der beiderseitigen Schriften sind
vielfach dieselben. Zahlreiche Gegenstande behandelte Pau-
lus monographisch. Das umfassendste seiner Werke waren
seine 80 Bücher Ad edictum, das am meisten benützt« seine
Sententiae. Letztere sind in verkürzter Gestalt erhalten. Ausser-
dem bilden die Auszüge aus seinen Werken ein Sechstheil von
dem ganzen Umfang der justinianischen Pandekten.
1. Paulus war, wie Papinian, Schüler des Scaevola (oben 346, 1) and
Mitglied des kaiserlichen consilium (unter Septimius Severus). Paul. Dig.
XXIX, 2, 97 : Papinianus putabat , . . dicebam , . . prouuntiavit (imperator).
IV, 4, 38: victa tarn apud praetorem quam apud praefectum urbi provo-
caverat. putabam bene iudicatum , . . imperator autem motus est quod etc.
dicebam etc. movit etiam illud imperatorem etc. Vgl. ib. XLIX, 14, 50.
Früher Sachwalter (Dig. XXXII, 78, 6: cum vir ita legasset . . ego apud
praetorem fideicommissarium petebam . . nee obtinui), später Beisitzer
des praef. praet. unter Papinian; s. Paul. Dig. XII, 1, 40: lecta est . . (oben
348, 1) cautio huius modi. dicebam etc. Magister scrinii memoriae, unter
Elagabal verbannt, durch Alexander (Severus) zurückgerufen und zam
praef. praet. ernannt; s. oben 354, 1.
2. Die drei Bücher Decretorum und die Schriften de iurisdictione
tutelari (ed. II) und de excusationibus tutelarum sind schon vor dem Tode
des Severus (211} herausgegeben, die sententiarum libri V wie es scheiut
kurz nach Severus* Tod. Unter Caracalla fallen sicher die Tractate de
publicis iudicüs, de libertatibus dandis, ad orationem divi Severi, de
cognitionibus , vielleicht auch die zwei Bücher ad legem luüam und die
drei Fideicommissorum. Unter Elagabal (218—222) die Bacher de censibus.
Erst unter Alexander (222—235) mindestens abgeschlossen sind die Responsa.
Jedenfalls nach Caracalla's Tode (217) verfasst sind die Abhandlungen de
adulteriis und de iure libellorum , und abgeschlossen (unter Elagabal oder
Alexander) der Edictcommentar. Im A%eraeinen bietet Paulus, wegen
seiner geringeren Genauigkeit in den Angaben , wenig Anhaltspunkte für
die Bestimmung der Abfassungszeit seiner Schriften. Vgl. Fitting, üb. d.
Alter d. Schrr. S. 44—60 und dazu Th. Mommsen, Ztschr. f. Rechtsgesch.
IX. S. 106 f. 111 f. (A. 53). 114-116.
J
355. Der Juriat Paulus. 783
3. Die Sententiarum ad filium libri V waren eine Art von juri-
stischem Vademecum , enthaltend die unbestrittenen Grundsätze über die
häufigsten Rechtsverhältnisse, ohne Begründung und Quellennachweise,
nach der Ordnung des Edicts. Ihre Fasslichkeit und Kürze empfahl sie
den Laien und verschaffte ihnen öffentliche Geltung in einer Zeit welche
von langen Controversen nichts wissen wollte. Verordnung Constantins
von 327 (Cod. Theod. 1, 4, 2) : Sententiarum libros , plenissima luce et per-
fectiaaima elocutione et iustissima iuris ratione succinctos, in iudiciis pro-
latos valere non dubitatur. Theodosius II und Valentinian III (J. 426) er-
weiterten diess (Cod. Theod. I, 4, 3): Pauli sententias semper valere
praecipimus; vgl. Consult. 7, 3. Für die lege» barbarorum bildeten diese
Sent. die Hauptquelle des geltenden Rechtes (daher receptae sent.). Da-
durch dass sie, aber in weiterer Abkürzung, in das Breviarium Alarici
Aufnahme fanden sind sie auf uns gekommen. Die dortigen Excerpte
werden ergänzt durch Anführungen in den fragmeuta Vaticaua, der Col-
latio legum, Consultatio und besonders in den Digesten. Vgl. Huschke,
iorisprud. anteiust.* p. 352—358. Ausgaben bes. von Ciyacius (15G6) und
von J. A. Schulting (Inrisprud. vetus anteiust.) , L. Arndts (im Bonner Cor-
pus iuris anteiust. und Bonn 1833), G. Häuel (Lex Rom. Visigoth., Lips.
1849), Huschke (iurisprud. anteiust.* p. 359 — 4G5) u. a. Die Auszüge in
den Pandekten bei Hommel Paling. II. p. 227—268.
4. Durch den index Florentinus und die Pandekten , sowie die Fragm.
Vaticana kennen wir die weite Ausdehnung der Schriftstellerei des Paulus :
Ad edictum Hbri LXXX, wozu Ad edictum aediUum curulium libri (II?),
und die kürzere Bearbeitung (mit Nachträgen) Brevium libri XXIII (oder
ad edictmn de brevibus). Quaestionum libri XXVI; Manualium libri III;
Sententiarum V (A. 3); Institutorum II (vgl. Huschke, iurisprud. antei.'
p. 466); Regularum VII. Responsorum libri XXIII; Decretorum III; De-
cretorum s. imperialium sententiarum in cognitionibus prolatarum oder
Factorum libri VI. Ad Sabinum libri (XVII?); ad Vitelüum libri IV (? vgl.
Mommsen ad Dig. XXXII, 78 pr. Ztschr. f. Rechtsgesch. IX S. 116); Epito-
marum Alfeui (oben 195, 2) libri VIII; Labeonis nst&ctv^v libri VIII; ad
Plautiom libri XVIII; ad Neratium hbri IV; Notae ad lulianum, Scaevo-
lam, Papinianum. Ad legem luliam et Papiam hbri X; ad legem Aeliam
Sentiam libri III; ad legem luham hbri II. De adulterüs libri III; Fidei-
commissorum libri III; de officio consulis II; de off. proconsulis II; de ceu-
sibus II; de iure fisci II. Ausserdem 59 libri singulares über alle Gebiete
des Rechte. So de legibus, ad legem Cinciam, municipalem, Falcidiam,
Velleiam, Fusiam Caniniam; de senatus consultis; ad S. C. Orfitianum,
Tertullianum , Silanianum, Turpilianum, Velleianum, Claudianum, Libonia-
nura; ad orationem divi Marci, divi Severi; de iure libellorum; ad regulam
Catonianam; de iure singulari; de iuris et facti ignorantia; de variis lectio-
nibus. De officio praefecti urbi, praefecti vigilum, praetoris tutelaris, asses-
8oram; de iunsdictione tutelari (in zwei Ausgaben), de excusationibus
tuielarum; de gradibus et affinibus; de dotis repetitidne; de donationibus
inter virum et uxorem; de intercessionibus feminarum; de usuris. De
testamentis mehrererlei Monographien. De Ubertatibus dandis; de assig-
iiationc libertorum; de iure i>atronatu8. De actionibns, .concurrentibus
784 I^ie Kaiserzeit. Drittes Jahrhundert.
actionibus, conceptione formularum , hypothecaria formula, cognitionibus,
liberali causa, septemviralibus iudiciis , appellationibus. De poenis omniuin
legum, poenis paganorum, militum; de portionibus quae liberis damna-
torum conceduntur; de publicis iudiciis, extraordinariis criminibus, adul-
teriis. Im Ganzen finden sich in den Digesten 2080 Auszüge aus seinen
Schriften; s. Hommel, Palingenesia IL p. 3—300.
5. Modestin. Dig. XXVII, 1, 13, 2 (oben 346, 3). Gordianos im Cod.
V, 4, 6 (J. 239), Diocletian ib. IX, 22, 11 (J. 287) u. Justinian. const. Omnem
(Dig. prooem.) 5: responsum viri prudentissimi Pauli. In Folge der Gel-
tung seiner sententiae (A. 3) heisst P. iuridicus schlechtweg Consult. 7, 3
und bei Isid. Orig. V, 24, 30.
6. A. A. Pagenstecher, lul. Paulus, in d. Sylloge diss., Brem. 1713w
E. A. 0. C. Pagenstecher, Paulus iniuria vapulans, Wetelar 1726. 4. (= Trac-
tat. iur. I. Würzb. 1734). F. C. Conradi, J. P. ab iniuria criticorum vindi-
catus, Heimat. 1733 (= Parerg. IV. p. 507 ff.). Zimmern, Privatr. I, 1.
S. 368—371. 374-378. G. Bruns, in Pauly's Real-Enc. V. S. 1251 f.
Rudorff, Rechtegesch. I. S. 192-195.
356. Neben diesen Grössen der Jurisprudenz wirkten und
schrieben in dieser Zeit auch noch eine Anzahl Juristen zwei-
ten und dritten Ranges, unter welchen die bedeutendsten waren
Aelius Marcianus, Aemilius Mac er und besonders der Schü-
ler UlpianS; Herennius Modestinus, welcher sein Werk über
die excusationes griechisch, die übrigen aber lateinisch schrieb.
1. Paul. (Quaest. XII) Dig. XL, 13, 4: Licinius Rufinus lolio
Paulo: . . quaero . . > peto itaqne plenissime instruas. XXIV, 1, 41: Lid-
nius Rufinus libro VI Regularum: . . nam et Imp. Antoninus (Caracalla,
8. Moramsen, Ztschr. f. Rechtegesch. IX. S. 102, A. 24) constitoit etc.
XLII, 1, 34: Licinius Rufinus libro XIII Regularum (ind. Flor, weiss nar
von XII BB.). Die 13 Digesten -Excerpte aus diesem Werke bei Hommel
Paling. II. p. 399 f. Abhandlungen de L. R. von H. J. 0. König (Haue
1772. 4.) und C. A. H. Clodius (Lips. 1791. 4.).
2. Inst. IV, 3, 1: sie et Homerus in Odjssea ait, sicut Aeliui
Marcianus in suis Institutionibus refert. Vgl. Dig. XXXII, 65, 4. Im
Ganzen waren es 16 Bücher, in der Hauptsache nach Gajus, jedoch im
Familien- und Erbrecht mit Anschluss an Sabinus und unter Anfügimg
des ius extraord. (Straf-, Fiscal- und Eriegs-Recht) ; verfasst nach dem Tode
des Caracalla (divi Severus et Antoninus). Auch alle andern Schriften des
Marcianus sind nach Caracallas Tod (217) abgefasst, da er immer entweder
divus Antoninus oder Ant. Magnus (Magnus Ant.) oder divus Magnus Ani
genannt wird; nämlich Publicorum iudiciorum libri II (worin auch Papi*
nianus Respons. XVI citiert wird) , Regularum libri V, und die libri singa*
lares de delatoribus und ad formulam hypothecariam. Von den zwei
Büchern de appellationibus ist wenigstens sicher dass sie nach Sever^i
Tode geschrieben sind. Fitting, Alter d. Schrr. S. 50—52 mit Mommseo,
Ztschr. f. Rechtsgesch. IX. S. 106 f. 109. 112. Kein Zeitmerkmal enthalten
356. MarcianuB, Modestinus u. a. Juristen. 785
die üeberreste des liber Bing, ad SC. Turpilianum und der Notae ad Papi-
nianum. In den Digesten sind diese Schriften 275 Mal benutzt; s. Hom-
mel Paling. I. p. 399—436. Rescripte an (diesen?) Marcianus von Alexander
(Cod. II, 13, 6 und X, 58 aus J. 223. VII, 21, 4 aus J. 228) und von Gor-
dianus (Cod. lY, 21, 4) aus J. 239. G. Oelrichs, de vita, studiis, honoribus
et scriptis Ael. M. icti, Utrecht 1754. 4. Zimmern, röm. Privatr. I, 1. S. 380 f.
3. Aemilius Macer, Verfasser von je zwei Büchern Publicorum
iudiciorum, Ad legem vicesimae hereditatum, De officio praesidis, De
appellationibus, De re militari, welche in den Pandekten an 62 Stellen
benützt sind; s. Hommel Paling. L p. 341 — 350. Die Schrift de app. ist
sicher unter Alexander verfasst (Dig. XLIX, 13, 1), die anderen jedenfalls
nach dem Tode des Severus. Ulpian, Paulus und Menander werden darin
wiederholt erwähnt. Fitting, Alter d. Schrr. S. 52 f. Von einem A. Aem.
Macer eine devote Inschrift zu Ehren des Caracalla vom 15. Aug. 216 bei
Orelli 930.
4. Florentinus, Verfasser von Institutionum libri XII nach dem
System des Gajus, in den Digesten mitbenutzt; s. Hqmmel Paling. I.
p. 175 — 178. Es wird darin divus Pius, Aquilius Gallus und Trebatius
genannt. Er wäre sicher der Zeit des Alexander zuzutheilen wenn fest-
stünde dass der im Cod. III, 28, 8 vom J. 223 (Imp. Alexander Aug. Flo-
rentino) Genannte er sei. Abhandlungen über ihn imd seine Üeberreste
von A. F. Rivinus (Wittenb. 1752. 4.), C. F. Walch (de Flor, icti philoso-
phia, Jena 1764 = Opusc. I. p. 337—346), J. Th. Mathews (Lugd. B.
1801. 4.), Th. Schmalz (Königsberg 1801).
5. lulius Aquila (im ind. Flor, wohl unrichtig Gallus Aq.)i Verfasser
von zwei Büchern Besponsa, welche in den Digesten zweimal (XXVI, 7,
34. 10, 12) ausgezogen sind. Zimmern, röm. Privatr. I, 1. S. 386 f.
6. Furius Anthianus verfasste einen Edictscommentar, von welchem
der ind. Flor, {tiigog id^yitov ßißXia nivts) noch 5 Bücher kennt. Die
drei Excerpte aus dem ersten Buch die sich in den Digesten (II, 14, 62.
IV, 3, 40. VI, 1, 80) finden geben keinen Anhalt zur Bestimmung seiner
Zeit. P. F. Besier, de F. A. icto, Lugd. B. 1803.
7. Aelius Florianus Herennius Modestinus (nach der Fullonen-
inschrift bei Kellermann Vig. laterc. p. 30 = Rhein. Mus. XXI. S. 10 f.).
ülp. Dig. XLVII, 2, 52, 20: quod et Herennio Modestino, studioso meo,
de Delmatia consulenti rescripsi. Capitol. Maximin. iun. (geb. 217) 1,5:
grammatico latino usus est Philemone, iurisperito Modestino. Imp. Gordia-
nus J. 239 (Cod. III, 42, 5): merito tibi a non contemnendae auctoritatis
icto Modestino responsum est. J. 244 praef. vigilum in Rom (FuUonen-
Inschrift 1. 1.). Vgl. Arcad. Charis. Dig. L, 4, 18, 26: mixta munera ..
Herennius Mod. et notando et disputando et optima ratione decrevit.
Schriften des Mod. : Excusationum libri VI (griechisch) ; Differentiarum IX
und Regularum X (Huschke, iurisprud. anteiust.' p. 546); Pandectarum XII;
Respousorum XIX; Ad Q. Mucium mindestens XXXI Bücher; De poenis VI;
libri singulares de enucleatis casibus, heurematicis , dififerentia dotis, in-
officioso testamento, manumissiouibus , praescriptionibus, ritu nuptiarum,
legatis et fideicommissis, testamentis. Zusammenstellung der 344 Excerpte
daraus in den Digesten bei Hommel Paling. I. p. 453 — 494. Keiner der
Teuffcl, rön». Lileralurg-oschichfc. 50
786 ^^6 Kaiserzeit. Drittes Jahrhundert.
üeberreste weist mit Sicherheit über die Zeit von Caracalla*8 Alleinregienmg^
hinaus. Bestimmt nach Caracalla's Tod verfasst sind die libri differen-
tiarum, Fandectarum, Excusationum; unter Alexander der über sing, d^
enucleatis casibus. In B. I der Excusationes (Dig. XXVI, 6, 2, 5) wa^:-
Paulus libro IX Besponsorum (oben 355, 2) angeführt, so dass dieselbecs.
frühestens unter Alexander verfasst sein können. Widmung dieses Werke*^
(nagaittjcig initgonrjg xcxl HOvgaxoQiag) an Egnatius Dexter, Dig. XXYIU^
1, 1. Fitting, d. Alter d. Schrr. S. 53—55. Im Allgemeinen s. Zimmens^
röm. Privatr. I, 1. S. 383—386.
357. In den ersten Jahrzehnten des dritten Jahrh. schnell
der von Charisius sehr stark benützte gelehrte Grammatiker C
lulius Romanus. Um dieselbe Zeit war auch Censorinas
thätig, Verfasser mehrerer grammatischer Werke. Auf uns ge-
kommen ist seine Schrift de die natali, einem reichen Gönner
Namens Q. Caerellius gewidmet und im J. 238 verfassi Sie
ist hauptsächlich aus Suetonius geschöpft und enthält werthyoUe
Angaben für Geschichte und Chronologie. Die Behandlung ist
rhetorisch. Endlich scheint der auf Caesius Bassus sich stützende
Metriker Atilius Fortunatianus gleichfalls dieser Zeit an-
zugehören.
1. G.t lulius Romanus (Charis. p. 230, 1 E.) ist unter den tod
Charisius benützten Grammatikern der kenntnissreichste (disertassmiB fl^
Artis scriptor, ib. p. 232, 7). Aus ihm nimmt Charisius ganze grosse Ab- |^
schnitte, wie über die Analogie (p. 116 — 147) und die Adverbien (p- 190
—-224), wörtlich in sein Buch herüber, so wortgetreu dass er auch ^
Verweisungen des Bomanus auf andere Theile seines Werkes oder andere li^
Schriften mit abschreibt, wie de consortio casuum (Charis. p. 132, Sl), de ^u
consortio praepositionum (p. 209, 20 f.), nsgl oQd-oyQafp^ag quaestiooei
(p. 135, 15), de distinctionibus u. s. w. Das von Char. benützte Werk dei
Bomanus war vielleicht ein einziges jifpogiial betiteltes, und alle specieUen
Titel, wie liber de analogia (Charis. p. 56, 4. 114, 1. 116, 29), über de
adverbiis (ib. p. 114, 28), nur Theile davon. VgL Charis. p. 230, 1: 6.1
B. libro dq)OQfioiv sub titulo de coniunctione; p. 238, 16: I. B. libro a^of-
^c5v sub titulo de praepositione. Ein Erkennungszeichen des I. R. üt
dass er den Vergilius regelmässig Maro nennt. Da I. B. den Briefwechiä
des Fronto mit M. Aurelius (Charis. p. 223, 26) und den Apulejus (ib.
p. 240, 28. 248, 5) citiert, sowie den Hdenius Acro (oben 352, 1) und Po^
phyrio (oben 352, 3), so wird er in die erste Hälfte des dritten Jahrh. zb
setzen sein. Die Quellen des Bom. sind bes. Plinius und Flavins Caf&i
auch Asper und Terentius Scaurus. Vgl. F. Osann, Beiti^e II. S. 387
—330. H. Keil, grammatici lat. I. p. XLV— XLVIII. A. Schottmüller, de
Plini libr. gramm. I. p. 32 ff. W. Christ, Philologus XVm. S. 121-123.
2. Priscian. I, 17 (p. 13, 19 f. Htz.]: Censorino, doctissimo aztii
grammaticae. Vgl. ib. 16 (p. 13, 9). Bei Cassiod. de art. gramm. 1 wird
er neben Polemon, Phocas und Probus genannt. Priscian. XIV, 1, 6 (TL. p. 27,
^
357. Grammatiker: Romanus. Censorinus. 787
3 H.): Censorinus plenissime de bis docet in libro quem de accentibus
cribit. Grössere Stelle daraus ib. 4, 40 f. (p. 45—47 H.). Vgl. Cassiod. de
»ns. p. 576.
3. Cassiod. de mus. p. 573 (vgl. ib. p. 577): Censorinus, qui ad Q.
terelUum scripsit de natali eins die. Abfassung J. 238; s. 18, 12. 21, 6
ic ^Liinus, cuius velut index et titulus est Ulpii et Pontiani consulatus,
ea-fc a Roma condita DCCCCXCI««). Aus der Widmung (c. 1): te, Q.
e:r dli, virtutis non minus quam pecuniarum divitem ista non capiunt,
[IL od sapientium disciplina formatus satis liquide comperisti huiusmodi . .
) -K-eov (iiamv etc. quare cum dona pretiosa neque tibi . . desint nee
i x^er rei tenuitatem supersint, quodcumque hoc libri est meis opibus
iE>suratum natalicii titulo tibi misi. in quo non, ut plerisque mos est,
^:3c ethica parte philosophiae praecepta ad beate vivendum quae tibi
l>^Yem mutuatus sum, aut ex artibus rhetorum locos laudibus tuis cele-
J^dis persecutus, . . sed ex philologis commentarüs quasdam quaestiun-
as delegi, quae congestae possint aliquantum volumeu efficere. iam
ro cum tiio collatu scirem me plura didicisse, . . ego a quo plura in
tex-ifi percepi tibi baec exigua reddo libamina. c. 15: quare, sanctissime
J^^elli, cum istum annum (das 49ste) . . sine ullo incommodo transieris,
^^rst du das 81ste erleben). . . quem veterum nunc memoria suspicimus
iTudentia vel temperantia vel iustitia vel fortitudine tibi antestare dici-
■A^^*^ .. tu officiis municipalibuB functus, bonore sacerdotii in principibus
^'^^^ civitatis conspicuus, ordinis etiam equestris dignitate gradum provin-
^^^xim supergressus . . omnium omnino amorem cum maxima gloria con-
secutuB es. . . de eloquentia quoque sileo, quam omnia provinciarum no-
'^^Änim (Spanien oder Gallien?) tribunalia, omues praesides noverunt}
^^am denique urbs Roma et auditoria sacra mirata sunt.
4. Censorinus prunkt mit seiner Gelehrsamkeit und nennt eine Menge
ClUeist griechischer) Schriftsteller, von denen er gewiss viele nie zu Ge-
richt bekommen hat. So von Lateinern den Fulvius, Iimius Gracchanus,
uicinios Macer, Fenestella und vielleicht auch den Varro, so oft er diesen
^Uch anführt Die Uauptquelle war wohl Suetons Pratum (Reifferscheid
^HeL p. 434). Vgl. Jahn p. IX. Auf Horaz spielt Cens. öfters an (1, 1 ff.
55» O. IV, 8. 8, 6 = 0. I, 1, 2). In der Behandlung des Stoffes zeigt er
[uaesita sermonis elegantia, quae nobis quidem nimia videtur et affectata,
t rhetoricum artificium (Jahn p. X). Eine einfache sachgemässe Darstel-
iDg mochte der Bestimmung der Schrift als Festgabe zum Geburtstag
icht würdig erscheinen. Diese Bestimmung bildet den Mittelpunkt der Er-
rterong. Zuerst wird das der Geburt Vorausgehende (Zeugung u. s. w.)
bgehandelt, mit einer kühnen Wendung (12, 1: nee vero incredibile est
d nostros natales musicam pertinere) die Musik mit hereingezogen, die
«bensstufen abgehandelt, dann die verschiedenen Arten der Zeiteinthei-
mg (c. 17 ff.). Mitten in der Besprechung der Theile des Tages und der ^^
[acht and ihrer Benennungen (24, 6) brechen die Handschriften ab.
5. Das Schriftchen ist überliefert besonders durch den codex Darm-
tadiensis saec. VII und den meist mit ihm stimmenden Vaticanus saec.
L, in ziemlich verdorbener Gestalt. Die übrigen Hdss. haben alle sehr
renig Werth. 0. Jahn p. XVI— XXII. Wegen Verwandtschaft des Inhalt
50*
788 Die Kaiserzeit. Drittes Jahrhaudert.
unmittelbar angehängt ist in den Hdss., aber noch corrupter, ein Brach-
stück dessen Verfasser, Zeit und Zweck anbekannt ist, und das znerst
de naturali institutione handelt, dann de caeli positione, de stellis fixii
et errantibus, de terra, von da aber überspringt zu Erörterungen de
geometrica, formis, figuris, postulatis; welche aus Euklid übersetst sind,
und darauf ebenso unerwartet handelt de musica (Geschichte) , de rythmo,
de musica (theoretisch), de modulatione, de metris i. e. numeris, de legi-
timis numeris, de numeris simplicibus. Also wohl Theile eines encyklopi-
dischen Werkes. 0. Jahn p. XI: hoc fragmentum . . praeter multa toI-
garia atque inepta haud pauca tarnen continet aliunde non nota, qnae
satis probant scriptorem (besonders in den Abschnitten über Musik uikI
Metrik) fontibus antiquioribus usum esse. Insbesondere hebt er die Ueber-
einstimmung mit manchen Partien der Scholien zu Germanicus (oben 259,
8) hervor, was sich wohl aus Gemeinsamkeit der Quelle (Suetons Prata/)
erklärt. Dieses Bruchstück wurde zuerst durch Carrio von dem Werke
des Censorinus abgetrennt und ist abgedruckt in den meisten Ausgaben
des Letzteren, z. B. von 0. Jahn p. 75—100 (vgl. p. X— XIII), von Hultsch
p. 55—73.
6. Ausgaben des Censorinus. Ed. princeps Bonon. 1497 fol. Aldioa
Yen. 1581. Rec. L. Carrion, Lutet. 1583. Lugd. B. 1593. Bec et ill. H.
Lindenbrogius, Hamburg 1614. 4. Lugd. B. 1642. Cantabr. 1695. Ed. £.
Puteanus, Lov. 1628. 4. Ex rec. A. Götz, Alt. 1742. Ex rec. Havercampi,
Lugd. B. 1743. 1767. Cum adn. J. S. Gruber, Norimberg. 1805. 1810. Erste
kritische Ausgabe : Bec. et emend. 0. Jahn, Berlin 1845. Rec. Fr. Hultsch,
Lips. Teubner 1867.
7. Beiträge zur Textkritik des Cens. von L. Urlichs (Eos II. S. 458
—460. Rhein. Mus. XXIL S. 465—476), F. Hultsch (Eos IL S. 623-626),
F. Lüdecke (Götti. Gel. Anz. 1868, S. 482—486) , M. Schanz (spec crit ad
Plat. et Censorinum pertinens, Götti. 1867).
8. Atilius Fortunatianus gehört zu der Gruppe derjenigen Me-
triker welche an der Bezeichnung Bacchius (für ^) und Antibacdiios
(für w ), der Ableitung aller Metra aus dem dactylischen Hexameter
und iambischen Trimeter, sowie der speciellen Berücksichtigung der ho-
razischen Metra gemeinsame Merkmale haben, die auf Benützung derselben
Quelle (wahrscheinlich des Caesius Bassus, oben 287, 1 — 3) hinweisen
Unter diesen wird aber At. darum der älteste sein weil er noch nidrt
wie luba (unten 366, 7 f.) und Terentianus (unten 372) den Septimius Se-
renuB (unten 360, 3) zu kennen scheint (p. 321 vgl. mit Ter. 1889 ff.). Sr
behauptet (p. 330 G.): hoc libro . . quem paucis diebus composui et me-
moria tantum adiuvante, welches Letztere jedenfalls unrichtig ist; in eiser
Nachschrift stellt er die Abfassung von libri de melicis poetis et de iis-
gicis choris in Aussicht. Die Darstellung des At. stimmt in allem Weteat*
liehen mit der des Terentianus überein, ofk wörtlich; doch ist die des fr*
steren im Ganzen reichhaltiger, hat mehr Beispiele, und namentlich uA
aus griechischen Dichtem. Eine planmässige Ordnung aber ist nicht er*
kennbar. Bei Putsche gramm. lat. p. 2661—2685, bei Gaisford 8cn|>tor9
lat. rei metr. p. 312—382. H. Wentzel, Symb. critt (Bresl. 1858) p. 7-n.
J. CäÄar in Pauly's Real-Enc. I, 2. S. 2026 f. R. Westphal, allg. Metrik
(1865) S. 72 — 76. 93 f. = griech. Metrik« L S. 153-167.
357. Fortunatianus u. a. Grammatiker. 789
9. In den Handschriften und Ausgaben (bei Putsche p. 2685 — 2706,
bei Gaisford p. 333 — 362) folgt auf Atilius die Metrik eines Anonymus
CDonaiiauus? Gaisford p. V. VIII f.) aus unbekannter Zeit, doch nach
dem echten Atilius und vor Marius Victorinus, da dieser noch nicht be-
nützt ist. Nach dem Vorwort ist sie gewidmet einem jungen Römer von
Rang, welcher die Rhetorik studiert und eine Darstellung der Horatiana
metra verlangt hat. Von seiner Arbeit behauptet der Verf.: carptim quae
memoria digua videbantur de multis auctoribus excerpta perscripsi. In
Wahrheit stimmt sie sachlich genau mit der ausführlicheren des Marius
Victorinus zusammen und stammt daher aus derselben Quelle, etwa luba
l unten 366, 7 f.). Ausführlich sind schliesslich (p. 351 — 362) die metra
Horatiana behandelt. Gewöhnlich nennt man diese Metrik Atilius II,
Westphal Pseudo- Atilius. Vgl. J. Cäsar a. a. 0. (A. 8), H. Wentzel p. 11
— 13, und Westphal, allg. Metrik S. 45. 93 f. = griech. Metrik« I. S. 128.
Th. Bergk, de loco Atilii Fort, ubi de Hör. metris agit, Halle 1863. 4.
10. Lamprid. Alex. Sev. 3, 2 f.: in prima pueritia litteratores habuit
Valerium Cordum et T. Veturium et Aurelium Philippum libertum patris,
qui vitam eins postea in litteras misit; grammaticum in patria Graecum
Nehonem, rhetorem Serapionem, philosophum Stilionem, Romae gramma-
ticoB Scaurinum Scaurini- filium , doctorem celeberrimum , rhetores lulium
Frontinum et Baebium Macrianum et lulium Granianum, cuius hodieque
declamatae feruntur. Capitol. Maximin. 27, 3—5 : usus est magistro Graeco
litteratore Fabillo, cuius epigrammata graeca multa et exstant. . . gram-
matico latino usus est Philemone, iuris perito Modestino (oben 356, 7),
oratore Titiauo, filio Titiani senioris (oben 343, 10), habuit et graecum
rhetorem Eugamium sui temporis darum.
' 11. M. Damatius Urbanus, summarum artium liberalium litterarum
studiis utriusque linguae perfecte eruditus, optima facuudia praeditus etc.
Inschrift aus Sitifis (Africa) vom J. 231 bei Henzen 5607 c= Renier Inscr.
de TAlg. 3338.
368. Die Geschichtschreibung hatte in Marius Maxi-
m u s einen Fortsetzer der, suetonischen Kaiserbiographien für
die Regenten von Nerva bis Elagabal, in grosser Weitschweifig-
keit, doch nicht ohne Sinn für Wahrheit. Die erste Hälfte der
Historia augusta ist eine dürftige Bearbeitung seines Werkes.
Neben ihm nennen deren Urheber als Vorgänger und Quelle
besonders häufig den lunius Cordus, welcher minder bekannte
Imperatoren von Clodius Albinus bis zu Maximus und Balbinus
beschrieb, mit Eingehen auf die kleinlichsten Einzelheiten; Aemi-
lius Parthenianus, Aelius Maurus, Marcellinus u. A. In griechi-
scher Sprache verfasste Herodianus eine Geschieht« der selbst-
erlebten Zeit vom Tode des Marcus (Aurelius) bis zum Regie-
rungsantritt von Gordianus III (J. 180 — 238) in acht Büchern,
Cassius Dio aber eine römische Geschichte in achtzig Büchern,
790 I^iß Kaiserzeit. Drittes Jahrhundert
von der Gründung der Stadt bis zum J. 229 n. Chr. (982 d. St.).
Noch umfassender waren die Arbeiten des Sex. Julius Africanus,
des Urhebers der vergleichenden heidnisch-christlichen Chrono-
logie.
1. Cassius Dio Cocceiauus aus Nikäa in Bithjnien, um J. 155—230
n. Chr., Cos. (unter Macrinus, 221?) II unter Alexander J. 229. Zehnjäh-
rige Vorarbeiten zu seinem Geschichtswerke, zwölf Jahre lang Ansarbeitung.
Die J. 222—229 sind nur summansch behandelt. Vollstäiidig erhalten dnd
die Bücher 37—54, umfassend die Jahre 689 — 744 d. St.; von den ersten
34 Bücheni nur spärliche Ueberreste, grössere von B. 35 und 36. Die
späteren Theile kennen wir durch die constantinischen Excerpte, den Aus-
zug des Xiphilinus und des Zonaras. Vom J. 180 an schildert Dio Selbst-
erlebtes (LXXII, 4). Ausgaben von F. W. Sturz (Lips. 1824. 1843. 9 Voll.),
Imm. Bekker (Lips. 1849. 2 Voll) und L. Dindorf (Lips. Teubner 1863
— 1865, 5 Voll.). De Dionis Cassii fontibus et auctoritate Abhandlungen
von R. Wilmans (Berol. 1835) und Grasshof (Bonn 1867). Schwegler, röm.
Geschichte I. S. 124 f.
2. Aehnlicheii> Gegenstand hatte des Asinius Quadratus Xiluxi^
oder XiXiagx^cCj eine Geschichte des römischen Reiches während seines
tausendjährigen Bestandes in 15 Büchern. Auch ilotp^txa und Fsgirnnta
verfasste er; s. Pauly^s Real-Enc. I, 2. S. 1868 f., Nr. 28.
3. Hieron. vir. ill. 63: lulius Africanus, cuius quinque de tempo-
ribus extant Volumina, sub imp. M. Aurelio Antonino qui Macnno sncces-
serat (also unter Elagabal) legationem pro instauratione urbis Emmaos
suBcepit. . . extat eins ad Aristiden epistola, in qua supeif Statpavia
quae videtur esse in genealogia salvatoris apud Matthaeum et Lucam
plenissime disputat. Von ihm rührt die Ausetzung von Chr. Geburt aof
J. 5500 der Welt her. Fortgeführt war sein xQOvoloymov juyxdßißlof
bis auf J. 218 n. Chr. Ideler, Handbuch der Chronologie II. S. 456 £
Ein Nachfolger von ihm war Hippolytus aus Portus, dessen Ostertafel
für die Jahre 222—237 auf einer Marmorplatte (welche zugleich die Schrif-
ten des Hipp, aufzählt, z. B. Kgovind) im Vatican aufbewahrt ist TL
Mommsen, der Chronograph vom J. 354 (Leipzig 1850) S. 595 f. 597 f. 610.
4. Herodian schrieb Trjg fietd Magnov ßaailsiag tatogiaty in deren
Eingang er, im Gegensatze zu den meisten Geschichtschreibem , welche
trig filv dXrjd'eiag iv taig oiq>riyi^asatv daliycogriaavy ovx ftitiata Sl i%tfu-
Xijd'Tjaav (pQtiascog xb xal svqxoviagy von sich sagt: iym Öl tctogiav ov
nag* alXoav dnode^dfisvog ayvmaxov xb xal dfjLugxvgov, vno vBaga dl rj
xoav ivxsv^oiiivoav fivi^firjt (isxd ndarjg dngißs^ag rjd'goiaa stg avyygaffp,
eine Erklärung die in keiner Weise beeinträchtigt wird dadurch das er
fortfahrt: ovx dxBgnii x-qv yvmaiv xal xoig vaxsgov ^csad'ai «gogdon^csi
^gymv fiBydXmv xb xal noXXdav iv oXiyip zgovip yBvoykivoiv. Nur ist zoza-
geben dass Dio vermöge seiner höheren Stellung öfters mehr in der Lage
war das Richtige zu kennen. Ausgaben von F. A. Wolf (Halle 1793),
I. Bekker (BeroL 1826. Lips. Teubner 1855). E. Volkmann, de H. vita,
scriptis fideque, Königsberg 1859. J. V. Poblocki, de H. vita, ingcnio,
scriptis, Münster 1864. R. Sievers , über das Geschichtswerk des H., Pbi-
358. Marius Maximus u. a. Geschichtschreiber. 791
lologus XXVI. S. 29—43. 263-271. E. Brocka, de IV prioribus b. aug.
Script. (1869) p. 46—69.
5. Orelli-Henzen 5502 (aus Rom): L. Mario L. f. Quir. Maximo
Perpetuo Aureliano cos. (J. 195; II. J. 223], sacerdoti feciali, leg. Augg.
pr. pr. provinciae Syriae etc. Vgl. ib. 2275. Borgbesi, iscrizione ardea-
tina di M. M., Oeuvres V. p. 455—484. Capitol. Clod. Alb. 12, 14: quae
qui diligentius scire velit legat Marium Maximum de latinis scriptoribus,
de graecis scriptoribus Herodianum, qui ad fidem pleraque dixerunt.
Vopisc. Prob. 2, 7: ut imitarer . . Marium Maximum, Suetoiiium Tranquil-
lum, Fabium Marcellinum , Gargilium Martialem (A. 14) ceterosque qui
haec et talia uon tam diserte quam vere memoriae tradiderunt. Firm.
1,2: Marius Maximus, homo omnium verbosissimus, qui et mytbistoricis
86 voluminibus implicavit. Lamprid. Alex. Sev. 48, 6: neque iu vita eius
(Traiani) id Marius Max. ita exposuit etc. 30, 6: de quo in ]ihp& suis
Marius Max. loquitur, cum Hadriaui disserit vitam. Volcat. Arid. Cass.
6, 7: Marius Max. refert in eo libro quem secundum de vita Marci An-
touini edidit. Lamprid. Alex. S. 5, 4: Marius Max. dixit in vita Severi.
Spartian. Geta 2, 1: in rita Severi Marius Max. primo septenario satis
copiose rettulit. Lamprid. Heliog. 11, 6: Marius Max. dicit in vita ipsius
HeliogabalL Ammian. XXVIII, 4, 14 (quidam .. luvenalem et Mariiun
Maximum curatiore studio legunt). J. J. Müller, d. Geschichtscbr. M. M.,
in M. Büdingers Untersuchungen zur röm. Kaisergesch. III (1870).
6. Capitol. Macrin. 1,3—5: lunioCordo Studium fuit eorum im-
peratorum ritas edero quos obscuriores ridebat; qui non multum pro-
fedt. nam et pauca repperit et indigna memoratu, adserens se minima
qoaeqne persecuturum, quasi vel de Traiano aut Pio aut Marco sciendum
sit quotiens processerit, quando cibos variaverit et quando vestem muta-
verit et quoB quando promoverit. quae ille omnia exequendo libros my-
thistorids replerit. Max. et Balb. 4, 5: placet aliqua dici de moribus
atque genere, non eo modo quo lunius Cordus est persecutus omnia, sed
illo quo Suetonius Tranquillus et Valerius Marcellinus, quamvis Curius
FortunatianuB , qui omnem hanc historiam perscripsit, pauca contigerit,
Cordus vero tam multa ut etiam pleraque et minus honesta perscripserit.
ib. 4, 2: libris quos lunius Cordus affatim scripsit. Gordian. 21, 3 f.: non
uobis taUa dicenda sunt quae lunius Cordus ridicule ac stulte composuit
de voluptatibus domesticis ceterisque infimis rebus, quae qui velit scire
ipsum legat Cordum, qui dicit et quos servos habuerit unusquisque prin-
cipum et quos amicos et quot paenulas quotve chlamydes. Marimin. 27,
7: lunius Cordus, barum rerum persecutor. Vgl. ib. 28, 10. 29, 10. 31, 4.
und sonst. Wahrscheinlich ist derselbe auch gemeint ib. 12, 7: Aelius
Cordus dicit hanc omnino ipsius orationem fuisse.
7. Capitol. Maximin. 32, 1: scribit Aelius Sabinus.
8. Volcat. Arid. Cass. 5, 1 : de hoc (Av. Cass.) multa . . inveniuntur
apud Aemilium Parthenianum , qui adfectatores tyrannidis iam inde a ve-
teribushistoriae tradidit.
9. Spartian. Sever. 20, 1 : legisse me apud Helium Maurum, Phlegon-
tis Hadriaui libertum, memini Septimium Severum etc.
792 I^iß Kaiserzeit. Drittes Jahrhundert.
10. Lamprid. Alex. Sev. 58, 6 f.: scio volgum haue rem . . Traiaui
putare; sed neqiie in vita eins id Marias Maximus ita exposuit neqne Fa-
bius Marcellinus (vgl. A. 5) neque Aurelius Veras neque Statins Valens,
qui omnem eius vitam in litteras miserunt. contra autem et Septimius
(qui vitam eius non mediocriter executus est ib. 17, 2) et Acholins et En-
colpius (ib. 17, 1) vitae (des Alexander Sev.) scriptores ceterique de hoc
(Alex.) talia praedicaverunt. Dazu ib. 37, 9: ne longum sit omnia in-
serere quae Gargilius (vgl. A. 14) eius temporis (des Alex.) scriptor sin-
gillatim persecutus est. Auch vgl. oben 357, 10.
11. Lamprid. Diadum. 9, 2: Lollius Urbicus in historia temporis sui
dicit etc.
12. Capitol. Gordian. 21, 5: lectum apud Volcatium Terentianum,
qui et ipse historiam sui temporis scripsit, . . Gordianum seniorem Aa-
gusti voltum repraesentasse etc. Gräfenhan, Gesch. d. dass. PhiloL IV.
S. 302 f. identifidert ihn (oder den Volc. Gallicanus) mit dem Volcatios
welcher Commentare in orationes Ciceronis verfasste (Hieron. apoL c.
Rufin. I, 16).
13. Lactant. inst. div. I, 21 (p. 52 Fri.): Pescennius Festus in übris
historiarum per saturam refert Carthaginienses Satumo humanas hostias
solitos immolare etc.
14. Ein GargiUus Martialis (s. A. 5 u. 10) wird auch von Palladios
(Mart. 9, 9: haec onmia G. M. asseruit) als scriptor rei rusticae auf-
geführt; vgl. Martialis ib. lan. 15, 10. 19. Mart. 10, 5. 16. 34. Apr. 3, 5.
Mai. 6. lun. 5, 2. Oct. 12, 5. 7. Dec. 4, 1. Ang. Mai hat aus einer
Bobbio^schen und einer vaticanischen Handschrift grössere Theile eines
derartigen Werkes (de hortis) herausgegeben, Class. auctores e codi
vatt. I. p. 391 ff. HI. p. 416 ff. (wiederholt 1846). Damach M. G. quae
supersunt, Lüneburg. 1832. Curae boum, ex corpore Gargilii Martialis,
Beitrag zur landwirtschaftl. Thierheilkunde, von Chr. Th. Schach, Donao-
eschingen 1857. 47 S. 8.
15. Aus der Mitte dieses Jahrh. war wohl die Karte von welcher
die tabula Peutingeriana eine Copie ist; s. oben S. 76 (A. 2).
359. Wie Minucius Felix und TertuUian war auch der
Bischof von Karthago, Thascius Caecilius Cyprianus (um 200
— 258), rhetorisch gebildet. Er hat nicht die Originalität, Frucht-
barkeit und Lebendigkeit des von ihm bewunderten Tertullianus,
aber er ist klarer und correcter, seine Darstellung ebenmässiger
und gefalliger. Reichliche Anführungen aus den heiligen Büchern
verleihen seinen Schriften einen specifischer christlichen Charak-
ter, und ihr Freibleiben von Häretischem verschaffte ihnen ein
langdauemdes Ansehen. Seine Schriften sind theils apologetisch,
theils praktisch paränetischen Inhalts. Für die Zeitgeschichte
sind besonders seine Briefe von Wichtigkeit. Um dieselbe Zeit
schrieb in Rom Novatianus, welcher gleichfalls den Tertul-
lian benützte.
359. Cyprianus. 793
1. Hieron. vir. ill. 67: Cyprianus Afer primum gloriose rheto-
ricam docuit, exinde suadente presbytero Caecilio, a quo et cognomen-
tum sortitus est, christianus factus omnem substantiam suam pauperibus
erogavit ac post non multum temporis electus in presbyterum etiam epi-
Bcopus Carthaginiensis constitutus est (J. 248). huius ingenii superfluum
est indicem texere, cum sole clariora sint eius opera. passus est (durch
Enthauptung) sub Valeriano et Gallieno principibus (a. Abr. 2272 ==> 258
n. Chr. nach Amand., 2273 = 259 nach den übrigen Hdss. von Hieron.
chron.), persecutione octava, eodem die quo Romae Cornelius (XVIII Kai.
Oct.), sed non eodem anno. 68: Pontius, diaconus Cypriani, usque ad
diem passionis eius cum ipso exilium sustinens, egregium volumen vitae
et passionis Cypriani reliquit. Er hatte ihn nämlich J. 250 auf seiner
Flucht vor der Verfolgung unter Decius (der siebenten) begleitet. Die
den Namen des Pontius tragende Schrift (in den meisten Ausg. des Cy-
prian) de vita et passione S. Cypriani ist mindestens stark interpoherfc.
KtrxQiavov ayiov avdga fidXiaxce ndvzoav ot KaQxrjdovioi aißovrai und
feiern ihm ein Jahresfest, KvnQiavdj Prokop. Yand. I, 21.
2. Cyprians Schriften: De gratia dei; De idolorum vanitate
(Hieron. epist. 70, 5. p. 429 f. Vall.: Cyprianus quod idola dii non sunt
qua brevitate, qua historiarum omnium scientia, quo cum verborum et
seusuum splendore perstrinxit! Doch ist der Octavius und das Apologeti-
cum darin stark ausgebeutet); Testimoniorum adversus ludaeos libri III;
De habitu virginum (nach Tertullian's Schrift); De unitate ecclesiae; De
lapsis; De oratione dominica; De mortalitate; De exhortatione martyrii
(gleichfalls nach TertuUian gearbeitet); Ad Demctnanum (vgl. Lactant.
inst, y, 4); De opere et eleemosynis; De bono patientiae (Abklatsch von
Tertull. de pat.); De zelo et livore; endlich 81 Briefe. Merkwürdig ist
auch das Protokoll über die Provinzialsynode zu Carthago J. 256 (de
haereticia baptizandis) , in Harteis Ausg. I. p. 435—461.
3. Lactant. inst. div. V, 1 (p. 230 f. Fri.): unus igitur (vgl. oben
351, 2) praecipuus et clarus extitit Cyprianus, quoniam et magnam sibi
gloriam ex artis oratoriae professione quaesierat et admodum multa con-
scripsit in suo genere miranda. erat enim ingeuio facili, copioso, suavi
et, quae sermonis maxima est virtus, aperto, ut disceniere non queas
utrumne ornatior in eloquendo an fadlior in explicando an potentior in
persuadendo fuerit. hie tamen placere ultra verba sacramentum ignoran-
tibus non potest, quoniam mystica sunt quae locutus est et ad id prae-
parata ut a solis fidelibus audiantur; deniqne a doctis huius saeculi quibus
forte scripta eius innotuerunt derideri solet. audivi ego quendam homi-
uem sane disertum qui eum immutata una littera Copreanum vocaret,
quasi qui elegans Ingenium et melioribus rebus aptum ad aniles fabulas
contulisset. Hieron. Ep. 58, 10 (p. 326 Vall.): Tertullianus creber est in
sententiis, sed difQcilis in loquendo; beatus Cyprianus instar fontis puris-
simi dulcis incedit et placidus. 84, 2 (p. 523 Vall.): beatus Cyprianus
Tertulliano magistro utitur, ut eius scripta probant. Vgl. de vir. ill. 53:
vidi ego quendam Paulum'Concordiae, quod oppidum Italiae est, senem
qui se beati Cypriani iam grandis aetatb notarium^ cum ipse admodum
esset adolescens , Romae vidisse diceret referreque sibi solitum , numquam
794 ^i^ Kaiserzeit. Drittes Jahrhundert.
Cjprianum absque Tertulliani lectione unum diem praeterisse ac sibi crebro
dicere 'Da magistram!' Tertullianum videlicet significauB.
4. Ausgaben der Werke des Cjpr. von Des. Erasmus (BasiL 1520
fol. und sonst), J. Pamelius (cum adnot., Antverp. 1568 fol. und sonst),
N. Rigaltius (ill. observ., Paris. 1648 fol. und sonst), St. Baluzius (beendigt
von dem Mauriner Prudentius Maranus, Paris 1726 fol. Yen. 1728. 1758 fol.)t
Fr. Oberthür (Würzburg 1782. 2 Voll.), Migne (Patrolog. curs. IV, Paris
1844), J. G. Erabinger (recogn. et adn. crit instr., Tubing. 1853. 1859.
2 Voll.; enth. nur die Hauptabhh.), W. Hartel (rec. et comm. crit. in-
struxit, 2 Voll. Wien 1868. 1870). Die Schrift de unitate eccl. ad opt libr.
fid. expr. . . M. F. Hyde, Buckington 1853. Auserlesene Schriften, über-
setzt von Erabinger, Augsburg 1848.
5. H. Dodwell, dissert. Cjprianicae, 1684. 4. B. Ceillier, bist. g^n^.
des auteurs s. et eccl. III (Paris 1732) p. 1 — 224. P. G. Lumper, bist
theolog. crit. XI. (August. 1790) p. 58 fif. F. W. Rettberg, Th. C. Cypr.
dargestellt nach seinem Leben und Wirken, Götti. 1831. Ueber den (pro-
blematischen) Antheil des Cypr. an der Sammlung der notae tironianae
vgl. W. Schmitz in der symb. philol. Bonn. S. 540—543.
6. Hieronym. vir. iU. 70: Novatianus Romanae urbis presbyter
ad versus Comelium (J. 250) cathedram sacerdotalem conatus invadere
Novatianorum quod graece dicitur Kad'aQcov dogma constituit, nolens
apostatas recipere poenitentes. huius auctor Novatus Cypriani presbyter
fuit (vgl. Hier, zu Euseb. chron. 2269 = 225 n. Chr.: Novatus presbyter
Cypriani Romam veniens Novatianum et ceteros confessores sibi sodat,
eo quod Cornelius poenitentes apostatas recepi^set). scripsit autem De
pascha, De sabbato. De drcumcisione, De sacerdote. De oratione, De dbis
iudaicis, De instantia, De Attalo, mnltaque alia, et De trinitate grande
Volumen, quasi initoiiiqv operis Tertulliani faciens, quod plerique nescien-
tes Cypriani existimant. Hieron. Ep. 10, 3 (p. 24 Vall.) erbittet sich epi-
stolas Novatiani, ut dum schismatici hominis venena cognoscimus libentius
sancti martyris Cypriani bibamus antidotum. Vgl. noch Cyprian. Epist 60.
Euseb. bist. eccl. VI, 43. R. Ceillier (vgl. Anm. 5) UI. p. 290—296. Die
Schriften de trinitate und De cibis iud. epistola sind erhalten und vielen
Ausgaben des Tertullian und des Cyprian (z. B. von Oberthür) angehängt
Selbständig von Ed. Weichmann (Oxon. 1724) und Jackson (London 1728).
In Migne's Patrologiae cursus III (1844) p. 885—970. Vgl. ib. p. 861—884.
360. An Männern welche die gebundene Form mit Kmist
handhaben fehlt es der Zeit nicht; nur verstehen sie nicht
immer Form und Inhalt in Einklang zu bringen. So erzählte
Alfius Avitus die römische Geschichte in iambischen Dimetern
und verfasste Marianus in demselben Masse Lupärcalia. Aber
Septimius Serenus wusste in seinen Opuscula (ruralia) viele
metrische Formen der Griechen mit Geschick und Anmut nach-
zubilden. Das auf uns gekommene Lehrgedicht des Q. Serenus
Sammonicus De medicina praecepta; in 1115 Hexameteni;
359 f. SeptimiuB Serenus u. a. Dichter. 795
behandelt zwar einen wenig geeigneten Stoff in rhetorischer
Weise, folgt jedoch in der Verstechnik den besten Mustern.
Ein fruchtbarer Versemacher war in dieser Zeit der ältere Gor-
dianus mit seiner Antoninias.
1. Terentianus 2446 — 2451 vom iambischen Dimeter: plerumque
nee Carmen modo sed et volumen explicat, ut pridem Avitas Alfius
libroB poeta plusculoa, usus dimetrp perpeti, conscribit Excellentium. Drei
Dimeter ans dem ersten Buche von Alpbius Avitas ExccUentiam in einem
Theile der Hdss. von Prisdan. lY, 29 (p. 134, 3 Htz.); aus dem zweiten
sechs Diflffeter ib. VIII, 71 (p. 426 f.), vgl. p. 409 und II. p. 233 (spatiandö) ;
zwei ib. XII, 23 (I. p. 591). Daraus in den Sammlungen (Anthol. lat.)
von Burmann und von Meyer. Wemsdorf poetae lat. min. p. XXXI— XXXUI.
L. Müller de re metr. p. 102 f.
2. Fünf iambische Dimeter von Marianus Lupercaliorum poeta bei
Philargyr. (und Serv.) zu Verg. Ecl. 1, 20. Vgl. L. Müller de re metr.
p. 103.
3. Terentian. 1891 — 1900: dulcia Septimius qui scripsit opuscula
nuper ancipitem tali cantavit carmine lanum etc. 1973—1982: nemo tameu
culpet si sumo exempla novella; nam et melius nostri servarunt metra
minores. Septimius, docuit quo ruris opuscula libro, hoc genere adsidue
cecinit. . . sie hepbthemimeres servavit carmine utroque. 1991 : ultima
quae metro fuit hoc inventa Sereni. 2627—2630: hoc de Septimii potes
inuctis noscere versibus. Beispiele kunstreicher metrischer Gebilde des
Serenus bei Diomedes p. 511. 513 (vgl. Martian. Cap. V, 518). 514. 517.
618 K. Andere bei Nonius (z. B. p. 539 M.: Serenus opusculo lib. I; p. 210
Ser. opusculis, dagegen p. 214 Ser. Ruralibus), Servius u. a. Zusammen-
stellung der Ueberreste bei Wemsdorf poetae lat. min. II. p. 279 — 291.
L. Müller de re metr. p. 97 f. Das was Terentian. 1998 als docta Pha>
lisca bezeichnet schreibt Mar. Vict. p. 2578 missverständlich (L. Müller,
Rhein. Mus. XXV. S. 338 — 342) dem Septimius Serenus zu. Uebrigens
erneuerte Sept. Ser. die von Annianus (oben 331, 3) aufgebrachte Gattung;
vgl. Serv. de cent. metr. p. 465 K. (T. IV) : docta falisca, Serene, reparas.
Ihn meint wohl auch Sidon. Ap. carm. IX, 260 (Stella et Septimius Petro-
niusque), vgL ad Polem. (oben 352, 4), sowie Hieronym. ep. 53 (p. 279 Vall.):
Catullus et Serenus. üeber Sept. Ser. vgl. Wemsdorf 1. 1. p. 247 — 253.
C. Lachmanns Terentianus p. XII — XV. L. Müller metr. p. 97: et nume-
rorum elegautia et sensuum proprietate excelluit. quare abstrusa quaedam
et contorta imitationi veterum et imbecillitati saeculi facile condonabuntur.
Vgl. Rhein. Mus. XXV. S. 343 f. Das Tändehide das er manchmal hat
war durch die Künstlichkeit der Metren mitbedingt.
4. Lamprid. Alex. 30, 2: latina cum legeret non alia magis legebat
quam de officiis Ciceronis et de rep., nonnumquam et oratores (oder ora-
tiones) et poetas, in quis Serenum Sammonicum, quem ipse noverat
et düexerat, et Horatium. Vgl. Capitol. Gord. (iun.) 18, 2 (oben 352, 4).
Da der Vater (352, 4) niemals als Verfasser von Poetischem genannt wird
und Alexander erst 7 Jahre alt und noch nicht in Rom war als derselbe
getödtet wurde, so ist die Stelle des Lamprid. und damit das Lehrgedicht
796 I^i^ Kaiscrzeit. Drittes Jahrhuudert.
eher auf den Sohn zu beziehen. Dieser müsste dann vor Alexander, also
vor 235, gestorben sein. Der Vater hätte das Lehrgedicht auch wohl mit
mehr Gelehrsamkeit ausgestattet. Die Angaben desselben lassen sich fast
alle aus Plinius nachweisen, neben welchem nur Dioskorides ksqI vZijc
largiTi^g und nsgi (thtogiarmv (pagfiocTKov benützt ist. Eigene Sachkennt-
niss verräth der Verfasser nirgends, desto mehr Aberglauben, in Mitteln
wie das Umhängen eines mit Abracadabra beschriebenen Papiers (944 — 949),
urina canis (1104) u. dgl. Genannt werden Ennius (oben 89, 6), der To-
gatendichter Titinius (oben 101, 2), Horaz (533: quodque satis melius ver-
bis dicemus Horati), Livius (728 f.: tertia namque Titi slmul et centesima
Li vi Charta docet etc.). Die Phraseologie ist aus Vergil, Horaz, j;heil weise
auch Lucretius, entnommen. Zu Anfang obligate Anrufung des Phöbus
für salutiferum quod pangimus . . Carmen (4); vgl. v. 397 f.: dis ista re-
quirat, at nos pauperibus praecepta feramus amica. Aehnlich 523—526.
Begonnen wird mit Mitteln für Uebel des Kopfes (celsa de corporis arce, 3),
geschlossen (falls das Gedicht vollständig ist) mit Mitteln gegen Warzen.
In den älteren Ausgaben ist das Gedicht in 65 Capitel eingetheilt. In
Bezug auf Synalöphe und Cäsur werden strenge Gesetze befolgt, die nur
selten zu Gunsten technischer Ausdrücke durchbrochen werden; dagegen
941 ff.: mortiferum magis est quod Graecis i^fiitgiTaiov volgatnr verbis;
hoc nostra dicere lingua non potuere ulli, puto, nee voluere parentee.
Das Ganze ist mehr die Spielerei eines formgewandten jüngeren Mannes
als eine ernsthafte Arbeit.
5. Handschriften: Turicensis saec. IX oder X (F. A. Beuss, lect. Sam-
mon. part. I. Würzburg 1836. 4.), eine Paderbomer saec XIII, Breslauer
(Ch. G. Grüner, variae lectt. in Q. S. S. ex cod. vratisl. decerptae, Jena
1782. 4.), Leipziger. Editio princeps s. 1. et a. (Mailand vor 1484). Son-
stige Ausgaben von G. Humelberg aus Ravensburg (Tigur. 1540. 4. 1581. 4.),
R. Keuchen (Amstelod. 1662. 1706), J. Ch. G. Ackermann (Lips. 1786).
Oefters mit Celsus und in Sammelwerken, wie Burmanns poetae lat. min.
II. p. 185 ff., W. E. Webers corpus poetar. lat. p. 1174—1188, vgl. p. LXl
-LXUI.
6. J. B. Morgagni epistolae duae in Serenum Sam. z. B. in dessen
Opusc. miscell. (Neapel 1763. 4.) I. p. 191—226. Thierfelder, des Q. S. S.
medicinisches Lehrgedicht, in Küchenmeisters Ztschr. f. Medidn Y, 2 (1866).
Choulant, Bücherkunde der alt. Med. (Leipz. 1841) S. 210—212. E. Meyer,
Geschichte der Botanik IL S. 209 — 217.
7. D. Caelius Balbinus, Cos. II. J. 213, nach dem Tode des älteren
Gordianus vom Senat mit Maximus Pupienus zum Kaiser ernannt, aber
sehr bald mit diesem von den Prätorianern erschlagen (J. 238) ; s. Pauly's
Real-Enc. I, 2. S. 2243 f. Nr. 4. Capitol. Max. et Balb. 7, 5: eloquentia
clarus, poeta inter sui temporis poetÄS praedpuus. Vgl. ib. 2, 7: vitae,
quam a prima aetate in studiis semper ac litteris tenuit.
8. Capitol. Maximin. 27, 6 : Toxotius . . Senator, qui perit post prae-
turam, cuius etiam poemata extant.
9. lieber die Verse von Macrinus, Albinus und Gordianus (Antoni-
nias) s. oben 353, 2. 3. 7.
* 360 f. Serenus Sammonicus. Commodianus. 797
10. Frühestens dieser Zeit gehört wohl der Albinus an aus dessen Re-
rum romanarum primo Friscian. YIl, 2 (p. 304 H.) drei Hexameter an-
führt, worin cui zweimal als lambas gebraucht ist. Vgl. L. Müller metr.
p. 270.
361. Eine eigenthümliche Gestalt ist Commodianus aus
Gaza, von welchem wir zwei Gedichte besitzen , erfüllt von einem
w^nn auch nicht ganz dogmatisch correcten christlichen Eifer,
und dabei in Hexametern gehalten welche aller Metrik imd Pros-
odie spottend nach dem blosen Gehöre und volksmässiger Be-
tonung gebaut sind. Das ältere von beiden, die ums J. 238
verfassten Instructiones, fügt zu dieser Barbarei noch die einer
akrostichischen Anlage. Das Carmen apologeticum aber, vom
J. 249, hat jene Grille aufgegeben und entwickelt um so grösse-
ren Wortreichthum.
1. Gennadius de scriptor. eccl. 15: Commodianus dum Inter saecu-
lares litteras etiam nostras legit occasionem accepit fidei. factus itaque
christianus . . scripsit mediocri sermone quasi versu librum adversus pa-
ganos. et quia parum nostrarum attigerat litterarum magis illorum de-
struere potuit dogmata quam nostra firmare. Instr. 80 hat die Ueber-
schrift Nomen Gazaei (aus Gaza im palästinischen Syrien) und bildet, die
Anfangsbuchstaben von hinten gelesen, die Worte Commodianus mendicus
Christi. Praef. 4 ff.: ego similiter erravi tempore multo, fana prosequendo,
parentibus insciis ipsis abstuli me tandem inde, legendo de lege. . . ob
ea perdoctus ignaros instruo verum. Apolog. 3 f.: errabam ignarus spa-
tians, spe captus inani, dum furor aetatis primae me portabat in auras.
(11 ff.) aggressusque fui traditor in codice legis, quid ibi rescirem. statim
mihi lampada fulsit, . . et ideo tales hortor ab errore recedaut. In beiden
Gedichten derselbe Patripassianismus und Chiliasmus. Instr. 40, 10: ipse
deus vita est, pependit ipse pro nobis; vgl. apolog. 763 f.: unus est in
coelo deus coeli, terrae marisque, quam Moises docuit ligno pendere pro
nobis. Instr. 80, 6 ff.: hoc placuit Christo, resurgere mortuos imo . . sex
milibus annis completis, mundo finito ; vgl. apol. 783 f. : sex milibus annis
pervenient ista repletis; . . tunc homo resurget etc. Auch der sprachliche
Ausdruck und der Versbau ist in beiden Gedichten derselbe; nur zeigt
das Carmen apol. in letzterer Hinsicht einigen Fortschritt, indem verhält-
nissmässig häufiger ein correcter Hexameter sich unter die barbarisch
gebauten verirrt, in den ersten 100 Versen achtmal (v. 15, 17, 24, 44 f.,
49, 89, 97). Instr. kennen (acr. 41 f.) nur Einen Antichrist (Belial), das
Carmen aber zwei (Nero und der Mann aus dem Osten, je 3V2 Jahre).
A. Ebert S. 414—419.
2. Die Instructiones bestehen aus 80 Gedichten von verschiedenem
Umfang, je nach dem Thema das sie akrostichisch behandeln, z. B. prae-
fatio; de fulmine ipsius levis; de septizonio et stellis; Apollo sortilegus
falsus; Hercules; de Ammudate et deo magno; repugnantibus adversus
legem Christi dei vivi; item gentilibus iguaris, qui iudacidiaut fanatici;
798 ^i6 Kaiserzeit. Drittes Jahrhundert
de populo absconso sancto omnipotentis Christi dei vivi etc. Die erste
Hälfte (acr. 1—45] beschäftigt sich vorzugsweise mit den Heiden, acr. 37
— 40 mit den Juden, 41—45 Weltende und Auferstehung; 46 — 80 wenden
sich an die Christen, Eatechumenen und Geistliche. Bekanntschaft mit
den früheren apologetischen Schriften (oben 350 f.) ist unverkennbar. Für
den Zwang den sich der Verf. durch die wunderliche akrostichische An-
lage anthut entschädigt er sich reichlich durch den über Stock und Stein
hinwegsetzenden Bau seiner Verse. Zur Abfassungszeit vgl. 6, 2 f.: cor
annis ducentis (seit Christi Tod) fuistis iufantes? Dodwell, diss. de Com-
modiani aetate, an dessen annales Quintil. (Oxon. 1698) und in der Ausg.
von Schurzfleisch. A. Ebert S. 417. Ausgaben von N. Bigaltius (Tulli
Leuc. 1650. 4), H. L. Schurzfleisch (Vitemberg. 1704. 4.), in Migne's Fa-
trologiae cursus .III (Paris 1844) p. 202—262, und an Fr. Oehler's Minuc
Felix.
3. Das Carmen apologeticum adversus ludaeos et gentes ist aus
einem cod. in Middle-Hill saec. VIII abgedruckt bei J. B. Pitra, spid-
legium Solesmense I (Paris 1852) p. 21—49. Vgl. p. 537—543 und p. XVI
— ^XXV. Im Ganzen sind es 1054 Verse, von denen aber die letzten 30 in
der Handschrift trümmerhaft und unleserlich sind. Am Schlüsse: explicit
tractatus sancti episcopi Commodiani (Archives des missions IV, 3. p. 97).
Zeitandeutung v. 798 ff.: sed quidam haec, aiunt, quando haec (Welt-
ende) Ventura putamus? (800) multa quidem signa fient tantae termini
pesti, sed erit initium septima persecutio nostra (nach Augustin. civ. d.
XVUI, 52 die des Decius). ecce ianua pulsatur et cogitur esse (?) quae
cito traiciet Gothis inrumpentibus amnem (die Donau, J. 250) rex Apolion
erit cum ipsis, nomine dirus. (806) pergit ad Bomam cum multa milia
gentis decretoque dei captivat ex parte subactos. (878 ff.) haec Nero tum
faciet, . . ut urbs et populus ille cum ipso tradatur, tollatur Imperium
quod fuit inique repletum, quod per tributa mala diu maceraverat omnes.
Im Hinblick auf diese Nähe des Weltendes werden die noch Ungläubigen
ermahnt sich bei Zeiten dem Christenthum zuzuwenden. A. Ebert, Com*
modians carmen apologeticum, in den Abhandl. d. sächs. Ges. d. W. V
(philol. - bist. CL) 1868. S. 387—420.
4. Die Verse des Comm. kehren sich weder an Hiatus noch an Silben-
messung, haben sogar vielfach eine falschbetonende Aussprache zur Voraus-
setzung (z. B. tollatur, immites als Daktylus). Durch die Willkürlichkeit
der Praxis die sie befolgen (denn was L. Müller de re metr. p. 448 auf-
stellt wird nicht wohl für Grundsätze gelten können) sind die Verse des
Comm. viel schwieriger zu lesen als correct gebaute, zumal da die Räthsel-
haftigkeit gesteigert wird durch fremdartige Formen (wie den Sing, milis
und den Plur. nuntia) und Constructionen.
5. Dieselbe Ve^rbindung von akrostichischer Anlage mit barbarischer
Prosodie und Metrik wie die Instr. des Comm. (A. 2) zeigt auch die
Inschrift des L. Praecilius Fortunatus aus Cirta bei Renier, Inscr. de
VAlg. 2074.
361 f. Commodianus. — üebersicht. 799
2. Zweite HSlfte, J. 258-805 n. Chr.
362. Der Beginn dieser Jahrzehnte bildet eine 8ch]imme
Zeit für Italien und das römische Reich. Im Innern verderb-
liche Seuchen; nach Aussen allenthalben harte BedrängnisS; im
Westen durch die Franken, im Norden durch die Alemannen,
im Nordosten durch die Gothen, und im Osten durch Sapor.
Dazu die Regierung in den Händen des unfähigen Gallienus
(218 — 268); der zuerst mit seinem Vater Valerianus (J. 253
— 260), nach dessen Gefangennahme durch die Perser allein
das Scepter führte (J. 260 — 268); dessen Schlaffheit bewirkte
dass viele Befehlshaber in den Provinzen sich für selbsiändig
erklärten und allgemeine Verwirrung und Auflösung herrschte.
In raschem Wechsel folgt sich eine Reihe von Herrschern thra-
kischen und illyrischen Ursprungs und durch ihre kriegerische
Tapferkeit emporgehoben, manche auch sonst tüchtig, wie Clau-
dius (J. 268—270), Aurelianus (J. 270— 275), Probus (J. 276
— 282). Aber keiner regiert lange genug; die meisten werden,
wie bisher, von dem Heere das sie emporgehoben auch er-
schlagen. Endlich ersteht in dem dalmatischen Sklavensohne
Diocletianus (J. 245 — 313; reg. 284 — 305) eine bedeutende or-
ganisatorische Kraft. Aber wie er der letzte Kaiser war wel-
cher triumphierte und welcher consecriert wurde, so endet über-
haupt mit ihm die alte Zeit, das Römerthum und das römische
Reich. Waren besonders orientalische Elemente schon bisher
reichlich in alle Lebensgebiete eii^edrungen, so werden jetzt
auch nordische einflussreich. Aeusserlich bequemt sich alles
der herrschenden Sprache an, und lateinisch schreibt der Syrer
Commodianus wie in Bithynien Lactantius; ebenso in den fol-
genden Zeiten Ammianus aus Antiochia, Claudianus aus Alexan-
dria und Priscianus aus Caesarea. Aber Form wie Inhalt leidet
unter diesen Einflüssen. Die Gebildeten zwar huldigen einer
geistlos nachahmenden Correctheit, wie Nemesianus und später
Terentianus Maurus; bei der Masse dagegen greift die Barbarei
immer weiter imi sich, und die Sprache selbst verarmt und ver-
wildert Die allgemeine Gedrücktheit lässt nichts Grosses auf-
kommen, weder im Guten noch im Schlimmen. Am kläglich-
sten sind die Jahrzehnte vor Diocletian. Die Jurisprudenz, die
bis dahin auf der Höhe sich gehalten, verstummt jählings, haupt-
sächlich wohl weil die Codification des Edicts keinen eben-
bürtigen Nachwuchs aufkommen Hess. Den Stand der Gelehr-
3(X) ^i^ Kaiserzeit. Drittes Jahrhundert.
samkeit veranschaulicht der geistlose Epitomator Solious. Die
Geschichtschreibung schleppt sich in ärmlichster Weise weiter.
Die Grammatik vertritt ein Stümper wie Nonius Marcellns. Die
Beredtsamkeit zeigt sich in bombastischer Schmeichelei gegen
die Herrscher; von Gallien ausgehend beginnen die Pan^yriker
schon in dieser Zeit.
1. Bahnbrechend (bes. für die Auffassung Diocletians) J. Borckhardt,
die Zeit Constantins des Grossen, Basel 1853. 512 S. Nachfolger: Th. Bern-
hardt, Geschichte Roms von Valerian bis zu Diocletiaus Tode (253^313
n. Chr.). I. Politische Geschichte des römischen Reiches von Valerian bis
zu Diocletians Regierungsantritt (253—284), Berlin 1867. 318 S. Th. Preoss,
Kaiser Diocletian und seine Zeit, Berlin 1869. 182 S.
2. Trebell. Poll. GalHen. 11, 6—9: fuit Gallienus .. oratione, poe-
mate atque omnibus artibus clarus. huius illud est epithalamion qaod
inter centum poetas praecipuum fuit nam cum fratrum suorum fiUos iun-
geret et onmes poetae graeci latinique epithalamia dixissent, idque per
dies plurimos, ille . . ita dixisse fertur etc. longum est eins versus ora-
tionesque conectere, quibus suo tempore tarn inter poetas quam inter
rhetores emicuit. sed aliud in imperatore quaeritur, aHud in oratore vel
poeta flagitatur. G. Thomas, über das Epithalamium des Gall., Sitzungs-
berichte der Münchener Akad. 1863, II. S. 41 f. Im Allgemeinen Th. Bern-
hardt (A. 1) I. S. 51 If.
3. Yopisc. Car. 11: Numerianus, Cari filius (jüngerer Bruder de«
Carinus) . . eloquentia praepollens (vgl. 7, 1 : adulescentem cum lectissi-
mum tum etiam disertissimum) , adeo ut publice declamaverit feranturque
illius scripta nobilia, declamationi tamen magis quam tuUiano adcommo-
datiora stilo. versu autem t^Iis fuisse praedicatur ut omnes poetas soi
temporis vicerit. nam et cum Olympio Nemesiano contendit . . et Aure-
lium Apollinarem iamborum scriptorem, qui patris eins gesta in littenu
rettulit, isdem quae recitaverat editis veluti radio soUs obtexit huius
oratio fertur ad senatum missa tantum habuisse eloquentiae ut illi statu«
. . quasi rhetori decemeretur, . . cui subscriptum est: Numeriano Caesari,
oratori temporibus suis potentissimo. Mit seinem Vater Carus, aus Narbo,
war er und Carinus Caesar J. 282—284, nach jenes Tode ganz kurze Zeit
August US, bald aber wurde er von seinem Schwiegervater Arrius Ap^
erschlagen, Sept. 284. Vgl. Th. Bernhardt (A. 1) I. S. 245—263.
4. Vulgärmetrik und Vulgärlatein nimmt von dieser Zeit an aut
den Inschriften überhand; vgl. oben 361, 5. W. Fröhner, Philologus XIII
S. 170 ff.; vgl. XVI. S. 719. Namentlich der Casusgebrauch geräth in
grosse Verwirrung, z. B. filias fecerunt (Reuier 863), ob meritis (ib. 1769),
cum Albinium coniugem (ib. 2275), per lulio Casto fratre (ib. 752).
5. Die ausserrömischen Redner und Stilisten haben ein lebhaftes
Gefühl der Schwierigkeiten mit denen sie zu ringen haben. Panegyr.
Constantin. (VIII) 1, 2: neque ignoro quauto inferiora siut iugenia nostra
romanis. siquidem latine et diserte loqui illis ingeneratum est, nobis ela-
boratum, et si quid forte commode dicimus ex illo fönte et capite facun-
diae iniitatio nostra derivat. Pacat. in Theodos. 1, 3: huc accedit auditor
362 f. Ueberaicht. — Nemeaianus. 801
natuB, cui diffidle Bit . . pro ingenita atque hereditaria orandi facoltate
>n esse fastddio rädern hunc et incultiun transalpioi sermonis horrorem.
6. Verbreitung des Christenthums auch unter den Gebildeten. Ar-
3b. II, 6: tarn magnis ingeniis praediti oratores, grammatici, rhetoreB,
>nsulti iuris ac medici, philosophiae etiam secreta rimantes magisteria
aec expetunt, spretis quibus paulo ante fidebant. Ein Philosoph welcher
;u Nikomedia, also wohl griechisch} gegen das Christenthum schrieb bei
actant inst. Y, 2.
a. Die Zeit vor Diocletian, J. 253 — 284.
363. Zur Zeit von Carus und seinen Söhnen verfasste
I. Aurelius Olympius Nemesianus aus Karthago sein Lehr-
edicht über die Jagd (Cynegetica) , von virelchem die ersten
25 Verse auf uns gekommen sind. Sie beviregen sich mit Ge-
randtheit^ Sicherheit und WortföUe in den herkömmlichen Ge-
;isen. Die Technik derselben ist in allem Wesentlichen die-
slbe wie in den von dem gleichen Verfasser herrührenden vier
Iklogen welche an die des Calpumius angereiht sind.
1. Vopisc. Car. 11, 2: (Numerianus) cum Olympio Nemesiano con-
mdit, qui *AXisvtiiioiy Kvvrjystiiia et Navtitioc scripsit inque (?) Omnibus
>lonis illustratuB emicuit. Vgl. oben 362, 3. In dem einzig erhaltenen
ieser drei Lehrgedichte wird zuerst ausführlich dargelegt dass der Verf.
ijthische Stoffe, als schon viel behandelt, nicht bearbeiten wolle: nos
ütus viridesque piagas camposque patentes scrutamur (40 ff.) etc. talique
lacet dare lintea curae, dum nou magna ratis, vicinis sueta moveri litto-
ibus, . . nunc primum dat vela notis portusque fideles linquit (58 ff.). Für
päter stellt er (63 ff.) den Söhnen des Carus Besingung ihrer Thaten in
.ussicht: mox vestros meliere lyra memorare triumphos accingar, divi
)rti88ima pignora Cari, atque canam nostrum geminis sub finibus orbis
m Norden und Osten) litus et edomitas fratemo numine gentes etc. haec
obis nostrae libabunt carmina Musae cum primum vultus sacros . . con-
igerit vidisse mihi etc. Das Gedicht ist also ausserhalb Roms und nach
em Tode des Carus, J. 284, verfasst. Die Bezeichnung der Spanier durch
ens ampl|t iacet trans ardua Calpes culmina (251 f.) deutet darauf dass
er Verf. in Africa schreibt, wie denn N. in der Hds. des Th. Ugoletus
)ben 289, 1) poeta carthaginensis heisst. Von den 425 Hexametern welche
Uein erhalten sind fallen 102 auf die Einleitung; im Weiteren ist nur
on den Vorbereitungen zur Jagd, insbesondere den Jagdhunden, die Rede.
Vereinzelte Archaismen wie mage (317). Häufige Reminiscenzen bes. aus
'^ergil. Ueber die vier Eklogen des N. und deren Verhältniss zu seinen
Syneg. s. oben 289, 1 und 3 — 6.
2. In der Zeit des Erzb. Hinkmar von Rheims diente die Schrift als
icholbuch (puer scholarius in libro qui inscribitur Kynegeticon Cartha-
iniensis Aurelii didici). In den Hdss. und Ausgaben steht sie gewöhnlich
lit der verwandten Schrift des Gratius zusammen; s. oben 237, 1. In
Vernsdorfs poetae latt. min. I. p. 90— 120, in Webers corpus poett. latt.
Teuffcl, Rom. Literalarg'eschichte. 51
802
Die Kaiserzeii Drittes Jahrhundert.
p. 1189 — 1191. Beiträge zur Textkritik bei M. Haupt, de carmin. buc.
(Lipa. 1854. 4.) p. 35 — 87.
3. Aus einem Lehrgedichte über den Vogelfang zwei Bruchstücke
von 28 Hexametern bei Wernsdorf poet. lat. min. I. ^. 128 — 131. Aber
der Ursprung ist apokryph, und wenn auch der Archaismt(8~Contemplaverit
(v, 3) nicht gegen N. spricht, so jedenfalls der Spondeus gulae (v. 28) und
die Häufigkeit der Verschleifung eines langen Vocals (v. ö, 6, 14, 27). Sie
sind wohl ein Erzeugniss der neuereu Zeit.
4. Der Anfang von Halieutica eines unbekannten Verfassers, be-
stehend aus 22 wohlgebauten Hexametern in gehobener und gebildeter
Sprache, ist durch Zufall in Handschriften des Solinus gerathen; s. Momm-
sen Solin. p. XXXIX — XLI. Wernsdorf poetae lat. min. I. p. 153—157.
161 — 163. Vgl. J. Klein, Rhein. Mus. XXII. S. 627 f
5. Das Lobgedicht auf Hercules (137 Hexameter) von angenanntem
Verfasser das sich in Hdss. des Claudianus findet, von Wernsdorf (poeta«
latt min. I. p. 275-282; Text p. 282—293) aber aus unerheblichen Grün-
den dem Nemesianus zugetheilt wurde, könnte nach der Eleganz seiner
Rhythmen wohl aus dieser Zeit stammen. L. Müller de re metr. p. 57.
364. Die Geschichte der Zeit findet eine Reihe von Dar-
stellern, für welche die kurze Dauer der einzehien Regierungen
günstig gewesen wäre, wenn es nicht den meisten an innerer
Unabhängigkeit gefehlt hätte. Wir kennen sie aber nur durch
die scriptores historiae augustae welche aus ihnen geschöpft
haben. Bedeutender als alle war jedenfalls der griechisch schrei-
bende Dexippus.
1. Vopisc. Aurelian. 12, 4: in ea re, quam fidei causa inserendsm
credidi ex libris Acholii, qui magister admissionum Valeriani piincipis
(J. 253—260) fuit, libro Actorum eins nono. Lamprid. Alex. 64, 5: qm ..
historicos eins temporis legant et maxlme Acholiam, qui et itinera hoias
principis scripsit. Vgl. ib. 14, 6. 48, 7 (oben 368, 10).
2. Trebell. Valerian. 8, 2: ut Caelestinus dicit.
3. Trebell. Gallien. 18, 6: quae qui volet ecire legat Palforium Sa-
ram, qui ephemeridas eins vitae composuit.
4. Trebell. XXX tyr. 6, 5: satis credimus luli Atheriani partem libri
cuiusdam ponere, in quo de Victorino sie loquitur. Folgt ein freimütiges
Urteil. Vgl. unten 366, 6.
5. Trebell. XXX tyr. 12, 3: verba Ballistae, quantum Maeonias
Astyanax, qui consilio interfuit, adserit, haec fuerunt.
6. Trebell. XXX tyr. 15, 8 von Zenobia: mulier, ut Cornelias Cs-
pitolinus adserit, speciosissima.
7. Trebell. XXX tyr. 25, 2: illibato patrimonio, quod quidem ad
suos posteros misit, ut Dagellius (?) Fuscus dicit.
8. Trebell. Claud. 5, 3 f.: et hunc (Aureolus) tarnen qoidam histond
laiidare conati sunt, et ridicule quidem. nam Gallns Antipater, aocilla
364 f. Geschichtschreiber vor Diocletianus. Aquila. 803
honoram et historicorum debonestamentum, principium de Aareolo babuit:
venimus ad imperatorem nominis sui.
9. Vopisc. Tacit. 11, 7: si quie omnia de boc viro cupit scire legat
Suetonium Optatianum, qui eins vitam adfaiim scripsit.
10. Vopisc. Firm. 6, 2: ea quae de illo (Pirmus) Aurelius Festivuß,
libertus Aureliani, singillatim rettalit (lauter res leves) si vis cognoscere
eundem oportet legas.
11. Vopisc. Aurelian. 1, 6 f.: epbemeridas illius viri (des Aurelianus)
scriptas babemus, etiam bella cbaractere bistorico digesta. . . quae omnia
ex libris linteis, in quibus ipse cotidiana sua scribi praeceperat, . . condisces.
12. Vopisc. Firm. etc. 10, 4: M. Salvidienus banc ipsius (Saturnini)
orationem vere fuisse dicit, et fuit re vera non parum litteratus. nam et
in Africa rbetoricae operam dederat et Bomae frequentaverat pergulas
magistrales.
13. Vopisc. Car. 4, 3: Fabius Ceryllianus, qui tempora Cari, Carini
et Numeriani solertissime persecutus est.
14. Vopisc. Car. 17, 7: de eins luxuria . . quicumque ostiatim cupit
noscere legat etiam Fulvium Asprianum usque ad taedium gestorum eins
universa dicentem.
15. Vopisc. Firm. etc. 14, 4: ut Onesimus dicit, scriptor vitae Probi.
Vgl. ib. 13, 1. Car. 4, 2 (0., qui diligentissime vitam Probi scripsit). 7, 3.
16, 1. 17, 6.
16. P. Herenniud Dexippus siegte J. 269 über die Gothen. Er
war (ijtmQ aal avyYQaq>svg (C. Inscr. gr. 380). Wir baben Nacbrichten
über seine 4 Bücber toov fisra *AXiiavdQ0Vy seine übersicbtlicbe JT^oytxj}
iüTogia vom Anfang bis J. 268, und seine £nv^i%d. Vgl. Westermann in
Pauly's Beal-Enc. II. S. 987. L. Dindorf, bist. gr. min. I (Lips. Teubner
1870) p. 16Ö— 200.
365. Ungefähr aus dieser Zeit ist der Rhetor Aquila Ro-
manus, von dem wir ein mageres und flüchtig geschriebenes
Büchlein De figuris sententiarum et elocutionis besitzen, an
welches später Julius Rufinianus seine ähnliche Schrift als Er-
gänzung anschloss.
1. Jul Ruf. beginnt: hactenus Aquüa Romanus ex Alexandro Nu-
menio. exinde ab eo praeteritas, aliis quidem proditas (figuras), sub-
texuimus. Aquila widmet seine Scbrift einem Ungenannten, den er im
Eingang so anredet: rbetoricos petis longioris morae ac düigentiae quam
pro angustüs temporis, quod me profecto urget, ideoque postea plenum
boc tibi munus reddemus. in praesenti autem nomina ipsarum figurarum
cum exemplis (lateiniscben) percurnsse suffidat. 17: bae fere sunt ab
elegantiasimis electae figurae sententiarum. quibus si, ut adulescens acer-
rimo ingenio, utebaris . . ex imitatione lectionis tullianae, . . nibil miriim
est. Die Scbrift ist vollständig erbalten, steht aber der des Rutilius Lupus
(oben 264) an Wertb weit nach. Die Spracbe ist bart, nachlässig und
verstösst vielfach gegen die gute Latinität.
51*
304 Die Kaiserzeii Drittes Jahrhundert
2. Ausgaben meist an denen des ButUius Lupus, wie der von Bohnkcn
(Lugd. B. 1768) p. 139 — 194. In C. Halms rhetores lat. min. (Lips. 18^3)
p. 22 — 37. Beiträge zur Textkritik von J. G. Fröhlich (in Fleckeiseiu
Jahrb. 89, S. 208—211) und J. Simon (Philologus XXVIII. S. 628—647).
Weusch, de Aquila Romano, Wittenberg 1861. 4. (?).
3. Ueber Saturninus s. 364, 12.
366. Ungefähr der Mitte des dritten Jahrhunderts scheinen
anzugehören die Grammatiker und Metriker Juba und Sacerdos.
Juba hatte sich an Caesius Bassus und Heliodor angeschlossen^
ist uns aber nur durch Anführungen Späterer bekannt. Sein
Werk wurde benützt von Marius Plotius (Claudius) Sacerdos,
von welchem wir eine Ars grammatica in drei Büchern besitzen,
deren drittes die Metrik behandelt und viele griechische Beispiele
enthält.
1. Mar. Vict. p. 127 G.: luba noster, qui inter metricos auctoritatem
primae eruditionis obtinuit, insistens Ueliodori (oben 329, 8) vestigiis, qm
inter Graecos huiusce artis antistes aut primus aut solus est. Servius Aen.
y, 222: secundum lubam artigraphum. Die Zeit desselben bestimmt sich
dadurch dass in der Anführung aus Juba bei Priscian. de metr. Ter. 8
(II. p. 421 Htz.) auf einen Vers angespielt ist welcher dem Sept. Sereniw
oder wohl vielmehr (s. oben 360, 3) dem Annianus angehört. Er ist daher
frühestens ums J. 200 zu setzen. Dazu stimmen auch Wendungen wie in-
tellegi datur. H. Keil, quaestiones grammaticae (lips. 1860) p. 15— 2i.
R. Westphal, griech. Metrik II, 2 (1865) S. 146-149 = I« (1867) S. 223 ff.
Sammlung der Ueberreste des Juba von B. ten Brink (lubae Maorusii de
re metrica scriptoris latini reliquiae, Utrecht 1854), H. Wentzel (Symbolae
criticae ad bist. Script, rei metr. lat., Breslau 1858, p. 18 — 25] und H. Keil
(1. 1. p. 19 fif.).
2. Anführung aus dem vierten Buche der Ars des Juba bei Rafio.
p. 385 Gaisf. (über den iambischen Trimeter). (luba) in octavo bei Pri-
scian. IL p. 420, 24 mit der Anm. von Hertz. Für die einzelnen Meiara
hatte Juba zahlreiche Beispiele gegeben. Benützt wurde sein Werk Ton
Sacerdos (A. 3 f.) und, wie es scheint, von Terentianus (unten 372) und epi-
tomiert von Marius Victorinus. Auch für Pseudo-Atilius und Diomedes,
sowie für die Metrik in Endlichers Analecta p. 521 diente er als Quelle.
3. Grammat. lat. ed. Putsch, p. 2623 («» Scriptores rei metr. ed.
Gaisford p. 242): Marius Plotius Sacerdos composui Romae dooens de
metris. Cum de institutis artis grammaticae primo libro me traetaTisse
comperisset vir cl. Uranius nee ei displicuisset, vel quod non absurde com*
positus vel quod ad eins filium v. cl. mihi contubemalem aetate paene
studiisque coniunctum Gaianum scriptus esset, compulit ut etiam de Do-
minum verborumque ratioue nee non de stmcturarom compositioilibas
breviter laborarem. cuius praestantissimi viri iusdonibus Hbens arbitror
libro seoundo nos explicabiliter oboedisse. nunc in hoc sive tertio sire
novissimo artium libro . . vobis viris ampUssimis, nobilitatis splendore
p'raedito Maxime et omni laude praedicabili Simplicio, qnorum et ad
366. Grammatiker vor Diocletian: Juba, Sacerdos ii. a. 805
qiios seria nonm'si de litteris exercentur, quoniara . . me posse de metris
ctiam tractare iiidicastis, breviter esse componendum decrevi. Der Gaia-
11U8 welchem das erste Buch gewidmet war kann derjenige sein an wel-
chen das Rescript des Gordianus vom J. 241 (And. 238) Cod. lust. II, 38, 2
gerichtet ist, und sein Vater üranius derjenige an welchen das Rescript
des Alexander vom J. 223 ib. II, 1, 6. Beide Bücher wurden nach einem
cod. Vindob. saec. VIII erstmals herausgegeben von Endlicher und Eichen-
feld, Analecta gramm. (Vindob. 1837) p. 1 — 74. Vgl. p. I — V. Die zwei
ersten Quatemionen sowie der fünfte sind verloren. Schluss von B. I
(p. 46): hucusque artium grammaticarum' fecimus instituta. de catholicis
vcro nominum atque verborum latius exponemus. Subscriptio: M. Claudi
Sacerdotis artium grammaticarum (Hb. I cxpl.) fehciter. p. 74: M. Claudi
Sac. art. gramm. lib. II expl. fei. Der Inhalt ist mit den Catholica des
Probus (oben 283, 6) fast identisch; F. Osann, Beiträge II. S. 299.
H. Wentzel, Symb. crit. p. 28 ff. H. Keil, gramm. lai IV. p. XXVII. Die
Uebereinstimmung des Inhaltes mit den Angaben des Plotius Sac. und die
grosse Aehnlichkeit beider Namen machen wahrscheinlich dass Plotius
Sacerdos und Claudius Sacerdos dieselbe Person sind (Endlicher, Wentzel).
Diomedes (p. 317 K.) wusste bereits nichts mehr von diesem Vorgänger.
Wentzel p. 37. W. Christ, Philologus XVIII. S. 130 f. 178 f.
4. Das dritte Buch des Sacerdos, de metris, ist schon länger bekannt
(bei Putsche p. 2623 ff., bei Gaisford p. 242 ff.). Darin wird schon Juba
citiert (p. 301 G.). Gewidmet ist es einem Maximus (Rescripte an Maximus
aus den J. 239, 241 und 246 im Cod. lust. VIII, 28, 8. 41, 16. V, 16, 11.
IV, 2, 4) und Simplicius (vgl. Cod. lust. IX, 32, 5 vom J. 245); s. A. 3.
De graecis nobilibus metris Icctis a me et ex his quidquid singulis fuerit
decerpto, p. 297 G. Westphal, allg. Metrik S. 50 f.
5. Ueber Sacerdos s. Osann, Beiträge II. S. 295 — 308 und dazu
H. Wentzel, symbolae criticae ad bist, scriptorum rei metr. lat. (Breslau
1858) p. 26 — 53.
6. Macrob. III, 8, 2: apud Calvum Aterianus (libri: actherianus)
adfirmat legendum etc. Es ist ohne Zweifel der Haterianus welcher in
den Veroneser Vergilscholien (zu Aen. VII, 337. IX, 360. 390. 397. X, 242)
als Commentator der Aeneis genannt wird (Ribbeck, Prolegg. Verg. p. 177 f.)
und wohl auch identisch mit dem Geschichtschreiber Julius Atherianus
oben 364, 4. Gräfenhan, Gesch. d. class. Philol. IV. S. 303 f.
^ 367. In den ersten Jahrzehnten dieses Zeitraumes verfasste
der Grammatiker C. Julius Solinus seine Collectanea rerum
memorabilium. Das W^erk ist in der Hauptsache ein Auszug
aus einer nach Plinius' nat. historia gemachten Bearbeitung der
Geographie ; för die geschichtlichen Theile ist eine Chronik aus
bester Zeit benützt. Die eigenen Zuthaten des Verfassers sind
stoflFlich werthlos, seine Darstellung geschmacklos geziert und
umständlich. Aber der Bildungsstufe der folgenden Zeiten sagte
die Schrift in hohem Grade zu. Eine im sechsten Jahrhundert
g06 Die Kaiserzeit. Drittes Jahrhundert.
veranstaltete Bearbeitung derselben gab ihr den neuen Titel
Polyhistor.
1. Aldhelm (f 709) citiert (p. 323) lulius Soliiius iu collectanea rerum
luemorabilium ; der Mönch Diciiil (J. 825) luUus Solinus in collectaneis.
Im cod. Heidelberg, lautet die üeberschrift: lulius Solinus Advent-o sal-
(utem)s im Paris. 6831: luUi Solini collectio rerum meraorabilium ; ia
andern Hdss. saec. X (z. B. Monac. 6384) die Subscription : expl. fei. G.
luli Solini grammatici. Servius (Georg. 11, 215) und Isidor (de rer. nat.
40, 1) nennen den Verf. einfach Solinus; ebenso Priscian, mit dem Beisätze
in collectaneis (X, 50), in memorabilibus (II, 61. V, 15. VI, 15. XVIU, 213),
auch (fehlerhaft) in admirabilibus (VI, 44), einmal (l, "28) in collectaneis
vel polyhistore, letztere zwei Worte wohl aus si>ätcrer Interpolation
(Mommsen p. LXII).
2. Mommsen p. VI: cum Solini Über saeculo V iam per?ulgato8
fuerit (s. unten A. 5), a feliciore autem litterarum latinarum. aevo tarn
rerum eins exilitas quam sermonis infantia abhorreat, hoc restat quaeren-
dum, utrum saeculo III probabilius adscribatur an quarto. Mommsen ent-
scheidet sich fiir das Erstere (die Zeit des Valerianus und Gallienus), weil
Sol. Constantinopel nur unter dem Namen Byzantium kennt und von der
durch Diocletian und Constantin getroifenon Eintheilung der Provinzen bei
ihm noch keine Spur ist,* so wenig als vom Christenthum. Vgl. ib. p. Vllf.
3. Aus Solin's Widmung an Adventus. (1). Cum et aurium dementia
et optimarum artium studiis praestare te ceteris sentiam . . reputavi exa-
men opusculi istius tibi potissimum dare. . . (2) über est ad compendium
praeparatus quantumque ratio passa est ita moderate repressus ut nee
prodiga sit in eo copia nee danmosa concinnitas. cui . . velut fermentum
cognitionis magis inesse quam bratteas eloquentiae degrehendes. (3) ei-
qiüsitis enim aliquot voluminibus studuisse me impendio fäteor ut et a
notioribus referrem pedem et remotis largius inunorarer. locorum com-
memoratio plurimum tenet, in quam partem ferme inclinatior est universa
materies. . . (4) inseruimus et pleraque differenter congruentia, ut . . sal-
tem varietas ipsa legentium fastidio mederetur. . . (5) nonnulla etiam
digna memoratu, quae praetermittere incuriosum videbatur quorumqae
auctoritas . . de scriptoribus manat receptissimis. quid enim propriam
nostrum esse possit, cum nihil omiserit antiquitatis diligentia quod in*
tactum ad hoc usque aevi permaneret? . . opiniones imiversas eligere ma-
luimus potius quam innovare. (6) . . des velim infantiae meae veniam.
constantia veritatis penes eos est quos secuti sumus. Das Hauptaugen-
merk ist auf auffallende Erscheinungen irgend welcher Art (nagddoia)
gerichtet. Von Rom wird ausgegangen, dann folgt Italien mit den Inseb,
Griechenland mit seinem Norden (bis Thrakien) und den Inseln; Pontes,
Skythien; Germanien, Gallien, Britannien, Hispanien; Nord-Africa und
Aegypten; Asien (Arabien, Syrien, Eleinas^n, Assyrien, Indien, Parthien).
Schluss mit den Gorgades und Hesperideu. Im Ganzen 56 Capitel (vgl.
A. 6).
4. Drei Viertheile von Solinus sind stofflich aus PliniuB entnonmien,
dessen Darstellung rhetorisch aufgebliUit wird, unter vielen starken Misi'
Verständnissen (Mommsen p. IX). Dass aber nicht unmittelbar aus Plinios,
367. Solinus. 807
erhellt aus inaucherlei Zuthaten welche S. nichi seihständig gemacht
hahcn kann, namentlich der von Plin. nicht genannten Gewährsmänner,
oder des Vornamens, oder der Zeit (ib. p. XIX f.). Auch die Zusätze aus
Mela werden sich schon in der Quelle des Sol. gefunden halTen, der choro-
graphia pliniana (oben 295, 7). Ueber die chronologischen Zuthaten s. oben
275, 4. Vgl. Mommsen Sol. p. 249 — 254.
5. Solins Buch wurde abgeschrieben schon von Theodosius II (J. 402
— 450) nach der Subscription in der ersten Classe der Handschriften:
Iiilius Solinus (de memorabilibus) explicit feHciter. studio et diligentia
domni Theodosii invictissimi principis. 0. Jahn, Berichte der sächs. Ges.
d. W. 1851, S. 342 f. Benützt wurde es von Augustinus (de civ. dei) und
Capella (neben PUuius), von Priscian (bes. in seiner Uebersetzimg der
Periegese des Dionysius), Servius (s. A. 1) und Isidor (de nat. rer. und
origg.). Capella und Isidor haben ihrerseits den Sol. öfters missverstan-
den (Mommsen p. IX f.). Von der fieissigen Beniitzung im Mittelalter
zeugen die vielen Hdss. (A. 6). Mommsen p. XXX — XXXII. p. 255 — 259.
Ein Auszug in Hexametern wurde saec. X gemacht unter dem Namen
Theodericus (z. B. in einer Brüsseler Hds. saec. XII), auch unter dem von
Petrus DiaconuB (saec. XII); s. Mommsen p. XCII f. Latapie, mäm. sur
Tabr^ge poätique du Polyh. Sol. par Thierry (Theodericus), Bttribuä jus-
qu'ici ä Pierre Diacre (Petr. Diac), Bull, de Tacad. de Bruxelles XVI.
p. 79 — 101; vgl. Roulez ib. p. 143 f.
6. Die Handschriften des Sol. theilen sich in drei Classen, welche
alle auf einen schon theilweis corrupten archetypus zurückgehen (Momm-
sen p. XXXII — XXXIV), von einander sich aber schon durch ihre Ab-
weichung in den Rubriken (ib. p. XXXVII und p. 239 — 246) und der
Capiteleintheilung (ib. p. XXXVIII f.) unterscheiden. Die erste Classe
(bes. Heidelberg, und Paris. 6813. 6833) saec. XI ff. stammt von einer Hds.
(spätestens saec. VIII) welcher das vorletzte Blatt fehlte. Die wenigen
Interpolationen die sie hat sind fast alle aus Isidor (Mommsen p. 238 und
p. XLI— XLIV). Hauptvertreter der zweiten Classe istLeidensis saec. IX.
Sie hat vor der ersten Vorzüge, aber schon zahlreichere Zusätze (p. XLIV
—LH). Die dritte enthält theils Variationen im Ausdruck theils Erwei-
terungen des Inhalts (p. 234—237 M.) aus Plinius selbst und andern Quel-
len, herrührend aus einer alten durchgreifenden Umarbeitung (etwa durch
schottische Mönche welche sich am Bodensee angesiedelt, saec. VI), mit
neuer praefatio (p. 233 M.) und Umänderung des Titels in den unpassenden
Polyhistor, und unter Annahme des Scheins als ob diese Umarbeitung
den Solinus selbst zum Urheber hätte (Mommsen p. LVUI — LXVI). Der
genaueste Vertreter dieser Classe ist der Angelomontanus saec. X (A).
Contaminiert aus Cl. I und III ist Sangallensis saec. X (S), aus Cl. II imd
UI Paris. 6810 (P), s. Mommsen p. LH— LX, und dessen Elenchus p. LXXIX
— XCHI.
7. Ausgaben (ed. princeps Venet. 1473 fol.) von J. Camers (Wien
1520 fol.), El. Vinetus (Pictav. 1554. 4), M. Delrio (Antv. 1572. Lugd. 1646)
u. A. Hauptwerk: Claudii Salmasii Exercitationes in Sol. Polyh., Paris
1629 unä (cur. S. Pitisco) Utrecht 1689. 2 Voll. fol. Lips. 1777. 8.
808 ^^6 Eaiserzeii Drittes Jahrhundert.
Musterhafte Bearbeitung durch Tb. Mommsen (recognovit), BeroL 1864.
XCIV und 287 pp. Vgl. Fr. Lüdecke, Gott. Gel. Ana. 1865, S. 1089—1109.
8. Ueber die 22 Hexameter in Hdss. des Solinus s. oben 363, 4.
368. Gegen das Ende dieser Zeit' scheint Nonius Mar-
ceil us das auf uns gekommene lexikalische Werk (Compen-
diosa doctrina per litteras) verfasst zu haben. Es ist nach zu-
falliger Reihenfolge (c. 2 — 4 in alphabetischer) mechanisch zu-
sammengeschrieben, namentlich unter starker Benützung des
Gellius. Trotz des allenthalben grell zu Tage tretenden Man-
gels an gründlichen Kenntnissen, Urteil und Sorgfalt ist d^
Werk doch, nach dem Untergange besserer, von unschätzbarem
Werthe, hauptsächlich durch seine Anführungen aus der älteren
römischen Litteratur.
1. Nonius MarcelluB heisst in den Ueberschriften peripateticus tubar-
ticensis, was jedenfalls auf Africa als seine Heimat hinweist; s. Gerladi
und Roth p. lY — YlII. Der grammaticus pertenuis meriti Marcellus, wel-
chem amissam primum Narbo dedit patriam (Auson. prof. Burdig. 18),
wird er daher nicht sein. Die spätesten Schriftsteller die N. nennt sind
Apulejus (s. y. abstemius) und (Septimius) Serenus (oben 360, 3). Die
ausnahmsweise Berücksichtigung des Letzteren scheint auf persönliche Be-
ziehungen zu ihm oder doch Zeitnähe zu deuten. Angeführt wird Nonios
TOn Priscian. p. 35, 21 (teste Nonio Marcello de doctorum indagine :^ c 12).
269, 24 (quod ponit N. M. de doct ind.). 499, 20 H. (Nonius Marcellus de
mutatis coniugationibus = c. 10). Die Ueberschrift (im Guelferbytanns
u. a.) de compendiosa doctrina per litteras ad filium findet zwar nur auf
drei von den 19 Capiteln Anwendung; doch sind diese drei die umfang-
reichsten {p. 49 — 285 von den 383 pp. bei Gerlach und Both).
2. Inhalt und Eintheilung. c. 1: de proprietate sermonum. 2: de
honestis et nove veterum dictis, per litteras. 3: de indiscretis genenbos,
per litteras. 4: de varia significatione sermonum (per litteras). 5: de
differentiis verborum. 6: de inpropriis. 7: de contrarüs generibus ver-
borum. 8: de mutata declinatione. 9: de generibus et casibus. 10: de
mutatis couiugationibus. 11: de indiscretis adverbüs. 12: de doctonun
indagine. 13: de genere navigiorum (nur 17 Artikel). 14: de genere
vestimentorum. 15: de genere vasorum vel poculorum. 16: de (geuere
vel) colore vestimentorum (13 Artikel). 17: de genere ciborum vel po-
morum (16 Artikel). 18: de genere armorum. 19: de propinquitate
(9 ganz kurze Artikel^ ohne Belege; schliesslich: de quibus exempla multa
sunt in antiquis auctoribus et maxime in Afranio et iuris vetustissinuB
scriptoribus). Die 7 letzten Capitel (p. 364 — 383 ed. 6. et B.) sind also
sachlich angelegt, aber von Vollständigkeit sehr weit entfernt.
3. Die Anlage des Werkes ist eine so mechanische dass in neuester
Zeit mit Erfolg das Verfahren des Non. bei seiner Gompilation aufgezeigi,
das grobe Gewebe in seine Fäden zerlegt worden ist. Zuerst andeutoogB-
weise von F. W. Schneidewin (Götti. gel. Anz. 1843, S. 697 f.), auBgeflihrt
368. Nonius Marcellus. 809
m
sodann in Bezog auf die ßenütznng des Gellius von M. Hertz in Fieck-
eisens Jahrb. 86 (J. 1862), S. 706 — 726. 779 — 799; erweitert von A. Riese
in der Symbola phil. Bonn. S. 483—487, A. Schottmüller, ebd. S. 809—832
(üb. d. Bestandtheile des ersten Cap. des N. M.) und P. Schmidt, de Nonii
Marcelli auctoribus grammaticis (Lips. 1868) 155 pp. nebst Uebersichts-
tafel. Hierdurch ist festgestellt dass Non. fast in allen Capp. im Wesent-
lichen das gleiche Verfahren befolgt hat. Bestimmte Reihen von Citaten
¥aederholen sich fortwährend in der gleichen Ordnung; er hat dieselben
also in einer regelmässigen Reihenfolge aus seinen Quellen in seine Samm-
lungen und sein Buch eingetragen. Gewöhnlich beginnt die Plautusreihe,
auf 18 der fabulae Yarronianae beschränkt, dann folgen Beispiele aus
Lucretius, Attius, Pomponius, Lucilius (B. 1 — 20), Pacuvius, Cic. de rep.,
Yarro (22 saturae), Sallust, Afranius; Cic. de o£f., Hortens., de sen. und
de rep.; Vergil, Terenz, Cic. Verrinae, Lucilius (B. 20 — 26), Yerzeichniss
von Yerba (bes. bei Dramatikern), Adverbia, abermals die genannten phi-
losoph. Schriften des Cicero; darauf Beispiele aus Plaut. Amphitruo, Asiii.
andAuluL; wieder aus Yarro (18 saturae); dann die Excerpte aus Gellius;
abermals aus 5 saturae des Yarro ; Cic. de fin.; Sisenna; Cic. or., de or.,
Acad. und Tusc; endlich aus Yarro de vita pop. rom., de re rust. und
aus Cato. Die Abweichungen von dieser Reihenfolge sind verhältniss-
massig selten und erklären sich ohne Zweifel aus Zufälligkeiten.
4. Seine eigentliche Quellen zu nennen hütet sich Nonius sorgfältig,
and der Name des Gellius z. B., den er so stark ausschreibt, findet sich
bei ihm niemals. Sicher aber sind es nur secundäre und späte, Commen-
tare zu Schriftstellern, Sammelwerke, Wörterbücher und Grammatiken.
Doch giengen diese selbst ohne Zweifel auf ältere zurück, wie auf Yerrius
Flaccus. Vielfach berührt er sich mit Charisius, aber nur weil dessen
HauptqueUen auf derselben Linie der gelehrten Tradition sich hielten, oder
die des Nonius gleichfalls aus Caper, Plinius oder Probus geschöpft hatten.
Diese seine. Quellen hat aber N. höchst oberflächlich benützt und mehr
darin geblättert als gelesen. Alle Gelehrten die sich mit ihm näher be-
fasst wetteifern in Ausdrücken der Verachtung über ihn. Bücheier z. B.
(Rhein. Mus. XIII. p. 596) sagt: cum Nonio qul comparari posset levitate
et stupiditate neque antiquitas neque nostra aetas uUum grammaticum
tulit. Ebenso L. Müller (metr. p. 25 ff.), Schottmüller (Symb. S. 810),
P. Schmidt (p. 38: homo inter omnes hebetissimus; p. 92: splendida in-
scitia ac Stupor iste paene incredibilis cuius dooumentis liber Nonianus
scatet). Ist es dem N. doch sogar begegnet dass er M. Tullius und Cicero
für zwei verschiedene Autoren hielt (Schmidt p. 92).
5. Ueber die Handschriften des N. s. Gerlach vor seiner Ausgabe
p. XXIY — XXYIIL Ed. princeps von Pomponius Laetus, Rom. 1470.
Yenet. 1476. Ed. Pius, Mediol. 1500 und Paris. 1511. Aldina Yen. 1513.
1527. Basil. (Frohen) 1526. Ed. Hadr. lunius, Antv. 1565. Jos. Mercier,
Paris 1583 und bes. 1614; abgedruckt Lips. 1825. Ad fidem veterum codd.
ediderunt et appar. crit. indicesque adiec. F. D. Gerlach et C. L. Roth,
BasiL 1842 (c. 1 u. 4 von G., das Uebrige von R.).
6. J. Yahlen, analectorum Nonianorum libri U, Lips. 1859. 40 pp.
L. Müller, de re metr. p. 29 — 39 und in Fleckeisens Jahrbb. 95, S. 490
--496. 97, S. 422 — 484. Anderes s. A. 3.
V
810 I^iß Kaiserzeit. Drittes Jahrhundert.
369. Die wichtigste Kunst ist fortwährend die der Rede.
Sie hat ihren Hauptsitz jetzt in Gallien, wo Massilia, Narbo,
Tolosa, Burdigala, Augustodunum , Remi (Durocortorum) und
Treviri eigene Rhetoren haben und deren Unterrichte die Le)>-
haftigkeit und Sprachgewandtheit des Volkes entgegenkam. Hier
bildete sich eine Redeweise welche sich von der trüben Ge-
schraubtheit der Africaner durch Glätte und Correctheit unter-
scheidet, an Wortfülle sie überbietet, an Gedankengehalt aber
hinter ihnen zurückbleibt Stoff und Ton der Beredtsanikeit
war bedingt durch die politischen Verhältnisse. Entsprechend
dem orientalisch despotischen Ceremoniel welches Diocletian
einführte und welches die Person des Kaisers dem gewöhnlichen
Verkehre, damit aber auch den Schwertern der Soldateska en^
rückte, widmete sich die Beredtsanikeit der Verherrlichung der
Kaiser, der Verkündigung ihrer übermenschlichen Vorzüge und
Leistungen. Es beginnt die Zeit und Litteratur der Panegy-
riker, welche an den Vorgang des jüngeren Plinius anknüpft^
in ihrem Stile aber eher an Cicero. Die beiden ältesten auf
uns gekommenen Vorträge dieser Art sind von unbekannten
Rednern am Hoflager zu Trier gehalten zum Lobe von Dio-
cletians Mitregenten, Maximianus Herculius, in den Jahren
289 und 291. Vier andere besitzen wir von dem Rhetor Eu-
menius aus Autun (geb. um 250), welcher der ciceronischen
Rundung und Fülle nachstrebt. Sie sind gehalten in den Jah-
ren 296 und 297, 310 und 311. Die älteste spricht für Wieder-
herstellung von Schulen in seiner Vaterstadt, die jüngste dankt
in deren Namen. Die beiden anderen sind Lobreden auf den
Caesar Constantius Chlorus und dann auf dessen Sohn, den
Kaiser Constantinus.
1. Die Sammlangeu der panegyrici veteres enthalten gewöhnlich
auch die älteste Hede dieser Art, den Panegyricua des Plinius (oben 317,
12). Weiterhin erstrecken sie sich ^on Diocletian bis Theodosius; s. unten
377. 391. 400. Handschriften derselben gibt es zahlreiche; doch reicht
keine über saec. XV zurück, und alle stammen aus demselben archetypos,
wahrscheinlich demjenigen welchen Joh. Aurispa J. 1433 in der Mainzer Biblio-
thek auffand; s. H. Keü, praef. in Plin. p. 38 f. und Joa. Anrispae epistuia
(Halle 1870. 4.) p. IV nnd YIU. Die relativ besten sind der vetus Bertinien-
sis, vetus Puteani und Vaticanns 3461 ; s. H. Bühl ( A. 3) p. 7 — 18. In diesen
Hdss. pflegt auf den Paneg. des Plinius zu folgen: Latini Pacati Drepani
pauegyricuB Theodosio Aug. dictus; Claudi Mamertini pro consulata wo
gratiarum actio luliano Aug. ; Nazari panegyricus Constantino Aug. dictm;
dann erst die kürzeren Lobreden auf Maximian und Diocletian und deiseD
Nachfolger. Die Ausgaben (A. 2) befolgen meist die chronoloc^sche Ordnung.
.;v^-..,«.j
»69. Panegyrikor: Eumenius u. A. 811
2. Ausgaben der panegyrici von Jo. Cuspinianus (Vieun. 1513. 4),
B. Rheiianus (Basil. 1620. 4), P. Naviiis (Venet. 1576), J. Livineius (Anl-
vcrp. 1599), C. Bitterohusius (cum notis J. Gruteri et Acidalii, Francof.
1607), Chr. CellariuB (reo. et adn. illustr., Hai. 1703), J. de la Baune (in
118. Delph., Venet. 1728. 4), Chr. G. Schwarz (Altorf 1739—1748. 4.), L. Pa-
tarol (notis ac nummis illustr., Venet. 1743. 4.), Wolfg. Jäger (ex cod. ms.,
Nürnberg 1779. 2 Voll.), H. J. Amtzen (cum notis et animadv., Utrecht
1790 — 1795, 2 Voll. 4.), Valpy (London 1838).
3. J. G. Walch, parerga acad. (Lips. 1721) p. 849 ff. C. G. Heyne,
censura XII panegyricorum veterum, in seinen Opuscula acad. VI. p. 80
— 118. J. Burckhardt, die Zeit Constantins, S. 62 — 66. H. Rühl, de XII
panegyricis latinis propaedeumata, Greifswald 1868. Fr. Eyssenhardt,
lectiones panegyricae, Berlin 1867. 4. (Fr. Werder'sches Gymn.)
4. Die beiden ältesten Reden, auf Maximian, werden ohne hand-
schriftliche Berechtigung einem (älteren) Mamertinus zugeschrieben. Ihr
Verfasser ist unbekannt, und H. Rühl (A. 3) p. 18 — 31 hat durch Nach-
weisung ihrer Verschiedenheit in der rhetorischen Behandlung und sprach-
lichen Eigenthümlichkeiten wahrscheinlich gemacht dass sie überhaupt
nicht von demselben Verfasser herrühren. Vgl. A. 6.
5. Die erste ist gehalten am Geburtstage Roms (21. April) vor Be-
ginn des Unternehmens gegen Carausius (c. 12), J. 289, ausserhalb Roms
(13, 4. 14, 1. 4), im Norden (12, 5), in einer Stadt an einem schiffbaren
Flusse (12, 6), ohne Zweifel in Maxinuans Residenz zu Trier. Ob sein Held
jemals vom Uebergange des älteren Scipio nach Africa gehört habe ist der
Redner (c. 8) nicht sicher.
6. Die zweite (Genethliacus) ist zu Maximians Geburtstag (2, 1)
gehalten, mit welchem der seines Mitregenteu Diocietian verbunden wurde ;
jedenfalls vor der Ernennung des Coustantius und Galerius zu Caesares
(1 März 293; s. Preuss, Diocl. S. 172 f.). Navalia tropaea (über Carausius)
stehen noch immer in Aussicht (19, 5); doch wird über diesen Punkt leicht
hinweggegangen, sodass über den Misserfolg bereits einiges Gras gewach-
sen scheint. Auch diese Rede ist sicher ausserhalb Roms (12, 1. 19, 5)
und jenseits der Alpen (9, 3 ff.) gehalten. Der Verfasser hat schon einmal
den Maxiinian in einer Rede verherrlicht; s. 1, 1 ff.: ut expectationem
sermonis eins quem tuis qiünquennalibus (Nov. 289) praeparaveram hac
natalis praedicatione compensem et dicendi munus, quod tunc voti pro-
missioue susceperam, nunc . . repraesentem. voveram autem . . ut me
dignatione qua pridem audieras rursus audires. . . gaudeo igitur . . dila-
tam esse illam cupiditatem meam. neque enim orationis eins quam com-
posueram facio iacturam, sed eam reservo . . decennalibus tuis. 5, 1: sed
de rebus bellicis victoriisque vestris . . et multi summa eloqueni^ia prae-
diti saepe dixerunt et ego pridem, cum mihi auditionis tuae divina dignatio
eam copiam tribuit, quantum potui praedicavi. Diessmal beschränke er
sich daher auf der Kaiser pietas (c. 6—12) und felicitas (c. 13—18). Letz-
teres Thema war auch schon von dem früheren Redner (A. 5), nur kürzer,
bebandelt (9 f. 11, 1. 7. 13, 1 ff.), keineswegs blos die res bellicae. Der
jetzige Redner setzt bei dem Kaiser mehr geschichtliche Kenntnisse voraus
(c. 10). Auch liebt er das Ausmalen ins Detail (10—12) und kühnere rhe-
gl2 Die Kaiserzeit. Drittes Jahrhundert
torische Figuren (c. 15). Er citiert (14 , 2) den Vers lovi» omnia plena
des poeta romanus (Vergil. Ecl. III, 60) und nennt (16, 3) den Knuius:
ille romani carminis primus auctor. Eigenthümiich sind diesem Redner
gegenüber von dem ersten (A. 5) die Partikeln si qoidem und quasi, sowie
at cnim (7, 5) und nihilominus.
7. Eumen. pro rest. schol. 1,1: certum habeo . . plerosque mirari
qnod ego, qui ab ineunte adolescentia usque in hunc diem numquam isto
in loco dixerim et quantulumcumqne illud est quod . . videor consecutas
exercere privatim quam in foro iactare maluerim, nunc demum, sero qno-
dam tirocinio, ad insoUtum mihi tribunal adspirem. 3, 1: reliclis do*
cendi praecipiendique rationibus. 6, 2: (Constantium) miran satis nequeo,
qui . . me filio potius meo ad pristina mea studia aditum molientem ipsmii
iusserit disciplinas artis oratoriae retractare et hoc mihi raunus iniunierii
11, 2 f.: salafium me Uberalissimi principes . . in sexcenis milibus nom-
mum accipere iusserunt, . . ut trecena illa sestertia quae sacrae memoiiae
magister acceperam . . geminarent. hoc ego salarium . . cupio ad restito-
tionem huius operis . . destinare. 13 , 1 : Utteras quibus mihi tanti prin-
cipes instituendam iuventutem conmiendare dignati sunt, worin (14, 3) z. B.:
auditorio huic . . te potissimum praeficere debuimus, cuius eloqueutiam et
gravitatem morum ex actus nostri habemus administratione compertam.
hortamur igitur . . ut professiouem oratoriam repetas etc. 17, 3: ilHc
avum meum quondam docuisse audio, hominem Athenis ortum, Bomae dia
celebrem, mox in ista urbe (Autim) . . detentum. cuius locum, in quo,
ut referunt, maior octogenario docuit etc. Panegyr. Constantino Aag.
23, 1 f.: tibi . . commendo liberos meos, praecipueque illum iam summs
fisci patrocinia tractantem (er war also advocatus fisci). . . praeter ilios
quinque quos genui etiam illos quasi meos numero quos provexi ad tute-
lam fori, ad officia palatii. Das Todesjahr des Eum. ist unbekannt.
8. Die Bede pro restaurandis scholis (von Augustodunum), gehalten
im J. 296 (s. c. 21) vor dem praeses provinciae (Gall. Lugd. 1), entiiält
hauptsächlich die Erklänmg dass Eum. hieför seinen Gehalt bestimme
(s. A. 7). Ausserdem haben wir von ihm: 2) panegyricus auf den Caesar
Constantius, gehalten Ende 296 zu Trier; vgl. 4, 4: habenda est rstio
temporis, Caesare staute dum loquimur. Der Vorsatz wird aber sddedit
gehalten. 6, 3: aliis haec (die Thaten von Diocletian, Maximian und Gft-
lerius) . . celebrabo temporibus, . . ipsis qui gessere praesentibiu. Maxi*
mian ist noch in Mauretanien beschäftigt (5, 2), Constantius hat seine
Liugonica victoria (paneg. Constantin. 6, 3) noch nicht erfochten. Der
Verf. hat sein Lehramt bereits wieder verlassen und sich an den Hof be-
geben; s. 1, 2 fiP.: quo in genere orationis quanta esset cura . . sensi etiam
cum in quotidiana illa instituendae iuventutis exerdtatione versarer. . . sed
cum ex veteri illo curriculo me . . post indultam a pietate vestra qmetem
(Qniescierung?) studinm ruris abduxerit etc. Hinweisung auf eine Bede
zu ^ren des Maximianus 1,5; auf sein früheres Hofamt 2, 1; aof dm
Wiederaufbau seiner Vaterstadt Augustodunum 20, 2. — 3) Panegjiicas
Constantino Aug. dictns in Trier (22, 4 f. vgl. 13, 2), am dies natalii
der Stadt (22, 4), kurz nach Maximians Hinrichtung in MassiHa (20, $\
J. 310. Wieder Vorsatz der brevitas (1,3. 7, 1). Der Verf. will in d«
369 f. EumenioB. Scriptores bist. aug. 81.S
media aetas stehen (1, 1). Die Lobhudelei ist sehr stark aufgetragen,
z. B. 10 — 12. 21, 4. 22, 1. Schliesslich Einladung des Const. zum Besuche
von Augustodunum (22, 3 und 7). 4) Gratiarum actio Gonstantino Aug.
im Namen des in Flavia umgenannten Augustodunum, seiner patria, für
die Steuemachlässe und sonstigen Wohlthaten welche Constantin bei sei-
ner kürzlichen Anwesenheit in der Stadt (J. 310 oder 311) erwiesen. Der
Schluss scheint unvollständig. Gehalten in Trier (2, 1). Zur Zeitbestimmung
Tgl. 13, 2: quinquennalia tua nobis, etiam perfecta, celebranda sunt. Vom
Christenthum ist in allen Beden keine Spur, vielmehr der Polytheismus
mit einer gewissen Absichtlichkeit hervorgekehrt.
9. Burckhardt, Constantin S. 66: Eumenius zeichnet sich nicht blos
durch Tact und Talent vor den anderen Lobrednern aus, er ist auch ein
ganz ehrwürdiger Patriot, der nicht zu eigenem Yortheil schmeichelte.
Vgl. A. 7. Benützung des Tacitus (Agr. 12) in paneg. Const. 9, 3.
10. Einen Gallus rhetor sucht für den Unterricht seines Sohnes in
Bom Symmach. ep. VI, 34. Vgl. ib. IX, 88: gallicanae facundiae haustus
requiro, non quod his Septem montibus eloquentia latiaris excessit, sed
quia praecepta rhetoricae pectori meo senex olim Garumnae alunmus
immulsit.
370. Von den sechs scriptores historiae augustae
haben drei noch unter Diocletian geschrieben ^ nämlich Aelius
Spartianus, Vulcatius Gallicanus und Trebellius Pollio. Von
Spartianus rühren sicher die Biographien des Hadrianus^ Helius
Verus, Septimius Severus, Pescennins Niger her und wahrschein-
lich auch die des Pius, Marcus, Verus, Älbinus und Macrinus.
Vulcatius Gallicanus ist Verfasser der Lebensbeschreibung des
Avidius Cassius. Von Trebellius Pollio sind die der Valerian
(unvollsiÄndig) , Gallieni, der von ihm sogenannten dreissig
Tyrannen und die des Claudius erhalten. Die ganze Sammlung
umfasst die Kaiser von Hadrian bis Numerianus (J. 117 — 284);
nur die der Jahre 244 — 253 sind nicht in eigener Bearbeitung
auf uns gekommen. Zeit und Urheber der Zusammenstellung
ist nicht bekannt. Die Abgrenzung des Eigenthums der ein-
zelnen Verfasser ist vielfach unsicher. Gemeinsam ist allen das
Merkmal der Geistesarmut und Unfähigkeit; indessen an gutem
Willen fehlt es ihnen nicht, und vielfach sind sie für uns die
einzige Geschichtsquelle.
1. Alle Handschriften der scriptores hist. aug. stammen aus der-
selben Quelle, da sie dieselbe Lücke haben, welche mit den Biographien
der Kaiser nach Qordian. III auch den Anfang der yita Valerianorum ver-
schlang. Die massgebenden Hdss. sind der Bambergensis saec. IX und
der Palatinus (in Bom) saec. X oder XI. Nach einem ihnen ganz ähn-
lichen codex ist geschrieben Vatic. 1899 saec. XI V. Die anderen sind
saec. XV und ohne Werth. Vgl. die praefatio in H. Peters Ausgabe.
314 ^ie Eaiserzeit. Drittes Jahrhundert,
HandBchriftlicher Titel der Sammlung : vitae diversorum principnm et ty-
rannorum a divo Uadriano usque ad Numerianum a diversis compoeitae.
Die Ordnung der vitae in den Hdss. ist gemischt aus der chronologiBdieii
des Stoffes und der- literarischen nach den Verfassern; s. Brocks p. 43 f.
2. Ed. princ. der scriptores hist. aug. von Bon. Accuraius, MedioL
1475 fol. Aldina, Venet. 1516. 1519. Ausgaben von D. Erasmus (BasiL
1618 fol. u. ö.), J. B. Egnatius (Paris. 1644), J. Gruter (Hanov. 1611 toL),
Is. Casaubonus (Paris 1603. 4. 1620 fol. mit den notae von Gl. Salmasios).
Sammelausgabe Lugd. Bat. 1671. 2 Voll. Cum notis U. Obrechti, Strass-
bürg 1677. Cum praef. J. L. E. Püttmanni, Lips. 1774. Henr. Jordan et
Fr. Eysseuhardt recensuerunt, Berol. 1864, 2 Voll. Becens. Herm. Peter,
Lips. Teubner 1866, 2 Voll.
3. H. Dodwell, praelectiones Camdenianae (Oxon. 1692] p. 32—151.
G. Mascov, de usu et praestantia hist. aug. in iure civili (1731) in seioeii
Opusc, Lips. 1776. C. G. Heyne, censura sex scriptorum hist. aug., Opuscula
acad. VI. p. 52 — 78. H. E. Dirksen, die script. h. aug., Andeutungen zur
Textkritik und Auslegung derselben, Leipzig 1842* 271 S. G. Bemhardy,
de Script, h. a. prooemia duo, Halle 1847. 4. Fr. Richter, über die scr.
h. a., Rhein. Mus. VII (1860). S. 16—61. Krause, de fontibus et auctontate
scriptorum h. a., Neustettin 1867. 24 pp. 4. H. Peter, historia critica scri-
ptorum h. a., Lips. 1860. 40 pp. E. Plew, de diversitate auctorum h. a.,
Königsberg 1869. E. Brocks, de IV prioribus h. a.. scriptoribus, Königs
berg 1869. 69 pp.
Beiträge zur Textkritik von A. Becker (Observationes criticae in etc.,
Breslau 1838), H. Peter (Cxercitationes criticae in, Posen 1863. 4.), 0. Hirsch-
feld (Hermes III. S. 230—232), M. Haupt (Hermes I. p. 46. IH. p. 217-220.
IV. p. 162 flF.), J. Oberdick (Zeitschr. f. Ostreich. Gymn. 1865, S. 737-745.
1868, S. 340—343).
4. An Diocletian gerichtet sind folgende vitae. 1) Helius Caesar,
mit der Ueberschrift: Diocletiano Aug. Aelius Spartianus auus sal. In
animo mihi est, Diocletiane Aug., tot principum maxime. 2) Marcus (19, 3:
ut vobis ipsis, sacratissime imp. Diocletiane, et semper visum est et vi-
detur). 3) Verus (11, 4: praeter vestram clementiam, Diocletiane Aug.].
4) Avid. Cass. 3, 3 (proposui enim, Diocletiane Aug.). 5) Septim. Se?er.
20, 4: reputanti mihi, Diocl. Aug. 6) Pescenn. Nig. 9, 1: haec sunt, Dio-
cletiane maxime Augustorum etc. 7) Macrin. 15, 4 (serenitati toae, Diod.
Aug., detulimus, quia te cupidum veter um imperatorum esse perspeximas].
Von diesen vitae ist Avidius Cassius sicher dem Vulcatius Grallicanus za-
zutheilen, da diess in den Hdss. mit dem sonst nicht wiederkehrenden
Zusätze (V. G.) v. cl. geschieht und der ganze Name gleichfalls nicht
wiederkehrt. Die übrigen sechs werden in den Hdss. unter Spartianus und
Capitolinus so vertheilt dass dem Spart, ausser Nr. 1 auch Nr. 5 und 6
zugewiesen wird, dem Cap. Nr. 2 und 3, sowie 7, Letzteres ohne indi-
viduellere Angaben und gegen die Wahrscheinlichkeit, da Capitoiinttf
(unten 378) sicher unter Constantin und, wie es scheint, nach Beaiegung
des Licinius (J. 323) schrieb. Ausserdem haben 2 und 3 (auf welchen Etl
2, 9 voraus verwiesen ist: de huius familia plenius in vita . . filii huiasce
, . disseremus; vgl. Ver. 1, 6 ff. nebst Fr. Richter S. 39 g. E.) ganz densdto
370. Scriptores bist, aug.: Spartiauus. 815
Charakter wie I (vgl. Brooks p. 28 £P.)) ^^' 7 aber denselben wie 6. In
beiden dieselbe Vorliebe für Anführung von Briefen und Yergüstellen (wie
auch im Helius] und dieselbe Quellenangabe (Peso. Nig. 9, 1 : haec . . di-
dicimus ex pluribus libris. Macrin. 1, 1: nos ex diversis historicis eruta
in lucem proferemus, und 15, 4: quae de plurimis coUecta etc.)- Es ist
daher wahrscheinlich dass sie alle von Spartianus herrühren. Anderer-
seits wird im Clodius Albinus auf den Pescennius (Alb. 1,4: sortem illam
qua . . in Pescennii vita diximus =: Peso. 8, 1 f.) imd auf den Severus
(Alb. 12, 14: quae quidem omnia in vita eius posita sunt = Sever. 9—12)
desselben Verfassers zurückverwiesen, sodass auch der Albinus von Spar-
tianus verfasst scheint; und im (Richer spartianischen) Helius erläutert der
Verfasser ein( Angabe die er in der vita Hadriani gemacht habe (Hei.
5, 5: de quo feuere cibi aliter refert Marina Maximus, non pentaphar-
macum sed tetrapharmacum appellans, ut et nos ipsi in eius vita per-
secuti sumus, = Hadr. 21, 4: unice amavit tetrapharmacum). Ferner
stimmt Pius (der in den Hdss. dem Capitolinus zugeschrieben wird, wäh-
rend der Zusatz ad Diocletianum Aug., wie beim Did. luL, auf Interpola-
tion beruht) ganz mit Hadrianus, Marcus und Severus (Brooks p. 23 ff.)
und scheint daher von demselben Verfasser. Ausserdem werden in den
Hdss. dem Spartianus zugetheiit die vitae des Didius lulianus, Caracalla
und Geta, letztere wohl mit Unrecht, da sie dem Constantin gewidmet ist,
und daher wohl auch die damit zusammenhängende des Caracalla (Carac.
11,1: occidendi Getae multa prodigia extiterunt, ut in vita eius expone-
mu8 => Get. 3, 3 ff.; Get. 1, 1: quaestionem . . cur etiam Geta Ani a me
tradatur). Keinen sicheren Gegenbeweis enthält die unpersönliche Rück-
verweisung auf Severus im Carac. 1, 2. Auch die Weise des Did. lul. hat
(ausser dem stemma zu Anfang) wenig mit der spartianischen gemein.
Diese ganze verwickelte Frage ist neuerdings von E. Brooks scharfsinnig
erörtert worden, leider aber unter Nichtberücksichtigung der Bück- und
Vorverweisungen (vgl. Fr. Richter S. 39—42) und unter einseitiger Be-
tonung der Anlage und Ausdrucksweise, welche durch die jeweils abge-
schriebene Quelle bedingt sein wird. Mit Sicherheit kann für Spartian
nur vom Helius ausgegangen werden.
6. Spartian. Hei. 1,1: in animo mihi est . . non solum eos qui
principnm locum . . retentarunt, ut usque ad divum Hadrianum feci, sed
iUos etiam qui vel Caesarum nomine appellati sunt nee principes aut Au-
gusti fiierunt, vel quolibet alio genere aut in famam aut in spem prin-
cipatus veuerunt, cognitioni numinis tui stemere. 7, 5: de quo idoirco
non tacui quia mihi propositum fuit onmes qui post Caesarem diotatorem,
h. e. divum lulium, vel Caesares vel AugustL vel principes appellati sunt
quique in adoptionem vener unt vel imperatorum filii aut pareutes Caesa-
rum nomine conseorati sunt singulis libris exponere, meae satisfaciens
conscientiae , etsi multis nuUa sit necessitas talia requirendi. Seine Ab-
sicht war also eine vollständige Eaisergeschichte in biographischer Form.
Unbekannt ist ob diese Absicht wirklich ausgeführt wurde; jedenfalls ist
nur ein Theil erhalten. Seine Hauptquelle war Marius Maximus (oben
358, 5). Zeitandeutung HeL 2, 2: nostris temporibus a festra dementia
Maximianus atque Coustantius Caesares dicti sunt (J. 292).
316 I^ie Kaiserzeit. Drittes Jahrhundert.
6. Vulcat. Gall. Avid. Cass. 3, 3: proposui, Diodetiane Aug.,
omnes qui imperatonun nomen sive iusta ex causa sive iniusta habuenmt
in litteras mittere, ut omnes purpnratos Angustos cognosceres. Sein Plan
war also etwas enger als der des Spartianus (A. 5). In die erhaltene
Sammlung fand aber nur sein Avidius Gassius Aufnahme. Diese Tita
zeichnet sich durch ausgedehnte Berücksichtigung des Briefwechsels (auch
der Antwortschreiben) aus. Vgl. E. E. Hudemann, Philologus VII. S. 585
— 588. IX. S. 189 ff.
7. Vopisc. Aurelian. 2, 1: quoniam sermo nobis de Trebellio Pol-
lione, qui a duobus Philippis nsque ad divum Claudium et eins fratrem
Quintillum imperatores tarn claros quam obscuros memoriae prodidit,
. . fuit, adserente Tiberiano quod Pollio multa incuriose, multa breviter
prodidisset. Der Anfang des Antheils von Pollio und damit die Widmung
ist verloren. Er ist der Erfinder des müssigen und schiefen Begriffs der
XXX tyranni. Pollio XXX tyr. 1, 1 f.: scriptis iam pluribus libris, non
historico nee diserto, sed pedestri adloquio . . in unum eos (die XXX)
libellum contuli, . . maxime cum vel in Valeriani vel in Gallieni yita plera-
que de bis dicta . . constet. 33, 8: libellum non tam diserte quam fide-
liter scriptum, neque ego eloquentiam mihi videor pollidtus esse, sed
rem, qui hos libellos quos de vita principum edidi non scribo, sed dicio,
et dicto cum ea festinatione . . ut respirandi non habeam facultatem.
n, 6 f.: ut fidelitas historica servuretur, quam ego prae ceteris custodien-
dam putavi, qui quod ad eloquentiam pertinet nihil curo. rem enim vobis
proposui deferre, non verba. Claud. 11, 5: vera dici fides cogit, simul ut
sciant ii qui adulatores nos aestimari cupiunt id quod historia dici postnlat
[nos] non tacere. ib. 3, 1: in gratiam me quispiam putet Constantii
Caesaris loqui, sed testis est et tua conscientia et vita mea me nihil um-
quam cogitasse, dixisse, fecisse gratiosum. 10, 7: ut dt omnibua clamm
Constantium divini geueris virum . . esse, . . salvis Diocletiano et Maxi-
miano Augg. et eins fratre Galerio. Er schrieb also noch bei Lebzeiten
des Chlorus (f 25 Juli 306), aber nach Vollendung der diocletianischen
Thermen (J. 2318 = 304 nach Hieron. ehr.); s. XXX tyr. 21, 7: in his
locis fuerunt in quibus thermae Diocletianae sunt exaedificatae, tarn
aeterni nominis quam sacrati. Sein Grossvater hatte unter Aurelian gelebt
imd war dem Tetricus befreundet gewesen (XXX tyr. 25, 3). Valerian.
8, 5 : quoniam vereor ne modum voluminis transeam, . . ad aliud volumen
transeam. . . semper enim me vobis dedidi . . et famae. GalHen. 14, 2:
Claudius, ut suo dicemus loco, vir optimus. XXX tyr. 31, 5 ff. : haec sunt
quae de XXX tyrannis dicenda videbantur. . . nunc ad Claudium prind-
pem redeo. de quo speciale mihi volumen . . videtur edendum. Claud.
1, 1: ventum est ad principem Claudium, qui nobis intuitu Constanti Cae-
saris cum cura in litteras digerendus est. XXX tyr. 31, 10: nemo in
templo Pacis dicturus est me feminas inter tyrannos, . . ut ipsi de me so-
lent cum risu et ioco iactitare, posuisse. Richter (Rhein. Mus. VH.) S. 20
— 23. H. Peter, bist. crit. p. 9 f.
8. Vopisc. Aurelian. 44, 2 : Herennianus teste Asclepiodoto saepe dioe-
bat Diocletianum frequenter dixisse, und 44, 3: Asclepiodotus . . perhibet
9. Vopisc Car. 18, 5 : quorum (des Diocletian und seiner 3 Collegen) vitam
singulis libris Claudius Eusthenius, qui Diocletiano ab epistulis fuit, 8CEq)sii
370 f. Gallicaiius. Trebellius PoUio. Codex Gregoriauus. 817
10. Ueber den Zctykto^o^ toTogmog bei Ljd. magg. III, 32. s. oben
352, 4.
tl. Aus dem Ende des Jahrb. ist die älteste lateinische Uebersetzung
des Romans von Pseudo - Eallisthenes über Alexander d. Gr. (aus J. 200)
unter dem Titel Res gestae Alexandri Macedonis translatae ex Aesopo
Graeco und dem Namen des lulius Yalerius. Sie ist im Itinerar. Alex,
(aus J. 340—346) bereits benützt. Vgl. C. Kluge, de it. Alex. p. 34 — 46.
Ueber den Sprachgebrauch des lul. Yal. (z. B. häufig ^uod statt acc. c.
inf.) vgl. ib. p. 46—49. 61 — 54. Erstmals herausgegeben wurde sie, aus
einem codex Ambrosianus, von A. Mai an den Itiu. Alex. (Mediol. 1817. 4.)
und (ergänzt) in den Classici auctt. e codd. vaticanis VII. p. 61 ff. Vgl.
Spicileg. rom. VIII. p. 613 ff. J. Zacher, Pseudo -Eallisthenes, Halle 1867.
Auch eine abgekürzte Fassung dieser Uebersetzimg (saec. Y) ist erhalten
und herausgegeben von J. Zacher, lulii Valerii epitome; zum ersten Mal
herausgegeben, Halle 1867. XIV u. 64 S.
12. Zu den Geschichtsquellen aus der Zeit Diocletians gehört das von
Mommsen in Verona gefundene und herausgegebene Provinzenverzeichniss
vom J. 297, Abhandl. d. Berl. Akad. von 1862, S. 489—531. Vgl. Revue
arch^ol XIII (1866) p. 377 ff. XIV. p. 369 ff. XV. p. 1 ff". Vom Ende des
J. 301 ist Diocletians edictum de pretiis; Th. Mommsen, Diocletians
Edict u. s. w. Leipzig 1851. H. W. Waddington, ^dit de Diocletien etc.
publik avec de nouveaux fragments et un commentaire, Paris 1864. Vgl.
K. Keil, Rhein. Mus. XIX. S. 610 — 614.
371. Durch die Theilung des Reichs und der Regierungs-
gewalt war die Möglichkeit widerstreitender Rechtsentscheidun-
gen und daher Rechtsunsicherheit entstanden. In Folge dessen
hatte man unter Diocletian das Bedürfniss das geltende Recht^
soweit es auf kaiserlichen Verfügungen beruhte^ zusammenzu-
stellen. Daher die Sammlung von Constitutionen der Kaiser
von Hadrian bis Diocletian^ veranstaltet durch einen Juristen
Gregorianus, der codex Gregorianus. Im vierten Jahrhundert
wurde dieser ergänzt durch die ähnliche Sammlung des Her -
mogenianus^ welche in dreierlei Bearbeitungen vom J. 291
bis 365 reichte. Beide Sammlungen sind nur noch in den Ent-
lehnungen vorhanden welche daraus besonders in Justinians
Codex sich finden.
1. Die üeberreste des codex Greg, und Hermog. am besten heraus-
gegeben von G. Hänel im Bonner Corpus iuris anteiust. (Bonn. 1837. 4.):
Codicis Gregoriäni et codicis Hermog. fragmenta ad XXXVI librorum
msB. . . fidem recogn. et annot. crit. instruxit. Chr. Fr. Pohl, diss. de codd.
Greg, atque Herrn., Lips. 1774. 4. Zimmern, Gesch. d. röm. Privatr. I, 1.
S. 167 — 164. H. F. Jacobson, diss. crit. de codd. G. et H., Königsberg
1826. Hänels praefationes. Budorff, röm. Bechtsg. I. S. 274—277. Huschke,
über den Gr. u. H. codex, Zeitechr. f. Rechtsgesch. VI (1867). S. 279—331.
Teuf fei, röm. Uleralurgetehichte. 5^
918 Die Kaiserzeit. Drittes Jahrhundert.
2. Der Titel codex Gregorianus ist wohl eine beqaeme Abkürzuug
des ursprünglichen, der etwa lautete: Gregoriani codex constitutionum
principalium. Die älteste sichere Constitution daraus ist vom J 196; aber
da der aus ihm geschöpfte codex lust. auch eine von Hadrian enthält, so
wird Greg, mit diesem begonnen haben. Die späteste Constitution des
Gr. ist vom J. 295, um welche Zeit die Sammlung wohl herausgegeben
wurde. Diocletian und Maximian us waren darin domini nostri genannt
(Collat. 1, 10). Huschke S. 280—286. Anregung durch Diocletian ist wahr-
scheinlich, da von den scriptores bist. aug. (s. 370), welche gleichfalls mit
Hadrian beginnen, diess gewiss ist. Vorgänger Papirius lustus, oben 346, 7.
Seitenstück Julians Bedaction des prätorischen Edicts (oben 327, 2). Als
eine Sammlung des kaiserlichen ins generale umfasste der cod. Gr. Con-
stitutionen aller Art, mit Ausscheidung des Veralteten. Ordnung wahr-
scheinlich die auch im cod. lust. im Wesentlichen befolgte des Edicts.
umfang etwa 16 Bücher, imgefähr wie cod. Theod. , welcher selbst auch
ad similitudinem Gregoriani atque Uermogeniani codicis (cod. Theod. I,
1, 6) angelegt ist. Die drei letzten Bücher scheinen das Criminabredit
enthalten zu haben. Aufgenommen waren die Urkunden selbst, mit In-
scriptionen und Subscriptionen; einzelne waren, wegen der undatierten
im cod. lust., den Schriften von Juristen entnommen. Huschke S. 294 — 303.
314 — 321.
3. Der codex Hermogenianus wird immer nach dem Greg, ge-
nannt und aus ihm nur Titel (nicht Bücher) angeführt. Er war daher
wohl eine Ergänzung des Greg. Aus dem Herm. werden nur Bescripte
citiert, das früheste vom J. 291. Nach Dig. IV, 4, 17 war die Sammlung
später als Constantins Verordnung vom J. 331 dass vom praef. praet nicht
weiter appelliert werden könne. Consult. 9, 1 — 7 weist ihm aber noch
sieben von Valentinian und Valens aus J. 364 f. zu. Die letzte Ausgabe
scheint somit um 366 veröffentlicht zu sein; vgl. Sedul. pasch« op. praef.
(p. 149 Arev.): cognoscant Hermogenianum , doctissimum iuris latorem,
tres editiones sui operis confecisse. Sie unterschieden sich von einander
wohl hauptsächlich durch Berücksichtigung nachgekommener Bescripte.
Huschke S. 291—294.
4. Index florent. nennt unter den Quellen der justinianischen Di*
gesten an letzter Stelle 'EQftoysviavov inizonoiv ßißX^a ?£ {ixovat cxi%. el.]^
ein Auszug aus dem ins, verfasst ums J. 339; s. J. Gothofredus prolegg.
ad cod. Theod. p. CCX. Die Excerpte daraus bei Hommel PaUng. I.
p. 186—194. J. Finestres, comm. in Herm. icti iuris epitomarum libros VI,
Cervar. 1757. 4. 2 Voll.
372. Dem Ende des dritten Jahrhunderts gehört wahr-
scheinlich der Metriker Terentianus ans Maoretanien an.
Er yerfasste in seinen späteren Jahren, nach dem Vorgänge
des Caesius Bassns und dem Lehrbuche seines Landsmannes
luba, in gebundener Form ein kurzes Lehrbuch de litteris, syl-
labis, metris, gerichtet an seinen Sohn Bassinus und Schwieger-
sohn Novatus. Es besteht aus drei Theilen, von welchen der
..^a
371 f. Codex fiermogenianus. TereDtianuB Maurus. 819
letzte in unvollendeter Gestalt auf uns gekommen ist. Materiell
ohne Selbständigkeit; legt es um so rühmenderes Zeugniss ab
von der Gewandtheit des Verfassers in der Handhabung manch-
faltiger metrischer Formen.
1. Mar. Victor, p. 2529 P.: TerentianaB, uon poenitendos inter cete-
r08 artis xnetricae auctor. Terentian. 1969 fiP. (nach Anführung eines Bei-
spiels aus Pomponius Secundus): non equidem possum tot priscos nosse
poetas ut veterum exemplis valeam quae tracto probare; Maurus item
quantos potui cognoscere Graios? . . nemo tarnen culpet si sumo exempla
novella, worauf er den Septimius Serenus (oben 360, 3) citiert, wie anderswo
den Alfius Avitus (oben 360» 1). Durch diese Thatsachen wird unzweifel-
haft dass das Zeitalter des Ter. von Lachmann (p. XI) richtig bestimmt
ist; vgl. L. Müller de re metr: p. 65. 99. Westphal, allg. Metrik S. 44. 71.
Bedenken dagegen von 6. Studer, Rhein. Mus. II. S. 63—66. Gräfenhan,
Gesch. d. class. Philol. lY. S. 99. 134 f. setzt ihn, gemäss der früheren
Identificierung mit dem Terentianus qui nunc niliacam regit Syenen bei
Martial. I, 86, 6 f , unter Nerva und Trajan.
2. Terent. Vorwort (stichische Glykoneen) 51 ff. : sie nostrum senium
quoque . . angustam studii viam et callem tenuem terit. (59 f.) quid sit
littera, quid duae, iunctae quid sibi syllabae. Diess wird im ersten Theile
(in Sotadeen) ausgeführt, v. 85 — 278 (sat duco meas hactenus occupasse
nugas). Darauf (v. 342 — 1281) de syllabis (versus heroici) in trochäischen
Tetrametem und daktylischen Hexametern, nach einem Vorworte (279
—341), welches aber vielmehr ein Epilog ist. Es beginnt: sy Ilabas . . dis-
putatas attuli versibus, sane modorum quo sonora laevitas addita stili
levaret sicdoris taedium. haec prius, Bassine fili et tu gener Novate mi,
perpolite qua potestis crebriore limula. 319 ff.: morosa intentio tam le-
gentis debet esse quam fuit nobis quoque, qui . . forsitan nee lecta multis
e latebris scalpsimus, ardui laudem expetentes, non favorem ex obvüs.
348 f.: hoc opus, de syllabis quod recepi nunc loquendum. Die erste
Hälfte wiederholt in erweiterter Gestalt den Inhalt des in Sotadeen ge-
schriebenen opusculum de litteris. Die Erörterung der Sylbenprosodie
beginnt erst 997. Zweiter Epilog 1282 — 1299: forsitan hunc aliquis ver-
bosom dicere librum non dubitat etc. (1291 f.:} haec ego cum scripsi bis
quinis mensibus aeger pendebam etc. (1296 ff. :) sie varios tam longa dies
renovando dolores duxit ad hoc tempus semper sine fine minando. cum
potui tarnen obrepens incepta peregi, quo vitae dubius vel sie vixisse vi-
derer. Der dritte Theil handelt de metris (v. 1300— 2981),^ mit besonderer
Berücksichtigung des (CatuU und) Horaz (von v. 2914 an ausschliesslich
die Epodenmasse) ; daher die üeberschrift der ed. princeps „de metris
Horatü** ursprünglich sein könnte. Die Einleitung handelt (abermals) kurz
de syllabis, litteris, dann (1335 ff.) de pedibus. Die specielle Metrik be-
ginnt V. 1580, ist wohlgeordnet und bildet je das besprochene Mass nach.
Dieser Theil hat weder Vorwort noch Schluss; auch finden sich Wieder-
holtmgen früherer Verse (1306—1312=3 357 f. 360—364) und sonstige Spu-
ren der Nichtvollendung (Lachmann p. IX). Terentianus de litteris (= v. 183)
citiert Priscian. XIII. 15 (II. p. 10 H.); Terentianus de syllabis (=» v. 283)
id. VII, 22 (p. 305 H.).
52*
-Y
82() I^ie Kaiserzeit. Drittes Jahrhundert.
3. Von den drei Theilen (oder Büchern) ist der wichtigste der dritte,
die Metrik, trotz mancher Missverständnisse und Unzulänglichkeiten (z.B.
1797) f als Wiedergabe einer älteren Metrik, in welcher auch griechische
Beispiele gegeben waren (vgl. 2128). Dieses Original war wohl das Werk
des Caeaius Bassus (oben 287, 1—3), wahrscheinlich nach der Bearbeitung
des Juba (oben 366, 1 f.). R. Westphal, allg. Metrik (1865) S. 56-72.
127—130. — Griech. Metrik« I. S. 138—153.
4. Der Text des Ter. beruht, da die vollständigen Hdss. seitdem
verloren gegangen sind, auf der editio princeps (Mediolani 1497. 4.) mit
dem Titel: Terentianus de litteris syllabis et metris HoratiL Spätere
Ausgaben Paris. 1510. 1631. 4. Venet. 1533. 4. In Putsche's grammatid
lat. p. 2383 ir. Mit umständlichem Commentar von L. Santen (ed. D. J.
van Lennep), Utrecht 1825. 4. Recensuit C. Lachmannus, Berol. 1836. An
Gaisfords Hephaestion (Oxon. 1855) I. p. 215—315; annotationes II. p. 349
—642.
5. Ungefähr aus derselben Zeit scheint auch die aus gleicher QueUe
geschöpfte Metrik des Pseudo Atilius zu stammen; s. oben 357, 9.
6. Ueber Flavius grammaticus s. unten 374, 1.
373« Noch unter Diocletian schrieb der Rhetor Arno-
bius zu Sicca in Nuinidien ums J. 295, nach seinem üeber-
tritt zum Christenthum, zur Rechtfertigung dieses Schrittes,
seine sieben Bücher adversus nationes. Diese Apologie hält
sich überwiegend polemisch und verräth wenig Verstandniss des
Ghristenthums. Den Polytheismus bekämpft sie mit rhetorischer
Masslosigkeit; Vorliebe für das Derbe und in buntscheckige^
Sprache.
1. Hieronym. chron. ad a. Abr. 2343 = 329 = 1082 d. St (wahr
scheinlich das Todesjahr des Am.): Amobius rhetor in Africa clarui
habetur, qui cum Siccae ad declamandum iuvenes erndiret et adhoc
ethnicns ad credulitatem (d. h. zum Christenthuro) somnüs compelleretur,
neque ab episcopo impetraret fidem quam semper impugnaverat, elaco-
bravit adveraum pristinam religionem luculentissimos libros et tandem, yeloti
quibusdam obsidibus pietatis (datis), foedus impetravit. De vir. illustr. 79:
Amobius sub Diocletiano principe Siccae apud Africam florentissime rfae-
toricam docuit scripsitque adversum gentes quae yulgo extant volumioa.
Epist. 70, 5 (ad Magnum): Septem libros adv. gentes Arnobius edidii
ibid. 58 (ad Paulin.), 10 (p. 326 ValL): Arnobius inaequalis et nimias et
absque operis sui partitione confusus. Für die Abfassung der Schrift
ums J. 295 = 1048 d. St. vgl. I, 13: trecenti sunt anni forme, minus vel
plus aliquid, ex quo coepimus esse christiani et terrarum in orbe censeri,
und 11, 71: aetatis cuius urbs Roma in annalibus indicatur? annos dadt
quinquaginta et mille, aut non multum ab his minus. Unbestimmte flio-
deutung auf Christenverfolgungen der Vergangenheit lY, 36: nostra scripta
cur ignibus meruerunt dari, cur immaniter conventicula dirui?
373. Araobius. 821
2. Amob. I, 1 : quoniam comperi nonnullOB . . dicere, postquam esse
in mundo christiana gens coepit terrarum orbem perisse, . . statoi pro
captu ac mediocritate sermonis contraire invidiae et calumniosas dissolvere
criminationes. Dies geschieht in B. I, das zuletzt in eine Rechtfertigung
der Anfänge des ChristenthumB verläuft. Dort c. 62 die Behauptung:
Christus interemptus est non ipse, sondern homo quem induerat et secum
ipse portabat. B. II vergleicht die Lehren der Philosophie und des Christen -
thums und gibt eine gnostisch gefärbte Psychologie. B. III — V polemi-
sieren gegen die heidnische Mythologie, VI und VII gegen Tempel- und
Bilderdienst, Opfer und Schauspiele. Seine Quellen nennt Am. nicht, ob-
wohl er seine Vorgänger, unter den Griechen besonders den JTpOTpexprtxo^
des Clemens Alex., stark benützt hat. Am meisten Ausbeute liefern ihm
Epikureer (wie Lucretius, vgl. E. Elussmann im Philologus XXVI. S. 362
— 366), Rationalisten (wie der Euhemerus des Ennius), Antiquare wie
Varro. Durch die Menge des zusammengerafften Stoffes hat Am. auch
antiquarischen Werth.
3. Eenntniss des Alten Testaments besitzt Am. nicht, und von dem
Neuen nur sehr ungenaue (Oehler p. XIII — XVIII). Die Göttlichkeit Christi
gründet er fast ausschliesslich auf seine Wunder, welche I, 48 in einer
Weise ausgeftlhrt werden dass es zweifelhaft erscheint ob Am. die Evan-
gelien selbst gelesen hat. An ihm selber bewährt sich keineswegs seine
Behauptung (I, 58): numquam veritas sectata est fucum, nee quod ex-
ploratum et certum est circumduci se patitur orationis per ambitum lon-
giorem; eher seine lockeren Ansichten über Barbarismen und Solöcismen
I, 59. Häufung rhetorischer Figuren, z. B. II, 39 — 42 fortwährend die
Anaphora und rhetorische Frage idcirco (deus) animas misit ut etc. Be-
sonders liebt Arn. die Verbindung synonymer Ausdrücke.
4. Der Text des Am. beruht einzig auf einem Parisinus saec. IX
(8. oben 350, 5), in welchem die Schrift Adversus nationes betitelt ist.
Ed. princeps von F. Sabaeus, Rom. 1543 fol. Ausgaben von Gelenius
(Basil. 1546. 1560), Cantems (Antv. 1582), ürsinus (Rom. 1583), Elmenhorst
(Hanov. 1603. flamb. 1610), Stewechius (Antv. 1604), Salmasius (Lugd. B.
1651), in Gallandi bibl. patr. IV. p. 133—224, und von Oberthür (Würz-
burg 1783). Ed. J. C. Orelli, Lips. 1816. Ex nova cod. Paris, collatione
rec, perpet. comm. instr. G. F. Uildebrand, Halle 1844. In Migne's cursus
compl. V (Paris 1844) Text p. 718—1288; allerhand Abhandl. ib. p. 851—714.
1291—1372. Rec. ill. Fr. Oehler (in Gersdorfs bibl. patr. XII), Lips, 1846.
•
5. Ueber Amobius vgl. R. Ceillier, bist. g6n4r. des auteurs sacr^s etc.
III. p. 373—387. Th. Hug in Pauly's Real-Enc. I, 2. S. 1747—1760.
J. Meursius, criticus Amobianus, Lugd. B. 1598. J. C. Bulenger, eclogae
ad Am., Tolos. 1623. Le Nourry, Apparat, ad bibl. patr. IL p. 257—570.
6. E. Elussmann, emendationes Amobianae, Lips. 1863. 4; Philologus
XXVI. S. 623—641. Th. Hug, Beiträge zur Krit. lat Pros. (Basel 1864)
8. 21 — 31.
374. Des Amobius Schüler in der Beredtsamkeit^ Lactan-
tius Firmianus, Lehrer der Rhetorik in Nikomedia, später
322 ^^^ Kaiserzeit. Drittes Jahrhundert.
im Westen Lehi'er des Prinzen Crispus, zeichnet sich vor allen
christlichen Schriftstellern aus durch die Reinheit und Glätte
seiner nach den besten Mustern gebildeten Darstellung. Auch
hat ihm sein Uebergang zum Christenthum die Dankbarkeit
gegen die Quellen aus denen er bisher seine geistige Nahrung
geschöpft nicht gemindert. Minder correct als seinen Stil fand
die spätere Zeit seine Orthodoxie. Von seinen zahlreichen Schrif-
ten in Prosa und Versen sind die bedeutendsten auf uns ge-
kommen : seine sieben Bücher Institutionum divinarum, eine po-
puläre ^ apologetisch gehaltene Darlegung der christlichen Lehre
als der höchsten Wahrheit, die wir auch in kürzerer Fassung
besitzen ; De opificio dei, eine populäre Anthropologie aus christ-
lichen Gesichtspunkten; De ira dei, eine ähnliche Bearbeitung
der Lehre von Gott. Fanatischer als die unzweifelhaften Schrif-
ten des Lactantius, sonst aber seiner Weise nicht unähnhch
ist die unter dem Namen L. Caecilius überlieferte geschichtiich
wichtige Tendenzschrift über das Ende aller Verfolger des
Christenthums von Nero bis Gralerius und Maximinus Daza.
1. HieroDym. de vir. ill. 80: Firmianus, qui et Lactantius, Ar-
nobii discipalus, sab Diocletiano principe accitus cum Flavio grammatico,
cuiuB De medicinalibuB versu compositi extant libri (vgl. contra lovin. 11.
p. 332 Vall.: Marcelliim Sidetem et nostrum Flavium hexametris versibos
disserentes; Plin. Val. de re med. III, 14), Nicomediae rhetoricam docuit
et penuria discipuloram , ob graecam videlicet civitatem, ad scribendom
86 contnlit. . . hie eztrema senectute magister Caesaris Crispi, filii Constan-
tini, in Gallia fuit, qui postea (J. 326) a patre interfectus est. Chron. ad
a. 2333 = 319 n. Chr.: Crispum Lactantius latinis litteris erudivit, vir
omniam sao tempore eloqueutisBimuB, sed adeo in hac vita pauper ut ple-
rumque etiam necessarüs iudiguerit. Epist. 70, 5 (ad Magnom): septem
libros adversuB gentes Amobius edidit totidemque disdpnlus eins Lactan*
tias, qui De ira quoque et Opificio dei duo volumina condidit; quos n
legere yolueris dialogorum Ciceronis in eis initouriv reperies. 58, 10 (ad
Paulin.]: Lactantios quasi quidam fluvius eloquentiae tullianae ntinam tarn
nostra affirmare potuisset quam facile aliena destruxit ! Lactant. inst. Y, 2:
ego cum in Bithynia oratorias litteras accitus docerem. I, 1 : professio . .
illa oratoria in qua diu versati non ad virtutem, sed plane ad argntam
malitiam iuyenes erudiebamus. . . multum tarnen nobis ezercitatio üla
fictarum litium contulit ut nunc maiore copia et facultate dicendi causam
veritatis peroremus. III, 13: equidem tametsi operam dederim ut .. di-
cendi assequerer facultatem propter studium doceudi tarnen eloquens nom-
quam fui, quippe qui forum ne attigerim quidem. Lact, ist wohl itaUschen
Ursprungs, da er die Bömer als nostri (inst. I, 5. p. 11, 2 Fri.) den Graed
(ib. p. 2, 17) gegenüber zu stellen pflegt.
2. Hieron. vir. ill. 80: babemus eins Symppsium, quod adolescentolos
scripsit, *Odoi9ropix6v de Aüica usque Nicomediam, hexametris scripiiiiQ
' 374. LactantiuB. 823
yersibiiB, et alium librum qui ii^cribitur GrammatioaB, et pulcherrimam
De ira dei et Institutionum diviDarum advenom gentes librOB VII et *£»&-
xofu^v eiusdem operis in libro uno acephalo et Ad Asclepiadem libros II;
De persecutione librum unum; Ad Probum fipistolarum libros IV; Ad
Severam (vgL vir. ill. 111) epistolarum libros II; Ad Demetriauum audi-
torem snum epistolarum libros II; Ad eundem de opificio dei vel forma-
tioue hominis librum unum. Auf den Grammaticus bezieht sich wohl
Victoriu. de carm. her. 5 (p. 1957 P.): nostra quoque memoria Lactantius
de metris pentameter, inquit, et tetrameter. Die Briefe ad Probum stam-
men vielleicht noch aus der vorchristlichen Zeit des Lact, und behandelten
(vorzugsweise) Gegenstände aus dem Gebiete der Gelehrsamkeit, während
die ad Demetriammi Christliches erörterten. Hieron. epist. 84, 7 (ad Pam-
mach. et Oc): Lactantius in libris suis et maxime in epistolis ad Deme-
triauum Spiritus sancti omnino negat substantiam et errore iudaico dicit
eum vel ad patrem referri vel ad fiiium; und comm. in ep. ad Gal. 4, 6:
multi per imperitiam scripturarum, quod et Firmianus in octavo (? Vall.:
altero) ad Demetrianum epistolarum libro facit, asserunt spiritum s. saepe
patrem, saepe fiiium nominari etc. Damasus an Hieronymus (Hier. opp.
ed. Vall. I, 1. p. 159): fateor tibi, eos quos mihi iampridem Lactantii
dederas libros ideo non libenter lego quia et plurimae epistolae eins usque
ad mille spatia versuum tenduntur et raro de nostro dogmate disputant;
quo fit ut et legenti fastidium gener et longitudo et si qua brevia sunt
Bcholasticis magis sint apta quam nobis, de metris et regionum situ et
philosophis disputantia. Bufin. de metr. p. 2712 P.: Firmianus ad Probum
de metris comoediarum sie dicit etc. Hieron. comm. in ep. ad Gal. (Opp.
ed. Vall. Vn, 1. p. 426): Lactantii nostri quae in tertio ad Probum volu-
mine de hac gente (Galatae) opinatus sit verba ponemus. F. Osanu, Bei-
träge n. S. 365 — 367. Die Absicht eine eigene Schriffc gegen die Juden
zu schreiben (inst. VII, 1 extr.: sed erit nobis contra ludaeos separata
materia, in qua illos erroris et sceleris revincemus) scheint Lact, nicht aus-
geführt zu haben.
8. De opificio dei.' Widmung: quam minime sin) quietus, etiam
in summis necessitatibus (vgl. A. 1), ex hoc libello poteris existimare, quem
ad te rudibus paene verbis, . . Demetriane, perscripsi, ut et quotidianum
Studium meum nosceres et non deessem tibi, praeceptor etiam nunc, sed
honestioris rei meliorisque doctrinae (als früher in der Beredtsamkeit).
. . profiteor nulla me necessitate vel rei vel temporis impediri quominus
aliquid excudam quo philosophi nostrae sectae quam tuemur instructiores
doctioresque in posterum fiaut. . . teutabo . . corporis et animi . . ratio -
nem explicare. Auch der somatische Theil wird eingehend behandelt, nach
Aristoteles und den Stoikern, teleologisch und theologisch. Verg^ und
LucretiuB werden öfters angeführt. Letzterer bekämpft. Schluss (c. 20):
haec ad te, Demetriane, Interim pauds et obscurius fortasse . . peroravi,
. . plura et meliora laturus si nobis indulgentia coelitus venerit. tunc ego
te ad verae philosophiae doctrinam et planius et verius cohortabor. statni
enim quam multa potero litteris tradere quae ad vitae beatae statum
gpectent, et quidem contra philosophos. . . incredibilis enim vis eloquen-
tiae etc. Offenbar eine Hindeutung auf die institutiones , welche hiemach
vielleicht ursprünglich gleichfalls seinem Schüler Demetrianus gewidmet
g24 ^ie Kaiserzeit. Drittes Jahrhundert.
waren; vgl. A. 4. Ausgabe der Schrift cum notis Des. Erasmi (Baal.
1629. Paris. 1529), Willichii (1642).
4. Lact. Instit. I, 1 (p. 4, 4 Fr.): veritatis, ciü asserendae atque
illustrandae Septem volumina destinavimuB. . . quae licet possit sine elo-
quentia defendi, . . tarnen claritate ac nitore sermonis (vgl. V, 2: omate
copioseque) ülustranda . . est, ut potentius in animos influat (p. 2 n. M.].
si quidam prudentes . . institutiones civilis iiuis compositas ediderunt,
.. quanto melius nos . . divinas institutiones litteris persequemur.
Vgl. de ira 2: horum imperitiam iam coarguimus in secundo divinarom
institutionum libro. . . quos ex parte iam refutavimus in quarto rapra
dicti operis libro. 11: docuimus in nostris institutionibus. 17: quiboa
in sezto libro institutionum satis respondimus. Das erste Buch hat in
den Hdss. die Ueberschrift De falsa religione, B. II: de origine erroris;
III: de falsa sapientia; IV: de vera sapientia; Y: de iustitia; VI: de
vero cultu; VII: de vita beata. Das Christenthum will er erweisen als
cum solam religionem tum etiam et solam et veram sapientiam (V, 4 extr.};
es ist ihm die geofiPenbarte veritas und iustitia. Seine Vorg^ger Minudus
Felix, Tertullian und Cjprian nennt (z. B. V, 1) und benützt er. Sehr
häufig citiert er aber auch classische Schriftsteller, besonders den Cicero
und Vergil, nächstdem Lucretius und Ovid (Met. und Fasti), ferner Ennim,
Plautus, Terenz, Lucilius, Horaz, Persius, Varro, Sallust, Seneca u. A.
In einem Theile der Hdss. findet sich I, 1 eine ausführlichere Anrede an
Gonstantinns Imperator maximus, V, 1 nach den ersten Worten wenigstens
Constantine imperator maxime. Rührt dies überhaupt von Lact, her, so
kann es nur eine spätere Einschaltung in einer jenem Kaiser überreichten
Abschrift sein. Die wirkliche Abfassung ist sicher vor dem offiziellen Siege
des Christenthums (vgl. z. B. V, 23).
5. Ausser den Institutiones selbst ist auch der Auszug daraus er-
halten. Eingang: quamquam divinarum institutionum libri quos iam pri-
dem ad illustrandam veritatem religionemque conscripsimus ita legentium
animos instruant ut nee prolixitas pariat fastiflium nee oneret überlas,
tarnen horum tibi epitomen fieri, Pentadi frater, desideras. . . faciam qnod
postulas, etsi difficile videtur ea quae septem maximis voluminibus expli-
cata sunt in unum conferre. Erste vollständige Ausgabe von C. M. Pfaff
(Paris 1712), dann J. Davis (Cantabrig. 1718).
6. Hieron. comm. in ep. ad Ephes. 4, 26 (Opp. VII, 1. p. 628 Vall):
Firmianus noster De ira dei docto pariter et eloquenti sermone conscripsii
Die Schrift bekämpft hauptsächlich die Epikureer. Vgl. c. 22: haec habni
quae de ira dei dicerem, Donate carissime, ut scires quemadmodum refiel-
leres eos qui deum faciunt immobilem, restat ut more Ciceronis utamor
epilogo ad perorandum. . . iilorum persuasionem revincamus qui sine in
deum esse credentes dissolvunt omnem religionem. Als seine Quelle be-
hauptet er (c. 1) doctrinam dei, ohne diess aber je zu beweisen; vielmehr
beruhen alle Argumente auf eigener und fremder Reflexion. Die Ab£u-
sung nach den instit. erhellt aus c. 2, 11 und 17 (s. A. 4).
7. Die Schrift de mortibus persecutorum (frühestens vom Ende
des J. 314) ist durch eine einzige Hds. überliefert, bibl. Colbert. 1297, und
nach dieser zuerst herausgegeben (Paris 1679) von Steph. Baluze (Miscell
374. LactautiuB. g25
IL p. 1 fiF. 347 ff.)- Ueberschrift : Lacii Cecilii Über ad Donatum con-
fessorem de m. p. Anfang: audivit dominus orationes tuae, Donate caris-
sime. . . eoce . . ecclesia rursum exurgit. . . exdtavit enim deus pnncipes
qiii tyrannorom nefaria et cruenta imperia rescideruAt etc. c. 35: hoc
edictum proponitur Nicomediae prid. Kai. Maias (des J. 311). tunc apertis
carceribns, Donate carissime, . . liberatus es, cum tibi carcer sex annis
pro domicilio fnerit. 48: Nicomediam ingressus . . die id. Jan. (des J.
313) . . litteras proponi inssit. . . sie ab eversa ecclesia usque ad restitn-
tarn faerunt anni decem, menses plus minus quattuor. Die genaue Kennt-
nies aller Vorgänge in Nikomedia, die Widmung an Donatus (vgl. A. 6)
und häufige Citate aus Yergil machen wahrscheinlich dass die Schrift
wirklich die von Hieronym. (s. A. 2) de persecutione betitelte ist, L. Cae-
cilius (oder Caelius) also mit Recht von Udss. unter den Namen des Lact,
aufgeführt wird. Wesentliche Verschiedenheit der Sprache ist noch nicht
erwiesen, kleinere Abweichungen würden sich aus der Verschiedenheit des
Gegenstandes und der Abfassungszeit erklären, der leidenschaftliche Ton
aus dem Siegesjubel nach langer unmittelbarer Gefahr und lange ver-
haltenem Grolle. Uebrigens hatte es schon inst. V, 23 geheissen: quid-
quid adversum nos mali principes moliuntur fieri ipse (deus) permittit.
et tamen iniustissimi persecutores . . non se putent impune laturos. . . ve-
niet, veniet rabiosis ac voracibus lupis merces sua, qui iustas et simplices
animas nullis facinoribus admissis excruciaverunt. Die Bedenken von N. Le
Nourry, 0. F. Fritzsche (ed. p. VIII — X) u. A. scheinen daher nicht triftig,
obwohl Letzterer mit Recht urteilt dass der Verf. non historicum, sed
suae partis patronum egit. J. Burckhardt, Constantin S. 327 — 329. 337,
A. 2. 338 f. 343 f 349 (A. 1). 356, A. 1. 356. 366. 368, A. 0. Rothfuchs,
qua historiae fide Lactantius usus sit in libro de m. pers., Marburg 1862.
42 pp. 4. Sonderausg. von F. Dübner, Paris 1863.
8. In vielen Hdss. trägt den Namen des Lact, das Gedicht im ele-
gischen Masse (170 Verse) über den Vogel Phoenix. Es ist rhetorisch
wortreich und müsste, wenn es überhaupt von Lact, verfasst wäre, aus
dessen heidnischer Jugend stammen, da Phoebus, Venus, Flora u. dgl.
darin unbefangen ihre Rolle spielen. Es findet sich in den meisten Aus-
gaben des Lact., bei Wernsdorf poetae lat. min. III. p. 298 — 322 (vgl.
p. 283—297), in Webers corp. poett. latt. p. 1416 f , und besonders in
AI. Riese^s Anthol. lat. fasc. II. Sonderausgaben von A. Martini (Lüne-
burg 1826) und H. Leyser (Quedlinburg 1839). Noch zweifelhafteren Ur-
sprungs ist das Carmen de passione domini (80 Hexameter). Die 55 Di-
sticha de resurrectione domini gehören vielmehr dem Bischof Venantius
Fortunatus, die 100 aenigmata aber dem Symphosius (unten 421).
9. Lact, spricht seine Bewunderung des Cicero sehr oft unbefangen
aus, z. B. de opif. 1 (vir ingenii singularis) und 20 (eloquentiae ipsius uni-
cum exemplar). inst. I, 16 (non tantum perfectus orator sed etiam philo-
sophus). III, 13 (romanae linguae summus orator . . vir eloquentissimus).
VII, 1 (eximius orator). Nennt er doch sogar den üvid einen poeta non
insuavis (de ira 20). Noch war der Satz nicht erfunden dass alle Tu-
genden der Nichlchristen nur maskierte Laster seien. Auch seine positive
Christlichkeit, so ehrlich und eifrig sie ist, hat keine Spur von dogmatischer
326 ^i^ Kaiserzeit. Drittes Jahrhundert.
Klügelei und Starrheit. Behauptungen wie inst V, 3: non idcirco a nobis
deum creditum Christum quia mirabilia fedt, sed quia vidimus in eo facta
esse omnia quae nobis annuntiata sunt vatidnio prophetarum mussten
späterer Ketzerriecherei sehr unbefriedigend erscheinen. Sdion Hierony-
mus (s. A. 1 f.) und Sidouius (£p. IV, 3: instruit ut HieronymuSf destrmt
ut Lactantius, adstruit ut Augustinus) erkannten diese schwache Seite des
Lact. Vgl. F. W. Ammon, Lact opin. de relig. in syst, redig., Erlangen
1820. Overlach, die Theologie des Lact., Schwerin 1858. 40 S. 4. Dor-
pater Zeitschr. f. Theol. lY. Um %o allgemeiner war die Anerkennung
seiner Latinität. J. A. Krebs, de stilo Lact., Halle 1706. 4. M. N. Kort<
holt, de Cicerone christiano Lactantio, Giessen 1711. 4.
10. Die Handschriften von Lact, (ausser mori pers.) sind zahl-
reich, aber meist aus saec. XIV und XV und noch nicht methodisch ver-
werthet. Noch zahlreicher sind die Ausgaben seiner Werke. Besonders
erwähnenswerth sind: Ed. princeps Rom. 1466 fol. Cum comm. X. Beta-
lei, Basil. 1563 fol. Studio M. Thomasii, Antr. 1570. Cum comm. op.
S. Gallaei, Lugd. B. 1660. Rec. J. G. Walchius, Lips. 1715. Com notii
ed. C. A. Heumann, Gotting. 1736. Rec. et notis ill. J. L. Bünemann,
Lips. 1739. Ed. J. B. Le Brun et N. Lenglet du Presnoy, Paris. 1748.
2 Voll. 4. Ed. Oberthür, Würzb. 1783. 2 Voll. In Gallandi's Bibl. patr.
IV. p. 229 ff. Bipontina 1786. 2 Voll. Ed. 0. F. Pritzsche, Lips, 1842.
1844 (Gersdorfs bibl. patr. X, 1. 2). In Migne's Cura. compl. Tom. VI u.
Vn (Paris. 1844).
11. R. Ceillier, bist, g^n^r. des auteurs s. et eccl. IIL p. 387 — 434. Le
Nourry, Apparatus ad bibl. patr. II. diss. III. p. 571 ff. Walchs Diatiibe
vor seiner Ausg. J. G. Geret, de Lact, eiusque theologia iudicia, Witten-
berg 1722. 4. P. Bertold, Prolegomena zu Lact., Metten 1861. 38 8. 4.
376« Aus der Zeit vor dem amtlichen Siege des Christen-
thums scheint eine Anzahl von Schriftwerken in gebundener
Form zu stammen welche sich mit Unbefangenheit oder gar
Heiterkeit auf dem Boden der alten Mythologie bewegen und
die überlieferten Formen meist mit Correctheit, öfters mit Künst-
lichkeit handhaben. Dahin gehört besonders des Keposianos
kleines Epos auf die Verbindung von Mars und Venus, die
Weihinschrift des T. Caesius Taurinus, die Distichen des Pen-
tadius, sowie stolBElich die Rede des Achill beim Vernehmen der
Trompete des Diomedes, der Brief der Dido an Aeneas und der-
gleichen Nachbildungen von Originalen der classischen Zeit.
1. üeber die Gedichte des Lactantius s. oben 374, 2; über die ihm
zugeschriebenen 374, 8. üeber das Pervigilium Veneria oben 341, 6 fi.
^1 2. Die 182 Hexameter des Beposianus de concubitu Martis et
Veneris bei Wemsdorf poetae latt. min. IV. p. 319—346, in den lateini-
schen Anthologien, zuletzt von Biese I. p. 170—176. Neben halbsentüneih
taler Naturbeschreibung (eines Waldes, v. 33 — 50) zeigt der VerÜEisBer eine
lüsterne Phantasie und etwas frivole Qrunds&tze (140 ff. 178 fF.). Die
375. ReposianuB u. a. Poetische. 827
CäsurcD und Verschleifongen sind normal, doch fällt auf 93 tuo einsilbig,
126 gpratiosa als paeon III (oder palinibacch. ?). Wemsdorf IV. p. 52 f.
Burckhardt, Gonstantin S. 169 f.
3. Von einem Modestinas ein Epigramm von 11 Hexametern auf den
schlafenden Amor, mit der Verschleifnng myrti inter und den Hiaten Dido
et, Evadne igne, zuletzt bei Riese anthol. lat. I. p. 183. Tgl. p. X.
4. T. Gaesius Taurinns widmet das Bild seines Vaters T. Qaesius
Primus, welcher Frnchthändler oder cnrator annonae war, der Fortuna
qaae tarpeio coleris vicina Tonanti mit 23 Hexametern. Wemsdorf IV.
p. 309 — 313. Meyer, Anthol. lat. 622 (vgl. I. p. 174).
5. Gebet zum Oceanus um glückliche Seefahrt, 28 Hexameter (14
ergo als Trochäus) von unbekanntem Verfasser bei Wemsdorf IV. p. 314
— 318 vgl. p. 51. Meyer anthol. lat. 1055.
6. Von Pentadius (vgl. oben 374, 5) enthält der cod. Salmasianus
sechs Gedichte im elegischen Masse, in Riese's Anthol. lat. 234 f. 265.
266 — 268 (I. p. 162—164. 181 f.). Die drei ersten etwas grösseren (de
fortnna, de adventu veris, auf Narcissus) haben alle den Bau dass die
ersten Worte des Hexameters in der zweiten Hälfte des Pentameters sich
wiederholen (Epanalepsis) ; die drei andern sind Epigramme. Ausserdem
wurde in neuerer Zeit ihm noch Anderes zugeschrieben, aber ohne Be-
glaubigung.
7. Von ungenanntem Verfasser und eine rhetorische Stilübung ist
das Schreiben der Dido an Aeueas ehe sie sich den Tod gibt, in 150 Hexa-
metern (wovon 5 Einleitung, deren Schluss: cui grata voluptas esse po*
test modicum dignetur amare poetam), bei Wernsdorf IV. p. 439 — 461,
vgL p. 55 f., und zuletzt bei Riese anthol. I. p. 94 — 99. StofiPlich nach
Vergil, die Art der Ausführung ovidisch. Der Aufwand an rhetorischen
Figuren, Sentenzen u. dgl. ist gross; zweimal wiederholt sich die Künstelei
einer refrainartig behandelten Wendung: v. 42-82 neunmal, je nach 4 Versen,
8ua taedia solus fallere nescit amor, v. 100—116 viermal cui digna rependes
si mihi dura paras? Häufigkeit der Alliteration. Aeussere Form tadellos
(doch 132 quod als Länge). Glaubensbekenntniss 121 f.: esse deos natura
docet, non esse timendos rerum facta probant.
8. Die wortreiche Rede des Achill in parthenone, cum tubam Dio-
medis audisset (89 Hexameter), ist gleichfalls eine rhetorische Schularbeit,
nicht ohne prosodische und metrische Anstösse (v. 12, 47, 60, 70, 71, 72,
80). Man würde ihr zu viel Ehre erweisen wenn man sie schon ins dritte
Jabrh. setzen wollte. Wemsdorf IV. p. 425 — 438 vgl. p. 54 f. Riese an-
thol. I. p. 136 — 139.
D. Viertes Jahrhundert n. Chr.
376. Dem vierten Jahrhundert prägen zwei Thatsachen
seinen Charakter auf: der amtliche Sieg des Christenthums und
die Verlegung der Residenz nach Constantinopel. Schon unter
Diocletian hatte Rom aufgehört der Aufenthalt des Kaisers zu
sein; indem Gonstantin nunmehr dem neuen Geist eine neue
828 I^iö Kaiserzeit. Viertes Jahrhundert.
Stätte schuf wurde Rom sichv selbst überlassen und bewalirt •
nur um so länger seinen antik heidnischen Charakter. Der Sieg
des Christenthums enthält den Bruch mit der alten Welt, zu-
gleich aber die Rettung ihrer Cultur, da die siegreichen Bar-
baren, hätte nicht das Christenthum sie gezügelt, die abend-
ländische Civilisation erbarmungslos zertreten hätten. Damit dass
der Polytheismus aufhörte Staatsreligion zu sein war jedoch das
Christenthum noch nicht selbst Staatsreligion geworden; seine
Anhänger sind zwar begünstigt, der Polytheismus wird zuerst
in seinen Auswüchsen, dann allmählich in seinen Lebensäusse-
rungen bekämpft und verboten, in der Hauptsache aber herrscht
bis gegen das Ende des vierten Jahrhunderts Parität und Reli-
gionsfreiheit. In die Minorität gedrängt umklammem die cha-
raktervolleren Anhänger des alten Glaubens desto leidenschaft-
licher dessen Formen, wiewohl vergeblich, da der Polytheismus
längst in der Auflösung begriffen war und die äusseren Ver-
hältnisse sein Ende nur beschleunigten und mit dem Schimmer
des Martyriums umgaben. Dem Christenthum aber brachte sein
Sieg auch Gefahren. Manche Abweichungen und Gegensätze
in seiner Mitte, welche zur Zeit der gemeinsamen Verfolgung
unbemerkt geblieben waren, wurden jetzt der Anlass tiefgehender
Spaltungen und gegenseitiger Zerfleischung. Das treue Bekennt-
niss genügte nicht mehr; man forderte eine bestimmt vorge-
zeichnete Form desselben, und schon jetzt begann der Glaube
in Orthodoxie" und äusserer Kirchlichkeit zu erstarren. Das naiye
Verhalten zur alten Bildung, wie es Minucius Felix und noch
Lactanz gehabt hatte, wich einer bewussten Abkehrung, und erst
nach dem völligen Erlöschen des Heidenthums fand sich allmählich
die Ausgleichung. In der Literatur hat das Christenthum jetzt die
Zeit seines Glanzes: die grossen Kirchenväter Ambrosius, Hiero-
nymus imd zum Theil auch Augustinus gehören diesem Jahr-
hundert an. Aber auch das Heidenthum hat einen Symmachus
aufzuweisen. Ueberhaupt fehlt es der Zeit nicht an Leben, wohl
aber an Originalität. Greisenhaft wie sie ist zehrt sie an den
Erinnerungen aus der Vergangenheit. Die Rhetorik hat fort-
während das Uebergewicht und zählt viele Namen, aber wenige
von einigem Glänze. Die Grammatik tritt die alten Geleise aus
und schreibt unverdrossen Vorgänger ab (Charisius, Diomedes).
Die Geschichtschreibimg hat Epitomatoren an Aurelius Victor,
Eutropius und Sex. Rufus und nimmt einen höheren Plug nur
in dem wackeren Ammianus Marcellinus. Die Poesie wird ak
»,'... ^. ^. .ifta^
376. üebersicht. 829
Zugabe der prosaischen Stilistik behandelt, hat daher einen 'star-
ken Schulgeschmack und bewegt sich mit Vorliebe in allerhand
Künsteleien, baut centones u. dgl,; die zahbeichen christlichen
Dichter, deren bedeutendster Prudentius ist, leiden unter der
Unvereinbarkeit der alten Form mit dem neuen Inhalt, schlagen
zum Theil aber auch, wie Damasus und Ambrosius, den volks-
mässigen Weg des Reimes ein.
1. Hauptschiift: J. Burckhardt, die Zeit Constantins des Grossen
(Basel 1853), bes. S. 157 ff. 248 ff. 346 ff. 487 ff. Auch vgl. Th. Mommsen,
Berichte d. sächs. Ges. d. Wiss. 1850, S. 69 — 72. 212 f. A. de Broglie,
Täglise et Teinpire romain au IV^ si^cle ; I : R^gne de Constantin , 2 Voll.
Paris 1856; II: Constance et Julien, 1859, 2 Voll. H. Richter, das west-
römische Reich, besonders unter den Kaisern Gratian, Valentinian 11 und
Mazimus (J. 375—388), Berlin 1865. S. 540 ff.
2. Constantin wirft sich, nach dem Tode seines Vaters Constantius
Chlorus (25 Juli 306), zum Regenten auf, wird von Galerius als zweiter
Caesar anerkannt, und wird, nach allmählicher Beseitigung des Severus,
Galerius, Maximinus Daza, Maxentius und Licinius, J. 323 alleiniger Herr-
scher des römischen Reiches; f Pfingsten 337. Seine Söhne Constantin II,
Constantius und Constans (Caesares schon seit 317, 323, 333) J. 337 — 361.
Der Sohn von Constantins I Bruder lulius Constantius, lulianus (geb. 331.
t 27 Juni 363; s. W. Teuffei in Pauly's Real-Enc. IV. S. 401 — 413. 415
— 417), war Kaiser 361—363; sein Nachfolger lovianus (s. W. Teuffei a. a. 0.
S. 245—248) Juli 363 — Febr. 364. Nach dessen Tod Theilung des Reichs
zwischen die Brüder Valentinianus I (geb. 321, J. 364 — 375 Kaiser des
Westens) und Valens (geb. 326; regiert den Osten 364—378; s. C. Cless
in Pauly's Real-Enc. VI, 2. S. 2289—2307). Des Ersteren Nachfolger sein
Sohn Gratianus (geb. 359) 375 — 383 (Cless a. a. 0. S. 2307-2314), dann
dessen Bruder (geb. 371) Valentinianus II J. 383—392 (Cless S. 2314 f.).
Im Osten war des Valens Nachfolger der westliche Kaiser Gratianus, der
aber (Jan. 379) die Regierung des Ostens dem Spanier Theodosius I (geb.
346) übertrug. Dieser regierte nach dem Tode Valentinians II J. 392 — 395
beide Reichshälften (s. Cless a. a. 0. S. 1824—1837). Nach dessen Tode
(Jan. 395) abermalige Theilung des Reichs zwischen seine unfähigen Söhne
Arcadius (geb. 377, f 408), der den Osten erhielt, und Honorius (geb. 384,
t 423), dem der Westen zufiel, Anfangs unter der Vormundschaft des
Vandalen Stilicho.
3. Das Wanken aller Verhältnisse und immer gewaltigere Einströmen
barbarischer Horden erregt selbst auf Seiten der siegreichen Kirche das
Gefühl als ob die Tage des Reichs gezählt wären. Hieronym. Ep. 60 (ad
Heliod«), 16: iiorret animus temporum nostrorum ruinas persequi. . . ro-
manus orbis mit, et tamen cervix nostra erecta non flectitur. Zum Ver-
hältniss zwischen der alten Bildung und dem Christenthum vgl. ib. 22
(ad Eostoch.), 29 f.: quid facit cum psalterio Horatiua? cum evangelüs
Maro? cum apostolo Cicero? cum ante annos plurimos . . lerosolymam
pergerem bybliotheca, quam mihi Romae summo studio ac labore confe-
ceram, carere omnino non poteram. itaque . . lecturus Tullium ieiuuabam.
830 I^ie Kaiserzeit Viertes Jahrhundert.
post Doctium crebras vigilias . . Plautus sumebatur in manns. si qoando
. . prophetas legere coepissem , sermo horrebat incnltos. Da habe er eine
ViäioD gehabt als würde er vor Gericht geschleppt, gegeisselt und ihm zu-
gerufen: Ciceronianus es, non Christianus.
4. Für die thatsächliche Religionsfreiheit sind bezeichnend Zusammen-
stellungen wie bei Firmle, math. Vlll, 24: sacerdotes, prophetas, aruspi-
ces, religiosos. Rhetorische üebertreibung ist es wenn Mamertinus (gprat
act. 23, 5) behauptet man habe unter den christlichen Kaisern nicht ge-
wagt zum Himmel zu blicken, aus Furcht in den Verdacht des Sonnen-
cultus (28, 5; vgl. unten 377, 6. 382, 4. AnthoL gr. III. p. 148 f. J.) zu
kommen. Andrerseits war Julians Regierung für die Christen mehr eine
Versuchung als eine Verfolgung. Vgl. Hieronym. ad a. 2378 = 364 (statt
361): luliano ad idolorum cultum converso blanda persecutio fuit, inlidens
magis quam impellens ad sacrificandum. in qua multi ex nostris volon-
tate propria corruerunt. Zu den Begriffen und Ausdrücken welche einen
gemeinsamen Boden für beide Religionen bildeten gehört besonders divi-
nitas, das sich bei beiden Firmicus findet, ebenso bei Mamertinus (grat
act. 7, 2 und 28, 4: pro sancta divinitas! vgl. ib. 15, 2. 32, 1) und Con-
stantins instinctu divinitatis (Orelli 1075). Sjmmach. ep. II, 53 (festa diyi-
nitatis). VIII, 13. 71 f. IX, 12. X, 78. Noch Sidon. Ap. ep. III, 1. IV, 6.
5. Aussagen des Symmachus. Epist. III, 11: trahit uos usus tem-
poris in argutias plausibilis sermonis. . . spectator veteris monetae solus
supersum, ceteros delenimenta aurium capiunt. . . te autem non paeniteat
scriptorum meorum ferre novitatem.
377. Dem Constantinus fehlte es nicht an Sinn für
die Literatur, und er verfasste auch selbst Memoiren, Ton wel-
chen jedoch nur wenige Spuren erhalten sind. Sicher betrachtete
er aber die Literatur nur als Mittel für die Zwecke seiner Herr-
schaft, imd er liess sich daher auch gern die Lobreden gefallen
die man ihm öflFentlich hielt. Vier derselben sind auf uns ge-
kommen, darunter zwei von dem Rhetor Eumenius, eine von
Nazarius. Von den übrigen Bhetoren kennen wir zwei auch
als Schriftsteller über Rhetorik, Marcomannus und Titianus, beide
als Quellen des C. lulius Victor.
1. Lydus de magistr. II, 30: xatq diali^s6i Kavctavxivov, Sg avto;
oItubCcc qxov^ ygaiffag anoXiloinev. III, 33: Kmvatavvivog . . mg avtog o
ßaaiXsvg iv xoig ^avtov Xsysi avyygdyLikaaiv, . . noXvg wv iv tf Ttm-
SsvOBt loyoov. Predigten des Const. vor seinem Hof und sonstigen Za-
hörern, Euseb. vita Const. IV, 29 — 33. Burckhardt, Const|uitin S. 400 f.
Victor Epit. 41, 14: nutrire artes bonas, praecipue studia litterarom;
legere ipse, scribere, meditari. Eutrop. X, 7: civilibus artibas et stadüs
liberalibus deditus. Optatianus an Const.: eius imperatoris qoi inter belli
pacisque virtutes . . etiam Musis tibi familiaribus adeo vacas ut . . hoiai
etiam studii in te micet splendor egregius. 'Eine Probe von ConstantiDB
Eunsturteil unten 379, 1. Die in seinem Namen verfaasten Erlasse haben
den seit Diocletian dafür aufgekommenen bombastischen Stil, welcher, der
377. Constantin u. seine Lobredner. Nazarius. 831
übermenscblichen Stellung des Redenden entsprechend, den Ton himm-
lischer Offenbarungen affectiert. M. Voigt, drei epigraphische Constitutio-
nen Constantins d. Gr., Leipzig 1860. Ueber seinen Sohn Constantius sagt
Victor Caess. 42, 22: litterarum ad elegantiam piudens atque oraudi genere
leni iucundoque, nach seinem Tode aber die Epit. 42, 18: facundiae cupi-
dus; quam cum assequi tarditate ingenii non posset aliis invidebat.
2. Gesetze Constantins vom J. 321, 326, 333 \Cod. Theodos. XIII, 3)
bestätigen den vom Staat angestellten Professoren und den Aerzten sammt
ihren Familien die Immunität bes. vom Decurionat und vom Kriegsdienst.
Er selbst schreibt an Optatianus: saeculo meo scribentes dicentesque non
aliter benignus auditus quam ienis aura pros^quitur. denique etiam studiis
meritum a me testimonium non negatur. Vgl. Victor 1. 1. (A. 1).
3. Geschichtschreiber des Constantin: £usebioä* vita Constantini in
unredlicher, serviler Weise (Burckhardt, Const. S. 346 f. 374 f. 389 f. 398 f.
418) ; Praxagoras, Bemarchios, Eunapios, sämmtlich in griechischer Sprache.
4. Ueber des Eumenius zwei Beden vor Constantin s. oben 369, 8
(Nr. 3 u. 4).
5. Festrede auf die Vermählung Constantins mit Fausta, der Tochter
des Maximian, J. 307, gehalten zu Trier von einem ungenannten gallischen
Rhetor, Nr. V bei Jäger. Des Schwiegervaters wiedererwachtes Gelüste
nach der üorrschaft wird durch eine Prosopopoee (Anrede der Roma c. 11:
quousque hoc, Maximiane, patiar etc.) in ciceronischem Stile motiviert.
Anachronistisch heisst 13, 4 Agrippa Augusts Schwiegersohn im actischen
Kriege. Vom Unglück 9, 1: quae non illis (dis) volentibus, sed aut alior-
8um adspicientibus aut fatali rerum cursu urgente videntur accidere. VgL
12, 3 vom Sol: deua ille cuius dona sunt quod vivimus et videmus. Burck-
hardt, Constantin S. 363 f.
6. Panegyricus auf Constantin (VIII bei Jäger), gehalten zu Anfang
313, nach Constantins Rückkehr von seinem italienischen Feldzug, in Trier
durch einen Nichtrömer (1, 2), welcher semper res a numine tuo gestas
praedicare solitus est (1, 1). Der Feldzug wird verhältnissmässig einfach
erzählt, da die Thatsachen selbst laut genug sprechen. Dass Const. den-
selben contra haruspicum monita (2 , 4) unternommen habe wäre später
wohl nicht mehr oder anders gesagt worden. Ueber das Verhältniss zur
folgenden Rede (IX) s. A. 7. Cicero heisst summus orator (19, 6), Vergil
magnuB poeta (12, 3). Anspielung auf Vergilisches (quantae molis sit 24, 2)
und üorazisches (distentus 24, 2 vgl. Hör. S. II, 5, 40). Kühnere Wen-
dungen werden entschuldigt (ut sie dixerim 1,5).
7. Hieronym. chron. ad a. Abr. 2340 = 326 n. Chr.: Nazarius rhetor
insignis habetiu:. Vgl. ad a. 2352 = 338: Nazarii rhetoris filia (nach Pon-
tacus: Eunomia) in eloquentia patri coaequatur. Auson. prof. Burdig.
14, 9: (gloria fandi) Nazario et claro quondam delata Paterae (A. 8) egre-
gie multos excoluit iuvenes. Seinen Namen trägt ein panegyricus auf Con-
stantin vom J. 321. Es ist Constantins 15^^ Regierungsjahr (2, 2) und
beatissimorum Caesarum quinquennia prima (1, 1. 2, 3. 38, .2). Der Caesar
Crispus hat schon kriegerische Leistungen hinter sich (c. 36 f.) und Con-
stantinus Caesar kann schon schseiben (37, 5). Der Kaiser selbst ist ab-
wesend (3, 1), wird aber nichtsdestoweniger fortwährend angeredet. Die
^32 ^16 Kaiserzeit. Viertes Jahrhundert.
Eroberung Roms (J. 312) pridie (pridem?) prolixins mihi dicta Bunt (30,2).
Dies geschieht in der vorausgehenden Rede (s. A. 6); daher man auch
diese dem Naz. zugeschrieben hat. Doch ist die beiderseitige Eigenthöm-
lichkeit der Identification nicht günstig. Dieselbe Person heisst VIII Pom-
peiamiB, IX Ruricius. In VIII ist Historisches (bes. aus der röm. Ge-
schichte) häufigf IX selten. Der religiöse Standpunkt ist VIII vag deistiach
(13, 2. 26, 1), IX etwas mehr christlich gefärbt (bes. 7, 3 vgl. auch c 14).
Die Vorliebe des Naz. für Substantivbildungen (ratiocinator, auzüiator,
discriminatrix, concitatrix, incitatriz, omatrix, interpolatrix ; molitio, de-
pulsio, deiectio, adeptio, insultatio, ezsultatio), Comparativ Wendungen
(beuiguius quam securius u. dgl. 2, 6. 1, 3. 3, 4. 25, 3. 26, 1. 27, 4. 28, 5
u. sonst) und poetische Ausdrücke (securus sui, aevi immaturus, immodicos
animi; dies conditur; praeoipitante die, relaxaverat acies; caeci eventus,
cruda hieme u. dgL) theilt VIII nicht; die Nachstellung von quippe, Vni
nur in einer aus I (5 , 3) entlehnten Stelle (9 , 5) , ist in IX häufig (1 , 2.
3, 6. 8, 2. 9,4. 32, 8); dagegen kommt sed enim (vero) in IX nicht vor,
wohl aber VIII (8, 1. 20, 4); ebenso et quidem, alioquin, der Inf. in der
Ausrufung (2, 2). VIII hat eine ebenso grosse Vorliebe für daktylischen
SatzBchluss (z. B. c. 3, 5 und 10) wie IX für bakchischen, ionischen und
trochäischen (z. B. c. 12).
8. Hieronym. ad a. 2352 » 338 n. Chr.: Patera rhetor Bomae glo-
riosissime docet. Epist. 120 (ad Hedybiam), 1 (Opp. I. p. 818 Vall.): ma-
iores tui Patera atque Delphidius , qnorum alter antequam ego nascerer
rhetoricam Romae docuit, alter me iam adolescentulo onmes Gallias pron
versuque suo illustravit ingenio. Ihm gewidmet ist Auson. prof. Burdig. 4
mit der Inschrift: Attius Patera pater, rhetor, worin z. B. Patera, faudi
nobilis (2), . . iuvenisque te vidi senem (4), doctor potentum rbetortun (Si-
tu Baiocassis stirpe Druidarum satus . . Beleni sacratum ducis e templo
genus (7. 9). fratri patrique nomen a Phoebo datum (Phoebicitis, s. ib.
10, 17 ff.) natoque de Delphis tuo (13 f.). Der Sohn, AttiuB Tiro Del-
phidius, wird besungen ib. 5, worin z. B. : facunde, docte, lingua et in-
genio celer, iocis amoene Delphidi, frühzeitig poeta nobilis. puer cele-
brasti lovem. moz inde . . epos Hgasti metricum. Dann als Redner be-
rühmt (vgl. Ammian. XVIII, 1, 4 vom J. 359: Numerimn Narbonemis
paulo ante rectorem accusatum ut furem . . Delphidius orator acenimos
vehementer impugnans etc.) habe er sich durch den Ehrgeiz in die poli-
tische Laufbahn drängen lassen, die ihm aber beinahe Verderben gebracht
hätte, mox inde rhetor, nee docendi pertinax, . . medio . . aevi raptos ei.
Seine Wittwe Euchrotia und Tochter Procula schlössen sich an Piisdllia-
nus an; s. Sulpic. Sev. chron. II, 48, 2 f. 51, 3. J. Scaliger lect. auson. 1, 10.
Vgl. unten 391, 3.
9. Hieronym. ad a. 2352 =» 338 n. Chr.: Tiberianus vir disertos
praefectus praetorio Gallias regit. Wohl derselbe Tib. welcher 326 comes
per Africam (Cod. Theod. XII, 5, 1), 332 comes Hispaniarum (Cod. loft
VI, 1, 6) und 336 vicarius Hispaniarum war (Cod. Theod. III, 5, 6). Em
anderer unten 378, 2. Hexameter eines Tiberianus bei Serv. Aen. VI, 136;
vgl. ib. 532: Tiberianus inducit epistolam vento allatam ab antipodibns,
quae habet: Superi inferis salutem. Tjberianus in Prometheo ait, bei |
Fulgent mythol. III, 7 (p. 120 M.) vgl. I, 26 (p. 62). Vergil. cont in
377 f. Nazarius n. a. Bhetoren. Vopiscus. 833
Munckers mythogr. lat. p. 154 (at T. in libro de Socrate memorat). Fal-
gent. expoB. serm. b. y. sudum (p. 183 Mok.): Tiberianus: aiireos subducit
ignes BuduB ora Lucifer. VersuB Piatonis ad quendam Tiberiannm de
graeco in latinum trauslati aus dem Yindob. 143 saec. XIII in Haupts
Ausg. von Ovids Halieut. p. 65 f. (vgl. p. XXVI). Qoicherat, BibL de
r^cole des chartes IV. p. 267 ff. £& sind 32 correcte Hexameter, eine
Anrafong des omnipoteus, der mit pantheistischer Färbung t. 21 f. ange-
redet wird: tu genus omne deum, tu rerum causa vigorque, tu natura
oninis, dens innumerabilis unus.
10. Rhetores latt. min. ed. Halm p. 371? C. lulii Victoris ars rhe-
torica Hermagorae, Ciceronis, Quintiliani, Aquili, Marcomanui, Titiani (so
Mai und Bergk; der cod. hat Taciani). In Marcomannus tritt erstmals
ein deutscher Name in die römische Literatur ein.
11. Hieron. chron. ad a. 2361 = 347 n. Chr.: Titianus, vir elo-
quens, praefecturam praet. apud Gallias administrat. Er ist wohl der Cos.
des J. 337 Ti. Fabius Titianus; s. A. Haakh in Paulj's Beal-Enc. VI, 2.
S. 2007, Nr. 9. Ein anderer ist wohl der Titianus magister welcher als
Lehrer eines Kaisers compluria ornamenta erhielt und zuletzt municipalem
scholam apud Visontionem Lugdunumqne variando non aetate quidem,
sed vilitate consenuit, Auson. grat. act. p. 290 Bip.
12. Exuperius aus Burdigala, Rhetor zu Tolosa und zu Narbo, Er-
zieher der Prinzen Delmatius und HannibalianuB , welche J. 335 Cäsaren
wurden und ihm honorem praesidis Hispanumque tribunal verschafileu,
Auson, prof. Burdig. 17.
378. Zu Anfang des Jahrhunderts wurde der von Trebellius
Pollio aufgegebene geschichtliche Plan zu Ende geführt durch Fla-
viusVopiscus aus Syrakus. Ihm werden zugeschrieben die Biogra-
phien von Aurelianus, Tacitus und Florianus, der vier Usurpatoren
Firmus, Satuminus, Proculus und Bonosus, von Probus, Carus und
seinen Söhnen. Dem Constantin gewidmet sind die den Namen
des Aelius Lampridius tragenden Biographien des Elagabal
und Alexander, femer die dem lulius Capitolinus zugeschrie-
benen der beiden Maximine, der drei Gordiane sowie des Maxi-
mus imd Balbinus. Während die früheren einfache Excerpte
aus Marius Maximus sind, scheinen diese späteren, von Severus
an, aus einer Mehrheit von Quellen compiliert zu sein.
1. Ueber die scriptores historiae augustae überhaupt s. oben 370, 1 ff.
2. Yopiso. Aurelian. l: Hilaribus . . impletis . . vehiculo suo me . .
praef. urbis (J. 303, s. Richter, Rhein. Mus. VII. S. 18 f.) . . lunius Tibe-
rianus accepit. Auf dessen Aufforderung bearbeitete Vopiscus das Leben
des Aurelianus: parui Tiberiani praeceptis, accepi libros graecos, .. ex
quibus ea . . in unum libellum oontuli, nach Diocletians Abdankung (vgl.
44, 2 f.), als Constantius imperator war (44, 5). Die Darstellung ist breit;
viel unverarbeitetem Material. Später die vita Taciti atque Floriani (Tac
TenTfely Rom. Literatargeschichtc. 53
834 I^ie Kaiserzeit. Viertes Jahrhundert.
16, 5). nunc nobis adgrediendus est Probus. . . haec ego in alioram vita
de Probo credidi praelibanda, ne . . Probo indicto deperirem (ib. 16, 6 f.).
Dann die des Probus. Prob. 1, 5: non patiar ego ille a quo dudam söhn
Aurelianus est expeditus, . . Tacito Florianoque iam scriptis non me ad
Probi facta conscendere, si vita suppetet omnes qui supersunt usque ad
Maximiauum Diocletianumque dicturus. neque ego nunc facultatem elo-
quentiamque poUiceor, sed res gestas. 2,7: mihi quidem id animi fuit
ut non Sallustios . . atque omnes disertissimos imitarer viros in yita prin-
cipum et temporibus disserendis , sed Marium Maximum . . ceterosque qui
haec et talia non tam diserte quam vere memoriae tradiderunt. 24 , 6 ff.
haec sunt quae de Probo cognovimus. . . nunc in alio libro . . de Firmo
et Satumino et Bonoso et Procnlo (die quadriga tyranuorum) dicemus.
. . post inde . . Carum incipiemus propagare cum liberis. Bonos. 15, 10:
supersunt mihi Carus, Carinus et Numerianus. nam Diocletianus et qui
sequuntur stilo maiore dicendi sunt. Car. IS, 3: post quos Diocletiannm
et Maximianum principes dii dederunt, iungentes talibus viris Galerium
atque Constantium. Deren Leben sei schon von Claudius Eusthenius (oben
370, 9) beschrieben, quod idcirco dixi ne quis a me rem tantam requi-
reret. Der Probus ist einem Celsinus gewidmet, die quadriga tjr. einem
Bassus (vgl. unten 379, 2). Firm. 2, 1: sds, mi Basse, quanta nobis con-
teutio proxime fuerit cum amatore historiarum M. Fonteio, . . contra ego
mecumque Rufus Celsus et Ceionius lulianus et Fabius Soaianus conteu-
derent etc. Andere Zeitgenossen der Cos. Furius Placidus (AureL 16, 4)
und lunius Messala (Car. 20, 4). Des Vopiscus Grossvater (Sat. 9, 4. Bon.
15, 4. Car. 13, 3. 14, 1) und Vater (Aurel. 43, 2) hatten eine angesehene
Stellung. Vop. selbst lebte zu Rom als Anhänger der alten Religion, deren
Superstition er theilte (Aurel. 21, 4; doch mendacia haruspicum, Tac. 15,
4). Auch an die Wunder des ApoUonius von Tyana glaubt er und ver.
spricht (Aurel. 24, 9), si vita suppetit, . . breviter saltem tanta viri facta
in litteras mittam. Bei jeder Gelegenheit liebt Vop. seine Kenntnisse aus-
zukramen. Benützung von Urkunden. Bei Verschiedenheit der Quellen-
angaben gewöhnlich in medio relinquere, z. B. Aurel. 16, 2 f. Prob. 3, 3.
Car. 4, 1 S, Vgl. F. Richter, Rhein. Mus. VII. S. 17—20. H. Peter, hi«t.
crit. p. 10—13.
3. Clod. Albin. (nach BP lulü Capitolini) 4, 2: quae familia hodie
quoque, Constantine maxime, nobilissima est. Maximini II (nach llP gleich-
falls lul. Cap.) 1,1: ne fastidiosum esset clementiae tuae, Const. max.,
singulos quosque principes . . per libros singulos legere, adhibui mode-
rationem. Ebenso Gordiani III (lul. Cap. nar nach ed. princ.) 1, 1: fuerat
quidem consilium, venerabilis Auguste, ut singulos quosque imperatores . .
libris singulis ad tuam clementiam destinarem. . . sed inprobum visum
est etc. Vgl. ib. 34, 6 : quae omnia, Constantine maxime, idcirco sum per-
secutus ne quid tuae cognitioni deesset. Geta (nach ed. pr. von Spartian,
vgl. A. 4) 1, 1 : scio, Constantine Aug., et multos et clementiam tuam quae-
stionem posse movere cur etiamGetaAntoninus ametradatur. Heliogab. (nach
BF Aeli Lampridü) 2, 4 : Antoninorum nomen, quod tu, Constantine sacra-
tissime, ita veneraris ut etc. 34, 1 : mirum fortasse cuipiam videatur, Con-
stantine venerabilis, quod etc. c. 35 (vgl. A. 4). Alexand. (Aeli Lampridü
nach BP) 65, 1: soles quaerere, Constantine maxime, quid sit quod etc.
378. VopiBCus, Lampridius u. Capitolinus. 835
4. Dem Lampridius werden durch die Hdschrr. zugetheilt ausser
Elagabal und Alexander auch Commodus und Diadumenus. Letzterer wird
am Schlüsse des Elagabal versprochen. Die üebereiustimmung in den
Eigenthümlichkeiten der Darstellung macht wahrscheinlich dass auch Per-
tinax und Geta von demselben Verfasser sind (E. Brooks p. 32 — 39). He-
liog. 35 : ■ cuius vitam me invitum et retractant^m ex Graecis Latinisque
collectam scribere ac tibi offerre voluisti, cum iam alioram ante tulerimus.
scribere autem ordiar qui post sequentur. quoram Alexander optimus et
cum cura dicendus est, . . Aurelianus praecipuus et . . auctor tui generis
Claudius, de quo vereor ad clementiam tuam scribens vera dicere, ne
malevolis adulator videar esse. . . his iungendi sunt Diocletiauus . . et
Maximianus . . ceterique ad pietatem tuam. te vero, Auguste venerabilis,
multis paginis isdemque disertioribus illi prosequentur quibus id felicior
natura detulerit. his addendi sunt Licinius, Severus atque Maxentius, quo-
rum omnium ius in dicionem tuam venit (J. 323), sed ita ut nihil eorum
virtuti derogetur. non enim ego id faciam quod plerique scriptores solent,
ut de is detraham qui victi sunt. Auch sonst zeigt Lampr. moralisches
und patriotisches Gefühl; s. Heliog. 1, 1 f. 34, 1 f. Alex. 1. 2. Jene weiter-
gehenden Absichten kamen wahrscheinlich nicht vollständig zur Ausfuhrung
(Alex. 64, 2: Aurelianum et deinceps. de quibus, si vita suppeditaverit,
ea quae comperta fuerint publicabimus); jedenfalls sind die späteren vitae
nicht erhalten.
5. Durch die Hdss. dem Capitolinus zugeschrieben wird die vita
der Maximini, sowie durch die ed. pr. die darauffolgenden der Gordiani,
des Maximus und Balbinus. Die Behandlung und Darstellung ist in allen
dreien wesentlich die gleiche (Brooks p. 1—14): die selbstgefällige Polemik
gegen Vorgänger (bes. Cordus), das Interesse für Literarhistorisches, die
Benützung auch griechischer Quellen, das Streben nach rhetorischem An-
strich (bes. Anaphora). Die sachlichen Abweichungen zwischen den Maxi-
mini und den beiden andern vitae (B. Schulz, Berl. Zeitschr. f. Gymn. XIX.
1865. S. 932->937) erklären sich aus dem Befolgen verschiedener Quellen.
Ueber das Verhältniss zu Herodian s. Brooks p. 46—69. Brooks (p. 14—21)
vindiciert auch die vitae des Clodius Albinus, Opilius Macrinus und Ale-
xander dem Capitolinus, gibt dabei aber zu dass dieselben non plane
eodem tumido stilo conscriptae seien wie die der Maximini u. s. w. Ueber
diese und andere den Namen des Cap. tragende vitae s. oben 370, 4. Zur
Charakteristik des Cap. vgl. Gordian. 21, 3 f.: haec de Gordiano iun. digna
memoratus comperimus; non enim nobis talia dicenda sunt quae lunius
Cordus ridicule ac stulte composuit (oben 358, 6). . . quorum etiam scientia
null! rei prodest, si quidem ea debeant in historia poni ab historiographis
quae aut fugienda sint aut sequenda. Max. et Balb. 4, 5: placet aliqua
diel de moribus atque genere, non eo modo quo luuius Cordus est perse-
cutuB omnia, sed illo quo Suetonius Tranquillas et Valerius Marcellinus.
Maximin. 29, 6 (vgl. 28, 10): ne quid praetermissum esse videatur; 33, 4:
ne quis me hoc nescisse crederet.
6. Capitol. Max. II. 1, 2: servavi hunc ordinem quem pietas tua
(Constantin) etiam ab Tatio Cyrillo clariss. viro, qui graeca in latinum
vertit, servari voluit.
53*
836 I^ie Kaiserzeit. Viertes Jahrhundert.
7. üeber die Memoiren Constantins und seine Geschichtschreiber b.
876, 1. 3.
8. Ueber die Welt- und die Stadtchronik aus dem J. 334 s. unten 388.
379. In gebundener Form schrieben unter Constanün Op-
tatianus und luvencus. Publilius Porfirius Optatianus erwirkte
sich durch ein Lobgedicht auf Constantin von aberwitziger Künst-
lichkeit Rückberufung aus der Verbannung und die Huld des
Kaisers. Der spanische Presbyter C. Vettius Aquilius luvencus
aber verfasste Bearbeitungen der alt- und neu -testamentlichen
Geschichte im epischen Versmass und in der Phraseologie der
römischen Epiker, besonders des Vei^il, aber in einer sehr
schwankenden Prosodie.
1. Öieron. ad a. Abr. 2345 = Const. 23 = 331 n. Chr.: Porfirius misso
ad Constantinum insigni volumiue exilio liberatu^. Dieses volumen ist er-
halten nebst dem Belobungsschreiben Constantins und der Danksagung des
Optatianus für die gnädige Aufnahme. Aus Constantin's Schreiben: si tantum
pondus et gravitas spectarentur in carmine, et graeca post chium maeo-
niumque yatem et latina post rusticum mantuanum eloquentia siluisset, . .
frater carissime. . . gratum mihi est studiorum tuorum facilitatem in ülud
exisse ut in pangendis versibus, dum antiqua servaret, etiam nova nova Ijis
conderet. vix hoc custoditum pluribus fuit, qui modis quibusdam arctis
innexi litterarum, distinctionibus yersuum — qui ita medium corpus pro-
positi occulte permeant ut oculorum sensus intersüncta colorum pigmenta
delectent — hoc tenuere propositum ut etc. . . gratum igitur hoc mihi
dicationis tuae munus fuit. exercitatio mentis et naturae facilitas compro-
bata est. Optatianus dankt dann Domino Constantino maximo, pio, ioTicto
et venerabili, semper augusto dass er Carmen quod artioribus Musarum
ligaveram vinculis sogar gelesen habe. Wäre er der Stadtpräfect von Born
dieses Namens in den J. 329 u. 333, so wäre die Datierung seiner Zurück-
berufung bei Hier, wohl unrichtig. Tillemont, bist, des emp. IV. Constantin,
art. LXI, und notes sur Const. LH.
2. J. Burckhardt, Constantin S. 314 f. : „Das Unerreichte hat in die-
sen zum Theil erstaunlich schwierigen Spielereien Publilius OptatiaDi»
Porfirius geleistet. Er war aus irgend einem Grunde in die V erbannong
geschickt worden und legte es nun darauf an durch ganz verzweifelte poe-
tische Luftsprünge sich bei Const. wieder zu Gnaden zu bringen, was ihm
auch gelang. Es sind 26 Stück Gedichte, meistens in 20—40 Hexametern,
jeder von gleich viel Buchstaben, so dass jedes Gedicht wie ein Quadnt
aussieht. Eine Anzahl Buchstaben aber welche, durch rothe Farbe erkenn-
bar, zusammen irgend eine Figur (z. B. das Monogramm XP) vorstellen,
bilden, zusammengelesen, wieder besondere Sprüche. Die Marter die der
Leser empfindet lässt auf die des Dichters schliessen. . . Am Ende folgen
vier Hexameter deren Worte man auf 18 verschiedene Weisen durchein-
ander mischen kann, so dass immer wieder eine Art von Metrum and ^nn
379. Optatianus und luvenous. 837
herauskommt." Vgl. L. Müller de re metr. p. 466—470. Solche durch
die rothgeschriebenen Buchstaben entstehende Sätze sind: Publilius Opta-
tianus Porfirius haec'lusi; omne genus metri tibi pangens, optime Basse;
orbem totum pacavit trucidatis tjranuis; sit victoria comes Aug. et natis
eius; Constantine maxime imperator et invicte . . omnia magnus. Ein Theil
bildet auch Akrosticha, wie: omnipotens genitor, tuque o divisio mixta,
filius atque pater et sanctus spiritus unum, faveas votis. Für jedes Stück
liegt eine Gebrauchsanweisung des Verf. bei. Das erste Gedicht lässt die
Thalia in Traueranzug erscheinen : cum dederit clemens veniam natumque
laremque reddiderit, comptis ibis et ipsa comis.
3. Ausgaben in P. Pithoei poemata vett., Paris. 1590. Lugd. 1696.
Publ. Opt. Porf. panegyricus dictus Constantino Aug. ex codice mpto PauUi
Velseri, Augsburg 1696, fol. und in Marci Velseri opera (Nürnberg 1682
fol.) als unpaginierter Anhang. Drei Proben, die Gedichte welche eine ara
pythia, eine syrinx und eine Orgel (organon) darstellen, mit Einl. u. Comm.
bei Wernsdorf, poetae latt. min. II. p. 366—413. F. Liceti encyclop. ad Sy-
nngam Porphyrii, Padua 1635. 4. Die versus anacyclici auch im cod. Sal-
masianus (Riese's anthol. lat. I. p. 92 f.). Mit anderen in Meyer's anth.
lat. nr. 236-240. Migne's Patrolog. XIX. p. 391 ff. PubL Opt. Porf. car-
mina rec. et praefatus est Luc. Müller, Lips. (Bibl. Teubner.) 1870.
4. Hieron. ad a. Abr. 2.346 =* Const. 23 = 331 n. Chr.: luvencus
presbyter natione Hispanus evangQlia heroicis versibus explicat. Vgl. Epist.
70, 5 (I. p. 430 Vall.) und De vir. ill. 84: luvencus, nobilissimi generis
Hispanus presbyter, quattuor evangelia hexametris versibus paene ad ver-
bum transferens quattuor libros composuit et nonnulla eodem metro ad
sacramentorum ordinem pertinentia. floruit sub Constantino principe. Vgl.
hist. ev. IV, 808 f.
6. Schriften des luvencus. 1) Historia evangelica in 4 Büchern,
hauptsächlich nach Matthäus. Die Evangehen sind in einer lateinischen
Uebersetzung benützt. 2) Historia veteris testamenti. Ein cod. Lorshensis
Bcti Nazarii enthielt nach einem Verzeichniss saec. XI: Cypriani (vielmehr
luvenci) metrum super Heptateuchum , Hbros regum, Esther, ludith et
Macchabaeorum. Lange waren aber nur etwa 360 Hexameter über die Ge-
nesis bekannt, welche dann Martenius (und Gallandi Bibl. patr. FV. p. 587 ff.)
aus einem sehr alten (angebhch saec. VlI) codex Corbeiensis (»» Sanger-
manensis 841 in Paris) um ungefähr 1200 vermehrte. Am Schlüsse (von
luvenci Historia. Genesis) : Incipit Exodus, welcher Theil aber fehlt. Weitere
3266 Verse hat aus drei Hdss. (Cantabrigiensis und zwei Laudunenses, aus
Laon), welche aber aus derselben Urhandschrift stammen (Pitra p. XXXVII f.),
veröffentlicht J. B. Pitra, Spicilegium Solesmense I (Paris 1862) p. 171—268
(vgL p. XXXV— XLV), nämlich a) 64 weitere Hexameter zur Genesis; b)
metrische Bearbeitung der Exodus, v. 66—1392 (1388); c) Proben aus der
(in den Hdss. vollständigen) Bearbeitung von Leviticus, Numeri und Deu-
teronomium p. 224—268. d) Buch Josua, 686 Hexameter, p. 208—223. Das
Lied des Moses (Deuteron. 32) ist in phaläkischen Hendekasyllaben gehalten
(p. 263—258).
6. üeber die Quantität der Vocale verräth luvencus sehr unsichere
Vorstellungen. Er gebraucht den Diphthongen ae (unter Vermittlung der
838 I^iö Kaiserzeit. Viertes Jahrhundert.
Schreibung e?) häufig kurz (z. B. in den Hexameterausgängen Aegypti,
praesentat, aetemae, maerente}, ebenso ämissae, protuius u. dgL; dagegen
kurze Yocale als lang, nicht blos in der Cäsur, wie das a des neutrum, üb
der zweiten Declination, ferner läboram, lätidbus, pedTsequis, cäpitunif fa-
gacem, futurum u. dgl. Besonders im Anfang und am Schlüsse des Verses
sind solche Incorrectheiten häufig. Archaistische Formen (wie mage, dider,
miscerier, faxunt, cleptat, lampada) werden nach Versbedürliiiss angewandt
In den Hendekasyllaben steht statt des ersten Trochäus häufig ein Jambus.
Andere Proben: cuius gloriä^ convenit honores (1080); cui semper Tahdä
vigent inventa (1083); illos bestiae mordicus vorabunt (1159); quam dnni
stelligera per astra tollo (1183); quem cunctus populüs, angeli laudant (1190);
parcit subditls et pios reservat (1194).
7. Eine vollständige Ausgabe des luv. gibt es noch nicht. Von den
älteren sind etwa zu erwähnen: ed. princeps, Daventriae um 1490. 4. Stu-
dio Th. Poelmanni, Basil. 1551. Cum notis ed. Erh. Reusch, Fraakf. 1710.
Ad vaticanos codd. rec. F. Arevalus, Rom. 1792. In Migne*s Patrolog. XIX.
0. Korn, die Handschriften der bist, evang. des luv. in Danzig, Rom und
Wolfenbüttel; ein Beitrag zur Kritik des luv., Danzig 1870. 4. (Leipzig,
Teubner).
A. R. Gebser, de C. Vett. Aq. luv. vita et scriptis, Jena 1827.
8. Bemerkenswerthe althochdeutsche Glossen zu Juv. bist, evang. bei
Pitra 1. 1. p. 259—261.
380. Die Jurisprudenz zeigt in der constantinischen
Zeit noch einiges Leben ; bethätigt sich aber ausschliesslich im
Sammeln und Epitomieren. Ihr gehören die beiden letzten Ju-
risten an von welchen sich in den Digesten Excerpte finden,
Aurelius Arcadius Charisius, Verfasser von juristischen Mo-
nographien, und Hermogenianus, der Urheber des codex
Hermogenianus und eines Auszuges aus dem Juristenrecht (epi-
tomae iuris). Ebenso ist noch bei Constantins Lebzeiten ver-
fasst die Sammlung von Rechtsquellen welche Fragmenta va-
ticana genannt zu werden pflegt. Sie war wohl eine Privat-
arbeit von gleichem Inhalte wie die später von Justinian ange-
ordnete, gibt aber die benützten Quellen mit grösserer Trene
wieder als die justinianische und war daher vielleicht noch um-
fangreicher als diese; sicher indessen ist sie mit weniger Sach-
kenntniss, Sorgfalt und praktischem Geschick angelegt Sie
umfasste sowohl kaiserliche Constitutionen als Auszüge aus den
Schriften älterer Rechtsgelehrten, insbesondere des Ulpian sowie
des Paulus und Papinianus. Von dem ursprünglichen Ganzen
ist uns nur ein kleiner Theil durch ein Palimpsest in der Ya-
ticana erhalten, und auch dieser nur theilweise YoUständig.
J
880. Jurisprudenz: Fragmenta vaticana. 839
1. Im Leben bethätigt sich die RechtekenntnisB einzig in dem Berufe
des Anwalts und fallt mit der Beredtsamkeit zusammen. Bei dem Astro-
logen und ehemaligen Anwalt Firmicus werden unter den zahlreichen Be-
rufsarten die er erwähnt Bechtsgelehrte niemals genannt, wohl aber z. B.
VIII, 27 g. E. : advocati optimi et regum amici ac praecipui oratores. Auch
im kaiserlichen Cabinet sind nach ihm nicht sowohl Juristen verwendet als
Stilisten; vgl. z. B. VIII, 27: regum int^rpretes vel magistros, scribas quo-
qae et sacrarum (kaiserliche) litterarum officia tractantes. 30: litterarum
officia tractantes, regibus notos et eorum scribas. Vgl. Mamertin. grat.
act. 20, 1 : iuris civilis scientia, quae ManUos, Scaevolas, Servios in amplis-
simum gradum dignitatis evexerat, libertinorum artificium dicebatur (von
den Vornehmen des byzantinischen Hofes). Dagegen von Julian qui in
oratoria facultate, qui in scientia iuris civilis excellit ultro ad familiaritatem
vocatur (ib. 26, 3). Ammian. XXX, 4, 11 f. (J. 374): secundimi est genus eorum
qui iuris professsi scientiam, . . ut altius videantur iura callere, Trebatium
loquuntur et Cascellium etc. ib. 16 f. (von den Rechtsanwälten): e qui-
bus ita sunt rüdes nonnulli ut numqUam se Codices habuisse meminerint.
et si in circulo doctorum auctoris veteris inciderit nomen, piscis aut edulii
peregrinimi esse vocabylum arbitrantur.
2. Dig. I, 11, 1: Aurelius Arcadius Charisius, magister Ubellorum,
libro singulari de officio praefecti praet. (worin er die Verordnung Con-
stantins vom J. 331 über dessen Competenz bereits kannte). Darauf be-
zieht sich AvQjjlXiog 6 vofimog bei Lyd. de magistr. I, 14. Dig. L, 4, 18:
Arcadius Charisius libro singulari de muneribus civilibus. Ausserdem vier
Fragmente aus seinem liber sing, de testibus, Dig. XXII, 5, 1. 21. 26 (Are.
qui et Charisius). XLVIII, 18, 10. Chr. Rau, de Aur. Are. Ch. vetere icto,
Lips. 1773. 4.
3. Ueber Hermogenianus und den Codex Hermog. s. oben 371, 3 f.
4. Das Palimpsest stammt aus dem Kloster Bobio (bei Piacenza),
von wo der erste Theil (sechs Blätter, ursprünglich beschrieben mit Thei-
len des cod. Theod., dann mit Cassian. coli. 3 u. 4) nach Turin kam, der
viel grössere zweite aber (100 Blätter, wovon 67 mit Cassian. coli. 4 — 10
überschrieben) nach Rom in die Vaticana (Nr. 6766). Von den 57 doppelt
beschriebenen Blättern dieses cod. vat. gehören 33 zu obigem Sammelwerke,
22 zum cod. Theod., 2 zur lex rom. Burgundionum. Die ursprüngliche
Schrift ist dieselbe wie im veroneser Gaius (oben 339, 5) und in den Dig.
florentina, wahrscheinlich aus Ende von saec. IV oder Anfang von V. Die
ursprünglichen Quatemionen wurden (wahrsch. saec. VIII) für das Neu-
beschreiben der Länge nach so zerschnitten dass aus zwei zusammenge-
hörigen Blättern drei neue wurden. Verloren gegangen ist von dieser
Handschrift des Cassian (s. unten 428) der Anfang (coli. 1. 2) und dör
Schluss (coli. 11—24). Nach Herstellung der ursprünglichen Ordnung wur-
den 18 vollständige Blätter gewonnen, 2 welche Vs ^^^ ^ welche '/s des
juristischen Textes enthalten. Von dem ursprünglichen Umfange des Wer-
kes ist dies aber sicher nur ein kleiner Theil. Verbesserungen des Textes
theils vom ursprünglichen Schreiber theils von demjenigen Besitzer der
Handschrift welcher (etwa ein Menschenalter später) die Schollen auf
dem Bande und zwischen den Zeilen beigeschrieben. Dieselben sind un-
340 ^^^ Kaiserzeit. Viertes Jahrhundert.
gleich vertheüt, am häufigsten im Titel de donationibus , und meist kurz
(Stellennachweise, Citate u. dgl.).
5. Auffindung (J. 1821) und erste Herausgabe durch Ang. Mai: Iuris
civilis anteiust. reliquiae iueditae ex cod. rescripto bibl. ponti£ vaticanae,
Rom 1823. 118 pp. = Paris 1823 und (mit Eintheilung in 341 §§.) Berol.
1824. Recogn., comm. crit. et exeg. instr. A. de Buchholtz, Königsberg
1828. Secogn. A. Bethman- Hollweg, Bonn 1833. 12. (== Corpus iur. civ.
anteiust. I. p. 229—302). Nach D. Detlefsens sorgfältiger Nachvergleichung
herausgeg. von Th. Mommsen in einer grossem (Quari) Ausgabe (Codicis
vaticani 5766, in quo insunt iuris anteiust. fragmenta q. d. vaticana, exem-
plum addita transcriptione notisque critt. edidit, Abhandl. der BerL Ak.
vom J. 1859, Berlin 1860, p. 265—408; Text p. 266-377) und in einer klei-
neren (Bonn. 1861, XXIV u. 144 pp. 12.). In Huschke's iurisprud. anteiasi*
p. 610-721 (Text p. 622 ff.).
6. Die Ueberschrift des Werkes ist nicht erhalten. Von einer Ein-
theilung in Bücher ist keine Spur, wohl aber (wie bei cod. Hermog. nod
CoUatio) in Titel (species), die über je zwei Seiten vertheilt, aber nicht
numeriert sind. Die Quellen sind je zu Anfang beigeschrieben (z. B. 2: Pa-
pinianus libro lU responsorum) und gelten so lange fort bis eine neue ge-
nannt ist. Hauptgrundlage Ulpian, bes. ad Sabinum und de excusationibiK
== de officio praet. tutel. (oben 854, 2). Die Schrift eines Ungenannten
(Venuleius Satuminus? vgl. oben 338, 6) de interdictis ist 90—93 ausführ-
licher citiert (. . libro I de interdictis sub titulo in eum qui etc.) als sonst
zu geschehen pflegt und ist daher wohl späterer Zusatz von anderem Ur-
heber (Mommsen p. 396). Vgl. Huschke p. 615 f. Diese Excerpte sind in
ihrer ursprünglichen Gestalt, ohne Abänderung und Verarbeitung, gegeben,
und darin besteht der Hauptwerth dieser Ueberreste.
7. Die kaiserlichen Erlasse sind, wie im cod. lust. und dessen Qael-
len (vgl. oben 371, 2), mit Ueberschrift und Unterschrift mitgetheilt, ohne
Nennung der Sammlungen woraus sie entnommen sind. Cod. Theodos. ist
in den Fragm. vat. nicht benützt, da hier die betr. Rescripte in vollstän-
digerer Fassung gegeben sind als im Theod. Wohl aber ist cod. Grego-
rianus und Hermog. stark ausgebeutet. Dazu Rescripte (bes. der Jahre 2%
u. 298) aus dem westlichen Reichstheile , von Maximian erlassen, die sich
nicht im cod. lust. finden und die vielleicht aus einer Ausgabe des cod.
Hermog. stammen welche später und vollständiger war als die von den
Byzantinern zu Grund gelegte (vgl. oben 371, 3). Endlich Verordnungen
aus Constantins Zeit in unverkürzter Fassung, die Aufschriften überdiea
anders gehalten als im cod. Greg, und Hermog. Die späteste erwähnte
kaiserliche Verfügung (§. 37) ist von Valentinian (J. 369—372), die nichit-
vorhergeheude aber aus Constantins Regierung (J. 812—337). Jene valen-
tinianische scheint daher gleichfalls (s. A. 6) ein späterer Zusatz, zumal ds
sie sich durch ihre umständliche und schwülstige Fassung von den übrigen
der Sammlung unterscheidet, mit Ausnahme derer aus J. 316 (§. 249), 390
(§. 248), 337 (§. 35), welche daher vielleicht ebenfalls erst nachträglich
hinzugefugt sind. Vgl. A. 9.
8. Das Erhaltene ist aus den Titeln ex empto et vendito, de ora-
fructu, de re uxoria ac dotibus, de excosatione (besonders ansführliefa},
380 f. Fragmenta vaticana. GominiannB. g41
quando donator intellegatar revocasse yoluntatem, ad legem Gindam de
donationibus, de cognitoribus et procuratoribus. Die Anlage ist planlos.
Im Ganzen ist auch hier (vgl. 371, 2) die Ordnmig des Edicts befolgt, doch
mit unverständlichen Abweichungen (Mommsen p. 401). Innerhalb der
einzelnen Titel selbst sind weder Excerpte aus Juristen und Rescripte ge-
schieden und in regelmässiger Folge aufgeführt noch bei letzteren die Zeit-
ordnung eingehalten; Wiederholungen und Widersprüche sind nicht selten.
Minder geläufige Abkürzungen werden unrichtig aufgelöst (z. B. f. e. durch
factum est statt familiae erciscundae; 1. c. durch litium causa statt litis
contestatio). Der Verf. muss daher mangelhafte Sachkenntniss gehabt und
flüchtig gearbeitet haben. Mommsen p. 401—403. Die Bestimmung der
Sammlung war ohne Zweifel für gerichtlichen Gebrauch; auf amtlichen
Charakter aber deutet nichts. Angeführt wird sie nie. Abfassung durch,
Mehrere (Huschke* p. 616 f.) ist nicht erwiesen. Ob das Werk jemals ganz
fertig wurde ist nicht bekannt.
9. Abfassung jedenfalls vor cod. Theod. (s. A. 7; also vor 438) und
vor dem Citiergesetz (J. 426), da Gajus nicht benützt ist, wohl aber (§. 66),
wie es scheint, die durch jenes Gesetz ausgeschlossenen Noten Ulpians zu
Papinian. Auf Entstehung bei Lebzeiten Constantins führt die (von den
Byzantinern unterlassene) Beseitigung der Namen des Maximianns Uercu-
liuB und Galerius Maximianus, die Beifügung von divus einzig bei Dio-
cletian (und Constantius), nicht aber (falls 288 tf = dominus) bei früheren
Kaisern; endlich die Bezeichnung des Constantin durch Aug., auch unter
Weglassung des Namens selbst. Die ungleiche Behandlung des Licinius
(bald genannt, bald unterdrückt) scheint zu beweisen dass das Werk noch
vor dessen Sturz (J. 323) verfasst, nach demselben aber {unvollständig) re-
vidiert worden ist. Vgl. A. 7 E. Für Entstehung im Westen (Italien oder
Gallien) spricht die besondere Berücksichtigung weströmischer Verfügungen
(s. A. 7), der Auffindungsort der Handschrift (s. A. 4), die ünbekanntschafb
mit Modestin' s griechisch geschriebenem Werke de excusationibus, und wohl
auch die Nichtbenutzung der Sammlung in der justinianischen. Mommsen
p. 403—406. Vgl. fluschke p. 618 £P. (aus der Zeit von Honorius oder
Theodosius I).
10. üeber die Fragm. vat. vgl. B. Borghesi, giom. arcad. XXII (Rom
1824) p. 48 — 95. G. Bruns, quid conferant vat. fr. ad melius coguoscen-
dum ins rom., Tübingen 1842. Mommsen Quartausg. p. 379 — 408, nebst
Duodezausg. praef Huschke, iurisprud.' p. 610 — 620.
381. Die Gbrammatik verengerte sich immer mehr auf den
Bedarf der Schule und verzichtete auf geschichtliche Erforschung
und gelehrten Apparat. Von dieser Art scheint das Werk des
Cominianus gewesen zu sein^ welches eine der Hauptquellen
des Charisius war und bei Späteren mit diesem zusammenfloss.
Die Metrik behandelten um diese Zeit Albinus und Asmonius,
Ersterer in gebundener Form. Der Grammatiker Euanthius
commentierte den Terenz,
842 I^ie Eaiserzeit. Viertes Jahrhunderi.
1. Chaiis. I, 18 (p. 147 K): ablativus oasus singularis, ut ait Comi-
nianus grammaticus, etc. II, 11 (p. 175 E.): de coniugationibiia . . Comi-
nianas disertisBimas grammaticaB ita disBeruit. II, 12 (p. 180): Com. gram-
maticos ita de participio breviter refert. 13 (p. 181): haec qnidem (de
adverbio) breviter Coro. gr. disserit. 14 (p. 224): de coniunctione , ut ait
Cominianus. 15 (p. 230): de praepositione, ut a. C. 16 (p. 238): de inter-
iectioue, ut a. C. IV, 1 (p. 265): de barbarismo, ut a. C. (p. 266) de sol-
oecismo, ut a. C. Jedesmal ist dann ein längerer Abschnitt dem C. ent-
nommen. Die sonstigen Erwähnungen des C. (?. B. Schol. Bern, zu VergiL
Buc. III, 21. Georg. I, 215. III, 311) sind aus Charisius geschöpft oder gel-
ten diesem selbst. H. Keil, gramm. latt. I. p. XLVIIl. Auch der Verfiuser
der sogen, ezcerpta Charisii hat den Com., besonders im Abschnitte de pro-
nomine, benützt, aber ohne ihn zu nennen. W. Christ, Philologos XYIII.
S. 139.
2. Die sog. ezcerpta Cominiani (A. Mai class. auct. Y. p. 150) sind
gleichfalls in Wahrheit Auszüge aus Charisius; s. H. Keil, gramm. latt I.
p. XXII f. not. und zu p. 180, 27. Daher kann die einmal darin vor-
kommende Erwähnung des Donatus für die Bestimmung der Zeit des Com.
nicht verwendet werden.
S. H. Keil 1. 1. p. XLVIIl: adparet non solum de VIII paiübus ora-
tionis . . sed etiam de vitüs orationis . . (Cominianum) exposuisse) ea ratione
usum ut brevi et simplici oratione suae aetatis consuetudinem doceret om-
niaque quae ad usum antiquitatis pertinerent vel paullo doctiorem dispn-
tationem requirerent a suo consüio aliena putaret. Daher er vermutet Co-
minianum non valde antiquum grammaticum faisse et übrum suum non
doctis hominibus, sed pueris destinavisse (p. XLIX). Vgl. noch F. Osann,
Beiträge II. S. 317 f. 324—327. 340 und dagegen Keil L 1. p. LVI. W. Christ,
Phüologus XVIII. S. 123 f.
4. Charis. p. 229, 19 nach AnfQhrung einer Ansicht des Bomanus (oben
357): sed Marcius Salutaris vir perfectissimus . . rectius sensit. Diese Ti-
tulatur weist den Grammatiker M. S. (der den Vergil commentiert zu ha-
ben scheint) in die constantinische Zeit, und die Anfuhrung wird entweder
aus Cominianus geschöpft oder eine eigene Zuthat des Charisius sein.
5. Zwei Hexameter eines Albinus de metris bei Max. Victorin. de
carm. her. p. 289 Lind. Also wohl eine Arbeit in der Weise des Teren-
tianus (oben 372). Er ist wohl der von Rufin. I, 30. p. 388 Craisf. genannte
Alb. F. Osann, Beiträge II. S. 361, A. 10 identificiert ihn mit dem Alb.
welcher einen Abriss der Musik verfasste (Cassiod. de mus. 6) und über
Geometrie und Dialektik schrieb (Boethius), sowie mit dem in einer In-
schrift als philoBophus bezeichneten Ceionius Eufius Albinus, Cos. 335 o.
345 n. Chr., unter Zustimmung von Jal. Caesar in Paulj^s Real-£nc. I, 1.
S. 649 f. Nr. 4.
6. Priscian. X, 24 (p. 516, 16 H): Asmonius in arte quam ad Con-
stantium (wohl II] imperatorem scribit. Priscian. de metr. Terent. 6—8
(p. 412 Gaisf.) gibt eine Stelle des A. über den Trimeter der lateinischen
Komiker. Vgl. H. Keil, quaest. gramm. (Lips. 1860) p. 16 ff. R. West-
phal, allg. Metrik S. 45 f. JuL Caesar in Pauly's Real-£nc. I, 1. S. lf4Q
n. M. Der Name Asm. deutet auf semitischen Ursprung.
381 f. EuanthixiB u. a. Grammatiker. Firmicus MatemuB. 843
7. Hieron. ad a. 2375 (nach Bong. u. Freh.; Schöne zu 2374) = 361
n. Chr.: Euanthius eruditissimoB grammaticomm Constantinopoli diem
obit. Vgl. Bafin. Antioch. de metr. com. p. 2706 P. =■ 378 Gaisf. : Euan-
t^ns in commentario Tereutii de fabula . . sie dicit: concinna etc. . . et
postea sie: veteres etsi etc. Beide Stellen finden sich im ersten Theile der
Abhandlung de tragoedia et comoedia (p. XXVn. XXVIII Zeune = Xin.
XIV Klotz), der somit von Euanthius herrührt. Auch von dem sogen.
Donatcommentar zu Terenz wird ein Theil Eigenthum des Euanth. sein;
8. üsener, Rhein. Mus. XXIII. S. 493—496. Vgl. ebds. XXV. S. 438 f. Rufin.
1. 1. p. 2713 F. =- 388 G. Ritechl Parerga p. 358, 360,
382. Noch bei Constantms Lebzeiten begann Firmicus
Maternus in Sicilien seine acht Bücher Matheseos, die aber
erst ums J. 354 vollendet wurden. Das Werk ist eine vollstän-
dige Theorie des Stemglaubens, in neuplatonischem, vom Chri-
stenthum abgewandtem Geiste. Der Verfasser ist ein Ehrenmann,
dem es mit seiner Sache heiliger Ernst ist, aber befangenen
Geistes und in seiner Darstellung einförmig. Um dieselbe Zeit.
(J. 347) richtete der gleichnamige Christ un Constantins Söhne
Constantius und Constans seine Schrift de errore profanarum
religionum, worin er dieselben zum Sturze des Heidenihumes
anstachelt. Jenes Werk ist vollständig erhalten, von der letz-
teren Schrift aber vier Blätter verloren gegangen.
1. Der Verfasser heisst in der subscriptio am Schlüsse von math. VIII :
lulius Firmicus Matemus Junior Siculus v. c (larissimus). Vgl. Sidon. Apoll,
carm. 22, praef.: lulium Firmicum, . . Satuminum in lihris matheseos pe-
ritissimos conditores. Gewidmet ist das Werk dem Procos. Mavortius Lol-
lianuB (praef. p. 2 vgl. VIII, 15. p. 221: talis — wie die Catones — nostris
temporibus Lollianus, qui severitatis merito etiam ordinarii consulatus in-
signia consecutus est), welcher z. B. proconsul provindae Africae war
(OreUi-Henzen 6481), J. 342 praef. urbi, 355 Cos. ord. (Ammian. XV, 8, 17),
356 praef. praet. Italiae (Ammian. XVI, 8, 5: vir sublimis constantiae. Cod.
Theod. VI, 29, 1. XI, 30, 25. 36, 11). Vgl. Borghesi bei Gervasio, Osser-
vazioni sulla iscr. onoraria di Mavorzo Lolliano (Neapel 1846) p. 14 ff.
Sollte hienach die Widmung und Buch VIII im J. 354 verfasst sein, so
weist dagegen die Erwähnung der Sonnenfinstemiss des 17. Juli 334 (Firm.
I, 2. p. 5 ed. 1551: cum sol medio diei tempore fulgida splendoris sui de-
negat lumina, quod Optatii et Paulini consulatu, ut de recentioribus loquar,
. . futurum mathematicorum sagax praedixit intentio) und des Constantin
als noch lebend (Firm, praef. p. 2 und I, 4. p. 14: dominus et Augustus
noster ac totius orbis Imperator, pius, felix ac providus princeps, Constan-
tinus scilicet maximus, divi Constantini filius etc. ib. p. 15: Constantinum
maximum principem et eins inyictissimos liberos, dominos et Caesares no-
stros) auf yiel irüheren Beginn der Arbeit hin. Bursian ed. (A. 6) p. VIII.
Und dass die Abfassung sich über eine längere Zeit erstreckte erheUt
844 1)^6 Kaiserzeit. VieiteB Jahrhundert.
gleich aus dem Anfang: olim tibi hos Ubellos, Mavorti, decas nostruni} me
editurum esse promiseram, verum saepius inconstantia verecundiae retar-
davit etc. . . tibi omnem divinae matheseos disciplinam dicaturum me
esse spoponderam. Ueber die persönlichen Verhältnisse des Verf. besagt
die praefatio weiter: cum esses in Campaniae proviuciae foscibus consti-
tutus, . . ad me primum in has oras siculas, ad ea potissimum studia qui-
bus ab ineunte aetate uterque nostrum devinctus erat, suavissime diver-
tisti. . . posteaquam de actibus et processibus nostris confabnlati sumus
Bcrutatus a me es . . totius Sicihae, quam incolo, situm, . . cetera qnae
tibi a primo aetatis gradu et atticae et romanae litterae de admirabilibus
provinciae siculae tradiderunt. Im Verlaufe habe er sich hinreissen lassen
(p. 2) ut promitterem me tibi editurum quidquid Aegyptii veteres . . Ba-
byloniique prudentes de vi stellarum ac potestatibus . . nobis tradiderunt
Zwar habe er dieses Versprechen sogleich bereut; sed trepidationem meam
hortatio sermonis tui erexit coegitque adgredi quod frequeuter ex despe-
ratione deserui. nam cum tibi totius orientis gubemacula domini atque
imp. nostri Constantini Aug. . . iudicia tradidissent mahntest du mich fort-
während, proconsuli itaque tibi et ordinario consuli designato promissa
reddimus. . . Lolliane doctissime. Ueber seine Laufbahn als Anwalt IV.
praef. (p. 83) : patrocinia tractantes tenuerunt nos causarum conflictationes
'et caninae (ut ita dicam) contentionis iurgiosa certamina. ex quo stadio
nihil mihi aliud per singiilos dies nisi periculorum cumulus et grave oniu
invidiae conferebatur. . . deserui itaque hoc studium. . . liberali animo,
contemptis forensibus lucris, . . fidele patrodnium defensionis ezhibuL in
otio itaque constitutus . . hos ad te, Lolliane, . . libelios scripsi , ut a ter-
rena quodam modo conversatione sepositus, . . ad purganda animi vitia,
quae ex pravorum hominum conversatione contraxeram, caelestibus ac di-
vinis me dispntationibus applicarem.
2. Firmicus sucht der Astrologie eine sittliche Richtung und einen
priesterlichen Anstrich zu geben. Vgl. II, 33 (p. 43 f.) : nunc tu, quicunqae
hos libroB legere conaris, . . ad imaginem te divinitatis similitudinemqae
forma, ut sis semper praeconio veritatis omatus. oportet enim eum qni
quotidie de düs ac cum diis loquitur animum suum ita formare atque in-
struere ut ad imitationem divinitatis semper accedat. quare disce et exe-
quere omnia omamenta virtutis. . . esto pudicus et inter sobnos, par?o
victu parvisque opibus contentus. dato operam ut instituto . . tuo insti-
tntimi bonorum . . vincas sacerdotum. . . dabis sane responsa publice, . .
ne quid a te tale forte quaeratur quod non liceat nee interrogare nee di-
cere. cave ne quando de statu reip. vel de vita rom. imperatoris aliquid
iuterroganti respondeas. . . sed et sceleratus atque omni animadversione
dignus est si quis interrogatus de fato dixerit imperatoris. . . sed nee ali-
quis mathematicus verum aliquid de fato imperatoris definire potuit; solos
enim imperator stellarum non subiacet casibus. . . etiam ipse in eonun
deorum numero constitutus est quem ad facienda et conservanda onmis
divinitas statuit principalis. Davon solle man einen solchen Befrager so
überzeugen suchen, ut persuasionibus tuis monitus istum furorem temeii-
tatis correcto mentis errore deponat. sed nee deferre te volo si quis ali-
quid male quaesierit, ne . . morti eins causa extitisse videaris, quod ahe-
num est a proposito sacerdotis. . . tibi in omni conversatione plaoeat
382. Firmicus Maternus der Heide. ' 845
qaieta moderatio. fuge seditiones, . . amicitiae fidem fortibuB copulatio-
nibus stringe. . . numquam coDBcieutiam taam falsis testimoniis pollnas.
. . nolo te vitia hominam in tractata geniturarum manifestius ezplicare,
. . ne quod homini malus stellarum decrevit cursus non dicere, sed expro-
brare videaris. secerne te a epectaculorum semper illecebris; . . (p. 45)
antistites enim deorum separatos et alienos esse decet a pravis illecebris
Toluptatam. Erst wenn der Leser sich in diese ethische Verfassung gesetzt
habe solle er weiter gehen et posteriores libros, quos de apotelesmatis
scripsimus, secura mentis animositate perdisce. AehnHch beschwört er VII
praef. (p. 193 f.) den Mavortius ne haec veneranda communia profanis vel
imperitis auribus intimentur, sed iis tan tum quos animus incorruptus ad
rectum vivendi ordinem . . instituit etc. Vgl. VIII, 33: haec filiis tuis tan-
tum trade, quos a prima aetate ad omne virtutis officium instituisti etc.
J. Burckhardt, Constantin S. 244—246.
3. Matheseos libri nennt der Verf. selbst sein Werk in der praef. zu
II und ni. In der peroratio VIII, 33 : accipe itaque, Mavorti decus nostrum,
. . Septem hos libros, ad Septem stellarum ordinem numerumque compo-
sitos. nam primus liber solum patrocinium defensionis accepit (Vertheidi-
gnng der Astrologie gegen ihre Gegner), in ceteris vero libris Bomanis
hominibus novi operis tradidimus disciplinam. Das zweite Buch enthält
die allgemeinen Grundlagen (institutionis liber, VIII, 5). IV, 19 (p. 114):
qoia iaoi expedita prima operis nostri parte ad secundam prindpalem ac-
cedimus, quae etiam in quatuor membra, veluti prima, divisa est, . . sin-
gulorum partes summatim enumerabimus. B. VI enthält die genitura von
Paris, Demosthenes und Hermodoros, Homer, Thersites u. A.; VII die ge-
niturae adoptivorum, paedicorum, cinaedorum, causidicorum , damnatorum
u. A. B. Vni behandelt die sphaera barbarica. B. I gibt Beispiele aus
der römischen Geschichte. VIII praef. (p. 212): quod his libris superesse
credo, hoc ezplicare curabo; nam aliud mihi tempus ad explicandam mj-
riogenesin reservavi. Die angegebenen Quellen sind so superstitiös wie der
ganze Inhalt. Vgl. II. praef.: nos omnia quae de ista arte Aegjptii Ba-
byloniique dizerunt docili sermonis institutione transtulimus. III praef.:
iUi divini viri . . Petosiris Necepsoque . . nobis tradiderunt. IV praef. (p.
84): omnia quae Aesculapio Mercurius Enichnusque tradiderunt, quae Pe-
tosiris explicavit et Necepso, quae Abraham, Orpheus et Critodemus edi-
derunt ceterique omnes huius artis antiscii perlecta pariter atque collecta
. . in his perscripsimus libris. IV, 10 (p. 98) : quae divinus ille Abraam et
prudentissimuB Achilles . . nobis tradidere. IV, 16 (p. 107) : Necepso, Aegypti
iustissimus Imperator, optimus quoque astronomus. (p. 109): magnus ille
Petosiris hanc partem leviter attigit. VIII, 5: neque enim . . Petosiris et
Necepso, quorum alter imperii gubemacnla tenuit, . . id quod nos edituri
gumus invenire potuerunt. Bemerkenswerth ist III, 15 (p. 81): si fuerit
haec domus Merourius, dabit astrouomiam; si Venus, cantilenas et laetitiam;
. . si Inppiter, divinum cultum scientiamque in lege ; si Satumus, seien tiam
alchimiae. Wohl die erste Erwähnung der Alchimie, falls die Stelle nicht
eine spätere Interpolation ist, worauf die christliche Färbung des Ausdrucks
in lege führen könnte. Aus jener magischen Literatur stammt %nch die
Uebertragung der astrologischen Symbolik auf den menschlichen Eörpen
g46 ^io Kaiserzeit Viertes Jahrhundert.
(vgl. A. 4), wie später bei den Priscillianisten; Bemays, d. Chronik des
Solp. S; 14 mit A. 24.
4. DasB durch die decreta planetarum die menschliche Willensfreiheit and
Znrechnungsßlhigkeit aufgehoben wird scheint Firm, sich nicht klargemacht
zu haben, und seine moralischen Ermahnungen (s. A. 2) sind daher ohne
Boden, so oft und gern er sie einschärft. Vgl. VIII praef. : nihil aliud dum
in hac vitae brevitate sumus nobis elaborandum est . . nisi at terreni cor-
poris labe purgata . . incorruptam animi divinitatem . . anctori nostro red-
damus deo. Die Einsicht in die feste Vorausbestimmung unserer Schick-
sale müsse Schmerz und Freude dämpfen (ib.). Auch die theologischen
Consequenzen der Lehre sind nicht klar gezogen. I, 3 (p. 7) leugnet Firm.
die Religionsgefährlichkeit der Lehre (homines a cultu deonim religionom-
que revocari): nos enim timeri deos, nos coli facimus, nos numen eormn
maiestatemque monstramus, cum omnes actus nostros divinis eorum dicimu
agitationibus gubernari. Aber diese dii sind selbst verschwommene Ge-
stalten, bald mit den sidera zusammenfallend, bald neben ihnen stehend,
bald als Einheit bezeichnet, bald als Mehrheit. Vgl. III praef. (p. 45): ad
imaginem mundi formam hominis . . deus ille fabricator hominis, natura
monstrante, perfecit. . . ita ut in parvo corpore omuium elementorum Tim
atque substantiam natura cogeute conferret, den Menschen quasi minorem
quendam mundum machte. V praef. (p. 115): tu quicumque es deus, qui
per singulos dies caeli cursum . . continuas, . . solus omnium gubemator
ac princeps, . . cui tota potestas numinum servit, . . tu omnium pater pa-
riter ac mater, tu tibi pater ac filius, uno vinculo necessitatis obligatos, . .
da veniam quod tuorum cursus siderum eorumque efficacias explicare co-
namur. . . vosque pereunium siderum cursus, tuque ]) etiam humanomm
corporum mater, ac tu . . © optime maxime, . . ad cuius arbitrium fatorum
ordo disponitur, da veniam quod gracilis sermo ad numinis tui secreta per-
venit etc. Vgl. I, 4 (p. 14): Sol optime maxime, . . mens mundi atque
temperies, . . et tu luppit^r (der Planet), Tarpeiae rupis habitator etc.
Dumpf wie die Atmosphäre des Werkes ist auch sein Ton, bald technisch
trocken und dürftig, bald mystisch feierlich, mit zahlreichen Wiederholungen
nicht blos in technischen Formeln sondern auch in stilistischen Wendungen
und Ausdrücken. Wo er zu einer rhetorischen Figur greift spinnt Firm, sie
bis zur Ermüdung aus. Er bittet daher (praef. I. p. 2): ue in istis librii
pondus et perfectae gratiam orationis requiras. . . in nobis tenue est in-
genium et sermo subtilis et, quod vere confitendum est, mathesis per-
modica. Vgl. I, 1 (p. 4): postulantes ut .. veritatis fides, non orationis
splendor ac substantia requiratur. Der Sprachschatz enthält manches erst
in diesem Jahrh. Aufgekommene, wie animositas, partilis, ac vor Vocalen
u. dgl.
5. Handschriften des Firm, besitzt die Münchner Bibliothek (nach
Halm) zwei, eine saec. XI, die aber nur B. I und II, 1 — 31 enthalt, und
eine (bis auf einige Zeilen am Schlüsse) vollständige aus dem Anfi^ng von
saec. XVI. Ed. princeps (de nativitatibus) Venet 1497 fol. In den astro-
nomici vett. (Venet. Aid. 1499 fol), und besonders per Nie. PruckneruiD
astrologum, Basil. 1533 und 1551 fol., in letzterer Ausgabe p. 1—244, wol^
auf des Ptolemäus 'Anotilicfiata y arabische und chaldäische Schriften in
382. FirmicuB Materuus der Heide und der Christ. 847
lateinischer Bearbeitung, und Manilius. Neuere gibt es nicht. Ausfüllung
einiger Lücken durch Lessing (sämmtl. Werke, Ausg. von Lachmann IX.
S. 409—430). — Fabricius Bibl. lat. IIL p. 114 ff. ed. Emesti.
6. Die christli che Schrift ist überliefert durch einen Palatinus (nr. liS6)
saec. X in der Vaticana, woraus sie zuerst Matthias Flacius lUjricus her-
ausgab (Strassburg 1562), sorgfältiger Conr. Bursian (Lips. 1856) und dann
C. Halm, an seinem Minucius Felix (Yindob. 1867) p. 75—130. Die Sub-
scription lautet: lulii Firmici Materni v. c. de errore profanarum religio-
num explicit. Vom ersten Quatemio fehlen die vier äusseren Blätter (1,
2 und 7, 8).
7. Die angeredeten Kaiser heissen sacratissimi imperatores (6, 1. 8,
4. 16, 4. 20, 7. 24, 9. 28, 6. 29, 1) oder sacrosancti imp. (13, 1) oder prin-
cipes (17, 1), auch domini imperatores (25, 1). Bezeichnend sind folgende
Stellen. 16, 4: amputanda sunt haec (die heidnischen Opfer), sacr. imp.,
penitus atque delenda et severissimis edictorum vestrorum legibus corri-
genda. . . ad hoc vobis deus summus commiait imperium. 20, 7 : vos nunc,
Constanti et Constans, sacr. imp., . . erigite vexillum fidei. . . hostium
prostravistis exercitum, . . idololatriae excidium et profanarum aedium
ruinam . . Christus . . vestris manibus reservayii 28, 6: tollite, tollite se-
curi, sacr. imp., omamenta templorum: deos istos aut monetae ignis aut
metallorum coquat flamma, donaria universa ad utilitatem vestram domi-
niumque transferte. post excidia templorum in maius dei estis virtute pro-
vecti. yicistis hostes, . . et insperatam imperatoris (des Constans, J. 343)
faciem Britannus expavit. 29, 1 : vobis, sacr. imp., . . hoc dei summi lege
praecipitur ut severitas vestra idololatriae facinus omnifariam perseqnatur.
29, 3: deus . . numquam vobis laborantibus denegavit auxilium: strati sunt
adversantium* cunei, . . missi sunt superbi sub iugum populi et persica vota
conlapsa sunt. Letzteres kann sich darauf beziehen dass J. 346 Sapor die
Belagerung von Nisibis aufgab (notgsnad'iasv i^fiigag sß&oujjnovta oxtcd
%al naXiv otiaxvvd'slg dvsxfogrjasv, Theophanes) und konnte jedenfalls nach
den Misserfolgen welche Constantius J. 348 gegen Sapor hatte nicht mehr
gesagt werden. Auch wurde Constans im Januar 350 erschlagen. Die
Abfassung wird daher .346 oder 347 fallen. Der Verfasser zeigt (c. 7) ge-
nauere Kenntniss der Umgegend von Henna in Sicihen und mag daher
(wie der Heide) von dort gebürtig sein oder dort seinen Aufenthalt gehabt
haben.
8. Die Argumentation ist die bei den christlichen Apologeten ge-
wöhnliche; nur geht der Verf. auch auf die religiösen Vorstellungen und
Gebräuche des Orients (Aegypter, Phryger, Assjqrer, Perser) näher ein.
Auch wendet er in ausgedehnterem Masse als seine Vorgänger Bibelstellen
(bes. aus A. T.) an. Dieselben sind angeführt nach einer lateinischen üeber-
setzung welche im zweiten Jahrh. in Airica gemacht zu sein scheint und
stimmen überein mit den Anführungen bei Cyprian und Primasius (saec.
VI); Bursian p. IX— XI. Doch verräth Firm, auch Kenntniss des Griechi-
schen. Z. B. 13, 4: Porphyrius (s. A. 9) . . in libris quos appeUat n$Ql tijg
i% Xoyifov (piXoaotpCag. Die quinque Minervae (16, 1) scheint er aus Cic.
de deor. nat. zu haben. Die Darstellung ist pathetisch, voll Ausrufungen
und rhetorischer Fragen, c. 8 führt er den Sol redend ein (ethopoeiaco
848 I^io Eaiserzeit. Viertes Jahrhundert.
sermone 8, 4). Die Sprache zeigt Plebejismen im Gebraache von saus statt
eias, in der consecutio temporum und der Anwendung von quod nach ne-
Bcientes, persuadetur; s. Halm p. 135—137. Vgl. Nipperdey 's Caesar (1847]
p. 27.
9. In sprachlicher Hinsicht zwar stimmt die christliche Schrift mit
der heidnischen manchfach überein (Bursiau p. VIT); aber diess erklärt
sich durch die Annahme dass beide Verfasser in ihrer Jugend die gleiche
Schule genossen (Bursian p. IX). Denn in allem üebrigen ist Beider Stand-
punkt diametral verschieden. Der Heide ist eine friedliche, milde, fata-
listisch resignierte Natur, der Christ fanatisch aggressiv; den Tempelraub
missbilligt der Heide (UI, 8. p. 70. 13. p. 77), der Christ hetzt dazu aa£
Von dem Neuplatoniker Porphyrius sagt der Heide (VII. praef. p. 193):
apud Pythagoreos noster Porphyrius religiosa epulantem animum nostrum
silentio consecravit (ib.); der Christ nennt ihn (13, 4) hostis dei, veritatis
inimicu^, sceleratarum artium magister. Solche Gegensätze, die selbst Dach
einander in demselben Individuum undenkbar sind, müssten nach den Zeii-
verhSJtnissen beider Schriften sogar gleichzeitig beisanmien gewesen sm.
Andrerseits macht die Gleichheit beider Namen wahrscheinlich dass die
Verfasser Brüder oder Vettern waren. Bursian p. IX.
10. Die Hauptausgaben der christlichen Schrift s. oben A. 6. Sonst
wurde sie öfters mit Minucius Felix oder Cyprianus oder Amobiiis zusam-
men veröffentlicht; abgesondert auch Hamburg 1603 durch Jo. a Wower.
Edidit Fr. Munter, Kopenhagen 1826. XXX u. 122 pp. Fr. Oehler, Lipa.
1847. Ausserdem z. B. in Gallandi bibl. patr. V. p. 23 ff., in Migue's cun.
patrol. XII (Paris 1845) p. 971—1050 (Abdruck von Münter's Ausg.).
Jo. Mi. Hertz, de luL Firm. Mat. eiusque inprimis de err. prof. rel.
libello, Kopenhagen 1817. J. Burckhardt, Constantin S. 222. 263 (Anm.). 406.
383. Für Philosophie ist Athen die hohe Schule, und
sie wird dort in der theosophischen und theurgischen Weise der
Neuplatoniker betrieben, welche ein Gegengewicht gegen das
Christenthum bilden sollte. Auch nach Rom erstreckt sich diese
Richtung; hier aber herrscht daneben nüchterner aristotelischer
Schulschematismus und Eklekticismus im Stile von Varro und
Cicero.
1. Ueber den Neuplatonismus der Zeit vgl. Burckhardt, Constantb
S. 248 f. 254 £P. Vertreter desselben unter Constantin sind Porphyrie.
Jamblichus und dessen Schüler Sopater, der von Constantin zuerst begün-
stigt, später (nach 330) hingerichtet wurde (Burckhardt a. a. O. S. 404 f.}.
Nikagoras aus Athen (Cörp. inscr. gr. 4470). Aus JuUan's Zeit Maxunss
Proairesius u. A. Mamertin. grat. act. luliano 23, 4: tu philosophiam, paalo
ante suspectam ac nedum spoliatam honoribus sed accusatam ac ream,
non modo iudicio liberasti sed amictam purpura . . in regali solio cdlo-
casti. Victor epit. 43, 5: iuverat philosophos et Oraecorum sapientissimoe.
2. Hieronym. chron. a. 2347 =: 333 n. Chr.: Metrodorus philosophu
agnoscitur. Er war ÜSQOoysvijg (Cedren.). Ammian. XXV, 4, 23 (Conitan'
tius . . Metrodori mendacüs avidius adquiescit). Sokr. hist. ecdL I^ Id.
383 f. Philosophie. Marios Yictorinus. 849
3. Für die römische Literatur vertritt den Neuplatonismus Finuicos
(oben 382, 1—6). Er spricht von Porphyrius noster (s. 382, 9) und hat I,
3 (p. 9) eine Lobrede auf Plotinus (quas ille philosophiae non attigit par-
tes etc.). Andere Schriftsteller über Astrologie bei Sidon. Ap. c. 22 praef.:
lulianum Vertacum, Fullonium Satuminum, in libris matheseos peritissimos
conditores; vgl. ib. ep. YIII, 11. Angustin. contra acad. III, 18, 41: os Pia-
tonis . . emicuit maxime in Plotino, qui platonicus philosophus ita eins si-
milis iudicatus est . . ut in hoc ille revixisse putandus sit. 19, 42: itaque
nunc philosophos non fere videmus nisi aut cynicos aut peripateticos aut
platonioos.
4. Donat. zu Ter. £un. IV, 5, 4 (hoc multum academicos iuvat etc.).
Augustin. Epist. I, 1: academicos ego ne inter iocandum quidem umquam
lacessere anderem. Contra acad. II, 23: inter quos (die academici) et me
. . nihil distat nisi quod Ulis probabile visum est non posse inveniri ve-
ritatem, mihi autem inveniri posse probabile est nam ignoratio veri est
. . utrisque communis.
5. Auguskin. confess. Vni, 3 (s. 384, 2) vgl. VII, 9 (13): quosdam
Platonicorum libros ex graeca lingua in latinam versos. Gemeint sind die
des Rhetors Marius Victorinus (unten 384). Cassiod. expos. in Psalm. II. p.
28: si quis . . de modis syllogismorum . . plenissime nosse deaiderat Ari-
stotelem in Graecis, Victorinum autem Marium lectitet in Latinis.
384. Vielseitig gebildet und thätig wax gegen die Mitte
des Jahrh. der Grammatiker und Rhetor C. Marius Victori-
nus, Verfasser philosophischer und rhetorischer Schriften und
einer Metrik in vier Büchern welche auf uns gekommen ist.
In seinen späteren Lebensjahren zum Christenthum übergetreten
schrieb Vict. nunmehr auch Commentare zu paulinischen Brie-
fen und verfocht die orthodoxe Lehre gegen Arianer und Ma-
nichäer. Auch Gedichte biblischen Inhaltes tragen den Namen
des^ Victorinus. Die Berechtigung denselben auf Marius Victo-
rinus zu beziehen ist aber ebenso zweifelhaft wie bei einer An-
zahl grammatischer, metrischer und rhetorischer Schriften.
1. Hieronym. vir. iUustr. 101: Victorinus natione Afer Bomae sub
Constantio principe rhetoricam docuit et in extrema senectute Christi se
tradens fidei (s. Augustin. confess. VIII, 2) scripsit adversus Arium libros
more dialectico valde obacuros, qui nisi ab eruditis non intelleguntur, et
commentarios in apostolum. Praef. comm. in epist. ad Galat.: non quia
ignorem C. Marium Victorinum, qui Romae me puero rhetoricam docuit,
edidisse commentarios in apostolum, sed quod occupatus Ole eruditione
saeculariura litterarum omnino sanctas ignoraverit. Chron. ad a. 2370
(Freh. ad a. 2371) c=i 356 u. Chr.: Victorinus rhetor et Donatns gramma-
ticusy praeceptor mens, Bomae insigues habentur. e quibus Victorinus
etiam statuam in foro Traiani meruit (vgl. A. 2). Cassiod. de inst, div.:
Victorinus ex rhetore episcopus. Von ihm verschieden und älter ist aber
Teuf fei, rom. Literaturg-eschichte. 54
g50 I^ie Eaiserzeit. Viertes Jahrhundert
der VictorinuB Petavioneusis episcopos dessen Commentare zu alttestament-
lichen Schriften Hieronym. vir. ill. 74 aufzählt und welcher ad extremam
martyrio coronatus est (ib.).
2. Augustin. confess. VIII, 2 (3): legisse me quosdam libros Platoni-
corum quOB Victorinus quondam rhetor urbis Komae, quem christianum
defunctum esse audieram, in latinam linguam transtalisset. . . ille doctis-
simus senez et omnium liberalium doctrinarum peritissimus quique philo-
sophorum tarn multa legerat et düudicaverat, doctor tot nobilium sena-
torum, qui etiam ob iusigne praeclari magisterii . . statuam in rem. foro
meruerat et acceperat. Isidor. Orig. II, 25, 1: nunc Isagogas Porphyrii
(Einleitung in die Kategorien des Aristoteles) expediamus. ib. 9 : Isagogas
autem ex graeco in latinum transtulit Victorinus orator, commentumque
eins quinque libris Boetius edidit, der dabei den Vict. orator sui temporis
ferme doctissimus nennt. Victorini (commentarü) in dialogos (Cic^ronis)
erwähnt Hieronym. apol. c. Eafin. I, 16. Cassiod. de dialect. p. 539 b
(= Isid. Or. II, 28, 25) : librum Marii Victorini qui inscribitur de syllogis-
mis hypotheticis. Daraus Isid. Or. II, 29 (de divisione definitionum ex
Marii Victorini libro abbreviata). F. Osann, Beiträge IL S. 373 — 377.
3. Die den Namen des Victorinus tragende Ars grammatica de or-
thographia et de metrica ratione behandelt in ihren vier Büchern in Wahr-
heit nur die Metrik. Die erste Hälfte (B. I u. II, sowie III, 2 und 3] ist
eine vollständige Metrik nach dem Systeme des Hephästion, die zweite
(III, 1. 4 ff", bis Ende) eine Theorie der Metra nach der von Varro and
Caesius Bassus befolgten Lehre der metra derivata. Die erste Hälfte ist
parallel den Darstellungen des Pseudoatilius und des Diomedes (Westpbal,
allg. Metrik S. 147 f.), die zweite Hälfte stimmt mit Terentianus zusamm^i
(Westphal S. 127—129). Quelle ist wohl hauptsächlich Juba. WestphaL
S. 43 f. 135 f. 143. Herausgegeben ist diese Metrik erstmals durch J. Ca-
merarius (Tübingen 1537. 4), dann in der Sammlung von Putsche p. 2450 fit,
am besten in Gaisfords Scriptores rei metr. lat. zu Anfang. Th. Bergk,
Philologus XVL S. 639—647, erklärte (wegen der Subscription : AeliiPesti
Aphthonii v. p. de metris Omnibus explicit Über IV feliciter) für den eigent-
lichen Verfasser einen Aphthonius, welcher mit Asmonius (oben 381, 6)
identisch sei, während von Marius Victorinus nur die uns vorliegende ab-
gekürzte Bearbeitung herrühre. W. Schady, de Mari Vict. I, 4 (de orthogr.)
P. I, Bonn 1869. 49 pp.
4. Drei triviale und. in verdorbener Gestalt erhaltene Schriften gram-
matischen und metrischen Inhaltes, betitelt De re grammatica, De carmine
heroico. De ratione metrorum, abgedruckt bei Putsche p. 1937—1974, bei
Lindemann p. 271—304, wollte Lersch (Ztschr. f. d. Alt Wiss. 1840, S. 109
vgL Class. Mus. IX. 1845. p. 284—290) und Gräfenhan (Gesch. d. class.
Philol. IV. S. 91 — 93) gleichfalls dem Rhetor Victorinus zuschreiben,
F. Osann (Beiträge H. S. 364 ff.) wenigstens die beiden letztem. Dag^a
8. H. Wentzel, Symb. critt. (Bresl. 1858) p. 55—63. Die erste (res gramm.),
welche in üblicher Weise die acht Redetheile behandelt (Osann S. 355—358.
Gräfenhan S. 106), ist hauptsächh'ch dem Cominianus entnommen und theilt
mit der zweiten (carm. her., vgl. Osann S. 358—361) die Vorliebe f5r
quippe und quoties. Da letztere aus der Mitte des vierten Jahrh. sUmmt
384, MariuB Victorinus. 851
(ygl. p. 1957 P.: nostra quoque memoria Lactantioa etc.)» bo wohl auch
die erstere. Der Verfasser der dritten (rat. metr.) gebraucht gern die
Wendungen si poeta voluerit, quod dico exemplum est huiusmodi, quidquid,
vides (oder vide). Vgl. über die Schrift Osann a. a. 0. S. 362—364. Uebri-
gens scheint keine der drei Schriften in den Hdss. dem Marius Victorinus
beigelegt zu werden, sondern kurzweg dem Victorinus, die dritte Schrift
einem Maximinus Victorinus (Osann S. 353 f.). Im cod. Bern. saec. IX aber
hat die erste (res gramm.) katechetische Form und die üeberschrift Incipit
Audacis de Scauri et Paladii libris excerpta per interrogationemet respon-
sionem (Wentzel p. 62 f. not.). Als Erotemata grammatica ist letztere ver-
öffentlicht von Eichenfeld und Endlicher, Anal. Vindob. p. 199 ff. Die ib.
p. 453 ff. unter dem Titel Maximus Victorinus de finalibus metrorum ver-
öffentlichte Schrift gehört vielmehr dem Servius; s. Osann, Beiträge IL S.
377—380. H. Keil, gramm. latt. IV. p. XLIH— XLV.
5. Der breite und wenig Vernünftiges enthaltende Commentar zu
Ciceros rhetorica (oben 169, 1) welcher auf uns gekommen ist gehört aller-
dings wohl einem Victorinus, da in diesem Namen alle Hdss. übereinstimmen,
nicht aber unserem Rhetor Marius Victorinus. Vielmehr heisst der Verf.
im cod. Vaticanus (im Darmstad. saec. VII fehlt das erste Blatt) Q. Lau-
rentius Fabius Victorinus Marius, im Frising. (saec. X) Victorinus kurzweg,
und erst im Bamberg, (saec. XI) Marius Fabius Victorinus. Abgedruckt
ist dieser Commentar in den Sammelwerken der Rhetores latini, zuletzt in
Orelli's Ausgabe des Cicero, Vol. V, 1. p. 1 — 180, und in Halms Rhetores
lat. min. p. 153 — 304. Vgl. Halm p. VIII f.-Qräfenhan, Gesch. d. class.
Philol. IV. S. 304. C. L. Kayser, Mar. Vict. und Cic de inv., Philologus
VI. S. 706-718.
6. Die christlichen Schriften des M. V. s. Anm. 1. Die biblisch-exe-
getischen scheinen nicht erhalten, mit Ausnahme der Schrift De verbis
scripturae: factum est vespere et mane dies unus. Wohl aber besitzen
wir von ihm De trinitate contra Arium libri IV und De oyLOovaCtp recipiendo.
Femer tragen seinen Namen die Schriften De generatione verbi divini
opusculum (= Confutatorium Candidi Ariani) und Ad lustinum Manichaeum
contra duo principia Manichaeorum et de vera came Christi. In der Bibl.
patr. max. (Lugd. 1677) Tom. IV, in Gallandi Bibl. patr. Tom. VIII und
Migne^B Patrol. VIII finden sich diese Schriften beisammen.
7. Die christlichen Gedichte von einem beliebigen Victorinus sind
a) De fratribus VII Maccabaeis interfectis ab Antiocho Epiphane, gegen
400 Hexameter; b) drei Hymnen de trinitate; c) hymnus de pascha domini
8. de ligno vitae = cruce, 70 Hexameter; d) De Jesu Christo deo et do-
mino, 137 Hexameter. Vgl. G. Fabricius, poetae Christ, und A. Rivinus,
sanctae reliquiae Victorinorum, Gotha 1652.
8. Sub Constantino et eius filiis setzt Hieronymus de viris ill. fol-
gende christliche Schriftsteller (meist in griechischer Sprache) an: Eusta-
thius (85), Marcellus (86), Athanasius (87), Antonius monachus (88); sub
Constantio principe aber Basilius (89), Theodorus (90), Eusebius aus Emesa
(91), Triphyllius (92), Donatus der Häretiker (93), Asterius (94), Lucifer (un-
ten 392, 4),*Eusebia8 Sardus (96), Fortunatianus (97), Acacius (98), Sera-
pion (99) und Hilarius (unten 392, 1—3).
54*
852 ^i^ Kaiserzeit. Viertes Jahrhundert.
385. Um die Mitte des Jahrhunderts lehrte zu Rom der
Grammatiker und Rhetor Aelius Donatus, von dem wir noch
zweierlei besitzen: eine Grammatik (Ars) welche wesentlich aus
denselben Quellen geschöpft ist wie die von Charisius und Dio-
medes, sowie feinen werthvollen Commentar zu Terenz, der aber
nicht in seiner ursprünglichen Gestalt auf uns gekommen ist
Auch hatte Donatus den Vergil (Georgica und Aeneis) commen-
tiert, wovon zahlreiche Anführungen bei Servius erhalten sind.
1. Hieronym. chron. ad a. 356 n. Chr. b. 384, 1. Comm. in Eccles.
c. 1 (T. III. p. 390 ValL): praeceptor meus Donatus. Apol. adv. Bufin. I,
16 (T. II. p. 472): (puer legeris) in Terentii comoedias praeceptons mei
Donati (commentarios), aeque in Vergilium et aliorum in sÜob. Der Com-
mentar zu Terenz hat in den codd. die üeberschrift: Aelii Donati t. c
oratoris urbis Romae. Alle weiteren Angaben über sein Leben sind mit-
telalterliche Erfindungen. Vgl. H. Keil gramm. lY. p. XL.
2. Die Ars Donati grammatici urbis Bomae ist in einer doppelten
Bearbeitung erhalten, einer kürzeren (Ars minor), welche nur die acht
Bedetheile behandelt (bei Keil IV. p. 355—366), und einer ausführlicheren in
drei Büchern (bei Putsche p. 1735—1779, bei Keil IV. p. 367—402). üeber
die Handschriften derselben s. Keil IV. p. XXXI— XL. Die üebereinstim-
mung mit Charisius und besonders Diomedes erklärt sich aus der Benützung
derselben Quellen. In der Begel hat Diomedes die reichhaltigere Dar-
stellung (Keil p. XL f.). Bei den Späteren wurde die des Donatus beTor-
zugt und commentiert wie epitomiert. So Servii commentarius in artem
Donati (Keil FV. p. 406—448), des angeblichen Servius oder Sergius zwei
Bücher explanationum in artem Donati (Keil IV. p. 486 — 565); des Pom-
pejus commentum artis Donati (Keil V. p. 95—312), des Bischofs Julianns
commentarius in Donatum (Excerpta daraus bei Keil V. p. 317 — 328). Grä-
fenhan, Gesch. d. class. Philol. IV. S. 107—109.
3. Ps. Serg. explan, bei Keil IV. p. 486: hie Donatus v(ir) c(lari8si-
mus) d(octissimus?) Vergiliänum Carmen et Terentii comoedias mirifice
commentavit. Der Commentar zu Terenz ist nur zum Hautontim. nicht
mehr vorhanden. Das Erhaltene ist aber eine bunte Compilation aus zwei
bis drei Commentaren , wovon einer der des Donatus war, ein zweiter der
des Euanthius (oben 381, 7). Die Bemerkungen rhetorischen und philoso-
phischen Inhalts fallen wahrscheinlich in Donaths Antheil. Useuer , Bhein.
Mus. XXm. S. 493 — 495. Von der Abhandlung De tragoedia et comoedia
ist die zweite Hälfte (beginnend: Comoedia est fabula diversa etc.) wahr-
scheinlich von Donatus (s. oben 12, 2) ; sicher die gehaltreiche vita Terentii
welche Donat aus Sueton herübergenommen und nur mit einem kurzen
Nachwort begleitet hat. Vgl oben 97, 1. 98, 3. Gräfenhan, Gesch. d. class.
Philol. rV. S. 313 — 315. Die Haupthandschrift; ist ein Parisinns saec. XI;
die andern alle (saec. XV) stammen aus der gleichen Quelle, wahrschein-*
lieh dem codex welchen J. Aurispa J. 1433 in Mainz auffand; H. Keil, lo.
Aurispae epistula (Halle 1870. 4.) p. VHI f.
4. Der von Servius und Prisdan (XV, 2. p. 61 Htz.: Donatus in com-
mento Aeneidos: vgl. XVIII, 126. p. 266) erwähnte Vergilcommentar des
386 f. DonatuB. Palladius. g53
DonatoB ist nicht erhalten. Nach den Anfiihrungen scheint es dass D.
darin functas est et emeudando et distingnendo et ezplicando et quaestio-
nibos solyendis oronibas fere interpretis officüs, tarnen ut quae restant vi-
tuperatione multo saepias quam laude digna videantur, Ribbeck Prolegg.
in Verg. p. 178, mit der näheren Begründung p. 178—186. Ueber Ti.
Claudius Donatus, dessen Interpretationes zur Aeneis erhalten sind, s. un-
ten 404, 6 £f. M. D. A. 7. d. Hoeven, £p. ad Suringarium de Donati comm.
in Verg. Aen., Leovard 1846.
386. In diesen Jahrzehnten war es wohl dass Palladius
seine 14 Bücher über Landwirtschaft verfasste, ohne Anspruch
auf Gelehrsamkeit in kurzem Abriss die Lehren der Vorgänger
und der Erfahrung zusammenstellend. Den Haupttheil bildet
(B. n — XTTT) die Aufzählung der ländlichen Geschäfte, nach
Monaten geordnet. Buch XIV, das von der Baumzucht handelt,
ist einem Pasiphilus gewidmet und besteht aus 85 elegischen
Distichen.
1. Aufschrift: Palladii Rutilii Tauri Aemiliani, viri ill., de re rustica
liber I etc. Dem vierten Jahrh. gehört PalL jedenfalls an; fraglich ist nur
welchem Theile desselben. Die Person des Pasiphilus entscheidet wenig,
da es zweifelhaft bleibt welcher der verschiedenen Männer dieses Na-
mens darunter zu verstehen ist, ob der praef. urbi des J. 365 (Gruter j).
1080, 1. Borghesi, Memor. der Turiner Akad. XXXVIII. 1835 = Oeuvres
III. p. 463 ff.) oder der Philosoph der dem Eutropius J. 371 das Leben
rettete (Ammian. XXIX, 1, 36) oder der im Cod. Theod. II, 1, 8 (J. 395)
genannte. Nicht wahrscheinlich ist daher dass der bei Rutil. Nam. It.
207 ff. gerühmte Palladius, Sohn des Exuperanüus, ein facundus iuvenis
aus Gallien der mit Rutil. Nam. verwandt war, unser Schriftsteller ist. Da
dieser den verschwommenen Monotheismus des vierten Jahrh. theilt (I, 1:
si divina faverint; XIV, 21 : ipse poli rector etc.), daneben aber unbefangen
den Ap(511o, Bacchus, die Nymphen und andere Gestalten des alten Glau-
bens nennt, so möchten wir ihn am ehesten als Zeitgenossen des Astro-
logen Firmicus Matemus betrachten und als Adressaten von B. XIV (s. A. 2)
den praef. urbi 355. Der Name Palladius ist saec. IV u.y häufig an höheren
Beamten; s. Hänel index leg. p. 123. Borghesi's Taurus führt irre. Die
Bezeichnung der Capitel durch tituli wurde durch den cod. Theod. schwer-
lich aufgebracht, vielmehr angenommen.
2. B. I gibt im Ueberblick quae pertinent ad generale praeceptum
(I, 43, 4). Auf Stil wird verzichtet: neque enim formator agricolae debet
artibus et eloquentia rhetores aemulari, quod a plerisque factum est (1, 1,
1). Die Quellen werden selten genannt, am häufigsten Columella, dann
Gargilius Martialis, Mago, einm^ auch Apuleius. Pallad. ni, 30 := Geo-
pon. y, 38 (Sotion). Gewöhnlich beruft sich P. unbestimmt auf Graeci.
Eigene Erfahrung; vgl. IV, 10, 16: quod ego in Sardinia (et in) territorio
Neapolitano in fundis meis comperi. ib. 24: ego . . in Italia . . plantas
grandes ficorum . . disposui. Viel Aberglauben läuft mit unter. Meist
kurze Sätzchen. B. XIV (ad Pasiphilum, virum doctissimum) ist eine Nach-
354 ^^6 Eaiserzeit. Viertes Jahrhundert
ahmung von Colum. X, aber eine unglückliche. Schon die Wahl des ele-
gischen Versmasses ist unpassend. Der Ausführung fühlt sich die Mühe
an welche sie gekostet. Die Anlage ist eintönig, der Ausdruck ohne Leich-
tigkeit, voll von unzeitigem Pathos. Versbau correct.
3. Cassiod. div. lectt. 28: Aemilianus explanatos duodecim (er denkt
wohl nur an den Wirtschaftskalender) libros de hortis vel pecoribus alüs-
que rebus planissima lucidatione disseruit. Im Mittelalter war Pall. wegen
seiner unmittelbar praktischen Anordnung und Dürftigkeit viel benützt.
4. Text in den Scriptores rei rusticae, s. oben 44, 2. Sonderausgabe
Paris 1536. 4. Buch XIV (de insitionibus) auch bei Wemsdorf, poetae latt.
min. VI. p. 135—169 vgl. p. 15—21.
5. üeber Pall. s. bes. E. H. F. Meyer, Gesch. der Botanik, n (1855)
S. 328—333.
387. Dem vierten Jahrhundert gehören die verschiedenen
Reisebücher (Itineraria) an welche auf uns gekommen sind.
Aus dem Anfange desselben stammen wohl die beiden sogenann-
ten Itineraria Antonini, Verzeichnisse von Reiserouten im
römischen Reiche, zu Land und zur See. Aus dem J. 333 ist
die Uebersicht einer Pilgerfahrt von Burdigala nach Jerusalem
(Itinerarium Burdigalense oder Hierosolymitanum). Für den
Peldzug des Constantius gegen Persien (also J. 340 — 345) verfasst
und jenem Kaiser gewidmet ist das Itinerarium Alexandri,
ein Abriss des persischen Zugs von Alexander dem Grossen.
Von den beiden vorhandenen Verzeichnissen der Regionen der
Stadt Rom stammt das eine wahrscheinlich aus dem J. 334; das
andere ist nach dem J. 357 redigiert.
1. Vetera Romanorum itineraria (Antonini, Hierosol. und Hierodis
Synecdemus) com notis varr. ed. P. Wesseling, Amsterdam 1735. 4*. Fortia
d^ürban, Becaeil des itinöraires anciens, avec dix cartes, Paris 1845. 4.
2. Itinerarium provinciarum Antonini Aug. (p. 1—234 Parthey) und
Imp. Antonini Aug. itinerarium maritimum (p. 235—259 P.). Die Grund-
lage ist nach Parthey (Itinerarium Antonini et Hierosol. ex libris mss. edd.
G. Parthey et M. Pinder; accedunt duo tabulae, Berlin 1848) p. VI aus
der Zeit des Garacalla; dazu kamen aber fortwährend Zusätze. Die er-
haltene Recension der bessern Hdss. Diodetiani aetate neque vetustior est
neque recentior (ib.), da sie einerseits den Namen Diocletianopolis enthält,
andererseits die Angabe der Entfernungen noch nicht von Gonstantinopel
ausgeht, sondern meist von Rom (p. VII). Das Itinerar Antonins heransgeg.
von T. Tobler, St. Gallen 1863.
3. L. Renier, Itin. romains de la Ckkule, Paris 1850. M. Pinder, aber
das It. Burd. und die bisher unbenutzte Veroneser Hds. desselben (Monats-
ber. d. Berl. Akad. von 1860. S. 816). A. de Barth^ämy, It. de Bordeaux
k Jerusalem d'aprös un ms. de V^rone, Revue arch^L 1864. II. p. 98 — 112-
A. Bertrand, les voies roni. en Gaule, Paris 1863. Aur^s, concordance des
387. Itineraria. • 855
voies apollinaires (A. 6) et do ritindraire de Bordeaux ä Jdrusalem . . et coiu-
paraison . . avec Titin. d^Antonin et avec la table Th^odosienne, NismeB 1868.
4. Itinerarium Alexandri ad Constantiuin Aug. ed. nunc primum . .
Ang. Mai, Mediol. 1817. 4. (Frankf. a. M. 1818. 8.); auch in seinen Classici
auct. T. VII zu Anfang, und von C. Müller an F. Dübners Ausg. des Ar-
lianos (Paris 1846), nach Pseudo-Kallisthenes, p. 155—167. Letronne, Joum.
des savants 1818, p. 401 ff. F. Haase, Miscell. philol. II (Breslau 1858. 4.)
p. 20 ff. Anfang: dextrum admodum sciens et omini tibi et magisterio
futurorum, domine Constanti, bonis melior imperator , si orso feliciter iam
accinctoque persicam expeditionem itinerarium principum eodem opere
gloriosorum, Alexandri scilicet Magni Traianique, componerem, libens sane
et laboris cum amore succubui. Der Schluss (nach c. 120) und damit der
den Trajan betreffende Theil ist verloren. Geschöpft ist die Schrift vor-
zugsweise aus Arrian (C. Kluge, de itinerario Alexandri M., Berlin 1861,
p. 4 — 16) und Pseudo-Kallisthenes (ib. p. 20—31) in der Uebersetzung des
lulius Valerius (oben 370, 11). Ueber den Sprachgebrauch (Archaismen
u. dgl.) 8. Kluge p. 46—51. 54 f. (Gräcismen). Beiträge zur Textkritik bei
Kluge p. 56---64.
5. Im Bade VicareUo (Aquae Apollinares) sind drei Gefässe mit
Reiserouten gefunden worden. A. Jacob, les trois itin. des Aquae Ap.,
Paris 1859. Vgl. Revue archdol 1862, p. 254 ff.
6. W. A. Becker, Handb. d. röm. Alterthümer I. S. 709 ff. L. Preller,
die Regionen der Stadt Rom, berichtigt mit Einl. und Commentar, Jena
1846. Th. Mommsen, Abhandl. der Leipziger Ges. d. W. 1850. 4. S. 601
—605. Vgl. unten 388, 3 (XI).
7. Die Regionenverzeichnisse stammen wohl beide aus einer Urkunde
der Zeit Constantins welche eine Uebersicht der 14 Regionen (Stadtquar-
tiere) gab in welche August Rom eingetheilt hatte. Die ältere (aber stark
interpolierte) Receusion findet sich in den Hdss. der Notitia dignitatum
und wird daher meist Notitia (regiouum) genannt; die jüngere aber hat
den Titel Curiosum (urbis Romae regionum XIV cum breviarüs suis). Aus
den alten Quellen wurden dann von Italienern des 15^«° Jahrh. durch zahl-
reiche Interpolationen zwei neue Schriftsteller fabriciert und P. Victor und
Sex. Rufus benannt.
8. Aufzeichnungen eines ungenannten Mönchs aus dem Kloster Ein-
siedeln (Anonymus Einsiedlensis) über seinen Aufenthalt in Rom (saec. IX),
am besten herausgegeben von G. Hänel, in Jahns Archiv V. S. 115 ff.
9. Eine Compilation saec. Xn sind die sog. Mirabilia Romae, am
besten herausgegeben von G. Parthey (e codd. vaticanis emendata), Ber-
lin 1869.
2. Zweite Hälfte des Jahrhunderts«
a. Die Zeit vor Theodosius I.
388. Aus dem Anfange der zweiten Hälfte des Jahrh. be-
sitzen wir eine wichtige Geschichtsquelle an dem reichhaltigen
historischen Handbuch für die Stadt Rom aus dem J. 354, in
g56 ^i^ Eaiserzeit. Viertes Jahrhundert.
der Wiener Handschrift noch verbunden mit einer Chronik und
dem Regionenverzeichniss aus dem J. 334 und mit Fortsetzungen
bis ins J. 539 n. Chr.
1. Th. Mommsen, über den Chronographen vom J. 354; in den Ab*
handl. der aächa. Ges. d. Wiss. II (phüologisch-hist. Cl. I) vom J. 1860, 8.
549—668.
2. Die Beetandtheile des Handbuches sind in der Brüsseler Hds. und
der ersten Hälfte des Vindobonensis (s. A. 4) folgende:
I. Kalender, geschrieben zwischen 340 und 350 durch den Kalli-
graphen FuriuB Philocalus, überarbeitet zwischen 350 u. 361
(Mommsen S. 565—571); s. oben 64, 9.
III. Consularfasten (der sogen. Anonymus Norisianus, nach der Am-
gäbe des Norisius, Florent. 1689), das vollständigste und zuTer-
lässigste aller handschriftlich erhaltenen Consularverzeichni8se,yom
Anfange des Consulats bis J. 354 n. Chr. Mommsen S. 572. Ab-
druck S. 611—623.
IV. Ostertafel, fortgeführt bis ins J. 858, mit späteren schlechten Er-
gänzungen bis J. 410 f. Mommsen S. 572—580. Abdruck S. 624
— 626.
V. Verzeichniss der römischen Stadtpräfecten, vom J. 258 — 354. Eb<L
S. 580. Abdruck S. 627—630.
VI. Depositio episcoporum et martyrum, Verzeichniss der Begrabnisä-
und Gedächtniss-Tage der römischen Bischöfe und der Märtyrer
vom J. 255 (235) bis 335, abgefasst 336, ergänzt 352—369; Vor-
läufer des christlichen Kalenders. Das Martyrologium ist das
älteste bekannte und die Grundlage des den Namen des Hiero-
nymus tragenden. Ebd. S. 580 f. Abdruck S. 631—633.
VII. Verzeichniss der römischen Bischöfe bis auf Liberius (J. 352—369)
nach Consulatsjahren, angelegt um 230, vollendet unter Liberias;
die erste Hälfte (bis J. 230) ohne selbständigen Werth, die zweite
(J. 231—352) von offiziellem Charakter. Ebd. S. 582—585. Ab-
druck S. 634-637.
3. In der Wiener Handschrift kommen zu diesen im J. 854 zu Rom
verfassten Bestandtheilen :
IX. eine Weltchronik, an die Bibel sich anschliessend, eine jüngere
Bedaction des im liber generationis (bis J. 234) vorhandenen Tex-
tes, zweierlei üebersetzungen desselben griechischen Originals,
wahrscheinlich von Hippolytus aus Portus (oben 358, 3). Mo mm*
sen S. 585-598. Abdruck S. 637—643.
X. Stadtchronik, mit der Ueberschrift Origo gentis Romanorum, Ge-
sammtübersicht der röm. Geschichte bis auf Licinius, wobei die
älteste euhemeristisch behandelt und überall die städtischen Merk-
würdigkeiten hervorgehoben werden. Ebd. S. 598 — 601. Abdruck
S. 644—648.
XI. Regionenverzeichniss in der Recension der Notitia regionum; s.
oben 387, 6 f.
Zusätze aus späterer Zeit, mit dem üebrigen nicht zusammenhängend,
sind Annalen in doppelter Fassung, einer kürzeren und geiinghaliigereD
388 f. Chronograph des J. 354. Aurelius Victor. 857
dl), fortgeführt bis 539, und einer ausführlicheren (VIII) von Caesar bis
403 und wieder 455—496; Mommsen S. 585. 610. Abdruck S. 656—668.
4. Die Handschriften zerfallen in zwei Familien, den verschollenen
cod. Peirescianus saec. VIII oder IX und dessen Abschrift, den cod. Bru-
xellensis saec. XVI, andererseits Bemensis saec. VIII oder IX (nur wenige
Blätter), aus dem Originale wovon eine Abschrift ist der Vindobonensis,
der vollständigste von allen. Mommsen S. 550—561.
5. Herausgegeben von Mommsen a. a. 0. S. 611—668. Die früheren
Ausgaben einzelner Theile s. ebd. S. 561—564.
389. Die Geschichtschreibimg der Zeit hat nur kurze Abrisse
aufzuweisen, von Aurelius Victor, Eutropius und Sextus Rufus.
Von Sex. Aurelius Victor selbst verfasst ist wohl die kurze Eaiser-
geschichte (Caesares) bis gegen das Ende des Constantius. Da-
mit wurde (wohl im fünften Jahrh.) verbunden eine Uebersicht
der römischen Geschichte während der Königszeit und der Re-
publik in biographischer Form (de viris illustribus), von unbe-
kanntem Verfasser, aber aus der Zeit des Victor. Zur Vervoll-
ständigung hat frühestens der Veranstalter dieser Sammlung die
Urgeschichte Roms (origo gentis romanae) hinzugefügt welche
gleichfalls erhalten ist, geschichtlichen Werthes jedoch vollstän-
dig ermangelt. Aus jener Kaisergeschichte aber wurde ein Aus-
zug veranstaltet, unter Fortführung bis auf den Tod von Theo-
dosius I. Auch diese Epitome ist auf uns gekommen.
1. Hieronjm. Epist. 10, 3 (p. 24 Vall.): ne putes modica esse quae
deprecor: . . scilicet commentarios Fortunatiani et, propter notitiam per-
secutorum, Aurelii Victoris historiam. Es ist also die Kaisergeschichte die
er verlangt und deren Verfasser somit Victor. Ammian. XXI, 10, 6 (J. 361):
ubi (in Naissns] Victorem, apud Sirmium visum scriptorem historicum ez-
indeque venire praeceptum, Pannoniae secundae consularem praefecit (lu-
lianus) et honoravit aenea statua, virum sobrietatis gratia aemulandum,
multo post iirbi praefectum. Victor Caes. 20, 5; mihi . . qui rure ortus
tenuique et indocto patre in haec tempora vitam praestiti, studiis tantum
honestiorem. Das Schriftchen ist aus guten Quellen geschöpft, nimmt ge-
gen die Zeit des Verfassers hin an AusführHchkeit zu und schliesst mit dem
J. 360. Constantius heisst noster princeps 42, 5; vgl. 34, 7 und 41, 9. no-
stra aetate 28, 2; nostra memoria 39, 6. 40, 14. Der Verfasser ist Heide
(vgl. z. B. 40, 15. 41, 20) und hält viel 9Bf Prodigien. Die eingestreuten
Reflexionen, über den Werth der litterae und moralischen Inhalts (bes. 20,
2 ff. u. 13. 28, 7 ff. 39, 5 u. 7. 40, 13 f. 41, 21. 42, 2 ff.), verrathen keinen
"weiten geistigen Horizont. Die Ueberschrift nennt den Verf. Sex. Aurelius '
Victor, die der origo g. r. aber Victor Afer. Ein Aurelius Victor, XVvir
sacr. fac, leg. Augg. propr. prov. Pannoniae inf. Orelli 3715 (aus Ameria).
2. Das Schriftchen de viris illustribus urbis Romae reicht in 86 Capp.
von dem Albanerkönig Procas bis auf Cleopatra und behandelt auch Nicht-
358 ^^6 Kaiserzeit Viertes Jahrhundert.
römer welche in die römische Geschichte eingriffen (wie Pyrrhos und Han-
nibal). Benützt ist Cornelius Nepos, Sueton und Florus; Livius aber, wie
es scheint, nicht im Original. Es enthalt werthvoUe Angaben und unter-
scheidet sich in seiner knappen Darstellung vortheilhaft von der wort-
reichen des Victor (Caess.). Sonderausgaben von Brohm (für Schulen, Ber-
lin 1832) und E. Keil (mit Commentar, Breslau 1850).
3. Die Epitome hat die Ueberschrift: De vita et moribns imperatonun
romanorum exeerpta ex libris Sex. Aurelii Victoris, a Caesare Aug. usqae
ad Theodosium imp. Die Vergleichung mit den Caess. zeigt dass der Verf.
zu seiner Vorlage gelegentlich aus anderen Quellen oder der Erinnerimg
Zusätze gemacht hat. Ganz sein Eigenthum sind c. 43 — 48. Sie sind sach-
lich unparteiisch, formell aber kümmerlich.
4. Die origo gentis romanae ist ein insipides Büchlein welches in 23
Capp. von Saturnus bis ßomulus gelangt und Anfangs seine Weisheit aas
der Aeneis schöpft, dann aber mit allerlei falscher Gelehrsamkeit sich auf-
putzt, mit Citaten wie: ut docet Alexander Ephesius libro I belli Marsid
(9); ut scribunt Volcatius et Acilius Piso (10); ut scribit M. Octavius libro
I. at vero Domitius libro I docet (12); ut scribit Lutatius libro in (13); nt
docet Julius Caesar lib. I itemque A. Postumius in eo volumine quod de
adventu Aeneae conscripsit atque edidit (15); ut scribunt C. Caesar et Sex.
Gellius in origine g. rom. (16); ut scriptum est in annali pontificum lY,
lib. Cincii et Caesaris II, Tuberonis I (17); ut scriptum est annalium libro
IV et epitomarum Pisonis II; Aufidius sane in Epitomis et Domitius libro
I traduut (18); ut scribit Valerias Antias lib. I (19); at vero Fabius Pictor
lib. I et Vennonius (20) ; Licinius Macer lib. I docet » . contra Egnatius Hb.
I tradit (23). Solche Raritöten stellen das Machwerk dem Falgentius an
die Seite, und man würde es am liebsten dem XV Jahrh. zutheilen (Nie-
buhr, Orelli, W. A. Becker, HuUeman, ßotter, W. Harless), wenn nicht
ältere Hdss. es einem Schulmann des 5 — 6 Jahrh. zuzuweisen nöthigen
würden (Jo. Mähly, H. Jordan). Vgl. noch 1,6: quare (VergiL Aen. I,
243) addiderit tutus suo loco plenissime adnotavimus in commentatione
(prius) quam hoc scribere coepimus, cognita ex libro qui inscriptus est
De origine patavina. Mähly, de auctore libelli qui inscrib. de or. g. r.
Jahns Archiv XVIII. p. 132-153 vgl. XIX. p. 315 — 319. C. L. Roth ebd!
XIX. S. 314 f. Reiffenberg, Bull, de Tacad. de Bruxelles XI. Nr. 5. X. p.
468 ff. H. Rotter, de auctore libelli de or. g. r., Cottbus 1858. 4. H. Jor-
dan, Rhein. Mus. XVIII. S. 589 f., Caton. reliq. p. XXIX t und Hermes III.
S. 389—425.
5. Ausgaben der vier Schriftchen besonders von A. Schott (Antverp.
1579), S. Pitiscus (cum notis, Utrecht 1696), J. Amtzen (Amstelod. 1733. 4.),
J. F. Grüner (Coburg 1757), Fr. Schröter (Lips. 1829 — 31, 2 Voll). Aach
in histor. rom. scriptores minores, Bipont. 1789, und sonst
390. unter Valens verfasste Eutropius seinen Abriss der
ganzen römischen Geschichte (breviarium ab urbe condita) in
zehn Büchern, nach den geläufigen Quellen, mit gutem Urteil,
Geschick und Unparteilichkeit, und in einfacher Sprache. Seine
389 f. AureKus Victor. EutropiuB. 859
Kürze und Brauchbarkeit machte das Schriftchen bald beliebt
und verschafiFte ihm üebersetzer (ins Griechische) wie Fortsetzer
und Aufnahme in die historia miscella. Gleichzeitig mit der
Arbeit des Eutropius ist die ähnliche, aber viel dürftigere des
Bufus Festus, welche gleichfalls auf uns gekommen ist. Viel-
leicht ist aus derselben Zeit auch des lulius Obsequens Ver-
zeichniss der Prodigien in den Jahren 505 — 742 d. St., nach
einem Auszuge aus Livius.
1. Suid. 8. V. (I. p. 656 Bnh.]: EvtQOTttog, *Ixal6qy croq^icrrifg. rij»
Qtofia'inrjv taxogiav inixoinnmg tij 'itaXav tpcavi ^Q^'^^y *^^ alXa, Eutrop.
X, 16, 1: lulianoB . . Parthis intulit bellam, cui expeditioni ego quoque
interfai. Widmang Valenti maximo perpetuo Aug. : res rom. ex voluntate
manBaetudinis taae ab urbe condita ad nostram memoriam, quae in nego-
tiis vel bellicis Tel civilibus eminebani, per ordinem temporum brevi.nar-
ratione coUegi strictiin, additis etiam bis quae in pnncipum yita egregia
extiterunt. Das Werk scbliesst mit dem Tode Jovian's (J. 364): quia ad
inclitos principes venerandosque (die regierenden) perventom est interim
operi modum dabimus. nam reliqna stilo maiore dicenda sunt, quae nunc
non tarn praetermittimus quam ad maiorem scribendi diligentiam reser-
yamuB. Der Zeit nach könnte der Verf. gemeint sein bei Ammian. XXIX,
I, 36 (J. 371): Eutropius Asiam proconsulari tunc obtiuens potestate (vgl.
Gregor. Naz. Epist. 138) ut factionis consdus arcessitus in crimen abscessit
innocuus, Pasiphilo eximente philosopho. Liban. de vita I. p. 106 ß. Epist.
IV, 191. Greg. Naz. Ep. 137. Im Cod. Theod. (und lust.) wird (dieser)
Eutr. als praef. praet. in den Jahren 380, 381, 384—387 öfters erwähnt; s.
die Stellen bei Hänel, index legum p. 109. Er ist wohl auch der Eutr. (cui
pollet Minerva III, 47) an welchen Symmach. Ep. III, 46—53 gerichtet sind.
2. Suid. y. Capito: it^xatpQOLaiv xfig inixoiirjg Evxgoniov ^miia'iaxl
inixsiAovxog ACßiov xov 'Pto[i,aiov. Diess ist für die ältere Zeit im grossen
Ganzen richtig, obwohl Eutr. auch manche von Livius abweichende An-
gaben hat; 8. ü. Köhler, qua rat. Liv. ann. (1860) p. 38 f. Die Verstösse
des Eutr. (U. Köhler p. 40) sind dabei verhältnissmässig weder zahlreich
noch erheblich. Für die Kaisergeschichte sind Sueton, die Chronik von 354
(Mommsen, der Chronograph S. 601) und die scriptores h. a. benutzt. Ne-
ben den Thatsachen gibt Eutr. hier in der Regel auch eine kurze Charakte-
ristik, von deren Unparteilichkeit Proben sind die Urteile über Constantin
und Julian (X, 6 ff. 16).
3. Auf sonstige Schriften des E. deutet des Suidas x<xl äXXa. Spuren
derselben sind nicht erhalten, falls nicht etwa eine ist das Citat bei Pri-
scian I, 8 (p. 8, 19 H.): id etiam Eutropius confirmat, dicens (über x).
4. Benützung des breviarium durch Hieronymus, Orosius u. a. In
der historia miscella steht es an der Spitze; vgl. Muratori scriptores rer.
ital. (Mediol. 1723 fol.) T. I. Die Ausg. des Canisius erneuert (ed. novis-
sima) Cherii (München) 1855. XIII u. 556 pp. Beste Ausg. von Fr. Eyssen-
hardt, Berol. 1869.
5. Uebersetzung ins Griechische durch den Lykier Capito (Suid. s. v.
860 ^ie Kaiserzeit. Viertes Jahrhundert.
II. p. 66 Bnh.). Erhalten ist (his X, 12) die eines Paeanins vielleicht am
dem Ende von saec. Y. Sie ist umschreibend gehalten und auch von Mis8-
verständnissen nicht frei. Herausgegeben zuerst von F. Sylburg, hist. om.
Script, min. (Frankf. 1590) III. p. 62 fF. Dann in den Ausgaben des Eatr.
von Cellarius, Heame, Havercamp, Verheyk; eigens von C. F. Schmid (Lauen-
burg 1736), J. F. S. Kaltwasser (Gotha 1780). Weber, de lat. script. quae
Graeci transtulerunt II. p. 16 — 21. E. Schulze, de Paeanio Eutropii inter-
prete, Philologus XXIX. p. 285—299.
6. Unter den Handschriften des brev. ist besonders wichtig der
Gothanus saec. IX. Editio princeps Born 1471. 4. Sonstige Ausgaben
besonders von A. Schonhov (Basil. 1546. 1552), Ch. Cellarius (Zeiz 1678 o.
sonst), Th. Hearne (Oxon. 1703), S. Havercamp (Lugd. B. 1729), H. Verheyk
(Lugd. B. 1762. 1793), C. H. Tzschucke (Lips. 1796; kürzer Lips. 1804).
Schulausgaben mit deutschen Aum. von F. W. Grosse (Halle 1813), G.
Seebode (m. Wörterb., Hannover 1817. 1837), F. Hermann (Lübeck 1818),
C. Ramshorn (Leipzig 1837). Texte (Bibl. Teubner.) von Baumgarten- Cni*
sius und B. Dietsch (Lips. 1849. 1853). Wörterbuch zu E. von O. Eichert,
Breslau 1850.
7. Widmung: D. n. Valenti imp. pio perp. semper Aug. Sex. Ruf us
V. c. Brevem fieri dementia tua praecepit. parebo libens praeceptis, quippe
cui desit facultas latius eloquendi. . . res gestas signabo, non eloquar. ac-
cipe ergo quae breviter dicta brevius computentur. c. 2: ab urbe coni
in ortum perennitatis vestrae . . anni numerantur MCXVn. Schluss (c. 29):
quam magno deiuceps ore tua, o princeps invicte, facta incluta sunt per-
sonanda! quibus me, licet imparem dicendi nisu, et aevo gravior prae-
parabo, . . gloriosissime principum Valens Auguste. Titel: Breviarium re-
rum gestarum populi rom., oder Sex. Rufi v. c. rerum gestarum pop. rom.
epitome; Rufi Festi v. c. rer. gest. pop. rom. Über u. dgl. üeber den fi-
schen Sex. Rufus 8. oben 387, 7.
8. Handschriften des Rufus Festus sind häufig. Ausgaben (nach der
princeps, wahrsch. Neapol. 1470. 4.) von Chr. Cellarius (Zeiz 1673. Hai. 1698),
an den Ausgaben des Eutrop. von Havercamp und Verhejk; ferner von
C. H. Tzschucke (in us. schol., Lips. 1793), C. Münnich (recogn., Hannover
1815), R. Mecenate (ad mss. emend., Rom 1829).
9. Von lulii Obsequentis ab a. u, c. DV prodigiorum über gibt
es keine Handschrift, sondern nur die editio princeps des Aldus, Venet.
1508 (mit Plinius d. J.). Spätere Ausgaben bes. von J. Scheffer (Amste*
lod. 1679), Fr. Oudendorp (Lugd. Bat. 1720; vgl. Acta phil. Mon^. IL p.
291 ff.), J. Kapp (Hof 1772) und bes. rec. et emend. O. lahn (Lips. 185S,
an den periochae des Livius, p. 109 ff. vgl. p. XIII ff.). Das Schriftchen
ist lediglich aus Livius geschöpft, und auch aus diesem nicht unmittelbar,
sondern aus einem Abriss wo die Consulnamen im Ablativ vorang^tellt
waren, wahrscheinlich dem gleichen welchen Cassiodor benützt hat (Momm-
sen, Cassiod. S. 552). Durch diese Beschränktheit des gelehrten HorizontE,
wie andererseits das heidnisch-superstitiöse Interesse für die Prodigien, be-
stimmt sich ungefähr die Abfassungszeit.
390 f. EatropiuB. Obsequens. Minervius n. a. Rhetoreu. ggl
391. Die Kunst der Rede hat in dieser Zeit zahlreiche
Vertreter, besonders in Gallien, wie Gennadius, Minervius, Al-
kimus, Delphidius, Arborius und bald auch Ausonius; daneben
in griechischer Sprache die Sophisten Himerios, Libanios u. a.
Die einzige Rede in lateinischer Sprache die wir besitzen ist
des Claudius Mamertinus Danksagung für das durch Julian
ihm verliehene Consulat, gehalten am ersten Jannar 362 zu Con-
stantinopel. Sie gibt in ihrer Weise ein treues Bild von Julians
Persönlichkeit und Regententhätigkeit.
1. Hieron. cbron. a. 2369 £=> 355: Gennadius forensis orator Komae
inugniB habetur.
2. Hieron. chron. a. 2369 = 355: Minervius Burdigaleusis rhetor
JKomae florentissime docet. Dieser Ti. Victor Minervius lehrte zuerst zu
Constantinopel, dann zu Rom, zuletzt in seiner Heimat Burdigala; s. Auson.
prof. Burd. 1. Seine Söhne Alethius Minervius (ib. 6. Symmach. Epist IV,
18. 35 — 49, bes. 35: crevisti . . paternae in me familiaritatis successionem)
und Protadius (Symm. Ep. IV, 17—34; vgl. ib. 36 mit 18) waren gleichfalls
Rhetoren und gelangten zu äusserer Stellung. Vgl. Claudian. LXXIV (epigr.
24). Des Erstem Sohn biesa gleichfalls Protadius (Symm. Ep. IV, 47). Ein
dritter Bruder war Florentinus (ib. IV, 50 — 57), welcher unter Honorius
Quaestor war und das Geschäft condendarum sanctionum hatte (ib. IV, 50).
Dessen Sohn hiess wiederum Minervius ^ib. 55), und vielleicht dessen Bru-
der war Nexhesius (ib. 56).
3. Hieron. chron. a. 2371 = 357: Alchimus et Delfidius rhetores in
Aquitanica florentissime docent. üeber Delphidius vgl. oben 377, 8. La-
tinus Alcimus Alethius war nach Auson. prof. Burd. 2, 21 ff. Lehrer des
(Kaisers) Julian und des Sallustius; vgl. Sidon. Apoll. Epist. V, 10 (abun-
dantia Delphidii, Agroecii disciplina, fortitudo Alcimi). VIII, 11 (si a te in-
structio rhetorica poscatur, hi Paulinam, illi Alcimum nou requirunt).
Verse welche in den Hdss. dem Alcimus, Alcinous oder Avitus zugeschrie-
ben werden hat diesem Ale. (welchen Ausonius 1. 1. palmae forensis et Ca-
menarum decus nennt) zugetheilt Meyer, anthol. lat. 254 — 260. In einer
Berliner Hds. saec. IX finden sich als Libri Alchimi verzeichnet: In adu-
lescentem qui in publico patre cadente risit etc. und eine Controversia
fullonis vel (=> et) calvi; s. M. Haupt, Hermes III. p. 222 f.
4. Sulpic. Sev. chron. 11, 46, 2 f : huius (des Marcus, der den Gno-
sticismus aus Aegypten nach Spanien brachte) auditores fuere Agape quae-
dam . . et rhetor Helpidius (Elp.). ab bis Priscillianus est institutus, familia
nobilis, . . facundus, multa lectione eruditus, disserendi ac disputandi prom-
ptissimus. 47, 2 : damnati (J. 380) . . Helpidius et Priscillianus laici (auf
der Synode von Caesaraugusta). Vgl. 51, 3. Ein anderes Haupt der Secte
(Priscillianisten) war Latronianus, s. unten 396, 8.
5. Aemilius Magnus Arborius, mütterlicher Oheim , und Lehrer des
Ausonius (Auson. parent. 3), Bhetor zu Tolosa, in Spanien und Constan-
tinopel, wohin er berufen wurde nachdem er in Tolosa Constantini fratres
(seine Halbbrüder Dalmatius, Hanniballianus und Julius Constantius) exilii
362 ^^ Eaiserzeit. Viertes Jahrhundert.
specie sepositos keimen gelernt hatte und wo er auch starb (Auson. prof.
Burd. 16). Er ist daher vielleicht der comes Arborius im Cod. Theod. 1,
32, 4 (J. 379) und der praef. urb. Arb. ib. VI, 35, 9. XIV, 3, 16 (J. 380).
Vgl. Sidon. Ap. Epist. V, 10 (rigor Magni). Ein etwas redseliges, doch
correctes (ausser componendo) erotisches Gedicht von ihm, 46 Distichen in
nympham nimis cultam, bei Meyer anth. lat. 262.
6. lieber den Ulteren Synmiachus s. unten 399, 1.
7. Claudius Mamertinus (grat. act. 17, 5), von Jolianus in dem-
selben (21, 5. 22, 2) Jahre (361) zum praef. aerarii (1, 4. 22, 2; Comes lar-
gitionum, Ammian. XXI, 8, 1), praef. praet. per JUyricum et Itaüam (1, 5
vgl. Symmach. ep. X, 60. Ammian. XXI, 12, 25. XXVI, 5, 5) und Consnl
(vgl. Ammian. XXI, 10, 8. 12, 25. XXII, 3, 1) ernannt, dankt dem Kaiser
hiefür in dieser Rede (Nr. X in den Panegyrici von Jäger). Da unter die-
sem Fürsten der Servilismus weniger im Werthe war (21, 1. 26, 3) als die
Aufrichtigkeit (libertas, s. 32, 3), so begnügt sich der Redner die wirk-
lichen Eigenschaften desselben, seine Strenge gegen schlechte Beamte (i,
3 ff,), Sparsamkeit gegen sich neben Freigebigkeit gegen Andere (10), Ein-
fachheit (11), rastlose Thätigkeit (13 f.), Wahrheitsliebe (26), Ruhmesdurst
(31), rhetorisch auszustaffieren und durch den Gegensatz zu den früheren
Regierungen (11. 19 f. 25) zu heben. Auch unterlässt der Redner nicht
sich selbst gehörig ins Licht zu stellen. Er scheint übrigens Julians Ya:-
trauen so wenig entsprochen zu haben wie die meisten damit Beehrten;
s. Ammian. XXVII, 7, 1 (J. 368): vix dies intercessere paud cum Mamer-
tinum praefectum praet. ab urbe regressum . . Avitianus 6x vicaiio pecu-
latus detulerat reum. cui ideo Vulcatius successit Rufinus etc. Zur Zeit
der Rede ist Mam. schon in vorgerückterem Lebensalter (17, 2. 18, 5).
Spracheigen thümlichkeiten : participare consilium 1, 1. pati ut 2, 4. dent
recordari 19, 3. nedum (23, 4) und universi (9, 4) unrichtig gebraucht;
arcana vacuare (18, 1). et vere (20, 2. 26, 3). Poetische Wendung^ wie
lata camporum (10, 1 vgl. 12, 1. 3). Archaismen wie voltu satagente (2S,
3), adulare, autumo, sublimare u. dgL Abdruck der Rede in den panegj-
rici (oben 369, 1—3), sowie in Migne's patrolog. XVIII. p. 409 — 430.
8. Julianus selbst war der Rede mündlich und schriftlich in hohem
Grade mächtig; seine Schriften sind aber alle griechisch gesehrieben.
Eutrop. X, 16: liberalibus disciplinis apprime eruditus, graecis doctior ai-
que adeo ut latina eruditio nequaquam cum graeca scientia conveniret;
facundia ingenti et prompta. Julian ist eine auf das Edle gerichtete Nator,
aber phantastisch und daher über das Ziel hinausschiessend und in den
Mittehi sich vergreifend. Vgl. W. Teuffei in Pauly's Real-Enc IV (1845).
S. 401—413. 416 f. Anm. ; in A. W. Schmidt's Zeitschr. f. Geschichtswiss.
1846, S. 405 — 439 (der Kaiser Julian und seine Beurteiler), und in den Mo-
natsbl. zur Allg. Zeitimg 1847, S. 535 — 542. D. F. Strauss, der Romantiker
auf dem Throne der Caesaren, Maimheim 1847. F. Chr. Baur, d. christl. Kirche
im vierten bis sechsten Jahrh. (1863) S. 17—43. J. F. A. Mücke, Fla?ii»
Claudius lulianus nach den Quellen. I. Julians Kriegsthaten, Gotha 180&
U. J.'s Leben und Schriften, Gotha 1869.
9. Preis der Verdienste Valentinians I. um die Wiederherstellang der
öffentlichen Beredtsamkeit bei Synmiach. in Valent. II, 22 f.: sonet apod
391 f. Claudias Mamertinus. Hilarius. 863
te libertas foreneis eloqoi, quam dudum exulem tribunalibus reddidisti.
ruri emeritus torpebat orator ; . . nusquam malus silentium quam in sa-
crariis litterarum. . . solvisti vincla linguarum. (23.) . . par fuit ut elo-
queutiae usum redderes. . . ingenia liberasti etc.
10. Himerius um 315 — 385. Gesammtausgabe seiner Beden yon G.
und J. Ch. Wemsdorf (Götti. 1790), Fr. Dübner (accurate excusso cod.
optimo et unico XXII declaraationum, Paris, Didot, 1849; mit Fhilostratus,
Kallistratus und Eunapius).
11. Libanius um 315—393. Libanii sophistae orationes et declama-
tiones rec. et illustr. J. J. Beiske, Altenburg 1791 — 1797, 4 VoU. Libanii
epistolae graece et lat. cum not. J. Ch. Wolf, Amstelod. 1738 fol. E. Mon-
nier^ histoire de Lib. I. Paris 1866. G. B. Sievers, das Leben des Lib.,
Berlin 1868. 324 S.
392. Ein fruchtbarer theologischer Schriftsteller in galli-
canischem Stile war Hilarius, Bischof von Poitiers. Er be-
theiligte sich literarisch an den arianischen Streitigkeiten, rich-
tete Zuschriften an Constantius und verfasste eine Anzahl Com-
mentare zu Schriften des alten wie des neuen Testaments. Auch
von dem sardinischen Bischof Lucifer sind Schriften dogma-
tischen Inhaltes auf uns gekommen, sowie von den Bischöfen
Phoebadius tind Potamius.
1. Hieron. viri ill. 100: Hilarius, urbis Pictavornm Aquitaniae epi-
scopus, factione Satumini Arelateusis episcopi de synodo Biterrensi (J. 356)
in Phrygiam relegatus, XII adversus Arianes confecit libros et älium librum
De sjmodis quem ad GaUiarum episcopos scripsit, et in Psalmos (I et IL
LI—LXIL CXVIII — CL) commentarios , in quo opere imitatus Origenem
nonnuUa etiam de suo addidit. est eius et ad Constantium libellus, quem
viventi Constantinopoli porrexerat (J. 360), et alius in Constantium quem
post mortem eius (J. 361) scripsit, et liber adversus Valentem et Ursacium,
historiam Ariminensis et Seleucienais (J. 359) synodi continens; et ad prae-
fectum Sallustium sive contra Dioscorum; et liber bymnorum et Mysteri-
orum alius; et commentarii in Matthaeum et tractatus in lob quos de
gpraeco Origenis ad sensum transtulit; et alius elegans libellus contra Au-
xentium, et nonnullae ad diversos Epistolae (auch an Constantius, J. 355).
aiunt quidam scripsisse eum etin Cantica canticorum, sed a nobis hoc opus
ignoratur. mortuus est Pictavis, Valentiniano et Valente regnantibus (J.
367). Auch sonst wird H. oft von Hieronymus angeführt, z. B. Epist. 70,
6 (ad Magn. or., Opp. ed. Vall. I. p. 430): Hilarius, meorum confessor tem-
porum et episcopus, XII QuintiUani libros et stilo imitatus est et numero
(in seiner Schrift de trinitate, contra Arianos), brevique libello quem scri-
psit contra Dioscorum medicum quid in litteris posset ostendit. 58, 10 (ad
Paulin., Opp. 1. 1. p. 326): Hilarius gallicano cothurno attollitur et cum
Graeciae floribus adornetur longis interdum periodis involvitur et a lectione
simpliciorum fratram procul est. Auch chron. Ji. 2372 = 358 (Verbannung).
2375 » 361 (Rückkehr). 2376 =3 362: Gallia per Hilarium Arminiensis
864 Die Eaiseraeit. Viertes Jahrhundert.
(vielmehr AriminenBiB, vgl. ad a. 2375, u) perfidiae dolos damnat. 2384 ==
370 (Tod). Eine vita Uilarii von Fortunatos in den Ausgaben der Werke
des Uil.
2. Ausgaben: Paris. 1510 fol. Per Des. Erasmum, Basil. 1523. 1526.
1535 fol. Ex ed. Jo. Gillotii, Paris 1572. 1605. fol. Benedictineraasg. (von
P. Coütant) Paris 1693 fol. (und Veron. 1730. 2 Voll. fol.). Ed. Fr. Ober-
thür, Würzburg 1785 flf. 3 VoU. 8. In Migne's Patrolog. T. IX u. X (Paria
1844). Dazu J. B. Pitra, spicileg. Solesm. (Paris 1851) p. 49—159 Com-
mentare zu paulinischen Briefen T^elche w^ahrscheinlich von H. verfasst sind
(vgl. Pitra p. XXVI — XXXIV) aus einem cod. Gorbeieusis saec. IX, p. 159— 165
zur Genesis, und p. 166—170 aus einer St. Galler Evangelienhandschr. saec.
VIII 114 Hexameter über die Geburt Christi mit lockerer Prosodie (v. 15.
17. 18. 38. 80. 88), bes. häufiger Verlängerung einer kurzen Silbe (26. 29.
31. 34. 50. 82. 109. 113), aber auch zweifelhafter Berechtigung diesem E
zugeschrieben zu werden.
3. B. Ceillier, bist. g^n. V. p. 1—150. J. U. Reinkens, Hilarius von
Poitiers, eine Monographie, Schaffhausen 1864. XXXVII u. 359 S. Vgl J.
Wagenmann, Götti. gel. Anz. 1865, S. 1641—1658.
4. Hieron. vir. ill. 95: Lucifer, Caralitanus episcopus, cum Paocratio
et Hilario rom. ecclesiae clericis ad Constantium imp. a Liberio episcopo
pro fide legatus missus, cum noUet sub nomine Athanasii Nicaenam dam-
nare fidem, in Palaestinam relegatus . . contra Constantium imp. scripsit
librum eique legendum misit ac non multo post, süb luliano principe, re-
versus Caralis Valentiniano reguante obiit (J. 371). Vgl. Hier, chron. ad
a. 2371. 2378 = 357. 364 n. Chr. In den libri duo Ad Constantium Aug.
pro s. Athanasio (um 360) bezeichnet er den Kaiser als Schlange, belloa,
immanissima fera, latro, sacrilegus, camifex, homicida, idololatra, templum
daemonum, religionis eversor, haereticus, apostata, Vorläufer des Antichrist
und Antichrist selbst. Auf Befragen des Florentius mag. off. erklärte sich
L. als Verfasser und wollte den Märtyrertod erleiden (moriendum esse pro
filio dei). Des Kaisers Tod vereitelte diess. Gleich fanatisch orthodox sind
die etwas früheren Schriften De non conveniendo cum haereticis über ad
Constantium Aug. und De non parcendo in deum delinquentibus. Ed. prin-
ceps von Luciferi opuscula (von Jo. Tilius) Paris 1568. In der Bibl. patr.
max. (Lugd. 1677) IV. p. 181 ff., Gallandi bibl. patr. VI. p. 155 ff. Auch
Venet. 1778 fol. cur. J. D. et J. Coletis, wieder abgedruckt in Migne's Pa-
trolog. XIII (1845) p. 692—1038.
5. Hieron. vir. ill. 108: Phoebadius, Agenni Galliarum episcopm,
edidit contra Arianos librum (ums J. 358; ed. Th. Beza, Genev. 1570; ed.
P. Pithoeus, Paris 1586. 4.; rec. C. Barth, Frankf. 1623; in Gallandi biU
patr. V. p. 250 ff., der bibl. patr. max. UI. p. 300 ff., in Migne^s Patrolog.
XX.). dicuntur et alia eius esse opuscula, quae necdum legi, vivit usqae
hodie (J. 392) decrepita seuectute.
6. Von Potamius, Bischof von Lissabon, ist erhalten eine Epistola
ad Athanasium episc. Alexandr. de consubstantialitate filii dei, verftsst
um 355, erstmals herausgegeben 1657, und Anderes; s. Gallandi bibLpatr.
V, Migne's Patrol. VHI.
392 f. Lucifer u. A. Charisius. 865
7. Zenonis sermones. rec. et illustr. P. et Hier. Ballerini, Veron. 1739
fol. Gallandi bibl. patr. V. p. 109 ff., Migne's Patrol. XI.
8. Gennad. vir. ill. 4: Vitellius Afer Donatianorum echisma defendens
scripsit de eo quod odio sint muudo servi dei. . . scripsit et adversum
gentes etc. . . et ad regalam- ecciesiasticam pertinentia multa disseruit.
damit sub Consta?)^^^ filio Constantini principis.
393. Gleichzeitig und von einander unabhängige aber aus
denselben Quellen und daher oft mit einander wörtlich überein-
sünunend schrieben die beiden Grammatiker Charisius und Dio-
medes. Flavius Sosipater Charisius ist von Wichtigkeit da-
durch dass er die von ihm benützten Vorgänger, insbesondere
den lulius Romanus, Cominianus und Palämon, wörthch aus-
schreibt, bald unter Nennung ihres Namens, bald ohne diesen,
und dadurch einen guten Theil der älteren grammatischen Li-
teratur uns erhalten hat. Von den fünf Büchern seiner Gram-
matik sind übrigens wesentliche Theile verloren gegangen. Von
den drei Büchern der ars grammatica des Diomedes ist das
dritte von besonderem Werthe, da es aus Sueton de poetis viele
schätzenswerthe Nachrichten aufbewahrt hat.
1. Vorwort: Fl. Sosipater Charisius v. p. magister [urbis Romae]
filio karissimo s. d. Amore latini sermonis obligare te cupiens, f. k., artem
grammaticam (diess war also wohl der Titel) soUertia doctissimorum vi-
rorum politam et a me digestam in libris V dono tibi misi. . . erit iam
tuae diligentiae frequenti recitatione studia mea ex variis Artibus inrigata
memoriae . . mandare, ut quod originalis patriae natura deuegavit virtute
animi adfectasse videaris. Dass der Verf. aus Campanien gebürtig war
geht aus p. 215, 23 E. : hodieque nostri per Campaniam sie loquuntur uicht
hervor und ist nach dem obigen orig. patriae nicht wahröcheinlich.
2. Das Zeitalter des Ch. und Diomedes wird bestimmt einerseits durch
die von ihnen benützten Quellen (s. A. 3), von welchen Cominianus und
Marcius Salutaris (oben 381, 1 — 4) die jüngsten zu sein scheinen, anderer-
seits durch die Schriftsteller von welchen sie selbst angeführt werden,
nämlich Priscian, Rufinus (de metr. com.) und Servius (ad Aen. IX, 329
xmd wohl auch Buc. III, 21). Die häufige Uebereinstimmung des Char. u.
D. mit DonatuB und Marius Victorinus (oben 384 f.), ohne dass diese doch
jemals genannt würden, ist wohl aus Gemeinsamkeit der Quellen zu er-
klären und beweist wohl dass jenes Grammatikerpaar diesem zeitlich nahe
steht, Keil, Gramm, lat. I. p. LV f. Christ, Philologus XVIII. S. 130 f.
Wahrscheinlichkeit hat auch die Vermutung von Usener, Rhein. Mus. XXIII.
S. 492 f., dass bei Hieron. chron. 2375 = 361 (s. oben 381, 7): Euanthius
. . Constantinopoli diem obit. in cuius locum ex Africa Charistus (Bongars. ;
dagegen Freh. u. a. Chrestus) adducitur, zu lesen sei: Charisius.
3. Die flauptquellen des Charisius sind Palämo (oben 266, 3), Julius
RomanuB (oben 357, 1) imd Cominianus (oben 381, 1—3), wozu wohl noch
Teuffei, Rom. Literaturg-eschichle. {)5
866 I^Jö Kaiserzeit. Viertes Jahrhundert.
Scaurus (ohen 329) und andere hinzukommen mögen (Christ, Philologiis
XVIII. S. 127). Keil, Gramm, latt. I. p. XLV ff. A. Schottmüller, de Plin.
libr. gramm. (1868) p. 7 — 26. Diese Quellen pflegt Char. wörtlich auszu-
schreiben, und wo sie einander widersprechen getraut er sich selten eine
selbständige Entscheidung. Das Werk ist daher wesentlich compilatorisch
und im Einzelnen mit wenig Sorgfalt und Urtheil gearbeitet; s. Christ a.
a. 0. S. 120. M. Hertz, Rhein. Mus. XX. S. 320. Auch die Anordnung ist
sehr unvollkommen. Mit der neueren (z. B. von Comminianus befolgten)
Anlage nach den acht Redetheilen wusste Ch. die altern Monographien
über einzelne Theile der Grammatik nicht zu verschmelzen und gibt daher
in 6. I allgemeine Abschnitte über Declination, Comparation, Analogie,
B. II eine aus verschiedenen Artes zusammengestellte Theorie der acht
partes orationis, B. III eine ausfuhrliche Erörterung über die Bildung der
perfecta, inchoativa, frequentativa u. s. w., B. IV ein Allerlei von Gram-
matischem (Barbarismen u.dgl.), Rhetorischem (Tropen, Figuren u. s. w.),
B. V idiomata, Synonymen u. s. w. Doch ist der Anfang von B. I, der
letzte Theil von B. IV und das Meiste von B. V verloren gegangen. In-
haltsübersicht nach dem prooemium.
4. Für den Text des Char. ist fast die einzige Quelle der Neapoli-
tanus saec. VII oder VIII. Ausgaben von J. Pierius Cyminius (Neapel
1532. fol.), G. Fabricius (Basil. 1551; mit starken Interpolationen), in den
Grammatici latini von Putsche und Lindemann (Vol. IV. Lips. 1840) und
besonders von H. Keil (T. I. Lips. 1857). Der Abschnitt de versu saturnio
(bei Keil p. 288 f.) eigens herausgegeben von F. W. Schncidewin, Gotting.
1841. 4. Ueber Char. vgl. noch F. Osann, Beiträge II. S. 319—340. L. Spen-
gel, Münchner gel. Anz. 1810, S. 502 ff.
5. Ausser Char. selbst sind auch Excerpte aus seinem Werke, ge-
fertigt im fränkischen Reiche, auf uns gekommen, welche theilweise auch
zur Ausfüllung von Lücken in dem Erhaltenen dienen. So besonders die
excerpta Bobiensia saec. VII — VIII, jetzt in Wien, veröffentlicht zuerst ?od
Eichenfeld und Endlicher, Anal, gramm. (Wien 1837) p. 75 — 124, zuletet
von Keil, gramm. latt. I. p. 533-565 vgl. ib. p. XVII f. Doch sind diese
nicht ausschliesslich dem Charisius entnommen, sondern den Quellen des-
selben, insbesondere dem Palaemo und Cominiauus; s. Christ, Philologns
XVin. S. 136—139. Vgl. noch oben 381, 1 f. Ferner excerpta Parisina
ib. p. XVIII f. Ueber die aus einem cod. Bernensis, Leidensis und Sanct-
amandinus s. ib. p. XIX — XXII.
6. Das Werk des Diomedes hat bei Rufinus p. 2715 und in den
Subscriptionen die üeberschrift Ars grammatica und ist einem Athanasios
gewidmet. Das Vorwort besagt: artem merae latinitatis puraeque ek-
quentiae magistram . . summo studio . . trino digestam libello . . censoi
esse mittendam etc. . . prima pars universi sermonis membra continet;
altera non solum observationes quae arti grammaticae accidere solentsed
etiam structuram pedestris orationis . . demonstrat; terida pedum quali-
tatem, poematum genera metrorumque tractatus . , docet. B. I entspricht
somit B. I— III des Charisius, ist aber einheitlicher und planmässiger. B.
III dient zum Ersätze für die Verstümmelung von Charis. IV.
7. Diomedes stimmt vielfach wörtlich mit Charisius überein (vgl
393 f. Charisius. Diomedes. Avienus. 867
Osaiin, Beiträge II. S. 331—335), ohne dass doch einer den andern nennt.
Diess wäre weniger auffallend wenn D. den Ch. ausgeschrieben hätte, da
D. überhaupt in Nennung seiner Quellen sehr sparsam ist. Indess hat D.
eben in solchen Partien welche auffallend mit Ch. übereinstimmen zugleich
Angaben die sich bei Ch. nicht finden (wie Char. III, 8. p. 262 ff. vgl. mit
Diom. p. 389, 10—395, 10), so dass D. dieselben Quellen in grösserem Um-
fang benützt haben muss. Neben den Quellen die dem D. mit Ch. ge-
meinsam sind hat D. aber auch noch werthvoUe andere ausgebeutet, wie
den Valerius Probus (direct oder indirect) und besonders (B. III) den Sue-
tonius (0. Jahn, Rhein. Mus. IX. S. 629 f. Reifferscheid Sueton. p. 370—379),
femer den Terentianus und wohl auch griechische Techniker (Christ, Phi-
lologus XVIIl. S. 129 f.). Keil, gramm. I. p. XLIX— LV. Die Art der
Benützung dieser Quellen ist bei D. weniger sklavisch und urteilslos, aber
von dem Richtigen doch noch so weit entfernt dass Reifferscheid ihn mi-
serrimus grammaticus nennt (Suet. p. 372), von seinem Stupor et supina
iieglegentia, insignis in excerpendo neglegeutia (p. 373) und insignis inco-
gitantia (p. 375) zu sprechen weiss. Westphal aber (allg. Metr. S. 48)
meint: „D. ist unter den Metrikem einer der unwissendsten, aber nichts-
destowenigej der interessanteste^ S wegen der Quellen die er abgeschrieben
habe; s. ebd. S. 48 f. 76—86. 125 f. 135 f.
8. Das Zeitalter des D. bestimmt sich durch das seines Doppelgän-
gers und Zeitgenossen Oharisius (A. 2). Hat er nach der Mitte von saec.
IV geschrieben, so ist er von Sacerdos (oben 366, 3 fi'.) weit genug entfernt
um von ihm nichts mehr zu wissen (Christ, Philol. XVIII. S. 130 f).
9. Keil gramra. I. p. XXIX: Diomedis quamvis multl hodie extent
libri manu scripti, tamen tanta est eorum omnium similitudo ut quasi pro
uno codice habendi sint. Alle stammen aus einem archetypus saec. VIII,
von welchem die ältesten Ableger sind zwei Pariser Hdss. 7494 (A) und
7493 (B) imd ein Monacensis (M), alle drei saec. IX; s. ib. p. XXIX — XXXII.
Aus derselben Quelle stammen auch Excerpte aus dem Werke des D., von
welchen das älteste ist Paris. 7630 saec. VIII (ib. p. XXXIV). *
10. Ausgaben (Keil I. p. XLIV f.) Ven. 1476 (ap. Nie. lenson.), von J.
Rivius (Ven. 1511\ J. Th. Bellovacus (Paris. 1516), H. Buschius Pasiphilus
(Colon. 1516. 1523), J. Caesarius (Hagenau 1526. Colon. 1533. 1536. Lips.
1541), in den gramm. lat. von Putsche, den scriptores rei metr. von Gais-
ford (nur B. III) und besonders den gramm. latt. von H. Keil I (Lips. 1857)
p. 298-529. Vgl. W. Christ, Phüologus XVIII. S. 127—136.
394, Einen Dichter von entschiedener Begabung haben
diese Jahrzehnte an Rufius Pestus Avienus, Proconsul von
Africa (J. 366 f.) und Achaja (J. 372). Aber indem er die aus-
getretenen Geleise verlassen wollte wurde er durch den unpoe-
tischen Zug seiner Zeit in prosaische hineingeführt und verfiel
doch wieder in Nachahmung, ja Uebersetzung. Seine Arbeiten
sind vorzugsweise Lehrgedichte, im epischen Masse eine Ueber-
setzung der 0aLv6^€va des Aratos, sowie eine Descriptio orbis
55*
ggg Die Eaiserzeit. Viertes Jahrhundert.
terrae nach der Periegesis des Dionysios ; im iambischen Trimeter
eine Beschreibung der Küste des Mittehneeres, des schwarzen
und des kaspischen (ora maritima), in mehreren Büchern, von
welchen aber nur der grössere Theil des ersten erhalten ist, so-
wie eine Bearbeitung der römischen Geschichte nach Livius und
ein Auszug der Aeneis, welche beiden letztem Arbeiten ganz
verloren sind. Dazu kleinere Gedichte, Epigramme in Hexame-
tern, üeberall verräth Avienus edles Streben und eine reine
Form, nach den besten Mustern gebildet, insbesondere nach
Vergil; aber auch rhetorische Wortseligkeit imd üeberwuchem
des gelehrten StoflFes über die dichterische Gestaltung.
1. Inschrift ans Rom bei Fabretti X, 507 = Meyer anthol. lat. 278
(R. Festns v. c. de se ad deam Nortiam) : Festus, Musoni suboles proiesqne
Avieni, unde toi latices traxerunt, Caesia, nomen, Nortia, te veneror, lare
cretus Volsiniensi, Romam habitans, gemino proconsulis auetus honore.
carmina multa serens, vitam insons, integer aevom, coniugio laetus Fla-
cidae numeroqne frequenti natorum exultans etc. Der Dichter war somit
ein Nachkomme des Musonius Rufus (oben 282, 3), wie dieser ans Yolsinii
in Etrnrien gebürtig und daher anhänglich an die dort verehrte Kortia,
sowie an die aqua Caesia (vgl. Meyer*8 anth. lat. 899), Vater einer sahl-
reichen Famüie, zu welcher der Pladdus gehören wird welcher obige In-
schrift mit den zwei Distichen vermehrte : sancto patri filius Pladdus. Ibk
in optatas sedes, nam luppiter aethram (vgl. Avien. phaen. 2) pandit, Feste,
tibi, candidus ut venias. iamque venis, tendit dextras choros inde deomm
et toto tibi iam plauditur ecce polo. Das doppelte Procon»ilat stinmit
dazu dass Cod. lust. III, 16, 1 (J. 366) und Cod. Theod. IX, 19, 3 (J. 367)
ein Festus als Proconsul Africae genannt wird und C. I. gr. 372 die Athe-
ner J. 372 ihrem Procos. 'Povtpiog ^ijcTog ihre Dankbarkeit bezeigen. Dann
wird er wohl auch der Festus, consularis Syriae im Cod. lust. XII, 58, 3
(J. 365) sein. Auf längeren Aufenthalt des Dichters in Africa deutet orb.
terr. 329—333. or. mar. 273 f.. In Griechenland orb. terr. 603 f.
2. Hieronym. comm. zum Titusbrief c. 1 (Opp. VII, 1. p. 706 ValL):
Arati, quem Cicero in latinum sermonem transtulit et Germanicus Caesar
(oben 259, 6) et nuper Avienus et multi quos enumerare perlongum est.
Dagegen noch Lactantius kennt die Aratea nur in der Bearbeitung des
Cicero (inst. V, 5. p. 238 Fr.) imd des Caesar (I, 11. p. 30) Germanicus (I,
21. p. 54 f. V, 5). Titel im Gudianus saec. X: Rufi Festi Avieni v. c Arati
Phaenomena (im Vindobon. saec. X: Rufi Festi Arati). Auf die ^airofiiva
kommen 1325, auf die Prognostica oder dioarjiiSLa 552 Hexameter. A?.
sucht seine Vor^nger zu überbieten durch treue Wiedergabe des griechi-
schen Originals, dichterischen Schwimg und Einflechtung von allerlei Ifit-
theilungen aus den Werken von Philosophen und Astronomen, auch am
mystischen Quellen. Am nächsten schliesst sich Av. an Germanicus ad-
In der ed. princeps (Ven. 1488) p. 5—56. Ausgaben in den meisten Samm-
lungen der Aratea. J. C. Schaubach (oben 259, 7), novae edit. Avieni spe-
394. Avienas. 869
cimen (Meiningen 1817 ff. 4.) und Ueber die Aratea von Cic. etc. in Jahn's
Archiv Xn (1846) S. 197-210.
3. Orbis terrae oder Descriptio o. t. in 1394 Hexametern nach der
nsQLrjyriaig des Dionysios, der aber nicht genannt wird. Das Original wird
bald abgekürzt, bald durch gelehrte Arabesken erweitert, und durch Leb-
haftigkeit der Darstellung übertroffen. Am Anfang und Schlüsse die obli-
gate Anrufung der Musen und des Apollo. In der ed. princ. p. 56 — 95.
Sonstige Ausgaben: Venet. 1502. Vienn. 1508. 4. 1515. 4. Bonon. 1513. 4.
Antverp. 1632. 4. Cum notis N. Heinsii all. cur. H. Friesemann, Amstelod.
1786. In Wemsdorfs poetae latt. min. V. p. 725—888, wozu Einl. (p. 719 ff.)
und animadv. (p. 889—1153). In Dionysius Perieg. ed. G. Bemhaxdy (Lips.
1828) I. p. 427—460; in Geographi graeci min. ill. C. MüUerus (Par. 1861)
II. p. 176—189. Erläuterungsschriften; (I. Wassü) Animadversiones in Av.
descr., in Miscellan. observ. I, 2. p. 273—277 (Oudendorp). 3. p. 373—390.
V, 1. p. 64—80. 2. p. 165. Symbolae litterar. II, 3 (Brem. 1745). p. 569
— 584.
4. Orae maritimae liber primus (ed. princ). Erhalten ist nur ein
Bruchstück von 703 Senareu, enthaltend eine Beschreibung der Küste vom
atlautischen Ocean bis nach Massilia, überdiess in lückenhafter und ver-
derbter Gestalt. Widmung an einen Probus, der liberum loco . . amore
sanguinisque vinculo ist (14 f.) und wissbegierig (16 ff.), wahrscheinlich
Anicius Probus Cos. 406. Rückverweisung auf den orbis in V. 71 ff.: re-
liqua scripta sunt nobis in illo plenius volumine quod de orbis oris parti-
busque fecimus. üeber seine Quellen gibt v. 37 ff. etwas renommistische
Auskunft: ad eins (des Sallust) inclitam descriptionem . . multa rerum
iunximus ex plurimorum sumpta commentariis, nämlich aus Hekatäus, Uel-
lanikus, Phileus, Skylax, Pausimachus, Damastes (vgl. 372), Bakorus, Eukte-
mon (vgl. 350), Eleon, Herodot und Thukydides. Dazu gelegentlich Dio-
nysius (331), Juba (280) u. A. Benützung des (nicht genannten) Eratosthenes
hat nachgewiesen W. Christ, Avien. und d. ältesten Nachr., S. 154— 165.
Das den verschiedenen Quellen Entnommene ist nicht zu einem selbstän-
digen Ganzen verarbeitet. Die Darstellung ist fliessend. Neben Archais-
men wie ducier Worte wie intimare, intimatio. Griechische Eigennamen
werden öfter prosodisch willkürlich behandelt, statt der geläufigeren neuem
die veralteten bevorzugt, barbarisch klingende durch glattere ersetzt. Die
Ilandss. des Gedichts sind verschollen. Aeltester Text in der ed. princ.
p. 95 — 113. Ausserdem bes. in Wemsdorfs poetae lat. min. V. p. 1165 — 1295;
vgl. p. 1157—1164. F. A. Ukert, über des A. Ora maritima, in dessen
Geogr. der Griechen und Römer 11, 1. (Weimar 1821) S. 473—484. De-
scription que Festus Avienus a faite de la cöte de la Gaule Narbonnoise
dans le poSme intitulä Ora maritima, par (Jean) Astruc, in den M^moires
pour rhist. nat. de Languedoc, Paris 1737. 4. W. Christ, Avien u. d. äl-
testen Nachrichten über Iberien und die Westküste Europa's, München
1866. 4. (Abhandl. d. bair. Ak. XI. 1868. S. 113-187), bes. S. 150—177.
F. de Saulcy, ^tude topographique sur l'O. mar. de R. F. Av., Revue ar-
chäol. 1867. I. p. 54—62. 81—98.
5. Ruf US Festus Avienus v. c. Flaviano Myrmecio v. c. üeberschrifb
von 31 Hexametern, scherzhaftes Gedicht, enthaltend eine Bitte um Zu-
870 I^ie Kaieerzeit. Viertes Jabrhuudert.
sendnng von Granatäpfeln, abgedruckt echon in der ed. princeps, dann in
den Anth. latt. von Burmann und Meyer (nr. 279), sowie bei Wemsdorf
poetae latt. V. p. 1296 - 1301. Der Adressat ist vielleicbt der Flavianus
welcher J. 358—361 procos. Africae war (Cod. Theod. VIII, 5, 10. XI, 36, U)
oder derjenige welcher J. 377 vicarius Africae (ib. XVI, 6, 2), 382 f. praef.
praet. Illyrici et Italiae (ib. VII, 18, 8. IX, 29, 2. 40, 13). Dagegen Nr.
280 bei Meyer = 26 (I. p. 82 f.) ßse wird nur von einem Theile der Hdss.
dem Av. zugeschrieben; und noch zweifelhafter ist sein Anrecht auf 277
M. (de cantu Sirenum). Noch Anderes wird dem Av. ohne Grund beigelegt
6. Servius Aen. X, 272: Stoici dicunt has Stellas (cometas) esse ultra
XXXII. quarum nomina et effectus Avienus, qui iambis scripsit Virgilii fa-
bulas, [com] memorat. . . sane Avienus cometarum has differentias didt etc.
zu Georg. I, 488: diri cometae] criniti [et] pessimi, quia sunt et boni, ..
quam rem plenissime Avienus exsequitur. zu Aen. X, 388 : haec fabula in
latinis nusquam invenitur auctoribus. Avienus tamen, qui totum Virgilium
et Livium iambis scripsit, hanc commemorat dicens graecam esse. Letz-
teres also eine Arbeit in der Art des Alfius Avitus (oben 360, 1).
7. Gesammtausgaben des Av. : editio princeps (Venet. 1488. 4.) und von
Bamirez de Prado (Madrid 1634. 4.).
8. Ueber Avienus vgl. Wemsdorf, poetae latt. min. V. p. 621—716.
A. Holder in Pauly's Real-Enc. I, 2. S. 2149—2153.
395, Fast über das ganze vierte Jahrh. (um 310 — 390)
reicht das Leben des Rhetors D. Magnus Ausonius aus Bur-
digala. Zum Lehrer des Prinzen Gratianus berufen, wurde er
nach der Thronbesteigung seines Zöglings mit politischen Wür-
den, zuletzt (J. 379) auch mit dem Consulat, geehrt. Unter
Theodosius L lebte er in seiner Heimat in eifriger literarischer
Thätigkeit. Aus dieser Zeit stammen die meisten seiner Schrif-
ten, welche zahlreich auf uns gekommen sind. Als Probe sei-
nes prosaischen Stiles zwar haben wir einzig die Dankrede an
Gratian für die Ertheilung des Consulats ; desto mehr aber von
dem was er in gebundener Form geschrieben hat. Poetischen Werth
haben diese Arbeiten freilich wenig, wohl aber stoflFlichen und
formellen. Seine vielseitigen Kenntnisse, sein treues Gedächt-
niss und seine grosse Formgewandtheit lassen den Ausonius nicht
leicht bei einer Aufgabe im Stich welche er sich stellt, auch
wenn der Gegenstand an sich ein trockener oder die Nachbil-
dung einer metrischen Form Selbstzweck ist. Von den Persön-
lichkeiten und Verhältnissen seiner Zeit und Heimat bieten seine
Gedichte ein reiches Bild, namentlich von den Verwandten und
den Fachgenossen des Rhetors (professores Burdigalenses), und
die Schilderung einer Rhein- und Moselreise (Mosella) aus der
^. „\-.j
395. Ausonius. 871
Gegend von Bingen bis Trier im Stile des Epos ist theilweise
auch durch die Art der Behandlung anziehend.
1. Auson. in der praef. epigramm. an Syagrius: Ausonius genitor
nobis; ego nomine eodem qui sim, qua secta, stirpe, lare et patria, ad-
scripsi. *. . Vasates patria est patri; gens Aedua matri de patre, Tarbellis
sed genetrix ab Aquis. (7.) ipse ego Burdigalae genitus. . . genitor studuit
medicinae. . . (15.) noa ad grammaticen Studium convertimus et mox
rhetorices etiam quod saus attigimus. nee fora non celebrata mihi, sed
cura docendi cultior, et nomen graramatici merui. . . (23.) exaetisquc de-
hinc per trina decennia fastis asserni doctor municipalem operam. aurea
et Augusti (Valentinians I) palatia iussus adire augustam subolem gram-
maticus docui, mox etiam rhetor. . . (35.) cuius (des Gratianus) ego Comes
et Quaestor (sacri- palatii) et, culmen bonorum, praef ectus Gallis et Libyae
et Latdo (praef. praet. Africae, lUyrici, Italiae J. 376; praef. Galliarum J.
378), et prior indeptus fasces latiamque curulem Cousul (J. 379), collega
(Q. Clodius Hermogenianus Olybrius) posteriore, fui. Von diesem seinem
Consulat spricht der eitle Schulmann unzählige Male, am ausführlichsten
in der Gratiarum actio. In einem germanischen Feldzuge seinen kaiserlichen
Zögling begleitend hatte der Wittwer einst als Beuteantheil eine jimge
Schwäbin, Sulpitilla Bissula, erhalten; s. Idyll. 7 und A. Bacmeister, alo-
mann. Wanderungen I (Stuttg. 1867). S. 76 — 92 (ein alemaun. Idyll aus
dem 4. Jahrb.). Ueber sein Verhältniss zu Symmachus s. dessen Ep. I, 13
— 43, bes. 32 (Aus. an Symm.): expertus es fidem meae mentis atque dicto>
rum cum in comitatu degimus ambo aevo dispari, ubi tu veteris militiae
praemia tiro meruisti, ego tirociniimi iam veteranus exercui. Nach Gra-
tian's Tod (J. 383) zog sich Aus. in seine Heimat zurück, wo er in höchst
behaglichen Verhältnissen lebte. B. Dezeimeris, note sur Templacement
de la yiUula d'Ausone, Bordeaux 1869. 14 pp. 8. Sein Todesjahr ist un-
bekannt, W\t aber ohne Zweifel in das letzte Decennium des Jahrhunderts.
E. Böcking vor seinen Ausgg. der Mosella, zuletzt in den Jahrbb. der
rheinl. Alt. Fr. VII (Bonn 1845). S. 60—68. W. Teuffei in Pauly's Real-
Enc. I, 2. S. 2186 f.
2. Schriften in Prosa: Danksagungsrede an Gratian, gehalten in Trier,
eine Blumenlese von rhetorischen Figuren und Schmeicheleien für den
Kaiser, ohne dass aber der Redner darüber sich selbst vergessen würde.
In der ed. Bipontina p. 284 — 302. In Prosa sind auch die Periochae in
Homeri Iliadem et Odysseam, mit metrischer Uebersetzung der Eingangs -
verse der einzelnen Bücher, ed. Bip. p. 303—328. Verloren sind die apo-
logi Aesopi, sowie die seinem Sohne Hesperius gewidmeten fasti, fortge-
führt bis zum J. 382 (sein eigener Name war quartus ab imo) und einge-
leitet und beschlossen durch Epigramme, welche erhalten sind.
.3. Schriften in gebundener Form:
a. Epigrammata, 146 Stücke, mit dreifacher praef atio, an Theo-
dosius, Syagrius und Latinus, von verschiedenem Umfang imd meist im
elegischen Mass, aber auch im heroischen, iarabischen u. a. Auch grie-
chische sind darunter (29 31. 88), sowie griechisch- lateinische (28. 32. 40).
Der Inhalt ist manchfaltig, Üebersetztes (besonders aus der griechischen
372 I^iö Kaiserzeit. Viertes Jahrhundert.
Anthologie) und Eigenes, auf Kunstwerke (wie Myrons Kuh, Timomachos'
Medea), Anekdoten und Persönliches (wie gegen den Rhetor Rufus 45—52),
aus verschiedenen Zeiten (wie 18 f. noch zu Lebzeiten seiner früh ver-
storbenen Frau), theilweise denselben Gedanken variierend (22 f. 29 f. 40 f.
42 f. 82 f. 84 f. 86 flf. 91 f. 123 f. 129 f. 132 f.) und viel Unbedeutendes
enthaltend. Dazu die vier Epigramme ^ seine Fasti.
b. Ephemeris, Tageseintheilung, in mancherlei Versmasaen. Es ist
aber nur Anfang und Ende erhalten.
c. Parentalia, 30 Gedichte, von verschiedenem Umfang und meist
im elegischen Masse, auf gestorbene Verwandte, theilweise warm gefohlt,
verfasst nach seinem Gonsulat (4, 31) und als er schon 36 Jahre Wittwer
war (9, 8).
d. Commemoratio professorum Burdigalensium, soweit Aoso-
'nius sie noch persönlich kannte und in irgend welchem Verhältaiiss zn
ihnen stand (8, 7 f. 12, 7), eine Art Fortsetzung und Seitenstück zu den
Parentalia (vgl. 11, 7. 16, 1. 25, 9 u. praef.), gleichfalls lauter Gestorbene
behandelnd, auch Unbedeutende (8, 7 f. 10, 5 ff. 48 ff.' 12), bis 19 lauter
aus Burdigala Gebürtige, von 20 an auch dort nur Ansässige; allmählich
entstanden (s. 14, 1 ff.) und in wechselnden Massen (eleg., iamb., troch.
Tetr., Anapäste, sapph.).
e. Huic libello Epitaphia subnexi, sc. titulos sepulcrales heroum qui
hello troico interfuerunt (Aus.), apud philologum quendam gefunden und
von Aus. ins Lateinische übersetzt. Mit dem Peplos des Ps. Aristoteles
stimmen sie zum kleinsten Theile überein. .
f. Aliquot aliorum epitaphia, auf Niobe, Dido, Diogenes Sinop., aber
auch originale, wie auf eine Anicia, auf einen equus admirabilis (inssu Auga-
sti) etc.
g. De XII Caesaribus per 8uetonium Tranquillum scriptis, an seinen
Sohn Hesperius gerichtet (versus memoriales), zuerst monosüchisch , je 12
Hexameter über deren Aufeinanderfolge, Regierungsdauer, Tod; dann so
dass jedem Kaiser zwei Distichen gewidmet sind und die Reihe bis Heia*
gabal fortgeführt wird, mit der Absicht sie bis auf seine eigene Zeit fort-
zusetzen.
h. Ordo nobilium urbium, in 14 Stücken 17 Städte (Rom bis Bor-
digala) in Hexametern vorführend und nach dem Falle des Maximus (J.
388) verfasst (7, 5 ff.). Auch bei Wernsdorf, poetae latt. min. V. p. 1312
—1349.
i. Ludus VII sapientum mit der Ueberschrift Ausonius cos. Latino
Drepanio Pacato procos. und einer Widmung im elegischen Masse, sonst
in Senaren, eine Art Puppenspiel, worin nach dem Prologus und einem
Ludius die 7 Weisen der Reihe nach auf die Bühne treten und ihr Sprüch-
lein hersagen, am redseligsten Solon, und schliesslich zum Klatschen auf-
fordern. Darauf folgt in den Hdss. noch eine Variation dieser 7 Sprüche
in je 7 Versen von verschiedenem Metrum (abgedruckt auch bei Wölfflin,
Publil. Syr. p. 149—152), welche aber von Aus. wohl so wenig verfasst
sind als die angehängten 9 aus dem Griechischen übersetzten Hexameter,
worin, nach einer Einleitung von zwei Versen, jeder Spruch monostichisch
ausgedrückt ist.
k. Idyllia, d. h. kleine Gedichte, 20 Stücke, meist im epischen oder
395. AasoniuB. 873
elegischen Massen theilweise mit Einleitungen in Prosa, und zum Theil
schulmeisterliche Spielereien, wie über die Dreizahl (XI), de aetatibus ani-
malium, 'HaioSsiov (XVIII), die Memorialverse über die zwölf Arbeiten des
Hercules (XIX) und die neuu Musen und ihre Verrichtungen (XX) y als py-
thagoreisch (und übersetzt) geben sich XV— XVII. Bemerkenswerth ist I,
ein Epikedion auf seinen Vater; XIV ein (mit Ausnahme des Schlusses)
hübsches Gedicht auf die Rosen (vgl. oben 215, 5. A. 6); XII Techno-
paegnion, Wort- und Verskünsteleien mit den einsilbigen Wörtern, in
sachlicher Ordnung (de membris, de diis, dbis, das Alphabet u. dgl.); XIII
cento nuptialis, aus lauter vergilischen Versen und Verstheilen, auf
Veranlassung des Kaisers Valentinian I. verfasst und an diesen sowie Gra-
tianus gerichtet; den letzten Absatz, der die consummatio matrimonii ent-
hält und an Massivität nichts zu wünschen übrig lässt, entschuldigt der
Verfasser in einem eigenen Vorwort und verbittet sich Schlüsse daraus
auf seine Denk- und Lebensweise. Das berühmteste Stück dieser Samm-
lung aber ist X Mosella, 483 Hexameter, verfasst zu Trier gegen Ende
des J. 370 (Böcking S. 69. 97 f.). Das stofflich sehr interessante Gedicht
hat auch nicht Mangel au ästhetisch anziehenden Partien, wie 50—77 (Ge-
fühl für Naturschönheit), 230—237, 269 ff. Die Anlage ist die conventionell
epische, mit Götteranrufungen und zahlreichen Excursen, wie über die
Moselfische (77 — 151), Fischfang (240 ff.), Baukünstler und Prachtbauten
(298 ff. aus Anlass der Villen am Ufer, 283 ff. 318 ö'.), auch mythologischen
(170 ff. 208 ff.). Eine eingehendere Behandlung der berühmten Männer
und Städte des Moselthales verschiebt der Verfasser bis er sich in die
Heimat zurückgezogen habe, 382 ff. 448 ff. Symmach. ep. I, 14: volitat
tuus Mosella per manus sinusque multorum, divinis a te versibus conse-
cratus. Abgedruckt z. B. in Wemsdorfs poetae latt. min. I. p. 192 — 230.
Specialausgaben besonders von L. Tross (Hamm 1821 u. 1824) und E. Böcking
(lat u. deutsch, Berlin 1828. 4. recogn. , s. 1. et a. c=: Bonn 1842; Mosel-
gedichte des Ausonius und Venantius, lat. u. deutsch, mit krit. und erkl.
Anm., Jahrbb. der rhein. Alt. Fr. VU. Bonn 1845). Kritischer Beitrag zur
Mosella, von C. C. C. Völker, in der Symb. philol. Bonn. (1864). p. 447—454.
1. Edogarium, allerlei astronomische und astrologische Versificationen
im epischen und elegischen Masse, über die Namen der Sternbilder, Wo-
chentage, Monate, römische Festtage, griechische Agonen u. dgl.
m. Epistolarum liber, 25 Stücke, in verschiedenen Versmassen
(XVII ganz in Prosa, andere theilweise, wie XI, XIX, XXI f.), XIII zwei
griechische Hexameter, XII in scherzhafter Mischung griechischer und la-
teinischer Wörter und Formen (R. Köhler, Ausonius und die macaronische
Poesie, Bhein. Mus. XII. S. 434—436). Die Sammlung ist nach den Adres-
saten geordnet und besteht aus lauter wirklichen Briefen (beziehungsweise
Gelegenheitsgedichten), meist in scherzhaftem Tone und aus der Zeit nach
dem Consulat (6, 1. 15, 30. 20, 5) und aus des Verfassers letztem Aufent-
halt in Burdigala (vgl. 9, 11. 12, 31. 19 g. E. 20, 7), doch I an seinen Vater,
bei Geburt eines Enkels, U (Bruchstück) und III an seinen Sohn Hesperius,
IV u. XVI (J. 376—378) aus der Zeit da er Prinzenlehrer war und aus dem
Felde (4, 81. 16, 76). An Theon gerichtet sind IV— VII, an Axius Paulus
VIII— XIV, an Pontius Paulinus XIX— XXV. Auf die letzten drei Briefe,
welche besonders lebeixdig gehalten sind, in des Adressaten Hände aber
374 I^io Kaiserzeit. Viertes Jahrhundert.
erst nach vollen drei Jahren gelangten, haben wir auch die Antworten,
Paulin. carm. 10 u. 11 der Ausgabe von Migne, sowie in der Zweibrücker
Ausg. des Ausonius, p. 342—354.
4. * Ausonius ist zum Christenthum übergetreten, vielleicht bei seiner
Berufung an den Hof, vielleicht aber auch schon in der Jugend, denn er
hatte fromme Tanten. Er bringt in seinen Gedichten dem Christenthum
mehrfach seine Huldigung dar; so in der Ephemeris durch ein wortreiches
Gebet an Christus, im Eingang der Id. durch ein Ostergebet, und ßonst
durch manche christliche Wendung. Tief geht freilich dieser christliche
Anstrich nicht. Viel besser als in der Bibel ist der Dichter in seinem Te-
renz, Vergil und Horaz zu Hause; wo er einen christlichen Ton anstimmt
ist es vielfach Accommodation, wie in der Rede vor dem frommen Gratiaa
(p. 284. 300. 301), in dem Briefe an den orthodoxen PauUnus (Ep. 24, 113 f.);
noch häufiger macht sich die gutheidnische Grundlage seiner Denkweise
unwillkürlich geltend. So Prof. Burd. 26, 12 ff. : dum remeat illud, iudicis
dono dei, commune cum dis saeculum, oder wenn er Id. I, 24 ff. mit der
Trinität (vgl. Eph. 2, 15 ff. Id. 11, 88) die Theilung des Throns unter drei
Regeuten (Yalentinian I und seine Söhne Gratianus und Valentinian ü*
J. 375— 383) parallelisiert, oder den Kaiser öfters Gott nennt (praef. epigr.
ad Theodos. 15: non tutum renuisse deo; vgl. grat. act. p. 285. 288. 30<)
extr. Bip.), oder von der Nemesis (Ep. 24, 51 ff.) und der invidia fati (Prof.
Burd. 13, 10) spricht. Auch das christliche Dogma von der Unsterblichkeit
des Individuums steht ihm keineswegs fest, s. Par. 15, 9 f. 22, 15. Prof.
Burd. 1, 39 ff. 22, 22. 23, 13. 26, 7. Aber nichts ist begreiflicher als sol-
ches Schwanken in einer Zeit des Ueberganges. Vgl. Böcking, Jahrbb. d.
rheinl. Alt. Fr. VII. S. 66-68.
5. Symmach. ep. I, 21 rühmt an A. morum gravitas et discipUnamm
vetustas; vgl. ib. 30: es ingenio placabili inter reliqua virtutum. Idyll. 11,
43 schildert Aus. sich selbst als tranquiUus, Clemens, oculis, voce, ore se-
renus. Was er ib. FV praef. von einer einzelnen Arbeit meint, sie sei fii-
catius concinnata quam verius et plus coloris quam suci habens (und ve-
nustula magis quam forticula), gilt so ziemlich von allen. Von einer tüch-
tigen Grundlage seines Wesens zeugt aber die Pietät Womit er von seinen
Angehörigen, besonders seinem Vater, spricht (wiewohl auch hier viel
Eitelkeit mit im Spiel ist) imd die Anhänglichkeit seiner Schüler an ihn.
Sein GedächtnisB ist unerschöpflich und liefert ihm Thatsachen, Notizen,
Reminiscenzen in Fülle, oft wo sie nicht am Platze sind und auch an der
Stelle von Gedanken. Häufig erwähnt er in wie kurzer Zeit er ein Gedicht
hingeworfen habe. Dafür fehlt es denn auch oft an Feile. Er büdet die
verschiedenen metrischen Formen mit Gewandtheit nach, aber doch ohne
feineres Verständniss für die Besonderheit und den geistigen Charakter
der einzelneu. Seine daktylischen Verse baut er zwar in Bezug auf die
Cäsur correct und befolgt in den sapphischen die strengen Regeln des
Horaz ; aber in den iambischen erlaubt er sich den Spondeua auch an deo
geraden Stellen, und in Kürzung langer wie Verlängerung kurzer Silben
manche Willkürlichkeiten. Th. Rähse, de re metr. Ausonii, Berlin 186&
39 pp. Vgl. im Allgemeinen P. Bayle, dictionnaire b. v. C. Q. Hejue,
censura ingenii et morum Ausonii, in sn. Opusc. acad. VI. p. 22—34. J. C.
395 f. Ausonius. Damasns. 875
Demogeot, Stades historiques et litteradres sur Auboqo, Bordeaux 1838.
P. G. Deydou, un poete bordelais: Ausone, Bordeaux 1868. 22 pp.-
6. Die Handschriften enthalten selten die Arbeiten des Ans. voll-
ständig. Die ältesten sind der Vossianus 111 saec. IX und der Sangallensis
899 mit der Jahreszahl 867, welche aber vielmehr dessen Urschrift zu
gelten scheint. Wirre Aufzählung bei Eähse p. 4 f. Die Ausgaben s.
bei Böcking, Jahrbb. d. rheinl. Alt. Fr. VlI. S. 3—11. Wir erwähnen die
editio princeps (V^enedig 1472. fol.), die Ascensiana (Paris. 1511.4), Aldina
(1517. 8), die von Pulmann (Antwerpen 1568. 16), Jos. Scaliger (nebst sei-
nen lectiones Ausonianae, Lugd. 1575. Heidelberg 1588 und sonst), El. Vi-
netus (Bordeaux 1580. 1590. 4.), J. Tollius (Amsterdam 1669. 12.), J. B.
Souchay (Paris 1730. 4.), ed. Bipontina (1785), W. E. Webers Corp. poet.
lat. p. 1206—1267 (ohne die Dankrede).
396, Das Bedürfniss des Ciiltus veranlasste die Abfassung
christlicher Lieder. Zu den ältesten die wir besitzen gehören
die des Damasus (J. 305 — 384), welche schon stark sich dem
Reime zuneigen. Neben den lyrischen haben wir von ihm auch
episch gehaltene, sowie Grabschriften; von seinen prosaischen
Schriften nur Briefe. Dogmatische Schriften sind erhalten von
Pacianus, Optatus, Philastrius. Als christliche Schriftsteller der
Zeit sind uns bekannt Aquilius Severus, Latronianus u. A.
1. Hieron. de vir. ilL 103: Daniasus, romanae urbis episcopus (seit
366), elegans in versibus componendis ingeniam habuit multaque et brevia
metro edidit et prope octogenarius sub Theodosio principe (J. 384) mor-
tuus est. Vgl. chron. ad a. 2382 = 368 (statt 366). Said. v. Jufiaaog,
Hieron. epist. 22, 22: legas . . de virginitate libellos . . papae Damasi . .
versu prosaque composita (volumina). 48, 18. Ammian. XXVII, 3, 12 f
u. sonst.
2. Verse des Damasas sind thcils handschriftlich theils als Grab-
schriften (in Rom) überliefert. Letztere bes. bei de Rossi, Inscriptt. Christ.
I, 329 (p. 146). II. Von des Dam. cultor atque amator, Furias Dionysius
Philocalus (oben 64, 9), sind sie mit besonderer kalligraphischer Zierlich-
keit geschrieben; de Rossi I. p. LVI. Die meisten Verse des Dam. sind
in Hexametern, einige im elegischen Mass; c. 8 in iambischen Dimetern,
c. 30* in katalektischen daktylischen Tetrametern. Letztere beide haben
den Reim, c. 8 freier (bemerkenswerth v. 3 f. der Reim praedicat . . glo-
ria; 11 f. praeparat . . gaudia), c. 30 regelmässiger. Bei den Versen im
epischen Masse ist die prosodische Willkür besonders im Anfang (z. 6.
sordibus depositis, impium maledicum, prophetam Christi) und Ende der
Reihe (preces, frätremque, Irenen) häufig. 3, 1: haec verbä cecinit; 4, 1:
trinä coniunctio mundi; 6, 1 der Hexameter: spes, vita, salus, ratio, sa-
pientia, lumen; ebenso Verschleifung des langen Vocals und Hiatus. Die
Gegenstände sind Apostel, Märtyrer, Päpste, verstorbene Christen (z. ß.
Mutter und Schwester des D.); c. 2 ein Glückwunsch an den Kaiser zu
Ostern. In 37 Gedichten nennt D. 27mal seinen Namen.
r
876 I^ie Kadserzeit. Viertes Jahrhundert.
3. Damasi papae opera quae extant . . cum notis Martii Milesii Sar-
razanii ed. F. Ubaldin, Rom. 1638. 4. Paris. 1672. Damasi carmina sacra
. . illustr. ab A. Rivino , Lips. 1652. Aucta et illustr. ab A. M. Merenda,
Rom. 1754. fol. In Gallandi bibl. patr. VI. Maittaire, opera veterum poett
latt. (2 Voll. London 1713 foL), Migne*s Patrolog. XIII. p. 347 — 375 (Epi-
stolae). 375—417; opera apocrypha p. 423—441.
Ueber Damasus s. z. B. die prolegomena Ton Merenda (bei Migne
XIIL p. 109—347 vgl. p. 417—423). R. Ceillier, bist, g^n^r. VI. p. 454-477.
Hölscher, de Damasi et Hilarii qui feruntur« hymnis sacris, Münster 1858.
4. A. Couret, de Damasi . . carminibus, Grenoble 1870. 79 pp.
4. Hieron. vir. ill. 106: Pacianus, in Pyrenaei iugis Barcilonae epi-
scopus castitate et eloquentia et tam vita quam sermone clarus, scripsit
varia opuscola, de quibus est Cervus (?) et Contra Novatianos. sub Theo-
dosio principe (J. 391) iam ultima senectute mortuus est. Vater des Fla-
vius Dexter. Die Schrift Contra Nov., eine Busspredigt u. a. ist erhalten;
s. Paciani opera studio Jo. Tilii, Paris 1538, in der Bibl. patr. max. IV.
p. 305, in Gallandi bibl. patr. VII. p»257 ff., und in Migne's Patrolog. XIH
üeber P. vgl. R. Ceillier VI. p. 713—739.
5. Hieron. vir. ill. 110: Optatus Afer, episcopus Milevitanus, ex
parte catholica, scripsit Valentiniano et Valente principibus adversum Do-
natianae partis calumniam libros VI (Var.: VU). Ausgaben davon: 1549
fol. Ed. Fr. Balduinus, Paris. 1563 u. sonst. Opera et studio L. EUies da
Pin, Paris. 1700 fol. u. sonst. In Gallandi bibl. patr. V. p. 461 ff. Cor.
F. Oberthür, Würzburg 1790. In Migne's Patrolog. XI.
6. Augustin. de haeres. praef.: Philastrius quidam Brixiensis epi-
scopus, quem cum sancto Ambrosio Mediolani etiam ipse vidi, scripsit hinc
librum nee illas haereses praetermittens quae in populo iudaeo fuerunt ante
adventum domini easque XXVIIl commemoravit et post dorn. adv. CXXVUI.
scripsit hinc etiam graece episcopus Cyprius Epiphanius, aus Philastrius
schöpfend. Philastri de haeresibus liber in Migne's Patrol. XII und bes.
in Fr. Oehler's Corpus haeresiologicum I (Berlin 1856) p. 1—185. Vgl. R.
Ceillier, bist. g^n. VI. p. 739—751. Der Nachfolger des Ph. war Gauden-
tius, in der Zeit des Ambrosius.
7. Hieron. vir. ill. 111: Aquilius Severus in Hispania, de genere
illius Severi ad quem Lactantii duo epistolarum (in)scribuntar libri (oben
374, 2), composuit volumen quasi oäotnogiTiov totius suae vitae statiun
continens tam prosa quam versibus, quod vocavit KatixaTffoq>riv aive Ilit-
gavj et sub Valentiniano principe obiit.
8. Hieron. vir. ill. 122: Latronianus, provindae Hispaniae, valde eru-
ditus et in metrico opere veteribus comparandus, caesus est Treveris com
Priscilliano (J. 385; vgl. Sulpic. Sev. chron. II, 51, 3). . . extant eins ingenü
opera diversis metris edita. Vgl. oben 391, 4.
9. Hierou. vir. ill. 123: Tiberianus Baeticus scripsit pro suspicione
qua cum Priscilliano accusabatur haereseos apologeticum tumenti compo-
sitoque sermone.
396 f. Damasus, PhilastriuB n. A. Dictys. 877
397. Ungefähr aus dieser Zeit stammen zwei lateinische
Uebersetzungen des Diktys und des Josephus. Die lateinische
Bearbeitung der fabelhaften Geschichte des trojanischen Krieges
von dem angeblichen Kjreter Diktys trägt den Namen eines
Septimius und hat eine künstiiche, überallher zusammengetragene
Sprache, voll Archaismen, poetischen Wendungen und späten
Bildungen. Von alten Mustern ist vorzugsweise Sallust befolgt.
Bedeutend jünger ist wohl die Uebersetzung einer m^eren Dar-
stellung desselben Gegenstandes durch den angeblichen Phrygier
Dar es. Beide lieferten dem Mittalter den StoflF zu seinen tro-
janischen Rittergeschichten. Die Uebersetzung von Josephus'
Geschichte des jüdischen Bjieges, welcher lange Zeit irrthümlich
der Name Hegesippus beigelegt wurde, ist aus der Zeit des
Ambrosius, wo nicht von diesem selbst verfasst. Das Original
wird darin theils verkürzt theils rhetorisch erweitert; auch macht
sich der christliche Standpunkt des Bearbeiters lebhaft geltend.
1. Suidaa e. v. JUtvg (I. p. 1369 f. Bnh.): JUzvg tatoQi'Kog. ^yQUxfjBv
'Etpi^fisgida. iüri dl ta (isd"* "^O^riqov naxotXoydSriv iv ßißXioig -0"', 'itaXiticCy
TQoaX'nov dia'Hoafiov, ovxog ^ygatps ra nsgl dgnay^g'ElivTjg xal tcsqI Ms-
vbXccov xal näarjg iXiaiiijg vnod'iasmg, Eudokia (p. 128) erwähnt auch den
Uebersetzer {ZsTcxrjiLtvog). Das griechische Original hat Malala in ver-
kürzter Gestalt seiner Chronographie einverleibt. Direct oder iudirect
aus dem Originale stammt auch was Suidas 1. 1. über die Einkleidung des
Buchs berichtet: ott inl KXavdlov tijg Kgr^tT^g vnb osiaiiov TiatBVBx^^^ovs
xal TCoXXmv tdqxov civBiox^ivtcav sigid-q iv ivl xovxmv x6 üvvtayfia x'qg
taxogCag dl%xvogj xov T^ooVxoy iiBgiB%ov noXBfiov, onBg Xaßcav KXavdiog
i^e^ooxc ygdq)Bad'ai, Diess stimmt zu dem prologus der lateinischen Fas-
sung : Dictys . . f uit socius Idomenei . . et Merionis, . . a quibus ordinatus
est ut annales belli troiani conscriberet. igitur de toto hello X (Dederich
emendiert: IX) volumina in tilias digessit phoeniceis litteris. quae . . prae-
cepit moriens ut secum sepelirentur. . . verum . . tertio decimo anno Ne-
ronis imperii (J. 66 =: 819 d. St.) in Gnoso civitate terrae motus facti etc.
pastores . . ad suum dominum Eupraxidem . . pertulerunt. qui . . htteras
Butilio Rufo, illius insulae (Kreta) tunc consulari , obtulit. ille . . ad Ne -
ronem oblata sibi transmisit. . . Nero . . iussit in graecum sermonem ista
transferri. . . quorum seriem qui sequitur textus ostendit. Das Werk ge-
hört daher zu der Wunder- und Schwindelliteratur wie sie im Zeitalter
des LuManos und Apulejus besondere üppig aufschoss, aus welchem daher
das griechische Original stammen wird. Dass der Redende selbst Augen-
zeuge des Erzählten gewesen sei prägt er wiederholt ein (I, 13. V, 17.
VI, 10).
2. Zu dem Vorwort des griechischen Originals fügt der Uebersetzer
noch ein eigenes, worin die meisten Angaben von jenem wiederholt wer-
den, so dass dasselbe wohl bestimmt war au die Stelle desselben zu treten.
Es war aber durch seine Stellung der Gefahr des Untergangs leichter aus-
g78 ^^^ Kaiserzeit. Viertes Jahrhundert.
gesetzt und fehlt in vielen Hdss. Hauptinhalt: L. (Yar.: Q.) Septimius Q.
Aradio s. d. Ephemerida belli troiani Dictys Cretensid , . conscripsit litteris
punicis etc. nobis cum in manus forte libelli venissent ayidos verae histo-
riae cupido incessit ea uti erant latine disserere, non magis confisi ingenio
quam ut otiosi animi desidiam discuteremus. itaque priorum quinque vo-
luminum . . eundem numerum servavimus ; residua quattuor de reditu Grae-
corum in unum redegimus atque ad te misimus. tu, Bufine mi, ut par est,
fave coeptis. Der Adressat heisst also Q. Aradius Rufinus. Ein Aradios
Rufiuus wurde J. 304 und dann wieder zweimal im J. 312 n. Chr. praef.
nrbis (Chronograph von 354, S. 628 Mo.) und ist wohl auch der Cos. Ro-
finuB des J. 316; ein anderer (dessen Sohn oder Enkel?) bei Ammian. XXIU,
1, 4: Bufinum Aradium comitem orientis in locum avunculi sui luliani re-
cens defuncti provexit (Julianus, J. 363). Vgl. Cod. I^heod. X, 19, 2. Wohl
dem Ersteren gilt das Epigramm des Vaters von Symmachus (Symm. Ep.
I, 2) worin Ar. Buf. z. B. unus amor cunctis et praesidium trepidorum
heisat. Einer von beiden ist wohl auch der Adressat des Septimius, wel-
chen Letzteren man wohl eher imter den Schulmännern der Zeit zu suchen
hat als (mit Perizonius) unter den hohen Staatsbeamten.
3. Für das Zeitalter des Septimius lässt die Person des Adressaten
(s. A. 2) die Wahl nur zwischen dem Anfang des vierten Jahrhunderts und
dessen zweiter Hälfte. Dazu stimmt auch seine Sprache, welche, nach den
Nachweisungen von Dederich p. XXXVIII— LVI and in seinem Glossariam
Sept. p. 241 ff. (vgl. Perizonius ib. p. LXXXVI f.), zwar mit Apolejus manche
Berührungspunkte hat (p. XLVIII— LIV), aber ebenso viele mit dem ver-
meintlichen Hegesippus, mit Ammianus, Sulpicius Severus, Orosius u. a.
Wir entscheiden uns daher für die Zeit des Theodosius I. Die Verglei-
chung mit Malala zeigt übrigens mit welcher Freiheit der lateinische Ueber-
setzer verfahren ist. Die eingestreuten Beden (bes. II, 21 ff". V, 2) sind
besonders deutlich den sallustischen nachgebildet. Ausser Sallust ist aber
auch Cornelius Nepos, Livius u. a. ausgebeutet.
4. Die lateinische Uebersetzung des Septimius wurde im Mittelalter
viel benützt und daher auch häufig abgeschrieben. Die älteste und ba»te
Handschrift ist der Sangallensis 205 saiec. IX. Ausgaben meist zusam-
men mit Dares. Colon. 1470 oder 1475. Mediol. 1477 fol £d. Cratander,
Basil. 1529. Spätere von Jos. Mercerius (Paris 1618. Amstel. 1631), Anna
Tan. Fabri filia (Paris 1680. Amstel. 1702. 4.), U. Obrecht (cur. S. Artopoei,
Argentor. 1691), L. Smids (Amstelod. 1702. 4.), und bes. A. Dederich (Bonn
1832; wohlfeilere Ausg. Bonn 1837; CXVUI u. 544 pp.), wo auch (p. LVII
— CXVII) lac. Perizonii dissertatio de D. Cr. etc. Vgl. G. P. Hildebrand
in Jahns Jhbb. XXUI. S. 278 ff.
5. Aelteste deutsche Uebersetzung mit dem Titel: Warhafftige Hi-
stori vnd beschreybimg v. d. Troianischen krieg vnd Zerstörung der Stadt
Troie, durch die hochgeachteten Geschichtschreiber Dictyn Creteusem vod
Darem Phrygium, Erstlich in Griech. sprach beschriben, darnach Latein,
vnd yetzund newlich durch Marcuhi Tatium a. d. Latein ins Teütsch ver-
wandelt, vormals nie gesehen, mit durchaus schönen Figuren gezierei
Augsp. 1536. fol.
6. Ptol. Hephäst. I (bei Phot. cod. 190): 'Avzinaxqo^ di tpi^^if o
397. Uebersetzungen des Dictys und Dares. 879
'Anäv^iog ddgrjTa, ngo 'OfijJQOv yQUiffavta rrjv 'iXidSa^ fivi^fiova ysvsa^ai
ExTOQog vnhg tov firi dveXsCv IIcctqo-kXov. Der Name Dares ist entnom-
men aas Ilias V, 9 ff. Er wurde von einem griechischen Schriftsteller zum
Träger einer Erzählung des trojanischen Krieges vom Standpunkte der
Trojaner gemacht; in welcher Zeit, ist unbekannt; doch kennt Aeiian
(ums J. 170 n. Chr.) die Schrift bereits; s. Var. bist. XI, 2: xal tov ^Qvya
ds dccQTjxaj ov ^Qvyiuv 'lliddu ^tt xal vvv dnocco^ofiivriv oMa, ngo^Ofii]'
Qov xai Tovtov ysviad-ai Xiyovai. Der griechische Dares war somit älter
als der griechische Diktys.
7. Der lateinische Bearbeiter nimmt die Maske ^es Cornelius Nepos
vor, welchen er — bezeichnend für seine Geschichtskenntniss — seine Ueber-
setzung dem Sallustius Crispus widmen lässt. Er sagt; Cum multa Athe-
nia studiosissime agerem inveni historiam Daretis Phrygii, ipsius manu
scriptam, ut titulus indicat, quae de Graecis et Troianis memoriam man-
dat. quam ego summo amore complexus continuo transtuli. cui nihil adi-
ciendum vel deminuendum rei formandae causa putavi, alioquin mea pos-
set videri. Optimum ergo duxi ut ita ut fuit vere et simpliciter perscripta
sie eam in latinitatem ad verbum transVerterem , ut legentes coguoscero
possent . . utrum magis vera esse existiment quae Dares Phrygius memo-
riae commendavit . . anne Homero credendum. . . de qua re Atheuis iu-
giter fuit mentio, cum pro insano Homerus haberetur quod deos cum ho-
minibus belligerasse descripserit. Die Behauptung treuer Wiedergabe des
Originals kann aber nicht richtig sein; wenigstens die uns erhaltene Fas-
sung muss eine Abkürzung sein, da gleich der Kath welchen im Original
Dares dem Hektor gab (s. A. 6) in der lateinischen Bearbeitung nicht vor-
kommt. Vgl. auch c. 12: Dares Phrygius, qui hanc historiam conscripsit,
ait se militasse usque dum Troia capta est. hos se vidisse etc. c. 44:
hactenus Dares Phr. graecis litteris mandavit. . . hucusque historia Daretis.
8. Schilderung der troischen und griechischen Helden c. 12 f., z. B.
Helenam . . cruribus optimis, notam inter duo supercilia habentem. Das
Ganze besteht aus lauter -ganz kurzen einförmigen Sätzchen. Die Haltung
ist die einer Epitome. Die Sprache ist einfach und arm, doch ohne erheb-
liche Fehler. Ein selbständiger Charakter tritt nicht hervor. Aus saec. IX
haben vtrir bereits Handschriften, die St. G aller (A. 4); nächstdem die Bam-
berger saec. X u. Yiudobon. saec. XII. Isidor scheint nur von dem grie-
chischen Original zu wissen, Orig. I, 41 : historiam primus apud nos Moyses
. . conscripsit; apud gentiles vero primus Dares Phr. de Graecis et Troia-
nis historiam edidit, quam in foliis palmarum ab eo conscriptam esse fe-
runt. post Daretem autem ip Graecia Herodotus primus historiographus
habitus est. Erste Erwähnung der lateinischen Bearbeitung bei Heinrich
von Braunschweig (saec. XIV). Benützt hat sie aber schon Joseph von
Exeter (Iscanus) und Konrad von Würzburg. Cholevius, Gesch. d. deut-
schen Poesie nach ihren antiken Elementen (1854) I. S. HO ff. Auch eine
Historia Daretis Frigii de origine Francorum (welche von den Trojanern
abstammen wollten) ist handschriftlich vorhanden, aber noch nicht ver-
öffentlicht. Damach ist vielleicht auch die Historia excidii Troiae eine
fränkische Arbeit.
9. Ausgaben meist mit Diktys - Septimius ; s. A. 4. Zuletzt von A.
Dederich, Bonn 1835 und seiner Ausg. des Dictys (1837) angehängt.
ggO Die Eaiserzeit. Yieitos Jahrhundert.
J. G. Eccios, de Darete Phrygio, Lips. 1768. J. Schmid, Beiträge cor
Kritik des D. Phr., Zeitßchr. f. Österreich. Gymn. XX. 1869. S. 819—830.
10. Ueberschrifl im Cassellanus: losephi über I etc. Daraus loseppaa^
losippus, Aegesippus, Egesippus, Hegeeippus. Das griechische Original i^t
theils gekürzt (B. V = Joseph. V— VII), theils durch Zusätze aus andern
Quellen (bes. römischen) und rhetorische Zuthaten erweitert und ins Chnst-
liehe umgefärbt (z. B. II, 12. III, 2. lY, 5). Constantinopel ist Residenz
(III, 5); auf Abfassung gegen Ende von saec. IV deutet V, 15, 24 ff. Diess
ist die Zeit des Ambrosius, und diesem schreiben Mediol. und andere HdBs.
die Uebersetzung zu. Auch die rhetorische Bildung des Verf. und seine
Bekanntschaft z. B. mit Sallust, sowie manche einzelne Spracheigenthüm-
lichkeiten würden stimmen. Benützung der Bibelübersetzung des Hiero-
nymus ist nicht erweislich, wohl aber Benützimg dieser Uebersetzung des
Josephus durch Isidor. J. Caesar an Webers Ausg. p. 390—399.
11. lieber die Handschriften der Josephus -Uebersetzung, unter wel-
chen die Mailänder (saec. VII) imd die Kasseler (saec. VIII— IX) die älte-
sten sind, s. Caesar p. 399 — 403. *
12. Editio princeps Paris 1510. Darauf 1511. 1624. Colon. 1525. 1530.
1544. Ed. Cornelius Gualtherus Gandavensis, Colon. 1559. 1575. In der
Bibl. patr. maxima (1677) V. p. 1123—1209; in Gallandi bibl. patr. (Ven.
1788) VII. p. 653—771, und Migne's Patrol. curs. XV (1845). p. 1962—2206.
Kritische Ausgabe von C. F. Weber: Hegesippus qui didtur s. Eges. de
hello iudaico, ope cod. CasseU. recognitus; opusmorte Weberi interruptom
absolvit C. I. Caesar, Marburg 1864. 404 pp. 4. (zuerst in 8 Marburger
Universitätsprogrammen, 1857—1864).
13. Sonstige Uebersetzungen aus dieser Zeit. Symmach. ep. III, U
(Naucellio): opusculi tui quo prisca cuiusque reip. ex libro graeco in la-
tinum transtuHsti.
14. Etwa aus dem Anfang von saec. V ist die besonders durch Bob-
bio'sche Palimpseste erhaltene Uebersetzung der Thierheilkunde des Fe-
lagonius, welcher den Columella citiert und etwa in der Zeit des Con-
stantin geschrieben hatte. In den Hippiatrid Paris 1530 fol. Basil. 1537.
4. Pelagonii veterinaria ex Riccardiano codice exscripta ab los. Sarchiano
nunc primum edita cura C. Cionii, Florent. 1826. Dazu Wiener Jahrbb.
XXVI. (1824), Anzeigebl. S. 25 ff. 32 ff". XLIV (1828). S. 141 ff. Anzeigebl.
5. 46 ff. H. Molini, sopra la veterinaria di F., Padua 1828. F. Oaami,
quaedam de Pelagonio Hippiatricorum scriptore, Giessen 1843. 4.
15. Für die Kenntniss der lateinischen Volkssprache sehr wichtig ist
eine vor Hieronymus verfasste Bibelübersetzung (Itala) , die für Leviticia
imd Numeri e codice perantiquo Ashburnhamiense herausgegeben wurde
London 1868. Bibliorum sacr. latinae versiones antiquae, seu vetus italica
etc. opera et studio P. Sabatier, Paris. 1751. 3 Voll. fol. Latinae vet
test. vefsionis antehieronymianae fragmenta e cod. Fuldensi eruta ed. E
Ranke, Marburg 1856.
16. Die Uebersetzungen des Hieronymus und Rufinus s. unten 40S
und 409.
397 f. Uebersetzung des Josephus u. A. 881
b. Die Zeit von Theodosius I. J. 379 ff.
398. Von den Kaisem in den beiden letzten Jahrzehnten
des vierten Jahrh. hatte nur Gratianus (J. 359 — 383) Sinn für
Literatur. Theodosius I (J. 346 — 395), wie Trajan überwiegend
Kriegsmann, theilte seine Thätigkeit als Kaiser (379 — 395) zwi-
schen Kämpfe gegen äussere Feinde an den Ost- und Nord-
Grenzen seines Reiches sowie gegen Usurpatoren (Maximus und
Eugenius) und Bemühungen zur Ausbreitung der nikänischen
Orthodoxie auf Kosten des Polytheismus und der arianischen
Lehre. Wirklich erlischt allmählich der Polytheismus. Zwar
halten einzelne Kreise, wie in Rom -die Familien Symmachus
und Nicomachus, mit dem Interesse für die alte Literatur auch
die Anhänglichkeit an den alten Glauben noch länger fest.
Aber ihre Bestrebungen werden immer vereinzelter und er-
folgloser: Symmachus und Ammiaaus sind die letzten nam-
haften Vertreter des Polytheismus in der Literatur. Li demselben
Verhältniss wächst die Zahl und die Bedeutung der christ-
lichen Schriftsteller. Alle überragt die Gestalt des Ambrosius.
An Vielseitigkeit des Wissens und der literarischen Thätigkeit
thut keiner es dem Hieronymus gleich, und auch von der Wirksam-
keit des Augustinus fallen die Anfänge schon in diese Zeit. Li
manchfachen metrischen Formen verfasst Prudentius Gedichte
christlichen Inhaltes und bald nachher wird durch Sulpicius Se-
verus und Orosius die Geschichte aus christlichen Gesichtspunk-
ten bearbeitet. Das Dogma herrscht und bethätigt sich auch
auf dem Gebiete der Geschichte und der Auslegung durch alle-
gorische und symbolische Auffassung der biblischen Gestalten
und Vorgänge. Sonst hat die Zeit ausser Vegetius nur Rhe-
toren wie Pacatus und Grammatiker wie Servius und Ti. Do-
natus aufzuweisen.
1. Victor Epit. 47, 4: fliit Gratianus (s. oben 376, 2) litteris haad
mediocriter institutus (vgl. 395, 1): Carmen facere, omate loqui, explicare
controversias rhetoram more. Auson. epigr. 1, 5 (bellandi fandique potens
AogustuB) and grat. act. p. 297. Symmach. paneg. Grat. 7. £p. X, 21:
Musis in palatio loca, lautia tu dedisti. Vgl. Cod. Theod. XIII, 13, 11.
Sozom. VII, 1: vo^ov ^d'sto fisz' dds£ag iiidiatovg d'Qriansvsiv (og ßovXov-
Tat, xal ix^lriaiccis^v^ nl^v Mavi%al(ov xal zoiv xä ^oatsivov xal Evvo-
fiLOv €pQovovvt(üv. Symmach. ep. X, 61: nil ille decerpsit sacrarum vir-
ginum privilegiis, decrevit nobilibus sacerdotia, romanis caerimoniis non
nogavit impensas, . . cumque alias religiones ipse sequeretur has servavit
imperio.
2. Victor epit. 48, 9 über Theodosius (oben 376, 2): simplicia in-
Teuffi'l, rom. Litcralurgeschklil«*. i){)
882 ^iß Kaiserzeit. Viertes Jahrhandert.
genia aeqae diligere, erudita mirari, sed innoxia. Theodos. ad Aasonimii
(Auson. opp. p. 335 Bip.): amor meus qui in te est et admiratio ingenii
atque eruditionis tuae . . fecit, parens iucundissime , ut . . familiärem ser-
monem autographum ad te transmitterem , postulans pro iure . . privatae
inter nos caritÄtis ne fraudari me scriptorum tuornm lectione patiaria, qaae
olim mihi cognita et iam per tempus oblita rursum desidero. Auson. epigr.
praef. 9 f.: scribere me Augustus iubet et mea carmina poscit paene ro-
gans. Auch Libanios und Themistios, so gut wie Symmachus, blieben von
dem Kaiser, trotz seines orthodoxen Eifers, unbehelligt, ja geschätzt und
befördert. Symmach. ep. V, 35; romanae iuventutis magistris subsidia
sollenmis alimoniae detracta sunt. Pet. Erasm. Müller, comm. bist, de genio,
moribus et luxu aevi Theodosiani, 2 Partes, Kopenhagen 1797. H. Bichter,
das weströmische Reich (1865) S. 407 ff. A. de Broglie, Täglise et Tem-
pire romain au IV« si^cle; III: Valentinien et Theodose, Paris 1866. 2 Voll.
464 u. 533 pp.
399. Eine hervorragende Stelle unter den Anhängern der
alten Zeit nimmt drei Generationen hindurch die Familie der
Symmachus ein, von welchen der berühmteste der mittlere
ist, Q. Aurelius Symmachus (um 350 — 420), Cos. 391 n. Chr.
Ehren werth von Charakter,, aber ohne Energie und mit den
Vorurteilen eines römischen Patriciers behaftet, hat er selbst
wenig Glauben an den Bestand seiner Sache. Seine Leichtig-
keit und Eleganz in mündlicher und schriftlicher Darstellung
haben auch Gegner anerkannt. Wir besitzen Proben seiner ju-
gendlichen Beredtsamkeit in drei zum grösseren Theile erhalte-
nen Lobreden auf Valentinian I und dessen Sohn, den jungen
Mitkaiser Gratianus ; sie theilen' die Manier der übrigen Pane-
gyriker, stehen aber den besseren derselben an Gehalt entschieden
nach. Aus seinen reiferen Jahren haben wir grössere Stücke
aus sechs Senatsreden. Wichtiger sind seine Briefe, welche viel-
leicht von seinem Sohne gesammelt und, in Nachahmung der
Sammlung des jüngeren Plinius, in zehn Büchern herausgegeben
worden sind. Sie geben mit ihrer glatten Inhaltslosigkeit ein
Bild von der Schwächlichkeit ihres Verfassers und seines Krei-
ses. Am bedeutendsten ist die amtliche Correspondenz im zehn-
ten Buche, namentlich das Gesuch um Wiederherstellung des
Altars der Victoria im Sitzungssaale des Senats, welches den
Bischof Ambrosius und den Prudentius zu Gegenschriften ver-
anlasste.
1. Der Vater des Redners. Orelli 1186: Lucio Aur. Avianio Symmacho
V. c. praefecto urbi (J. 364 nach dem cod. Theod. z. B. I, 6, 2; vgL Symm.
Ep. II, 44. Ammian. XXVII, 3, 3: inter praedpua nominandus exempladoe-
399. SymmachuB. * 883
trinaram et modestiae), consali (um 376? vgl. A. 4), pro praefecüs praetorio in
urbe Roma finitimisqae provinciis, praefecto aunonae urbis Romae, pontifici
maiori, Quindecemviro s. f., multis legationibus pro ampl. ord. desideriis
apud divos principes functo (z. B. bei Constantius, Ammian. XXI, 12, 24),
qui primae ^ senatu Bententiam rogari solitus auctoritate, prudentia atq.
eloquentia . . magnitudinem loci eiuB inpleverit, auro inluBtrem statuam
etc. (J. 377). J. 381 oder 382 war er noch am Leben ; s. Symmach. ep. I,
101. Vgl. 1,44: egit ille senatui gratias ea facundiae gravitate qua notus
eBt. Brief von ihm an seinen Sohn ep. I, 2, worin: quia nihil est quod
agam et, si nihil agam, subit me maiorum meorum misera recordatio, in-
veni quod illis libellis quos naper dictaveram possimus adicere. Es sind
6 (mittelmäsBige) Epigramme von je 6 Hexametern auf angesehene Männer
seiner Zeit, in Nachahmung der Hebdomades des Varro (oben S. 234 f.).
Briefe seines Sohnes an ihn Ep. I, 1. 3—12.
2. Orelli 1187 (aus Rom): Q. Aur. Symmacho v. c, Quaest. (Epp.
IX, 119), Praet. (Epp. VÜI, 14), Pontifici maiori (vgl. Epp. I, 47. 49. 51.
IX, 108. 128 f.), correctori Lucaniae et Brittiorum (J. 365, s. Cod. Theod.
Vni, 5, 25), comiti ordinis tertii, procons. Africae (J. 373, Cod. Theod. XH,
1, 73; vgl. Renier Inscr. de TAlg. 2740. Symm. ep. VUI, 5. 20. X, 1), praef.
urb. (J. 384 imd 418 f.), cos. ordinario (J. 391, vgl. Epp. H, 62 — 64. 81.
V, 15. IX, 130), oratori disertissimo. Vermählt war er mit Rusticiana (ep.
X, 54, vgl. Sidon. Ap. ep. II, 10), der Tochter von Orfitus (ep. IX, 131. X,
54), wohl dem praef. urbi J. 355—359, und hatte von ihr eine Tochter und
einen (einzigen, s. ep. 17, 5. V, 68. VI, 7. 41.) Sohn, Q. Fab. Memmius
SymmachuB (Orelli 1187 f.), welcher noch bei Lebzeiten des Vaters die
Quästur (z. B. quaestorium parvuii nostri munus, ep. V, 22) und Prätur
(praet. urb.) erlangte, rhetorisch gebildet war (ep. VI, 34 vgl. 61. VII, 9.
VIII, 69. IV, 20), imd zur Frau hatte die Enkelin des älteren Nicomachus
Flavianus (Orelli -Henzen 5593 vom J. 431; vgl. ib. 1188), während des
Symm. Tochter vermählt war an den Oheim seiner Schwiegertochter, den
jüngeren Nicomachus Flavianus (unten 402, 1 f.). Kinder der Tochter: dul-
cissimi nepotes, Ep. VI, 40; nepticula mea Galla ib. VI, 32. Nachkommen
des Sohnes sind wohl die Q. Aurelii Symmachi welche Coss. waren J. 446,
485, 522 (Q. Aur. Anicius Symm.). Des Redners Wohnung in Rom war
auf dem mons CaeHus (Epp. VII, 18 vgl. 19); ausserdem hatte er zahlreiche
Besitzungen, z. B. bei Formiä, Cora, im Laurens ager, in der Nähe Roms
(suburbanum) wie in Sicilien (IX, 51) und Africa (VII, 66). Zwei Brüder
starben vor ihm (I, 46. 101. III, 6. 19).
3. Tirodnium des Redners Symm. in Germanien neben Ausonius, s. oben
396, 1. Vgl. Epist. I, 14. in Valent. II, 6. 8. Gallischer Lehrer der Be-
redtsamkeit, s. oben 369, 10. Da ums J. 360 Symm. schon ein hoffnungs-
voller Knabe war (Liban. epist. 923), so wird er spätestens J. 350 geboren
sein. Gestorben kann er nicht vor 420 sein, da er in den Wirren bei der
Papstwahl nach dem Tode des Zosimus (f 26 Decbr. 418), zwischen Eula-
lius und Bonifacius I, als praef. urb. eine Rolle spielte (Epist. X, 71 — 83).
Ueber seine Gesundheit hat S. in seinen Briefen fast so viel zu klagen wie
Fronto, namentlich auch über Podagra und Chiragra.
4. Reden des Symm. sind (aber keine vollständig) erhalten durch
56*
534 I^i^ Eaiserzeit. Viertes Jahrhundert.
ein Mailänder Palimpsest saec. VI, herausgg. von A. Mai (Mediol. 1815
=» Frankf. 1816 und in Niebuhrs Ausg. des Fronto, BeroL 1816), dann
aus einem cod. Vatic. und Bobiens. vermehrt an Mai's iuris dv. anteinsi
reliqq. (Rom 1823), in der Scriptor. vett. nova coli. T. I, 4. imd an Mai's
Ausg. von Cic. de rep. (Rom 1846). H. C. A. Eichstädt, de Symm. oratt
particc. ab A. Maio in lucem protr., Jena 1816. 4. H. Meyer, oratt rom,
fragm.* p. 627—636. Diese Stücke sind aus folgenden neun Reden: Zwei
Lobreden auf Valentlnian I, gehalten in Gallien, die eine frühestens J. S68
(wegen c. 9 lustrum imperialium annorum), die andere auf des Kaisers
drittes Cousulat, J. 370, beide jugendlich bombastisch und mit Geschmacks-
fehlern (wie I, 1 caesam glaciem potare; I, 3 Graüanus seminarium prin-
cipatus et vena regalis genannt; U, 12: navigia ripam momorderunt). 3.
Lobrede auf den jungen Augustus Gratianus, also frühestens Ende 367 ge-
halten, vor Gratianus, wahrsch. in Trier. 4—5 Reden im römischen Senat,
lauter kurze Stücke (höchstens 4 Capp.), nämlich 4. bei Einführung eines
Consul, über die Methode der Consulwahl in seiner Zeit (Ernennung durdi
den Kaiser auf Vorschlag — postulatio — des Senats) ; 5. Danksagung für
die Wahl seines Vaters zum Consul, nach dem Tode von Valentinian I,
J. 376 oder 377; 6. Empfehlung des jungen Trygetius für die Quästur (vgl
Ep. I, 44. 5*2); 7. Antrag (petitio, vgl. Ep. V, 43) auf Aufnahme des Sohns
von lulianus Rusticus (s. A. 6), Synesius, in den Senat; 8. Empfehlung dee
neuen Senatsmitgliedes Severus; 9. Empfehlung des Valerius Fortunatus
für die Quästur (hrsgg. von Mai 1823).
5. Ausserdem werden in den Briefen des Symm. erwähnt zwei Senati-
reden, quarum ima, ad Polybii filium pertinens, ex recenti negotio nsta
est, altera dudum, cum res in curia agitaretur, a me parata, nunc opere
largiore aucta processit; huic argumentum est repudiata censura (Nicht-
wiedereinführung derselben), quam tunc totius senatus fugavit auctorita«^
(Ep. IV, 46). Vgl. Ep. IV, 29. V, 9 (una ad urbanös fasces resultaotea
candidatum tenuit, alteri argumentum dedit iam pridem decreto senatos
improbata censiura). I, 105 (libellus quo nuper in senatu sustuli civiom
secunda sufi^agia). VII, 58. Dazu die Lobrede auf den Usurpator Maxi-
mus (Ep. n, 31), welche aber dem Symm. von Theodosius sehr verübelt
wurde (post amaros casus orationum mearum, Ep. VIII, 69 vgl. Cassiod.
bist. trip. IX, 23. Sokr. h. e. V, 14. Suid. v. Ttad-oaicoaig) und Begütigungs-
schreiben wie laudes Theodosii (Ep. II, 13) nach sich zog. Ep. IV, 64:
nee tantum epistulas poscis, oratiunculas quoque nostras non editas deferri
in manus tuas praecipis. . . misi igitur ex recentioribus numero quinqae.
6. Die Briefe sind, öfters unter Verletzung der Zeitfolge, nach den
EmpRlngern geordnet. B. I enthält die Briefe an seinen Vater (1 — 12),
Ausonius (13—43), Agorio Praetextato (44—55. 74), (Anido) Probo (56—61),
Celsino Titiano fratri (62—73), Hesperio (75—88), Antonio (unten 400, 2), Sya-
grio (94—107. II, 14 f. 49). Buch II fast nur Briefe an Flavianus frater (unteo
402, 1). B. III: luliano Rustico (1— 9),Naucellio (10—16), Gregorio (unten 400,
3), Mariniano (23—29), Ambrosio (30—37), Hilario (38—42), Silurio (43—46),
Eutropio (46—53), Ricomeri (54—70), Timasio (71—73), Promoto (74—80), Ku-
fino (81-91). B. IV: StiUconi (l -14), Batoni (15 f.), Protadio (17-34), Mi-
nervio (35—49), Florentino (50—57), Eupraxio (58—65), Eusignio (66-84).
•5? -^
399. Symmachus. 885
Buch V: Hierophanti (1—3), Theodore (4—16), Magnillo (16 — 33), Hephae-
stioni (34—37), Neoterio (38—46), Felici (47—54), Sallustio (55-67), Patemo
(58—66), Olybrio et Probino (67—71), Licinio (72—77), Helpidio (78—98).
B. VI die Briefe Nicomachi filiis, an den Schwiegersohn des Symm. und
dessen Bruder. B. VII: Symmacho filio (1—15), Attalo (16—25), Macedonio
(26-29), Attico (30—34), Decio (35—60), Patricio (61—66), Alypio (67—71),
fratribus (72—80), Messalae (81—92), Longimano (93 — 101), Petronio et
Patruino (102—104), Patruino (105 — 128. VIII, 18 f.), Sibidio (129 — 131).
B. VIII enthält vereinzelte Briefe an viele Personen, sowie solche von un-
bekannter Adresse, was noch häufiger ist in B. IX. In B. X die amtliche
Correspondenz mit Theodosius sen., Gratianus Aug., Valentinianus, Theo-
dosius, Honorius; insbesondere als praef. urbi (22 — 83). Selten sind Briefe
seiner Correspondenten, wie seines Vaters (I, 2), des Ausonius (I, 32) und
die kaiserlichen Erlasse X, 72 ff.
7. Trotz der Stellung des Briefschreibers und der meisten seiner
Adressaten tragen die Briefe des S. dennoch zur Kenntniss der Zeitge-
schichte verhältnissmässig wenig bei (cassa rebus oratio, Ep. III, 10 vgl.
II, 35). Sogar Tagesneuigkeiten sind nur B. VI stärker vertreten (vgl. I,
46. II, 36. 57), und auch Geschäftsbriefe wären nicht zahlreich wenn nicht
der Ankauf von Rennpferden, Gladiatoren und seltenen Thieren (VI, 43.
IX, 132. 125. X, 19) für die eigenen Spiele und die seines Sohnes die Fe-
der des S. in fast fieberhafte Thätigkeit versetzte. Zahllos sind dagegen
die Empfehlungsschreiben (Ep. IV, 48: litteras nonnullis humanitate prae-
stamus), die Fürsprachen für näher und ferner Stehende (I, 64: common-
dari a me episcopum forte mireris. causa istud, non secta, persuasit; vgl.
VII, 51: trado sancto pectori tuo . . Severum, episcopum omnium sectarum
attestatione laudabilem), sogar Bettelbriefe (z. B. IV, 67. VII, 116) und
Brautwerbungen für Andere (IX, 7. 43. 49). Nächstdem Glückwünsche,
Beileidsbezeugungen, Todesanzeigen, Einladungen, Grüsse, Reisen, eigene
und fremde Gesimdheit, Theuerungsverhältnisse u. dgl., besonders häufig
Klagen dass Adressat so selten oder so kurze Briefe schreibe oder Ver-
theidigung gegen solche Klagen Anderer. Wiederholungen sind nicht
selten, z. B. der Satz dass der Verreiste zuerst zu schreiben habe findet
sich zehnmal (III, 3. IV, 23. V, 30. 70. 73. VI, 60. VIII, 56. 60. 63. IX, 63).
VII, 81. 83.^ 89 ist an dieselbe Person, V, 54 u. 66 an verschiedene dasselbe
geschrieben. Auch eine Anzahl Ausdrücke (wie stilus, paginae, summates,
delenimentum) kehrt oft wieder, und sehr häufig beginnen die Briefe mit
einer Sentenz. Im Ganzen aber strebt S. sichtlich nach Abwechslung in
der Form, und seine Briefe sind eine Mustersammlung für verbindliche
und zierliche Wendungen. Das förmliche Wesen, das schon den alten Rö-
mern eigen, unter dem Einflass des Despotismus aber ins Schnörkelhafte
ausgeartet war, begegnet uns hier zum ersten Mal in starker Ausprägung.
Für seine Person zwar legt S. auf Titulaturen keinen Werth (IV, 30. 42) ;
aber Andern gegenüber wendet er sie reichlich an. Der Kaiser wird mit
tua (vestra) aeternitas, perennitas, dementia, mansuetudo, serenitas, tran-
quillitas, maiestas oder tuum numen angeredet, für Ändere sind, je nach
ihrer Rangstufe, die Titulaturen tua sanctitas, religio, reverentia, praestan-
tia, celsitudo, sublimitas, excellentia, magnificentia, laudabilitas , eximietas
in regelmässigem Gebrauche, und Nicomachi filii nennt er wenigstens tua
386 Die Kaieerzeit Viertes Jahrhundert.
(yestra) unanimitad. Ebenso ist das Epitheton sanctus überaus wohlfeil
(z. B. V, 16. 21. 31. 41). Dazu gibt die Bezeichnung der Bekannten, Freunde
und Collegen, je nach ihrem Alters Verhältnisse , als parens, f rater oder
filius, meist in Verbindung mit dominus (z. B. dominus et filius mens), den
Umgangsformen etwas Silssliches. So tituliert Uonorius in den amtlichen
Erlassen den S.: Symmache parens carissime (atque amanüssime). In den
Briefen christlicher Schriftsteller kommt dazu noch die pastorale Salbung
des Tons.
8. Ep. V, 85 (an Helpidius) : quod epistulas meas condis amoris est tiii,
qui describenda nescit eligere. . . nimis vereor ne ista simplicitas incidat in
lectorem alterum, tibi disparem. quare velim tibi habeas quae incogitata
proferimus; licet eadem mei quoque librarii servare dicantur. Vgl. Y, 86: si
quid horum quae apud te incuriosius loquor cuipiam lectori nauseam moverit,
non tam in scribendo neglegentia displicebit. Mit der Rücksicht auf die
Veröffentlichung sind daher die Briefe (wenn auch nicht von Anfang an]
sicher geschrieben. Dass sie aber nicht von dem Verfasser selbst veröffent-
licht worden sind zeigt der rohe Zustand in dem sie uns vorliegen. Sogar
blose Papierschnitzel sind aufgenommen, wie VIII, 71 f. zwei Formulare
des Einladungsschreibens zu seines Sohnes Antritt der Priltur. Letzterer
Umstand macht wahrscheinlich dass der Herausgeber der Sammlung der
Sohn ist.
9. Haupthandschrift der Briefe Paris. 8623 saec. X ; s. O. Clason, de
Symm. epp. codice Par., Bonn 1867. Hoffentlich der Vorläufer einer kri-
tischen Ausgabe, für welche man gern einige Duzende unnützer Horatiana
hingäbe. Ausgaben: ex off'. J. Schotti, Argen t. 1510. 4. Basil. 1549. Cura
Fr. lureti, Paris. 1580. 1604. 4. rec. et auxit J. Lectius, Genev. 1587. 1598
u. sonst. E rec. C. Scioppii, Mogunt. 1608. 4. Ex rec. J. Ph. Parei (mit
Lexicon Symm.), Neustadt a. d. H. 1617. Frankf. 1642. 1651. Zuletzt in
Migne's Patrol. XVUl (Paris 1848) p. 145-406.
Beiträge zur Textkritik von C. F. W. Müller (Jahn's Jahrbb. 73, S.
324—334) und C. Schenkl (die Excerpte a. d. Br. d. S. im Spec. bist des
Vincent. Beil., Ztschr. f. d. Ostreich. Gymn. 1860, S. 412—416).
10. Verse des S. Epist. I, 1 (Hexameter und Distichen). 8 (Anakreon-
teen). Vergilius noster (vates) Ep. 1, 1. 9. paneg. Grat. 9. Flaccus tuus
(des Vaters) ep. I, 4.
11. Macrob. V, 1, 7: (genus dicendi) pingue et floridum, in quo Pli-
nius See. quondam et nunc nullo veterum minor noster Synimachus luxo-
riatur. Prudent. c Symm. 1, 632 ff. : o linguam miro verborum fönte fluen*
tem, romani decus eloquii etc. II. praef. 55 ff.: tanti . . yiri, quo nunc
nemo disertior etc. Ap. Sidon. Ep. I, 1: Q. Symmachi rotunditatem. Die
Beden bewegen sich mit Vorliebe in kurzen Sätzen mit wohlberechnetem
Tonfall und sind mit rhetorischen Blumen aller Art reich ausgestattet
Einen oratorischen Anstrich haben auch die Briefe, namentlich darin dan
sie die technischen Bezeichnungen (wie acta senatus) als unedel zu meiden
suchen. Des Symm. Sprache strebt zwar nach Classicität, lässt aber mit
Bewusstsein Modernes zu. Vgl. Wortbildungen wie genialitas, optimitai,
placiditas, autunmitas, incentor, edecimo, exambio; Wendungen wie fon
fuat au (ut), quin immo, incoram; Constructionen wie fungi pifidam, ho-
399. Symmachus. 887
noris tui delector, sollicitor tarditatoB, bonarum artium spectatus, die häu-
fige Setzung vou quod nach verb. sent. et declarandi (z. B. YIII, 46. IX,
10. 39. X, 24. 78), aliquanti servi u. dgl. Vgl. Ep. III, 11: trahit nos usus
temporia in argutias plausibilis sermonis. quare aequius admitte linguam
saeculi nOBtri et deesse huic epistulae atticam sanitatem boni consule. . . te
non paeniteat scriptorum meorum ferre novitatem. III, 44: dgxcc'iafiov
scribendi non invitus adfecto. . . praestat Tullium sequi.
12. Als Mensch erinnert S. an Cicero: er ist von makelloser Reinheit
des Wandels, wohlwollend, immer bereit zu helfen, ein gemüthcher Fa-
milienvater, versöhnlich (vgl. Ep. Vif, 100. 128), weich bis zur Aengstlich-
keit und Empfindlichkeit. Auch zum Egoismus wird diese Weichheit: so
reich er ist, so schreit er alsbald über Druck (impressio) wenn die Noth
der Zeit ihn im gewohnten Behagen stören will, und für ihn und seine
Freunde sollte man es mit dem Rechte nicht allzustreng nehmen. Seine
Aengstlichkeit lässt ihn nie von etwas Erfreulichem sprechen ohne ein
praefiscine: praefata dei (numinum, fortunae, divinitatis) venia oder prae-
fato (praemisso) divinitatis honore (favore). Vgl. noch Epp. I, 49. VI, 40.
Neben dieser Superstition hat er den ganzen Hochmut des Römers und
Aristokraten. Ep. II, 46 : in bonam partem traho quod Saxonum numerus
morte contractus'Intra summam decretam populi voluptatibus stetit, ne
nostrae editioni . . abscederet. nam quando prohibuisset privata custodia
desperatae gentis impias manus, cum XXIX fractas sine laqueo fauces pri-
mus ludi gladiatorii dies viderit? Ep. I, 3: Bais . . otiabar. eo postquam
rumor allatus est terrae filios convenire , oppido cavimus ne sobriam soli-
tudinem nostram sodalitas plebeia fuscaret. I, 52: pars melior humani
generis senatus (vgl. p. Sever. 1: apud nobilissimos humani generis). Und
doch kennt er sehr wohl die Erbärmlichkeit dieses CoUegiums ; vgl. VI, 22.
VIII, 19. X, 12. Dagegen hindert ihn sein Stolz auch au Kriecherei gegen
die Machthaber des Hofes (Ep. IX, 88. X, 61), und selbst dem Kaiser ge-
genüber beweist er edlen Freimut (Ep. X, 34. 41. 43. 61). Politischen
Scharfblick aber kann man ihm nicht beimessen.
13. Ueber seine Zeit spricht sich S. je nach seiner Stimmung und
nach der Stellung des Angeredeten verschieden aus. Bald rühmt er (bo-
norum) temporum iustitia, dementia, aequitas, felicitas, serenissima tem-
pora, saeculi humanitas und dass es virtuti amicum sei, bald beklagt er
die herrschende Willkür und Gesetzlosigkeit. Im Ganzen aber gehört sein
Herz der grossen Vergangenheit imd mit ihr auch dem Glauben der Väter,
bei welchem Rom gross war. Für seine Person macht er zwar vom Po-
lytheismus wenig Gebrauch: selten nennt er einzelne Götter (love teste,
Ep. IX, 92), sondern dii überhaupt oder caelestes, numina, divina, oder
deus, fortuna, mens divina u. s. w. ; Christen gegenüber accommodiert er
sich sogar zu der Erklärung: in eligendo episcopo dei omnipotentis ex-
pectandum esse iudicium (Ep. X, 71). Er kennt den Mangel an Ernst im
eigenen Lager (I, 51), und ist selbst von Skepticismus so wenig frei (si
innocenüam divina respiciunt, VIU, 18 vgl. ib. 6: nihil curare caelestes, a
qua opinione dissentio. IX, 61 : quid interest qua quisque prudentia verum
inquirat? uno itinere non potest perveniri ad tam grande secretum) dass
sein Versuch gegen die Vestalin Primigenia einzuschreiten (EX, 128 f.) als
gg3 ^^^ Kaiserzeit. Viertes Jahrhundert.
Inconsequcnz wie als Anachronismus erscheint. Aber der alt« Glaube ist
ihm eine Fahne, zu der sich nicht offen zu bekennen Abfall ist: nunc aris
deesse Romanos genus est ambiendi (I, 51). Er verzichtet darauf für sei-
nen Glauben die frühere Herrschaft zu verlangen; nur Duldung, nur nicht
Verfolgung, erbittet er sich in der berühmten relatio an Valentinian 11
und dessen Mitregenten in Sachen des Victoria- Altars (Ep. X, 61), die eben-
so trefflich stilisiert wie als Nothruf einer dem Untergang verfallenen Re-
ligion ergreifend ist (z. B. : repetimus religionum statum qui reip. diu pro-
fuit. . . praestate, oro vos, ut ea quae pueri suscepimus senes posteris
relinquamus), und deren Beweisführung unwiderleglich wäre wenn nicht
die Behauptung sich eingemischt fände dass der Nothstand des Reiches
herbeigeführt sei durch die Vernachlässigung der Religion, d. h. das Auf-
kommen des Christenthums. Die erfolgreichen Entgegnungen des Am-
brosius in dessen Epist. 17. 18 (Migne, patrol. XVI. p. 961 — 982). Ville-
main, M^langeall. p. 36 ff. H. Richter, das weström. Reich S. 550 ff. 587 ff.
599 f. In den Streitigkeiten zwischen Eulalius und Bonifacius handelte S.
nach bestem Wissen und mit voller Unparteilichkeit (ab impugnatione et
favore ambarum partium, ut decebat, credidit temperandum X, 76), und
auch die Anhänger der einen Partei erklären seine falsidica relatio nur
daraus dass er disciplinae et religiom's inscius sei (Ep. X, 74).
14. J. Gothofredus, vita Symmachi, vor Pareus* lex. Sjmm. C. G.
Heyne, censura ingenii et morum Symm., Opusc. ac. VI. p. 6 — 18. Susiana
(von Suse) ad Symm. ed. J. Gurlitt, Hamburg 1816 — 1818. 4. E. Morin,
^tude sur la vie et les äcrits de S., Paris 1847. J. Burckhardt, ConstantiD
S. 491—497.
400. Symmachus selbst nennt als Redner seiner Zeit (Aui-
cius) lulianus, Antonius, Gregorius und Severus. Auf uns ge-
kommen ist einzig die Lobrede auf Theodosius I welche der
jüngere Fachgenosse, Landsmann und Freund des Ausonius, der
Rhetor Latinus Drepanius Pacatus, J. 389 zu Rom im Senate
gehalten hat. Sie zeichnet sich vor den übrigen Reden dieser
Art durch Stoffreichthum und lebhafte Darstellung aus und zeugt
auch von des Verfassers Belesenheit in der alten Literatur.
1. Symm. Ep. I, 43 an Ausonius: scis in illo forensi pulvere quam
rara cognatio sit facundiae et boni pectoris. . . haec in meo fiamili^ ac
necessario (Julianus) ea societate viguerunt ut etc. numquam in mercedem
omamenta linguae corrupit etc. Er ist wohl der Sohn des Cos. 322, praef.
urb. 339, Anicius lulianus. Vgl. auch oben 399, 4 u. 6.
2. Symm. Epp. I, 89 (Antonio): non incognito quidem nobis eloqau
splendore nituisti, sed . . maiestate scripti aptata gloriam, quam magisteiio
arte quaesisti , recens auxit oratio, nam . . simile quiddam planeque coo-
veniens auribus patrum . . sonuisti etc. Antonius war also Senatemitglied.
An ihn auch ib. I, 90—93.
3. Symm. ep. III, 18 (Gregorio): cum mihi de scriniis tuia profedi
delegaretur oratio. An ihn ib. 17—22.
400. Pacatus u. a. Bedner. 889
4. Symmach. p. Sever. 3 (p. 56 M. 1815): qula credat summatem fa-
cundiae, diu inter fori omamenta numeratum, praesidalem dadam (erst
kürzlich) recepisse provindam? Yielleicht der Severus, optimos Senator an
welchen £p. YIU, 6 gerichtet ist; vgl. ib. VI, 5 (sanctus amicus noster S.).
88. 49. VII, 51. 116 (illnstris memoriae vir S.).
5. Macrob. I, 5, 13: Postamianum^ qui forum defeusionum dignatione
nobilitat. Vgl. ib. 2, 1. 3. 6. Vielleicht mit einem der Vorgenannten
identisch. Ein Ungenannter der pari uitore atque gravitate Reden und Ge-
schichte schreibt bei Symmach. ep. IX, 110.
6. Eusebio, oratorum elcquentissimo Macrob. Sat. I, 24, 14. Ein
Ensebius wird unter den scriptores de numeris genannt in Halms rhet lat.
min. p. 581, 18. vgl. p. 698, 20.
7. Augustin. confess. IV, 14, 21: Hierium romanae urbis oratorem
. . efferebant laudibus, stupentes quod ex homine Syro, docto prius graecae
facnndiae, postea in latina etiam dictor mirabilis extitisset.
8. Ausonius widmet (Aus. cos.) Latino Drepanio Pacato proconsuli
seinen ludus VII sapp. und das technopaegnion (Pacato procos.), in dessen
grammaticomastix er ihn bonus, doctus, facilis vir nennt. Die dritte Wid-
mung der Epigramme aber gilt Latino Pacato Drepanio filio (hoc nullus
mihi carior eorum. quem pluris faciunt novem sorores quam cuuctos alios,
Marone dempto). Aus Burdigala selbst scheint er nicht zu sein, da ihn
Aus. unter den profess. Burdig. nicht aufführt; vgl. Sidon. epist* VIII, 11:
quid agunt Nitiobroges (Hauptstadt Aginnum), quid Vesunnici tui? . . tu
. . nunc Drepanium illis, modo istis restituis Anthedium (unten 436). Pacat. 2,
1: cum ab ultimo Galliarum recessu, iqua littus oceani cadentem excipit
solem et deficientibus terris sociale miscetur elementum, ad contuendum
te properassem. Vgl. ib. 23, 1. 24, 4 ff. 47, 5. Auf ihn könnte sich be-
ziehen Symmach. ep. IX, 72.
9. Pacatus hat das Bekenntniss der meisten classisch Gebildeten sei-
ner Zeit, einen neutralen Monotheismus. Vgl. 4, 2: supremus rerum fabri-
cator; 21, 1: numen summum, im Unterschiede von dem numen z. B. des
Kaisers (21, 2. vgl. 18, 4), welcher der sichtbare Gott ist (deum quem vi-
demus 4, 5). Daneben ist viel die Bede von fata (8, 1. 11, 4. 15, 3) und
der fortuna (8, 2. 9, 1. 23, 4. 42, 2). Aus seiner Vogelperspective betrachtet
er als einzige Schuld der durch Maximus gemordeten Priscillianisten ihre
nimia religio und diligentius culta divinitas (29, 2). Des Theodosius Leistun-
gen in Orthodoxie imd Heidenverfolgung berührt er mit keiner Silbe. Die
Beispiele aus der röm. Geschichte werden mit Vorliebe aus der Zeit der
Republik genommen (c. 5. 7. 8. 9. 18. 19. 20. 23. 33. 46), sowie aus der
Mythologie (17, 1. 39, 4. 44, 5); aus der Kaiserzeit nur 11, 6. 12, 1.
10. Den Hauptinhalt der Rede des P. bildet, nach einer preisenden
Charakteristik des Theodosius als Mensch und Kaiser, eine energische Schil-
derung der Zustände unter dem Usurpator Maximus und des siegreichen Feld-
zuges von Theod. gegen ihn. Dadurch ist die Rede eine wichtige Geschichts-
quelle, zumal da sie sich sichtlich an die Wahrheit hält und die Ueber-
treibungen des panegyrischen Zweckes sich leicht abziehen lassen. Der
Verf. zeigt sich wohlbewandert in der Literatur der classischen Zeit wie
g90 ^i^ Kaiserzeit. Viertes Jahrhundert.
der nächsten Vergangenheit; auf Cicero, Vergil, Horaz, Ovid spielt er häufig
an, und unter seinen Vorgängern benützt er besonders den Mamertinug.
Die römische Geschichte vermittelt ihm vorzugsweise Valerius Maximas
und Florus. An Tacitua erinnert er manchmal durch Farbengebung und
sententiöse Haltung (z. 6. 38, 1: spem, quae postrema homines deserit).
Obligate Einführung der redenden Besp. 11, 4 ii*.; Wettstreit zwischen Con-
stantia, Patientia, Prudentia, Fortitudo und der Fortuna c. 40. Zahbeidie
rhetorische Figuren, meist gut durchgeführt. Sprache verhältnissmässig
einfach, doch cadenzenreich und in vielen poetischen Wendungen und son-
stigen Eigenthümlichkeiten an die Zeit erinnernd. So parcam replicare
(3, 4. 6, 3), aevi maturus (8, 3 vgl. 31, 1), memoriam convenire (18,2 vgl.
41, 1), oblita fide (12, 2 vgl. 24, 2), ire in litteras (33, 1); das kanzleimäs-
sige retro = olim (c. 1. 13. 14. 22. 31), iugis, impervius; Vorliebe für den
Inf. perf., Gerundivum für Möglichkeit (z. 6. 39, 5. 45, 3) u. dgl.
11. Abdruck der Rede in den panegyrici veteres, s. oben 369, 1—3.
In der Ausgabe von Schwarz-Jäger nr. XI.
12. Als causidici werden bei Symmach. epp. genannt Lampadius (Y,
16), Epictetus (V, 41. IX, 31), Celsus (X, 43). Vgl. ib. II, 42. V, 75. IX,
32 (causidicinae candidati). Ein Jurist Marinianus ib. III, 23; Prosdodus
VI, 74 vgl. ib. V, 74. Ein Process aus dieser Zeit ib. X, 39. 48. Auch
der durch Claudianus bekannte Minister des Arcadius, Rufinus, war ur-
sprünglich causidicus (Philostorg. XI, 3).
401. Andere Rhetoren in der Zeit des Symmachus waren
Palladius, Syagrius und der durch Arbogasl auf den Kaiserthron
erhobene Eugenius. Als Schriftsteller kennen wir Messius Aru-
8 i an US durch die dem Olybrius und Probinus (Coss. 395) ge-
widmeten Exempla elocutionum, und auch des Chirius Fortu-
natianus rhetorisches Schulbuch in katechetischer Form ist,
bei seiner Richtung auf das Classische, keinenfalls später zu
setzen.
1. Symmach. Ep. I, 16 (Ausonio): Palladii rhetoris nostri declamatio
. . complacita summatibus litterarum. . . movit novus Athenaei hospes la-
tiare concilium diyisionis arte etc. ib. 94 (Syagrio): Palladium spectatom
bonis Omnibus facundiae atque eruditionis. . . mereri facundlam Palladii
ut doleamus quod urbi negatus est, mereri amabilitatem eins ut quodac-
citus est g^udeamus.
2. Flayius Syagrius Cos. 381, Afranius S. Cos. 382. Vgl. Consul am*
plissime, Symmaph. ep. I, 101 (Syagrio). ib. 96: es linguae melior. 96:
de facundiae penu. Ausonius widmet Syagrio seine Epigramme (y. 40:
patronum nostns te paro carminibus). Briefe des Symm. an ihn, s. oben
399, 6. Derselbe ist wohl der magister offidorum J. 379 Syagrios im Cod.
Theod. Vn, 12, 2, vielleicht auch der praef. praet. Syagr. J. 380—382 im
Cod. Theod.
3. An die Stelle des von ihm erwürgten Valentinian II seiaEie der
Franke Arbogast J. 392 Evyiviov xiva fiayiatgov (Philoatorg. X, 2). Vgl
401 f. Arusianus. Fortunatianiifi. AmmianuB. 891
Sokrat. h. e. V, 25: yQafifittttnog tig ovotiaxi Evy. Zosim. IV, 54, 1: 17V
tig iv toig ßaailsioig avaatQBq)6fiBVog Evy, ovoua, naidfCqL nooTJumv inl
Toaovtov mate xal QTjtOQinov inavsXiad'ai, ßCov %al TtgoBCtävai didaana-
Xeiov, Uist. misc. XIII, 11: grammaticus quidam nomine Eug., litterarum
doctor, . . imp. Valentiniani antigraphas et propter eloqaentiam a multis
honoratus. J. 394 von Theodosias besiegt und getödtet.
4. Im apographum Gudii Ueberschrift : Arusiani Messi v. c, or.,
comitis primi ordiniß Exempla elocutionum ex Vergilio, Sallustio, Terentio,
Cicerone. Im Berliner cod. Santen. saec. IX: Incipit messi oratoris de elo-
cutionibus. Olybrio et probino messius. Dazu stimmt dass p. 217. 244 L.
Symmachus genannt ^ird. Es ist eine alphabetisch augelegte Sammlung
von Substantiven, Adjectiven, Präpositionen und bes. Zeitwörtern welche
eine verschiedene Construction zulassen, mit je einer Belegstelle für jede
Construction aus einem oder mehreren der vier Schriftsteller. Daher Cas-
siod. de inst. div. 15: regulas elocutionum latinarum, i. e. quadrigam Messii.
Wohl für den Gebrauch der Bhetorschule. Abgedruckt in Mai's Ausg. des
Fronto und bei Lindemann, corp. gramm. I. p. 209 — 266 vgl. p. 201—207.
Suringar, bist. er. scholl, latt. II. p. 202—206. Osann, Beiträge II. S. 349
— 351. M. de Am. van der Hoeven, Spec. litt. , . cum appendice de Ar.
M. ex. el., Amsterdam 1845. Gräfenhan, Gesch. d. class. Philol. IV. S. 194
—196.
5. C. Chirii Fortuuatiani artis rhetoricae libri III in C. Halms rhe-
tores latini minores p. 79 — 134. Die katechetische Form ist mit wenig
Geschick durchgeführt. So lautet die letzte Frage : Quae %a^6Xov in actione
observanda sunt? Antwort: ne pronuntiatio artem reddere videatur etc.
Hauptquelle ist Quintilian; die Beispiele meist aus Cicero. C. Halm, Sitzungs-
ber. d. münchner Ak. II (1862). S. 13 ff.
403. Eifer für die alte Geschichte bethätigte die dem Sym-
machus eng befreundete und verschwägerte Familie der Nico-
machi Flaviani, der eine indem er selber Annales und andere
Schriften verfasste, der andere indem er dem Texte des Livius
Sorgfalt zuwandte. Wir besitzen aus dieser Zeit und dem Kreise
des Polytheismus das Werk des Ammianus Marcellinus (um
330 — 4(X)) aus Antiochia, welcher nach einer langen verdienst-
vollen kriegerischen Laufbahn ums J. 390 zu Rom eine Fort-
setzung des Tacitus in 31 Büchern verfasste. Dieselbe enthielt
die Jahre 96 — 378, von Nerva bis zum Tode des Valens; doch
sind die dreizehn ersten Bücher, worin die Geschichte cursorisch
bis zum J. 353 fortgeführt war, untergegangen. Das Erhaltene
ist besonders werthvoU als Geschichte der eigenen Zeit des Ver-
fassers, der den Ereignissen vielfach nahe stand und die Wahr-
heit zu sagen aufrichtig bemüht ist. Ammianus ist eine solda-
tische Natur, von verständigem Urteil, ehrlich und derb, aber-
gläubisch und tolerant, gern prunkend mit seiner Gelehrsamkeit,
892 I^iö Kaiserzeii Viertes Jahrhundert.
auf dem Gebiete der Federführung aber gar nicht zu Hause.
Seine Sprache ist fast nicht zu verstehen, unleidlich geziert und
überladen, eine Qual seiner Leser. Seinem Werke angehängt
wird meist der Anonymus Valesii, Excerpte von geschichÜichem
Werthe über die Zeit Constantins und Theoderichs.
1. Orelli 1188: Virio Nicomacho Plaviano v. c, quaest., praet,
pontif. maiori, consulari Siciliae, vicario Africae (J. 377), quaestori intra pa-
latium (= aulae divi Theodon, um 381 f.), praef. praet (Italiae, Illyr. et
Africae) iterum (J. 382 und um 391 f.), cos. ord. (J. 394), historico diser-
tisfiimo, Q. Fab. Memmius Sjmmachus v. c. prosocero optimo. Der Sohn
des Redners Symmachus hatte die Enkehn des Nicom. I und der Sohn des
Nie. die Tochter des Symmachus geheiratet; s. oben 399, 2. Nachdem
Nicom. I wegen seines Uebergangs zu Eugenius (s. 401, 3) von Theodosius
entsetzt worden war wurde J. 431 er (nach seinem Tode) und sein Solm
(A. 2) rehabilitiert; s. Orelli-Henzen 5593, wo der betreffende Erlass von
TheodosiuB II und Pladdus Yalentinianus mitgetheilt ist. Auch vgl. das
christliche Gedicht des cod. Paris. 8084 (unten 410, 14) v. 25 ff. mit Momm-
sen, Hermes lY. p. 369—363. Den Flavianus senior sie in monumenta yir-
tutum suarum titulosque revocamus ut quidquid in istum caeca insimola-
tione commissum est procul ab eins principis (Theodosius I) voto fuisse
iudicetis cuius in eum effusa benivolentia et usque ad annalium, quos con-
secrari sibi a quaestore et praefecto suo (eben Nicom. I) yoluit, (praedi-
cationem ?) provecta excitavit livorem inproborum (Henzen 1. 1.). Macrob. 1, 5,
13: Flavianum, qui quantum sit mirando yiro Venusto patre praestantior non
minus omatu morum gravitateque vitae quam copia profondae eruditionis
(z. B. im Auguralwesen, Macrob. I, 24, 17. Sozom. VII, 22. Nikephor. XII,
32) adseruit. Er ist bei Macrob. einer der Wortführer. Philosophische
Bildung; s. Symmach. ep. II, 61: de hoc vestra existimatio sit, qui tahom
rerum profitemini notionem. Vgl. Macrob. I, 6, 4: Flavianus et Eustathins
(unten 403, 6), par insigne amicitiae. Möglich daher dass die von Johao-
ues Saresber. (polier. II, 26. VIII, 11 f.) benützte Schrift eines Flaiianiu
De vestigiis philosophorum von ihm herrührt. Vgl. Beifferscheid , Bbein.
Mus. XVI. S. 23—25. Sidon. ApoU. epp. VIII, 3: Apollonii pythagorid
vitam non ut Nicomachus senior e Philostrati, sed ut Tascius YictoiianiB
e Nicomachi schedio excripsit, . . misi.
2. Dessen Sohn, Nicomachus Flavianus II. Orelli-Henzen 5593: ^'
Fl. cons. Camp., procons. Asiae ( J. 383), praef. urbi saepins (z. B. J. 399 f^
402), nunc (J. 431) praef. praet. Italiae, Illyrici et Africae. Liban. or. XXVIL
Cod. Theod. (Hänel Corp. leg. p. 111). Subscription der ersten Dekade des
Livius (oben 240, 10) : Nicomachus Flavianus v. c. III praefect. orbis (no(i
nicht praef. praet., also vor 431 geschrieben) emendavi apnd Hennam.
Sein Schwiegervater Symmachus besass ein Exemplar des Livius; s. ep.
IX, 13: munus totius Liviani operis, quod spopondi, etiam nunc diligentia
emendationis moratur. Dass die Nicomachi in Sicilien Güter hatten b. ib.
II, 30. VI, 57. 66.
3. Orelli-Henzen 5593: Appius Nicomachus Dexter, v. c., ex piaef.
urb. (zwischen 427 und 431), avo optimo (dem Nie. I) stataendam eonii
.■s
402. Nicomachus. AmmianuB Marcellinus. 893
(J. 431). Dieser Nie. III war wohl der Sohu eines jüngeren Bruders von
Nie. II und einer Tochter des Appius Claudius Tarronius Dexter (Gruter
p. 34, 1). Subscription des Livius (A. 2): Nicomachus Dexter v. c. emen-
davi ad exemplum parentis mei (vgl. oben 399, 7) Clementiani
4. Ueber die drei Nicomachi s. G. B. de Rossi, Annali delP inst. arch.
XXI (S. N. VI. 1849) p. 285—356, und B. Borghesi ib. p. 357—363.
5. AmmianuB Marcellinus stammt aus g^ter Familie, s. Amm. XIX,
8, 6. Früh ins römische Heer eingetreten stand er J. 353 im Gefolge des
mag. eq. Ursicinus im Oriente, begleitete denselben nach Italien und Gal-
lien, focht unter Kaiser Julian gegen die Alemannen und nahm au debseu
persischem Feldzuge Theil. J. 371 lebte er in Antiochia (XXIX, 1, 24),
später in Rom. Auch in Aegypten war er gewesen; s. XVII, 4, 6. XXII,
6, 1. Schlusswort (XXXI, 16, 9): haec ut miles et Graecus a principatu
Caesaris Nervae exorsus adusque Valentis interitum pro virium explicavi
mensura, opus veritatem professum numquam (ut arbitror) sciens silentio
ansus corrumpere vel mendacio. scribant reHqua potiores, aetate doctri-
nisque florentes. Liban. ep. 983: iv iin9si^sat taCg filv yiyovag, xaiq 9%
^071, tijg avyygacpijg slg noXXä tsxfirjfiivrjg. . . axovco dh trjv*PtD^7iv avtijv
axeq>avovv coi xbv novov, . . xocvxl 9h ov xov övyyQuqfia itoofiBi fiovov
ttlld xal '^liccg (die Autiochener) mv iöxiv 6 avyygcctpevg, ib. 235: og vno
fihv xov «r^iffiaroff slg nxQccxtoixag j vno 91 x&v iQymv sig (piloaocpovg iy-
yiyQanxaij . . 6 %aX6g 'Afifuavog.
6. Ammianus ist entschiedener Polytheist, aber in der synkretistischen
und abgeblassten Weise der Gebildeten seiner Zeit (vgl. 400, 9). An der Spitze
steht ihm ein numen caeleste, divinum, superum, aeternum von sehr uubestimm-
ten umrissen, und in der Hauptsache lenkt Alles fortuna oder fatum (XXIII,
5, 5: nulla vis humana vel virtus meruisse umquam potuit ut quod prae-
scripsit fatalis ordo non fiat). Etwas mehr Persönlichkeit haben die Unter-
götter. Vgl. XVI, 5, 5: Mercurio supplicabat, quem mundi velodorem
sensum esse, motum mentium suscitantem, theologicae prodidere doctrinae.
XIV, 11, 25: haec . . aliquoties operatur Adrastia, quam vocabulo dnplici
etiam Nemesin adpellamus. . . quam theologi veteres fingentes lustitiae
filiam ex abdita quadam aeternitate tradunt omnia despectare terrena.
(26.) haec ut regina causarum et arbitra rerum ac disceptatrix urnam sor-
tium temperat etc. (27.) eadcmque necessitatis insolubili retinaculo mor-
talitatis vindens fastus tumentes incassum . . opprimit etc. XXII, 3, 12:
humanorum spectatrix Adrastia. XXI, 1, 8: vaticina verba, quibus numen
praeesse didtur Themidis. XVII, 7, 12: Neptunum, humentis substantiae
potestatem, Ennosigaeon et Sisichthona poetae veteres et theologi nuncu-
paverunt. An portenta, prodigia, omina (XXV, 10, 1. 11. XXI, 16, 21), wie
an auspida und auguria hat er Glauben. Aber er ist auch gegen das
Christenthum gerecht (XXI, 16, 18: christianam religionem absolutam et
simplicem anili superstitione confundens), und tadelt es selbst an dem von
ihm verehrten Julian als inclemens quod docere vetuit magistros rhetoricos
et grammaticos christianos ni transissent ad numinum cultum (XXV, 4, 20).
Gern blickt er in die alte Zeit zurück und verwendet sie zur Kritik der
Gegenwart, z. B. XXV, 9, 9 ff. 10, 13. Ganz besonders bezeichnend ist
394 Die Eaiserzeit. Viertes Jahrhundert.
seine Schilderung der Beredtsamkeit und Rechtspflege in seiner Zeit (um
370) XXX, 4.
7. Amraian. XV, 1,1: utcumque potuimus veritatem scrutari ea quae
videre licuit per aetatem vel perplexe interrogando versatos in medio scire
narravimus ordine caauum exposito diversorum. XVIII, 6, 23: cum uos
cauti, vel, ut verius dixerim, timidi nihil exaggeremus, praeter ea quae
fidei testimouia neque dubia neque incerta monstrarunt. XXVT, 1, 1: di-
ctis impensiore cura rerum ordinibus adusque memoriae confinia propions
convenerat iam referre a notioribus pedem, ut et pericula declinentur Te-
ritati saepe contigua et examinatores contexendi operis deiude non perfe-
ramus intempestivos , welche alle Kleinigkeiten erwähnt wissen woUeot
praeceptis historiae dissonantia, discurrere per negotiorum celsitudines
adsuetae, non humilium minutias indagare cauaarum. Indessen insdtia
volgari contempta ad residua narranda pergamus (ib. 2). Die Anlage des
Werkes ist in der Hauptsache nach Jahren. Uebermässig häufig werden
grosse Excurse, bes. geographischen Inhalts, eingefügt (vgl. V. Gardthausen
p. 1 f.), die zum Theil aus eigener Anschauung geschöpft sind (z. B. XXII,
16, 12), überwiegend aber aus Büchern, namentlich der chorographia pli-
niana (Mommseu Solin. p. XXIV— XXVIII) und einer Epitome des Ro-
lemäus. Dabei vergisst Amm. manchmal (wie XXIII, 6, 6) den Unterschied
zwischen der Zeit seiner Quellen und seiner eigenen zu berücksichtigeo.
Auch sonstige chronologische Verstösse kommen vor. Reden sind gleich-
falls nicht selten eingeflochten. Abfassung des Werks vor der Zerstörung
des Serapeums (XXII, 16, 12) Juli 391 und nach der Präfectur des Aar.
Victor (XXI, 10, 6) J. 389, s. Cart p. 46 ff.
8. Salmasius praef. de hellenist. p. 39 über Amm.: quis phrases um-
quam usurpavit duriores, inconcinniores, rusticiores? prorsus loquitur ut
homo graecus et militaris, qui voces tantum latinas tenet, quomodo collo-
candae sint nescit. Die Wortstellung des Amm. ist ganz unberechenbar.
Dazu der pathetische Stelzengang, die Ueberladung mit bildlichen und
poetischen Wenduugen, die unnatürlichen Constructiouen. Diese Darstel-
lung ist das ErgebnisB verschiedener Umstände, hauptsächlich der Unselb-
ständigkeit des Ausländers und Soldaten gegenüber den heterogenen Be-
stand theilen seiner Bildung und Leetüre, Dichtern und Prosaikern, Salliiit
(Gardthausen p. 7. 36), Tacitus (E. Wölfilin, Philologus XXIX. S. 558—560)
und GeUius, sowie der Entartung des Zeitgeschmackes.
9. Haupthandschrift Vaticanus 1874 (früher in Fulda), wozu Tgl. die
Ausg. von Gelenius (Basel 1546), worin der verlorene Hersfeldensis benütii
ist; s. M. Haupt im Berliner Sommerkatal. 1868. 4. Hauptausgabe cam
notis integris Frid. Lindenbrogii (Hamburg 1609. 4.), Henr. et Hadr. Ya-
lesiorum (Paris. 1636. 4. 1681.) et lac. Gronovii (Lugd. Bat. 1693. fol. et4.\
quibus Thom. Reinesii quasdam et suas adiecit Jo. Aug. Wagner. Ed.
absolvit C. G. A. Erfurdt, Lips. 1808. 3 Voll. Uebersetzt von L. Tro«
und C. Büchele, Stuttgart (Metzler) 1827 ff. 8 Bdchn.
10. Gl. Chifflet, de A. M. vita et libris, Lovan. 1627 und in den Auagg*
C. G. Heyne, censura ingenii et historiarum Am. Marc. , Opusc. VI. p. S6
—51. De Ammiano Marc. Abhandlungen von A. A. Ditki (ROssel 1841. 4.),
C. A. Müller (Posen 1862. 4.), E. A. W. Möller (Königsberg 1863). Quie-
..^..jdlB
402 f. AmmianuB. Praetextatus. 895
stiones Ammianeae von Reuscher (I: A. vita, Frankf. a. 0. 1869. 4.), E. E,
Hudemann (Landsberg a. W. 1864. 4.), W. A. Cart (Berlin 1868), P. Laugen
(Düren 1868. 4. und Philologus XXIX. S. 469-487), H. Kallenberg (gram-
maiicae, Halle 1868). J. Hermann, obBeryatdones critt. Amm. , Bonn 1865.
R. ünger, de A. M. locis controversiB, Neuetrelitz 1868. M. Haupt, Berlin 1868.
4. V. Gardthausen, coniectanea Amm. codice adhibito Vat., Eiel 1869. 46 pp.
11. Die zuerst von H. Yalesius (Valois) an seiner Ammianausg. (Paris
1636) und seitdem in den meisten Ausgaben des A. (z. B. Wagner-Erfurdt
I. p. 609—628) veröfiFentlicbten Excerpta de Coustantino Chlore, Constan-
tino M. et aliis imperatoribus (bes. de Odoacre, Theoderico) stehen auch
in Muratori script. rer. ital. XXIV. p. 636 fiF. Die erste Hälfte ist eine
beachtenswerthe Quelle für die Geschichte Coustantins. J. Burckhardt,
Constantin S. 367, A. 3. S. 372. 374. Von verschiedenem Charakter ist die
mit Zenon beginnende zweite Hälfte, zvirar stofflich gleichfalls werthvoU,
aber in einer barbarischen Sprache gehalten. Beide Hälften haben zum
Verfasser einen Christen. G. Waitz, Götti. gel. Nachr. 1865, S. 81 ff. Wat-
tenbach, Deutschi. Geschichtsquellen S. 44.
12. Aus der Zeit des Ammianus ist virohl der Sulpicius Alexander aus
dessen Historia (Buch III u. IV) Gregor von Tours (bist, franc. II, 9) öinige
Stellen anführt
403. Die Philosophie wurde in dieser Zeit hauptsächlich
von sqlchen Kreisen betrieben welche in ihr eine Stütze und
Waffe gegen das übermächtige Christenthum suchten, wie von
dem hochgestellten und edeln Vettius Prätextatus. Selbständige
Bedeutung hat aber keiner der Männer die besonders von Sym-
machus als Philosophen bezeichnet werden.
1. Vettius Agorius Praetextatus, augur, pontifex Vestae, pontif.
Solis, XVvir, curialis Herculis, sacratus Libero et Eleusiniis, hierophanta,
neocorus, taurobolatus , pater patrum, in rep. vero quaestor candidatus,
praetor urb., corrector Tusciae et Umbriae, consularis Lusitaniae, procons.
Achaiae (Zosim. IV, 3), praef. urbi (J. 367—370, s. Cod. Theod.), legatus
a senatu missus V, praef. praei II Italiae et Illyrici (das zweite Mal J.
384, B. Cod. Theod. VI, 5, 2. Cod. lust. I, 54, 5), cons. ord. designatus (J.
385, wo er starb), nach seiner Grabschrift im Capitol (Donati 72, 2. vgl.
OrelH 2354), welche zeigt dass noch immer, wie schon in der Zeit des
Apulejus, die tüchtigsten Anhänger der alten Religion bestrebt waren
durch Vielheit der Culte zu ersetzen was ihnen an innerer Befriedigung
und Sicherheit abgieng. Dazu sollte ihm auch die Philosophie (Macrob.
Sat. I, 24, 21) behülflich sein. Boeth. de interpret. ed. sec. I. p. 289: Vet-
tius Praetextatus priores postremosque Analyticos non vertendo Aristotelem
latino sermoni tradidil, sed transferendo Themistium. Vielleicht ist von
ihm auch die unter Augustins Namen erhaltene Schrift De X categorüs.
lu dem Gedicht auf ihn das seine Gattin Aconia Fabia PauHna auf sein
Grab schreiben Hess (zuletzt bei Bücheier, Greifswalder Sommerkat 1870,
p. 13 — 15) rühmt v. 8 ff. von ihm: tu quidquid lingua utraquest proditum
cura sophorum porta quis caeli patet, vel quae periti condidere carmina,
vel quae solutis vocibus sunt edita, meliora reddis quam legendo sumpseras
"^
396 ^^6 Kaiserzeit. Viertes Jahrhundert.
(theils diirch Uebersetzen theils durch Emendieren, vgL oben 402, 2 f.).
A. Haakh in Pauly's Real-Enc. VI, 2. S. 2536, Nr. 42. O. Jahn, Berichte
d. Bachs. 6. d. W. 1861, S. 338 — 342. H. Richter, das weström. Reich
(1865) S. 339 f.
2. Symmach. epist. I, 29: nihil moror ceteros . . qui philosophiam
fastu et habitu mentiuntur. paucos, et in his praecipue familiärem meam
Batrachum, nostra aetas tulit quorum germana sapientia ad vetustatem
yergeret. Augastin. epist I, 1 : hoc saeculo cum iam nullos videamns phi-
loBOphos nisi forte amiculo corporis, quos quidem haud censuerim dignoi
tam venerabili nomine.
3. Fürsprache far das salarium des professor philosophiae Prisdanos
bei Symmach. ep. I, 79. Ein philosophiae candidatus ib. I, 41.
4. Als Philosophen werden in den Briefen des Symmachus genannt
Maximus (ü, 29), Asclepiades (V, 31), lamblichus (IX, 2), Nidas (IX, 39),
Celsus (X, 25).
5. Macrob. I, 7, 3: Horus (vgl. Symm. Ep. II, 39), vir corpore atque
animo iuxta validus, qui post innumeras inter pugiles palmas ad philoso-
phiae studia migravit sectamque Antisthenis et Cratetis atque ipsius Dio-
genis secutus inter Cynicos non incelebris habebatur.
6. Macrob. I, 5, 13: Eustathium, qui tantus in omni genere philo-
sophiae est ut etc. VII, 1, 8: quia te unicum, Eustathi, sectatorem philo-
sophiae nostra aetas tulit. Vgl. oben 402, 1.
7. lieber Nicomachus Flavianus I s. oben 402, 1.
8. üeber Augustinus philosophische Schriften s. unten 414.
404. Ein jüngerer Zeitgenosse des Symmachus war der
Grammatiker Servius Honoratus, welcher zu Rom lehrte und
schrieb, hauptsächlich bekannt als Verfasser des reichhaltigen
Commentars zu den vergilischen Gedichten welcher, obwohl
durch Verkürzungen und Interpolationen entstellt, auf uns ge-
kommen ist. Das Verdienst desselben besteht Yomehmlich in
der Belesenheit womit Servius eine Fülle von StoflF aus der My-
thologie, Geschichte, Geographie, und besonders den religiösen
Alterthümem zusammengebracht hat; Urteil und Geschmack
zeigt Servius zwar wenig, aber doch viel mehr als sein Fach-
genösse, Ti. Claudius Donatus, von welchem gleichfalls ein an
seinen Sohn Donatianus gerichteter Vei^commentar erhalten ist
Auf das Sachliche erstreckt sich dieser sehr wenig; wohl aber
ist eine vita Vergilii vorausgeschickt, welche so weit als sie ans
Suetonius stammt von Wichtigkeit ist. Ausser jenem Commentar
zu den vergilischen Gedichten besitzen wir von Servius einen
Commentar zur Ars des Aelius Donatus und eine Uebersicht der
verschiedenen Metra (Centimeter). Auch tragen seinen Namei
Abhandlungen de accentibus, de ultimarum syllabarum natura
(de finalibus) und de metris Horatii.
404. Serviuß. Ti. Donatus. 897
1. Bei Macrobios erscheint als luterlocutor, ueben Vetüus Praetex-
tatus (t J. 385, 8. oben 403, 1), Symmachus u. A., Servins inter gramma-
ticos doctorem recens professus, iuxta doctrina mirabilis et amabilis vere-
cundia, Macrob. I, 2, 15 vgl. 24, 8. 20. VII, 11, 2: et Disarius, age, Servi,
non solnm adulescentium qui tibi aeqaaevi sunt sed senum quoque oni-
nium doctissime, etc. Ist die fingierte Gesprächszeit etwa J. 380, so war
demnach Scrvias etwa J. 365 geboren. Wie die Gesellschaft in der er bei
Macr. auftritt so macht sein gelehrtes Interesse für die alte Religion (Pon-
tifical- und Anguralwesen) höchst wahrscheinlich dass Qr sich zur letzteren
auch bekannte. Von Christlichem wenigstens ist in seinem Commentar
keine Spur. Servius magister urbis, Acro zu Hör. S. I, 9, 76. Vgl. Macrob.
VI, 6, 1 : Servius . . cotidie romanae indoli enarrando eundem vatem (Ver-
gil) necesse est habeat huius . . scientiam promptiorem. Name: Marius
(oder Maurus) Servius Honoratus; oft mit Sergius verwechselt.
2. Dass der Vergilcommentar des Servius nicht in seiner ursprüng-
lichen Gestalt überliefert ist zeigen handgreiflich die Stellen wo in den-
selben Servius selbst citiert wird (ad Ecl. I, 12. IX, 1: ut Servius dicit),
sowie der verschiedene Umfang des Commentars in den einzelnen Hand-
schriften; s. G. Thilo, Rhein. Mus. XIV. S. 535—550. XV. S. 119 ff. Momm-
sen ebd. XVI. S. 442 ff. Hauptausgabe von P. Daniel, Paris 1600 fol.
(Genf 1636). Ausserdem Ausgaben von P. Burmann (an seinem Vergil,
Amsterd. 1746. 4.) und von fl. A. Lion (Gotting. 1826, 2 VolL). Eine kri-
tische, die verschiedenen Bestandtheile sondernde ist in Aussicht gestellt
von G. Thilo. Proben: Servii coram. Aen. I, 129 — 300 (Naumburg 1856.
4.); Georg. I, 1—100 (Halle 1866. 4.), sowie (juaestiones Servianae, Halle
1867. 53 pp. 4. Th. Bergk, Servii Casselani Part. I-V, Marburg 1843—1845.
4. Böhmer, lectionum Serv. fasc, Oels 1868. 4.
3. Ueber Servius und seinen Vergilcommentar vgl. Lion p. V— VHI.
Saringar, bist, crit scholl, latt. IL p. 59—92. E. Teuber, de Mauri Servii
gramm. vita (p. 1—17) et conunentariis part. I, Breslau (1843) Diss. (p. 17
—28 de codicibus Servii; p. 28—36 de editionibus; p. 38 — 69 über Werth
und Quellen des Commentars). Gräfenhan, Gesch. d. dass. Philol. IV. S.
93 f. 325—327. Ribbeck, prolegomena p. 189—192.
4. Commentar zur Ars des Donatus s. oben 385, 2. Die Explauationes
in Donatum (ebd.) sind wohl nur mit Benützung der Gelehrsamkeit des
Servius gearbeitet und ihm selbst so wenig ähnlich dass man seineu Na-
men durch Sergius ersetzte. De accentibus bei Endlicher und Eichenfeld,
Analecta gramm. p. 525 ff. Dass der Inhalt aus Varro entlehnt sei ist
unerweislich. De ratione ultimarum syllabarum ad Aquilinum in Putsche's
gramm. p. 1797 ff., bei Endlicher 1. 1. p. 491 ff. Damit sachlich identisch
ist das Schriftchen de finalibus, ad Aquilinum, bei Keil gramm. IV. p. 449
—455, vgl. oben 384, 4 E. Dagegen L. Müller in Fleckeisens Jahrbb. 93,
5. 564 f. Einem jungen Albinus (praetextatorum decus) geviddmet, dessen
pater avusque . . mazimam reverentiam litterae debent (der Vater wohl
identisch mit dem Albinus bei Macrob.), ist der Ceutimeter libellus (tot
enim metrorum genera digessi quanta potui brevitate), bei Putsche p.
1815 ft*., in Gaisford's scriptores rei metr. p. 363 ff , in Keils gramm. IV.
p. 456-472; vgl. ib. p. XL V— XL VII. Westphal, allg. Metrik S. 47 f. nebst
Tcuffcl, röin. Literaturgeschichte. ^7
398 ^^3 Kaieerzeit. Viertes Jahrhundert.
L. Maller in Fleckeisens Jahrhb. 93, S. 563 f., der hervorhebt dass die
Beispiele alle selbstgemachte seien (vgl. p. 461, 25 K.: versiculos tibi da-
ctylicos cecini, puer optime, quos facias; p. 463: Vergilias, Mantoa quem
creavit; . . Maecenas atayis Lydia quos fert genite, und den SchlaBsrers
p. 467: rem tibi confeci, doctissime, dulcisonoram). Um so eher wird der
Verfasser ein Grammatiker von höherer Bedeutung sein. Daran achhesst
sich im Paris. 7530 an: Servii de metris Horatii (bei Keil IV. p. 468—472
vgl. p. XLVII f.) mit der Widmung: Servius Fortunatiano dn. Saperfluom,
amice , fore putavi , et post Terentianum metra digerere [Lücke] . . aliad
agenti obtulerat exposita viderentur (Verweisung auf den Centimeter oder
auf Terentianus?). quare Horatium cum in Campania otiarer excepi etc.
Diese Ferienarbeit steht dem Centimeter weit nach und scheint von einem
andern Verfasser zu sein; vgl. L. Müller a. a. 0. Rhein. Mus. XXV. S. 340 f.
5. Die Interpretationes des Donatus zu Vergü herausgegeben Nea-
pel 1635 und an den. Vergilausgaben von G. Fabrici^is (Basil. 1561 fol.)
und Lucius (Basil. 1613 fol.). Vorausgeschickt ist ein Schreiben. Ti. Clau-
dius Donatus Ti. Claudio Maxime Donatiano filio s. p. d. Incertum metuens
vitae, quod magis senibus incumbit et proximum est, cursim scripsi qaae
potui, relinquens plurima, . . ut si quid mihi adversi accideret haberes inter*
pretationum mearum quod imitareris exemplo. verum quia . . contigit
diutius vivere hos libros interim legendos curavi. Denn er sei entschlossen
die hier übergegangene Sacherklärung in einer eigenen Arbeit nachzuholen,
sie fiet ut origines singulanmi personarum quas Vergilius Aeueidos hbris
comprehendit . . (cognoscas). simul etiam cognosces oppidorum insularom-
que rationem, regionum, . . templorum ac fanorum, herbanim, quin etiam
et lignorum vocabula et cetera bis similia. sed haec sie accipiae vehm nt
ex commentarüs scias veterum me esse collecturum; antiqua enim et fa-
bulosa ac longinquitatis causa incognita nisi priscorum docente memoria
non poterunt explicari. Zur Ausarbeitung oder Vollendung dieser Realien
der Aeneis (also einer Arbeit ähnlich der des Vibius Sequester) scheint et
aber nicht gekommen zu sein. Das Werk sollte einen Anhang zu den In-
terpretationes bilden oder die Stelle eines beabsichtigten Registers dazn
vertreten; vgl. zu VII, 646: catalogus iste huic Interpretationum libro non
fuerat inserendus. nihil enim habet quod artificiose posset exponi. est
quippe nominibus hominum, gentium, fluviorum, deorum, . . herbarum, . .
fontium plenus. tamen ne quid libro decerpi videatur dicemus aliqua dos
uno libro qui XII 1°^ erit, cum totius operis conplexione dicturi, ut historiae
per XII libros sparsae et cetera quae supra dicta non sunt possint evidoi-
ter apparere.
6. Servius citiert öfters (z. B. Aen. II, 657. 798. Ecl. III, 38), m&A
polemisierend, Donatus kurzweg, ohne zweierlei Personen zu unterscheiden.
Er scheint daher auch nur Einen Vergilcommentator dieses Namens ge-
kannt zu haben, ohne Zweifel den älteren (oben 385, 4). Li den interpo-
herten Partien könnten aber dann die Interpretationes des jüngeren Dona-
tus mitbenutzt sein.
7. Ueber Donaths vita Vergilii s. oben 210, 1, b. Im Paris. 1011
hat sie an ihrer Spitze einen Brief mit der Ueberschrift: FL Donatus L
Munatio suo salutem. In den übrigen Hdss. ist de ohne Ueberscfaiift an
den Commentar des Servius angeschlossen.
..isuJeiJS
404 f. Servius. Ti. Donatus. VegetiuB. 899
8. üeber Donat vgl. Suringar, bist. crit. scholl. II. p. 31—58. Grä-
fenhan, Gesch. d. class. Philol. IV. S. 316—318.
9. Ein Grammatiker Maximas aus Madaura der den Polytheismus
gegen Augustin yertheidigt bei Augustin. epist. 16 (Migne XXXIII. p. 81).
10. Ueber lunius Philargyrius s. unten 442, 11.
405. Dem Theodosius I widmete Flavius Vegetius Bena-
tus seine Epitoma rei militaris in vier Büchern, welche vorzugs-
weise geschichtlich angelegt ist, sich selbst als ein Werk des
Fleisses gibt und auf selbständigen sachlichen Werth oder sti-
listische Vorzüge keinen Anspruch macht. Vielleicht um einige
Jahrzehnte jünger ist die ausführliche Thierheilkunde (mulome-
dicina) eines P. Vegetius nach älteren Quellen in ungebildeter
Sprache.
1. Ueberschrift: Flavi Vegeti Renati viri inlustris, comitis Epitoma
rei militaris. Der Kaiser dem er seine Schrift widmet wird zwar von dem
Verf. selbst nicht genannt, doch ist nahezu sicher dass es Theodosius I
ist; 8. C. Lang in sr. Ausg. p. VII f. Und zwar ist zur Zeit der Abfassung
Gratianus bereits todt (p. 21, 6: tempus divi Gratiani), die Schrift also
zwischen 384 und 395 geschrieben. Zwischen der Herausgabe von B. I und
der des Weiteren war eine Pause, s. A. 3.
2. Der Verfasser bekennt sich zum Christenthuro , wurzelt aber mit
seinen religiösen Vorstellungen in der alten Zeit und unterscheidet sich
daher in seiner Art über religiöse Dinge sich auszudrücken sehr wenig von
den NichtChristen seiner Zeit. Vgl. II, 6 (p. 37 L.): iurant (milites) per deum
et Christum et sanctum spiritum et per maiestatem imperatoris, quae se-
cimdum deum generi humano diligenda est et colenda. nam imperatori
. . tanquam praesenti et corporali deo fidelis est praestanda devotio. Die
andern derartigen Aeusserungen könnten ebenso gut bei Firmicus oder
Symmachus stehen; so I praef : non recte aliquid incohatur nisi post deum
faverit imperator. II, 21 : etiam divinitatis (s. oben 376, 4) instinctu legio-
nes a Romauis arbitror constitutas. IV, 40: transitus siderum . . cum prae-
scripto cursu dei arbitrio creatoris suscipiunt signa. Bezeichnend fiir den
Buperstitiösen Charakter seines Glaubens IV, 35: dass das Schiifsbauholz
nur in den acht Tagen a XV« luna usque ad XXIIam geföllt werden dürfe,
wenn es nicht wurmstichig werden solle, et ars ipsa et . . cotidianus usus
edocuit et contemplatione ipsius religionis agnoscimus, quam pro aetemi-
täte bis tantum diebus placuit celebrari.
3. Veget. I praef.: tauto inferiorem me antiquis scriptoribus esse
vix sensi, licet in hoc opusculo nee verborum concinnitas sit necessaria nee
acrunen ingenii, sed labor diUgens ac fidelis, ut quae apud diverses histo-
ricos vel armorum disciplinam docentes dispersa et involuta celantur pro
utilitate rom. proferantur in medium. II praef.: cum haec (instituta maio-
rum parÜB armatae) litteris breviter comprehendere maiestati vestrae . .
recognoBcenda praeciperer, certavit saepius devotio cum pndore. . . libel-
lum de dilecttt atque exercitatione üronum (B. I) dudum tamquam famulus
obtuli, non tamen culpatus abscessi. III praef.: quae per diverses auctores
57*
900 Die Kaiserzeit. Viertes Jahrhundert.
librosque dispersa, iraperator invicte, mediocritatem meam abbreviare ias-
ßisti. II, 3 nennt V. als Vorgänger bes. Cato nnd Prontinus: horam in-
stituta, horam praecepta in quantum valeo strictim fideliterque signabo.
Vgl. I, 28. III, 26. IV praef. Vergilius in Georgicis und Varro in libris
navalibus angefahrt IV, 41 vgl. II, 1: Latinorum egregius auctor (Verg.
Aen.). Sallustius citiert I, 4. 9.
4. Jedes Buch hat ein Vorwort, B. I und HI auch ein Schlusswort
von höfisch rhetorischem Charakter. Buch I bebandelt dilectus atque exer-
citatio tironum, B. II institutionem disciplinamque militarem (III, 1), B. III
den eigentlichen Kiieg und das Strategische, B. IV die Belagerungskuost
(rationes quibus vel nostrae civitates defendendae sint vel hostium sub-
ruendae), c. 1 — 30. Darauf IV, 31: praecepto maiestatis tuae, imperator
invicte, terrestris proelii rationibus absolutis navalis belli residua . . est
portio ; de cuins artibus ideo pauciora dicenda sunt quia iam dudum pacato
mari cum barbaris nationibus agitur terrestre certamen. Die Inhaltsan-
gaben zu den einzelnen Capp. (rubricae) sind nicht von Veg. selbst, aber
schon im 6— G Jahrh. verfasst; s. C. Lang praef. p. X f.
5. Der Wortschatz zeigt, wegen der Beschaffenheit des Gegenstan-
Standes und der Benützung älterer Autoreu, verhSltnissmässig nicht viel
späte Bestandtheile. Doch verrathen Worte und Wendungen wie missibiüs,
in ante, aliquanti, proximior deutlich genug die Zeit der Abfassung.
6. Handschriften des Veg. gibt es über 140, die ältesten aus saec
X. Excerpte aus B. IV in dem Palimpsest Vatic. Reg. 2077 saec. VIL
Aufzählung und Beurteilung der Udss. bei Lang p. XI — XL. Ein Tbeil
derselben hat die Subscription : FI. Eutropius emendavi sine ezemplario
Constantinopolim Consul. Valentiniano Aug. VII et Abien. {^= J. 450 n. Chr.).
0. Jahn, Berichte d. sächs. G. d. W. 1851, S. 344 f.
7. Ausgaben. Ed. pr. Utrecht um 1473 fol. Spätere bes. von Fr.
Modius (Colon. 1580), G. Stewechius (Antv. 1584. 4.); von P. Scriverios,
cum notis Stewechii, Modii, Antv. 1607, 2 Voll. 4. (Wesel 1670. 8.). £<!•
N. Schwebelius, Nürnberg 1767. 4. Cum notis varr. Strassburg 1806. ßec.
C. Lang, Lips. (Teubner) 1869.
8. Aus Vegetius ausgeschrieben ist des angeblichen Modestus Übel-
lus de vocabulis rei militaris ad Tacitum Aug., abgedruckt in den Aus-
gaben der scriptores rei militaris und in den älteren des Vegetius (voo
Fr. Modius, Stewechius und Scriverius). Aeltere Abschriften desselben ab
aus saec. XV gibt es aber nicht. In Wahrheit ist das Büchlein verfasst
von Pomponius Latus oder einem Schüler desselben, mit dessen Schrift de
magistratibus (und de legibus) es ursprünglich (anonym) zusammen er-
schien. Peyron, notitia libr. bibl. Taurin. (1820) p. 85 f.
9. Des P. Vegetius mulomedicina sive ars veterinaria ist gednidct
Basil. 1528. 4. 1574. 4. (ed. J. Sambucus), in J. M. Gesner's (II. p. 173—305)
u. J. G. Schneider's (VoL IV) scriptores rei rusticae, bei den Früheren in
vier, bei Schneider in sechs Bücher abgetheilt (B. I = I. II Sehn.; 111 =«
IV u. V Sehn,).
10. üeber seine Grundsätze spricht sich P. Vegetius in wiederholten
Vorreden aus. I. praef. 6: cum ab initio aetatis alendorum eqnomm sto-
405 f. Vegetiiis. Marceil us Empiricus. 901
dio flagrarem baue operam non invitus arripui ut conductis in unum la-
tini» dumtaxat auctoribus univereis, adhibitds etiam mulomedicis et medicis
non omissis . . in quantum mediocritas ingeuii patitur plene ac breviier
omuia epitome congererem. II (Gesn.) praef. 1: mulomedicinae ars iam-
dudum . . collapsa est. numquid vero exemplo Hunnorum . . artis usus
intercidet? III (Gesn.). praef. 1 f.: mulomedicinae me commentarios ordi-
nante civium atque amicorum frequens querela . . suspendit. . . cedens
itaque familiarium bonestissimae voluntati ex diversis auctoribus eüucleata
collegi pedestrique sermone in libellum contuli. cuius erit praecipua feli-
citas si eum nee scbolasticus fastidiat et bubulcus intellegat. Ganz dem
Gesicbtskreise und der Ausdrucksweise des Scblusses von sacc. IV entspricbt
IV (Gesn.) praef. 1 ff.: soUemnis excusatio neglegentium est dispendia ex
dissimnlatione venieutia deo imputare vel casibus. . . quae fortasse vera
videantur in bomine, qui divina Providentia ac dispositione fatorum creditur
regi. auimalia vero, cum quibus divinitas nihil dignätur babere commune,
nisi bominum studio impensisque curentur absque ambiguitate depereunt.
11. Als Vorgänger (und Quellen) nennt Veg. I praef. 2 f. Pelagonius
(vgl. ib. 17, 15. IV, 13, 3. 14, 2. 27, 3), Columella, Cbiron und Absyrtus
(vgl. ib. 38, 5. IV, 13, 4. 22, 1. 27, 1 f.). Gitteren des Vergil I. praef. 8
(Mantuanus poeta divino ore testatur) und 56, 36 (quod naturaliter laudat
Vergilius). Die aufgeführten Pferderacen zeugen von weitem geographi-
schem Horizont. Z. B. I, 56, 37: equos quos vulgo trepidiarios, militari
verbo tottonarios vocant ita edomant (Parthi) etc. IV, 6, 2 f. (G.): ad
Vjellum Hunniscorum longe primo docetur utilitas patientiae etc. Toringos
deinde et Burgundiones iniuriae tolerantes, tertio loco Frigiscos etc. Die
Anatomie des Pferdes wie sie Veg. gibt wird von Sachverständigen gelobt.
406. Unter dem Namen des Marcellus, ex mag. officio-
rum unter Theodosius, haben wir ein Haiisarzneibuch welches
vorzugsweise aus Scribonius Largus geschöpft, aber mit vielen
abergläubischen Zuthaten gemischt ist.
1. Marcelli de medicamcutis empiricis, physicis ac rationabilibus liber
. . iam primum in lucem emergens . . per Janum Comarium, Basil. 1536
foL Auch in den Sammlungen der Medici autiqui von Aldus (Venet. 1547)
und Stephanus (Paris. 1567). Vorwort: Marcellus vir ill. ex mag. off. Theo-
dosii sen. filiis suis s. d. Abo schrieb er unter Theodosius II, somit nicht
vor 408. Er ist wohl der Marcellus magister off. im J. 395 im Cod. Theod.
VI, 29, 8 und XVI, 5, 29 (wo ihm das Einschreiten gegen NichtChristen
im Uofdienste aufgetragen wird). Vgl. Suidas II. p. 702 Bnb. : MdguslXog,
fidytaTQog 'Agnadiov tov ^atftXeoff, noofi^og dget^g dnd^Tjg etc. Da er den
AuBonius unter seinen Mitbürgern nennt so wird er als Burdigalensis be-
zeichnet, von Andern nach seiner rein empirischen Richtung Empiricus.
Arzt war er nicht.
2. Das Buch de medicamentis zählt in 36 Capiteln einfache, zusam-
mengesetzte und zauberische Mittel gegen alle Krankheiten vom Kopfe bis
zu den Fusszeben auf. Sein einziger Werth besteht in seinen zahlreichen
Pflanzennamen (E. Meyer, Gesch. d. Botanik II. S. 305—315), theilweise mit
902 ^^ic Kaiserzeit. Viertes Jahrhundert.
ihren keltischen Bezeichnungen; J. Grimm, über Marcellns Bnrdig., Berlin
1849. 4. (Abhandl. d. Berl. Äk. von 1847.)
3. Dem Buche de med. geht in den Ausgaben voraus eine Anzahl
meist apokrypher medicinischer Briefe , z. B. von Hippokrates an König
Antiochos und an Mäcenas. Geschichtlich ist nur der des comes archia-
trorum Vindicianus (Cod. Theod. XIII, 3, 12 vom J. 379, vgl. X, 19, 9
vom J. 378 : v. c, vicarius) an Valentinian, vielleicht ursprünglich die Wid-
mung des darin erwähnten Werkes de ezpertis remedüs. Ueber Vind. vgl
noch Augustin. Epist. 138, 3. confess. IV, 1, 5. VII, 6, 8.
4. Angehängt sind dem Buche de med. 78 Hexameter von gleichem
Inhalte und incorrecter Prosodie, wahrscheinlich die von Marcellus in der
Zuschrift an seine Söhne erwähnte Tändelei; s. E. Meyer, Gesch. d. Bota-
nik II. S. 301—304. Abgedruckt in Ausgaben des Marcellus (A. 1) wie des
Celsus, öfters unter dem Namen des Vindicianus (A. 3) oder gar des Se-
renus Samouicus.
407« Auf christlicher Seite ist die gliinzendste Erscheinung
der charaktervolle Bischof von Mailand^ Ämbrosius (um 340—
397), ebenso gewandt wie energisch und kühn, persönlich un-
eigennützig und menschenfreundlich, aber unersättlich für die
Macht und den Ruhm seiner Barche. Von seinen Schriften sind
geschichtlich die wichtigsten die Briefe und die Leichenreden
auf Valentinian und Theodosius. Besondere Berühmtheit ge-
wannen seine Barchenlieder (hymni), welche sich näher an die
classische Form hielten als die des Damasus.
1. Biographie des A. von Paulinus, worin c. 3 ff..* posito in admi-
nistratione praefecturae Galliarum patre eins Ambrosio natus est (yiellei€ht
zu Trier] Ämbrosius. . . postquam edoctus liberalibus disciplinis ex nrbe
(Rom) egressus est . . ita splendide causas peroravit ut eligeretur a lito
ül. Probo tunc praef. praet. ad consüium tribuendum. post haec conso-
laritatis suscepit insignia, ut regeret Liguriam Aemiliamque proyindas,
venitque Mediolanum. per idem tempus mortuo Auxentio Arianae perfidiae
episcopo etc. Ambros. de off. I, 1, 4: ego raptus de tribunalibus et ad-
ministrationis infulis ad sacerdotium. Hieron. ad a. 2390 (Bong, ad a. 2391)
«=3 376 (statt 374]: post Auxenti seram mortem Mediolanü Ambrosio epi-
scopo constituto omnis ad fidem rectam Italia convertitur. Einflnss auf
Augustin (confess. V, 13 f. VI, 3 f.). Festigkeit gegenüber der arianisch ge-
sinnten Kaiserinwittwe lustina und ihrem Sohne, dem jungen Kaiser Va-
lentinian. Diplomatische Sendungen an den Usurpator Maximas. Energie
gegen Theodosius wegen seiner Blutthat in Thessalonich (J. 390). Tod an
Ostern (4. April) 397. Paulin us' vita Ambrosii. Tillemont, M^moires T. X
(1706). p. 78 ff. 729 ff. R. Ceillier, bist. gön. des auteurs sacr^s VII (173S).
p. 829—693. F. Böhringer, die Kirche Christi I, 3 (Zürich 1845) S. 1-98.
G. Richter, das weström. Reich S. 802 f. 678 f. 692—619. 643 ff, Praner,
die Theologie des h. Ambr., Eichstädt 1862. 69 S. 4.
2. G. Richter a. a. 0. 8. 602: „Des A. Gelehrsamkeit ist weder sehr
.'^a^fl
407. Ambrosius. 903
gründlich noch sehr ausgedehnt; Beine Bibelaaslegung gewaltsam, verwor-
ren, wunderlich; seine Speculationen erheben sich nicht weit über das ni-
känische Symbol ; seine polemischen Werke sind ohne Schärfe der Dialektik
und arten in Predigten aus; seine Predigten, obwohl A. für einen Meister
des Vortrags galt, geben Gewöhnliches mit Pathos und Uebertreibung.
Nur dann wird ihr Eindruck grösser wenn einmal die innerste Erregung,
die Charakterkraft des Redenden hervorbricht. Denn die Bedeutung des
A. liegt in seinem persönlichen Auftreten : er ist der Feldherr und Staats-
mann der streitenden Kirche, er hat ihre äussere Macht ausgedehnt wie
kein Anderer. Den Nacken der Mächtigsten unter ihr Joch zu beugen,
ihre Gegner einzuschüchtern, zu verdrängen, zu vernichten war seine Stärke."
3. Ambrosii opera z. B. Basil. (Frohen) 1527 fol. (von Des. Erasmus),
besonders aber studio et labore monachorum ord. Sti. Benedict! (Jac. du
Frische und Nie. Le Nourry), Paris. 1686—1690, 2 Voll. fol. In Migne's
Patrol. T. XV und XVI (Paris 1846). Vgl. auch W. Cureton, spicilegium
83rriacum, London 1855.
4. unter den Schriften des A. hebt Hieronymus besonders hervor de
viduis liber und de virginitate tres libellos (Epist. 48, 14 vgl. 22, 22: de
virginitate . . Ambrosii nostri quae nuper scripsit ad sororem opuscula, in
quibus tanto se efPudit eloquio etc.). Augustiu ad Hier., Ep. 116, 21 (p.
774 ValL): Ambrosius noster . . suos libros utilium praeceptionum plenos
De officiis (ministrorum) voluit appellare. Sie sind dem ciceronischen
Werke nachgebildet Sonderausgabe (cum Paulini libello de vita S. Am-
brosii) von J. G. Krabinger, Tubing. 1857. Bittner, de Cic. et Ambr. offi-
ciorum Ubris, Braunsberg 1849. 4. Hierou. Ep. 84, 7 (p. 529 Vall.) : nuper
sanctus Ambrosius sie Hexaemeron (Schöpfungsgeschichte) illius (des Ori-
genes) compilavit ut magis Hippolyti sententias Basiliique sequeretur. Darin
Zuthaten aus Sueton's Prata, s. Beifferscheid Sueton. p. 442 f. Briefe sind
91 erhalten, zum Theil von dem Umfange von Abhandlungen. Ueber die
gegen Symmachus geric)iteten s. oben 399, 13. Reden: De obitu Valenti-
niani consolatio; De obitu Theodosii oratio; De excessu fratris sui Satyri
libri II. Sonstige Schriften; a) dogmatische: De fide libri V ad Gratianum
Aug.; De spiritu sancto libri III ad Gratianum; De poenitentia libri II;
De mysteriis; De incamationis dominicae sacramento. b) praktische (ausser
de oft', min. libri III, de virginibus ad Marcellinam sororem Ubri III, de
viduis): De virginitate. De institutione virginis ad Eusebium, Exhortatio
virginitatis, De lapsu virginis consecratae. De bono mortis; De fuga sae-
culi. c) exegetische: De paradiso; De Cain et Abel; De No(^ et arca; De
Abraham libri II; De Isaac et anima; De lacob et vita beata libri II; De
losepho patriarcha: De benedictionibus patriarcharum ; De Elia et ieiunio;
De Nabuthe; De Tobia; De interpellatione lob et David libri IV; Apologia
prophetae David ad Theodosium Aug.; Enarratioues in XII psalmos; Ex-
positio in psalmum CXVIII; Expositio evangelii secundum Lucam, libri X.
5. Die zwölf Hymnen des A. (Morgengebete, Preis von Gott und
Christus] sind sämmtlich im iambischen Dimeter gehalten und meist in
vierzeilige Strophen abgetheilt. Die Verse reimen sich häufig, aber nicht
regelmässig. Verlängernde Wirkung des Rhythmus, z. B. castus amor; ho-
nor natiis et gaudium; am häufigsten in bymn. 6 (fünfmal in sechs Versen);
9C)4 t)i^ Kaiscrzcit. Viertes Jahrhundert.
ebenso Verkürzung (cum spiritu paracltto). Verschleifung nicht selten.
Einführung von Wechselgesängen zwischen Priester und Gemeinde (cantiB
Ambrosianus); vgl. Augustin. conf. IX, 7, 15: tunc (unter Ambr.) hynmi
et psalroi ut canerentur secundum morem orientalium partium . . institutum
est et ex iUo in hodiernum retentum. Von diesem berühmtesten Dichter
von Kirchenliedern her wurden später Kirchenlieder überhaupt ambrosia-
nische genannt, wie das bekannte Te deum laudamus.
6. Ueber die vielleicht von A. verfasste üebersetzung von Josephos
bell. iud. s. oben 397, 10—12.
408. Der gelehrteste Vertreter des Christenthums und zu-
gleich ein scharfsinniger Dialektiker, dabei nicht ohne Leiden-
schaftlichkeit, ist Hieronymus aus Stridon, in seinem langen
Leben (J. 331 — 420) unermüdlich thätig als Schriftsteller, die
Schriften des alten und neuen Testamente commentierend und
übersetzend, die christliche Lehre darstellend und wider Gegner
verfechtend, die alte Bildung durch lateinische Bearbeitungen
mit Christenthum und Gegenwart vermittelnd. Von hervor-
ragender Wichtigkeit sind seine erweiternde üebersetzung der
Chronik des Eusebius, seine christliche Literaturgeschichte (viri
illustres), seine Bibelübersetzung und seine reichhaltigen Briefe.
1. Hieronym. viri iU. 135: Hieronymus, patre Eusebio natus, oppido
Stridonis, quod . . Dalmatiae quondam Pannoniaeque confinium fuit, usqne
in praesentem annum, i. e. Theodosii principis XlV^m (j. 392) haec acripsi
(s. A. 2). Als seine Lehrer nennt er Marius Victorinus (oben 384, 1—6),
Donatus (oben 385), und (in Constantinopel) Gregorios aus Nazianz (vir.
iU. 117). Epist. 123, 10: cum in chartis eccleßiasticis iuvarem Dama-
sum romanae urbis episcopum et orientis atque occidentis synodicis con-
sultationibus responderem. Prosper de ingrat. 56 ff.: hebraeo simul et
graio latioque venustus eloquio, morum exemplum mundique magister Hie-
ronymus. Seine Schriften sind meist verfasst in dem Kloster bei Beth-
lehem, wohin er sich J. 386 zurückgezogen hatte und wo er auch starb
(30. Sept. 420). Ylisk Hieronymi ex eins potissimum scriptis condnnata
von D. Erasmus (Ed. Vol. 1) und besonders von den Benedictinem (ed.
Vall. T. XI). Martianay, la vie de St. Järome, Paris 1706. 4. Tillemont,
Mämoires T. XII. R. Ceillier, bist. g6n, des aut. sacres X. p. 172 — 463.
L. Engelstofb, H. Strid. interpres, criticns, exegeta, apologeta, historicns,
doctor, monachus, Eopenh. 1797. Lanchert und Enoll, Gesch. d. Kirchen-
vaters H. (aus dem Franz.), Rottweil 1848. 0. Zöckler, H.; sein Leben und
Wirken aus seinen Schriften dargestellt, Gotha 1865. A. Thierry, St
Jdrome, la soci^te chrdtienne k Rome et V ^niigration romaine en teire
sainte, 2 Voll. Paris 1867.
2. Hieron. v. ill. 135: usque in praesentem annum (392 n. Chr.)..
haec scripsi : Vitam Pauli monachi. Epistolarum ad diversos libmm unum.
Ad Heliodorum exhortatoriam. Altercationem Luciferiani et ortho^KD.
408. Hieronymus. " 905
Chronicon omnimodae historiae. In Uieremiam et in Ezecbiel homilias
On'genis XXVIll, quas de graeco iu latinum verti. De Seraphim, de Osanna
et de frugi et luxurioso filiis. De tribus quaestionibus legis veteris. Ho-
milias in cantica cauticorum duas. Ad versus Uelvidium de virginitate
Mariae perpetua. Ad Eustochium de virginitate servanda. Ad Marccliam
epistolarum librum unum. Consolatoriam de morte fiiiae ad Paulam. In epi-
stolam Pauli ad Galatas commentariorum libros 111. Item in ep. ad
Ephes. libros III. In ep. ad Tii librum unum. In ep. ad Philem. librum
unum. In Ecclesiasten commentarios. Quaestionum hebraicarum in Ge-
nesim librum unum. De locis librum unum. Hebraicorum nominum
librum unum. De spiritu sancto Didymi, quem in latinum transtuli , librum
unum. In Lucam homilias XXXIX. In psalmos X — XVI tractatus VII.
Malchi, captivi mouachi, vitam et bcati Hilarionis. Novum testamentum
graecae fidei reddidi (die vier Evangelien codicum graecorum emendata
coUatione, sed veterum, nach der pracf. an Damasus), vetus iuxta hebraicam
transtuli. Epistolarum autem ad Paulam et Eustochium, quia quotidie
scribuntur, incertus est numerus. Scripsi praet^rea in Michaeam explana-
tionum libros II, in Sophoniam librum unum, in Nahum librum unum, in
Habacuc libros II, in Aggaeum librum unum, multaquo alia de opere
prophetali quae nunc habeo in manibus et necdum expleta sunt. Der
sichtliche Maugel an Sachordnung und die sonstige Art des H. machen
wahrscheinlich dass die Aufzählung in der Hauptsache die chronologische
ist. Vgl. comm. in lonam, praef.; triennium circiter fluxit postquam quinquo
prophetas interpretatus sum, Michaeam, Nahum, Abacuc, Sophoniam et
Aggaeum, et alio opere detentus non potui implere quod coeperam.
ecripsi enim librum de illustribus viris et adversum lovinianum duo Volu-
mina, Apologeticum quoque et De optimo genere interpretandi ad Pam-
machinm et Ad Nepotianum vel De Nepotiano duos libros, et aUa quae
enumerare longum est. Noch später verfasste Schriften des H. sind (ausser
weiteren Briefen) von den erhaltenen: Contra loannem Hierosolymitanum,
Adversus ßufinum libri 111, Regula S. Pachomii, Contra Vigilantium,
Dialogorum contra Pelagianos libri III, Commentariorum in Matthaeum libri
IV, CommentariuB in Danielem, Commentarii in lesaiam und in leremiam.
3. Gesammtausgaben von Des. Erasmus (Basil. 1516, zuletzt Basil.
1566. 9 Voll. foL), Marianus Victorias aus Rieti (Rom. 1566, 9 Voll. fol.
Autv. 1578 f.), den Benedictincrn (studio et labore lo. Martianay et Ant.
Pouget, Paris. 1693 -1706, 5 Voll, fol.) und besonders von Dan. Vallarsi
(Veron. 1734—1742, 11 Voll.; Venet. 1766—1772). Auch in Migne's Patrol.
XXII— XXX (Paris 1845. 4.).
4. G. Richter, das weström. Reich (1865) S. 602: „Hier, war der
Disputator und Dialektiker der streitenden Kirche. Sein Griffel war zum
Meinungskampfe gespitzt, geistreich, witzig, keck, voller Fechterkünste,
schonungslos durchbohrend. Auch vermochte er durch eine elegante Ge-
lehrsamkeit zu glänzen." Seine Bibelübersetzung ist in ihrer Art ein Mei-
sterwerk; sie hat die ältere (oben 397, 15) verdrängt und ist selbst die
Grundlage der noch geltenden Vulgata geworden. G. Riegler, kritische
Geschichte der Vulgata, Sulzbach 1820. L. van Ess, pragmatisch-kritische
Geschichte der Vulg., Tübingen 1824.
906 ^^G Kaiserzeit. Viertes Jahrhundert.
5. Die KenntniBse im Hebräischen die sich U. mk Hülfe von Rab-
binern erworben finden bei den Specialforschem alle Anerkennung. M.
Bahmer, die hebräischen Traditionen in den Werken des H. durch eine
Vergleichung mit den judischen Quellen kritisch beleuchtet; I: die Quae-
stiones in Genesin, Breslau 1861. Hieronymi quaestiones hebraicae in libro
Geneseos e recogn. P. de Lagarde, Lips. 1868.
6. Die Briefe, zum Theil mit dem Umfange von kleinen Büchern,
hat Vallarsi nach ihrer Zeitfolge in fünf Classen eingctheilt. Vgl. I. p.
XXXVI: prima (Ep. 1—18) illas exhibet quas Hier, ab a. 370, antequam
eremum peteret et in ipsa eremo, scripsit ad usque S8t, quo relicta soll-
tudine contendit Bomam. in altera (19—45) illae succedunt quas Romae
dedit ab a. 382 ad 385, quo Hierosolymam navigavit. tertia (46—95) illas
complectitur quas e Bethleemi monasterio scripsit ab a. 386 usque ad 400,
quo in alexandrina synodo Origenes damnatus est. quarta (96 — 144) illas
repraesentat quas ab eo tempore, a. 401, ad vitae usque finem, a. 420,
exaravit. in qnintam denique classem tres illas (145—147) redegi quarum
tempuB minus compertum, iisque trea alias (148 — 150) subdidi quarum auctor
incertus est. Rechtfertigung der chronologischen Anordnung ib. p. XXXYl
— LXIV. Ep. 85, 1 (p. 533 Vall.): uno ad occidentem navigandi tempore
tantae a me simul epistolae flagitantur ut si cuncta ad singuloa velim re-
ßcribere occurrere nequeam. unde accidit ut omissa compositione verbo-
rum et scribentium sollicitudine dictem quidquid in buccam venerit. Schao-
bach, über die Briefe des h. Hier., Coblenz 1855. 4.
7. Die Uebersetzung der Chronik des Eusebius ist gewidmet Vin-
centio et Gallieno. Das Vorwort hebt die Schwierigkeit aller Uebersetzun-
gen hervor: et ad communem difficultatem . . hoc nobis proprium accedat
quod historia multiplex est, habens in barbara nomina res incognitas La-
tinis, numeros inextricabiles, virg^las rebus pariter ac numeris intertextas
(p. 2 Seh.). . . (p. 3:) Graecorum fidem suo auctori adsigneut et quae nova
inseruimus de aliis probatissimis vins libata cognoscant. sclendom etenim
est me et interpretis et scriptoris ex parte officio usum, quia et graeca
fidelissime expressi et nonnulla quae mihi intermissa videbantor adieci, in
romana maxime historia, quam Eusebius huius conditor libri . . perstrin-
xisse mihi videbatur. itaque a Nino et Abraham usque ad Troiae capti-
vitatem pura graeca translatio est. a Troia autem usque ad XX Constan*
tini anuum nunc addita nunc mixta sunt plurima quae de Tranquillo et
ceteris inlustribus in historicis curiosissime excerpsi. a Constantini autem
supra dicto anno (J. 325) usque ad consulatum Augg. Valentis sexies et
Valentiniani iterum (J. 378) totum meum est. quo fine contentus reliquum
temporis Gratiani et Theodosii latioris historiae stilo reseryavi, . . quoniam
dibacchantibus adhuc in terra nostra barbaris incerta sunt omnia. Damit
stimmt die Bemerkung nach Ol. 276, 2 = a. Abr. 2342 =^ Const. 20: hoc
usque historiam scripsit Eusebius Pamphili martjris contubemaliB. cni
nos ista subiecimus. Eusebius begann mit dem ersten Jahre Abrahamfi
= 43 des Ninus = 22 des Europs = ersten der 16i«n Dynastie der Theb&er.
Ol. 1, 1 c= a. Abr. 1240 (Mai; Scaliger imd Pontacus 1241). Abr. 2016 a. i
n. Chr. Die Geburt Christi setzte Eus. ins J. 5199 d. W. A. v. Gatschmid, de
temporum notis quibus Eusebius utitur in chronids canonibus, Kiel 186& 4
408 f. Hieronymus. RufiDUS. 907
8. Die eigenen Zuthaten des Hier, lassen sich controliereu durch die
Yon Interpolationen freie armenische üebersetzung der Chronik des Euse-
bins, gefunden 1816 und herausgegeben von I. Zorab et A. Mai (Mailand
1818), besser opera I. B. Aucher (Venet. 1818). Die Reste des griechischen
Originals sowie die IJebersetzung des Hier, herausgegeben von A. Pontacus
(Bordeaux 1604. fol.)f in Jos. Scaligers thesaurus temporum (Lugd. 1606.
Amsterd. 1668. foL), Vallarsi (ed. Hier. t. VIII), Th. Roncalli (vetust. lat.
scr. chronica, Patav. 1787, t. I), in Mai's Scriptt. vett. nova coli. VIII (Rom
1833), und besonders von A. Schöne (Eusebi chronicorum libri duo, Vol.
II. Berol. 1866); vgl. dessen Quaestionum Hieronym. capita selecta (Lips.
1864) und Götti. Gel. Anz. 1867, S. 986 — 996. A. v. Gutschmid in Fleck-
eisens Jahrbb. 96, S. 677—688.
9. Th. Mommsen, über die Quellen der Chronik des Hier., Abhandl.
d. Sachs. G. d. W. II (philol. bist. Cl. I), Leipzig 1850, S. 669—693. Hie-
nach (S. 683 f.) waren die Quellen des H. ausser dem Kanon imd der se-
riös regum des Eusebius: Eutrop's breviarium, breviarium Sex. Rufi, die
Stadtchronik, Sueton*s Schrift de viris in litteris illustribus (oben 324, 7),
die dem H. noch vollständig vorlag, eine verlorene latina historia de ori-
gine gentis rom. und ein verlorenes Werk über die Zeit von Pompejus'
Tod bis zur Schlacht bei Actium. Am wenigsten Verlass bieten seine
Jahrszahlen, da er seine Anmerkungen, wo er in seinen Quellen keine Jahrs-
zahl dafür fand, beliebig unter gewissen Jahren unterbrachte (vgl. z. B.
oben 354, 1 E, 373, 1). Fortgesetzt wurde die Chronik des H. von Prosper
und Cassiodor.
10. Die Schrift de viris illustribus (oder de scriptoribus ecclesia^
sticis). ist verfasst J. 392 und gewidmet dem praef. praet. Dexter. Vor-
wort: hortaris me, Dexter, ut Tranquillum sequens ecclesiasticos scriptores
in ordinem dlgeram et quod ille in enumerandis gentilium litterarum viris
fecit illustribus ego in nostris faciam,.i. e. ut a passione Christi usque ad
XIV«tn Theodosii Imp. annum (392) onmes qui de scripturis sacris memo-
riae aliquid prodiderunt tibi breviter exponam. . . ego . . magistrum
memet ipsum habeo, quamquam Eusebius Pamphili in X eccles. bist, libris
maximo nobis adiumento fuerit et singulorum de quibus scripturi sumus
Volumina aetates auctorum suorum saepe testentur. In Vallarsi's Ausg.
(T. II, 2. p. 821 fp.) ist die alte griechische Üebersetzung welche D. Eras-
mus unter dem Namen des Sophronius herausgab mit abgedruckt, sowie
(p. 967 if.) des Gennadius Fortsetzung von der Arbeit des Hier.
409. Vorzugsweise der erbitterten Streitschrift welche Hie-
ronymus gegen den ehemaligen Freund richtete verdankt seine
Berühmtheit Tyrannius (Turanius) Rufinus (um 345—7410), aus
Aquileja, dessen literarische Thätigkeit fast ausschliesslich dar-
auf gerichtet war die Werke griechischer Kirchenlehrer, beson-
ders des Origenes und Eusebios, lateinisch zu bearbeiten. Um
Worttreue war es ihm dabei nicht zu thun. Ebenso gehalten
ist seine Üebersetzung der Sprüche des Sextius. Andere christ-
908 I^i^ Kai»erzeit. Viertes Jahrhundert.
liehe Prosaiker der Zeit wai'eu der Grammatiker Cresconius,
Euagrius, Dexter, Anastasius, Chromatius.
1. Gennad. vir. iil. 17: Rufinus Aquileiensis ecclesiae presbyter non
minima pars fuit doctorum ecclesiae et in transfcrendo de graeco in lati-
uum elegans ingenium habuit. dcnique maximam partcm Graecorum by-
bliothecae Latinis exhibuit: Basilii scilicet Caesariensis . ., Gregorii Nazian-
zeni . ., Clementis Romaiü recognitionum libros, Euscbii Caesariensis . .
ecclesiasticam bistoriam, Sexti sententias, Evagrii sententias (s. A. 4). in-
terpretatus est etiam sententias Pamphili martyris adversam matbematicos.
. . Origenis autem non omnia, quia et Hieronymus transtulit aliqaanta. . . ex-
posuit idem Rufinus Symbolum. . . disseruit et benedictionem Jacob super
patriarchas triplici, i. e. historico, morali et mystico, sensu, scripsit et
Epistolas ad timorem dci hortatorias multas, inter quas pracminent illae
quas ad Probam dedit. Uistoriae etiam ecclesiasticae (des Eusebios) . .
addidit X et Xl^m librum. sed et obtrcctatori opusculorum suorum (dem
Hieronymus) respondit duobus voluminibus, arguens et convinccns de dci
intuitu et ecclesiae utilitate . . ingenium agitasse, illum vero aemulationis
stimulo incitatum ob obloquendum stilum vertisse. Vgl. Ap. Sidon. Ep. 11^
9: Origenes Turranio Rufino interpretatus . . inspiciebatur . . ad verbam
scntentiamque translatus.
2. Rufini opera ad codd. cmend. Domin. Vallarsi, Veron. 1745. fol.
Tom. 1 (unvollendet) = Migne's Patrolog. XXI, Paris 1849. Enthält: de
benedictionibus patriarcharum libri II; Commentarius in symbolum apo-
stolorum ; Historia monachorum ; Uistoriae eccL libri II ; Apologiae in Hie-
ronymum libri II; Apologia altera ad Anastasium papam. Ausserdem
Pseudorufiniscbes. Die Uebersctzungen des Ruf. in den Ausgaben des Oii-
genes u. s. w., die Streitschriften in denen des Hieronymus. lieber Rufinus
vgl. R. Ceillier, bist. gdn. X. p. 1 — 65. J. Fontanini, bist. lit. Aquileiensis
(Rom 1742. 4.), auch in Vallarsi's u/ Migne*6 Ausg. F. J. F. B. M. de ßu-
beis, dissertationcs (Venet. 1754. 4.). J. H. Marzuttiui, de Turanii Rufiui
pr. Aq. fide et religione, Patav. 1835.
3. Hieronym. Ep. 4 (p. 14 Vall.): Rufinus, qui cum sancta Melania
ab Aegypto Hierosolymam venisse narratur, individua mihi germanitatiä
caritate conexus est. . . in illo conspicies expressa sanctitatis insignia etc.
Der Streit des H. mit R. bezog sich auf die Stellung zu Origenes, welchem
R. zugethan blieb auch nachdem er für häretisch erklärt worden war. Je
unzweifelhafter H. selbst früher zu den Lobrednem des Or. gehört hatte
(vgl. Ep. 84), desto gereizter und derber wurde er jetzt gegen R.. der ihn
öfibntlich daran erinnerte. Auch schriftstellerische Eifersucht mischte sich
ein. Proben des nunmehrigen Tones von H. gegen Ruf. bei Funcdus de
veg. senect. 74, p. 800. Dem Paulinus (Nol.) gilt Ruf. als eine Autorität
in Fragen der Gelehrsamkeit; s. Paulin. epist. 28, 5 u. ep. 46.
4. Ueber des R. Bearbeitung der Sprüche des Sextius b. oben 250, 6.
Hieronym. ep. 133, 3 (p. 1029 Vall.): Evagrius Ponticus Iberita (vgl Gen-
nad. vir. ill. 11).. edidit librum et sententias mgl d«a9's{ag, . . huius libros
per orientem graecos et interpretante disdpulo eins Rufino latinos pleriqne
in occidente lectitant. qui librum quoque scripsit quasi de monac^k.
409. Ru6nu8, Dexter u. A. 909
. . illam autem temeritatem , immo iosauiam eius quis digno possit expli-
care sermone quod Sexii Pythagorei, hominis absque Christo atqae ethuiöi,
immutato nomine Sixti martyris et romanae ecclesiae episcopi praenotavit
(ohne Zweifel bona fide). in quo iuxta dogma Pjthagoricorum . . multa
de perfectionc dicitur, ut qui volumen philosophi nesciunt sub martyris
nomine bibant de aureo calice Babylonis. denique in ipso volumine nulla
prophetarum, . . nulla Christi fit mentio, ut episcopum et martyrem sine
Christi fide fuisse contendat. fecerat hoc et in sancti Pamphili martyris
nomine, ut librum primum VI librorum defensionis Origenis . . nomine
Pamphili martyris praenotaret, quo scilicet egregia illa IV Origenis nsgl
dgxmv Volumina latinis infunderet auribus. Letztere Schrift ist nur in der
Uebersetzung des R. erhalten.
5. Gennad. vir. ill. 16: Faust inus presbyter scripsit ad personam
Flaccillae reginae (f 386) Adversom Arianes et Macedonianos libros VII.
. . scripsit et librum quem Valentiniano , Theodosio et Arcadio impp. pro
defensione suorum . . obtulit. Beide sind erhalten und gedruckt z. B. in
der Bibl. patr. max. V, in Gallandi bibl. patr. VIII, und in Migne*s Pa-
trol. XIII.
6. Augustin. retract. 11,26: grammaticus quidam donatista Cresco-
nius cum invenisset epistolam meam . . putavit mihi esse respondendum
et hoc ipsum scripsit ad me. cui operi eius libris quattuor respondi. . . hos
autem IV libros quando scripsi iam contra Donatistas leges dederat Ho-
norius imperator.
7. Ueber den Donatisten Tichonius s. unten 416, 2.
8. Hieron. vir. ill. 125: Evagrins Antiochiae episcopus . . vitam beati
Antonii de graeco Athanasii in sermonem nostrum transtnlit.
9. Hieron. vir. ill. 132: Dexter Paciani (oben 396, 4) filius, clarus
apud saeculum et Christi fidei deditus, fertur ad me omnimodam historiam
texuisse, quam uecdum legi. Das Werk ist nie fertig geworden oder ver-
loren gegangen. Das Chronicon Dextri (von J. 752—1183 d. St.) welches
der spanische Jesuit Hieronymus Romanus de Higera gefunden haben wollte
(gedruckt z. B. Caesaraugust. 1694. 4. in Migne's Patrol. XXXI) ist eine
Fälschung.
10. Zwei Briefe des Auastasius, Bischof von Rom J. 398—402, s. Cou-
stant, Epist. pontitf. I. p. 719 ff. (485 ff. Schön.). Gallandi bibl. patr. VIII.
p. 246 ff. In Migne's patrol. XX. p. 68—76. XXI. p. 627 ff.
11. Von Chromatius, Bischof von Aquileja, f 406, Predigten über das
Ev. MaUhäi z. B. in Gallandi bibl. patr. VIII. p. 333 ff. und in Migne's
patrol. XX. p. 323 ff.
410. Der bedeutendste christliche Dichter ist Aurelius Pru-
dentius Clemens (348 — um 410), dessen rhetorische Bildung
sich in der Wortfülle und Gewandtheit bekundete womit er manch-
faltige, zum Theil ganz abstracte, Gegenstände in verschiedenen
Versmassen ; besonders aber im epischen, behandelte. Am ge-
910 I^ie Kaiserzeii Viertes Jahrhundert.
Iimgensten sind die Märtyrergeschichten (Peristephanon)^ welche
öfters warm, lebendig und anschaulich werden. Die Gedichte
in lyrischen Metren zeigen Anschluss an Horaz. Die Prosodie
trägt die Spuren der Zeit an sich, doch in verhältnissmässig
geringerem Umfange als Anderes aus dieser Zeit. Aus ihr ist
auch die Darstellung der heiligen Geschichte in vergilischen
Versen durch Proba Faltonia.
1. Gennad. vir. ill. 13: Prudentius, vir saeculari litteratura eruditos,
composuit diztoxaiov de toto veteri et novo testamento personis ezceptid.
commentatus est autem in morem Graecorum Uexaemeron de mundi fabrica
(nicht erhalten, vgl. ib. 67). . . feeit et in laudem martyriim sab aliquomm
nominibas Invitatorium ad martyrium librnm unum et Hymnorum alterain.
Der volle Name Aurelius Prudentios Clemens z. B. im sehr alten cod.
Puteaneus. Gebart Salia cos. (praef. 24) = J. 348, in Spanien (wahrschein-
lich za Calagurris, s. Perist. IV, 81 vgl. I, 116 nostro oppido; weniger be-
weist ib. IV, 1. 97 für Caesaraugasta =» Saragossa). Ueber sein Leben
s. praef. 7 ff.: docait toga (virilis) infectum vitiis falsa loqai (in der Bhe-
torschule). (13) . . exin iargia tarbidos armaront animos (Advoeat). . . (16 ff.)
bis legam moderamiue frenos nobilium reximas arbiam (als praeses einer
Provinz), ius civile bonis reddidimus, terruimus reos. tandem militiae (Hof-
dienst) gradu evectum pietas principis (Theodosias) extulit, adsamptom
propias stare iabens ordine proximo. Als er 57 J. alt war (praef. 1 ff.)
= 405 gab er die Sammlung seiner Gedichte heraas.
2. Praef. 34 ff.: fine sab ultimo peccatrix anima stultitiam exuat, saltem
voce deimi concelebret, si meritis nequit: hymnis continuet dies, nee nox
Ulla vacet quin dominum canat, pugnet contra hereses, cäthoUcam discutiat
fidem, conculcet sacra gentium, labem, Roma, tuis inferat idölis, Carmen
martjribus devoveat, landet apostolos. Ist hier die Ordnung der Ab-
fassungszeit eingehalten, so wäre die Aufeinanderfolge: Cathemerinön,
Apotheosis, Hamartigenia, Psjchomachia, Contra Symmachum Ubri II,
Peristephanon, Dittochaeon. Die Titel sind also fast ausschliesslich griechisch
gewählt.
3. Ka^rjfiSQivmv Über behandelt einen Tages- und Lebenslauf im
christlichen Sinne und enthält 1. hymnus ad galli cantum. 2. hymnns
matutinus (beide im dim. iamb. ac). 3. h. ante cibum (tetr. dact. c.).
4. h. post cibum (phalaec). 5. h. ad incensum lucernae (asclep. min.).
6. h. ante somnum (dim. iamb. c). 7. h. ieiunantium (trim. iamb. ac).
8. h. post ieiunium (sapph. Strophen). 9. h. omnis horae (tetr. troch. c).
10. h. ad exequias defuncti (dim. anap. c). 11. h. VIII kal. lan. (Christ-
fest). 12. h. Epiphaniae (Erscheinungsfest), beide im dim. iamb. ac.
4. 'Ano^ioiCtSy eine versificierte Triuitätslehre mit gelegentlicher Be-
kämpfung der Haupthäreseu, wie der Patripassianer, Arianer, Sabellianer,
Manichäer, des Doketismus u. s. w. Nach doppelter Einleitung, im Hexa-
meter und in dem Masse von Horat epo. 1 — 10, folgt das Gedicht selbit
in 1084 Hexametern.
5. 'AfiaQtiyivaiix, Nach einem Vorwort über Kain and Abel (im irim.
410. Prudentius. 911
iamb.) wird die Entstehung der Sünde abgehandelt (in 966 Hexametern),
besonders im Gegensätze zu dualistischen Auffassungen der Gnostiker wie
des Markion (praef. 36; v. 56. 124. 502).
6. Wvxofiax^cc 4>e8teht ans einer praefatio im Senar und 915 Hexame-
tern. Der Kampf um die Seele des Menschen wird geführt von den Ab-
stractionen der Ira, Patientia, Superbia, Sobrietas, Avaritia, Virtus, Spes,
Fides, Ratio, Concordia, Discordia u. s. f.
7. Contra Symmachum libri II. Nach einem Vorwort im asclep. min.
umfasst B. I 657 Hexameter, B. II (mit praef. in Glykoneen) 1132
Hexameter. Ueber den Gegenstand s. oben 399, 13. Das erste Buch be-
kämpft den Polytheismus im Allgemeinen, das zweite die einzelnen Be-
hauptungen des Symmachus.
8. IIsqI GTsqxivtov Über, zum Preise von christlichen Märtyrern: 1. In
honorem Emeterii et Chelidonii Calagurritanorum , 120 tetr. troch. c. 2.
Laurentii, 584 dim. iamb. ac. in vierzeiligen Strophen. 3. Eulaliae, 215
tetr. dact. c. 4.XVnimartyrumCaesaraugustauorum, 50 sapphische Strophen.
5. Vincentü, 575 dim. iamb. ac. 6. Fructuosi episc. Tarraconensis et Augurii
et Eulogii diaconorum, 162 phaläkische Heudekasyllaben. 7. Quirini episc.
eccl. sisdanae, 90 Glykoneen. 8. De loco in quo martyres passi sunt, nunc
baptisterium Calagurri, 9 Distichen. 9. Passio Cassiani forocorneliensis,
106 Verse im Masse von Hör. Epo. 16. 10. Bomani, fast von dem Um-*
fange eines Epos, aber in (1140) iambischen Senaren (in fünfzeiligen
Strophen?], mit ausführlicher Darstellung des christlichen und des poly-
theistischen Standpunktes in Bede und Gegenrede. 11. Hippolyti, 123
Distichen. 12. Petri et Pauli apostolorum, 66 Verse im Masse von Hör. 0.
I, 4. 13. Cypriani, 106 archilochische Verse. 14. Agnetis virginis, 133 al-
käische Heudekasyllaben.
9. Dittochaeon (Doppelnahrung?), 49 vierzeilige Epigramme im
epischen Masse über einzelne Gegenstände des A. und N. T. von Adam
und Eva bis zur Apokalypse, eine Art christlicher Bildergalerie.
10. Die prosodischen Verstösse, unter dem Einflüsse des Bhythmisie-
rens, sind bei Prud. selten so gedrängt wie praef. 39 ff. (oben A. 2). Zu-
sammenstellung derselben in DressePs Ausg. p. XVII f. not. 54. Archaismen
wie aquai, veuarier nach Versbedürfniss , doch nicht sehr häufig.
11. Handschriften des Prud. gibt es zahlreiche; die älteste (saec. VI)
und wichtigste ist der von N. Heiusius benützte cod. Puteaneus (jetzt Paris.
8084). P. Krüger, Hermes IV. p. 352 f. Verzeichniss der italienischen bei
Dressel p. XLVI ff.
12. Verzeichniss und Beschreibung der Ausgaben bei Dressel p.
XXV — XLVI. Besonders erwähnenswerth sind die von V. Giselin (Antv.
1564 u. oft), J. Weitz (Hanau 1613), N. Heiusius (Amstel. 1667), Chr. Cella-
rius (Halle 1703), Faustinus Arevalus (Bom. 1788 f. 2 Voll), Th. Obbarius
(rec. et expl., Tubing. 1845), Migne (Patrolog. LIX u. LX), Alb. Dressel (ad
vaticc. all. codd. fid. rec, ill. expl, Lips. 1860).
13. H. Middeldorpf, de Prudentio et'theologia Prudentiana, Berl.
1823. 1827. 4 = Illgen*s Zeitschr. f. bist. Theol. II (1832) p. 127—190.
F. Delavigne, de lyrica apud Prud. poesi, Toulouse 1848. J. B. Brys,
912 I^ie Kaiserzeit. Viertes Jahrhundert.
de yita et scriptis Prud., Löwen 1855. C. G. Schmidt, Prudeptiana, in
der Zeitschr. f. luth. Theol. von Delitzsch XXVII (1866).
14. Im cod. Paris. 8084 des Prudentius (b. A. 11) findet sich aach
ein christliches Gedicht von 122 Hexametern aas J. 694 oder 395, worio
unter vielen Verstössen gegen die Prosodie (z. B. v. 44: collSribus subito
membrä circuradare suetus) mit Hinweisung auf Vorgange der letzten Ver-
gangenheit (Flavianus, oben 402, 1) der Polytheismus bekämpft wird. Ch. Mo-
rel, Revue archäol. 1868. I. p. 453 — 457. IL p. 44 — 55. A. Biese, Anthol
lat. 1. p. 13—17, vgl. p. XI. J. B. Rossi, Bull, di arch. crist 1868, p. 49—58,
61—75. Th. Mommsen im Hermes IV. p. 350 — 363 (carmen non minns
pium et christianum quam ineptum et barbarum).
15. Isidor. origg. I, 38, 25 (vgl. de Script, eccl. 5): Proba, iiior
Adelphi (proconsulis), centonem ex Vergilio de fabrica mundi et evangelüs
plenissime expressit. Vgl. ill. 5. J. Fontanini, de antiquitt. Hortae (Rom
1708. 4) II, 1 f., der diese Falconia (Faltonia) Proba aus Horta von Anida
Faltonia Proba wie von Valeria Proba unterscheidet Der cento ist oll
gedruckt (Fabricius, bibl. lat. med. aet. ed. Mansi I. p. 143 f), zuerst Ve-
nei. 1472 fol., dann z. B. von Meibom (Helmstädt 1597. 4.), in den Ceo-
tones homerici et vergiliani von H. Stephanus (1578), J. H. Kromayer (HaL
1719), L. H. Teucher (Lips. 1793), zuletzt in Migne's patrol. XIX. p. 803
— 817. Nach Montfaucon, diar. itaL p. 36 hat eine Hds. saec. X die Un-
terschrift: Proba uxor Adelphi, mater Ülybrii et Alypii, cum Constantini
bellum ad versus Magnentium conscripsisset, conscripsit et hunc librom.
Wirklich deutet sie in der praef. auf dergleichen Veröffentlichungen hin:
iamdudum temerasse duces pia foedera pacis, . . diversasque neces regnm,
crudeUa bella, . . confiteor, scripsi; satis est meminisse malorum. nunc,
deus omnipotens, sacrum, precor, accipe carmen, . . arcana ut possim vatia
Proba cuncta referre. . . VergiUum cecinisse loquar pia munera Christi
Vom A. T. ist nur die Schöpfung, Süudenfall und Sintflut ausführlicher
erzählt, cetera facta patrum pugnataque in ordine bella praetereo atqoe
aliis post me memoranda relinquo. Worauf sie sich zur Geburt Christi
wendet und seine Geschichte bis zur Himmelfahrt fortführt. Ein Gram-
matiker der diesen cento (oder den de incamatione des Pseudo-Seduhos?)
für Kaiser Honorius (seit J. 393) abschrieb fügte eine Widmung an diesen
in schlechten Versen bei : Romulidum ductor, . . dignare Maronem mutatum
in melius divino agnoscere sensu, scribendum famulo quem iussisti. . . haec
relegens servesque diu tradasque minori Arcadio, haec legat ille tuo generi,
haec tua semper accipiat doceatque suos augusta propago. Vgl. unten
443, 6. J. Aschbach, die Anicier und die römische Dichterin Proba, Wien
1870 (Sitzungsberichte der Wiener Ak., philol. bist. Cl. LXIV. S. 369-446).
16. Ueber Severus Sanctus Endelechius s. unten 420, 1 u. 2.
411. In Versen und Prosa schrieb der Verwandte und
Schüler des Ausonius, Meropius Pontius Anicius Paulinus aus
Burdigala (J. 353 — 431). Rhetorisch gründlich gebildet verfa^ie
er einen Panegyricus auf Theodosius, nach dessen Sieg über
Eugenius. Erhalten sind von ihm 51 Briefe und eine An2»lil
Gedichte im epischen und in melischen Metren. J. 389 zum Cbii*
410 f. Proba. Paulinus Nol. 913
♦
stenthum übergetreten, widmete Paulinus seine Feder der Ver-
herrlichung seines Glaubens und, ^h er J. 409 Bischof von Nola
geworden, dem Preise des dort verehrten Märtyrers Felix. Seine
Formgewandtheit und umfassende Kenntniss der weltlichen Li-
teratur tritt in diesen Arbeiten klar zu Tage.
1. Genuad. vir. ill. 48: Paulinus, Nolae Campaniae episcopus, com-
pOBuit versu brevia (?S sed multa, et ad Celsum quendara epitaphii vice
consolatorium libellum super mortem christiani et baptizati infantis, spe
christiaua raunitum; et ad Severum (A.2E.) plures epistolas, et adTheodosium
imp. ante episcopatum prosa paneg^rricum super victoria tyrannorum^ eo
maxime quod fide et oratione plus quam armis vicerit (vgl. Hieron. ep.
58, 8: librum tuum quem pro Theodosio principe prudenter ornateque
compositum transmisisti libenter legi et praecipue mihi in eo subdivisio
placuit etc. Paulin. epist. 28, 6: ut in Theodosio non tam imperatorem
quam Christi servum . . praedicarem). fecit et Sacramentarium et Hym-
narium. ad sororem quoque epistolas multas de contemtu mundi dedit.
cdidit et ex diversis causis diversa disputatione tractatus. praecipuus tarnen
omnium eins opusculorum est Liber de poenitentia et laude generali om-
nium martyrum. damit temporibus Honorii et Valentiniani non solum
eruditione et sanctitate vitae sed et poteutia adversum daemones. Aus-
führliche Prolegomena von Muratori bei Migne LXI. p. 16 — 124 und die
Zeugnisse über P. ib. p. 126—152. R. CeiUier, hist. g^n. X. p. 643—631.
2. Ausonius hat dem P. sein Technopaegn. gewidmet und an ihn
Epist. 19—25 gerichtet (z. B. 23, 33 ff.: ego sum tuus altor et ille praeceptor
primus, veterum largitor bonorum, primus in Aonidum qui te collegia
duxi). Poetische Antwort des P. carm. 10, wo 93 ff.: tibi disciplinas, di-
gnitatem, litteras, linguae, togae, famae decus, provectus, altus, institutus
debeo, patrone, praeceptor, pater. Doch mussle Aus. bald sich überzeugen
dass auf seineu Zögling seine reiche und fromme Frau, Therasia, viel
grösseren Einfluss hatte als der alte halbheidnische Lehrer. Augustin. de
civ. dei I, 10: Paulinus noster, Nolensis episcopus, ex opulentiasimo divite
voluntate pauperrimus (er schenkte seinen Reichthum den Armen, s. Sulpic.
V. Mart. 25, 4). Briefwechsel mit Uieronymus, Augustinus und Sulpicius
Severus. Cos. (suff.) vor Ausonius (Aus. epist. 20), also vor 379.
3. Ausgaben der Werke des P. von H. Rosweyd (Antv. 1622), P. F.
Chifflet (Dijon 1662. 4), J. B. Lebrun des Mareltes (Paris 1685. 2 Voll. 4.),
L. A. Muratori (Veron. 1736. foL), in der Bibl. patr. max. VI, und in Mi-
gne's patrol. LXI (Paria 1847). Carmen eucharisticum prolegomenis et adnot.
ill. ed. L. Leipziger, Breslau 1868.
4. Von den erhaltenen 36 Gedichten des P. stammen noch aus seiner
vorchristlichen Zeit scherzhafte poetische Zuschriften an Gestidius (1. 2),
und ein Bruchstück de regibus nach Sueton (3). Von den christlichen Ge-
dichten hat die grössere Hälfte den Felix zum Gegenstände (c. 12 — 14.
18 von 469 Hexametern; 19 von 730; 20; 21 von 858 Hexametern; 23,
26 — 34, theüweise fragmentarisch), c. 6 Johannes den Täufer; andere sind
Gebete (4 f.), Paraphrasen von Psalmen (z. B. 7: beatus ille qui procul
vitam suam ab impiorum segregarit coetibus), oder polemisch-apologetischen
Teuffel, rüm. Literaturgeschichte. 58
w^
914 Die Kaiserzeit. Viertes Jahrhundert.
Inhalts (c. 36: discussi, fateor, sectas, Antonius, omnes, plurima quaesin,
per singula quaeque cucurri, sed nihil inveni melius quam credere Christo).
In den melischen Metren schliesst'sich P. an Horaz an, indem er vorzugs-
weise die sapphischen Strophen und die Epoden (Hör. Epo. 1 — 10) nach-
bildet, jene besonders c. 17 an den Bischof Niketas in Dakien (85 Strophen),
diese in c. 24 an Cytherius (942 Verse). Im elegischen Masse das Epi-
thalamium c. 25, sowie 35 auf den Tod des jungen Celsus (630 Verse).
412. Wohl noch aus der Regierungszeit des Theodosius
und von einem theologischen Verfasser ist die Lex dei oder
Vergleichung der mosaischen und der römischen Gesetzesbestim-
mungen über die häufigsten Vergehen (CoUatio legum mosai-
carum et romanarum), mit der Absicht die Uebereinstimmung
beider und die mosaischen als die wesentliche Grundlage der
römischen nachzuweisen.
1. Handschriftlicher Titel: Lex dei quam deus praecepit ad Mojsen.
Die 16 Titel handeln 1) de sicariis et homicidis; 2) de atroci iniuria; 3) de
iure et saevitia dominorum cohibenda ; 4) de adulteris; 5) de stupratonbns;
G) de incestis; 7) de furibus; 8) de falso testimonio; 9) de familiari teeti-
monio non admittendo; 10) de deposito; 11) de abigeis; 12) de incendiarüs;
13) de termino moto; 14) de plagiariis; 15J de mathematicis et Manichaeis;
16) de legitima successione. Vorangestellt werden immer die mosaischen
Bestimmungen (Moyses dicit; scriptura divina dicit), in einer Uebersetzong
welche weder die des Hieronymus noch die des Sulpicius Severus ist, noch
auch sich genau an die LXX auschliesst. Alsdann folgen die römischen
Rechtsbestimmungen in Excerpten aus den Hauptschriften von G^'us, Pa-
pinian, Ulpian, Paulus und Modestinus, sowie kaiserlichen Constitotionen
aus dem codex Gregorianus und Herrn ogenianus nebst einigen neueren
Gesetzen. Das neueste angeführte ist das von Theodosius aus J. 390 (V, 2).
2. Zur Tendenz. VH, 1: quodsi XII tabulae .. iubent, sdtote
iurisconsulti quia Moyses prius hoc statuit, sicut lectio manifiestat. Vgl.
VI, 7: maledicti sunt omnes incesti per legem, cum adhuc rudibus po-
pnlis ex divino nutu condita iisdem adstipulantibus sanciretur. et utique
omnes malefici puniti sunt quos divina et humana sententia consona voce
damnavit. XIV, 3, 6: sciendum tamen est ex novellis constitutionibus . .
plagiatores . . puniendos, quamvis et Paulus etc. V, 2: hoc quidem (was
Paulus sent. II ausgesprochen) iuris est; mentem tamen legis Mojais Imp.
Theodosii constitutio (vom J. 390) ad plenum secuta cognoscitur. Diese
Sprachproben könnten auf einen Verfasser von griech. Nationalität hinweisen.
3. Da der Verfasser nur den codex Gregorianus und Hermogenianus
kennt, noch nicht aber den Theodosianus, von Häretikern nur die Mani-
chäer erwähnt und von Theodosius d. Gr. wie von einem Lebenden m
sprechen scheint (V, 2; s. A. 2), so ist glaublich dass das Werk am Ende
von dessen Regierung verfasst ist, also in der Zeit des Ambrosios imd
RufinuB, ohne dass aber irgend welche sichere Spuren auf die Urheber-
schaft eines dieser beiden hinführten. Doch muss der Verfasser mit den
Schriften des römischen Juristen genauer bekannt gewesen sein als soittt
412 f. Lex (lei. Clandianus. 915
bei Tbeologeu der Fall war. Er kann daher ursprunglich Redner gewesen
sein. Abfassung nach dem Citiergesetz von 426 ist aus der Beschränkung
auf die fünf Juristen desselben nicht zu folgern, da jenes Gesetz nur fixierte
was längst thatsächlich bestand. Entstehung im Orient ist zu folgern
daraus dass V, 2 f. ein von Yalentinian, Theodosius und Arcadius J. 390
gemeinsam erlassenes Gesetz im Texte nur Theodosii constitutio heisst.
4. Ueberlieferung durch drei Handschriften, den Pithoeanus (in Berlin)
saec. IX, Vercellensis und Vindobonensis saec. XI. Erste Ausgabe durch
Pithoeus, Paris. 1573. 4. Neuere von F. A. Biener (ius civ. anteiust. II.
p. 1417 ff.) und bes. F. Blume (Bonn 1833 = Bonner corp. iur. anteiust. I.
p. 389 — 396) und Ph. E. Huschke (iurisprud. anteiust. p. 530 — 590 = 549
— 609. ed. II).
5. Huschke, über Alter und Verfasser der leg. m. et. r. coUatio,
Zeitschrift f. geschieh tl. Eechtswiss. XIII. S. 1—49, und in der iurisprud.
ant. p. 628 — 530 = 547—549. A. F. Rudorff, röm. Rechtsgesch. I. S. 284
^ — 286 und: über den Ursprung und die Bestimmung der lex dei oder mos.
et rom. leg. coli., Berlin 1869. 32 S. 4. (Abhandl. d. Berl. Ak.)
3. Yiertes bis fünftes Jahrhundert.
413. In das Ende des vierten und den Anfang des fünf-
ten Jahrh. fällt die Thätigkeit einer Anzahl von Schriftstellern,
von denen die hervorragendsten sind auf heidnischer Seite Clau-
dianus und auf christlicher Augustinus. Obwohl aus Alexandria
gebürtig hat Claudius Claudianus vorzugsweise in lateinischer
Sprache gedichtet und sich in die Dichter der classischen Zeit
so hineingelebt dass er deren Sprache und Versbau mit voll-
kommener Sicherheit handhabt. In seinem Pormtalent ein Nach-
zügler besserer Zeiten erinnert Claudianus an Statins auch durch
sein Phrasenthum und seine Schmeichelei gegen Grosse, über-
trifft aber jenen weit an Gehalt, Fruchtbarkeit, Reiohthum der
Phantasie und Vielseitigkeit. Seine Gegenstände entnimmt er
meist der unmittelbaren Gegenwart, zum Preise hochstehender
Gönner, wie besonders des Stilicho und Honorius, auch zum
Angriff auf gemeinsame Gegner (Ruiinus, Eutropius). Sogar
blose Gelegenheitsgedichte behandelt er mit dem Aufwände förm-
licher Epen. Diese Arbeiten bieten reichen historischen Stoff;
doch wird ihr Werth als Geschichtsquellen manchfach geschmä-
lert durch poetisches Ausmalen und des Dichters persönliche
Stellung zu den Handelnden. Die drei Bücher auf den Raub
der Proserpina zeigen die Meisterschaft des Claudianus im Schil-
dern besonders glänzend. Aber als Erbe der alexandrinischen
Mythengelehrsamkeit beweist er sich auch in seinen andern Ge-
dichten. Meist indessen stösst Claudian ab durch das Missver-
liältniss zwischen den aufgebotenen Mitteln und der Kleinlicli-
58* -
916 I^iß Kaiserzeit. Viertes bis fünftes Jahrhundert.
keit des Gegenstandes, sowie durch das Gesuchte und die rhe-
torische Masslosigkeit seiner Ausführungen.
1. Orelli 1182= Moramsen I. R. N. 6794 (C. I. gr. III, 6246): Clau-
dio Claudiano v. c. tribuno et notario inter ceteras (vig)enteB artea prae-
gloriosissimo poetaram, Hcet ad memoriam sempiternam carmina ab eodem
scripta sufficiant, adtamen testinionii gratia ob iudicii soi fidem dd. nn.
Arcadius et Honorius felicissimi ac doctissimi imperatores senatu peteute
statuam in foro divi Traiani erigi coLlocarique iusserunt. Eiv ivl Btg-
yiUoio voov xal Movcav ^Ofirjgov Klav9iav6v *Pcofirj mal BaaiX^g id^scaw,
Ap. Sidon. carm. IX, 271 ff.: non pelusiaco satns Canopo, qui ferruginei
toros raariti et Musa canit inferos superna. Said. II. p. 272 Bernh.: Klav-
diavog 'jiJLs^avdgsvg, knonotog vfcatSQOs' yiyovsv snl rmv xgovmv 'jgxadiov
xal 'OvcoQiov xav ßaaiXitav. Claud. XXX TX (ep. 1), 20: conditor hie (Ale-
xander M.) patriae. 56 ff. XLIII (ep. 5), 3: nostro cognite Nilo. Augustiü,
civ. deiV, 26: unde et poeta Claudianus, quamvis a Christi nomine ahena^i
in eins (des Theodosius) tarnen laudibus dixit. Vgl. Gros. VII, 35: anus
ex ipsis (den Gegnern des Christenthums), poeta quidem eximius, sed
paganas pervicacissimus, . . testimonium tulit. Ueber das J. 404 weist in
den Gedichten des Cl. keine sichere Spur hinaus; jedenfalls hat er den
Sturz seines Gönners Stilicho (J. 408) nicht überlebt.
2. Die Ordnung der 'Gedichte des Cl. ist in den Hdschr. und Aas-
gaben sehr verschieden (Gesner p. XXXIX ff.). Seit Gesner ist die ge-
wöhnliche dass die grossem Gedichte vorangestellt werden, dann die
Briefe, Idylle und Epigramme.
3. Grössere Gedichte mit geschichtlichem Stoffe. I: in consulatum Olj-
brii et Probini (J. 395), 279 Hexameter. II— V: die zwei Bücher in Rufinuin
von 387 und 527 Hexametern, je eingeleitet durch ein Vorwort im elegi-
schen Masse. VI u. VII: de III consulatu Honorii Aug. (J. 396), 211 Hexa-
meter mit einem elegischen Vorwort. VIII: de IV cons. Honorii Aug.
(J. 398), 656 Hex. IX u. X: de nuptiis Honorii et Mariae (J. 398), 341
Hex. mit elegischem Vorwort. Berchem, de Cl. epithalamio in nupt. H. et
M., Crefeld 1861. 4. XI— XIV: fescennina aus demselben Anlass im al-
käischen, anakreontischen, anapästischen und asklepiadeischen Masse. XV:
de hello Gildonico, 526 Hexameter, beschreibend die Rüstungen zu dem
Kriege gegen den Maurenfürsten Gildo (J. 398). XVI und XVII: de
cons. Fl. Mallii Theodori v. c. (J. 399), 339 Hex. mit elegischem Vor-
wort. XVIII— XX zwei Bücher in Entropium, 513 und 602 Hex., da»
zweite mit Vorwort im elegischen Masse, nach J. 399. XXI u. XXII, zum
Preise des Vandalen Stilicho, zwei Bücher von 385, 476 Hexametern; daza
XXIII f.: de consulatu Stilichonis (J. 400), 369 Hex. mit elegischem Vor-
wort. XXV f.: de hello getico, 647 Hex. mit elegischem Vorwort, Sti-
licho's Kämpfe gegen die Gothen J. 400 — 403. XXVII f.: in VI cons. Ho-
norii Aug. (J.404), 660 Hex. mit elegischem Vorwort. XXIX: laua Serenae
Reginae, der Nichte und Adoptivtochter von Theodosius I. und Gattin
von Stilicho, unvollendet geblieben oder erhalten (237 Hex.). XXX f.: Epi-
thalamium dictum Palladio v. c. tribuno et notario et Celerinae, 145 Hex.
mit vier Distichen Vorwort.
\.
413. Claudianus. 917
4. In diesen Zoitgedichten hält sich Claudian in so weit an die ge-
schichtliche Wahrheit als er Thatsachen niemals erdichtet oder sie wesent-
lich abändert; aber in der psychologischen Ausmalung und Auffassung und
der poetischen Ausschmückung lässt er seine Phantasie walten und Liebe
oder Hass einwirken. Sein eigentlicher Held ist der wackere Stilicho;
HonoriuB findet Preis als der Inhaber des Thrones, aber ohne Andichtung
unwahrer Eigenschaften. Ebenso unersättlich wie im Lobe des Stilicho
ist Claud. in Bethätigung des Hasses gegen den östlichen Reichsmiuister
Bnfinus, der Verachtung gegen dessen Nailifolger, den Eunuchen Eutropius;
beidesmal im Interesse des Stilicho und in leidenschaftlichstem Tone, doch
ohne thatsächliche Verletzung der Wahrheit. Ed. Vogt, de Cl. Claudiani
carminum quae Stiliconem praedicant fide historica, Bonn 1863, p. 1—13..
50—66. 6. Zeiss, Claudianus und das röm. Reich von 359 bis 408, 1.
Landshut 1863. 4. II. 1865. 4. P. Schultz, de Stilichone iisque quae de eo
agunt fontibus, Claudiano imprimis et Zosimo, Königsberg 1864. J. H.
Ney, Vindiciae Claudianeae, sive de Cl. fide historica, Marburg 1865. 4.
5 Gedichte mythologischen Inhalts. Die 3 Bücher de raptu Pro-
serpinae, von 286, 372 und 448 Hexametern (nebst fremdartigen Proömien
vor B. I und II, letzteres ad Florentinum), führen den Stoft' nicht einmal
zu Ende, sondern nur bis zum Entschlüsse der Ceres ihre entschwundene
Tochter aufzusuchen. Wahrscheinlich ist der Schluss niemals fertig ge-
worden. B. G. Walch, uberioris commentationis de Cl. c. de r. P. inscr.
specimen, Gotting. 1770. 4. J. B. Merian, Tenl^vement de Pr. traduit avec
uu discours, Berlin 1767. Baden, lectiones var. ad Cl. de r. P. e duobus
codd. ital., Kiel 1796. 4. J. Svedborg, de Claud. quod de r. Pr. inscri-
bitur carmine epico quaestiones, Upsala 1860. 4. Noch weniger vollendet
ist die Gigautomachia, von welcher 129 Hexameter erhalten sind und ein
Bruchstück (77 Verse) einer griechischen Bearbeitung des gleichen Gegen-
standes mit der Ueberschrift KlavSiavov; s. Köchly, coniect. ep. I (Zürich
1851. 4.) p. 19 tf. Schenkl, Sitzungsber. der Wiener Akad. XLIII (1863)
S. 32 — 42.
6. Der Briefe sind es fünf (XXXIX — XLIII): 1. an Hadrianus (m.ag.
off. 397 — 399, praef. praet. 400—416), Bitte einein der lubrica aetas (durch
Gedichte?) ihm angethane Beleidigung nicht so lauge nachzutragen. 2 an
Serena (A. 3), D^nk für ihre Vermittlung bei des Dichters Brautwerbung,
nach J. 398. 3. an Olybrius, u. 4 an Probinus (nach 395), Beschwerde aber
das Ausbleiben von Briefen. 5. au Gennadius ex procos., Antwort auf das
Verlangen von Gedichten. Alle fünf haben elegisches Mass, sind eigent-
liche Briefe und daher in einfacher Sprache gehalten. Nur die beiden ersten
erheben sich etwas über Umfang und Ton eines Briefes.
7. Die sieben Eidyllia (XLIV— L) sind Studien von naturbeschrei-
bendem und erzählendem Inhalt, in epischer oder elegischer Form.
1. Phoenix, 110 Hexameter. Edd. J. G. Linsen et A. Ingman, Helsingfors
1838. 18 pp. 4. 2. Hystrix, 48 Hexameter, Beschreibung des Igels. 3. Tor-
pedo, Schilderung des Zitterrochens in 24 Hexametern. 4. Nilus, 42 Hex.
5. Magnes (Magnet), 57 Hex. 6. Aponus, auf die heissen Schwefelquellen
bei Patavium, 50 Distichen. 7. Auf die Brüder Araphinomos und Anapias,
welche bei einem Ausbruch des Aetna ihre greisen Eltern retteten, 24
Distichen.
918 Die Kaiserzeit. Viertes bis fünftes Jahrhundert.
8. Unter den 44 Epigrammen (LI—XCIV) der Gesnerschen Ausgabe
ist auch Zweifeihaftes und Unechtes, wie 27—29. 41. Sicher von CLaad.
verfasst sind die Gelegenheitsgedichte auf die concha der Serena (5) und
zur Begleitung von Geschenken derselben an Honorius und Arcadius (SO
— 23). Spottgedichte 24 (ironische Abbitte eines tadelnden Urteils über die
Gedichte des Quästor Alethius). 25 f. (auf den Schlemmer Curetius). 30
(auf MalUus und Uadrianus). Haibidyllisch 1 — 4. Variationen auf dasselbe
Thema (gläsernes Gefäss mit Eis) 6—14, wovon 13 f. griechisch. Bei ande-
ren aus der griechischen Antholfjgie aufgenommenen (15 — 17) ist vielleicht
der von Evagr. h. e. I, 19 unter Theodosius II. gesetzte Gl. (Klav^iavoi
xal KvQog noirjval) gemeint. Jedenfalls nicht von dem Claud. des Stilicho
^sondern von Claud. Mamertus, Merobaudes u. dgl.) sind die chrisÜichen
Gedichte 46 — 49; 45 ist unzweifelhaftes Eigenthum des Damasus.
9. Editio princeps Vicent. 1482 fol. Emend. p. Th. Ugoletum, Venet.
1495. 4. Sonstige Ausgaben besonders von Th. Pulmann (Antverp. 1571
und sonst), J. Scaliger (Lugd. B. 1603; vgl. Bernays, Rhein. Mus. XV. S.
163 — 165), C. Barth (Hanov. 1612, Frankf. 1650. 4.), N. Heinsius (Lugd
Bat. 1650. 1665), J. M. Gesncr (Lips. 1759), P. Burmann (Amstelod. 1760.
4.), G. L. König (Gotting. 1808. Vol. I), in W. E. Webers Corpus poett.
p. 1270—1359.
Claud. paneg. in cons. Ol. et Prob., in Bufinum libri II cum var. lectt
ed. OreUi, Zürich 1843. 4.
Die Dichtungen des Cl. übersetzt von G. Frhr. v. Wedekind, Darm-
stadt 1868.
10. J. Parrhasii comra. in Claudianum, Basil. 1539. 4. Hertel, de
nonnullis Cl. carminum locis, Torgau 1848. 4. Th. G. Paul, quaestionum
Cl. particula, Glogau 1857. 4. und quaest. Claud., Berlin 1866. 4. L. Jeep,
quaest. criticae ad emendationem Cl. panegyricorum spectantes, Naumburg
1869. E. Unger, Friedland 1869. 4.
414. Nicht blos die Kirchenlehrer und nicht blos seine
Zeit überragt an geistiger Bedeutung und weitreichender Wirk-
samkeit der Africaner Aurelius Augustinus (J. 354 — 430).
Nach einer stürmischen Jugend neun Jahre hindurch Anhänger
des Manichäismus und Lehrer der Rhetorik in Africa^ Rom und
Mailand; wurde er J. 386 durch Ambrosius für eine tiefere Auf-
fassung des Christenthums gewonnen, dann in seiner Heimat zu
Hippo J. 392 Presbyter und um 395 Bischof. Augustin ver-
einigte in sich scheinbar entgegengesetzte Eigenschaften: Ueber-
schwänglichkeit der Phantasie und schneidende Verstandesschärfe;
leidenschaftliche Rücksichtslosigkeit und gemütvolle Zartheit,
Weitherzigkeit und Zelotismus , Autoritätsglauben und Origma-
lität, Eifer für die Einheit der Kirche und individuellste IVom-
migkeit, Romantik und Scholastik, Schwärmerei und Sophistik,
die Begabung des Dichters mit der des Philosophen, das Fatfaoe
414. AugiiBtinus. 919
des Rhetors mit der Silbenstecherei des Grammatikers. So selbst
ein psychologisches Räthsel und durch das eigene heisse Blut
in Verirrungen hineingezogen, versenkte sich Augustin in die
Geheimnisse des Seelenlebens und hat das Dogma , nachdem es
durch die Orientalen in unfruchtbare Speculationen über theo-
logische und christologische Fragen hineingeführt war, wieder
der Betrachtung des Menschen zugewandt, auf dessen inneren
Zustand und die Mittel zu seiner Erlösung und Beseligung hin-
gelenkt. Vermöge der Doppelseitigkeit seines Wesens bewegen
sich die Schriften Augustins bald in Selbstbetrachtung oder ver-
tiefen sich mit religiöser Innigkeit in das Göttliche, bald ver-
breiten sie sich über das Gebiet der Lehre und bekämpfen mit
unerbittlicher Dialektik, auch wohl mit Spitzfindigkeit, Abwei-
chungen vom Glauben der Kirche. Von der ersteren Art sind
seine Selbstbekenntnisse (Confessiones) ; von der andern seine
Briefe, Predigten, dogmatischen und exegetischen Abhandlungen
und Streitschriften. Auch die Schreibweise des Aug. ist ungleich :
meist überladen und wortreich, nicht selten aber auch scharf be-
stimmt. Zu den bestgeschriebenen gehören die auch stofflich
besonders reichhaltigen 22 Bücher vom Reiche Gottes (de civi-
tate dei).
1. Haaptquellc über Aug. seine Confessiones (A. 0) und Retracta-
tiones (A. 4). Vita Augustini von seinem Schüler und Freunde Possidius,
Bischof von Calama, verfasst um 432, abgedruckt in den meisten Ausgaben
der Werke Augustins (z. B. von den Benedictinern T. X, Append. t. III),
eigens herausgg. studio et labore Jo. Salinas, Neapel 1731 (Augsburg 1768);
in Migne's Augustin. XI. p. 105—128, patrol. XXXII. p. 33—66; der indi-
culus ib. XLVI. p. 1—21. Neuere Darstellungen z. B. von den Benedicti-
nern (bei Migne August. XI. p. 153 — 868 = Patrol. XXXII. p. 66 — 678),
von Tülemont, Mdmoires T. XIII (Paris 1702. 4.), R. Ceillier, bist g^n. T.
XL p. 1—754. XII. p. 1-685. J. Böhringer, die Kirche Christi und ihre
Zeugen I, 3 (Zürich 1844). Poujoulat, histoire de St. Augustin, Paris 1846.
3 Voll. C. Bindemann, der heil. Augustin, Greifswald (Leipzig) 1854—1869,
3 Bde. Flottes, ^tudes sur St. Aug., son g^nie, son äme, sa philosophie,
Montpellier 1861. 646 pp.
2. Geboren 13 Nov. 354 zu Tagaste. Sein Vater der leidenschaftliche
Patricius, von besonderem Einfluss auf den Sohn die sanfte fromme Mutter,
Monica. Madauris coeperam Utteraturae atque oratoriae percipiendae gratia
peregrinari (Conf. II, 3, 5). Fortsetzung seiner Studien und ziemlich wil-
des Leben (Frucht: Adeodatus) in Karthago, wo er für den Manichäismus
gewonnen wurde. Lehrer der Rhetorik in Tagaste, Karthago (conf. IV,
7, 12. V, 7, 13). Dann nach Rom (ib. V, 8, 14), ut docerem artem rheto-
ricam (12, 22). Posteaquam missum est a Mediolano Romam ad praef.
urbis ut illi civitati rhetoricae magister provideretur, . . ego ipse ambivi,
92^) Die Kaiserzcit. Viertes bis fünftes Jahrhundert.
. . ut dictione proposita mci probatum praefectus tunc Symmachos (oben
399, 2) mitteret. et veni Mediolanum ad Ambrosium episcopam (13, 23),
durch welchen und seine nachgekommene Mutter der Wendepunkt im Le-
ben des Aug. erfolgte. Getauft Ostern 387. f während der Belagerung
Hippo's durch die Vandalen, 28 August 430.
3. Ap. Sidon. ep. IX, 2: Hieronymus iuterpres, dialecticus Augusti-
nus. Als Philosoph schloss sich Aug. vorzugsweise an den Idealismus des
Piaton an, wandte ihn aber zu christlichem Theismus. £. Feuerlein, über
die Stellung Aug.'s in der Kirchen- und Culturgeschichte, SybeVs histor.
Zeitschr. XI. (1869.) S. 270- 313. Ferraz, de la psychologie de St. Aug.,
Paris 1862. 498 pp. Heinichen, de Aug. anthropolog. orig., Lips. 1862.
4. Ueber die schriftstellerische Thätigkeit des Aug. gibt eine lieber*
sieht die vita des Possidius (A. 1) mit dem darau angeschlossenen indicolas
seiner Werke, besonders aber Augustin selbst in den zwei Büchern Be-
tractationes (bei Possidius: de recensione librorum), die er gegen da«
£nde seines Lebens (imis J. 427) verfasste und worin er seine bis dabin
yeröfifentlichten Schriften, mit Ausnahme der Predigten und Briefe, nach
der Zeit ihrer Entstehung aufzählt und mit Bemerkungen begleitet, durch
welche meist dogmatische Incorrectheiten berichtigt werden sollen. Das erste
Buch bespricht die vor seiner Wahl zum Bischof herausgegebenen, das zweite
diejenigen die er als Bischof verfasst hatte. Vgl. das Vorwort: iam diu est
ut facere cogito . . ut opuscula mea sive in libris sive in epistolis sive in tra-
ctatibus cum quadam iudiciaria severitate recenseam et quod me ofiFendit
velut censorio stilo denotem. (3.) scribere autem ista mihi placuit ut haec
emittam in manus hominum, a quibus ea quae iam edidi revocare emen-
danda non possum. nee illa sane praetereo quae catechumenus iam, Ucet
relicta spe quam terrenam gerebam, sed adhuc saecularium litterarum in-
flatus consuetudine scripsi. . . inveniet fortasse quomodo acribendo pro-
fecerim quisquis opuscula mea ordine quo scripta sunt legerit. quod ut
possit, hoc opere quantum potero curabo ut eundem ordinem noverit. Und
am Schlüsse des Werks (11, 67): haec opera XCIII in libris CCXXXIII me
dictasse recolui quando haec retractavi, utrum adhuc essem aliquos dicta-
turus ignorans; atque ipsam eorum retractationem in libris II edidi . . an-
tequam epistolas ac sermones ad populum, alios dictatos, alios a me dictos,
retractare coepissem. Aus dem Verzeichniss des Possidius kommen dazu
als Erzeugnisse der letzten Lebensjahre des Aug. die Schriften Speculum;
De haeresibus ad Quodvultdeum liber (auch in Oehlers corpus haeresiol.
I), die gegen den arianischen Bischof Maximinus und gegen den Pelagianer
lulianus, sowie besonders De praedestinatione sanctorum und De dono per-
severantiae.
5. August, conf. IV, 13, 20: scripsi (in Karthago um J. 380) libros
de pulchro et apto, puto duos aut tres. tu scis, deus; nam excidit mihi
non enim habemus eos, sed aberraverunt a nobis nescio quomodo. 14, 21 :
quod me movit . . ut ad Hierium (oben 400, 7) romanae urbis oratorem
scriberem illos libros. Diese Jugendschrift fehlt in den retract., welche
beginnen mit den drei Büchern contra academicos. Retract. I, 1 : com it-
liquissem vel quae adeptus fueram in cupiditatibus huius mundi vel qvM
adipisci volebam et me ad christianae vitae otium contulissemi nondom
414. AugUBÜnus. 921
baptizatus contra academicos velde academicis primum scripsi (J. 386),
ut argumenta eorum, quae . . prohibent coiquam rei assentiri et omnino
aliqnid tanquam manifestum certumque sit adprobare . . ab animo meo . .
qaantis possem ratiouibus amoverem. AnschluBS an das gleichnamige Werk
des Cicero (oben S. 286 f.) auch in der Form eines Gesprächs mit einem
Gönner Romanianus, dessen Sohn Licentius nnd einem andern Jüngling, Try-
getiuB. Herausgegeben auch an Oreili*s Ausg. von Gic. Acad., Turic. 1827.
6. Retract. 1,2: librum de beata vita non post libros de acad. sed
inter illos ut scriberem contigit. ex occasione quippe ortus est diei natalis
mei. . . Manlio Theodoro (s. 416, 3), ad quem librum ipsum scripsi, quamyis
docto et christiano viro, plus tribui quam deberem. . . istum hbrum nostro
in codice Interrupt um repperi . . nee adhuc apud aliquem integrum inve-
neram ex quo emendarem quando haec retractavi. I, 3 : per idem tempus,
inter illos qui de acad. scripti sunt, duos etiam libros de ordine scripsi,
in quibus magna quaestio versatur utrum omnia bona et mala diyinae pro-
videntiae ordo contineat. sed . . de ordine studendi loqui malui quo a
corporalibus ad iucorporalia potest profici. in bis libris . . nee illud mihi
placet quod Pythagorae philosopho tantum laudis dedi. I, 4, 1 : inter haec
scripsi etiam duo volumina . . de bis rebus quas maxime scire cupiebam,
me interrogans mihique respondens tamquam duo essemus, ratio et ego,
cum Bolus essem; unde hoc opus Soliloquia nominavi, sed imperfectum
remansit. I, 5, 1 : post libros Soliloquiorum iam de agro Mediolanum re-
versus scripsi librum De immortalitate animae. .. qui ratiocinationum
contortione atque brevitate sie obscurus est ut fatiget cum legitur . . vix-
que intellegatur a me ipso.
7. Betr. I, 6: per idem tempus quo Mediolani fui, baptismum per-
cepturus (J. 387), etiam Disciplinarum libros conatus sum scribere, in-
terrogans eos qui mecum erant atque ab huiusmodi studiis non abhorre-
baut, per corporalia cupiens ad incorporalia quibusdam quasi passibus vel
pervenire vel dncere. sed earum solum de grammatica librum absolvere
potui, quem postea de armario nostro perdidi, et de musica sex volumina,
quantum attinet ad eam partem quae rhythmus vocatur. sed eosdem sex
libros iam baptizatus iamque ex Italia regressus in Africam scripsi (vgl.
ib. I, 11); incohaveram quippe tantummodo istam apud Mediolanum disci-
plinam. de aliis vero quinque disciplinis illic similiter incohatis, de dia-
lectica, de rhetorica, de geometrica, de arithmetica, de philosophia, sola
principia remanserunt, quae tamen etiam ipsa perdidimus, sed haberi ab
aliqnibus existimo. Dieses encjclopädische Werk schloss sich schon in
seinem Titel an Varro an (s. oben S. 235 a) und behandelte die sieben
artes liberales. Der davon erhaltene Theil, sechs Bücher de musica, hat
die Form eines Gesprächs zwischen Lehrer und Schüler: „sehr wortreiche
nnd sehr inhaltarme Erörterungen über Rhythmik und Metrik" (Westphal,
allg. griech. Metrik S. 46), in der Annahme von Pausen zur Herstellung
der Tactgleichheit zwischen ungleichen metrischen Füssen von der gewöhn-
lichen Lehre abweichend, aber in der Hauptsache doch wohl aus Varro
geschöpft. Westphal a. a. 0. und Fragmente d. griech. Rhythm. S. 19 11.
nebst H. Weil in Fleckeisens Jahrbb. 1862, S. 335 ff. 1867, S. 132 f. Ein
alter Auszug aus dem Werke abgedruckt bei Mai, CoUectio Script, vett.
922 I^ie Kaiserzeit. Viertes bis fünftes Jahrhundert.
III (Rom 1828) p. 116 — 134, wozu die Nachlese von du Bleu, schedae Va-
ticanae (Lugd. B. 1860) p. 216—220. Von dem Theile De rhetorica ist
durch Handschriften des Fortunatianus (oben 401, 5) ein Abschnitt (bonae
frugis plena, Halm) erhalten und uuter der üeberschrift prindpia rheto-
rices abgedruckt z. B. bei Migne patrol. XXXII p. 1440 — 1448, am besten
in Halms Rhetores lat. min. (1863) p. 137—151. Besonders Cicero und
Hermagoras werden darin viel genannt. Eatechetische Form hat er nicht
Die Principia dialecticae (bei Migne patrol. XXXII p. 1409 — 1419 und be-
sonders herausgegeben von W. Crecelius, Aug. de dialectica liber, recogn.
et adn. Elberfeld 1857) bezeichnen selbst als ihren Verfasser Augustinas (c
7: ut cum Augustino nominato nihil aliud quam ego ipse cogitor ab ipso
cui notus sum etc.). Die früheren Verdachtsgründe gegen die Echtheit
bestanden hauptsächlich in den Abweichungen von der sonstigen Weise
des Aug. (z. B. durch Anwendung vieler griechischer Eunstausdrücke und
Nichtanwendimg der dialogischen Form), welche bei Schriften die sich im
Ganzen und Einzelnen auf fremde Arbeit gründen von wenig Beweiskrall
sind. Von dem Abschnitte De grammatica ist nur ein (wohl von einem
Benedictiner verfasster) Auszug erhalten, aus einem cod. Lauresham. (jetzt
Vatic.) zuerst herausgegeben von A. Mai (Nova patrum bibl. I, 2 p. 165 ff.
Rom 1852), besser (nach einer Pariser und Brüsseler Hds.) von C. Fr. We-
ber (Aur. Aug. ars grammatica breviata, Marburg 1861. 4.). Durch die
Nichtübereinstimmung mit diesem Auszuge werden die schon vorher sehr
zweifelhaften Ansprüche des Tractats de grammatica bei Putsche gramm.
latt. p. 1975 ff. (und z. B. in Migne's patrol. XXXII. p. 1385 — 1408) auf
den Namen Augustins noch weiter gefährdet. Weber 1. 1. p. 2 f. Die Ca-
tegonae X ex Aristotele decerptae (Migne XXXII. p. 1419—1440) werden,
da Aug. weder durch Kenntniss des Griechischen noch durch Bewunderung
des Aristoteles sich auszeichnete, eher von Prätextatus (oben 403, 1) her-
rühren.
8. Retract. I, 7: iam baptizatus cum Romae essem (J. 387) nee ferre
tacitus possem Manichaeorum iactantiam de falsa et fallaci continentia vel
abstinentia, . . scripsi duos Ubros, unum De moribus ecclesiae cathohcae,
alterum De moribus Manichaeorum. I, 8: in eadem urbe scripsi dialc^nm
in quo de anima multa quaeruntur ac disseruntur. . . totus liber nomen
accepit . . De animae quantitate. I, 9: cum adhuc Romae demoraremnr
voluimus disputando quaerere unde sit malum. . . tres Ubri quos eadem
disputatio peperit appellati sunt De libero arbitrio. quorum secundum et
tertium in Africa, iam etiam Hippone regio presbyter ordinatus, . . termi-
navi. I, 10: iam vero in Africa constitutus scripsi daos libros de Genes
contra Manichaeos. I, 11: deinde . . sex Ubros de musica (A. 7) tcrip«,
quorom ipse sextus maxime innotuit. I, 14: iam vero apud Hipponem re-
gium presbjter scripsi librum De utilitate credendi. Wie dieses war gegen
die Manichäer gerichtet auch das nächste Buch De duabua animabus (ib.
I, 15), sowie das Contra Fortunatum quendam Manicbaeoroin preebjtenni,
eigentlich eine Disputation mit ihm quae excepta est a uotariis vehiti goto
Protokoll) conficerentur , nam et diem habet et consaleni. I, 90:
etiam causam Donatistarum ad ipsius humillimi vulgi . . notitiam
. . psalmum qui eis cantaretur per latinas litt^ras feci, sed mque ad T
Utteram. tales aqtem abecedarios appellant. . . hypopsalma «tiam ^wj
414. Augustinas. 923
responderetur et prooemium causae . . non sunt in ordino litterarum. ideo
autem non aliqao carmims genere id fieri volui ne me necessitas metrica
ad aliqna verba quae vulgo minus sunt usitata compelleret.
9. Retract. II, 6: confessionum mearum libriXIII . . a primo us-
qne ad dedmum de me scripti sunt; in tribus ceteris de scripturis sanctis.
. . moltis fratribus eos multum placuisse et placere scio. Sehr werthvoll
auch für die Sittengeschichte. Die Bekenntnisse werden an Gott gerichtet
(z. B. lY, 2: malebam tamen, domine tu scis, bonos habere discipulos etc.
et, deus, vidisti de longinquo lapsantem in lubrico). Die Person Christi
tritt sehr wenig in den Vordergrund. Oft einzeln herausgegeben, z. B.
von A. Neander (Berlin 1823); auf Grundlage der Oxforder Edition (näm-
lich BibL patmm eccl. cath. ed^ Pusey, Vol. I, Oxford 1838) herausgg. u.
erläutert von E. v. Eanmer, Stuttg. 1856. üebersetzungen z. B. von G.
Rapp (Stuttg. 1838) u. F. Merschmann (Frankf. 1806).
10. Retract. II, 43, 1 : interea Roma Gothorum irruptione (J. 410) . .
eversa est; cuius eversionem deorum falsorum multorumque cultores . . in
christianam religionem referre conantes solito acerbius . . deum verum
blasphemare coeperunt unde ego . . libros de civitate dei scribere in-
stitui. quod opVis per aliquot annos me tenuit, eo quod alia multa inter-
currebant. . . hoc autem de civ. d. grande opus tandem XXII libris est
terminatum (ums J. 426). quorum V primi eos refellunt qui res humanas
ita prosperari volunt ut ad hoc multorum deorum cultum . . neoessarium
esse arbitrentur et quia prohibetur mala ista exoriri . . contendunt. se-
quentes autem V adversus eos loquuntur qui fatentur haec mala nee de-
fuisse umquam me defutura mortalibus, . . sed deorum cultum . . propter
vitam post mortem futuram esse utilem disputant. (Vgl. Epist. 169, 1.)
his ergo X libris duae istae vanae opiniones christianae reUgioui adversa-
riae refelluntur. (2.) sed ne quisquam nos aliena tantum redarguisse, non
autem nostra asseruisse reprehenderet: id agit pars altera operis hnius,
quae libris XII continetur. . . primi quattuor (XII— XV) continent exortum
duarum civitatimi, quarum est una dei, altera huius mundi. secundi quat-
tuor (XVI— XIX) excursum earum sive procursum. tertii vero, qui et po-
stremi (XX — XXII), debitos fines. ita omnes XXII libri, cum sint de utraque
civitate conscripti, titulum tamen a meliere acceperunt. Gewidmet ist das
Werk dem Marcellinus, ohne Zweifel demjenigen welcher J. 410 zur Bei-
legung der donatistischen Wirren nach Africa gesandt war und an welchen
auch andere Schriften des Aug. sowie Epist. 128 f. 133. 138 f. 143 gerichtet
sind. HauptqueUen sind Cicero (bes. de rep.) und Varro (Antiquitates und
de gente rom. , auch wohl einzelne logistorici) , für das Orientalische des
Uieronymus Bearbeitung der Chronik des Eusebios; ausserdem ist Piaton,
Sallust, Plinius d. Aelt. und Solinus benützt, von Dichtem besonders Ver-
gil sehr oft angeführt, nächstdem Terenz, Horaz, Persius, Lucanus, Teren-
tianus, (}laudianus u. a. Eettner, varronische Studien S. 40 — 46. Sonder-
ausgaben bes. von J. L. Vivis (comment. illustr., Basil. 1522. 1555. 1570)
und B. Dombart (Lips. Teubner 1863, 2 Voll.). Redner, die dvitas dei
des h. Aug., Conitz 1856. 4.
11. Unter den übrigen Schriften Augustinus sind von besonderer Wich-
tigkeit die dogmatischen de doctrina christiana libri IV (verfasst 397—426),
de trinit^te libri XV (J, 400—416), de peccatorum [meritis et [remissione
'nt^
924 I^ie Kaiserzeit. Viertes bis fünftes Jahrhundert.
*
libri III (ums J. 412), de gratia et libcro arbitrio; de correptione et gratia;
de praedestinatione sanctorum und de dono perseveranüae. Aus dem Qe-
biete der praktischen Theologie sind zu nennen die Schriften de mendacio,
de continentia, de patientia, de agone Christiane, de bono coniugali, de
nuptiis et concupiscentia , de adiüterinis coniugiis, de opere monachonun,
de unico baptismo, de cura pro mortuis gerenda u. A. Die Streitschriften
sind gerichtet gegen die Secten und Häresen der Manichäer, DonatisteD,
Pelagianer, Priscillianisten , Arianer und Origenisten. Die Predigten
(sermones) füllen einen sehr starken Band, der aber auch Zweifelhaltes
und Unechtes enthält. Bei aller Einfachheit sind sie doch nicht selten
rhetorisch wirkungsvoll, auch wohl rührsam. Ueber deren Publicum b.
J. Yärin, St. Augustini auditores, s. de Afrorum christianorum circa Aag.
ingeuio ac moribus, Paris 1870. Th^se. Ein Theil schliesst sich an die Er-
klärung biblischer Schriften (als Homilien) an, wie über die Psalmen, das
Evangelium Johannis und die Bergpredigt. Die Exegese tritt in der schrift-
stellerischen Thätigkeit des Aug. ziemlich zurück, da seine Eenntniss des
Griechischen nicht vollkommen, das Hebräische aber ihm ganz fremd war.
Doch schrieb er besonders über lob, die Evangelien (de cousenBu evaoge-
listarum libri lY; quaestionum evangelicarum libri II), den Römer- und
Galater-Brief. H. N. Clausen, Aug. . . sacrae scripturae interpres, Berlin
1827^ Die Bibelstellen sind allentiialben nach der Itala angeführt Die
Sammlung der Briefe umfasst (einschliesslich der an Aug. gerichteten)
270 Stücke. Kurz sincl nur wenige derselben; einzelne (wie Nr. 147, de
videndo deö) sind so ausführlich dass sie auch unter den Abhandlungen
aufgeführt werden. Sie besprechen fast alle kirchlichen Fragen der Zeit;
manche sind beichtväterlichen Inhalts. Andrerseits hat brieflichen Cha-
rakter das Werk De diversis quaestionibus LXXXIlT (Retract. I, 26). Die
Benedictiner haben die Briefe in 4 Classen eingetheilt: 1. aus J. 386—395
(von der Zeit der Bekehrung bis zur Bischofewahl) ; 2. J. 395 — 410; 3. J.
411 (Disputation mit den Donatisten) bis J. 430 (Tod); 4. die chronolo-
gisch nicht bestimmbaren.
12. Ausgaben der sämmtlichen Werke Augustinus z. B. Basileae 1506
apnd Jo. Amerbachium; Ex emendatione D. Erasmi, Basil. 1528 fol. 10 Voll
(und öfters wiederholt); Per theologos Lovanienses (Antv. 1577 fol. 11 Voll)
mit supplementum von H. Vignerius (Paris. 1654. fol. 2 Voll.^; besonders
aber die der Benedictiner e congregatione S. Mauri, Paris 1679 ff. 11 Voll
fol. Im Wesentlichen nur Wiederholungen letzterer sind die von Jo, Phc-
roponus (Clericus), Antv. 1700—1703 (12 Voll, fol.), und die zweierlei von
J. P. Migne, Augustini opera omnia in 11 Voll. (Paris 1835 — 1836 — 1839)
und Patrolog. XXXII-XLVII.
415. Zu Anfang des fünften Jahrh. verfasste der Presbyter
Sulpicius Severus (um 365—425) in Aquitanien einen Ab-
riss der Geschichte von ErschaflFung der Welt bis auf seine Zeit
aus den besten Quellen, mit geschichtlichem Sinn und in schlich-
ter, aber gebildeter und den classischen Historikern nachstrebeo-
der Darstellung. Dagegen seine Biographie des Martinas Ton
•md XWf^
414 f. Angusfciuus. Sulpicius Severus. 925
Tours ist ein frommer Roman ^ ein Denkmal seiner schwärme-
rischen Verehrung für den Helden, voll abenteuerlicher Wunder.
Ihm gelten auch die zwei Dialogen mit ciceronischer Einkleidung.
1. Gennad. vir. ill. 19: Severua presbyter cognomento Sulpicius, Aqui-
tanicae proviuciae^ vir genere et litteris nobilis et paüpertatis atque humi-
litatis amore conspicuus (vgl. vita Hart. 24, 4 ff.), carus etiam sanctorum
virorum MarÜui Turoneufiis episcopi et Pauliiii Nolensis, scripsit nou con-
t^mnenda opuscula. nam epistolas ad aniorem dei et contemptum luundi
hortatorias scripsit sorori suae multas, quae notae sunt, scripsit ad Pau-
iinum praedictum duas et ad alios alias, sed quia in aliquibus etiam fa-
miliaris necessitas inserta est non digeruntur. composuit et chrouica.
scripsit et ad multorum profectum vitam b. Martini monachi et episcopi,
signis et prodigiis ac virtutibus illustris viri, et Collationem Postumiaui
et Galli se mediante et iudice de conversatione inonachorum orientalium
et ipsius Martini habitam in dialogi speciem duabus incisionibus compre-
hendit. . . hie in senectute sua a Pelagianis deceptus . . silentium usque
ad mortem tenuit. In den echten Schriften Augustins wird Sulp, nie ge-
nannt, wohl aber von Hieronymus (V. p. 422 Vall.): Severus noster. Paulin.
Nol. epist. & (Severo fratri), '5: tu . . es aetate florentior, laudibus
abundantior, in . . fori celebritate diversans et facundi nominis palmam
tenens. repentino impetu discussisti servile peccati iugum . neque te di-
yitiae de matrimonio familiae consularis aggestae neque post coniugium
peccandi licentia et caelebs iuventas ab angusto salutis introitu . . revocare
potuerunt. (6.) tu ergo verus factor legis . . merito socrum (Bassulam) . .
in matrem sortitus aetemam . . reUcto patre . . Christum secutus es. . . pi-
scatorum praedicationes tullianis Omnibus tuis litteris praetulisti. confu-
gisti ad pietatis silentium (Zurückziehung in ein Kloster). Vgl, ib. epist.
1 (wonach Sev. Elusone lebte). 11. 17. 22. 23. 24. 27. 28. 29. 30. 31 (ad
basilicam quam modo apud Primuliacum . . condideris). 32. oben 411, 1
u. 2. R. Ceillier, bist g^n. X. p. 635-6Ö0.
2. Sulp. Sev. chron. 1: res a mundi exordio sacris litteris editas
breviter constringere et cum distinctione temporum usque ad nostram me-
moriam carptim dicere aggressus sum. . . non peperci labori meo quin ea
quae permultis voluminibus perscripta continebantur duobus libelli» conclu-
derem, ita brevitati studens ut paene nihil (V vgl. Bernays S. 45) gestis
subduxerim. . . non pigebit fateri me, sicubi ratio exegit, ad distinguenda
tempora continuandamque seriem usum esse historicis mundialibus atque
ex his quae ad supplementum cognitionis deerant usurpasse. Das A. T.
benützt er, da er des Hebräischen nicht mächtig ist, nur in der Ueber-
setzung der LXX. Daraus entnimmt er die geschichtlichen Besta^dtheile,
öfters mit polemischen Beziehungen auf Vorgänge der eigenen Zeit. Als
ehemaliger Jurist und Advokat zeigt er Interesse auch für die mosainche
Civil- und Criminal-Gesetzgebung (Bernays S. 31 ff.). Vgl. oben 412, 3. Ueber
die Zeit des Buchs Judith II, 14, 1—6. Der geschichtliche Inhalt des N. T.
wird absichtlich bei Seite gelassen (II, 27, 3), weil bei ihm eine so freie
Verwendung wie beim A. T. bedenklich war. Die nichtbiblischen Gewährs-
männer werden nie mit Namen genannt, auch nicht die Chronik des Eusebius ;
vgl. II, 5, 7. Josephus ist nicht benützt, wohl aber Tacitus; namentlich für
926 ^i^ Kaiserzeit Viertes bis fünftes Jahrhundert.
die Geschichte der Zerstörung Jerusalems verlorengegangene Theile der
Historien (Bemays S. 53 — 61). Selten sind sachliche Flüchtigkeiten (Ber*
nays Anm. 81). Das Werk ist gestellt auf das Consulat des Stilicho (J. 400)
und vollendet J. 403. Die Darstellung ist den claadschen Mustern mit
Geschick nachgebildet, besonders dem Sallust (Bemays Anm. 9. 15. 24.
33. 37. 45. 50. 59) und Tacitus (ebd. A. 6. 70), auch Vellejus (A. 49) uimI
Curtius (A. 35), ohne doch mnsivisch buntscheckig zu werden und nicht
ohne Spuren der Zeit (A. 58). Ein wissenschafblichos Geschichtswerk hat
Sulp, weder geliefert noch beabsichtigt, wohl aber ein gutes und ange-
nehmes Lesebuch. J. Bemays, über die Chronik des Sulpicius Sevenu,
Berlin 1861. 72 S. 4.
3. Erhalten ist die Chronik durch eine einzige Handschrift saec. Xl«
welche zuerst M. Flacius (s. A. 4) benützte (libellum hunc . . ex quadam
celeberrimae Saxonum civitatis Hildesiae bibliotheca erutum) und welche
aus der PfOlzer Bibliothek J. 1623 in die Vaticana kam (Vat. 824). C.
Halm in den Sitzungsber. d. münchner Akad. 1865. II, 2. S. 37 — $4.
Nach deren Ueberschrifb (incipit prologus Sulpitii Severi in chronica, qoae
ipsa fedt ab exordio mundi usq. ad tempus suum) wird Chronica wohl
der ursprüngliche Titel sein. Da Sulp, mehrere Male (I, 36, 6. 42, 1. 46,
5. II, 5, 7. 6, 1) die Chronik des Eusebios schlechthin als chronica anfuhrt,
80 hielt Bemays (S. 71 f.) A mundi exordio libri II für die authentische
Ueberschrift.
4. Editio princeps der Chronik von M. F. (Matthias Flacius): Sulpitii
Severi sacrae historiae . . libri II nunc primum in lucem editi, Basil. 1556.
Spätere Ausgaben von Victor Giselinus (Antv. 1574), C. Sigonius (Bonn.
1581, mit Comm.), Jo. Drusius (Amhem. 1607).
5. " Die vita Martini gibt ein anschauliches Bild von der religiösen
Erregtheit der Zeit, die bis zum Visionären gieug. Der Heilige besteht
Kämpfe mit dem diabolus, hört und sieht Christus und Engel, thut allerlei
Wunder, verkündet das nahe Weltende (dial. II, 14) u. dgl. Dasselbe
Thema wird dann in den beiden dialogi (früher in drei abgetheilt) des
Weiteren dialogisch ausgesponnen. Drei Briefe, ad Eusebium, AureUun
diaconum, Bassulam (s. A. 1), dienen als Einleitung zu diesen Dialoges.
Vgl. Ep. I, 1: mentio incidit libelli mei quem de vita beati viri Martini
episcopi edidi studioseque eum a multis legi libentissime audiebam. Pan-
lin. Epist. 11, 11. J. H. Beinkens, Martin von Tours, Bresl. 1866. Die
Sprache ist auch in diesen Schriften verhältnissmässig rein und gewählt
Sie sind in zahlreichen Handschriften erhalten, unter welchen die älte^
und wichtigste ist die der Capitelsbibliothek in Verona saec. VII, welche
selbst aus einer Hdschr. vom J. 519 abgeschrieben ist. Aus der in Frank-
reich und Deutschland verbreiteten Classe ist eine der ältesten die Qnedlii*
burger saec. IX; s. Halm p. VIII f.
6. Von jenen drei echten Briefen sind zu unterscheiden die uehtü
welche mit sehr zweifelhafter Berechtigung den Namen des Sulp, tragv
(Appendix bei Halm), von welchen der zweite auch unter denen des Ifis-
ronymus steht. Sie weichen vom Tone des Sulp, wesentlich ab. Die beides
ersten (ad Claudiam sororem de ultimo iudido und de virginitole) sik^
- ;415-417. Suli. Sevenis. Hilario. Theodorus ii. A. 927
umständlich und erbaulich. Der dritte, in Mönchshumor, steht auch bei
Paul. Nol. Epist. 22.
7. Ausgaben sämmtlicher Werke des Sulp. Sev. von J. Vorst (cum
notis, Berlin 1668 u. sonst), H. de Prato (Veron. 1741 — 1754, 2 Voll. 4.),
in Migne's Patröl. XX. p. 95 — 248, und besonders von C. Halm (rec. cum
comment. crit. instr., Wien 1866).
Beiträge zur Textkritik bei de Rooy, spicileg. critic, Dordrecht 1771.
410* Des Sulpicius Severus Zeitgenosse und Landsmann
Q. lulius Hilario verfasste J. 397 ein Schriftchen über die
Dauer der Welt; der Donatist Tichonius aus Africa unter an-
derem drei Bücher über den inneren Krieg. Um dieselbe Zeit
schrieb Flavius Mallius Theodorus (Cos. 399) nicht ohne Selb-
ständigkeit sein auf uns gekommenes Werkchen de metris.
1. Das Schriftchen des Hilario de duratione mnndi, nach Inhalt und
Sprache barbarisch, aber von kühner Selbständigkeit der Forschung, in
der Bibl. patrum ed. de la Bigne VII. p. 277—284. A. v. Gutschmid in
Fleckeisens Jahrbb. 87, S. 714.
2. Gennad. vir. ill. 18: Tichonius, natione Afer, in divinis litteris
eruditus iuxta historiam sufficienter et in saecularibus non ignarus fuit, in
ecclesiasticis quoque negotiis studiosus. scripsit De hello intesüno libros III
et Expositiones diversarum caufiarum, in quibus ob suorum defensionem
antiquanun meminit synodorum. e quibus onmibus agnoscitur Donatianae
partis fuisse. composuit et Kegulas ad investigandam . . intellegentiam
scripturarum VII, quas in uno volumine conclusit (vgl. J. B. Pitra, Spicileg.
Solesm. p. 294 f.). exposuit et Apocalypsin loannis etc. floruit hie vir aetate
qua iam memoratus (oben 409, 1 ff.) Rufinus, Theodosio et filio eins re-
gnantibus.
3. Flavius Mallius Theodorus, Cos. 399 (C. I. gr. 6232 u. sonst), unter
allen Compilatoren dieser Zeit derjenige welcher am meisten Freiheit imd
Selbständigkeit in der Form der Darstellung zeigt (Westphal, allg. griech.
Metr. S. 46 f. == P S. 130). Das Vorwort ist an seinen Sohn Theodorus
gerichtet. Von Vorgängern nennt er den luba und Terentianus. Erste
Ausgabe der Schrift de metris von J. Fr. Ueusinger (nebst De pedibus
expositio von einem unbekannten lulius Severus), Wolfenbüttel 1755 (cura
Buhnkenii, Lugd. B. 1766); in Gaisfords scriptores lat. rei metr. (1837) X
(p. 525 ff.). A. Rüben, diss. de vita Fl. Mallii Theodori, Utrecht 1694.
Lips. 1754. Vgl. auch oben 413, 3 u. 8. 414, 6.
417. Von den zahlreichen Freunden und Gegnern des
Augustinus waren ausser den schon Genannten literarisch thätig
der bekannte Urheber des Pelagianismus, der hochachtbare Britte
Pelagius, von dessen Schriften wir besonders ein wohlgeschrie-
benes Glaubensbekenntniss an Innocenz besitzen ; dessen Lands-
mann und jüngerer Freund Caelestius; der Uebersetzer Anianus
928 1^16 Kaiserzeit. Viertes bis fünftes Jahrhundert.
und der durch Augustinus Gegenschriften bekannte Bischof lu-
lianus. Von anderen christlichen Schriftstellern der Zeit sind
erwähnenswerth Antiochius, Severianus, Bachiarius^ Sabbatius,
Helvidius, Vigilantius, Simplicianus, Innocentius.
1. Erhaltene Schriften des Pelagius: Expositiomun in epistolas
Pauli libri XIV; Epistola ad Demetriadem ; Libelliis fidei ad Innocentiain;
wahrscheinlich auch die Epist. ad Celantiam matronam de ratioue pie
vivendi. Nur aus den Gegenschriften Augustins kennen wir sein Werk De
natura und De libero arbitrio libri IV. Ausserdem schrieb er De trinitate
libri III und Anderes.
2. Gennad. vir. ill. 44: Caelestius . . adhuc adolescens scripsit ad
parentes suos de monasterio epistolas in modum libellorum tres. Seine
Schriften sind uns nur soweit bekannt als Augustinus sie erwähnt oder
auszieht. So Contra traducem peccati, De6nitiones (s. Aug. de perf inst
hom.), und das an Zosimus gerichtete Glaubensbekenntniss (libellus fidei;
s. Aug. de peccato ong.).
3. Anianus, Diakonus in Celeda, verfasste Uebersetzongen von
Homilieu des Chrysostomus , abgedruckt in dessen Ausgaben.
4. lulianus, 416 Bischof von Aeclanum, aber schon 418 als Pela-
gianer abgesetzt. Gennad. vir. ill. 45: vir acris ingenü, in divinis scri-
pturis doctus, graeca et latina lingua scholastieus. . . scripsit Adversus Au-
gustinum libros IV et iterum libros VII. est etiam liber altercationis am-
borum partes suas defendentium. Zur %eit einer Hung^rsnoth habe er
sich durch Wohlthätigkeit ausgezeichnet, moritur Valentiniano et Con-
stantino filio eins imperante. Vgl. oben 414, 11.
6. Ueber die Donatisten Tichonius und Cresconius s. oben 416, 2.
409, 6.
6. Bei Gennadius vir. ill. 20 ff. werden als christliche Schriftsteller
der Zeit aufgeführt: 20. Antiochius episcopus (moritur Arcadii imp. tempore);
21. Severianus Gabalensis ecclesiae episcopus (in homilüs declamator ad-
mirabilis . . imperatore Arcadio; . . moritur minore Theodosio imperante;
üeberreste bei Pitra, spicileg. Solesm. p. 275 f.); 22. Niceas; 23. Olympios,
natione Hispanus, episcopus; 24. Bachiarius (vir christianae philosophiae);
25. Sabbatius, gallicanae ecclesiae episcopus; 26. Ursinus monachus; 27.
Macarius, alius monachus (scripsit in urbe Roma adversus mathemaücM
librum); 29. Hehodorus (Antiochenae ecclesiae presbyter); 30. loannes
(Jerosolymorum episcopus): 31. Paulus episcopus; 32. Helvidiua, Auxentü
(des Arianers) discipulus, Symmachi Imitator (gegen ihn schrieb Hieronj-
mus); 33. Theophilus (Alexandrinae civitatis episcopus); 35. Vigilantioi
presbyter, natione Gallus, Uispaniae Barcilonensis parochiae ecclesiui
tenuit (huic et b. Hieronymus presbyter respondit); 36. Simplicianns epi*
scopus Mediolanensis (multis epistoiishortatusestAugustinum adhuc pretbj-
terum ut etc.); 37. Vigilius episcopus (scripsit.. epistolam continentfflB
gesta sui temporis apud barbaros martyrum); 40. Maximus, Taurineow
ecclesiae episcopus (moritur Honorio et Theodosio iun. regnanübos); 41-
PetroniuR, Bononiensis eccl. episc. (f Theodosio Arcadii filio et Valentiiiiaiio
regnantibus) ; 43. Innocentius urbis Romae episcopus (J. 401—417), V«r>
417 f. Pelagius u. A. Macrobius. 929
lasser einer Anzahl erhaltener Briefe (Coustant, epist. pontiff. rom. I. p.
739 ff. Gallandi bibl. patr. VIII. p. 545 ff.); 47. Avitus presbyter, homo
Uispanus genere.
7. In griechischer Sprache schrieb um diese Zeit der Platoniker
Synesios aus Kyrene, geb. 379, etwa seit 410 Bischof von Ptolemais, Ver-
fasser von Reden, Abhandlungen, Briefen, Hymnen u. A. Vgl. B. Volk-
mann, Synesios von Kyrene, Berlin 1869.
418. Am Ende des vierten und Anfang des fünften Jahrb.
wirkte und schrieb auch Macrobius Theodosius, von welchem
wir einen Commentar zu Ciceros Traum des Scipio in zwei Bü-
chern, sowie sieben Bücher Satumalia besitzen. Letzteres Werk
behandelt in der Form eines Gesprächs eine Reihe von Gegen-
ständen der Literatur und der altrömischen Barchenverfassung,
wobei besonders Gellius stark ausgebeutet wird, nächstdem der
Commentar des Servius zu Vergil, auch Seneca, Plutarch u. A.,
ohne dass aber die compilierten Schriftsteller genannt würden.
1. Name im Bamberg, vor den Saturn.: Macrobius Theodosius v. c.
et illustris; vor dem Somn. Scip.: Macrobius Amt^osius Theodosius v. c.
et inl. Da er hienach hohen Rang hatte so wird er der Macrobius sein
welcher J. 399 f. praef. praet. Hispaniarum war (Cod.Theod. XVI, 10, 15.
VIII, 5, 61), J. 410 procos. Africae (ib. XI, 28, 6) und noch im J. 422 vir
illustr. heisst und die Stelle eines praepositus sacri cubiculi bekleidete (ib.
VI, 8, 1). Diess setzt voraus dass er in späteren Jahren zum Christenthum
übertrat, ohne das er in dieser Zeit letzteres Amt nicht hätte erlangen
können. In seinen Schriften ist er noch Heide (s. A. 3); ihre Abfassung
oder Anlage wird daher vor jene Aemter fallen und die vollständige Ti-
tulatur des Verf. erst nachträglich hinzugefügt sein. Vgl, auch unten 422, 1.
2. Macrob. Sat. praef. 11 f.: sicubi nos sub alio ortos caelo latinae
liuguae vena non adiuvet. . . si in nostro sermone nativa romani oris ele-
gantia desideretur. Sein Interesse für Cicero und Vergil macht aber min-
der wahrscheinlich dass eine hellenische oder hellenistische Gegend seine
Heimat ist; eher Africa (L. v. Jan).
3. Bewunderung des Symmachus (oben 399), Nicomachus (oben
402, 1) und Praetextatus (oben 403, 1); s. Sat. I, 1, 4. Alle diese gehören
zur heidnischen Partei. Von Christlichkeit ist auch sonst keine Spur bei
Macrob., wohl aber zeigt er überall eingehendes Interesse für die Götter
des Polytheismus (bes. 1, 17 ü'.) und Hinneigung zum Neupiatoni smus (A.4).
Vgl. Sat. I, 12, 8: cum hodieque in sacris Martem patrem, Venerem ge-
netricem vocemus. 24, 1 : laudare . . cuncti religionem (des Prätext.), adßr-
mantes hunc esse unum arcanae deorum naturae conscium, qui solus divina
et adsequi animo et eloqui posset ingeuio. Auch von Servius ist er ein
jüngerer Zeitgenosse (s. oben 404, 1) und beutet dessen Schriften aus
(8. A. 6).
4. Durch Macrob. ist Cicero's Somnium Scip. (aus de rep. VI) er-
halten; s. oben S. 282, A. 4. Seinen Commentar dazu hat Macr. so ein-
Teuffpl, röm. Lilpratur^fsrliiclile. (39
930 Die Kaiserzeit. Viertes bis fünftes Jahrhundert
gerichtet ut praemissis Ciceronis verbis promeret quidquid e placitis Plato-
nicorum atque e praeceptis'geometriae, geographiae, astronomiae ad ea
referri posse videretur (L. v. Jan p. VIII). Nach einer Einleitung über das
Verhältniss von Cic. de rep. zu Platon's Politeia und über die Bedeutung
der Träume beginnt der Commentar, welcher die platonischen Erörtenm-
gen (über die Zahl, die Töne, die Seele, die Bewegung der Gestirne, die
Zonen u. s. w.) in ziemlich willkürlicher, und ungleichmässiger Weise an
die Worte Cicero's anknüpft. Vgl. I, 5, 1: discutienda nobis sunt ipsius
somnii verba, non omnia, sed ut quaeque videbuntur digna quaesito.
Schriftsteller werden viele genannt, besonders griechische (L. v. Jan p. XF),
doch mehr zum Prunke als dass sie wirklich benützt wären. Ohne Zweifel
folgt Macr. hauptsächlich ^inem Gewährsmann. Anrede I, 1, 1: Eustachi
fili, vitae mihi dulcedo pariter et gloria; II, 1, 1: superiore commentario,
Eustachi luce mihi dilectior fili, usque ad stelUferae sphaerae cursum..
sermo processerat. Vollständige Erhaltung; s. II, 17, 15: sed iam finem
somnio colnbita disputatione faciamus, hoc adiecto quod conclusionem de*
cebit etc. L. Petit, de Macrobio Ciceronis interprete philosopbo, Paris 1866.
136 pp. 4.
5. Aus dem Vorwort zu den Saturnalia: (1) multos variasqne res
in hac vita nobis, Eustachi fili, natura conciliavit; aber nichts gehe über
die Liebe zu den Kindern. (2.) hinc est quod milii quoque institutione taa
nihil antiquius aestimatur, ad cuius perfectionem . . quidquid mihi vel te
iam in lucem edito vel antequam nascereris in diversis seu graecae seu
romanae linguae voluminibus elaboratum est, id totum sit tibi scientiae
supellex etc. (3.) nee indigeste . . congessimns digna memoratu, sed ?a-
riarum rerum disparilitas . . ita in quoddam digesta corpus est ut quae
indistincte atque promiscue ad subsidium memoriae adnotaveramus in or-
dinem . . convenirent. (4.) nee mihi vitio vertas si res quas ex lectione varia
mutuabor ipsis saepe verbis quibus ab ipsis auctoribus enarratae sunt ex-
plicabo, quia praesens opus non eloquentiae ostentationem , sed noscen-
dorum congeriem pollicetur. (6.) nos quoque quidquid diversa lecUoDe
quaesivimus committemus stilo. Entschuldigung über die Sprache s. A. 1
G. Der in den Saturn, abgehandelte Stoff hat die Form von Ge-
sprächen welche an den drei Tagen der Saturnalien sowie Tags zuvor
theils vor Tisch theils beim Mahle selbst gehalten worden seien, und zwar
von Praetextatus (A. 3) und Freunden desselben, wobei aber der Verf.
sich vorbehält auch über dessen Zeit hinauszngreifen (I, 1, 5: nee mihi
fraudi sit si uni aut alteri ex bis quos coetus coegit matura äetas posterior
saeculo Praetextati fuit). Er schreibt also geraume Zeit nach dessen Tod
(J. 386). Jene Einkleidung ist theils dem Gellius theils dem Piaton (Sjmp.)
entnommen. Die Opposition vertritt Euangelus, der namentlich den Vergil
angreift, wogegen Eustathius (oben 403, 6) denselben als Philosophen und
geschickten Nachahmer der Griechen preist, Nicomachus Flavianus und
Praetextatus als Kenner des ins augurale und pontificium, die beiden Al-
binus als Alterthümler, Avienus und Servius die sonstigen Seiten. Diese
Erörterung über Vergil bildet den Hauptbestandtheil des Werks, woneben
in den eigentlichen Tischgesprächen ein buntes Allerlei von Gegenständes
abgehandelt wird. Die freibeuterischen Grundsätze welche Macrob. be-
folgt vertheidigt er VI, 1,2 ff. mit dem Beispiele Anderer.
418 f. Macrobius. Vibius Sequester. 931
7. Die Handschriften der Saturn, staromen alle aus derselben
Quelle, da sie dieselben Lücken haben. Es fehlt nämlich Ende von 6. II
und Anfang von III, von B. IV die zweite Hälfte und von VII der Schluss.
Die meisten lassen überdies das vorkommende Griechische weg. Die voll-
ständigste ist Paris. 6371 saec. XI, die beste ein Bamberg, aus dem Ende
saec. IX, die aber jetzt nur noch Sat. I u. II, sowie den grösseren Theil
von III enthält. Ein anderer Bamberg, (saec. XI) ist neben Paris, mass-
gebend für den Commentar zum somn. Scip. Aufzählung der Hdschrr.
bei L. V. Jan I. c. 6 (p. LXII - LXXXVH).
8. Von der Schrift De diö'erentüs et societatibus graeci latinique
verbi sind nur mittelalterliche Excerpte in einer Pariser und einer Wiener
(Endlicher, Anal, gramm. p. 187 ff.) Handschrift vorhanden, zusammen-
gestellt in L. V. Jan^s Ausg. I. p. 229—276. Sie lassen den Untergang des
Ganzen nicht bedauern; v. Jan p. XIV f. Gewidmet war es durch eine
Zuschrift (Theodosius Symmacho suo) einem Symmachus (Sohn oder Enkel
des Redners, s. oben 399, 2). Verwandten Inhalts ist das Bruchstück eines
unbekannten Verfassers De verbo, abgedruckt ib. p. 278—306. Gerichtet
ist es an Severus, disertissimus studiosorum.
9. Aufzählung der Ausgaben in L. v. Jan's prolegg. c. VI (p.
LXXXVIII - XCVIU). Ed. princeps Venet. 1472 fol. Aldina Venet. 1528.
Hervagiana Basil. 1535. Die des J. J. Pontanus (Lugd. B. 1597 u. sonst)
zeichnet sich durch ihre willkürlichen Aenderungen aus (L. v. Jan p.
XXXII— XXXVII >. Cum notis J. Meursü, J. Gronovii, Lugd. B. 1670. Emen-
davit, app. crit., adnotationes . . adiecit L. lanus, Quedlinburg u. Leipzig
1848 — 1852. 2 Voll. Recognovit Fr. Eyssenhardt, Lips. Teubner 1868.
419. ÜDgefähr aus derselben Zeit sind auch einige küm-
merliche Arbeiten für den Bedarf der Schule. So des angeb-
lichen Vibius Sequester alphabetisches Verzeichniss der bei
den gelesensten Dichtem vorkommenden Ortsnamen, und des
lulius Exuperantius dürftige Erzählung des ersten Bürger-
krieges nach Sallust. Auch der Rhetor Grillius sowie der medi-
cinische Schriftsteller Theodorus Priscianus gehören in diese Zeit.
1. Titel: Vibii Sequestris de fluminibus, fontibus, lacubus, ne-
moribus, paludibus, montibus, gentibus per litteras. Der Name Vib. Seq.
ist vielleicht eine scherzhafte Fiction aus Cic. pro Clnent. 8, 26: Sex. Vi-
bium, quo sequestre . . dicebatur esse usus. So Hesse! (J. 1711), M. Hertz,
F. Lüdecke; dagegen Bursian p. III not. Von den vorkommenden Namen
weist keiner über saec. IV hinaus; und das völlige Fehlen aller Spuren
von Christlichkeit, wie die Unbefangenheit womit von polytheistischem
Cult als einem bestehenden gesprochen wird (z. B. p. 2, 16 Bu.: Almon
Bomae, ubi mater denm VI kal. apr. lavatur; p. 12, 13: Angitiae (nemus)
Lucaniae) würde sogar auf eine weit frühere Abfassung fähren, wenn die
geistige Beschränktheit des Verf. nicht geböte diess auf seine Quellen
einzugrenzen. Vorwort: Vibius Sequester Virgiliano filio salutem. Quanto
ingenio ac studio, fili canssime, apud plerosque poetas fluminiun mentio
habitast, tanto labore sum secutns eorum et regiones et vocabula et qua-
59*
932 öie Kaiserzeit. Viertes biß fünftes Jahrhundert.
litates in litteram digerens, . . cum tuae professioni sit neceBsarium. Die
berücksichtigten Dichter sind Vergil, Ovids Met. und Fasti (vielleicht auch
ex Ponto), Lucan's Phars., Sil. Italiens, sowie vielleicht Statins" Thebais.
Ueberdiess sind Oommentare zu diesen benützt, auch nicht erhaltene (Bur-
siau p. V— VIII). Wo der Verf. über das Begisterartige hinausgeht wird
er verschroben. Zahlreiche sachliche Fehler zeugen von seiner Unkenntr
niss, der Stil von seiner Barbarei. Doch ist der Text in verderbter Ge-
stalt überliefert.
2. Die älteste Handschrift des Vib. Seq. ist Vaticauus 4929 saec X
(s. oben 279, 3). Die andern sind aus diesem abgeleitet und noch schlechter.
.3. Editio princeps des Vib. Seq. von J. Mazochi, Rom. (J. unbekannt);
Aldina (mit Mela u. s.w.), Ven. 1514. 1518 (== lunt. 1519); dann mit Com -
mentar von Fr. Hessel (Rotterdam 1711), J. J. Oberlin (Strassburg 1778',
L. Bandet (mit französ. Uebersetzung, Paris 1843); zuletzt Vibi Seqnestris
de fiuminibus etc. libellus a Conr. Bursian recognitus (Zürich 1867. 4.).
20 pp. mit XIII pp. Einleitung. Vgl. Fr. Lüdecke, Götti. gel. Anz. 1868,
S. 561 — 569.
4. lulii Exsuperantii opusculum ist erhalten durch eine Sallust-
handschrift saec. XI, Paris. 6085, welche eine Zeit lang P. Pithöus besass;
darnach veröffentlicht zuerst von F. Sylburg (1588), darauf in vielen Aus-
gaben des Sallust, zuletzt eigens von Bursian, Zürich 1868. 4. Ueber eine
Basler Handschrift und Goldast's Abschrift davon s. F. Lüdecke, Götti.
gel. Anz. 1869, S. 77 — 80.
5. Dass das opusculum des lul. Exup. aus dem vierten bis fünften
Jahrh. stammt wird wahrscheinlich theils durch die Thatsache der aus-
schliesslichen Benützung des Sallust, der um diese Zeit wieder in der Mode
war, theils durch die Art der Benützung. Nicht nur der Inhalt ist aus
Sallust (bes. lugurtha und Historiae) geschöpft, sondern auch zahlreiche
einzelne Wendungen. Dabei zeigt aber der Verf. nur eine verschwommene
Vorstellung von der Verfassung der Republik, begeht erhebliche geschicht-
liche Verstösse (wie Verwechslung des jungem Marius mit dem ältem\
und ist in seiner Auffassung und Darstellung ebenso trivial wie unbehulf-
lieh. Dazu Mangel an Sprachgefühl in Wortstellung und einzelnen Aus-
drücken, wie praelium statt bellum, leges ac iura praescribere , compor-
tatur exercitus (wird zusammen gebracht) u. dgl. Vgl. G. Linker, Berichte
der Wiener Akad. philol.-hist. Gl. XIII (1854) S. 286 ff. Bursian p. VI— VIII.
6. Männer des Namens Exuperantius gibt es im vierten und fünften
Jahrh. mehrere (Wernsdorf poetae latt. min. V, 1. p. 549 — 552. Bursian
p. IV f ), ohne dass aber der Verf. sich mit einem derselben mit Sicher-
heit identificieren Hesse. So war ein E. Bischof von Ravenna J. 386 — 418;
an einen Anderen, welcher militiae operam dat, ist Hieronymus Ep. 146
(p. 1079 Vall.) gerichtet, vielleicht derselbe welcher Cod. Theod. XIV, 1, 14
(vom J. 404) decuriaUs, Vat. fr. 36 vir clariss. heisst. Dass im Cod. Tb. neben
(nach) ihm ein lulius genannt ist beweist nur was bei Beiden der Haupt-
name war, nicht die Unmöglichkeit dass der Fragliche der Verf. des
opusculum wäre. Weniger glaublich ist dass Letzterer der praeses Arcmo-
ricae bei Rutil. Namat. 1, 213 ü*. ist (Wernsdorf l. l. p. 551 f.), da deaaen
Sohn PalladiuK RutiliiiB (nicht lulitis oder Kxuperantius) hiess (s. oben 386, i)*
419 f. Exuperantius u. A. Endelechius. 933
7. Ueber luliua Paris s. oben 263, 7 u. 9.
8. Ueber Frontin. Strateg. IV s. oben 309, 5.
9. Excerpta ex Grillii coramento in Cic. libr. de invcutione in Halra's
Rhett, latt. min. p. 596—606. Grillius citiert (p. 598, 20) den Rhetor Eusebius
(oben 400, 6) und wird selbst angeführt von Priscian. I, 47 (Grillius ad
Vergilium de accentibus). Auch seine Schreibweise stimmt zum 4 — 5 Jahrh.
10. Von dem archiater Theodorus Priscian us, einem Schüler des
Vindicianns (oben 406, 3), besitzen wir noch fünf Bücher Medicinae praesen-
taneae, eine lateinische Bearbeitung einer (nicht erhaltenen) griechischen
Schrift desselben Verfassers. Derselbe bekennt sich noch zum alten Glauben.
Angeführt wird er schon von Alexandres ausTralles-(saec.Vl). Herausgegeben
von S. Gelenius (Basil. 1532. 4.) und (unter dem Namen Octavius Horatianus)
von H. Neuenir (Strassburg 1532. fol.), sowie (unvollständig) von J. M. Bern-
hold (Ansbach 1791). Verloren ist des Th. Pr. Antidotarium und sein Buch de
simplici medicina. E. Meyer, Gesch. d. Botanik II. S. 286—299. Dagegen trägt
mit Unrecht seinen Namen ein schlecht geschriebenes Schriflchen Diaeta (20
Capitel), hrsgg. von G. E, Schreiner (Halle 1632) u. sonst. Choulant, Handb.
d. Bücherk. S. 216-218.
420. In gebundener Form verfasste um diese Zeit der
Rhetor Severus Sanetus Endelechius in zierlichen asklepia-
deischen und glykoneischen Versen sein anmutiges Idyll über
eine Rinderseuche. Gleichfalls noch in den letzten Jahren des
vierten Jahrh. richtete Augustins Landsmann und Schüler Li-
centius von Rom aus an seinen nach Africa zurückgekehrten
Lehrer ein Gedicht von 154 Hexametern, gespickt mit Phrasen
alten und neuesten Gepräges, von wirrem Gedankengange und
sehr uncIaÄsischem Versbau. Auch von einem andern Zeitge-
nossen, Audax, sind einige schülerhafte Verse auf Augustin er-
halten. Dagegen sind untergegangen die Satiren welche Lucillus
verfasst hatte.
1. Subscription des cod. Flor.' von Apulejus (oben 345, 8): ego Sa-
Justius legi et emendavi Romae felix Olibrio et Probino v. c. cons. (.1. 395)
in foro Martis confroversiam doclamans oratori Kndolcchio Der Rhetor
dessen Schüler diesen Eintrag in sein Exemplar machte ist ohne Zweifel
identisch mit dem End. des christlichen Idylls, das in der editio princeps
des P. Pithöus (veterum aliquot Galliae theologorum scripta, Paris 1586.
4. p. 144 = Epigramm. 1596. p. 573 — 576) die Ueberschrift hat: Incipit
Carmen Severi Sancti i. e. Endeleichi rhetoris de mortibus boum. Viel-
leicht nahm er erst nach seinem Uebertritt zum Chrietenthum die Namen
Severus Sanetus an. Freundschaft mit Paulinus Nol. ; s. dessen epist. 28,
6: aliuB libellus ex his est quos ad benedictum i. e. christianum viruni,
amicum meum Endelechium scripsisae videor (die Lobrede auf Theodosius
8. oben 411, 1). . . is enim mihi auctor huius . . opusculi fuit, sicut ipsius
cpistola, quae libello meo pro themate praescribitur, docet. Sehr wahr-
scheinlich ist dass E. Gallier war; dass aber gerade Aquitanier, erhellt
nicht aus v. 21 ff'.: haec iam dira Ines serpere dicitur. pridem Pannonios,
934 Die Kaiserzeit. Viertes bis fünftes Jahrhundert.
IllyrioB quoque et Beigas graviter stravit et impio eunu nos quoque nunc
petit. Denn dass die Seuche zunächst von den Beigen her in des Dich-
ters Land eingedrungen sei besagen die Worte nicht. Vgl. Bernays, Chro-
nik des Sulp. Sev. S. 2 f. A. 3.
2. Das Gedicht ist ein Zwiegesprä,ch zwischen zwei Hirten. Auf Be-
fragen des Aegon gibt Buculus als Ursache seiner Traurigkeit die Rinder-
pest an, die er beweglich beschreibt. Da treibt Tityrus seine gesunde
Heerde vorbei, gibt, auf die Frage nach dem Schutzmittel das er ange-
wandt, zur Antwort: Signum quod perhibent esse crucis dei,.. medüs
frontibus additum, cunctarum pecudum certa salus fuit, worauf sich Ae-
gon und Buculus alsbald entschliessen selbst auch Christen zu werden:
nam cur addubitem quin homini quoque signum prosit idem . . quo vis
morbida vincitur? Populäre (vgl. Minuc. Fei. Oct. 32, 2 f.) oder auch
augusünische Auffassung des Christenthums v. 117 ff.: non ullis madidast
ara cruoribus, nee morbus pecudum caede repellitur, sed simplex animi
purificatio optatis fruitur bonis. Das Versmass der 33 Strophen ist das
von Horaz 0. I, 6. Ist die Seuche die Ines pariter boum atque hominum
von welcher Ambrosius spricht (comm. in Lucam X, 10), so wäre das Ge-
dicht noch aus saec. IV.
3. Gedruckt ist das Gedicht ausser bei Pithöus (A. 1) z. B. bei
Wernsdorf poetae latt. min. II. p. 218 — 229, vgl. p. 63—61; neuerdings
herausgeg. von F. Piper (Gotting. 1835) und J. A. Giles (London 1838);
auch (aus Gallandi bibl. patr. IX.) in Migne's patrol. XIX. p. 797 — 800. \
4. Licentius, Sohn des Romanianus welchem Augustin seine Bü-
cher de academicis widmete und welcher ein cognatus dos Bischofs von
Thagaste, Alypius, war (Aug. epp. 27, 4 f.), Schüler des Augustin, in Kar-
thago, Rom und Maihind, aber nach Augustins Rückkehr nach Africa in
Rom zurückgeblieben um die rhetorischen und poetischen Studien fortzu-
setzen, für welche er von jeher einen Hang hatte (Aug. c. acad. II, 3. 111,
1. de ordine I, 2. 5. 8) und besonders für romantische Stoffe wie Pyramos
und Thisbe. Von Rom aus richtete er an Augustin einen Brief und das
Gedicht, worin er, von den Schwierigkeiten ausgehend die ihm der über
Musik handelnde Theil von Varro's Encyclopädie mache, den alten Lehrer
um Rath und Zusendung seines Werkes de musica bittet, pathetisch ihn
seiner Anhänglichkeit versichert und in zusammengestöppelten Phrasen
wohlfeile Gelehrsamkeit zur Schau tragend sich als strebsamen, aber eiteln
Rhetorschüler kennzeichnet. Da er zugleich die Unvorsichtigkeit hatte zu
gestehen: et nunc Romulidum sedes . . desdrerem, . . ni mens couiugio in-
cumbens retineret eimtom (71 ft'.), und seine Aussichten im Briefe wohl
näher ausmalte, so erhob Augustin (ep. 26 Bened. = 39) warnend den
Finger (mi Licenti, . . timeo te rebus mortalibus . . compedirL . . imagi-
nationibus mortiferarum voluptatum aurem accommodas. . . omari abs
te diabolus quaerit) und bot auch die Beredtsamkeit seines Freundes Pui-
linus in Nola auf, dem er seinen Brief an Lic. und dessen Gedicht mit-
theilte und der nun in Prosa and (elegischen) Versen (epist. 8 =» 46; in
Aug. epp. 32 = 36) den Wankenden bestürmte (z. B. an den Vater: cre-
dimus in omnipotentem Christum quod adolcscentis nostri votis camalibos
spirituaUa vota Augustini praevaleant; an den Sohn: vere pontifex etvere
consul, Licenti, oris si Augustini vcstigüs propheticis et apostolids Äci-
420 f. Licentius. Symphosius. 935
plinis . . adhaereas, und in Versen: tu thalamos licet et celsos mediteriB
honores, . . vive, precor, sod vivo deo; nam vivere mundo mortis opus:
Viva est vivere vita deo). Wirklich scheint es den vereinten Bemühungen
von Aug. und Paul, gelungen zu sein das verlaufene Schaf zur Heerde zu-
rückzubringen. Wenigstens erscheint des Lic. Name ferner nicht wieder,
weder in der politischen noch in der Literaturgeschichte.
5. Licent. ad Aug. 137 ff. : sed nos, practerea quod ab una exnrgimus
arbe, quod domus una tulit, quod sanguine tangimur uno saeclorum, chri-
stiana fides connexuit. Biblische Wendungen v. 44. 102. Daneben aber
V. 26 clari rector Olympi und 32 tibi noster Apollo corda replet, was Chri-
stus sein soll. Aehnlicher Tactfehler 148: conceptum in luccm vomuisti
nectareum mel. Anklänge an Vergil v. 52 (o mihi transactos rovocet si
pristina soles etc.). 97. 132 f. (non si mihi murmura centum det Boreas etc. !)
141; an Persius v. 47; besonders aber an Claudianus, zum Theil so stark
dass sie wie ein Versuch aussehen sich mit fremden Federn zu schmücken ;
6. V. 60. 98 f. 114. 132. Vorzugsweise sind es an Claudian die alexandri-
nischen Phrasen welche Lic. bewundert und nachahmt. Da v. 98 f. aus
Claudians Gedicht auf das Consulat des Probinus (J. 395) entnommen ist,
so wird das des Lic. aus 396 sein. Nicht von Claudian aber hat Lic. seine
Kürzung von langem o im Auslaut (z. B. scrutandu, omninö), die Messung
Pelöpum (125), den Hiatus spem ac (29) u. dgl.
6. Aus Augustius Briefen heraus sind die Verse des Lic. gedruckt
z. B. in P. Pithöus epigr. (Lugd. 1596) p. 471 f. und besonders bei Werns-
dorf poetae latt. min. IV. p. 516—544, vgl. p. 504—516.
7. Die 5 Hexameter des Audax (darunter ein siebenfüssiger) au seinem
Briefe in Augustins Epp. 260^= 139; bei Wernsdorf poetae latt. min. IV.p. 514.
8. Rutil. Nam. I, 599—614: huius (des Lucillus, des Vaters von De-
cius, consularis Tusciae J. 416; vgl. oben 399, 6) vulnificis satira ludente
Camenis nee Turnus potior nee luvenalis erit. restituit veterem censoria
lima pudorem, dumque malos carpit praecipit esse bonos. Seine Satiren
hatten also ethisch-polemischen Inhalt.
421. Etwa aus dem vierten bis fünften Jahrh. stammen
wohl die hundert Räthselgedichte des Symphosius. Sie be-
stehen je aus drei Hexametern nebst einem ungeschickten Pro-
log. Sprache und Versbau sind in reinem Geschmacke und zei-
gen den Verfasser als einen Nachahmer des Ausonius.
1. Aufschrift im cod. Salm.: Enigmata Symfosi scolastici. Der Pro-
log von 17 Hexametern macht den unglücklichen Versuch die Sammlung
für das Erzeugniss heiterer Improvisation bei einem Saturnaliengelage aus-
zugeben, vgl. 1 f.: haec quoque Symphosius de carroine lusit inepto. sie
tu, Sexte, doces, sie te deliro magistro. 15: hos versus foci subito de car-
mine vocis. 17: da veniam, lector, si non sapit ebria Musa. Der Verf.
lebt noch in den antiken Traditionen, ohne vom Christenthum sich berührt
zu zeigen.
2. Chr. A. Ileumann hatte den verkehrten Einfall die Käthsel dem
LactantiuB (oben 374, 8) zuzutheilen (Lactantii Symposium, sive C epigram-
936 Die Kaibcrzeit. Vierte» bis fünftes Jabrhimdert-.
mata etc. Hannover 1722), daher sie sich in manchen Ausgaben des La-
ctantius finden, wie noch der von Fritzsche (II. p. 298—308, vgl. p. XI f.).
A. Riese setzt den Verf. an den Anfang von saec, VI; W. Th. Paul (de
Symposii aenigmatis, Berlin 1854) imd Schenkl (s. A. 3) in saec. IV— V;
L. Müller (metr. lat. p. 65—57) wegen der Reinheit der Verstechnik in
saec. II— in.
3. Die Sammlung ist durch eine Anzahl Handschriften erhalten, welche
zweierlei Recensionen darstellen. Die älteste ist der codex Salmasianos
(A bei Riese) aus Ende von saec. VII oder Anfang von VIII. A. Riese in
d. Zeitschr. f. Ostreich. Gymn. XIX (1868). S. 483 — 600. Vgl. K. Schenkl,
Sitzungsber. d. Wiener Ak. XLIH. (1863.) S. 11 ff. L. Müller in Fleck-
eisens Jahrbb. 93, S. 266-272. . J. Klein, Rhein. Mus. XXIII. S. 525-531.
4. Abdruck der Räthsel z. B. bei Wemsdorf, poetae latt. min. VI,
2. p. 473—579 vgl. p. 410—472. Symp. ^nigmes revues sur plusieurs ma-
nuscripts et traduites par E. F. Corpet, Paris 1868. 78 pp. Bester Text
bei A. Riese, Anthol. lat. I, 286 (p. 187—207).
422. Ungefähr aus der gleichen Zeit sind wohl auch die
42 äsopischen Fabeln im elegischen Masse welche Avianus ver-
fasst und einem Theodosius gewidmet hat. Als Schulbuch be-
nützt, wurden sie oft abgeschrieben, vermehrt, paraphrasiert und
nachgebildet.
1. Aus dem Vorwort: Dubitanti mihi, Theodosi optime, quoinam lit-
tcrarum titulo nostri nominis memoriam mandaremus fabularum textus
oecurrit. . . nam quis tecum de oratione, quis de poemate loqueretnr, cnm
in utroque litterarum genere et Atticos graeca eruditione superes et la-
tinitate Romanos? huius ergo materiae ducera nobis Aesopum noveris,
worauf femer Sokrates, Flaccus, Babrius und Phaedrus als Vorgänger ge-
nannt werden, de his ego ad XLII in unum redactas fabulas dedi, quas
rudi latinitate compositas elegis sum explicare conatus. Vielleicht dsis^
der Angeredete der Grammatiker Macrobius Theodosius ist.
2. Der Verf. handhabt die Gestalten des Polytheismus (luppiter, Phoc-
bu8, Neptunus, Fortuna u. s. f.) mit Unbefangenheit, erwähnt ebenso die
Errichtung von Altären (12, 5) und von Opfern (29, 15), spricht kurzweg
vom campus (10, 3) und lebte daher vielleicht zu Rom und in heidnischer
Atmosphäre. Seine Sprache ist nicht immer einfach, aber meist rein; der
Versbau correct, theilweise elegant. C. Lach mann (de aetat<} Flavi Aviani,
Berlin 1845. 4 pp. 4.) setzte, mit Cannegieter (de aetate et stilo Flavii Av.,
in sr Ausg. p. 254 flf.), den Verf. (mit Abzügen) ins zweite Jahrh.; L. Muller
(de re metr. p. 55) theilte ihn ultimis imperii rom. temporibus zu; Ed^Ie-
stand du M^ril (po^sies inddites p. 95 ff.) dem sechsten; W. Fröhner (ed.
p. XII) dem fünften Jahrh. (fabulator rusticissimus quinti saec. tarn est
quam potest), ü. Keller (Pauly's Real-Enc. I, 2. S. 1326) dem Knde voö
saec. IV oder Anfang von V. Aehnlich Wemsdorf, poetae latt. min. V, 2. p.
663—670. Angekündigt ist eine Abh. de aetate et fabulis Aviani von F. Zoni.
3. Zahlreiche Handschriften von saec. IX an. Der Text von Fröhner
ist gegründet auf A (Paris. 8093), P (St. Germain 1188), C (Fans. 5670)
.Iv^^U^tj
422 f. Avianii8. Martianus CapcUa. 037
uud K (Karlsruher Hofbibliothek 85; Fragment). Vgi. K. Sclioukl, ZtHchr.
f. Ostreich. Gymn. XVI (1866) S. 397—413.
4. Ausgaben mit Phädrus u. A. (z. B. in P. Pithöus epigr.). Eigens
von H. Camiegieter (Amstelod. 1731), C. H. Tzschucke (Lips. 1790), C. Lach-
manu (rec. et emend., Berl. 1845), W. Fröhner (ex reo. et cum instrum.
crit., Lips. Teubner 1862).
5. Die Erweiterung der fabulae erfolgte hauptsächlich durch Hiuzu-
fiigung von epimythia; s. Fröhner p. 50 ff. Zum Theil verrathen sie ihren
mittelalterlichen Ursprung schon durch ihre leoninische Fassung. Solche
hat auch die Paraphrase (ungefähr aus saec. XI) betitelt Novus Avianus
(nach einer Münchner und einer Brüsseler Uds herausgeg. von E. Grosne,
Königsberg 1868. 4.). Aus saec. XII der Novus Avianus von Alexander
Neckam (t J. 1227) bei Fröhner p. 66 ff. Paraphrase des Av. in Prosa
und Versen aus einer Pariser Hds. saec. XIV bei Fröhner p. 65 ff.
423. In Nordafrica, noch vor dessen Eroberung durch die
Vandalen, verfasste Martianus Capella seine Encyclopädie
der siebeh artes liberales in neun Büchern. Die an sich schon
seltsame Einkleidung, dass die einzelnen Künste bei der Ver-
mählung des Mercurius mit der Philologia auftreten, ist noch
überdiess geschmacklos durchgeführt. .Für den grössten Theil
des Stoffes und für seine Behandlung war Varro Hauptquelle ; für
die Rhetorik (B. V) besonders Aquila Romanus ; für die Geome-
trie und Geographie (B. VI) Solinus undPlinius; für die Musik
(B. IX) Aristides Quintilianus. Häufig geht die Darstellung
über in die gebundene Form, gleichfalls nach dem Vorgange
des Varro. Diese Theile sind verhältnissmässig geniessbarer als
die prosaischen, welche bald durch Dürre abstossen, bald die
gezierte Ueberladenheit des Apulejus ins Unerträgliche steigern.
1. Unterschrift im Bambergensis : Martiani Minnei Felicis Capellac
Afri Carthaginensis . . über Villi explicit. Nach Cassiodor war er gebürtig
aus Madaura. Ueber den Verfasser und sein Werk heisst es im Schluss-
wort (p. 374 f. Eyss.): habes senilem, Martiane, fabulam, miscilla lusit
quam lucemis flamine Satura; Pelasgos dum docere nititur artes creagris
vix amicas Atticis sie in novena decidit volumina. haec quippe . . immi-
scuit Musas deosque, disciplinas cyclicas garrire agresti cruda finxit plas-
niate. . . Felicis sed Capellae flamine (vgl. VIII, 806: ne tu Felix vel Ca-
pella vel quisquis es), indocta rabidum quem videre saecula iurgis caninos
blateratus pendere, proconsulari perorantem (?BR: vero dantem)/ culmini,
. . beata alumuum urbs Elissae quem videt ingariorum mnrcidam viciniam
parvo obsidentem vixqne respersum lucro, nictcante cura somnolentum lu-
cibus. Der Verfasser war also Sachwalter (vgl. VI, 577: ex quo desudatio
curaque destrictior tibi forensis rabulationis partibus inligata aciem . . ob-
tudit) in Africa (Karthago) so lange es dort noch Proconsuln gab, also vor
Geiserichs Eroberung von Karthago (J. 439) oder Landung in Airica (J.
429), und lebte in bescheidenen Verhältnissen. Dass er p. 224, 19 f. (nach
938 I^ie Kaiserzeit. Viertes bis tunftes Jahrhundert.
seiner Quelle) Constantinopel Byzantium oppidum nennt würde nahezu auf-
gewogen durch p. 213, 25 f.: caput gentium BfOma, armis, viris sacrisqae
quam diu viguit coeliferis laudibus conferenda, wofern diess auf die Zeit
nach Alarichs Eroberung Roms (J. 410) deutet und nicht vielmehr auf die
thatsächliche Wegverlegung der Residenz aus Rom unter Diocletian und
dann Constantin. Doch wäre für die Zutheiluug an die letztere Zeit gün-
stig CapeUa*8 Ignorieren des Christenthums (ausser etwa durch sacrisque
1. 1.) sowie die behagliche Breite womit die Einkleidung ausgesponnen ist,
welche wenig stimmt zu der allgemeinen Gedrücktheit zu Anfang des fünf-
ten Jahrh. Dagegen am Schlüsse des dritten oder Anfang des vierten
Jahrh. hätte Mart. ungefähre Genossen seiner Geschmacksbildung an sei-
nem Landsmann Amobius (oben 373), dem Heiden Firmicus (oben 382) u.
A. „Raffinierte Bosheit" wenigstens wird in jener Bezeichnung Constantino-
pels schwerlich Jemand mit L. Müller finden; s. diesen in Fleckeisens Jahrbb.
98, S. 705-715. Vgl. Lüdecke, Götti. gel. Anz. 1867, S. 82—86.
2. Die beiden ersten Bücher enthalten die Einkleidung. FabeUam
tibi quam Satira comminiscens hiemaU pervigilio marcescentes mecum lu-
cenias edocuit . . explicabo. Cum inter deos fierent sacra coniugia (I, 2),
. . Cyllenius . . uxorem ducere instituit (I, 5). Nach dem Scheiteru ver-
schiedener Bewerbungen macht sich Mercur auf den Weg um den ApoUo
zu befragen. Dieser empfiehlt ihm eine doctissima virgo Namens Philologia.
Mercur stimmt zu und holt die Heiratserlaubniss ein. Die Braut wird in
den Götterstand erhoben, nach einigem Sträuben in den Himmel abgeholt,
unter Gesäugen der Musen, muss aber zuvor all ihre Büchergclehrsamkeit
von sich geben (II, 135 iF.). Die Reise geht über die Milchstrasee, und nach
allerlei Feierlichkeiten wird der Ehevertrag abgeschlossen (II, 217). Die
Ausführung erinnert stark an Apulej. Met., ist aber in geschmacklosester
Weise mit gelehrten Einzelheiten überladen. Das zweite Buch schliesst:
nunc ergo mythus termiuatus, infiunt artcs libelli qui scquentes asserent.
nam fruge vera omne fictum dimovent et disciplinas annotabunt sobrias etc.
Aber gleich zu Anfang von B. III bereut der Verfasser diesen Vorsatz und
entschliesst sich auch im Weiteren die Einkleidung beizubehalten. Die
einzelnen Discipliuen werden daher als Personen im Hofstaate des Bräuti-
gams (dotales virgines VIII, 810; Mercurialcs IX, 897.899) eingeführt und
ins Einzelnste hinein ausgemalt, manchmal nicht ohne Witz, daneben aber
ihr Gegenstand in trockenster Weise abgehandelt, in B. lil die Grammatik,
IV Dialektik, V Rhetorik, VI Geometrie, VII Arithmetik, VIII Astronomie,
IX Musik. Durch die übermässige Ausdehnung der Einkleidung (noch za-
letzt geleitet Harmonia die Braut in den thalamus) und dio häufige Ein-
fügung von Stücken in gebundener Form tritt der Contrast mit der Dörre
der doctrinellen Darlegungen nur um so greller hervor und gewinnt das
Ganze eine widerliche Buntscheckigkeit. Die Ordnung worin die einzelnen
DiscipUnen aufgeführt werden ist dieselbe wie bei Varro (s. oben 154, 6. a)
und auch die Zahl der Bücher die gleiche, indem der Wegfall der Medicin
und Architektur (vgl. IX, 891) ersetzt wird durch die zwei Bacher Ein-
leitung. Es ist daher glaublich dass auch der Titel derselbe war (Disd-
plinae). Am Ende von B. II aber hat Bamberg, die subscriptio: Martiam
Miuei Felicis Capellae de nuptiis philologiae lib. II explicit, und darauf die
Ueberschrift: incipit de arte grammatica lib. IIL
423. Mariianus Capolla. 939
3. Ueber die Quellen der einzelnen Bücher s. EyHsenhardt's Ausgabe
p. XXXI— LVIII. Die Einkleidung (B. I. U) ist wohl des Verf. eigene Er-
findung, aber wohl schon hier manche ungewöhnliche (z. B. den Orphikern
eigene) Aussagen über die Götter hauptsächlich dem Varro entnommen.
So namentlich die gelegentliche Identification der Götter mit Gestirnen
und die damit zusammenhängende Vertheilung derselben in 16 Regionen.
Und da die Form der satira menippea jedenfalls dem Varro unmittelbar
entlehnt ist, so hat es auch sonst Wahrscheinhchkeit dass Mart. denselben
direct benätzt hat (bes. B. VII u. VIII). In der Rhetorik ist für die Lehre
von den Figuren Aquila (oben 365) ausgeschrieben; Fortunatianus aber
(oben 401) kann ebenso gut aus Mart. oder dessen Quelle geschöpft haben
wie umgekehrt. Die Beispiele sind meist aus Cicero, nächstdem aus Te-
renz, Vorgil, auch Sallust und Ennius. B. VI ist aus Plinius und Solin us,
doch ohne Vermittlung der sog. chorographia pliniana; s. f ff Lüdecke, de
M. C. libro sexto, Gotting. 1862. 48 pp. (Diss.) und Götti. gel. Anz. 1867,
I. S. 88—90. Wo sich die Art der Quellenbenützuug controlieren lässt
zeigt sich überall Flüchtigkeit und Mangel an Sachkenntniss. So besonders
in der Darstellung der Harmonik und Rhythmik (B. IX), welche aus schlech-
ter Quelle (Aristides Quiut.) grösstentheils wörtlich übersetzt ist, mit zahl-
reichen Missverständnissen ; s. R. Westphal, griech. Rhythmiker ( 1861) S. 47 — 65.
4. Aus der späteren Literatur ist das Werk am nächsten verwandt
mit den Disciplinarum libri des Augustinus. Je nach dem Zeitverhältniss
Beider (s. A. 1) hat entweder Letzterer den Stoff aus denselben Quellen
wie Mart, aber ausführlicher und mit Wcglassung der insipiden Einklei-
dung und der poetischen Bestandtheilc , behandelt oder Mart. das Werk
des Augustinus benützt, die etwaigen christlichen Zuthaten desselben aus-
gemerzt und dafür durch romanhafte den Stoff versüsseu zu müssen geglaubt.
5. Jedes Buch wird durch ein Stück in gebundener Form eröffnet
und meist auch geschlossen. Daneben finden sich nicht nur manchfach
Gedichte eingelegt (bes. B. II u. IX) sondern auch sonst geht die Rede
öfters in poetische Darstellung über, sogar bei ganz abstrusen Erörterun-
gen (wie III, 289). Sichtlich wird Manchfaltigkeit der metrischen Formen
erstrebt und Befolgung der classischen Muster. Am häufigsten sind epische
und elegische Verse, sowie Senarc; aber auch anakreontische , anapästi-
sche, asklepiadeische, Uendekasyllaben, loniker (z. B. IV, 424) u. a. sind ver-
treten. Refrains II, 117 fi. IX, 915 fi. Die Prosodic zeigt den Einfluss der
späteren Zeit (z. B. stöici, Sabaeorum II, 124); Synalöphen langer Vocäle
(z. B. si erudita IX, 888) kommen nicht selten vor, noch häufiger der
Hiatus (minore ambigens I, 31; vera omne und Musae et II, 220; maudo
ocuios IX, 903).
6. G. Böttiger, über M. C. und seine satira, in Jahns Archiv XIH
(1847) S. 590 — 607; über seine Sprache ebd. S. 620 — 622. Eyssenhardt's
praef., z. B. p. XVIII: indigestus in particulis ab ipso (M. C.) excogitatis
tumor sermonis, . . foeda neglegentia in locis aliorum scriptorum a Martiano
exccrptis. . . scriptoris immanis oscitantia et neglegentia.
7. In mehreren Hdschrr. des M. C, findet sich die Subscription :
Securus Memor Felix v. sp(ectabil.), com(e8) consist., rhetor (urbis) R. ex
mendosissimis exemplaribus emendabam contra legeute Deuterio scholastico.
940 Du) KaiBorzcit. Fünftes Jahrhundert.
discipnlo meo, lioniae ad portam Gapenam cos. Paulini v. c. suVj d. noii.
Martiarum Chriäto adiuvante. Der Cos. Paulinus ist eher der von 534 als
von 498 und daher Deuterius schwerlich der bei Ennodius genannte (unten
446, 6). 0. Jahn, Berichte d. sächs. ö. d. W. 1851, S. 351—354.
8. Die Schrift des M. C. wurde im Mittelalter als Schulbuch benutzt.
Schon Gregor von Tours (geb. 539) X extr. : ei te . . Martianus noster Sep-
tem disciplinifi erudiit etc. (Eyssenhardt p. XIX f.). Daher die grosse Zahl
von Handschriften; s. Eyssenhardt p. X — XVIII. XX — XXXI. Die erhal-
tenen stammen, bei der Gleichheit ihrer Verderbnisse, alle aus demselben
archetypus. Die älteste und weitaus beste ist Bambergensis saec. X (An-
fang); nächstdem die aus Reichenau (jetzt in Carlsmhe) und in Darmstadt,
beide aus saec. X Ende oder XI Anfang.
9. Ed. j;)rincep8 von Fr. Vitalis Bodianus, Vincent. 1499 fol. Weitere
Ausgaben bes. von B. Vulcanius (Basil. 1577, mit Isidor), H. Grotius (Liigd.
1599), U. F. Kopp (und C. F. Hermann, Frankf. 1836. 4.) und Fr. Eyssen-
hardt (rec, Lips. Teubner 1866). Buch V auch in Halms Rhetores latt.
min. (1863) p. 449—492 (vgl. p. XI f.), B. IX in Meibom's auct. vett. mos.
(1652. 4.) II. p. 165 ff.
10. Beiträge zur Textkritik von C. Böttiger (Jahns Archiv XIII. i>.
607-620) und Fr. Eyssenhardt (Rhein. Mus. XVII. p. 638- 640. XVIII. p.
323—326. 637—639. XIX. p. 152—154. 479 f. und comment. crit. de M. C.
particula, Berlin 1861).
£• Fünftes Jahrhundert.
424. Mit dem fünften Jahrhundert befinden wir uns in-
mitten der Völkerwanderung. Ein Land des Westens um
das andere wird von dem Völkerstrome erfasst und verschlungen
und mit ihm die alte Cultur. Zu Anfang des Jahrhunderts (J.
406 ff.) wird Gallien durch die Schaaren des Radagais über-
schwemmt; J. 410 Rom von dem Westgothen Alarich erobert
und J. 415 von seinem Nachfolger Wallia in Südfrankreich und
Spanien das westgothische Reich gegründet, J. 429 in Nord-
africa die Herrschaft der Vandalen durch Geiserich. Italien
sieht sich J. 452 durch die Hunnen unter Attila verwüstet,
und kaum entgeht Rom selbst demselben Loose, luu schon
J. 455 es durch Geiserich zu erfahren. Nach einer Reihe un-
fähiger Kaiser erhält J. 476 das weströmische Reich den üna-
denstoss durch den Heruler Odoaker, und J. 486 geht Gal-
lien in den Besitz der Franken unter Chlodwig über. Die jeixt
herrschenden Völker sind vorerst noch Barbaren, welche die
Cultur zu Boden treten und nur etwa für ihre Schattenseiten
zugänglich sind. Die besiegten Völker imterwerfen sich in dum-
pfer Verzweiflung. Anfangs zeigen noch Einzelne, deren Bil-
dung in besserer Zeit wurzelt, in ihren Schriften reineren Ge-
424. üebersicht. 941
schmack, wie Rutilius Namatianus, Vincentius aus* Lerinum und
Leo der Grosse. Aber allmählich erlischt überhaupt die litera-
rische Hervorbringung, und die sich dennoch darin versuchen
sind entweder von der herrschenden Barbarei mitergrififen oder
beweisen, wie Salvianus und Apollinaris Sidonius, durch die
künstliche Geziertheit ihrer Schreibweise dass die Literatur an
die sie anknüpfen todt ist. Cultur und Literatur ist allmählich
im Alleinbesitz und unter dem Verschlusse des Klerus. Nur
die Jurisprudenz gewinnt daneben wieder einige Bedeutung durch
das Bedürfniss die neuen Staaten zu ordnen, das römische Recht
mit der Bildungsstufe und den Ansprüchen der Sieger zu ver-
mitteln. J. 426 wird durch das Citiergesetz das Verhältniss zur
classischen Jurisprudenz geregelt, J. 438 im codex Theodosianus
die noch geltenden kaiserlichen Verordnungen geordnet und zu-
sammengestellt. Dadurch sind auch Auszüge erleichtert wie sie
von Einzelnen und Staaten unternommen werden. In minderem
Grade wurde der Osten Europa's von den Schrecken der Zeit
betrofifen; dort; hat das Heidenthum energische Verfechter inner-
halb der Geschichtschreibung an Eunapios, Olympiodor und
Zosimos; der Betrieb des römischen Rechts ist dort eifriger, und
sogar die Ueberlieferung der lateinischen Grammatik findet in
Constantinopel einen fleissigen Bewahrer und Darsteller an Pris-
cianus. Im Westen hegt Gallien noch am längsten den Sinn
für die alte Cultur; aber an eigener Schwäche unheilbar kran-
kend erliegt diese den vereinten Bemühungen der Germanen
und der Kirche. So legt sich allmählich immer tieferes Dunkel
über Völker und Länder.
1. Salvian. de guberu. VI, 18: ubi sunt antiquae Romanorum opcs
ac dignitates? fortiasimi quoudam Romaui erant, nunc sine viribus. . . vecti-
galia illis solvebant populi barbarorum, nos vectigaks barbaris sumus.
Vfl, 1: totus romanuB orbis et miser est et luxuriosus. Sidon. ep. VIII,
C: mundus iam senescens. ib. III, 8: romana resp. in extrema haec mi-
Benarum defluxit. Orient, commonit. II, 185: labentis funera mundi. Clau-
dian. Mam. Brief an Sapaudus:' bonarum artium iam inde a ptoavoium
nostrorum saeculis facta iactura et animi cultum despueus . . deliciis et
divitiis serviens . . pessum dedit cum doctrina virtutem. Fulgent. niyth.
praef.: quamvis nostri temporis aerumuosa miseria non dicendi petat Stu-
dium, sed vivendi fleat ergastulum, nee famae assisteudum poeticae, sed
fami sit consulendum domesticae.
2. Apoll. Sidon. carm. 12, 1 ff.: quid me, etsi valeam, parare Car-
men fesceuninicolae iubcs Dionea inter criuigeras situm catervas et ger-
manica verba sustinentem, laudantem tetrico subindc vultu quod Burgundio
cantat esculentus, infundens acido comam bntyroV vis dicam tibi quid
942 Pie Kaiserzeit. Fünftes Jahrhundert.
poema frangat? ex hoc barbaricis abacta plectris spemit eenipedem sti-
lum Thalia ex qao septipedes videt patrouos. Doch bildeten die Höfe
der Weatgothen in Toulouse, der Burgunder in Vienne und spater der
Franken noch lange die Zufluchtsorte für die letzten Vertreter römischer
Literatur. Ueber Karthago Salvian. de gub. Vll, 16 : illic artium liberaüam
scholae, illic philosophorum officinae etc.
3. Cod. Theod. I, 4, 3 (vom J. 426): Papiniani, Paulli, Gaii, ül-
piani atque Modestini scripta universa firmamus ita ut Gaium quae Paol-
lum, Ulpianum et cunctos comitetur auctoritas lectionesque ex omni eius
opere reciteutur. cor um quoque sententiam quorum tractatus atque scn-
tentias praedicti omnes suis operibus miscuerunt ratam esse censemus, nt
Scaevolae, Sabini, luliani atque Marcelli. . . ubi autem diversae sententiae
proferuntur potior numerus vincat auctorum, vel, si numerus aequahs sit,
eius partis praecedat auctoritas in qua excellentis ingenii vir Papinianos
emineat. Der Name Citiergesetz rührt von Hugo her. Vgl. RudorfF, röm.
Rechtsgesch. I. S. 202 f. Demburg, Gajus S, 111 ff.
4. Erlass des Theodosius und Valcntinian vom J. 438 (cod. Theod.
praef.) : saepe nostra dementia dubitavit quae causa faceret ut tantis propo-
sitis praemiis quibus artes et studia nutriuntur tam pauci raroque extite-
rint qui plena iuris scientia ditarentur et . . vix unus aut alter receperit
soliditatem perfectae doctrinae (Rechtskenntniss). Vgl. unten 432, 1.
5. Eunapios (geb. um 346), Verfasser der ß{oi. q>tloa6q>fov nal aoipt-
ctmv (ed. J. Fr. Boissonade, Amsterdam 1822, und in Didot's Sammlung
T. XXXII) und Fortsetzer der Geschichte des Dexippos (oben 364, 16) bis
zum J. 404 n. Chr. Die Ueberreste in Niebuhrs Ausgabe des Dexippoe
(Bonn 1829) und in L. Dindorfs bist. gr. min. I. (Lips. Teubner 1870) p. 205 ff.
6. Olympiodoros aus Theben, Fortsetzer des Eunapios bis ins J. 427;
die Ueberreste in Niebuhrs Dexippus p. 447 ff. und L. Dindorfs bist. gr.
min. I. p. 450 ff. J. Rosenstein, kritische Untersuchungen über das Ver-
hältniss zwischen Ol., Zosimus und Sozomenus, in den Forschungen zur
deutschen Geschichte, herausgeg. von der Münchner histor. Commissiou 1, i.
7. Zosimus, Verfasser der latogia via in sechs Büchern von August
an , besonders ausführlich von Constjmtin an , bis zur Einnahme Roms J.
410. Ausgabe von C. F. Reitemeier (Lips. 1784} und I. Bekker (Bonn
1837). P. Schmidt, de auctoritate et fide historica Zi. vitam Constantini
narrantis, Berlin 1866. R. C. Martin, de fontibus Zosimi, Berlin 1866.
8. Epigramm zu einer offiziellen Erdkarte: hoc opus cgregium..
Theodosius princeps venerando iussit ab ore confici, ter quinis aperit cam
fascibus annum (15^«« Regierungsjahr des jungem Theodosius 422— 423^
15^* Consulat J. 435). suppliiies hoc famuli, dum scribit pingit et alter
mensibus exiguis . . in melius reparamus opus etc. Aufbewahrt in dem
geographischen Werke des Mönchs Dicuil vom J. 825; Meyer anÜiol. 274;
annot. p. 113 f. Die Zutheilung an den eleganten Dichter Sednlius beraU
auf Missverständniss; s. unten 443, 8.
9. Kaiser im Westen Honorius (395—423), Valentinianus 111 (J. 425
—455), im Osten Arcadius (.H95— 408), vom J. 402 an mit Tbeodoeia ü
(—450).
424 f. Rutilius Namatianos. 943
10. A. F. Ozanam, la cmlisation au V« sidcle, Paris 1856. 2 Voll.
(Oeuvres compl. I. II).
426. Aus dem J. 416 haben wir von RutiHus Namatia-
nus ein Gedicht in zwei Büchern worin des Verfassers Heim-
fahrt aus Rom nach Gallien im elegischen Masse beschrieben
wird, mit zahlreichen Excursen persönlichen und sachlichen In-
haltes. Das Gedicht ist anziehend durch Anschaulichkeit und
einen warmen Hauch natürlichen Gefühles, und auch im For-
mellen correct und rein. Leider ist vom zweiten Buche der
grösste Theil untergegangen.
i. Name des Verf. in dem (einzigen) codex Bobiensis (aufgefunden
1494): Claudius Rutilius Naraatianus v. c. Geborener Gallier (I, 20: in-
digenamque suum gallica rura vocant), aber am weströmischen Hofe ma-
gister ofßciorum (I, 663 f.) und in Rom praef. urbi (1, 157 — 160), wahr-
scheinlich im Laufe des J. 414, als Vorgänger des Albinus (I, 473 f. vgl.
Cod. Theod. XIII, ö, 38). Ist er der mag. off. Namatius im cod. Theod.
VI, 27, 15 so war er diess J. 412, Sein Vater Lachanius (I, 595) war con-
sularis l^isdae, comes sacr. larg., Quilstor und praef (urbi?) gewesen und
hatte in Pba ein Standbild (I, 575 — 59G). Vielleicht ist er der Claudius
welcher J. 389 cons. Tusciae war (cod. Theod. II, 4, 5) und 396 praef. urb.
(ib. VI, 26, 8. XV, 13, 1). Ein Verwandter ist Palladius, Sohn des Exu-
perantiuB (I, 207 ff.); s. oben 419, 6. Anlass der Heimreise war die Ver-
wüstung seiner Güter (I, 20—34) wohl durch die Westgothen (bei Tolosa?).
2. Die Heimreise geschieht (wegen der Gothen, I, 37 ff.) zur See
und erleidet in Folge der ungünstigen Jahreszeit (Abfahrt von Ostia Anfangs
October) viele Verzögerungen. An die Erzählung der Erlebnisse werden
mancherlei Digressionen (deverticula II, 61) angeknüpft, Ortsbeschreibun-
gen, Mythen, rhetorische Ausführungen (über Gold und Eisen I, 357 ff".);
besonders aber wird Freunden ein Denkmal gestiftet, wie dem Rüfius Vo-
lusianus (I, 167 ff. 417 ff.), Palladius (I, 208 ff.), Albinus (I, 466 ff.), Vi-
ctorinus (I, 493 ff.), Protadius (I, 542 ff*.), seinem Vater Lachanius (A. 1)
u. A. (A. 6). Die Expectoration gegen die Juden (I, 383 — 398) gilt wohl
zugleich den Christen. Das Christenthum ist dem Dichter eine deterior
circaeis secta venenis (I, 525) und er polemisiert besonders gegen dessen
Askese und Mönchswesen (I, 440 ff. 517 ff.). Aufrichtiger Polytheismus
z. B. l, 67 ff. 233 ff. 259 ff. Begeisterter Preis Roms zu Anfang von B. I.
3. Zur AbfasBungszeit s. I, 135 f.: quamvis scdecies denis et mille
peractis annus praeterea iam tibi (Roma) nonus eat. J. 1169 d. St. (Varr.)
= 416 n. Chr. Die Gothen (Getae) spielen eine grosse Rolle (I, 40. 142.
336. II, 51). Eroberung von Tolosa I, 496. Polemik gegen Stilicho we-
gen seines Vertrags mit ihnen II, 41 — 60. Halb Idylle, halb Satire ist
das Gedicht auch als Zeitbild von hohem Interesse. Doch ist von B. II
nur etwa das erste Zehntel erhalten. Auch der Anfang von B. I ist
verloren.
4. Nachdem der im J. 1494 aufgefundene codex Bobiensis wieder
944 I^ie Kaiserzeit. Fanfbes Jahrhundert.
verloren gegangen ist, beruht der Text des Gedichts einzig auf einer in
Wien befindlichen Abschrift saec. XVI. Editio princeps (als Itinerarium)
von J. B. Pius (Bonon. 1520. 4.). Ab Jos. Castalione emend. et adn. illu-
Stratum, Rom. 1582. Cum animadv. Th. Sitzmanni, Lugd. 1618. Rec C
Barth, Frankf. 1623. Cum Simleri, . . Graevii all. animadv. ed. Th. J. ab
Alnieloveen, Amstelod. 1687. Rec. T. Damm (Brandenb. 1760), J. Chr.
Kapp (Erlangen 1786), J. C. Gruber (Nürnberg 1804). In P. Pithöus' Epi-
grammata (p. 475 ff.), den poetae latini minores von P. Burmazm (T. IL
p. 3 ff), Wemsdort (V, 1. p. 77—202). Cl. R. N. de reditu suo rec et
illustr. A. W. Zumpt, Berlin 1840. Mit französ. Uebersetzung von J. Z.
Collombet, Lyon und Paris 1842. Rec. et praefatus est L. MüUer, Lips.
Teubner. 1870.
5. A. W. Zumpt, Observationum in R. Cl. Nam. Carmen de reditu
suo pars prior, Berlin 1836. 44 pp. üeber R. N. auch Wemsdorf poet
latt. min. V. p. 5 — 28 und (über die Ausgaben u. s. w.) p. 40 ff., sowie
Zumpts Prolegomena.
6. Als zeitgenössische Dichter erwähnt R. N. den Satiriker Lucillos
(s. oben 420, 8), sowie einen (Valerius) Messala (I, 268 — 276), wohl den-
jenigen der im cod. Theod. als praef. praet. in den Jahren 396, 399 — 401,
403 oft genannt wird, und an welchen Symmachus' Epp. VIT, 81 — 92
gerichtet sind; vgl. Ap. Sidon. carm. IX, 302: Messalam ingenii satis
profundi.
426. Um dieselbe Zeit verfasste auf Augusidns Aufforde-
rung der Presbjrter Orosius aus Spanien zu apologetischem
Zwecke seinen Geschichtsabriss in sieben Büchern von Adam
bis ins J. 410 n. Chr., ohne tiefere Studien und Sachkenntniss,
hauptsächlich * nach Livius und der Bearbeitung der eusebiani-
schen Chronik durch Hieronymus, mit willkürlicher und ten-
denziöser Auswahl und Behandlung des Stoffes, in ungleichem,
aber meist schwülstigem Stile. Ausser diesem Werke besitzen
wir von Orosius auch noch eine Abhandlung über die Freiheit
des menschlichen Willens, veranlasst durch die pelagianischen
Streitigkeiten.
1. Gennad. vir. ill. 39: Orosius presbyter, Hispanus genere, vir elo-
quens et historiarum cognitor (aus Prosper chron. ad a. 396), scripsit ad-
versum querulos et infamatores christiani nominis, qui dicunt defectam
romanae reip. Christi doctrina invectum, libros VII. . . hie est Orod«
qui ab Augustino pro discenda animae ratione ad Uieronymum (nach fietii*
lehem) missus rediens reliquias b. Stephani primi martyris tuuc nuper in-
ventas primus intuht occidenti (Miuorca). damit extreme paene Hononi
imperatoris tempore. Der Name Paulus beruht auf MisBverständniSB dcf
Abkürzung P (für presbyter). Vaterstadt Tarraco? Oros. VII, 22: n»
quoque in Hispania Tarracouem nostram. Zu Braccara in Lusitanien W
er wohl Presbyter. Avitus ans Braccara, presbyter in Paläsüiia, sciirvbt
426. OrosiuB 945
an den Bischof von Braccara, Balchonius (Baron, annal. eccl. ad a. 415):
ut dilectissimus Ullas et compresbyter mens Orosius usque ad has partes
ab africanis episcopis mitteretur, cuius mihi Caritas . . vestrum omnium prae-
sentiam reddidit. Vgl. Augustin. ep. 166, 2 (an Hieronymus): venit ad me
(J. 413 oder 414) religiosus luTenis, catholica pace frater, aetate filius, ho-
nore compresbyter nofter Orosius, vigil ingenio, promptus eloquio, flagrans
studio . . ad refellendas falsas perniciosasque doctrinas, quae animas Hi-
spanorum multo infelicius quam corpora barbaricus gladius trucidarunt.
nam inde ad nos usque ab oceani littore properavit etc. Ibid. 169, 13 (ad
Buodium episc): sanctissimi et studiosissimi iuvenis presbyteri Orosii, qui
ad nos ab ultima Hispania, i. e. ab oceani littore, . . advenit. Er traf den
Aug. mit Abfassung seines Werks de civ. dei beschäftigt, wovon die ersten
fünf Bücher bereits fertig waren (ib. 169, 1). Auf des Or. schriftliche Bitte
um Belehrung über das Wesen der Seele verfasste Augustinus seine Schrift
contra Priscillianistas et Origenistas ad Orosium. Geboren wird Orosius
spätestens 390 sein; sein Todesjahr ist nicht bekannt.
2. Oros. bist, praef. : praeceptis tuis parui, beatissime pater Augustine.
. . praeceperas mihi ut scriberem adversus vaniloquam pravitatem eorum
qui . . pagani vocantur, . . qui . . praesentia tantum tempora veluti malis
extra solitum infestissima ob hoc solum quod creditur Christus et colitur
deus, idola autem minus coluntur, infamant. praeceperas ergo ut ex Om-
nibus qui haberi ad praesens possunt historiarum atque annalium fastis
quaecumque aut bellis gravia aut corrupta morbis aut fame tristia aut ter*
rarum motibus terribilia aut inundationibus aquarum insolita aut eruptio-
nibus ignium metuenda aut ictibus fulminum plagisque grandinum saeva
vel etiam parricidiis flagitüsque misera per transacta retro saecula repe-
rissem ordinato breviter voluminis textu explicarem. maxime cum reve-
rentiam tuam perficiendo adversus hos ipsos paganos undecimo libro (de
civ. dei, s. oben 414, 10) insistentem, quorum iam decem . . elati sunt, . .
levi opuBculo occupari non oporteret, . . dedi operam etc. . . ut merito
hac scrutatione claruerit regnasse mortem avidam sanguinis dum ignoratur
religio, . . ista üluscente illam constupuisse. Zu diesem Zwecke wählt
Or. bei Verschiedenheit der Darstellungen in seinen Quellen immer die
blutigste und steigert wohl auch absichtlich die Greuel. Bellorum mise-
rias gibt III praef. als Inhalt an; worauf sich vielleicht auch das dunkle
ormesta u. dgl. der Ueberschrift in einigen Hdss. bezieht (moesta mundi
oder Orosii miseriae mundi); s. Mörner p. 178—181.
3. Oros. I, 21 extr.: quoniam spopondisse me memini . . dicturum
me esse ab orbe condito usque ad urbem conditam, huic volumini, quod
ab orbe condito explicuimus, finis hie sit. B. II führt die römische Ge-
schichte bis zur Eroberung Roms durch die Gallier und berichtet die gleich-
zeitigen sonstigen Ereignisse von der Eroberung Babylons durch Eyrus
bis zur Schlacht bei Eunaxa; B. III reicht bis c. 280 v. Chr.; B. IV: von
den Kämpfen mit Pyrrhus bis zur Zerstörung Karthagos; B. V: von der
Zerstörung Korinths bis zum ersten Bürgerkrieg; VI: vom mithridatischen
Krieg bis Augustus und Christi Geburt; VII: Kaisergeschichte bis auf die
Gegenwart (VaUia) mit besonderer Berücksichtigung der Geschichte der
christlichen Kirche. Diese Eintheilung ist das Beste am Werke, trotzdem
Teuffei, Rom. LileraUiryesrliichle. Q()
946 ^^ Kaiserzeit. Fünftes Jahrhundert.
dass die Siebenzahl der Bücher wohl ihre Wurzel im Aberglauben hat (VII,
2: septenarius ille numerus quo iudicantur omnia) und die auf das Bach
Daniel gegründete Unterscheidung von vier Weltmonarchien nach den vier
Himmelsgegenden (babylonische, römische, makedonische, karthagische) m
Zeiten störend dazwischentritt. Auch die synchronistische Anlage und das
Interesse für die Chronologie (Zahlen) ist löblich, obwohl letztere Seite
ohne Plan und mit vielen Irrthümem durchgeführt. Mit seiner Quelle, der
Chronik des Eusebius, folgt Or. für die Zeit vor Chr. der catonischen Aera
(Rom 762); für die Kaiser zeit gibt er nur (rund) die Regierungsjahre der
einzelnen Kaiser an. Mömer p. 67—82. Was auf Spanien Bezug hat wird
immer mit besonderer Vorliebe behandelt, auch in Vor- und Nachworten
zu den einzelnen Büchern erbauliche Betrachtungen reichlich angestellt
Bewusstsein Bürger des römischen Reichs und Christ zu sein bes. V, 1 f.
4. Sorgfältige Erörterung der Quellen des Orosins bei Mömer p. 49
—165. Orosius möchte gern den Schein erregen als hätte er eine Menge
von Büchern für sein Werk benützt, schreibt daher aus seinen Quellen be-
sonders gern solche Stellen ab worin andere Schriftsteller genannt werden
(z. B. VII, 10 aus Tac. Hist. die Erwähnung des Sallust), und gedenkt
daher vieler Griechen und Römer (wie Piaton, Polybios, Paläphatos, Pha*
nokles; Fabius, Claudius, Valerius Antias, Galba, Pompeius Trogus; auch
Josephus) die er sicherlich nie in Händen gehabt hat, zumal da er des
Griechischen kaum mächtig war. In Wahrheit aber hat er nur wenige
benützt, und zwar (mit Ausnalune von Tac. Hist.) lauter solche die wir
noch besitzen, so dass wir sein Verfahren controlieren können, auch da wo
er seine wirkliche Quelle nicht nennt, was bei ihm die Regel ist. Benützt
und gelegentlich genannt hat er das A. u. N. T., Livius, Justinus, Tacitos,
Sueton, Eutropius; benützt und nie genannt Eusebius in der Bearbeitung
des Hierouymus, Florus und eine Kosmographie. Die Grundlage für die
Anordnung bildet Eusebius-Hieronymus; für die römische Geschichte dient
als Quelle bald die ausführlichere Darstellung des Livius, bald die Abrisse
zuerst des Florus, dann immer mehr Eutropius, für die ausserrömische Ju-
stinus ; bei der Kaiserzeit Eutropius und daneben Tacitus und Sueton. Für
die Geschichte der Eroberung Galliens ist auch Caesars b. g. benützt, doch
so dass Or. es für ein Werk des Sueton hält; s. VI, 7: hanc historiam
Suetonius Tranquillus plenissime explicuit, cuius nos competentes portion-
culas decerpsimus (Mörner p. 148—152, vgl. oben 183, 1 E.).
5. Die Flüchtigkeit der Quellenbenützung hat zahlreiche Missver-
ständnisse, doppelte Erwähnung derselben Thatsache aus zweierlei Quellen,
Verwechslungen u. dgl. zur Folge gehabt; vgl. U. Köhler, qua rat. Lifii
ann. p. 42—46. 95 — 98. Or. hat auch selbst das Gefühl dass er seiner Auf-
gabe nicht gewachsen sei; vgl. z. B. III praef.: repeto . . nee omnia nee
per omnia posse quae gesta et sicut gesta smit explicari, quoniam magni
atque innumera copiosissime et a plurirais scripta sunt. . . praeterea ei
hac ipsa de qua queror abundantia angustia oritur mihi et concludit me
sollicitudo nodosior, die Schwierigkeit sowohl den Vorwurf der ünvoll-
ständigkeit als der Undeutlichkeit zu vermeiden.
6. Auf die Bildung und Ausdrucksweise des Or. waren von Einflosi
Vergil (Mörner p 177 f.) und später Augustinus (ib. p. 52—55). Auch Kemi^
.«
«<«§
426 f. Orosius u. A. 947
niss des Lacanus (VI, 1 extr.) und des Cicero verräth sich (Mömer p. 177),
wie überhaupt rhetorische Bildung. Durch die Quellen die er gerade aus-
schreibt ist sein Stil im Einzelnen bedingt; wo er selber spricht geräth Or.
meist in pastorale Breite und Salbung hinein, verwickelt sich auch leicht
in seinen Perioden.
7. Schlusswort (VIT, 43 extr.) : explicui adiuvante Christo secundum tuum
praeceptum, beatissime pater Augustine, ab initio mundi usque in praesentem
diem, h. e. per annos MMMMMDCXVII, cupiditates et punitiones hominum
peccatorum, conflictationes saeculi et iudicia dei quam brevissime et quam
simplicissime potui. . . de qualitate autem opusculorum tu videris, qui prae-
cepisti: tibi adiudicanda si edas, per te iudicata si deleas. Die 5617 Jahre
weisen auf J. 418 als Zeit des Abschlusses hin (Geb. Chr. J. 5199 d.W.); vgl. VII,
41 : irruptae sunt Hispaniae. . . nihil quidem novnm, hoc enim nunc per bien-
nium . . sustinuere a barbaris quod per CC quondam annos passae fuerunt
a Bomanis. Die Abfassung des grösseren Theils fiLllt aber schon vor die
Heise nach Palästina, bald nach der Ankunft bei Augustin (V, 2: nunc me
Africa excepit), in dessen Nähe und vielleicht aus den Mitteln von dessen
Bibliothek später auch das Weitere geschrieben wurde. Der apologeticus
de arbitrii libertate ist in Palästina am Ende des J. 415 verfasst (Mörner
p. 23 f. 29 f.).
8. Die orthodoxe Haltung des Or. und seine Beziehung zu Augustin
diente dem Geschichtsabrisse lange zu grosser Empfehlung. König Alfred
Hess ihn ins Angelsächsische übersetzen (herausgeg. von D. Barrington,
London 177.S, und von J. Borsworth, London 1855; vgl. R. Pauli, K. Alfred
S. 226 ff. 307 ff.). Daher auch zahlreiche Handschriften, von saec. VII an
(in Florenz und Laon); aus saec. IX solche zu Cbartres und Donaueschin-
gen. Eine planmässige Verwerthung derselben ist aber noch nicht unter-
nommen. Beiträge zur Textkritik von E. Grubitz (Emendationes Orosianae,
Naumburg 1835. 4.) und U. Köhler (Philologus XVII. S. 552—555).
9. Ed. princeps per Jo. Schüssler, Augsburg 1471. fol. Spätere Aus-
gaben Viceut. c. 1475 fol.; von G. Bolsuinge (Köln 1526. fol.). Fr. Pabri-
cius (Köln 1561 u. sonst) und besonders S. Havercamp (Lugd. B. 1738 und
1767. 4.). Abdrücke auch in der Bibl. patr. max. VI. p. 376 ff., in Gal-
landi bibl. patr. IX, und in Migne's patrol. t. XXXI. (1846.) p. 636-1212
(hist. u. apol.) u. p. 1212 — 1216 (Commonitorium). Ad fid. rec. Havercampi
Thom 1857.
10. Hauptschrift: Th. v. Mörner,l^de Orosii vita eiusque historiarum
libris VII adversus paganos, Berlin 1844. 182 pp. Auch vgl. R. Ceillier,
hist. g6n. des aut. XIV. p. 1—10. G. F. H. Beck, de Orosii historici fon-
tibus et auctoritate (Marburg 18.S2) p. 1—9. E. Mejean, Paul 0 rose et sou
apolog^tique contre les paTens, Strassburg 1862. 33 pp. Th^se.
427. Unter den übrigen Anhängern Augustins in seinem
Kampfe gegen den Pelagianismus war mit Wort und Schrift
einer der eifrigsten Marias Mercator ; ausserdem der Bischof von
Karthago Aurelius, sowie Leporius^ der Presbyter Paulinus aus
Mailand u. A.
60*
948 ^16 Kaiserzeit. Fünftes Jahrhundert.
1. Augufitiu. epiat. 198 (aus Ende 418) an Mercator: litteras iiuie
ainceritatis inveni et alinm adversus novos haereticos librum. Ueraosge-
geben sind die erhaltenen Schriften des Marina Merc. studio Jo. Gamerü
(Paria. 1673 fol.), emend. St. Baluziua (Paris. 1684) und in den Sammel-
werken von Galland. (VIII. p. 615 ff.), Migne (Patrol. XLVIIl) u. a.
2. Schreiben des Aureliua De damnatione Pelagii atque Caelestii in
Gamier's Ausg. des Mercator, Gallaudi bibl. YIII. p. 1*29 ff., Migne's Pa-
trol. XX u. a. Von aeinem Nachfolger (aeit 430) Capreolua Briefe gegen
die Häresie dea Nestorius z. B. in Gallandi bibl. IX. p. 490 ff., Migne'a
patrol. LIII. p. 843 ff.
3. Gennad. ill. 59: Leporins adhuc monachus, postea presbyter, . .
pelagianum dogma coeperat sequi, sed a gallicanis doctoribus admonitns
et in Africa per Angustinum a deo emendatus scripsit Emendationis suae
libellum, in quo et satisfacit de erroribua et gratiaa agit de emendatione.
Abgedruckt in Gamiers Ausg. des Mercator (I. p. 224 ff.) und in den pa-
tnstischen Sammelwerken, z. B. Gallandi bibl. IX, Migne'a Patrol. XXXI.
4. Cassian. de incam. dom. 7: Paulinus presbyter, uon ille No-
lanus episcopus, conscripsit s. Ambrosii vitam. Vgl. oben 407, 1. Abge-
druckt in den meisten Ausgaben der Werke des Ambrosiua. Paulini Me-
diolanenais libellus adversus Caeiestium Zosimo papae oblatüs (ums J. 417)
ond De benedictionibus patriarcharum z. 6. in Gallandi bibl. patr. IX und
Migne*s patrol XX.
5. Briefwechsel des Evodius Uzalensis episcopus mit Augustin, Epist.
168—164. 169 = 98 — 102. 246 f. Die andern dem Evodius beigelegten
Schriften z. B. in Migne's Patrol. XXXI.
6. Ueber Prosper s. unten 431.
428. Auf der Gegenseite ist der bedeutendste Schriftsteller
der eifrige Beförderer des Mönchswesens Joannes Cassianus
in Massilia, welcher für den Anfänger der semipelagianischen
Richtung gilt. Wir besitzen von ihm noch drei Werke: De
institutis coenobiorum libriXII; Collationes, vierundzwanzig er-
bauliche Gespräche mit ägyptischen Mönchen; De incarnatioDe
Christi libri VII. Gleichzeitige Schriftsteller, meist von dersel-
ben theologischen Richtung, sind der Rhetor Victorinus aus
Massilia, die Presbyter Philippus und Eucherius, der Bischof
Hilarius von Arles u. A. Von den drei Letzteren sind auch
Schriften auf uns gekommen.
1. Gennad. ill. 61: Cassianus, natione Scytha, Constantinopoli a loanne
(Chrysostomus) magno episcopo diaconus ordinatus, apud Massiliam pree-
byter condit dno monasteria. . . scripsit, ezperientia magistrante, litiertto
sermone et . . sensu verba inveuiens et actione linguam movens res om-
nium monachorum professioni necessarias, i. e. De babitu monachi et D6
canonico orationum modo atque Psalmorum qui in monasteriis Aegypti dio
noctuque tenentur libroe III; Institutionum librum unum; De ongine et
■^-.--S.i.*'»
427 f. Leporius, Eucherius, HilariuB u. A. 949
qualitate ac remediis VIII principalium vitiorum libros VIII, eingulos sei
licet de singulifl vitiis ezpediens. digeesit etiam GoIlatioDes cum patribus
aegyptiis habitas. . . et ad extremum rogatoB a Leone urbis Komae epi-
scopo (damals noch archidiaconns) scripsit adversus Nestorium De inoar-
natione domini libros VII et in bis scribendis apud Massiliam et vivendi
finem fecit, Theodosio et Valentiniano regnantibus (also 425—450).
2. Ausgaben der Werke des Cassianus opera et stud. Henr. Cuykii
(Antverp. 1578), AI. Gazaei (Atreb. 1628 fol. u. sonst) und in den patristi-
sehen Sammelwerken, z. B. Migne's Patrol. XLIX und L (Paris 1846). Ueber
eine Handschrift der Collationes s. oben 380, 4.
3. Ueber Cassianus vgl. bes. Voss. bist, pelag. I, 7. Norisius bist,
pel. II, 1 ff. G. F. Wiggers, de lo. Cass. Massil. qui semipelagianismi auctor
vulgo perhibetur, Rostock 1824 f. 4. und in Ersch u. Grubers Euc. I, 21.
S. 105 ff. J. Geffken, historia semipelagianismi antiquissima , Gotting.
1826. 4.
4. Gennad. ill. 60: Victorinus (Var. Victorius) rhetor Massiliensis
ad filii sui Aetherii personam commentatus est in Genesim, i. e. a princi-
pio libri usque ad obitum patr. Abrahae, tres diversos edidit libros, Chri-
stiane quidem et pio sensu, sed utpote saeculari litteratura occupatus homo
et nullius magisterio in divinis scripturis exercitatus levioris ponderis sen-
tentiam üguravit. moritur Theodosio et Valentiauo regnantibus. Vgl. un-
ten 434, 5.
5. Gennad. ill. 62: Philippus presbjrter, optimus auditor Hieronymi,
commentatus in lob edidit sermone simplici librum. legi eins et Familiä-
res epistolas et valde salsas et maxime ad paupertatis et dolorum toleran-
tiam exhortatorias. moritur Marciano (J. 450 — 457) et Avito (J. 455 f.)
regnantibus, also J. 455 oder 456. Sein Commentar zu Job (in historiam
Job commentariorum libri III) herausgeg. (von J. Sichard) Basil. 1527 und
in den Werken des Hieronymus (z. ß. in Migne's Patrol. XXIII. p. 1401 ff.).
6. Gennad. iU. 63: Eucherius, Lugdunensis ecclesiae presbyter,
scripsit ad Valerianum propinquum suum De contemtu mundi et saecu-
laris philosophiae epistolam unam, scholastico sermone et rationabili. dis-
Bcruit etiam ad personam filiorum Sälonii et Veranii, postea episcoporum,
obscura quaeque sanctarum capitula scripturarum. sed et Cassiani quae-
dam opuscula lato tensa sermone angusto verbi resolveus tramite in unum
coegit Volumen, aliaque tam ecclesiasticis quam monasticis studiis neces-
saria. moritur sub Valentiniano (J. 425 — 455) et Marciano (J. 450 — 457)
principibus (also zwischen 450 und 455). Ausgaben seiner Schriften e re-
cogn. £. Rhenani (Basil. 1516. 4.), cum scholiis Erasmi Bot. (Basil. 1530.
4.), sowie in den patristischen Sammelwerken, z. B. von Migne (Patrol. L).
Ueber eine Schrift von ihm s. Salvian. epist. 8.
7. Gennad. ill. 69: Hilarius, Arelatensis episcopns (seit 429), vir in
sanctis scripturis doctus, paupertatis amator, . . homo genere clarus. . . in-
genio immortali aliqua et parva edidit, quae eruditae animae et fidelis
linguae indicio sunt, in quibus praecipue . . vitam scti Honorati (vgl. un-
ten 439, 7), praedecessoris sui, composiüt. moritur Valentiniano et Mar-
ciano regnantibus (also 450 — 455). Abgedruckt ist diese vita z. B. an Sa-
950 ^^6 Kaiserzeit. Fünftes Jahrhundert.
linas Ausg. des Vinc. Lerin., in Migne's Patrol. L. Prosper an Auguatin.
(ep. 226, 9): iinum eorum (der hochgestellten Halbpelagianer) praecipoae
auctoritatis et spiritualium studiomm virum, sanctum Hilarium Arelatensem
episcopum, sciat beatitudo tua admiratorem sectatoremque in aliis omnibus
taae esse doctrinae. Kampf des Gallicanismus und Romanismus in der
Person von H. und Leo I, s. Leo's Episi 10 f.
8. Von Hilarius' Schwager Lupus, Bischof von Troyes (episc. Tre-
censis) J. 429-479 Briefe in Gallandi bibl. patr. IX. p. 616 ff. und Migne's
patrol. LVIIL p. 63 ff.
9. Predigten (sermones) und Briefe von Petrus Chrysologas (um 405
— 460) aus Imola, Bischof von Ravenna seit 433, in der Ausg. von Dom.
Mita (Bonon. 1643. 4. Venet. 1742 foL); rec. Seb. Pauli (Venet. 1760 fol.),
in Migne's Patrol. LTI u. sonst. Brief an den Presbyter Eutyches ib. LIV.
p. 739 ff.
10. Predigten von Valerianus, Abt auf Lerinum, Bischof von Cemele
(bei Nizza) ums J. 440, nebst einer Epistola ad monachos de virtutibus et
ordine doctrinae apostolicae, herausgeg. von Sirmond (Paris. IG 12), in Mita's
Ausg. des Petrus (A. 9), Gallandi bibl. X. p. 123 ff., Migne's PatroL LH.
429. Im J. 434 verfasste Vincentius aus Lerinum unter
dem Namen Peregrinus sein Commonitorium, eine Mahnimg
zum Festhalten an der echten katholischen, auf Schrift und Tra-
dition gegründeten Lehre und Warnung vor den Ketzereien aller
Art, in einfacher und verhältnissmässig gebildeter Sprache. Unver-
kennbar findet auch Vinc. Augustins Richtung aJlzuschroff und
einseitig und bekennt sich zu einem gemilderten Pelagianismus.
1. Gennad. ill. 64: Vincentius, natione OaUus (aus Nordfrankreich),
apud monasterium Lerinensis insulae (bei Nizza) presbjter, vir in scriptoris
sanctis doctus et notitia ecclesiasticorum dogmatum sufHcienter instructus,
composuit ad evitanda baereticorum collegia nitido satis et aperto sermone
validissimam disputationem, quam absconso nomine suo titolavit Peregrini
adversus haereticos (vgl. A. 2). cuius operis quia secundi libri maximam
in schedulis partem a quibusdam furatam perdidit, recapitiilato eius paacts
sermonibus sensu pristino, composuit et nno in libro edidit. moritur Theo-
dosio et Valentiniano regnantibus (also J. 425—450).
2. Vincent, comm. praef.: videtur mihi minimo omnium servorum
dei Peregrino quod res non minimae utilitatis . . futura sit si ea quae fide-
liter a sanctis patribus acccpi litteris comprehendam. . . remoÜoris villalae
et in ea secretum monasterii incolimus habitaculum. . . cum aliquamdia
variis ac tristibus saecularis militiae turbinibus volveremur tandem nosin
portum religionis . . condidimus. . . hac scribendi lege servata ut nequa-
quam onmia, sed tantum necessaria quaeque perstringam, neque id omito
et exacto, sed facili communique sermone. . . me sublevandae recordalio-
nis vel potius oblivionis meae gratia Commonitorium mihimet parane sof-
fecerit. 42 in..- exemplum adhibuimus sancti concilii quod ante tnenniBm
ferme in Asia apud Ephesum celebratum est vv. cc. BasBO Antiodio^
429. Vincentius Lerinensb. 951
C088. (J. 431). c. 40 : iam tempus est ut pollicitum proferamus exemplum,
ubi et quomodo Banctorum patrutn sententiae congregatae sint, ut secun-
dum eas . . fidei regula figeretor. quod quo commodius fiat hie sit iam
huios commonitorii modus, ut cetera quae sequuntur ab alio sumamus ex>
ordio. Dieses zweite commonitorium ist aber bis auf die Becapitulation
am Schlüsse (c. 41 — 43) verloren gegangen; vgl. c 41 in.: iam tempus est
ut ea quae duobus his commonitorüs dicta sunt in huius secundi fine reca-
pitulemus. Schluss (c. 43): haec sunt fere quae duobus commonitorüs la-
tius diserta aliquante nunc brevius recapitulandi lege constricta sunt, ut
memoria mea . . prolixitatis fastidio non obruatur.
3. Definition des Katholischen c. 3: id quod ubique, quod semper,
quod a omnibus creditum est. Alle novitas ist daher dem Vinc. verdäch-
tig, und ganz nach seinem Sinne das Wort des Caelestinus : desinat inces-
sere novitas vetustatem (c. 43). Vgl 39: eorum dumtaxat patrum senten-
tiae conferendae sunt qui in fide et communione catholica sancte . . vivcntes
. . mori in Christo fideliter . . meruerunt. quibus tamen hac lege creden-
dum est ut quidquid vel omnes vel plures uno eodemque sensu manifeste,
frequenter, perseveranter . . firmaverint, id pro indubitato, certo ratoque
habeatnr; quidquid vero, quamvis ille sanctus et doctus, quam vis episcopus,
quamvis confessor et martyr, praeter omnes aut etiam contra omnes sen-
serit, id inter proprias et occultas et privatas opiniunculas . . secretum sit.
37: (haeretici) audent polliceri et docere quod in ecclesia sua . . ma^a
et specialis ac plane personalis quaedam sit dei gratia, adeo ut sine uUo
labore, etiamsi nee petant nee quaerant nee pulsent, quicumque illi ad nu-
merum suum pertinent . . numquam possint offendere. Diess hat offenbare
Beziehung auf Augustin de dono persev. 23: falluntur qui putant esse
a nobis, non dari nobis, ut petamus, quaeramus, pulsemus. Zu weit geht
aber Vossius, bist, pelag. I, 9 : commonitorium adversus Augustinum ipsum
vel eos saltem qui Augustini sentcntiam sequerentur scripsisse Yincentium
cxistimamus. Aehnlieh Norisius und A. Neander, Eirchengesch. II, 3. S. 1327.
Während Vincentius und seine Meinungsgenossen ihre Lehre vetustate de-
fenduut (Prosper epist. ad August, vom J. 428 oder 429) und Augustins
Prädestinationslehre als eine individuelle Neuerung (Häresie) bezeichneten
(Prosper 1. 1.: multi qui in Massiliensi urbe consistunt in . . scriptis quae
adversus Pelagianos condidisti contrarium putant patrum opinioni et ec-
clesiastico sensui quidquid de vocatiohe electorum secundum dei propositum
disputasti)» so wurden sie selbst von augustinischer Seite als Semipelagia-
ner verdächtigt. Gegen den Pelagianer Julianus (oben 417, 4) spricht sich
Vincentius aus, common. 40.
4. Ausgaben bes. von G. Calixtus (Helmstedt 1629. 1655), St. Balu-
zius (mit Salvianus, Paris 1663 u. sonst], E. Klüpfel (notis illustr. und mit
78 pp. prolegg., Vienn. 1809), in Migne's patrolog. L u. A.
5. Die beabsichtigte Schrift über die Trinität (common. 22 extr.)
scheint Vinc. nicht verfasst zu haben. Dagegen auf seine weitere ßethei-
ligung an d^n pelagianischen Streitigkeiten deutet die Gegenschrift Pro.
spers, betitelt pro Augustino responsiones ad capitula (XVI) obiectionum
Vincentianarum. Aus ähnlichem Kreise, obwohl nicht von Vinc. selbst,'
stammen die drei Bücher Praedestinatus (ed. Sirmond, Paris. 1643; in
952 ^^^ Kaiserzcit. Fünftes Jahrhundert.
Migne's Patrol. LI 11. p. ö87 ff.). Ebenso wenig rührt von Vinc. her cUu
syrabolam Quicumque. E. Klüpfel p. ö6— 71.
430. Ebenso wichtig durch ihren Inhalt wie anziehend
durch ihre Form sind die Schriften des Gründers der päpstlichen
Macht, des römischen Bischofs Leo I (der Grosse), J. 440 — 461.
Sie bestehen theils aus Festpredigten (sermones) theils aus Brie-
fen, letztere fast aus der ganzen Zeit seines Episkopats, den
Jahren 442-T-460. Leo zeigt sich darin gleich sehr als scharfer
Denker wie gewiegter Geschäftsmann und vollendeter Stilist^
nicht minder klug als energisch; in seinen Zielen unerschütter-
lich, in den Wegen dazu erfinderisch, fein und wohlberechnend ;
in praktischen Fragen massvoll und billig, im Dogmatischen
von sicherer Fühlung und das einmal Festgesetzte mit zäher
Ausdauer gegen alle Abweichungen verfechtend, vor Allem aber
eifersüchtig wachend über die von ihm, in Anspruch genommenen
Vorrechte. Seine Sprache ist gewandt, rein und geschmackvoll.
. 1. Gennad. ill. 70: Leo, urbis Roroae episcopus (J. 440—461), scripsit
ad Flavianum, Constantinopolitanae ecclesiae episcopum, adversus Eutychen
preabyterum . . epistolam. moritur Leone et Maioriano imperatoribus
(10. November 461). Erstes Auftreten als Akoluth J. 418, also geboren etwa
395. Jenes Schreiben an Flaviauus (Epist. 28) über das Verhältniss der
2wei Naturen in Christus wurde die Grundlage der Beschlüsse auf der Syn-
ode von Chalkedon (J. 451) und erhielt allmählich symbolischen Charakter.
Noch ausführlicher ist das Schreiben an Kaiser Leo (Epist. 165) vom J. 458
zur Rechtfertigung des ersten (und der Beschlüsse von Chalkedon) aus
Schrift und Tradition Die Ansprüche des röm. Episkopate auf den Primat
sind besonders klar ausgedrückt Epist. 16 u. 156, 2. Markianos erkenot
auch nach seiner Thronbesteigung Leo's principatus in episcopatu an (epist
73). Seine eigene Person hütete sich Leo weislich den Intriken and ötör-
men der Synoden des Ostens auszusetzen. Dagegen verlangte er von den
Bischöfen regelmässige Berichte über alle wichtigeren kirchlichen Vorgänge,
trat energisch jeder Regung von Selbständigkeit (wie von Hilarios Arelat.
und Anatolius Cpol.) als ambitus (ep. 101 — 106. 157, 4) entgegen und
rief dazu auch den weltUchen Arm auf (ep. 11. 24 u. sonst).
2. Den Kaisern gegenüber weiss Leo sachliche Schärfe mit verbindlichster
Form zu paaren; er entfaltet grosse Geschicklichkeit und wunderbare Rührig-
keit, und versteht sich namentlich auch auf die kleinen Künste der Diplo-
matie. Nie lässt er in einer vnchtigeren Sache ein Schreiben an den Kaiser
abgehen ohne gleichzeitig eines an die Kaiserin und den bei Hof einflass-
reichsten Priester (nebst einer Abschrift seiner Briefe an die Mi^estäten)
abzusenden. Als es (J. 449) galt den Kaiser Theodosius von seiner Unter-
stützung des alexandrinischen Bischofs Dioskoros und der sog. Rfttiber-
' Synode von Ephesus abzubringen (Epist. 43 f.) schrieb Leo nicht nur zu-
gleich au die Kaiserin Pulcheria (45) und lulianus episcopus Goensis {quem
430 f. Leo M. Prosper. 953
in Bpecolis propter fidem illic esse constitui, ep. 134, 2 vgl. 136, 3) und
andere in Constantinopel vielvermögende Männer, sondern Hess überdies»
den Kaiser und die Kaiserin bearbeiten durch Schreiben des Kaisers Va-
leniinianus (55) und der Kaiserin Galla Placidia (56. 58), sowie der Licinia
Eudozia (57), Schreiben welche wohl mit gutem Grunde in die Sammlung
der Briefe Leo's aufgenommen sind. Auch unter Markianos bleiben Pul-
cheria und Julianus die Kanäle durch welche Leo auf den schwachen
Kaiser einwirkt; einmal (ep. 123) wird auch Eudokia mit aufgeboten ; unter
Kaiser Leo ist derjenige welcher zu opportunae snggestiones bei demselben
aufgefordert wird der Presbyter Aetius, und auch der allmächtige patricius
Aspar wird nicht vergessen (ep. 153, 1). Bezeichnend episi 140 (J. 454)
über Markianos: multis experimentis probavimus eam esse gloriosissimi
Augusti fidem ut tunc maxime se arbitretur regno suo consulere cum prae-
cipue studuerit pro integritate ecciesiae laborare; und ep. 156, 3 an K. Leo
(J. 457) : debes incunctanter advertere regiam potestatem tibi non ad solum
mundi regimen sed maxime ad ecciesiae praesidium esse collatam.
3. Das Interesse der kirchlichen Einheit macht den Leo zu einem
unerbittlichen Hüter der orthodoxen Lehre; vgl. Ep. 165, 2: catholica fides,
quae est singularis et vera cuique nihil addi, nihil minui potest. In Fra-
gen des Lebens aber ist er von Rigorismus und Pedanterie frei ; vgL z. B.
ep. 159. 167 f. F. C. Baur, die christl. Kirche im 4—6 Jahrh. (Tübi. 1863)
S. 114 — 116. 238-243. 246 f. 248 f.
4. Der erhaltenen sermones von Leo sind es 96, meist von verstän-
diger Kürze, wie auch die 173 Briefe von überflüssiger Breite sich fern
halten. Die ersteren verrathen rhetorische Schulung. Die Reinheit der
Sprache geht bei Leo nicht bis zur Classicität (spätlateinische Worte und
Wendungen wie aliquanti homines^ obviare, fiducialiter, pervasor, suba-
diuva, tribulatio sind nicht selten), aber für diese Zeit ist sie bewunderns-
würdig und lässt darauf schliessen dass Leo ein geborener Römer von gu-
tem Hause und angeborenem FormgefQhle war.
5. Schriften die dem Leo mit Unrecht zugeschrieben werden : Capitula
s. praeteritorum sedis apostolicae episcoporum auctoritates (aus J. 431);
De vocatione omnium gentium; Epistola ad Demetriadem, s. de humilitate
tractatus; Sacramentarium oder codex sacramentorum vetus romanae ec-
ciesiae; Breviarium adveruus haereticos.
6. Hauptausgaben der Werke Leo's von Paschasius Quesnellus (Paris.
1675. 2 Voll. 4. Lugd. 1700. 2 Voll, fol.) und cur. P. et Hieron. fratr.
Balleriniis (Venet. 1755 ff. 3 Voll. fol.). Darnach in Migne's Patrol. LIV
— LVl. Die Briefe auch in den Conciliensammlungen.
7. Abhandlungen über Leo bes. von Quesnelle und Ballerini in ihren
Ausgaben. A. Arendt, Leo der Grosse und seine Zeit, Mainz 1835.
431. In dogmatischer Beziehung ein eifriger Anhänger
Augustins war der Aquitanier Prosper, von welchem wir ausser
Streitschriften gegen die Pelagianer und Semipelagianer und
Gedichten ähnlichen Inhaltes besonders eine Chronik besitzen,
welche sich genau an die des Hieronymus anschliesst, sie vom
954 ^ic Kaiserzeit. Fiinfbes Jahrhundert.
J. 379 — 455 n. Chr. fortsetzt und selbst später von Andern fort-
gesetzt und abgekürzt worden ist. Das Verzeichniss der Con-
suln vom J. 29 n. Chr. an ist der einzige Bestandtheil derselben
welcher aus Quellen geflossen ist die uns nicht mehr zu^mg-
lieh sind.
1. Gerniad. ill. 84: Prosper, homo aquitanicae regionis, sermone
scholasticus et assertionibas nervosus, multa composiiiBse dicitor, ex qnibns
ego Chronica illius nomine praetitulata legi, continentia a primi hominis
conditione . . usque ad obitum Valentiniani Aug. et captivitatem orbis Bomae
a Genserico Vandalorum rege factam (ebenso Cassiod. div. lect. 17). legi
et librum adversus opuscula sub persona Cassiani (oben 428). . . epistolae
quoque papae Leonis adversus Eutychen de vera Christi incamatione ad
diverses datae et ab ipso dictatae dicuntur. Schreiben Prosper^s an Aa-
gustin (ignotus quidem facie) vom J. 428 oder 429, über die Beste von
Pelagiauismus in Gallien, imter Augustin. Epp. 225; vgl. ib. 226 den ähn-
lichen Brief von Prosper's Freimd Hilarius, sowie Prosper's an Bufinos,
opp. Augustini, append. X. p. 109 ff. Gleichfall« in Augustins Werke (und
Migne's patrol. LI) aufgenommen sind Prosper^s pro Augustino responsioncs
ad capitula obiectionum Gallorum calumniantium, ad cap. obiect. Yincen-
tianarum (oben 429, 3], ad excerpta quae de genuensi ci vi täte sunt missa,
und besonders seine Schrifb De gratia dei et Ubero arbitrio. Ausserdem
ein Auszug aus Augustins Commentar zu den Psalmen und der dogmatisch
wichtigsten Aussprüche in dessen Werken. Einen Theil der letzteren be-
arbeitete Prosper auch im elegischen Masse (106 Epigramme).
2. Prospers Werke herausgegeben von den Benedictiuern (Paris 1711.
fol.) = Migne LI. Seine Chronik vollständig herausgegeben von Labb^,
nova bibl. ms. (Paris 1657. fol.) und in Boncalli's vetustorum latinorom
scriptorum chronica (Padua 1787. 2 Voll. 4 ) I. p. 522 ff. Vgl. v. d. Hagen,
observationes in Prosp. Aq. chronicon, Amsterd. 1733. 4. Das Consolnver-
zeichniss bei Mommsen, d. Chronik des Cassiodor (Abhandl. d. sächs. Ges.
d. W. VIII = philol.-hist. CJ. III. Leipzig 1861) S. 661—674. Vgl. dort
S. 563 f. Anm. S. 660 (die Chronik ein „schlechtes Machwerk"). 675 f. („im
Ganzen genommen ist diese spätere fromme Chronologie mit einer uns
kaum begreiflichen Gewissenlosigkeit zurecht gemacht worden**). Eine ab-
gekürzte Bedaction des Schlussstückes von Prosper^s Chronik ist der von
Cauisius nach einer Augsburger Hdschr. herausgegebene sog. Prosper Aa*
gustanus.
3. Wie Prosper die Chronik des Hieronymus ausschreibt und fort-
setzt, so wurde er selbst ausgebeutet in der Ostertafel des Victorius Aqni-
tanius, aus welcher dann Cassiodor in ähnlicher Weise schöpfte. Mommseo
a. a. 0. S. 565. Prosperi Aquitani Chronici continuator Havniensis; nunc
primum edidit G. Hille, Berlin 1866. 37 pp. Ueber die Zeitzer Ostertafel
vom J. 447 vgl. Mommsen, Abhandl. d. ßerl. Akod. 1862. S. 539 — 566.
4. Prosper verfasste ferner ein didaktisches Gedicht de ingratis in
vier Theilen (zusammen von 1002 Hexametern), geschrieben ums J. 490, bei
Lebzeiten Augustins (v. 90 ff.), und gerichtet gegen das dogma quod . . pe-
stifero vomuit coluber sermone Britannus (Pelagius). Vgl. 693. piaet 1 if.:
*i!-i
431. ProBper Aquit. u. A. 955
unde volantatis sanctae subsistat origo, unde animis pietas insit et unde
fides Adversam ingratos (die göttL Gnade nicht anerkennend) falsa et vir-
tute (Werkheiligkeit] superbos centenis decies versibus ezposui. Der
trockene Stoff ist mit Lebendigkeit, Eifer und in einer Form behandelt
welche zwar die feineren Gesetze über Cäsur, Verschleifung u. s. w. nicht
befolg^ wohl aber (mit seltenen Ausnahmen, wie aliud 239) die ordinären,
und von Kenntniss auch heidnischer Dichter sowie rhetorischer Bildung
zeugt. Archaismen wie nascier (10) und mage (962) nach Versbedürfniss.
Ausserdem zwei Epigramme (im elegischen Mass) wider einen literarischen
Gegner Augustins und Vertheidiger der menschlichen Willensfreiheit, sowie
ein Epitaph auf die (augeblich engverwandte) nestorianische und pela-
gianische Häresie. Vorwort der 106 dogmatischen Epigramme (s. A. 1 E.):
Dum sacris mentem placet exercere loquelis . . quosdam ceu prato libuit
decerpere flores distiuctisque ipsos texere versiculis. üeber Pr. vgl. P.
Papencordt, vandal. Herrschaft (1837) S. 356—368.
6. Unter den mit zweifelhaftem Rechte dem Prosper Aquit. zuge-
schriebenen Arbeiten ist besonders erwähnenswerth ein Gedicht worin der
Redende seine Gattin ermahnt sich mit ihm ganz Gott zu weihen. Es be-
ginnt mit 16 zierlichen Anakreonteeu in 4 Strophen (auch bei Beda p. 2379
P. und Wernsdorf poetae lat. min. III. p. 413 f.) und verläuft dann im
elegischen Masse (1 16 Verse). Sodann ein Lehrgedicht de Providentia divina
(v. 97—972), mit Einleitung (v. 1—96) im elegischen Masse, üebergang (96 f.) :
at nc sermo moram patiatur ab impare versu, heroi numeris porrige penta-
metrum. Dass es von Prosper Aq. nicht herrührt beweist schon seine ent-
schieden pelagianische Haltung. Vgl. z. B. 238 ff.: quia liber homo et
sapiens discemere rectis prava potest, in se intus habens discrimina re-
rum iusque voluntatis, quo temperat arbitrium mens. 664 ff. u. sonst. Die
Darstellung ist gewandt, correct, aber breit und oft trivial.
6. Andere christliche Prosaiker der Zeit von welchen uns Schriften
in lateinischer Sprache erhalten sind. Maximus, Bischof von Turin um 420,
von welchem 118 homiliae, 116 sermones und 6 tractatus bei Migne LVII.
Patricius (geb. bei Glasgow, ursprunglich Succath genannt), der be-
kannte Irenapostel (St. Patrik), Verfiisser einer confessio (bei Migne Llll.
p. 801— -814), von Briefen u. A. (ib. p. 814—838). Turribius Asturicensis
(seit 447 Bischof), Verfasser eines Schreibens an die Bischöfe Idacius und
Ceponius gegen die Apokryphen und die Priscillianisten, abgedruckt hinter
Leo's epist. 15 (Migne LIV. p. 693 — 696). Leo Bituricensis (Bischof von
Bourges), von welchem sich gleichfalls ein Schreiben an die Bischöfe der pro*
vincia III Lugd. (Turonica) unter den Briefen Leo's d. Gr. findet (Migne LIV).
7. Christliche Prosaiker des Westens ungefähr aus dieser Zeit, de-
ren Schriften nicht erhalten sind. Syagrius (Gennad. ill. 66); Pauliuus
(ib. 68); Asclepius Afer, in baiensi territorio episcopus (ib. 73); Pau-
lus presbyter, natione . . Pannonius (ib. 76); Pastor episcopus (ib. 76);
Victor, Cartennae Mauritaniae civitatis episcopus (scripsit adversus Aria-
nes librum unum longum, quem Genserico reg^ . . obtulit etc., ib.'
77); Voconius, Castellani Mauritaniae oppidi episcopus (ib. 78); Mnsaeus,
Massiliensis ecclesiae presbyter (moritur Leone et Maioriano regnantibus,
ib. 79); Vinceutius presbyter, et ipse natione Gallus (linguam habens usu
loquendi et maiore lectione politam, ib. 80).
956 ^^^ Kaiserzeit. Fünftes Jahrhnudcrt.
8. DictiDÜ tractatuB quoB secundum Priscilliani dogma couecripsil
ervräbnt Leo epist. 15, 16.
9. Gregor. Tur. bist. Franc. II, 8: quid de Aetio . . Renati Frigeiidi nar-
rat Historia. . . cam in duodecimo Historiarum libro referat . . adicit. Vgl.
ib. 9: Renatas Profuturus Frigeridus, cam Romam refert a Gothis captam
atqae subversain, ait. Beide Male folgen längere Anföhrangen.
432. Im Jahre 438 wurde nach neunjähriger Vorbereitung
durch eine Commission der codex Theodosianus fertig, eine
amtliche Sammlung der von den Kaisern seit Constantin er-
lassenen Verfügungen (ins principale). Er besteht aus sechszehn
Büchern, welche eine sachliche Ordnung befolgen, während in-
nerhalb der einzelnen Titel die kaiserlichen Verordnungen nach
ihrer Zeitfolge aufgeführt sind. Im ostromischen Reiche galt
die Sammlung mit ihren Nachträgen (novellae leges) bis sie in
die justinianische verarbeitet wurde; im Westen wurde sie bald
verkürzt, und das erste Drittel ist fast nur in solcher Abkür-
zung auf uns gekommen.
1. Aas dem Einfübrungsgesetz des Cod. Tbeod. vom 15. Febr. 438:
clectis viris nobilibas exploratae fidei, famosae doctriuae, qaibus delegata
causa civilis officii, . . retro principam scita volgavimus, ne iansperitoram
ulterius severitate meutita, dissimalata scientia, velat ab ipsis adytis ex-
pectarentur formidanda responsa. (3.) qaam ob rem detersa nube volumi-
num in qaibus multorum nibil explicantium aetates attritae sunt compen-
diosam divalium constitutionam scientiam ex d. Constantini temporibas ro-
boramus, uulli post kal. lan. (439) concessa licentia ad forum et quoti-
dianas advocaüones ius principale deferre vel litis instrumenta componere
nisi ex bis videlicet libris, qui in nostri nominis vocabalum iransierunt et
sacris babentur in scriniis. (7.) longimi est memorare quid in huius con-
summationem negotii contulerit vigilüs suis Anüocbus . . expraef. et cos.,
quid Maximinus, . . Martyrius, quid etiam Sperantius, ApoUodorus, Tbeo-
dorus, . . quid Epigenes, . . Procopius. Aus dem Protokoll des römischen
Senats vom J. 438: cum . . banc quoque orbi suo . . d. n. Theodosius adi-
cere voluit dignitatem ut in unum collectis legum praeceptionibus sequenda
per orbem XVI librorum compendio, quos sacratissimo suo nomine voloit
consecrari, constitui iuberet. Aus der Verordnung vom J. 429 (cod. Tbeod.
I, 1, 5): Ad similitudinem Gregoriani atque Uermogeniani codicis cunctas
colligi constitutiones decemimus quas Constantinus inclitus et post eam
divi principes nosque tulimus edictorum viribus aut sacra generaUtate sab-
nixas. . . sed cum simplicius iustiusque sit praetermissis üs quas posteriores
infirmant explicari solas quas valere conveniet, bunc quidem codicem . .
cognoscamus etc. ad tauti consummationem operis et contexendos Codices
(quoram primus omni generali um constitutione collecta nullaque extra le
quam iam proferre liceat praetermissa inanem verborum copiam recosabit,
alter omni iuris diversitate exclusa magisterium vitae suscipiet) deligendi
viri sunt singularis fidei, limatioris ingenii. . . Antiocbom v. i. exqoaesi.
432. Codex TheodosianuB. 957
et praef. elegimus, Antiochura v. i. quaestorem s. pal., Theodornm, . . Eu-
didam et Eusebium, loannem, .. Comazontem atque Eubulum, .. et
Apellem, virum disertisBimum, scholaBticum. hos a nostra perennitate
electOB eruditisBimum quemqae adhibituroB esse confidimus etc. Cod.
Th. I, 1, 6 (J. 435): omnes edictaleB generalesque coustitutioneB vel in certiB
proyincÜB Beu locis valere aut propoui iuesae quas divuB ConBtantinuB po-
sterioreBque principes ac nos tulimus indicibus rerum titulis distiiiguantur,
ita ut non solum consulum dierumque Bupputatione Bed etiam ordine com-
poBitionis apparere poBBint noviBBimae. . . (1.) quod ut brevitate constri-
ctum claritate laceat aggrcBBuriB hoc opus et demendi Bupervacanea verba
et adicicDdi ueceBsaria et mutandi ambigua et emendandi incongrua tri-
buimus potestatem. (2.) contextores huius TheodoBiani codicis Antiochus
. . consularis, Eubulus^ . . MaximinuB, . . Sperantius, MartyriuB, Alipius,
SebastianuB, ApoUodorus, Tbeodorus, Oron, . . Maximus, EpigencB, Diodo-
rus, ProcopiuB, . . Erotius, . . Neuterius.
2. Buch 1—5 enthält das ius ordinarium in der Ordnung des Edicts,
das Weitere aber das ius extraordinarium und novum, und zwar ß. 6— 8
neues Staatsverwaltungsrecht , B. 9 Strafrecht, B. 10 f. Fiscalrecht, B. 12
— 15 Gemeinde -Verfassung und -Verwaltung, B. 16 Kirchenrecht.
3. Epitomiert ist der cod. Theod. in der westgothischen lex romana,
und noch im saec. VII wurde er, wahrscheinlich auf der Rechtsschule zu
Ravenna, summiert. Antiqua summaria codicis Theod. ed. G. Haenel,
Lips. 1834.
4. Die älteste Ausgabe (von Sichard, Basil. 1528 fol.) gibt nur den
cod. Th. epitomatus. Sie wurde für B. 1— 8 vervollständigt und zugleich
B. 9 — 16 erstmals herausgegeben (aus cod. Vat.) durch J. Dutillet (lo.
Titius, Paris 1550). Weitere Vervollständigung und erste Herausgabe von
VI, 2 ff. VII u. VIII durch Cuiacius (Lugd. 1566. Paris 1686 fol.). Codicis
Theod. fragmenta inedita ex cod. palimpsesto bibl. reg. Taurin. Athenaei
(vgl. oben 380, 4) in lucem protulit atque ill Am. Peyron, Turin 1823. 4.
Theod. codicis genuini fragmenta ex membranis bibl. ambrosianae Mediol.
nunc primum ed. W. F. Cloasius, Tubing. 1824. Th. cod. genuina fra-
gmenta ed. E. Pugge, Bonn. 1825. Codicis Th. libri V priores ed. C. F. C.
Wenck, 1826. Vierzehn von Peyron übersehene rescribierte Blätter nach-
getragen von Carlo Baudi a Vesme, Turin 1839 ff.
5. Ausgabe mit dem reichen Commentar von Jak. Gothofredus (opus
postumum) in 6 Voll. Lugd. 1655 fol. Ed. nova . . collata cum ms. Würce-
burg. cur. I. D. Ritter, 6 Voll. Lips. 1736 — 1745 fol. Kritische Hauptaus-
gabe: codex Theod. ad LIV librorum ross. et priorum editionum fidem re-
cogn. et annot crit. instruxit G. Haenel, Bonn. 1837 — 1842. XLVIll u.
1715 pp. 4.
6. üeber den cod. Th. s. Zimmern, Gesch. d. röm. Privatr. I, 1. S,
165—172. Rudorft', röm. Rechtsgesch. I. S. 277—280.
«
7. Cod. Th. 1, 1, 6, 3 (J. 435): nuUum extra se novellae constitu-
tionis locum relicturi nisi quae post editionem huius fuerit promulgata.
Diese späteren Gesetze sollten von jedem der beiden Höfe (in Rom und
Constantinopel) dem andern zugesandt und von diesem publiciert werden.
958 I)i6 Kaiserzeit. Fünftes Jahrhundert.
Wirklich wurden J. 447—472 oströmische Novellen nach Born gesandt und
dort veröffentlicht, während weströmische nach J. 438 im cod. lust sich
nicht finden. Sammlung der Novellen von Theodosios II, Valentinian III,
(Maximus,) Mardanus, Maiorianus, Severus und Anthemius, in sechs
Abtheilungen unter Titelrubriken, theils in der westgothischen Verkürzang
theils in der ursprünglichen Fassung: nunc primum ed. P. Pithoeus (Paris.
1571. 4. u. sonst). Vermehrungen durch Cujacius, Zirardinns, Amadutiiis.
Vollständige kritische Ausgabe von G. Uäuel, novellae constitutiones im-
peratorum Theodosii II etc. ad librorum mss. et editionum fidem recogn.
et annot. crit. instr., Bonn. 1844 (im Bonner corp. iur. anteiust.).
8. Die 21 sogen. Sirmondschen Constitutionen (J. Sirmond, appendii
codicis Theod. novis constitutionibus cumulatior, Paris 1631 u. sonst) sind
kirchenrechtlichen Inhalts und rühren von Constantin u. a. Kaisern saec. IV
her. Sie stammen aus einer in Gallien J. 581 — 720 entstandenen chrono-
logischen Sammlung, welche den dortigen Concilienbeschlüsseu angehängt
war, und sind schon durch eine Hds. saec. VIII überliefert. G. Uänel, de
constitutionibus quas Jac. Sirmondus edidit, Lips. 1840, und im Bonner
Corpus iur. anteiust. IL p. 405—480.
433. Nach Veröflfentlicliung des codex Theodosianus, aber
vielleicht noch vor Theodosius' II Tode (J. 450), in Gallieii
verfasst ist die sogenannte Consultatio, Privaigutachten eines
oder mehrerer Bechtsgelehrten auf Anfragen von Sachwaltern,
unter wörtlicher Anführung von Gesetzesstellen aus dem codex
Gregorianus, Hermogenianus und Theodosianus;
1. Erster Herausgeber J. Cuiacius (Paris. 1577) nach einer Abschrift
der einzigen (seitdem verloren gegangenen) Hds. von A. Loisel. Spätere
Ausgaben von Schulting (lurisprud. p. 818 ff.), Biener (lus dv. ant. p.
1477 ff.), Pugg^ (im Bonner Corp. iur. ant. p. 391—408) und Huschke
(iurisi^r. anteiust.* p. 725— 747).
2. A. F. Rudorff, über die Entstehung der Cousult., Zeitschr. für ge-
schieht!. Rechtswiss. XIII. S. 50—66. Vgl. Huschke 1. 1. p. 722—725.
3. Die Schritt zerfällt in drei Theile (c. 1-3, 4—6, 7—9), deren
jeder wiederum mehrere Anfragen umfasst. Die Belegstellen sind (wie in
der lex rom. Burgund.) ausser den drei Codices lediglich aus Paulus sen-
tentiae (oben 355, 3) geschöpft, und zwar vor deren Epitomierung. Die
lex romana Visigoth. (und Burgund.) wird noch nicht erwähnt. Verfasser
unbekannt. Für die Abfassung bei Lebzeiten von Theodosius II spricht
(Rudorff) c. 7, 3 (Pauli iuridici, cuius sententias sacratissimorum priudpum
scita semper valituras ac divalis constitutio declarant) die ünterlassong
der Nennung seines Namens (sacrat. princ), ob nun ac divalis constitatio
auf die Constantin's (cod. Theod. I, 4, 2) vom J. 327 hindeutet oder (mit
Huschke p. 739, not. 1) perinde ac div. const. (semper valet) erklärt wird.
Die übrigen Gründe von Huschke (p. 723 f.) scheinen damit nicht vat-
vereinbar.
433 f. Consultatio. Merobaades u. A. 959
4. Erste Anführung der Schrift darch Ivo von Chartres (J. 1090 — 1116)
Decret. 16, 201.
5. Ueber die libri coloniarum (ungefähr ums J. 450] b. oben 321, 4.
434. Unter den christlichen Dichtern der Zeit hat der
auch als Kriegsmann tüchtige Rhetor Merobaudes aus Spa-
nien, von welchem früher nur ein kurzes Gedicht auf Chri-
stus bekannt war, durch neuerdings entdeckte Gedichte ge-
schichtlichen Inhalts, besonders auf Aetius, an Werth gewon-
nen. Der Ton derselben ist hochtrabend, die Form correct.
An des Claudius Marius Victor Versification des Inhaltes der
Genesis in drei Büchern ist Rechtgläubigkeit und Versbau
untadelig; anziehender ist aber sein Brief an den Abt Salomo,
worin die Sitten seiner Zeit, bei beiderlei Geschlechtem, satirisch
gezeichnet werden. Vielleicht aus derselben Zeit ist auch das
commonitorium des Orientius, zwei Bücher im elegischen
Masse, worin zu einem christlichen Lebenswandel ermahnt wird.
1. Inschrift aus Rom (Orelli 1183) vom J. 435: PL Merobaudi v. s.
com. SC. Darauf: FI. Merobaudi aeque forti et docto viro, tarn facere lau-
danda quam aliornm facta laudare praecipuo, castrensi experientia claro,
facundia vel otiosorum studia supergresso, cui a crepundiis par yirtutis et
eloquentiae cura ingenium ita fortitudini ut doctrinae natum stilo et gladio
pariter exercuit, nee in umbra vel latebris mentis vigorem scholari tantum
otio torpere passus inter arma litteris militabat et in Alpibus acuebat ^o-
quium. ideo illi cessit in praemium . . imago aere formata. . . quod huie
quoque cum Augustissimis Roma principibus Theodosio et Pladdo Valen-
tiniano rerum dominis in foro Ulpio detulerunt, remuuerantea in viro anti-
quae nobilitatis novae gloriae vel industriam militarem vel Carmen, cuius
praeconio gloria triumfali crevit imperio. Vgl. Sidon. carm. IX (ad Felic),
293 ff. : sed nunc terüus ille non legetur Baetin qui, patrium solum, relin-
quens undosae petiit sitim Raveunae, plosores cui fulgidam Quirites et
carus popularitate princeps Traiano statuam foro locarunt. Die Ausdrücke
zeugen von Eifersucht und übler Laune. Merobaud. carm. 5 praef.: pro
his me laudibus tuis (des Aetius) Roma cum principe victuro aere forma-
vit, pro his denique nuper ad honoris maximi (Gonsulat) nomen . . Impe-
rator evexit. . . vel ego vel alii qui in hac dicendi professione sunt. . . de-
latus ego in . . sinum qua Salonas usque pelagus illabitur nactus sum
queudam qui etc.
2. Merobaudis Hispani scholaetici carmen de Christo (30 Hexameter)
z. B. bei Migne patrol. LXI. p. 972 f. und in den Ausgaben des Claudianus
(Nr. XCVIII bei Gesner), daher Niebuhr auch ib. XCV (carmen paschale,
sonst dem Damasus beigelegt) und XCIX (miracula Christi) dem Merob.
zutheilt.
3. J. 1823 entdeckte B. G. Niebuhr in einem codex rescriptus dei
St. Galler Bibliothek meist trümmerhafte Ueberrestc von Gedichten die er
960 I^i^ Kaiserzeifc. Fünftes Jahrhundert.
durch Combiaation als solche des Merob. erkannte und herausgab (St.
Gallen 1823, Bonn 1824; darnach W. E. Weber, corpus poett. latt. p. 1367
— 1370). Darauf von I. Bekker (mit Corippus) im Corp. Script, byzant.
(Bonn 1836), vgl. C. F. Heinrich im Khein. Mus. 11. S. 532 — 543. Die
Schrift der acht Blätter ist ganz ähnUch der des Gajus in Verona. Das
erste Bruchatück besteht aus 23 elegischen Versen und preist die beim Mahle
versammelte kaiserUche FamiUe (von Valentinian 111); fr. 2 (7 DisticheD)
dieselbe in einer Villa; fr. 3 (vier unvollständige Distichen) hat die üeber-
Schrift (Vi)ridiari8 viri inl. Fausti (Cos. 438?). Von c. 4 sind 46 Hendeka-
syllaben auf den zweiten Geburtstag des Söhnchens von Aetius erhalten.
Carm. 5 ist ein Panegyricus auf das dritte Consulat des A^tiu« (J. 446),
mit einem längeren Vorwort in Prosa. Von dem Panegyricus selbst sind
197 Hexameter entziffert.
4. Das Lob ist bei Merob. überall stark aufgetragen. Die Darstellung
hat die Correctheit und Eleganz des Claudianus, aber ohne seine Leich-
tigkeit. Zum sachlichen Inhalt vgl. A. Hansen, de vita AStii (Dorpat 1840}
U. p. 24 ff. G. Wurm, de rebus gestis AStii (Bonn 1844).
5. Des Claudius Marius Victor Identität mit Victorinus (oben 428,
4) ist zweifelhaft. Weder ^iue Widmung an Aetherius ist erkennbar noch
Fortführung bis zum Tode des Abraham. Auch der Semipelagianismiu,
wie man ihn von einem Massilioten dieser Zeit erwarten sollte, tritt nicht
auffallend hervor (arbitriumque sui largitus es omuibus, I praef.) Die drei
Bücher über die Genesis schliessen sich eng an deren Inhalt an, mit van-
ständlicher Rhetorik. Pars prima (1, 38) behandelt die Schöpfungsgeschichte
bis zum Sündenfall, B. II dessen Folgen bis zur Sintflut, B. III deren
Ende, Thurmbau, Abraham, Sodoms Untergang. Der Verf. legt den Haupt-
werth auf seine Orthodoxie. Vgl. praef. 9 fin. : quod si lege metri quidquam
peccaverit ordo, peccavit sermo improprius sensusque vacillans, hinc nullum
fidei subeat mensura periclum. II , 1 f. : hac tenus . . primordia mundi, ut
sincera fides docuit, sine fraude cucurrL Pädagogischer Zweck; praef.:
te, deus alme, precor, . . linguas nobis infunde disertas, dum teneros formare
animos et corda paramus ad verae virtutis iter puerilibus annis.
6. Der Brief an den Abt Salomon besteht aus 105 Hexametern. Zeit-
andeutungen: agris . . barbarus incumbit (10 ff.). . . si quid vastavit Sar-
mata, si quid Vandalus incendit veloxque abducit Alanus (18 f.). si falcem
verbi cordi imprimeremus, . . nee uos riphaei prostemeret arcus Alani uec
servile etiam subverteret omnia bellum et qui nunc nostra grassantur clade
superbi. Am männlichen Geschlechte wird besonders die materielle Rich-
tung getadelt (nil sanctum est nobis nisi quaestus etc. 34), am weibUchen
die Putzsucht (si gravis ignotis processit Lesbia gemmis, . . confestim or-
natum sibi quaeque exposcit eundeni, 60 ff.), aber für alle ihre Fehler die
Männer verantwortlich gemacht. Paulo et Salomone relicto quod Maro
cantatur Phoenissae (Dido) et Naso Corinnae, quod plausum accipiunt lyra
Flacci aut scena Terenti, nos horum, nos causa sumus (72 ff.), cur infeüx
in culpa est femina tautum, cum placeat stolido coniux vitiosa marito?
(79 f.) Heil sieht der Verfasser nur in Zunahme des christlichen Sinnei»
wie er sich z. B. bei dem Abte finde.
7. Ausgabe des Victor von .To. Gagneius (Lugd. 15.16. Paris. VM)
434. Victor. Orientius. 961
und daraus in G. Fabricius' (p. 307 ff.) und Maittaire's (II. p. 1567 ff.) corpus poe-
tarura latt., sowie iii patrisüscben Sammlungen (z. B. Migne LXI. p. 937—971).
8. Schluss (subscriptio) des commonitorium : ut peccatores vincens
Orientius omnes sanctorum veniam promerear precibus. Venant. Fort,
de vit. Mart. I, 17: paucaque perstrinxit florente Orientius ore. Also jeden-
falls vor dem sechsten Jahrb. Dazu die Zeitscbilderung im commonit. II,
165 ff'., z. B.: respice quam rapÜm totum mors presserit orbem, quantos
vis belli perculerit populos. . . (171 f.) non cava, non etiam metuendts
sub rupibus antra ludere barbaricas praevaluere manus. (181 ff.) per vicos,
villas, per rura et compita . . mors, dolor, excidium, strages, incendia,
luctua uno fumavit Gallia tota rogo. Selbstbekeuntniss I, 405 f. : non igna-
rus enim miseris succurrere quaero, omnia perpessus quae fugienda loquor.
Daher ist glaublich was die Acta sanctorum der BoUandisten aussagen: b.
Orientium, mundanae lubricitatis squalore deposito, se totum casta mente
divinae maiestati devovisse et . . pontificalis Auxio civitate cathedrae digni-
tatem ascendisse. Er habe im Auftrage des in Tolosa residierenden Theode-
rich hochbejahrt eine Sendung an Aetius und Litorius übernommen (um J. 439).
9. B. I des commonit. besteht aus 618, II aus 418 elegischen Versen.
Der Gedankengang ist wenig klar. Die einzelnen Fehler (wie Neid, Hab-
gier, Eitelkeit) werden abgehandelt, besonders lebhaft die Lockungen der
Liebe (I, 407 ff'.), die ebrietas (II, 51 ff.) besprochen, der Gedanke an den
Tod und die Vergeltung im Jenseits ausgemalt (II, 185 ff. 273 ff.). In
letzterem werden z. B. die monachi (II, 338) besonders bedacht. Proso-
dische Willkürlichkeiten (wie ibi als Spondeus, posses, eremo, millesimus)
sind nicht selten, Manches auch corrupt (wie II, 227: cumque tua hodie
stringat assidua sitis). Vgl. A. 10.
10. Angehängt sind dem commonit. in den Ausgaben 7 Hexameter de
nativitate domini, 5 Distichen mit Namen Christi (z. B. hostia, lex, ratio,
virga, pIscTs, aquila), 179 Hexameter de trinitate (v. 1: quod fuit a saeclis
quodque est in saecla seclorum); 181: cmcifixe, paracllte, Christe). Darauf
incipiunt orationes Orientii XXIV in (spondeenreichen) iambischen Senaren,
wovon aber nur das erste und das letzte erhalten ist; jenes 35 Verse, durch
den Refrain Amen sonamus, alleluia dicimus in 7 Strophen abgetheilt,
dieses beginnend: postremo dico deprecandi canticum. id facio quantum
per viginti cantica. sed ne quis audaz interpellet quidpiam: anguem raa-
gistrum falsitatis increpo ut non adiciat sive demat litteram. Letztere bei-
den Verse dienen dann als Refrain des corrupt erhaltenen Gedichts, das
schliesst mit den trochäischen Tetrametem: Dens sancte, te rogamus patrem
unigeniti; Christe deus, te precamur vivum dei filium; Sancte Christe, te
obsecramua indicem verum dei.
11. Ausgaben des Or. von M. A. Delrio (Antverp. 1600), A. Riviuus (Lips.
1651), E. Martene (Rotomag. 1700. 4.), H. L. Schurtzfleisch (Vitemberg. 1706.
4.) und in den patristischen Sammelwerken, z. B. von Migne LXI. p. 974—1006.
12. Ap. Sidon. carm. 9, 274—285: nee (hie tibi legetur) qui iam pa-
tribus fuere nostris primo tempore maximi sodales. quorum unus Boni-
facium secutus nee non praecipitem Sebastianum natalcs puer horruit Ca
dm-cos, plus Pandionias amans Athenas. cuius si variura legas poema (in
griechischer Sprache?), tum Phoebum . . sonare coUato raodulamine arbitveris.
Teuffei, röm. Literaturgeschichte. (31
■■"T'rn
962 I^iö Kaiserzeit Fünftes Jahrhundert.
13. Ap. Sidon. carm. 9, 286 — 292: non tu hie nunc legeris tuomqae
fulmen, o dignissime Quintianus alter, spernens qui Ligurum solum et
penates mutato lare Gallias amasti, inter classica signa, piia, turmas, laa-
dans Aetiuin vacansque libro, in castris hedera ter aoreatus.
436. Noch vor der Mitte des Jahrh. verfasst sind die Schrif-
ten die wir von dem gallischen Presbyter Salvianus besitzen:
vier Bücher gegen die Habgier, ein Werk von acht Büchern
worin zur Rechtfertigung des Vorsehungsglaubens das Unglück
der Zeit als ein wohlverdientes göttliches Strafgericht erwiesen
wird, und neun Briefe. Alle diese Schriften sind werthvoll als
lebendige und in ihrer Art gutgeschriebene Zeitbilder, obwohl
nicht frei von rhetorischer Uebertreibung und Weitschweifigkeit
1. Gonnad. vir. ill. 67: Salvianus, Massiliensb ecclesiae presbjter,
humana et divina litteratura instructus et . . episcoporum magister, scripsit
scholastico et aperto sermone multa. ex quibus ista legi: De virginitaiis
bono ad Marcellum presbyterum libros III, Adversum avaritiam libros IV,
De praesenti iudicio libros V (= de gub. VIII) et pro eorum merito satis-
factionis ad Salonium episcopum librum I et Expositionis extremae partis
libri Ecclesiastis ad Claudium episcopum Viennensem librum I; libnun
Epislolarum I; et in morem Graecorum a principio Genesis usque ad con-
ditionem hominis composuit versu Hexaemeron librum I, Homilias episco-
pis factas multas, sacramentorum vero quantas nee recordor. vivit usqae
hodie (um J. 495) in senectute bona. Salvinn. gub. VI, 13: cum sciam etiam
in solo patrio atque in civitatibus gallicanis omnes ferme praecelsiores
viros . . iactos fuisse peiores. vidi siquidem ego ipse Treveros domi nobile«
etc. . . vidi ego illic res lacrimabiles etc. ib. 15: iacebant passim, qood
ipse vidi atque sustinui, . . cadavera nuda (bei der letzten Eroberung ?on
Trier). VII, 6: terrae vel Aquitanorum vel nostrorum omnium a deo bar-
baris datae sunt. ib. 10: ille dux nostrae partis (Litorius) qui eandem ur-
bem hostium (Tolosa) quam eodem die victorem se intraturum esse prae-
Bumpsit captivus intravit (J. 439). Dagegen Attila*s Eroberungszag und
die Schlacht auf den catalaunischen Feldern (J. 451) kennt Salv. noch nicht
Aufenthalt in Afrika erhellt aus de gub. VII, 16 (video scaturientem vitiis
civitatem etc.). Vgl. VIII, 4 f. Epist. 1: adolescens quem ad vos misi
Agrippinae (Köln) . . captus est, . . famiha non obscurus, . . propinquus
mens. Epist. 4 (ad socerum et socrum) : Hypaüo et Quietae parentibus Sal-
vianus, Palladia (Gattin) et Auspiciola (Tochter) salutem. . . sepümns iam
ferme annus est ex quo nulla ad nos tarn longo a vobis sitos scripta mi-
sistis. . . tu quid succenses qui ex quo christianus factus es etiam folsai
(irascendi filiis causas) habere desiisti. esto euim, conversiunculam nostram
paganus quondam non aequanimiter acceperis. . . nunc longe aliud eei
Die Schwiegerältern zürnten dass Salv. seine Frau zum Christenthum be-
kehrt hatte und bald selbst in den Priesterstand getreten war (canssima
u. dgl. soror nennt er seine Frau).
2. Neben seiner rhetorischen Bildung verräth Salv. auch einige juri-
stische; vgl. de gub. V, 8 (genus venditionis et emtionis). VII, 16 (Gaiiii-
435. SalvianuB. 963
Seius) u. 20 (in iura migrare). VIII, 5 (XII tabularom decreta). Küm-
merlich dagegen ist seine philosophische; hält er doch de gab. VII, 23
den Sokratds für den Verfasser der platonischen Politeia Was de gab. I
zur Widerlegung der Epikureer gesagt wird ist aus Cicero geschöpft, welcher
neben Vergil (de gub. I, 1) allein genannt wird und auf welchen ib. III, 1
(= Cic p. Mur. 6, 14) anspielt.
3. Die Schriffc ad versus avaritiam wird citiert von Salvian. de gub.
IV, 1 : sicut ait quidam in scriptis suis = adv. av. II, 9. Salvian. epist. 9
(domino ac beatissimo discipulo, . . per institutionem discipulo, per amorem
filio, . . Salonio episcopo): quaeris a me . . cur libellis nuper a quodam
huiuB temporis homine (Salvianus selbst) ad ecclesiam factis Timothei no-
men inscriptum sit. . . tria sunt quae in libellis istis . . quaeri possuut:
cur is qui scripsit ad ecclesiam scripserit, et utrum alieno nomine an suo ;
. . si alieno, cur Timothei potissimum nomen . . elegerit. Diese drei Fra-
gen werden ausführlich beantwortet, z. B. die zweite: idcirco scriptor ille
abscondi et latitare Omnibus modis voluit ne scripta quae in se habent
plurimum salubritatis minora forsitan fierent per nomen auctoris.
4. Die Schrift de gubematione dei (oder de Providentia) ist dem Bischof
SalouiuB (unten 439, 10) gewidmet. Daraus: nos, qui rerum magis quam
verborum amateres, utilia potius quam plausibilia sectamur; . . in scripü-
unculis nostris non lenocinia esse volumus, sed remedia etc. Wirklich sagt
der Verf. seiner Zeit derb die Wahrheit. Alles Unglück das über sie ge-
kommen bezeichnet er als selbstverschuldet (patimur quod meremur). Ins-
besondere den Sieg der barbari über die Römer leitet er ab aus der sitt-
lichen Tüchtigkeit jener (sowohl der pagani wie der haeretici) gegenüber
der Verdorbenheit dieser. Vgl. IV, 13: ego . . Romauorum . . paene om-
nes maioris reatus dico et crimiuosioris vitae esse quam barbaros. VII,
6: inter pudicos barbaros impudici sumus. plus adhuc dico: offenduntur
barbari ipsi impuritatibus nostris. 13: et quod Vandali ad Africam trans-
ierunt non est divinae severitati, sed Afrorum sceleri deputandum. 23:
quae esse, rogo, romauo statui spes potest quando castiores ac puriores
barbari quam Romani sunt? . . pudeat vos, romani ubique populi, pudeat
vitae vestrae. . . et miramur si miseri qui tam impuri sumus, miramur si
ab hoste viribus vincimur qui honestat-e superamur? . . sola nos morum
nostrorum vitia vicerunt. Diese sittliche Zerfahrenheit wird besonders aus-
führlich von den Aquitani (VII, 2 ff.) und Afri (VII, 14 ff. VIII, 2 ff.) nach-
gewiesen; anderen namentlich ihre Vorliebe für circenses ac theatra vor-
geworfen. VI, 8: non hoc agitur iam in Moguntiacensium civitate, — sed
quia excisa atque deleta est. non agitur Agrippinae, — sed quia hostibus
plena. non agitur in Treverorum urbe excellentissima, — sed quia qua-
druplici est eversione prostrata (vgl. ib. 13. 16 extr.). . . ludicra ipsa ideo
non aguntur quia agi iam prae miseria temporis atque egestate non pos-
sunt. 12: vastata est Italia tot iam cladibus: ergo Italorum vitia destite-
runt? obsessa est urbs Roma et expugnata: ergo desierunt blasphemi ac fu-
riosi esse Romani? inundarunt Gallias gentes barbarae: ergo . . non eadem
sunt Gallorum crimina quae fuemnt? transcenderunt in Hispaniae terras
populi Vandalorum: mutata quidem est sors Hispanorum, sed non mutata
vitiositas. . . circumsonabant armis muros Cirtae atque Carthaginis populi
61*
9(>4 r)i<' Kaiserzeit Fünftes Jahrhundert.
barbarorum: et ecclesia carthaginiensis insaniebat in circis, luxuriabat in
theatris. Die Sittenschilderung ist immer grell. Die Darstellung bietet
alle möglichen rhetorischen Figuren auf, ermüdet aber durch deren üeber-
mass, ihre Breit« (Htili prolixitas VIII, I) und die gar zu häufige Wieder-
kehr derselben Gedanken (cum de ludicris ac foeditatibus publicis diutis-
sime dixerimus, VII, 2), Wendungen und Ausdrücke, sogar der Wortspiele
(wie divitiis — vitiis). Buch VIII ist sichtlich unvollständig. Auch fehlt
der VII, 1 in Aussicht gestellte Nachweis dass die alten Römer besser
gewesen seien als die der Gegenwart (VII, 1: scio . . hinc maxime probari
quod uon respiciat res humanas deus quia, cum Roniani quondam pagani
et vicerint et regnaveriut, nunc christiani et vincantur et serviant. . . sed
tarnen . . cum ad eam negotii partem accesserimus ut de veteribus Romanis
jiliqua dicantur . . approbabimus tarn iustum tunc erga illos fuisse domini
favorem quam nunc erga nos iustam severitiitem. Eintheilung in Bücher
von dem Verf. selbst; vgl. VII, 1: cum in conclusionc libelli huius qui nunc
finitus est etc.
5. Sal Viani opera ed. P. Pithoeus (Paris. 1580. 1594), C. Rittershu^ius
(Norimberg. 1623), u. bes. Steph. Baluzius (Paris. 1663. 1669. 1684); daraus
in Gallandi bibl. patr. X, der bibl. patr. max. (1677) VIII. p. 339 ff. und
in Migne's patrol. LIII. Auch cum comm. varr., Bremae 1688. 4.
6. C. G. Heyne, censura ingenii et doctrinae Salviani librique de
gub. d., in seinen Opusc. acad. VI, nr. VII. p. 119—140.
Zweite Hälfte des Jahrliunderts.
436. Am längsten fristete die Literatur sich das Dasein
in Gallien. Insbesondere gedieh hier die Kunst sich in Prosa
und Versen geläufig und kunstgerecht auszudrücken. Untei^e-
ordnet war der Inhalt, welcher sich in den hergebrachten Ge-
leisen fortbewegte, ohne ernste Ziele, nur zur Selbstbefriedigung
der Verfasser und zur Bewunderung für ihre Freunde. Um so
leichter artete die Versification in müssige Spielerei aus. Be-
sonders beliebt war in dieser Zeit die Form des Hendekasyllabus.
Zahlreiche Namen von Rednern, Schriftstellern, Dichtem dieser
Art kennen wir besonders durch Apollinaris Sidonius. So Con-
sentius, Lampridius, Leo, Petrus, Sapaudus, Secundinus, Tonan-
tius Ferreolus, Thaumastus und viele Andere. Verbreitet ist in
manchen Kreisen die Sucht mit Gelehrsamkeit zu prunken. Da
aljer dabei das Mass der wirklichen Kenntnisse ein sehr massiges
ist, so kommen keckere Geister, wie Fulgentius und der Verfasser
der origo gentis romanae, darauf die Citate selbst zu erdichten.
1. Sidon. ep. V, 10: pauci studia nunc honoraut. ib. II, 10: tantum
ucrebuit multitudo desidiosorum ut, uisi vel paucissimi quique meram Ift-
tiaris linguae pro])rietatem de trivialium barbarisniorum robigine vlndica-
veritis, eaiu brevi abolitam defleanius interitamque. IV, 17: sermonis pompa
roniani, si qua adhuc uspiam est, belgicis olim sive rheuanis aboUta tenw.
436. üeberaicht der zweiten Hillfte des Juhrh. 065
2. Unterricht und literarische Thätigkeit erstreckte sich in Gallien
hauptsächlich auf Grammatik und Rhetorik, letztere mit Einschluss der
gebundenen Form. Ap. Sid. c. 23, 210 f.: quidquid rhetoricae institutionis,
.quidquid grammaticalis aut palaestrae est, . . vorasti. ib. ep. IV, 21: tc
imbuendum liberalibus disciplinis grammatici rhetorisque studia florentia
. . fuverunt. Die griechische Sprache war in Gallien (ausser Massilia) ver-
schollen, die einheimische und germanische als plebejisch und barbarisch
in seltsamer Missachtung, ib. carm. 14praef.: quae si quispiam ut graeca
. . et peregrina verba contempserit. ep. III, 3: tuae personae debitum
quod sermonis celtici squamam depositura nobilitas nunc oratorio stilo,
nimc etiam camenalibus modis imbuebatur. ib. V, 5: cum sis (Syagrius)
consulis pronepos . . immane narratu est quantum stupeam sermonis tc
germanici notitiam tanta facilitate rapuisse, worüber das Weitere albern
witzelt. Venant. Fori misc. VII, 8, 63: plaudat tibi barbarus harpa. ib.
G9: nos tibi versiculos, dent barbara carmina leudos (Lieder). I, 1 proL:
barbaros leudos harpa (Harfe) relidebat.
3. In den galUscheu Kirchen hörte die Gemeinde stehend zu und
applaudierte dem geistlichen Redner. Ap. Sidon. carm. 16, 126: contio-
naturum plebs sedula circumsistit. ep. IX, 3: licet praedicationes tuas . .
raucus plosor audierim, tunc praecipue cum in Lugdunensis ecclesiae de-
dicatae festis etc. Vgl. auch unten 439, 7.
4. Ap. Sidon. carm. 9, 299—314: ne tu mihi compararo tentes quos.
multo minor ipse plus adoro, Paulinum'Ampehumque Symmacliumquo (vgl.
oben 399, 2), Messalam (vgl. oben 425, 6) . . et nulli modo Martium sc-
cundum, ^icendi arte nova parem vetustis, Petrum (s. A. 8) et cum loqui-
tur nimis stupendum, vel quem municipalibus poetis praeponit beno Villi-
cum seuatus, nostrum aut quos retinet solum (Gallien) disertos, dulcem
Anthedion (in Vesontio, s. ep. VITI, 11 vgl. carm. 22 praef.) et mihi ma-
gbtri Musas sat venerabiles Ho^ni; acrem Lampridium (s. A. 6), catum
Lconem (s. A. 7), praestantemque tuba Severianum (s. A. 8) et sie scri-
berc non minus valentem Marcus Quintilianus ut solebat.
5. Ap. Sidon. ep. VIII, 4 (an Consent ins): tu . . citos iambos, elc-
gos acutes ac rotundatos hendecasyllabos et cetera carmina . . nunc Nar-
bonensibus cantitanda, nunc Biterrensibus, ambigcndum celerius an pulchrius
clucubrasti. Vgl. ib. IX, 15 (vgl. A. 7): Consentiorum qui superstes est
patri (welcher selbst Schriftsteller gewesen war, s. ib. carm. 23, 97—176)
. . ceciuisse dictus omniforme canticum. An ihn ib. carm. 23 (ad Consen-
tiura V. c. civem Narbonensem) , worin v. 20 ff.: misisti mihi multiplex
poema. . . ibant hexametri superbientes et . . per quinos elegi pedos fe-
rebant; misisti et triplicis metrum trochaei, spoudeo comitante dactyloque,
dulccs hendecasyllabos.
6. Sidon. ep. VIII, 11: Lampridius orator (in Burdigala) modo
primum mihi occisum agnoscitur. . . hie me quondam, ut inter amicos
ioca, Phoebum vocabat, ipse a nobis vatis odrysii (des Orpheus) nomine
accepto. . . si oratioues illius metiaris, acer, rotundus, compositus, excussus,
si poSmata, t^ner, multimeter, argutus, artifex erat, faciebat siquidem
versus oppido exactos tarn peduiu mira quam figurarum varietate: hende-
casyllabos lubricos et enodes, hexämetros crepantes et cotharnatos, elegos
966 ^^0 Kaiserzeit. Fünftes Jahrhundert.
vero nunc echoicos, nunc recurrentes (vgl. A. 13), nunc per anadiploBin
fine principüsque conexos. . . in materia controversiali fortis et lacertosus,
in satirica sollicitus et mordax, in tragica saevus et flebilis, in comica ur-
banus multiformisque, in fescennina vernans verbis, aestuans votis, in bu-
colica yigilax, . . in georgica rusticans. . . praeterea qnod ad epigram-
mata spectat, . . acumine placens, . . in lyricis autem Flaccum secutus etc.
Daher ib. in dem Gedichte an ihn: Arpinas modo quem tonante Lingua
ditat, nunc stilus aut Maronianus aut quo tu Latium beas, Horati, Alcaeo
potior lyristes ipso, et nunc inflat epos tragoediarum , ntmc comoedia
temperat iocosa, nunc flammant satirae et tyrannicarum declamatio con-
troyersiarum. Vgl. ib. IX, 13 : istud vix Leo (A. 7), rcx castalii chori, vix
hnnc qui sequitur Lampridius queat, declamans gemini pondere sub stili
(Prosa und Verse?) coram discipulis Burdigalensibus.
7. Sidon. ep. IX, 13 (s. A. 6). 15: epos sed istud aptius paraverit
Leo, Leonis aut secutus orbitas cantu in latino . . Consentiorum qui etc.
(A. 6). Vgl. ep. VIII, 3 (Leoni): sepone tantisper pythicas lauros Hip-
pocreuenque et illos carminum modos etc. suspende perorandi illud quo-
que celeberrimum flumen quod . . in tuum pectus . . ab atavo Frontone
(oben 333) transfunditur. sepone pauxillulum conclamatissimas declama-
tiones quas oris regü vice conficis. Er war nämlich Geheimsecretär des
ostgothischen Königs Eurich; vgl. ib. IV, 22. carm. 9, 311 (A. 4). 14 praef.
(spectabili viro Leone). 23, 448—456: ad doctiloqui Leonis aedes, quo bis
sex tabulas docente iuris ultro Claudius Appius taceret. . . at si dicat
epos metrumque rhythmis flectat commaticis . . faciat silere Flaccum.
8. Sidon. ep. IX, 13: quod temporibus Aug. Maioriani . . in Fetri
librum magistri epistolarum . . effudi, meis quoque contubemalibus . .
Domnulo, Severiano atque Lampridio (A. 6) paria pangentibus. Dann:
Petrus est tibi legendus, in utraque disciplina satis institutus auctor.
. . opus editum tenemus bimetra quod arte texens etc. ib. 15: Severia-
nus ista rhetor altius, Afer vaferque Domnulus (s. imten 438, 1 f.) poli-
tius, scholasticusque sub rotundioribus Petrus Camenis dictitasset acrius.
. . humo atque gente cretus in Ligustide Proculus melodis insonarc pul-
sibus etc. ib. carm. 3: mihi Petrus erit Maecenas temporis huius.
9. Doctissimo viro Sapaudo (vgl. Sidon. ep. V, 10) rhetori Clau-
dianus (unten 438, 3—6). . . declamationum tuarum suavitas. Ueberschwäng-
liches Lob derselben, ib.: fac memineris docendi munus tibi a proavis et
citra hereditarium fore (= esse). . . admonitus quoque sis oportet Vien-
nensis urbis nobilitatis antiquae, cuius tu civis et doctor etc.
10. Sidon. ep. V, 8 (an Secundinus): diu quidem est quod te hexa-
metris familiarius inservientem stupentes praedicantesquc lectitabamus.
erat siquidem materia iocunda, seu nuptiales tibi thalamorum faces sive
perfossae regiis ictibus ferae describerentur. sed triplicibus trochaeis nuper
in metrum hendecasyllabum compaginatis nihil , . simile fecisti. deua bone,
quid illic inesse fellis, leporis piperataeque facundiae . . inspexi! . . ope-
ram facetis satirarum coloribus intrepidus impende. nam tua scripta no-
strorum vitiis proficientibus tyrannopolitarum locupletabuntur. Vgl. ib. D,
10: ab hexametris eminentium poetarum Constanfcü (an ihn ep. I, 1. VII,
18) et Seeundini vicinantia altari basilicae (in Lugdunum) latera claresoosi
436 f. ZüitgenosBcn dos Apollinaris Sidoiiius. 967
11. Sidon^ep. I, 7: legati provinciae Galliae Tonantius Ferrco-
luB praefectoriuB, Afranii Syagrii consalis (unter Gratianus) e filia nepos,
Thaumastus quoque et Petronius, maxima rerum verborumque scientia
praediti et inter principalia patriae nostrae decora ponendi (traten in Rom
als Ankläger des Arvandus, pracf. praet. Galliarum, auf. Vertheidiger des
Letzteren waren Sidonius selbst und Auxanius). II, 9 (Tonantium cum
fratnbus). carm. 24, S4 ff.: hie docti invenies patrem Tonanti, rectorem
columenque Galliarum, Prisci Ferreolum parem Syagri. ib. 84 ff.: exin
tende gradum Tribusque villis Thaumastum expete, quem libet duorum;
quorum iunior est mihi sodalis et collega simul graduque frater.
12. Sonstige Redner der Zeit: Pragmatius (Sidon. ep. V, 10); Flavius
Nicetius (ib. VIII, 6) ; ßischof Remigius in Reims (ib. IX, 7 : declamationum
tuarum schedio . . tot voluminibus). Zugleich Lehrer der Beredtsamkeit
Lupus (ib. VIII, 11), loannes (ib. VIII, 2).
13. Sonstige Versmacher der Zeit: Heronius in Lugdunum (Sidon.
ep. I, 9: Glius tuae hexametris); Victorius (potentissime condidit versus,
ib. V, 21). Eine anonym erschienene (temporibus Aug. Maioriani) Satire
auf Verhältnisse und Persönlichkeiten in Arelate erwähnt Sidon. ep. I, U.
Künsteleien der versus recurrentes (vgl. A. 6), qui metro staute . . ut ab
exordio ad terminum sie a fine releguntur ad summum. sie est illud an-
tiquum: Roma tibi subito motibus ibit amor. nee non habentur pro re-
currentibus qui pcdum lege servata . . per singula verba repetuntur, . .
qualia equidem legi multa multorum, Sidon. ep. IX, 14 (Beispiel: praeci-
piti modo quod decurrit tramite flumcn tempore consumptum iam cito
deficiet).
14. Sonstige Gelehrte der Zeit: Paulus in Rom (Sidon. ep. I, 9),
Probus (ib. carm. 9, 330. 24, 94). Als Rechtskenner bezeichnet Marcelli-
nus (ib. 23, 466 ff.), Tetradius (ib. 24, 81 vgl. ep. III, 10).
15. Beschäftigung mit Philosophie, theilweis auch schriftstellerische,
wird ausgesagt ausser von Claudianus Mamertus (unten 438, 3 ff.) auch
von Domitius (Sidon. ep. II, 2 vgl. carm. 24, 10 ff.), Eusebius (Sid. ep. IV,
1), Eutropius (ib. III, 6: consectanei vestri Plotini dogmatibus), Faustus
(unten 438, 7 ff.), Polemius (Sidon. ep. IV, 14 vgl. carm. 14 praef.: com-
platonicis tuis; 15, 187 ff.: stoica pone supercilia etc.). Zu den membra phi-
losophiae wurde auch die Astrologie gerechnet (Sid. carm. 22 praef.).
16. Wie Sidonius in seinen Briefen die Anhäufung von Autorennamen
der alten Zeit liebt, gewöhnlich mit einem charakteristisch sein sollenden,
aber meist phraseologischen Epitheton, so ähnlich auch Mamertus Clau-
dianus in dem Briefe an Sapaudus (Migne LIIl. p. 784 f.).
X
437. Der begabteste Vertreter der Strebsamkeit und Fonii-
gewandtheit; aber auch der Gedankenarmut und Phrasenhaftig-
keit der gallisch - römischen Literatur der Zeit ist C. Sollius
Apollinaris Sidonius (ums J. 430 — 488), aus einer adligen
Familie in Lugdunum, seit etwa 472 Bischof von Clermont (Ar-
vemi). Wir besitzen von ihm eine Sammlung von 24 Gedieh-
968 J^ic Kaiserzeit. Fünftes Jahrhundert.
ten und neun Bücher Briefe, worin gleichfalls m^jiche Gedichte
mitenthalten sind. Die umfangreichsten sind Epen zum Preise
seines Schwiegervaters Avitus (c. 7), auf dessen siegreichen Gegner
Maiorianus (c. 5) und auf den Kaiser Anthemius (c. 2), alle
künstlich geschwellt durch Aufgebot der Mythologie und (lelehr-
samkeit, und in conventioneller Phraseologie nach einem rhe-
torischen Schema gearbeitet. Neben dem epischen Versmass i.st
auch das elegische und die Hendekasyllaben häufig. Die Briefe
schliessen sich mit Bewussisein an die Muster von Plinius und
Symmachus an und vergegenwärtigen uns das weiche, gutmütige
und eitle Wesen ihres Verfassers sowie seine überladene, ver-
sclirobene Schreibweise.
1. Vorname C. nach der Widmung von Claudianus (unten 438, 4),
sowie den Ueberschriften der Jiriefe und der GedichtBammlung. In den erstem
regelmässig Sidonius Constantio s. s. ; comcs Sidoui Ep. 1, 11. Domine
Solli, Solli meus u. dgl. ep. V, 17. 1,9. JX, 15. Sollius Ap. Sid. carm. 9iii.
u. 22 praef. (Soll. Ap. Sid. Pontio Leontio b.).
2. Geburtstag non. novembr. (c. 20)^ um 430 (J. 449 adoleseens, ep.
VIll, 6). familia praefeetoria (ep. V, 16); Grossvater praef. Apollioaris
schon getauft (ep. III, 12. V, 9); Vater praef. praet. Gall. (ep. V, 9. Vlll,
6). Verseniachen a parvo (ep. V, 21). VermälUt (um 452) mit Papianilla
(ep. V, 16). der Tochter des Avitus dv.r sich gegen Ende 455 zu Tolosa
(und Arclate) zum Kaiaer aufwarf*. Sohn Apollinaris, Tochter Roscia (ep.
V, 11. 16). Durch seinen Schwiegervater erhielt Ap. zu Rom eine Statue
(c. 8, 8. ep. IX, 16). J. 456 Avitus gestürzt durch Ricimer und MaJorianas.
Letzterem unterwirft sich (457 oder 458) schliessUch Sid. mit dem übrigen
gallischen Adel. Majoriau gestürzt 461; thatsächlicher Regent Galliens
der Westgotbc Theoderich II. J. 467 Anthemius durch den oström. Kaiser
Leo zum weströra. erlioben. Unter ihm (467) Sid. zu Rom praef. urbi («*.
A. 3 u. c. 8, 9 L ep. I, 9). Um 472 Bischof zu' Clermont (ep. HI, 1. VI, 1)
und als solcher zugleich politisches üaupt, Leiter des Widerstands gegen
die Gothen. Nach dem Fall Clermonts (J. 474) Sid. eine Zeit laug Ge-
fangener des Königs Eurich (ep. VIII, 9. IX, 3). Lebt als Bischof mincle
stens tres olyrapiadas (ep. IX, 12); f um 487 (Greg. Tur.), XII kal. sept
(21 Aug.) nach epitaph., nach martyrol. vielmehr 23 Aug., und fand Heilig-
sprechung. Vgl. Gregor. Tur. bist. Franc. II, 22 f.
3. (Jeunad. ill. 92: Sidonius, Arvernorum episcopus, scripgit varia et
grata opuscula et sanae doctrinae. homo si quidem tam divinis quam bn-
]uanis ad integrum imbutus acerque ingenio, scripsit ad diversos diverse
metro vel prosa compositum Epistolarum insigne volumen, in quo quid in
litteris posset ostendit. verum in christiano vigore pollens, etiam inter
barbarae ferocitatis duritiem quae eo tempore Gallos oppresserai, cathoh-
cus pater et doctor habetur insiguis. floruit ea tempestate qua Leo et
Zeno Homanis imperabant. Sid. selbst gibt eine Uebersicht seines Lebens
und seiner literarischen Thätigkeit in dem Gedichte ep. IX, 16, worin t.
20 ff.: coronae quam mihi iudulsit populus Quirini, blaiUfer Tel
437. ApoUinariö Sidonius. 969
tribuit seuatuB, . . cum meie poni statnam perennem Nerva Traianus (des-
sen forum) titulis videret inter auctores utriusque fixam bybliothecac .
quamque post visus prope post bilustre tempus accepi capicns honorem
(des praef. urb). (33 fF.) praeter heroos ioca multa multis texui paunis,
elegos frequentcr subditos senis pedibua rotavi commate bino; nunc p(3r
undenas equitare suetus syllabas lusi celer, atque metro sapphico creber
cecini, citato rarus iambo. (45 ff.) iam senectutis propiore meta . . plus
pudet si quid leve lusit aetas nunc reminisci. quod perhorrescena ad epi-
stolarum transtuli cultum genus omne curae, . . clerid ne quid maculet
rigorem fama poetae. . . nullum cito cogar exhinc promere Carmen, per-
secutorum nisi quaestiones forsitan dicam meritosque caelum niartyres etc.
Dazu kam es aber nicht.
4. Die erste Hälfte der literarischen Thätigkeit des Sid. bewegt sich
in gebundener Form. Die Sammlung der Gedichte umfasst 24 Stücke.
Voran stehen die drei panegyrischen Gedichte mit Begleitschreiben im ele-
gischen Masse, in einer der geschichtlichen entgegengesetzten Ordnung.
Das älteste (vom J. 456) ist das auf Avitus (c. 7), 003 Hexameter (G. Kauf-
mann, die Werke d. Sid., S. 20—28); aus J. 458, als Majorianus in Lugduuum
sich befand, der panegyricus auf diesen (c. 5), 599 Hexameter (G. Kauf-
mann ebd. S. 28 — 32); aus J. 468 der auf Kaiser Anthemius (c. 2), 549
Hexameter (ebd. S. 33—38). Mit c. 9 (343 Hendekasyllaben) beginnt die
zweite Hälfte der Sammlung (v. 6 fi'.: nugas . . quas sparsit tenerae iocus
iuventae in formam redigi iubes libelli); es ist ein poetischer Brief (ex-
cusatorium ad v. c. Felicem) worin v. 13—314 eintönig dargelegt wird was
alles man von der nachfolgenden Sammlung nicht erwarten dürfe. Epi-
thalamien Kuricio et Iberiae (c. 11, von 133 Hex.) und Polemio et Arancolao
(c. 15, von 201 Hex.), je mit Vorwort, jenes (c. 10) im elegischen Masse,
dieses (c. 14) in Hendekasyllaben mit abermaliger Vorrede in Prosa.
Poetische Briefe sind c. 12 (22 Hendekasyllaben), 13 an Majorianus (Bitte
um Steuernachlass für Lugdunum, 20 elegische Verse u. 20 Hendekasylla-
ben), 16 (Danksagung an Faustus, episcopus Reiensis, 129 Hex.), auch c.
22 (mit Zuschrift in Prosa) die Beschreibung eines Gut^js von Pontius Leon
tius (237 Hex.) und 23 (513 Hendekasyllaben an Consentius). Nr. 17—21
Gelegenheitsgedichte von wenigen Distichen, c. 24 Epilog (propempticon ad
libellum, 101 Hendekasyllaben). Zur Zeit von c. 23 ist Narbo noch im
Besitze der Gothen (v. 68 ff.: te . . decus Getarum . . Theudericus amat),
die es im J. 462 gewonnen hatten.
5. Nach seiner Wahl zum Bischof verschwor Sid. das Versemachen,
doch nicht ohne zahlreiche Rückfälle. Epist. IX, 12: ab exordio reUgiosae
professionis hnic principaliter exercitio reiiuntiavi (vgl. A. 3). Aber schon
ep. IX, 13 erhält ein Bewunderer seiner Muse ein 20 J. altes und ein neues
Gedicht zugeschickt, letzteres (Asklepiadeen) sogar zum Vortrage inter bi-
bendum; ebenso ep. IX, 15 (Jamben) und 16 (sapphisch). Auch sonst ist
er immer bereit Bestellungen auf Gedichte zu entsprechen. So ep. II, 10
(Hendekas. zur Einweihung einer Kirche in Lugdunum). IV, 8 (auf eine
der Königin Ragnahilda zu überreichende concha). VII, 17 (nenia sepul-
cralis auf einen Abraam). Andere Gedichte in der Briefsammlung: II, 8
(nenia funebris . . per hendecasyllabos, auf Philematia, . . quam . . ceteris
970 i^ic Kaiserzeit. Fünftes Jahrhiuidert.
epigrammatum meorum voluminibus applicandam mercenanus bybüopola
Buscipiet). III, 12 (Uendekas. auf das Grab seines Grossvaters). lY, 11
(auf Claudianus). 18 (Kircbweihe in Tours). YIII, 9 (Uendekasyllaben an
Lampridius). Jugendgedichte VIII, 11 (Uendekas.) und IX, 13 (Anakreonteen).
Erwähnung seiner poetischen Improvisationen ep. I, 11. V, 17. IX, 13. Das
Versprechen Attilae bellum stiio me posteris intimaturum zeigte sich als
unausführbar (ep. VIII, 15), wie Sid. auch die Aufforderung zu einem Ge-
schichtswerke mit Gnmd ablehnte (ep. IV, 22). Epist. VII, 3: contesta-
tiunculas quas ipse dictavi . . tibi transmisi. ib. 9: orationem quam videor
ad plcbem Biturigis in ecciesia sermocinatus, . . quam duabus vigilüs unius
noctis aestivae, Christo teste, dictatam (er beilegt). III, 14: meas nugas,
sive confectas opere prosario, seu poetarum stilo cantilenosas. I, 1: con-
tenti versuum . ? editorum opinione, de qua mihi iam pridem in portu iudicii
publici . . sufficientis gloriae ancora sedet.
6. Die neun Bücher Briefe umfassen 147 Stücke, worunter IV, 2
von Mam. Claudianus (438, 3 ff.) herrührt. Die Adressaten sind senatores
et pontifices (ep. VII, 12); an Bischöfe gerichtet sind B. VI. VII, 1 — 11.
VIII, 13—15. IX, 2— -11. Widmung an Constantius (presbyter Lugduncnsis];
ep. I, 1: diu praecipis . . ut si quae litterae paulo politiorcs varia occasione
fluxernnt . . omnes retractatis excmpiaribus enucleatisque uno volumine
includam (nach dem Vorgange des Cicero, Plinius, Titianus und Symma-
chus). Im Falle günstiger Aufnahme actutum tibi a nobis volumioa na-
merosiora . . multiplicabuntur. IV, 2 Beschwerde des Claudianus über
Nichterwähnung in der Sammlung. IV, 10 : post terminatum libellum qui
parum (paulo?) cultior est reliquas denuo litteras usuali . . sermone con-
texo. non enim tanti est poliri formulas editione carituras. IV, 22: ut epi-
stolarum curam iam terminatis libris earum converteremus ad stilum hi-
storiae. Die drei ersten Bücher scheinen somit zusammen herausgegeben.
Erweiterung durch ß. IV— VII; s. ep. VII, 18 (an Constantius) : a te prin-
cipium, tibi desinet (Vergil. ecl. VIII, 11): nam petitum misimus opus,
raptim relectis exemplaribus, quae ob hoc in manus pauca venerunt quia
mihi nihil de libelli huiusce conscriptione meditanti hactenus incustodiU
nequcant inveniri. Spätere Hinzufügung von B. VIII auf Anregung des
Petronius (in Arelate); ep. VIII, 1: scrinia Arverna petis eventilari, cui
sufficere suspicabamur si quid superiore vulgatu protulissemus. itaquc
morem geremus iniunctis, . . ut epistolarum seriem . . in extimo fine panri
adhuc numeri summa protendat. Vgl. ib. 16: spoponderam Petronio . .
praesens opusculum paucis me epistolis expediturum. . . malui ut illum
correctionis labor, te (Constantius) honor editionis aspiceret. . . peracta
promissio est. Dazu schliesslich B. IX; s. IX, 1 (Firmino): exigis ut epi-
stolarum priorum limite irrupto stilus noster in ulteriora procurrat. . . ad-
dis et causas quibus hie über nonus octo superiorum voluminibus adcrc-
scat: eo quod C. Secundus, cuius nos orbitas sequi hoc opere pronnutias,
paribus titulis opus epistolare determiuet (oben 317, 5 f.). . . uos vero si
quod exemplar (von B. I — VIII) manibus occurrerit libri marginibos octavi
celeriter addemus. So hat die Sammlung triplices epilogos (IX, 1).
7. Sid. ep. VII, 18: ita mens patet in libro velnti vultus in apeciik).
dictavi enim quaepiam hortaudo, laudando plurima, aliqua suadendo, miio-
437. Apollinaris Sidonius. 971
rendo pauca iocandoque nonnolla. . . eingalae causae singulis fermc epi-
stolis finiuntur. Anfangs zufällig entstanden und wirkliche Briefe (Em-
pfehlungs- und Glückwunschschreiben, Todesanzeigen, Geschäftsbriefe u.
dgl.)) wuchs die Sammlung immer mehr durch bewusste Nachbildung des
Plinius und Symmachus, das Bestreben bestimmte Stoffe zu behandeln und
den Wunsch von Bekannten und Freunden durch solche Briefe verewigt
zu werden (ep. VII, 12. Vill, 6. IX, 11. 16). Viele Briefe sind förmliche
Lobreden auf einzelne Männer (wie Theoderich II, ep. I, 2; Ecdicius, ib.
III, 3; ClaudianuB, ib. IV, 11; Sigismer regius iuvenis, ib. IV, 20), meist
den Adressaten selbst (IV, 9. 13. 21. VI, 1. 12. VII, 1. 12—14. IX, 7 u.
sonst). Inhalt und Ausdehnung stehen oft in Missverhältniss (sunt omnes
loquacissimae, ep. IX, 11 vgl. II, 9. III, 7. 11. IV, 3. VI, 3. VII, 2. IX, 15 u. sonst).
Die an Bischöfe gerichteten (s. A. 6) haben einen feierlicheren Ton und
eine litaneiartige Schlussformel (memor nostri esse dignare, domine papa).
Schwerlich ernst gemeint ist die Versicherang (ep. VIII, 16): nos opuscula
sermone edidimus arido, exili, certe maxima ex parte vulgato.
8. Sidonius ist eine Persönlichkeit von demselben Teige wie die Män-
ner die auch literarisch seine Vorbilder sind, Plinius d. J. und Symmachus
(s. A. 6 und ep. IV, 22 : ego Plinio ut discij^ulus assurgo) : gutmütig, bereit
zu helfen, von unanfechtbarer Sittenreinheit in einer verwilderten Zeit, fei-
nerer Sitte und geistiger Bildung zugewandt, ein treuer Freund (tenues nobis
esse amicitias nee inimici fingere queuut, ep. IX, 9) und guter Familien-
vater; dabei aber von einer grenzenlosen Eitelkeit, unersättlichem Durst
nach Lob, sich und Andere überschätzend (vgl. die Urteile oben 436, 4 ff.
und unten 438, 1—6. 8), ein würdeloser Schmeichler der Machthaber, ein
leerer Phrasenmacher, erfüllt von den Vorurteilen seines Volkes (vgl. oben
436, 2 g. E.) und seines (adeligen) Geschlechtes (z. B. ep. IX, 6). Seine Christ-
lichkeit ist am stärksten aufgetragen in den Briefen an seine bischöflichen-
StandesgenoRsen (z. B. ep. IX, 2 nennt er sich einen novus clericus, pec-
cator antiquus), aber auch sonst aufrichtig und correct (ep. VIII, 4: tem-
pus est . . de perpetua vita potius quam memoria cogitari; IX, 8: iudicii
dies, resurrectio; VIII, 11: quisque praesumpserit . . vetita rimari, vereor
huiusmodi a cathoUcae fidel regulis exorbitaturum) , jedoch frei von dog-
matischer Verbissenheit (wegen spiritales quaestiones verweist er ep. IV,
17 auf sacerdotes fide clari, und auch für Juden hat er Humanität, obwohl
ihm deren secta despectui est, ib. III, 4 vgl. VI, 11. VIII, 13) und Raum
lassend für warme Bewunderung der classischen Literatur. Vgl. ep. II, 9 :
similis scientiae viri, hinc Augustinus, hinc Varro, hinc Horatius, hinc Pru-
dentius lectitabantur. Er hat zwar ein klares Bewusstseiu von dem Gegen-
satze der beiden Weltanschauungen (ep. IX, 13: procul hinc et Hippocre-
nen . . et Apollinem cauornm . . abigamus, et Minervam. . . removete
ficta fatu: deus ista praestat unus; vgl. VIII, 4: talibus studiis anterior
aetas iuste . . occupabatur; modo tempus est seria legi, seria scribi etc.);
aber er bedient sich gewöhnlich unbefangen der Gestalten und Begriffe
der alten Welt und ist in deren Literatur wohlbewandert (s. bes. c. 9).
Dass er jedoch in dieser Welt nicht ursprünglich zu Hause, sondern nur
durch Schulbildung und fortgesetztes Studium eingebürgert ist zeigt das
viele Fremdartige, Analogiewidrige, Verschrobene und Geschmacklose was
972 ^*^ Kaisurzeit. Fünftes Jahrhuudert.
sein latciniHcher Ausdruck hat, in Wortstellung wie Wortbildung und Syn-
onymik (ex asse gaudeo u. dgl., granditer anxius, sis meminens, ilicet =
nam, phtliisiscere, crepusculaaccns, combinans, bonuscula, complices, spon-
taliter, trebaciter, ducalius, sternax, incursax u. dgl.), eine bunte Mischuug
von Reminiscenzen aus allen Zeiten und Stilarten. Seine Prosodie ist, mit
Ausnahme willkürlicher Messungen von Eigennamen und Fremdwörtern,
wie EuripTdis (c. 9, 231. 23, 126), Ctesiphon (c. 23, 139), cätholicam (ep. IV,
11), phllosophi (c. 15, 182. 187), untadelig.
9. Ausgaben von El. Vinetus (Lugd. 1552), J. Wower (cum notis P.
Colvii, Paris, et Lugd. 1598), J. Savaro (Paris. 1599. 1609. 4.), G. Elroen-
horst (Hannover 1617) und bes. J. Sirmond (Paris 1614. 1652. 4. in Sir-
mondi opp. I. p. 464 flF.). In der Bibl. patr. max. VI. p. 1075 ff., Gallandi
bibl. patr. X. p. 463 ff., Migne's patrol. LVIII. Auch hier wäre noch ein
weites und dankbares Arbeitsfeld.
10. A. Germain, cssai litteraire et historique sur Ap. Sid., Montpel-
lier 1840. M. Fertig, C. S. A. S. und seine Zeit nach seinen Werken dar-
gestellt, 3 Thle., Wiirzburg 1845. 1846. PiUJBau 1848. 4. G. Kaufmann, die
Werke dcß A. S. als eine Quelle für die Geschichte seiner Zeit, GöttL 1864.
44 S.; C. S. A. S., im Neuen Schweiz. Museum V (Basel 1865) S. 1 — 28.
C. A. Chaix, St. Sidoine Ap. et sou siede, 2 Voll. (462 u. 408 pp.) Cler-
mont-Ferrand 1867; vgl. G. Kaufmann, Götti. gel. Anz. 1868, S. 1001—1020.
438. Aus dem Freundeskreise von Sidonius besitzen wir
noch Schriften von Rustieius Elj)idius Domnulus, Mainertus Clau-
dianus und Faustus. Von Domnulus sind uns einige clirist-
liche Gedichte erhalten; von dem Presbyter Mamertus (Ecdicius)
(jlaudianus die drei Bücher de statu animae welche er unis
J. 470 dem Sidonius widmete. Ihrem Inhalte nach ist diese
Schrift scholastisch, in der Form bald trocken bald schwülstig.
Auch einen christlichen Hymnus von prosaischem Tone besitzen
wir von ihm. Gleichfalls ein Freund des Sidonius war der Bischof
von Reii (Riez), Faustus, gegen welchen das Werk des Clan-
dianus gerichtet war und von welchem eine Schrift de gratia
dei, Briefe, Predigten u. dgl. auf uns gekommen ist.
1. Subßcription des Vat. 4229 von Pomponius Mela: Fl. Rusticias
llelpidiua Domnulus v. c. et spectab. com. consißtor. emendavi Rabennac
Aehnlich am Julius Paris. Vgl. Elpidio viro spect. comiti sacri condstorii
in den Acta concil. ephes. bei Harduin II. p. 77. Die nächste Stufe nadi
den comites cons. war die des quaeetor. Der Domnulus von welchem Si-
don. ep. IX, 13 erzählt dass er unter Majorianus (J. 457 — 461) zu Arki
Gedichte gemacht habe (vgl. oben 436, 8) und an welchen Sid. ep. IV, 85
gerichtet ist heisst ib. carm. 14 praef. : vir quaestorius ; und die chrisiUclieii
Gedichte (s. A. 2) haben die Ueberschrift: Rustici Helpidi v. c et iiü. 4St
quaestore. Die Identität der Person ist daher höchst wahrscbeidädi. 0.
Jahn, Berichte der sächs. Ges. d. Wiss. 1851, S. 315-347.
438. Domiiulub und Mam. Claudiamis. 973
2. Rastici Elpidii Carmen de Cliristi beneficiis (ed. Herrn. Müller,
Göitingen 1808 4.) in Hexametern, und Historiarum tcstamenti veteris et
novi tristicha, '24 Strophen von je drei Hexametern. Beide gedruckt in
G. KaV)riciu8, corpus poett. Christ, p. 754 ff. und in patristischen Samm-
lungen (z. B. Bibl. patr. max. IX. p. 462 ff.).
3. Gennad. vir. ill. 83: Claudianus Viennensis ecclcsiae presbyter,
vir ad loquendum artifex et ad disputandum subtilis, composuit tres quasi
de statu vel de substantia animae libros, in quibus agit . . ut ostendat
aliquid esse incorporeum praeter deum. scripsit et alia nonnulla, iuter
quae et hymnum de passioue domini cuius principium est , Fange liugua
gloriosi'. fuit autem frater Mamerti Viennensis episcopi. Nachruf an ihn
(nuper ereptus) von Sidon. epist. IV, 11 mit masslosem Lobe, n ß.: vir
providus, prudeus, doctus, eloquens, acer et hominum aevi, loci, popnli sni
ingcniosissimus quique indesinenter salva religione philosopharetur et . . a
collegio complatonicorum solo habitu ac fide dissociabatur. . . episcopum
fratrem maiorem natu affectuosissime observans etc. sed et ille suspicie-
bat hunc granditer, habens in eo consiliarium in iudiciis, vicarium in eccle-
siis etc. Und in der nachfolgenden nenia auf ihn z. B.: Claudianus, triplex
bybliotheca quo magistro — romana, attica, christiana — fulsit. . . orator,
dialecticus, poeta, tractator, geometra musicusque, doctus solvere vincla
quaestionum et verbi gladio secare sectas, si quae catholicani fidom laces-
8unt. paalmorum hie modulator et phonascus etc. Brief des Claudianus
an Sidonius in dessen epist. IV, 2. Anderer an den ßhetor Sapaudus s.
oben 436, 9.
4. Die Schrift de statu animae hat die Widmung : praefectorio (also
nach J. 467, s. ob. 437, 2), patricio, doctissimo et optimo viro C. SoUio Sidonio
Claudianus sal. und das Nachwort: Claudianus C. Sollio Apollinari. Jene
beginnt : editionem libellorum quos de animae statu condidi . . mihi imperasti
und enthält auch eine kurze Inhaltsangabe. B. I beginnt: magnum in ge-
nere humano, Solli Sidoni, frater amantissime, multorum vitium est etc.
Im Nachwort: libellorum a me transmissorum , quos philosophicae artis
subtilissima disputatione disposui etc. üeberschwünglicher Preis dieser
Schrift durch Sidon. epist. IV, 3 vgl. V, 2: librum de st. an. tribus volu-
minibus illustrem Mamertus Claudianus, peritissimus christianorum philo-
Bophus, . . excolere curavit etc. Polemik gegen chartula quaedam (I, 1),
ein opusculum (I, 2) welches anonym erschienen war (ib.), aber den Fau-
stus zum Verfasser hatte; s. A. 7.
5. Der Hymnus Fange etc. besteht aus 30 trochäischen Tetrameteru.
Ueber ihn Sidon. epist. IV, 3: de hymno tuo si percontere quid sentiam,
commaticus est, copiosus, dulcis, elatus et quoslibet lyricos dithyrambos
amoenitate poetica et historica veritate supereminet u. s. f. in diesem Stile.
Auch noch andere Sachen in gebundener Form tragen seinen Namen und
sind theilweise unter die Gedichte des älteren Claudianus (oben 413) hin-
oingerathen. So im epischen Versmass contra poetas vanos, ein Carmen
paschale, laus Christi, bIs zov acor^^a, ilg xov d£an6zi]v X^taroV; im ele-
gischen in lacobum mag. eq. und miracula Christi. Da Sidonius (ep. IV,
II; 8. A. 3) Gedichte in griechischev Sprache ihm beilegt, so mager wirk-
lich der Verf sein.
974 ^0 Kaiserzeit Fünftes Jahrhundert.
6. Abgedruckt sind des Mam. Claudianus erhaltene Werke z. B. in
Gallandi bibl. patr. X und in Migne's patrol, LIII (p. 693 — 790); die Ge-
dichte auch in G. Fabridus Corp. poett. Christ, p. 775 ff. und andern
Sammlungen.
7. Geunad. vir. ill. 85: Faust üb, ex abbate Lerineusis monasteiü
apud Regium (vielmehr in Reii) Galliae episcopus factus (ums J. 462), vir
in divinis scripturis satis intentus, . . composuit librum de spiritu sancto.
. . edidit quoque opus cgregium de gratia dei (s. A. 8). . . legi eius et
Adversus Arianes et Macedonianos parvum libellum . . et alium Advenus
eos qui dicunt esse in creaturis aliquid incorporeum, in quo divinis testi-
moniis et patrum confirmat sententiis nihil credeudum incorporeum praeter
deum (hiegegen Claudiauus, s. A. 3 u. 4). est et eius Epistola in modum libelli
ad diaconum quendam Gratum nomine edita, qui a fide catholica discedens
ad Nestorianam abiit impietatem. . . sunt vero et alia eius scripta, quae
quia necdum legi nomiuare nolui. . . scripsit postea ad Felicem praef.
praet. et patriciae dignitatis virum, filium Magni consulis, iam religioBom,
epistolam ad timorem dei hortatoriam. Vgl. ib. 86: floruit hie (Caesarius,
episc. Arelatensis) eo tempore quo et Faustus, Anastasio remp. admini-
strante. Sidon. carm. 16. epist. IX, 3. 9. Vgl oben 437, 4.
8.. Die Schrift des Faustus De gratia Dei in zwei Büchern, als pela-
gianisch angegriffen von Gelasius, Fulgentius (unten 441, 1) n. A., ist er-
halten. Die auf uns gekommenen Briefe des F. (an Leontius, Paulinen,
Felix, Ruricius u. A.) sind dogmatischen Inhalts und meist umfangreich.
So der an Leontius contra eos qui dtmi per solam dei voluntatem alios
dicunt ad vitam attrahi . . liberum arbitrium cum Manichaeis negänt; die
Correspondenz mit dem presbyter Lucidus gegen den Pradestinatianismos,
das Schreiben gegen den Ananisinus u. s. w. Letztere Richtung zog dem
F. die Ungnade des arianischen Westgothenkönigs Eurich zu (J. 481). Fer-
ner Sermones u. A. Vgl. Sidon. epist. IX, 3 an Faustus: immane sutpido
dictandi istud in vobis tropologicum geuus ac figuratum limatiaque pluri-
fariam verbis eminentissimum. ib. 9 : legi volumina tua etc. legimus opus
operosissimum, multiplex, acre, sublime, digestum titulis exemplisque con-
gestum, bipartitum sub dialogi schemate, sub causarum themate quadri-
partitum. . . mulierem pulchram . . tibi iugasti, . . philosophiam scilicet
. . huic copulatum te matrimonio qui lacessiverit sentiet ecclesiae ChrisÜ
Piatonis academiam militare teque nobilius philosophari.
9. Die Schriften des Faustus bei P. Pithöus, coUectio vett Galliae
theolog. (Paris, 1586. 4.), in der BibL patr. max. (Lugd. 1677) VIII, in
Migue's patrol. LVIII (p. 783-889 vgl. LIIL p. 681—685). Vgl. Wiggers,
Pelag. IL S. 228 ff.
439. Wie bei Claudianus und Faustus so dreht sich auch
bei andern Theologen der Zeit von welchen wir noch Arbeits
besitzen die schriftstellerische Thätigkeit vorzugsweise um das
Verhältniss von Willensfreiheit und Gnade, auch wohl noch um die
alten Streitigkeiten über die Person Christi. Andere verfassen
(^omraentare zu biblischen Schriften, Predigten und dgL Solehe
:>%i^
438 f. Faustus. AmobiuB iun. u. A. 975
theologische Schriftsteller sind Amobius (iunior), Cerealis, Ge-
lasius, Honoratus, Ruricius, Salonius u. A. Besonders wichtig
aber ist desGennadius Fortsetzung von Hieronymus' Verzeich-
niss der kirchlichen Schriftsteller (viri illustres) bis auf ihn selbst
(um 495).
1.. Des Amobius Commentarius in psalmos igt gewidmet Leontio
et RubUco episcopis, die um 460 fallen. Ausserdem ist erhalten Amobit
catholici et Serapionis conflictus de deo trino et uno etc., in Form einer
Verhandlung vor einem Schiedsgericht, in der Weise ut Amobius a parte
sediä apostolicae defensor fieret et Serapion a synedrio Aegyptiorum al-
tercator existeret, iudices vero essent a parte catholica Decius Constantius
et a parte Aegyptiorum Ammonius. Abdruck in der Bibl. patr. max. VIII,
in Migne's patrol. LIII (p. 238—669).
2. Gennad. vir. ill. 86: Caesarius, Arelatensis urbis episcopus, . .
scripsit egregia et grata et valde monachis necessaria opuscula. de gratia
quoque et libero arbitrio edidit testimonia. . . quod opus etiam papa Fe-
lix per suam epistolam roboravit et in latius promulgavit floruit hie . .
Anastasio remp. administrante (J. 491—518). Vgl. Greg. Tur. hist.Franc.IX,39.
3. Gennad. ill. 96: Cerealis episcopus natione Afer, interrogatus a
Maximino Arianorum episcopo, si paucis posset . . fidem catholicam assi-
gnare, . . copiosis tarn veteris quam novi testamenti indiciis approbavit et
libello edidit. Abgedruckt ist diese Schrift z. B. in Migne's patrol. LVIII.
p. 767—767.
4. Gennad. ill. 97: Eugen ins, Carthaginis . . episcopus et confessor
publicus, admonitus ab Hunerico Vandalorum rege catholicae fidei expo-
sitionem et maxime verbi homousii proprietatem disserere (J. 484) . . com-
posuit librum fidei (abgedruckt z. B. bei Migne patrol. LVUI. p. 219—234).
. . iam vero asportandus pro fidelis linguae remuneratioue in exilium epi-
stolaa velut commonitorias fidei . . dereliquit (abgedruckt z. B. bei Migne
LVIII. p. 770—775). altercationes quoque quas cum Arianorum praesulibus
per intemuntios habuit conscripsit et relegendas per maiorem domus Hu-
nerico transmisit. similiter et preces pro quiete christianorum eidem velut
apologias obtulit. vivere adhuc (um 495) . . dicitur. Er starb J. 505. Vgl.
Greg. Tur. bist. Franc. II, 3. mirac. I, 68.
6. Gennad. ill. 94: Gelasius, urbis Romae episcopus (J. 492 — 496),
scripsit adversus Eutychen et Nestorium grande et praeclarum volumen et
tractatus diversarum scripturarum et sacramentorum elimato sermone et
adversus Petrum et Acacium scripsit epistolas. . . fecit et hymnos in si-
militudinem Ambrosü episcopi. obiit sub Anastasio Aug. Abdruck des
Erhaltenen (worunter auch de lupercalium intermissione) in den Concilien-
sammlungen, in der BibL patr. max. VIII, in Migne's patrol. LIX. Schrei-
ben seiner Vorgänger, der Päpste Hilarius (J. 461—467), Simplicius (J.
467—483), FeUx III (J. 483—492), bei Migne LVIII.
6. Gennad. ill. 96: (Antonius) Honoratus, Constantinae (Africae
civitatis) episcopus, scripsit ad Arcadium quendam qui pro confessione fidei
catholicae in partibus Africae a Genserico rege missus exulabat epistolam
. . hortatoriam. In Migne^s patrol. L. p. 567—670.
976 ^iö Kaiaerzeit. Fünftes Jahrhundert.
7. Gennad. ill. 99: Honoratus, Massiliensis eccleaiae episcopus, vir
cloqucns et absque ullo linguac impedimento ex tempore in ecclesia dc-
clamator . . in homiliarum modum . . midta componit. Auch war er als
lieiseprediger thätig. . . sanctus quoque papa Gelasius (A. 5) per scriptu-
ram aguoscens eins fidei iutegritatem rescripto suo probatam iudicavit.
sauctorum quoque patrum vitas . . coaptat ipse legendas, praecipue nutri-
toris Bui Hilarü (oben 428, 7). litanias ad supplicandam dei clemenÜam
cum plebe sibi credita pro viribus agit. Gedruckt ist seine vita Uilarii
z. 6. in Migne's patrol. L. p. 1220 - 1246.
8. Gennad. ilL 98: Pomerius natione Maurus, in Gallia presbyter
ordinatus, iuterrogantibus luliano episcopo et Vero presbytero dialecti-
corum more respondens arte dialectica . . composuit De natura animae
et qualitate eins et De resurrectione . . libros VIII (abgedruckt z. B. bei
Migne LIX). . . memini legisse me olim eins dictatum ad quendam no-
mine Principium de contemtu mundi ac rerum transiturarum hortatorium
et alium De vitiis et virtutibus praetitulatum. scripsisse dicitor et alia et
adhuc scribere, quae ad meam notitiam non venerunt. vivit usque hodie
(um 495). Bei Isid. ill. 12 heisst er lulianus cognomento Pomerius.
9. Von Ruricius, episcopus Lemovicensis (Limoges) J. 484 — 507,
äiud 82 Briefe in zwei Büchern erhalten, gerichtet vorzugsweise an Bi-
schöfe, wie Sidonius, Faustus, Aeonius, Euphrasius, Caesarius, Sedatos,
Aprunculus, Volusiauus u. A. Die Nachahmung des Sidonius ist unver-
kennbar (II, 18 versucht sich R. auch in Hendekasy Ilaben); an Reichthum
des Inhalts aber sind die Briefe mit denen des Sid. nicht zu vergleichen.
Abdruck z.B. in Migne's PatroLLVIlI. p.68— 124. Vgl. oben 437,4. Epitaph des
Venant. Fort. (IV, 5) auf die beiden Ruricii Anicii, Grossvater und Enkel.
10. Salonius, Sohn des Eucherius (oben 428, 6), Verfasser einer
Expositio mystica zu den Sprüchen Salomo's in dialogischer Form (abge-
druckt z. B. bei Migne LIII. p. 967 — 99.3) und einer ganz ähnlichen zum
Prediger Sal. (ib. p. 99H— 1011). Ein Brief von ihm, Ceretius und Vera-
nius an Leo M. bei Migne LIV. p. 887 ff. Briefe und Schriften des Sal-
vianus an ihn, oben 435, 1. 3. 4; ebenso Briefe des Sidonius.
11. Vigilius, Bischof von Thapsus (Africa), J. 484 verbannt; Verf.
von Adversus Nestorium et Eutychem libri V pro defensione synodi Chal-
cedonensis (gedruckt Tubing. 1528 fol. Colon. 1555). Unter dem Namen
des Athanasius erschien seine Altercatio adversus Arium. Bestritten ist
die Urheberschaft der libri XII de trinitate. Abdruck in Chittlets Ausg.
des Victor Vit. (Divion. 1664. 4).
12. Gennad. ill. 100: ego Gennadius, Massiliac presbyter, scripsi
adversus omnes haereses libros VIII et adversus Nestorium libros VI, Ad-
versus Pelagium libros III et tractatus de mille aunis et de apocalypsi b.
loannis, et hoc opus, et opistolam de fide mea (=» de ecclesiasticis dogma-
tibus, bei Migne LVIII. p. 979 — 1000) misi ad b. Gelasium, urbis Bomae
episcopum. Vgl. ib. 72 extr. : hunc ipsum hbellum (Timothei ad Leonein
imp.) noscendi gratia ego rogatus a fratribus in latinum transtuli. Ueber-
Bchrifb des Hauptwerkes im Veronensis: catalogus virorum illustriom qooi
b. Hicronymum sequens commemorat. Ausgaben an dem Werke des Hie-
ronymus (z. B. ed. Vallars. II, 2. p. 967 — 1016), in Migne's patrol. LVIII
439 f. Gennadius u. A. Victor. Idacius. 977
p. 1053 — 1120 und sonst. Später fortgesetzt von Isidorus. Alle dieee zu-
sammen (mit deren mittelalterlichen Forteetzongeu) in den Schriften De
illnstribuB ecclesiae scriptoribus von SuflFridus Petrus Leovardiensis Frisius
(Colon. 1580) und von Aub. Miraeus (Antverp. 1639 fol.).
440. Historische Arbeiten aus der zweiten Hälfte des fünf-
ten Jahrh. sind des Victor Vitensis Geschichte der Verfolgung
der orthodoxen Kirche durch die arianischen Vandaler^ und die
Chronik des Spaniers Idacius, welche die Jahre 379— 469 um-
fasst und die Geschicke seiner Heimat besonders berücksichtigt.
Ein Verzeichniss der Consuln vom Beginn der Republik bis ins
J. 468 n. Chr., geschöpft aus den altem Fasten und einem Aus-
zuge aus Livius, ist ohne triftige Gründe gleichfalls dem Idacius
beigelegt worden.
1. Victor, episcopus Vitensis (in Byzacene), ohne Zweifel auch aus
Africa gebürtig (historia persecutionia afiicanae a s. Victore patriae Vi-
tensis episcopo in einer Handschrift). Aus dem Vorwort: ego iubentis
imperio oboedientiae cervicem submittens quae obvenerunt in partibus
Africae debacchantibus Arianis sensim breviterqne indicare tentabo. Zeit-
bestimmung 1,1: sexagesimus nunc, ut clarum est, agitur annus ex quo
popnlus ille crudelis ac saevus vandalicae gentis Africae attigit fines (J.
427 + 59 = 486; nach Papencordt 429 + 59 = 488). B. I (nach der
Eintheilung von Chifflet) enthält die Verfolgungen durch Geiserich (t 477),
B. II, IV und V die durch dessen Sohn und Nachfolger Hunerich (J. 477
— Ende 484); B. III das Letzterem überreichte Glaubensbekenntniss der
orthodoxen Bischöfe (s. oben 439, 4). Die Erzählung ist unter dem frischen
Eindrucke des Selbsterlebten einseitig und grell gehalten, die Darstellung
ungebildet. F. Papencordt, Gesch. d. vandal. Herrschaft in Africa (Berl.
1837) S. 366—370.
2. Gedruckt Colon. 1517. 1538 (cura B. Lorichii); cum notis Fr. Bal-
duini (mit Optatus Milev.) Paris. 1569; cum notis P. Fr. Chiffletii (mit
Vigil. Thaps.), Divion. 1664. 4. c. n. et obss. Th. Ruinart, Paris. 1694. 8.
Veron. 1732. 4. In den patristischen Sammlungen z. B. von Migne (LVIIl.
p. 180—260. Prolegg. p. 125—179. Appendices p. 260 — 434).
3. Idac. praef. : Idacius, i^rovinciae Gallaeciae natus in Lemica ci-
vitate (Lamego), . . summi praesul creatus officii (vgL c. 4: capto Idacio
episcopo VII kal. aug. — des J. 464 — in Aquaeflaviensi ecclesia), . . per-
exiguum informatus studio saeculari, . . sanctorum eruditissimorum patrum
in praecedenti opere suo . . ostensum ab bis secutus exemplar. quorum
primus Eusebius etc. post hunc Hieronymus presbyter etc. quem quodam
tempore propriae peregriuationis (in Palästina) . . adhuc infantulus vidisse
me certus sum. . . partim ex studio scriptorum, partim ex certo aliquan-
torum relatu, partim ex cognitione quam iam lacrimabile propriae vitae
tempus ostendit quae subsequantur adiecimus. . . ab anno primo Theo-
dosii Aug. in annura III Valentiniani Aug., Placidiae reginae filii, . . a
nobis conscriptii sunt studio vel ex scriptorum stilo vel ex relationibus in-
Teuffel, BOm. Litcraluigeschichto. (32
978 I^ie Kaißerzeit. Fünftes Jahrhundert.
dicantuin. ezin immerito allectus ad episcopaius officiam . . sabdidimng
etc. posteris in temporibus quibus ofi'enderint reliquimus consummandai
Sichtlich bemüht sich der Verf. redlich die Wahrheit zu sagen, und wo
ihm nicht seine Leichtgläubigkeit im Wege steht ist er ein werthvoUer
Zeuge. Vgl. F. Papencordt, Gesch. d. vandal. Herrschaft (1837) S. 3ö2
— 356.
4. Handschrift von Sirmond, wonach von diesem herausgeg. Paris.
1619 und in sn. Opp. (Paris. 1696. 11. p. 291 fl*. Venet. 1728. II. p. 228 ff.);
von Bouquet (recueil des bist, de la France I. p. 612 ff.), Florez (Esp. sagr.
IV. p. 346 ff.), Roncalli (vetust. latt. scr. chron. II. p. 337 ff.). Auch bei
Migne patrol. LI. p. 873—890.
5. Das von Sirmond dem Idacius zugeschriebene Conauluverzeichniss
streut auch geschichtliche Nachrichten ein, Anfangs spärlich, in den letzten
zwei Jahrhunderten häufiger. Mit Idacius hat es sicher die Zeit gemein,
sowie die handschriftliche üeberliefernng. Ausgaben von Sirmond und
Roncalli (s. A. 4), in Grävius' Thesaur. antiqq. rom. XI. p. 246 ff., Migne^B
patr. LI. p. 891—894 u. sonst.
441. Ungefähr in der zweiten Hälfte des Jahrh. lebte und
schrieb wahrscheinlich in Africa der eitle Grammatiker Fabius
Planciades Fulgentius, von welchem wir drei Schriften be-
sitzen: Mythologiarum (oder mythologicon) libri HI mit einer
Einkleidung in der Weise des Martianus Capella und voll aben-
teuerlicher Erklärungen der Namen und Mythen; eine allego-
rische Auslegung des Inhaltes der Aeneis ( Vergiliana continentia),
und eine Expositio de abstrusis sermonibus, worin der Verf.
Belege, wenn sie ihm nicht zu Gebote stehen, herzhaft selbst
erfindet. Seine Darstellung bewegt sich in gezierten, bombasti-
schen, abgeschmackten Phrasen. Wohl mit ihm verwandt ist
der Bischof Fulgentius von ßuspe in Africa (J. 468 — 533;
Bischof seit 508), von welchem zahlreiche theologische Schrifl«n
auf uns gekommen sind, dessen Schreibweise aber ebenso nüch-
tern und trocken ist wie die seines geckenhaften Namensvetters
verschroben.
1. Isidor. vir. ill. 14: Fulgentius Afer, ecclesiae Ruspensia epi-
scopus, . . scripsit multa, ex quibus legimus De gratia dei et libero arbi-
trio libros responsionum YII, in quibus Fausto (oben 438, 7) Galliae £e-
giensis urbis episcopo, pelagianae pravitati consentienti, respondena obni-
titur etc. legimus et eius librum de s. trinitate ad Felicem etc. extant et
duo eius libri de veritate praedestinationis etc. est et Über altercatiooifl
eius quo de fide cum Thrasamundo rege . . disputavit, und Änderet.
.. claruit sub Thrasamundo (J. 496—523) rege Vandalorum, Anastasio imp.
regnante (J. 491—518). Ausser zahlreichen Schriften dieses F. (bei Migoe
LXV) besitzen wir auch eine Vita desselben, wahrscheinlich von seiBem
Schüler (Fulgentius) Ferrandus, Diakon in Karthago (ed. P. Fr. Chifflet»
-..^ -.^
441. Fulgentias, der Bischof und der Graromatiker. 979
Divion. 1649. 4.; bei Migne LXVII), eine in ihrer Wahrhaftigkeit achtungs-
werthe Quelle für die Zeitgeschichte.
2. Aus Pulg. praef. der myth. ad Catum presbyterum. me disce-
dentem a te, domine, dum quasi urbanis extorrem negotiis ruralis otii
torpor astringeret, evitans aerumnosa calamitatum naufragia quibus pu-
blicae incessabiliter vexantur actiones (p. 5). . . sopitis in fa?illa silentii
raucisonis iurgiorum classicis quibus me galagetici (Salmasius: gallo-
getici; L. MüUer: gallaedd) quassaverant impetus defaecatam silentio
vitam agere creditabam (p. 6). . . tributaria in dies couTentio com-
pulsantium pedibus limen proprium triverat, nova indictionum ac mo-
mentanea proferens genera. . . addebatur bis quod etiam bellid fre-
quenter incursus pedum domo radicem infigere iusserant. . . tandem
domini regis felidtas (p. 7) . . pavores extorsit. . . licuit tandem arva yisere
etc. (p. 8). In den Aufschriften heisst der Verf. Fabins (vgl. p. 19 M.)
Plandades Fulgentius (vgl. p. 23. 27 M.) v. cl; Goth. 66 gibt ihm auch
das praenomen Gaius. Die Bezeichnung Carthagiuiensis verstehen Lersch
und L. Müller von Neukarthago in Spanien. Italiener war F. jedenfalls
nicht; s. p. 142 M.: serva istaec tuis- Bomanis; . . nobis vero erit maxi-
mum si etc. Vgl. M. Zink, S. 4 — 8. Da er auch von den pagani als Dritten
spricht (myth. I, 23. II, 9. III, 7. VergiL cont. p. 162 M.), so war er ge-
tauft. Seine Zeit f^t sicher nach Martianus Cap. (vgl. expos. s. v. caeli-
batus); alles Weitere aber hängt von der Deutung der verschwommenen
Angaben des F. p. 6 ff. ab. Zink bezieht den dominus rex auf den Van-
dalenkönig Hunerich (J. 477—484) und setzt den F. vor den mythogr. vat.
I (Zink S. 13 — 16), etwa J. 480; A. Reifferscheid (s. A. 9) denkt an die
Einfälle der Mauren in das vandalische Gebiet in Africa, welche von
Thrasamunds Nachfolger, dem römerfreundlichen König Hilderich (J. 623
—630), im Anfang seiner Regierung bei Capsa geschlagen worden seien (?),
und setzt den F. in die erste Hälfte von saec VI; L. Müller (Fleckeisens
Jahrbb. 96, S. 791 — 796) versteht die Zeitanspielungen von dem Siege des
Gothen Theoderich über den Suevenkönig Rechiarius in Galläden J. 466.
3. Fulg. myth. praef. p. 3 M.: parumper ausculta dum tibi . . ordior
fäbulam quam nuper . . nocturna praesule lucema commentns sum, das
Gespräch mit KaUiope das die Einldtung bildet, ib. p. 20: mihi non cor-
nutuB adulter arripitur (in dem Buche) etc. (p. 21:) certos remm prae-
stolamur effectus, quos repulsos mendacis Graeciae fabnloso commento
quid mysticum in bis sapere debeat cerebrum agnoscamus. Proben seiner
Namenerklärung: Cybele =» %vdog ßsßaiov (III, 6 p. 111); Alpheus =
dXrj^eiag tpotg (III, 12). Anderes bei Zink S. 33—36.
4. Der Titel der zweiten Schrift lautet in den Hdss. z. B. moralis
expositio Vergilianae continentiae, nach der subscriptio: Vergilianae con-
tinentiae secundum philosophos moralis expositio. Widmung ad Chalddium
grammaticum (Levitarum sanctissimum , p. 137). p. 138: Vergilianae con-
tinentiae (Inhalt) secreta physica tetigi. . . bucolioam georgicamque omi-
simus. In seiner Selbstgefälligkeit lässt F. die albernen Bemerkungen der
Schrift durch Vergil selbst vortragen. Gegen den Schluss hin wird der
Verf selbst der Sache überdrüssig und bricht jäh ab, falls nicht etwas
verloren ist.
G2^
980 Die Kaiserzeit. Fünftes Jahrhundert.
5. Vorwort der expositio de abstrusis sermonibas (an Cbalddios):
. . libellum quem de abstr. serm. parari iussisti in qnantam niemoriae
entheca subrogare potuit absolutum retribui, non tarn phaleraiis sermonum
fitudentes spumis quam rerum manifestationibus dantes operam diluddan-
dis. Die Schrift enthält Erklärungen von 63 veralteten und seltenen Wör-
tern in willkürlicher Auswahl, planlos zusammengestellt, mit vielen ge-
fälschten oder erdichteten Citaten aus wirklichen und erdichteten Schrift-
stellern (z. B. Crispiuus Heraclea, Q. Fabius Lucullus epico carmine, Lud-
lius comicus in Immolaria, Callimorphus Pisaeis, Antidamas in mondibus
libris). L. Lersch, Fab. PI. Fulg. de abstr. s. nach zwei Brüsseler Hdss.
herausgegeben und literarhistorisch gewürdigt, Bonn 1844. XXIV u. 100 S.
lieber eine Berliner Hds. s. Rhein. Mus. XIX. S. 297 — 301. Abdruck der
Schrift auch au P. Daniels Servius, dem Nonius von Mercenus, Gerlach
und Roth (p. 387—398) und sonst.
6. Nicht erhaltene Schriften. Fulg. verg. cont. p. 149 M. : saturanter
haec in libro physiologo quem nuper edidimus de medidnalibus caosis et
de septenario ac de novenario numero etc. qui ista discere cupit nosfrum
physiologicum perlegat librum. Gedichte; praef. mjth. p. 2 f. M. : meas
cachinuantes saepius nenias lepore satirico litas, . . dum ludicro Thalia
ventilans epigrammate comoedica solita (est) vernulitate mulcere. Proben
seiner poetischen Befähigung myth. praef. p. 11 f. (trochäische Tetrameter,
vielfach nach dem Accent gemessen, z. B.: Thespiädes Hippocrene; ferte
gradum pröperantes; übi guttas florulentae; rupe pastor c^dnit; quod ce-
cinit pastorali Märo silva Mantuae etc.) uud p. 23—25 (Hexameter), verg.
cont. p. 140 (fünf Hexameter).
7. Des F. stilistische Vorbilder sind Apulejus und Martianns Capella.
Aber auch mit Sidonius hat er Aehnlichkeit genug um den Gedanken au
eine specifisch „afrikanische Latinität'* nicht aufkommen zu lassen. Sein
Satzbau ist überladen, so dass es dem Leser nur mit Mühe gelingt vor
dem Wortschwall zum Verständniss des Gedankens zu gelangen und den
langgestreckten Unholden von Perioden ihren spärlichen Inhalt abzuge-
winnen (Zink S. 39). Die Unregelmässigkeit ist bei ihm Regel, und be-
sonders ir. der Rection der Tempora und Modi herrscht vollständige Anar-
chie; B. die Nachweisungen bei Zink S. 37 — 62 (Gräcismen, Idiotismen,
poetische Constructionen, Inversionen u. s. w.). Ueber die schwindelhafte,
in Wahrheit aber dürftige Gelehrsamkeit des F. in seinen Citat«n s. ebd.
S. 62 — 93.
8. Abdruck der Schriften des F. in den mythographi latini von Th
Muncker (IL p. 1—184) und van Staveren (p. 695—783). M. Zink, der My-
tholog Fulgentius, Würzburg 1867. 94 S. 4. E. Jungmann, quaestionum
Fulgentiarum capita III, in RitscbPs Acta soc philol. Lips. I (1870).
9. Liber absque litteris de aetatibus mundi et hominis . . aactore
Fabio Claudio Gordiano Fulgentio v. cl. eruit e mss. codd. (bes. der Sor-
bonne) Jac. Hommey et notis illustravit, Pictav. 1694, Paris. 1696. (B, X
und XI abgedruckt Rhein. Mus. XXIII. S. 137—142). Nach dem Vorwort
sollte das Werk (nach der Zahl der Buchstaben) aus 23 Büchern bestehen;
in den bekannten Hdss. finden sich aber nur B. 1—14. Der geschichtiidie
Inhalt ist dürftig; den meisten Raum nimmt die biblische Geschichte ein.
441 f. FulgentiuB. Cledonius. 981
6. X enthält die Geschichte Alexanders d. Gr., XI die yon Born bid Caesar,
XII den Inhalt der vier Evangelien, XIÜ die Apostelgeschichte, XIV die
römische Kaiserzeit. Die Ausführung ist UmoyQdiifiatog ^ so dass in den
einzelnen Büchern je ein Buchstabe des Alphabets der Reihe nach unan-
gewendet bleibt*, in B. I der Buchstabe A, in II der Buchstabe B u. s. f.,
was jedesmal am Schlüsse bemerkt wird (z. B. decimo libro absque K
finito undecimns absque L incipit). Diese Idee ist ganz im Geiste des
Grammatikers Fulg., mit dem die Schrift auch die Zahlenmystik (vgl. A. 6)
gemein hat, sowie Stil und Wortschatz und die erlogenen Quellenangaben
(so soll das Vorbild seines mirificum opus sein: librorum bis duodenum
volumen Xenophontis poetae). Auch dass sich der Verf. wiederholt als
Africauer bezeichnet stimmt ganz gut. Abweichend ist nur der mittlere
Theil des Namens, dessen Claudius aber bei dem Vater, Gordianus bei dem
Grossvater des Fulg. Ruspensis (A. 1) wiederkehrt. Vermutlich war des
Grammatikers voller Name Fab. Flanciades (von seinem Vater Plauens?)
Cl. Gord. Fulg., wobei letzterer vielleicht von dem Bischof herstammte,
dem sein Vater quasi praescius qualis esset futurus diesen Namen gegeben
hatte (vita Fulg.), also ohne dass er vorher in der Familie üblich gewesen
wäre. A. ReifiFerscheid, Rhein. Mus. XXIII. S. 133 — 137. 142 f.
442. Andere Grammatiker ungefähr aus dieser Zeit sind
die Commentatoren der Ars des Donatus, Cledonius aus Rom,
Lehrer in Constantinopel, und Pompeius aus Mauretanien. Von
einem grammatischen Werke des Galliers Consentius sind
zwei Abschnitte, de nomine et verbo und de barbarismis et me-
taplasmis, gleichfalls auf uns gekommen; ebenso von dem gram-
maticus urbis Romae Phocas eine Ars de nomine et verbo und
eine vita Vergilii in Hexametern. Von Rufinus aus Antiochia
besitzen wir einen commentarius in metra Terentiana, sowie
eine Abhandlung über die Metra der Redner, beide theil weise
in gebundener Form.
1. Ars Cledonii romani senatoris, Constantinopolitani grammatici
bei Putsche p. 1861 — 1936 und Keil V. p. 9—79. Sie ist uns erhalten
durch einen cod. Bemensis saec. VI, der aber sehr verwirrt und verdorben
ist. Sie bildet einen fortlaufenden Commentar zu Donatus, geschöpft aus
den in den Schulen üblichen Quellen (z. B. Vergilcommentaren), denselben
welche auch in den ausführlicheren Werken von Sergius (oben 385, 2) und
Pompejus (s. A. 2) benützt sind (genannt werden Yarro, Plinius, Probus,
Terentianus, Sabinus), und enthält neben dem Gewöhnlichen auch einige
gewähltere Bemerkungen. Entstehung aus Schulvorträgen; vgl. p. 14,
4 ff. K. : quodam tempore, dum Ars in Capitoiio die competenti tracta-
retur, unus e florentibus discipulis lohannes a grammatico venia postulata
. . sciscitatus est etc. F. Osann, Beiträge II. S. 314—316. Keil V. p. 3—8.
2. Pompei commentum Artis Donati herausgegeben von Lindemann
(Lips. 1820) p. 3—480, bei Keil gramm. latl. V. p. 95 — 312. Ueber die
Handschriften davon s. Keil p. 83 — 88. Der Charakter als Schulbuch ist
982 I^ic Kaiscrzcit. Fünftes Jahrhoudert.
stark ausgeprägt ((lurch Fragen, Anreden n. dgL). verbosa et pneriHs
tractandi ratio, molestisBima rernm tritissimamm repetitione fastidimn
creans, hac sola re quodam modo vel excusatnr vel intellegitur quod scbo-
larom conBuetadinem grammaticaB scribendo imitatos est (Keil p. 90).
Benützt ist hauptsächlich Donats ausführlichere Ars und cfes Servins Com-
mentar zu Donat in seiner ursprünglichen Fassung, mit willkürlichen Um-
änderungen. Genannt wird besonders häufig Probus und Plinius; ausser-
dem Claudius Sacerdos, Caper, luba, Terentianus, und viele ältere (Lud-
lius, Cato, Yarro, Caesar, Verrius Flaccus u. A.), diese ohne Zweifel nur
aus späteren Quellen. Als Maurus bezeichnet sich P. p. 205, 5 f. E. YgL
p. 287, 5. Im Mittelalter wurde sein Buch neben Priscian, Donatus und
Servius besonders häufig benützt und angeführt, erstmals durch Julianui
von Toledo (gegen Ende von saec. YII). Auch Exoerpte daraus sind er-
halten (Keil V. p. 88). Osann Beitrage IL S. 311—313. Gräfenhan, Gesch.
d. class. Philol. IV. S. 108 f. A. 45. Keil, gramm. V. p. 89—94, vgl. Pro-
rectoratsprogramm von Erlangen 1868, p. 3: eo tempore quo primom cum
vetere eruditione misceri nova barbaries coepta est, id quod inde a sexto
fere saec. vel exeunte quinto factum esse suspicor, Pompeiu^ . . scripaii
qui quamvis rudi sermone et molestissimis verborum ajnbagibus usus ple-
raque inepte et pueriliter disputet, tarnen multa melioris doctrinae vesti-
gia ex antiquioribuB . . retinuit.
3. Ars Consentii v. c. de duabus partibus orationis, nomine et
verbo, bei Putsche p. 2017 — 2074; Ars Cons. v. c. de barb. et metapl.,
von A. Cramer zu Regeusburg entdeckt und von Buttmann herausgeg.
(Berol. 1817) ; beide zusammen bei Keil gramm. latt. V. p. 338 — 404. Nadi
der Auswahl seiner Beispiele von Ortsnamen ist der Verf. sicher aus Gal-
lien (F. Osaun, Beiträge II. S. 346 f.), und gehört daher wohl zu der Fa-
milie des dichterischen Freundes von Sidonius, Consentius in Narbo (s.
oben 436, 5). Die Identificierung mit demselben (Funccius, Osann) ist aber
nicht wahrscheinlich (Lachmann, H. Keil), dicendi genus exquisitum et
artificiosum et a vulgari grammaticorum consuetudine diversum galüco
homine studio rhetoricae artis . . exculto non videtur esse indignum (H.
Keil p. 333). Verweisungen auf nicht erhaltene frühere (p. 353, 17. 398,
35 f. 399, 30 K.) und spätere (p. 377, 26. 393, 30 ff. K.) Theile des Werkes
machen glaublich dass die zwei Schriften zufällig gerettete Ueberreste einer
vollständigen Grammatik sind. Vorgänger nennt Consentius selten bei
Namen; doch finden sich die von Varro, Probus, (Aruntius) Celsus, Pa-
laemo, Pansa und Asper. Die ausgedehnte, aber nicht auf unmittelbare
Benützung fahrende Uebereinstimmung mit Donatus, Charisius und Dio-
medes macht glaublich dass Cons. aus den gleichen Quellen wie diese ge-
schöpft bat, also aus Palaemo, Probus und Cominianus. H. Keil L 1. p.
334 — 336.
4. Doppeltes Vorwort der Ars des Phocas, in gebundener Form
(6 Distichen, beginnend: Ars mea multorum es) und in Prosa. Ans letz-
terem: praecipue discipulis nostris . . nominum regulas et verborum in
unum congessi, quoniam . . super ceteris abunde dictum a summis aucto-
ribus aestimo. quo in opere nihil mihi sumam nee a me novi quidqoam
repertum adfirmabo. multa namque ex multorum libris decerpta coD€iima
brevitatc conclusi. Geschöpft ist das Schriftchen aus denselben Qaellei) wie
442. Pompeius, ConseDtiiis u. a. Grammatiker. 983
CharisiuB, hauiptsächlicli wohl aus Palämon und den Catholica des Probus.
Angefahrt wird Ph. schon von Priscian (X, 23. p. 5t5, 16 H.) und Oassiodor
(de orthogr. p. 2279 P. vgl. p. 2321. inst. div. 30); andererseits ist des
Phocas vita Yergilii (s. oben S. 389 M.) vorzugsweise aus Donatus geschöpft.
Handschriften der ars sind zahlreich (Keil V. p. 405—407). Abdruck der-
selben bei Putsche (p. 1688—1722), Lindemann (p. 321—353) und bes. bei
Keil, gramm. latt. V. p. 410—439. Vgl. ib. p. 407 f. Wemsdorf, poetae
latt. min. III. p. 347 f.
5. Den Namen des Phocas trägt auch ein Aufsatz de aspiratione
(bei Keil V. p. 439 — 441), wohl mit Unrecht, nam et dicendi genus quae-
dam quae ab illius sermone aliena sunt continet et rerum tractandarum
ratio tarn diversa est ab üs quae de eodem argumento a veteribus gram-
maticis composita sunt ut recentiore aetate haec ex antiquorum commen-
tariis congesta et veteris grammatici nomine inscripta esse videantur.
Keil 1. 1. p. 409.
6. Des Ruf in US, grammaticus Antiochensis , comm. in metra Ter.
ist abgedruckt bei Putsche p. 2706 S. und bei Gaisford (script. rei metr.)
p. 378 ff. Die ähnliche Schrift des Priscian (unten 449, 5 b) ist darin noch
nicht benützt; wohl aber führt R. neben vielen andern Grammatikern auch
den Donatus, Victorinus und Servius an (Osann, Beiträge II. S. 307 f.).
7. Rufini v. c. litteratoris versus (Hexameter und sapphische Strophen)
et excerpta de compositione et de metris oratorum in den Sammlungen
von Pithoeus, Capperonnier, Gaisford (script. rei metr. p. 388 ff.), in Orelli's
Schol. Cic. I. p. 183 ff. Am besten in Halm's Rhetores latt. p. 575—584.
Angeführt werden darin von jüngeren Schriftstellern Gharisius, Diomedes,
Victorinus, Terentianus; auch ein Pompeius Messalinus (de numeris et pe-
dibus oratorum sie dicit, p. 582, 22).
8. Dass die 22 Vetse über Pasiphae in den sämmtlichen horazischen
Metren (abgedruckt bei Wemsdorf, poet. latt. min. III. p. 393—395, in Meyer's
anth. lat. 997) von Rufinus verfasst seien ist eine Vermutung von Dousa,
gebilligt von Wemsdorf (1. l. p. 339—342) u. A.
9. Cassiod. divin. lect. 30: orthographos antiquos legant Velium Lon-
gum (oben 320,3), Curtium Valerianum, Papiriauum, Adamantium Mar-
tyrium de V et b, einsdem de primis, mediis atque ultirais syllabis, eius-
dem de b littera trifariam in nomine posita. Auszug aus der erstem Schrift
des AdamantiuB bei Cassiod. de orthogr. 5 imd daraus bei Putsche p. 2295 ff.
Das prooemium davon an A. Mai's Ausgabe des Fronto p. 548 ff. F. Osanu,
Beiträge U. S. 288—294. Papirianus de orthographia auch bei Priscian.
I, 35 (p. 27, 11 H.). XII, 26 (p. 593, 15); vgl. ib. I, 39. X, 11. Auszug
daraus bei Cassiod. de orthogr. 4 = Putsche p. 2293 f.; aus Curtiue
Val. bei Cassiod. 1. 1. 3.
10. Ueber Lactautius Placidus s. oben 303, 9.
11. Schol. Bern, zu Vergil. Ecl. X fin. (p. 839 H.): haec omnia de
commentariis Romanorum congregavi, i. e. Titi Galli et Gaudentii et
maxime lunilii Flagrii Mediolanensis. Der Verf. selbst also ist kein Römer,
sondern wie es scheint ein Schotte (Adananus) ungefähr des achten Jahrh.
Von seinen drei Quellen wird T. Gallus von ihm nur zu Georg. I, 1—149
984 I^io Kaiserzeit. Fünftes Jahrhundert.
elfmal angeführt, später nicht -wieder, vielleicht weil für wesentlich den
gleichen Stoff (denn Galhis wie Qaudentius hatten ans Servius geschöpft)
die Fassung des Gaudentius (dessen Commentar sich auf die Eklogen
und Georgica erstreckte) sich mehr empfahl. Der Versuch von H. Hagen,
Jahrbb. f. class. Philol. Suppl. IV. p. 697 — 703, zu beweisen dass viehnehr
Servius diese beiden benützt habe, ist misslungen, schon weil er nicht be-
rücksichtigte dass bei jeder Verschiedenheit des Ausdrucks das correcte
Latein auf Seiten des Servius ist, und Abweichungen wie p. 701 : omnis terra,
ut etiam Varro docet, quadrifariam dividitur (Servius) gegen : omnis terra
quadrifaria (Gaudentius) den Servius unzweifelhaft als den Vorgänger er-
weisen, lunius Philargyrius (in den Schol. Bern, entstellt zu luni-
lius Flagrius) hatte in seinem Commentar zu Verg. Ecl. u. Georg, weder
selbst den Servius benüfzt noch ist er (trotz IL Hagen 1. 1. p. 704 — 708)
von diesem benützt worden, zeigt noch achtbare Kenntnisse und in seinen
Angaben grosse Zuverlässigkeit (Ribbeck prolegg. p. 193 f.). Ph. Wagner,
de lunio Philarg. (Dresden 1846. 1847), bes. I. p. 25—30, hat daher den
J. Ph. für einen Zeitgenossen des Servius erklärt, G. Thilo (Rhein. Mos.
XV. S. 134) spätestens in saec. VI, wahrscheinlich aber früher, gesetzt.
Vgl noch oben 216, 5.
443, Unter den christlichen Dichtern der Zeit zeichnet
sich der jungverstorbene Sedulius aus durch Einfachheit und
Lebendigkeit der Sprache sowie eine von dem classischen Ge-
brauche nicht sehr stark abweichende poetische Technik. Er bear-
beitete die neutestamentliche Geschichte unter dem Titel Paschale
Carmen zuerst im epischen Masse in vier oder filnf Büchern imd
dann erweitert auch in rhetorischer Prosa. Beide Bearbeitungen
sind auf uns gekommen. Die poetische ist viel natürlicher und
anziehender als die prosaische. Ausserdem besitzen wir von
Sedulius eine künstlich angelegte Elegie mit Parallelen zwischen
dem alten und dem neuen Testament, sowie einen Hymnus auf
Christus in iambischen Dimetem mit alphabetischer Folge der
vierzeiligen Strophen und häufigen Schlussreimen.
1. . . Macedonio presbjtero SeduHus Gaelius . . salutem. . . cum sae-
cularibus studiis occupatus vim impatientis ingenii . . inani vitae dependerem
et Htteraria« sollertia disciplinae lusibus infructuosi operis . . serriret, tan-
dem deus . . ingenium caelestis (prudentiae) sale condivit. . . quattuor ergo
Mirabilium divinorum (weil das Werk die miracula Christi behandelt) libel-
los, quos ex pluribus pauca complezus usqne ad passionem et resurrectio-
nem ascensionemque . . Christi quattuor evangelistarum dicta congregans
ordinavi, . . tuae defensioni commendo. huic autem operi . . PaschaUs
carminis nomen imposui, quia pascha nostrum immolatus est Christos. Aus
der Widmung der prosaischen Redaction au denselben Macedomus: prae-
cepisti . . paschalis carminis teztum . . in rhetoricum me transferre iermo-
nem. . . iniunctam suscepi provinciam. . . tradita multa pro metricae
necessitatis angustia priori commentario nequaquam videntur inserta qnae
: Vjti
443. Sedulius. 985
postmodom linguae resolutio magis est asseciita. . . quae defueraot primis
uddita sunt secundis (libellis). . . priores libri, qnia versa digesti sunt,
nomen Paschalis carminis acceperunt; sequeiites autetn in prosa . . conversi
Paschalis designantur operis vocabulo nuncupati. Die Zeit des Sedulius
wird bestimmt dadurch dass derselbe ein Frenud des Asterius, Cos. 494,
gewesen zu sein scheint (s. A. 5) und von Geuuadius nicht aufgeführt wird,
wohl aber erwähnt von Venantius Fortunatus (vita Mart. I, 16. misc. VIIT,
1, 59: Sed. dulcis), Isidor (ill. 7) und Cassiodor. Einen unzuverlässigen
Anhalt gibt das (angebliche? bestimmt datierbare?) Decret des Papsts 6e-
lasius de libris recipiendis: item venerabilis viri Sedulii paschale opus,
quod heroicis descripsit versibus, insigni laude praeferimus. item luvenci
(oben 379) nihilominns laboriosum opus non spemimus, sed miramur. Vgl.
Arevairs prolegg. 150 ff. Ebenso, in Ermanglung irgend welcher Beglaubi-
gung und Begründung, die von Arevali 23 erwähnten Angaben von (wel-
chen?) codd.: libros suos scripsit tempore Yaleutiniani et Theodosii (des
jungem) u. ähnl.
2. Sedul. I, 23 ff.: cur ego davidicis assuetus cantibus odas chorda-
rnm resonare decem sanctoque verenter stare choro et placidis caelestia
psallere verbis clara salutiferi taceam miracula Christi ? Als solche werden
schon die im A. T. berichteten Wunder betrachtet und B. I Tnach einem
Vorwort im elegischen Masse) dargestellt. B. II beginnt dann mit der
Geburt Christi, B. lü mit der Hochzeit zu Kana. B. V (in einem Theile
der Hdss. zerfällt das Ganze nur in vier Bücher) schliesst mit der Himmel-
ÜEthrt und einem Epilog. Auch Beden Christi werden kurz in Verse ge-
bracht. Auf üebergänge in der Erzählung, Verknüpfung der einzelnen
Theile wird kein Werth gelegt Die Darstellung beweist rhetorische Bil-
dung und Kenntniss besonders des Vergil. Die prosaische Bearbeitung
hat in Ausdruck und Wortstellung viel Geschraubtes.
3. Die Abweichungen von der classischen Prosodie und Metrik bei Sed.
bestehen in Verlängerung kurzer Silben durch die Hebung (z. B. 1, 35. V, 162.
Eleg. 69 f.: per hominem), Verkürzung langer in der Senkung (z. B. haec
Sputa V, 102; Tdöla V, 146; fulget eous V, 191; ohnehin sperando I, 350
u. dgl.) und Hiatus (z. B. II, 77 ducem hoc; el. 6 u. 62 zwischen den zwei
Hälften des Pentameters; hymn. 17: enixS ^st?). Die Cäsuren beschränken
sich fast durchaus auf nsvd'rjfiLfisg^g und die Verbindung von TQi^T^fiifLSQTJg
mit (tQ^tog TQOxcciog und) iq)^rj(Lifi,sQi^g. In der Elegie bilden dieselben
Worte sowohl die nsv^rjfiifjLSQ^g des Hexameters als die zweite Hälfte des
Pentameters: epanaleptische Anlage. In dem Hymnus ist X vertreten durch
Xristo, Y durch Ymnis. Die Unhörbarkeit von auslautendem m, s, t zeigt
sich in Reimen wie pectoris — dei; inpie — times; viderant — praeviam; per-
sonat — pignora; millia — victimam; fundere — originem; plurimus — febrium ;
vinculis — sibi; torridi — obstruit u. s. f. Vgl. unten 444, 2.
4. Die Zutheilung eines cento vergilianus De verbi incarnatione an
Sedulius beruht lediglich auf dem Zufalle dass in einer corveyschen Hand-
schrift derselbe ohne Absatz und Ueberschrift in das Carmen paschale ein-
gereiht ist. Herausgegeben ist dieser cento zuerst von Martene und Du-
rand (Collectio ampl. IX. p. 125), dann besonders in Arevali's Ausg. des
Sed. (s. A, 6) = Migne XIX. p. 773—780. Derselbe steht tief unter der
086 ^^^ KaiBerzcit. Fünftes Jahrhundert.
Kunst des SeduUua. So reiht er v. 72 die beiden Fergilischen Steilen ore
favete omnes und et ad hec advertite mentem hahnloB zu Einem Yerse
zusammen. Vgl. auch oben 410, 15. 424, 8.
5. Aus einer Reimser Seduliushandschnft veröffentlichte Sirmond zu
Ennod. epp. I, 24 die Subscription : Hoc opus Sedulius inter chartulas dis-
persum reliquit. quod recoUectum adomatumqne ad omnem elegantiam
divulgatum est a Turcio Rufio Asterio y. c, consule ordinario (des J. 494)
atque patricio. Darauf folgt ein (an Macedonius presbjter gerichtetes)
Epigramm desselben von vier Distichen (v. 6: Asteriique tui, . . cuius ope
et cura edita sunt populis). 0. Jahn, Berichte der sächs. Ges. d. W. 1851,
S. 350 f. Dieser Asterius ist derselbe von welchem auch die berühmte
Subscription im Mediceus des Vergil herrührt: Turcius Rufius Apronianos
Asterius v. c. et inl., ex comite domest. protect., ex com. priv. largit, ex praef.
urbi, patricius et consul ordin. legi et distincxi codicem fratris Macharii v.
c. . . XI kaL mai. Romae. Daran schliessen sich wieder acht Distichen
(v. 4: scenam euripo extulimus subitam) ähnlichen Inhalts an. VgL Riese*»
anthol. lat. I. p. 11 f. Akro-(und tele-) stichische Gedichte auf Sedulius an-
tistes von einem Belisarius scholasticus und einem Lib^Hüs bei Migpie XIX
p. 782—786 (aus Arevalus).
6. Ausgaben des Sed. theils mit luvencus (Venet. 1502. 4. apud Aldum;
Basil. 1541) theils in den Sammlungen der christlichen Dichter von Fabri-
cius und« von Maittoire (II. p. 1660 ff.), und der Kirchenväter überhaupt
(z. B. Bibl. patr. max. VI. p. 458 ff.). Sonderausgaben von Chr. Cellarios
(Halle 1704. 1739), H. J. Amtzen (Leovard. 1761) und bes. recogn. et ilL
a Faustino Arevalo, Rom. 1794. 4. Abdruck letzterer in Migne's Patrd.
XIX (Paris 1846) p. 433—772.
7. Ueber Sedulius vgl. R. Ceillier, bist. g^n. X. p. 631 — 685 nnd Are-
valus Prolegg.
8. Bei dem schottischen Mönche Dicuil (J. 825), de mens. p. 13:
auctoritate . . Vergilii, quem in talibus causis noster simulavit (s» imitatus
est) Sedulius etc. ist gemeint der Zeitgenosse und Freund Dicuils, der
Grammatiker Sedulius aus Schottland, Verfasser von Versen sowie einer
expositio in primam artem Donati, von commentarii in artem Eutychü, und
in maius volumen Prisciani, in secundam editionem Donati. Vgl. Amtzen's
Ausg. (A. 6) praef. p. 2—6. L. Müller, Rhein. Mus. XX. S. 358 f. Sedulii
Sooti carmina edita ab Aem. Grosse (Königsberg 1868. 16 pp. 4.) und Sed.
Sc. carmina XL ex cod. Bruxell. ed. E. Dünmiler, Halle 1868. 36 pp. 4.
444« Die Uebrigen welche sich in dieser Zeit der gebun-
denen Form bedienen schliessen sich entweder correct an die
hergebrachten Regeln an, steigern auch wohl die Schwierigkeiten
durch allerlei Künsteleien, oder bauen sie ihre Verse nach dem
volksmässigen Grundsatz des Accents. Zu den Letzteren gehört
Äuspicius, ums J. 470 Bischof von Toul, mit seinem Schrei-
ben an Arbogast, sowie der Gallier Amoenus; zu den Eirsteren
dagegen Paulinus von Perigueux (um 470) mit seinem Epos
.^
444. Auspicius. Amoenus. Fanlinus Petricord. 987
über das Leben des heil. Martinus von Tours in sechs Büchern ;
uiid Dracontius, von welchem wir ein Lehrgedicht de deo in
drei Büchern besitzen und ein elegisches (satisfactio) worin er
den Vandalenkonig Gunthar oder Guthamund (J. 484 — 496) um
Verzeihung bittet dass er, statt ihn, einen Feind desselben be-
sungen habe. Beide Gedichte sind stark rhetorisch gehalten und
verrathen Kenntniss wie der biblischen so auch der classischen
Literatur. Durch regelrechte kunstvolle Versification bemerkens-
werth sind die christlichen Gedichte des Bischofs von Vienne,
Alcimus Ecdidius Ävitus (f 523).
1. Auspicii episcopi eccleeiäe Tullensis ad Arbogaatem comitem Tre-
verorum epistola, abgedruckt z. B. bei Migne patrol. LXI. p. 1006 — 1008. Die
Verse lesen sich ganz alexandrinerartig und kümmern sich weder um Quan-
Htat noch Hiatus. Beispiele: praecelso 4t spectabili bis Arbogasto cömiti
AuspfciuB, qui diligo, salutem dico plurimam (1 f.). quod te Tallensi pro-
xime magnüm in urbe vidimus (4). olarüs et^nim g^nere, clarüs et vitae
moribus (16). pat^r in cunctds nobilis üiit tibi Arigius (17). fuit in armis
älacer illä antiquus, verum 4et (33). tamen non g^neraliter istä; de cunctia
dixerim u. s. f.
2. Amoeni enchiridion veteris et novi testamenti, einzelne Punkte
daraus je in 4 Hexametern abhandelnd (vgl. oben 438, 2) ; Reste von einem
epischen Gedicht auf Martinus; 22 Hexameter auf einen Aegypter der
durch Anrufung von Martini deus aus einem Sturm gerettet wurde; end-
lich ein Gedicht in iambischen Dimetem in Leontium episcopum redditum
Burdegaiensi ecdesiae in 23 vierzeiligen akrostichischen Strophen mit meist
gereimter Endsilbe. Strophe 1: Agnoscat omne saeculum antistitem Leon-
tium, Burd^galense praemium, dono supemo redditum. 10: Earus sacer-
dos ordinem Hilarius non ambiit, Martinus illud effugit, Gregörius vix
sustulit. 21 : Xus sereno lumine etc. 22: Ymnum canendo concrepet. 23:
Zelante fido pectore tam vera dici non pudet. haeo parva nobilissimo
papae damus Leontio. Wie hier pectore — pudet gereimt ist, so vorher
tempore — conscriberet ; pectore — praesumeret; desiderat — improba; de-
fleverat — anxia, bezeichnend far die damalige ünhörbarkeit des Endcon-
sonanten; vgl. oben 396, 2. 443, 3. Abdruck bei Migne LXI. p. 1076—1082;
aber auch (ib. LXXXVIH. p. 81 f.) als Venant. Fort. misc. I, 16.
3. Das Werk des b. Paulinus Petricordiensis ist gewidmet dem
Bischof Perpetuus von Tours, der noch ein Schüler des heil. Martin ge-
wesen war. Ygl. VI, 13: quinque prius recolens signavi gesta libellis etc.
27 f.: tanti revehens praecepta magistri Perpetuus, und am Schlüsse: Per-
petuum urbs Tür5num Martine antistite gaudet. Stofflich folgt das Werk
dem des Sulpicius Severus und malt die Legenden nur noch weiter aus.
Die Form im Ganzen correct, neben herkömmlichen Willkürlichkeiteu
wie eremo, münerante und Auskunflsmitteln wie mage. Gleichfalls domino
sancto ac beatissimo patrono Perpetuo episcopo gewidmet sind des Pau-
linus versus quos pagina in pariete reserata (an der Martinskirche zu Tours)
susciperet, und die de visitatione nepotuli mei, welchen Perpetuus geheil*
988 I^i^ Kaiserzeit. Fünftes Jahrhundert.
Latte. Ausgabe: cum uotis Inreti all. cura et studio Chr. Daumii, Lips. 16S1.
In den patristischen Sammelwerken, z. B. von Migne LXI. p. 1009—1075.
4. Von einem andern Paulinus (Pellaeus), aus Burdigala, Enkel des
Ausonins, ist ein Dankgebet in mehr als 600 Hexametern (eucharisticon de
vita 8ua)f aus J. 456, erhalten. Die metrische Form bietet mehr Anstösse,
der Ton aber hat mehr Schwung als bei Paul. Petric. Gedruckt z. B. in
der Appendix der bibl. patr. (Paris. 1679) T. VIII.
6. Isid. ill. 24: Dracontius composuit heroicis versibus hexa^meron
creationis mundi etc. Diese drei Buch er de deo bestehen ans 754, 808 a.
682 Hexametern. B. I malt besonders die mosaische Schöpfongsgeschichte
aus; B. n beschreibt bes. die Sintflut; B. III belegt die dogmatischen Auf-
stellungen mit reichen Beispielen aus der biblischen und römischen Ge-
schichte (Abraham und Isaak; die drei 'Männer im Feuerofen; Daniel in-
der Löwengrube; Paulus; Brutus, Curtius, Begulns, Saguntum; Judith, Dido
u. a. Frauen); die Trockenheit des Lehrtones wird dadurch nicht selten
überwunden. Ildefons. vir. ill. 14: Eugenius (Bischof von Toledo ums J.
650) . . libellos Dracontii de creatione mundi conscriptos, quos antiqoitas
protulerat vitiatos, ea quae inconvenientia repperit subtrahendo, immutando
vel meliora coniciendo ita in puichritudinis formam coegit ut palchriores
de artificio corrigentis quam de manu processisse videantur auctoris, et
quia de die septimo idem Dracontius omnino reticendo semiplenam opus
visus est reliquisse, iste et sex dierum recapitulationem singulis versiculis
renotavit et de die septimo quae illi visa sunt eleganter dicta subiecit.
clarus habitus fuit temporibus Chindasvinthi et Beccesvinthi regnm etc.
Carm. de deo quod Dr. scripsit libr. U emend. ac suppl. C. E. Glaeser,
Bresl. 1847. 4.; libr. III ib. 1848. 4.
6. Die satisfactio (316 Verse) scheint rasch hingeworfen und beutet
das eigene (früher veröffentlichte) Lehrgedicht stark aus. Unersättliches
Herbeischleppen von Beispielen aus Mythus und Geschichte. Anlast: mea
corda deus . . pellit ad illicita, ut qui facta ducum possem narrare meo-
rnm, nominis asdingi bella triumphigera, . . praemia despicerem '. . et pe-
terem subito certa pericla miser (19 — 26). culpa mihi iiierat dominos re-
ticere modestos ignotumque mihi scribere, nee dominum (93 f.). te coram
(Gott) . . me carminis illius , ausus quod male disposui , paenitet et fateor
(105 f.). Er hat dafür verbera, vincla, fames erduldet (312) und bittet jetzt
den König flehentlich um Verzeihung, avi ut laudes dicam patriasqae suas-
que (51). Des Königs terrae pelagique triumphos Ansila testatur, Maoni
ubique iacet (213 f.). Vgl. Papencordt, Gesch. der vandal. Herrschaft S.
374—379.
7. Dracontius ist auch in der alten Mythologie wohlbewandert (Gyn-
thia = luna II, 339. satisf. 239; Phrixus II, 447; Hecate II, 539; Iph. Taor.
m, 212 ff.; Oedipus III, 265 ff.) und dtiert (III, 257) den Statius (Theb. X).
Doch verwechselt er (sat. 188) den Commodus und M. Aurelius nnd ge-
braucht manche Eigennamen prosodisch unrichtig. So Menecca (III, 256),
Stephanus (sat. 171), TTtus (ib. 183). Bemerkenswerth II, 660 u. sat 161:
ex eadem muliere. Dagegen idola (II, 579) und die häufige Dehnmig tob
Kürzen mittelst des rhythmischen Tons hat Drac. mit vielen chrisÜicheB
Dichtern vor ihm gemein.
444 f. DracontduB, Avitus, Luxorius u. a. 989
8. Ausgaben des Drac besonders von J. Sirmond (Paris. 1619 u. sonst),
Faust. Arevalus (Rom 1791.; 4), J. B. Carpzov (Helmstedt 1794). Abdruck
der Ausg. von Arevalus bei Migne, patrol. LX. p. 695 — 932.
9. Isid. ill. 23: Avitus episcopus (seine Orabschrift s. Rhein. Mus.
XXI. S. 271 f.) scientia saecnlarium litterarum doctissimus edidit quinque
libellos heroico metro compositos. quorum primus est de origine mundi,
II de originali peccato, III de sententia dei, IV de diluvio mundi, V de
transitu maris mbri. scripsit et ad Fuscinam sororem de laude virginitatie
librum unum, pulcherrimo compositum carmine et eleganti epigrammate
coaptatum. Hauptausgabe von J. Sirmond (Paris 1643; in Sirmondi opera,
Paris. 1696, IL p. 185 ff. u. sonst). Daraus in den Sammlungen christlicher
Dichter z. B. von Maittaire (IL p. 1673 ff.), den patristischen Sammel-
werken (z. B. Migue LIX). Die Homilieu des Av. (St. Avit) z. B. in den
l^tudes paläographiques et bist, sur des papyrus du VI« si^cle von Delisle,
Rilliet u. Bordier (Paris 1866. 4.), die in Betreff der Basilika von Anne-
masse in Facsimile.
445. Durch den codex Salmasianus sind uns erhalten die
Verse des Flavius Felix, Plorentinus und Luxorius, welche alle drei
unter dem Vandalenkönig Thrasamund (J. 496 — 523) in Africa
(Karthago) lebten und auch nach Dürftigkeit der äusseren Ver-
haltnisse und schriftstellerischer Manier einander ähnlich sind.
Der jüngste und fruchtbarste unter denselben ist Luxorius,
welcher durch Scherzgedichte in verschiedenen Massen (bes. dem
elegischen und in Hendekasyllaben) dem Martialis nachstrebte.
Ein Landsmann imd Freund des Luxorius war der Grammatiker
Coronatus, von welchem die gleiche Quelle einige Gedichte
aufbewahrt hat.
1. Fl. Felicis V. cl. postulatio honoris apud Victori(ni]anum v. inl.
et primiscriniarium im cod- Salm, (anthol. lat. von Riese 264, p. 177 f.)
mit den Messungen stölida, meroris, ecciesiae und dem Schlüsse: adnue
pOBcenti, miserum sustolle ruinae: clericus ut fiam, dum velis, ipse potes.
Er ist ohne Zweifel der Felix von welchem ib. 210 — 214 fünf Epigramme
de thermis Alianarum sich finden, das letzte (214) mit dem Akrostich Thra-
samundus, dem Mesostich cunta innovat, und dem Telestich vota serenans.
Ueberdiess besteht jeder Vers aus 37 Buchstaben. Vgl. L. Müller in Fleck-
eisens Jahrbb. 95, S. 796—798. Biese, anth. lat. p. XXIV. XXVII.
2. Des Florentinus 39 Hexameter zum Preise des Königs Thrasa-
mund in Biese's anthol. lat. 376 (p. 243 f ).
3. Von Luxorius sind in der anthol. lat. von Biese nr. 18 (p. 66
—68). 203 (p. 148 f.) und 287—375 (p. 208—243). Nr. 18 ein epithalamium
Fridi (68 Hexameter) von massivem Tone; 203 gilt dem Hildericus rex (J.
523—530). Nr. 287 fiP. bilden eine zusammenhangende Sammlung von Ju-
gendgedichten (quos olim puer in foro paravi versus ex varüs locis dedu-
ctos, 287 vgl. 288: paginam . . quam tenello tiro lusi viscerc), gewidmet
seinem Freunde Faustus, grammaticae magist^r artis (287). Aufschrift im
990 I)ie Eaiserzeit. FQnftes und seohflies Jahrhundert.
Salmas. : incipit liber epigrammaton viri clarisB. Luxori et spectabüia (vgl
ib. 18). Eb sind Epigramme auf Personen und Sachen, namentlich ludi
circenses und Kunstwerke (374 gar: de Diogene picto, ubi lasdnenti me-
retrix barbam vellit et Cupido mingit in podice eins). Schmutz gilt auch
hier als unzertrennlich von der Gattung (z. B. 297. 301 f. 308 f. 317. 322 f.
340. 358. 363. 368). Der Verf. scheint Heide zu sein; wenigstens findet sich
neben den vielen Anspielungen auf die alte Mythologie keine auf Christ-
liches. Sonstige Verhältnisse: nostri defugiens pauperiem laris (289).
4. Die meisten Stücke des Lux. haben das elegische Mass; nächsi-
dem sind Hendekasyllaben häufig. Daneben auch Hexameter, iambische
Gedichte (288. 315. 360. 309), trochäische (291), anapästische Dimeter (299.
322. 357), Glykoneen (295), anakreontische (298) und asklepiadeische (314.
316. 323. 356. 361) Verse, sowie Asynarteten (292. 305). Fremdwörter wer-
den auch hier öfters nach Bedürfniss gemessen (Solon 351; methodida 302;
phllosophum 374; söphismate 365). Verlängerung von Kürzen (ut, pes),
Verkürzung von Längen (viväs 318; negotii 340) verhältnissmä^sig selten.
Die Anapäste coniugis carae (322), cui dedit plures (357) folgen der volks-
mässigen Aussprache (vgl. oben 444, 2).
5. Zu Lux. vgl. L. Müller in Fleckeisens Jhbb. 95, S. 783 — 786. Biese,
anthol. I. p. XXIV f. XXVII.
6. Von Coronatus in Biese's Authol. lat. Nr. 223 (Variation über
ein ver^rilisches Thema, 29 Hexameter erhalten) und die beiden Epigramme
226. 228, immer mit der Bezeichnung des C. als vir clarissimus. Beste
von Coronati scholastid de ultimis syllabis partium orationis mit der Wid-
mung: Domino eruditissimo peritissimorum atque inlustri fratri Luxorio
Coronatus. H. Keil gramm. lat IV. p. L. vgl De gramm. inf. aetat. (Erlang.
1868. 4.) p. 4 mit not. Biese anthol. p. XXIV. XXVL
F. Aus dem sechsten Jahrhundert.
446. Nachdem der germanische Söldnerführer Odoaker,
welcher J. 476 den letzten weströmischen Kaiser gestürzt hatte,
selbst dem Ostgothen Theoderich (J. 454 — 526) erlegen war (J.
493) und dieser mit thatsächlicher Zustimmung des oströmischen
Kaisers sich zum König von Italien gemacht hatte, genoss dieses
Land drei Jahrzehnte lang die Segnungen des Friedens und der
Ordnung. Unter ihm schrieben Boethius, Ennodius, theüweise
Cassiodorus und in Constantinopel Priscianus. Unter seinen
schwEichen Nachfolgern zerfiel sein Reich wiederum, und Italien
sah sich fortwährenden Verwüstungen ausgesetzt, die den letz-
ten Best von geistigem Leben erdrückten. Auch in den übrigen
Ländern des Westens kann sich die römische Cultur mit Mühe
der Stürme erwehren die sie vollends zu vernichten drohen. Am
längsten flackert sie in Grallien, wo Gregor von Tours und Ve-
nantius Fortunatus, Arator u. A. sie literarisch vertreten. Noch
am meisten Betrieb findet die Geschichtschreibung: Africa hat
445 f. Coronatas, Deuterius u. A. 991
seinen Bisehof Victor^ Britannien den Gildas^ und in Jordanis
beiheiligt sich an ihr sogar ein Gothe. Diesen Gesehichtschreibem
kann unter Justinian der Osten den Prokopios aus Caesarea
gegenüberstellen. Die zahlreichen Versuche das Recht für ein-
zelne Länder und für da^ gesanimte Reich zu kurzer Darstellung
zu bringen erhalten endUch unter Justinian ihren Abschluss
durch das Corpus iuris. Sonst ist es fortwährend vorzugsweise
die Geistlichkeit durch welche die Literatur Pflege findet; noch
am Ende des Jahrh. geschieht es durch den römischen Bischof
Gregor I, und im siebenten Jahrh. durch den letzten Literator
des romischen Reiches, den fleissigen Bischof Isidorus von Se-
villa.
1. Theoderich, geb. 454, im Auftrage des oströmischen Kaisers
Zeno J. 489 in Italien eingebrochen, nach vieijährigem Kampfe siegreich.
Nach Zeno*8 Tod (491) thatsächlich selbständiger Herrscher, von Anasta-
sius J. 498 stillschweigend als solcher anerkaimt. Hoflager in Bavenna
und Verona (Dietrich von Bern). Besuch in Rom J. 600. Stirbt 26 August
526. Lobrede auf ihn von Ennodius, s. unten 448, 2. C. Cless in Pauly's Real-
Enc. VI, 1. S. 1799—1816. R. Köpke, deutsche Forschungen S. 148—184.
2. lustinianus, geb. 11 Mai 482, Kaiser seit 1 April 627, stirbt 11
November 565; s. W. Teuffei in Pauly's RealEnc. IV (1846). S. 664-677.
Isambert, histoire de Justinien, Paris 186^. 2 Voll, üeber seinen Geschicht-
schreiber Prokopiuss. W. Teuffei in A. W^ Schmidts Ztschr. f. Geschichts-
wiss. VIII (1847). S. 38—79; in Paul/s Real-Enc. VI, 1. S. 84—86. F. Dahn,
Prokop. V. Caes., Berlin 1866. 602 S.
3. Vettius Agorius Basilius Mavortius, Cos. 627, und sein Gehülfe
bei dem Emendieren von Handschriften, Felix orator urbis Romae; s. oben
223, 4 (S. 432). vgl. 423, 7. Den Namen des Mavortius trägt der cento vergi-
lianus des cod. salmas. über das urteil des Paris (Riese^s anthol. 10, p.
28—30), und auch der de ecclesia (ib. 16, p. 44^ — 49) gibt sich (nach v. 110)
als Arbeit des Mav.
4. Am Schlüsse von Macrob. somn. Scip. I steht in Hdss.: Aurelius
Memmius Symmachus v. c. emendabam vel (=» et) disting. meum Ra-
vennae cum Macrobio Plotino Eudoxio v. c. Ohne Zweifel der kurs nach
seinem Schwiegersohne Boethius (unten 447) J. 626 hingerichtete Q. Aur.
Memm, Symm., Cos. 485; 0. Jahn, Berichte d. sächs. G. d. W. 1851, S. 347 f.
Vgl. A. 6 u. 449, 6.
5. Deuterius, Lehrer der Grammatik und Rhetorik zu Mailand, wel-
chem Ennodius (dict 8 u. 9) seinen Neffen Lupicinus und den Arator als
Schüler empfiehlt, welchen er in einem scherzhafben Gedichte (II, 104) preist
(verenda Calvities) und in einem Briefe (I, 19) wegen seiner Augenleiden
tröstet (tua lumin a nube doloris hebetantur, cuius tam clara sunt carmina?).
Poetischer Bettelbrief in seinem Namen bei Ennod. carm. I, 2 (Deut. v. s.
grammatico). Zweifelhaft ist seine Identität mit dem Deut, soholaeticus in
der Subscription des Capella (oben 423, 7). Vgl. 0. Jahn, Berichte d. sachs.
Ges. d. W. 1851, S. 350 f.
992 1^16 Eaiserzeit. Aus dem secheten Jahrhundert.
6. Aufzahlung der rednerisch gebildeten Adeligen Roms bei Ennod.
paraenes. didasc. p. 263 f. M. : Faustus und Avieuus, die.patricii Festus,
Sjmmachus, Probinus, Cethegus, Boetius, Agapetas, Probus. Dazu Oly-
brius (Ennod. carm. I, 8), und ausserhalb Roms Partheuius (Arator ep. ad
Parth. 19 ff.). Faustus verfasste auch Gedichte in mehreren Büchern (En-
nod. carm. I, 7. II, 3. 143). Sitte der öffentlichen recitationes noch in die-
sem Jahrh. in Italien ; s. Ennod. carm. I, 9 praef. : cur recitet publice quem
laus nee decet publica nee delectat? Vgl. unten 456, 2.
7. Ungefähr dem Anfang von saec. VI gehört wohl an die angeW
liche Epistola Valerii ad Rufinum ne uxorem ducat, eine Art suasoria welche
aus Hieronymus und Augustinus Notizen entnimmt. Gedruckt in Hieronjm.
Opp. XI. Vgl. L. Müller in Fleckeisens Jhrbb. 95, S. 790.
8. Aus der ersten Hälfte von saec. VI ist wohl der mythographas
vaticanus I, der noch Heide ist, aber (wenigstens B. II) den Fulgentioa
bereits benutzt. Vgl. oben 246, 7 (S. 498). Später fällt mjih. vat. ü, wel-
cher aus dem ersten Manches wörtlich entlehnt, myth. vat. IH aber erst
ins neunte oder zehnte Jahrh. Ed. princeps der drei Mythographen von
A. Mai (Class. auct. e vatic. codd. edit. T. III), Rom 1831, und danach von
G. H. Bodo (scriptores rerum myth. latini III), Celle 1834, 2 Voll. Vgl
F. Osann, Haller Allg. Lit Ztg. 1834, Erg. Bl. 12. M. Zink, der Mytholog
Fulgentius S. 13—16.
9. Die herrschende Ansicht der Zeit über die Philosophie spricht
Gregor. Tur. aus, Mirac. I praef.: philosophorum inimicam deo sapientiam.
Vgl. Ennod. euchar. : illa saecularis pompae philosophia. Venant. Fort. ep.
V, 1 gesteht: Plato, Aristoteles, Chrysippus vel (et) Pittacus mihi vix opi-
nione noti sunt.
10. Von dem fränkischen König Chilperich erzählt Gregor von Tonn
bist. Franc. VI, 46 : confecit duos libros quasi Sedulium meditatus, quorum
versiculi debiles nullis pedibus subsistere possunt, in quibus, dum non in-
tellege bat, pro longis syllabis breves posuit et pro brevibus longas statue-
bat; et alia opuscula, vel hymnos sive missas. An König Charibert preist
Venani Fort. misc. VI, 4 seine gewandte Handhabung der lateinischen
Sprache.
447, Durch Charakter wie Bildung ragt in dieser Zeit
hervor der vornehme Römer Anicius Manlius Torquatos Seve-
rinus Boetius, Cos. 510, durch Theoderich hingerichtet J. 525.
Von seiner edlen Gesinnung wie seiner Vertrautheit mit dem
Geiste und der Form der classischen Vergangenheit bietet ein
glänzendes Zeugniss die von ihm im Gefangniss verfasste Schrift
de consolatione philosophiae, in fünf Büchern. Ausserdem be-
sitzen wir von ihm zahlreiche Uebersetzungen griechischer Werke
von philosophischem, rhetorischem und mathematischem Inhatte.
Insbesondere durch seine Uebersetzungen des Aristoteles gewaan
er grossen Einfluss auf die mittelaltei liehe Scholastik. Jhem
447. Boetius. 993
und der Märtyrerschein womit sein Lebensende umgeben wurde
gab auch Anlass ihm christlich-theologische Schriften fälschlich
beizulegen.
1. Boetius, geb. um 475 — 480, vermähU mit Rusticiana, der Tochter
des SymmachiiB (oben 446, 4), hatte den Theoderich J. 500 im Senat mit
einer zierlichen Rede begriisst und wurde von diesem manchfach verwen-
det. Als aber der OBtrömische Kaiser Justin versuchte Theoderichs Thron
dadurch zu untergraben dass er Italien gegen die arianischen Gothen auf-
hetzte, und die nationalrömische Partei in den Verdacht gerieth darauf
einzugehen, ward B. in die Verwicklung hineingezogen. Seine freimütige
Vertheidigung des Senators Albinus, welcher geheimen Briefwechsels mit
Justin bezichtigt war, wurde von Gegnern benützt um auch ihn bei
Theoderich anzuschwärzen. Da seine unabhängige patriotische Haltung
während seines ganzen Lebens der Anklage Schein genug geben mochte,
wurde B. in Ticinum (Pavia) gefangen gesetzt, von dem servilen Senat
uugehört verurteilt und in agro Calventino unter Martern (Anon. Vales.)
hingerichtet. Sein Tod durch den arianischen Gothenkönig, die Verwechs-
lung mit Anderen des Namens Severinus, sowie seine vermeintliche Ab-
fasfiimg von theologischen Schriften brachten den B. später in den Ruf
eines Märtyrers für seinen katholischen Glauben und in den Geruch der
Heiligkeit. Vgl. A. 2. 3 W. Teuffei in Pauly's Real-Enc. I, 2. S. 2415 f.
2. Ennodius ep. Vli, 13 an Boetius: tu, emendatissime hominum, ..
quem in annis puerilibns . . industria fecit antiquum, qui per diligentiam
imples omne quod cogitur, cui inter vitae exordia ludus est lectionis assi-
duitas, . . in cuius manibus duplicato igne rutilat qua veteres face fulse-
rnnt. Theoderich (Cassiod. Var. I, 45) an B.: te multa eruditione sagi-
natum. . . translatiouibus tuis Pythagoras musicus, Ptolemaeus astrono-
mus leguntur Itali. Nicomachus arithmeticus, geometricus EucUdes audiun-
tur Ausoniis. Plato theologus, Aristoteles logicus quirinali voce disceptant.
mechanicum etiam Archimeden Latialem Siculis reddidisti. et quascnnqne
disdplinas vel artes fecunda Graecia per singulos viros edidit te uno auctore
patrio sermone Roma snscepit. qnos tanta verborum luculentia reddidisti
claros, tanta linguae proprietate conspicuos ut etc. Vgl. Prokop. Goth. I,
t. p. 11 Bonn. Diese Thätigkeit gieng hervor aus warmer Begeisterung
für die alte Literatur und die alte Zeit; vgl. praef. zum comm. in praedi-
cam. Aristot.: etsi nos curae officii consularis (J. 510) impediunt quo minus
in his studiis omne otium plenamque curam consumamus, pertinere tarnen
videtur ad aliquam reip. curam elucubratae rei doctrina cives instruere etc.
Die üeberzeugung des B. war daher schwerlich wesentlich verschieden von
der des Ahns seiner Frau (oben 399, 13), so gewiss er sich auch zum Chri-
stenthum bekannte. Vgl. K. Schenkl, Verhandl. der Wiener Philologen-
vers. (Wien 1859) p. 79 ff.
3. Die Schrift de consolatione beginnt mit einer Klage im elegi-
schen Mass (Carmina qui quondam studio florente peregi flebilis, heus,
maestos cogor inire modos) über die jetzige Lage ihres Verf. Da erscheint
ihm die Philosophie und tröstet ihn über sein Schicksal in einer Art Theo-
dicee. Die Trostgründe sind rein philosophische, die für die specifisch
TeHffel, romi Literaturgeschichte. (j3
994 l^ie Eaiserzeit. Aus dem sechsten Jahrhundert.
christlichen kaum Raum lassen. (G. Arnold, unparteiische Kirchen- und
Ketzer - Historie S. 260: „kein periodus der Schrift fleusst aus den christ-
lichen principiis, sondern lauter heidnische Trostgründe werden angeführt'' )
Die zu Tage tretende Denkweise ist ein überwiegend platonisch gefärbter
Eklekticismus. Zu allen positiven Rehgionen, auch der diristlichen, hat
der Verfasser die kühle Stellung eines vornehmen gebildeten Mannes: er
hütet sich gegen sie zu polemisieren, aber für seine Person hält er sie sich
vom Leibe und sucht seine geistige Nahrung anderswo. Ueberali Beweise
edler Gesinnung, eines Strebens nach den höchsten Zielen der Menschheit,
manchmal wahrhaft reUgiöse Stimmung, aber immer frei von specifisch
christlicher Färbung. Wenn er die christlichen Schriften auch vom Jugend-
unterricht her kennen mochte, so beruft er sich doch niemals auf sie; desto
häufiger nennt er Piaton, Aristoteles, Cicero, Seneca. Vgl. F. Nitzsch S.
42—89. Wenn die heidnischen Göttemamen (insbes. Phoebus, die Museii,
Ceres u. A.) öfters vorkommen, so ist das schwerlich ernstlicher gemeint
als bei den Schriftstellern des 18<en Jahrh. Die Form ist theils dialogisch,
theils hat sie Aehnlichkeit mit der satura Menippea, sofern die prosaische
Rede häufig unterbrochen wird durch metrische Stücke in der Weise von
Seneca^s Tragödien und in den manchfaltigsten Formen wie sie Epos, Ele-
gie, Jambos und Melos darbieten, wobei der Verfasser zwar nicht immer
Strenge beweist, aber sicher grosse Gewandtheit. Die Sprache ist die ge-
zierte und manierierte seiner Zeit, doch temperiert durch ein nüchtern sjl-
logistisches Element.
4. Ed. priuceps der Schrift Nürnberg 1473 (per Ant. Coburger); spä-
ter z. B. cum comment. Thome, Colon. 1504. 4.; in nsum Delphini cum
noti P. Callyi, Lutet. 1680. 4 ; cum nott. P. Bertü, Lugd. Bat. 1671; cur.
J. A. Vulpio, Patav. 1721 u. 1744; cum nott. varr., Glasgov. 1761. 4.; mit
(deutscher) Uebersetzung und Anmerkk. von Fr. C. Freitag, Riga 17^;
ed. Helfrecht, Cur. Kegn, 1796; besonders die von Th. Obbarios (ad opt.
libr. mss. nondum coUatorum fidem rec. et prolegg. instr.X Jena 1843; mit
LXIV pp. prolegg. Auch von R. Peiper, mit den opuscula sacra qoae h-
runtur (s. A. 8), Lips. 1869. Uebersetzungen in alle möglichen Sprachen.
Eine angelsächsische, angeblich von Alfred d. Gr. (J. 871—901), herausgg.
von Ch. Rawlinson (Oxford 1698) und J. S. CardaJe (London 1828. 1835).
Eine deutsche, aus dem Anfang von saec. XI, in St. Gallen, hrsgg. von
E. G. Graff (Berlin 1837), H. Hattemer (Denkmäler des MAlters III, 1).
P. Langen, quaestiones Boetianae, in der Symb. philol. Bonn. p. 261
— 268. R. Volkmann, in B. de cons. phil. libros commentariolum criticon)
Jauer 1866. 8 pp. 4.
5. Andere erhaltene Schriften des B. Dialogi II in Porphyriom a
Victorino translatum, Commentariorum in Porph. a se translatum HbriY,
Uebersetzungen und Commeutare zu Aristoteles Categoriae (libri IV), von
der Schrift de interpretatione (erste Bearbeitung in 2 Büchern, zweite in
6), den Analytika (prior, u. posi), den Elench. sophist., der Tojok des Ari-
stoteles; Commentar zur Topik des Cicero (oben 169, 6, 2); de syllogimo
categorico libri 11; de syll. hypothetico libri II; de divisione^ de definHioiie,
de differeiitiis topicis (libri IV); de musica libri V; de arithmetica libri ü,
liebst einer Uebersetzung der Geometrie des Euklid es in zwei Büchern.
«i-,». * t-j
447 f. Boetius. Ennodius. 995
6. Die von A. Mai (class. auctt. e vaticc. codd. ed. III. p. 317 ff. 327 ff.)
vermeintlich erstmalB aus einer vaticaniBchen Handschrift saec. XI heraus-
gegebenen Abhandlungen Communis speculatio de rhetoricae cognatione und:
Locorum rhetoricorum distinctio sind schon gedruckt im vierten Buche der
differentiae topicae des B., p. 880 ff*, der Basler Ausgabe, und (nebst an-
dern Stücken der diff. top.) auch in die Dialektik des Cassiodor überge-
gangen ; 8. C. Halm im Rhein. Mus. XVIII. S. 463 f. Was bei Mai p. 331 ff.
folgt und auch dem B. beigelegt wurde ist vielmehr ein Werk aus dem
eilfteu Jahrhundert: Franconis ex opere de quadratura circuli specimen.
7. Unter den mathematischen Schriften bietet die den Namen des
B. tragende Geometrie besonderes Interesse, als Beitrag zur Eenntniss alter
Rechnungs- (bes. Divisions-) Methoden und zur Geschichte der Zahlzeichen.
M. Cantor, mathemat. Beiträge zum Culturleben (1863) S. 181 — 198.
199—230. G. f^riedlein, Gerbert, die Geometrie des B. und die indischen
Ziffern, Erlangen 1861. (vgl. F. Hultsch in Fleckeisens Jahrbb. 87, S. 422
—425), und: Zur Frage über die Echtheit der Geometrie des B. (ebd. 87,
S. 425 — 427). Boetii de institutione arithmetica libri II, de instit. musica
libri y. Accedit Geometria quae fertur Boetii. Ex libris mss. ed. G. Fried-
lein, Lips. (Teubner) 1867.
8. Der früheste Zeuge für christlich theologische Schriften des B. ist
Alcuin (um 770). Es sind die Schriften quomodo trinitas unus deus ac non
tres dii; utrum pater et filius ac Spiritus sanctus de divinitate substantia-
liter praedicentur; brevis fidei christianae complexio; de persona et dua-
bus naturis contra Eutychen et Nestorium. Deren vollständige Unechtheit
ist unzweifelhaft und von Fr. Nitzsch in einer eigenen Schrift (das System
des B. und die ihm zugeschriebenen theologischen Schriften ; eine kritische
Untersuchung; Berlin 1860. 183 S.) ausführlich nachgewiesen; s. bes. S. 93
— 174. Ebenso wurden dem B. mit Unrecht beigelegt die Schriften de uni-
tate et uno, quomodo substantiae bonae sint, und de disciplina scholarium,
welche letztere einen brabanter Mönch des 13^«» Jahrh. Namena Thomas
(Brabantinus Cantipratanus) zum Verfasser hat.
9. Gesammtausgaben der Schriften des B. Venet. 1491. 1492 fol. (cum
comm. s. Thomae). Basil. 1546. 1570 (ex rec. Glareani). fol. Alles bei und
durch einander in Migne*s patrol. LXIII und LXIV.
10. C. G. Heyne, censura Boethii, Opusc. acad. VI. p. 144-— 166. C.
F. Bergstedt, de vita et scriptis B., Upsala 1842. J. G. Sutterer, B. der
letzte Römer, sein Leben u. s. w. Eichstädt 1852. 4.
448, Ein Redekünstler und Versemacher aus der Zeit des
Theoderich ist der Bischof von Pavia, Magnus Felix Ennodius
(J. 473 — 521) aus Gallien. Die geschichtlich bedeutendsten sei-
ner Schriften sind die Biographie seines Vorgängers Epiphanius
und der Panegyricus auf Theoderich (ums J. 507), letzterer
masslos im Preisen, vorsichtig im Verhüllen und unerträglich ge-
bläht in der Form. Die neun Bücher Briefe leiden an Inhalts-
losigkeit; noch melir die Schulreden. In seiner Zeit als Stilist
63*
99() 1^16 Kaiserzeit. Aus dem sechsten Jahrhundert.
anerkannt, hatte Enn. Reden und Briefe für Andere zu schrei-
ben, auch Predigten für Bischöfe. Die Sammlung der Gredichte
des Enn. enthält im ersten Buche grössere Arbeiten (Reisebe-
schreibungen, ein Epithalamium, mehrere Hymnen), im zweiten
kürzere Gelegenheitsgedichte, theilweise recht unbedeutende, zu
Preis wie Unglimpf. Incorrectheit^n der Form sind nicht selten.
1. Ennodius aus Gallien (ep. I, 2 vgl. c. II, 73\ vielleicht Arelate.
Eucharist. (p. 248 M.): tempore quo Italiam optatissimus Theoderici regis
resusdtavit ing^easus (J. 489) . . ego annorum ferme XVI amitae quae me
aluerat . . solatio privat us sum . remansi solus, inops etc. poposci in matri-
monium cuiusdam nobilissimae . . parvulam filiolam, protinus . . ezceptus,
. . ut aUmentis affinerem, . . ex mendico in regem mutatus. Nachdem er
das so leicht Gewonnene durchgebracht wurde E. Priester und seine Frau
trat in ein Kloster ein. Bischof von Ticinum (Pavia) seit 611. Abge-
sandter des Papstes Uormisdas an den oström. Kaiser Anastasius für die
Vereinigimg beider Kirchen. Frühere Reisen carm. I, 1 (nach Brian^on
auf Geheiss eines vates =^ Bischofs). 5 (über den Po zu einer Schwester).
6 (aus Rom zur See).
2. Panegyricus dictus clementissimo regi Theoderico, nach J. 504
(Zuruckeroberung von Sirmium, s. 12, .3) und vor 508 (ehe Theoderich für
seinen Enkel Amalarich das westgothische Reich zu verwalten bekam).
Beschaffenheit: adeo omnia sunt plena argutianim et ineptiarum, tot un-
dique calamistri adhibiti, tot mira verborum et compositionia monstra nt
nauseam moveat oratio turgida atque inflata, stomachum ambigua et ob-
scura. verum etsi graviter cum rerum iudicio tum sententiamm delectu
laborat Ennodius, ist er doch eine wichtige Geschichtsquelle (vgl. R. Köpke,
deutsche Forschungen S. 165 ff., bes. S. 173. 175. 178), Manso p. 435 vgl
M. Fertig III. S. 4: bei manchem Guten ist des Ungeschickten, Steifen,
Verzwickten, Leeren, Masslosen, Wüsten und Barbarischen in diesem
letzten römischen Redestücke viel. Abgedruckt auch in den Sammlungen
der panegyrici (oben 369), cum annotationibus in Manso's Gesch. d. ost-
goth. Reichs p. 437—487, vgl. p. 435 f. 487—490. Uebersetzt von M. Fertig
(Ennod. u. seine Zeit III), Landshut 1858. 4.
3. Vita b. Epiphanü episcopi Ticinensis (f 496); b. Antonii monachi
Lerinensis (bald nach dessen Tod verfasst). Libellus adversus eos qui contra
synodum (vom J. 502) scribere praesumpserunt (für Papst Symmachos).
Eucharisticum de vita sua, eine kurze Selbstbiographie, nach dem Vorgange
von Augustinus Confessiones in Form eines Gebetes (Fertig I. 8. 7 — 11).
Paraenesis didascalica ad Ambrosium et Beatum (die in Rom studierten,
Empfehlung der Poesie, verecundia, castitas, fides, grammatica, rhetorica,
eingeleitet je durch Verse). Ausserdem werden zu den (zehn) opiucnla
noch gezahlt praeceptum quando iussi sunt omnes episcopi cellulaDOs ha-
bere; petitorium quo absolutus est Geroiitius puer Agapeti, und zweibene-
dictiones cerei.
4. Die 28 dictiones enthalten Reden für Andere, Gelegenbeitsreden
(z. B. in natali Laurentii Mediolanensis episcopi) und Schnlreden, von leb-
teren sieben wirklich in der Schule gehalten (bei Einführung oder Bef9r-
418. Ennodius. 997
derang von Schülern), 16 aber Musterreden (10 controversiae, 5 ethicae oder
Buasoriae) bezeichnend durch die Wahl ihrer Gegenstände, z. B.: in novercam
quae cum marito privigni odia suadere non posset utrisque venena por-
rezit; in eum qui praemii nomine Vestalis virginis nuptias postulavit; in
tjrannum qui praemii nomine parricidae statuam inter viros fortes dedit;
in eum qui in lupanari statuam Minervae locavit; und als ethicae: verba
Thetidis cum Achillem videret extinctum ; verba Menelai cum Troiam videret
exustam; verba Didonis cum abeuntem videret Aeneam, u. dgl.
5. Die neun Bilcher Briefe (die Buchzahl im Anschluss an Sidonius),
im Ganzen 297, ohne chronologische Ordnung, sind zum Theil an Männer
von hoher Stellung in Kirche (wie Symmachus, Hormisdas) und Staat (wie
Boötius und Liberius) gerichtet; an Veuantius V, 22 und p. 364 M.; 23 an
elf Frauen, z. B. seine Schwester Euprepia. Alle scheinen von E. als Dia-
konus (inlMailand) und vor J. 510 geschrieben. OefiFentliche Verhältnisse, voll-
ends politische, werden kaum berührt. Die Schreibweise ist höchst manierirt.
6. Dass das Versemachen für einen Priester sich nicht recht schicke
fühlt Enn. so gut wie Sidonius und entschuldigt es wiederholt (c. I, 6 praef.
u. 9 praef.). Galt doch die heidnische Mythologie für ein uuerlässliches
Zubehör der Verse, so dass auch Enn. den Phoebus, Apollo, die Cynthia,
Venus (bes. I, 4), Parcae (I, 5. II, 2. 109), Pierides, di (II, 24, 1) oft genug
in Bewegung setzt, freilich ohne alles Arg, indem ihm z. B. Olympus ein-
fach der christliche Himmel ist (vgl. I, 6 von Christus: ille per ezcelsum
videat me dezter Olympum). Aber auch moralische Bedenken hatte das
Versemachen, wenn man anzügliche Gegenstände so wenig mied wie Enn.
II, 25 ff. 51 ff. 70 ff. 97. 101 ff. thut, offenbar weil er, wie Luzorius, ein
wenig Schmutz als unzertrennlich von der Gattung des Epigramm ansah.
Dass es jedoch nur eine Form der Stilübung war zeigt die häufige Ver-
bindung mit einem prosaischen Vorwort (bei Ennod. I, 6. 7. 8. 9. II, 150)
oder Nachwort (II, 107), die Verwendung von Versen als dictiones (Ennod.
I, 2. 6. 9) und Versstoffe wie Ennod. II, 23 f. (de eo qui ut fihum matri
reconciliaret furtum fecit; de eo qui dicebatur meretricis fiUus esse), vgl. A. 4.
7. Die Gedichte von B. I liefern bei ihrer phraseologischen Haltung
weniger stoffliche Ausbeute als Ueberschriften wie Itinerarium Brigantiouis
castelli, Itinerarium Padi, Dictio Ennodii diaconi quando Roma rediit (vgl.
A. 1) erwarten liessen. Das Epithalamium dictum Maximo v. s. bewegt sich
nach dem Vorgange des Claudianus in einer Manchfaltigkeit von Formen
(elegisches Vorwort, 4 tetr. troch., 6 sapphische Strophen, der Haupttheil
im epischen Masse, zum Schlüsse 6 Hendekasyllaben) und fasst auch das
Sinnliche frei an. I, 7 bietet dem Faustus (oben 446, 6) als Gegengeschenk
ein Vorwort in Prosa, 16 Distichen, 12 Hexameter, wieder 2 Distichen, 6
sapphische Strophen und zum Schlüsse 12 anapästische Dimeter. I, 9 episches
Gedicht zum Geburtstag des Epiphanius (s. A. 3), in annum XXX sacerdotii
=■ J. 496. I, 10—21 Hymnen im dim. iamb. acat. bes. auf Heilige.
8. Buch II besteht aus 151 Gedichten (dazu epist. V, 8) meist im
elegischen und epischen Mass (c. 107 sapphische Strophen, 123 tetr. troch.),
Epitaphien, zur Einweihung von Kirchen, auf Kunstwerke, spottende Epi
gramme, Gedichte zum Preise bes. von Bischöfen (77 ff.); vgl. 150 praef.:
qui miratur officii terminos in amicorura me laudibus egressum recolat quam
f)98 I^iß Kaiserzeit. Aus d^m sechsten Jahrlmndert.
iroperioßa est semper affectio etc. De horto regia (Theoderici) Jll. Pe
eö quod Meesala consul (J. 506) Ennodius in cognomine dictus est, 32 vgl.
144—146. Vieles ist so iinbedentend dass es des Aufbewahren« nicht werth
war; Enn. aber bemerkt ausdrücklich was ex tempore (26. 57. 107) oder
subito (142) gemacht sei. Auch vgl. 57, 6: carmina byblis sulcavi, tumulo
ne tenear moriens.
9. Ennod. entschuldigt carm. II, 57, 8 ff. u. 146 etwaige prosodische
Incorrectheiten. Sie sind am häufigsten in Eigennamen und Fremdwörtern
(wie Melissa, SätumTus, ceruchus, physica; auch thyrambus statt dith. I, 7.
II, 109); doch kommen auch Regelwidrigkeiten vor wie venerandum, rö-
misse, reuuis, mulierem (volksmässig?), rlgent, lltamus und andererseits
ötii, nöminasse, convivii, astutia, immöbilis, pauperes, possides.
10. Ausgabe der Werke des E. von J. Sirmond, Paris 1611 (und in
Sirmonds Opera I, Paris. 1696. p. 1353 ff., Venet. 1728 p. 371 ff.), abgedruckt
auch in Gallandi bibl. patr. und Migne's patrol. LXIII (p. 13 — 364).
11. M. Fertig, Enn. und seine Zeit, I. 11. Passau 1855. 4.
449, Gleichfalls zur Zeit des Kaisers Anastasius schrieb
in Constantinopel, aber in lateinischer Sprache, der Gramma-
tiker Priscianus, dem wir das vollständigste und vollendetste
Lehrgebäude der lateinischen Sprache verdanken, die achtzehn
Bücher Institutionum grammalicarum, besonders wichtig durch
die reiche Fülle von üeberlieferungen aus der alten Literatur
und in seiner Terminologie vielfach bis auf den heutigen Tag
fortwirkend. Das Werk gehörte zu den gelesensten des Mittel-
alters und ist daher in zahllosen Handschriften erhalten. Ausser
diesem Hauptwerke besitzen wir von Priscian auch noch einige
kleinere Schriften, von denen die wichtigsten die drei an Sjm-
machus gerichteten sind, sowie in gebundener Form einen Pane-
gyrikus auf Anastasius und ein geographisches Schulbuch.
1. Das Zeitalter des Pr. aus Caesarea in Mauretanien wird bestimmt
durch seinen pauegyricus auf Anastasius (J. 491— 518), die Subscription des
Theodorus (s. A. 3) und die üeberschrift von Cassiod. de orthogr. 13: ex
Prisciano grammatico, qui nostro tempore Constantinopoli doctor foit
Aufenthalt zu Rom nach der Widmung an Symmachus (A. 5). Prisdan.
inst. VI, 51 (p. 238, 5 ff. H.): quod . . doctissime attendit noster praeceptor
Theoctistus, omnis eloquentiae decus, cui quidquid in me sit doctrinae
post deum imputo. Vgl. XVill, 56 (II. p. 231, 24 f. H.): teste sapientai-
simo domino et doctore meo Theoctisto, quod in institutione aitis gnaa-
maticae docet etc. Cassiod. divin. lect. 30: Theoctistum quoque aliqua de
tali arte (orthogr.) conscripsisse comperimus. Ps. Acro zu Hör. S. I^ 6, 97:
(Barium) civitas est quae Atbaris dicitur hodieque, ut dixit grammalicaB
Theotistus.
2. Widmung der inst: luliane consul ac patricie, cui summot digiii-
tatis gradns summa adquisivit in omni studio ingenii claritado, . . tibi lioe
449. Priscianus. 999
opus devoveo. Der Schluss des Vorworts enthält eine Inhalteangabe. B.
I— XVI enthalten die Formenlehre, XVI und XVIII handeln de constructione
8. ordinatione partium orationis inter se. Ueber die Quellen ib.: cum eos
(ApollonioB Djsk. und Herodian) omnia fere vitia quaecumque antiquorum
Graecorum commentarüs sunt relicta artis grammaticae expurgasse com-
perio, . . nostrorum autem neminem post illos imitatorem eorum extitisse,
. . conatus sum . . supra nominatorum praecepta yirorum quae congrua
sunt visa in latinum transferre sermonem, collectis etiam omnibus ferc
quaecumque necessaria nostrorum quoque inveniuntur artium commentarüs
grammaticorum. Wirklich erweist sich ein grosser Theil des Systems von
Pr. als eine Uebersetzung aus ApoUonios nsgl avvtä^smg, tcsqI avzaivvfiiag^
nsgl övvSiofLioVf negl ^niQQriyi>ax(ov , sowie aus den Scholien zu Dionjsios
Thrax. Auf Grund dieser griechischen Quellen weicht Pr. in Einzelheiten
von der herkömmlichen Anordnung ab und pflegt diess mit Geräusch zu
verkündigen. So in der Ausscheidung von qualis, quantus, quot, unus, alter,
alius, totus u. s. f. aus der Zahl der Pronomina, in einer verschiedenen
Auffassung der Nomina adiectiva und mehrerer technischen Ausdrücke,
sowie einer abweichenden Eintheilung der Coi^unctionen (W. Christ, Philo!.
XVIII. S. 140). Um so enger schliesst er sich in den speciellen Ausführungen
und in den Mittheilungen aus der älteren Literatur der Römer an seine
Vorgänger (bes. Flavius Caper) an. In den beiden letzten Büchern, wo
Pr. nicht so reiche und für den unmittelbaren Gebrauch zugerichtete Vor-
arbeiten vorfand, zeigt sich die Unzulänglichkeit seiner Studien und die
Enge des Kreises von Schulschriftstellern worin er zu Hause war. Seine
Darstellung leidet an grosser Weitschweifigkeit, und von lateinischer Wort-
stellung hat Pr. sehr dunkle Begriffe.
3. Die Gesammtzahl der Handschriften des Pr. berechnet Hertz
I. p. XIII auf gegen tausend, quorum quidem libros XVIII omnes com-
plectuntur pauci, libros postremos duos (XVD et XVIII, de constructione,
sive Priscianum minorem) itidem satis pauci, libros XVI priores (de VIII
partibus orationis s. Priscianum maiorem) plerique (1. 1.). Alle gehen zurück
auf die Recension des Flavius Theodor us (von Aldhelmus verwechselt mit
Theodosius) antiquarius (Schönschreiber), der später in Hofdienste trat (s.
unten 450, 3) und von sich sagt: scripsi Artem Prisciani eloquentissimi
grammatici, doctoris mei, manu mea in urbe Roma Constantinopoli im
Laufe von J. 526 u. 527; s. 0. Jahn, Berichte d. sächs. Ges. der Wiss. 1851,
8. 354—359. Erhalten ist aber weder die Recension des Theodorus selbst
noch eine unmittelbare Abschrift derselben; vielmehr zeigen auch unsere
ältesten Hdss. einen schon vielfach interpolierten und verderbten Text.
Die Haupthds. ist Paris. 7496 saec. IX (R bei Hertz), besonders wichtig
durch die Correctur zweiter Hand (r), die auf einen codex vetustus zurück-
geht. Vgl. M. Hertz, Berichte üb. d. Verhandl. der Berl. Akad. 1847, S.
417-42!; ed. Prise. L p. X— XXHI. W.Christ, Phüol. XVHL S. 142-161.
4. Ueber die Ausgaben der Inst. vgl. M. Hertz I. p. XXIII— XXVII.
In Putsche's gramm. (Hanau 1605. 4) p. 533—1214. Ed. A. Krehl, Lips.
1819 f. 2 Voll. Hauptausgabe ex recens. M. Hertzii, in KeiPs gramm.
lat. n u. III, Lips. 1855. 1859.
6. Kleinere Schriften. Dem Symmachus (cos 485?) gewidmet sind
lfK)0 Die Kaiserzeit. Aus dem Bechsten Jahrhundert.
drei. Vorwort: Omni te, Symmache, nobilitatia spleudore celebratora, ..
studiis etiam optimarum artiom discipUnarumque fiorentem . . fama qui-
dem antea nobis abaentem venerabilem faciebat, nunc antem praesentem
. . oBtendit. . . itaque . . (a) de figuri«, sicut iussisti, nomerorum breriter
coUecta demoustrabo et de nummis vel (= et) ponderibus, praeterea (b)
de Terentii metris, nee non etiam (c) de praeexercitamentis rhetoricis, quae
Qraeci ngoyvfivdauaza vocant, quoniam diligentius ea sophistae ianiores,
quos Bequimur, ; . exposuisse videntur. Die erste Schrift (über die im Lat.
und Griech. üblichen Zahlzeichen, die Münzverhältnisse und Bildungen
der lat. Kahlbegriffe) ist geschöpft aus Dardanos (etwa saec. IV) nsgl «ra-
^limv; die zweite (abgedruckt auch bei Gaisford, script. rei metr. latt. p.
410 ff".) will beweisen dass die Stücke der palliata wirklich in Veraen ge-
schrieben seien, nur sehr regellosen , und ist entnommen aus Ueliodor,
Hephästion, Terentianus und Asmonius; die dritte ist eine üebersetzung
der nQoyvfiv. des Hermogenes. Keil p. 394 f.
d. Institntio de nomine et pronomine et verbo (in älteren Aasgaben
betitelt de declinationibus u. dgl.), Auszug aus dem grösseren Werke für
Schulzwecke. Keil p. 395 f.
e. Partitiones XII yersuum Aeneidos, an diesen die SchulQbong {{if-
Qnsnog, später ini(tSQ.) durchmachend welche die Griechen an Ilonier vorzu-
nehmen pflegten, die metrische und grammatische Zergliederung der Verse,
in Form von Fragen und Antworten. Keil p. 397 f.
f. De accentibus, Regeln über den Accent, meist mit Priscian über-
einstimmend, aber nicht von ihm selbst, nam non solum omne dicendi genus
ab hoc grammatico prorsus alienum, ne dicam rüde et saepe etiam ineptom
est, sed etiam res ipsae de quibus agitur speciem eins aetatis quae iam
usum et scientiam latinae linguae non habebat prae se feruut. in exemplis
vero barbara quaedam vocabula hie scriptor posuit. Keil p. 400 f.
6. Ausgaben der kleineren Schriften (ausser Putsche und Krebl^ A. 4)
von F. Lindemann (Lugd. B. 1818) und bes. von H. Keil, gramm. latt 111.
(Lipo. 1860) p. 405—528; vgl. die praef. p. 387 ff. W. Christ, PhiloL XVIII.
S. 153—158.
7. Prisciani grammatici de laude imp. Anastasii . . nunc primum . .
ed. et illustr. St. L. Endlicher, Wien 1828 (comment. p. 21—78). Dieser
Panegyrikus (312 Hexameter mit einem Vorwort von 22 klappernden iamb.
Senaren) scheint um*s J. 512 verfasst. Trotz aller Anstrengung bleibt er
durchaus nüchtern. Schluss in der (bobbioschen) Hds. (jetzt in Wien):
expl. laudes sapientissimi imp. An. . . dictae a Priseiano grammatico. Pris-
ciani periegesis e Dionjsio, 1087 Hexameter mit dem Schlüsse: . . pelagi
partes percurri Carmine vastas et terrae pariter regiones finibua amplu.
omnipotens pro quo genitor mihi praemia donet. Abgedruckt ist dieses
Schulgedicht bei Wemsdorf, poetae lat. min. V. p. 265—422 (vgL p. «26
—236 und die notae p. 423—493), in Q. ßemhardy's Geogr. g^. min. I. p.
461 ü., und in C. Müller'a Geogr. gr. min. II (1861) p. 190 ff.
8. In Hdss. des Priscian findet sich ein carmen de ponderibas
et mensuris, das daher vielfach ihm zugeschrieben wurde, obwohl obae
Grund (nam nee mss. librorum auctoritate satis defenditur nomen g^ramnia*
tici nee rerum de quibus agitur argumento, Keil p. 402). Dasselbe is( nd-
449 f. PriBcianus. Eutycheß. 1001
mehr wahrsch. schon am Ende von eaec. IV oder Anfang von V verfasst
(C. Schenkl, Sitzangsber. der Wiener Akad,, hist.-philol. Cl. XLIII. 1863.
S. 35 tf.). W. Christ (Rhein. Mus. XX. S. 66—70) will es sogar schon unter
Diodetian setzen. Vgl. L. Müller ip Fleckeisens Jhbb. 93, S. 559. Abge-
druckt ist es (in 163 Hexametern) bei Wernsdorf, poet. lat, min. V. p. 494
— 619 (vgl. p. 230—240), darauf (zu 208 Versen vervollständigt) aus einer
Bobbio*schen Hds. zu Wien von Endlicher (mit dem panegyr., s. A. 7),
am besten durch F. Hultsch, Script, metrolog. rom. (1866) p. 88—98 (vgl.
p. 24—31).
9. Nicht minder mit Unrecht trägt des Priscian Namen eine epitome
Phaenomenon s. versus (16 Hexameter) de sideribus, z. B. bei Wernsdorf
poetae lat. min. V. p. 620—622.
10. Wahrscheinlich aus saec. VI ist das carmen de librae sive assis
partibuB, 20 Hexameter, in Hdss. angehängt an das de ponderibus (A. 8).
Abgedruckt am besten bei Hultsch, script. metrol. rom. p. 99 f. vgl. p.
31 f. Schenkl (s. A. 8) S. 58, A.
460. Noch bei Priscian's Lebzeiten verfasste sein Schüler
Eutyches gleichfalls grammatische Werke, von welchen eine
Ars de verbo in zwei Büchern auf uns gekommen ist. Sie zeigt
Benützung der Schriften seines Lehrers, aber auch älterer Quellen
Der Vorspnmg welchen auf diesem Gebiete damals der Osten
hatte erhellt am klarsten wenn wir mit den Leistungen Priscians
vergleichen die wenig späteren kümmerlichen des Asper und
Audax oder gar die abenteuerlichen Schwindeleien des Vergilius.
1. Cassiod. de orthogr. 9 hat die Ueberschrift: Eutychis de aspi-
ratione. Die Hdss. des £. selbst haben meist die Form Euticii oder En-
iicis. Eut. p. 456, 28 £f. E. : de quibus . . quia romanae lumen facundiae,
mens, immo communis omnium hominnm praeceptor, in quarto de nomine
libro summa cum subtilitate copiosissime grammaticus Priscianns disseruisse
cognoscitur etc. Aus dem prologus: tuis petitionibus satisfadens, meorum
dilectissime discipulorum Cratere, . . opusculum hoc ad discernendas per-
tinens coniugationes duobus Hbellis iuclusi, quorum prior observationibus
instruitur generaUbus, alter . . speciales exequitur regulas.
2. Ausgaben der Schrift des Eut. von Jo. Camerarius (Tubing. 1537,
mit Mär, Vict. u. A.), bei Putsche (p. 2143—2189) und Lindemann (p. 153
—198) und bes. von H. Keil, gramm. lat. V. p. 447—489, vgl. p. 442—446.
F. Osann, Beiträge H. S. 162—165.
3. üeber einen andern Schüler des Priscianns, den Fl. Theodorus
Dionys. v. d., memoriahs sacri scrinii epistolarum et adintor v. m. quae-
storis sacri palatii, s. oben 449, 3.
4. Von einem grammaticus Aspe r sind zweierlei sehr verschiedene,
aber gleich werthlose, Arbeiten erhalten : in einem Bemensis saec. VH die
eine, katechetisch gehaltene, minorem Artem Donati secutus hie gramma-
ticus de YIIl partibus orationis disseruit et maximo exemplornm numero
1(KJ2 ^^6 Kaifierzeit. Aus dem sechsten Jahrhimdert.
congesio . . pruecepta illius illusiravit. . . eruditionis autem nuUa in hoc
libro sunt vestigia, neque ulla Teterum scriptorum exempla adscripta sunt.
H. Keil, gramm. latt. V. p. 630. Die andere ist abgedruckt bei Putsche
p. 1726—1736, Lindemann p. 309—316, Keil V. p. 647—654, Tgl p. 530—532;
p. 631: tam multa in definitionibus et in divisionibus partium orationis et
in verbis quibus praecepta artis efferuntur et in genere tractandi a more
antiquorum grammaticorum dissentiunt ut recentis . . scriptoris mannm
prodant.
6. Audax, Verfasser einer grammatischen Schrift de Scauri et Pal-
ladü libris excerpta per interrogationem et responsionem , erwähnt nicht
vor saec. VII und erhalten in einer Bemer und einer Münchner Hds. saec.
IX, sowie überarbeitet in einer Karlsruher saec. IX: Volfuiuus indpiont
artes Audaci de Sc. et F. libris exe. H. Keil im Hermes 1. S. 332 f. vgl
De gramm. quibusd. inf. aet. (Erlang. 1868. 4.) p. 4: plura sane (als Asper)
ex antiquiore doctrina servavit, sed eorum maximam partim e Maximi
Victorini libris qui feruntur recepit.
6. H. Keil, de gramm. inf. aet. (Erl. 1868) p. 6: oranium qui infe-
riore aetate de grammatica arte scripserunt longe inö^tissimus fuit Ver-
gilius a Maio (Class. auct. V. p. 1 sqq.) editus, qui sexto septimove sae-
culo in Gallia vixisse videtur (was in der not näher begründet wird), is
enim de grammatica arte ita dispntavit ut potius insulsas fabulas quam
veram artis tractationem exhiberet. neque omniuo certam disciplinam et
rationem disputandi secutus est, sed plerumque de controversiis quibusdam
qiias a granimaticis suae aetatis tractatas esse ait disseruit. in quibus om-
nia fictis fabulis contexuit. (folgen Beispiele.) . . de plurimis autem quae-
stionibus quas tractat se institutum esse scribit ab Aenea, praeceptore suo,
quem saepe laudibus effert; de aUis praecepta ponit Mitterii cuiuBdam
Spaniensis, quem senem noctu . . interroganti sibi de rebus düBciliimis
respondisse scribit (p« 12 sqq.).
451. Neben Boetius der bedeutendste Mann des Jahrhun-
derts, durch amtliche Stellung wie durch eigenen Werth, ist
Magnus Äurelius Cassiodorus Senator, aus einem angesehenen
und reichen Geschlechte in Bruttien geboren. Sein langes Le-
ben (ungefähr 480 — 575) reicht von Theoderich bis Jostinian,
seinen Höhepunkt aber hat es unter Theoderich, wo Cassiodor
Gonsul (J. 514) war und als Geheimsecretär des Königs die
thatsächliche Leitung der laufenden Geschäfte hatte. Nächst
Reden ist seine früheste Veröffentlichung seine Chronik, welche
die Weltgeschichte von Adam bis ins J. 519 n. Chr. um&sst,
eine Compilation aus älteren Quellen, vom J. 496 an aus eige-
ner Kunde, aber in dürftig höfischer Weise. Werthvoller ist
seine Geschichte der Gothen, die uns aber nur in der baribari-
sirenden Bearbeitung des Jordanis erhalten ist, und seine swSlf
Bücher Yariarum, eine Sammlung der von Cassiodor in
450 f. Audax ii. A. Cassiodorus. 1003
amtlichen Stellungen verfaf»sten Schriftstilcke, Erlasse' im Namen
des jeweiligen Regenten und sonstige Urkunden. In seinen spä-
teren Jahren in ein Kloster zurückgezogen, verfasste Cassiodor
nunmehr eine Reihe theologischer und encyclopädischer Schrif-
ten. So eine Uebersicht der für seine Klosterbrüder empfehlens-
werthen Literatur in ^wei Büchern (lectiones divinae); einen
Abriss der sieben freien Künste, Institutiones divinarum et sae-
cularium litterarum, gleichfalls in zwei Büchern, nur theilweise er-
halten; ausserdem de anima, de amicitia u. Ä.^ sowie Gramma-
tisches (de orthographia u. dgl.). Allenthalben zeigt C. eine
für seine Zeit achtbare Kenntniss und Werthschätzung der alten
Literatur und einen tüchtigen Charakter. Seine Schreibweise
ist im Zeitgeschmacke und schwülstig.
1. Ueber seine Vorfahren in drei Generationen j^bt C. selbst Kunde
durch den Mund des Königs Theoderich, in den* beiden Erlassen (Var. I,
3 u. 4) durch welche seinem Vater Auszeichnungen bewilligt werden. Aus
I, 4: Cassiodoros praecedentes (dem Vater "des Schriftstellers) fama con-
celebrat. . . antiqua proles, . . cum togatis clari, inter viros fortes eximii,
quando et valetudine membrorum et corporis proceritate floruerunt. pater
enim candidati sub Valentiniano (III) principe (J. 426 — 465) gessit tribuni
et notarii'laudabUiter dignitatem. . . patricio Agtio . . magna fuit caritate
sociatus. Sendung an Attila. Zurückziehung in amoenissima Bruttiorum.
avns enim Cassiodorus . . a Vandalorum (unter Geneerich) incursione Sici-
liam Brnttiosque armorum defensione liberavit. . . vixit et ipse in provincia
honore iudicis et securitate privati etc. tanta etiara patrimonii sui ubertato
gloriatus est ut etc. Üeber den Vater ib. : primus administrationis introitus
comitivae privatarum mole fuudatus est (Comes rer. privat.). . . qui mox
deinde sacrarum largitionum honore suscepto crevit etc. bis itaque sub
praecedenti rege (Odoaker?) gymnasiis exercitatus emeritis laudibus ad
palatia nostra pervenit. I, 3: in ipso imperii nostri exordio . . Siculorum
suspicantium mentes ab obstinatione praecipiti deviasti. . . ubi sub pro-
cinctu martio civilia iura custodiens publica privataque commoda inavanis
arbiter aestimabas. . . Bruttiorum et Lucaniae tibi dedimus mores regen-
dos (als corrector\ ne bonum quod peregrina provincia (Sicilien) meruisset
genitalis soli (vgl. Var. XII, I^) fortnna nesciret. . . oblectat nos actus
praefecturae (vgl. Var. IX, 24) recolere etc. . . patriciatns tibi apicem iusta
remnneratione conferiraus. Der Schriftsteller selbst (Senator, vgl. den Bi-
schof Senator bei Ennod. carm. II, 87) wurde primaevus unter Theoderich
quaestor, dann magister officiorum, 514 Consul (Chronik ad a.: Senator
V. c. cons. me consule etc.), bei Athalarichs Regierungsantritt noch ma-
gister, sed implevit quaestoris officium ( Var. IX, 26 vgl. I. praef. : frequenter
quaesturae vicibus ingravato), schützte und verwaltete eine Zeit lang die
Küstenprovinzen (Var. IX, 26), und wurde J. 634 praef. praet. (Var. IX, 26).
VgL Var. I praef.: praefectum te praetorianae sedis omnes noverunt. IX,
25: cumulavimus (Athalarich) beneficiis nostris copiosum virtutibus, divitem
moribos, plenum magnis honoribus Senatorem. Viermal war er Präfect,
1004 ^^^ Kaiserzeit. Aus dem sechsten Jahrhundort
vier Königen hat er in mindestens 40 Jähren gedient. Wahrscheinlich
nach dem Starze des Vitigis (J. 540) zog er sich in das von ihm gestiftete
Kloster Vivarium in Bruttien zurück, verfasste hier seine theologischen and
allgemeinen Schriften ond starb ums J. 575. Vgl. A. 2. R. Köpke, deut-
sche Forschungen S. 85—89.
2. Die schriftstellerische Thätigkeit des C. zerfällt in zwei Hälften:
eine historisch- politische [Reden, Chronik, Goth. hist. und Variae) während
seiner Amtszeit, nnd eine theologisch-grammatische seit der Zurückziehung
nach Vivarium. Vgl. Var. I praef. : dixisti ad commendationen universitatis
freqnenter reginis (bes. Amalasuntha) ac regibus (bes. Theoderich, Var. TX,
25) laudes (die Ueberreste bei C. Baudi di Vesme, frammenti di orazioni
panegiriche di Magno Aur. Cass. Senatore raccolti, in den Memorie der
Furiner Akademie VIll. p. 169 ff.), duodecim libris Gothorum historiam
defloratis prosperitatibus condidisti (s. A. 4). Die schon vorher (J. 519)
verfasste Chronik (s. A. 3), wird als nicht politische Arbeit übergangen.
Schriften aus der Klosterzeit aufgezählt de orthogr. praef.: post commenta
psalterii, ubi praeetante domino conversionis meae (Uebertritt zum Mönchs-
leben) tempore primum Studium laboris impendi; deinde post institutiones
quemadmodum divinae et humanae debeant intellegi lectiones, duobus libns
. . sufficienter impletis; . . post expositionem epistolae quae scribitur ad
Romanos, unde pelagianae haereseos pravitates amovi; . . post codicem in
quo artes Donati cum commentis suis et librum de etjmologiis et alium
librum Sacerdotis de schematibus dom. praesf. collegi; . . post librum
quoque titulorum, quem de divina scriptura collectum Memorialem volui
nuncupari; . . post complexiones in epistolis apostolorum et Actibus apo-
stolorum et apocaljpsi, quasi brevissimas explanationes decursas ad aman-
tissimos orthographos discutiendos anno aetatis meae nonagesimo tertio
(etwa J. 572) perveni. Der in seinen Werken stehende coznputus pa-
sch alis, eine Anweisung die Daten des christlichen Kalenders zu berech-
nen, verfasst J. 562, ist hier nicht aufgezählt, schwerlich weil er erst nach
dem 9S*^^ Lebensjahre ausgearbeitet wurde, vielmehr weil er nicht von
Cass. selbst herrührt, sondern einem Abschreiber seiner €hronik ; b, Momm-
sen, Cassiodor S. 572.
3. Chronica M. A. C. Senatoris, v. c. et inl., ex quaestore sacn
palatii, ex cons. ord., ex mag. off., praef. po. atque patriczi. Verfasst auf
Veranlassung von Eutharich, dem Schwiegersohne Theoderichs. Von Adam
bis in £utharichs Consulat, J. 519, werden 5271 Jahre gerechnet. Die ersten
5 Epochen (von Adam bis zu den primi consules) sind ex chronicis Eusebii-
Hieronymi. Die sechste, a Bruto et Tarquinio usque ad consulatum ve-
strum, 1031 Jahre, das längste aus dem Alterthum überlieferte Consnhiver-
zeichniss. Der ältere Theil, bis J. 31 n. Chr., ex Tito Livio (wohl imAb-
riss) et Aufidio Basso, gibt den Coss. immer zwei Namen, der spätere (aus
der Ostertafel des Victorius Aquit.) nur einen einzigen. Die Xviri und Kriegs-
tribunen werden weggelassen und dafür auf das Xvirat 40 Jahre (statt 3}
gerechnet. Die Jahrtafel der Kaiserzeit sammt den beigefügten historischen
Notizen ist geschöpft aus der des Hieronjmus, weiterhin der nach Kaisern
abgetheilten Consulnliste des Prosper. J. 455 — 495 stammt wahracheiiüich »dt
der ravennatischeu Chronik in ihrer ursprünglichen Vollständigkeil. Von
496 an scheint Cass. aus eigener Kunde, jedoch in dürftigster HaCKshreibcr*
A
451. Cassiodorus Senator. 1005
auswahl, die gleichzeitigen Ereignisse aufgezeichnet zu haben. Die Fehler
sind zahlreich Und zum Theil stark. Die Ueberlieferung wird vielfach par-
teiisch zurecht gelegt. Bemerkenswerth sind die auf gothische Verhält-
nisse bezüglichen Zusätze. Mommsen, Abhandl. d. sächs. Ges. d. Wias.
VIII (philol. bist. Cl. III), Leipzig 1861, S. 549—670. U«ber die Hand-
schriften der Chronik ebd. S. 571—588. Die Ausgaben (in den Werken
des Cass. und den Sammlungen der Chroniken) bieten im Ganzen den Text
des Sichardus in der Bearbeitung des Panvinius; kritische Ausgabe von
Mommsen a. a. 0. S. 589-659.
4. Cassiod. lässt über sich den Athalarich J. 533 sagen (Var. IX, 25).
tetendit se etiam in antiquam prosapiem nostram, lectione discens quod
vix maiorum notitia cana retinebat. iste reges Gothorum . . latibulo ve-
tustatis eduxit, iste Amalos cum generis sui claritate restituit, evidenter
ostendens in XVII »°^ progeniem stirpem nos habere regalem. originem
gothicam historiam fecit esse romanam, colligens . . quod per librorum
campos passim fuerat ante dispersum. VgL A. 2. Var. XII, 20: in historia
nostra . . retulimus. Jordan. Get. praef.: XII Senatoris volumina de origine
actibusque Getarum ab olim usque nunc per geuerationes regesque de-
scendentia. Bei dem Tode des Athalarich (2. Oct. 534) scheint Cass. sein
Werk abgebrochen zu haben, welches schon 533 dem Könige wohl in der
Hauptsache vollendet vorlag und etwa 535 herausgegeben wurde. Be-
nützung des Orosius (Eöpke, deutsche Forschungen S. 71), Trogus, Am-
mianus und griechischer Schriftsteller (Köpke S. 79—82); auch der gothi-
schen Ueberlieferung und Heldensage (ebd. S. 84 f. vgl. S. 89 — 93). H.
V. Sybel, de fontibus Jord. p. 12 it. Der Auszug des Jordanis (unten 453,
2 f.) verschuldete wohl den Untergang des Originalwerkes.
5. Var. I praef.: dicta(ta) mea quae in honoribus saepe positus pro
explicanda negotiorum qualitate profuderam in unum corpus redigere sua-
debant (diserti). . . ideo quod in quaesturae, magisterii ac praefecturae
dignitatibus a me dictatum in diversis publicis actibus potui reperire bis-
sena librorum ordiuatione composui. . . cunctarum dignitatum sexto et
VIIo libris formulas comprehendi. . . librorum vero titnlum . . Varia -
rum nomine praenotavi, quia necesse nobis fiiit stilum non unum su-
mere qui personas varias suscepimus admonere. . . huc accedit quod
modo regibus, modo potestatibus aulicis, modo loqui videamur humil-
limis, . . ut merito Variarum dicatur quod tanta diversitate conficitur.
Die ersten 5 Bücher enthalten die Schreiben und Erlasse unter Theoderich,
B. VIII — X die im Namen des Athalarich, Theodat und Wittiges; B.
XI und XII die Correspondenz und Verfügungen aus der Zeit da Cass.
praef. praet. war. Spätestes Datum (und Zeit der Herausgabe) J. 538
(Var. XII, 16). Theilweise Umarbeitung für die Veröffentlichung vermutet
C. Schirren, de ratione p. 69. L. Tross, in Cass. Varr. libros sex priores
symbolae criticae, Hamm 1853.
6. Cassiod. de anima praef.: cum iam suscepti operis optato fine
gauderem meque XII voluminibus (Variarum) iactatum quietis portus ex-
ciperet, . . amicorum me suave collegium in salum rursus cogitationis re-
pressit, postulans ut aliqua quae tam in sacris libris quam in saecularibus
abstrusa compereram de animae substantia vel de eins virtutibus aperi-
1006 * ^^^ Kaiserzeit. Aus dem gechsten Jahrhundert.
rem. Dies geschieht denn in den beliebten (s. A. 12) zwölf Abacfanitten.
Vgl. c. 19: clauBÜnuB itaque nostrum munusculam numero duodenario, qui
coelos eignorum diversitate decoravit etc. Quellen werden nicht genannt
Schlusa von erbaulichem Charakter.
7. CasBiod, de inst. div. litt. (= diirin. lect.) 1 praef.: cum studia
saecularium litterarum magno desiderio fervere cognoscerem, . . graviBsimo
Bum dolore permotus quod BcripturiB divinis magistri public! de essen t
. . nisus Bum oiun beat. Agapeto urbis Romae episcopo (J. 535—536) ut . .
collatis expenais in urbe romana proi^sBos doctores scholae acciperent chri-
stianae. . . sed cum propter bella ferventia et turbulenta nimis in italico
regno certamina desiderium meum nuUatenuB valuisset impleri, . . ad hoc
divina caritate probor esse compulsus ut ad vicem magistri introductorios
vobis libros istos . . confecerim, per quos . . et scriptararum diTinarum
series et saecularium litterarum compendiosa notitia . . panderetur. . . in
quibus non propriam doctrinam, sed priscorum dicta commendo. . . nos
potius iatinos scriptores . . sectamur, ut quoniam Italis scribimas ronuuioä
quoque expositorea commodissime indicasse videamur. Buch II (c. 24 iL)
behandelt kurz auch die weltliche Literatur ; c. 28 z. B. ermahnt zum Sto-
diiun der scriptores rei rusücae: inyitat siquidem tos locus Vivariensis
mouasterii ad multa peregprinis et egentibus praeparanda, quando habetis
hortos irriguos et piscosi amnis Pellenae fluenta vicina. Schluss wieder
mit einem Gebet.
8. Vorwort der Ency clopädie : Superior liber (s. A. 7) domino prae-
staute completus institutionem divinarum continet lectiouum. hie XXXIII
titulis noscitur comprehensus. qui numerus aetati dominicae probatur ad-
commodns etc. nunc tempus est ut aliis septem titulis saecularium le-
ctiouum praesentis libri textum percurrere debeamus; qui tamen calculas
per septimanas sibimet succedentes . . usque ad totius orbis finem semper
extenditur. Am ausführlichsten wird die Dialektik behandelt. Unterschrift
des cod. Bamberg, saec. VIII: Cassiodori Senatoris institutionum div. e
human, rerum libri II expl. fei. Codex arohetypus ad cuius exemplaria
sunt reliqui corrigendi. Vgl. A. Mai, class. auctt. 111. p. 350 ff. Der die
Rhetorik betreffende Theil ist am besten gedruckt bei Halm, rhetores latt
min. p. 495 — 500. Die in jüngeren Hdss. vorausgehenden 30 kurzen Capp.
(bei Halm p. 501 — 504) sind eine Blumenlese von Aussprüchen bes. das
Quintilian die mit dem Werke des Cass. nichts zu thun hat; s. Halm I. L
p. XII f
9. Das schon divin. lect. praef. u. c. 30 bethätigte Interesse für Or-
thographie führte zuletzt (s. A. 2) auch noch zu einer eigenen Schrift
darüber: XII auctorum opuscula deducimus in medium, quae ab Ulis bre-
viter et copiose dicta sunt (praef.) Sie ist gerichtet an einen AemiHofl
amicus und bildete einen Anhang zur Encyclopädie ; s. praef. : iam tempoi
est ut totius operis nostri conclusiouem facere debeamus, ut melius in animo
recondantur quae septenaria conclusione distincta sunt. Die obligate Zw5lf-
zahl der auctores entsteht dadurch dass Adamantius Martjrins yierfi^ ge-
zählt wird (5—8), Caesellius Vindex doppelt (10. 11); die übrigen und An-
naeus Cornutus, Velius Longus, Curtius Valerianus, Papiiianua, Eii^f<dMS
und Priscianus.
451 f. Oassiodorus. Marcellinus. 1007
10. Nur Herausgeber war Cassiod. bei der lateinischen Bearbeitung
der Kirchengeschichte von Theodoret, Sozomenos und Sokrates (Tripartita; :
quos nos per Epiphanium scholasticum latino condentes eloquio necessarium
duximus eorum dicta deflorata in unius stili tractum deo iuvante perducere
et de tribus auctoribus unam facere dictionem (praef.). Vgl. divin. lect. 17 :
quoB a viro Epiphanio disertissimo in uno corpore XII libris fecixnus deo
auxüiante transferri. £s ist eine Art Synopse der drei Schriftsteller, gleich-
falls vertheilt per XII libros (praef.).
11. Der unendlich wortreiche Commentar zu den Psalmen (bei Migne
LXX. p. 9 — 1056) beginnt: repolsis aliquando in Kavennate urbe soUicitu-
dinibus dignitatum . . cum psalterii caelesds animarum mella gustassem . .
avidus me perscrutator immensi etc. Da er Vieles nicht verstand, ad Au-
gustini confugi lectionem. Daraus sei das Folgende ein Auszug, quem tarnen
codioem etiam per quinquagenos psahnos . . trina sum divisione partitus,
ut daritas litterae senioribus oculis se pulchrios apeciret etc. Das Schluss-
wort beginnt: explicitus est decorus et mirabilis ordo psalmorum, numero
quidam mystico terminatus etc. Am Schlüsse der praef. zu den complezio-
nes in epist. apost.: Cass. Senatoris, iam domino praestante conversi,
ezplicit praefatio.
12. Cassiod. Var. IX, 25 über Cass.: numquid . . aliqua se elatione
iactavit . .? . . benevolus cunctis, moderatus in prosperis, ignorans nisi
graviter lacessitus irasci. qui cum iustitia sit rigidus ad remissiones irarum
non perdurat austerus; suarum rerum distributor egregius et dum nescit
aliena quaerere novit propria l^gus offerre. Als Schriftsteller hat Cass.
seine weithin kenntlichen Eigenthümlichkeiteu , seine unermüdlich wieder-
kehrenden Wendungen (bes. von frommer Färbung), seine Zahlenmystik
bes. mit der Zahl 12, 7 und 3; vgl. A. 5. 6. 8. 9. 10. 11), durch die er
dem Aberglauben seiner Zeit seinen Zoll entrichtet. Seine Bücheikenntuiss
ist für seine Zeit ungewöhnlich und erstreckt sich auch auf das Griechische,
wiewohl er sich hier lieber lat. üebersetzungen bedient; s. lect. divin. 17
u. A. 10. Unter den römischen Dichtem ist ihm auch Horaz geläufig; s.
Var. I praef. A. Olleris, Cassiodore conservateur des livres de rantiquit<i
latine, Paris 1841.
13. Ausgaben seiner Werke. Cum notis Fornerii, Paris. 1584. 4. Ex
fide mss. anctiora et locupletiora, Genevae 1656. 1663. 4. Studio Jo. Ga-
retii cum notis, Rothomag. 1679. Venet. 1729. 2 Voll, fol.; wieder abge-
druckt in Migne*8 patrol. LXIX und LXX, vermehrt durch die complexiones
in epistolas Pauli, quas ed. et annot. Scipio Maffeius.
14. Vita Cassiodori in Garet*s Ausgabe. Manso, Gesch. des ostgoth.
Reichs (1824) S. 85—92. 332—341. A. Thijm, jets over . . Cassiodorus en
z^ne eeuw, Amsterdam 1858. 152 S. A. Thorbecke, Cass. Senator, ein Bei-
trag zur Gesch. d. Völkerwanderung, Heidelberg 1867.
462« Vor und nach Cassiodor verfassten Chroniken Mar-
cellinus Comes für die Jahre 379 — 534(566), mit ausschliess-
licher Berücksichtigung der Ereignisse im ostromischen Reiche ;
1008 ^ie Kaiserzeit. Aus dem sechsten Jahrhundert.
sowie der afrikanische Bischof Victor von Tunnuna^ vom Anbe-
ginn bis J. 566, wovon aber nur der letzte Theil, von J. 444 an,
erhalten ist, als Fortsetzung des Werkes von Prosper und vor-
zugsweise auf Afrika berechnet. Gleichfalls Fortsetzer der Chro-
nik des Prosper sind der Bischof Marius von Avenehes, für die
Jahre 455 — 581, und der Abt Johannes Biclariensis für seine
Zeit, J. 565—590.
1. Cassiod. div. lect. 17: Marcellinus quattuor libros de temporum
qualitate et positionibus locorum pulcherrima proprietate con£cien8. . . chro-
nica vero . . scripsit graece Eusebius, quem transtulit Hieronjmus in lati
num. . . hunc subsecutus est supraschpius Marcellinus Illyriciauos, qui ad-
huc patricii lustiniani fertur rexisse cancellos, sed meliore condicione de-
yotus a tempore Theodosii principis usque ad fores (Garet: finem, J. 565)
imperii triumphalis Aug. lustiniani opus suum domino iuvante perduxit.
Marcell. chron. praet.: ego simplici dumtaxat computatione Orientale tan-
tum secutus imperium per indictiones perque consules iufra scriptoB CXL
annos, . . a consulatu Ausonii et Olybrii (J. 379) . . enumerans et usque
in consulatum Magni (J. 518) . . colligens eorumdem auctorum (Eusebius-
Hierouynius) operi subrogavi. itemque alios XVI annos, a consulatu lustini
Aug. primo (J. 519) usque in consulatum lustiniani Aug. quartum (J. 534),
suffeci. id sunt simul anni CLVI, et meum rusticum opus supposui. Das
erhaltene Werk aber reicht durch spätere Fortsetzungen (die erste, bis 547,
vielleicht von einem fränkischen Verfasser) bis zum J. 558, in blosen Da-
tumsangaben (ohne Ereignisse) bis J. 566. Jordanis hatte wohl eine Be-
daction vor sich die nur bis 547 reichte; v. Sybel, fönt. lord. p. 32. Auf-
schrift ^ Marcellini comitis v. c. chronicon.
2. Ausgaben des Marc, von J. Sirmond (Paris 1619 => Opera II, Paris
1696, p. 309 ff. Venet. 1728, p. 269 ff.), bei Roncalli (vetust. latt scr. chro-
nica) II. p. 266 ff.; in Gallandi bibl. patr. X = Migne's patrol. LL p. 917
-948.
3. Isid. ill. 38 (script. eccl. 25): Victor TunnunensiB ecclesiae afri-
canae episcopus a principio mundi usque ad primum lustini ionioris im-
perium (J. 566) brevem per consules annuos bellicarum, ecclesiasticarum
rerum nobilissimam promulgavit historiam. Er habe im Dreicapitelstreit
eine Rolle gespielt und sei daher von Justiuian in ein klösterliches Gefäng-
niss gesteckt worden, zuerst in Aegypten, dann in Constantinopel, und
hier gestorben (J. 569}. Vgl. Victor ad a. 555. 556. Isid. chron. p. 419
Rone. : Victor Tunnunensis ecclesiae episcopus recensitis praedictorum (Hie-
ronjmus und Fortsetzer) historüs gesta sequentium aetatum usque ad con-
sulatum lustini iunioris explevit. Dagegen beginnt das Erhaltene: a XVIII
consulatu Theodosii iunioris (J. 444) Victor episc. Tunn. ecclesiae A&icae
historiam prosequitur ubi Prosper reliquit. Da aber V. für J. 444 — 455
nicht nur in den Thatsachen sondern auch nicht selten in den Worten mit
Prosper vollkommen übereinstimmt, so hat Papencordt, Gesch. d. vandaL
Herrschaft 8. 359—364, vermutet dass Isidors Angabe die richtige sei und
die widersprechende in den Hdss. des Victor von einem Abschreiber ber-
rühre welcher Prospers Werk nur in der bis zum J. 444 reicbend^t Au»-
452 f. Marcellinus u. a. Chronisten, lordanis. 10()9
gäbe oder in einer verstümmelten Handschrift besass und dieser jetzt als
Fortsetzung Victor's Darstellung der späteren Zeiten anreihte, mit Weg-
lassung der früheren Theile, von Erschaffung der Welt bis aufs J. 444, die
in Folge dessen verloren giengen.
4. In den J. 444—455 hat V. die politischen Begebenheiten kürzer,
die kirchlichen weitläufiger behandelt als Prosper. Weiterhin beschäftigen
ihn fast nur die kirchlichen Ereignisse in Afrika. Seine Nachrichten dar-
über tragen das Gepräge der Wahrhaftigkeit. Doch herrscht im Chro-
nologischen manchfache Verwirrung. Randbemerkungen zu seiner Chro-
nik von unbekanntem Verfasser enthalten einige nicht unwichtige That-
sachen. Papencordt S. 364 f. Abdruck bei Roucalli II. p. 337 ff., in den
patristischen Sammlungen von Gallandi und Migne (LXVIII. p. 937—962).
5. Marii Aventicensis (f um 596) chronicon, zuerst herausgegeben
von Chiffiet, dann gedruckt in den Sammlungen von Bouquet (Recueil des
bist, de la France IL p. 12 ff.), Roncalli (II. p. 399 ff.), sowie von Gallandi
und Migne (T. LXXII. p. 793-802).
6. Isid. ill. 31: loannes, Gerundensis ecclesiae episcopus, natione
Gothus provinciae Lusitanae Bcallabitanus. Er lernte zu Constantinopel
Lateinisch und Griechisch und septimo demum anno in Hispanias reversus
est. Von den Arianern verfolgt, postea condidit monasterium quod nunc
Biclaro dicitur (daher Joa. Biclarensis). . . addit et in libro chronicorum
ab anno primo lustini iun. principatus usque ad annum octavum Mau-
ritii principis Rom. et quartum Recaredi regis annum, historico com-
positoque sermone. Gedruckt ist diese Chronik in H. Florez Espana sa-
grada VI (Madrid 1773) p. 382 ff. 430 ff., in Migne's patrol. LXXII (p. 863
— 870) u. sonst. Aus der praef.: post Eusebium, . . Hieronymum, . . nee
non et Prosperum . . atque Victorem Tunn. eccL afr. episc. . . nos . . quae
temporibus nostris acta sunt, ex parte quod oculata fide pervidimus et ex
parte quae ex relatu fidelium didicimus, studuimus ad posteros notescenda
brevi stilo transmittere.
7. Ueber den Anonymus Valesii 8. oben 402, 11.
453. Zwischen J. 551 und 555 verfasste der Gothe lor-
danis die beiden auf uns gekommenen Geschichts werke de
rebus geticis und de origine mundi (oder de breviatione chro-
nicorum)^ letzteres eine aus den gewöhnlichsten Hülfsmitteln
zusammengeschriebene Weltchronik; die Geschichte der Gothen
aber wichtig nach dem Untergange des Originalwerkes von Cas-
siodor, von welchem das des lordanis ein flüchtiger und unge-
schickter Auszug ist.
1. Schreiben des Papsts Vigilius (Verdammungsurteil gegen Theo-
doros aus Caesarea, im Dreicapitelstreit) vom 14 August 551 (Migne patr.
LKIX. p. 62): nos . . cum Dacio Mediolanensi, . . atque lordaue Crotonensi,
fratribus et coepiscopis nostris, . . decernimus. Ob dieser J. selbst in Con-
stantinopel anwesend war oder seine Beitrittserklärung schriftlich einsandte
ist nicht zu entscheiden. Bischof heisst J. sonst nicht; vielleicht ist er
Teuflel , rüm. Li(eratargeschii-hl<*. Q^
1010 t^ie Kakerzeit. Aus dem sechsten Jahrb ändert.
daher eher der in dem Schreiben des Pelagius (Nachfolger Ton Vigilias)
vom 15 Febr. 556 (directam a vobis relationem, defensore ecclesiae nostrae
Jordane deferente, suscipientes etc.) genannte. Köpke S. 58—60. Jord. gei
50: Scyri . . et ceteri Alanorum cum duce suo noraine Candax Scythiam
minorem inferioremque Moesiam accepere. cuius Candacis Alanowamathis
patris mei genitor Peria, i. e. meus avus, notarius . . fuit etc. ego item,
quam vis agrammatus, lordanis ante conversionem meam notarius fui.
Auch Geogr. liav. nennt ihn lordanus oder lordanis. Erst PeaÜnger und
Rhenanus haben (aus ihrer Hds.?) den Namen lornandes aufgenommen,
für welchen spricht J. Grimm, kleinere Schriften III. S. 171 — 179. 234.
2. Aufschrift lordanis de rebus geticis oder de Getarum s. Gotho-
rum origine et rebus gestis (vgl. A. 5). Aus dem Vorwort, welches fast
wörtlich abgeschrieben ist aus Bufin^s Vorwort zu seiner Uebersetzung von
Ürigenes' Commentar zum Römerbrief (v. Sybel, vgl. Köpke S. 65— 67):
me, . . frater Castali, lp«xarc vela compellis relictoque opusculo quod intra
manus habeo, i. e. de breviatione (Var. : abbrev.) chrouicorum, suades at
nostris verbis Xil Senatoris volumina de origine actibusque Getarum ab
oUm usque nunc per generationes regesque desceudentia in uno et hoc
parvo libello coartem. dura satis imperia etc. super onrne autem pondus
quod nee facultas eorundem librorum uobis datur, quatenus eins sensui
iuserviamus. sed, ut uon mentiar, ad triduanam lectionem dispensatoris
eins benefido libros ipsos antehac' legi, quorum quamvis non verba recolo
sensus tamen et res actas credo me integre teuere, ad quoa nonnulla ex
historiis graecis ac latinis addidi convenientia , initium finemque et plura
in medio mea dictione permiscens. Das initium ist übrigena aus Orosius
und irgend einer Kosmographie. Schluss: haec qui legis scito me maiorum
secutum scripta ex eorum spatiosis pratis paucos flores coUegiase, unde
iuquireuti pro captu ingenii mei coronam contexam. nee me quis in fa-
vorem gentis praedictae, quasi ex ipsa trahentem originem, aliqoa addi-
disse credat quam quae legi aut comperi. nee sie tamen cuncta quae de
ipsis scribuntur aut referuntur complexus sum etc. Abfasaimg J. 552; s.
c. 14 (Amalorum regnum destructum est, unter Totila und Teja, frühestens
Oct. £52). 19 (pestilens morbus . . ut nos ante hos novem annos, nämhch
543 in Italien, experti sumus). 58 (Agil, contra quem Athanagildus insur-
gens . . ubi et Liberius etc.). Köpke S. 55—57. Vgl. A. 5.
3. Dass die Schrift des J. im Wesentlichen nichts ist als ein Auszug
ans dem Werke Cassiodor's hat zuerst S. Cassel ausgesprochen (magyar.
Alterth. S. 299), darauf C. Schirren (de ratione quae inter J. et Cassiod.
intercedat commentatio, Dorpat 1858. 94 pp.) aus sprachlichen Gründen,
li. Köpke aber (Deutsche Forschungen, Berlin 1859, S. 50 — 79) aus sach-
lichen erwiesen. Vgl. A. v. Gutschmid in Fleckeiseus Jahrbb. 85, S. 124
— 151. Die gelehrten Citate mit denen J. prunkt sind fast alle dem Gass.
nachgesehrieben; er selber spricht (c. 9) von Dio historicus qui operi suo
Getica titulum dedit (Verwechslung mit Dio Chrysostomus, J. Grimm S.
189). Seinen Auszug aus C. verbrämte J. mit buntscheckigen Bandbemer-
kungen (Köpke S. 74—76). Neben C. benützte er etwa Mela, Orosiitt und
bes. Marceliinus Comes, Letzteren ohne ihn zu nennen (Köpke 8. 53. 61.
63). Die manchfachcn groben Irrthumer kommen wohl auf die Rechoon^
463. lordanis. 101 1
des J. Das flüchtige Machwerk ist zusammengesetzt aus vereiuzelten Bruch-
stücken und breit ausgeführten oder nur angedeuteten Episoden, voll lä-
stiger Wiederholungen und doch reich An Lücken, voll falscher Verbin-
dungen und willkürlicher Kreuz- und Quersprünge. Am Schluss hat J.
vergessen was er zu Anfang angekündigt hat und ein ander Mal verweist
er auf A-ühere Angaben die er nicht gemacht hat. Im Ganzen ist seine
Schrift eine rohe und verworrene Masse, im Einzelnen wichtig als Stoff
und wo die ursprüngliche Farbe nicht ganz verwischt ist selbst anziehend
(Köpke S. 72). Heil und Rettung für die Reste seines Volkes erkennt er
nur im Anschluss an Rom, das durch göttiichen Rathschluss zur Weltherr-
schaft berufen ist (Eöpke S. 77).
4. Sonderausgabe der Schrift von C. A. Closs (recogn., adn. crit.
instr., Stuttgart 1861). c. 1—3 ed. C. Stahlberg, Hagen 1859. 24 pp. 4.
Kritische Ausg. für die Pertz^schen Monumenta Germ, längst angekündigt.
5. Aus dem Vorwort der breviatio (oder de regnorum ac tempo-
rum successione). Vigilantiae vestrae, nobilissime frater Vigili (der Papst J.
537— 555, S.A. 1), gratias refero quod me perlongo tempore dormientem vestris
tandem interrogationibus excitastis. . . vis enim praesentis mundi cogno-
scere aerumnas. addis praeterea ut tibi quomodo resp. coepit et tenuit
totumque paene mundum subegit . . ex dictis maiorum flosculos carpens
breviter referam, vel etiam quomodo regnnm a Romulo . . in Aug. venerit
lustinianum, quamvis simpliciter, meo tamen pandam eloquio. . . quoqno
modo valuimus late sparsa collegimus et prius ab auctoritate divinamm
scripturarum . . incohantes . . dev6nimus ad regnum Nini etc. . . in XXIV^
anno lustiniani imp. (April 550—551; vgl. p. 240}, quamvis breviter, uuo
tamen in tuo nomine, et hoc parvissimo libello confeci, iungens ei aliud
Volumen de origine actuque geticae gentis, quod iam dudum communi
amico Gastalio edidissem etc. Vgl. A. 2. J. 550 oder Anfangs 551 hatte
J. die brev. etwa bis J. 539 (Ende des Vitiges) geführt, da kam die Auf-
forderung des Castalius (A. 2); 552 vollendete er die gothische Geschichte
und führte auch diese bis J. 539 ; dann kehrte er zu seiner Chronik zurück
und fügte ihr Nachträge bis 551 hinzu. 7. Juni 555 starb Vigilius. KOpke
S. 57 f. vgl. S. 53-55.
6. Auf einen Auszug aus Hieronymus chron. (und dessen Quellen
Florus, Eutrop. und Sext. Rufus) lässt die brev. Einiges aus Orosius folgen
und schliesst wieder mit Marcellinus, der bis J. 547 ausgiebig benützt wird
(s. oben 453, 1 E.). Unbefangen hat er öfters Nachrichten des Eutrop imd
Orosius in den Hieronymus hineingearbeitet, ohne zu bemerken dass dieser
selbst den Eutrop, und Orosius den Eutr. u. Hier, benützt hatte (Köpke
S. 52 f.). Wörtliche Uebereinstimmungen mit Get., aber auch Abweichun-
gen (aus Cassiodor); s. Köpke S. 60—63. Sonderausgabe von Fr. Linden-
brog, Hamburg 1611. 4.
7. Gesammtausgaben in Garet's Cassiodor, Gruters bist. aug. Script,
latt. min., Hanau 1611 fol., und in Mnratori*s Script, rer. ital. I.
8. Papencordt, vandal. Herrschaft S. 383 — 388. S. Freudensprung,
de lornande eiusque libr. natalibus, Münster 1887. 4. H. v. Sybel, de fon-
tibus libri lordaui de or. act Get., Berlin 1888. 45 pp. J. Jordan, Jorda-
64*
1012 I^ie Kaiserzeit. Aus dem sechsten Jahrhundert.
•
nes' Leben und Schriften, Ansbach 1843. 28 S. 4. Hansen in Pauly'd Real-
Enc. IV. S. 241 f. J. Grimm, über Jörn, und die Geten, Abhandl. d. Berl.
Ak. vom J. 1846 = kleinere Schriften III (Berlin 1866). S. 171 — 235. J.
Stahlberg, Beiträge zur Gesch. der deutschen Historiographie im Mittel-
alter; I. Jornandes; Mülheim a. R. 1854. 24 S. 4. E. Köpke u. A. (s. A. 3).
W. Wattenbach, Deutschlands Geschichtsquellen* S. 55—60.
464. Specialgeschichten verfassten auch der Brite Gildas
(Sapiens) aus Bath und der Auvergnate Gregorius, Bischof von
Tours. Gildas (um 493 — 573) schilderte die Leiden seines Hei-
matlandes seit der Landung der Sachsen, in dem liber queroliis
de calamitate, excidio et conquestu Britanniae ; Gregorius von
Tours (um 540—594) verfasste neben wunderhaften Heiligenge-
schichten und andern theologischen Schriften besonders zehn
Bücher fränkischer Geschichte, mit Wahrheitsliebe und nicht
ohne Kritik, aber mit den Vorurteilen und Beschiunktheiten
seiner Zeit und in zerrissener, unbehülflicher Darstellung.
1. Gildas I, 26: usque ad annum obsessionis Badonici montiB (J. 449),
. . quique quadragesimus quartus oritur anuus, mense iam primo emenso,
qui iam et meae nativitatis est. J. 449 -|> 44 =- 493. Praefatio: in hoc
libro quidquid deflendo potius quam declamando . . fuero prosecutus . .
non tam fortissimorum militum enuntiare trucis belli pericula mihi statu-
tum est quam desidiosorum. silui . . spatio bilustri temporis vel eo am-
plius praetereuntis. . . amicis imperantibus ut qualemcunque gentis bri-
tannicae historiolam sive admonitiunculam scriberem. . . nunc persolvo
debitum multo tempore antea exactum, vile quidem stilo, sed fidele (ut
puto) et amicale quibusque egregiis christianis etc. Abfassung nach J. 543.
Die erste Hälfte (Historia) gibt in 26 Capp. «ine Geschichtserzählung, die
zweite (Epistola) reiht daran increpationes zuerst gegen die reges patriae
(Constantinus, Aurelius Conanus, Yortiporius, Cuneglassus, Maglocunus), non
minus prophetarum oraculis (alttestamentliche Citate) quam nostria sermo-
nibus (II, 18), dann (pars III) auch gegen die Geistlichkeit. Der Ton ist
eifernd^ die Sprache aber besonders wegen der schleppenden unorganischen
Perioden schwer verständlich.
2. Ausgaben des Gildas in Th. Gale's bist. brit. scriptores XV (Ox-
ford 1691 fol.), in C. Bertrames britann. gentium bist. aut. scriptores 111
(Kopenhagen 1759) und in den Monumenta historica britannica (London
1848. fol.) I. In Migne's patrol. LXIX (p. 328-391) aus Gallandi bibl. patr.
3. Gregorius (ursprünglich Georgius Flor entius), aus einem adligen
Geschlechte der Auvergne (Venant. Fort. VIII, 21, 3 ff.), geboren zwischen
539 und 643, Bischof von Tours 573, gestorben 17 November 594. Die vita
desselben (von Odo) hat wenig Werth. Greg. bist. Fr. IV, l: veniam pre-
cor si aut in litteris aut in sjUabis grammaticam artem excessero, de qua
adplene non sum imbutus. Vgl. de glor. confess. praef. u. vitae patr. pr.:
non me artis graiumaticae studium imbuit neque auctorum saecolariani
polita lectio erudivit. Zwar zeigt er Bekanufschaft mit Sallust, Vergil,
451. Gililas. Gregovius Tmon. 1013
riiniuB, Golliuä, Prudeniiue, Orosias, Sidonius ; doch ist sciuc KcuntniHs der
alten Geschichte und der Geographie dürftig. Kries, de Gr. Tur. episc.
vita et scriptid, Breslau 1839. J. W. Löbell, Gregor von Tours und seine
Zeit (Bresl. 1839; zweite verra. Ausg. Leipzig 1869), S. 6—12.
4. Greg. bist. Franc. X, 31, 19: decem libros Historiarum, VII Mira-
culonim (1. de miraculis domini ac s. apostolorum reliquorumque martyrum.
2. de virtutibus s. luliani martyris. 3—6. de virtutibus s. Martini. 7. de
quorimdam feliciosorum vita == vitae patrum; vgl. de glor. conf. pracf.),
unum De vitis patrum scripsi; in psalteriis tractatum librum unum com-
mentatus sum ; De cursibus etiam ecclesiasticis unum librum condidi (s. A.
7). quos libros licet stilo rusticiori conscripserim , tameu coniuro omues
sacerdotes domini . . ut numquam libros hos abolere faciatis aut rescribi
quasi quacdam legentes et quasi quaedam praetermittentes. De gloria
confessorum gibt sich (praef.) selbst als achtes Buch de miraculis. Diese
Werke schrieb Gr. nicht nach einander, sondern abwechselnd; mit der
Heiligengeschichte war er sein Leben lang beschäftigt (etwa 575—594) und
daneben schrieb er an seiner fränkischen Geschichte, die bis zur Mitte von
B. V um 577 entstanden ist, bis gegen Ende von VIII J. 584 oder 585,
von da bis zum Ende J. 590 oder 591, während der Epilog noch später
zugefügt ist. Der Psalmencommentar ist fast ganz verloren. Nicht erhal-
ten sind auch die Hist. Franc. II, 22 (in praefatione libri quem de missis
ab eo — Sidonius — compositis coniumdmus) und de glor. mart. I, 95 extr.
(passio eorum, quam Syro quodam interpretante in latinum transtulinuis)
erwähnten Schriften.
5. Greg. bist. Franc. I praef.: scripturus bella regum cum gcntibus
adversis, martyrum cum paganis, ecclesiarum cum haereticis, prius fidem
moam proferre cupio, ut qui legerit me non dubitct esse catholicum. . . il-
lud tantum studens ut quod in ecclesia credi praedicatur sine aiiquo fuco
aut cordis haesitatione retineam. Die Kirche in ihren Beziehungen zur
Welt ist der Mittelpunkt der Darstellung; der Standpunkt die Orthodoxie
und Wundergläubigkeit der Zeit. Doch spricht der Verf. mit Freimut
über die Laster vieler Diener der Kirche und ist überhaupt nicht mit Be-
wusstsein parteiisch. Der Gesichtskreis ist eng umgrenzt, bes. in Bezug
auf Ausländisches; s. A. 3. Im Allgemeinen herrscht gegenüber von der
üeberlieferung Sorglosigkeit; bei wichtigen Punkten aber fehlt es nicht
an bedächtiger Prüfung. Löbell« S. 320 — 354. Wattenbach, Deutsch-
lands Geschichtsquellen« S. 70—75. Greg. v. T. fränkische Geschichte,
übersetzt von W. Wattenbach, Berlin 1851 (Geschichtschr. d. deutschen
Vorzeit).
6. Ausgabe der Werke des Gr. von Th. Ruinart, Paris. 1699 fol., ab-
gedruckt in Migne*s patrol. LXXI. Darin sind auch die übrigen Heiligen-
geschichten enthalten die dem Gr. beigelegt werden (z. B. historia septem
dormientium), aber mit unrecht, da das eigene Verzeichniss des Gr. (A. 4)
bis in sein letztes Jahr herab reicht. Vgl. Löbell S. 14 f.
7. Gregorii Tur. episc. liber de cursu stellarum qualitor ad ofßcium
implendum debeat observari, sive de cursibus ecclesiasticis, nunc primuni
(aus einem cod. Bamberg, saec. VIII) ed. F. Haase, Breslau 1853. 4. (Ad-
1014 ^ic Raiserzeit. Aus dem sechsten Jahrhundert.
noi p. 29—51.) Der Name des Verf. ist im cod. nicht genannt; Haase hat
aber p. 1—3 die ürheberBchaft des Gregor (vgl. p. 24: ante pestilcntiam
Arvemae regionis = hist. Franc IV, »l; und priasquam Sigibertus rex
obiit = hist Fr. IV, 52) und p. 3—5 die Identität mit der oben A. 4 ab-
gekürzt de curs. (a officiis) eccl. betitelten Schrift nachgewiesen.
8. Literatur über Gr. s. A. 3. A. Jacobs, gdographie de Gr^goire
de Tours, Paris 1858. 155 pp. A. Lecoy de la Marche, de Tautorit«^ de
G. de T.; ätnde critique sur le texte de Thist. des Francs, Paris 1861.
131 pp.
455. Das Bedürfhiss die geltenden Rechtsgrundsätze und
Gesetzesbestimmungen übersichtlich zusammenzustellen bestand
gleich sehr im weströmischen wie im oströmischen Reiche. Nur
trat dort hinzu das Verlangen die Stellung der germanischen
Sieger gegenüber von den besiegten Romanen abzugrenzen; und
einen wesentlichen Unterschied begründete auch dass im Osten
Rechtsschulen und geschichtliche Rechtskenntnisse fortbestanden,
im Westen nahezu untergegangen waren. So haben denn die
auf dasselbe Ziel gerichteten Bemühimgen in beiden Reichs-
hälften einen sehr verschiedenen Charakter: im Westen einen
kümmerlichen und rohen, wie das edictum Theoderici regis vom
J. 500, bei den Westgothen die lex romana oder breviarium
Alarici, im burgundischen Reiche der sogen. Papian; während
im Osten durch Justinian das Corpus iuris geschaffen wurde.
Dieses besteht aus zwei Haupttheilen , dem Juristenreeht (ius
vetus) und dem Kaiserrecht (ius principale), von welchen der
letztere zuerst bearbeitet wurde (J. 528 f. ; umgeänderte Auflage
J. 534). Hiefür wurde ein Ausschuss niedergesetzt, dessen wich-
tigstes Mitglied Tribonianus (f 545) war. Die Constitutionen
der Kaiser wurden aus den bestehenden Sammlungen und deren
Nachträgen abermals gesichtet, verkürzt und zu den zwölf Bü-
chern des codex lustinianeus vereinigt. Die Ausarbeitung
der Auszüge aus dem ius vetus in 50 Büchern Digesta erfolgte
J. 530 — 533. Auf Grund der neuen Codification wurde gleich-
zeitig ein neues Lehrbuch durch Tribonian, Theophilos und Do-
rotheos ausgearbeitet, die vier Bücher Institutiones haupt-
sächlich nach Gajus. Dazu kamen noch nachträgliche Verord-
nungen, Novellae, in drei Privatsammlungen, aus J. 533 bis
gegen das Ende des Jahrb., meist in griechischer Sprache. War
Justinians Beweggrund zu diesen Sammlungen, neben der Sucht
seinen Namen zu verewigen, das despotische Bestreben mecha-
nische Gleichheit herzustellen, Controversen unter d^i Joristea
455. Lex roinana Visig. und Burgiiiid. 1015
abzuschneiden und ein Urteilen der Richter nach eigenem Ermes-
sen unmöglich zu machen, so hat er doch dadurch die sonst dem
Untergange verfallenen Schätze der alten Jurisprudenz gerettet,
durch die Digesta eine geschichtliche Behandlung des römischen
Hechts möglich gemacht und eine Grundlage für alle spätere
Weiterbildung desselben geschaffen.
1. Das Edictum Theodetici regis ist ein öffentlicher Anschlag wel-
chen Theoderich bei seiner Anwesenheit in Rom (J. 600), wohl durch Cas-
siodor, anfertigen und aushängen liess. Es enthält 154 Artikel in plan-
loser Ordnung, geschöpft ex novellis legibus ac veteris iuris sanctimonia
(d. h. dem cod. Theod. und späteren Novellen, sowie Paul. Sent. und cod.
Greg.), und sollte eine Anleitung für die Rechtsprechung der Militär- und
Civil -Richter bieten. Abgedruckt hinter Pithöus' Cassiodor (Paris. 1679
fol.)} in den Sammlungen von Liudenbrog, Goldast u. A. , am besten von
G, F. Rhön, comm. ad ed. Th. r. Ostrog., Halle 1816. 4. Rudorft, röm.
Rechtsgesch. I. S. 293 f.
2. Für die Westgothen in Gallien und Spanien galt als Gesetz die
von König Eurich (J. 466 — 484) veröffentlichte lex Visigothorum. Dessen
Sohn, Alarich II, setzte J. 506 einen Ausschuss unter dem Pfalzgrafen Go-
jarich nieder welcher das geltende Recht codificieren sollte. Dessen Ar-
beit ist die lex romana Visigothorum, seit 1550 willkürlich auch Bre-
viarium Alarici oder (nach dem die Abschriften beglaubigenden refercu-
darius Anianus) Aniani genannt, herausgeg. zuerst von Sichard (an sr Ausg.
des cod. Theod., Basil. 1528 fol.), dann von G. Hänel (ad LXXVI librorum
mss. fidem recogn. etc. Lips. 1849. 4.). Aus dem cod. Theod. sind 398
Constitutionen entnommen, dazu 33 Novellen, aus cod. Greg. 22, Hermog.
2 Constitutionen, aus Papinian eine Stelle. Gajus ist in verkürzter Fas-
sung aufgenommen; ähnlich Paulus^ sententiae. Au den meisten Stellen
ist eine Paraphrase oder Interpretation beigefügt. In dieser Gestalt be-
stand das römische Recht während des früheren Mittelalters in einem gros-
sen Theile des Westens fort und wurde selbst wieder in Auszüge gebracht.
Rudorff, röm. Rechtsgesch. I. S. 288—291. 303. G. Hänels praef. (und in
den Berichten der sächs. Ges. d. Wiss. 1865, S. 1—18). Dernburg, Gajus
S. 119 ff. E. de Rozierc, formules Visigothiques iuedites, Paris 1854. 4.
J. G. 0. Biedenweg , comm. ad formulas visigoth. novissime repertas, Ber-
lin 1856.
3. Lex Burgundionura vom J. 472 (unter König Gundobald), ver-
ändert J. 517 (unter König Sigismund), auch Gundobada genannt. Für
die Anwendung des burgundischen oder römischen Rechtes eine schrift-
liche Instruction , Forma et expositio legum conscripta , in 47 Titeln , ge-
ordnet nach den Titeln der Gundobada und geschöpft aus den burgundi-
schen Gesetzen, dem codex Greg., Hermog. und Theodos. nebst den No-
vellen dazu, dann aus dem nichtepitomierten Gajus und Paulus. Zweifel-
haft ist das Verhältniss zum breviar. AI. (A. 2), an welches das Werk in
vielen Hdss. angehängt ist. In diesen ist es für den Text zur letzten Ru-
brik angesehen und daher betitelt Papiani liber primus responsoruni.
Auch Auszüge des Werks sind erhalten. Ausgaben von Cuiacius (15G6.
1016 ^^^ Kaiserzeit. Aus dem sechsten Jahrhundert.
1586 foL), Schulting (iurispr. 1717. 1737. 4. 1744), J. C. Amaduzzi (Rom.
1767 fol.), F. A. Biener (ius civ. antei. p. 1501—1541), F. A. Barkow (lex
rom. Burg. 1846), F. Bluhme (in Pertz Monum. Germ., Leges III. 1863. p.
497 ff.). Radorff, röm. Rechtsgesch. I. S. 291—293. F. Bluhme, über den
burgundischen Papianus, in Bekker und Muther's Jahrb. d. gem. d. Rechts
II (1858), und in H. v. SybePs histor. Ztschr. 1869, S. 234 ff.
4. Const. Just, de novo Codicc faciendo vom 13 Febr. 528: Hacc
quae necessario corrigenda esse multis retro prindpibus visa sunt, interca
tamen nuUus eorum ad eftectum ducere ausus est, . . rebus donare publi-
cis . . censnimus et prolixitatem litium amputare, multitudine quidem con-
stitutionum quae tribns codicibus, Greg., Herm. atque Theod., contineban-
tur, illarum etiam quae post eosdem Codices a Theodosio . . alüsqoe post
eum retro principibus et a nostra etiam dementia positae sunt, resecauda,
uno autem codice sub felid nostri nominis vocabulo componendo, in quem
colligi tam memoratorum tri um codicum quam novellas post eos positas
constitutiones oportet. (1.) ideoque ad hoc . . opus cfliciendam elegimus
. . loannem , . . Leontium , . . Phocam , . . Basilidem , . . Thomam , . . Tri-
bonianum, y. magnif., magisteria dignitate iuter agentes decoratum, Con-
stautinum, . . Theophil um, v. cl., comitem sacri nostri consistorii et iuris
in hac alma urbe doctorem, Dioscorum et Praesentinum, disertissimos
togatos fori ampl. praetonani. (2.) quibus specialiter permisimus, resecatis
taui supervacuis . . praefationibus quam similibus et contrariis, . . illis etiam
quae in desuetudinem abierunt, certas et brcvi sermone conscriptas . . le-
ges componere et congruis titulis subdere, adicientes quidem et detrahen-
tes, immo et mutantes verba earum, ubi hoc rei commoditas exigeret, col-
ligentes vero in unam sanctionem quae variir constitutionibus disper^^a
sunt, . . ita tamen ut ordo temporum earum constitutionum non solum ex
adiectis diebus consulibusque sed etiam ex ipsa compositione earum clare-
scat. Am 7. April 529 wurde die fertige Arbeit dem praef. praet. Menna
in Constantinopel übersandt (durch die Constitution Summa reip. tuitio),
mit der Bestimmung dass vom 16 April 529 an recitationes constitutionum
ex eodem nostro codice fiant.
5. Als bis zur Vollendung der Dig. und Inst, zahlreiche neue Erlasse
erschienen waren (namentlich 50 Entscheidungen von Controversen, Ded-
siones), welche nun extra corpus eiusdem codicis divagabantur, wurde eine
neue Bearbeitung des codex veranstaltet (codex repetitae praelectionis),
per Tribonianum v. exe, magistrum, ex quaest. et ex cons., legitimi operis
nostri ministrum, nee non v. magnif., quaest. et Beryti legum doctorem
Dorotheum, Mennam insuper et Constantinum et loannem, viros eloquen-
tissimos, togatos fori amplissimae sedis. Sie erhielten ausgedehnte Voli-
macht zur Vornahme von Verbesserungen. Dieser verbesserte cod. lust
wurde durch die Constitution (vom 16 Nov. 534) Cordi nobis verkilndet
und erhielt Gesetzeskraft vom 29 Dcbr. 534 an, mit Ausschluss aller übri-
gen Constitutionen und auch des ersten cod. lusi (A. 4), der in Folge
dessen völlig untergegangen isi Der neue cod. lust. ist in 12 Bücher,
diese in 765 Titel abgetheilt. In letztere sind die (ungefähr 4652; Con-
stitutionen und Rescripte nach der Zeitfolge eingereiht. Die älteste Const
ist von Hadrian, die jüngste vom 4 Nov. 534; die meisten von DiocletiaD
..1^
455. Codex Instinian. und Digesta. 1017
uud Maximian (1222), Alexander Severus (447) und Justinian (402). Cliro-
Dologieches Verzeichniss derselben bei Wieling, iuriaprud. resiitiita IL p.
3— 143, ergänzt durch G. Häners Corpus legum ab imperatoribus romanis
ante lustinianum latarum quae extra Constitutionum Codices snpersunt, Lips.
1857. 282 pp. 4. nebst fasc. II, enthaltend reichhaltige Indices auch zu den
theodosischen und justinianischen Sammlungen (278 pp. 4.). Die aus der
vorconstantinischen Zeit (aus cod. Greg, und Herraog.) sind trefflich redi-
giert, die von Constantin an byzantinisch schwülstig. Das Kircbenrecht
steht an der Spitze; im Wesentlichen aber wird die Ordnung der inzwi-
schen erschienenen Digesten eingehalten und damit die des Edicts.
6. Verordnung zur Sichtung und Zusammenstellung des ius vetus
(de vetere iure enucleando) vom 15 Decbr. 530 (Deo auctore) im cod. lust.
I, 17 (Triboniano quaestori), wo §. 3: tibi primo et hoc opus comraisiraus,
ingenii tui documentis ex nostri Codicis ordinatione acceptis, et iussimus
quos probaveris tam ex facundissimis antecessoribns (Rechtslehrcrn) quam
ex viris disertissimis togatis fori ampl. sedis (Praktikern) ad sociandnm la-
borem eligere. (4.) iubemus igitur vobis autiquorum prudontium quibus
auctoritatem conscribendarum interpretandarumque legum sacratissimi prin-
cipes praebuerunt iibros ad ius rom. pertineutes et legere et elimare, ut ex
his omnis materia colligatur, nulla . . neque similitudine neque discordia dcre-
licta. . . (5.) cumque haec mateiia . . collecta fuerit, oportet . . in iibros L et
certos titulos totum ius digerere, tam sccundum nostri constitutioncm Co-
dicis quam edicti perpetui imitationcm. . . (10.) si quae leges in veteribus
libris positae iam in dediietudinem abierunt nuUo modo vobis easdem po-
nere permittimus. . . (12.) nostram autem consummationem, quae a vobis . .
componetur, Digestorum vel Pandectarum nomcn habere sancimus, nullis
iuris peritis in posterum audentibus commentarios illis applicarc etc. Ver-
kündigung des fertigen Werkes durch die Const. (vom 16 Dcbr. 533) Tantii
circa nos (Cod. Inst. I, 17, 2 = JsAmKsv im prooem. der Dig.), wo §. 1 als Mit-
theilung Tribouiaus berichtet ist, duo paene milia librorum esse conscripta
et plus quam trecenties decem milia versuum a veteribus eff'usa, welche
von dem Ausschuss in CL paene milia versuum verkürzt seien und in VII
partes abgetheilt. Gesetzeskraft vom 30 Dcbr. 533 an (ib. 23). Verzeich-
niss der Mitglieder des Ausschusses ib. 9: Tribonianus (mag., ex quaest. et
ex cons., qui similiter eloquentiae et legitimae scieutiae artibus . . emicuit),
Constantinus (comes sacr. larg. etc.), Theophilus (vir ilL, magister iurisque
pcritus in Cpel), Dorotheus (vir ill. et facundissimus quaestorius, Rechts-
lehrer in ßeryt), Anatolius (gleichfalls apud Berytienses iuris interpres, aus
einer alten Juristenfamilie), Cratinus (comes sacr. larg. und antecessor iu
Cpel), nebst 11 Anwälten bei der praefectura orientis (Stephanus, Menua
u. 8. w.).
7. Verzeichniss der (38) excerpierten iuris auctores mit Angabe von
Titel und Zahl der betreffenden Bücher im cod. Flor. (A. 11), daher in-
dex FlorentinuR genannt; abgedruckt in den meisten Ausgaben der
Dig. (am Schlüsse), sowie in RudorfiTs röm. Rechtsgesch. I. S. 305—307.
Umdruck der Excerpte in den Pandekten nach Verfassern und Buchern in
C. F. HommePs Palingenesia librorum iuris veterum, 3 Voll. Lips. 1767 f.
Der Ausschuss hat ohne viel Kritik alle ihm zugänglichen alten Rechts«
1018 I^ic Kaiserzeit. Aus dem Bcchsteu Jahrhundert.
quellen benützt, die Bausteine derselben auBeinandergenommen uad dann
wieder mit Geschick zu einem neuen Gebäude zusammengefugt. Jeden-
falls ist diese offizielle Arbeit sehr viel vollständiger und zuverlässiger als
vorangegangene Privatuntemehmungen, wie die fragmenta vaticana (oben
380). Fr. Blume f d. Ordnung der Fragmente in den Pandekten, Ztschr.
f. Rechtsgesch. IV. 1820. S. 257—472. Vgl. Rudorff a. a. 0. S. 303 f. Th.
Mommsen*s Ausg. der Dig., Addit. p. 50* — 58*, und der index librorum
ex qnibus Digesta compilata sunt ib. p. 59* -67*.
8. Const. Tanta (s. A. 5) 11: cum prospeximus quod ad portandam
tantae sapientiae molem non sunt idonei homines rüdes, . . ideo Tnbo-
niano, viro exe, qui ad totius operis gubemationem electus est, nee non
Theophilo et Dorptheo, viris ill. et facundissimis antecessoribua , accersitis
niandavimus quateuus libris . . qui prima iegum argumenta coutinebaDt
et Institutioues vocabantur separatim collectis quidquid ex bis utile ..
sit . . capere studeant et IV libi-is reponere et totius eruditionis prima
fundamenta atque elementa ponere, quibus iuvenes suffulti possint graviora
. . Iegum scita sustentare. . . (12.) omni igitur rom. iuris dispositione com-
posita et in tribus voluminibus, i. e. Institutionum et Digestorum s. Pan-
dectarum nee non Constitutionum, perfecta et in tribus annis consummata
etc. Aus der Const. (vom 21 Nov. 533) Imperatoriam (vor den Inst.) 4:
post libros L Digestorum s Pandectarum . . in hos IV libros easdem In-
stitutiones partiri iussimus, ut sint totius legitimae scientiae prima ele-
menta. (6.) quas ex omnibus antiquorum Institutionibus et praecipue ex
commentariis Gai nostri . . aliisque multis commentarüs compositas . . co-
gnovimus. Ueber das Verhältniss zu Gajus (oben 339, 5) s. C. A. Klenze
u. £. Böcking, Gai et lustiniani Institut, iuris rom. cognoverunt, adnota-
tionem adiecerunt coniunctasque ediderunt, Berlin 1829. 4. Sonstige Aus-
gaben der Inst, von G. Haloauder (Norimb. 1529), F. Hotomann (ed. 11,
Basil. 1569 fol.), J. Cujacius (Paris. 1585 u. sonst), F. A. Biener (BeroL
1812), E. Schrader (Berol. 1832. 4.), P. Krüger (rec, Berlin 1867), Ph. E.
Huschke (cum praef., Lips. Teubner 1868).
9. Das Schwinden selbständiger Jurisprudenz, die durch Justinian
überdiess mit Bewusstsein ertödtet wurde, sowie die Incongruenz zwischen
dem wesentlich römischen Rechte und den byzantinisch - griechischen Zu-
ständen machte fortwährend neue kaiserliche Erlasse nothwendig: vBagai
diaxd^tig fiSTcc rov xcodixof, novellae constitutiones, kurz Nsagal^ Novel-
lae. Die beabsichtigte amtliche Sammlung dieser nachträglichen Verord-
nungen kam nicht zur Ausfahrimg ; wohl aber sind drei Privatsaramlungen
erhalten. Die älteste (etwa aus J. 556) besteht aus 125 Novellen und hat
den Titel: Constitutiones novellae lustiniani de graeco in latinum translatae
per lulianum, virum eloquentissimum , antecessorem civitatis Cpolitanae,
daher kurz Epitome luliani. Vollständiger ist die zweite, von 168 No-
vellen in griechischer Sprache, ungefähr aus J. 580. Eine dritte besteht
aus 134 Novellen (die lateinischen im Original, die griech. in lat. Ueber-
setzung) und hiess im Mittelalter (im Gegensatz zur Epitome luliani) An-
thcnticum (oder Über authenticorum) , neuerdings versio vulgata (Antben-
ticum, novellarum const. lust. versio vulg. . . rec. prolegg. etc. instrnzH
G. E. Heimbach, Lips. 1846— J 851). F. A. Biener, Geschiebte der Novellen
Justinians, Berlin 1824.
.MA
455. Inetitutiones Inst Corpus iuris. 1019
10. Von Beinern Gesetzgebungswerke wollte Justinian nur wörtliche
Uebersetzungen gestatten (^gfirjvsi^cci ytcerd noda), sowie Paraphrasen (sg-
fiTiveiai ftg nXdtos) und Verweisungen auf andere Titel und Stellen (in-
dices und naQciTiTXa)^ nicht aber Coranientare (vnofivi^futTa), Aber auch
von selbst hielt sich die Thätigkeit der Rechtsschulen wesentlich innerhalb
dieser Grenzen, sowohl im Osten als im Westen (Rom, Ravenna, Pavia).
Aus dem letztem sind die ältesten Bearbeitungen und Benützungen des
justinianischen Rechts: Glossen und Scholien zu Julian und der Collatio leg.;
das dictatum de consiliariis und die collectio de tutoribus, die Rechts-
Sammlung der Agdmendoren , sowie die Turiner Glosse zu den Institutio-
nen. P. Krüger, die Turiner Institutionenglosse , Zeitschr. f. Rechtsgesch.
VII. 1868. S. 44—78. H. Fitting, über die sogen. Turiner Institutionenglosse
und den sogen. Brachylogus, Halle 1870. 103 S. Die älteste mittelalter-
liche Glossatorenschule ist die von Bologna (um 1075). v. Savigny, Ge-
schichte d. röm. Rechts im Mittelalter, Heidelberg 1815—1831, 6 Bde.
11. Eine Handschrift welche das gesammte justinianische corpus
iuris civilis enthielte gibt es nicht. Am meisten vervielfältigt sind die am
wenigsten umfangreichen Institutionen; die ältesten Hdss. sind aus saec. X.
Von den Pandekten ist die Haupthandschrift der codex florentinus (littera
florentina) saec. VII, zuletzt für Mommsen verglichen von Reifferscheid und
Kiessling. Ihre Lücken werden ergänzt durch die zahlreichen Vulgathandss.
(saec. XI ff.), welche durchgängig die Digesten in Digestum vetus (I — XXIV,
2), Infortiatum (XXIV, 3 bis XXXVIII) und Digestum novum (XXXIX-L)
eintheilen. C. Fuchs, kritische Studien zum Pandektontexte, Leipzig 1867.
Mommsen's Prolegg. Unter den Hdss. des Codex reichen nur zwei (in Pi-
stoja und M. Cassino) in saec. X hinauf. P. Eruger, Kritik des just. Codex,
Berlin 1867.
12. Die Ausgaben zerfallen in glossierte und unglossierte, je nach-
dem sie die Bemerkungen (glossae) der Bologneser Schule (zuerst gesam-
melt von F. Accursius als glossa ordinaria, J. 1220 ff.) enthalten oder nicht.
Die älteste unglossierte Gesammtausgabe ist die von Cl. Chevallon (Paris
1525—1627), die neueste glossierte opera Fehii (Lyon 1627, 5 Voll. fol.).
Unglossierte Ausgaben ohne Anmerkungen von G. Haloander (Norimb.
1529. 4. 3 Voll.), D. Gothofredus (erstmals unter dem Namen Corpus iuris
civilis, Genev. 1583. 4.), Freyesleben (Corp. i. c. academicum, 1721—1789);
mit kritischen oder exegetischen Anmerkungen bes. von D. Gothofredus
(Lugd. 1590, zuletzt 1624. fol. durch J. Gothofredus; abgedruckt Amst.
ap. Elzevir 1663 fol.), G. Chr. Gebaucr und G. A. Spangenberg (Gotting.
1776. 1797. 4. 2 Voll.), J. L. W. Beck (Lips. 1825—1836, 5 Voll.), A. und
M. Kriegel, E. Herrmann, E. Osenbriiggen (Lips. 1828—1843. 4. und öfters
wieder abgedruckt).
Von den Digesten allein bes. die Ausgaben ex officina Laurentii Tor-
rentini (ex florentinis pandectis repraesentati, Plorent. 1553 fol. 3 Voll.) und
recogn. Th. Mommsen et P. Krüger (Berlin 1866 — 1870. 2 Voll. 4.) nebst
der ed. stereotypa davon (Berlin 1868 ff.).
13. E. Spangenberg, Eiuleitnng in das römisch- justinianische Rechts-
buch oder corp. i. civ., Hannover 1817. Die Lehrbücher der Institutionen
z. B. von J. E. Kuntze (Lpzg. 1869. 2 Bde.), der Pandekten (bes. von E.
Böcking (I. S. 58—69 nebst den Anhängen S. *1 — »22); die Werke über
1020 t)ic Kaiscrzeit. Aus dem scclibtciiKJalirhuiulcit.
römische llechtsgoechichte von Uugo u. bes. liudorfF (LS. 196—353). H.
E. Dirkscn, manuale latinitatis fontiiim iuris civilis Bomanoram; thesauri
latinitatis epitome, Berlin 1837. 4. 1029 pp.
456. Der gebundenen Form bediente sich um die Mitte
des Jahrh. in Italien der jüngere Freund des Ennodius, der red-
nerisch gebildete Arator, von dem wir eine rhetorische Ver-
sification des Inhalts der Apostelgeschichte in zwei Buchern be-
sitzen, mit grösserer Leichtigkeit, aber geringerer Sorgfalt einige
Jahrzehnte später Venantius Fortunatus (um 535 — 600),
ein italienischer Abenteurer der im fränkischen Reiche eine neue
Heimat fand und in Poitiers mit der Zeit Presbyter, am Ende
seines Lebens noch Bischof wurde. Sein Formgeschick bethä-
tigte er theils durch ein rasch hingeworfenes Epos in vier Bu-
chern auf Martinus, den Heiligen von Tours, theils in vielen
einzelnen Gedichten, Kirchenliedern wie solchen worin er fürst-
liche Personen, Bischöfe und sonstige Würdenträger des Reiches
in höfischer Weise ansang. Letztere Gedichte bilden eine Samm-
lung (Miscellanea) von elf Büchern und manchfaltigem Inhalte.
Auch in Prosa verfasste er Lebensbeschreibungen von Heiligen.
1. Cassiod. var. VIII, 12 (Aratori Atbalaricns rex): primaevus ve-
nisti ad houores. advocationis te campus exercuii . . intra ie foit qiiam-
vis ampla professio litterarum. . . auspicatus es militem. . . iuvat repetcre
pomposam legationem (de partibus Dalmatiarum an Tbeodericb, um 525),
quam . . torrenti eloquentiae flamine peregisti. . . genitoris facuudia et
moribus adiuvaris, cuius te eloqnium instruere potuit, etiam si libris non
vacasse''. erat enim . . egregie litteris eruditus. . . ibi te tulliaua lectio
disertum reddidit ubi quondam gallica liugua resonavit. . . mittit et Li-
guria Tullios suos. . . te comitivae domesticorum illustratum bonore de-
coramus. Ennod. carm. II, 105 (in natalem infantis Aratoris). 114 — 116 (de
ilagello inf. Ar.), dict. 9 (praefatio quando Arator auditorium ingressus est).
Handschrift aus Reims: oblatus bic codex ab Aratore illustri ex comite
domesticorum, ex comite privatarum, viro religioso etc. Studiert batte er
zu Mailand (bei Denterius) und Ravenna (ep. ad Parthen. 35 ff.) ; er nahm
in Rom die Tonsur um 540 (vgl. ep. ad Parth. 70) und wurde subdiaconns.
2. Dem Epos de actibns apostolorum (vgl Venant. vit. Mari. I,
22 f ) gehen zwei Widmungen im elegischen Masse voraus, an den gelehr-
ten Florianus (prisca volumina linquens. cede dies operi quod pia causa
iuvat) und an den Papst Vigilius (J. 537—555): versibus ergo canam quo«
Lucas rettulit actus historiamque sequens carmina vera loquar. Unter-
Bchrift: oblatus est huiusmodi codex ab Aratore subdiacono . . papae Vi-
gilio et susceptus ab eo die VIII id. Apr. (des J. 544) in presbyterio.
. . quem cum ibidem legi mox pro aliqua parte fecisset Surgentio . . in
scrinio dedit recte collocandum. cuius beatitudiuem litterati omnes doctis-
simique continuo rogaverunt ut eum iubcret publice recitari. quod
t.
456. Arator. Fortuuatus 1021
fieri praecepiseet in eccleda b. Petri qoae vocatur Ad vincula, . . turba con-
veiiit atque eodem Aratore subdiac. reeitante distinctis diebus anibo libri
quattuor vicibus sunt auditi, . . propter repetitiones assiduas quas cum fa-
vore multiplici postulabant Uebersendung des Werkes Parthenio mag. off.
atque patricio (in Gallien), seinem Jugendfreunde (in Ravenna) und Schwe-
stersohne des Ennodius, mit einer Zuschrift im elegischen Masse worin ne-
ben Claudianus auch Martialis ausgebeutet wird.
3. 6. I enthält 1076, II 1250 Hexameter. Das Stoffliche tritt in der
rhetorischen Behandlung zurück. Die Form ist elegant, abgesehen von
den durch zahlreiche Vorgänger entschuldigten prosodischen Willkürlich-
keiten (ecclesiae, idula, Macedo, Pharao, affatim, spädo u. dgl.). Gedruckt
in G. Fabricius, corp. poett. christ. p. 569 ff., in der bibl. patr. max. X,
und besonders (cum observatt.) von H. J. Arntzen (Zutphan. 1769). Dar-
aus in Migne's patrol. LXVIII. p. 45—252. Ed. A. Hühner, Neisse 1850.
4. Wie Arator aus dem westlichen, so ist Veuantius Honorius Cle-
mens Fortuuatus aus dem östlichen Oberitalien gebürtig (vit. Mart. IV,
665 ff.: mea Tarvisus. . . per Cenetam g>'adien8 et amicos Duplavenenses,
qua natale solum est mihi). Grammatisch- rhetorische und juridische Stu-
dien (zu RAvenna?), v. Mart. I, 26 ff. Wanderung (s. misc. I prol) nach
Gallien, angeblich wegen der Wunderkraft des h. Martin (v. Martin. I, 44.
IV, 684 ff. VIII, 1, 21), ums J. 564, unter König Sigibert (X, 20, 1 f.) In
Tours war damals Gregor (oben 454) schon Bischof und nahm sich seiner
an (VIII, 21, 11. 26, 2 ff. 27, 11 ff.). An ihn sind viele Gedichte des F.
gerichtet (misc. V, 3—5. 9—20. VIII, 16-27. IX, 6 f. vgl. X, 5 f. 12 f. 19).
In Poitiers fesselte ihn (VIII, 1, 21: Martinum cupiens voto Eadeguudis
adhaesi; vgl. ib. 11 ff.: Fortuuatus ego . . Pictavis residens) die fromme
thüringische Fürstentochter, frühere Gemahlin Lothars I, Radegund (misc.
VIII, 1, 22), welcher viele Gedichte gelten, zum Theil mit schwärmerischer
Tonfärbung (misc. VIII, 14, 6: sine te uimium nocte premente gravor.
. . tempora subducis ceu non videaris amanti, cum vos dum cerno hoc mihi
credo parum. 15, 3: abstuleras tecum, revocas mea gaudia tecum. XI, 2:
quam vis sit caelum nebula fugiente serenum, — te celante mihi stat sine
sole dies). Nach ihrem Tode (587) verfasste F. auch eine Lebensbeschrei-
bung von ihr. An ihre Tochter Agnes XI, 5 ff. In Poitiers primum pre-
sbyter, deinde episcopus ordinatus est atque in eodem loco digno tumu-
latus honore quiescit (Paul. Diac. bist. Langob. II, 13). In den Gedichten
nennt er sich aber weder presb. noch Bischof, wohl aber XI, 4, 3 For-
tuuatus agens (der Radegundis) und erwähnt erst XI, 29 seiner Priester-
weihe. Auch Gregor von Tours (bist. Franc. V, 8) nennt ihn nur presbyter ;
F. müsste also Bischof erst nach Vollendung jenes Geschichtswerks, somit
frühestens 592, geworden sein. Seine Gedichte deuten oft auf eine etwas
parasitische Existenz (z. B. III, 16. VII, 14 f. X, 12. XI, 9 ff.). ITi. Bor-
mann, über das Leben des lat. Dichters Venantius u. s. w. (Fulda 1848.
4.) S. 3—22; vgl. S. 15: V. zeigt sich in seinen Gedichten als ein Mann
der . . den geistlichen und weltlichen Würdenträgern gern Weihrauch streut
und es dabei mit der einfachen Wahrheit nicht sehr genau nimmt; so über-
häuft er einen Charibert, Chilperich, eine Fredegimde mit wahrlich sehr
unverdienten Lobsprüchen ; da wo er den Tod der Galsuinta erzählt stellt
or sich als wisse er gar nichts von dem Urheber dieser Frevelthat u. s. w.
1022 t)ie Kaiserzeit. Aus dem sechsten Jahrliunderi.
5. Prosaische Werke des F. : Lebensbeschreibungen des Bischofs Hi-
larius von Poitiers, auf Veranlassung von dessen Nachfolger Pascentius
(P. II r de miraculis s. Hilarii); des Albinus confessor; Germanus, B. von
Paris; Severinus^ B. von Bordeaux (Greg. Tur. de glor. conf. 45; nicht
erhalten); Medardus, B. von Noyon (bei Surius III. p. 658—670); Amaotius,
der Radegunde u. A. Abgedruckt z. B. bei Migne LXXXVIIJ. p. 513—561.
Auch in den Miscellauea ist viel Prosaisches mitenthalten, inabes. Briefe
an Bischöfe, eine Erklärung des Vaterunser (X, 1) und des apostolischen
Symbols (XI, 1). Die Prosa des F. ist meist geschraubt, schwerfällig und
schwölstig.
6. De vita s. Martini libri IV. Widmung an Gregor: cum iusseritiä
ut opus illud . . quod de suis virtutibus explicuisti (oben 454, 4) versibos
debeat digeri, id agite ut ipsum mihi relatum iubeatis transmitti. nam ..
quod de vita eins vir disertus, domnus Sulpicius (oben 415), sub uno libello
prosa descripsit et reliquum quod dialogi more subnecüt^ primum qui-
dem opus a me duobus libellis et dialogus subsequens aliis duobus libellis
complexus est^ ita ut brevissime . . in IV libellis totum illud opus versa
inter boc bimestre spatium, inter frivolas occupationes sulcarim. Vgl. III,
10 f.: cum duce Sulpicio, bene cuius ab ore venusto Martini sacros dulcis
stilus edidit actus. Das umfangreiche Werk (5 13+491 +529+712 =2245
Hexameter) verräth hinreichend die Eilfertigkeit seiner Entstehung: die
Anlage ist salopp (vgl. I, 45 f. 50 ff. 56 ff.), mechaniscb aus Sulpicius den
Stoff aufgreifend, die Ausführung breit und trivial, voll leerer Wortspie-
lereien (z. B. I, 19: prudens prudenter Prudentius immolat actus; vielleicht
Anspielung auf seines Gönners Gregor Worte, de curs. eccl. p. 24 Hse:
Prudcutius cum de . . Stella prudenter dissereret; I, 99: ne timeam timi-
dum, timor est deus, arma timentum); die technische Form häuft die In-
correctheiten aller Vorgänger (hcresis, ecclesiae, problcma, Apolliuaris,
Arrius «'^Ipftog, ergone, miscam u. s. f.) und verbindet sie mit häufig
nachlässigem Versbau (z. B. I, 140: dogmate, luce, fide informans virtote
sequaces). Abfassung vor 576, da zur Zeit des Abschlusses (TV, 636 t)
Germanus noch Bischof von Paris war (vgl. Greg. Tur. V, 8).
7. Ansehnlichen geschichtlichen und topographischen Werth haben
die elf Bücher Gedichte (miscellanea), von manchfaltigem Inhalt, meist
Gelcgenheitspoesie. Aus dem renommistisch bescheidenen Vorwort an
Gregor: quia viriliter flagitas ut quaedam ex opuscuüs imperitiae meae
tibi transferenda (Abschreibenlassen) proferrem, nugarnm mearum admiror
te amore seduci, . . praesertim quod ego imperitus de Bavenna progre-
diens Padum . . Tiliamentumque tranans, . . Rhenum Germania trantiend
ac post Mosellam, . . Ligerim et Garomnam . . transmittens, Pyrenaeis
occurrens . . paeue aut equitaudo aut dormitando conscripserim. Auf ita-
lienische Verhältnisse bezieht sich nur I, 1. 2; alle übrigen Gediohie achei-
nen in Gallien verfasst. In der Anordnung kreuzt sich die nach der Zeit
mit einer sachlichen (bes. nach dem Bange der Adressaten}. Der 1, 15
als lebend angeredete Bischof Leontius erhält IV, 10 ein Epit^h; K VI
sind Könige Sigibert (f 575) und Charibert (t 567), IX aber Chüpoidi
(I, t 584) und X Childebert (II, geb. 570), Sigiberts Sohn und Nadifolger
(J. 575-596). VI, 2 gilt der Vermählung von Sigibert und Briuihild(J. 56«)
450. Veoantius FoituDatus. 1023
VII, 9, 7 ist F. im 9t«a Jahre von der Heimat entfernt; IX, 7, 50 werden
Gedichte erwähnt die er vor 20 J. verfusst. ß. I— III haben vorzugsweis
kirchliche Dinge (Gebäude u. dgl.) und Personen zum Gegenstande; IV
enthält Epitaphien auf Bischöfe, einen Abt, Presbyter, Diakonus, dann
Laien, zuletzt Frauen; V an Bischöfe, bes. Martin und Gregor; VI an Kö-
nige, Königinnen, Prinzessinnen; VII an hohe Hof- und Staats -Beamte
(Gogo, Bodegisil, Lupus, Mummulenus, Sigismund u. A.); VIII Christliches,
sowie an Radegund und Gregor; IX an Chilperich und Fredegund und deren
Kinder; an Gregor und andere Bischöfe und sonstige Geistliche; X wieder
au Mummulenus, an Childebert und Brunhild, Sigoald; XI poetische Corre-
spoodenz mit Radegund und ihrer Aebtissiu Agnes. Mit B. VIII scheint
die Sammlung ursprünglich abgeschlossen gewesen, IX— XI späterer Nach-
trag zu sein.
f 8. Weitaus die meisten Gedichte haben das Masq der Elegie; das
epische nur V, 8. VI, 2 (Epithalamium). VIII, 9; IX, 7 auf Gregors Ver-
langen eine sapphische Ode. Prosaisches Vorwort zu einem Gedicht V, 5
(u. IX, 6); prosaische Briefe mit Versen schliesend III, 4. V, 1. Elegie in
Schlangenforra (ophites, serpentinus, echoicus; vgl. oben 375, 6) III, 37.
Manche Gedichte behandeln ganz in der Weise der Elegie persönliche
Erlebnisse, Abenteuer (VI, 10. VII, 14), Reisen (X, 10. XI, 27 f.), Gesund-
heitsverhältnisse (VI, 12. VIII, 16) ; auch die Elegie de excidio Thuringiac
(ex persona Radegundis) gehört dahin, sowie VI, 7 (auf den Tod der Ga-
lesuinta) u. II, 20 (auf den todten Medardus). Andere sind versificiei-te
Briefe (Empfehlungsschreiben für sich und Andere). Zahlreich vertreten
sind die Lobgedichte an Lebende, bes. Bischöfe (wie Leontius, Felix, Gre-
gorius). Aufschriften für Kirchen und Geräthe; Epigramme als kurze Ge-
legenheitsgedichte.
9. Kirchliche Lieder (hymni) mit Uebergewicht des Rhythmus in vier-
zeiligen Strophen und meist gereimt; die Mehrzahl mit aufsteigendem
Rhythmus (dim. iamb. ac. II, 7. 10. VIII, 3 f. ; cat. II, 8), im absteigenden
II, 9 (dim. troch. ac. und cat.) und besonders stark rhythmisierend VIII, 5
(ä,ve, märis Stella, d^i mater alma, . . solve vincla räis, mala nostra pello,
iter pära tutum etc.). Der Hiatus kommt nicht in Betracht (II, 9: arbor
feta alma luce; stans ad aram immo supplex). 11, 4. 5. 6 Künsteleien in
der Weise des Porfirius (oben 379, 1—3): Gedichte deren Buchstaben die
Form des Kreuzes bilden oder den Anfang des Namens Christus (V, 7, zu-
gleich akrostichisch). Der Hymnus auf Leontius (I, 16) in alphabetischer
Ordnung der Strophen wird sonst dem Amoenus (oben 444, 2) zugeschrieben,
der trochftische II, 1 (pange lingua etc.) von Gennadius ausdrücklich dem
Claudianus Mam. (oben 438, 3 u. 5).
10. In der griechischen Literatur hat F. sehr schwache Kenntnisse
(VII, 12, 26 flf.: Archyta, Pythagora«, Arätus, Cato, Pläto, Chrysippua.
. . quidve poeta potest Maro, Lysa, Menander, Homerus; vgl. Messungen
wie ChalcSdon). Aus der römischen besass er in seiner Heimat wohl aus-
gedehntere; im fränkischen Reiche aber schrumpften sie auf Cicero und
Vergil zusammen, neben welchen nur noch Reminiscenzen an Horaz fort-
wirken (V, 6. IX, 7). Vgl. IX, 7, 35 ff. Besser ist er in der christlichen
Literatur zu Hanse (Mart. I, 15 tf. mise VIII, 1, 51 ff. VIII, G). Seine
1024 ^ie Kaiserzeit. Aus dem sechsten Jahrhundert.
Christlichkeit ist sehr eifrig, klingt aher etwas geschäftlich. Vgl. misc. U,
12, 3 fiP. : iam pietatis opus, victores (Märtyrer) texere libris, admonet in-
genium, res ratione duplex, una quod est habilis de magnis magna fatiBii
. . altera causa monet quoniam successus amatur etc. Oit genug schim-
mert recht weltlicher Sinn hindurch, wie in dem Epithalamium (VI, 2);
und VIII, 6, 205 fP. malt die weibliche Liebe zu Christus doch g%r zu far-
benreich aus. Ueberhaupt ist F. sehr viel mehr Talent als Charakter.
Das elegische Mass handhabt er fast mit ovidischer Leichtigkeit; freilich
um so weniger mit ovidischer Durchsichtigkeit, Eleganz und Kunst. Für
die prosodische Behandlung der Eigennamen scheint nur die Bequemlichkeit
massgebend (z. B. Cesärla, Agnppina ; kurze Silben werden unzählige
Male durch die Hebung verlängert, lange nicht selten verkürzt, harte Ver-
schleifuugen (wie si Hilarium quaeris, quae ut foveas, pro undis) gesetzt,
der Hiatus (bes. zwischen den beiden Hälften des Pentameters) zugelassen,
die Cäsur vernachlässigt. Dazu Plebejismen wie moveret (VH, 1, 1), re-
gionis utraeque (VII, 5), concivis (VII, 14) u. dgl. Wirklich ist F. sermone
levis (Mart. I, 27) und arbeitete nur allzu rasch; s. A. 6 u. misc III, 27
(garrulitate levi). V, 5 praef. X, 12 (ex tempore); sehr oft auf Bestelliuig.
VorHebe für Wortspiele (funis, finis; febris, fibris; saluto salutem u. dgl).
11. Ausgaben der Werke des F. von Ch. Brower (Mainz 1603. 4.),
M. A. Luchi (Rom 1786, 2 Voll.), letztere wieder abgedruckt in Migne*8
patrol. LXXXVUI. Die Moselgedichte an der Mosella von Tross und von
Böcking (S. 105—123); s. oben S. 873.
12. Ven. Fort. misc. III, 23 an den Bischof Bertechramnus in Bor-
deaux: ardua suscepi missis epigrammata (des B.) chartis. . . nitido pom-
posa poemata cultu. Nur enthalten sie Plagiate (carmine de veteri furta
novella) und metrische Schnitzer (superaddita syllaba, pede laesa).
13. Von einem Honorius scholasiicus 28 elegische Verse an den Bi-
schof von Raveuna Jordanes in der Mitte vou saec. VI, zur Antwort auf
dessen Aufforderung sich von der We}t zurückzuziehen, bei Mabillon, Ana-
lecta I p. 364 (387).
457. Mit der Correctheit eines Grammatikers und dem
Servilismus und Bombast eines Byzantiners verfasste der Afri-
kaner Flavius Cresconius Corippus Epen von geschichtliehem
Stoffe und panegyrischer Bichtung^ sieben Bücher lohannidos
s. de bellis libycis und vier Bücher de laudibus lustini Aug.
Nur selten dringt durch die dichten VP^eihrauchwolken ein Fun-
ken geschichtlicher VP^ahrheit; aber die Form ist fliessend und
Mustern wie Yergil und Claudianus nachgebildet. Di^egen das
Epos eines unbekannten Verfassers, betitelt Orestis trage e-
dia, zeigt die im Westen herrschende Verwilderung in Sprache
und Prosodie, während der Bau der Hexameter tadellos ist
1. In deu Ueberschriften wird Corippus africanus grammatieufi ge-
nannt. Die Johannis besteht aus (581 -f488-[-460-f 11714-773+542+656=»)
467. Corippus. Orestis tragoedia. 1025
4671 Hexametern (B. VII ist am Schlüsse lückeDhaft erhalten), nebst einem
Vorwort von 40 elegischen Versen, imd hat zum Gegenstande den Krieg
welchen Johannes Patricias ums J. 550 in Africa gegen die Mauren führte
(vgl. Prokop. Vand. II, 28). Aus dem Vorwort (ad proceres Carthaginienes) :
descripsit . . Aeneam doctus carmine Vergilius, meque lohaunis opus do-
cuit describere pugnas etc. Aeneam superat melior virtute lohannes, sed
non Vergilio carmina digna cano. . . nutat in angustum discors fortuna
poetae. . . quid [quod ego] ignarus quondam per rura locutus urbis per
populos carmina mitto palam. forsitan ex fracto ponetur syllaba versa:
confiteor; Musa est rustica namque mea. . . quos doctrina negat coufert
victoria versus (Anspielung auf Juv. I, 79). Ed. princeps: ex cod. medio-
lanensi op. et stud. Petri Mazzuchelli, Mailand 1820.
2. Das Lobgedicht auf Kaiser Justinus minor (J. 565—578; s. W.
Teuffei in Pauly's Real-£nc. IV. 1845. S. 681—685) ist nach der lohannis ver-
i'asst (praef. 35f.: quid llbycas gentes, quid syrtica proelia dicam, inm libris
completa meis?) und hat ein (im Anfang unvollständig erhaltenes) Vorwort
(48 Hexameter), welches den Zweck des Gedichts ehrlich ausspricht (v.
39 ff.): cui vincere fas est indomitas gentes, . . vince meae saevam for-
tunae, deprecor, iram. . . nudatus propriis et vulnera plurima passus ad
medicum veni. . . huic ego saiianti . . grates semper ago et pro munere
carmina porto. (Vgl. IV, 182 ff.) Darauf folgt eine Widmung an einen ein-
flussreichen Hofbeamten Justin's, den quaestor Anastasius (51 Hexameter).
Von dem Gedicht selbst besteht B. I aus 367 Hexametern, II aus 430, Ul
aus 407, IV aus 377, ist aber am Schlüsse lückenhaft;. Die Anlage ist so
weitschweifig dass diese 4 Bücher nur die ersten acht Tage von Justinus
Regierung umfassen. Die einzige Hds., nach welcher M. Ruiz (Antv. 1581)
das Gedicht herausgab, ist verschollen. Spätere Ausgaben von Th. Dem-
pster (Paris. 1610}, A. Rivinus (Lips. 1653), N. Rittershaus (Altorf 1664. 4.)
und in W. Jägers Panegyrici No. XII.
3. Sammelausgabe der Epen des C, mit Abdruck der Noten u. Einl.
der Vorgänger, im Bonner Corpus scriptor. bist, byz., mit Merobaudes
(recogn. Imm. Bekker), Bonn 1836.
4. Durch zwei Handss., einen Ambrosianus (Mai, Spicileg. I. p. XXIV)
und besonders einen Bernensis saec. IX, ist überliefert Orestis tragoedia,
971 Hexameter. Der monströse Gedanke diesen Stoff in einem Epos zu
behandeln und dieses Epos eine tragoedia zu nennen deutet auf eine Zeit
die den classischen Traditionen völlig fremd geworden ist. Dazu stimmen
auch die zahlreichen Plebejismen in sprachlichen Formen und Fügungen
(vgl. Mähly p. XI— ^X XVII) und die ganz an Fortunatus erinnernde proso-
dische Wülkür (Mähly, p. XX VHI — XXXIX), wogegen die Cäsuren und
Verschleifungen sogar elegant sind, und Reminiscenzen bes. an Vergil so-
wie an Statins und Lucan sehr häufig vorkommen (Schenkl ed. p. 20 f.
Rothmaler bei Fleckeisen 95, S. 863). Messungen wie Pylädes, cgistus
(Aegisthus) machen unmöglich dass der Verf. ein Grieche sei.
5. Ausgaben der Orest. trag, von C. W. Müller (Rudolstadt 1868 f.
4.), J. Mähly (Lips. Teubner 1866. 16.), C. Schenkl (Prag 1867. 83 pp.).
6. Beiträge zur Kritik von F. Haase (miscell. philol. III, 6. Bresl.
1861. 4.), A. Rothmaler (Nordhausen 1865. 4. Fleckeiseus Jahrbb. 95, S.
Teuf fei, rüin. Literftturge^chichle. 65
102G Die Kaiserzeit. Aus dem sechateu Jahrhundert
861—870), L. Müller (Rhein. Mus. XXI. S. 455-467), C. Schenkl (Zeitedir.
f. Ostreich. Gymn. XVIII. 1867. S. 81-95), L. Schwabe (Dorpater KataL
für 1867, II. 13 pp. 4.), H. Hagen (Philologu« XXVII. S. 157—168).
458. An der Spitze der theologischen Schriftsteller des
Jahrhunderts steht Papst Gregor I (um 540 — 604), der nait sei-
ner Abkehr von der alten Bildung, seiner Schwärmerei für das
Mönchswesen und mit seiner Leichtgläubigkeit ganz ein Sohn
seiner Zeit ist, aber durch persönliche Vorzüge, Geschick und
Festigkeit im Handeln in ihr hervorragte. Von seinen zahl-
reichen Schriften sind geschichtlich besonders wichtig seine
Briefe. Wie er um den Eirchengesang sich grosse Verdienste
erwarb, so verfasste er auch selbst Hymnen. Das hohe Ansehen
das er und seine Schriften noch lange fort genossen führte bald
zu Unterschiebungen von solchen und Einschüben in sie. Ne-
ben ihm ist besonders sein Freund Leander zu nennen, Bischof
von Sevilla, sowie Eugippius und der Erzbischof von Br^a,
Martinus.
1. GregoriuB aus einer reichen und vornehmen römischen Familie,
geb. zwischen 640 u. 550, praet. urb. um 571—574, Papst seit 590, gest.
12. März 604. E. W. Marggraf, de Gregorü M. vita, Berlin 1844. G. J.
Th. Lau, Gregor I der Ghrosse nach seinem Leben und seiner Lehre ge-
schildert, Leipzig 1845. 556 S.
2. Greg. Tur. bist. Franc. X, 1: litteris grammaticis dialecticisque
ac rhetoricis ita erat institutus ut nuUi in urbe ipsa puturetur esse se>
cutidus. Sehr hyperbolisch Isid. ill. 27: tantum . . scientiae lumine prae-
ditus ut non modo illi praesentium temporum quisquam doctomm sed nee
in praeteritis quidem illi par fuerit umquam. Dagegen Gregor selbst, im
Vorwort zur expos. in lob (Moral.): ipsam loquendi artem quam magi-
steria disciplinae exterioris insinuant servare despexi. nam . . neu mnta-
ciami collisionem fugio, non barbarismi confusionem devito, hiatas motns-
que etiam et praepositionum casus servare contemno, quia indignum ve-
hementer existimo ut verba oaeleetis oraculi restringam sub regulis Donati.
Vgl. epist. VII, a2: quamvis graecae Unguae nescius, in contentione tameu
vestra iudex resedi. Dazu stimmt die Nachricht des Joann. Saresber. nng.
cur. VIIl, 19 dass Gr. die Bücher der palatinischen Bibliothek habe ver-
brennen lassen, damit sie den heil. Schriften nicht Eintrag thäten. Lau
S. n f.
3. Echte prosaische Schriften«: Expositio in b. lob, auch Moraüa
genannt, eine praktisch allegorische Erklärung des Buchs Hiob, verfasst
zwischen J. 580 u. 590, abgetheilt in sechs Codices und 35 Bücher und dem
B. Leander gewidmet. XXII Homilien zum Ezechiel, in zwei Büchern (am
595). XL Homilien zu den Evangelien in zwei Büchern (um 592). Regula
pastoralis, treuliche Winke über die rechte FiUirung des geistlichen Amtec,
dem Erzb. Johannes von Ravcnna gewidmet, um 590. Vier Bücher Dia-
9i. ;
468. Gregoriutt I u. A. 1027
logen (mit dem Diakonus Petras) über das Leben und die Wunder der
italienischen Heiligen, voll crasser Wundersucht (593 oder 594). Vierzehn
Register Briefe, geordnet nach den Jahren seines Pontificats, mit Inter-
polationen (z. B. das Privilegium des Klosters St. Medardus). Lau S.
311-319.
4. Von zweifelhafter Echtheit sind folgende Schriften: Commentar
zum ersten Buch der Könige, in 6 Büchern; Erklärung des Hohenliedes;
Erkl. der 7 Busspsalmen ; Concordia quorundam testimoniorum sacrae scri-
pturae. Lau S. 319—323.
5. Neun Hymnen des Gr. in der Benedictinerausgabe III. p. 877 f.
(Migne LXXVIII. p. 849—851). Sie haben meist die herkömmliche Form
des dim. iamb. in vierzeiligen Strophen, zwei sapphisches Versmass. Der
Keim ist bald scharf ausgeprägt (intimum — praemium ~ noxium — Pes-
simum) bald unbestimmt (optinie — proferens — novae — originem). Die
Sprache ist einfach. Hiatus und Einfluss des Accents wie gewöhnlich
(Honor, virtüs, impärium sit trinitati unicae, patrf, natö, paracleto etc.),
auch in den sapphischen Gedichten (spiritus, cuius reboä^t in omni, lucis
aurora rutilans coruscat). Seine liturgischen Schriften (Sacramentarium,
Antiphonien) erlitten im Mittelalter von Sammlern und Ordnern vielfache
üeberarbeitungen. Gründung von Sängerschulen, Einfuhrung des Choral-
gesangs. Lau S. 244—298.
6. Lau S. 326 f. : Phantasie ist dem Gr. nicht abzusprechen, die nur
in seinen allegorischen Erklärungen häufig mit dem Verstände davonrennt.
Bei grosser Weitschweifigkeit und Gedehntheit ist er auch wieder senten-
tiös, und seine Schriften sind eine Schatzkammer von pilkktischen Bemer-
kungen und geistreichen Gedanken. In seiner Texterklärung hält er sich
grösstentheils an Augnstin, den er besonders verehrt, au Ambrosius und
Hierouymus, doch mit einzelnen Spuren von Selbständigkeit. . . Man ver-
misst bei ihm das Systematische, selbst eine genaue Ordnung. . . Seinen
Erklärungen legt er die lateinische Uebersetzung der h. Schrift zu Grunde,
bald die Itala bald die des Hieronymus.
7. Gesammtausgaben seiner Schriften. Lyon 1516. 1539 f. fol. Paris
1518. 1523 fol. Basil. ap. Proben, cura Huldr. Coccii 1551. 1564. fol. Ed.
Jo. Gillotius, Paris. 1571. 1586. Cur. Petro Tussianensi, Rom 1588—1593, 6
Voll. fol. u. sonst. Studio Petri GuBsanvillaei, Paris 1675. 3 Voll. fol.
Hauptausgabe die der Benedictiner e congreg. s. Mauri (cur. Dionys.
Sammarthanus et Gu. Bessin), Paris. 1705, 4 Voll. fol. Abdruck Venet.
1768—1776 von J. B. Gallicioli in 17 Voll. 4. Migne patrol. LXXV-LXXIX
(1849). Lau S. 327 f.
8. Isid. ill. 28: Leander, genitus patre Severiano, Carthaginensis
provinciae Hispaniae , . . ex mouacho Hispalensis ecclesiae provinciae Bae-
ticae constitutus episcopus (J. 576—596), schrieb gegen den Arianismus.
praeterea edidit unum ad Florentinam sororem de institutione virginum et
contemptu mundi libellum etc. scripsit et epistolas multas ad papam Gre-
gorium et . . ad ceteros quoque episcopos. floruit sub Becaredo, viro reli-
gioso ac principe glorioso, unter dem er auch starb. Seine Schriften bei
Migne LXXII.
9. Martinus aus Pannonien, abbas Dumiensis, dann Erzbischof von
' 65*
1028 Die Kaiserzeit. Aus dem secbsteu u. siebenten Jahrhundert.
Braga (Braccarensis) , gest. 580, nulli in litteris secunduB suis temporibus
habituB, . . versiculoB qui super ostium sunt in basilica s. Martini ipse com-
posuit (Greg. Tur. bist. Franc. V, 38). fioruit regnante Teudummiro rege
Suevorum, temporibus illis quibus lustinianus in rep. et Anatagildas Hi-
spanuB imperium tenuere (Isid. ili. 22). Ausser prosaischen Schriften (oben
S. 569, 16 ff. Fabricius, bibl. lat. med. aet. V. p. 38 f.) sind auch Verse von
ihm erhalten. Abdruck in Migne's patrol. LXXII.
10. Isid. ill. 13: Eugippius abbas ad quendam Paschasiom dia-
conum libellum de vita s. monachi Severini (f 482) transmissum brevi stilo
composuit. . . damit post consulatum Importuni iunioris (J. 509), Aua-
»tasio imp. regnante. Das Erhaltene in Migne's patrol. LXII. Die Tita
Severini Noricorum apostoli hrsgg. von M. Velser (Augsburg 1595. 4.), zu-
letzt auch von A. Eerschbaumer (Schaffhausen 1862). Sie ist in schlich-
tester Sprache geschrieben und bezeichnend für das volksmässige Latein
der Zeit. H. Sauppe, Götti. gel. Anz. 1862, S. 1545—1552.
11. Isid. ili. 17: Apingius, ecclesiae Pacensis Hispaniarum episcopus,
disertus liugua et scientia eruditus, interpretatus est Apocalypsim etc.
scripsit et nonunlla alia. . . claruit temporibus Theodi principis Gothorum.
12. Isid. ill. 20: lustinianus, ecclesiae Yalentinae episcopus, . . scripsit
librum Besponsionum ad quendam Busticum, de interrogatis quaestionibus
(dogmatische). . . fioruit in Hispaniis temporibus Theudi principis Go-
thorum.
13. Md. ill. 21: lustns, Orgellitanae ecclesiae episcopus et frater
praedicti lustiniaJii, schrieb eine allegorische Erklärung des Hohenliedes
(gedruckt bei Migne LXVII). huins quoque fratres (gleichfalls Bischöfe)
Nebridius et Elpidius quaedam scripsisse feruntur.
14. Isid. ill. 29: Licinianus, Garthaginis Spartariae episcopus (um
584), in scripturis doctus, Verfasser von zahlreichen Briefen dogmatischen
Inhalts (bei Migue LXXII). claruit temporibus Mauritii Aug. (J. 582—602).
occubuit Constäntinopoli.
15. Isid. ill. 30: Severus, Malacitauae sedip antistes (um 580), collega
ei socius Liciniaui episcopi, edidit libellum unum adversus Vincentium Cae-
saraugustanae urbis episcopum (Arianer). . . est et alius eiusdem de vir-
ginitate ad sororem libellus, qui dicitur Anulus. . . claruit temporibus
praedicti imp. (des Mauricius), unter dem er auch starb.
16. Isid. ill. 32: Eutropius, ecclesiae Valentinae (in Spanien) episco-
pus j . . scripsit ad episcopum Lucianum . . epistolam etc. scripsit et ad
Petrum episc. Ircabicensem de districtione monachorum epistolam. Bei
Migne LXXX.
469. Aus dem siebenten Jahrh. sind die Bischöfe Ma-
ximus und Braulio von Saragossa zu nennen, besonders aber
der von Sevilla, Isidorus (um 570 — 640), der bei wenig Sach-
kenntniss und Urteil doch die Erhaltung und Verbreitimg der
alten Literatur sich angelegen sein liess. Von seinen zahlreichen
Schriften historischen, grammatischen und theologischen Inhalts
.^sSLsi'msi
458_f. Eugippius ii. A. leidoruB Hisp. 1029
ist die wichtigste sein weitschichtiges Werk Originum libri XX,
das er unvollendet hinterliess, durch die Manchfaltigkeit seines
Inhaltes und die Benützung untergegangener alter Quellen, be-
sonders des Suetonius. Auch seine Schrift de natura rerum hat
im Mittelalter eine grosse Rolle gespielt.
1. Isid. ill. 33: Maximus CaeBaraugustanae civitatis episcopus mnlta
versa prosaque componere dicitar. scripsit et brevi stilo hisfcoriolam de
bis quae temporibus Gothorum in Hispanüs acta sunt (J. 431— 644, in Fort-
setzung des Dexter), bistorico et composito sermone. sed et multa alia
scribere dicitar, quae necdum legi. Das Erhaltene z. B. in Migne^s patrol.
iiXXX. p. 618—632. Fortsetzer des Max. für J. 644—668 Eutrandus, ib. p.
633-635.
2. Ildefons. ill. 12: Braulio frater loannis in Caesaraugusta dece-
dentis adeptus est locum. . . clanis est iste babitus . . quibusdam opu-
sculis. scripsit vitam Aemiliani cuiusdam monacbi. . . babuit sacerdotium
ferme XX annis. . . duravit in regimine temporibus Sisenandi, Chintilae,
Tulganis et Chindasuinthi regum. Vgl. A. 3 u. 7. Seine erbaltenen Scbriften
(44 Briefe, vita Aemiliani, Acta de martjribus Caesaraugustanis) z. B. in
Migne's patrol. LXXX. p. 649—720.
3. Praenotatio librorum d. Isidori a Braulione Caesaraugnst-ano epi-
scopo (s.a. 2) edita: Isidorus .. Hispalensis ecclesiae episcopus, Leandri
(oben 458, 8) episcopi successor et germanus. floruit a tempore Mauritii
imp. (J. 582 — 602) et Reccaredi regis. . . vir in omni locutionis genere
formatus. . . edidit libros differentiarum II (Synonymik, 253 Artikel , und
de diff. spiritalibus 35 Artikel). . . prooemiorum librnm unum (kurze In-
haltsangabe der Schriften des N. T.]. . . de ortu et obitu patrum librum
unum. . . ad germanum suum Fulgentium episcopum astigitanum oifi-
ciorum libros II (liturgisch). . . synonymorum libros II (s. soliloquia, vgl.
A. 4). . . de natura rerum ad Sisebutum regem librum unum, in quo tarn
de ecclesiasticorum dpctorum quam etiam de philosophorum indaginc
obscura quaedam de elementis absolvit (s. A. 6). de numeris librum I (vgl.
M. Cantor, mathemat. Beiträge zum Culturleben, 1863, S. 277 f.). . . de
nominibuB legis et evangeliorum librum I. . . de haeresibus librum I.
. . sententiarum libros III, qnos floribus ex libris papae Gregorii moralibuF
decoravit. chronicorum a principio mundi usque ad tempus suum librum I
(s. A. 5). . . contra Indaeos postulante Florentina germana sua . . libroA
II. . . de viris illustribns librum unum, cui nos ista sabinnximus (s. A. 5).
monasticae regulae libr. I. . . de origine Gothorum et regno Suevorum
et Wandalorum historia librum I (ed. 1601, p. 398—404). quaestionum libros
II. . . etymologiarum codicem nimia magnitudine, distinctum ab eo titulis,
non libris. quem quia rogatu meo fecit, quamvis imperfectum ipse reli-
querit, ego in XX libros divisi. . . ibi redundans diversarum artium ele-
gantia, ibi quaecnnqne fere sciri debentur restricta collegit (s. A. 7).
sunt et ab'a huius viri multa opuscula et in ecdesia dei multo cum oma-
mento inscripta. quem deus post tot defectus Hispaniae novissimis tem-
poribus suscitans, credo ad restauranda antiquorum monumenta, ne usque -
quaque rusticitate veterasceremus, quasi quandam apposuit destinam. . . quo
1030 t^ie Kaiserzeit. Ana dem aiebenten Jahrhundert.
vero fiumiDe eloqaenidae . . Acephalitarum haeresim confoderit synodalia
gesia coram eo Hispali acta declarant. . . obiit temporibus Heraclii im-
peratoriB (J. 610—641) et christianisaimi Chintilani regia. ÜdefoDs. vir. ill.
9 (Isid. opp., Paris. 1601, p. 737): floruit temporibus Reccaredi, Liwanis,
Witterici, Gundemari, Sisebathi, Suinthilani et Sisenandi regmn, annis fere
XL teuens pontificatus honorem.
4. Die Aufzählung der Schritten des Is. durch Braulio (A. .3) scheint in
der Hauptsache chronologisch zu sein; wenigstens stehen die unvollendeten
Etymologiae (oder Origines) am Schlüsse, und nach Fächern ist sie nicht
geordnet. Die Gesammtausgabe Paris. 1601 fol. enthält ausserdem an oben
nicht aufgezählten Schriften : de contemptu mundi, Norma vivendi, Ezhor-
tatio poenitendi, nebst einem Lamentum poenitentiae (vgl. Udef. ill. 9:
librum lamentationis, quem ipse Synonymorum vocavit) in 6zeiligen alpha-
betisch angelegten Strophen mit absteigendem Rhythmus. Es beginnt:
Audi, Christe, tristem fletura amarumque canticum, und schliesst: Gloriam
iam vfgil eänam alphabetum finiens, tibi patri filioque, inclito paraclito,
cui laus (^rit et potestas pär aeterna saecula. Ausserdem Commentare zum
A. T. (ed. 1601 p. 413—615), eine allegorische Erklärung desselben (ib. p.
615-525) u. A.
5. Die Chronik (ed. 1601, p. 374—397) schliesst sich nach der praef.
an Julius Africanu«, Eusebius Hierouymus und Victor Tunn. (oben 452, 3 f.)
an. . . horum nos temponim summam ab exordio mundi usque ad Aug.
lleraclii et Sisebuti Gothorum regis principatum quanta potuimus brevi-
täte notavimus, adicientes e latere descendentem lineam temporum, cuiud
indicio summa praeteriti saeculi cognoscatur. Die Eintheilung nach sechs
Weltaltern, entsprechend den sechs Schöpfungstagen, ist eine Erfindung
des Is. Die Forteetzung von Gennadius viri ill. in 33 Capp. gedruckt auch
in den Gesammtausgaben de ill. eccles. scriptoribus (oben 439, 12). W.
Wkttenbach, deutsche Geschichtsquellen* S. 62—64.
6. Die Schrift de natura rerum (vgl. A. 3) will expedire . . rationem
dierum ac mensium, anni quoque metas, . . solis denique ac lunae cursus,
. . tempestatum signa atque . . terrae positionem alteruosque maris aestus.
Also ein Handbuch des Wissens würdigsten aus der Naturlehre, quae omnia
secuudum id quod a veteribu» viris (bes. Sueton in den Prata, auch So-
linus und vielleicht Hyginus) ac maxime sicut in litteris catholicorum vi-
rorum (des Ambrosius u. Augustin) scripta sunt proferentes etc. Vgl. G.
Beckers Prolegg. p. VI— XXIII. Sie wurde im Mittelalter viel gelesen
und abgeschrieben, auch stark ausgebeutet. Vgl. G. Becker p. XXI II
—XXXIX. Gedruckt steht sie in allen Ausgaben, z. B. in der ed. Paris.
1601 p. 354—373. Recensuit G. Becker^ Berol. 1857.
7. Correspondenz des Is. mit seinem Freunde Braulio (A. 2 f.) wegen
der Origines. Ep. 5: codicem etymologiarum cum aliis codicibus de iÜnere
transmisi et licet inemendatum prae valitudine tibi tarnen modo ad emen-
dandum studueram offene. Ep. 6: en tibi, sicut pollicitus snm, misi opus
de origine quarundam rerum ex veteris lectionis recordatione coUectum
atque ita in quibusdam annotatum sicut extat conscriptum stilo maiorom
(also wörtlich ausgeschrieben). Folgt eine Inhaltsübersicht. Die vier entea
Bücher enthalten die artes liberales, B. V Rechtliches, VI Antiquariaehet
^wa£i
459 f. Isidorus. Aldhelmus. 1031
über das A. T.; VII ChrisUiches; VIII Beiigionsgeschichtlichcs; IX beginnt
das S]f>rachUcbe, das bis za Ende (B. XX) reicht, ausser dein alphabetisch
angelegten B. X sonst in einer Sachordniing wie bei Nonius Marcellas.
Auch diese Encjclopädie ist vorzugsweise aus Sueton*s Prata entnommen,
ohne Kritik und so dass die von Sueton genannten Schriftsteller bald mit
abgeschrieben werden (wie bes. Varro, s. oben 157, 1) bald ihre Namen
durch unbestimmte Wendungen (wie gentiles, veteres, philosophi) ersetzt.
Reifferscheid, SuetOn. reliqq. p. 420—433. 476 f., vgl. p. 429 (ueglegentis-
simus breviator). 431 (diversissimas res diversissimosque auctores confun-
dere solet). 444 f. 447. 449. 454. Abdruck derselben Augsburg 1472 fol.;
cum schoHis B. Vulcanii (Basil. 1577), zuletzt von F. W. Otto in Linde-
manns corpus gramm. latt. III (Lips. 1833. 4.), besser aber in Arevali*6
Ausg. (A. 8) T. III. IV. Die auf die Rhetorik bezüglichen Abschnitte (aus
B. II) am besten in Halmes rhetores latt. min. p. 505—522, vgl. p. XIII.
8. Gesammtausgaben : Paris. 1580 (studio Marg. de la Bigne). fol.
Cum notis J. B. Perez et J. Grial, Madriti 1599 fol. u. 1778, 2 Voll. fol.
Emendata per fratr. Jacobum du Breul, Paris 1601 fol. Colon. 1617 fol.
Hauptausgabe von Faust. Arevalus, Rom. 1797 -—1803. 7 Voll. 4., abge-
druckt in Migne*s patrol. LXXXI— LXXXIV.
460» Schliesslich seien aus dem Ende des siebenten und
der ersten Hälfte des achten Jahrh. noch erwähnt einige eng-
lische Geistliche welche sich um die alte Literatur in ihrer Weise
Verdienste erwarben. So der Metriker Aldhelmus und der nach
dem Massstab seiner Zeit gelehrte Mönch und Polyhistor Be da
(venerabilis), sowie die beiden Erzbischöfe Tatuinus und Boni-
facius, von welchen wir neben Anderem auch grammatische
Schriften besitzen.
1. Aldhelmus, Abt zu Malmesbury seit 675, f 709 als Bischof zu
Sherburn (Salisbury). Von ihm haben wir eine Anzahl Räthsel im Hexa-
meter (gedruckt in der Bibl. patr. III, wozu noch Nachträge aus Berner
und Wiener Hdss.), welche ihm Anlass geben die Regeln über das heroische
Versmass in dialogischer Form vorauszuschicken (zum Theil in wörtlicher
Uebereinstimmung mit dem sog. Maximus Victorinus) und daran eine Ueber-
sicht der sämmtlichen metrischen Füsse mit Beispielen aus den verschie-
denen Wortclassen anzureihen. Dieser Theil ist zuerst herausgegeben von
A. Mai (Class. auct. e vat. codd. editi, T. V. 1833. p. 501—599) unter dem
Titel : S. Aldhelmi de septenario (d. i. die Siebenzahl) et de re grammatica
ac metrica ad Acircium regem, sowie (mit den Bäthseln) verbessert nach
einem cod. Paris, in Aldhelmi opera ed. I. A. Giles (Oxon. 1844) p. 216
—329, unter dem Titel: Epistola ad Acircium, sive liber de septenario et
de metris, aenigmatibus ac pedum regulis. Aldhelmus erwähnt auch (p.
540 Mai) das sechste Buch seiner Schrift de nomine. Ausserdem de laudi-
bus virginitatis (virginum) sowohl in Prosa als in Hexametern (letztere mit
akrostichischer praefatio ad Maximam abbatissam), sowie (gleichfalls im
epischen Masse) De VIII principalibus vitiis. Seine Verse zeigen Studium
1032 I^iß Kaißerzeit. Aus dem achten Jahrhundert.
des Sedulius, der Inhalt Benützung des Sueton (Prata) und des Solinus.
Reifferscheid, Suet. reliqq. p. 449 f. Mommsen, Solin. p. XXXV. J. Caesar
in Paulj*8 Real-Enc. I, 1. S. 689. H. Keil^ de gramm. inf. a«t. p. 6 (not.
2). Abdruck von Giles' Ausg. in Migne's patrol. LXXXIX. p. 64 — 314.
2. Beda geb. um 672 in Northumberland, Presbyter 702, f 785.
Zahlreiche Schriften (ed. Colon. 1688, 8 partes fol.; ed. J. A. Giles, Lon-
don 1843 f. 12 Bde., in Migne's patrolog. 1860 f. T. XC — XCV). In ge-
bundener Form Darstellungen der Geschichte von HeiUgen und Märtyrern
in Jamben und Hexametern, u. A. von zum Theil zweifelhafter Urheber-
schaft;. Unter den geschichtlichen bes. seine historia ecclesiastica gentis
Anglorum in fünf Büchern und Chronicon s. de VI huius saeculi aetatibus
(von Erschaffung der Welt bis J. 726), beide auch in den Monomenta hi-
storica britannica by Petrie and Sharpe (London 1848. fol.) p. 83—289.
Ueber seine chronologischen Angaben vgl. G. Oppert in Fleckeisens Jahrbb.
91, S. 822 ff. Grammatische Schriften bes. De orthographia (Usener, Rhein.
Mus. XXIY. S. HO ff.), De VIII partibus orationis, Cunabula grammaticae
artis Donati restituta, De schematibus et tropis (in Halms rhett. latt. min.
p. 607 — 618 vgL p. XV), De metrica ratione u. A. aus älteren Quellen.
Mathematische (De arithmeticis numeris, De diviaionibus temporum u. A.) ;
s. M. Cantor, mathemat. Beiträge zum Culturleben (1863) S. 279 ff. Sehr
viele theologische, exegetischeu imd dogmatischen Inhalts, sowie Predigten.
H. Gehle, de Bedae Venerabilis presb. anglo-saxonis vita et scriptis disp.
historico-theologica, Lugd. Bat 1838. 113 pp.
3. Tatuinus, angelsächsischer Benedictiner im Kloster Bruidune in
Mercia, zuletzt (J. 731) Erzbischöf von Canterbury (vgl. Beda bist. eccl.
Angl. V, 23), t 731, Verfasser einer Grammatik (de VIII partibus orationis)
nach Donat und dessen Commentatoren ; s. A. Wilmanns, Rhein. Mus.
XXIII. S. 398—401. Auch Räthsel und andere Gedichte sind von ihm er-
halten. L. Müller in Fleckeisen's Jahrbb. 93, S. 566.
4. Bonifacius (ursprünglich Winfrid), geb. 683 zu Kirton in De-
vonshire, Benedictiner, der bekannte Apostel der Deutschen, zuletzt Erz-
bischof von Mainz J. 746 — 755. Ausser Zweifelhaftem (vita s. Laevini)
haben wir von ihm besonders Briefe (s. B. et ad eum scriptae epistolae
CLVI), abgedruckt cum notis (a N. Serario), Mogunt. 1605. 1629. 4.; in der
bibl. patr. max. XIII; bei Migne patrol. LXXXIX. Ordine chronol. dispo-
sitae, uotis etc. illustr. a St. AI. Wurdtwein (Mainz 1789). Dazu das Schul
buch de VIII partibus orationis, aus cod. palat. 1746 herausgeg. von A.
Mai (class. auct. VII. p. 475 ff.). Vgl. H. Keil, de gramm. inf. aet (1868)
p. 6: simpliciter et sine ulla reconditioris doctrinae specie, sicut usus dis-
centium requirebat, scriptus, in quo non solum Donati Ars et commentarii
in Donatum tum vulgo usurpati sed aliorum etiam grammaticorum libri
adhibiti, e Charisii vero libris complura descripta sunt. Einiges Metrische
aus derselben Hds. veröffentlicht von A. Wilmanns, Rhein. Mus. XXllI.
S. 403—405. Opera quae extant omnia ed. J. A. Giles, 2 Voll. London
1844; bei Migne patrol. LXXXIX. p. 598—891.
Alphabetisches Register.
Die Zahlen vor einem Komm» und 2^hlen ohne Komm» beseiohnen die Numer des
Textet (Paragraphen); die Zahlen naoh einem Komma beliehen sich auf die Anmerkungen.
üb actiA senatus 203, 1.
abecedarii hymni 414, 8.
Absyrtus 405, 11.
Aburniiis Valens 327, 5.
Academica des Citpro 173,
, 7. des Aiigiistiii 414, 5.
Acclus, L. 119.
Achilleis des Statius 303, 4.
Achilles in pai'theiioiu'375,
8.
Acholiiis 364, 1.
Acilia und Acilius Lncaiins
280, 13.
Acilius, C. 11«, 1.
Aconia 403, 1.
Acro 223, 3. 352, 1.
acrosücha 29, 6.
acta diurna oder popnli
203,2.
acta fratrumat'VHrnini55, 2.
acta senatus 203, 1.
Acte(Eintheilung in) 16,5.
actiacum bellum, Epos 236,
9.
actibus apost. (de) 456, 2 f.
actiones 78, 3. V^gl. legt»
actiones.
actio Rutiliana 136, 1.
actorcs comoediarnni 15, 1.
16, 3 u. 9.
actores secundaruni 8, 5.
actores tragoediarunn 13,4.
Actoriiis Naso 199, 8.
actuarii 36, 7.
Acnleo 141, 4.
AdamantiusMariyrins 442,
9.
Adannnus 442, 11.
Adelphi des Terenz 99. 6.
Admirnnda des Cicero 175,
6.
Aebutius Liber^iUä 273, 4
vffl. 280, 11.
AeTianus Tact. 321, 7.
Aelius Cordus 358, 6 K.
Aelins Douatus 385.
Aelins Gallus 249, 1.
Aelius Lampridius 378, 4.
Aeliui} Marcianus 356, 2.
Aelius Melissus 329, 3
Aelius Paetus (P.) 114, 1.
Aelius Paetub (Sex.) 114,2.
Aelius Sabinus 358. 7.
Aelius Saturninus 258, 2.
Aelius Serenianus S53, 5.
Aelius Spartianus 370, 4
u. 5.
Aelius Siilo 137, 1—3.
Aelius Tubero 134, 2.
Aelius Tubero (L.) 159, 7.
Aelius Tubero (Q.) 195, 1.
Aelins Verns 331, 2.
Aemilia Pudentilla 344, 3.
Aemilianus(Palladins)386.
Aemilianus Strabo 344, 3.
AemHius Asper 310, 3.
Aemilius Lepidiis Porcina
(M.) 127, 5.
Aemilius Macer 209, 6 — 9.
Jurist 356, 3.
Aemilius Papinianus 348.
Aemilius Parthenianus3^8,
8.
Aemilius Paulus (L.) 112,8.
Aemilius Probus 18&, 6.
Aemilius Scannis (M.) 131,
10. Sein Urenkel (Mam.)
260, 2.
Aemilius Severianus 8, 1.
Aemilius Sur.i 261, 5.
Aeneaden 214, A. 5.
Aeneas 214, A. 5.
Aeneis des Vergil 214.
aenigmata 29, 4.
Aeserninus 243, 7. 251,8.
Aesopische Fabeln 23. 2.
Acsopns Mimograph 8, 1.
Aesopus, Schauspieler 13,
4.
aestuaria 154, 6, c.
Aethicus Ister 50.
Aetia des Varro 154, 4, f.
Actius 434, 3 f. 13.
Aetna 290.
Afranius, L. 121 vgl, 135.
Hi'ricanisclie Latinität S.
711. 330, 4. 341. 6 g. K.
vgl. 441, 7,
africanische Redncrschnle
37 g. E.
africanum bellum 184. 3.
Africanus, der ältere, 46, 1.
112,5. dessenSohn 116,3.
Africanus, der jüngere 127,
1. vgl. 132, 3.
Africanus, s. Julius, Cae-
cilius.
Agorius s. Vettius.
agraria de lege 166, 16 —
18.
AgricoladesTacitus 316,2.
agrimensores 48.
Agrippa 207, 7.
Agrippiua 270, 5.
Agroccius 391, 3.
Aietius Pastor 252, 6.
Akademie, alte und neue.
in Rom 40. Einfluss auf
Beredtsamkeit 40, 3.
Akrosticha 29, 5.
akrostichische argumenta
zu Plautus 88, 2.
Albinovanus s. Celsus und
Pedo.
Albinus 360, 10. 404, 4.
Metriker 381, 5. Auch^
s. Clodius und Postumius.*
Albins Tibullus 229.
Albucius, L. 179, 1. T.
136, 4.
Albucius Silus 262, 4.
Alchemie 882, 3 g. K.
Alcimus 391, 3.
Aldhelmus 460, 1.
AlexanderPolyhi8torl48,l.
Alexander Severus 353, 5.
1034
Alphabetisches Register.
Alexnndri itinerarium 387,
4.
alexanilriuiim bellum 184,
3.
Alexis 211. 2.
Alfenus Vanis 195, 2 vgl.
210. 3.
AI flu 8 (Alphius) A Vit US
360, 1.
AlHu8Flavu8 238.2. 252,9.
Alliteration S. 106.
Alphabet (lafeinibciies) S.
106 f.
Alphius 8. Alfius.
Alpinus 179, 5 g. R.
Alterthumsforschuiig bei
tien Römern 34.
Amafinius 160, 1.
Amazonis 227. S.
Ambivius, M. 147, 4.
Ambrosius 407.
Ammianu8Marcelliuus402,
5—10.
ainöbSische Form 3, 2.
Amoenus 444, 2.
A mores des Ovid 232, 1 f.
Ampelius 337, 1—3.
Amphitruo des Plauiiis 85,
1.
Ampi US Baibus 199, 7.
Anakreonteen 431, 5.
analogia (de) von Caesar
182, 4.
Anastasius 409, 10. Pa-
negyrikus auf A. 449, 7.
Anatoiins 455, 6.
Andria des Teren« 99, 1.
Andronicns, Livius 82.
Andionieus, Pompiliusl46,
6.
Anecdotn des Cicero 175,5.
Anccdotum Parisinum283,
3.
Auianus 417, 3. 455, 2.
Anicins Inlianus 400, 1.
Anicius Probus 394. 4.
Annaeus Cornutus 282, 2.
Annaeus Luranus 286.
Annneus Mela 253, 2.
Annaeus Novatus 252, 7.
, An naeiis Sencca, Vater 253;
Sobn 271—274.
Annaeos Screnus 271, 2.
273, 4.
nnnaies 32, 1. annales pon-
tificnm 66. annnies ma-
ximi 66, 1 — 5. annales
des Enniiis 90. des Taci-
tu8 316, 5.
aunaÜs des Attiens 159,
1, h.
Annalisten 32. 66, 5.
Annianus 331, 3.
Annius Cimber 196, 10.
Annius Feiialis 243, 8.
Annius Florus 318, 7.
Annius Luscus 131, 6.
Anonymus Norbianus 388,
2 (HI).
Anonymus Valesii 402, 11.
Anser 228, 1.
Anthfdius 436, 4.
Anthianus 356, 6.
Anthologia latiBa 26. 2.
Anthologie, erotische 26. 1.
Antias (Valerius) 142, 3.
Anticato des Caesar 182, 7.
Antiochius 417. 6.
Antiochus 144, 2 E. 158.
6. — 432, 1.
Antipater, Cadius 1^2, 4.
Antipater aus Tarsos 134,
1. Gallus 864, 8.
antiquitatumlibridesVarro
154. 4. vgl. 244. 5.
Antistius Capella 347, 1.
Antistius Labeo 249. 2 f.
Antistius, P. 140, 4.
Antistius Sosiaiius 27, 2.
Antonini itinerarium 387,2.
Antoninus Aquila 343, 6.
Antouiuus philosophus342.
Antoninus Pius 332, 1 f.
Antonius (Redner) 400.2.
Antonius Castor 267, 2.
Antonius' Gnipho 146, 5.
Antonius Inlianus 828, 1.
Antonius, luius 28, 1 vgl.
247, 2.
Antonius Liberalis 280, 11.
Antonius, M. drr Redner
139 mit A. 1 f.
Antonius, M. der Triumvir
196, 3.
Antonius Musa 247, 12.
Antonius Rnfus 238. 5.
ApelYes 432. 1.
Aper, M. 297.^.
Aphthonins 384, 3.
Apicius 267, 4.
Apingius 458, 11.
Apocolocyntosis des Se-
neca 273, 6.
Apollinaris 310,4. Vgl. SuU
picius und Sidonius.
Apollodorus Pergamenus
36, 8. Vgl. 225, 3.
A polloniense monumentura
207, 4.
ApolloninsChaIced. 336,2.
Apollonius Dyso. 342, 8.
Tyauens 344, 3.
apologeticum des Terdil-
liau 351, 4.
apologeticum carmen des
Commodianus 361, 3.
.Apoiogiades Apulrjus 345,
1.
Apophthegmata des Cae-
sar 182, 5.
Appiaous 334, 3.
Apuleius, L. 146, 1.
Apulciusaus Madauni.S44r.
Apulehis minor 346. 10.
Apuleius Satiirniuns 135,7.
Aquae apoUinares 387. 5.
Aquila 178, 4. 353, 7. Jm
rist 356, 5. Aq. Romaiiu^
365. Vgl. Anioninns.
Aquiltus, Palliaten^iclitfr
96, 3.
Aquilius Gallus 161 ntit
A. 1.
Aquilius Regiilus 308, 3.
Aquilius SevtTus 396, 7.
A quin US 198, 5. Vgl. In-
lius.
aquis (de) von Frontimis
309, 6.
Aradius Rnfinns 397, 3.
Aratea des Cicero 176, 2:
des GermanicMs 250, 60* :
des Avienus 394, 2.
Arator 456, 1—3.
Arbiter 288, 6.
arboribus (de) von Co
lumella 277, 3.
Arborius 391, 5.
Arbronius Silo 8, 1. 25^,
2 E.
Arcadius Cliarisins 380, 1
Archelaus, Laclius 117, 4.
Archia, pro 166, 26-
nrchimimae 8, 5.
archimimiis 8^ 1 n. 5.
Archippus 311, 7.
Arcliitectur 47.
Andea 59, 4.
Arellius Fuscns 252, S.
Argentarius 252, 6 R.
Argonautica de:s Varro
Atacinus 198, 1: des V>-
lerius Flaccus 299.
Argumenta tn den plan-
tintschen 8türkeii 88, 1
Aristides 330, 1. 342, 9.
Aristius Fuscns 226, 1.
armenischer EnsebinsIfA
8.
Armillatus 308, 5.
A rn obi us 373; tMiior 419, t
Arrianiis 21S« A. 9 B. Jl*
comed. 884, 4.
Alphabetisch es R<?gi8ter.
1035
Arrianus (Matiinis und Se-
vfriis) 319,8.
Arrins Antoniniis 306, 4.
Arrius Meiiander 349, 4.
Anuntins, L. 194, 7. 243,
7. vgl. 262, 4.
Arnintius Olsus 835, 3.
Amintins Stella 305. 1.
arg araatoria des Ovid 232,
5 vgl. 231, 3.
ars Donaii 385, 2.
ars poetica des Horaz 222,4.
artes liberales 154, 6, a.
Artorius Ppocuhis 247, 5.
aruales fraires 55 ii. 55, 1.
Arulenus RusUcus 311, 2.
Arusianus 401, 4.
ArziieimUtellehren 45.
Ärzte in Rom 45, 1.
Asciepiodotiis 370, 8.
Asconiiis 278 vgl. 211, 3
-, E. 214, 6. Sein Sohn
302. 3 K.
A8ellio,Sempronins 1.32, 6.
Asellius Sabinus 258, 1.
asianisc'he Beredtsamkeil
36.
Asinaria des PlantuH85, 2.
Asinins Cornelins 29, 2.
Asinins tiallns 260, 3.
Asinin» Polüo 208 mit A.
1—4.
Asinius PoHio aus Trailcs
208, A. 2 b.
Asinius Qüadratiis 358, 2.
Asklepiades aus KInzu-
menfi 205, 3.
Asklepiades aus Pin>& 45,
1; vgl. 205, 13.
Asmonius 881, 6.
Asper 450, 4.
Asper (Aemilius) 810, 3.
aspiratione (de) 442, 5.
Asprenas und Aspicnaics
251, 2. 252. 10.
asse (de) 321, 5.
Asterts 305, 1.
Asierins 443, 5.
astris, de von Caesar 182, 6.
Astrologie 42. •
Astronomie bei den Rö-
mern 42 und 42, 1.
astronomia des Hyginns
246, 6.
astronomica des Manilius
237. 2—7.
Astyanax 364, 5.
Atacinus (Varro) 198, 1.
Atel US Gapito 249, 4.
Ateius, G. 161, 5.
Ateins Philologus 197, 1.
Ateius Sanctns 347, 1.
Atellanae 9 t. 6, 4.
Aterianns 866, 6.
Atherianus 364, 4. 366, 6.
AtlUrinus 281, 5. .
AtiliuB Caiatinus 73, 3.
Atilius Fortnnattanus 357,
8 f.
Atilius, L., Jurist 114, 4.
Atilius, Palliatcndichter
96, 2.
Atralinus 196, 8.
Atta, 8. Qnintius.
Atialus 266, 5.
Atiicus, T.Pomponius 159
mit A. 1. Ciceros Briefe
an ihn 171, 2.
Attieus Mimograph 8, 1.
Atticus des Ovid 231, 2.
Aiiicns (Herodes) 334, 2.
atiiiiche ßeredtsamkctt 36.
v-l. S. 220. 224.
Atiins, L. 119.
Atiius (Labeo) 291, 3.
Attius Palera und Tiro
Delphldius 377, 8.
auctoritns prudeiitum 38.
Andax 384, 4. 420,7.450,6.
Anfldia 208, 6 E.
Anfldlus, Cn. 142, 1.
Aufldius Bassus 261, 2.
Aufldius Chins 310. 1.
Autldins Fronto 343, 2.
AuAdiu« Namosa 161, 6.
Aufldins Victorinus .343, 2.
Aufschriften auf Weih-
geschenken u. s. w. 73.
.Augenärzte 45, 1.
Anguralschriftstcller 186,
10 ff.
au$2:unis, de von Cicero
173. 20.
Angurinns (Sontius oder
Serius) 314, 6.
ani^ustae bist, scriptores
370.
Augusteische Zeit 206.
Augustinus 414.
Augustodunnm 369, 8.
Augnstus 207, 1 — 6 vgl.
S. 373. Verhältniss zu
lloraz 224, 3.
Auiauus422; novus 422,5.
Anienus 394.
Auitus 437, 2. 4. 444,9;
nnch s. Alflus.
Aulularia des Plautus 86, 3.
Aurelianns, s. Caelius.
Aurelius 427, 2.
Aurelins, M. 342.
Aurelius Apollinaris362, 3.
Aurelins Augustinus 414.
Aurelius Charisius 880, 2.
Aurelius Gotta 140, 4.
Aurelius Cotta Maximus
261, 6.
Aurelius Festivus 364, 10.
Aurelius Opilins 146, 4.
Aurelius Pbilippus 367,10.
Aurelius Scauinia 135, 7.
Aurelius Victor 389, 1.
Ausonius 395.
Ansptcius 444, 1.
Authenticum 89 E. 455. 9.
Autobiographen 32, 6.
Auxanius 436, 11-1
axamenta 54.
Babrios 23.
Bacc^hide8de8plantiis85,9.
Baebius, C. 150, 5.'
Baebius Macrianus 357, 10.
Baebius Massa 308, 4.
Balbinus s. C^eliuK.
Balbo, pro 166, 36.
ßalbns, s. Ampins, C«)r-
nelius.
Baibus mensor 321, 3 f.
Balista 215. 1, A. 1.
Bandusia 218, 5 a. K.
Barea Soranus 282, 8.
basis capitolina 330, 5.
Bassnius 314, 8.
Bassus 238, 4. 306,2. 378,
2. 379,2. Vgl. Aufidiiis,
lulius, (jHvius, Saleius.
Batrachus 403, 2.
Battarns 187, 2.
Bavius 228, 3.
Beda (Venerabilis) 460, 2.
Beinamen 3, 1.
Belisarius schol. 443, 5.
bellum civile des Lncnn
286, 9; bei Petronins 288,
3 f.
Beredtsamkeit bei den Rö-
mern 36—37. Vgl. S.
219 f. 369. 376.
Bertechramnus 456, J2.
Beschreibungen im Epos
20, 1.
Beschwörungsformeln 76,
1.
Betilienus 160, 3.
betoniea (de) 346. 7 b.
Betutius 140, 7.
Bibaculus 179, 5.
Bibliotheken in Rom, S.
218 u. 373.
1036
AlphabeÜBcheB Regisier.
Bibulus, 8. Galpurniiis.
Biographien 38, 5.
Bland US 37, 1 vgl. 250, 10.
Blossiiis 134y 1.
Bocchus 276, 4.
Boeotta 96, 3.
Boetiiis 447.
Bonifacius 460, 4.
Botanik 43 und 43, 1.
ßraulio 459, 2.
ßrevianumde8Kiitrop390,
1—6; des Sex.Huriis390,
7. Alarici 455, 2.
Brief, poetischer 22.
Briefe und Briefsammhiu-
^eu 33, 3. 204 mit A.
i— 3. Cicero'8l70f. Cae-
sar's 182. 8; von M.
Brutus 199. 1; von Au-
gustus 207, 3; von Asi-
nius Pollio 208, 3; von
Vergil21ö, 5, A. 7; Ho-
r«z 222. 223, 2; Plinins
317, 5 flf.; des Angnstinns
414,11; Sidonius437,6f.;
Leo430,2; Enüodius448,
5.
Briefform 33, 3.
Bruttidiiis Niger 260, 6.
Brutus von Cicero 169, 3.
praetexta von Cas.>ins
199, 4.
Brutus , Bricfweciisel mit
Cicero 171, 4.
Bucco, 9, 3.
hucolica 26, 1; des Ver-
gil 212.
Büchleins 141, 4.
Bühne in Born 6. 3.
Burdigalense itincrariuui
387, 3.
Burgundionum lex 455, 3.
Caecilius 200, 3.
Caecilius Afric»nu8 338, 3.
Caecilius Apuleins 346, 10.
Caecilius Epirota 247, 1.
Caecilius Metellus (Q.) 112,
2. Celer 201, 2. Mace-
^ donicus 127, 7. Nepo»
^ 204, 3. Numidicus 135, 3
vgl. 137, 1.
Caecilius Natalis 350, 2.
Caecilius Niger 166, 5, 1.
Caecilius Seen nd US 308, 17.
Caecilius Statius 95.
Caecina, A. 186, 13.
Caecina, pro 166, 13,
Caelestinus 364, 2.
Caelestius 417, 2.
Caelio, pro 166, 34.
Caelius Antipater 132, 4.
Caeliuß Aurelianus 330, 4.
Caelius Balbinus 360, 7.
Caelius Rufus 196, 5.
Caelius Sabinus 281, 2
vgl. 298. 1.
Caepio 267, 1.
Caerellius 357, 3.
Caesar, C. lulius 181 —
183. Sein Codiflcations-
plan 189, 1.
Caesar, L. 186, 12.
Caesarius 439, 2.
Caesellius Viiidex 320, 4.
Caesennitis 247, 10.
Caesius 198, 5.
Caesins Bassus 287, 1 — 3.
Caesius Primus und Tau-
rinus* .375, 4.
Caesonius Maximus 271, 1.
273, 1.
Calenus 305, 6.
Calidius, M. 190, 1.
Caligula 270. 1.
Calliopius 86. 98, 2.
Callistratus (Jurist) 349, 2.
Calpurnius Bibulus 239,'5.
Calpurnins Flaccns 328, 8.
Calpurnius Piso (C.) 144,
3; unter Calignia 284, 1;
unter Trajan 314, 5.
Calpurnius Piso Frugi (L.)
128, 4.
Calpurnius Siculus 289.
Calpurnius Statura 287, 1.
Calvisins Tanrus 336, 6.
Caivus s. Licinius.
Calvus 343, 10 g. »E.
Camerinus 236, 8.
Camillus 161, 8.
Campanus 319, 9.
Caniiiius Rufus 314. 3.
Canius Rufus 306, 2.
eanticum im Mimus 8, 7;
in der Tragödie 13, 4;
in der paliiata 16, 3 f.
Capeila 238, 3. Martianns
423.
Caper (Fiavius) 320, 1.
Capito 252, 10; s. Ateius,
Sinnius, Titinius.
Capitolinus s. Cornelius
und Tulius.
Capreolus 427, 2.
Captivi des Plautus 85, 4.
Caraealla 353, 1.
Carbo s. Papirius.
ctirmen 51, 2. Carmen de
ftguris 237, 8; de pon
deribus 449,8: de lil»i-ae
partibus 449, 10.
Carmentis 56, 1.
carmtna triumphalia 74.
Cartilin:» 265, 4.
Carvilitis (Sp.) 117 iifid
S. 107.
Carvilius Picior 211, 2.
Carus bei Ovid 236. 7.
bei Martial 306, 2. Airli
8. Mettios.
Cascellius (A.) 189, 4.
Casina des Plautus 85. 6.
Cassiaui 265, 3 u. b.
Cassianus 428, 1—3.
Casstodorus 451.
Cassius Die 358, 1.
Cassins Hemina 128, 1.
Cassius Lougiuns 199. .1
Cassius Longin US 265, 3
vgl. 281. 4.
Cassius Parnieusis 199, 4.
Cassius Salamis 251, 9.
Cassius Severus 251, 11.
Castalius 453, 2 u. 5.
Castricius 247. 10. T.
328, 2.
catachannae 323. 3.
Catalecta 215, 5 uiii A.
1—4.
Catholicades Probus 283. «>.
Cfttilina des Sallust 193.2.
Catilinarisclic Reden Ci-
cero's 166, 20—23.
Catilius Severus 353, 5.
Catius FrOMto 818, 4.
Catius Insut>er 160, 3.
Cato 8. Valeriuj*. Cmi«
ethicus 110, 6 K.
Cato der ältere 107—111.
dessen Sohn 114, 6.
Cato maior des Cicero
173, 11.
Cato minor des Cicero
167, 6.
Cato Uticensis 188. Schrif
ten über ilin 202,2. 207,3.
Catullus 201 vgl. 215, 2,
N. 1. 5, A. 2.
Catullus Mimograph 269,1.
Catulus s. Lutatiu».
Catnlns Cinna 336. 2.
causidici 37, 3 u. 6. 39,1^
Ceiouins lulianiis 378» %
Celsus s. ArrnnUus, Cor-
nelias, luveoiias.
Celsus bei Balbns 381* S§^
E. Rufus 378, %.
Celsus Albinovanus 22^V^
Celsus, Epikore«- 8SS| Sl^
Alphabetischefi Regiüter.
1037
Censorinus 857, 2 — 7.
Gentimeter des Ps. Serviiis
404, 4.
ceatoncs 29, 3 vgl. 216, 2.
347, 6. nuptialis des Au-
soiiius S. 873. Andere
443, 4. 446, 3.
ceiitunculns 8, 6.
Cerealis 439, 3.
Cerinthos 229, 3.
certamen albanum, capito-
liniim 301, 4.
Ceiuidius Scaevola 346,
1—3.
Cestius Pins 252, 6.
Chaeremon 311, 5.
Chaicidins 441, 4 u. 5.
Cliaribert 446, 10.
Charisius, Jurist 380, 2.
(irammatiker 393, 1—5.
Chilperich 446, 10.
ChiriuB Fortunatianus
401, 5.
Chor in der röm. Tragödie
13, 5. in der röm. Ko-
mödie (palliata) 16, 3
und 4.
Chorographia des Cicero
175, 7.
Chorographia pÜniana
295. 7.
Christenthum S. 711. vgl.
350, 4. 362, 6. — S. 828.
Chi'omutius 409, 11
chronica des Cornelius Ne-
pos 185, 3.
Chronik des Hieronymus
408, 7; des Dexier 409.
9; Prosper431, 2f.; Cas-
siodor 451, 3; Marcelli-
nus u. A. 452.
Chroniken (Stadtchron.,
Haus- u. Familienchron.)
70.
Chronograph von 354 n.
Chr. 388.
Cicero S. 219 f. 225. §.
162 — 176. Herausgeber
des Lucretius? 191, 2.
U. Cicero 177.
cicerouische Zeil S. 216 ff.
Cicuta des Marsus 227, 2.
Cincius, L. Alimenius 106.
Cincins, Jurist 106, 4.
Historiker 239, 10.
Ciona, 161, 5.
Cinna, Helvius 200, 2.
Ciris 215, 2, mit A, 1—4.
Cistellarift des Plautus
85, 7.
Citiergesetz 424, 3.
civile bellum Caesars 183, 7.
civitate (de) dei von Au-
gustin 414, 10.
Claranus 223, 3 (S. 430).
310. 5.
Claudia des Statius 303, 2.
Ciaudiauus413; Mamertus
438, 3—6; Fulgentius
441, 9.
Claudius historicus 116, 1;
Kaiser 270, 2—4.
Claudius Agaturrinus 282,
11.
Claudius (Ap.) 131, 2. —
186, 10.
Claudius (Ap.) Caecus 80.
Claudius Etruscus 303, 2.
Claudius Eustlienius 370, 9.
Claudius Mamertinus 391,
7 f.
Claudius Marcellus 186,
10.
Claudius Maximus 336, 4.
Claudius Pollio 318, 11.
Claudius Quadrigarius
142, 2.
Claudius Saturninus 338,6.
Claudius Tryphoninus
349, 3.
Claudius Yeuacus 353, 5.
Cledonius 442, 1.
Cloatius Verus 320, 5.
Clodia 201, 2.
Clodius Albinus 353, 3.
Clodius Licinus 132, 5.
243, 6.
Clodius Quirinalis 280, 10.
Clodius Sabinus 252, 10.
Clodius,Ser. 137,1. 146,9.
Clodius, Sex. 197, 4.
Clodius Turrinus 252, 3.
vgl. 10.
Clodius Tuscus 247, 6.
Clnentio, pro 166, 15.
Cluvius Rufus 296, 2.
Cocceius Nerva 265, 2.
Ülius 281, 3.
codex Gregorianus und
Hermog. 371. Theodo-
sianus 432. lustininneus
455, 4 f.
Codrus 228, 2.
colLatio legum mos. 412. '
collegium* poelarum 82, 6.
119, 3.
coloniarum libri 321, 4.
Columella 277. M. Coiu-
mella 277, 1.
columna rostrata 73, a.
eomici 15, 1.
Cominianus 381, 1—3.
Cominius 258, 2.
commentarii von Cicero
36, 7. 167, 4. von Cae-
sar 183. von Gajus 339, 4.
commentarii augurum 67,2.
commentarii censorum
68, 3.
commentarii consuium u.
8. w. 68, 1.
commentarii magistratuuni
68.
commentarii pontificnm 63
und 68, 1 f.
commentarii XVvirum 67,
4.
commentarii regum 62.
conimentator Cruqnianus
223, 3.
Commentatoren der zwölf
Tafeln 76, 6. des Naevins
83, 8. des Plautns 88.
4—6. des Terenz 98, 3.
Comminianus 381, 1 — 8.
Commodianus 361.
Commodus 347, 1.
commonitorium des Vin-
centius 429; des Orien-
tius 434, 8 f.
comoedia 12, 1. 15, 1.
16, 2. 17, 2.
computus paschalis 451, 2.
confessiones des Augustiu
414, 9.
Consentius 436, 5. 442, 3.
Consolatio des Cicero 173,
4. des Boetius 447, 3 f.
Consolatio ad Liviam 235,
4 g. E.
Constantinus 376, 2. 377,
If. Reden auf ihn 369,8.
377, 4-7.
Constantius, Reden auf ihn
369, 8.
Constantius (Sohn von
Constantin) 376, 2. 377,
1 E.
Constantius des Sidonius
436, 10. 437. 6.
Constitutiones 39, 2. Sir-
mondi 432, 8.
consulere 38, 4.
Consulnverzeichnisse 388,
2 ni. 440, 5. 451, 3.
consultatio 433.
Contamination 16, 8. 83,
7. 100, 3.
controversiae des Seneca
253, 4 ff.
Copa 215, 4 mit A. 1.
Corbulo 275, 3.
Cordus s. luoius.
1038
Alphftbetischefi Kegieter.
Corippus 457, 1 — 3.
Cornelia (Briefe) 112, 6.
Cornelia iiac des Cicero
167, 1.
Cornelius, L. 150, 6.
Cornelius Alexander 246,
1. Alpinus 179, 5 g. K.
Cornelius Baibus 184, 2;
minor 196, 4.
Cornelius Bocclius 275, 4.
Cornelius Capitoliuus
364, 6.
Cornelius Celsus 264.
Cornelius Cetliegus 112,3.
Cornelius. Cossiis 73, 1.
Cornelius Epicadiis 144, 1.
146, 8.
Cornelius Gallus 196, 2. 4.
217.
Cornelius Labeo 247, 7.
Cornelius Maxim iis 141,
4 E.
Cornelius Nepos 185.
Cornelius Scipio s. Scipio.
Cornelius Sevenis 236, 5.
Cornelius Sisenna 143, 1 T.
Cornelius Sulla 144, A. 1.
Cornelius Tacttus 315 t*.
Cornificia 196. 2.
Cornificil 149. 4.
Corniücius 149, 4.
Corniilcius Dichter 196, 2.
Corniticius Grammatiker
196. 2 g. E.
Coruinus (Messala) 208,
6—8.
Coruueanius, Ti. 79, 1. 2.
Cornutus 240, 4. — 282,2.
Cornutus Commentator des
Persius 285, 6; des Ju-
venal 313, 7.
Coronaius 445, 6.
Cosconius, C. 135, 1.
Cosconius, Q. 97, 6. 146. 7.
Cotta, s. Aurelius und Va-
lerius.
Crassicius (L.) 247, 2.
vgl. 238, 8.
Crates 133, 3.
Cremutius Cordus 261, 1.
crepidata 14, 2.
Crescens 336, 9.
CresconiuB 409, 6.
Crispinus (Plotius) 250, 3.
— 308, 11.
Crispus s. Passienus und
Sallustius.
Crispus, Sohn des K. Con>
stantin 374, 1.
Culex 215, 1 mit A. 1—5.
Curculio des Plautns 85,5.
Curiatins Materniis 300, 1.
Curionum farailia 131, 12.
vgl. Scribonius.
Curiosum urbis Romae
387, 7.
Curius Foriunaiiauus 358,
6.
Curiius Montanus 287, 5.
Curiius Nicias 187, 4.
Curtius Riifus 276.
Curtius Valerianus 442, 9.
Cynegetica des Gratius
237, 1; des Nemesianas
363, 1 f.
Cynihiu des Propertius
230, 1 g. E.
Cyiuhius Cenet. 216, 5 E.
Cypria lUas des Laevius
138, 5.
Cyprianus 359, 1 — 5.
Cytheris 199,1. vgl. 217, 1.
Dagellius Fuscus 364, 7.
Damasus 396, 1—3.
Damatlus 357, 11.
Daphnis s. Lutaüus.
Dardanus 449, 5.
Dares Phrygius 397, 6—9.
Decianus 311, 4.
Decius, P. 131, 5.
Decius Traianus 353, 9.
Declamauon 37 u. S. 369.
Declamationes des Quiu-
tUian 307, 11.
Deiotaro (pro) 166, 43;
von M. Brutus 199, 1.
Delia des Tibull 229, 2 f.
Dellius 239, 6.
Delphidius 377, 8. 391, 3.
Demetrianus 374, 3.
Demetrius (Philosoph)
282, 7.
deorum (de nalurn) des
Cicero, 173, 10.
deuotiones 205, 12.
Deuterius 423, 7. 446, 5.
Dexippus 364, 16.
Dexter 409, 9.
dialogt des Sencca 273, 4.
dialogus des Tacitus 316,
1.
Diana des Valerlus Cato
187, 1.
Dictinius 431, 8.
Dictys 397. 1—5.
Dicuil 443. 8.
Didasi'alica des L. Attius
119, 7.
Didaskalten zu Tereaz 98,
4.
Didius (Epidius.») 193. 6.
Didius luliaiuis 347. 3.
Dido an Aeneas 375^ 7.
dies fasti et nefasti 64, 1.
77. 3. 78, 2.
DifTereutiae sermouuni 324,
3 g. E. vgl. 459, 3.
Digesta 455. 6 f. des Al-
Cenus Vaius 195. 2.
Dikaiarchos 173, 8. 1.
Diocleiiaous 362. an Um
gerichtete Geächiditfi-
werke 370, 4. sein ¥Akt
370, 12.
Diomedes Grammatiker
393. 2 u. 6—10.
Dionysius aus Milel 328, 7.
Dionysius (Cassius) 44, 1.
Dionysius Cato 110, 6 E.
Dionys. perieg. 449. 7.
Diophanes 44. 1. 130, 3.
134, 1.
Dirae 187, 2.
discipJinaruni libri des
Varro 154, 6, a. ; dn
Augustiu 414, 7.
diverbium 13,4. 16,3.
Divinatio in Caecilium
166, 6.
divinatione, cU von Cicero
173, 12.
divin itas 376, 4.
diurua 203, 2.
Dodwelliana fragmenu
203, 4.
Domitianus 301.
Domitius S2% 4. — 431,
15.
Domitius Afer 260, 5.
Domitius Corbulo 275, 3.
Domitius M«rsfis 227.
Domitius Ulpiaous 354.
Domnulus 438, 1 f.
Donatus Aelius 385; Qaa-
dius D. 404, 5 — 8.; ros-
fessor 374, 6 f.
Doroiheiis 456, 5. 6. 8.
Dositheanum fcagmeataB
346, 4.
Dositheu» 352, 2l
Dossennus 9, 3»
Draeofitius 444» 5—^
Drama. 3 ff. t^. H.mf>
Drei zahl der Scfatupir
13. 4 (Tragoedie). AI
(Komoedie).
Drepauius Pacatw 4(^\
8 — 11.
Duellius (ihOlii») Vk^'
Alphabetisches Register.
1039
EariQus 303. Ä vgl. 3(H, 2.
echoicus 456, 8.
Edictum ( piäioi Uehes )
327, 2.
Kdictum TUeot^iiii 455, 1.
Egnatius 179. 2.
Es^iiatius Ctfler 282, 8.
HiSvXUoc 25.
Einsiedlensis anonymus
387. 8.
Eklektiker 40.
Elegie, römische 29.
Elegiker. römische 29. 1 f.
vgl. S. 374.
elogia71, 2. 73. 6. 118.2.
Elpidiiis 391. 4. 458. 13.
Riisiicius Eip. 438. 1 f.
emboUaria und embolium
7.4.
Empiriker 45.
Encolpius 288, 3. 358, 10.
Endconsoiianien uiihörbar
443, 3. 444. 2. 445. 4.
Eiidelechius 420, 1—3.
Eiinin» S. 100. 106 f. §.
89 — 93.
Ell Ullis (iranimatiker 247.
4.
Ennodius 448.
epaiialeptisdie Verse 443,
3.
ephemerides 3.3. 5; des
Varro 154, 6, c.
Ephemeris des Ataciiuis
198. 1.
Epieadiis 144 mit A, 1.
146, 8. vgl. 197, 3.
epicedium Drusi 235, 4.
Epicharmus * des Euiiliis
92, 6.
Epicteius 2^2. 4.
Epidicus des Plaiitiis 85,
8.
Epidiiis 197, 3 vgl. 193, 6.
210. 3.
Epigramm 26.
Epigraremata Vergils 215,
1, A. 1 uod 5, A« 4; des
Martial 304, 4 f.
Epigraphik 33, 4.
Epikureismus 40 f. 41, 1
und 3.
Epilog 16, 7.
Int^B^üyLog S. 1000 e.
Epiphaniiis 448, 3 u. 7.
schol. 451, 10.
epistola Valerii 446, 7.
Eptstolae des Ausoniiis
S. 873 f.
Eplstolae ad Caesarem se-
nem 193, 5.
Eplstolae des OvUl 2.'^2, 3.
Epistolae ex Ponto von
Üvid 234. 2.
Epistolae des M. Varro
154, 6, d.
Epistolographie 33. 3.
Epiihalamieii 29. 3.
Epitome Iliaai« 291.
Epitome des Victor 389,3.
IiiUaiü 455, 9.
Epod-en des Horaz 220.
intpSoPj ivfudos 220, 1.
Epos, römisches 19 f. v^l.
S. 374.
Eprius Marcel Ins 280, 3.
Eraiosthenes 213. 2.
Erdkarte 424, 8.
Erigoue 177, 2.
erotische Anthologie 26.1.
erotische Dichter 26, 1.
Erotopaegnia des Laevius
138, 5.
Erucius 158. 10.
Eruciiis Clariis 318, 4. —
335. 4.
E»t et iion 215. 5, A. 6.
Euagrius 409, 8.
Euanihins 381. 7.
Eucherius 428, 6.
EuemerusdesEnnius92.7.
Eugenius 401. 3. — 439, 4.
Tolet. 444, 5.
Eugippius 458. 10.
Eugraphius 98, 3.
Eumenius 369, 7—9.
Eumolpus 288, 3.
Eunapius 424, 5.
EunuchusdesTereiiz 99,2.
Euodius 427, X
Euphorien 217. 1.
Eusebius 377, 3. 400, 6.
436, 15.
Eustachi US 418, 4 f.
Eustathius 403. 6.
Eutropius390.1— 6. —436,
15; Bischof 458, 16.
Eutyches 450 1 f.
Excerpta Charisii 393, 5.
Excerpta Comiiiiaiii 381.
2.
Excerpta Diomedis 393, 9.
Excerpta Valesinna 402,
11.
exemplii des Cornelius
Nepos 185, 3.
exodiarius 6, 4.
exodium 6, 4. 7, 4.
Exuperantiiis 419. 4-6,
Exuperius 377, 12.
Fabel 23.
Fabia des Ovid 231, 2.
Fabianus 343, 4; Maximus
251,7; Papirius 250, 10.
Fabii (Chronik) 70 E.
Fabillus 367. 10.
Fabius, M.^246, 6.
Fabius AemiÜanus 127. 2.
Fabius Ceryllianus 364. 13.
Fabius Labeo 103, 4. 114,
5.
Fabius Marcelliaus 358. 5.
10.
Fabius Maximus CiinctaJor
112,1; Paulus F. M. 251.
7;F.M.Servilianiisl28.3.
Fabius Mela 249, 5.
Fabius Pictor, Q. 105 ; Ser.
129, 3.
Fabius Planciades 441, 2.
Fabius QuinCilianus 307.
Fabius Riisticus 296, 6.
Fabius Sabiotis 353, 5.
Fabius Vestalis 251. 11 E.
Fabius Victorin us 384. .'♦.
Fabricius Tuscus 247, 6 E.
Fabricius Veiento 280, 7.
fabula palliata, praetexu^
togata u. 8. w. 14 fi".
fabulaedesHyginus 246.5.
fnbulae Varronianae 84, 4
-6.
facetiRrumliber316,6,A.2.
Fadius Gallus 202, 2.
Faltonia 410, 15.
familiäres, ad (von Cict^iu)
171, 1.
Fannius, C. 33, 1 f.
Fauniiis, C. 132, 3. — 318,
8.
Fannius Strabo 131, 9.
fasti 64. fasti dies 64, 1.
77, 3. 78, 2. fasti als
Bucher 64,4. fasti roii-
sulares und triuuiphaies
65 und 65. 1—5. fu^ti
cupitoUni 66, 2—4. fa»tl
sacerdotum 65, 6. fasti
des Ovid 233, 4 f.
fato. de von Cicero 173, 13.
Fauniis 56, 1.
Fauorinus 328, 4. 3.34, 1.
Faustinus 409^ 5.
Fausuis 438, 7 ff. 445, 3.
446, 6.
Feldmesskunst 48.
Felix (Märtyrer) 411, 4.
vgl. 438, 7 f. 439, 2 ii. 5.
445, 1. 446, 3.
1()40
Alphabetiscbes Eegister.
Fenestella 243, 1—4. ge-
fälschter 33, 8. 243, 5.
feriale Cuniantim 64, 8,
Nr. 8.
Ferrandiis 441, 4.
Ferreolus 436, 11.
Fescenninen 5.
fescenninuH 5, 6.
Festivus s. Aurelius.
Festus 245, 4 f. vgl. 362,
6. Rufus 390, 7 f. Avie-
nus 394.
Fidius Optatns 335, 5.
Figulus, s. Marcius.
figuris, de (cannen) 237, 8.
Fimbrla, C. 135, 6.
finibus, de von Cicero -173,
6.
Firmianus s. Lactantius.
Firmicus Materiiiis der
Heide 382, 1—5; der
Christ 382, 6—10.
Firnms 247, 10.
lisci (de Iure) 354, 9.
Flacco, pro 166, 27.
Fiaccus 8. Horaiius, Sicii-
luB, Valerius.
Fiaccus aus Pataviuni 299,
1.
Flavianus 394, 5. — 402,
1—4.
Flavische Dynasiie 292.
Flavius, Cn. 78, 1—3.
Flavius Archippus 311, 7.
Flavius Caper 320, 1.
Flavius Felix 445, 1.
Flavius Fimbria 135, 6.
Fla vi US grammaticus 374, 1 .
Flavius Mallius Theodorus
416, 3.
Flavius Theodorus 449, 3.
450, 3.
Flavius Ursus 308, 10.
Flavius Vopisciis 378, 2.
Fiavus,s.Altlus,Verginius.
Florentina 458, 8. 459, 3.
Florentinus 356, 4. 291, 2.
446, 2.
floreotinus index 456, 7.
Floriauus 456, 2.
Florida des Apulejus 345,
2.
Florus 262, 2 E. Vgl. An-
nius und lulius.
Fontanus 236, 14.
Fonteio, pro 166, 12.
Fonteius, M. 378, 2.
Fortuna tian US, s. Atilius,
Chirius, Cuhus.
Fortunatus, s. Venantius.
Fragmenia Ulpiani 354, 3.
Fragmenta vaticana 380,
4—10.
Fragmente Cieero*s 176, 6;
frngmentum Dosith. (de
munumiss.) 346, 4. de
iure fisci 364, 9. am
Censorinus 367, 6.
fratres arvales 55 und 55, 1 .
Frigeridus 431, 9.
Frontin US 309.
Fronto, Redner 333; Zeit
des Fr. 130, 4. 194, 7.
Schüler des Fr. 343.
Fronto, Stoiker 311, 3.
333, 12. Vgl. Caiius,
Victorin US.
Fufidius 281, 6.
Futius, L. 140, 4.
Fulcinius 319, 10.
Fulgentius 441. 459, 3.
Fullonius Saturninus 383,3.
Fulvius Asprianus 364, 14.
Fulvius Fiaccus 131. 3.
Fulvius Nobilior, 64, 2
(fasti). Vater und Sohn
89, 4 f. 115, 1 und 2.
Fulvius, Ser. 129. 3. 131,
12.
Fulvius Sparsus 252, 2 E.
u. 252, 10.
Fulvius Valens 327, 5.
Fundania 156, 1.
Fundanius 226, 2.
Furii, Grabschriften 73 c.
Furius, A. poeta 123, 4.
vgl. 136, 4.
Furius Alpinus 179, 6 g. K.
Furius Antlüanus 356, 6.
Furius Bibaculus 179, 5.
Furius Camillus 161, 8.
Furius Philocalus 64, 9.
vgl. 388, 2 (I). 396, 2.
Furius Philus 127, 6.
Furius Placidus 378, 2.
Furnii 196, 7.
Fuscus, 8. Arellius, Dagel-
lius.
Fu8iu8 Philocalus 335, 8.
G
Gabinianus 297, 2.
Gaetulicus 275, 1.
Gaianus 366, 3.
Gaius 339.
Galba, s. Sulpicius.
Gaieuus 342, 10.
Galerius Trachalus 280, 6.
Gallicanus (Vulcatius) 370,
6.
galiicum bellum Caesars
183, 5 f. Buch VIII 184. 3.
Gallienus 362, 2.
Gallio (L. lunius) 252, 7.
gal ItscheBered tsamkei 1 369
(A. 10).
Gallus, 8. Aelins, Asinill^
und Cornelius.
GaUus, T. 442, 11.
GargiliusMartiaÜs 358. 14.
Gaudentius 442, 11.
Gaviuä Bassus 266, 4.
GaviusSabinus u. Silo 251
10.
Gelasius 439, 5.
Gellius, A. 194, 7 g. E. -
340.
Gellius. Cn. 132, 1.
Gellius, P. 161, 6.
genealogiae des HygiriiH
246, 5.
(jenesis 434, 5.
Gennadius 391, 1. — 439,
12.
Geographie 60. vgl. 154,
6, b. 185, 3 E.
Geometrie bei den Rumern
42, 2.
Georgica des Vergil 213.
Germania des Tacitus 316,
3.
Germanicus 269, 4—8.
Geschichte bei den Römern
31—33. Vgl. S. 220 f.
369 f.
Getarura de orig. 451. 4.
453, 2 f.
Gigantomachia des CUo-
dian 413, 5.
Gildas Sapiens 464, 1 f.
Gildouicum bellum 413,3.
glandes 206, 9.
Glitius Felix 216, 2.
gloria, de von Cicero 173,
16.
Glossae Pithoeanae 285, €.
des Petronius 288, 2. zun
Corp. iur. 455, 10. 12.
Glossatoren 455. 10.
Glycera des Tibull 229 , 2.
Goldenes Zeitalter der rom.
Literatur S. 216.
Gordianus 353. 6 n. 7.
Gorgias 254, 1.
Grabschriften des Plaut»
u. 8. w. 104, 2. vg^.Wb
13.
Gracchanns, lunius ISS, 2.
Gi-acchen 180 u. s. Se»^
pronlus. e^
Gracchus, Tra{:ftrr i9ß, 7.
Älphabetiscbe« Register.
1041
Graeciniis des Ovid 231, 2.
vgl. 267, 6.
Grammntik und Gramma-
tiker 34. vgl. 146.
grammatische Schriften des
M. Varro 154, 6, e.
Granianns (lulins) 367, 10.
Granius Flaccus 337, 4.
Graniiis Licinianus 337,
4—6.
Gratia 333, 2.
Gratianus 398, 1.
Gratiiis Faliscns 237, 1.
Gregorianns (codex) 371,
1 u. 2.
Grcgorins (Redner) 400, 3.
von Tours 454, 3—8.
vgl. 456, 4. 6. 7. Papst
G. I 458, 1—7.
griechischer Einflnss in
Rom und Italien, S. 99 ff.
217 ff.
Grillius 419. 9.
groma 48, 2.
gromatici 48 und 48, 2.
Vgl. 154, 6, h. 309, 2 f.
(Frontinns). 321.
Gundobada 455. 3.
Hadrianus 323.
Hah'.yrf'ne des Cicero 176,2,
Halicutica des Ovid 234, 4;
eines Anonymus 363, 4.
liannibalischer Krieg S.IOO.
Haterius, Q. 251, 5.
Hatilins 96, 2.
Hautontimornmenos des
Terenz 99, 3.
Hebdomades d«?s Varro
154, 5.
Hecyra des Terenz 99, 5.
Hegesippus 397, 10—12.
Heilkunde 45.
Helenius Acro 223, 3. 352,
1.
Heliodorus Stoiker 311, 5.
Metriker 329, 8. vgl. 417,
6.
H<*liogabalus .353, 4.
Hclius Manrus 358, 9.
Helpidins 391, 4.
Helvia 253, 1 u. 2. 271, 1.
Helvidius 417, 6.
Helvidius Priscus 282, 12.
HelvinsCinna 200 mit A.2.
liemerologia 64, 5 und 8.
HcHdeka^yllahen 27, 1—3.
28, 2.
Herculis landes 363. 5.
Herennins 211, 3. Rheto-
rik ad Heren ni um 149.
Herennius Modestinus 356,
7.
Herennins Senecio 308, 7.
Hermagoras .36, 8.
Hermogenianus 371, 4;
codex 371, 3.
Herodes Atticus 334, 2.
Herodianus Grammatiker
342, 8. Geschieh ischrei-
ber 358, 4.
Heroides des Ovid 232, 3.
Heronius 436, 13.
Hesperius 395, 2. 3. (g.m)
Hexaemeron 444, 5.
Hieria 211, 2.
Hierius 400, 7.
Hieronymus 408.
hierosolymitanum itinera-
rium 3i87,. 3.
Hilario 416, 1.
Hilarius von Poitiers 392,
1—3; aus Arles 428, 7.
hilaro-tragoedia 18, 2.
Himerius 391, 10.
Hippolytus aus Portus358,
3 E; vgl. 388, 3 (IX).
Hirtia rogatio 205, 7.
Hirtius, A. 184, 1 u. 2.
hispaniense bellum 184, 3.
historia 32, 1; miscella
390, 4.
Historiae des Sallust 193,
4;des A8iniusPoirio208,
2 b; des Tacitus 316, 4.
Historiker, römische 31.
32, 3.
liistricum bellum 138, 6.
Hochzeitslieder 5, 4 f.
Hoenus 436, 4.
Homerus latinus 291, 2.
Honoratus 439, 6 u. 7.
Honorius 456, 13.
Horaz218— 224u.S.372f.
374. 376. Reminiscenzen
aus Lucrctius 191, 2 g. E.
Horiensia 196, 12.
Hortensius 158 mit A. 1
u. 2. Schrift des Cicero
173, 5.
Horus 403, 5.
Hosidius Geta 347, 6.
Hostilius , Mimograph 8,
1.
Hostius 188, 6.
Hyginus 246; grammaticus
321, 1 f.
hymni 456, 9. 458, 5.
Hypsicrates 320, 5.
Teuf fei, röm. Literatnrgesohichte.
I langes, S.223mit Anm.3.
lacchus 146, 1.
iarabi des Horaz 220, 1.
lambographen, römische
27, 1 f.
lambus, 27.
lanthis 305, 1.
lanuarius Nepotianus 263,
8.
lavolenus Priscus 319, 3.
Ibis des Ovid 234, 3.
Iccius 250, 2.
Idacius 440, 3 f.
Idyll 25.
Idyllia des Ausonins 395,
3 k ; des Claudtanus 413,7.
Iguvinae tabulae 57 und
57, 1 f.
Ilias, lateinische 291.
illustres viri des Cornelius
Nepos 185,4; des Pseudo-
Victor 389, 2.
imagines des Varro 154
5; des Atticus 159, 1, d
imperio Pompei (pro) 166
14.
index flolrentinus 455, 7.
indigitamenta 63, 2.
Indignatio des Valerius
Cato 187, 1.
Innocentius 417, 6.
Inschriften 33, 4; auf
Weihgeschenken n. s. w.
73; vgl. 104. 118. 126.
150. 205.
Instituta des Probus 283,
6; des Gajus 339, 2. 4.
Institutio oratoria des
QulntiÜan 307, 7 ff.
Institutiones des Gajns
339, 4; des Ulpianus 354,
4; des Lactantius 374,
4 f.; des lustinianus
456, 8.
Instrnctiones des Commo-
dianuB 361, 2.
Invectiva in Ciceronem
193, 6.
inventione, de von Cicero
169, 1
lo von Calvus 200, 6.
loannes 436, 12.
loannes Bicl. 452, 6.
loci Ciceronis 178, 2; vgl.
110, 5 f.
Joculatoren 8, 8.
lohannis des Conppus 457,
1.
lona (de) 351. 6.
66
1042
Alphabetisches Register.
lordanes Bischof 453, 1.
456, 13.
lordania 453.
Josephus 293 E. 296, 5.
301, 6. Uebersetzung 397,
10—12.
lovinus 8. Romanius.
ira (de) des Seneca 273,
4; de ira dei von Lac-
taotius 374, 6.
Isaeus 318, 6.
Isidorns Hisp. 459, 3—8.
itala 397, 15.
'italiTirj 18, 1.
iter des Caesar 182, 3. vgl.
196, 4.
Itineraria 50. 387.
luba (Metriker) 366, 1 f.
lugurtlia des Sallust 193, 3.
lalia die jüngere 281 , 3.
Livilla, 271, 1.
lulianus, s. Aniciiis, An-
tODios, Didiiis, Saivius.
lulianus Bischof 417, 4.
Grammatiker 885, 2. Ju-
rist 455, 9. Tolet. 442, 2.
lulianus Kaiser 376, 2 u.
4. 391, 7 f.; vgl. 883, 1.
lullus, C. Senator 116, 1.
lolius Africanus 280, 4;
vgl. 318, 4. Chronist,
358, 3.
Inlius Aquila 356, 5.
Inlius Aquilinns 343, 9.
lulias Atherianus 364, 4.
luUus Atticus 267, 5.
lulius Bassus 238, 4.
lulins Caesar (Dictator)
181— 188;Strabo 140,8.
lulius Calidus 198, 6.
lulius Oapitolinus 378, 5.
luUus Celsinus 335, 1.
lulius Celsus 319, 1.
lulius Cerealis 306, 3.
lulius Exuperautius 419,
4—6.
lulius Florus 24, 4 (Sa-
tiriker). 280, 5 (Redner).
325 (Geschichtschreiber),
lulius Frontinus 300; vgl.
357, 10.
lulius Gabinianus 297, 2.
lulius Genitor 818, 6.
lulius Graecinns 267, 6.
lulius Granianus 357, 10.
lulius Hilario 416, 1.
lulius Hyginus 246.
lulius Kanus 282, 6. *
lulius Marathus 248, 9.
lulius Modestiis 206, 1.
lulius Montanus 236, 13.
lulius Obsequens 890, 9.
lulius Paris 263, 7 u. 9.
lulius Paulus (Jurist) 355;
poeta 341, 2.
lulius Romanus 357, 1.
lulius Rufus 306, 5.
Inlius Secundus 297, 4.
lulius Sevenis 416, 8.
lulius Soünus 867.
lulius Tiro 808, 2.
lulius Titianus 848, 10.
lulius Valerius 370, 11.
lunilius Flagrius 442, 11.
lunius, M. Brutus, Jurist
129,2. M.Brutus, Caesar-
mörder 199, 1 D. Bru-
tus, Csesarmörder 199, 2.
lunius Cordus 858, 6.
lunius Gallio 252, 7.
lunius Gracchanus 183, 2.
lunius Mauricianus 888, 5.
lunius Maximus 811, 1.
lunius Messala 878, 2.
lunius Otho 252, 8.
lunius Philargyrius 442,1 1.
lunius Rustictts 311, 2.
336, 3.
Jurisprudenz 38 f.; vgl.
S. 870 f.
ius aelianum 78, 8.
ins flavianum 78, 3.
ius papiriannm 61.
lustinianus (Kaiser) 446,
2; vgl. 455. Bischof 458,
12.
lustinus 242, 4 ff. Christ
336, 9. Kaiser 457, 2.
Faustinus 841, 1.
lustus 458, 3.
luvenalis 818.
luvencns 379, 4—7.
luventius 103, 1. 141, 3.
luventius Celsus der Va-
ter 298, 3; der Sohn
319, 2.
luventius Martialis 326, 2.
Klosteranoalen 33 E.
Komödie, attische 15, 2.
16, 1.
MfopktodinQaymdCa 18, 2.
Königszeit (römische), Ver-
träge daraus 58.
Kalendarium 64. Pincia-
nuni, Maffeianum, Piti«-
nestinum u. s. w. 64, 8.
Kalender(vollständige) 64,
9; vgl. 388, 2 (I).
Kalenderbruchstücke 64, 8.
Kanus (lulius) 282, 6.
Karneades 40.
Karthago, Vertrag mit 59, 1 .
Kinderlieder 11, 2, c.
Kirchenlieder 11, 3.
Kriegsgeschichte und
Kriegswissensehaft 46.
Kunstdrama 12.
Labeo, s. Antistias, Attius,
Cornelius.
Laberius 1T9, 4.
LabienuB, T. 251, 10.
Laehanius 425, 1 f.
Lactantius (Finnianus)
874.
Laetantius Placidos 803, 9.
Laelios, der Vater 112, 5.
Laelius, der Sühn 97, 5.
127, 3.
Laelius des Cicero 173, 14.
Laelius Arch«laii6 137, 4.
Laelius Baibus 260, 9.
Laelius Felix 319, 7.
Laevinns 320, 6.
Laevius 188, 5.
Lampadio, Octavius 133,
3. 146, 10.
Laropridius 378, 4. 436, 6.
Landwirtschaft 44.
Largius Licinns 310, 7.
Largus 286, 8.
Latiner, Historiker dersel-
ben 81, 8. Redner 36, 4.
Vertrag mit den L. 50, 8.
Latinue 806, 5. Drepaoii»
400, 8 ff.
Latro, s. Porcius.
Latronianus 396, 8.
laudatio Caesaris and Per-
ciae Ton Cicero 167, h.
laudatio Cateats yau Q-
oero 167, 6.
laudationes fnnebres 86,3.
71, Sf. ; aiirMiirdia88i,fi.
Lavinins S20, 6.
Lauren tius Lyda» 247, 6.
LaureoluB 169, 1.
Leander 458, &
leges regiae €0.
legibus, de rom Giottt
173, 2.
legis «ctiodee 77, t. 9%!^,
Lehrgedicht Ü. »-
Leinwand 60» fL ri^
Umoy^lkmm% 4«^f
Lenaeus i97| %% indi^4pk
■*>. ^.
f • jm
^ »3
Alphabetisches Register.
1043
lyctitiili 158, 7.
Leutuhis, Mimograpli 8, 1.
Leo, M. 430. Bituric. 431,
6. 436, 7.
Leontius 437, In. 4. 438,
8. 439, 1.
Leporius 427, 2.
Lesbia des Catull 201, 2.
lex agraria 150, 5.
lex Antonia 205, 4.
lex ßargundioiium 455« 3.
lex Cornelia 205, 2.
lex dei 412.
lex de quaestione perpetua
150, 3.
lex Icilia 59, 6.
lex lulia miinicipalis 205,
6.
lex parietl faeiendo 150, 7.
lex repetuodarum 150, 2.
lex rormana Visig. 455, 2.
lex Rubria 205, 5.
lex tribiinicia 59, 5.
Libanius 891, 11.
Libo, s. Scribonius, und
159, 5.
librae (de parübus) 449, 10.
libri aiigurales und augu-
mm 67, 1 und 2.
libri censoiii 68, 3.
libri coloniarum 321, 4.
libri HüCei 69, 3.
libri magistratnum 68 und
69. 69, 1. 3.
libri pontfficRin 63 and 63,
2.
libri Saliorom 67, 3.
Licentius 420, 4—6.
Licioianus 308, 15. Bi-
schof 458, 14.
Licinius Caivus 200 mit A.
4-6.
Licinias, L. Crassus der
Redner 139 mit A. 3 f.
Licinius, M. Crassus, ill
vir 158, 3.
Licinius, P. Crassus 112,4.
Licinius^ P. Crassus Mn-
cianus 129,5. vgl. 131,1.
Licinius Imbrex 96, 4.
Licinius Largns 278, 1.
Licinius Lueullus 144 mit
A. 2. Andere 158, 4.
Licinius Macer 143, 3. vgl.
209, 7.
Licinius Maenas 147, 4.
Licinius Momanus 343,8.
Licinius Mucianus 296, 1.
Licinius Nepos 318, 5.
Licinius Rufin us 356, 1.
Licinius Sura 308, 14.
Licinus, s. Clodius u. Por-
cius ; auch 198, 1 g. E.
Ligario (pro) 166, 42 vgl.
195, 1.
Limon Cicero's 176, 3.
lingua iatina(de) des Varro
155.
Livius , T. 240 f. in der
Kaiserseit 33, 6.
Livius Androuicus 82.
Livius Drnsns, C. 134, 4.
Livius Drusus, M. 131, 11.
Loblieder auf Verstorbene
72.
Loglstorici des M. Varro
154, 2.
Logographen, römische 36,
6.
Lollianus 328, 6.
LoUianus (Mavortius) 382,
1.
LoUius Urbicus 358, 11.
Longinus 265, 5. vgl. Cas-
sius.
Longulanus 251, 11 g. E.
Lucanus 286.
Lucceius Albinus 318, 4.
Lucceius, L. 159, 4.
Lucianus 332, 4.
Lucifer 392, 4.
Lucilius, Ci der Satiriker,
122. vgl. 135. 137, 1.
Lucilius des Seneca 273, 4.
Lucilius Baibus 141, 3.
148, 1.
Lucilius lunior 290, 2 f.
Lucilius 420, 8.
Lucretius Carus 191 mit
Anm. vgl. 214, 6 g. E.
Lucreüus Vespillo 251, 4.
Lucretius Vispiilo 141, 4.
Lueullus 144 mit A. 2. des
Cicero 173, 7 mit A. 1.
ludi S. 101. 103. 104 f.
Lupus 236, 8. 428, 8. 436,
12. Vgl. Rutilius.
Lnranius 208, 7 g. K.
Luscius Lavinius 96, 5.
Lutatius, Q. Catulus 123,
4. 136, 4. vgl. 201, 1.
Lutatius Daphnis 146, 1.
Lutorius Priscüs 258, 1.
Luxorius 445, 3 — 5.
Lycoris 217, 1.
Lydia des Valerins Cato
187, 1. Andere 187, 2.
Lydus, s. Laureatius.
Lygdamus 229, 4.
Lynceus 228, 6.
Lyrik 26 u. 28. vgl. S. 374.
lyri8cheDiclrter26, l.28,lf.
Macarius 417, 6.
Maccius (Macius) Plautus
84^-88.
M accus 9, 3.
Macedo 336, 5.
Macedonius 443, 1. 6.
Macer, s. Aemilius, Lici-
nius, Pompeius.
Macrinus 337, 1. Vgl.
Opilius.
Macrobius 418.
Maecenas 207, 6. vgl. S.
372 f. u. 215, 5 A. 6 g, E.
Maecianus 838, 7.
Maecius Tarpa 180, 1.
Maeonius Astyanax 364, 5.
Maevius 228, 3.
Magius 240, 7.
Magnus Arborius 391, 5.
Mago 44, 1.
Mallius 145, 1. Theodorus
416, 3.
Mamertinus 369, 4. Clau-
dius M. 391, 7 f.
Mamertus (Claudianus)
438, 3—6.
MamiliusundMaailins 145,
1.
Mamilius Sura 147, 3.
iMamurra 196, 11. 201, 4.
Manilia, pro lege 166, 14.
Manilius 186, 15. Astro-
nomica 237, 2 — 7.
Manilius, C. 190, 3.
Manilius, M*. 129« 1.
Manlius, L. 145, 1. T.
Torquatus 158, 10.
Maivlius Vopiscos 306, 2.
Manneius 205, 13.
manumissionibus, de 346,
4.
Marcellinus, s. Ammianus,
Fabius, Valerins.
Marcellinus bei Augustin
414, 10. vgl. 436, 14.
Marcellinus Comes 452, 1 f.
Marcello, pro 166, 41.
Marcellus 368, 1; auch s.
Nonius, Ulpius.
Marcellus Empiricus (Bnr-
dig.) 406.
Marcia 273, 4.
Marcianus 356, 2.
Marcius Figulus 129, 6.
Philippus 140, 2. Salu-
taris 381, 4.
Marcius vates 56, 1 f.
Marcomann US 377, 10.
Marianus 360, 2.
66*
1044
Alphabetisches Register.
Marillus 252, 2. 10.
Marius Avent. 452, 5.
Marius des Cicero 176, 2.
Marius Maximus 358, 5.
Mercator 427, 1. Vicio-
rinus 384, 1-6.
Mars 54, 5.
Marsus, s. Domiiius und
Vibius.
Martialis 304. Vgl. Gargl-
iius.
Martianus Capeila 423.
Martiüus Dumiensis 458,9.
Turonensis 415, 5. vgl.
444, 3. 456, 6.
Martius 436, 4.
martyrologium 388, 2 (VI).
Marullus 342, 7. Vgl. Ma-
rillus.
Masken in der palliata 16, 9.
Masurius Sabinns 265, 1.
Materuus 300, 1 £. 308,
16. Vgl. Curiatius und
Firmicus.
Mathematik der Römer 42.
Matius, C. 147, 4. 195, 3.
Co. 138, 4.
Mauortius 446, 3. Lollia-
nus 382, 1.
Mauricianus 338, 5.
Maximian US 29, 2. Reden
auf M. 369, 4—6. 8. vgl.
377, 5.
Maximin US 353, 6. Victo-
rin us 384, 4.
Maximus 366, 4. 404, 9.
417, 6. Auch vgl. Clau-
dius, Marius, Rutilius.
Maximus Taurin. 431, 6.
.Maximus Victorin US 384,4.
Maximus von Saragossa
459, 1.
Medea von Ovid 231, 6.
232, 8.
medicamina formae von
Ovid 232, 7.
Medicin 45.
Mela, s. Annaeus, Fabins
und Pomponius.
Melik und melische Dich-
ter 28.
Melissus, s. Aelius.
Melissus, C. 228, 5.
Melodien zu Horaz 221, 8 E.
Memmii 135, 7.
Memmius, C. 190, 2.
Memoiren 32, 6.
Menaechmi des Plauius 85,
11.
Menander, s. Arrius.
Menelaus 130, 5.
Menippeae (saturae) 24, 3.
des Varro 153, 3.
Menippus 24, 3. 153. 3.
Menna 455, 4. 5. 6 £.
menologium rusticnm 64,
11.
Mentula bei Catull 201, 4.
Mercator des Plautus 85,
13. 5!arius M. 427, 1.
ftSQiCfiog S. 1000 e.
Merobaudes 434, 1—4.
Mesomedes 331, 4.
Messala 37, 5. 425, 6.
Messala (Redner) 208 mit
A. 5 — 9. Sein Kreis S.
373. Augur 186, 11.
Messala Corvinus, ge-
fälschter 33, 8. 208, 9.
Messala (Vipstanus) 296, 3.
Messali nus 251, 6.
Messius 349, 1. Arusia-
uus 401, 4.
Metamorphosen des Ovid
233, 1—3. des Apulejus
345, 3.
Metella 200, 1.
Metelli 158, 8. Vgl. Cae-
cilius.
Metellus Scipio 202, 2.
Metius Celer 303, 2.
Metrik S. 105 f.
Metrodorus 383, 2.
metrologici 49.
Mettius Carus 308, 4.
Mettius Pompusianus 301,
5.
miles gloriosus des Plau-
tus 85, 12.
Milesiaea 143, 2.
Milone, pro 166, 40. vgl.
252, 6. Von M. Brutus
199, 1 n. M.
mimi und mimae 8, 6. 16,
9.
mimianibi 138, 4.
litftaSot 8, 7.
mim'ographi 8, 1 und 4.
mim US 7 f.
Minervius 391, 2.
Mimcius318,4. vgl. 319, 6
(Min. Natalis).
Minucii, ihr Schiedsspruch
150, 4.
Minucius Felix 350.
mirabilia Romae 387, 9.
miscellanea des Fort. 456,
7.
Misitheus 37, 5.
Modestinus 356, 7. 375, 3.
Modcstus 405, 8.
.Modestus, lulius 246, i.
Montanismus 351, 3. vgl.
1. 2.
Montanus 236, 13. Vgl.
Curtius, lulius u. Voiie-
nus.
monumentum anryniniim
207. 4.
moretnm 25, 2. 215, 3 mit
A. If.
moribns (de) 273, 8.
mortibiis (de) persecuto-
rum 374, 7.
Moschus 252. 12.
Moseila des Ausoiiius, S.
873.
Mostellaria des Plautus 85,
10.
motoriae 16, 2.
Mncianus 296, 1.
Mucius, P. Scaevolu 66, 2
und 3. 129, 4. vgl. 131. 1.
Mucius, Q. Scaevola, Au-
gur 134, 3; seilt Sohu
Q. Scaevola 134, 3 E.
Mucius, Q. Scaevola pon-
tifex maximus 141 mit A.
1—3.
muliöre 444, 7. 448, 9.
mulomedicina 405, 9 ff.
Mummius,Att-Uanendic*hter
10, 2.
Mumm ins, L. 127, 8.
Mummius, Sp. 22, 1. 127,
8.
Muuaiius 202, 2.
Munatius Plancus 196, 6.
mundo (de) 345, 6.
Murdia 334, 5.
Mureua, pro 166, 24.
Murredius 252, 10.
Musa, s. Octavius n. 252,
10.
Musaeus presb. 431, 7.
musica (de) von Augnstio
414, 7 f.
Musonius Rufus 282, 3.
Mystes 225, 2.
Mythographi vaticani 446.
8.
Mythologie, heidnische
448, 6. vgl. 447, 3.
mythologische Stoffe der
Mimen und Pantomimeii
8, 3.
J» 1
Naevius, Cn. 83 mii
Namatianiis, s« Rit^ÜiiK^
Na matius 42&, i,| ^
"ik:
Alpbabeiiscbes Register.
1045
naturales qfiaestioiies des
Seneca 273, 5.
naturalis liistoria des Pii-
nius 295.
Natiirwissensclinftcit bei
den Römern 43. Nntnr-
wissenschafiliche Schrif-
ten 186, 8. 459. 6.
Naucellius 397, 13.
Nazarins 377, 7.
Necepso 382, 3.
Neckam (Alex.) 422, 5.
Neinesinnns 289 n. 363,
1 f.
Nemesis des Tibull 229,
2.
Nemesins 891, 2.
nenia 72, 2.
Nepos, 8. Cornelins, Lici-
nius.
Neratius Prisjüis 319, 1.
Nero 270, 6 f.
Nerva, s. Cocceius.
Nerva fliius 281, 3.
Nerva, Kaiser 312, 1.
Nicetius 436, 12.
Nicomachus Dexier 402,
3.
Nicomachus Flavianu3402,
1 f.
NigidiusFij^ulns 186, 1—8.
Nigrinns 318, 5.
Nikandros 209, 6.
Niunius Grass ns 138, 4.
Noctes atticae des (icllins
340, 3.
Nonianus (Servüius) 275,
2.
Nonius Asprenas 251, 2 u.
11.
Nonius Marcellus 368.
notae 283, 3.
notae Einsidlenses etc. 283,
3.
notae Tironianae 178, 4.
Notitia dignitatnm 50, 3.
regionum 387, 7.
Novatianns .359, 6.
Novatus (M. Aniinciis) 252,
7. Presbyter 359, 6.
novellae Thcodos. sill. 432,
7. lustinians 455, 9.
Novius , Atelinnondii'hti'r
125, 3—5.
Novins Vindex 306, 2.
Numa, Epiker 236, 11.
Niimae oommentarii 62, 1
und 3. vgl. 133, 1.
Numerianns 362, 3.
Numitorlns 212, A. 1.
Nux elegia 235, 3.
Obseqnens 390, 9.
oceannm (ad) .375, 5.
Octavenns 319, 12.
Octavia (praciexta) 274. 7.
Octavii 168, 4. vj?l. 239. 2.
Ociavium, ad, Brief 171,5.
Octavins Avitns 211, 3.
Octavius des Minncins Fe-
lix ,350.
Octavins lannarins .350, 2.
Octavins Lampadio 133, 3.
Octavius Muba 2.39, 2.
Octavins Rnfns 314, 1.
Octavius Teucer 146, 1.
Oden des Horaz 221.
Occonomicus des Cicero
173, 18.
ofliciis, de von Cicero 173,
16; von M. Brutus 199,
1 ; von Ambrosins 407, 4.
OfiÜus 189 mit A. 2.
Olympiodorns 424, 6.
Onesimns 364, 15,
Opilius Aurelins 146, 4.
Opilius Macrinns 353, 2.
Opimius,L. 130.1. 131. 4.5.
Oppius 247, 11.
Oppius C. 184, 1 u. 2.
Oppius Chares 146, 1.
OpiatianusS79, 1 — 3. Audi
s. Suetonius.
Optatus .396, 5.
optimo de genere oratorum
von Cicero 169, 7.
ora maritima des Avienus
394, 4.
orator Cicero's 169, 4. de
oratore 169, 2.
Orbiliifs 187, 3.
orbis terrae von Avieiius
394. 3.
Orbius 161, 6.
Orestistrafj:oedia457,4— 6.
Oricniins 434. 8—11.
Origines des Cato 109; des
Isidor 459, 7.
orip:o gentis rom. 388, 3
(X); des Pseudo-Victor
389, 4.
Orosius 426.
Orpheus 176, 5.
Orthographie S. 107; de
orthogr. 451, 9.
oscae personae 9, 2.
osüi Indi 9, 2 und 6. 10. 2.
Ostenafel 388. 2 (IV). 431,
3.
Otlio, s. In n ins.
Ovidins 231—235.
Pncntns 400, 8—11.
Pacianus 396, 4.
Paconianus 258, 2.
Paconius 319, 15.
Pactnmeius Clemens 327, 6.
Pacnviiis, M. 94.
Pacuvins Labeo 244, 4.
Paeanins 390, 5.
Pnetns Thrnsea 282. 7.
Palnenio (Remmini*)266. 3.
Pnlfnrins Snrn 308, 5. Hi-
storiker 364. 3.
Palimpseste 86, 2. 215, 9.
240, 11.286,9. 318, 12.
337, 5. 339, 5. 380, 4.
Palladins 386. Rlietor 401,
1.
palliata 15 f.
Panaitios 40. vgl. 134, 2.
.3. 136, 2.
ncevdinteci desTiro 178,
3. Justinianische 455, 6 f.
panegyrici 369, 1 — 3.
Panegyricns auf Piso 284 :
des Plinius 317, 12; auf
Consiantin 377, 6 f.; auf
Theoderich 448, 2; des
Sidonius 437,4; auf Ana-
stasi us 449. 7.
Pannicnlns 306, 5.
Pantomimogrnpben 8, 1.
Pantomimns 8, 7.
Papianus 455, 3.
Papinianistae 348, •!.
Papinianns 348.
Papinins 12.3, 1.
Papiriatins 442, 9.
Pnpirii historia 33, 8.
Papirius, I.. 112, 7.
Papirins, Sex. 61, 1. —
141. 3.
Papirius Cnrbo 131, 4.
Papirius Carbo 140, 4.*
Papirius Fabianus 250, 10.
Papirins Fronto .346, 9. ^
Papirius Tnstus 346, 7. ^
Papirins Paeins 146, 9.'fl
Pappus 9. 3.
Papstverzeichnisse 388, 2
(V u. VI).
paradoxa des Cicero 173,3.
parasitus 8, 5. 17, 5.
Parihenius 215, 2. A. 3.
3, A. 1. — 306, 2. 446,
6. 456, 2.
Particnlo 268, 2.
partitiones oratoriac des
Cicero 169, 5.
paschale carmen 443, 1.
1046
Alphabetisches Regibk'r.
Pasipbae (de) 442. 8.
Pasiphiliis 386, 1 f. 390, 1.
Pasquille 11, 3.
Passeunud Paulus 314, 4.
Passieui 252, 5.
patavinitas des Livins 241,
t4.
Patera 377, 8.
Patricias 431, 6.
Paulina und Paulinus 271,
2. 273. 4.
Pantinos beiMartial 306.8. '
PauliDus NoI. 411, 1. Mc-
diol. 427, 4. Peirirord.
444, 3. Pell. 444, 4.
Paulus 436, 14.
Paulas (Apostel) und Se-
neca 273, 8.
Paulus, Comnientatnr des
Autipater 132, 4 g. K.
Paulus, Epitomator desFc-
stus 245, 6.
Paulus, Jurist 355.
Pausanias 332, 3.
Pedins (Sex.) 281, 7.
Pedo Albinovanus 236, 6.
Pegasus (Jurist) 298, 1 f.
Pelagius 417, 1.
Pelagouius 397, 14. 405,
11.
Pen lad i US 376, 6.
PerelliuS Faostus 211, 3.
Perilla des Ticida 200, 1;
des Ovid 231, 2.
periochae zu Terenz 98, 6;
zu Liviirs 240, 9.
Peripatetiker 40. 41, 3.
Perpetuus 444, 3.
Pcrsa des Plautns 85, 16.
Persius Flaccus 285.
Persona ti 9, 4. 16, 9.
ersönliches tn den Mimen
8, 4.
Pertinax 335, 6.
Perfichen in der palliata
16, 9.
Pervigilium Veneris 341,
6—10.
Pescennius Festns 358, 13.
Petosiris 382, 3.
Petrarca 170, 5.
Petronius 417, 6. 436, 11.
437, 6.
Petronius, C. 288, 5.
Petronius Arbiter 288.
Petronius Aristocrates 282,
11.
Petronius Musa 247, 12.
Petrus 436, 8.
Petrus Chryso». 428, 9.
Pefirus Diaconus 367, 5.
Phaednis 268.
phaenom. epii. 449, 9.
Philargytus 178, 4.
IMiibstrius 396, 6.
Phiiippicae des Cieero 166,
44-57.
Phillppus Arabs 353, 8.
presbyter 428, 6.
Phtüppus, 8. Marcins.
Philistio 238, 8.
Philociiius 64, 9. vgl. 396,
2.
philomela (de) 235, 4.
Philosophie bei den Rö-
mern 40 f. 148. 383. S.
102. 221 f. 375; des Ho-
raz 224, 5.
philosophische Schriften
des M. Varro 154, 6, b.;
des Cicero 172.
Phlegon 326, 3.
Phocas 442, 4 f.
Phoebadius 392, 5.
Phoenix (Elegie) 374, 8.
Phormio des terenz 99, 4.
Phrynichus 342. 8.
physiognomica 345, 7 d.
Pindarus Thehaiius (so-
gen.) 291. 2.
Piso, s. Calfitarnius.
Piso. M. 148, 1.
Piso, M. Pupins 158, 5.
Pisonem, in 166, 37.
Pitholaus 199, 6.^
Pithdeo 199, 6.
Placidus 894, 1.
Planciades 441, 9.
Plancio, pro 166, 38.
Plaocus, s. Munatius.
planipedia 7, 3.
pianipes 7, 2 f. 8, 6.
Plautius, Dichter 84, 5;
Jurist 298, 4.
PlautU8 84 — 88; Philosoph
250, 9. 282, 5.
PIebejismen456,10. 457.4.
Plinins der ältere 294 f.;
der jüngere 317.
Plotia Hieria 211, 2.
Plotius Crispinus 250, 8;
Gailus 146. 2; Grypms
308, 1*2; Sacerdos 366,
3— 5;Tucca213,1.214,2.
Plutarch 181, 1.
Poenulus des Plautus 85,
15.
f)oeue 82, 6.
'olemius 436, 15.
Polemius Silvius 64, 10.
Polemo 328, 5.
politische Literatur S. 220.
Pollio 282, 3; auch s.
Asinius, ClattdiNs, Pu-
blilios, Trebdlius, Vitru-
vius.
Poliius Felix 306^ 1. 308,
17. Sil, 6.
Polyaenus 842, 11.
PolybiRS 216, 4. 273, 4;
bei Livius 241, 8.
Polyhistor (Solinus) 367,
6.
Pomerins 439^ 8.
Pompedlas 41, 1.
Pompeia Macrina 236, 3.
Pompeins, Cb. Miifnus
158, 6.
Pompeius, Sex. 141, 4.
148. 1. — 260. 7.
Pompeius Bithynicus 204,
3.
Pompeius Fcsins 245« 4 f.
Pompeius, Orammatiker
442, 2.
Pompeius Macer 236, 3.
Pompeias Messaliaus 442.
7.
Pompeius Planta 318, 9.
Pompeius Rufus 140, 7.
Pompeius Saforninns 318,
1.
Porapdus Silo 252, 10.
Pompeius Tragus 249.
Pompilius 129, 1 ; Andro-
nicus 146, 6.
Pomponitts, Vater dea At-
ticus 133, 2.
Pomponias. Cn. 140^ 4. 6;
L. 125, 1 f.; Sex. 141.
2; Jurist 327, 7—11.
Pomponius Bassulus 314,
8 ; Pompot1it»s Lileta840§,
8 vgl. 245, 5; MarcaH«»
266, 2; Mela 279; Par-
phyrio 223, 3. 352, S;
Rufus 263, 3; SaciMidtts
258, 7.
ponderibus (de) oarmen
449, 8.
Ponticus 236. 1.
PoQtidius 141, 4.
pontificum annale« 66;
libri 68.
Pontius 359, 1 g. Sw
Pontius Glaucifs dea Ci-
cero 176, 8.
Popilius Laeiiaa 258^ IS;
M. 108. 4. 114, «; R
131, Si
Porcia 202, 9*
Porclus Cma (M.) fOf^
111; der SoIm tt4#Jt;
"* IM
Alphabetiecbes Hegister.
1047
der Eokfil 185, 2; der
Urenkel (UticeDsis) 188.
Porcius Latro 26*2, 2.
Porcius Liciuus 123, 8;
vgl. 136. 1.
Porürlus Oputiaoiis 879,
1-8.
Por|»hyrio 228, 8. 352, 3.
Porphyriu9(Neuplatoaiker)
382, 9. 888, 1.
Porsena 69, 2.
Possidius 414, 1 ii. 4.
post reditum. Reden Ci-
cero'8 166, 28^31.
Postomianus 400, 6.
Postumitis, A. Aibinus
116, 2.
Postumios, Sp. Albiniis
127, 9.
Postumius Festus 343, 1.
Postumus 87, 5.
Poumius 892, 6.
PraecUins Fort. 861, 5,
PraedettiDatos 429, 6.
praefecti urbls (Veneich*
niss) 388, 2 (V).
praeilcae 72, 2.
praetexta 14; des Ennius
91,2; des L.Attius 119,6.
praetextata 14, 1.
Praelextatoa 403, 1.
pragmaUci 87, 8.
Pragmatius 486, 12.
Prata des Sueion 824, 8.
Preclanus 161, 7.
Priapeia 28, 1 ; vgl. 215,
6, A. 1. 229, 6. 235, 2.
pridie quam in exilium
iret 167, 7.
Princeps 808, 2.
Priscianus 449; Theodo-
rus Pr. 419, 10.
Priscillianus 391, 4; vgl.
877, 8 E. 882, 8 E. 400, 9.
Priscus 236, 11.
Proba 410, 16.
Probus 486, 14; s. AemU
lius, AniciuSy Titius, Va-
lerius.
Procilius 169, 2.
Procopms Gacs. 446, 2.
Proculianer, S. 371 mit
A. 1.
Procains 238, 1. 247, 5;
Jurist 265, 5; vgl 319,
13. -- 436, 8.
Profuturns 431, 9.
Prolog der palliata 16, 6;
der togata 17, 6.
Prologe zu Plautus 88, 1 ;
zu Terenz 98, 7.
prologi des Potn pejus Tro-
gus 242, 4 f. 8.
prolnsiones 215, 6. A. 1.
propempticon 200, 2.
Propertius 230»
Prosa 30. 80, 6; vgl. S.
375.
Proserpinae raptns des
Claudiaii 413, 5.
Prosodie S. 106 f.; des
Planins 87, 9.
TiQocoma nQOtati,%a 16,
8. 100, 3.
Prosper Aq. 431, 1 — 6.
Protadius 391, 2.
Protagoras des Platuii 173,
19.
Protarchus 246, 2.
pit)videntia (de) Lehrge-
dicht 431, 5.
pvovinciis consulariUu«, de
166, 85.
Provinzenverzeichniss 870,
12.
Prüden lius 410.
Pseudo-Asconius 278, 3.
Pseudo-Atilius 367, 9.
Pseudolus des Plautus 86.
14.
Ptolemaeus 332, 6.
Publicius vatea 66. 1 f.
Publicius, Jurist 161, 6.
Pubiilius Optatianus 379,
1-3.
Pubiilius PoUio 16, 9.
Pubiilius SyruB 198, 2 f.
Pudens 301, 4.
Punica des Siiius It. 302,
4 ff.
Pupius 228, 4.
Pynhus 226. 1.
Pythagoreismus 40 und
40, 4.
Q
Quadratus 330, 1.
quadriga Messii 401, 4.
Quadrigarius 142, 2.
Qucrelae des A. Caecina
186, 13.
Querolos, S. 118 f.
Quintianus 434, 13.
Quiuülianus 307 ; der Va-
ter 307, 1.
Quintüius Maroellus 363,
6.
Quintilius Varus 252, 6.
Quintio, pro 166, 1.
Quintipor Clodius 179, 3.
Quiniius, T. 73, 2.
Quintius, T. Atta 120. vgl.
135, 1.
quod Statt acc. c. inf. 382,
8 E. 399. 11. 429, 2 f.
Rabirio, pro G. 166, 19.
Rabirio, pro Posturoo 166,
39.
Rabirius 160, 2; Epiker
236, 9.
Radegundis 466, 4. 5. 7.
Räthsel 29, 4.
Rechtswisseuschart 38 f.
recinium 8, 6.
recitationes S. 373 mit A.
6. S. 374 mit A. 2. 306,
1. 312, 4. 446, 6.
recurrentes versus 436, 13.
Redner, römische 36, 9.
37, 2.
Regioneuverzeicliniss 387,
6 f.
regula Catoniana 114, 6.
Regulus (AquUius) 308, 3.
Reim 11. 8.
remedia amoris von Ovid
232, 6.
Remigius 436, 12.
Remmius Palaemo 266, 3.
Renaius 431, 9.
Reposianus 376, 2.
repubiica, de von Cicero
173, 1.
respondere 38, 4; vgl. S.
370, A. 2.
respoasa 38 f.; vgl. S.
370, A. 3.
responsio Celsina 319, 2.
respoQsio Ciceronis io SaU
lustium 193, 6.
retractationes des Augusti n
414, 4.
rhetores latini 36, 8; der
Kaiserzeit 37.
Rhetorica ad Hereanium
149.
Rhetorica des Cicero 169. 1 .
Rhetorik 37 ; vgl. S. 220.
Rhinthoa 18, 1.
Rhiuthoolca 18, 1 und 3.
ricinium 8, 6.
Romanius Hispo 262, 10.
Romanius lovious 343. 11.
Romanus (Julius) 367, 1.
Römischer Volkscliarakter
1 f.
Romains 68, 1.
1048
AlphabeüscheB Register.
Roscio, pro Amcniio 166,
2. pro R. comocdo 166,3.
Rosetuni 215, 5, A. 6.
Rosianus Geminiis 327, 6.
Rubellius Plaiitiis 282, 9.
Hildens des Plautiis 85, 17.
Ruänus 400, 12.
Riiflniis Anüocli. 442, 6 f.
Aquileiensis 409, 1 — 5.
Ruünus, s. Atadiiis, Licl-
iiius.
Riifius Festus Avieniis 394.
Rufus, Sex. 390, 7 f.
RiifusMeliker 28, 1.238,5.
- — 806, 2.
Riifus, s. Caelius, Cliiviiis,
Musoiiius, Ponipeiiis, Rii-
tilius und Siiipiciiis.
Ruriciiis 439, 9.
vusticae res des AI. Varro
156.
Riisiicelius 140, 7.
Riisticiana 399, 2. 447, 1.
Uusticiiis Hclpidiiis 263, 7
M. 9. — 438, 1 f.
Riisticiis, s. Fabiiis, Tiiiniis.
Rutilia lex 136, 1.
Riitiliiis Lupus 254.
Ruülius Maximiis 349, 5.
Ruüliiis Narnntianiis 425.
Rutiiins Rufiis 136, 1—3.
S
S im Auslaut S. 222 f.
Sabidius 54, 2.
Sabiua 306, 2.
Sabinianer S.371 mit A.l.
Sabini epistolae 232, 4.
Sabinum des Horaz 218, 5.
Sabinus des Ovid 236, 4.
Sabinus Tiro 247, 10.
Sabinus, s. Caelius, F.ibius,
Masurius.
Sacerdotalfasten 65, 6.
SacerdoSy Grammatiker
366, 3—5.
Saevius Nicanor 146, 3.
Salaiius, s. Cassius.
Saicius Bassus 300, 2.
Salierlicd 54 und 54, 2 IT.
Salii 54, 1 und 5.
Saliorum libri 67, 3.
Sallustius 193 und 194.
Salonius 439, 10.
Salvianus 435.
Salvidienus 364, 12.
Salvius luliaiius 327, 1 —
4. 8.
Salvius Libcralis 318, 3.
Salvius Valens 327, 5.
Sammonicus Sei'enus der
Vater 352,4. der Sohn
360, 4—6.
Samocus £52, 4.
Santra 244, 1 f.
Sapaudus 436, 9.
sapientes (VII) 395, 3 i.
Saserna 147, 1.
satira 6, 2. 24, 1.
satirae des Petrouius
288, 1.
Satire 24.
Satirendichtei' 24, 2 und 4.
Satrius Rufus 308, 13.
saturae 6; des Ennius 92,
1 f.; des Liicilins 122,
6 ff.; des Varro 158, 2
und 3; des Horaz 219.
saturae Meuippeae 24, 3.
des Varro 153, 3.
Saturnalia des Macrobius
418, 5.
Satiirninus 364, 12.
Satnrninus, Juristen 338,6.
vgl. 352, 4 u. Pompeius,
Fullonius.
saturnischer Vers 52.
S. 106.
Scnevius Memor 305, 3.
Scaevoia 141, 1 und s.
Cervidius, Mucius.
Scaevus Memor 305, 3.
Scaiiriana des Cicero
167, 1.
Scaurinus 329, 1. 357, 10.
Scaurus, s. Aemilius,Aui'e-
lius, Terentiiis.
Sceuenabtheilung 16, 5.
Schauspieler in Tragödien
13, 4.
scholia Bernensia, Vero-
neusia zu Vergil 216, 5.
scholia zu Horaz 223, 3 ; zu
Persius 285, 6; zu Lucan
286, 8; zn Stat. Theb.
303, 9;zu Jiivenal313,7;
zu fragm. vat. 380, 4.
scholia Bobieusia zu Cicero
278, 4.
Scholiast des Germnnicus
259, 8.
scholiasta Gronovianusl64,
6.
Schreibekunst in Rom 51,
1.
Schullectäre 216, 1.
Scipio di's Ennius 92, 2.
Scipio Nasica 116, 4.
Scipio Nasica Serapio
131, 7.
Scipio Optimus 79, 1 . 1 14,3.
Scipionen, s. Arricanus.
Soipioneugrabschrirten 73,
b. vgl. 104, 1. 118, 2.
126, 2.
Scipioneukms S. 101 f.
103 r.
Scribonius Aphrodisiensis
247, 3.
Scribonius Curio 131, 12.
Scribonius Cniio 140, 6.
Scribonius Curio (f 705)
196, 1.
Scribonius Libo 159, 6.
Scribonius, L. Libo 128. 2.
scriptores bist, augiistae
370 vgl. 378.
scriptores rei rusticae 44,
1 und 2.
Scrofa 147, 2.
Sebosus 247, 9.
Secundinus 436, 10.
Securus Memor 423, 7.
Sedigitus, s. Votcatins.
Sedulius 443, 1 — 7; jün-
gerer 443, 8.
Semproniüs Asellio 132, 6.
Sempronius Atratinus 196,
8.
Sempronius Gracchus, Tra-
giker 238, 7.
Sempronius, C. Graccluis
130, 2. 4-6.
Sempronius, Ti. Gracchus
112, 6. vgl. 130, 6.
Sempronius, Ti. Gracchus
130, 1—3.
Sempronius Procnliis 265,
5.
Semprouius Sophus 79, 1
u. 2.
Sempronius Tiiditanus
133. 1.
Senare (iambische) 13, 4.
Senator 451, 1.
Senatspolitik S. 102 f.
Senates consulta 203, 1;
für Asklepiades u. s. w.
205, 3.
Senatus consultum de Ba-
canalibus 118, 1.
Seneca der Vater 253«
der Sohn 271—274.
sententiae Pauli 865, 8;
Publilii 198, 2 f.; Sene-
cae 198, 3; Varrouis
157, 2.
Septimius 297» 5. 368, 10.
Septimius (Dicty») 397,
1—6.
Septimius Sereucis 300, 9.
Alpbabetisches Register.
1049
Septiniliis Severus 308, 9.
347, 4 f.
Sequester, s. Vibius.
Serena 413, 3. 6. 8.
Serenus, s. Sammoniciis
und Septimius.
Sergius Flavus 250, 9.
sermones des Horaz 219, 3
vgl. 222, 1.
Serranus 287, 6.
Servilianus(Fabiu8) 128,3.
Servilins Barea 282, 8.
Servilius Nonianns 275, 2.
Servilins Silanus 343, 1.
Servius 404, 1 — 4.
Scrvins Tullins 58. 3;
seine commentarii 62, 1.
Sestius (P.) 190, 4; pro
Sestio 166, 32.
Senerianus 417, 6. 436, 8.
Severinus 458, 10.
Severus, Redner 400, 4;
Bischof 458, 15. Auch
s. Aquilins, Cassius, Cor-
nelius, Septimins, Sulpi-
cins.
Sextilius Enna 236, 10.
Sextius 41, 1.
Sextius Calvinus 141, 4;
Niger 260, 5—7.
Sextus 336, 2 vgl. 330, 1.
Sibylla 56, 1.
Siculus Flaccus 321, 6.
Sidonlus 437.
Silanus (D.) 44, 1. 231, 3.
Silanus (M.) 260, 8.
Silbernes Zeitalter der röm.
Literatur S. 526 ff.
Silenus 132, 4.
Silius Italiens 302.
Silo, s. Albucins und Poni-
peius.
Siluae des Statins 303, 5.
Silninus 354, 1. P. 277, 1.
Silns, s. Ail>ucins.
Simplicius 366, 4.
Sinnius Capito 244, 3—5.
siparium 7, 4.
Siitnondische Constit. 432,
8.
Siro 210, 3.
Siscnna, L. Cornelius 143
mit A. If.
Sittius 136, 3.
Smyrnn des Cinna 200, 2.
Sodoma (de) 351, 6.
Solinus (Inlins) 367.
SoUins Apoll. Sidouius
437.
Somnium Seipionis 173, 1,
4. 418, 4.
Sonnencnltus 376, 4.
Sopater 383, 1.
Sophronins 408, 10 g. E.
Soranns (Barea) 282, 8.
(Epbesius) 321, 8.
sortes Praenestinae S. 106
n. M. n. 126, 2.
sortes Vergilianae 216, 3.
Sotion 250, 8.
Spartianns 370, 4 f.
anovdeid^ovTsg 200, 2.
vgl. S. 224, A. 1.
SpotUieder 11, 2, d. 26.
Sprüche in den Mimen 8,
4. vgl. 11, 2, c.
Spriichsanimlung des Sex-
tius 41, 1. 250, 6.
Spurinna (Vestricius) 305,
5.
Staberius Eros 146, 10.
vgl. 198. 2.
Stadtchronik .388, 3 (X).
statariae 16, 2.
Statilius Maximus 352, 5.
Statins .303; sein Vater
300, 3.
Statins Caecilius 95.
Statins Sebosns 247, 8.
Statins Ursulus 280, 12.
Statins Valens 358, 10.
Stechbneh 216, 3.
Stella (Arriintius) 305, 1.
stemmata 71 und 71, 1.
Stephanio 17, 4.
Stcrtinins 250, 4. Avitns
306, 2.
Stichns des Plautus 85. 18.
Stilicho 413, 3 f.
Stilo, Aolins 137 mit A.
1—3.
Stoicismns in Rom 40 f.
41, 2r. EinQuss auf Ju-
risprudenz 38,5. vgl. 134,
2. nni' die Beredtsamkeit
40, 3. vgl. 134, 2. 188, 2.
Strategemata des Fronti-
nus 309, 5.
strophische Composiiion in
Virgils Ecl. 212, A. 3.
in Hör. 0. 221, 4; bei
den Elegikern 29, 1 ; bei
Scncca 274, 3.
stupidus 8, 5.
suasoriae des Sene« a 253,
4 u. 7.
Snetonius 324.
Suetonius Optatianns 364,
9.
Sueviub 25, 2. 215, 3, A. 1.
Suffenus 198, 5.
Suillius 280, 1.
Tcufrcl, röm. IJlcrtt(ar^escliichte.
Sulla 144. mit A. 1. pro
Sulla 166, 25.
Snlpicia 229, 3. unter Do-
mitian 305, 6.
Sulpicins Alexander 402,
12.
Sulpicins Apollinaris 335,
1 f.
Sulpicins Blitho 159, 6.
Sulpicins Cornelianus 343,
7.
Sulpicins Galba 239, 1.
Sulpicius, C. Galba 135, 5.
Sulpicins, Ser. Galba 127, 4.
Sulpicius, C. Gallus 113, 1.
Sulpicins, P. Rufus 140,
5. vgl. 161, 3 E. Ser.
Rufus 161, 2—4.
Sulpicius. Ser. 226, 3 u. 4.
Sulpicius Severus 415. vgl.
456, 6.
Sura, s.Licinius, Palfnrius.
Surdinns 15, 2.
Syagrius 401, 2.
Symmachi 399, 2 g. E.
Symmachus, Vfiier 399, 1 ;
Sohn 399, 2—14; Enkel
und Urenkel 399, 2. vgl.
446, 4.
Symphosius 421.
Synesius 417, 7.
Synonyma des Cicero 175,
8.
T
tabernaria 17, 2 und 4.
tabula Bantina 150, 1.
tabula Peutingeriana 50, 2.
tabulae censoriae 68 und
68, 2.
tabulae duodecim 76.
tabulae Heraclcenses 205, 6.
tabulae iguvinae 57, 1 f.
Tacitns 315 f.
Tanusius Geminus 198, 4.
Tarquinins 58, 4.
Tarrutenins Paternus 346,
8.
Tarntins, L. 186, 9.
Tatius Cyrillus 378, 6.
Taiuinus 460, 3.
Taurus s. Calvisius.
Tereniianus Maurus 372.
Terentin8(P.) Afer 97-100.
Terentius Clemens 238, 4.
Terenlius Libo 124, 2.
Terentius Scaurus 329, 1.
Terentius (M.)Varro 152—
157.
**
1050
Alphabetisches Register.
Terentius (P.) Varro Ata-
cinus 198 mit A. 1.
Terentins Varro Luculius
205, 8.
Tereus 209, 4.
Tertaliianus Jurist 349, 6 ;
Kirchenschriftsteller 351.
tesserae gladiatoriae 205,
10.
Testament eines Schweines
24, 4. 39, 1.
Tetradias 24, 4. — - 436, 14.
Tliallns 350, 2.
Thaumastus 436, 11.
Theater S. 105; steinerne
in Rom 248, IE.
Thebais des Statins 303, 3.
Theoctistus 449, 1.
Tlieodericus 367, 5. König
Theoderich 446, 1. Pane-
gyrious anf ihn 448, 2.
Tl)eodericiedictnm455, 1.
Theodorus 450, 3. Th.
Priscianus 419, 10. Fla •
vius 449, 3; auch s. Mal-
lius.
Theodosianus codex 432.
Theodosins 398, 2. Th.
(Macrobius) 418.
Theokrit 212, A. 2.
Theophilus 455, 4. 6. 8.
thierärztliche Schriftsteller
45 E.
Thierepos 23.
Thomas Brab. 447, 8.
Thrasamundus 445, 1 f.
Thrasea Paetus 282, 7.
Thukydides 194, 1. 3. 4. 5.
Thycstes des L. Varius
209, 2.
Tiberianus 377, 9. vgl.
378, 2. — 396, 9.
Tiberins 259, 1—3.
tibia in den Mimen 8, 7.
in der Tragödie 13, 4.
in der pailiata 16, 4.
tibiae pares, dextrae u. s.
w. 16, 4.
Tiballus 229.
Tichonius 416, 2.
Ticidas 200, 1.
Timaeus des Cicero 173, 9.
Timesitheus 353, 7.
Tiro des Cicero 167, 4.
171 mit A. 4. 178 mit A.
vgl. 308, 2.
Tiro Sabinus 44, 1.
Titianns 23, 2. 357, 10.
377, 11. vgl. luUus.
Titinius 101.
Titinius Capito 814, 2.
TiUus 226, 4.
Titius Aristo 319, 4.
Titius, C. 113, 2.
Titius, C. Probns 263, 9.
Titius Homnllus 318, 4.
Titus (Kaiser) 292 f.
togatae 14, 2. §. 17.
togatarius 17, 4.
Togatendichter 17, 4.
Tonantius FerreoUis 436,
11.
Topica von Cicero 169, 6.
Torquatus 251, 2.
Toxotius 360, 8.
Trabea,PalIiatendichter 96,
1.
trabeata 17, 1. 227, 4.
Trachalus 280, 6.
iragicocomoedin 18, 2.
Tragoedie, römische 13.
die des Seneca 274.
Traianus 312, 2. Brief-
wechsel des Plinius mit
ihm 817, 6. 9.
Trebatius Testa 189 mit
A. 3.
Trebellius Pollio 370, 7.
TreboniQS, G. 199, 5.
Tremellius Scfofa 147, 2.
Triarius 252, 10.
Tribonianus 455, 4. 5. 6. 8.
TQL%dQcevog des Varro
202, 1.
Trinummus des Piautus
85, 19.
Tristia des Ovid 234, 1.
Triumphlieder 74.
Trogus Pom peius 242.
Troiae halosis 288, 3 f.
Trucuientus des Piautus
85, 20.
Tryphoninus 349, 3.
Tubero s. Aellus.
Tucca s. Plotins.
Tuditanos, Sempronius
133, 1.
Tullio, pro 166, 4.
Tuliiiis, M. Cicero 162 —
176.
Tuliius, Q. Cicero 177.
Briefe an ihn 171, 3.
von ihm 177, 3.
Tuliius, M. Laurea 26, 1.
Tuliius Tiro 167, 4. 171
mit A. 4.
Tulius Hostilius 58, 2.
Tuilus (Volcatius) 230, 2.
Turcius Asterius 443, 5.
Turia 251, 4.
Turiiier Glosse 455, 10.
Turnus 305, 2.
Turpilius 102.
Turranius 238, 6.
Turribius 431, 6.
Tuscianus 327, 1.
Tuscuianne des Cicero
173, 8.
Tuscus 236, 8. 247, 6.
261, 4.
Tuticanus 236, 2.
Tutilius 308, 1.
Vacca 286, 1.
Vagellius 287, 4.
Valens und Valentianus
(Kaiser) 376, 2.
Valens, s. Abumias, SaU
vius.
Vaierianus 335, 7. — 428,
10; vgl. Curtius.
Valerii epistola 446, 7.
Valerins, Commentaior der
Xn Tafeln 76, 6; Pal-
liatendichter 103, 2; L.
Jurist 189, 5.
Valerins Aeditnns 123,2;
vgl. 135, 1.
Valerius Antias 142» 3.
Valerins Cato 187, 1.
Valerius Gotta 236, 15.
251, 6.
Valerius Fiaccas 299.
Valerius Lioinianus 808,
15.
Valerius Marcellinas 368,
6. 378, 6 E.
Valerius Martialis 304.
Valerius Maximus 263.
Valerius Messala (M.) 208,
5—9.
Valerius Messala (Cos. 701)
186, 11.
Valerius Primanus 280, 8.
Valerius Probns 283.
Valerius Pudens 301, 4.
Valerius Severus 319, 14.
Valerius Soranus 124, 1;
vgl. 135, 1. Dessen Söline
140, 7.
Valerius Valentiaus 135,
1.
Valgius Rufiis 225.
Vargunteius 133, 3.
Variae des Gassiodor 461,
5.
Varius, L. 209, 1—6.
Varius Geminus 251, 12.
Varius Luculius S19> 5.
Varro, 152— 15T.
r> i
Alpbabetischea Register.
1051
Varronianae fabulae 84,
4-6.
Varro in der karoiingi-
sehen Zeit 167, 2.
Varro bei Martial 306, 2.
Varro Atacinus 198, 1.
vatioana fragmenta 380,
4—10.
Vatiuium, iu 166, 33; vgl.
200. 5.
Vaünius 204, 3 ; vgl. 200,
6.
Vegetius 406.
Veiento 280, 7.
Velius Loiigus 320, 3.
Velleius, C. 148, 1.
Velleius Celer 329, 2.
Velleius Puterculus 262.
Venantius Fortiinatus 466,
4—10.
Vennonius 132, 2.
Ventidius 194, 3.
Venaleius Saturninus 338,
6; vgl. 380, 6.
Veranius 186, 14.
vergiliana conti nentia 441,
4.
Vergilius (Grammatiker)
450. 6.
Vergilius Eurysaces 206,
1.
Vergilius Maro 210—216.
Vergilius Romanus 314, 7.
Verginius 264, 1.
Verginius, A. 141, 4.
Verginius Flavus 280, 9.
Verginius Rufus 306, 4.
Vermessung des röm.
Reichs 207, 7.
Vermummungen 4.
Verrinae orationes 166,
6—11.
Verrius Flaccus 64, 3
(fasti). 246.
Verskünsteleien 466, 9.
Vertacus 383, 3.
Verträge aus der Köuigs-
zeit 68; aus dem dritten
Jahrh. d. St. 69.
Verus, L. der Vater 332,
1 ; der Sohn 342, 1 u. 6.
Verwand tschaf tsgrade
(über die) 364, 8; vgl.
368. 2.
Vespasianus 292 f.
Vespillo, 8. Lucretius.
Vestricius Spurinna 306,
6.
veteres 39, 4.
Vcttius Agorius Prae-
textatus 403, 1.
Vettius Mavortius 446, 3.
Vettius Philocomus 1.37, 4.
Vettius Vettianus 140, 7.
vetula (de) 236, 4.
Vibius Grispus 280, 2.
Vibius Gallus , Vibiiis
Rufiuus und Rnfus 262,
10.
Vibius Marsus 260, 10.
Vibius Sequester 4 19, 1 — 3.
Victor (P.) 389, 7 E.;
Bischor 431 , 7 ; chrisU.
Dichter 434, 6 — 7. Vi-
tensis '440 , 1 f. Tunuu-
neusis 462, 3 f.
Victorianus 240, 10.
Victorin US, christl. Dichter
384, 7; Christi. Schrift-
steller 428, 4.
VictorinuB Fronto 333, 2.
343, 2.
Victorinus, s. AuÜüius,
Fabius, Marius, Maximi*
nus, Maximns.
Victorius 436, 13.
Victorius Marcellus 308, 8.
Vidularia des Plautus, S.
118 g. £.
Vigellius 148, 1.
Vigilantius 417, 6.
Vigilius 439, 11. 453, 1.
466, 2.
Villicus 436, 4.
Vincentius Leri neusis 429;
anderer 431, 7.
Vindex, s. Caesellius, No-
vius.
Vindicianus 406, 3 f.
Vindius Verus 338, 2.
Vinicii 262, 10.
Violantilla 306, 1.
Vipsanius 178, 4.
Vipsanius Agrippa 207, 7.
Vipstanus Messala 296, 3.
Vir bonus 216, 6, A. 6.
viri illustres des Sueton
324, 7. christliche 439,
12.
Viri US Nicomachus 402, 1.
virtutibus, de von Cicero
173, 17.
Visellius Aculeo 141, 4.
Visellius Varro 141, 4 g. E.
Visigothorum lex 466, 2.
Vispillo 8. Lucretius.
Vitellius, Jurist 249, 6.
Vitellius, P. 260, 4.
Vitellius Afer 392, 8.
Vitruvius Pollio 248.
Vivarium 461, 1. 7.
Vivianus 319, 11.
DI planus 364.
Ulpius Marcellus 338, 8.
Ummidi US Quadratus 318,
4 E.
Unicus 306, 4.
Voconius 323. 6. Bischof
431, 7.
Voconius'Romanus 318, 2.
Voconius Victor 306, 4.
Vogelfang , Lehrgedicht
darüber 363. 3.
Volcatius 368, 12.
Volcatius Gallicauus 370,
6.
Volcatius, Jurist 141, 4.
vgl. 161, 7.
Volcatius Sedigitus 16. 3
(Kanon). 124. 3.
Volcatius Terentianus 368.
12.
Volkslieder 76.
Volkspoesie 11.
Voltaciiius Pilutus 31. 3.
36, 8. 146 mit A. 2.
Voltaciiius Pitholaus 199,
6.
Volumuius 239, 4.
Volumnius Quadratus 343,
3.
Volusius Maecianus 338,
7.
Volusius, Q. 196, 9.
Volusius fom Tanusius 198,
4.
Vopiscus 378, 2.
Votienus Montanus 260, 1.
vgl. 308, 17.
Uranius 366. 3.
Urbauus 320, 2.
Urseius Ferox 281, 4.
Ursus 308, 10.
VuJcatius, 8. Volcatius.
Vulgärlatein 362, 4.
Vulgärmetrik S. 106. vgl.
362, 4. 396, 2.
Vulgärprosodie S. 106.
vgl. 410, 10. 14.
W
Wechselgesauge u. Wech*
selgespräche 3. 2 f.
Weiberrollen im Mimus 8,
6.
Weltchronik 388, 3 (IX).
Wiegenlieder 11, 2, b.
Witteruogsregeln 76. 76,
1.
Witzworte, Sammlungen
110, 6 f. vgl. 178, 2.
1052
Alphabetiscbes Register.
Xenoplion's Occoiiomicus
173, 18. vgl. 213, 2.
Xistns 250, 6.
Z
Zahl der Schauspieler 16, 3.
Zahlenmystik 441, 6. 9.
451, 12.
Zaubersprüche 75, 1.
Zeno 392, 7.
Zenobias 193, 7.
Ziegel mit Inschrifien 205,
11.
Zmyrna des Cinna 200, 2.
Zoologie 43 mit A. 1.
Zosimus 424, 7.
Zwölftafelgesetzgebuug 76.
J
I